er « se. TER r ae > * ARTE °F ve. . 17 ate à LORS © Paths beeps re 2 he 5 al el ays tale \ LI U URI a uN at bth ANE ZOOLOGISCHE JAHRBÜCHER ABTEILUNG FUR ANATOMIE UND ONTOGENIE DER TIERE | HERAUSGEGEBEN VON PROF. Dr. J. W. SPENGEL IN GIESSEN BAND 42 MIT 89 ABBILDUNGEN IM TEXT UND 23 TAFELN JENA VERLAG VON GUSTAV FISCHER 1921 X s Sn Ne . = A ar Bake oe UE RS, PS OR FA UN | di ASE BAR AID TENET LE ; SERIE LUIUM . | . * ‘ u ut \ ‘ à L M * à a ; + fi =f ' 117 E à RA m | ayer ‘Ys: IT (ST I a ; An 2 = 4 AS ’ sy" AAA ; : > NZ 4 : Del * ; M 3 Fi Oe, Ne t , NE), F4): x 7223 > ~ ewer a { Gin SA _ Alle Rechte, namentlich das der Übersetzung, vorbehalter + y 4 “ CE à r a eds 7 = Pi - - 7 = „4 = = Ts = 5 En VA RER » L pr \ x } . y % 4 “* | + a 5 4 ‘ . My = eee nn > Le = ES . pr “y Tea? 4 ; ‘ >44 sf + [2 d a nn br Erstes Heft. (Ausgegeben am 9. Dezember 1920.) GOETSCH, WILHELM, en bei Fischen. I. Teil. Mit Tafel 1—2 ; MÖLLER, Hans, Uber Lethocerus anes MONT. Mit Tafel 3—4 und 8 Abbildungen im Text Franz, VICTOR, Zur mikroskopischen. FRE der de Dem Gedächtnis W. STENDELL's ne Mit 21 Abbil- dungen im Text . ; eo: Sed 2 eee Zweites Heft. Ausgegeben am 23. April 1921.) 5 VERHEIN, ADOLF, Die Eibildung der Musciden, Mit Tafel 5—10 und 2 Abbildungen im Text . GOETTE, A., Einiges aus der Hotwicklungsgeschichte der enden Mit Tafel iO > : 3 VOGEL, R., Zur Kenntnis des ewes a de en de ee und des Vorderdarmes der Kleiderlaus (Pediculus vestimenti Nırzsch). Mit Tafel 12—14 und 4 Abbildungen im Text VOGEL, R., Kritische und ergänzende Mitteilungen zur Anatomie des Stechapparats der Culiciden und Tabaniden. Mit Tafel 15 und 10 Abbildungen im Text BB RS RIT Et à Drittes Heft. (Ausgegeben am 18. August 1921.) Corps, ELISABETH, Die Hautmuskeln der Amphibien nebst Bemer- kungen über Hautmuskeln im allgemeinen. Mit 12 Abbildungen im Text D ER RE DE x S Seite at 149 213 229 259 IV Inhalt. GREINER, JOHANNA, Cytologische Untersuchung der Gametenbildung und Befruchtung von Adelea ovata (A. pees, Mit ° Tafel 16—17 und 7 Abbiidungen im Text . Hanirzscu, PAuß +, Uber die Eigenart und Entstehung den Ver- mehrungsweise durch aborale und orale Proliferation bei Narco- polypen und Scyphopolypen. Studien iiber den Generations- wechsel. Mit 16 Abbildungen im Text . SA | Viertes Heft. (Ausgegeben am 28. Oktober 1921.) Stross, Hanna, Die Schlundzähne des eae Mit Tafel 18 und 9 Abbildungen im Text GOETSCH, WILHELM, nn si en IL. Sy. Teil. Mit Tafel 19—23 FEUERBORN, H. J., Der Dipterenflügel nicht meso-, sondern meta- thoracal ? Eine neue morphogenetische Deutung des Dipteren- thorax. Mit 5 Abbildungen im Text. Seite 363 411 435 529 Nachdruck verboten. Ubersetzungsrecht vorbehalten. Hautknochenbildungen bei Fischen. I. Teil. Von Dr. Wilhelm Goetsch (Zoologisches Institut der Universität Straßburg). Mit Tafel 1—2. Inhaltsübersicht. I. Teil. Einleitung. Die Plagiostomen oder Selachier. a) Schuppen. b) Das Skelet der unpaaren Flossen der Haie, Die Teleostomen. a) Schuppen im allgemeinen. b) Flossen im allgemeinen. c) Besondere Typen: 1. Plectognathen. IT. Teil. 2. Cycloidschuppen. 3. Ctenoidschuppen. 4, Acanthuriden. Zool. Jahrb. 42. Abt. f. Anat. 1 2 WILHELM GOETSCH, III. Teil. . Lophobranchier. . Centrisciden. . Gastrosteiden. IV. Teil: . Cottiden. . Scombriformes. y. Beil. 10. Cyclopteriden. 11. Siluroiden. 12. Pediculaten. 13. Chondrostei. 14. Cycloganoiden. 15. Rhomboganoiden. Schlußbetrachtung. I © Qt © CO Einleitung. Über die verschiedenen Hautknochenbildungen bei Fischen sind schon eine ansehnliche Zahl von Untersuchungen gemacht worden. In den letzten Jahren hat man sich mehr damit beschäftigt, einzelne ungewöhnliche Formen von Schuppen, Schildern, Knochenplatten u.dgl. monographisch zu behandeln, ohne größere Gruppen zu berück- sichtigen, und hat dadurch gute und interessante Resultate gewonnen. Trotz dieser Einzeluntersuchungen oder vielleicht gerade deshalb ist man sich über die allgemeinen Ergebnisse nicht einig; so ist es noch immer strittig, inwieweit die Epidermis und die Cutis am Auf- bau der Knochen beteiligt sind. Die Ansichten stehen sich hier schroff gegenüber: die einen Autoren wollen der Epidermis (= Ecto- derm) einen, bedeutenden, wenn nicht gar den hauptsächlichsten An- teil an der Bildung der Schuppen, Stacheln, Knochenplatten usw. zuerkennen, die anderen lehnen eine derartige Beteiligung der Epi- dermis ab. So stehen sich Ansicht gegen Ansicht gegenüber. Als sicher kann angenommen werden, daß die Epidermis in vielen Fällen Veränderungen im Laufe der Knochenentwicklung unterworfen ist, so daß man eine Beteiligung an der Schuppenent- wicklung vermuten könnte; bei den Haien ist es ja zweifellos er- wiesen und wird auch allgemein anerkannt, dab ein gewichtiger Teil des Hautpanzers, nämlich die Schmelzbildung der Placoidschupppen, von der Epidermis herrührt. Meine Untersuchungen, die ich an Vertretern fast aller Fisch- typen machte, sollen mit dazu beitragen, die ,Schuppenfrage“ da- Hautknochenbildungen bei Fischen. — 3 durch ihrer Lösung näher zu bringen, daß ich hauptsächlich die allgemeinen Gesichtspunkte in den Vordergrund stelle. Die im Straßburger Zoologischen Institut begonnene Arbeit erlitt durch Kriegsdienst eine längere Unterbrechung; ein Aufenthalt in Berlin und später in München gab Gelegenheit zur Wiederaufnahme und Erweiterung der Studien, die nunmehr nach meiner Rückkehr nach Straßburg einen gewissen Abschluß finden. Allen Herren, die mir bei der Arbeit behilflich waren, möchte ich an dieser Stelle meinen herzlichsten Dank aussprechen, an erster Stelle meinem ver- ehrten Chef, Herrn Prof. Dr. GoETTE, für seine Unterstützung und sein stets entgegengebrachtes Interesse; ferner Herrn Geh.-Rat Prof. Dr. O. HErtwie in Berlin und Herrn Geh.-Rat Prof. Dr. R. v. Herrwie in München für die Gewährung eines Arbeitsplatzes in ihren In- stituten und die Überlassung von Material. Vor allem aber bin ich noch Dank schuldig den Sammlungen des Herzoglichen Hauses in meiner Vaterstadt Gotha, wo ich während längerer Rekonvaleszenten- zeit reichlich Gelegenheit hatte, viel seltenes Material zu bearbeiten, so daß manche Abschnitte dieser Abhandlung ausschließlich den dort gemachten Untersuchungen und dem gütigst zur Verfügung ge- stellten Material ihre Entstehung verdanken. Ein derartiges Arbeiten an den verschiedensten Orten und zu verschiedenster Zeit bringt naturgemäß eine gewisse Ungleichheit der Teile mit sich. Auch bedingen die Zeitumstände, daß manche Abschnitte nicht so aus- führlich behandelt werden konnten, wie ich wünschte, sei es, daß die Materialbeschaffung erschwert ist oder andere Gründe vorlagen. Um aber nicht Einzeluntersuchungen, sondern eine Zusammenfassung möglichst vieler Fragen zu geben, habe ich an einigen wenigen Stellen, wo eigene Beobachtungen nicht möglich waren, Referate eingeschoben, damit der Zusammenhang gewahrt bleibt. Eigene Untersuchungen werden zur Vermeidung von Längen und Wieder- holungen da, wo sie mit denen anderer Autoren übereinstimmen und unbestritten sind, nur kurz und allgemein gegeben werden, ohne auf Einzelheiten einzugehen; Streitfragen dagegen habe ich aus- führlicher behandelt und meine Beobachtungen mit früheren kritisch verglichen. Vor allem sollen Beweise für den Zusammenhang der ver- schiedensten Hautknochenbildungen bei den Fischen ge- liefert werden, und deshalb wurden neben den eigentlichen zur Körperdeckung dienenden Schuppen und Schildern auch die Flossen- strahlen und die Flossen teilweise selbst zur Untersuchung mit 1* 4 WILHELM GOETSCH, herangezogen; es mag daher am Platze sein, kurz an die Resultate zu erinnern, die über die Entwicklung der Fischextremitäten schon bekannt sind. Als ursprünglichste Flossen werden angesehen die unpaaren Flossen, Hautfalten in der Medianlinie, die durch zwei streng aus- einanderzuhaltende Teile gestützt werden. Es sind dies erstens die basalen Flossenträger, die sich unabhängig von der Wirbelsäule entwickeln; sie dringen häufig bis in die Hautfalte des Flossensaums hinein und können sich nach unten mit den dorsalen Dornfortsätzen verbinden. Davon sind zu unterscheiden die den peripheren Flossen- saum stützenden Flossenstrahlen, die bei den Plagiostomen und Dipnoern durch die sogenannten Hornfäden vertreten werden; bei den Teleostomen heißen sie Stachelstrahlen, wenn sie spitz und hart, oder Knochenstrahlen, wenn sie weich und gegliedert sind, ohne daß hierdurch eine prinzipielle Verschiedenheit der beiden Arten, die meist sogar vereinigt vorkommen, ausgedrückt werden soll. Bei den paarigen Flossen bilden sich aus den umgelagerten und ver- schmolzenen Flossenträgern die primären Teile des Extremitäten- skelets, an den Brustflossen der Schultergürtel, an den Bauchflossen der Beckenapparat. An diese knorpelig bleibenden (Selachier) oder verknöchernden (Teleosteer) Teile setzen sich die eigentlichen, von den Flossenstrahlen gestützten Extremitäten an. Bei den Teleo- stomen verlieren diese primären Teile an Bedeutung oder werden durch sekundäre Bildung ersetzt; der Beckenapparat geht meist ganz verloren (ausgenommen bei den Dipnoern). Da die paarigen Flossen bei den Teleostomen hauptsächlich als Gleichgewichtsorgane und Steuerapparate dienen, ist eine stärkere Befestigung am Stamm- skelet nicht nötig, im Gegensatz zu den Selachiern, bei denen sie in weitem Maße funktionieren, sei es zur unmittelbaren Fortbe- wegung wie bei den Rochen oder sei es um sich schnell auf den Rücken herumzuwerfen, wie es die Haifische bei der Nahrungsauf- nahme tun. Wir finden daher bei dieser Fischklasse Becken- und Schultergürtel in größerer Ausdehnung, während bei den Teleosteern die primären Teile dieser Knochen rudimentär werden oder über- haupt nicht nachzuweisen sind. Bei einer Einteilung nach der Hautbekleidung zerfallen die Fische in dieselben großen Abteilungen, die man auch sonst allge- mein unterscheidet, nämlich in die Plagiostomen und in die Teleostomen. Auch bei den Unterabteilungen, Ordnungen usw. kann man der hergebrachten Einteilung folgen, wie ich es auch im Hautknochenbildungen bei Fischen. - 5 allgemeinen getan habe. Die Reihenfolge der verschiedenen Gruppen dagegen war bei den folgenden Ausfiihrungen bedingt durch die Ähnlichkeit der verschiedenen Hautbedeckungen, so daß ich nach einer allgemeinen Übersicht über die Schuppen und Flossenstrahlen zunächst die den Plagiostomen am ähnlichsten Formen behandeln will, nämlich die Plectognathen, die in ihrem Integument mit den verschiedensten Gruppen Verwandtschaftsbeziehungen annehmen lassen. In einem zweiten Abschnitt, der vermutlich erst zu einem etwas späteren Termin veröffentlicht werden kann, werden dann die Teleosteer mit den typischen Cycloid- und Ctenoidschuppen durch- gesprochen werden, sowie die in ihnen unmittelbar sich anschließenden Abänderungen; die dritte Abteilung der Arbeit umfaßt die Lopho- branchier, Gasterosteiden, Centrisciden und einige andere Gruppen, bei denen die Flossen Teile der Hautbekleidung beeinflussen. In weiteren Abhandlungen endlich sollen Formen besprochen werden, die im Gegensatz zu den bisher genannten aus mehreren Anlagen verschmolzene Hautschilder haben, nämlich die Panzerwelse, Cy- clopteriden, einige der sogenannten Ganoiden und andere mehr. Die älteste der oben genannten großen Abteilungen und die ursprünglichste sind die Plagiostomen, denen wir uns daher zunächst zuwenden wollen. Die Plagiostomen oder Selachier. a) Schuppen. Die Plagiostomen oder Selachier besitzen eine Verfestigung und Bewehrung ihrer Haut in den Placoidorganen. Es sind dies zahn- artige Gebilde, bei denen man eine knöcherne Platte in der Haut selbst und einen vorspringenden, die Körperoberfläche überragenden Spitzenteil, den Hautzahn, unterscheiden kann. Die Entstehung dieser Organe ist in der klassischen Arbeit von O. HErTwIG genau beschrieben worden, die ich durch eigene Untersuchungen nur be- stätigen kann. Die Placoidorgane entstehen an den sogenannten Hautpapillen; Erhebungen, die sich durch Zusammentreten von be- sonders differenzierten Cutiszellen in der an diesen Stellen zurück- tretenden Epidermis entstehen (Fig. A). An den Berührungsstellen der Epidermis und Cutis verändert sich nun die unterste Reihe der Epidermiszellen in ganz bestimmter Weise. Sie werden größer, be- kommen eine kubische Gestalt, lassen bestimmte Zwischenräume 6 WILHELM GOETSCH, zwischen sich und zeigen in ihren bläschenförmigen Kernen gewisse Veränderungen. Im Laufe der Entwicklung ziehen sie sich mehr und mehr in die Länge und zwar so, daß sie zur Oberfläche der Cutispapille senkrecht stehen; darauf beginnen sie an dieser ihrer Basis eine dünne Schicht harter, homogener Kalksubstanz abzu- sondern, während ihre Kerne sich nach der Spitze zurückziehen. Die von ihnen abgesonderte Hartsubstanz, der Schmelz, überdeckt kappenförmig die Cutispapille, deren peripher gelegene Zellen an der Oberfläche das Dentin erzeugen, eine zellenlose, von radiären Kanälen durchzogene Knochenschicht. Die Kanäle oder Zahnbein- röhrchen sind Ausläufer der Zellen, welche das Dentin bilden und diesem ihrem Produkt an der Innenseite auflagern und sich immer mehr von ihm zurückziehen, so daß zuletzt nur noch ein zentraler Rest der Papille übrig bleibt, der die Gefäße führt und allseitig vom Dentin umschlossen wird: die Pulpa. Unter diesen eigentlichen Hautzähnen, deren Analogie mit den Zähnen der Mundhöhle O. Hertwie nachgewiesen hat, entstehen als Abscheidung von weniger differen- zierten Elementen, als die Dentinbildner waren, durch Verknöcherung von Bindegewebslagen gewöhnliche Hautknochen, die sogenannten Basalplatten, bei denen man einen oberen und einen unteren Teil unterscheiden kann. Die Bildung des oberflächlichen Teils der Basalplatte ‘erfolgt, wie auch KLaATsCH angibt, in direktem An- schluß an die Bildung des Dentinkegels, so daß man hier alle Über- gänge von Dentin zu den Knochenbildungen der Basalplatte finden kann. Ein Unterschied der beiden Teile besteht darin, daß in der aus Dentin bestehenden Spitze die Zellen ihrem Produkte nur an der Innenseite anliegen, da an der Außenseite ja der Schmelz sich befindet; bei der Bildung der Basalplatte dagegen, in der sich Zell- ausläufer niemals nachweisen lassen, liegt die Hartsubstanz inmitten der sie abscheidenden Zellen, die sie durch fortgesetzte allseitige Ablagerung vergrößern. Der untere Teil der Basalplatte zeichnet sich dadurch aus, daß bindegewebige Teile in den fortschreitenden Sclerierungsprozeß mit einbezogen werden, und zwar sind es nach KraartscH „Elemente, die durch Abscheidung einer fibrillär zerfallenen Substanz sich den differenzierten Teil der Cutis anreihen“. Dadurch gewinnt die Struktur dieses Teils der Basalplatte ein bindegeweb- artiges, durch sich kreuzende Fibrillen bedingtes anderes Aussehen als die oberen, homogenen Teile. Durch die Basalplatte geschieht die Befestigung der Schuppen in dem Integument, während der Spitzenteil die Haut durchbricht. Hautknochenbildungen bei Fischen. - 7 Die Basalplatten untereinander sind durch bindegewebige Bänder verbunden. Während Kuaatscu in der ersten seiner Arbeiten über die Entstehung der Placoidorgane dieselben eben erwähnten Ansichten stützte, glaubte er auf Grund neuer Untersuchungen annehmen zu müssen, daß bei der Bildung der Hautverknöcherungen der Epi- dermis der Hauptanteil einzuräumen sei. Und zwar gehe dies auf folgende Weise vor sich. Schon lange ehe die Schuppenanlagen vor- handen sind, sollen aus der wuchernden unteren Epidermisschicht Zellen in das Mesoderm einwandern und zu Scleroblasten werden, wie Kuaatscu die schuppenbildenden Elemente nennt, „sie gehen also aus der tiefen Ectodermschicht hervor, demselben Material, das auch das Schmelzepithel liefert. Erst allmählich sondert sich in der ursprünglich einheitlichen Schuppenanlage der Teil, den man früher für mesodermal hielt, von dem, welcher im Verbande mit dem Ectoderm bleibt. Die Sonderung erfolgt central am frühesten, peri- pher bleibt sie noch lange Zeit erhalten, so dab der äußere Teil des Faltungsrandes eine Art von Keimschicht für das Scleroblasten- material darstellt und ihm aus dem Ectoderm immer neue Bestand- teile zuführt. An der Anlage von Zähnen, welche bereits Hartsub- stanz geliefert haben, kann man den Zusammenhang von Dentinkeim und Ectoderm noch erkennen, besonders an den. umgeschlagenen Rändern und Zapfen, die in die Cutis hineinragen, treten ständig Zellen vom Ectoderm über und liefern neues Material für die Schuppenbildung.“ Auf Grund dieser Annahme kommt Knaarscn dann für die Phylogenie der Placoidorgane zu folgenden Schliissen: »Alle Zellen der tieferen Epidermisschicht waren urspriinglich zur Bildung von Hartsubstanz befähigt. Der Schmelz ist ursprüng- lich die einzige Hartsubstanz. Um freie Beweglichkeit des Körpers zu erreichen, wurde jene die ganze Haut überziehende Schmelz- bildung unterbrochen, und es bildeten sich Falten zwischen den Platten. Aus den Zellen dieser Falten, welche an den Schmelz- lamellen umgebogen wurden, entstanden die Scleroblasten. Diese sezernieren zuerst nur in Berührung mit dem Schmelz Hartsubstanz (Odontoblasten), später auch überall im Bindegewebe. Der Faltungs- rand des Schmelzkeims ist der primäre Ort der Scleroblastenbildung.“ Diese Behauptungen von Kzaarscou blieben nicht unwidersprochen. So bestritt Harrison diese Ansichten auf das Entschiedenste und führte aus, daß wohl in Beobachtungsfehlern der Grund der ange- 8 WILHELM GORTSCH, gebenen Resultate zu suchen sei. Durch schräges Treffen der Ob- jekte beim Schneiden oder Verschiebungen von Zellen, die beim Präparieren usw. leicht vorkommen Können, und ebendadurch be- dingte Unterbrechungen der Grenzschicht hätten Verbindungen und Zellüberwanderungen von der Epidermis zur Cutis vorgetäuscht. Auch RaBz behauptet gegen KLAATSCH und GORONOWITSCH, der zu ähnlichen Resultaten kommt, daß das Ectoderm niemals Sclero- blasten liefert. Die untere Schicht der Epidermiszellen müsse wohl als Matrix aufgefaßt werden; doch teilten sich diese Zellen niemals nach unten gegen das Corium zu, sondern stets nach außen und lieferten nur dorthin neue Zellen für die nach oben wandernden, | die schließlich abgestoßen werden. Zwischen Ectoderm und Meso- derm sei stets eine scharfe Grenze, durch die niemals Abwanderungen stattfinden könnten. Diese letzte Ansicht halte ich nicht für evident, wenigstens nicht für alle Fälle, da ich selbst Abspaltungen und Überwandern von Epidermiszellen beobachtete, und zwar bei Teleostomen, worauf ich später noch zurückkommen werde. Bei Selachiern dagegen habe ich die kritischen Stellen, besonders die Vorgänge am Faltungsrand, bei einer großen Anzahl von Präparaten genau untersucht, konnte mich aber niemals davon überzeugen, daß die Zellen des Dentinkeims aus der Epidermis stammen. Eine Ähnlichkeit der das Dentin bildenden Elemente mit denen, die den Schmelz abscheiden, ist unver- kennbar vorhanden, wie man in Fig. 1 u. 2 auch sehen kann; es ist auch manchmal schwer festzustellen, ob eine bestimmte Zelle der Epidermis oder der Cutis angehört. Ein regelmäßiges Überwandern der Zellen am Faltungsrand konnte ich jedoch niemals nachweisen und bin besonders auch auf Grund anderweitiger Erfahrung zu der Ansicht gekommen, daß die wenigen Fälle, wo die Zugehörigkeit einer Zelle zu der einen oder anderen Schicht etwas zweifelhaft war, nur Verschiebungen oder Zerreißungen mechanischer Art ihren Ur- sprung verdanken. KraarscH gibt übrigens selbst zu, daß man solche Uberwande- rungen nur sehr selten zu sehen bekommt; am Kopf sollen sie häu- figer zu beobachten sein. Die Entwicklung der Kopfdeckknochen habe ich nicht genauer untersucht; bei der Bildung der Placoid- organe ist aber meinen Untersuchungen nach kein Zweifel darüber möglich, daß außer dem Schmelz alle Hartsubstanzbildungen von cutanen Elementen abzuleiten sind, der sogenannte Faltungsrand und die von der Epidermis in die Cutis reichenden Erhebungen da- Hautknochenbildungen bei Fischen. - 9 gegen bei der Entstehung des Dentins oder der Basalplatte nicht beteiligt sind und keine Scleroblasten dazu liefern. Bei der Be- _ sprechung von der Entwicklung der Cycloidschuppen, wie ich sie bei Teleosteern und Amia calva untersuchte, komme ich nochmals auf ähnliche Verhältnisse zu sprechen. Auch dort sollen nach KraAtscHh durch die in die Cutis hineinragenden Epidermiszapfen Zellen in das Corium einwandern und zu Scleroblasten werden; und dort läßt sich durch das Fehlen dieser Zapfen in der Entwicklung der Schuppen einiger Fische, besonders bei der primitiveren Form Amia calva, der beste Beweis dafür liefern, daß ein derartiges Über- wandern nicht stattfinden kann. Solange nicht ganz genaue, unzweifelhafte Fälle von regel- mäßigen, bei allen Formen nachzuweisenden Überwanderungen von einzelnen Zellen oder Abspaltungen von ganzen Zellenkomplexen festgestellt sind, müssen wir daran festhalten, daß zwar der Schmelz ein Erzeugnis der Epidermis ist, Dentin und Basalplatte dagegen aus cutanen Elementen ihren Ursprung nehmen, etwaige Über- wanderungen, wenn sie wirklich ein oder das andere Mal der Unter- suchung vorliegen, anderen Ursachen entspringen und wahrscheinlich Verletzungen und dergleichen zuzuschreiben sind. Über die Frage, inwieweit das Ectoderm bei der Bildung der Cutis selbst etwa beteiligt sein könnte, wird an anderer Stelle noch einiges zu sagen sein. b) Das Skelet der unpaaren Flossen der Haie besteht aus den primären Flossenträgern, während der periphere Saum von den sog. Hornfäden gestützt wird; bei den paarigen Flossen unterscheidet man' sowohl an den Brust- wie bei den Bauchflossen einen einfachen Knorpelbogen, den Schulter- resp. den Beckengürtel, an den sich ein oder mehrere Basalia ansetzen. An diese wiederum schließen sich in größerer Anzahl Seitenstrahlen an, und dem äußeren Saum wird auch hier Festigkeit gegeben durch die Hornstrahlen, die nach KRUKENBERG besser Elastoidinfasern ge- nannt werden dürften wegen ihrer chemischen Verwandtschaft mit dem Elastin, aus dem die elastischen Fasern bestehen. Von diesen Elastoidinfasern ist ebenfalls behauptet worden, daß das Ectoderm ihr Ursprungsort sei. ZIEGLER hat in einer Mitteilung über eine Arbeit von Broun dargelegt, wie diese Fasern stets nahe der Grenz- linie von Epidermis und Cutis entstehen, aber selbst durchaus cu- taner Herkunft sind, und meine Beobachtungen können diese An- 10 WILHELM GOETSCH, gabe nur bestätigen. Die Fasern sind auf den Durchschnitten be- sonders in späteren Stadien stets mit einer dunklen Lage von Mesenchymzellen umgeben, so daß ihre Herkunft von diesen nicht zweifelhaft sein kann. Genauere Untersuchungen habe ich nicht weiter unternommen, da nach Ziester’s Mitteilung sein Schüler Bront diese Verhältnisse in genauere Untersuchung genommen hat und eine Veröffentlichung hierüber wohl baldigst erfolgen dürfte. Die Teleostomen. a) Schuppen im allgemeinen. Die Teleostomen besitzen eine solche Einheitlichkeit bei der Körperbedeckung, wie wir sie bei den Plagiostomen antrafen, nicht. Wir finden bei ihnen die verschiedenartigsten Hautverknöcherungen ; von kleinen unscheinbaren Schüppchen oder ganz nackten Stellen bis zum festen Knochenpanzer sind alle Formen von Platten, Stacheln, Körnchen anzutreffen, besonders herrscht große Abwechs- lung bei den sogenanten Ganoiden, worunter man eine Anzahl teils ältester, teils jüngerer divergenter Arten zusammenfaßte. Eine größere Gemeinschaftlichkeit der Hautbedeckung ist erst wieder bei den Teleosteern anzutreffen. Auch bei Arten von ihnen fehlen zwar manchmal die Schuppen ganz oder sind rudimentär, auch kommen größere Knochenplatten im Integument vor. Die größte Anzahl von Arten jedoch besitzt als Körperbedeckung dünne Schindelschuppen, die Ctenoidschuppen genannt werden, wenn sie einen gezähnten Rand haben, oder Cycloidschuppen heißen, wenn sie sich durch glatten, bogenförmigen Rand auszeichnen. Da der morphologischen Verschiedenheit der Hautbekleidung auch ganz divergente Ent- wicklungsweisen entsprechen, ist es unmöglich, eine allgemeine Be- schreibung der Ontogenese zu geben; nur über die Vorgänge in der Haut, die der eigentlichen Schuppenentwicklung vorangehen, sind einige Worte zu sagen. Auch die Flossenstrahlen zeichnen sich durch eine mehr gleichmäßige Form und Entwicklung aus, so daß bei ihnen eine zusammenfassende Beschreibung möglich ist. Die meisten Beobachtungen wurden naturgemäß gemacht an Fischen, die am leichtesten zu beschaffen sind, also in erster Linie an Nutzfischen, hauptsächlich Forellen und Karpfen. Bei ihnen untersuchte auch ich die verschiedensten Entwicklungsstadien, zog aber auch Leueiscus und andere kleinere Fische zur Untersuchung Hautknochenbildungen bei Fischen. - 11 der Schuppengenese mit heran. Ich will diese Beobachtungen nicht im einzelnen wiederholen, sondern nur die Resultate anführen, die sich aus sämtlichen Beobachtungen ergaben. Vor Eintritt der ersten Zeichen beginnender Schuppenentwick- lung finden wir bei den Teleosteern eine dünne, undifferenzierte Epidermis, in der Sinnesorgane schon früh vorhanden sind, besonders in der Nähe der Seitenlinie. Später kommen dann noch Schleim- zellen hinzu. Die Epidermis ist gegen das Bindegewebe zu abge- schlossen durch eine Art Membran, die zwar von manchen Autoren geleugnet wird, von mir aber immer festgestellt werden konnte. Statt des Ausdrucks Basalmembran findet sich bei SCHUBERG Mem- brana terminans, ohne daß indes dadurch die Verwirrung und Ver- wechslung, die SCHUBERG durch Einführung dieser neuen Bezeich- nung vermeiden wollte, endgültig aus der Welt geschafft ist. Es ist daran festzuhalten, daß unter Basalmembran oder Mem- brana terminans nur die ganz dünne, struktur- und zellenlose Schicht zu verstehen ist, die sich eng an die untersten Zellen der Epidermis anschließt, ganz zu ihnen gehört und im Grunde nichts anderes ist als die den inneren Teilen zugewandten Grenzen der basalen Epi- dermiszellen selbst. Unter ihr befindet sich nach manchen Autoren noch eine Schicht, die KnaarscH und nach seinem Vorbild Kasanzrerr „Grenzzone“ genannt haben. Sie wird gleichfalls als struktur- und zellenlos an- gegeben, wurde aber bei den typischen Teleosteern von mir nicht angetroffen. KaAsANzEFF beschrieb sie bei Syngnathus; ich selbst fand dort und bei anderen Lophobranchiern manchmal etwas der- artiges, aber nicht regelmäßig. Es zeigte sich vielmehr, daß die Konservierung hier einen Einfluß ausübte: bei den mit Sublimatge- mischen fixierten Exemplaren war sie öfter zu sehen als bei anderen Fixierungsmethoden, sie fehlte z. B. durchgängig bei Tieren, die mit Pikrinsäure abgetétet worden waren. Aus diesen Gründen räume ich dieser Grenzzone keine große Bedeutung ein, sondern nehme vielmehr an, daß sie mechanisch dadurch entstanden ist, daß bei gewissen Fixierungsarten die obersten Bindegewebezellen zurück- weichen und so ein heller, beinahe zellenloser Streifen entsteht. Von der Epidermis ist er durch die Basalmembran geschieden und hat auch mit der späteren Entwicklung der Cutislamellen nichts zu tun. Auch auf diese Schicht ist verschiedentlicherweise der Name Basalmembran oder Membrana terminans angewendet worden; so sagt Hase in seiner Kritik über die KAsAnzerr'sche Arbeit, dab 12 WILHELM Gorrscu, dieser mit „Grenzzone wohl die Membrana terminans meine“. End- lich ist von ihm und anderen Autoren derselbe Name noch ange- wendet worden auf die erste, noch strukturlose Coriumlage. Dies ist unbedingt abzulehnen, wenn auch zugegeben werden mag, daß eine Verwechslung oder Gleichsetzung der unteren Epidermisgrenze, für die allein ich den Namen Basalmembran beibehalte, und der ersten Cutislamellen leicht möglich ist, da beide häufig so eng an- einander liegen, daß man eine Grenze nicht unterscheiden kann. Aus diesem Grunde wird auch von einigen Autoren angenommen, daß die Entstehung der ersten Cutislamellen, und somit der ganzen Cutis selbst, den unteren Epidermiszellen zuzuschreiben ist. GRU-_ NELIUS machte die Beobachtung bei Cyprinus, daß die ersten Lagen des Coriums die Zellen der untersten Zellenreihe der Epidermis. gleichsam umfließen, und sagt deshalb, daß eine Entstehung von ihnen aus „möglich“ sei. Ich selbst fand derartige Fälle in der Rücken- und Bauchflosse von Amia calva. Auch dort waren die ersten, noch strukturlos erscheinenden Cutislamellenlagen beinahe rings um Zellen der basalen Epidermisschicht herum anzutreffen, wie es in Fig. 9 angedeutet ist, so daß es das Aussehen hat, als ob sie von ihnen ausgeschieden würden. Ich halte diese Fälle nicht für beweisend, da ich sie nur an Stellen vorfand, die mehr oder weniger gekrümmt fixiert worden sind, wie sich auch aus Ab- bildungen ergibt. Durch die Krümmung nach außen oder nach innen werden natürlich auch die inneren Teile in Mitleidenschaft gezogen, und so verlaufen die Grenzen zwischen den einzelnen Teilen nicht gerade, sondern wellig und mäandrisch, wodurch dann solche Überschiebungen und Umfließungen entstehen. Ich werde auf diese Fälle noch zurückkommen, möchte aber noch einmal her- vorheben, daß man streng zu unterscheiden hat zwischen 1. der Grenze der Epidermis, für die allein der Name Basal- membran oder Membrana terminans am Platze ist und von mir auch weiterhin gebraucht werden wird; 2. der bei den meisten Teleosteern von mir nicht beobachteten Grenzzone, die nach meiner Meinung keine weitere Bedeutung zu beanspruchen hat; 3. der ersten Cutislage, für die wir eine besondere Bezeichnung nicht brauchen, eine Ansicht, die auch GRUNELIUS vertritt. Dieser erste, strukturlose Streifen der Cutis wird nach und nach dicker und zerfällt in die eigentlichen Cutislamellen, zwischen denen die sie bildenden Zellen von langgestreckter Spindelform Hautknochenbildungen bei Fischen. . 13 liegen. Das Stärkerwerden der Cutis geht in der Weise vor sich, daß die noch unzerfallenen, kompakten Teile immer mehr von der Epidermis ab und nach dem Muskelgewebe zu rücken, die äußeren dagegen immer mehr locker-bindegewebig werden und dann nur wenige Coriumzellen enthalten. In diesem letztgenannten Teil be- ginnen dann die eigentlichen Schuppenkeime zu entstehen (Fig. 10); ihre Entstehungsweise ist jedoch bei den einzelnen Arten so ver- schieden, daß bei dieser allgemeinen Übersicht nicht darauf einge- sangen werden kann. Einheitlicher verhalten sich die Flossenstrahlen, deren Be- trachtung wir uns nunmehr zuwenden. b) Flossen. Die Ontogenese der Flossenstrahlen und der Flossen überhaupt beobachtete ich genauer bei Teleosteern (Leuciscus, Gasterosteus, Cottus u. a. m.) sowie bei Amia calva und Lepidosteus osseus, und zwar besonders bei den unpaaren Medianflossen und den paarigen Bauchflossen. Ihre Entwicklung liegt der folgenden Beschreibung zugrunde, während die meisten Autoren die Entwicklung der Schwanzflossen, vorzugsweise der von Salmoniden, untersuchten, wo- durch sich manche Besonderheiten erklären dürften. Als erste Anlage der unpaaren Flossen tritt bei den Fischen schon bei den allerjüngsten Tieren eine Hautfalte auf, gebildet von der Epidermis und dem zu dieser Zeit noch undifferenziertem Binde- gewebe. Diese Falte oder dieser Saum hat meist eine große Aus- dehnung, eine größere, als wie sie die späteren Flossen besitzen, und zieht sich meist vom Rücken über den Schwanz bis zum Bauch hin, umfaßt also Rücken-, Bauch- und Afterflossen in sich, wie man es z. B. bei Lepidosteus, Leuciscus, Salmo usw. beobachten kann. Diese Verhältnisse weisen darauf hin, daß ursprünglich die später getrennten Teile einen zusammenhängenden Flossensaum gebildet hatten. Zu der Zeit, in der sich unter der Epidermis die Cutis- lamellen zu bilden beginnen, sehen wir auf Schnitten durch die un- paaren Flossen unter den noch eng aneinanderliegenden und des- halb wie ein einheitlicher Strang aussehenden Coriumlamellen eine Anhäufung von Zellen, und zwar unterhalb der Basis des Flossen- saums und zwischen den Muskeln des Seitenrumpfmuskels. Die länglichen oder rundlichen Zellen dieses Haufens fangen dann nach einiger Zeit an, rings um sich herum in konzentrischen Schichten feste Kapseln abzuscheiden, die allmählich zu einer homogenen 14 WILHELM GOETSCH, Intercellularsubstanz verschmelzen. In dieser bleiben die sie bildenden Zellen eingebettet, teilen sich auch häufig, und ihre Teil- produkte bilden um sich wiederum Kapseln: es sind dies alles Vor- sänge, die beweisen, daß wir es hier mit echter Knorpelbildung zu tun haben. Auf diese Weise entsteht ein dünner, meist in der Längsrichtung des Tieres zusammengedrückter Stab, die knorpelige Anlage des Flossenträgers, der nicht senkrecht steht, sondern bei den einzelnen Fischarten mehr oder weniger schräg gerichtet ist, unten also weiter nach vorn reicht als oben. Wir sehen diese Ver- hältnisse der ersten Knorpelbildung in Fig. 4 bei einem 12 mm langen Jungen von Lepidosteus osseus. Unter der Epidermis und der darunter liegenden in Bildung begriffenen Cutislamellen bemerken wir drei Zellenhaufen. Es sind dies die Anlagen von drei verschie- denen aufeinanderfolgenden Flossenträgern, die durch ihre schräge Lage bei Querschnitten des ganzen Körpers gleichzeitig getroffen worden sind, so daß wir in einem Schnitt, Spitze, Mitte und Basis von in Bildung begriffenen Flossenträgern gleichzeitig finden. Oben und unten sind die Zellen erst in der Bildung von Knorpel be- griffen, in der Mitte sehen wir schon die zusammenfließende Inter- cellularsubstanz, in der die länglich-halbmondförmigen Zellen ein- geschlossen sind. Die gleichen Verhältnisse lagen vor bei ungefähr gleichgroßen Embryonen von Amia calva, bei 5—7 mm langen Weißfischen, bei den 12 Flossenstrahlen in der Rückenflosse des Stichlings von 5 mm Länge; auch die drei vorderen, zu Stacheln sich umwandelnden Strahlen zeigten auf diesem Stadium noch nicht die Besonderheiten, die dann später auftreten. Nachdem diese Anlage des Flossenträgers sich im Laufe der Entwicklung vergrößert hat und oben bis an den Hautsaum oder auch bis in ihn hinein, unten bis zur Höhe der gleichzeitig ent- stehenden oberen Bogen bzw. Dornfortsätze vorgedrungen ist, ent- steht in dem Flossensaum selbst oder etwas unterhalb der Flossen- strahl als Hautknochen aus Ablagerungsprodukten der subcutanen Bildungszellen. Eine Beteiligung der Epidermis an der Bildung der Flossen- strahlen war nie nachweisbar, und da die Strahlen nicht wie die Schuppen unmittelbar unter der Epidermis, sondern weit ab von ihr entstehen, scheint eine Beteiligung der Epidermis ausgeschlossen. Meist sind auch schon die ersten Coriumlamellen ausgebildet, wo- durch die Epidermis vollständig getrennt wird von der Stelle, an Hautknochenbildungen bei Fischen. - 15 welcher die Zellen der Strahlanlagen zusammentreten und durch Abscheidung von Kalksubstanz die Knochen zu bilden beginnen. ; Die Form dieser Elemente ist verschieden, meist sind sie rund- lich oder spindelförmig. Es ist bemerkenswert, daß sie immer den Scleroblasten der Schuppen gleichen; so machen z. B. bei Amia diese Bildungszellen auch dieselben Veränderungen durch, wie ich sie in einer früheren Arbeit bei der Bildung der Schuppen beschrieben habe. Sie gehen von der länglich spindelförmigen Gestalt der ge- wöhnlichen Bindegewebszellen zunächst in eine rundliche über; so treten sie zu den Scleroblastenhaufen des Schuppenkeimes zusammen. Darauf werden sie quadratisch oder rechteckig, um endlich, nach- dem die Bildung von Knochen begonnen hat, wieder eine längliche Form anzunehmen, so daß sie zuletzt als schmale, kleine Rechtecke auf den Schnitten erscheinen und ihren Ablagerungen anliegen. Wir sehen einige dieser Veränderungen in Fig. 9. Dort sind beim queren Schneiden eine ganze Anzahl von Flossenstrahlbildungen getroffen, wie es stets geschieht, wenn die Flossen nicht aufrecht stehen, sondern niedergedrückt sind. Bei den übrigen mir zur Untersuchung vorliegenden Fischen war eine derartige Formveränderung der Zellen nicht zu bemerken, sie behielten vielmehr ihre längliche, spindelförmige Gestalt von den Zellenanhäufungen‘ an, zwischen denen die ersten Knochen- bildungen auftraten, bis zuletzt, wenn der Knochen durch die all- seitige Ablagerung der Zellen schon größer und dicker geworden ist und die Bildungszellen nur noch als feine, dicht auf ihm liegende Striche erkennbar sind. Die Entstehung der Flossenstrahlen erfolgt nicht einheitlich, sondern es entstehen zunächst getrennt zwei Teile, je einer rechts und links, und zuerst in der Basis des Flossensaums, wie wir z. B. es in Fig. 6 bei Cottus sehen. Die Flossenstrahlen entstehen also aus zwei Teilen, die den beiderseitigen Körperhälften angehören, wie schon Lota und nach ihm Harrison (bei Salmo) gezeigt haben. Sie sind also aus einem rechten und einem linken Teil entstanden, deren jeder einen ein- heitlichen Knochen darstellt, der durch Wachstum zunimmt. Später erst zerfallen bei den gegliederten Strahlen die beiden Hälften in einzelne Segmente; die Einzelheiten dieses Zerfalls beschreibt Harrison genauer. Diese Segmente, die sogenannten Flossenplättchen, wurden von einigen Autoren als die primären Teile aufgefaßt, aus deren Verschmelzung die ungegliederten Strahlen entstünden, und HERTWIG 16 WILHELM GOETSCH, setzte sie den Basalplatten gleich. Bei den stärkeren Stacheln von Cottus und anderen von mir untersuchten Fischen tritt eine derartige Zergliederung niemals ein, es bilden sich vielmehr nach der be- schriebenen Weise als einheitliches Gebilde die beiderseitigen Teile der Strahlen, und zwar, wie erwähnt, an der Basis des Flossen- saumes, von wo aus sie durch weitere Anlagerung nach oben zu wachsen. Die so entstandenen (rechten und linken) Teile der Flossen- strahlen sind verschiedenartig gebaut, je nach den einzelnen Typen, meist sind sie halbkreisförmig nach innen gebogen, wie bei Leuciscus und Amia, so daß sie bei ihrem Größerwerden und nach dem Zu- sammentreten ihrer Ränder zunächst einen hohlen, ganz langen spitzen Kegel bilden, dessen offene Basis den Flossenträger umgreift. Weiter nach oben hin zu verschwindet dann die Höhlung, und der Strahl wird solid und hart und spitz (Stachelstrahl) oder verzweigt sich und bleibt weicher (Knochenstrahl). In Fig. 5, Leueiscus, sind einige Strahlen in verschiedener Höhe zu sehen. Unten am Flossen- träger sind es noch getrennte Stücke, darüber, im Flossenstrahl selbst, sehen wir den Durchschnitt durch einen zusammenhängenden Strahl. Die halbkreisförmige Gestalt der ersten Strahlenstücke ist aber nicht überall vorhanden, bei Cottus, Fig. 6, sind sie vielmehr gerade oder sogar nach außen etwas umgebogen. Noch mehr ist dies der Fall beim Stichling, dessen vordere, zu starken Stacheln umgebildeten Strahlen sich zusammensetzen aus einem rechten und linken Teil, deren jeder im Querschnitt einen nach außen offenen rechten Winkel darstellt. Diese Teile treten mit ihrer Spitze zu- sammen, und wir finden dann einen in der Mitte soliden Stab mit vier vorspringenden Kanten, der nach den Gesetzen der Physik einen besonders hohen Grad von Festigkeit gewährt, mehr als ein hohler. Bis zu diesem Stadium wird der Verlauf der unpaaren Flossen wohl bei allen Teleostomen im großen und ganzen gleich sein, wenigstens glaube ich dies aus meinen Untersuchungen, die sich ja auf die verschiedensten Gruppen ausdehnten, schließen zu können. In Fig. 7 sind drei aufeinanderfolgende Flossenträger und -strahlen aus der Rückenflosse von Cyprinus gezeichnet; es erübrigt sich deshalb eine nähere Beschreibung dieser Teile, besonders da diese Verhältnisse allbekannt sind. Mit den Dornfortsätzen sind die unteren Enden der Strahlen Hautknochenbildungen bei Fischen. ~ 17 durch Bindegewebsbänder verbunden, wodurch eine Befestigung mit dem Achsenskelet herbeigeführt wird, die aber recht lockerer Art ist. > Die beschriebenen Verhältnisse sind bei den Teleosteern die regelmäßigen. Bei den einzelnen Arten treten dann im Laufe der Entwicklung die verschiedenartigsten Modifikationen auf: bei der Mehrzahl der Teleostomen verknöchern z. B. die Flossenträger, während sie bei anderen wieder stets knorpelig bleiben usw. Einige dieser abweichenden Formen werden später genauer zur Besprechung kommen, zunächst sollen aber noch die Bauchflossen und ihre Ent- wicklungsgeschichte allgemein mit kurzen Worten gestreift werden. Bei der Genese der Bauchflossen ist ebenfalls eine Vorwölbung der Haut das erste Zeichen der Entwicklung. In derselben Weise wie bei den Rückenflossen sehen wir auch hier Knorpelzellen in Tätigkeit, z. B. in Fig. 8 bei einem jungen Lepidosteus. Durch sie werden zunächst rechts und links Knorpelstäbe gebildet, die den Befestigungsapparat bilden, an dem sich die äußeren Flossenteile ansetzen. Sie entsprechen also den Flossenträgern der unpaaren Flossen, und ihre Funktion ist die des Beckens. Ein wirkliches Becken kommt bei Teleostomen mit Ausnahme der Dipnoer, die ja ihre Flossen als Stütz- und Hebelapparat gebrauchen, nicht vor, und die Teile, welche von einigen Autoren, wie Daviporr u. A. als ein Becken gedeutet worden sind, haben sich, wie WIEDERSHEIM darlegt, nur als Knorpelkomplexe herausgestellt, die dem Vorder- ende des Basale metapterygii aufsitzen. Näher auf die einzelnen Teile einzugehen sowie auf die Polemik, die ihre Deutung hervor- rief, würde den Rahmen dieser Arbeit überschreiten. Ich möchte nur noch bemerken, daß, wenn im Laufe dieser Abhandlung von Beckenapparat die Rede ist, damit immer die primären, knorpelig angelegten und als Befestigung dienenden inneren Teile der Bauch- flosse zu verstehen sind, die den Flossenträgern der unpaaren Flossen entsprechen und an denen die Strahlen sich ansetzen. Bei einzelnen Gruppen werden diese Teile auch genau beschrieben sowie die se- kundären, sie ersetzenden Knochen berücksichtigt werden. An dieses zum Teil in die Flosse etwas hineinragende Ende treten nun die Flossenstrahlen heran, deren Entwicklung nichts Außergewöhnliches bietet. In Fig. 9 rechts sind Querschnitte durch Anlagen derartiger Strahlen von Amia gezeichnet. Von den Be- sonderheiten, durch die sich die Bildungszellen in diesem Spezial- fall auszeichnen und die auch bei den Bauchflossen anzutreffen sind, war schon die Rede. Im übrigen ist noch zu bemerken, daß auch Zool. Jahrb. 42. Abt. f. Anat. 2. ° 18 WILHELM GoETscH, die Strahlen der Bauchflosse als zwei getrennte Teile entstehen, die sich nach dem Ende zu nähern und schließlich zusammenfließen, wie man ebenfalls in Fig. 9 sehen kann. An der Stelle, wo die Flossenstrahlen an den Beckenapparat herantreten, entstehen meist die verschiedenartigsten sekundären Verknöcherungen, die, wie wir später bei einem im Zusammenhang zu behandelnden Fall sehen werden, das Becken ersetzen können. SzILLY hat in seinen Untersuchungen über die einleitenden Vor- gänge zur Bildung der knöchernen Flossenstrahlen in der Schwanz- flosse der Forelle Abspaltungen von Zellen aus der Epidermis be- schrieben, die die Grundlage für die Bildung dieser Hartgebilde darstellen sollen. Ich habe seine Beobachtungen nicht nachgeprüft, von anderen Autoren ist aber die Richtigkeit sofort bestritten worden, und Szızıy selbst sah sich auch genötigt, einiges zurückzunehmen oder zu modifizieren. Auch bei meinen Untersuchungen über die Entstehung der Flossenstrahlen bemerkte ich niemals etwas derartiges, wie ich noch- mals betonen will, sondern konnte stets feststellen, daß diese Hart- gebilde aus bindegewebigen Zellen entstanden und durchgängig in einer Schicht, die unter den meist gleichzeitig entstehenden Cutis- lamellen liegt. Diese Cutislamellen, falls solche schon vorhanden, befanden sich also stets zwischen der Epidermis und den Flossen- strahlen, zum Unterschied von den Schuppen, deren Sitz und Ur- sprungsort darüber liegt, also unmittelbar unter der Epidermis, zwischen ihr und dem eigentlichen Corium, wovon man sich auf fast allen Abbildungen überzeugen kann. ZIEGLER gibt in seiner schon bei den Plagiostomen erwähnten Arbeit an, daß die Flossenstrahlen in den Schwanzflossen der Forelle in einer Schicht entstehen, die unmittelbar unter dem Ectoderm liegt, stimmt also mit Szizzy in der Angabe des Ursprungsorts überein. In der Abbildung, die er gibt, ist von einer Cutisbildung indes nichts zu bemerken, so daß seine Angaben den meinigen nicht widersprechen. Für rein cutane Produkte hält er die Flossenstrahlen gleich mir. In derselben Arbeit berichtet ZıEGLER ferner über die Elastoidin- fäden bei Teleosteern. Er stimmt den Angaben zu, die Harrison über die Entstehung dieser Gebilde gemacht hat. Bei meinen Unter- suchungen habe ich die Entstehung derartiger Gebilde nicht näher verfolgt; sie kommen ja auch bei Knochenfischen keineswegs regel- Hautknochenbildungen bei Fischen. 19 mäßig vor (ausgenommen in der Fettflosse der Salmoniden) und haben nicht die Bedeutung wie bei den Plagiostomen. c) Besondere Typen. 1. Die Plectognathen. Die Gruppe der Teleostomen, welche Hautverknöcherungen in größter Mannigfaltigkeit zeigt, sind die Plectognathen. Einzelne Arten von ihnen hat Hrrrwie in seiner dritten Abhandlung über das Hautskelet der Fische behandelt. Meine Untersuchungen über Morphologie dieser Hautschilder konnten seine Angaben meist be- stätigen; an manchen Stellen jedoch bekam ich Resultate, die von den seinigen abwichen, so daß ich auch manchen seiner Schluf- folgerungen nicht ganz beipflichten kann, besonders da auch infolge der Ergebnisse meiner Untersuchung über die Entwicklung neue Gesichtspunkte zu berücksichtigen sind. Nach Herrwıc sind die Ossifikationen der Haut bei den Plecto- enathen Modifikationen eines Hautstachels, der sich an seiner Basis zu einer Basalplatte verbreitert. Und zwar läßt Hrrrwıc soviel einzelne Hautzähne oder verknöcherte Cutispapillen zu einer Einheit zusammentreten, wie die einzelnen Schilder Strahlen aufweisen. Dab derartige größere Hautossifikationen durch ein Zusammentreten vieler Cutispapillen entstehen können, hat Hasz bei Cyclopterus unzweifel- haft nachgewiesen; bei den Plectognathen scheinen mir aber die von mir gefundenen Resultate eine andere Deutung zuzulassen. Ich möchte darauf aber erst eingehen, nachdem ich die Morphologie und in einigen Fällen auch die Entwicklungsgeschichte näher be- sprochen habe. Im einzelnen bleiben nach Herrwıc bei den Gymnodonten, der ersten Gruppe der Plectognathen, „mit wenigen Ausnahmen die primären Ossifikationen gesondert; die Basalplatte ist in ihrer Ent- wicklung reduziert bis auf zwei bis sechs Leisten, die von der Basis des Stachels ausgehend sich horizontal ausbreiten und zur Befestigung in den Lamellen des Coriums dienen. Es hat sich also vorzugsweise der Stachelteil entwickelt. Hier lassen sich von den kleinen un- scheinbaren Stacheln mancher Zetrodon-Arten zu den mächtigen langen und dicken Dornen einiger Diodonten unschwer Übergangs- formen auffinden.“ Wie HerrwiG halte auch ich die Ossifikationen der verschiedenen or 20 WILHELM GOETScH, Arten von Tetrodon für die ursprünglichsten Hautverknöcherungen der ganzen Plectognathengruppe. Wie bei Selachiern ist hier manch- mal der ganze Körper mit kleinen Stacheln bedeckt. Bei manchen Arten ist um Maul, After und Flossen eine stachellose Zone anzu- treffen, bei anderen finden sich auch hier Stacheln, meist jedoch kleinere und in geringerer Anzahl. Eine genauere Bestimmung der mir vorliegenden Exemplare — meist waren es nur unvollständige, getrocknete Bilge — war häufig leider nicht möglich, so daß ich genötigt bin, zur Unterscheidung die Species mit Zahlen zu bezeichnen. Die Stacheln variieren bei den einzelnen Arten stark. So fand ich beispielsweise bei der einen Species (Tetr. sp. I) weit auseinander- stehende, kurze, gedrungene Stacheln mit vielen (6—7) Ausläufern an der Basis; bei einer anderen (Tetr.sp. II) längere, 2 mm große, dünne, nadelspitze Stacheln mit 3—4 basalen Leisten, die eine Länge von ca. 1 mm besaßen. Die III. Art von 38 cm Größe hatte sehr ausgedehnte Ausläufer, die mıt einer Länge von 3 mm häufig die Stachellänge übertrafen, eine IV., 45 cm große Species endlich dickere Stacheln mit 2—4 Ausläufer bei einer Stachellänge von 5 mm usw. All diese Verschiedenheiten haben für die Systematik große Be- deutung, interessieren hier aber weniger, da es ja uur SETINERNE Abänderung von der Grundform sind. Querschnitte durch Stacheln geben in allen Fällen folgenden Bild. Im Mittelpunkt sehen wir einen von den übrigen Teilen deut- lich verschiedenen zentralen Abschnitt (Fig. 14). Er hat eine körnige Struktur, häufig auch eine dunklere Farbe als die Umgebung. Um diesen zentralen Teil herum laufen stets deutlich sichtbare zirkuläre Streifen, während von ihm ausgehende radiale, ganz feine Linien sich nach der Peripherie hinziehen, die aber nur bei besonders günstigen Beleuchtungsverhältnissen sich sicher feststellen lassen. Endlich bemerken wir noch Einschlüsse in der Hartsubstanz, die sich auf der Abbildung in mehreren regelmäßigen Reihen in den zirkulären Streifen vorfinden. Bei anderen Zetrodon-Arten sind sie nicht in der gleichmäßigen Anordnung anzutreffen, sondern mehr regellos verstreut. Die gleichen Bildungen wie diese Einschlüsse finden sich auch an der Schnittperipherie, die sich keineswegs als regel- _ mäßige Kreisform darstellt, sondern Rauhigkeiten und Einbuchtungen besitzt. Teile des den Stachel umhüllenden Bindegewebes füllen diese Einbuchtungen aus, in den größeren von ihnen dringen sie tiefer in den Knochen ein und sind zunächst noch durch Fortsätze mit Hautknochenbildungen bei Fischen. ~ 21 dem übrigen Bindegewebe verbunden, bis sie beim Dickenwachstum der Stachel endlich abgekapselt werden und sich zuletzt als Ein- schlüsse mitten im Knochen präsentieren. In der Entwicklungs- geschichte, der wir uns nunmehr zuwenden wollen, kann man die einzelnen Stadien genau finden. Zur Untersuchung der Zahnentwicklung standen mir mehrere kleine 3—4 cm große Tetrodon-Exemplare (Tetr. sp. VI) zur Verfügung deren Species sich nicht genau feststellen ließ. Die Tiere waren nicht so erhalten, daß sich feinere Zelluntersuchungen u. dgl. vor- nehmen ließen, dem allgemeinen Gang der Stachelentwicklung jedoch konnte ich gut an ihnen verfolgen. Am Bauch besaßen diese Tiere schon äußerlich sichtbare Stacheln, die hier die Haut durchbrachen; kleinere ließen sich an Rücken und Kopf mittels Lupe feststellen, nach dem Schwanz zu fehlten auch diese. Die Stacheln an den einzelnen Körperstellen hatten aber keineswegs alle dieselbe Größe, es kamen vielmehr zwischen größeren auch kleine vor, so daß man auf Schnitten Stacheln der verschiedensten Ausbildung antreffen konnte. An aufgehellten Haut- stücken ließ sich auch feststellen, daß die größeren Stacheln un- gefähr in Längsreihen angeordnet verliefen, die dazwischen ein- gestreuten kleinen Stacheln lagen aber gänzlich regellos in der Haut. Die größten Stacheln besaßen höchstens eine Länge von 1 mm, meist nur 4/, oder *,. Die kleinsten waren stets bedeutend kürzer als die basalen Ausläufer der größeren. An derselben Stelle wie überall bisher findet sich auch bei Tetrodon die ersten Anzeichen einer Stachelentwicklung in der Cutis unmittelbar unter der Epidermis in Gestalt einer Zellenanhäufung. Die sehr dünne Epidermis wölbt sich über diesem Zellenhaufen nach außen vor, so daß eine flache Erhebung entsteht. An der Vorder- seite stülpt sich die Epidermis meist etwas nach innen ein (Fig. 11a) und dringt unter die Anlage des Stachels vor, so daß man auf den Schnitten häufig zungenförmige Spitzen sieht. Diese schräg nach hinten gerichtete Cutispapille beginnt nunmehr an ihrer Oberfläche Hartsubstanz abzuscheiden. Es hat also die Bildung des Stachels von Tetrodon eine außerordentliche Ähnlichkeit mit den Vorgängen bei der Entstehung der Placoidorgane. Auch die erste Knochen- bildung gleicht einem jungen Selachier-Hautzahn sehr: es ist ein langer hohler Dorn, innerhalb mit einer großen Pulpa; in ihr sind die Zellen der Cutispapille eingeschlossen, durch deren Ausschei- dung der Zahn entstanden ist. Ein Unterschied liegt nur darin, 22 WILHELM GOETSCH, daß eine Schmelzbildung fehlt; die Epidermis ist also beim Aufbau nicht beteiligt, auch Zellveränderung in ihr konnte ich nicht fest- stellen. Schmelzlosigkeit kommt übrigens auch bei Selachiern selbst vor, wie HERTWIG u. A. angeben, bei Zähnen von Chimären z. B., die sonst in jeder Beziehung echten Placoidorganen völlig gleichen. Die Weiterentwicklung der Zetrodon-Stacheln nimmt nach Bildung der ersten Hartsubstanz aber einen durchaus anderen Verlauf als bei Selachiern. Nach Bildung der ersten Verknöcherungen nämlich sinkt der dünne hohle Zahn etwas in die Tiefe, und einwachsendes Bindegewebe drängt ihn und die ihn ausfüllenden Zellenhaufen gänzlich von der Epidermis weg, so daß die ganze Papille nunmehr ziemlich tief im Bindegewebe liegt, das ihn allseitig umgibt. Diese Bindegewebszellen setzen nun um den ersten von der Papille ge- bildeten dünnen hohlen Kegel weitere Hartsubstanzen äußerlich an, so daß dieser nunmehr an Dicke zunimmt. Nach einiger Zeit scheint immer ein Stillstand dieses Dickenwachstums einzutreten, vermutlich dadurch, daß die Bildungszellen aufgebraucht sind. Nach gewisser Zeit treten aber rings an der Peripherie neue Zellen an den Kegel heran, und es beginnt nunmehr eine neue Wachstumsperiode Ein größerer Zahn besteht also aus einer Anzahl Kegel, die ineinander geschoben sind. Auf Querschnitten wird dieser Aufbau durch kon- zentrische Linien dokumentiert, die oben erwähnt und in Fig. 14 gezeichnet sind. Da beim Abschluß einer derartigen Periode des Wachstumes bei Zetrodon häufig Zellen und Zellenkomplexe von der neuen Hartsubstanz umschlossen werden, kommen die ebenfalls an- geführten Einschlüsse mitten im Knochen vor. Auf Längsschnitten kann man die Wachstumsgrenzen als feine, den Seiten parallel laufende Linien bemerken. Wir sehen sie z.B. in Fig. 12 beim Schnitt durch den rechten Zahn, der nicht ganz in der Mitte getroffen worden ist. Das Hautstück war bei diesen Präparaten unentkalkt geschnitten, man konnte deshalb auch die Zelleneinschlüsse sehr deutlich sehen, da die Färbung nur die Zellen tingierte, den Stachel selbst nicht. Außer diesen in der Abbildung als schwarze Flecken sichtbaren Zellen ist ferner zu sehen, dab außerdem noch Fasern in den Knochen hineinragen. Auf welche Weise sie dorthin kommen, erläutern am besten Querschnitte durch ganz junge Stacheln, wie in Fig. 13 gezeichnet sind. Der rechte Stachel ist quer, der linke etwas schräg getroffen. Bei beiden sehen wir, daß an die Stacheln Zellen herantreten und zum Teil schon umschlossen sind, außerdem aber noch Zellausläufer und Binde- Hautknochenbildungen bei Fischen. ~ 23 gewebsfasern, die strahlenförmig von der Peripherie des Querschnittes nach außen sich hinziehen. Auch sie werden beim Wachstum des “ Stachels mit Knochen umschlossen und bilden so die erwähnten radialen Streifen, die bei Zetrodon im Knochen selbst nicht sehr deutlich sichtbar sind, bei den anderen Gymnodonten aber für die Stachelstruktur charakteristisch sind, wie wir später sehen werden. Außerhalb des Knochens sind die Fasern auch bei Tetrodon häufig in großer Ausdehnung und ziemlicher Regelmäßigkeit anzutreffen, wie Fig. 11b zeigt, wo an die ganze Außenseite des Stachels diese Fasern herantreten. Aber nicht nur an der Außenseite, sondern auch innen in der Pulpa sind derartige Fasergebilde anzutreffen, die nur dort nicht senk- recht zu den Seiten stehen, sondern mit ihnen parallel laufen (Fig. 11b). Auch sie werden in die Hartsubstanz miteingeschlossen, da die Pulpa beim Wachstum des Stachels ausgefüllt wird, und zwar geschieht dies in analoger Weise wie beim Dickenwachstum, indem die Zellen der ursprünglichen Papille von der Spitze beginnend Hartsubstanz absetzen und so nach und nach die ganze Pulpa ausfüllen. Auf diese Weise kommt der schon erwähnte zentrale Teil zu- stande, der in Fig. 14 körnelig aussieht, da die Fasern hier quer getroffen sind. Es ist also nichts anderes als die ausgefüllte Pulpa. Von der übrigen Stachelsubstanz ist der Zentralteil nur durch den anderen Verlauf der eingeschlossenen Fasern verschieden, die senk- recht nach unten verlaufen, mithin mit den beim Dicken wachstum eingeschlossenen annähernd einen rechten Winkel bilden. Von der Pulpa bleibt zuletzt nur eine Aushöhlung im Stachel zurück, der dann von dichtem Bindegewebe eingenommen wird, und zwar von Bindegewebe, das sich von dem übrigen der Cutis nur durch vermehrte Fasern unterscheidet. Die Faserbündel, die die Pulpa einnehmen, kreuzen sich mit ihm in der Weise, wie die Ab- bildungen zeigen, bis sie nach und nach in dieselbe Richtung über- gehen. Durch Verknöcherung dieses Bindegewebes entstehen dann die Basalteile der Stacheln. Über die Morphologie der Basalteile geben Schnitte weniger gute Auskunft als Untersuchungen an ganzen Stacheln, die man mit Lauge isoliert. Bei der Species VI, an der ich die Entwicklungs- geschichte verfolgte, war durch Kalilauge schon nach zwei Stunden das gesamte Bindegewebe völlig zerstört, dagegen bleiben auch die kleinsten Stacheln unversehrt, so daß man ihnen die Schnitt- untersuchungen bestätigen resp. ergänzen konnte. Die kleinsten T- 24 WILHELM GOETSCH, Stacheln besaßen noch keine basale Grundfläche, sondern bestanden nur aus dem Stachel; mittelgroße zeigten Verbreitungen nach unten, entsprachen also den Schnitten in Fig. 12; bei den größten gingen diese Verbreitungen in spitze Ausläufer über (Fig. 15a). Es fanden sich bei dieser Art regelmäßig nur 2 basale Zipfel, die rechts und links von den Stacheln sich befinden. Nur ein einziges Mal traf ich hier einen Stachel, der 3 basale Ausläufer besaß; bei anderen Arten dagegen kommen regelmäßig deren drei und mehr vor. Bei diesen größeren Stacheln läßt sich auch feststellen, das am Aufbau der basalen Ausläufer 2 Schichten beteiligt sind. Die untere besteht aus verknöchertem Bindegewebe, und ganze Teile desselben sind in ihr eingeschlossen. Diese Schicht entspricht allein der wirklichen Basalplatte. Auf ihr befinden sich dann Leistchen der oberen Schicht, die sich an der Verbindungsstelle sämtlicher basalen Zipfel vereinigen und aus sich den Stachel, hervorgehen lassen, aus dessen Substanz sie bestehen. Morphologisch gehören diese Leisten zur oberen Schicht, also zum Stachel, und sind nur als dessen Ausläufer aufzufassen, mittels deren er sich mit den Zipfeln der unteren Schicht verbindet. Funktionell gehören sie mit der unteren Schicht zusammen, da sie mit dazu dienen, den ge- samten Stachel in der Cutis zu befestigen. Obere Schicht plus Stachel bilden den Stachelteil und sind auch von mir stets so be- zeichnet worden. Unter Basaiplatte verstehe ich nur die untere Schicht, die ja manchmal nur sehr gering vorhanden ist, so daß in der Hauptsache die Verankerung in der Haut durch die Stachel- ausläufer vermittelt wird. Diese plus untere Schicht habe ich zum Unterschied von der eigentlichen Basalplatte basale Ausläufer, Zipfel oder dergleichen genannt und werde sie weiterhin so nennen. Ehe ich der nächsten Gruppe der Gymnodonten mich zuwende, will ich noch eine Form von Zetrodon etwas näher beschreiben, da sie Übergänge zu den Diodonten sowohl wie zu anderen Plecto- gnathen bietet. Im Gegensatz zu den bisher beschriebenen Arten hatte diese Tetrodon-Species (IX) vollständig anliegende Stacheln, die in regel- mäßiger Anordnung mit nach hinten gerichteter Spitze auf Rücken, Bauch und Seiten anzutreffen sind, und zwar sind sie so angeordnet, daß immer die Spitze des vorhergehenden Stachels auf die Mitte des nächsten zeigt. Am deutlichsten ist diese Anordnung am Bauch vor dem After zu erkennen, während sie an den Seiten und auf dem Rücken weniger gut zu sehen ist. Es kommt dies auch daher, Hautknochenbildungen bei Fischen. - 25 daß an diesen Stellen die Anzahl der Stacheln geringer ist als an der Unterseite; am Schwanz, d. h. hinter dem After, fehlen die Stacheln vollständig. Der einzelne Stachel unterscheidet sich hauptsächlich dadurch von den bis jetzt beschriebenen, daß er stets drei basale Ausläufer besitzt, zwei seitliche, die im rechten Winkel sich an der Spitze ansetzen und untereinander eine Gerade bilden, und einen dritten, der von den beiden anderen erheblich abweicht. Während die beiden seitlich basalen Zipfel in derselben Weise wie bei den übrigen Tetrodon-Arten gebaut sind, also mehr oder weniger sich verjüngende Spitzen darstellen, ist dieser 3. Ausläufer kurz und dick; manchmal sieht es aus, als ob eine normale Basalspitze abgebrochen wäre, in anderen Fällen wiederum ist er wie eine knopfartige Verdickung sichtbar, wie sie Fig. 15c erkennen läßt. An die übrigen Stachel- teile ist er derartig angefügt, daß er mit den beiden seitlichen einen rechten Winkel bildet. In ihrem Bau unterscheiden sich die Stacheln nicht von den bereits beschriebenen. Wir finden auf Schnitten auch hier den zentralen Abschnitt mit den ihn konzentrisch umgebenden Außen- teilen, in denen die eindringenden Bindegewebsfasern gut zu sehen sind. An einigen Stacheln, und zwar in der Augengegend, wo auch Hertwie stets die entwicklungsgeschichtlich jüngsten Stadien fand, war auch eine unverknöcherte Pulpa nachzuweisen. Ferner sehen wir auf den Schnitten, daß jeder einzelne Stachel in einer Rille in der Haut liegt und daß die knopfartige Verdickung nach innen gerichtet ist. Dadurch unterscheiden sich die Stacheln wesentlich von denen der Diodonten, wo in gleicher Weise 2 seit- liche Ausläufer mit einem 3., kürzeren verbunden sind, der aber stets außen zu finden ist. Isolierte Stacheln dieser Tetrodon- Art dagegen gleichen gewissen Hautdornen von Diodon vollständig. Als weitere Besonderheit ist noch anzuführen, daß manche der Stacheln mehrspitzig waren, und zwar kamen sowohl Fälle vor, in denen die äußerste Spitze leicht gegabelt war als auch in 3 oder mehr Spitzen auslief. Manchmal waren auch nur leichte Ausbuch- tungen oder Buckel zu finden, wie sie Fig. 15c zeigt, die vielleicht noch im Laufe der Weiterentwicklung zu einer wirklichen Spitze geworden wären. Ich werde bei Diodon noch genauer auf derartige Formen zurück- kommen, die nicht als Verschmelzungsprodukt mehrerer Anlagen aufzufassen sind; es handelt sich vielmehr nur um eine Verstärkung 26 WILHELM GOETSCH, der äußerlichen Anlagerung an einzelnen Stellen, die bei den weiter differenzierten Formen der Plectognathen die Ursache zu den ver- schiedenartigsten Bildungen wird. Eine viel größere Differenzierung und Abänderung von den Placoidorganen, als wir sie bei den Zetrodon-Arten fanden, ist bei der anderen Gruppe der Gymnodonten anzutreffen, bei den Arten der Gattung Diodon und Verwandten. Vor allem haben wir es hier mit viel größeren Hautzähnen zu tun, die häufig die Länge von vielen Zentimetern erreichen. Ihre Form ist den Stacheln von Tetrodon ähnlich. Auch hier ist das Wichtigste der Stachelteil, der die Basalplatte an Größe und Masse meist um ein Beträcht- liches übertrifft. Im Gegensatz zu der wechselnden Zahl der Aus- läufer an der Basis bei Tetrodon sind hier regelmäßig nur deren 3 anzutreffen, und zwar in der Anordnung, wie sie Fig. 16a zeigt, rechts und links der Basis längere, die untereinander einen stumpfen Winkel, mit dem Stachel annähernd einen rechten bilden. Die 3. Leiste befindet sich an der Außenseite des Stachels und bildet eine beinahe gerade Fortsetzung desselben nach unten. Sie ist meist kürzer als die seitlichen und endigt nicht spitz wie diese, sondern besitzt ein breites, mit Einbuchtungen versehenes Ende. Wie bei Tetrodon ist auch bei Diodon zu bemerken, daß beim Aufbau der Ausläufer an der Basis verschiedene Schichten beteiligt sind. Die obere Schicht ist bei Diodon äußerlich ganz glatt und hell, es ist dieselbe Substanz, aus welcher der eigentliche Stachel besteht, und diese obere Schicht ist auch hier nur als Fortsätze des Stachels anzusehen, mittels derer er sich an der unteren Schicht befestigt. Bei der regelmäßigen Form der Hautstacheln geschieht dies mit je einem Fortsatz, der sich bei gewissen Abänderungen aber so verzweigen kann, daß mehrere derartige Ausläufer vorhanden zu sein scheinen. Die untere Schicht des basalen Ausläufers ist dunkler und schon äußerlich mit Streifungen durchzogen, die von der Ansatzstelle des Stachels nach außen laufen. Die Grenze beider Schichten ist nicht immer so deutlich zu sehen wie auf der Ab- bildung, da die Schichten allmählich ineinander übergehen. Wie die äußere Gestalt ist die innere Zusammensetzung der Stacheln von Tetrodon ähnlich, nur ist auch hier eine größere Regel- mäßigkeit und Differenzierung anzutreffen. Querschnitte und -schliffe lassen bei den Diodon-Stacheln ebenfalls einen zentralen Teil er- kennen, der mehr oder weniger kreisrunde Gestalt und ein gekörntes Aussehen hat (Fig.17b). Zwischen diesem zentralen Teil und der hier sehr Hautknochenbildungen bei Fischen. - 97 gleichmäßigen Peripherie sind konzentrische Ringe zu sehen, meist völlig kreisrund und in sich geschlossen. Ihre Zahl sowie ihr Ab- stand voneinander sind verschieden, nicht nur bei den einzelnen Arten, sondern auch bei den Exemplaren derselben Species; ja sogar bei den Stacheln ein und desselben Tieres sind Differenzen zu finden. Einschlüsse von Zellen und Zellenkomplexen fehlen bei Diodon; wir haben hierin einen wichtigen Unterschied beider Stachelarten vor uns. Ein weiterer Unterschied ist der, daß die radialen Streifen hier stets mit größter Deutlichkeit zu sehen sind, und zwar ver- laufen sie so regelmäßig, daß bei schwacher Vergrößerung der ganze Stachel in gleiche schmale Sektoren zerlegt zu sein scheint. Auf eine derartige Deutung kam deshalb Herrwie auf Grund seiner Schliffe und Schnitte von Chilomycterus, die er im 3. Teil seiner Ab- handlung auch so abbildet und beschreibt: „Einmal nehmen wir Streifen wahr, welche die kreisförmige Contur der Oberfläche wieder- holen, und zweitens ein radiales Liniensystem. Die Oberfläche des Dorns ist auf dem Querschnittsbild mit kleinen, in gleichen Ab- ständen entfernten Einkerbungen versehen. Von diesen einzelnen Einschnitten aus verlaufen gerade Linien radienartig nach dem Zentrum des kreisförmigen Durchschnitts und enden an einem Achsen- teil, der ungeschichtet bleibt. Durch die convergierenden Linien wird die Grundsubstanz in zahlreiche Abschnitte zerlegt, deren An- zahl den peripheren Einkerbungen entspricht. Demnach besteht der Dorn aus einer centralen Achse und vielen kleinen Blättern, die in radialer Richtung um die Achse angeordnet, nach innen sehr dünn sind und nach außen sich allmählich verbreitern.“ Ich glaube diese radialen Streifen, die man auf den Querschnitten sieht, anders deuten zu müssen auf Grund folgender Beobachtungen. Unter starker Vergrößerung mit Immersionssystemen verloren näm- lich bei sämtlichen mir zur Untersuchung vorliegenden Diodon-Arten diese Streifen ihre Regelmäßigkeit, sie verliefen dann nicht mehr gerade, sondern erschienen gekrümmt, bilden auch keineswegs eine zusammenhängende, bis zum Centralteil kontinuierlich sich hin- ziehende Linie, sondern konnten sich trennen und wieder vereinigen, sogar Verzweigungen und Anastomosen miteinander eingehen. Die Beobachtungen, die ich bei Zetrodon machte, lassen mich annehmen, daß hier in derselben Weise wie dort während des Dickenwachstums der Stacheln Fasern oder sonstige Ausläufer mit in den Verknöche- rungsprozeß einbezogen werden, die hier nur viel regelmäßiger auf- treten, wie ja auch der gesamte Stachel regelmäßiger gebaut ist 28 WILHELM GOETSCH, als bei Tetrodon. Gestützt wird diese Ausnahme weiterhin dadurch, daß die Streifen auf Längsschnitten und -schliffen senkrecht zu der Längsseite des Stachels stehen und genau an die Bilder erinnern, die wir bei der Entwicklung der Tetrodon-Stacheln fanden (Fig. 11b). Trennungslinien von Segmenten, die den Stachel zusammensetzen, haben wir also nicht vor uns, da sonst auf Längsbildern keine Streifen vorhanden sein dürfen. Aber auch Begrenzungslinien von anderer Art, wie z. B. von kleinen Prismen, in die der Stachel zer- fallen könnte, sind es nicht. An den Stellen nämlich, wo diese Linien quer getroffen sind, erscheinen an ihrer Stelle Punkte, was: nur der Fall sein kann, wenn hier wirkliche Fasern vorhanden sind. Diese Tatsache zeigt sich beim zentralen Teil. Auf Längs-- schliffen und Schnitten sehen wir, daß auch dieser Teil des Stachels von Liniensystemen durchzogen ist, die denen der Randteile gleichen. Nur ihre Richtung ist eine andere als dort, sie verlaufen nämlich: in derselben Richtung wie der Stachel selbst; auf Querschnitten sind sie daher nicht als Linien anzutreffen, sondern, weil sie senk-- recht durchschnitten werden, als Punkte, welche die helle Kalk- masse durchsetzen, so daß das erwähnte körnige Aussehen des Zentralteils zustande kommt, Zur Erklärung ihrer Entstehung‘ müssen wir wiederum die Ergebnisse der Stachelentwicklung von Tetrodon heranziehen. Wie erwähnt, ist der zentrale Teil der Stacheln dort als ursprüngliche Pulpa aufzufassen, die erst später: verknöchert. Bei Tetrodon legte ich schon dar, daß während dieses. Verknöcherungsprozesses die Pulpahöhle ausgefüllt ist mit faserigen Bindegewebe, das in derselben Richtung orientiert ist wie der Stachel selbst (Fig.11b). Durch Ablagerung von Hartsubstanz wird die Pulpa ausgefüllt, wobei die Fasern mit eingeschlossen werden. Bei Diodon können wir auf einen ähnlichen Entwicklungsgang mit Bestimmt- heit schließen, zumal da ich bei Diodon punctatum einen Stachel fand und schleifen konnte, bei dem die Pulpa noch bis beinahe zur Spitze erhalten war. Es braucht nur wiederum angenommen zu werden, daß bei Diodon eine größere Regelmäßigkeit des Fasern- verlaufs innerhalb der Pulpa vorliegt als bei Teirodon, um genügend erklären zu können, wie die Streifung des zentralen Zylinders, die- wir auch in Fig. 17a abgebildet sehen, entstanden ist. Eine größere Regelmäßigkeit ist auch bei den zirkulären Streifen zu konstatieren, die einem Querbild von Diodon-Stacheln ihr charak- teristisches Bild geben. Es sind, wie erwähnt, in sich geschlossene: kreisrunde Linien, die in regelmäßigem Abstand voneinander den. Hautknochenbildungen bei Fischen. _ 29 Mittelpunkt umgeben. Bei starker Vergrößerung sieht man, daß sie immer abwechselnd eine kleine Erhöhung und Vertiefung auf- - weisen (Fig. 17b). Nach Analogie von Zetrodon müssen wir annehmen, daß die Streifen mit dem Wachstum zusammenhängen und jeder Streifen den Abschluß einer Wachstumsperiode und den Beginn einer neuen darstellen, besonders da dieselben Erhöhungen und Ver- tiefungen auch an der Peripherie zu finden sind, wo sie auch HerrwiG bei Chilomycterus antraf und beschrieb. In den Vertiefungen am Rand finden sich Zellen, besonders bei kleineren Stacheln, und wir müssen in ihnen die Scleroblasten annehmen, die durch regel- mäßige Anlagerung von Hartsubstanz das Dickenwachstum des Stachels bewirken, wobei die zwischen ihnen befindlichen Gewebs- fasern oder Zellausläufer eingeschlossen werden und so die radiären Streifen bilden. Nach einiger Zeit, so müssen wir annehmen, hört die Ablagerung auf; neue Zellen treten an die Stelle der alten, die wahrscheinlich aufgebraucht sind; es beginnt eine neue Wachstums- periode, und die Grenze zwischen beiden drückt sich durch die kon- zentrische Linie aus. Auch die Fasern, die in der Hartsubstanz die radialen Streifen bilden, müssen stets beim Abschluß jeder der- artigen Periode von neuem gebildet werden, da sie sich nie über mehr als einen von zwei konzentrischen Streifen begrenzten Abschnitt erstrecken, das Aufhören derselben häufig die konzentrische Linie erst deutlich macht. Daß Einschlüsse von Zellen und Zellenkom- plexen bei Diodon fehlen, ist früher schon erwähnt worden. Außer der in Fig. 16a gezeichneten Grundform des Diodon- Stachels lassen sich schon innerhalb der einzelnen Art und am selben Tier Abänderungen beobachten. Bei dem Balg von Diodon punctatum, der einem ungefähr */, m langen Tier gehörte, waren die einfachsten und kleinsten Stacheln in der Rückenlinie der Kopf- gegend zu finden. Basalteile sind dort bedeutend kleiner als in Fig. 16a, die schon einen größeren Stachel zeigt, wie sie weiter nach hinten zu finden sind. An der Seite nehmen die Basalteile an Ausdehnung noch mehr ab als am Kopf, die eigentliche Stachel- spitze dagegen gewaltig zu; wir finden dort ganz lange, schlanke und spitze Stacheln, die bis zu 8 cm lang sind bei einem mittleren Durchmesser von !/, cm. Nach dem Schwanz zu findet sich eine andere Modifikation. Hier treten die Basalteile, die bei manchen Stacheln am Vorder- rumpf nur angedeutet sind, immer mehr hervor, bis sie am Schwanz eine sehr große Ausdehnung gewinnen und den Stachel an Größe 30 WILHELM GOETScH, übertreffen. An diesen Stacheln kann man dann besonders deutlich die zwei Teile unterscheiden, welche die basalen Ausläufer zusammen- setzen, da hier die untere Schicht, die eigentliche Basalplatte, nicht so klein und unbedeutend bleibt wie bei den übrigen Stacheln, sondern eine ziemliche Ausdehnung annimmt (Fig. 16b) und sich durch ihre dunklere Farbtönung auch deutlich von der oberen gelblichen oder weißlichen, elfenbeinartigen Schicht abhebt, die mit wurzel- artigen Ausläufern der unteren Schicht aufsitzt. Sind die Ausläufer an der Basis lang und spitz wie am Schwanz selbst, dann verbinden sie sich mit denen der Nebenstacheln oftmals zu einer Art Geflecht und verschieben sich derartig ineinander, daß sie nur mit Gewalt voneinander gelöst werden können. Die eigent- liche Spitze wird dann häufig ganz klein. Am meisten ist sie ver- kümmert bei den Stacheln, die sich um die Rückenflosse herum be- finden (Fig. 16b). Hier sind die Basalteile dafür um so kräftiger ausgebildet und manchmal so breit und dick, daß die untere Schicht der 3 Ausläufer zusammenfließen und einige einzige Platte bilden kann. Ähnliche Abänderungen sind auch bei anderen Diodon-Arten zu finden und zum Teil schon beschrieben worden. Ich will hier nur noch einen dieser Fälle erwähnen, da er mir für die Ableitung anderer Hautossifikationen wichtig zu sein scheint. Im Museum zu Gotha befand sich der 35 cm lange Balg einer unbestimmbaren Art der Diodon-Familie, dessen Stacheln sich von den übrigen von mir untersuchten vor allem dadurch auszeichneten, daß sie eine ansehn- liche Größe besaßen, in weitem Abstand voneinander in der Haut standen und einen durchweg sehr kleinen Stachelteil und sehr große basale Ausläufer hatten. Die Größe dieser basalen Zipfel konnte 3 cm betragen, war allerdings meistens geringer, besonders am Bauch. An dieser Stelle befanden sich auch die kleinsten und am wenigsten abgeänderten Hautzähne, sie hatten die Form wie große Tetrodon-Stacheln, mit 3 Ausläufern an der Basis, die ca. 2 em groß waren, uud einen Stachel von !/, cm Länge, der zu allen Ausläufern senkrecht stand. Am Rücken dagegen sind die Hautzähne denen der typischen Diodon-Arten ähnlich, mit 2 seitlichen und einen vorderen Ausläufer, der ungefähr in der Richtung des eigentlichen Stachels verläuft, aber die Länge der übrigen besitzt. Einzelne dieser Ossifikationen waren denen von Diodon punctatum völlig gleich, und zwar denen am Hinterende des Tieres; andere wiederum zeigten Übergänge zu den Tetrodon-artigen Bauchstacheln, wieder andere zeichneten sich dadurch aus, daß sie nicht 3, sondern 4 basale Zipfel Hautknochenbildungen bei Fischen. 31 besaßen (Fig. 18b). Auch bei den eigentlichen Zähnen waren die verschiedensten Abänderungen zu finden. Bei manchen waren diese . stets kleinen Stacheln spitz, bei manchen abgestumpft oder ganz verkümmert. Als wichtige Besonderheit ist endlich hervorzuheben, daß in einigen Fällen neben der Hauptstachelspitze auf der nach vorn gerichteten Leiste kleine Höcker zu bemerken waren, die manchmal zu richtigen Zähnen wurden, so daß neben dem mittleren eigentlichen Stachel noch 1 oder 2 weitere Stacheln anzutreffen waren, wie Fig. 18a zeigt. Allen diesen verschiedenartigsten Ab- änderungen der Hautzähne war nur das eine gemeinsam, daß die 3 oder 4 basalen Zipfel immer den eigentlichen Stachel bedeutend übertrafen und ihre untere Schicht, die eigentliche Basalplatte, stets in großer Ausdehnung anzutreffen war, so daß der Zwischenraum zwischen den einzelnen Zipfeln zum Teil ausgefüllt war, wie es bei Diodon punctatum erwähnt worden ist (Fig. 18b). Einen anderen Entwicklungsgang als die Gymnodonten, bei denen im wesentlichen die Stachelteile ausgebildet sind, haben die Ossifikationen eingeschlagen bei der 2. Familie der Plectognathen, bei den Sclerodermen. Die Einzelheiten der meisten Sclero- dermenschilder hat Hertwie genau und ausführlich beschrieben, so daß eine Wiederholung vermieden werden kann. Wenn jedoch Hertwic seine Resultate folgendermaßen zusammenfaßt: „Die primäre Grundform, der einfache Stachel, ist hier unansehnlich ge- blieben und hat sich nirgends als selbständige Bildung erhalten. Nur an einzelnen beschränkten Körperstellen findet man noch... kleinste Knochenplättchen mit einem einzigen Stachel, sonst aber haben überall Verschmelzungen stattgefunden. An den Flossen sind die Hautstacheln mit den Flossenplättchen in Verbindung getreten und in der Haut sind sie untereinander in großer Zahl an ihrer Basis verwachsen und haben zusammengesetzte Ossificationen, stacheltragende Knochen oder Schuppen, erzeugt“, so kann ich ihm in dieser Hinsicht nicht beistimmen; besonders bin ich zu einer anderen Auffassung gekommen durch eine Betrachtung der Schilder von Ostracion, die Hertwie nicht zu einer Untersuchung mit heran- gezogen hatte. Ostracion besitzt die größten und dichtesten Hautverknöcherungen der ganzen Gruppe. Wir finden bei ihm den ganzen Körper mit einem Panzer von dicht aneinanderschließenden Knochenplatten bedeckt, nur der Schwanz, der aus einer Öffnung des nach hinten zu geschlossenen Panzers heraussieht, bleibt weichhäutig und be- 32 WILHELM GoETScH, weglich. Durch ihn allein wird vermutlich die Fortbewegung ver- mittelt, denn die Rücken-, After- und Brustflossen, die in Löchern des gänzlich starren Panzers stehen und „gleichsam eingezapft“ erscheinen, sind so klein, daß sie für eine Fortbewegung kaum in Betracht kommen. Bei den großen Exemplaren von Ostracion, deren getrocknete Bälge man in den Sammlungen am häufigsten findet, erscheinen die einzelnen Teile dieses Panzerkleides als sechseckige, starke Knochen- platten, die durch schwache, vom Mittelpunkt ausgehende Leisten in Felder geteilt sind. Auf den Leisten wie auch in den Feldern sieht man Höcker und Warzen, während eigentliche Zähne auf den Platten, die zur Körperbedeckung dienen, nicht vorkommen. Da- gegen tragen einzelne Schilder über den Augen, am hinteren Ende des Panzers und an anderen Stellen bei manchen Arten mächtig ausgezogene Stacheln, besonders die Art O. cornutus ist dadurch ausgezeichnet; bei ihr sind auch hinten am Bauch 2 größere, mit Stacheln versehene Platten anzutreffen, die an der Stelle der fehlen- den Bauchflossen liegen. Der Durchmesser von Platten erwachsener Tiere beträgt 1 cm und darüber, die Dicke mehrere Millimeter (bei einem 15 cm langen Exemplar), so daß Ostracion unzweifelhaft im Verhältnis zu seiner Länge die mächtigsten Hautossifikationen unter den Plectognathen besitzt. Ein Zusammenhang der Platten erwachsener Tiere mit den Hautdornen der Gymnodonten läßt sich ohne weiteres nicht erkennen, da sich ja die Schilder als flache Platten repräsentieren und durch die reichlich vorhandenen Warzen eher den Anschein erwecken, als ob eine Anzahl von einzelnen, rückgebildeten Stacheln zusammen- getreten sei und dadurch die Schilder entstanden wären. Schon bei jüngeren Tieren derselben Art zeigt sich aber ein anderes Bild; wir finden dort nämlich keine flachen Platten, sondern Schilder mit kuppelartiger Erhebung im Mittelpunkt, die sich da- durch als einheitliche Bildungen präsentieren und schon leichter an ähnliche Abänderungen bei Diodon anschließen lassen. Ostracion cornutus endlich, dessen Hautbekleidung ich genau untersuchte, zeigt an den Kanten seines im Durchschnitt ungefähr dreieckigen Körpers in unregelmäßiger Abwechslung mit normalen Schildern solche, die völlig flachgedrückten Stacheln gleichen. Man sieht auf dem optischen Querschnitt die gleiche Anordnung des Faserverlaufs wie sonst, einen größeren zentralen Raum mit Hautknochenbildungen bei Fischen. ~° 33 senkrecht nach unten, verlaufenden Fasern und an der Peripherie in gleicher Weise wie bei Zetredon, Diodon usw. die mit der Be- - erenzungsfläche einen rechten Winkel bildenden Kanäle. Bei den übrigen, flach gewordenen Schildern ist dieser Aufbau verwischt, man kann aber immerhin noch sowohl in der Aufsicht wie auf Schnitten erkennen, daß aus ursprünglich kegelförmigen Gebilden die Form der Ostracion-Schilder dadurch entsteht, daß durch äußere Anlagerungen, die nach der Spitze des Kegels zu immer mehr an Mächtigkeit zunimmt, der Kegel zur Platte umgebildet wird. In der Aufsicht erkennt man die Begrenzung verschiedener Wachstumsperioden, die als unregelmäßige Linien sich um die mittlere Spitze herumziehen; bei kleineren sieht die Spitze noch heraus. Auf Schnitten, die durch die Schildmitte geführt sind, sieht man den mittleren ursprüglichen Kegel als gleichschenkliges Dreieck, an dessen Seiten die Hartsubstanzablagerung nach der Spitze zu immer größere Dimensionen annimmt. Dasselbe Bild zeigen die Schilder von jugendlichen O. cornutus. Bei älteren sind weitere Abänderungen zu finden, da nach der all- mählichen Überlagerung der eigentlichen aan Spitze sekundäre Warzen und Höcker entstehen, die das Bild dann ver- wischen. Wie ich aber schon erwähnt habe, läßt sich stets auch hier in der Durchsicht noch ein Mittelpunkt erkennen, in dem die von den Ecken ausgehenden Leisten zusammentreffen. Die Schilder sind äußerst fest miteinander verbunden, indem an allen Seiten eines jeden Schildes eine große Anzahl von Vor- sprüngen und zapfenartigen Erhebungen zu finden ist, die in ent- sprechende Vertiefungen des Nebenschildes hineinpassen. Die Grenze zweier Schilder zeigt daher keine glatte Linie, sondern erscheint gezackt wie die Umrandung gewisser Laubblätter. Derartige Linien sind auch innerhalb der Schilder selbst anzutreffen und als Grenzen früherer Wachstumsperioden aufzufassen. In der Nähe der Ränder selbst verlaufen sie parallel den Begrenzungsflächen, nahe dem Mittelpunkt dagegen gleichen sie den konzentrischen Linien, die wir bei anderen Plectognathen-Formen als Abschluß verschiedener Wachstumsstadien ansehen mußten. Daraus kann man schließen, dab die Endform der Ostracion-Schilder rein mechanisch zustande gekommen ist. In dem die ursprünglich runden Ossificationen sich bei ihrem Wachstum allseitig auszubreiten suchten, trafen sie auf die neben ihnen liegenden Schilder und beeinflußten sich gegen- seitig so, dab ihre runde Form sich zur sechseckigen umwandeln mußte. Zool. Jahrb. 42. Abt. f. Anat. oe 34 WILHELM GOETSCH, So lassen 'sich die Bilder von Ostracion, die in ihrem Endprodukt von den Hautzähnen gänzlich verschieden sind, leicht mit den Haut- ossificationen von Diodon und Tetrodon verknüpfen. Die großen Stacheln über den Augen und am Hinterende des Tieres sind wohl keine ursprünglichen Gebilde, vielleicht aber sind sie als Abänderungen von Stacheln aufzufassen. Auf Schnitten finden wir, daß sie einen pulpaähnlichen zentralen Raum besitzen, ihr histio- logischer Bau dagegen weicht von dem der Schilder erheblich ab (Fig. 20b). Er gleicht eher dem der Flossenstrahlen, wie sie Tri- acanthus u. a. später zu besprechende Plectognathen besitzen. Bei den Stacheln am Hinterende des Tieres könnte man ja annehmen. daß von den reduzierten Bauchflossen ein Strahl sich mit einer Platte des Integuments verbunden hätte; solche Fälle kommen, wie wir später sehen werden, häufig vor. Daß diese langen Stacheln an ihrer Basis schildartige Verbreiterungen mit Warzen und Höcker wie die übrigen Schilder besitzen, spräche für diese Annahme, wenn auch ein Flossenträger oder soustige Rudimente der Bauchflossen fehlen. Nun kommen aber diese Stacheln in ganz der gleichen Aus- bildung über den Augen vor, wo doch keine Flossen anzunehmen sind. Ich erwähne diese Verhältnisse, zu deren Erklärung die Onto- genese herangezogen werden müßte, deshalb, um zu zeigen, wie Hautknochen des Integuments und Flossenträger in morphologischer Hinsicht sich manchmal gleichen. Die Hautknochen mancher Balistes-Arten besitzen mit den Platten von Ostracion große Ähnlichkeit. Auch dort finden sich Schilder, die auf ihrer Oberseite warzenartige Gebilde tragen. Bei den meisten Species der Gattung Balistes dagegen finden sich an Stelle der Warzen richtige Stachelbildungen. Über diese ver- schiedenen Abänderungen, die wir bei Balistes und ähnlichen Gattungen finden, hat aber Herrwıc erschöpfend berichtet, so dab ich mich hier mit einigen kurzen Bemerkungen begnügen werde. Eine der gewöhnlichen Formen der Balistes-Schilder gibt Fig. 19b wieder. Man sieht hier, daß die Platte mit Stacheln bedeckt ist, die besonders am hinteren Ende zahlreich sind, während der vordere Teil mehr davon frei bleibt. Die einzelnen Schilder überdecken sich leicht, und zwar die hinteren die vorderen. Die Zähne sind im all- gemeinen nach hinten zu gerichtet. Die sehr festen, nicht biegsamen Knochenschilder sind von Kanälen durchzogen, und die Zähne sitzen mit wurzelartigen Ausläufern auf der basalen Platte auf, so daß ein ähnliches Relief auf der Oberfläche entsteht wie bei einigen noch Hautknochenbildungen bei Fischen. 95 später zu beschreibenden Hautknochenplatten; doch erkennt man hier deutlich zwei Schichten, eine untere, die ihrer Zusammensetzung nach den Basalplatten «leicht, und eine obere homogene Schicht, von der auch die Stacheln gebildet werden. | Die Schilder sitzen in der Haut sehr fest, so daß sie nur schwer zu macerieren sind; besonders am vorderen glatten Ende sind die sie befestigenden Bänder nur schwer loszulösen. Bei Triacanthus sind die Schilder viereckige oder sechseckige kleine Platten, die auf ihrer Oberfläche Zähnchen tragen. Die An- ordnung: dieser Zähnchen kann zweierlei Art sein; entweder finden wir sie in einer Reihe angeordnet, sie bilden dann mit ihren an der Basis zusammenfließenden Teilen einen Kamm, der vom Rücken ventralwärts verläuft; oder wir finden zwei derartige Kämme, die sich in der Mitte kreuzen. Die Zähnchen, die auf diesen Leisten auf- sitzen und sie nur wenig überragen, sind in der Mitte stets am größten (Fig. 19a). Vereinzelt kommen noch Schilder vor, die nur einen mittleren Stachel besitzen. Auch bei Triacanthus hat Hertwie die Schuppen genau beschrieben, und ich kann seine Aus- führungen nur bestätigen. Die Flossen von nahe die ich wegen der grofen Stacheln genauer untersuchte, stellen sich folgendermaßen dar: Die Rückenflosse zeigt in ihrem ersten Teil 4—6 Stacheln, deren erster eine riesige Länge gewinnt, der hintere Teil besteht aus ca. 22 kleinen, weichen Strahlen. Die Afterflosse gleicht dem zweiten Teil der Rückenflosse, die Bauchflossen haben nur jede einen einzelnen Stachel von derselben Größe wie das 1. Glied der Rücken- flosse. Es stand zu erwarten, daß diese drei riesigen Stacheln, die dem Tiere seinen Namen geben, eine besondere Befestigung besitzen, und diese Vermutungen werden auch bestätigt. Eine Heranziehung des Hautskelets, wie wir es später bei anderen Formen öfter antreffen, fand allerdings nicht statt, auch traten keine besonderen Haut- knochenbildungen auf, sondern die Befestigung wurde durch primäre Teile vermittelt. Ich will aber trotzdem, wenn auch nur ganz kurz, die vorliegenden Verhältnisse wiedergeben. Der 1. Rückenstachel hat als Flossenträger einen soliden Stab, der ungefähr */, so lang ist wie der zugehörige Flossenstrahl, sich aber durch größere Dicke auszeichnet. An seinem vorderen, dem Kopf des Tieres zugerichteten Teil trägt er zwei Rillen, in denen Muskeln verlaufen, die den Stachel aufrichten. Der Flossentriger gewinnt nun seine Befestigung dadurch, daß er mit seinem unteren 3% 36 WILHELM GorrscH, Teil am Ende des Achsenskelets, mit seinem vorderen Abschnitt mit dem Kopfskelet eine feste Verbindung eingeht, so dab auf diese Weise für eine sichere Verankerung gesorgt ist. Der Flossenstrahl besitzt an seinem unteren Ende zwei Ausläufer als Muskelansätze: mit diesen zungenförmigen Ausläufern reicht er schon ganz in das Kopfskelet hinein und kann dort in entsprechende Ver- tiefungen mit ihnen einschnappen, so daß man den Stachel sogar beim toten Tiere nicht umlegen kann, auch wenn man die Muskeln gelöst hat. | Die Bauchflossen gewinnen auf eine ähnliche Weise eine Be- festigung. Wir finden hier ein Gerüst, dessen Grundform ein solider, im rechten Winkel umgebogener Knochen ist. Die eine Seite des- selben, die vom Umbiegungspunkt aus nach hinten sich verjüngt und in einer Spitze endigt, verläuft in der Bauchlinie des Tieres, die andere, kräftigere und dickere steht hierzu senkrecht und reicht, da die Bauchflossen jugal stehen, in das Kopfskelet hinein, mit dem sie eine dauerhafte Verbindung eingeht, so daß auch hier eine feste Ver- ankerung stattfindet; sie ist so innig, daß man den Knochen vom Kopfskelet nur schwer loslösen kann. An der Stelle. wo die beiden Teile zusammenstoßen und den Winkel bilden, setzt sich der einzige Flossenstrahl der Bauchflosse an. Er besitzt die gleiche Länge wie derjenige der ersten Rückenflosse und stellt sich als solider Knochen- stab dar, der mit seinem untersten, breitem Ende mit dem Be- festigungsapparat ein kräftiges Gelenk bildet und mit Bändern an ihn befestigt ist. Für die kräftigen Muskeln, die in Rillen des viereckigen, aufrechtstehenden Astes vom Beckenapparat verlaufen und dazu dienen, den Stachel aufzurichten, sind vorn und seitwärts Vorsprünge als Ansatzstelle vorhanden; nach hinten befindet sich ebenfalls ein kräftiger Zapfen. Mittels dieses Zapfens, der als Insertion der den Stachel umlegenden Muskeln dient, kann sich der Stachel in derselben Weise wie bei der Rückenflosse am Befestigungs- apparat ganz fest einstellen, so daß er nicht aus seiner Lage ge- bracht werden kann. Es gelingt dies nur, wenn man den Stachel nach außen dreht, und da hier Muskeln ansetzen, die eine derartige Bewegung auszuführen imstande sind, ist anzunehmen, daß das Tier auf diese Weise seinen Stachel umlegt. Den Querschnitt eines Stachels zeigt Fig. 20a. An der Außen- seite kann man dort auch die Schilder erkennen (S), die den Stachel weit hinauf bedecken, ohne jedoch mit den Flossenplättchen in irgend- welcher bestimmten Beziehung zu stehen, Ihr Verhältnis zueinander Hautknochenbildungen bei Fischen. : 37 ist nicht derartig, daß die Flossenplättchen die zu den einzelnen Hautstacheln gehörigen Basalplatten sind, wie Herrwie angab, später “ jedoch selbst wieder korrigierte. In der Auffassung über die Entstehung der Schilder glaube ich Hertwie ebenfalls nicht beistimmen zu können. Er nimmt nämlich an, daß auch bei Zriacanthus einzelne Stachelanlagen zusammen- getreten sind, durch deren Konkreszenz dann die Schilder ihr end- eültiges Aussehen bekämen. Nach meinen Beobachtungen scheint mir eine andere Ableitungsmöglichkeit näher zu liegen. Wenn wir die Schilder von Triacanthus, die nur einen mittleren Stachel be- sitzen, neben Abänderungen von Diodon-Dornen in der Art von Fig. 18b betrachten, ergeben sich keine allzugroßen Verschieden- heiten. Wie erwähnt, kommen bei den verschiedenen Diodon-Arten solche Stachelformen vor, bei denen die eigentliche Basalplatte der Ausläufer am Stachelgrund sich ausbreitet (Fig. 16b), ja sogar so weit verbreitern kann, daß die Zwischenräume zwischen den einzelnen Zipfeln fast ganz verschwinden und eine zusammenhängende Platte entsteht. In allen diesen Fällen ist der Stachel meist verkümmert und nur die Ausläufer vorhanden, die sich auf die Basalplatte fort- setzen. Wir haben also eine breite drei- oder viereckige Platte vor uns mit gekreuzten Leisten, in deren Mittelpunkt sich ein Stachel erhebt, mithin ein ganz ähnliches Bild wie bei den Ossificationen von Triacanthus. Da bei Diodon sowohl wie bei Tetrodon ferner Hautdornen mit mehr als einer Spitze vorkommen, die sekundär durch äußere Anlagerung entstehen, bietet auch die Ableitung der mehrstacheligen Triacanthus-Schilder nur geringe Schwierigkeit. Über die Art, wie derartige sekundäre Stacheln und Erhebungen entstehen, können meine früheren Beobachtungen an Lophobranchiern Aufschluß geben, an deren allererste Verknöcherungen die Form der Triacanthus-Schilder mit ihren gekreuzten Leisten und den darauf befindlichen Stacheln erinnert. Dort fanden wir als Produkt der in den Epidermisspalt eindringenden Zellen eine ähnlich geformte Platte, auf der zuerst ein Zapfen in der Mitte sich erhob, der dann später zum Mittelpunkt von zwei sich kreuzenden Kämmen wird. Dieser mittlere Zapfen wird auch später so groß, daß er die Epidermis durchbricht; weiterhin allerdings wird er wieder zurückgebildet und die ganze primäre Platten durch sekundäre, über ihr entstehende Knochenbildungen bedeckt, so daß die Platten der Syngnathiden im Alter ein anderes Ansehen gewinnen, während Hippocampus stets die gekreuzten Leisten noch gut erkennen läßt. Wirken Gorrscu, OS ioe Bei den ersten Verknöcherungen von Syngnathus treten. neben den ersten mittleren Zapfen weitere Anlagen von stachelartigen Vorsprüngen auf, wie ich in meiner früheren Arbeit zeichnete, und zwar entstehen sie nicht als besondere Anlage, sondern unmittelbar im Anschluß an die schon vorhandene Platte, indem auf den sich kreuzenden Leisten durch eine Zellenanhäufung zunächst eine Erhöhung entsteht, die dann durch weitere: äußere Anlagerung wächst, wobei ähnliche Schichtungsstreifen entstelien wie bei den Gymnodonten. Die Zähne auf den Leisten von Tria- canthus werden wohl auf dieselbe Art entstehen und nicht durch einzelne Anlagen, die zusammentreten und so die Leiste bilden. Es sind also alle diese Knochenplatten als einheitliche, den einzelnen Stacheln der Gymnodonten homologe Gebilde aufzufassen, zu denen ja die erwähnten Übergänge hinführen. Die Tatsache, daß auch bei dem in Fig. 18a gezeichneten Hautzahn von Diodon neben dem ursprünglichen mittleren Stachel weitere kleine auf der Basalleiste . vorkommen, beweist, daß auch andere derartige Abspaltungen und Teilungen der Spitzen von Plectognathenschilder, wie z. B. bei Balistes und Monacanthus chinensis, auf dieselbe Art zu er- klären sind. Weniger gesichert ist diese Annahme allerdings bei Balistes- Schildern in der Art der in Fig. 19b abgebildeten, da ein mittlerer Stachel sowie überhaupt ein bestimmbarer zentraler Punkt hier fehlt. In diesem Fall könnte man eher annehmen, daß in derselben Art wie bei Cyclopterus einzelne Stacheln zusammengetreten wären und. dann zusammen eine Basalplatte gebildet hätten. Andere Balistes-Schilder mit mittlerem großen Stachel bieten allerdings : hier Übergänge, mehr noch die Verhältnisse bei Ostracion, da dort Platten mit zentralem Stachel vorkommen, um den sich warzenähn- liche Erhebungen gruppieren. Bei Ostracion haben ferner alle Schilder einen Mittelpunkt, um den herum sich Schichtungsstreifen finden und von dem aus auch die Leisten nach den Ecken hinführen, so daß sie sicherlich den Gymnodontendornen gleichzusetzen sind und mithin als Einheit aufgefaßt werden müssen. Und da von Ostracion zu Balistes allerlei Übergänge konstatiert worden sind, wird das Gesagte auch für diese Ossificationen gelten. Bei beiden ist an manchen Stellen der Hauptstachel geschwunden und dafür die obere Schicht mehr oder weniger über die eigentliche Basalplatte aus- gebreitet und sind auf ihr Höcker, Warzen oder sekundäre Stacheln entstanden, so daß auch hier wie überall bei den Plectognathen die Hautknochenbildungen bei Fischen. _ 39 xesamte Hautossification und nicht eine ihrer Spitzen, Stacheln und dergleichen einem einzigen Placoidorgan gleichzusetzen wäre. Bei allen Ähnlichkeiten, welche die Hautossificationen von ge- wissen Plectognathen mit den Placoidorganen der Selachier haben, dürfen trotzdem nicht die Verschiedenheiten außer acht gelassen werden. Die Form eines Placoidorgans ist von Anfang an durch die Cutispapille gegeben, an deren Oberfläche durch die darüber- liegenden Epidermiszellen Schmelz abgesetzt wird. Ist einmal diese Schmelzkappe entstanden, so verändert sich die Form des eigentlichen Zahnes nicht mehr, und die Dentinablagerung der ‘Cutiszellen findet nur innerhalb der Kappe statt. Bei den Hautdornen der Gymnodonten fehlt der Schmelz; zwischen die erste Ablagerung der Cutispapille, die sie ebenfalls wie eine Kappe überdeckt, und die Epidermis tritt Bindegewebe ein, und knochenbildende Zellen dieses Bindegewebes setzen Hartsubstanz nach außen an den kappenartigen Überzug der Papille an, so daß der ursprünglich kleine Dorn durch diese äußerliche Ablagerung unbeschränkt an Dicke zunehmen kann. Dieses sekundäre Dicken- wachstum kann natürlich nur innerhalb der Cutis vor sich gehen; es hört auf, wenn der Zahn die Epidermis durchbricht. Deshalb findet man auch häufig Hautzähne, bei denen die äußerste Spitze plötzlich dünner ist als die unteren Teile: an dieser Spitze fehlte das umhüllende Bindegewebe und infolgedessen die Zellen, welche eine Ausdehnung in die Breite vermitteln. Bei einer derartigen äußerlichen Anlagerung von Kalkmasse an schon vorhandene kann natürlich jederzeit die Form des ursprünglichen Stachels verändert werden, da an einzelnen Stellen mehr, an anderen weniger abgesetzt 'wird, so daß Höcker, Warzen und ähnliche Schilde entstehen, schlieb- lich auch sekundäre Stacheln, die den primären ähneln können, in der ‘Art ihrer Entstehung aber durchaus von ihnen verschieden sind. 40 WILHELM Gorrsen, Literaturverzeichnis. Brunn, Ueber die Ausdehnung des Schmelzorgans und seine Bedeutung für die Zahnbildung, in: Arch mikrosk. Anat., Vol. 29, 1887. BURCKHARDT, R., Die Entwicklungsgeschichte der Verknöcherungen des In- teguments und der Mundhöhle, in: Handb. d. Entw.-Gesch. d. Wirbeltiere von O. HERTWIG, Vol. 4, Jena 1906. CLAUS-GROBBEN, Lehrbuch der Zoologie, Marburg 1910. Coun, Die Seitenlinie von Icosteus, in: Zool. Anz., Vol. 30, 1906. v. DAVIDOFF, M., Beiträge zur vergleichenden Anatomie der unteren Glied- maßen der Fische, in: Morphol. 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Tetrodon sp. 40 mm. 5 Fig. 13. Tetrodon sp. 43 mm. Querschnitt durch Stachel-Anlage. Fig. 14. Tetrodon sp. = Fig. 15. Verschiedene Teirodon-Stacheln. Wa fatn2. Fig. 16. Verschiedene Diodon-Stacheln. Fig. 17. Schliffe durch Stacheln von Diodon punctatus. Fig. 18. Diodon-Stacheln. Fig. 19a. Triacanthus-Schild. Fig. 19b. Balistes-Schild. Fig. 20a. Schnitte durch Stacheln von Triacanthus. #ig. 20b. Schnitte durch Stacheln von Ostracion. Nachdruck verboten. Ubersetzungsrecht vorbehalten. Uber Lethocerus uhleri Mont. Von Hans Moller. (Aus dem Zoologischen Institut der Universitit Greifswald) Mit 8 Abbildungen im Text und Tafel 3—4. Inhaltsübersicht. Einleitung. Material. Lebensweise der Belostomiden. Technik. Morphologie. der Hemipteren. Thorax. Abdomen. Larve von Lethocerus. Thorax. Abdomen. Imago von | Lethocerus. Thorax. Abdomen. Tracheensystem. Die Stigmen der Hemipteren. Die Stigmen des Thorax von Lethocerus. Thoraxtracheen. Eigenartige Tracheenversorgung der Thoraxmuskulatur. Thoraxatmung. Abdominalstigma 2—7. Die Atemröhre. 44 Hans Mörver, Funktion der Stigmen, abdominale Atmung. Das Tracheensystem des Abdomens. Vergleich von Lelhocerus mit Nepa cinerea. Morphologie. Atemröhre. Das letzte abdominale Stigma. Lage der übrigen Abdominalstigmen. Bau der Stigmen. Tracheen. Statische Organe. Schlußwort. Einleitung. Lethocerus ist eine Gattung der Unterfamilie der Belostomiden. Die Gattung Lethocerus wurde 1852 von Gustav Mayr gegründet: Belostoma „war die einzig bisher bekannte Gattung (der Belostomiden). deren Larven und Puppen 2 Krallen an den Vorderbeinen haben, während die Imago nur 1 Kralle hat“. Die Lethocerus Imago behält jedoch die beiden larvalen Krallen, wurde also daraufhin von Mayr als selbständige Gattung angesprochen. ' Material. Die zur Untersuchung zur Verfiigung stehenden Tiere wurden als Lethocerus uhleri Monrapox bestimmt. Das Material war in Amerika gesammelt und in denaturiertem Alkohol konserviert. Dadurch schieden von selbst experimentelle Untersuchungen am lebenden Tier aus; meine Anschauungen über Biologie, besonders Atmung, stützen sich allein auf anatomische Untersuchungen. Diese Anschauungen fanden im wesentlichen eine Bestätigung durch die Angaben in der Literatur. Zu vergleichender Untersuchung stand auch eine nicht näher zu bestimmende Belostoma-Larve zur Verfügung. Auch hier gilt dasselbe wie das bei der Imago Gesagte bezüglich unserer Unter- suchungen und Beobachtungen von DE LA TORRE BUENO. Lebensweise der Belostomiden. Unsere Kenntnisse der Biologie der Belostomiden sind noch sehr lückenhaft. Ich gebe im Auszug die folgenden Angaben: Nach Bueno trägt ein Teil der Belostomiden — und zwar die männlichen Tiere — die Eier auf dem Rücken bis zum Ausschlüpfen. Lethocerus uhleri Moxr. | 45 der Larven angeheftet. Diese haben bis zur Imago etwa 5 Larven- stadien zu durchlaufen. Die Larven überwintern im Schlamme der Teiche. Belostoma fluminea und die von Dimmock zitierten Gattungen und — wie wir annehmen — die Gattung Lethocerus sind sehr ge- fräßige Räuber. Sie fallen selbst kleine Fische an und werden so zu einem Übel für die Fischzucht: „in seizing upon fishes or other small animals those insects grasp their prey with their fore-feet, holding it firmly in their claws, then piereing it with their beak or proboseis; for they only suck blood, not being able, as is the case with water-beetles, to eat the whole animal“ (Dimmock, p. 71). Uber den Aufenthaltsort macht pe za Torre Burxo folgende Angaben (p. 191): „This water-bugs favourite haunts are muddy- bottomed ponds, where it lurks among the weeds at the bottom. Sometimes it is found in little bayed-in places in streams, where there is a back-water, with grasses growing into it from the banks, or from the bottom“. Mit andern Worten: die Lebensweise gleicht der unserer heimischen Nepa. Allerdings scheint mir die Schwimm- fähigkeit bei den Belostomiden neben der nur kriechenden Lebens- weise von Nepa noch voll erhalten zu sein. Dafiir spricht der Bau der Hinterbeine, ferner die Tatsache, daß sie Fische anfallen. Auch Dimmock spricht von: somewhat oarshaped hind-legs for swimming. Von größter Bedeutung für die Belostomiden ist das große Flug- vermögen. Dimmock macht folgende Angaben (p. 70): „they have strong wings and are capable of long-sustained flight. By their flights, which as in most aquatic hemiptera take place at night. those insects pass from one pond to another. This insures them a wide distribution, and makes their extermination a difficult matter. Living, as they often do, in pools which dry out at certain seasons of the year, this provision for flight is a necessity of their existence. That these flights are often long and high is proved by the fact. that the bugs have been found in the midst of large cities, far trom any pond or pool, upon the roof of three and four story blocks.“ Die Angaben über Atmung gebe ich später bei Besprechung der Atmungsorgane. Erwähnt sei noch, daß die Tiere sehr vom Licht angezogen werden. Sie fallen dort massenhaft nieder und können leicht ge- sammelt und als Schädlinge des Fischbestandes vernichtet werden. 46 Hans MÖLLER, Auch das hier zur Untersuchung zur Verfiigung stehende Material des Lethocerus wurde auf die vorbeschriebene Art in) Nordamerika gesammelt. FER Technik. Das Material war in denaturiertem Alkohol, später in Formol konserviert. Schnitt- und Stiickfarbungen wurden mit Boraxkarmin und Alaunhimatoxylin (nach DeEtArIELD), zum Teil mit Eosin-Nach- färbung, vorgenommen. Allerdings mußte mit Rücksicht auf die Konservierung auf feinere Färbung verzichtet werden. Färbung mit Alaunhämatoxylin ergab auch bei langer Färbung in schwachen Lösungen die beste Nervenfärbung. Färbungen mit Alaunhäma- toxylin (nach HEIDENHAIN) hatten nicht den gewünschten Erfolg. Ich führe das auf die infolge des Krieges minderwertigen Chemikalien: zurück, deren Reaktionsfähigkeit erheblich zu wünschen übrig ließ. Bei Stigmenschnitten habe ich den besten Erfolg mit makro- skopischen Schnitten gehabt. Die Schnitte wurden zwischen Glas- plättchen von 0,12—0,24 mm Dicke in Canadabalsam aufgehellt. Zur Festlegung des Tracheensystems wurden die Objekte in Kali- lauge maceriert, doch empfehle ich daneben sehr die Präparation der Tracheen. / Morphologie der Hemipteren. Anschauungen von FIEBER, 1861; SCHIÖDTE, 1870; VERHOEFF, 1893; HEyMoxs, 1899; BAUNACKE, 1912. i Thorax. Nach Fieser besteht der Thorax aus Pro-, Meso- und Meta- thorax; der Prothorax aus 4 Stücken: dem Vorderrücken, Pronotum, der die ganze Oberseite des Tieres einnimmt, der Unterseite des Prothorax, Prosternum (Vorderbrust), das das meist deutlich ab- gegrenzte Vorderschulterblatt, „Omium“, auf der Mitte der: Seite trägt. Der Mesothorax besteht aus dem Mittelrückenstück, Meso- notum, dessen vorderes vom Pronotum bedeckte Stück Dorsulum heißt und die Einlenkung der Vorderflügel trägt. Dieses Dorsulum setzt sich in einen frei liegenden Fortsatz, das Schildchen (Seutellum), fort. Die Unterseite des Mesothorax heißt Mittelbrust oder Meso- sternum. Es besteht aus 3 Teilen, dem Mittelbrustbein, Mesosternum, und seinen beiden Seitenstücken, den Scapulae. — Der Metathorax Lethocerus uhleri Moxr. | 47 besteht aus dem Hinterrücken, Metanotum, mit den Hinterflügeln: Die Unterseite, Metasternum, kann aus mehreren Stücken zusammen- gesetzt sein: dem eigentlichen Metasternum, an das sich die Pleuren als Seitenflecke anschließen, bei Coriza kommen noch die Parapleuren hinzu. | ScHiöpteE schließt sich in seiner Morphology and Classification of Rhynchota den Bezeichnungen FIEBER’S an. ; Fruchtbare Ideen bringt erst Hrymons in die Morphologie des Thorax hinein, da er auf Grund entwicklungsgeschichtlicher Studien die morphologischen Verhältnisse zu klären versucht. Hrymons be: schäftigt sich jedoch ebensowenig mit den Belostomiden wie FIEBER und ScHIÖDTE. Letzterer behandelt allerdings Nepa und Belostoma gemeinsam, bei einzelnen Untersuchungen, wie dem Nachweis des 2. thoracalen Stigmas, jedoch geht auch er nicht auf die Morphologie des Tieres ein. Um einen Ausgangspunkt für die Morphologie von Lethocerus - zu haben, erläutern wir die bei Nepa vorliegenden Verhältnisse nach den grundlegenden Untersuchungen von Heymoxs. (Nepa zeigt — wie wir im Verlauf der Untersuchungen sehen werden — die engsten Beziehungen zu den Belostomiden.) HEYMONS sagt (p. 356), die echte Segmentierung und Extremi- tätenbildung gehe zuerst im Brustabschnitt vor sich: „es zeigen sich an den Seiten desselben sechs zapfenförmige Vorsprünge, je drei größere und drei kleinere. Die ersteren sind die Anlagen der Thoraxbeine, die vor den größeren Zapfen befindlichen kleineren werden zu den Tergiten oder Rückenplatten der Segmente.“ Bei der weiteren Entwicklung werden an den Beinen durch Einkerbungen zunächst 4 Abschnitte voneinander gesondert (p. 360). „Kin breites und relativ langes, basales Stück entspricht im wesent- lichen der Coxa, die übrigen Stücke stellen die aufeinander folgen- den Anlagen von Femur, Tibia und Tarsus dar.“ „Später gliedert sich am proximalen Ende des Femur und der Coxa abermals ein weiteres Stück ab. Das erstere ist der bekannte Schenkelring, Trochanter, das zwischen Rumpf und Coxa befindliche Stück bezeichne ich als Subcoxa (I, II u. III)“ (p. 371). „Der schmale, lateral von der Ansatzstelle der Extremität zurückgebliebene Teil der Tergitanlage liefert den ventralwärts umgebogenen Seiten- rand der Rückenplatten. Dieser Rand beteiligt sich demnach bei der Larve an der Herstellung der Ventralfläche des Körpers, er entspricht bestimmten Chitinstücken, die auch im Abdomen auf- 48 Hans Mörver, treten, und welche ich Paratergite nennen will. Es ist hervor- ~ zuheben, daß im Thorax Tergite und Paratergite nicht abgegliedert sind, sondern daß eine Grenze zwischen ihnen lediglich durch den scharfen Seitenrand des Körpers hergestellt wird (p. 372). Vor den Coxen der beiden hinteren Beinpaare liegen die Subcoxalstücke, sich an der Bildung der ventralen Körperwand beteiligend“ (p. 376). Im Prothorarx sind bei der Larve die Subcoxalpartien nicht mehr deutlich abgegrenzt. Bei der Nepa-Larve erhebt sich ein frei nach hinten gewendeter Fortsatz, der von Hrymons als Pleurit bezeichnet wird. „Dieser Fortsatz entspricht den metathoracalen Pleuriten, deren Verschiebung an die bezeichnete Stelle hin... sich verfolgen läßt“ (p. 376). Die Pleurite sind eine charakteristische Eigentüm- lichkeit der älteren Nepa-Larven. Bei den Imagines sind die Pleurite nicht mehr so auffällig. Stellen wir die verschiedenen Bezeichnungen von Fes und Heymons nebeneinander, so sehen wir, daß Fieser’s Scapula der Subcoxa II von Hrymons entspricht, Freser’s Pleurum der Sub- coxa III. Das Pleurit (nach Hrymons) kennt FIEBER nicht, obgleich man eigentlich die Scapula a FIEBER’s ungenauer Zeichnung von den Belostomiden (1852, tab. 2 D) damit identifizieren müßte. Abdomen. VerHorrr gibt eine vergleichende Übersicht der Abdominal- seomente der Rhynchoten. Kr zieht zu seinen Untersuchungen nicht die larvalen Stadien heran. Darauf ist es zurückzuführen, daß seine Ergebnisse in manchen Punkten zu beanstanden sind. Nach Hrymons (p. 376) werden 11 abdominale Segmente an- gelegt, in den ersten 8 Segmenten treten Stigmen auf. „Ein typi- sches abdominales Tergit besteht alsdann gerade wie ein thoracales aus einer dorsal gelegenen Partie und aus 2 kleinen, lateralen Ab- schnitten, welche ventralwärts umgeklappt sind und sich größten- teils auf die eben erwähnten Tergithälften zurückführen lassen. Auf diese Weise kommt auch im Abdomen ein scharfer Körperrand zu- stande. Am 1. Abdominalsegment ist jedoch das Tergit eine ein- fache, schmale Spange, an welcher ventralwärts eingebogene Seiten- stücke vermißt werden.“ Nach Hrymons wird ferner bei Nepa — die wie Lethocerus mit einer Atemröhre versehen ist — die Atemröhre aus den Para- tergiten des 8. und 9. Segments gebildet. Modifizierte Teile des 8. Lethocerus uhleri Monv. ; 49 and 9. Segments beteiligen sich am Aufbau des Geschlechtsapparats, das 10. und 11. Segment bildet den Analconus. Baunacke 1912 (p. 11 ff) kommt auf Grund des Vergleichs zwischen der Lage der statischen Sinnesorgane von Nepa vor und nach der letzten Häutung zu dem Schluß, daß die Paratergite dor- sale und ventrale Randfelder besitzen; der scharfe Körperrand ist nicht Grenze zweier Skeletstücke, sondern nur eine Knickung der Paratergite. 1871 gibt Gustav Mayr (Die Belostomiden, p. 401) bereits eine wichtige Beobachtung für die Belostomiden wieder, nämlich daß „an der Oberfläche des Hinterleibes der Larven und Puppen der Belo- stomiden meistens recht deutlich zu sehen ist, daß die Lamellae caudales seitliche Verlängerungen eines 7. (8.) Abdominalsegments sind und zwischen sich ein 8. (9., 10., 11.) Abdominalsegment fassen“. Bei unseren morphologischen Untersuchungen schließen wir uns in der Folge im allgemeinen der von Hrymons geprägten Terminologie an und zwar in bezug auf die Bezeichnung der Körper- platten. Mit BAUNAOKE (p. 12) sehen wir, im Gegensatz zu Hrymons, die Paratergite als aus dorsalen und ventralen Randfeldern bestehend an, den scharfen Körperrand als Umknickung des Paratergits. Larve von Lethocerus (vgl. dazu Fig. 2). Biorax In der linken Hälfte sind sämtliche Körperplatten gezeichnet. vechts ist die sex. III (siehe unten) fortgelassen. Pleurit II ist auf der linken Seite der Figur seitlich herausgezerrt, rechts in natür- licher Lage. Der Prothorax setzt sich dorsal aus dem Pronotum, ventral aus dem Prosternum prs und den, infolge der Drehung der Raubbeine, seitlich verlagerten Subcoxalplatten sex. 1 zusammen. In der Inter- segmentalhaut von Pro- und Mesothorax liegt ventral das 1. thora- cale {mesothoracale) Stigma (Fig. 2 st). Beim Mesothorax be- trachten wir zunächst die dorsale Seite. Sie besteht aus dem ein- heitlichen Mesonotum, das die ganze Körperbreite einnimmt, an seinem analen Rande setzt sich als kleines, stumpfwinkliges Dreieck das Dorsulum ab, an den lateralen Rändern befinden sich die Flügel- ‚anlagen (Fig. 2 fla, in der Figur schraffiert). — Die ventrale Seite Zool. Jahrb. 42. Abt. f. Anat. A 50 Hass MörLver, des Mesothorax ist komplizierter gebaut. Zunächst finden wir in der Mitte eine flügelförmige Platte, das Mesosternit (Fig. 2 ms). Lateral vom Mesosternit befindet sich das 2. Beinpaar eingelenkt. Die Coxa wird von einer großen, viereckigen Platte überdeckt, der Subeoxa (Fig. 2 sex. II). Diese grenzt medial und oral an das Mesosternit, anal bildet sie die Grenze von Meso- und Metathorax. Lateral schließt sich nun an die Subcoxa II noch eine flügelförmige- Platte; sie sei als Pleurit IT bezeichnet (Fig. 2 pl. II). (Pleurit wegen ihrer Ähnlichkeit mit dem Pleurit von Nepa, als II, weil sie senetisch mit der Subcoxa 2 zusammenhängen dürfte, wie auch zur Unterscheidung von dem noch zu beschreibenden Pleurit HI.) Das Pleurit II ist eine flügelförmige, dreieckige Platte, die mit ihrem analen, freien Flügel bis zur Mitte des 1. Abdominalsegments reicht (vgl. Fig. 2 pl. II). Die mediale Spitze der Platte, die am analen Rande der sex. II liegt, überdeckt diese ein wenig mit einem freien Zipfel. Das orale Drittel des pl. II grenzt medial an die sex. II, nimmt an der Bildung der Körperplatten teil; lateral bildet sie den Körperrand des Mesothorax. Auf der Innenseite der pl. JJ verläuft in der Längsrichtung des Körpers eine Leiste, die mit Borsten be- setzt ist (Fig. 2 chl); das anale Ende der Leiste schließt sich an das luftführende Haarkleid des 1. Abdominalsegments an, am oralen Ende der Leiste befindet sich das 2. thoracale (metathoracale) Stigma. Die Leiste des pl. JZ schließt durch ihren Haarbesatz einen Hohlraum zwischen Leiste und ventraler Körperoberfläche des Meta- thorax ab. Durch diesen Hohlraum kann die Luft aus dem Haar- kleid des Abdomens zu dem 2. thoracalen Stigma geleitet werden. Der Hinterriicken ist wieder einfach gebaut. Er besteht aus dem breiten Metanotum, das lateral die Anlagen der Hinterflügel trägt. Da, wo lateral das 1. Abdominalsegment und der Metathorax aneinander grenzen, befindet sich im Metathorax noch eine Platte eingefügt (Fig. 2 pl. III), deren Beschreibung unten folgt. Die ventrale Seite des Metathorax entspricht in der Platten- anordnung der des Mesothorax. Jedoch ist die Größe der einzelnen Platten sehr abweichend. Medial finden wir das aus einer kleinen, viereckigen Platte bestehende Metasternit (Fig. 2 mis), das nur noch mit einem kleinen Zipfel über das Abdomen ragt, oralwärts erstreckt es sich nur bis zu '/, der Länge des Metathorax. Lateral und oral grenzt an das Metasternit die zu gewaltiger Größe angewachsene Subcoxalpl. I] (sex. III), die Coxa des 3. Beinpaares deckend. Die sex. III nimmt fast die ganze ventrale Hinterbrust ein. Oralwärts Lethocerus uhleri Mont. 51 erenzt sie an die scx. 11, analwärts ragt sie mit einem großen freien . Lappen über das 1. und einen Teil des 2. Abdominalsegments und verdeckt so das 2. Abdominalstigma. Dr ta Torre Bueno sagt: „the metasternal episterna are produced into long, narrow plates, fringed with long hairs, ex- tending over the first, second and half the third abdominal segments. According to Dr. SHARP, JoANNY MARTIN is of the opinion, that these plates are for respiratory purposes. It is possible, that they may be used for the storage of air, or perhaps as a means of reducing the quantity hold by the pile, by exercising pressure force it out. It is certain, however, that they have some connection with the respiratory system.” Ähnliche morphologische Verhältnisse liegen bei Lethocerus vor, ihre Wirkungsweise könnte nur an der lebenden Larve geprüft werden. Hebt man den Lappen der sex. III hoch und biegt das pl. 11 beiseite, so sieht man, daß der dem lateralen Teil des Abdomens zugekehrte Teil des Metathorax von einer besonderen dreieckigen Platte (Fig. 2 pl. III) begrenzt wird (bereits oben erwähnt). Diese Platte trägt auf ihrer ventralen Seite das 1. abdominale Stigma, das wie das 2. abdominale Stigma unter dem Lappen der sex. III liegt. Die dreieckige Platte bildet den Körperrand des Metathorax, grenzt medial an die sex. III, mit ihrer oralen Spitze an das pl. II, mit ihrer Basis bildet sie die Grenze von Abdomen und Thorax. Die dreieckige Platte macht am Körperrande einen scharfen Knick und schneidet ein ebenfalls dreieckiges Stück aus dem Metatergit aus (ebenfalls erwähnt). Wie die Platte morphologisch zu bewerten ist, habe ich nicht entscheiden können. Ich möchte sie — ebenso wie die pl. JZ mit der sex. II — hier mit der scx. III in Zusammenhang bringen, doch kann hier auch ein selbständig entwickeltes Stück des Metathorax (Paratergit?) vorliegen. Als Bezeichnung sei für die Platte jeden- falls analog dem pl. II die Bezeichnung Pleurit III gewählt. Abdomen. Das Abdomen besteht aus 6 Ringen (vgl. Fig. 2). Jeder Ring zerfällt in ein Mittelstück, Sternit, bzw. Tergit, und die Seitenteile, Paratergite, welche umgebogen sind. Die Sternite und Tergite sind dicht behaart, die Paratergite zeigen nur wenig Behaarung. Jeder Ring. trägt an der Ventralseite im Sternit ein Stigma. Der 1. ab- dominale Körperabschnitt ist als aus 2 Segnienten bestehend anzu- 4* t 52 Hans MÖLLER, sehen, nämlich aus dem 1. und 2. und zwar aus folgendem Grunde: Das 1. abdominale Stigma ist mit den umgebenden Hypodermis- partien nach Hrymons p. 372 an den Hinterrand des Metathorax geriickt; das 1. Segment muß dann mit dem 2. abdominalen ver- schmolzen sein, als selbständiges Segment ist es nicht mehr nach- weisbar. Der letzte Abdominalring trägt 2 Stigmen, wird also auch aus 2 miteinander verschmolzenen Segmenten, dem 7. und 8., bestehen. Die Stigmen des Abdomens sind bis auf das letzte unterein- ander gleich und mit runder Öffnung versehen. Das letzte Stigma ist besonders groß. Es trägt dorsal über sich eine Schutzkappe von Borsten (vgl. Fig. 3 sk); das letzte Körpersegment ist am analen Ende zugespitzt. Zu der Spitze führt vom After aus eine Rinne, die der Kotleitung dienen dürfte (Fig. 3 kr) Oralwärts von den spitz- winklig zusammenlaufenden Paratergiten führt zu dem letzten Stigma eine von gebogenen Borsten eingefaßte Rinne (Fig. 3 br), deren Zu- sammenhang mit der erwähnten Kotrinne zweifelhaft ist. Imago von Lethocerus. Thorax, So gut wie keine Umwandlungen hat der Prothorax bei der Imago gegenüber dem von uns beschriebenen larvalen Zustande er- fahren. Nur das Pronotum hat eine quere Einkerbung erhalten, der von der Kerbe analwärts gelegene Teil ragt über das Meso- notum hinüber. In der Intersegmentalhaut des Pro- und Mesothorax liegt, wie bei der Larve, das 1. thoracale Stigma. Die Rückenplatte des Mesothorax ist in das Mesonotum und das Scutellum (Fig. 9 sc) ge- gliedert. Von letzterem fanden wir bei der Larve nur den Ansatz (vgl. oben). Das Scutellum ist hier eine mächtig entwickelte Platte, von der Form eines gleichschenkligen Dreiecks, das sich mit der Basis an das Pronotum anschließt. Der Scheitelpunkt ragt bis auf das 1. Abdominalsegment. Die Schenkel tragen eine tiefgefurchte Kante zur Aufnahme des medialen Deckflügelrandes (vgl. Fig. 9). — Auf der Bauchdecke finden wir die larvalen Platten wieder, jedoch sind die Subcoxen 2 noch mächtiger entwickelt (vgl. Fig.1 sex. II). Auch das lateralwärts anschließende Pleurit II ist stärker ausgebildet (Fig. 1 pl. 11). Im Gegensatz zur Larve ist diese flügelartige Platte, Lethocerus uhleri Monv. 53 ‘die sich allmählich emporwölbt, fest zwischen Subcoxa Il und Ill eingefügt. SCHIÖDTE, p. 240, tut dieser Platte Erwähnung mit den Worten „the epimera of the mesothorax being continued in the shape of a lamelliform cover, reaching beyond the metathorax to the base of the abdomen”. In der Länge des Mesothorax bildet das pl. IT ebenso wie bei der Larve noch die laterale Körperbegrenzung des Mesothorax. Während bei der Larve der anale Fortsatz noch frei bis zum 1. Abdominalsegment rast, da der mediale Rand nicht mit der Sub- coxa III verwachsen ist, ist dies bei der Imago fast in ganzer Aus- dehnung des pl. IT der Fall. Nur eine kleine Spitze, das anale Ende des Pleurits, ist noch eine freie Lamelle. Dadurch, dab nun der mediale Teil des Pleurits II mit dem Körper verwächst, der übrige Teil aber — wie eine Ausstülpung — sich hochwölbt, entsteht zwischen dem eigentlichen Thorax (das Metanotum grenzt durch eine perga- mentartige Intersegmentalhaut an die sex. II) und dem pl. II ein Hohlraum in der Länge des Metathorax (vgl. die schematische Textfig. A und Fig. 9 h, u. h,). Betrachten wir diesen Hohlraum — wir nennen ihn der Kürze wegen Thoracalraum — etwas genauer. Fig. A. ig Querschnitt durch den Mesothorax. ING “ism ism Intersegmentalhaut. pl. JZ Pleurit 11. ae scx. II Subeoxalplatte II. tg Tergit. SCX Bei der Larve fanden wir an der Innenseite des pl. II eine mit Haaren besetzte Chitinleiste, die zum 2. thoracalen Stigma führte. Dasselbe ist bei der Imago der Fall (vgl. Fig. 9 chl). Die Chitin- leiste ist nur breiter geworden und setzt sich im oralen Teil des pl. II als Brücke bis zum Prothorax zwischen Mesothorax und der hochgewölbten Platte des pl. II fort (vel. Fig. 9). Der Thoracalraum besteht so eigentlich aus zwei durch die Chitinleiste des Pleurit II getrennten Räumen; der obere erstreckt sich in ganzer Länge am Meso- und Metathorax entlang, der untere, vom oberen noch durch den Haarbesatz völlig abgeschlossene Raum, reicht vom 1. Abdo- minalsegment bis zur Grenze von Meso- und Metathorax, wo das 2. thoracale Stigma liegt. Dorsal wird der Thoracalraum vom Deck- fligel abgeschlossen. Zur Erreichung eines festen Verschlusses trägt das pl. IT auch noch zwei, bei der Larve noch nicht angedeutete Ein- richtungen: der Rand des pl. IT ist mit einem Falz versehen, in den der laterale Rand des Deckflügels genau hineinpaßt, ferner befindet 54 Hans Mouurr, sich an dem freien, analen Zipfel des pl. IT ein Chitinknopf (Fig. 9 chk), der genau in eine entsprechende Vertiefung des Deckflügels paßt. Die Einrichtung wirkt als Druckknopf. Leıpy (57) beschreibt diese Einrichtung schon 1847 folgendermaßen: the scapulae of the meta- thorax (Pleurite Il) support „on the supra-external border, a tubercle or catch, which fits into a corresponding socket on the under sur- face of the marginal rib of the hemielytra”. Fahren wir nun in der Beschreibung des Metathorax fort: Metanotum, Metasternit und die Subcoxalplatte III sind im wesent- lichen dieselben geblieben. Nur die scx. I/II, die bei der Larve mit einem Lappen noch über das 1. Abdominalsegment ragte, ist fest in die Ventralseite des Metathorax eingefügt, der Lappen ist ver- schwunden. Wichtiger sind die Umwälzungen, die das Pleurit III der Larve erfahren hat. Es ist bedeutend kleiner geworden und bildet eine schmale, rechtwinklig geknickte Platte von höchst sinnvollem Bau (vgl. Fig. 9 pl. III). Wir können am pl. III eine dorsale und ventrale Platte unter- scheiden. Die dorsale Platte bildet einen rechten Winkel, der eine Schenkel liegt parallel zum analen Teil des pl. JZ und hat eine falz- artige Kante, die den lateralen Rand des Hinterflügels aufnimmt. Die ventrale Platte trägt das 1. abdominale Stigma. Für den an dem Pl. 77 befindlichen Chitindruckknopf ist eine Aushöhlung im fl. IT vorhanden, gleichzeitig wird dadurch der dorsale Thoracal- raum abgeschlossen. Der Verschluß wird noch weiter dadurch ge- fördert, daß das pl. III von der oben genannten "Vertiefung ab eine Chitinleiste an seiner Wandung ausbildet, die sich an den kleinen, freien Fortsatz des pl. IJ anlegt. An der ventralen Seite der pl. JJ liegt der Drehpunkt der Coxa des 3. Beinpaares. Die untere Platte des Pleurit III trägt das 1. abdominale Stigma, das auf einer Platte von 3 Chitinspangen aufsitzt. Bei der Larve lag es noch rein ventral, hier ist es weiter dorsal gewandert, liegt aber noch versenkt. Es ist so gelagert, dab es genau vor dem Endpunkte der Tergitrinne liegt (Fig. 9 igr). Verweilen wir noch einen Augenblick bei Tergitrinne und Thoracalraum. Die Tergitrinne des Abdomens (Fig. 9 égr) mündet unmittelbar vor dem 1. abdominalen Stigma, gleichzeitig gelangt aber die in der Tergitrinne zugeführte Luft auch an dem 1. abdominalen Stigma Lethocerus uhleri Moxr. 55 vorbei in den unteren Thoracalraum und so zum 2. thoracalen - Stigma. Bemerkt sei hier gleich, daß keine Einrichtung für Zu- führung für Luft von der Atemröhre oder überhaupt vom hinteren Kürperende zum 1. thoracalen Stigma vorhanden ist. Abdomen. Betrachten wir zunächst den Rücken. Die 7 Tergite und Paratergite der Larve erleiden kaum Veränderung bis auf das 7. Tergit. Dieses ist gespalten, die beiden Hälften greifen anal- wärts übereinander. Am Rande der Rückenseite des Abdomens läuft parallel der Körpergrenze vom 7. Tergit bis zum Thorax eine Rinne (vgl. Textfig. B u. Fig. 9tgr). Die Rinne verläuft an der Grenze von Paratergit und Tergit, an ihrer Bildung beteiligen sich beide Platten. Fig. B. Querschnitt durch das 5. Abdominalsegment. fi, Vorderflügel. fl, Hinterflügel. pst Parasternit. pt Paratergit. ste Sternit. sti Stigma. Zyr Tergitrinne. Stärkere Modifikationen haben die ventralen Körperplatten bei der Umbildung zur Imago erfahren. Die Sternite der Larven sind bei der Imago durch eine etwa in der Längsrichtung des Körpers laufende Linie in 2 etwa gleich erobe Platten geteilt, die eigentlichen Sternite und die Parasternite (Fig. 6 u. 1 ste u. pst). Die Sternite bilden einen Kiel. Bei Ima- gines, deren Geschlechtsorgane stark geschwollen sind (bei einer Imago zählte ich an 50 Eier, die fast das ganze Abdomen einnahmen), war die Bauchdecke nach der Mittellinie des Kiels zu vollkommen abgerundet. Daraus ergibt sich, daß die sekundäre Gliederung der Bauchplatten für das geschlechtsreife Tier zur Aufnahme der schwellenden Geschlechtsorgane erforderlich ist. Auffällig ist, dab die Rückendecke nicht auch eine sekundäre Gliederung erfährt. Doch legen sich Rücken und Flügel derartig dicht aneinander, dab für 20 Hans Mouter, ein Anschwellen des Abdomens beim Reifen der Geschlechtsprodukte dort kein Platz ist. Die Bauchdecke zerfallt also in Sternite, Parasternite und die ventralen Paratergite (Fig. 6 u. Fig. 1 pt), die in ähnlicher Weise wie bei der Larve umgebogen sind. Außerdem zeigen die Para-- tergite des 5.—7. Segments noch eine sich keilförmig zum 6. Seg- ment hin vergrößernde, undeutliche, tertiäre Naht. Diese Linie entspricht dem Rande der Flügel auf der Rückenseite; die abge- teilten Felder (Fig. 6 u. 1 +f) sind fast borstenlos, die Paratergite in ihnen verwachsen. Die Felder tragen eine große Anzahl Chitin-. kegel, die innerviert sind. Die ventrale Seite der Paratergite 1—5 ist ziemlich dicht und lang behaart. An der Basis des 6. Segments ist die Behaarung unterbrochen, die Stigmengegend selbst aber wieder stärker behaart (vgl. Fig. 6). Die Gestaltung der Abdominalsegmente 8—11, die bei der Larve- im Innern des letzten Körpersegments angelegt waren, wird bei der Imago durch die Ausbildung der Geschlechtsapparate und einer Atemröhre bedingt. Das 7. Abdominalsegment der Imago ist größer‘ als die übrigen Segmente und besteht aus 3 spitzwinkligen Platten, einer mittleren, dem Sternit, und 2 seitlichen, den Paratergiten, die eine Platte mit spitzwinkligem Ausschnitt bilden, in denen das Parasternit liegt. Am Scheitelpunkt von Parasternit und Paratergit liegt das 7. Abdominalstigma. Das Sternit dieses Ringes hat sich als selbständige Platte abgelöst und bedeckt als Schildchen die medialen Ränder des Parasternits, bzw. Paratergits des 7. Segments (vgl. Fig. 6). Das Sternit trägt am analen Ende beim Q 2 rotgelbe, leuchtende Chitinspitzen. Ich fasse die Entstehung dieser Körperregion, im besonderen der eigentümlichen spitzwinkligen Paratergitplatte, folgendermaßen auf: ursprünglich folgten die letzten Segmente regelmäßig hinter- einander (vgl. Textfig. Ca). Dann wurden der auf das 7. Segment folgende aus dem 8.—11. Segment hervorgegangene Ring, resp. seine Abkömmlinge, gleichsam in das Körperinnere hineingezogen. Das 7. Segment erfuhr in der Mitte eine Verkürzung, die das 8. (resp. seine Abkömmlinge) in sein Inneres, schließlich an seine Basis verlegte. Diese Einsenkung wurde durch das Umbiegen des Außen- randes des 7. Segments hervorgerufen. Der Drehpunkt liegt beim Stigma (vgl. Textfig. C). Besser als eine Beschreibung dürfte die Textfig. C diese Ein-. ziehung des 8. Abdominalringes veranschaulichen. Das Sternit des. Lethocerus uhleri Moxr. 97 vorletzten Segments ragt als freie, abgelöste Platte bedeckend über * die Abkömmlinge des 8. Ringes hinüber; die Seitenteile erfahren eine bedeutende Streckung (vgl. c u. d). Textfig. Ce mit, Cf ohne Sternit zeigen den bei Zethocerus vorliegenden fertigen Zustand (Beschrei-- bung vel. oben). Fig. ©. - Figur zur Erläuterung der Umgestaltung des 7. und der folgenden Segmente. a das 7. und 8. Segment in seiner ursprünglichen Lage. b der Außenrand des 7. Segments beginnt sich umzubiegen, wodurch das 8. Segment in das 7. hinein- rückt. ec, d, e das Einsinken ist weiter gegangen, bis das 8. Segment mit seiner Basis in gleicher Höhe des 7. steht. Dabei erscheint das Sternit zunächst als. schmale Hautfalte, die sich dann vergrößert. f das Sternit ist weggelassen. pt Paratergit. pst Parasternit. ste Sternit. s/i Stigmen. Durch die Umbiegung des Paratergits erklärt sich auch die auffallende quere Lage des 7. Abdominalstigmas. Versieht man z. B. eine Stange aus plastischem Ton mit einer zur Längsachse parallel laufenden Marke (entsprechend dem Bild der übrigen Ab- dominalstigmen) und biegt nahe der Marke die Stange um, so wird 58 Hans Möruer, sich die Marke ebenfalls drehen und je nach dem Grade der Drehung -einen Winkel von 0—90° zu ihrer früheren Stellung bilden. Hier hat sich das Stigma bei einer Drehung des Paratergits um etwa 160° um 80° gedreht, also etwa senkrecht zu seiner ursprünglichen Lage gestellt. Die Paratergite des 8. Segments bilden — unter Beteiligung der des 9. Segments nach Hrymons — die beiden Hälften der Atem- rohre. An jeder von dieser kann man die Zusammensetzung aus 2 Platten — vielleicht entsprechend ventralem und dorsalem Para- tergit — an Querschnitten deutlich nachweisen (vgl. Fig. 4 und Abschnitt „Atemröhre“). Erwähnt sei noch, daß die Atemröhre von Autoren wie Durour (1855), FIEBER (1861) und von ScHiöpre (1870) für Genitalanhänge gehalten wurden. Leıpy spricht 1847 von ihnen als „probably used in retaining hold of the female in coitu” (den weiblichen Tieren schreibt er fälschlicherweise rudimentäre Anhänge zu). Von Sprnona werden sie bei den weiblichen Tieren als etuis d’oviscapte, bei den männlichen als branches d’armure mäle ange- sehen, obgleich BurMEISTER (1839) sie schon als Atemröhren an- spricht; DE LA Torre Bueno (1908) beschreibt dann ihre Verwen- dung genauer. Die Morphologie des Geschlechtsapparats (9. Segment) würde mich zu weit führen; es sei nur bemerkt, daß die weiblichen Geni- talien aus 4 auseinanderklappbaren Lappen bestehen, die männlichen Genitalien aus einem kompliziert gebauten Chitinkérper. Leıpy gibt 1847 in seiner History and Anatomy of the hemipterous genus Belostoma eine gute Beschreibung der Geschlechtsorgane. Anal von den Genitalien folgt der Analkonus, nach Hrymons -das 10. und 11. Abdominalsegment. Der ganze aus dem 8. und den folgenden Ringen hervorgegangene Komplex von Organen (Atemröhre, Begattungsorgane, Analkonus) bildet eine zusammenhängende Masse, die durch eine sehr umfangreiche Intersegmentalhaut mit dem 7. Ring verbunden ist. Diese umfang- reiche Intersegmentalhaut läßt darauf schließen, daß diese gesamten ‘Organe sehr beweglich mit dem übrigen Körper verbunden sind. Die Organe dürften ungefähr um 10 mm vorgestreckt werden können. Der Bewegung dient ein umfangreicher Stützapparat, der weit in das Innere des Abdomens hineinragt. Am 7. Tergit entspringen 2 Chitinstäbe, die parallel zur Längsachse des Tieres in der Nach- barschaft des Herzens bis zum 4. Segment laufen, wo sie frei -endigen. An diese Chitinstäbe sind die Retractoren angeheftet Lethocerus uhleri Mont. 59 (vgl. Textfig D). Am vorderen Ende dieser Chitinstäbe heftet sich ein fächerartig ausgebreiteter starker Muskel an; ein Zug dieses Muskels könnte sich insofern am Zurückziehen des Apparats be- teiligen, als er das 7. Segment ein- zieht, soweit dies die nicht sehr N ne umfangreiche Intersegmentalhaut ge- stattet. Wichtiger ist wohl, daß \ er das vordere Ende der Chitin- ? stäbe fixiert, da sich diese bei ihrer Elastizität bei der Kontraktion des | Retractors umbiegen würde. Als À Protractor finden wir einen an der Basis der lateralen Grenze des 6. u. 7. Segments angehefteten Muskel. (SCHMIDT-SCHWEDT erwihnt bereits die vorbeschriebene Vorstreckbarkeit der Atemréhre usw.). sed IN Fig. D. Rückenseite des Tieres, Ventralplatte und Körperinhalt entfernt bis auf Atemröhre, Genitalapparat ($) und Analkonus mit ihrem Muskelapparat. a Atemröhre. chst Chitinstab, ism Inter- segmentalhaut. prt Protractor. rt Retractor. Tracheensystem. Die Stigmen der Hemipteren. Literatur über Zahl und Lage der Stigmen der Hemipteren. Die ersten Angaben über Zahl und Lage der Stigmen der Hemipteren finden wir in Durovr’s großem Werke: „Recherches anatomiques et physiologiques sur les Hémiptères (1833)“. Durour kennt ein Stigma zwischen dem 1. und 2. Brustring und eine Anzahl Abdominalstigmen. 1855 veröffentlichte er eine ausführliche Abhandlung über eine in Algier gefundene Belostoma und 1863 eine Monographie der Belo- stomiden. Doch verlieren seine Angaben dadurch an Wert, dab er die Atemröhre nicht als solche erkennt und dadurch zu falscher Auffassung der Atmung gelangt. Über den Bau des einzelnen ab- dominalen Stigmas sind wir auch zu anderer Auffassung gekommen, 60. . Ù Hans Mörver. ebenso über die Zahl der Stigmen bei den Belostomiden, denn Durour kennt am ganzen Tier nur 5 Stigmen, die im Abdomen lieren sollen. 1835 entdeckt BurMmEISTER ein 2. thoracales Stigma zwischen Meso- und Metathorax bei den Hemipteren. FreBer’s Arbeit von 1861 „Die europäischen Hemipteren“ bringt keine weitere Klarheit über die Stigmen der Hemipteren, im Gegenteil, er verwirrt nur das Gewonnene. Fresrr kennt nur 1 Stigma am Hinterrande der Hinterbrust, „seltener hätte jedes Bruststück eine Atemöffnung; die Abdominalstigmen sind variabel“. ScHıiöptEe kommt 1870 in seiner Abhandlung „on the morpho- logy and classification of Rhynchota* zum erstenmal zu richtigen Er- gebnissen in bezug auf die Anzahl der Stigmen „Rhynchota hetero- ptera possess without exception ten pairs of spiracles“ (p. 240). Davon schreibt er 3 Paare dem Thorax zu, 7 Paare dem Abdomen. VERHOFFFS vergleichende Untersuchungen über die Abdominal- segmente der weiblichen Hemipteren, 1893, bedeuten wiederum einen Schritt rückwärts, da er das Stigma des 1. Abdominalsegments als fehlend ansieht, während es an die Grenze von Metathorax und Abdomen gewandert ist. Grundlegend für die jetzige Auffassung über Zahl und Lage der Stigmen wurden die Arbeiten von HanpuirscH (1899) und Hery- mons (1899). HanpLırsch fabt seine Untersuchungen dahin zu- sammen, dab er als „Grundtypus“ für die Rhynchoten angibt: 2 Thoracalstigmen (Meso- und Metathorax), 8 Abdominalstigmen (Segmente 1—8). Er begründet seine Auffassung einmal durch die verschiedene Dicke der thoracalen und abdominalen Stigmenäste, andererseits dureh die (srößenverhältnisse der Stigmen. „Der Prothorax hat kein Stigma“ (p. 502). Heymoxs kommt auf Grund entwicklungsgeschichtlicher Be- trachtungen zu demselben Ergebnis wie HAnpLirscH. „Die im Thorax zur Entwicklung gekommenen Stigmenpaare erleiden in der Folge eine Verschiebung. Das dem Mesothorax angehörende Paar nimmt nämlich eine intersegmentale Lage zwischen Meso- und Prothorax ein und gelangt schließlich noch während der Embryonalzeit voll- kommen in den hinteren Abschnitt des letzteren. In ähnlicher Weise tritt das dem Metathorax zuzurechnende Paar in den Meso- thorax hinüber. Gewissermaßen als Ersatz dafür schließt sich das 1. abdominale Stigmenpaar dem Hinterrande des Mesothorax an. Lethocerus uhleri Moxr. ; 61 Die Thoraxsegmente sind durch diese Vorgänge in den Besitz von _Stigmen gelangt, die ihnen ursprünglich nicht angehören. Natürlich erfolgt bei diesen Wachstumsprozessen nicht nur eine Verschiebung der eigentlichen Stigmen selbst, sondern mit diesen tritt gleichzeitig auch die das Stigma unmittelbar umgebende Hypodermispartie hin- über. Die letztere bezeichne ich als Pleurit.“ Spezielle Angaben über Zahl und Lage der Stigmen bei be- - lostoma gibt DE LA Torre Bueno (vgl. unten). Die Stigmen des Thorax von Lethocerus. Das 1. thoracale Stigma liegt in der Interseementalhaut zwischen Pro- und Mesothorax. Es grenzt unmittelbar an das Mesosternit (vel. Fig. 15). Das Stigma selbst liegt in einem Chitinrahmen. Es besteht aus einer umfangreichen Platte mit Bäumchenstruktur (baum- artig verzweigte Falte der Membran), die durch eine-starke Chitin- brücke in zwei Hälften geteilt wird; die Chitinbäumchen jeder Hälfte ziehen sich nach der Mitte zusammen (vel. Fig. 15). Am Ende der Chitinbrücke, ventral von ihr, liegt die Öffnung (vgl. Fig. 15 0?). Die mediale Hälfte des Stigmas ist von einer Kappe bedeckt. Das Stigma ist bereits von Mammen (p. 42) beschrieben. Das 2. thoracale Stigma (Fig. 16) ist schwer auffindbar. Es lieet an der Grenze von Meso- und Metathorax unmittelbar anal von einem in der Nähe der Einsenkung des Hinterflügels gelegenen Sinnesorgan. Dieses Stigma ist das kleinste der thoracalen Stigmen. es hat eine schmale, elliptische Gestalt, in der Mitte ein wenig ein- geschniirt; was wir zunächst sehen, ist eine Platte mit Falten, ähnlich der eben erwähnten Bäumchenstruktur des 1. thoracalen Stigmas. Die Öffnung liegt in der seitlichen Einbuchtung als schmaler Schlitz (0?). Auch neben diesem Stigma liegt ein Wall, vergleichbar der eben beschriebenen Kappe des 1. thoracalen Stigmas (Fig. 16 A). Das 1. abdominale Stigma, oder richtiger seine Platte, wölbt sich stark buckelartig vor (Fig. 14), es zeigt wieder die charakte- ristische Bäumchenstruktur. Es liegt nahe, diesen Buckel zu ver- gleichen mit dem typischen Wasserwanzenstigma (vgl. unten). Doch zeigt eine genaue Untersuchung, daß die Öffnung nicht an der Spitze des Buckels liegt, vielmehr als sehr enger, schwer aufzufindender Spalt an seiner Basis. Auch wird das Stigma von einer derben Chitinkappe umhüllt (Fig. 14 %), die es fast vollständig umschließt und nur etwa !/, frei läßt (vgl. die Textfig. E). In diesem freien 62 Hans MôLLer, Viertel liegt die Öffnung. (Scamipr-Scawepr erwähnt p. 53 die Größe des Stigmas — 2 mm.) pe a | fr où JL. Stw : m Sl N De ee et È y Re ume a. b Fig. E. Fig. F. Fig. E. a Querschnitt, b Horizontalschnitt durch das 1. Abdominalstigma. k Kappe. o? Offnung? stw Stigmenwandung. Fig. F. Schematische Querschnitte durch abdominale Wasserwanzenstigmen. Der Stigmenvorraum ist weggelassen. I Typus der Abdominalstigmen nach Docs fig. 7a). IL u. III Thoracalstigmen. m Stigmenmembran. o Öffnung. ri Ring- bildung. (Aus Hagemann u. Mammen.) Vergleichen wir diese Formen mit den typischen (abdominalen) der anderen Wasserwanzen, so scheint es kaum möglich, beide auf die gleiche Grundform zurückzuführen. Ich gebe das Schema der Stigmen der Wasserwanzen nach Docs. Augenscheinlich sind die thoracalen Stigmen von Lethocerus (und anderen Wasserwanzen) auf-- zufassen als eine Modifikation der 3. Form mit seitlich verlagerter Öffnung. Die Stigmenplatte ist außerordentlich vergrößert, die Off- nung stark reduziert, schwer nachweisbar. Als Rest der Einsenkung dürfen wir wohl den Wall und die Kappen auffassen. Die sonderbare Gestaltung der Stigmen dürfte im engsten Zu- sammenhang stehen mit der besonderen Art der Luftaufnahme (vgl. unten). Thoraxtracheen. Zum Studium der Tracheen des Thorax wurden die übrigen Organe (Muskeln, Darm) entweder mit der Nadel entfernt oder das Tier mit Kalilauge behandelt. Das 1. Abdominalstigma, das an der Grenze von Thorax und Abdomen liegt, ist ganz in den Dienst der Versorgung des Thorax getreten. Beachtung verdient zunächst der Bau einzelner Tracheen dicht hinter den Stigmen: die im Querschnitt ovale Trachee scheint an zwei Seiten verdickt (vgl. Fig. 22). Innerhalb der verdiekten Zone Lethocerus uhleri Mont. ; 63: ist die Spirale etwa doppelt so dicht wie außerhalb. An den Ver- dickungsstellen hat eine besonders starke Chitinausscheidung statt- gefunden (vel. Fig. 23 hy). Diese Einrichtung dürfte der im Quer- schnitt ovalen Trachee eine besondere Elastizität verleihen, ent- sprechend der höheren Elastizität einer eng und fein gewundenen Spirale gegeniiber einer weiteren und stärkeren Spirale. Die Ver- diekung entspricht einer Vermehrung der Hypodermiszellen (Fig. 22 u. 23 hy). Betrachten wir jetzt den Verlauf der Tracheen (Fig. 1). Zu- nächst führt vom 1. abdominalen Stigma ein starker Tracheenast im lateralwärts offenen Bogen zum 2. thoracalen Stigma. Das 2. thora-- cale Stigma steht wiederum durch eine starke Trachee unmittelbar mit dem 1. thoracalen Stigma in Verbindung. Die bogige Trachee zwischen dem 1. abdominalen und 2. thoracalen Stigma kommuniziert mit dem entsprechenden Verbindungsbogen auf der gegeniiberliegen- den Seite des Metathorax. Diese Querverbindung ist von Wichtig- keit wegen der von ihr ausgehenden weiteren Tracheen. Öffnet man den Thorax dorsal und präpariert die zuerst auf-. fallenden, großen Flügelmuskeln, so findet man diese von einem eigenartig gebauten Tracheenstamm versorgt (seine Anatomie wird in einem besonderen Kapitel behandelt). Der Tracheenstamm der Flügelmuskulatur ist zwischen der im Metathorax befindlichen Tracheenquerverbindung und dem 1. thoracalen Stigma ausgespannt unter Umgehung des 2. thoracalen Stigmas (vgl. Fig. 1). Hat man die Flügelmuskulatur beseitigt, so treten die starken Beinmuskeln hervor. Das 3. Beinpaar wird einmal durch eine Trachee aus der „Querverbindung“ versorgt, andrerseits von einem starken Ast des 1. abdominalen Stigmas unmittelbar. Die Muskulatur des 2. Beinpaares wird in der Hauptsache von einem starken Ast des 2. thoracalen Stigmas versorgt. Außerdem dürften sich kleinere Tracheencapillaren, die auf der „Querverbindung“ ihren Ursprung nehmen, daran beteiligen. Das 1. Beinpaar wird wahrscheinlich auch von der Querverbindung aus versorgt, da wir dort folgende Verhältnisse vorfinden: nahe der Medianlinie nimmt von der „Querverbindung“ aus ein Tracheen- kreuz seinen Ursprung — über dem Kreuz liegt das starke thora- cale Ganglion. — Die Äste des Tracheenkreuzes berühren oralwärts unweit des l.thoracalen Stigmas einen starken, von diesem Stigma in den Prothorax eintretenden Tracheenast, und zwar geschieht diese Berührung unter Verwachsung mit dem starken Stamm. Man er- 64. Hans MôLLer, kennt aber noch deutlich, wie die Trachee nach der Verbindung mit der starken, oralwärts laufenden Trachee des 1. thoracalen Stigmas sich in den Prothorax fortsetzt, um dann in das 1. Bein- paar einzutreten. Es ist so anzunehmen, daß auch das 1. Beinpaar von der Querverbindung aus versorgt wird. Von der Querverbindung aus werden außerdem Längsstämme oralwärts bis in den Kopf hinein zur Versorgung des Yorter ta. mit seinen Anhängen entsandt. Ob die Versorgung der Augen auch durch diese Tracheen Adee von der kräftigen Trachee erfolgt, die vom 1. thoracalen Stigma -oralwarts läuft und sich dort verzweigt, muß unentschieden bleiben. Allerdings ist aus noch zu erörternden Gründen wahrscheinlicher, daß die Sauerstoffzuleitung von der Querverbindung aus geschieht. In die Querverbindung münden vom Abdomen kommend die Tracheenhauptstämme des Abdomens. Fassen wir aus dem Gesagten kurz die Aufgaben der thoracalen und des 1. abdominalen Stigmas zusammen: Das 1. abdominale Stigma versorgt: das 3. Beinpaar; die diesem und dem 2. thoracalen Stigma vielleicht noch zuzurechnende „Tracheen- ‘Querverbindung“ im Metathorax versorgt die Flügelmuskulatur, auch noch das 3. Beinpaar, das 1. Beinpaar, den thoracalen Darm und Prothorax und Kopf. Das 2. thoracale Stigma versorgt das 2. Beinpaar, es steht in Verbindung mit der Querverbindung, außerdem schließt sich oral- warts eine echte Tracheenblase an, die als Resonanzboden unter einem Sinnesorgan liegt (Fig. 16). Eigenartige Tracheenversorgung der Thorax- muskulatur. (248.17, 1819720731 Um den Verlaufder feineren Tracheen, insbesondere in den Muskeln, kennen zu lernen, lösen wir einen Muskel, am besten den großen Flügelmuskel, heraus (Fig. 21). Versuchen wir diesen Muskel zu zerzupfen, so zerfällt er sehr leicht in eine größere Anzahl keil- förmig dünner Platten. Jede dieser Platten bietet ein recht sonder- bares, ungewohntes Bild. Sie ist ganz bedeckt von ziemlich zart- wandigen 0,12 mm breiten Tracheen, welche parallel und ungefähr senkrecht zur Richtung der Muskelfasern verlaufen und sich im Bereich der Platte meist nicht verzweigen (Fig. 20). Diese Lethocerus uhleri Mont. | 65 Tracheen entspringen von einem starken Stamm, welcher in der Mitte des Muskels liegt und dicht mit regelmäßig angeordneten Löchern bedeckt erscheint (Fig. 19). Diese Löcher sind nichts anderes als der Ursprung der eben erwähnten Tracheen, die meist einzeln, seltener zu 2 oder 3 aus gemeinsamer Wurzel entspringen. Sie bleiben — wie gesagt — meist bis zur Peripherie unver- zweigt. Nur wo der Raum zwischen 2 Platten sich spaltet, erfolgt auch eine Spaltung der Tracheen. An der Oberfläche angekommen, biegen sie um, legen sich der Oberfläche des Muskels an und endigen dort nach kurzem Verlauf blind (Fig. 21). Von diesen Ästen gehen sofort feinste Capillaren aus, und zwar in regelmäßiger Anordnung (Fig. 18). Sie entspringen in Querreihen, deren Entfernung der Dicke eines Muskelbündels entspricht. Sie bleiben unverzweigt, um- spinnen die Säulen der Muskelbündel, aus denen sich die Platten zusammensetzen, anscheinend ohne in sie einzutreten (vgl. Fig. 20). Eine ähnliche Versorgung zeigen alle im Thorax liegenden Muskeln, auch die die Beine bewegenden, nicht aber die in den Beinen selbst liegenden, deren Tracheen die typische Verzweigung aufweisen. Nur ist bei den schwächeren Muskeln der Hauptstamm schwächer, die Zahl der Äste geringer, auch findet sich dort häufig eine starke Verzweigung der Äste der Art, daß mehrere gemeinsam einer Wurzel entspringen. Thoraxatmung. Die wesentliche Abweichung dieser Tracheenversorgung des Muskels scheint mir in folgendem zu bestehen: 1. in dem fast ge- raden Verlauf eines starken Hauptstammes von einem Stigma zum anderen, 2.in der Lagerung dieses Hauptstammes mitten im Muskel, 3. in der Abgabe sehr zahlreicher starker, meist ganz unverzweigter Äste von diesem Hauptstamm, welche den Muskel regelmäßig durch- setzen, und schließlich, aus 2 und 3 resultierend, in dem eigentümlichen Verhältnis zwischen Muskelmasse und eingeschlossener Luft. Das Volumen der eingeschlossenen Luft dürfte hier beträchtlich größer sein, als das sonst bei Insectenmuskeln der Fall ist. [Der Quer- schnitt (Fig. 17) diirfte einem in mittlerer Kontraktion befindlichen Muskel augehören. Bei Erschlaffung des Muskels dürften die von Tracheen angefüllten Räume umfangreicher, bei Kontraktion kleiner sein. | Wie erfolgt hier der Luftwechsel? — Nach den herrschenden Anschauungen führen die Insecten bestimmte Bewegungen (gewöhn- Zool. Jahrb. 42. Abt. f. Anat. 5 66 Hans Mörter, lich des Abdomens) aus (vgl. SCHRÖDER, p. 371), um die Ventilation der Tracheen zu bewirken. In dem festen, gegeneinander wenig beweglichen Skelet des Thorax scheint eine Atembewegung nach Art des Abdomens ausgeschlossen, ist auch in Wirklichkeit nie be- obachtet. Die Tracheen besitzen „keine eigenen Muskeln, die eine: Erweiterung und Verengung ihres Lumens im Interesse des Luftaus- und -Eintrittes bewirken könnten“, infolgedessen müssen die Körper- - muskeln diese Funktion übernehmen, und da sich das Tracheen- system äußerst reich in allen Geweben zu entfalten pflegt, muß auch jede Muskelkontraktion indirekt einen Druck, wenigstens auf eine Anzahl seiner Zweige, ausüben und die in ihnen befindliche Luft bewegen oder vielleicht auch zerrend wirken und dann die Tracheen- wände etwa nach Art einer Ziehharmonika auseinanderziehen, so ihr Lumen vergrößern und durch negativen Druck eine Inspiration her- beiführen. Die durch die speziellen Respirationsmuskeln unter antagonistischer Mitwirkung des Skelets bewirkte regelmäßige In- und Exspiration wird durch die Verschlußvorrichtungen an den Stigmen reguliert. Das Vordringen der Atemluft bis in die feinsten Tracheencapillaren wird jedenfalls durch die Muskeln und die Ver- schlußvorrichtungen erzwungen, indem die ersteren durch ihre Kon- traktion auf die luftgefüllten Tracheen drücken und die letzteren das Entweichen der Luft nach außen verhindern. Bei Lethocerus dürfte die Art der Atmung eine wesentlich andere sein. Zunächst vermissen wir an allen Stigmen (auch an denen vom Abdomen) einen Verschlußapparat, wenigstens einen mit besonderen Muskeln versehenen. Nach dem eben Auseinander- gesetzten muß eine Kontraktion des Muskels eine wesentliche Ver- minderung der in ihm aufgespeicherten Luft, ein Ausblasen dieser Luft bewirken. Beim Nachlassen der Kontraktion wird die Luft wieder einströmen. Man wird zunächst annehmen müssen, daß auf diese Weise ein Gaswechsel erfolgt, der bei der Flugbewegung ein sehr starker ist. Nehmen wir an, daß Ein- und Ausatmung durch das prothora- cale Stigma, das in nächster Nachbarschaft des Muskels liegt, er- folgt, so können wir uns vorstellen, daß lediglich auf diese Weise die Atmung zustande kommt. Und da dieser Muskel nur während des Fliegens außerhalb des Wassers gebraucht wird, wäre auch eine direkte Luftzufuhr durch dieses Stigma möglich. Doch scheint mir gegen diese Annahme ein Vergleich mit den anderen Muskeln, vor Lethocerus uhleri Moxr. 67 allem mit den Beinmuskeln, die ja im Thorax liegen und unter Wasser gebraucht werden, zu sprechen. Ich möchte vielmehr annehmen, daß die Luftzufuhr im wesent- lichen durch das 1. abdominale Stigma erfolgt. Aber in diesem Falle würde bei der Kontraktion die verbrauchte Luft gänzlich oder zum größten Teil in dem Tracheenstamm zwischen Muskel und Stigma bleiben und bei der Ausdehnung des Muskels wieder ein- gesogen werden (Residualluft) Der Gaswechsel wäre ein wenig ausgiebiger. Ich denke mir die Atmung so, daß die Einatmung der Luft durch das 1. abdominale, die Ausatmung, das Ausstoßen, durch das 1. thoracale Stigma erfolgt. Dafür spricht z. B. der direkte Ver- lauf der Tracheen von der Queranastomose des 1. abdominalen Stigmas in den Prothorax. Die Tracheen, die am 1. thoracalen Stigma ansetzen, wären dann als ableitende Tracheen anzusprechen. Beweisend für die Richtigkeit dieser Hypothese müßte der Bau der Stigmen sein. Es ist mir nicht gelungen, trotz mannigfaltiger Bemühungen, mir vollständige Klarheit über den Bau der Stigmen, im besonderen über die Eingangsöffnung, zu verschaffen. Wie gesagt, scheint es, daß der Eingang des 2. thoracalen und 1. abdominalen Stigmas be- grenzt wird durch zarte, lippenartige Falten, welche nur ein Ein- treten, nicht auch ein Austreten der Luft gestatten. Diese Ansicht paßt zu der von Mammen fig. 28 gegebenen Beschreibung des 2. thoracalen Stigmas von Notonecta. Nach dieser Abbildung bildet die Stigmenôffnung auch einen Spalt, der nur den Luftzutritt in einer Richtung gestattet. Sollte sich diese Anschauung über die Stigmen- öffnungen bei Lethocerus bestätigen, so würde ich es als bewiesen betrachten, daß hier die starken im Thorax liegenden Muskeln des 2. thoracalen und 1. abdominalen Stigmas lediglich der Einatmung, das 1. thoracale Stigma lediglich der Ausatmung dient. Immer- hin würden, auch wenn dieser Nachweis gelänge, manche Schwierigkeiten bestehen bleiben: so werden ja nicht alle Muskeln gleichzeitig kontrahiert, vielmehr würden die Antagonisten abwechseld kontrahiert, die Wirkung in bezug auf das Ausstoßen der Luft würde einander aufheben. Ob es je gelingen wird, den Mechanismus der Atmung vollständig zu klären, ist mir zweifelhaft. Es handelt sich da um einen augenscheinlich sehr komplizierten Apparat, dessen Wirkungsweise wir im einzelnen nicht kennen. Wir kennen nicht die Elastizität der Wandungen, die sicher an ver- 5* 68 Hans MöLter, schiedenen Stellen verschieden (vgl. oben S. 62 über den Eingang der Tracheen), kennen nicht die Faltenbildung und manch andere Einzelheiten des Baues, ohne deren Kenntnis ein tieferes Eindringen in die Wirkungsweise nicht möglich ist. Immerhin halte ich es für wahrscheinlich, daß das 1. abdominale und 2. thoracale Stigma in- spiratorisch, das 1. thoracale Stigma expiratorisch wirkt. Abdominalstigma 2—7. Die Stigmen 2—6 des Abdominalsegments liegen im Paratergit, nahe seinem Rand (vgl. Fig. 1 u.6). Die Stigmen sind nicht senk- recht zur Körperoberfläche gestellt, sondern ungefähr in der Richtung einer die Körperfläche und das Herz verbindende Graden. Dadurch wird erreicht, daß der vom Stigma ins Körperinnere verlaufende Tracheenast keine Knickung erfährt. Betrachtet man im Totalpräparat die Stigmen von der Ventral- seite, so sieht man, daß das Parasternit sich mit seinem Membran- rand über das Stigma legt oder genauer: das Stigma schiebt sich unter den membranösen Rand des Parasternits (Fig. 10). Bei senk- rechter Aufsicht sieht man zwei stark lichtbrechende Chitinwülste als Wandungen eines in der Längsachse liegenden engen Spaltes. Meist bietet sich das Stigmenbild von der Seite dar, da es schräg zur Körperoberfläche liegt (vgl. Fig. 10, die eine Innenansicht des Stigmas darstellt). Wir sehen einen starken, ovalen Chitinring chr, der das Stigma umgibt. Auf der dem Paratergit zugewandten Seite scheint das Stigma durch einen welligen, stark lichtbrechenden dunklen Chitinwulst gegen die sich scharf abhebende Längsspalte des Stigmas abgegrenzt zu sein. Die dem Parasternit zugewandte Seite des Stigmas besteht aus einer am Rande dunkleren, nach der Längsachse zu allmählich heller werdenden Felderung. Die ein- zelnen Felder sind rechteckig und zeigen ein Geflecht von Bäumchen (Fig. 10 stw). Um den eigentlichen Bau des Stigmas zu untersuchen, wurden neben mikroskopischen Schnitten auch makroskopische Schnitte ge- macht, welche das Stigma senkrecht zu seiner Längsachse trafen. Ich will den Schnitt als Querschnitt bezeichnen. Die mikrosko- pischen Schnitte gaben nur Teilbilder, da das Stigma in sehr starkes, sprödes Chitin eingebettet ist; die makroskopischen Schnitte gaben gute Bilder. Die mit scharfem Skalpell hergestellten Schnitte wurden zwischen dünnen 0,24—0,35 mm starken Glasplättchen in Canadabalsam aufgestellt und eingebettet. — Die Methode ist durch- Lethocerus uhleri Moxr. 69 aus zu empfehlen. — Die Querschnitte ergaben folgendes (vgl. Fig. 11): In außerordentlich starke Chitinwände ist zunächst ein an den Seiten gezähnter, am oberen Rande mit stärkeren Chitinspitzen (Plüschbesatz, BAUNACKE, fig. 42 pl) besetzte, sackförmige, etwas ge- wellte Einsenkung des Integuments eingelassen (Fig. 11 sig). Diese Grube erweitert sich von ihrem Eingang ab sackförmig. Hin und wieder erreichen die Chitinspitzen des Plüschbesatzes eine größere Mächtigkeit, so daß sie fast als Brücken erscheinen. Am Grunde der Stigmengrube erheben sich zwei starke, Sförmig gebogene Chitin- leisten sfw, die eine Leiste ist stärker gekrümmt, so dab sie auf manchen Schnitten von der gegenüberstehenden Leiste überhöht wurde. Zwischen beiden Chitinleisten bleibt ein sehr enger Spalt, die eigentliche Stigmenöffnung O. Die Chitinleisten stw bestehen aus zwei Lamellen oder einer Falte der Körperwand. Am Grunde der Falte kann man noch vereinzelte Hypodermiszellen nachweisen. Die innere Lamelle weist an der dem Stigmenlumen zugekehrten Seite Tracheenstruktur auf, die an der Basis des Stigmenlumens in die Tracheenwandung übergeht. Die Stigmenwandung besteht nicht durchgehend aus einer dicken Falte, sondern aus Chitinleisten, die Verdickungen einer dünnen Faltenmembran darstellen. Übertragen wir nun den Schnitt ins Räumliche und suchen das vorher beschriebene Bild der Schrägansicht des Stigmas mit den Befunden in Einklang zu bringen. Das eigentliche Stigma ist nach dem Querschnitt ein glockenförmiger Aufsatz in einer grubenartigen Einsenkung des Integuments. Die Wandung des Stigmas besteht aus. einer gefalteten Membran, die an einzelnen Punkten verdickt ist, die dazwischen liegenden Felder werden als Ansatz von Ver- dickungen kleine Chitinstreben — eine Bäumchenstruktur — zeigen. Die Stigmenöffnung ist ein schmaler Längsspalt. Vergleichen wir damit uun die Fig. 10. Wir blicken in das glockenförmige Stigma schräg von unten hinein. Der ovale Ring ist die Basis der gefalteten Stigmenwandung. In der dem Para- sternit zugewandten Seite des Stigmas entsprechen die rechteckigen Felder der dünnen Faltenmembran des Stigmas, die Bäumchen darin dem Beginn oder Ansatz zur Verdickung, die starken von der Basis bis zur Längsachse durchlaufenden Balken den dicken Chitin- streben stw der Querschnittsfigur. Die helle, an die Längsspalte grenzende Membran ist ein zweiter, die eigentliche Stigmenöffnung umgebender Chitinring. Die Längs- 70 Hans Motrer, spalte ist die sehr enge Stigmenöffnung. Auf der dem Paratergit zugewandten Stigmenseite sehen wir die eben beschriebene Stigmen- wandung senkrecht, als stark lichtbrechende Punkte, kennen aber jetzt ihre Deutung. Das 7. Abdominalstigma ist viel stärker und erößer gebaut als die übrigen Abdominalstigmen. Es gleicht aber sonst diesen voll- kommen. Fig. 13 gibt eine Innenansicht wieder. Die glockenförmige Stigmenwandung liegt in einer großen, zylindrischen Einsenkung, dem Stigmenvorraum s/g, der oberhalb der Stigmenöffnung stark eingeschnürt ist, um dann weit ausladend mit dem Körperäußeren in Verbindung zu treten. In Fig. 13 sieht man an der Basis des glockenfürmigen Stigmas neben der Bäumchenstruktur stark licht- brechende Punkte, besonders schön auch in Höhe der Stigmenöffnung. Soweit diese Punkte nicht mit der Bäumchenfaltung der Stigmen- platte identisch sind, sind sie als die Chitinspitzen des Plüschbesatzes der Stigmengrube anzusehen. Über dem Chitinringe chr der Stigmen- öffnung sieht man in das Lumen der Stigmengrube, darauf folet ein Teil des Stigmengrubenhalses mit seinem Chitinplüschbesatz. Auf der Wandung des Stigmengrubenspaltes sieht man noch Zell- kernreste der hypodermalen Bildungsschicht. Die Abweichung des 7. abdominalen Stigmas gegenüber den übrigen abdominalen Stigmen besteht hauptsächlich in seiner größeren Breite, der Bau gleicht — wie oben bereits gesagt — dem der anderen Stigmen. Dieser Größenunterschied dürfte auch auf die Dehnung des Stigmas zurückzuführen sein, die es bei der besprochenen Knickung des Paratergits erfahren muß (vgl. oben S. 57). Vergleichen wir unsere Ergebnisse jetzt mit den von Docs und HAGEMANN erzielten, so kann man sagen, daß das Abdominalstigma von Lethocerus auch auf die für die Wasserwanzen aufgestellte Grundform zurückzuführen ist (vgl. Textfig. F S. 62). Bei Lethocerus hätten wir den Typus IL vor uns, da meistens die Stigmenöffnung etwas seitlich verlagert ist. Außerdem finden wir bei Lethocerus statt des Stigmenhohlkegels einen zum Spalt ausgezogenen glockenförmigen Aufsatz. BaunackE und Mammen, die sich (p. 100 bzw. p. 39) auch mit dem Typus des Wanzenstigmas beschäftigen, ist in ihren Ansichten über die Auffassung des eigentlichen Stigmas auf Grund der hier gefundenen Ergebnisse zuzustimmen. Da die Innenwand der glocken- förmigen Membran tracheenartige Struktur trägt, so ist die Spitze dieses Hohlkegels als das eigentliche Stigma anzusehen. Die Ein- senkung des Integuments stellt dann den Stigmenvorraum oder die Lethocerus uhleri Moxr. FeAl Stigmengrube dar. Stigmengrube und ihr Eingang, der Stigmen- . grubenspalt, bilden zusammen den Stigmengrubengang. In der Literatur habe ich nur in Durour’s Arbeit (1855) eine spezielle Angabe über den Bau der Belostomiden-Stigmen gefunden: „Un fin cerceau corné brunätre en limite la circonscription extérieure. Un autre cerceau de même nature, de même couleur, mais discoïdal, forme les deux levres d’une scissure étroite. Entre ces deux ‘cerceaux est une membrane dun blanc sale, souple brièvement velue ou veloutée. Lorsque la scissure interlabiale a été convenablement préparée, en raclant avec ménagement sa face interne ou splanchnique, le microscope y decele une membrane blanche, glabre, fine, pellucide, un diaphragme avec une fente médiane linéaire des plus subtiles“ (p. 193). Vergleichen wir Durour’s Angaben mit unseren Ergeb- nissen, so möchte ich glauben, daß Durour die an der Mündung und Basis des Stigmas gelegenen Chitinringe als cerceau corne brunätre angesprochen hat, die von ihm beschriebene membrane blanche dürfte in Wirklichkeit keine Membran sein, sondern der durchsichtige ovale Stigmeneingang. Querschnitte hat Durour nicht gemacht, sie hätten die wahre Natur der Stigmen aufklären müssen. Die Atemröhre. Am stärksten ist von den abdominalen Stigmen das letzte ent- wickelt, das an der Basis der Atemröhre liegt. Bevor wir uns zu seiner Betrachtung wenden, müssen wir uns etwas ausführlicher mit der Atemröhre befassen. Die Atemröhre des Lethocerus beträgt '/, der Körperlänge. Sie ragt jedoch nur wenig über das hintere Ende des Körpers hinaus (vgl. Fig. 1). Sie besteht aus zwei nebeneinander liegenden Stäben. Jede Hälfte wird von einem horizontalen, hohlen Chitinstreifen ge- bildet, der an seiner Basis sich ein wenig verbreitert und eine Drehung zu vertikaler Stellung erfahren hat. Das orale Ende der Röhren entspringt an der Basis des Geschlechtsapparats und ist dort noch von einer kleinen Chitinlamelle bedeckt. Um Geschlechts- apparat und After herum ist die Röhre etwas nach außen gebuchtet. Das anale Ende der Atemröhre zieht sich zu einer stumpfen Spitze aus durch Abplattung des lateralen Randes. Eine besondere Be- waffnung des Endes fehlt, die Randhaare werden allmählich kleiner. Die Atemröhren gehen von der Innenseite des achten Sternits aus, sind also etwas von der Bauchseite entfernt. Der mediale Rand der Atemröhren ist mit kurzen, fast horizontal 79 Hans MÖLLER, liegenden Borsten besetzt, die Außenseiten tragen eine im Winkel von 45° ventral nach innen stehenden, dichten Haarsaum, dessen einzelne Borsten so lang sind, daß sie mit den Borsten der anderen eine Röhre bilden. So erst entsteht durch Aneinanderlegen der beiden Fortsätze eine zur Luftleitung geeignete Röhre; Fig. 4a gibt einen Querschnitt durch die Atemröhre. Die Chitinstäbe der Atemröhren zeigen mehrere Reihen feinster Punkte, die aus einzelnen kleinen Warzendrüsen im Hohlraum der Chitinleisten bestehen. Fig. 4 zeigt den einen Chitinfortsatz im Querschnitt mit seinen Borstenreihen. Ob die Einschnürung des Hohlraums auf Konser- vierung zurückzuführen oder natürlich ist, kann nicht entschieden werden. ‚Jedoch scheint mir das Letztere das Wahrscheinlichere (vgl. auch oben). Die Zweiteilung der Echo wird durch die Anordnung der Geschlechtsapparate zwischen der Basis der beiden Hälften der Atem- röhre bedingt. Nur durch Auseinanderklappen der Röhren ist eine Copulation denkbar. An der Basis der Atemröhren liegt am dorsalen Rande das letzte Abdominalstigma, umgeben von einem steifen Borstenkranz (vgl. Fig. 8 mit dem schematischen Längsschnitt durch das Stigma, Fig 7). Der Bau des Stigmas (vgl. unten) ist derselbe wie der der übrigen Abdominalstigmen, nur von gröberem Lumen, obgleich sonst zartwandiger. Es ist infolge seiner sehr geschützten Lage nicht so wie die übrigen Stigmen Verletzungen ausgesetzt. Funktion der Stigmen, abdominale Atmung. Die Hauptrolle für die Sauerstoffversorgung des Abdomens und, wenigstens unter Wasser des Körpers überhaupt, spielt unzweifelhaft das letzte Stigma, dem die Luft durch die oben beschriebene Atemröhre zu- geführt wird. Uns soll hier noch die Frage beschäftigen, ob und inwieweit die anderen Abdominalstigmen (2—7) eine Rolle für die Atmung spielen. Zunächst wäre die Frage zu erörtern, ob und auf welchem Wege diesen Stigmen atmosphärische Luft zugeführt werden kann. Wir finden darüber in der Literatur die folgenden Angaben: 1. GERSTÄCKER schreibt im 2. Band seines Handbuches der Zoologie: „Bei den riesigen Belostomen sind die Seiten des Hinterleibes mit dichter filziger Behaarung bekleidet, welche die Luftlöcher dicht umgibt und zum Teil bedeckt, so daß diese stets mit einer der Haar- kleidung anhaftenden Luftschicht kommunizieren.“ Lethocerus uhleri Monr. 12 ' 2. Max Spryona macht in seinen Observations sur le genre -Belostoma et sur les Belostomides folgende Angaben: „ces stigmates (st. anneaux du ventre) sont toujours entourés, et quelquefois couverts en partie, d'un duvet soyeux qui peut servir à retenir une certaine quantité d'air, pendant que l’animal s'enfonce dans l’eau.“ 3. BURMEISTER spricht in seinem Handbuch der Entomologie von dem mit 2 kurzen Atemröhren (bei den Larven nicht vorhanden) ausgerüsteten Hinterleib der Belostomiden. Der Bauch sei mit einer dichten Flaumdecke überkleidet. 4. Durour gibt 1855 (p. 194) in seiner Mémoire sur une nouvelle espece de: Belostoma eine Beobachtung seines Freundes LEPRIEUR über das Verhalten beim Aufsteigen an die Wasserfläche wieder: nl que cet animal se tenait souvent horizontalement à la surface du liquide de manière à émerger la région dorsale du corps; 2° que d’autres fois il avait Ja tête en bas son dernière s’approchant de la surface de l’eau, et qu’alors les deux lames caudales s’&cartaient, se redressaient même en s’inclinant un peu en avant.“ Punkt 1 ist allgemein bei den im Wasser lebenden Insecten beobachtet; die Tiere lassen sich an der Wasseroberfläche infolge ihres leichteren spezifischen Gewichts umhertreiben. Die Bedeutung der 2. Beob- achtung erkennt Durour nicht, da er die Atemröhre als Laminae caudales für Genitalanhänge hält, obgleich schon Leprreur ihm im Anschluß an die Beobachtung am lebenden Tier mitteilte „que ces lames servaient à un acte respiratoire, à humer l’air atmosphérique“. 5. DE ua Torre Bueno, Life-histories of North American Water- bugs, gibt dann 1908 eine ausführliche Darstellung der Atmung der Belostomiden und erkennt auch die Zusammenhänge zwischen Atem- röhre und Luftaufnahme bei der Imago: „Both the adult and the nymph obtain their air supply from the atmosphere, by piercing the surface with the terminal abdominal segments. In the adult there is a broad pilose band at each side of the abdomen, covering the entire width of the connexivum, save for a narrow stripe at the external edge. This band begins about two-thirds of the way up the last connexival segment, and is lost under the edge of the meta- sternum. On each of abdominal segments 2—6 there is visible in this sericeous stripe an oval stigma from which arise tracheae that lead into the main respiratory system. The spiracles of the first segment are not visible without dissection, and lie in the membra- nous portion under the metasternal episterna. The main system has its origin in the two strap-like appendages issuing from the 74 Hans MÖLLER, dorsum of the 5th abdominal segment, which are evidently the highly specialized 7th abdominal ring. [Nach unseren morphologischen Er- gebnissen bildet das 8. Segment die Atemröhre.| These are each covered at the base by a pilose flap which extends from the seg- ment, and between them lie the genitalia. Near the base and below the outer edge of each of the appendages is a deep-sunk orifice, in which lies the great spiracle from which springs the large tracheal trunk of the main system. Each of the large stem-tracheae goes straight up into the thoracic region, each connecting with the other and with the seven abdominal and three (sec. SCHIÔDTE) thoracic stigmata by branches at intervals. The dorsum is covered with short pile, and as it is somewhat hollowed beneath the hemelytra, is apparently employed as a reservoir for storing air. When the bug is at the surface, the end of the abdomen and the hemelytra separate, the hairy ends of the strap-like appendages being visible just under the edge of the membrane, and the air enters here.“ Es sei auch die Beobachtung pe LA ToRRE BuEno’s über die larvale Atmung wiedergegeben (p. 192): „The nymphal respiratory apparatus is quite different. In place of the sericeous band, the entire abdomen is thickly covered with long pile; and it appears bright and silvery in the water, and rounded out from the great quantity of air it carries. The connexival spiracles, of which there is one at each segment, are not large, and connect by tracheae with the main respiratory system. There is a pair of very spiracles in the cleft sixth abdominal segment, |,,cleft“ bezieht sich nur auf Belostoma fluminea| one on each side from which the main tracheae rise“. Und zur Vervollständigung der Schilderung der larvalen Atmung seien nochmals die Angaben über den Zweck der großen Subcoxalplatten wiedergegeben: „The metasternal episterna are produced into long, narrow plates, fringed with long hairs, extending over the first, second and half the third abdominal segments. According to Dr. Saarp, Joanny Martin is of the opinion, that these plates are for respiratory purposes. It is possible, that they may be used for the storage. of air, or perhaps as a means of reducing the quantity held by the pile, by exercising pressure to force it out. It is certain, however, that they have some connection with the respiratory system. The functions of the pile were long since recognized by BURMEISTER.“ Zunächst geht aus den auf direkter Beobachtung beruhenden Angaben von LEPRIEUR und DE LA ‘Torre Bueno mit Sicherheit Lethocerus uhleri Mont. 75 hervor, daß die Atemröhre die Hauptrolle für die Atmung spielt, eine Anschauung, zu der uns auch die Untersuchung des Baues führt. Wie verhalten sich aber die übrigen abdominalen Stigmen ? Prüfen wir zunächst die Angaben von GERSTÄCKER und SPINOLA. Inwieweit sie auf Beobachtung beruhen und inwieweit sie Hypothese sind, läßt sich nicht feststellen. Aus ihnen. scheint hervorzugehen, daß die Stigmen 2—7 des Abdomens eine Rolle bei der Atmung spielen; Stigma 1, das am analen Rande des Metathorax liegt, lassen wir zunächst unberücksichtigt. Bedingung für eine Atemtätigkeit der abdominalen Stigmen 2—7 wäre, dab sie entweder von der Atemröhre aus oder unmittelbar aus der Luft mit Sauerstoff versorgt werden. Eine direkte Zu- führung der Luft zu den Stigmen ohne Vermittlung der Atemröhre wäre etwa in der Weise zu denken, daß das Tier die ganze Bauch- fläche, oder zum mindesten ihre hintere Hälfte, mit der Luft in Be- rührung brächte, die dann im Haarbesatz haften bliebe (ähnlich wie bei Naucoris). Nur so wäre die Angabe von GERSTÄCKER verständ- lich. Eine solche Art der Versorgung ist mit Rücksicht auf den Bau sehr unwahrscheinlich — eine Atemröhre wäre dann zum mindesten überflüssig —, sie steht auch in direktem Widerspruch mit den Angaben von Lerkıeur und DE LA Torre Bueno. Soll den Abdominalstigmen Luft zugeführt werden, so kann das nur durch Vermittlung der Atemröhre geschehen. Ist eine solche Zufuhr für die abdominalen Stigmen anzunehmen? Wir versuchen zunächst die Frage für das 7. Abdominalstigma, das mit Rücksicht auf seinen Umfang allein oder wenigstens in erster Linie in Frage käme, zu beantworten. Wie könnte eine solche Luftzufuhr von der Atem- röhre aus erfolgen ? Das gespaltene 7. Segment wird in seinem vorderen Teil von einer schildförmigen Platte, dem Sternit des 8. Segments, bedeckt. Erst unter dieser Platte liegt die Atemröhre, erheblich mehr dorsal als die das 7. Abdominalstiema tragende Fläche. Eine Luftleitung von der Atemröhre aus zu diesem Stigma ist nicht wahrscheinlich, eine Rinne oder Borstenbesatz zwischen Atemröhre und 7. Abdominal- stigma nicht zu finden, überhaupt vermissen wir eine zur Luft- leitung geeignete Einrichtung. Man kann nur von einer sehr lichten Behaarung der in Betracht kommenden Stellen sprechen. Was für das letzte Abdominalstigma galt, gilt auch für die vorhergehenden. Wir sind also auf Grund des Baues zu der Ansicht gekommen, dab die Abdominalstigmen 2—7 nicht mehr der Atmung dienen, ihnen 76 Hans MÖLLER, auch keine Atemluft mehr zugeführt wird. Dieses Resultat bestätigt die Anschauung, zu der uns eine Untersuchung des Tracheensystems führt (vgl. unten). Die Tracheenbüschel der Stigmen 2—7 haben keine wichtigen Organe mehr zu versorgen, sondern breiten sich nur im Fettgewebe aus, sind daher als rudimentäre Tracheen auf- zufassen, die ihre ursprüngliche Funktion verloren haben. Scheiden so die von GERSTÄCKER und SPINOLA gegebenen Dar- stellungen der Luftversorgung aus, so bleibt als einziger Aufnahme- punkt der Luft die von LEPRIEUR und DE LA TORRE Bueno (p. 192) beschriebene Art der Atmung. Es ist. das auch die einzige Darstellung, die auf direkter Beobachtung beruht. „When the bug is at the surface, the end of the abdomen and the hemelytra separate, the hairy ends of the straplike appendages being visible just under the edge of the membrane, and the air enters here.“ Ich fasse die Worte „the edge of the membrane“ dahin auf, daß das Tier das Ende der Atemröhre über die Wasseroberfläche bringt und so die Stigmen, die am Ende der Atemröhre liegen, mit Sauerstoff ver- sorgt. Ob aber gleichzeitig der Raum unter den Flügeln mit Luft gefüllt wird, scheint mir zweifelhaft. Auch pe LA Torre BUENO drückt sich vorsichtig aus (p. 192): „the dorsum is covered with short pile, and as it is somewhat hollowed beneath the hemelytra, apparently employed as a reservoir for storing air“. Die Flügel legen sich dem Riicken dicht auf, Raum fiir ein Luftreservoir (wie beim Dytiscus) ist nicht vorhanden. Auch scheint mir neben der gleich zu besprechenden Funktion der Tergitrinne ein Luftreservoir unter den Flügeln unwahrscheinlich. — Ich bin der Meinung, dab — bei der großen Beweglichkeit der Atemröhre — diese bei der Luftaufnahme etwas über Wasser gebracht wird, denn wozu sonst: the end of the abdomen separate? Gestützt wird diese Mutmaßung durch die Beobachtung Leprreur’s (vgl. oben): „les lames caudales s'écartaient, se redressaient même en s’inclinant un peu en avant“. Der Vorgang des Vorstreckens der Atemröhre kann leicht der Be- obachtung DE LA ToRRE Burxo’s entgangen sein, da Beobachtungen dicht unter der Oberfläche infolge der totalen Reflexion leicht zu Mißverständissen führen. Außerdem gelangt die Luft von der Atemröhre in die Tergit- rinne, von hier gelangt die Luft an das 1. abdominale, am Hinter- ende des Metathorax gelegene Stigma, dessen Öffnung der Rinne zugewandt ist. Gleichzeitig kommuniziert die Atemrinne mit dem Lethocerus nhleri Mont. 71 ventralen Teil des von der Scapula gebildeten Hohlraumes, an dessen oralem Ende das 2. thoracale Stigma liegt. Fassen wir die gewonnenen Ergebnisse zusammen: die Atmung geschieht unter Wasser in erster Linie durch das letzte Abdominal- stigma der Atemröhre, außerdem werden das 1. abdominale und 2. thoracale Stigma durch die Tergitrinne mit Sauerstoff versorgt. Für die behaarten, ventralen Paratergite ist die Möglichkeit einer Uuftzufuhr zum Zwecke der Aufspeicherung nicht ausgeschlossen, aber wenig wahrscheinlich. Das Tracheensystem des Abdomens. Das Tracheensystem des Abdomens besteht 1. aus zwei vom letzten Abdominalstigma oralwärts parallel laufenden Hauptstämmen (s. Fig. 1). Die Längsstämme liegen dem Pericard an und entsenden segmental auf das Pericard reich verzweigte Tracheenstämme. Diese Tatsache ist bemerkenswert, da das Pericard im allgemeinen keine Tracheencapillaren erhält, sondern seinen Sauerstoff vom Blutstrom bezieht. Die Tracheenlingsstimme des Abdomens versorgen außer dem Pericard insbesondere die — wie die Untersuchung ergab — direkt aus den Tracheen Sauerstoff aufnehmenden Ovarien (vgl. Rıepe, Vergleichende Untersuchung der Sauerstoffversorgung der Insektenovarien, p. 297). An der Grenze von Abdomen und Thorax entsenden die Tracheenlängsstämme von einem Punkte aus eine Flut von fadenförmigen, unverzweigten Tracheen in das Abdomen zurück (in Fig. 1 der Übersichtlichkeit wegen fortgelassen). Die Tracheen- längsstämme stehen in jedem Segment durch einen kurzen, dicken Ast mit den übrigen Abdominalstigmen in Verbindung, und zwar ist dieser Ast eine der zahlreichen Tracheen des Tracheenbüschels des seitlichen Abdominalstigmas. Die von den seitlichen Abdominalstigmen ausgehenden Tracheen bieten ein ungewöhnliches Bild. Zunächst findet man am Stigma sitzend einen kurzen, starken Tracheenstamm; dieser teilt sich bald in einem Punkte in ein ganzes Büschel von eigenartig gebauten Tracheen (vgl. Fig. 5). Das Büschel besteht aus 7—9 flaschen- oder blasenartigen Tracheen, die sich aber nicht wie normale Tracheen allmählich — bäumchenartig — auflösen. Wir finden eine hohle, sich an der Basis bauchig erweiternde Tracheenblase von geringer Länge (s. Fig. 5), die stumpf endigt. Wesentlich ist, dab diese Tracheenblase kaum Verzweigungen abgibt; selten gabelt sie sich dichotom. An der Spitze der Tracheen findet’ man, scharf abgesetzt 78 Hans Mörtver, gegen das umfangreiche Lumen der blasigen Trachee, diinne, faden- artige und kurze Tracheen; diese büschelartigen Tracheen versorgen keine Organe, sondern heften sich im Fettgewebe mit ihren kurzen Tracheencapillaren an. 1—2 Tracheen des Tracheenbüschels haben Sonderaufgaben, ein Ast dient, wie gesagt, zur Verbindung mit dem Tracheenlängsstamm (vel. Fig. 5 vtr), eine zweite, sehr dicke Trachee bildet die auch bei anderen Wasserwanzen zu beobachtende Queranastomose (Fig. 5 ira) mit dem im gleichen Segment gegeniiberliegenden Stigma. Hin und wieder steht auch diese Queranastomose unmittelbar mit dem Tracheenlängsstamm in Verbindung unter Fortfall der vorher be- schriebenen besonderen Verbindungstrachee zwischen Hauptstamm und seitlichem Stigma. Die Gestaltung der Queranastomose und der Verbindung mit dem Längsstamm ist ziemlich variabel. Das Vor- handensein von Queranastomosen war am 2.—7. Abdominalstigma nachzuweisen. Die Tracheenbiischel des 2.—7. Abdominalstigmas sind untereinander sehr ähnlich, etwas verschieden aber ist das des 7. abdominalen Stigmas: einzelne Tracheen.des Büschels sind infolge der vom eigentlichen Körperinnern entfernten Lage des Stigmas länger als die Tracheen des übrigen Trancheenbiischels, gleichen ihnen aber sonst im Bau. Vergleich von Lethocerus mit Nepa cinerea. Führen unsere bisherigen Betrachtungen zu der Anschauung,. daß die abdominalen Stigmen keine Rolle für die Atmung spielen, so drängt sich die Frage auf: welche Bedeutung haben sie? Sind sie bedeutungslose, rudimentäre Organe, oder spielen sie doch irgend- welche Rolle für das Tier? Um dieser Frage näher zu treten, wollen wir Lethocerus mit Nepa vergleichen. Schon Scumipr-Schwedt hat (p. 50) auf die bemerkenswerte Übereinstimmung von Nepa und Belostoma hingewiesen. Ais über- . einstimmende Züge nennt er die Ausbildung der Fühler, der Vorder- beine als Raubbeine („bei Naucoris kommt Ähnliches vor“) und die Bildung der Brust und des Hinterleibes, die in nahem Zusammen- hange mit den Atmungsverhältnissen dieser Tiere stehen. „SCHMIDT kommt zu dem Schluß, daß die Nepiden und Belostomiden trotz des Unterschiedes der Bildung der Hüften und der Schwimmeinrichtung der Beine untereinander näher zusammengehören als jede von ihnen mit irgendeiner anderen Gruppe der Wasserwanzen, daß also für diesen Fall jenes von ScHiöprE betonte und benutzte Merkmal irre Lethocerus uhleri Moxr. 79 geführt hat.“ — ScHIöpDTE gruppiert die Hemipteren in 1. Linie nach der Bildung und Anfügung der Hüften ): Nepa mit tief ein- gefügter Grube rechnet er so zu den Trochalopoden, Belostoma mit geringer Beweglichkeit der Hüften würde zu den Pagiopoden rechnen. Auch wir werden mit SCHMIDT sehen, daß das von ScHiöpTE be- nutzte Merkmal irre geführt hat. — Bei unserem Vergleich zwischen Nepa und Lethocerus als Vertreter der Belostomiden ziehen wir auch Naucoris in einigen Fällen heran. 1. Morphologie. Bei der Naucoris-Larve finden wir die beiden letzten Körper- segmente noch getrennt, jedes ist mit einem Stigma versehen, bei der Lethocerus-Larve sind diese beiden Segmente verschmolzen, so daß ein Körperabschnitt 2 Stigmen trägt, bei der Nepa-Larve finden wir dieselben Verhältnisse wie bei der Lethocerus-Larve: völlige Verschmelzung der letzten Körpersegmente, der letzte Körperabschnitt trägt 2 Stigmen. „Die ältere Nepa-Larve zeigt vor den mesothoracalen Stigmen lange sichelförmig gekriimmte Platten, die Pleurite. Bei den Ima- gines sind diese Platten auch vorhanden, aber bei weitem nicht mehr so auffällig, sie liegen noch lateral von den Coxen der Mittelbeine | und gehen hinten in eine kleine, dreieckige Spitze aus“ (vgl. Hry- ‘mons, p. 376). Bei der Lethocerus-Larve finden wir die Pleurite als noch größere, flügelförmige Platten vor, die auch vor dem mesothora- calen Stigma liegen. Bei der Imago von Nepa sind diese Pleurite stark reduziert; bei der Lethocerus-Imago sind im Gegensatz zur Nepa-Imago die Pleurite noch in der ursprünglicheren großen Form enthalten. Bei der Nepa-Imago finden wir nach Docs (p. 40) das 1. abdomi- nale Stigma an der Grenze von Metathorax und Abdomen „in einem von Chitinspangen gebildeten Dreieck“ gelegen, das morphologisch nicht weiter identifiziert wird. Ich glaube, daß man im Hinblick auf die Verhältnisse bei Lethocerus die Herkunft dieser Platte auf- klären kann. Bei Lethocerus liegt an der entsprechenden Stelle das Pleurit III (vgl. oben), das das Stigma in seiner ventralen Hälfte 1) Formen mit Coxae cardinales (nur in einer Richtung beweglich) heißen Pagiopoden, die mit Coxae rotatoriae (im Kreise beweglich) nennt er Trochalopoden, „The juxtaposition of Nepa and Brlostomata in one and the same family shows that classification here has only been founded. on superficial similarities“ (p, 237). 80 Hans MörLer, auch auf einem dreieckigen Chitinrahmen trägt. Lethocerus zeigt aber daneben noch die dorsale Hälfte der Platte, die als Stütze für den Hinterflügel dient und ein Sinnesorgan trägt, das dem an dem 2. thoracalen Stigma gelegenen Sinnesorgan entspricht. 2. Atemröhre. Bei Nepa ist die Atemröhre zum größten Teil aus dem Körper herausgestreckt und beträgt ein Drittel seiner Länge. Die Atem- röhre von Lethocerus mibt ein Fünftel der Körperlänge, jedoch ragt sie in der Ruhe nur wenig unter den Deckflügeln hervor. Bei Nepa be- steht die Atemröhre aus zwei halbkreisförmigen, am Rande mit Borsten besetzten Rinnen, die sich zur Aufnahme der Luft zu einer vollen, kreisförmigen Röhre zusammenschließen. Bei Lethocerus bestehen die beiden Teile der Atemröhre aus zwei schmalen, nebeneinander liegenden, horizontalen Platten; die ventralen Seiten sind behaart, die Borsten stehen an der inneren und äußeren Kante, und zwar sind die inneren kurzen Borsten horizontal, die äußeren langen Borsten schräg ventral a b Fig. G. a Querschnitt durch die Atemröhre von Nepa (nach Docs), b von Lethocerus. b Borsten. gestellt (vgl. schematische Textfig. G). Ein unterscheidendes Merkmal ist ferner: Nepa hat an der Basis der Atemröhre ein Gelenk zur Auf- und Niederbewegung der Atemröhre, Lethocerus fehlt dieses Gelenk. Im ganzen ist die Atemröhre bei Nepa vollkommener als die noch auf primitiver Stufe stehende Atemröhre des Lethocerus. Schwieriger liegen die Verhältnisse für die Beweglichkeit der Atemröhre und für den mit ihr eng verbundenen Begattungsapparat. Bei Lethocerus ist der ganze Apparat beweglich. vorstreckbar, bei Nepa unbeweglich oder zum mindesten nicht vorstreckbar. Letho- cerus zeigt hier sicher die komplizierteren Verhältnisse. Trotzdem scheint die Annahme nicht unberechtigt, dab sie die ursprünglicheren sind. Wir dürfen mit großer Wahrscheinlichkeit annehmen, daß auch die Vorfahren von Nepa Schwimmvermögen besaßen. Für ein frei- schwimmendes Tier wird eine lange, frei vorstehende Atemröhre wie Lethocerus uhleri Mont. 81 die von Nepa ein wesentliches Hindernis bei der Schwimmbewegung - bilden. Und darum finden wir die Atemröhre bei Lethocerus ein- ziehbar. Beim Aufgeben dieser Art der Bewegung, beim Übergang zur ausschließlich kriechenden Bewegung verliert die Einziehbarkeit _ ihre Bedeutung, die Atemröhre blieb dauernd ausgestreckt, konnte sich aber jetzt beträchtlich verlängern und so das Tier befähigen, auch in großer Entfernung vom Wasserspiegel auf seine Beute lauernd zu sitzen und dabei in beständiger Verbindung mit der atmosphärischen Luft zu bleiben. Ich nehme also an, daß die nicht einziehbare Atemröhre von Nepa aus der einziehbaren von Lethocerus ähnlichen Vorfahren hervorgegangen ist. Bei der Aufgabe der freien Beweglichkeit der Atemröhre wird ein anderes Organ in Mitleiden- schaft gezogen: der Penis konnte bei Lethocerus sehr weit vorge- streckt werden, bei Nepa kann er das nicht. Das Männchen wird hier zum Zweck der Begattung in sehr eigentiimlicher Weise ein- geknickt (vgl. Baunacke, fig. 19 u. 20), und diese Fähigkeit zur Ein- knickung verdankt Nepa dem Vorhandensein bestimmter Nähte. Solche Nähte finden wir bei ZLethocerus nicht, und diese Tatsache bestärkt uns in der Annahme, daß bei Lethocerus die Begattung wie gewöhnlich durch weiteres Vorstrecken des Penis erfolgt. Auch diese Verhältnisse bilden eine Stütze für die oben ausgesprochene Auffassung, daß die stark einziehbare, kurze Atemröhre von Letho- cerus ein Vorläufer der langen, nicht einziehbaren von Nepa bildet. 3. Das letzte abdominale Stigma liegt sowohl bei Nepa wie bei Lethocerus an der Basis der Atemröhre. Bei Nepa ist das Stigma ein weites, kreisformiges Loch, bei Letho- cerus zeigt auch das letzte Stigma den allgemeinen Typus der den Wasserwanzen eigenen Abdominalstigmen (vgl. Fig. 8). Die Stigmen- grube trägt an der Basis das glockenförmige Stigma, das ın seiner Wandung Bäumchenstruktur aufweist. — Bei Nepa und Lethocerus ist der Eingang zum Stigma bzw. zur Stigmengrube von einem steifen Borstenkranz umstanden. Das Lethocerus-Stigma zeigt im Verhältnis zur Nepa die ursprünglichere Form. 4. Lage der übrigen Abdominalstigmen. Bei Nepa liegen die Abdominalstigmen 2, 3 u. 7 im Parasternit, die Abdominalstigmen des 4.—6. Segments sind aus den „Sterniten in die Ventralteile der Paratergite... iibergetreten“ (BAUNACKE, Zool. Jahrb. 42. Abt. f. Anat. 6 82 Hans MöLLer, p. 85). Bei Lethocerus liegen das 3.—7. Abdominalstigma im Para- tergit. 5. Bau der Stigmen. Bei Nepa sind die Abdominalstigmen 2, 3 u. 7 geschlossen, die dazu gehörigen Tracheen koliabiert. Die Abdominalstigmen 4—6, die mit den von Baunacke beschriebenen Sinnesorganen zusammen liegen, zeigen eine, wenn auch kleine Offnung. Bei Lethocerus sind sämtliche Abdominalstigmen offen. Bei beiden Formen liegt das. Stigma, soweit es offen ist, in einer tiefen Einsenkung (Stigmen- . grube). 6 Tracheen. Lethocerus zeigt die typischen Tracheenbüschel (vgl. Fig. 5) Jedoch haben diese Tracheen meist keine wichtigen Organe zu ver- sorgen, sondern sind als rudimentär anzusehen, wie wir früher sahen. Eine Trachee des Tracheenbüschels bildet wie bei Nepa die Queranastomose zum gegenüberliegenden Stigma; eine zweite kommuni- ziert ebenso wie dort mit dem Tracheenhauptstamm. Bei Nepa gehen von den Abdominalstigmen nur zwei Stigmenäste ab, von denen der eine die Queranastomose zum gegenüberliegenden Stigma bildet, der andere mit dem Tracheenhauptstamm in Verbindung steht. Letzterer verästelt sich noch wenig. Ziehen wir hier zum Vergleich noch Naucoris heran, so er- gibt sich: 1. Naucoris hat an den Abdominalstigmen die Büschel typischer Tracheen, ferner eine schwache Queranastomose zwischen den Stigmen desselben Segments. 2. Lethocerus hat ein Büschel von meist rudimentären Tracheen, eine sehr starke Queranastomose. | 3. Nepa hat nur die Queranastomose. In diesen wie in anderen Organen, Morphologie des Thorax, bildet Lethocerus eine Vorstufe zu Nepa (Atemröhre, letztes Stigma), im besonderen gilt das auch für die Stigmen 3—5. Haben die Stigmen resp. die ihnen benachbarten Borsten die gleiche Funktion wie bei Nepa? 7. Statische Organe. Bei Nepa-Larven liegt am 3.—6. Segment in der Nachbarschaft des offenen Stigmas eine Grube, die eine Erweiterung einer von Lethocerus uhleri Mont. 83 dem hinteren Körperrande, der Abdominalschaufel, zum Thorax führenden Rinne bildet (Sinnesgruben). Diese Rinne wird vom Para- tergit gebildet. Die Stigmen liegen im Parasternit. Die Sinnesgruben werden abgeschlossen, doch nicht vollständig, durch bewegliche, keil- förmige Borsten. Diese Borsten werden an den am höchsten liegen- den Sinnesgruben durch die in der Atemrinne aufsteigende Luft nach außen, an den tiefsten durch die nach oben entweichende Luft nach innen gebogen, und diese Bewegung, resp. Stellung der Borsten verschiedener Sinnesgruben vermittelt dem Tier die Empfindung für die Lage im Raum (natürlich nur unter Wasser). Die Sinnesorgane der Imago sind nach ähnlichem Prinzip ge- baut. Wieder haben wir eine Sinnesgrube, die durch Borsten abge- schlossen ist, aber die Borsten sind viel komplizierter gebaut. Sie bilden eine zusammenhängende Membran über dem Hohlraum, der in nächster Nachbarschaft des Stigmas liest. Aber die Verbindung dieser Hohlräume wird hier nicht durch eine Atemrinne, sondern durch das Tracheensystem bewirkt. Die Funktion ist eine ähnliche; wieder wird die Luft zu dem am höchst gelegenen Sinnesorgan auf- steigen, das Lumen des Hohlraums vergrößern, die Borsten von der Unterlage entfernen. An den tiefer gelegenen Sinnesorganen wird das Umgekehrte eintreten. Vergleichen wir die Organe der Lethocerus-Imago mit denen der Larve und Imago von Nepa, so ergibt sich mit der Larve nur in- sofern eine gewisse Ähnlichkeit, als die Sinnesborsten bei beiden Formen noch eine ziemlich ursprüngliche Gestalt aufweisen. Doch zeigen sie bei Nepa und Ranatra eine regelmäßige Anordnung, bei Lethocerus stehen sie unregelmäßig. Wesentliche Unterschiede zwischen beiden sind weiter: die Sinnesorgane der Nepa-Larven stehen nicht in enger Beziehung zum benachbarten Stigma, das bei Nepa noch im Parasternit, bei Lethocerus im Paratergit liegt. Die Zuleitnng der Luft erfolet das eine Mal (Nepa) durch die Atemrinne, das andere Mal (Lethocerus) durch die Tracheen. Viel größer ist die Ähnlichkeit zwischen dem Sinnesorgan der Nepa-Imago und bei der Lethocerus-Imago. Die Stigmen haben eine eroße Ähnlichkeit, sie liegen bei beiden Formen im Paratergit, da in beiden Fällen die Luft dem Organ zugeführt wird durch das Tracheensystem, das für diesen Zweck modifiziert ist (starke Quer- anastomosen). Wesentliche Unterschiede wären, dab wir bei Nepa nur 3 solche Organe, bei Lethocerus 4, oder (falls wir das vorletzte mitzählen) 5 haben. Bei Lethocerus haben wir eine geringe Zahl 6* 84 Hans MÖLLER, von unregelmäßig angeordneten, ziemlich primitiven Borsten, die über dem Stigma liegen; bei Nepa haben wir eine große Zahl eigenartig gestellter. untereinander ungleicher Borsten, welche sich — wie gesagt — zu einer Art Membran zusammenlegen (vgl. schematische Textfig. H). shee sb >= Te Ten z IA Fun | — | | N » {> ti 2 V4 / 5 se \ Deedes, À / — =e. oy NN (hie HN x \ f. NÉ sti tr TSP air 2 b Fig. H. a statisches Organ der Imago von Nepa (nach Bauxacke), b von Lethocerus. o OËnung. sb Sinnesborsten. sti Stigma. tr Trachee. Wie schon gesagt, zeigt das Organ bei Nepa eine viel voll- kommnere Entwicklung, kegel- und flügelartige Borsten, die zu einer Membran verbunden sind und von einem schützenden Chitinwall umgeben sind. Man wird aber nicht daran zweifeln können, daß auch bei Lethocerus das Organ eine ähnliche Funktion ausübt, ähn- liche Empfindungen vermittelt wie bei Nepa. Auch Lethocerus be- wegt sich vorwiegend kriechend (nach Bueno, p. 191). besitzt da- neben aber auch die Fähigkeit zu schwimmen (Dımmock, p. 70). So dürfte das Organ für Lethocerus nicht die große Bedeutung haben wie für Nepa, die nur kriecht (vgl. Baunacke, p. 124ff., Lebensweise von Nepa). Wir sprechen das Stigma von Lethocerus-Imago ebenfalls als Sinnesorgan an. ; Noch ein Wort über die Larven von Belostoma (ich wiederhole, daß nur ein sehr spärliches Material zur Untersuchung vorlag). Ich verweise auf die oben gegebene Beschreibung der Belostoma-Larve. Auch hier haben wir eine weitgehende habituelle Ähnlichkeit zwischen der Larve von Nepa und von Lethocerus. Bei beiden Formen ist das Hinterende in eine Spitze ausgezogen. die aber, wie die Atemröhre der Imago, bei Lethocerus viel kürzer ist. Bei beiden beginnt an dieser Spitze eine Rinne, die bei Nepa scharf begrenzt ist, sich teilt und zu den Stigmen führt. Bei Lethocerus führt sie zum After, dürfte der Führung des Kotes dienen. Ob sie auch der Zuführung der Atemluft zu den Stigmen dient, erscheint zweifelhaft, Lethocerus uhleri Mont. 85 wenn auch mit Rücksicht auf die Gestaltung des hinteren Körper- endes wahrscheinlich, sicher wird die Luft den zwei letzten Stigmen zugeführt (vgl. Bueno, p. 192) durch eine von gebogenen Haaren gebildete, undeutliche Rinne. Weiter scheint die Rinne nicht zu führen, vielmehr durch die starke, aber regelmäßige Behaarung des Abdomens ersetzt zu werden. Von einer Anordnung der Haare zu einer ,Sinnesgrube“ oder einem ähnlichen Organ ist nichts zu be- merken. Natürlich könnte der ganze Haarbesatz der Bauchfläche eine ähnliche Empfindung wie die ,Sinnesgrube“ vermitteln, da in ihm die Luft nach den höchst gelegenen Punkten aufsteigen würde, die Borsten entsprechend bewegt werden. Auf alle Fälle finden wir keine Bildungen, die als Vorläufer der imaginalen Sinnesorgane aufzufassen wären. Diese Tatsache scheint bemerkenswert. Wie aus den vorher- gehenden Auseinandersetzungen hervorgeht, scheint Lethocerus ein Vorläufer von Nepa, eine Form, welche zum mindesten der Stamm- form von Nepa sehr nahe steht. Das gilt auch für die Larve. Aber dann müssen wir annehmen, dab die Sinnesorgane von Larve und Imago bei Nepa selbständig entstandene Bildungen sind, die ursprüng- lich nichts miteinander zu tun hatten. Diese Auffassung pabt gut zu Baunacke’s Darstellung, nach der erst mit der letzten Häutung das Stigma in engere Beziehung zum Sinnesorgan tritt. Schlußwort. Die Untersuchung über Morphologie, Stigmen und Tracheen- versorgung von Lethocerus uhleri Mont. haben uns zu dem Ergebnis seführt, dab Lethocerus als Vertreter der Belostomiden weitgehende Übereinstimmungen mit Nepa zeigt. Übereinstimmende Züge waren: der morphologische Bau des Chitinskelets, der Bau der Stigmen und das Tracheensystem. Sämtliche Vergleichspunkte zeigten, dab bei Nepa die höher differenzierten Verhältnisse vorliegen, die Belo- stomiden als primitivere Vorfahren der Nepiden zu betrachten sind. Daraus schließen wir, daß auch die Abdominalstigmen 2—7 von Lethocerus eine ähnliche Funktion haben wie die Stigmen 4—6 von Nepa, nämlich als statische Organe wirken. Lethocerus dürfte auch in dieser Beziehung ein Vorläufer von Nepa sein. Interesse beanspruchte die eigentümliche Versorgung der Thor ax- muskulatur mit Tracheen, welche uns zu der Anschauung führte, daß das 2. thoracale und 1. abdominale Stigma inspiratorisch, 86 Hans MÖLLER, das 1. thoracale exspiratorisch wirkt (vgl. S. 65 u. 67 und Fig. 17 bis 21). Zum Schlusse sei es mir gestattet, meinem hochverehrten Lehrer, Herrn Geh. Regierungsrat Prof. Dr. G. W. MÜLLER, meinen ge- horsamsten Dank für die weitgehende Unterstützung bei Abfassung der vorliegenden Arbeit und für das jederzeit bereitwillige Ent- segenkommen auszusprechen. Lethocerus uhleri Moxr. 87 Literaturverzeichnis. AMYOT, ©. J. B., Entomologie française, Rhynchotes, in: Ann. Soc. entomol. France, 1845 — 1847. BURMEISTER, A., Handbuch der Entomologie, Vol. 2, Berlin 1835. BAUNACKE, W., Statische Sinnesorgane bei den Nepiden, in: Zool. Jahrb., . Vol. 34, Anat., 1912; Dissert., Greifswald 1912. DE LA TORRE BUENO, Life-histories of North-American water-bugs, in: Canadian Entomol., Vol. 38, 1906, p. 189. Dimmock, G., Belostomidae and some other fish-destroying bugs, in: Ann. Rep. Fish Game Commissioners, Mass. 1886, p. 71. Docs, W., Metamorphose der Respirationsorgane bei Nepa cinerea, in: Mitt. naturw. Ver. Neuvorpommern, Rügen, Jg. 40; zugleich Dissert., Greifswald 1908 (mir hat die Dissert. vorgelegen). Durour, L., 1833, Recherches anatomiques et physiologiques sur les Hemipteres, in: Mém. div. Savants Acad. Sc. Paris, Vol. 4, p. 129—462. —, 1834, Resumé des recherches anatomiques et physiologiques sur les Hémiptères, in: Ann. Sc. nat. 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Erklirung der Abbildungen. a Atemröhre b Borsten br Borstenrinne brk Borstenkranz ch Chitinbäumchen der Stigmen- membran chk Chitinknopf chl Chitinleiste chr Chitinring chst Chitinstäbe fla Flügelanlagen flı, > Flügelwurzel gr grubenförmige Einsenkung h, oberer thoracaler Hohlraum h, unterer thoracaler Hohlraum hy Hypodermiszellen ism Intersegmentalhaut k Kappe kr Kotrinne ks Körnerstruktur mp Muskelplatte ms Mesosternit mig Metatergit mts Metasternit o Offnung des Stigmas pli, Ill Pleurit IE III pl Plüschbesatz prn Pronotum prs Prosternum prt Protractor pst Parasternit pt Paratergit rf Randfelder rt Retractor s Sinnesorgan sb Sinnesborste sbm Sinnesborstenmembran se Seutellum scxj_ıır Subcoxalplatten sk Schutzkappe sp Spalt ste Sternit sig Stigmenvorraum sti; 5 Stigmen stp Stigmenplatte stw Stigmenwandung trb Tracheenbüschel lg Tergit for Tergitrinne lr Trachee tra Tracheenanastomose trbl Tracheenblase irk. Tracheencapillaren ‘rl Tracheenlängsast vir Verbindungstrachee wr Warzendrüsen 89 90 Hans Möruer, Lethocerus uhleri Mont. Tafel 3. Fig. 1. Imago. Tracheensystem, Ventralseite, die Rückenplatte ist entfernt. 3:1. Fig. 2. Larve. Ventralseite, Flügelanlagen schraffiert, pl, links herausgezerrt, rechts scxıır fortgelassen. 3:1. Fig. 3. Larve, letztes Abdominalsegment. 6:1. Fig. 4. Atemröhrenhälfte, Querschnitt. 40 : 1. Fig. 4a. Querschnitt durch die Atemröhre. Fig. 5. Tracheenbüschel eines Abdominalsegments. 10:1. Fig. 6. Imago. Abdomen, Ventralseite, linke Seite ausgezeichnet. 2:1. Fig. 7. Schematischer Querschnitt durch das letzte Abdominal- stigma. 70:1. Fig. 8. Letztes Abdominalstigma. Fig. 9. Meso- und Metathorax, 1. Abdominalsegment, Flügel ent- fernt, Profil. 10:1. Tafel 4. Fig. 10. Abdominalstigma von innen. 70:1. Fig. 11. Abdominalstigma, Querschnitt. 210:1. Fig. 12. Abdominalstigma von außen. 40:1. Fig. 13, 7. Abdominalstigma, Innenansicht. 70:1. Fig. 14. 1. Abdominalstigma, Totalbild. 20:1. Fig. 15. 1. Thoracalstigma, Totalbild. 20:1. Fig. 16. 2. Thoracalstigma und Sinnesorgan, Totalbild. 20:1. Fig. 17. Flügelmuskel, Querschnitt (Mikrophotographie). 15:1. Fig. 18. Flügelmuskel, Längsschnitt. 100:1. Fig. 19. Tracheenstamm des Flügelmuskels. 40:1. Fig. 20. Stück einer Muskelplatte der Flügelmuskulatur mit an- haftenden Tracheen. 40:1. Fig. 21. Flügelmuskel, von außen gesehen, mit dem Ende der Tracheen. 40:1. Fig. 22. Verdickte Trachee eines Thoracalstigmas. 150:1. Fig. 23. Dasselbe, Querschnitt. 210:1. Nachdruck verboten. Ubersetzungsrecht vorbehalten. Zur mikroskopischen Anatomie der Mormyriden. Dem Gedächtnis W. StenDELL’s gewidmet. Von Prof. Vietor Franz, Jena. Mit 21 Abbildungen im Text. Inhaltsübersicht. Seite Vorwort: ©: RER A LR HR RE CHEM EN PRE RE ER SN CR NE A 91 I. Die ee PR TA Pn Le M NE EM Ba RE TERRA. lan 1 BEE Den A ee a SAT LS PS OP pee Alaa SN AIME RET III. Sinnesorgane . . . SE Ge Ren er Anhang. Tae das Ovarium inpair? EIER Pac Tatts er PS LE 74 Rückblick auf die mikroskopisch-anatomischen Befinden ne N RG LES] Ausblick auf die mutmaßliche Bedeutung des Kleinhirns . . . . 139 Vorwort. Die Mormyriden sind eigenartige tropisch-afrikanische Süßwasser- fische, eine Familie von 11 Gattungen und etwa 110 Arten. Wenn sie ihrenPlatz in BouLENGER’s System einst bei den Malacopterygii zwischen den Clupeidae und Salmonidae und in Goopricx’s System bei den Clupeiformes unmittelbar neben deren altertümlichsten Vertretern, den Elopiden und Albuliden, gefunden haben, so dürfte sie auch BouULENGER 1901 nicht unrichtig beurteilt haben, als er, wie ich nach SCHLESINGER erwähne, ihren Anschluß bei den Characiniden und den Cypriniden, echten Ostariophysi, suchte. Denn in ihrem Gehirn fand 92 Vicror Franz, Jul ich am ehesten Anklänge an das der Cypriniden, wohingegen sie, mangels fehlender Weger’schen Knöchelchen, selber durchaus keine Ostariophysen sind. Jedenfalls gehören sie somit in die Verwandt- schaft der einfacheren und ursprünglicheren Knochenfische, wie denn auch. BounenGer 1907 wiederum auf ihre Ähnlichkeiten mit den primitivsten aller Teleosteer, den Elopidae und Albulidae, hinwies, was namentlich auf Grund des Skeletbaues begründet erscheine. Sie zeichnen sich aber vor den benachbarten Familien, auch vor den Cypriniden, und ebenso vor allen anderen Teleosteern durch sehr er- hebliche Besonderheiten aus. Das Bemerkenswerteste ist und bleibt ihr mächtig entwickeltes Gehirn, welches zum ersten Male ‘von Kept 1846 beschrieben wurde. Demnächst wären die am Schwanz: an Stelle von Muskelsegmenten gelegenen elektrischen Organe zu nennen, die zwar nur schwach elektrisch, dafür aber, wie schon Marcusen hervorhob, allen Arten der ganzen Familie eigen sind, während sonst elektrische Organe nur bei einzelnen Arten grober Fischgruppen vorkommen, so bei Malapterurus unter den Siluridae.. bei Gymnotus unter den Gymnotidae und in zwar etwas größerer, aber keineswegs allgemeiner Verbreitung bei den Batoidei unter den Selachiern. Außer dem kolossalen elektrischen Nerven fand jüngst STENDELL, 1915, noch einige ihm ähnliche, gleichfalls vom oralen Teil des Rückenmarks ausgehende „Kolossalfasern“, deren Endigung und Funktion leider immer noch unaufgeklärt ist. Den elektrischen Organen benachbart findet sich ferner, nach Hyrrn. 1856 und Marcusen 1864, auf jeder Körperseite dorsal und ventral je ein eigenartiger langgestreckter Knochen, der horizontal zwischen Sehnenscheiden verläuft und Schwanzflossenmuskeln zum Ansatz dient, die sogenannten GEMMINGER’schen Knochen. Treten die durch sie ermöglichten Muskelwirkungen vielleicht nur als Er- satz für diejenigen ein, die mit der Umwandlung von Myomeren in elektrische Organe ausfielen, so sind sicher wiederum die von den genannten beiden Anatomen beschriebenen Divertikel am Bul- bus der Kiemenarterie etwas ganz Besonderes; sie könnten im Zu- sammenhang mit den Eigentümlichkeiten der Motilität der Mormyriden entstanden sein, da der Bulbus arteriosus bei den Teleosteern die Aufgabe haben soll, den Stoß der Blutdruckwelle zu dämpfen, bevor er in die zarten Kiemen gelangt. Es soll ferner das sonst bei den Teleosteern stets paarige Ovar bei allen Mormyriden nur einfach vorhanden sein. Am Gehörorgan sind anatomische Besonder- heiten, große Otolithen und ein starker Hörnerv, beschrieben worden. Zur mikroskopischen Anatomie der Mormyriden. 93 Die erhebliche Stärke dieses Nerven, der ja auch der statischen . Sinnesfunktion vorsteht, dürfte wiederum mit den Eigentümlichkeiten der Motilität zusammenhängen. Die Schwimmblase hat, laut BEAUFORT, wie bei den Clupeiden und Uropterus und Hyodon unter den Clupeiformes Verbindung mit dem Gehörorgan, doch nicht mit dessen perilymphatischem, sondern dem endolymphatischen Teil, worin die Mormyriden einzig dastünden. Weichheit der Haut, wie sie auch anderen elektrischen Fischen eigen ist, ist den Mormyriden min- destensam Kopfeeigen. Schon MArcusen erwähnte, die Haut am Kopfe sei weich, reich an Fett und von vielen Löchelchen durchbohrt. Diese Löchelchen werden wir noch sehr genau kennen lernen. Das Epithel der Schnauzenhaut ist sehr stark innerviert. Der Schnauzenteil des Kopfes ist bei manchen Gattungen und Arten stark rüsselartig verlängert, bei endständigem Maul, und dabei oft stark herabgebogen, ein ähnlicher Fortsatz findet sich bei anderen Gattungen am Kinn, was wieder anderen Gattungen beides fehlt. SCHLESINGER’S Arbeit bringt zahlreiche Abbildungen von diesen Ver- schiedenheiten, die auch durch Artnamen wie ovis, caballus, tapirus, elephas, tamandua, numenius und ibis zum Teil angedeutet werden. Wie hierin, so finden sich auch an inneren Teilen, soweit sie von dem für Teleosteer Typischen stark abweichen, wiederum starke Unterschiede von Gattung zu Gattung, wie das z. B. PAPPENHEIM für die Osteologie des Rüssels zeigte und wie wir das bei derartigen Sonderbildungen nicht anders erwarten können. So ist z. B. das stets sehr große Kleinhirn wiederum bei dem langschnauzigen Mormyrus noch erheblich größer als in der Gattung Petrocephalus, wie das schon aus den Abbildungen in meiner Arbeit über das Mormyridengehirn, 1911, hervorgeht. In jener Arbeit habe ich die Gelegenheit wahrnehmen können, ein wertvolles Material von Mormyridengehirnen aus dem Besitz des unlängst verstorbenen Prof. EpınGEer so genau wie möglich zu beschreiben. Leider war es nur Spiritusmaterial von Museums- stücken, und vergeblich waren die Bemühungen gewesen, lebende oder für die Neurohistologie besonders konservierte Tiere zu er- langen. Dennoch gelang es, die Morphologie des Gehirns und ins- besondere des Kleinhirns, denn dieses ist der am stärksten ver- gröberte Teil, klarzustellen, es auf das Cyprinidengehirn zurück- zuführen und Eigenheiten in seiner geweblichen Architektonik zu beschreiben. Dagegen mußten die Angaben über die Faseranatomie, weil nach Alkoholkonservierung keine Markscheidenfärbung möglich 94 Vicror Franz, ist, notgedrungen sehr lückenhaft bleiben, obschon ich zuvor, an- fänglich eigens der Mormyridenstudien wegen, zahlreiche sonstige Knochenfisch-Kleinhirne mit den neurologischen Methoden genau unter- suchte und die Ergebnisse monographisch darlegte. Eine genaue Nachuntersuchung der Faseranatomie des Mormyriden-Kleinhirns war daher noch notwendig. Dringend erwünscht blieben ferner histo- logische Untersuchungen der vom Nervensystem versorgten peripheren: Organe, besonders derjenigen an der Schnauze, da ich dort eigen- artigen Organen auf die Spur gekommen war und auf sie die Hyper- trophien des Gehirns teilweise zurückführen konnte, sodann biologische und physiologische Beobachtungen an unseren merkwürdigen Fischen. Daher war es mir hoch willkommen, daß ich Gelegenheit fand, dank der freundlichen Teilnahme der Herren CHRISTIAN BRÜNING in Hamburg und Dr. WOLTERSTORFF in Magdeburg, der Herausgeber der beiden deutschen Zeitschriften für Aquarien- und Terrarienkunde, ab und zu Mormyriden lebend aus dem Zierfischhandel zu be- kommen. Solche Stücke möglichst ausgiebig zu Untersuchungen, nicht bloß des Gehirns, zu verwerten, war seitdem mein Wunsch. Unterdessen hatte Dr. W. STEXxDELL, mein Nachfolger am Neuro- logischen Institut in Frankfurt a. M. in Formol konserviertes, somit namentlich für die Markscheidenfärbung geeignetes Mormyriden- material aus Khartum in Ägypten erhalten und ging großenteils denselben Fragen nach wie ich. Um die Jahreswende 1913—1914 erschien im Anat. Anz. meine vorläufige Mitteilung „Faseranatomie des Mormyridengehirns“, in der ich die Faseranatomie des Kleinhirns und der mit ihm hauptsächlich in Verbindung stehenden Teile neu beschrieb. Um dieselbe Zeit erteilte STENDELL seiner umfangreichen Arbeit über die Faseranatomie des Mormyridengehirns das Imprimatur. In ihr bestätigt er, 1914, durchaus meine Angaben über die Morpho- logie und Architektonik des Gebirns und insbesondere des Klein- hirns; in der Faseranatomie bringt er, da er auch in dieser Hinsicht das ganze Gehirn, nicht bloß das Kleinhirn untersuchte, mehr als ich 1911 und setzt sich über Abweichungen seiner Ergebnisse gegenüber den meinigen in der sachlichsten Weise auseinander. So- weit er noch Abweichungen gegenüber meinen Angaben von 1913 empfand, behandelte und begründete STENDELL seine Auffassungen nochmals in einer kurzen Mitteilung im Anat. Anz, 1914. Die Histologie der Schnauzenhaut, jene zweite auch für mich brennende Frage, behandelte zum ersten Male STENDELL genau in seinem Vortrag in der Deutschen Zoologischen Gesellschaft 1914 und in Zur mikroskopischen Anatomie der Mormyriden. 95 einer eingehenden Arbeit, die noch 1914 druckfertig wurde und 1916 erschien. Anfang August 1914 brach der Krieg aus, und am 26. September fiel SrenpeLL auf dem Felde der Ehre. 1) Erst heute, Jahre darauf, denn ich schreibe dies im Juli 1918, bringe ich meine Untersuchungen über die Mormyriden zum Ab- schluß. Die Möglichkeit dazu gibt mir eine Beurlaubung aus dem Felddienst in die Heimat, nachdem endlich das Material an Mikrotom- schnitten, von Damenhand hergestellt, mir so vollständig, wie ich es gewinnen konnte, vorliegt. In manchem Punkte zwar bleibt das Ergebnis hinter dem, was erstrebenswert erscheinen könnte, zurück. Insbesondere zu nennenswerten Beobachtungen an lebenden Fischen ist es nicht gekommen, weil es mir bis Juli 1914, wo mir solche von Zeit zu Zeit zugingen, nicht gelang, sie länger als einige Tage lebend zu erhalten. Dagegen liegen mir von rechtzeitig völlig lebensfrisch in Fixierflüssigkeiten eingelegtem Material jetzt folgende Sehnittserien vor, sämtlich von der Species Marcusenius longianalis Buer., der von P. Arvono 1909 behandelten, in ihrem Äußern, ins- besondere in der Form des Kopfes nicht viel Besonderes bietenden Art, und zwar von Stücken bis zu etwa 10 cm Länge: eine Sagittalserie von der Schnauze, fixiert im Formol, Fär- bungen: teils Hämatoxylin-Eosin, teils Hämatoxylin-van GIESsoN; eine Frontalserie vom Kopf, fixiert in Zenker’scher Flüssigkeit, Färbungen: 1. DerrArıeLp’s Hämatoxylin, 2. Hämatoxylin-Eosin, 3. Hemennain’s Hämatoxylin, 4. MALLORY; eine Sagittalserie vom zugehörigen Rumpf des in ZENKER’scher Lösung fixierten Tieres, fast bis zur Mittelebene, gefärbt mit Hämatoxylin-Eosin; eine Frontalserie von der restlichen Rumpfhälfte, gleichfalls gefärbt mit Hämatoxylin-Eosin; | eine Frontalserie vom Gehirn, Formol, Himatoxylin-van GIEsoN; eine Frontalserie vom Gehirn, Formol, WEısErT’sche Mark- scheidenfärbung; eine Sagittalserie vom Gehirn, Formol, Weiserr’sche Mark- scheidenfärbung; eine Frontalserie vom Gehirn, Gouer-Impragnation ; 1) Außer den im Literaturverzeichnis genannten verdanken wir STENDELL noch folgende zwei Arbeiten: Beiträge zur Kenntnis der Onocyten von Ephestia kueniella ZELLER, in: Z. wiss. Zool., Vol. 102, 1912 und Zur Histologie des Rückenmarkes von Amphioxus, in: Anat. Anz., Vol. 46, 1919. 96 Vicror Franz, dazu ein ganzes Stiick in Formol und Teile von solchen in Alkohol. Noch mehr hätte hergestellt werden können, insbesondere wären die Gonat-Praparate zu vermehren und Imprägnationen nach CAJAL anzufertigen gewesen, hätte nicht die Teilnahme am Kriege zu- nächst die Weiterarbeit vollständig unterbrochen, worauf alsbald auch die Einfuhr ausländischer Zierfische unmöglich wurde. Eine Beschränkung mußte ich mir auch insofern auferlegen, als es nicht so leicht einem Untersucher gelingen wird, alle Teile eines Wirbeltieres mit dem gleichen an sich erreichbaren Höchstmaß von Genauigkeit histologisch zu untersuchen, wäre es auch nur mit den gewöhnlichen histologischen Färbemethoden. Er tut vielmehr gut, sein Hauptaugenmerk hauptsächlich auf die Teile zu richten, die bei der untersuchten Tierform besonders wichtig erscheinen, dem- nächst auf solche, die er von anderen Tierarten her aus früheren eigenen Untersuchungen genauer kennt. Und zu dieser Beschränkung mußte ich mich, schweren Herzens, um so mehr entschließen, als es mir nicht möglich ist, die Arbeit, der ich als Feldsoldat nur ganz wenige Wochen der Erholung im Jahr widmen -konnte, noch weiter- hin jahrelang hinauszuschieben, ohne dem Gegenstande immer weiter entrückt zu werden. Darum muß einmal ein Abschluß gemacht werden. Hätte ich nach Erscheinen der Stenperv’schen Arbeiten nichts Wesentliches mehr ermitteln können. dann allerdings hätte ich die Untersuchung längst beiseitelegen können. Aber ich fand am Epithel wesentlich Neues, wobei die Abweichungen gegenüber STENDELL’S Befunden sich zum guten Teil aus den schon erwähnten Abänderungen von Gattung zu Gattung bei den Mormyriden er- klären können; beim Gehirn kann ich Vieles von STENDELL be- stätigen, und wo ich anderes fand oder an meiner Auffassung fest- halte, sind solche Unstimmigkeiten zwischen zwei Autoren bei der außerordentlich schwierigen Entwirrbarkeit von Faserziigen in Ge- hirnen, nun gar erst im Mormyridengehirn, für niemanden zu ver- wundern, der den Gang der faseranatomischen Forschung kennt. — Einiges Neue teile ich schließlich über das Auge und andere Organe mit. Die Sächsische Akademie der Wissenschaften in Leipzig. und die Preußische Akademie der Wissenschaften in Berlin haben meine Arbeit gemeinsam unterstützt. Ich spreche dafür meinen Dank aus. Zur mikroskopischen Anatomie der Mormyriden. 97 I. Die- Epidermis. Die. Epidermis hat überall einen höchst eigen- artigen Aufbau, wie er bei irgendwelchen anderen Fischen oder sonstigen Tieren noch nie gefunden sein dürfte. Man unterscheidet von der Basis zur freien Fläche hin leicht folgende Schichten (Fig. A): 1. eine basale Reihe, wie man sagt, ,cylindrischer“, richtiger prismatischer Zellen mit für Hämatoxylin schwach färbbarem, Polygonale Zellen = Æ À fe Plättchen- i= Säule e\ 2 \ si #0 , Un \ Polygonale Zellen ey CR in aa Cylindrische Zellen Fig. A. Querschnitt durch die Epidermis. Alle Abbildungen außer E und F rühren von Marcusenius longianalis her. Fig. A—K und S—V: Fixierung nach Zenker, Färbung mit Hämatoxylin oder Hämatoxylin-Eosin. bei Hämatoxylin-Eosin daher um so lebhafter gefärbt hervortreten- dem Plasma; diese Zellenschicht fällt durch die sehr deutliche Cylinderform der Zellen und ihre schwache Färbbarkeit in höherem Grade als etwas Besonderes auf als sonst die basale Cylinderzellen- schicht in der Epidermis der Wirbeltiere; 2. eine Schicht von drei bis vier Lagen dunkler färbbarer, poly- gonaler Zellen; 3. eine gegen 2. und 4. sich scharf abgrenzende Schicht, be- stehend aus Säulen äußerst flacher, dünner Zellen mit entsprechend nm Zool. Jahrb. 42. Abt. f. Anat. ( 98 Victor Franz, abgeplatteten Zellkernen: die Schicht der Plättchensäulen, wie ich sie nenne; 4. wiederum eine Schicht polygonaler Zellen, die den unter 2. erwähnten fast gleichen, höchstens manchmal etwas größer sind und eckigere Umrisse haben. Eine Cuticula oder ein Cuticularsaum ist nicht zu bemerken. Das Merkwürdigste hiervon sind die prismatischen Plättchen- säulen. Sie mögen aus etwa 40 oder auch mehr übereinanderliegenden äußerst dünnen, meist nur im Bereiche des Zellkerns etwas ver- dickten Plättchen bestehen, einzelnen Zellen, deren Kern stets der Säulenwand benachbart liegt. Genau konnte ich die Zahl der Plättchen in einer Säule nicht ermitteln, da oftmals zwei oder mehrere aneinander geklebte Plättchen sich nicht scharf voneinander trennen lassen. Natürlich muß ihre Zahl größer sein als die der im Schnitt getroffenen Zellkerne. Flächenschnitte durch das Epithel zeigen in den Schichten 1, 2 und 4 nichts Besonderes; die Zellen haben in ihnen polygonale Umrißformen. Einen Flächen- ®\ @ @€¢ oF schnitt durch die Schicht der Di mann ER = . : ry, = Sete Plättchensäulchen zeigt Fig. B. PS), ee e *® Er enthält die zahlreichen Ag à © zwischen den beiden Schnitt- Bœ * ® s PS flächen gelegenen Zellkerne; ee @ | @ einzelne Zellen können in dem .® à æ Säulchenquerschnitt natürlich „hs ee 44 nicht zu erkennen sein, er ara BR é ON erscheint | vielmehr wie von Ve @@ “g® gleichfürmiger Masse erfüllt. ae Der Schnitt hat etwa die halbe “5 + Dicke der Säulchenschicht, und dem entspricht die Zahl der in Fig. B. ihm enthaltenen Zellkerne in Flächenschnitt durch die Schicht der einem Säulchen. Die einzelnen Plättchensäulen in der Epidermis. Säulchen stoßen mit polygo- nalem Umriß aneinander, ihre Enden sind etwas abgerundet, so daß an jeder Ecke eine kleine Lücke ausgespart bleibt. Es könnte meist scheinen, als sei jede Säule von einer eigenen Wand umschlossen. Doch möchte ich das bezweifeln, es könnte dieser Anschein auch irgendwie vorgetäuscht werden. Denn wo die Epidermis verletzt ist. bemerkt man nie, dab Zur mikroskopischen Anatomie der Mormyriden. 99 sie sich der Säulchenwand entlang spaltet, vie] eher spaltet sie sich der Fläche nach auch in der Säulchenschicht, als wenn trennende Querwände gar nicht vorhanden wären. Von den „Wänden“ der Säulchen können wir also nur im Sinne von Begrenzungsebenen mit Sicherheit sprechen. Wie polygonale Zellen, so haben auch die aneinanderstoßenden Säulchen polygonale, durchschnittlich sechseckige, stellenweise sogar recht regelmäßig sechseckige Querschnitte. Die Epidermis unseres Fisches ist also nicht nur geschichtet, sondern in einer Schicht auch gefeldert. Wo gäbe esim Tierreich nochmals eine Epidermis oder irgendein Epithel, das gefeldert wäre? Etwas ganz entfernt Ähnliches, nämlich gleichfalls eine Differen- zierung in der Fläche des Epithels, wäre mir höchstens vom Horn- hautepithel von Lalaenoptera physalus bekannt, wo PÜTTER das Ein- dringen dicker Hornzapfen von der vordersten, verhornten Schicht in die lebenden, tiefer liegenden Epithelschichten beschrieb und es als Festigung gegen Wasseranprall deutete. Was die Felderung bei Marcusenius betrifft, so werde ich erst bei Besprechung der Sinnesknospen (S. 103) noch einiges mitteilen können, was näheren Aufschluß über das Wesen der Erscheinung geben dürfte. Die in Fig. A und B dargestellte Beschaffenheit hat die Epidermis von Marcusenius longianalis offenbar auf der ganzen Körperoberfläche mit Ausnahme der Flossen. Zwar habe ich anfangs nur im Schnauzenepithel Besonderheiten vermutet und daher nur hier auf das Erhaltenbleiben der hinfälligen Epidermis geachtet; aber wenn auch aus diesem Grunde am übrigen Körper vielfach nur etwa die basale Hälfte des Epithels erhalten geblieben ist, so finden sich doch Stellen mit vollständigem Epithel, und diese lassen mich mit einiger Sicherheit. schließen, daß ein geschichtetes und ge- feldertes Epithel der beschriebenen Art fast den ganzen Körper be- deckt. Nur an den Flossen verdünnt es sich fast überall auf wenige Zellenreihen und hat gewöhnliche Epithelstruktur, nur daß die eine Reihe basaler, blaß färbbarer Zellen immer als solche erkennbar bleibt; diese Zellen haben dabei an den Flossen nicht mehr hohe, cylindrische, sondern vielmehr verhältnismäßig platte Gestalt. Vermutlich ist die gleiche Epidermisstruktur wie bei Marcusenius auch bei anderen Mormyriden vorhanden, dafür spricht aus STENDELL'S Arbeit 1916 namentlich die photographisch hergestellte fig. 5. 100 Vicror Franz, Epidermale Organe. Die Organe, welche die Epidermis von Marcusenius ausbildet, offenbar teils sensorischer, teils secretorischer Funktion, haben wiederum viel Eigentümliches, und beachtenswert ist es auch, wie sich die verschiedenen Epidermisschichten in ihnen und in ihrer Nachbarschaft verhalten. 1. Sinnesknospen. Noch die einfachsten derartigen Organe sind Sinnesknospen. Es sind ihrer am Kopf nur verhältnismäßig wenige, am Vorderkörper bloß sehr vereinzelte vorhanden. Die meisten entsprechen Fig. ©, eine aber, die ich am Kinn des Fisches Deck- Zellen ra oe, © rés te if om, rue - nn i S Fig. C. Sinnesknospen. fand, entspricht der Fig. D, indem unter ikr das Bindegewebe der Cutis in Form eines Zapfens in das Epithel eindringt. Der Zapfen enthält eine in der Abbildung nur zum kleinsten Teile zum Aus- druck kommende Capillarschlinge. Die langgestreckten Zellen der Sinnesknospen durchsetzen, dicht aneinandergeschlossen, fast die ganze Dicke der Epidermis. Ich lasse es dahingestellt, wieviele von den Zellen einer Sinnesknospe Stützzellen und wieviele Sinneszellen sein mögen und ob letztere auf ihrem freien Ende feine Härchen tragen, wie es mir allerdings oft schien. Die freien Enden erreichen nicht ganz die Oberfläche des Epithels, sondern bleiben etwas ein- gesenkt in geringem Abstande von ihr und umschließen dabei eine kleine halbkuglige Höhlung, nicht ganz unähnlich wie bei Triton Zur mikroskopischen Anatomie der Mormyriden. 101 nach MAURER, während an Hautsinnesorganen von Fischen derartiges noch nicht bekannt geworden sein dürfte. In unmittelbarer Nachbarschaft der Sinnesknospen ist die Epi- dermis sehr eigenartig beschaffen. Unverändert gegenüber dem oben beschriebenen Verhalten ist in ihr nur die Schicht der basalen Cylinderzellen; die beiden Schichten polygonaler Zellen aber sind hier nicht mehr getrennt durch eigentliche Plättchenzellen, sondern vielmehr miteinander verbunden durch eine Art Zellen, die der Ge- stalt ihres Querschnitts nach großenteils etwa Mitteldinge zwischen den polygonalen und den Plättchenzellen darzustellen scheinen, dabei den letzteren um so ähnlicher werden, je näher der Sinnesknospe und je näher derfreien Fläche des Epithels. An dieser werden Polygonale gens! Er \Q sie ganz schmal, haben höch- sie. INS Zellen stens fußartige Endverbreite- See RAT — rungen und bilden mit ihrem = 08° freien Ende die Oberfläche = ai 2 der Epidermis und die Innen- * CA D wand eines ganz kurzen Kanals, if 8 der von der Oberfläche zu PA | 2 der kleinen halbkugligen, von RE: den Zellen der Sinnesknospe #, umschlossenen Höhlung hinein- ) Polygonale führt oder, was dasselbe sagt, Bent diese Höhlung nach außen hin = = Vere 98/0 fortsetzt. Ich nenne diese RS a aS, Adrisch EN Zellen „Deekzellen“, wie ein Sipdeuewebe ER as ähnlicher Zellenkranz auch Fig. D. Sinnesknospen. bei Triton diesen Namen führt, dort berühmt durch die Sonderung ‘in die Hencesche und die Huxuey’sche Schicht. Ein ähnlicher Zellenkranz um die Sinnes- knospen findet sich nach MAURER auch bei Acanthias und nach (GUDRUN Ruu», die solche Zellen Stützzellen nannte und an deren Be- funde (vgl. Fig. Eu. F mit C u. D) die meinigen verhältnismäßig stark, wenn auch immer noch nur von fern anklingen, bei Chimaera an den Sinnesknospen der Seitenlinie sowie der freien Nervenhügel. Ich möchte nicht anstehen, diese Übereinstimmungen der Mormyriden mit verhältnismäßig ursprünglichen Vertretern des Vertebratenstammes phylogenetisch zu deuten im Sinne eines neuen Anzeichens dafür, dab die Mormyriden trotz all ihrer vielen Sonderbildungen nur an der 102 Vicror Franz, Wurzel des Teleosteerstammes mit anderen Teleosteern zusammen- hangen. Die Deckzellen sind offenbar eine Art Stützzellen. Nun läßt namentlich das in Fig. Ü dargestellte Präparat ziemlich deutlich Querschnitt von der Mitte einer Sinnespapille der Seitenlinie von Chimaera, nach G. Ruu». Fig. F. “Querschnitt von der Mitte eines Sinnesorgans des sogenannten Supratemporalfeldes Chimaera, nach G. Ruup. erkennen, dab diese Zellen meist von der freien Epidermis- fläche bis an die Wand der nächstbenachbarten Plättchen- säule reichen, wobei ihr Kern im allgemeinen dieser Säulen- wand näher liegt als der freien Epithelfläche. Von Stützzellen erwartet man sonst eher, dab sie von der freien bis zur ba- salen Fläche des Epithels ziehen. Diese Deckzellen benutzen also die nächstbenachbarte Säulchen- wand gleichsam als Epithelbasis, als wären ihre basalen Enden vom ursprünglichen Ort, der Basalfläche der Epidermis, auf die senkrecht Zur mikroskopischen Anatomie der Mormyriden. 103 dazu stehende Säulchenwand abgesprungen. Bei Triton und Acanthias fällt derartiges noch nicht auf, bei Chimaera aber (s. obige Figuren) sehen wir es wieder. Wenn nun dem so ist, dann liegt es aber nahe, auch die flachen Zellen der Plättchensäulen so zu be- trachten, als wäre ihr basales Ende an einer Säulenwand gelegen, ihr ursprünglich freies an der gegeniiberliegenden. Jede Plättchen- säule wäre dann ein Stück sozusagen invertierte Epidermis. Das ist allerdings blob eine Hypothese, ihre Prüfung durch die Ent- wicklungsgeschichte liegt im Bereiche des Möglichen. Was aber noch stark für sie spricht, ist die stets den Säulenwänden benach- barte Lage der Plattchenzellkerne. Denn überall wo wir sonst im Tierreiche platte Epithelzellen finden, haben diese ihren Kern in der Zellmitte. Von den Plättchenzellen würden wir annehmen, dab an ihnen stets derjenige Teil, in welchem der Kern liegt, der ursprüng- lich basale Teil ist, denn auch bei den Deckzellen liegt der Kern näher dem basalen als dem freien Ende der Zelle. Der Ausdruck „inver- tierte Epidermis“ ist nicht in dem Sinne gemeint, als hätten sich ganze kleine Epidermisstücke um 90° gedreht, sondern dies werden die einzelnen zu Plättchenzellen gewordenen Zellen jede für sich getan haben, und zwarin allen zur Epidermisfläche senkrechten Richtungen, sonst könnten ja die Zellkerne nicht rundherum an den Säulchenwänden liegen. — Die Regel, daß Epithelzellen, sofern sie überhaupt noch bipolare Differenzierung erkennen lassen, stets quer zur Epithelfläche orientiert sind, nie parallel zu ihr, er- fährt anderwärts Ausnahmen bekanntlich nur bei sehr starker Differenzierung von Epithelien, wie in der Wirbeltiernetzhaut, wo statt reinen Epithelcharakters ja mehr oder weniger der Charakter eines Nervengewebes vorliegt, außer in ihrer „Neuroepithelschicht“, den Stäbchen- und Zapfenzellen: in den Schichten der Retina, die GREEFF treffend das Ganglion retinae nannte, gibt es allerdings „horizontal“ liegende Nerven- und vielleicht auch Stützzellen. In eigentlichen Epithelien aber gibt es, wie gesagt, bipolare und dabei horizontal gelegene Zellen sonst nie. Daß wir nun diesen merkwürdigen Befund bei den Mormyriden machen, ist demnach zwar sehr über- raschend, pabt aber doch gerade zu den sonstigen Absonderlich- keiten der Mormyriden, und insbesondere in der Architektonik ihres Kleinhirns fand ich schon früher etwas nicht ganz Unähnliches, nämlich die Aufstauchung der bei allen anderen Wirbeltieren das Kleinhirn stets glatt überziehenden Molekular- und Purkinse-Zellen schichten um 90° zu ganz steilen Falten (s. Fig. G u. H meiner 104 Victor Franz, Mormyriden-Arbeit, 1911). Man möchte sagen, die Mormyriden bringen Unglaubliches fertig. 2. Tubulöse Drüsen. In großer Zahl bildet die Epidermis von Marcusenius tubulöse Drüsen. Diese Organe von Marcusenius entsprechen trotz einiger Abweichungen durchaus den von STENDELL 1914 für Mormyrus, Gnathonemus und Gymnarchus und 1916 noch genauer für Mormyrus und Gnathonemus beschriebenen Organen ee. © 16 © | > 1 & #, FA N D LEC} ao < = ie) à di à the Ig ie of ote LE < Flle NEN, s rin? "ont, A 2. wer ® ra Plättchen-Säule CPAS 20099 809282 20086 e oor .u.r > #2 © © + © 3 2 << a PR nee. „BI & =? vite + $ af > ° 5 # “ le 4 S,:@,Zellen 9: @. 's _Cylindr. ee 8 er Zellen <96e8. se . nd ceo > oe eé x 269 { ie ARE 2 © Fig. G. Tubulüse Drüse. und sind, wie bei diesen Fischen, am zahlreichsten auf der Schnauze vorhanden, sehr zahlreich aber auch noch am übrigen Kopfe und spärlicher am Rumpf; erst auf dem Schwanzteil, etwa vom Ende der Rücken- und Afterflosse ab, fehlen sie ganz und ebenso: auf den sämtlichen Flossen, wie die Betrachtung ganzer Fische und deren Vergleich mit den Schnittserien lehrt. Nichts anderes als die Öffnungen dieser Drüsen sind nämlich die schon eingangs erwähnten kleinen Löchelehen in der Schnauzenhaut, und wie auf der Schnauze kann man auch am übrigen Kopf und Körper des Fisches die Verteilung der Drüsen bei Lupenvergrößerung leicht erkennen. Zur mikroskopischen Anatomie der Mormyriden. 105- Der Aufbau der Drüsen ist ziemlich einfach (Fig. G). Sie haben etwa die Gestalt eines Kochfläschchens mit verhältnismäßig langem Hals. Der Hals bildet den Dvriisenausfiihrungsgang, der Flaschen- bauch den sezernierenden Teil. Jener durchsetzt die ganze Dicke der Epidermis, der secernierende Teil ist also ins Bindegewebe ein- gesenkt. Die recht dicke, zellenreiche Wandung des Ausführungs- ganges durchbricht die Schicht der Plättchensäulen und besteht aus zwar kleinen, aber im übrigen den oberen und unteren Polygonal- zellen ähnlichen Zellen, und gleich den Deckzellen der Sinnesknospen ist auch diese Zellenmasse nicht so scharf gegenüber den beiden Schichten polygonaler Zellen in der Epidermis abgegrenzt wie gegen die nächstbenachbarten Plättchensäulen, sondern sie verbindet vielmehr die beiden Polygonalzellenschichten miteinander. Am secernierenden Drüsenboden wird die Drüsenwand oft hauptsächlich von zum Teil sehr’ großen, schwach färbbaren und nicht selten becher- oder flaschen- förmig ausgehöhlten Zellen gebildet, die zwar in ihrer Erscheinung viel Ähnlichkeit mit den basalen Cylinderzellen der Epidermis haben; wenn man nun aber glauben könnte, die Schicht der basalen Cylinder- zellen würde unmittelbar und deutlich in die Lage der Drüsenzellen übergehen, so war diese Gewibheit doch sehr oft keineswegs zu ge- winnen; nur manchmal, wie in Fig. G links, scheint an der Stelle, wo die Basalzellenschicht an die Drüsenwand herankommt und dabei stets durch einen Bindegewebskeil etwas vorgedrückt ist, jener unmittelbare Übergang zu bestehen, sehr oft aber schieben sich dazwischen die kleinen dunkler färbbaren Zellen ein, so in unserer Fig. G rechts. Solche Zellen finden sich auch zwischen den großen Drüsenzellen, dazu noch mittelgroße, schon ziemlich schwach färbbare. Nur wo ganz große Drüsenzellen vorliegen, nehmen diese, einschichtig, die ganze Dicke des Drüsenbodens ein. Möglich, dab die verschiedenen in der Wand des Drüsenbodens vorkommen- den Zellenformen verschiedene Secretionszustände darstellen, doch gibt es darüber für mich keine Gewißheit. Es kommen übrigens noch weitere Komplikationen, die unsere Fig. G nicht darstellt, in der zelligen Wand des Drüsenbodens vor. So können in ihm mittelgroße Zellen zellnestartig zusammengruppiert und dann diese Nester von halbmondförmigen oder gar ganz flachen Zellen, die wohl gleichfalls noch der Epidermis angehören, umschlossen sein. Würde in solchen Nestern ein Hohlraum auftreten, der mit unserem Drüsenlumen kommunizierte, so würden aus den tubulösen Drüsen acinöse Drüsen werden, sehr ähnlich wie sie Stenvers für Mormyrus und Gnatho- 106 Vicror FRANZ, nemus beschrieb. Indessen, zu dieser Weiterbildung sehe ich es bei Marcusenius nicht kommen. Querschnitte durch den Drüsenkanal, wie sie in Flächenschnitten der Epidermis hundertmal zu finden sind, lassen erkennen (Fig. H), dab die Zellen dieser Wand in zirkulärer Richtung gestreckt sind, die innersten am meisten. Sie sind also spindelförmig. Der Gedanke, daß sie kontraktil sein könnten, also Epithelmuskelzellen darstellen, wie die des Sphineter und Dilatator iridis, ist nicht ganz von der “a Plattchen- Saule Fig. H. Querschnitt durch die Wandung des Ausfiihrungsgangs einer tubulösen Drüse, aus einem Flächenschnitt der Epidermis. Ringsum anliegende Plättchensäulen. Hand zu weisen, aber wesentliche Unterschiede in der Weite des Kanallumens bei verschiedenen Drüsen, so daß dieser manchmal ver- engt, manchmal erweitert wäre, bemerkte ich nicht. — Die Kanal- wandung erscheint in Fig. G gegenüber der in Fig. H verhältnis- mäßig dick und die benachbarten Plättchensäulen ziemlich klein, doch sind beide Figuren mit gleicher Vergrößerung gezeichnet. Fig. G stammt von der Gegend des Auges, Fig. H von der Schnauzenspitze. One Re RS de LS à Zur mikroskopischen Anatomie der Mormyriden. 107 Der Vergleich meiner Befunde mit denen STEnDEuv's ergibt fol- gende Unterschiede: 1. SrENDELL fand, wie gesagt, acinöse Drüsen . vor, wenigstens bei Mormyrus und Gnathonemus, ich nur tubulöse. Die Verhältnisse von Gymnarchus mögen, nach StENDELL’s Vortrag 1914, teils mehr als an die von Mormyrus und Gnathonemus als an die von Marcusenius anklingen, teils wiederum Eigenheiten besonderer Art zeigen. Bei Mormyrus fehlen die eigentümlichen Organe nach STENDELL gänzlich und sind statt ihrer nur einfache Sinnesknospen vorhanden. 2. Bei Marcusenius senkt sich der Drüsenboden ins Bindegewebe ein, bei Mormyrus und Gnathonemus dagegen dringt das Bindegewebe in Form eines Zapfens in die Epidermis ein, und erst in diesen Zapfen ist das Drüsenorgan eingesenkt. 3. STENDELL bezweifelt für die meisten Drüsenorgane das Vorhandensein eines Ausführungskanals; wo er einen solchen fand, möchte er ihn am ehesten für eine temporäre Bildung halten; in allen anderen Fällen secernierten nach STENDELL die Acini in eine vollständig geschlossene ovale Höhle, die er als Sinneskapsel bezeichnet. Von diesen Abweichungen gegenüber Marcusenius kenne ich die bindegewebigen Zapfen von Mormyrus aus eigener Anschauung, ich habe sie nach einem Stück, dem die Epidermis fehlte, 1911 erwähnt und soviel, wie meine damaligen Präparate davon erkennen ließen, in Fig. A, p. 469, 1911, gezeichnet. Wie STENDELL, so fand auch ich im Driisenlumen sehr oft geronnenes Secret. Die Drüsennatur dieser Gebilde ist also von vornherein ebenso zweifellos wie bei den Sinnesknospen wegen ihrer ganzen Beschaffenheit die sensatorische Funktion. Doch damit nicht genug, sondern wahrscheinlich haben die tubu- lösen Drüsenorgane und die vonSTENDELL beschriebenen entsprechenden Organe anderer Mormyriden außerdem sensorische Funktion. Denn sie sind, wie ich schon 1911 an den Papillen von Mormyrus erkannte, sehr stark innerviert, und wie ich schon damals vermutete und STENDELL es in seinen Arbeiten bestätigt, entstammen die Nervenästchen einem sehr starken Nerven, den ich als Nervus facialis bezeichne, während Srenpezr, ihn als Nervus lateralis an- sprechen möchte, und der ein sensibler Nerv sein dürfte, denn er kommt aus einem dorsalen Kern in der Oblon- gata und hat nach seinem Austritt aus ihr ein außerhalb der Oblongata gelegenes Ganglion, gehört also zum Typus der sen- siblen Rückenmarks- und Oblongatanerven. Mag man vielleicht die von STEND»ELL als der Sinneskapselwand zwischen den Acini 108 Vicror FRANz, aufsitzend beschriebenen langgestreckten Zellen, die er als Sinnes- zellen bezeichnet, etwas zweifelnd betrachten, namentlich insofern ihre Gestalt vielleicht eher fiir Stützzellen spricht, so dürften doch die von STENDELL dort gleichfalls gefundenen, durch Silberimprägnation dargestellten geknöpften Nervenendigungen keinen Zweifeln be- geonen. Diese Endigungen scheinen wiederum ganz die von sensiblen Nerven. In meiner Fig. G sind Nerven, die an den Apparat heran- treten, nicht gezeichnet, ebenso wie bei den Sinneszellen nicht, denn in allen meinen Präparaten werden ihre Endstücke mit Verlust der Markscheiden schwach sichtbar, und ihre feinsten Aufteilungen sind dann nicht mehr zu erkennen. Der Nervenstamm und seine allmähliche Aufteilung aber ist bis nahe an die Haut leicht zu verfolgen, und die Verteilung der immer feiner werdenden Äste und deren große Zahl in dem am stärksten mit Tubuli besetzten Gebiete läßt keine Zweifel zu, dab diese Nervenfasern den Tubuli zuströmen. Daher eebrauchte STENDELL wohl mit Recht den Ausdruck .Sinnes- kapsel“ und sagte 1914: „Die Kapsel ist also ein echter Sinnes- apparat, der mit einem Drüsensystem in Verbindung steht“; und dasselbe gilt von den Tubuli von Marcusenius. Ihre secretorische Tätigkeit bedarf vielleicht keiner besonderen Innervation, sondern könnte allein von den Zellen selbst besorgt werden, wie bei gewöhn- lichen epidermalen Becherzellen. 3. „Knollenorgane“, so nenne ich eine eigene, dritte und letzte Art von epidermalen Organen bei Marcusenius. Sie sind (Fig. J) gleich den tubulösen Drüsen etwas in das Bindegewebe eingesenkt, welches sich wiederum auf Querschnitten in Keilform zwischen das Organ und die ihm benachbarte Epidermis, die da- durch etwas emporgedrückt wird, hineindrängt (bei bi). Sie haben gegen die Cutis hin eine kapselartige Umhüllung von schwach färb- baren ziemlich großen Zellen, die in einer bis drei Lagen liegen, und zwar bildet diese Hülle bei diesen Organen die unmittelbare Fortsetzung der Cylinderzellenschicht der Epidermis. In dieser Zellenhülle fand sich auch einmal eine Mitose — wie in Fig. G mi — und ferner einmal eine stark dunkel granulierte Zelle (gr), die durch ihre Granulation wie mit Secret erfüllt aussieht. Die kapsel- artige Umhüllung umschließt eine große Zellenmasse von Zellen sehr verschiedener Art. Vor allem fallen Riesenelemente (r) auf, die, kuglig oder oval gestaltet, eine deutliche Membran und einen kaum färbbaren granulierten Inhalt, offenbar von geronnener Flüssigkeit, haben und ferner ein rundliches oder — vielleicht nur infolge der © Zur mikroskopischen Anatomie der Mormyriden. 109 Konservierung — gezackt umrissenes Körperchen enthalten, welches, homogen färbbar, seinerseits wiederum ein dunkles Zentralkörnchen „enthält. Solche Elemente sind in den größeren Organen dieser Art fünf bis acht vorhanden. Unsere Figur zeigt eins im Querschnitt und ein zweites, links von jenem, angeschnitten (r, 7). Auf diesen Elementen stehen, wie bei günstiger Schnittführung erkennbar wird, spindelförmige, gleichfalls schwach färbbare Zellen in ungefähr sinnesknospenähnlicher Anordnung (s). Darüber liegt eine große . te en. ÿ er < ee mp + = Polyg. =/ * ™ Zellen 4 — a Plattchensdule Sn Eu ©. ae Polyg. eee Zellen © © © Zylindr.Z. Fig. J. Knollenorgan. r Riesenzellen. s Zellen von sinnesknospenähnlicher Anordnung. sp spindelförmige Zellen. p pflasterartige Zellen. mi Mitose. gr granulierte Zelle. bi Bindegewebskeil. Masse stärker färbbarer polygonaler Zellen, die wiederum, wie wir ähnliches schon bei den Deckzellen der Sinnesknospen und der Kanal- wandung der Tubuli fanden, scharf abgegrenzt ist gegen die nächst- benachbarten Plättchensäulen, während sie die beiden polygonalen 110 Vicror Franz, Zellenschichten der Epidermis miteinander verbindet. Es wird aber die Epidermis hier nicht wie bei den Tubuli und ähnlich bei den Sinnesknospen von einem Kanal durchbrochen, sondern die Masse polygonaler Zellen, nach der freien Epithelfläche hin sich konisch verjüngend, schließt die unter ihr befindlichen eigenartigen Gebilde völlig von der Oberfläche ab. Schließlich finden sich in engen Räumen zwischen der zelligen basalen Umhüllung des Organs und seinem sonstigen Inhalt einige ausgesprochene spindelförmige Zellen (sp). Übrigens verlieren die Zellen der oberen polygonalen Schicht gerade im Bereich dieser Organe ihre polygonale Form, werden vielmehr über ihm ziemlich platt (bei p), als wären sie durch den Druck der sich unter Zellvermehrung ausbildenden Organe ab- geplattet worden. Größere Organe dieser Art liegen, nach den Schnittserien zu urteilen: eins hinter dem Mundwinkel, eins über dem Auge, zwei auf dem Kiemendeckel und je eins an der Wurzellinie der Rücken- und Afterflosse. Alle sind paarig vorhanden. Kleinere, die mitunter zwei, aber meist nur ein Riesenelement enthalten, auf dem sich dann wieder sinnesknospenähnlich die Spindelzellen erheben, bedeckt von polygonalen Zellen, und denen natürlich auch die kapselartige Um- hüllung mit blassen Zellen nicht fehlt, finden sich in geringer Zahl am Kopf, aber erst hinter den Augen, und vielleicht in etwas größerer auf dem Körper. Auch von ihnen scheint jedes paarig vor- handen zu sein, wenigstens habe ich mich dessen bei denen des Kopfes vergewissert. Eine mir lange Zeit rätselhaft gebliebene Frage ist die nach dem Wesen der blassen Riesenelemente. Sind es Zellen mit kleinem Kern, oder sind es vergrößerte Zellkerne mit sehr großem Nucleolus ? Im einen wie im anderen Fall erscheinen sie eigentlich wie degene- riert infolge ihrer geringen Färbbarkeit und mangels jeglicher er- Fig. K. Riesenzelle aus einem kleinen Knollenorgan. kennbaren Struktur, mit Ausnahme des wohl erst postmortal er- scheinenden Koagulums, in ihrem wohl flüssigen Inhalt und in dem kernähnlichen Körperchen. Einzellige Parasiten, deren Anwesenheit die übrigen Merkwürdigkeiten im Epithel hervorriefen, können es keines- Zur mikroskopischen Anatomie der Mormyriden. VET wegs sein, weil diese Organe streng paarig auftreten. Daß die Riesenelemente Zellen sind, nicht etwa Kerne, also große, vielleicht . degenerierte Zellen mit sehr klein gewordenem Kern, beweist mir eins von den kleineren Organen dieser Art, in welchem nämlich das Riesenelement (Fig. K) noch von unregelmäßigerem Umriß, dunkler gefärbt und mit deutlichem Zellkern ausgerüstet ist. Auch diese Zelle macht schon einen Eindruck wie abgestorben und steht offen- bar in einem Stadium, das dem in allen übrigen Knollenorganen von mir angetroffenen vorangeht. Mögen nun diese Riesenzellen auch abgestorben sein, das würde heißen einen selbständigen Kernplasmastoffwechsel nicht mehr haben, so muß ihre Anwesenheit doch von Wichtigkeit für die Funktion des ganzen Organs sein. Worin diese Funktion bestehen mag, darüber kann ich keine Vermutung äußern. Es liegt ja nahe, auch hier an Sinnesorgane und wegen einiger Anzeichen zugleich an eine secretorische Tätig- keit in ihnen zu denken. Aber auch ohne Gewißheit über ihre Funktion sind sie sehr anziehend durch ihren Bau, in welchem man Motive aus den vorher beschriebenen Sinnesknospen und aus den Tubuli vereinigt findet. Auf den Flossen finden sich weder Organe der drei be- schriebenen Arten noch andere epidermale Organe. Schleimzellen oder Becherzellen, wie sie sonst bei Fischen so häufig sind, gibt es in der ganzen Epidermis von Marcusenius nicht, außer denen in den Tubuli. Offenbar erübrigen sie sich infolge der reichen Schleimsecretion der Tubuli selbst. ll. Das Gehirn. 1. Die Facialisfrage. Den überaus starken Nerven, der die Kopfhaut, besonders reich die Schnauzenhaut und dort insbesondere. wie das auch STENDELL zeigte, die zahlreichen drüsenartigen und zugleich sensorischen Organe der Epidermis, die oben beschrieben wurden, versorgt, habe ich als den sensiblen Nervus facialis der Fische aufgefaßt, demgemäß seinen mächtigen Endkern in der dorsalen Oblongata, dessen Form aus meinen Figuren 1911 und aus STENDELL’S Gehirn- arbeit 1914 erkennbar ist, als Nucleus facialis. Für diese Auf- 119 Vicror Franz, t fassung war mabgebend, dab jener Endkern nach seiner Lage zu anderen Gehirnteilen offenbar dasselbe, nur stark hypertrophierte Gebilde ist, welches man auch bei anderen Fischen als den Facialis- kern oder „Lobus facialis* zu bezeichnen pflegt, wie das EDInGER 1908 z. B. in seinen fire. 75 u. 76 bei Barbus tut, ebenso HERRICK 1906 z. B. in seiner fig. 37 bei Amiurus. STENDELL dagegen möchte dieses Gebilde bei Mormyriden als. Nucleus und den Nerven als Nervus lateralis umdeuten. Er äußert sich darüber in allen seinen Veröffentlichungen aus den Jahren 1914 und 1916. Wir wollen im Folgenden das Für und Wider der beiden Auffassungen betrachten. Als Gründe für seine Ansicht stellt SrexpeLL folgende hin: a) Der erwähnte mächtige Kern habe eine sogenannte Cere- bellarleiste, eine histologisch der Kleinhirnrinde gleichende Rindenschicht, wie man sie stets am Ursprungsgebiet des Nervus lateralis bei Fischen beschrieben hat und wie sie auch, außer bei den Amphibien mit ihren sehr primitiven Verhältnissen, dem ihm benachbarten Endkern des Nervus acusticus aller Verte- braten eigen ist und damit noch am Gehirn die Verwandtschaft dieser beiden Nerven erkennen läßt, welche an den peripheren Organen — Hörorgan und statisches Organ einerseits, Seitenlinie anderer- seits — deren Entwicklungsgeschichte und ihre Wirkungsweise an- deutet, das allen gemeinsame Ansprechen der Sinneszellen auf Flüssigkeitsbewegungen in kleinen Kanälen. : b) Der mächtige Nerv, der dem mächtigen Kern entströmt, teile sich in zwei Äste, einen vorderen und einen hinteren, wie es für den Lateralis kennzeichnend sei. von denen der hintere unter anderem die Seitenlinie versorge, der vordere die eigentümlichen epidermalen Schnauzenorgane. c) Als Nervus facialis finde sich ein anderer Nerv. Zu a glaube aber darauf hinweisen zu müssen, daß den frag- lichen Endkern eine Cerebellarleiste nicht bedeckt. Allerdings kann man an ihm bei den Mormyriden viel deutlicher als bei anderen Wirbeltieren eine „Rinde“ und ein „Mark“ unterscheiden, dazu noch gewisse bei keinem Wirbeltier wiederkehrende Schichtungen, aber weder Rinde noch Mark gleichen denen des Kleinhirns noch denen des Acusticuskerns. Die histologische Differenzierung desfraglichen Kerns bei den Mormyriden ist vielmehr eine durchaus eigene, wie sie wiederum nirgends anderwärts vorkommt. Die gegenüber der Kleinhirnrinde höchstens gelockert querstreifige Rinde dieses Nervenkerns und Zur mikroskopischen Anatomie der Mormyriden. 113 ont »Rinde" Fig. M. Architektonik des Kleinhirns. Pz Purkıngse’sche Zellen. = © LL Fa Markscheiden- 2 Han färbung 5 € 2 Telikernfärbung Ö Bigs L: Architektonik des Facialiskerns. x d. Kz doppelte Kernzone. = 3” à PDS a Zellkern- Märkscheiden- farbung färbung Fig. N. Architektonik des Acusticuskerns. ‘das Mark sind getrennt durch eine eigentiimliche doppelte Zellkern- zone, d. Kz in Fig.L. Die Zellkerne sind meist sehr klein und wenige größere sind eingestreut. Diese doppelte Zellkernzone ist also in keiner Weise etwa zu vergleichen mit der beim Klein- hirn zwischen Rinde und Mark liegenden Schicht der Pyramiden- zellen. Weniger zahlreiche ebensolche Kerne nebst vielen Blut- gefäßchen (in Fig. L linke Hälfte, sämtlich mit Bleistift gezeichnet) Zool. Jahrb. 42. Abt. f. Anat. : 8 114 Vıcror Franz, finden sich auch in „Rinde“ und „Mark“. Die rechte Hälfte dieser bei schwacher Vergrößerung gezeichneten Figur zeigt die mit WeEIGERT-Färbung hervortretenden markhaltigen Nervenfasern, aller- dings gegenüber der Wirklichkeit vergröbert, weil man nicht bei dieser geringen Vergrößerung die überaus feinen Verästelungen und Verfilzungen naturgetreu wiedergeben kann. Man sieht, „Rinde“ und „Mark“ sind reich an markhaltigem Fasergewirr,, besonders reich daran und, was im Bilde nicht hervortritt, an hübschen Verfilzungen, sind außer der Tiefe des Marks zwei schmale Zonen, von denen die innere dicht innerhalb der inneren Zellkernzone liegt, die äußere zwischen den beiden Zellkernzonen. Markhaltige Fäserchen verbinden diese beiden besonders faser- — reichen Zonen, durchsetzen also die innere Zellkernzone, während: die äußere Zellkernzone von solchen ganz frei ist. ° Ganz anders ist bekanntlich die Architektonik des Kleinhirns,. wie ein Vergleich mit Fig. M zeigt: man findet, wie das übrigens auch sehr gut eine Abbildung zeigt, die REISINGER neulich (in: Naturw. Wochenschr., 1918) gab, die Rinde stets fein querstreifig infolge der parallel aufsteigenden Fortsätze der im Mark gelegenen Körnerzellen und ganz frei von markhaltigen Fäserchen, dann folgt die Schicht der birnenfürmigen PurkınsE’schen Zellen und unter- halb ihrer das von winzigen Körnerzellen ganz erfüllte Mark, in welchem Faserzüge auftreten. Dabei bleibt es, auch im Falle der an Rinde und PurkınJe-Zellenschicht der Lobi laterales valvulae cerebelli bei den Mormyriden auftretenden Faltungen, die ich 1911 beschrieb. Am Acusticuskern findet man (Fig. N) eine dem Kleinhirn sehr ähnliche Architektonik. Die Rinde, hier auch Cerebellarleiste: genannt, ist wie am Cerebellum fein querstreifig, wenn auch nicht im gleichen Maße parallelstreifig, und fast frei von markhaltigen Fasern, wenn auch bei Mormyriden stellenweise solche sehr Kräftige die Cerebellarleiste bloß durchziehen, um den hier stark verlagerten, nämlich größtenteils dorsal vom Acusticuskern gelegenen, von mir so bezeichneten Facialiskern zu erreichen. Ein der PurkınJe-Zellen- schicht vergleichbares Lager großer Zellen ist zwar etwas weniger deutlich ausgeprägt als beim Kleinhirn, aber doch vorhanden. Das Mark ist reich an kleinen Zellen, wenn auch nicht ganz so dicht von ihnen erfüllt wie die „Körnerschicht“ oder das Mark des Klein- hirns und dadurch nicht nur räumlich, sondern auch histologisch sehr scharf unterschieden von der Rinde. 4 Zur mikroskopischen Anatomie der Mormyriden. 115 Ist also der Acusticuskern in seiner Struktur dem Kleinhirn ähnlich, wie das schon stets angegeben wurde, wenn er auch die Kleinhirneigentümlichkeiten nicht so ausgeprägt zeigt wie das Klein- hirn selbst, so hat der fragliche Facialiskern eine dem Kleinhirn nur im entferntesten ähnelnde Eigenstruktur, eine Schichtung, die frei- lich sehr schön ist und einen Fall jenes von mir im „Sehorgan“ 1913 schon für die Retina abgeleiteten, vortrefflich auch am Mittelhirn- dach und, wie ich 1912 zeigte, gelegentlich am Torus longitudinalis des Mittelhirnes zu bestätigenden, in eigener Weise auch von RApı gewürdigten histologischen Gesetzes darstellt, daß mit stärkerer und zellenreicherer Differenzierung von Geweben auch reinere Schichten- ausbildung erfolgt. Die Rinde dieses Kerns kann also als „Cere- bellarleiste“ nicht in Anspruch genommen werden. Nie habe ich sie so auffassen wolien, wenn ich auch in meinen Abbildungen 1911 ihr und dem Mark dieses Kerns dieselben Farbentönungen gab wie der Rinde und dem Mark des Kleinhirns. Ich erwähne hierzu noch einiges über die Zelltypen, wie sie sich in GozGr-Präparaten darstellen. In der äußeren Schicht der doppelten Kernzone des fraglichen Facialkerns erwiesen sich Zellen, denen diese Zellkerne angehören, als Stützzellen mit in die Rinde emporstrebendem langem Fortsatz (Fig. O). Die Zellen der inneren Zone aber dürften kleine spinnenförmige Ganglienzellen sein (Fig. P). { A JE HR | te CRE \ a, (A Fig.O. Stützzelle aus Fig. P. Kleine, spinnen- der äußeren Kernzone des förmige Ganglienzellen aus Facialiskerns. der inneren Kernzone des Facialiskerns. Letzterer Zellentyp ist im Kleinhirn gar nicht vertreten, und die Zelltypen des Kleinhirns, wie ich sie für Teleosteer 1911 beschrieb, fanden sich im Facialiskern nicht. Somit sprechen auch diese frei- lich lückenhaft bleibenden Angaben über Zelltypen in dem fraglichen Kern nicht zugunsten eines ihm nachgesagten kleinhirnähnlichen Aufbaues. 8* 116 Vicror FRANZ, Ferner stimmt die Lage des Kerns nicht fiir einen Kern des Lateralis. Ein solcher wird ja bei anderen Fischen, obwohl vom Acustieuskern nicht scharf abgrenzbar, medial von letzterem ge- sucht, denn dort soll man unter der Cerebellarleiste, die weiter lateral den Acusticuskern bedeckt, die Lateralisfasern entspringen sehen. Unser fraglicher mächtiger Kern aber hängt mit der übrigen Oblon- gata caudal vom Acusticuskern zusammen, von dort her hat er infolge seiner mächtigen Entwicklung sich nach vorn über den Acusticuskern gelegt, so daß er ihn und dessen Cerebellarleiste von dorsal her bedeckt (s. meine Abbildungen 1911, tab. 25 fig. 5, tab. 26 fig. 6, 7 und Stenoert's Abbildungen in seiner Gehirnarbeit 1914, tab. 1 fig. 1, 6 u. 7). Unser fraglicher Kern ist vielmehr das Ge- bilde, welches von Eprncer und Herrick bei Fischen stets als Kern der sensiblen Facialis beschrieben wurde, und das, meist paarig, schon bei manchen Cypriniden zu einem unpaaren Gebilde verwächst. Seiner Lage nach gehört er, als ganz dorsal gelegen, der somatisch-sensiblen Kernsäule an. — Über die Lage der vier Kernsäulen, der somatisch-sensiblen und visceral-sensiblen, der visceral-motorischen und somatisch-motorischen, bei den Wirbeltiereu unterrichtet sehr gut die Abbildung bei Epincer 1911, p. 86. — Warum übrigens betrachtet man den jenem Kern entspringenden Nerven (EpixGEr 1908, p. 103) bisher als visceral-sensibel? Nur deshalb, weil er in den Geschmackspapillen der Zunge „Eingeweide- teile“ innerviert? Ist er nicht, da er bei Fischen auch zahlreiche Geschmacksknospen außen am Kopf versorgt und zudem die der Mundhöhle und Zunge gleichfalls dem Ectoderm entstammen, offenbar ein somatisch-sensibler Nerv? Dieser doch viel besser begrün- deten Auffassung entspricht die Lage seines Endkerns bei den Fischen. Wenn aber der fragliche mächtige Kern ein Lateraliskern sein sollte, dann müßte schon das Äquivalent dieses Kerns bei anderen Fischen gleichfalls bisher irrigerweise als Nucleus facialis gedeutet worden sein, und die doch oft betonte Ansicht, der Nervus lateralis entspringe medial vom Acusticuskern unter der Fortsetzung der Cerebellarleiste dieses letzteren, wie es namentlich für Selachier sichergestellt erscheint (Evınger 1908, z. B. fig. 63 u. 69), könnte gleichfalls nicht stimmen! Dürfen wir nun diese feststehenden Lehren der vergleichenden Hirnanatomie in Zweifel stellen, weil das, was STENDELL an den Nervenästen selbst fand, in seinem Sinne sprechen könnte? Das scheint mir noch nicht so ganz gewiß. Zur mikroskopischen Anatomie der Mormyriden. 117 Sondern — zu b — wenn wir an dem unserem Kern entströmen- den Nervus facialis außer einem vorderen auch einen hinteren, der Rumpfhaut zueilenden Ast finden, so erklärt sich das aus dem Vor- handensein von Tubulis auch auf dem Rumpfe bei Fischen. Wenn dieser Ast, wie ich für Marcusenius bestätige, fast ebenso stark ist wie der vordere, so ist ja auch die Rumpfhaut dieses Tieres gleich der Kopfhaut mit Tubuli besetzt, zwar weniger dicht, aber dafür bildet sie eine viel größere Fläche. Wenn dieser Nervenast kleine Astchen zur Seitenlinie abgibt, wie Srenperz angibt, könnten dann diese Ästchen nicht aus dem Octavuskern, dem gemeinsamen End- kern von Acusticus und Lateralis, oder dem Lateraliskern stammen? Ungemein schwer sind doch die Fasern des Facialis und des Octavus nahe ihrem Ursprung aus der Oblongata zu trennen; der Nervenstamm könnte dann, wenigstens bei Mormy- riden, ein gemischter sein. Ich sehe jedenfalls sehr viele Ästchen, die ihm, während er mitten zwischen Wirbelsäule und Seitenlinie verläuft, entspringen, zwar anfangs Richtung auf die Seitenlinie hin nehmen, dann aber kurz vor Erreichung der Haut dorsal- warts oder ventralwärts abbiegen; sie versorgen offenbar die Tubuli der Rumpfhaut. — Es wäre schließlich auch die Möglichkeit vor- handen, daß der Facialis bei den Mormyriden die Versorgung der sonst vom Lateralis versorgten Seitenlinie übernommen hat. Wenn so etwas vorkommen könnte, dann allerdings wäre die Frage, ob hier ein „Facialis“ oder ein „Lateralis“ vorliegt, überhaupt nicht schlechtweg entscheidbar, die Scheidung beider wäre vielmehr „außer- ordentlich schwer, wenn nicht gar gänzlich undurchführbar“, wie das auch STEnDELL mehrfach in seinen Arbeiten andeutet und es z. B. 1916, p. 666/667, mit den zitierten Worten ausspricht. Zu c. Daß noch ein anderweitiger kleiner Nerv, wie STENDELL meint, als Facialis zu deuten sei und dann offenbar, nach der Lage seines Endkerns, als visceral-sensibler Facialis, ist nicht unmög- ‘lich und widerspricht nicht dem, daß sein Hauptanteil bei Fischen somatisch-sensibel und in den von mir dafür in Anspruch genomme- nen Gebilden zu erkennen ist. Zu teilweise ähnlichen Auffassungen wie STENDELL, teilweise aber auch mit ihnen im Widerspruch stehenden, kam im Jahre 1915 BERKELBACH VAN DER SPRENKEL, der das Gehirn von Mormyrus caschive untersuchen konnte. Auch BERKELBACH betrachtet den frag- lichen großen Nervenendkern als Lateraliskern, tritt also der der Herrıcr’schen Annahme entgegen. Nur so nämlich glaubt er 118 Vicror FRANZ, a) die Verhältnisse bei Mormyrus mit denen, die er bei Silurus vor- fand, homologisieren zu können, ferner betrachtet auch er b) die Rinde des fraglichen Kerns als „Cerebellarleiste“, ferner meint er, e), den Nervus lateralis, aber im wesentlichen nur den Lateralis posterior, in den fraglichen Kern einströmen zu sehen; endlich glaubt er, d), daß seine Auffassung auch die Hypertrophie des Cere- bellums erkläre, da der Torus semicircularis, bei den Teleosteern ein sekundärer Acustico-lateralis-Kern, mit der so stark hyper- trophierten Valvula cerebelli durch einen starken Faserzug ver- bunden sei. Von diesen vier Gründen kann ich den ersten, a, nach meinem Material nicht nachprüfen. Zu b wäre das oben (S. 112) unter „zu a“ Gesagte zu wiederholen und hinzuzufügen, daß auch nach BERKELBACHS zutreffender Beschreibung der Architektonik des fraglichen Kerns keinerlei besondere Ähnlichkeit zwischen ihr und einer Kleinhirn- oder Acustico-lateralis-Kernstruktur besteht, ins- besondere keine Übereinstimmung zwischen jener und der des Gebildes, welches zweifellos der Acusticuskern der Mormyriden ist und in diesem Sinne sowohl von mir als auch von BERKELBACH, der aus ihm den Lateralis anterior und den Acusticus entspringen läßt, sedeutet wurde. Das unter c Erwähnte stimmt nicht überein mit dem von mir und STENDELL Gesehenen, da wir zwar rückwärts und möglichenfalls der Seitenlinie zuströmende Fasern aus diesem Kern zulassen, aber außerdem einen starken vorderen Ast des fraglichen Nerven nicht bezweifeln. Was ich nach BERKELBACH als d er- wähnte, geht bei diesem Autor von dem ganz richtigen Gedanken aus, daß die Hypertrophie des fraglichen Nerven auch diejenige des Kleinhirns erklären müsse. Ich werde aber weiter unten (S. 122) zeigen, dab unter den Gebilden im Zwischenhirn, an welche starke Fasermassen aus dem Acusticuskern und dem fraglichen großen Kern herantreten, gerade der Torus semicircularis oder, wie EpINGER ihn nannte, das Ganglion mesencephali laterale klar und deutlich herausspringt als ein verhältnismäßig wenig verändertes Gebilde und als eins, welches ausgesprochene Verbindungen mit dem Klein- hirn nicht hat, wie auch STENDELL diese Sache auffaßt, während die mit dem Kleinhirn durch starke Fasermassen verbundenen Teile sich viel eher, ja teilweise nur mit denen homologisieren lassen, die als sekundäre Facialiskerne bei anderen Teleosteern beschrieben wurden. Hiernach scheint mir doch für den fraglichen hypertrophischen Kern die Deutung als Facialiskern die bessere zu sein. Für die weitere Untersuchung der am ehesten so anzusehen- Zur mikroskopischen Anatomie der Mormyriden. 119 den, aber freilich, wie das ja auch STENDELL zugibt, noch nicht ganz geklärten Sachlage sei dringend empfohlen, die Homologisierung der Mormyridenverhältnisse mit denen der Cypriniden weiter durchzuführen, denn dem Cyprinidenhirn steht das Mormyridenhirn, wie ich 1911 zeigte, am nächsten. „ Wenn ich demnach den fraglichen Nerven nach wie vor als Nervus facialis und seinen Endkern als Facialiskern be- zeichne, so tue ich es, weil er sich so am ehesten mit dem als sensibler, Facialis bei anderen Fischen beschriebenen Gebilde homologisieren läßt, eine Homologisierung mit dem Lateralis anderer Fische aber nach den bisherigen Angaben nicht durchführbar ist und seine etwaige Versorgung der bei den Mormyriden keineswegs hyper- trophierten noch irgendwie in ungewöhnlicher Weise ausgebildeten Seitenlinie höchstens einen kleineren Teil seiner Funktionen aus- machen kann. Die sensiblen und zugleich drüsigen Tubuli liegen ja nicht in der Seitenlinie noch in den ihr am Kopfe entsprechen- den Kopfkanälen, und es ist sehr die Frage, ob man sie als „Lateral- organe“ auffassen darf. Auf gewisse Schwierigkeiten aber, die auch der Homologisierung unseres Nerven mit dem Facialis innewohnen, hat STEnpenn mit Recht mehrfach hingewiesen, und am ehesten vermute ich, die Zukunft werde lehren, daß der Lateralis der Fische weder ganz eindeutig dem Acusticus- noch dem Facialissystem der Säugetiere homologisiert werden kann, woraus die Notwendigkeit folgen würde, die Verhältnisse bei den Fischen ohne bestimmte Zu- weisung des Lateralis zum VII. oder VIII. Nerven zu beschreiben, wie sie sind. 2. Das Kleinhirn und seine Verbindungen. Form und Architektonik des Kleinhirns der Mormyriden habe ich 1911 beschrieben, es ist hierin alles vollständig geklärt und das Mormyridenhirn auf den Cyprinid-Typus zurückgeführt. Die äußere Gestalt des Gehirns bei Marcusenius ist etwa dieselbe wie bei Petrocephalus. Zur Faseranatomie gebe ich an Abbildungen hier nur die aus meiner Mitteilung von 1913 wieder (Fig. Q), da alles Weitere ge- nügend aus denen von Stexperr, 1914, zu ersehen ist. Afferente Kleinhirnbahnen. 1. Tractus tegmento-cerebellaris. Wir sind gewohnt, bei Fischen je eine Bahn aus dem Nucleus acusticus und aus dem 120 Vicror Franz, Nucleus facialis sich in der Oblongata nach vorn erstrecken zu sehen. Jene, eine sekundäre Acusticusbahn, das sogenannte „laterale Längsbündel“, endigt am Ganglion mesencephali laterale und hat mit dem Kleinhirn nichts zu tun, diese, eine sekundäre Facialisbahr . ice Corpus ee cerebelli TAN EI STE, hé al 2 18 04 q Vs , mm.d.Rindenkn q IE Sek Trig Baym Endteil des Qo Mittelhirndaches ery 8% 4 zum caudalsten Teil des Mormyrocerebellums ziehend Sek. Facialis- und Acusticus- Bahn Fig. Q. Querschnitt durch das Gehirn von Marcusenius longianalis im Bereiche der Commissur der Rindenknoten und der Commissura Halleri. „Commissur“ oder „Comm.“ bezeichnet die Querfaserung der Mormyrocerebellum-Hälften. Zur mikroskopischen Anatomie der Mormyriden. Ot die „Rindenknotenbahn“, am „Rindenknoten“ der Fische, der nach Herrick marklose Fasern zum „Übergangsganglion“ abgibt, von wo aus, wie ich 1911 in der Teleosteergehirnarbeit zeigte, je ein Faserzug als tertiäre Facialisbahn in das Corpus und in die Valvula cerebelli einströmt. Als afferente Kleinhirnbahn nannte ich diese zweiteilige tertiäre Facialisbahn Tractus tegmento-cerebel- laris. Das laterale Längsbündel kreuzt im Bereiche des Acusticus- kerns, die Rindenknotenbahn gilt als ungekreuzt. , . Bei Mormyriden vereinigt sich in der Oblongata der aus dem Acusticuskern kommende Faserzug mit dem aus dem Facialiskern. Letzterer Faserzug muß bei Mormyriden der Lage der Kerne wegen die Cerebellarleiste zum Teil durchziehen, um vom Facialiskern in die Oblongata zu gelangen; und er erweist sich als groBenteils gleichfalls hier kreuzend, was denn vielleicht auch bei anderen Teleosteern so sein und infolge schwächerer Markscheidenentwicklung nur weniger gut zu erkennen sein könnte. Das ungekreuzte Bündel aus dem Facialiskern liegt beim Verlauf nach vorn zunächst dorsal vom gekreuzten, dann verschmelzen beide zu einem untrennbaren, auch zugleich die Acusticusbahn enthaltenden Ganzen, welches in Fig. Q im Bereiche der Mittelhirnhaube als mächtiger runder Faserstrang, mit „Sek. Facialis- und Acusticusbahn“ bezeichnet, erscheint. Diesen Faserstrang nennt STENDELL, 1914, Tractus latero-acustico-mesen- cephalicus oder latero-octavo-mesencephalicus. Er endigt, indem er sich auf große markreiche Ganglienmassen verteilt, in denen wir nach oben Gesagtem die Äquivalente von Ganglion mesencephali laterale, Rindenknoten und Übergangsganglion erblicken müssen. Ich habe 1913 nicht weniger als vier solche Ganglien erwähnt und sie in jener vorläufigen Mitteilung einfach mit I—IV numeriert. Ganz einfach kehren also die Verhältnisse von anderen Fischen, infolge von Hypertrophien und Verlagerungen, bei den Mormyriden nicht wieder. Doch wollen wir, auch mit Hilfe der StexDELL’schen Befunde, so genau wie möglich homologisieren. Das am weitesten caudal, ventral und lateral gelegene Ganglion I ist das, was STENDELL (1914, p. 10) den Nucleus praeeminentialis nennt. Von ihm aus läßt STENDELL einen starken Faserzug ins Cerebellum und zwar in die benachbarte Eminentia granularis cerebelli eindringen, seinen Tractus cerebello-praeeminentialis, was ich zwar nach meinen Prä- paraten nicht sicher bestätigen, aber gern annehmen kann. Dieses Ganglion würde dann ein abgesprengter Teil von Rindenknoten und 122 Victor Franz, Übergangsganglion, der letzterwähnte Faserzug ein Äquivalent eines Teils des schon erwähnten Tractus tegmento-cerebellaris und zwar von dessen Corpus cerebelli-Anteil sein. — Ich bestätige ferner den von STENDELL gefundenen Tractus praeeminentio-tectalis, eine Ver- bindung dieses Ganglions mit dem Mittelhirndache. Das Ganglion II (s. Fig. Q) nannte Srenpezz (1914, p. 21) „Ganglion extrolaterale“. Es erscheint, wie STENDELL treffend her- vorhebt, außerordentlich dicht von markhaltigen Fasern durch- sponnen und sieht daher bei Weisert-Färbung großenteils ganz schwarz aus. Aber es ähnelt wohl kaum, wie STENDELL meinte, einem „Corpus glomerosum“ im Sinne von Franz 1912, denn ein solches besteht aus Glomeruli, die sich mit Markscheidenbeize fast gar nicht färben, sondern in WeEIGERT-Präparaten Zelien vortäuschen- können. Das Ganglion extrolaterale entsendet, was STENDELL feststellt und ich nun auch bestätigen kann, einen mächtigen Faserzug, ein breites pferdeschwanzartiges Bündel, ins Kleinhirn. Er zieht zwischen Ganglion II und III hindurch, dann unter letzterem hinweg, durchquert die Gegend des Übergangs- ganglions und dringt anscheinend hauptsächlich in die Pars lateralis valvulae cerebelli, das „Mormyrocerebellum“. STENDELL nennt diesen Faserzug (1914, p. 21) Tractus mesencephalo-cerebellaris, ein Name, der allerdings anderweitig vergeben ist. Dieses Ganglion dürfte demnach wiederum ein abgesprengter Teil des stark vergrößerten Übergangsganglions und vielleicht des Rindenknotens sein, der Faserzug wiederum ein einen abnormen Weg nehmendes partielles Äquivalent des Traetus tegmento-cerebellaris. Das Ganglion III identifiziert STENDELL offenbar durchaus mit Recht mit dem Ganglion mesencephali laterale Evınger’s oder dem sogenannten Torus semicircularis. Es erscheint, wenn in voller Breite geschnitten (das wäre weiter oral als in Fig. Q), sehr groß, wie ja auch der Acusticus und sein Kern stark entwickelt sind, und eiförmig. Es wird wohl allein Fasern aus der sekundären Acustieusbahn, nicht auch aus der sekundären Facialisbahn auf- nehmen, denn so ist es mit ihm bei allen Teleosteern. Seine starke Entwicklung und diejenige benachbarter Partien dürfte das noch stärker entwickelte Über- gangsganglion auseinandergesprengt haben. Unser Ganglion IV endlich ist das Übergangsganglion an ge- wohnter Stelle oder vielmehr der an normaler Stelle verbliebene Teil von ihm und umfaßt auch den „Rindenknoten“, der zwar wenig her- Zur mikroskopischen Anatomie der Mormyriden. 123 vortritt, aber unbedingt dort, wo die deutlich erkennbare ,,Commissur der Rindenknoten“ endigt, zu suchen und auch als nicht besonders hypertrophierter Kern zu finden ist. Die von diesem Ganglion zum Kleinhirn ziehenden zwei Teile des Tractus tegmento-cerebellaris habe ich 1913 beschrieben: der viel stärkere vordere, zum Lobus lateralis valvulae, zum so ganz besonders abnorm ausgebildeten „Mormyro- cerebellum“ ziehende, eine breite Fasermasse, ist in Fig. Q der Länge nach geschnitten zu sehen (Tractus tegmento-cerebellaris I), der ins - Corpus cerebelli einstrahlende schwächere Arm der Quere nach ge- schnitten (Tractus tegmento-cerebellaris II). Da das Ganglion IV oder Übergangsganglion durch sehr deut- liche markhaltige Fasern mit dem Facialiskern in Verbindung steht, ist jetzt seine Zugehörigkeit zum Facialissystem und somit auch die des Tractus tegmento-cerebellaris erwiesen, während das früher, für andere Teleosteer, nicht als durchaus erwiesen gelten konnte, wenn auch sehr viel dafür sprach und ich daher dieser Hrrrıcr’schen An- nahme stets gefolgt bin. Wahrscheinlich geht die sekundäre Facialisbahn auch bei anderen Teleostern nicht nur via Rindenknoten zum Übergangsganglion, sondern zum Teil durch marklose Fasern auch direkt, denn dann wäre die Homologie der Ganglien I, II und IV mit Teilen des Überganglions eine vollkommene, und Teile des Rindenknotens, der bei den Mormyriden ziemlich klein und an normaler Stelle geblieben ist, brauchen wir in ihnen nicht zu suchen. Wir gewinnen also bis hierher folgendes Bild: mit der mächtigen Entwicklung des Facialis hat sich auch das Übergangsganglion, die Durchgangsstation für Reize vom Facialis zum Kleinhirn, sehr mächtig entwickelt und sich infolge der gleichfalls mächtigen Ent- wicklung des Porus semicircularis oder Ganglion mesencephali laterale in 3 weit getrennte Teile gesondert, von denen nur noch einer an normaler Stelle liegt. Anstelle eines Tractus tegmento-cerebellaris, jenes von mir seit 1911 beschriebenen, der sich in die 2 Aste zu Corpus und Valvula cerebelli teilt, finden wir daher 3 äquivalente Faserzüge, von denen 2 natürlich ganz neue Lage bekommen haben. Wenn ich ein irgendwo übereck gespanntes Gummiband der Länge nach in 3 Bänder spaltete, 2 von diesen jedes in der Mitte erfaBte und in ganz neue Ecken züge, so tite ich ungefähr das, was mit der Verbindung zwischen Facialis und Kleinhirn bei den Mormyriden geschehen ist. Die mit 7 bezeichnete Bahn in Fig. R stellt die allen Teleosteern 124 Vicror Franz, zukommende dar, die mit 2 und 3 bezeichneten sind die gewisser- maßen durch Abspaltung und Ausziehung in neue Ecken oder durch Absprengung des Nucleus praeeminentialis und des Ganglion extro- I Valvula l à cerebelli Corlpus I À cerebelli Ganglion extrolaterale Nucleus _ praeeminentialis Fig. R. Verbindungen zwischen Facialiskern und Kleinhirn bei Mormyriden, von dorsal gesehen, Schema. Zur mikroskopischen Anatomie der Mormyriden. 125 laterale vom Übergangsganglion entstandenen Neubildungen bei Mormyriden. Damit wäre die schwierige Frage der Verbindungen zwischen Facialis und Kleinhirn gelöst, die bisher vergeblich versuchte Homo- logisierung zweier neuer Kerne wäre gelungen. Viel weniger Schwierigkeit bereiten die übrigen afferenten Kleinhirnbahnen. Das Verhalten bei anderen Teleosteern habe ich 1911 dargestellt. 2. Tractus mesencephalo-cerebellaris. Die, wie mir Reisinger auf physiologischem Wege bestätigt, optische Reize aus dem Mittelhirn zum, Kleinhirn führende Bahn, den Tractus mesencephalo-cerebellaris, wie ich ihn seit 1911 nannte, oder den Tractus tecto-cerebellaris, wie er bei Srtenpern heißt, beschreibt STENDELL für Mormyriden, 1914, p. 22, so, wie mir sein Verhalten auch von andern Teleosteern bekannt ist, während ich 1913 im Mormyridenhirn einen anderen Verlauf außerhalb des Cerebellums bei ihm fand. Eine sichere Bestätigung von Srenverv's Befund gelang mir nicht. Vielleicht sind beide Arme vorhanden. Jedenfalls ist der Zug bei den Mormyriden verhältnismäßig schwach entsprechend der kleinen, an Bedeutung zurücktretenden Augen dieser Fische. 3. Sicher aufgefunden ist durch mich 1914 der Tractus dien- cephalo-cerebellaris, für den ich 1911 die Hypothese aufge- stellt habe, er könnte dem Cerebellum Riechreize zuführen, und zwar geschähe das dann via Tractus olfacto-hypothalamicus, siehe Franz 1912, und Hypothalamus; vergleiche Fig. @; bei STENDELL ist er, p. 26, als Tractus hypothalamo-cerebellaris bezeichnet. 4. Eine kleine schwache Bahn geht, wie ich schon 1913 erwähnte, vom Trigeminuskern in der Oblongata dorsal von der sekundären Facialisbahn und bildet (Fig. Q, wo „Sek. Trig. Bahn“ steht) un- mittelbar hinter der Commissur der Rindenknoten eine kleine eigene Jommissur. Sie wird wahrscheinlich hier Fasern ans Cerebellum abgeben, als Tractus trigemino-cerebellaris. 5. Der vom Nucleus acusticus zum Kleinhirn kommende Tractus vestibulo-cerebellaris ist wiederum genau aufgeklärt, zunächst 1911 durch mich bei anderen Teleosteern, dann bei Mormyriden, wo er einen veränderten Weg nimmt, durch mich 1911 und STENDELL 1914. Bei der Karausche hat Reısınser gefunden, dab die Ver- letzung dieses Zuges die schwersten Gleichgewichtsstörungen zur Folge hat. 126 Vicror Franz, 6. Auch über den Tractus spino-cerebellaris, für den REIsInGER bei der Karausche die Vermutung, er führe dem Klein- hirn sensible Eindrücke der Körperhaut zu, mit Wahrscheinlichkeit bestätigt, stimmen STENDELL 1914 und ich 1911 überein. 7.u.8. Um schließlich den Tractus laterali-cerebellaris und den Tractus vago-cerebellaris, die ich beide 1911 für andere Teleosteer beschrieb, in dem Fasergewirr des Mormyriden- gehirns auffinden zu können, muß man ihren Habitus von anderen Teleosteern her ganz genau kennen. Ich erwähnte 1913, daß ich sie beide bei Mormyriden auffinden kann. Daß der Tractus laterali- cerebellaris eine direkte cerebellare Lateraliswurzel ist, ist ein durch WALLENBERG degenerativ festgelegtes Ergebnis, wie ich 1911 hervor- hob, und wurde von mir für Anguilla bestätigt; REISINGER will im- stande gewesen sein, diesen Faserzug am Gehirn eindeutig zu ver- letzen, in welchem Falle der schwimmende Fisch keine Ausfalls- erscheinungen zeigte, der ruhende aber auf der Seite lag. Zu den afferenten Bahnen rechnet STENDELL auch seinen schon oben nach STEXDELL erwähnten Tractus mesencephalo-cerebellaris, ferner, p. 19, seinen von einem Nucleus praetegmentalis ausgehenden Tractus tegmento-mormyrocerebellaris, den ich genau kenne und fast für den Nervus trochlearis gehalten hätte. Allerdings war der Verlauf des Trochlearis in der überaus faserreichen Mormyrocere- bellum-Masse für mich keineswegs zu verfolgen, wie denn auch STENDELL an ihm Ähnliches erfahren hat. Endlich beschreibt STENDELL, p. 17, noch einen von einem Nucleus parvocellularis aus- gehenden, gleich dem vorigen sehr kleinen, zweiten Tractus tegmento- mormyrocerebellaris, den ich aber im Gegensatz zu dem Kern nicht auffinden kann und den auch STENDELL nicht ganz bis ins Kleinhirn verfolgen konnte. — Von diesen Faserzügen könnte bisher niemand sagen, ob sie afferent oder efferent sind, denn darüber gibt die Markscheiden-Färbemethode keinen Aufschluß, und nur für die oben erwähnten Tractus 1—8 (mit Ausnahme von 4) und für den sogleich zu erwähnenden Tractus cerebello-tegmentalis habe ich in meiner Arbeit über das Teleosteergehirn, 1911, die Anzeichen dafür, die in Ergebnissen der Degenerationsmethoden, in Auffindung der Ursprungs- zellen durch Silberimprägnationen oder in der Erkennung der Ur- sprungsgebiete als ihrer Lage nach unbedingt sensible Kerne liegen können, gesammelt. Zur mikroskopischen Anatomie der Mormyriden. [27 Efferente Bahnen. Das System des Tractus tegmento-cerebellaris ist leicht aufzufinden und weicht wohl kaum wesentlich von dem bei anderen Teleosteern ab. STENDELL hat es (1914, p. 12 u. 13) genau behandelt. Zu den efferenten Bahnen rechnet STENDEr L auch seinen Tractus mormyrocerebello-mesencephalicus und Tractus mormyrocerebello- thalamicus, die ich als Kleinhirn-Commissuren (1913, p. 276 u. 277) beschrieb und in vorstehend wiedergegebener Fig. Q mit ,Comm.“ und „Commissur“ bezeichnet habe. Sie strahlen in das Mormyrocerebellum ein — oder kommen ausihm, wenn auch nicht sicher von seinen PurkInJE-Zellen, wie STENDELL, p. 13, meint, denn das ist bei Markscheidenfärbung keineswegs zu entscheiden, und die GozGr-Imprägnation gab mir im Mormyrocerebellum keine Resultate. Daß sie, wie STENDELL meint, nach erfolgter Kreuzung im Gebiet der Rindenknoten-Commissur Fasern an Kerne abgeben, und zwar jener an das Ganglion mesencephali laterale, dieser an STENDELL’s Nucleus postventralisthalami, ist, nach meinen Präparaten zu urteilen, wohi möglich, doch für unwahrscheinlich halte ich, dab dies viele Fasern sind, die meisten werden vielmehr von Kleinhirnhälfte zu Kleinhirnhälfte ziehen, wie auch bei normalen Teleosteern, wo deren allerdings, da die Valvula nicht entfernt so mächtig entwickelt ist wie hier, viel weniger vorhanden sind und sie zum Teil vielleicht wie bei Mormyriden durch die Mittelhirnhaube ziehen, aber keine längs der Commissur der Rindenknoten, denn das haben sie erst nötig, nachdem bei den Mormyriden die Lobi laterales valvulae so stark als „Mormyrocerebellum“ entwickelt und verlagert wurden. Soviel über das Kleinhirn und seine Verbindungen mit anderen Teilen. 3. Über Nerven, Bahnen und Ganglien des Zwischen- hirns, Mittelhirns und Vorderhirns. Mit der Durcharbeitung des übrigen Gehirns hinsichtlich der Faseranatomie habe ich mich vor Erscheinen von SrENDELL’S Arbeit nicht beschäftigt und nach ihrem Erscheinen nur an der Hand der STENDELV'schen sorgfältigen Darlegungen. Daher sehe ich die Bahnen des Mittelhirns, Zwischenhirns und Vorderhirns bei Mormyriden nicht in gleichem Maße mit eigenen Augen wie die Kleinhirn- und und Facialisfragen und will daher nur zu einigen wenigen Punkten den SrexpeLL'schen Ausführungen etwas zusetzen, während ich im & 128 Vicror FRANZ, übrigen mich diesen anschließe oder doch durchaus keinen Grund zum Widerspruch gefunden habe. Es möge also im übrigen die Srtenpeuv’sche Arbeit für weitere Untersuchungen am Mormyriden- hirn grundlegend sein und bleiben. Den Nervus trochlearis fand ich außerhalb des Gehirns ebenso verlaufend wie STENDELL, im Gehirn konnte ich ihn, wie schon gesagt, kaum zum kleinsten Teil sicher verfolgen, auch seinen Kern konnte ich keineswegs ganz sicher stellen. Das von mir und STENDELL Beobachtete genügt aber, um ihn mit dem Nervus tro- chlearis anderer Teleosteer in einem wichtigen Punkte zu vergleichen. Es kommt dabei nämlich die merkwürdige Variabilität und häufige Vielteiligkeit dieses Nerven in seinem intracerebralen und intracranialen Verlauf bei Teleosteern in Frage. Die Vielteiligkeit kann, wie bei Gadus, bis zur Aufspaltung in einzelne Fäserchen gehen. Die Variabilität wurde zuerst von Mayser bei Cyprinus be- merkt, Kappers beschrieb sodann 1906 das Vorkommen von 2 Tro- chleariswurzeln bei Gadus morrhua. 1911 behandelten unabhängig voneinander Hurr und ich diese Frage an je einer Mehrzahl von Teleosteern; endlich hat van Der Horst sich 1918 mit diesen Ver- hältnissen eingehend befaßt, der außer der bis dahin gefundenen dorsaleren und ventraleren Wurzel häufig noch eine mittlere und bei allem mancherlei Variabilität feststellt. Im allgemeinen gilt Folgendes: nur die dorsale Wurzel ist vorhanden bei geringer Entwicklung der Valvula cerebelli; nur die ventrale bei starker Valvula, in welchem Falle sie anscheinend in die ventrale Lage gekommen ist durch anfängliche Hebung ihrer Fasern bei Aufstülpung der Valvula und durch „Hineinspringen der Fasern aus dem Bogenverlauf in die kürzere Sehne des Bogens“. Der Ausdruck braucht ja nicht buchstäblich genommen zu werden. Wo beide Wurzeln vorhanden sind, haben offenbar die Fasern der ventraleren Wurzel diese Verkürzung ihres Weges erfahren, die der dorsaleren nicht. Bei Cypriniden findet sich, individuell variierend, meist die ventrale, gelegentlich aber statt ihrer die dorsale Wurzel. Was wäre nun bei den Mormyriden zu erwarten? Die überaus starke Entwicklung der Valvula „spannt“ zwar den Bogen der Fasern des Nerven aufs äußerste, aber man könnte doch nicht sicher erwarten, dab er aus dem Bogen- in den Sehnenverlauf übergeht, eben weil dabei gar so viel Valvulamasse zu durchschneiden wire. Und was finden wir? Der Nerv, von dem in Fig. Q ein Stückchen gezeichnet und mit „Nerv IV“ beschriftet ist, nimmt wirklich sehr dorsalen Zur mikroskopischen Anatomie der Mormyriden. 129 Verlauf, er fährt weiter hinten zwischen Ganglion IV und Ganglion extrolaterale einerseits und Mormyrocerebellum andrerseits im Cavum eranii hindurch und kreuzt, gleichfalls im Cavum cranii, weiter vorn zwischen den beiden in Fig. Q dargestellten Corpus cerebelli- Teilen. Daer bei diesem sehr dorsalen Verlauf sich über einen Teil des Corpus cerebelli hinwegschwingt, also durch die Entwick- lung des Mormyrocerebellums dorthin gehoben wurde, können wir uns allerdings nicht wundern, daß er sich nicht wieder bis dicht, über den Ventrikel herabsenken konnte. Der Trochlearis kreuzt vollständig. So ist es ja bei fast allen Wirbeltieren, nur bei Lophius und Pleuronectes, Fischen mit einander nahe benachbart sitzenden Augen, fand ich 1911 (Anat. Anz.) eine partielle Kreuzung. Der Nervus trochlearis und der Nervus oculomotorius sind, wie schon STENDELL hervorhob, sehr schwach, auch der Opticus ist nicht kräftig. Ein kurzes Wort über zwei gewöhnlich sehr charakteristische, mit dem Sehvermögen in Beziehung stehende Ganglien, das Ganglion isthmi und das Geniculatum. Nach Srexpezrs Beschreibung finden sie sich beide an abnormer Stelle, jenes weit lateral und namentlich dieses sehr weit dorsal. Beim Ganglion isthmi wire das vielleicht weniger zu verwundern, da in jener Gegend auch andere starke Verlagerungen vorliegen. Aber der von SrENDELL als Gan- glion isthmi beanspruchte Kern hat, soviel ich sehe — STENDELL freilich sieht es anders — nicht die so kennzeichnende isthmi-Struktur, auf die ich 1912 genauer aufmerksam machte, und ebenso finde ich an dem als Geniculatum hingestellten Kern nicht die so überaus kenn- zeichnende, wieder ganz andersartige, von mir 1912 beschriebene Geniculatumstruktur. Nun weiß ich von früher, daß gerade bei Cypriniden das Geniculatum sehr schwer auffindbar und sehr klein ist (siehe fig. 4 in meiner Arbeit von 1912), und sicher ist, daß sie beide, Geniculatum und Ganglion isthmi, mit dem Sehvermögen in Beziehung stehen, dafür spricht beim Geniculatum seine Lage in der Opticusstrahlung und (Franz, 1912) das Endigen von Opticus- fasern in ihm, beim Ganglion isthmi seine Verbindung mit dem Tectum opticum durch einen freilich auch von STENDELL bei Mormy- riden beschriebenen Faserzug und (Franz, 1912) ein von ihm in den Opticus einstrahlender Trakt, endlich bei beiden Ganglien die an Stärke und Differenzierung deutlich dem Sehvermögen und ins- Zool. Jahrb. 42. Abt. f. Anat. t 9 130 Vicror Franz, besondere beim Geniculatum dem Accommodationsvermögen, beim Ganglion isthmi dem Reagieren auf Farben parallelgehende Ent- wicklung. Da nun die Mormyriden Nachttiere und dennoch klein- äugig sind, somit ihre Augen und mit ihnen die optisch in Betracht. kommenden Hirnteile zweifellos an Bedeutung stark zurücktreten gegenüber den sonstigen Sinnesgebieten im Gehirn, so wäre es kein Wunder, wenn in dessen reichen Fasermassen diese beiden Ganglien schwer auffindbar wären. Ich getraue mich nicht, zu sagen, ich hätte sie in meinen Mormyridenpräparaten aufgefunden. Schwer zu deuten und gewiß leicht mit dem T'ractus diencephalo- cerebellaris zu verwechseln ist bei den Mormyriden ein starker und namentlich, weil etwas markschwach, in Eosinpräparaten sehr auf- fallender Faserzug, den ich 1911 auf p. 482—483 beschrieb als zwischen Ventrikel und Ganglion mesencephali laterale herabziehend und mit einem mächtigen Kern in der Oblongata in Beziehung tretend. Schon SAnDers hatte ihn, wie ich damals hervorhob, ge- sehen; er fällt also auch in für die Faseranatomie ungeeigneten Präparaten sehr leicht auf. Weil er vor der Commissur der Rinden- knoten herabzieht und nicht. wie stets der Tractus diencephalo- cerebellaris, hinter ihr, kann er nicht mit diesem identifiziert werden, so sehr das auch auf den ersten Blick naheliegt. Gezeichnet habe ich ihn 1911 in fig. 10 auf tab. 26 und ihn dort in einer gewissen Ratlosigkeit mit „? Dec. Fritschi* bezeichnet. Erst meine genaue Durcharbeitung (1912) der zwei, wie sich dabei zeigte, vikariierenden Kerne Nucleus anterior thalami und „Nucleus rotundus“ = Corpus elomerosum, die einander homolog sind, ließ mich diese Verhältnisse klarer sehen und gibt mir die Gewißheit, dab wir es in diesem Faserzug mit dem Tractus thalamo-mamillaris zu tun haben. Dem Tractus diencephalo-cerebellaris, der viel schwächer ist, ist er zwar großenteils unmittelbar benachbart, und so gehören denn auch die neben dem „Tr. diene. cereb.“ in Fig. Q dieser Arbeit laufenden Fasern ihm an, kreuzen aber die Commissur der Rindenknoten vor dieser und gelangen nicht nachweislich bis ins Cerebellum, sondern müssen — denn so ists bei anderen Teleosteern — im Nucleus anterior thalami endigen, richtiger gesagt: von ihm ausgehen, der wohl innerhalb der Ganglion IV-Masse zu suchen ist. Er hat also init dem Kleinhirn kaum etwas zu tun. STENDELL nannte ihn Tractus diencephalo-cerebellaris, identifizierte ihn aber damit wohl nicht dem von mir 1911 so genannten Gebilde, denn dieses, STENDELL’S Zur mikroskopischen Anatomie der Mormyriden. 131 Tractus hypothalamo-cerebellaris, hat ja Stenpern gleichfalls be- schrieben, wie ich schon oben (S. 125) erwähnte. Des weiteren hätte ich über Faserzüge des Gehirns nichts mit- zuteilen, was die Ausführungen von STENDELL wesentlich ergänzen könnte. Nur soviel möchte ich noch erwähnen: ich war nicht so glück- lich, den bei zwei Fischarten von mir 1912 als erste uns bei Fischen bekannt werdende Verbindung des Corpus striatum mit dem Mittel- hirndach beschriebenen Tractus strio-teetalis im Mormyriden- gehirn wiederzufinden, während STENDELL, p. 23, einen solchen be- schreibt. Ebenso wenig gelang es mir, den von mir bei zahlreichen Fischarten 1912 sichergestellten, sehr langen Tractus parolfacto- bulbaris, die erste uns damit bei den Fischen bekannt werdende direkte Verbindung zwischen Vorderhirn und Oblongata, insbesondere Trigeminuskern, das Analogon der Bahn des Eprncer’schen „Oral- sinnes“ der Säugetiere, bei Marcusenius wiederzufinden, so sehr ich auch danach suchte. Mit Vorbehalt bezeichnet STENDELL auf p. 35 seiner Arbeit einen Faserzug als Tractus bulbo-paralfactorius. 4. Epiphysis und Paraphysis. Die Angaben, die ich 1913 über die Zirbel, die Epiphysis cerebri, machte, um diejenigen von 1911 zu berichtigen, muß ich nun doch selber wieder berichtigen und damit die von STENDELL 1914 und die meinigen von 1911 bestätigen. Erst jetzt liegen mir die histo- logischen Präparate vor, welche diese Verhältnisse klar erkennen lassen. Danach entspringt die Epiphysis tatsächlich wie bei anderen Teleosteern als ein zylindrischer Epitheltubus zwischen Commissura posterior und Commissura habenularis und liegt auf dem „Zirbel- polster“, der gleich ihr einen einschichtigen Epithelschlauch dar- stellenden, aber reich gefalteten und mehr Lumen erkennen lassenden Paraphysis, in diese wie in ein Polster eingesenkt. Auf einigen Schnitten läßt sich ein Lumen der Epiphysis erkennen, aber weder auf den ihrer Ursprungsstelle benachbarten noch auf ziemlich weit oral liegenden. Schließlich ist sie für das Auge des Untersuchers nicht mehr genau von den Paraphysisfalten zu trennen, daher bin ich nicht sicher, ob sie bis über die Mitte des Vorderhirns hinaus- reicht. Auch die Paraphysis reicht bei Marcusenius nicht bis über das Vorderhirn hinaus. Beide Organe mögen sich bei anderen Mor- myriden weiter nach vorn erstrecken. 9% 132 Vicror FRANZ. Die einreihige Zellenlage der Paraphysis schließt in sich zahl- reiche Capillaren und etwas größere als capillare Gefäße. Es sei zum Schluß erwähnt, dab sich genaue Angaben über die Hypophysis cerebri von Mormyriden in STENDELLS Hypo- physis-Arbeiten finden. Sodann weise ich noch auf Srexpezr’s Befunde über den Nervus electricus von Mormyrus hin, die in der nachgelassenen Schrift (in: Zool. Anz., 1915) mitgeteilt wurden. Dieser Nerv, eine kolossale Nervenfaser, steht nicht einzig im Mormyridenorganismus da, denn außer dieser Kolossalfaser, die, eine rein ventrale Wurzel, den ersten und zweiten Spinalnerven ein Stück weit begleitet, gibt es eine ähn- liche, nur kleinere, beim dritten Spinalnerven, und es fragt sich, ob auch weitere Spinalnerven von solchen Kolossalfasern begleitet sind. Ich bin dieser Frage nicht nachgegangen. III. Sinnesorgane. Über unmittelbar in der Epidermis liegende Sinnesorgane wurde schon oben gehandelt (S.100#f.) Da auch die übrigen Sinnes- organe sich sämtlich vom Ectoderm ableiten, so empfiehlt sich eine Prüfung, inwieweit sie bei den Mormyriden noch die am Ectoderm gefundenen Besonderheiten oder etwas Ähnliches erkennen lassen. Das Epithel der Mundhöhle ist an seiner Oberfläche und an seiner Basis verschiedentlich mehr oder weniger gefaltet und läßt ebenso wie das des Körpers überall die eigenartige basale Zellenlage erkennen, sie besteht aus meist cylindrischen Zeilen, die jedoch, wo das Epithel an Dicke stark abnimmt, wie an der Seite der Zunge, zu recht flachen, pflasterartigen Zellen werden. Die übrigen Sonderbildungen der Mormyridenepidermis kehren im Mundepithel nicht wieder, seine übrigen Zellenlagen sind also einfach poly- gonal und umschließen offenbare Sinnesknospen, Becherorgane oder wie man sie nennen will, knospenartig zusammengruppierte Zellenhäufchen, die nicht die basale Zellenlage durchbrechen und an der Oberfläche höchstens eine kleine Hervorwölbung hervorrufen, aber auch sie nicht durchbrechen. Es dürften das Geschmacks- organe sein, nicht wesentlich andere, als sie schon Lrypie bei Teleosteern beschrieb. Zur mikroskopischen Anatomie der Mormyriden. 133 Die epidermale Auskleidung der Mundhöhle und deren Sinnes- organe weisen also, außer dab die Schicht der basalen Cylinderzellen auch hier erhalten bleibt, nichts Besonderes auf. Noch weniger Besonderheiten sind der gleichfalls von der Epi- dermis sich ableitenden Seitenlinie eigen. Ihre Sinnesorgane dürften den ganz normalen Bau haben als kleine Zellenhügel, in denen man wohl Sinneszellen und Stützzellen unterscheiden kann, deren erstere feine Härchen zu tragen scheinen. So wie die Seitenlinie längs der Körpermitte verhalten sich auch die etwas tiefer liegenden Seitenkanälchen am Kopfe. Auch das Gehörorgan zeigte mir im feineren Baue keine Besonderheiten. Die Zellen der Cristae acusticae haben durchaus den normalen Bau, der denen der Sinnesorgane der Seitenlinie völlig entspricht. & u 73 DR 5 edie Br <2 —— re SA NG nu —. zu re - = a. Î a T2 rs fae N Ce Fig. S. Hornhautepithel. Ebensowenig fand sich am Epithel der Nasengrube etwas Besonderes. Wo das Körperepithel in das der Nasenhöhle übergeht, hören alle seine merkwürdigen Differenzierungen aut, insbesondere ist eine basale Cylinderzellenschicht von dieser Stelle an nicht mehr erkennbar, und die Schicht der Plättchensäulen wird plötzlich ganz dünn bis zum Schwinden, so daß die beiden Schichten polygonaler Zellen sich zu einer Schicht von normalem Aussehen vereinigen. Die Eigentümlichkeiten der Mormyridenepidermis sind also nur auf der Körperoberfläche der Fische anzutreffen und zum kleinsten Teil noch am Mundhöhlenepithel; am Riechepithel nicht mehr, und ebensowenig an den eingesenkten Kanälen der Seitenlinie und des Gehörorgans. Besondere Aufmerksamkeit habe ich schließlich dem Auge zu- gewandt. Auch als Hornhautepithel verliert die Epidermis in hohem Grade ihre Mormyriden-Besonderheiten, es bleibt nur wenig da- von übrig, nämlich (Fig. S) eine besondere Abgeplattetheit der mittleren Zellenschichten, die den Plättchenzellen der übrigen Epi- dermis entsprechen, und eine deutlich erkennbare Lage basaler, aber 134 Vicror Franz, stark abgeplatteter Zellen, die den Zylinderzellen der übrigen Epi- dermis entsprechen. Alle Zellen des Hornhautepithels sind iibrigens ziemlich abgeplattet. Die übrigen Hornhautschichten sind wiederum von ganz normaler Teleosteerbeschaffenbeit. Die Hornhaut ist bis fast in die Mitte in zwei einen Recessus orbitae (rc.o in Fig. T) umfassende La- mellen gespalten, wie das unlängst Harms für eine Mehrzahl von Teleosteern nachwies. Die Gegend des Ligamentum pectinatum iridis könnte wie von Secret entleert erscheinen, ähnlich dem von Hırsc# bei Goldfischen mit sogenannten Teleskopaugen gefundenen Zustand. Dort bestand nämlich das sogenannte Ligamentum pecti- natum der Teleosteer aus einem gekammerten Gerüst, dessen ein- zelne Kämmerchen innere Wandbeläge von je einer Zelle hatten, außerdem zum Teil einzelne Secretkörnchen enthielten, während man gewöhnlich bei Teleosteern statt solcher fast secretentleerten Käm- merchen massive Zellen findet. Bei Marcusenius nun fanden sich wiederum die Kämmerchen, und anscheinend sind auch hier die Wände mit je einer Zelle in Gestalt eines schmalen, einen Kern enthaltenden Plasmabelages ausgekleidet, Secretkörnchen aber sind nicht zu bemerken. Die unterschiedlichen, noch wenig beachteten Befunde bei Teleosteern dürften, wie ich das schon im „Sehorgan“ hervorhob, auf verschiedenen Phasen einer secretorischen Tätigkeit beruhen. Sehr dünn und wohl rein bindegewebig ist die Sclera. Die Chorioidea und die Iris enthalten viel Pigment. Einen Musculus retractor lentis konnte ich nicht auffinden, dennoch mag er, aber höchstens in schwacher Entwicklung, vorhanden sein. Da die harte Linse die Schnitte etwas beschädigt hat, kann ich hierüber keine ganz genauen Angaben machen. Die Retina enthält sowohl auf ihrer Oberfläche als auch in ihrem Innern einige Capillaren, doch fast nur in ihren Randteilen. Sehr zahlreich sind äußerst dünne Stäbchen vorhanden, aber auch Zapfen fehlen nicht; leicht erkennt man ihr Vorhandensein an den Zapfenkernen, soweit diese, etwas größer als die Stäbchenkerne, außerhalb der Membrana limitans externa oder innerhalb ihrer ihr dicht anliegen (z in Fig. U). Eine sehr merkwürdige Differenzierung aber kommt zustande durch das Pigmentepithel. Dieses sendet nämlich seine pigment- erfüllten Fortsätze nicht einzeln zwischen die Stäbchen und wenigen Zapfen, sondern diese Fortsätze weichen, ganze Stäbchenbündel um- Zur mikroskopischen Anatomie der Mormyriden. 135 Fig. T. Auge, Vertikalschnitt. byw Bindegewebe. ch Chorioidea. co Cornea. de Deckepithel. gf Gefäße. ir Iris. km Kaumuskeln. kn Knochen. knp Knorpel. n Nerven (facialis?). n.o Nervus opticus. rc.o Recessus orbitae. r.i Rectus inferior. r.s Rectus superior. fassend, auseinander und legen sich dabei in gewissen Flächen, die somit die Bündel von Stäbchen (st in Fig. U) nebst Zapfen um- grenzen, zusammen. Flächenschnitte der Retina zeigen daher im 136 Victor FRANZ, Bereich der Stäbchenbündel das Pigment des Pigmentepithels in polygonaler, meist ziemlich regelmäßig sechseckiger Felderung, wie das die bei schwächerer Vergrößerung gezeichnete Fig. V ver- deutlicht, die einen etwas schiefen Flächenabschnitt darstellt, somit in ihrem oberen Teile die äußere Körnerschicht (aK) erkennen läßt, dann weiter nach unten hin die pigmentumhiillten Stäbchenbündel, die zunächst dick sind und Zapfenkerne enthalten, weiter nach unten hin aber sich verjüngen in gleichem Maße, wie das Pigment zunimmt. = ak Sie, e see © ST 587 0; 2» 3600: 5 à 4 pi Ne Ai, Fig. U. Netzhaut und Pigmentepithel. Fig. V. Netzhaut und Pigmentepithel z Zapfenkerne. st Stäbchenbündel. im Flächenschnirt. pi Pigmentepithelkerne. aK äußere Buchstabenerklärnng wie in Fig. U. Körnerschicht. A Capillaren. Ich kenne solche Anblicke vom Mormyriden-Pigmentepithel seit etwa sechs Jahren, habe aber lange Zeit für möglich gehalten, sie könnten durch einen Fäulnisprozeb zustande gekommen sein. Erst nachdem ich sie auch in besterhaltenen Formol- und ZEnkeEr-Präparaten Zur mikroskopischen Anatomie der Mormyriden. 137 wiederfand, steht für mich ihre Echtheit fest. Es ist recht be- merkenswert, wenn auch gewiß nur ein zufälliges Zusammentreffen, daß eine polygonale Felderung, wie sie an der Epidermis der Mormyriden bemerkbar ist, in gewisser Weise an der Retina und dem Pigmentepithel wiederkehrt. Vielleicht kehrt bei dem Tiefseefisch Evermanella atrata diese Beschaffenheit des Pigmentepithels wieder; die Abbildung, welche Braver gibt, könnte darauf schließen lassen. Es ist übrigens nicht etwa anzunehmen, daß beim Sich-Zu- sammenlegen der Pigmentfortsätze in Flächen diese Fortsätze mit- einander verschmelzen, sie bleiben vielmehr allem Anschein nach sämtlich fein fadenförmig, denn zahlreiche einzelne, fadenförmige sind immer noch zu erkennen. Die Basalteile der Zellen lassen Zellkerne erkennen, aber nicht sicher Zellgrenzen. Da ich am lebenden Tier den Augenfundus bläulich leuchten sah, vermute ich ein Tapetum lucidum retinale, hervorgerufen durch in den Pigmentzellen gelegene Guaninkrystalle, die bei der Behandlung mit Chemikalien wohl spurlos schwinden können. Ein solches Tapetum retinale findet sich ja unter anderem auch bei Cypriniden. Vielleicht dient die merkwürdige Gruppierung der Pigmentfortsätze dazu, das Tapetum retinale besser zur Wirk- samkeit kommen zu lassen. Im ganzen erinnert das Auge etwas an dasjenige von Protopterus nach der Abbildung von Hoscx durch die auch dort durchgeführte Trennung der Cornea in zwei Schichten, die erhebliche relative Größe der nicht ganz kugligen Linse und die in der Zeichnung Hosc#’s vielleicht angedeutet zu findende ähnliche Gruppierung der Pigmentepithelfortsätze. Doch hat Protopterus eine knorplige Sclera, und sein Pigmentepithel ist noch nicht sehr genau beschrieben, so daß einstweilen auf diese Vergleichung nicht viel Gewicht gelegt werden kann. Anhang. Ist das Ovarium unpaar? Während ich bezüglich der in älterer Zeit von KÖLLıkEr und Frirscx viel untersuchten elektrischen Organe, auf die ich ehedem meine Untersuchungen ausdehnen zu sollen meinte, wohl nichts Anderes würde feststellen können als das, was aus den Untersuchungen von OÖGNEFF und SCHLICHTER hervorgeht, gelang mir wider Erwarten die Auffindung des 2. Eierstockes. Wie schon nach Marcusen (1864) erwähnt, soll ja das Ovarium bei allen Mormyriden nur ein- fach vorhanden sein. Nun fand ich in meiner Schnittserie vom 138 Victor FRANZ, Marcusenius-Rumpf auber dem mächtig entwickelten und auch auf die rechte Körperseite übergreifenden linken Ovar dieses weiblichen Tieres auch noch ein rechtes. Dieses ist aber sehr klein, einfach knötchenförmig ohne jede Umbildung zur Röhre, es enthält nur etwa 20—30 Eierchen von übrigens normaler Beschaffenheit und muß, noch nicht '/, mm lang und winzig dünn, der makroskopischen Untersuchung entgehen. Die Eier in beiden Ovarien entbehren noch gänzlich des Dotters. Sollte aber in anderen Fällen das zweite Ovar etwas größer sein, was schon durch Reifung der Eier in ihm ein- treten kann, so kann es auch makroskopisch gefunden werden, und in dieser Hinsicht dürfte MArcUsEn die Angaben von VALENCIENNES, der ein kleines rechtes Ovar gefunden haben will, etwas zu stark anzweifeln. Rückblick auf die mikroskopisch-anatomischen Befunde. Alle Angaben beziehen sich auf den Mormyriden Marcusenius longianalis BLGr. 1. Der Epidermis ist, außer auf den Flossen, eine komplizierte Schichtung eigen. Sie ist aber außerdem, ein fast einzig dastehender Befund, gefeldert. Denn eine ihrer Schichten, die Schicht der „Plättehensäulen“, besteht aus nebeneinanderstehenden prismatischen Säulen von polygonalem, oft sechseckigem Umriß, jede derartige Säule aus etwa 40 oder mehr iibereinanderliegenden winzig dünnen Plättchenzellen mit randständigem Kern (S. 97—99). Diese Zellen sind als invertiert zu betrachten, indem sie ihre ursprüngliche Lage, in der sie ihr basales Ende der Epithelbasis, ihr apicales der freien Epithelfläche zuwendeten, mit einer dazu senkrechten, also „hori- zontalen“ vertauschten (S. 103). 2. An Kopf und Rumpf finden sich epidermale Organe von dreierlei Art, und zwar 1. Sinnesknospen von eigenem Aufbau, der besonders in der Beschaffenheit ihrer Deckzellen an Hautsinnes- organe der Selachier erinnert. 2. Tubulöse Drüsen, denen jedoch — mit STENDELL — außer der drüsigen Funktion eine Sinnes- funktion zukommen dürfte. 3. Eigenartige, von mir so genannte Knollenorgane, deren Funktion unbekannt ist und in deren Bau sich außer Eigenheiten besonderer Art Motive aus den Sinnes- knospen und den tubulösen Drüsen vereinigen (S. 100—111). 3. Den die tubulösen Drüsen innervierenden mächtigen sensiblen Zur mikroskopischen Anatomie der Mormyriden. 139 Nerven glaube ich nach wie vor als Nervus facialis bezeichnen zu sollen, nicht als Nervus lateralis. Jedenfalls entspricht sein End- kern dem stets als sensibler Facialiskern bei Fischen angesprochenen Gebilde und hat nicht die dem Ursprungsgebiet des Nervus lateralis zugesprochenen Eigenschaften (S. 111—119). 4. Am Gehirn war die schwierigste Frage die der Verbindungen zwischen dem Facialiskern und dem bekanntlich noch stärker als er hypertrophierten Cerebellum. Bei normalen Teleosteern führt eine Bahn vom Facialiskern über das sog. Ubergangsganglion ins Cere- bellum, bei Mormyriden spaltet die Bahn 2 Zweige ab, jeder führt über ein als Neubildung auftretendes, sehr großes Ganglion ins Cere- bellum. Diese beiden Ganglien, das „Ganglion extrolaterale“ und der „Nucleus praeeminentialis“ STENDELLS, sind somit als abgesprengte Teile des stark hypertrophierten Übergangsgan- glions zu deuten (S. 119—124). 5. Die Sinnesorgane der Mundhöhle und der Seitenlinie sowie Gehör- und Riechorgan zeigen in ihrem feineren Aufbau nichts Besonderes; am Auge dagegen fand sich eine Besonderheit, die Zusammenfassung der Sehelemente zu polygonal begrenzten „Stäbchen- bündeln“ durch Pigmentflächen, die von den Fortsätzen der Pigment- epithelzellen gebildet werden (S. 135—137). 6. Das Ovar der Mormyriden kann mit älteren Autoren als unpaar bezeichnet werden, doch fand sich außer dem stark ent- wickelten linken Eierstock auch ein winzig kleiner, dem unbewaffneten Auge verborgen bleibender in der rechten Körperhälfte (S. 137—138). Ausblick auf die mutmaßliche Funktion des Kleinhirns und seine Bedeutung für die Mormyriden. Das Merkwürdigste an den Mormyriden ist und bleibt, wie gesagt, ihr namentlich durch Hypertrophie des Cerebellums so riesiges Gehirn. Um über die mutmaßliche Bedeutung dieser Eigentümlich- keit Erwägungen anzustellen, wird man sich zunächst nach etwa vorhandenen Besonderheiten oder Vermehrungen der unter dem Ein- fluß des Nervensystems stehenden peripheren Organe fragen. Als solche notieren wir am effektorischen Nervensystem die elek- trischen Organe, von denen uns zwar keine besonderen Beziehungen zu den hypertrophierten Hirnteilen bekannt sind, auch erinnern wir ans der neben dem Nervus electricus von STENDELL, leider unvoll- 140 Vicror Franz, ständig, beschriebenen sonstigen „Kolossalfasern“. Am sensiblen Nervensystem notieren wir die zahlreichen fast über den ganzen Körper verbreiteten reich sensibel innervierten drüsigen Tubuli, welche sicher wesentlich dazu beigetragen haben, die erhebliche Größe des Gehirns zu veranlassen, wie auch zur Ausbildung der eigenartigen Schnauzenverlängerungen gewissermaßen anzuregen, da sie hierdurch in größerer Zahl zur Ausbildung kommen können. Demnächst ist die starke Ausbildung des Hör- oder statischen Nerven wichtig. Beobachtungen an lebenden Tieren liegen immer noch in geringer Zahl vor, es steht fest, dab sie Nachttiere und Schlammbewohner sind, und wichtiger dürfte für unsere Frage sein, daß die Fische unter häufiger undulierender Bewegung der Flossen und auch des ganzen Körpers ebenso gut vorwärts wie rückwärts zu schwimmen vermögen, was ich selbst gesehen habe, was wohl die Eigentümlichkeiten am Bulbus arteriosus erklärt sowie die Stärke des Nervus acusticus sive staticus; vielleicht auch, daß die Loko- motionsweise im einzelnen, nach SCHLESINGER, von Gattung zu Gattung Verschiedenheiten aufweist; ferner daß, nach P. ARNOLD, Marcusenius durch elektrische Schläge andere Fische aus der Ferne bereits zu verjagen scheint. Die elektrische Tätigkeit scheint hier- nach wesentlich anderer Art als bei anderen elektrischen Fischen zu sein, nämlich genau dosiert statt elementar, wie denn ja auch das Auftreten der elektrischen Organe bei ihnen ein anderes ist als bei Rochen, Nacktaalen und Welsen: nur schwach sind die elek- trischen Schläge, für den Menschen kaum merklich, aber die elek- trischen Organe sind allen Vertretern der Gruppen eigen, nicht, wie bei Rochen, Nacktaalen und Welsen, nur einigen. Soviel dürfte nun nach den bisherigen morphologischen und biologischen Beobachtungen feststehen, daß die Mormyriden über eine besonders reiche sensible und eine beson- ders differenzierte effectorische Tätigkeit verfügen. Und diese sozusagen stark nervöse Veranlagung dürfte auf dem vergrößerten Cerebellum beruhen, ja sie genügt schon, um dessen Hypertrophie uns im Grunde erklärt erscheinen zu lassen, wenn wir auch noch in manchem Punkte im Ungewissen sind über die Art der sicher vorhandenen starken nervösen Tätigkeit. Vor allem wissen wir nicht, was für Empfindungen der so mächtige Nervus facialis dem Gehirn zuführen mag. Eine Frage an die künftige Forschung wäre, ob vielleicht — was kaum anders sein kann — die Mormyriden auch selber die schwachen elektrischen Schläge Zur mikroskopischen Anatomie der Mormyriden. 141 ihrer Artgenossen empfinden und danach in manchem ihr eigenes Verhalten einrichten, dann ferner, ob die höchst eigenartigen Plätt- chenstrukturen in der Epidermis einen Schutz der inneren Organe vor elektrischen Schlägen bedeuten. Sicher ist nur, daß ganz be- sonders die vom Facialiskern dem Kleinhirn zuströmenden Bahnen stark hypertrophiert sind, demnächst der Tractus spino-cerebellaris und der Tractus acustico-cerebellaris. Die Facialisbahnen führen Sinneseindrücke von den Tubuli zu, die beiden anderen Tractus - offenbar Sinneseindrücke, die bei der eigenen Bewegung entstehen: der Tractus spino-cerebellaris solche vom ganzen Körper, der Tractus acustico-cerebellaris solche vom inneren Ohr, dem Organ der Gleich- gewichtsempfindung, dessen Nerv auch sehr stark ist. Schon die Tatsache, daß ein sensibler Hautnerv, der Nervus facialis, eine Hypertrophie des Kleinhirns mit sich bringt, ferner aber die auch dann noch erstaunliche Stärke dieser Hypertrophie ist nur zu verstehen von der Annahme aus, die ich in meinen Gehirnarbeiten von 1911 und im gleichen Jahre in den Verhandlungen der Deutschen Zoologischen Gesellschaft (p. 200—205) und im Bio- logischen Centralblatt (Vol. 31, Nr. 14, p. 434—445) begründete, dab das Kleinhirn bei den Fischen, wo es übrigens den Namen „Klein- hirn“ der Größenverhältnisse wegen keineswegs verdiente, mehr als wesentlich statisches Regulationsorgan ist, daß es vielmehr mit seinem Eigenapparat Reize aus sehr verschiedenen, vielleicht allen Sinnesgebieten verarbeitet und mithin nach Maßgabe dieser so vielseitigen Reize seine Impulse erteilt. Hiermit und ferner in- sofern, als es gewissermaßen ein Gehirn des Gehirns ist, wie ich 1911 genauer darlegte, indem nämlich keine sensiblen Bahnen aus der Körperperipherie direkt bis zu ihm hin vordringen, außer der kleinen, auf Seite 126 erwähnten Lateraliswurzel, ebenso keine effektorischen Wege aus dem Kleinhirn bis in die Körperperipherie führen, sondern das Kleinhirn direkte Impulse nur dem verlängerten Rückenmark und der Mittelhirnhaube erteilt, welche Bestandteile erst ihrerseits mit der Körperperipherie teils direkt teils über Zwischenstationen verbunden sind, steht das Fischkleinhirn ähnlich als ein übergeordneter Zentralapparat da, wie, nach EprncEr, das Pallium oder Großhirn der Säugetiere und Vögel; auch’ mag es wohl den pilzförmigen Körpern am Insectengehirn zu vergleichen sein. Dieser so außerordentlich einfache und klare Gedanke könnte nur insofern nicat ganz zu unseren bisher gewohnten Anschauungen zu passen scheinen, als wir bei den Warmblütern ein Kleinhirn 142 Vicror Franz, wesentlich statisch-regulatorischer Funktion neben dem Großhirn vorfinden. Diese Schwierigkeit behebt sich, wenn man nicht geradezu „Fische“ als Vorfahren von Warmblütern annimmt, sondern sich die: gemeinsamen Vorfahren von allen Wirbeltieren als Tiere mit noch wenig differenziertem Vorder- und Kleinhirn vorstellt. Von einem solchen Zustand aus, den heute noch die Amphibien behalten haben, muß einerseits der Fischtyp, andererseits der Warmblütertyp des. Gehirns entstanden sein. Zudem dürfte auch dem Kleinhirn der Warmblüter noch eine vielseitigere Tätigkeit innewohnen, als man oft kurz sagt, so daß es namentlich bei Vögeln — bei Säugern kommen Neubildungen hinzu — nicht durchaus etwas so ganz anderes sein muß als bei Fischen. 1912 habe ich ausdrücklich für Teleosteer gezeigt, daß die Be- griffe „Vorderhirn“, „Zwischenhirn“ und ,Mittelhirn“ oder gar „Nachhirn“ für den Anatomen oder Physiologen keineswegs Einheiten darstellen können, wie sie es für den Embryologen sind. Sie alle sind vielfältig zusammengesetzt, keiner hat allseitige Verbindungen; keiner ist einheitlich, weder in Funktion noch in histologischer Architektonik. Für keinen kann also zutreffen, was dem Mittelhirn oft nachgesagt wurde, es spiele bei Fischen etwa die Rolle des Großhirns, sondern dies trifft bei Teleosteern nur zu für jenen großen, einheitlichen, allseitig verbundenen und dem übrigen Gehirn übergeordneten Apparat, das Cerebellum. Für diese Auffassung ist das Mormyridenkleinhirn ein Prüfstein. Daher war es besonders wichtig, an seiner Faseranatomie genau zu prüfen, ob wirklich, wie ich es freilich schon 1911 mit Herrıck als wahrscheinlich hinstellen konnte, eine andere als die statische Sinnesfunktion seine Hypertrophie hervorgerufen habe, und dies hat sich sowohl durch Srexpezr's Untersuchung als auch durch die meinige bestätigt. in einer Hinsicht darf man nun die Sachlage keineswegs miB- verstehen. Allerdings könnte die biologische Vergleichung des Teleosteerkleinhirns mit dem Großhirn von Säugetieren und Vögeln oder mit den pilzhutförmigen Körpern der Insecten, den sogenannten „Intelligenzorganen“ dieser Tiere, den Gedanken nahelegen, daß ‘das Kleinhirn der Fische das Organ oder das hauptsächlichste Organ vorhandener verstandesmäßiger Fähigkeiten oder des Asso- ziationsvermögens sei, dank den inneren Verbindungen zwischen den hier einströmenden Faserzügen sowie zwischen diesen und den aus- strömenden. In der Tat haben ja die Knochenfische an Gedächtnis Zur mikroskopischen Anatomie der Mormyriden. 143 und Lernvermögen so viel, daß sie hierin durchaus mit der Mehrzahl der Säugetiere sich messen können, wie das aus sehr vielen Beobach- tungen, z. B. auch solchen über die weitreichende Ortskenntnis bei den Süßwasserfischen (Franz 1912), hervorgeht. Immerhin ist starke Entwicklung eines derartigen Zentralapparats nicht unbedingt nur von verstandesmäßigen Leistungen abhängig, die denn schließlich wenigstens beim Fisch auch noch in anderen Hirnteilen bewirkt werden Könnte, sondern auch von etwaiger starker Entwicklung der | reflectorischen Tätigkeiten; so fabt man es doch in erster Linie bei den Insecten auf, im Hinblick auf die man das Wort „Intelligenz- organe“ meist in Anführungsstriche setzt. Wahrscheinlich wird bei den Teleosteern die verstandesmäßige Tätigkeit, also das infolge überaus zahlreicher und vielseitiger: innerer Neuronenverbindungen nicht so stereotype, obschon vom rein Reflectorischen grundsätzlich nur graduell verschiedene Rea- gieren auf Reize, immerhin einen gewissen Anteil an der Ausbildung ihres Cerebellums genommen haben und mithin auf ihm beruhen, was sich übrigens physiologisch prüfen lassen dürfte. Mag nun aber in diesem Sinne selbst die Auffassung nicht gänzlich un- statthaft erscheinen, die etwas ungewöhnliche Größe des Cerebellums bei Cypriniden könne damit zusammenhängen, daß nach überein- stimmenden Erfahrungen aller Fischer der Karpfen als der ver- schlagenste von allen Fischen gilt, so entspricht doch der enormen CerebellumvergrüBerung beiden Mormyriden wahrscheinlich nicht ein besonderes Mehr an Assoziationsvermögen. Sondern die Kleinhirn- vergrößerung bei Mormyriden hat, wie wir auf Grund starker sensibler Nerven sowie afferenter Kleinhirnbahnen sahen, vor allem peri- phere Ursachen. Die Mehrfunktion des Mormyridenkleinhirns gegenüber einem normalen Teleosteerkleinhirns besteht also in erster Linie darin, daß es mehr zu verarbeiten hat, nicht darin, dab es mit Wenigem das Verschiedenartigste leistete, wie das Großhirn von Homo sapiens. Oben deutete ich das schon mit dem Ausdruck: „die sozusagen stark nervöse Veranlagung“ an, wobei natürlich „nervös“ nicht im Sinne des Pathologischen oder Unzweckmäßigen gemeint ist, sondern diese Organisation sicher den Mormyriden irgendwie zu- gute kommt und ein Lebenserfordernis für sie ist. Aus welchem Grunde nun die Mormyriden aller ihrer Spezialisierungen an der Epidermis, am Auge, ferner der elektri- schen Organe, der merkwürdigen Tubuli in der Haut, des starken Acusticus und des noch stärkeren Facialis und ferner, was 144 Victor Franz, mit Vielem davon zusammenhängt, des hypertropischen Gehirns, end- lich aber auch, was wohl nicht unmittelbar damit zusammenhängt, der Unpaarigkeit des Ovars bedürfen, diese Frage ist natürlich nicht so leicht zu beantworten, wie z. B. die nach dem Grund der Spezialisierungen bei Tiefseefischen oder bei Höhlentieren, da die Mormyriden nicht in einem abnormen Milieu leben. Man kann aber wohl die Vermutung begründen, die Spezialisierungen der Mormy- riden waren nötig aus tief innerlichen, stammesgeschichtlichen Gründen. Denn wie schon eingangs gesagt, gehören die Mormyriden verwandtschaftlich zu den ursprünglichsten Teleosteern, nach Abzug der Spezialisierungen von ihrer Organisation bliebe ungefähr der denkbar generalisierteste Knochenfisch übrig, ein Wesen, das an der Wurzel des Knochenfischstammes steht und auch noch einige An- klänge an Selachier und Amphibien zeigt; solche wurden näm- lich von mir, wie oben dargelegt, am Aufbau der Sinnesknospen gefunden, ferner treten solche auch an den von BupGerr entdeckten eigenartigen Larven von Gymnarchus zutage, die nämlich durch einen riesigen Dottersack, äußere Kiemenbüschel und einen Haft- apparat oder eine Kittdrüse an Ganoiden-, Selachier-, Dipnoer- und Amphibien-Jugendstadien anklingen und mithin abermals jene weit- reichenden Zusammenhänge andeuten wie auf histologischem Gebiete die Deckzellen. Endlich können wohl die drüsigen und zugleich sensibel innervierten Tubuli der Haut phylogenetisch durchaus mit den nur tiefer in die Cutis eingesenkten, teilweise gleichfalls vom Facialis sensibel innervierten und ganz ähnlich an Kopf und Körper verteilten Gallertröhren der Selachier verglichen werden, während die Seitenlinie der Teleosteer denn doch wohl eine Bildung für sich sein mag. Beides nebeneinander, Seitenkanäle und drüsig-sensible Poren, dürfte sich außer bei Mormyriden nur noch bei Chimaera mit ihrer in ganzer Länge offenen Seitenlinie wiederfinden. Wenn also der Mormyridentypus annäherungsweise sogar ein Kollektivtypus ist und jedenfalls an der Wurzel des Knochenfisch- stammes steht oder doch nur durch sie mit anderen Teleosteertypen verbunden ist, so finden wir eine Art biologisch-phylogenetischer Erklärung auch für die Spezialisierungen der Mormyriden. Alle noch ursprünglicheren Knochenfische oder Osteichthyes, diesen Begriff im Sinne von Goopricn’s anscheinend sehr gut phylogenetisch durch- gearbeitetem System gefaßt, die Dipnoi, Polypterini, Chondrostei, Amioidei und Lepidosteoidei, sind ja heute nur durch wenige oder ganz vereinzelte, in der Vorzeit aber durch viel zahlreichere Arten — > Ken fit Zur mikroskopischen Anatomie der Mormyriden. 145 vertreten. Sie erscheinen uns wie kümmerliche Reste aus der Vor- zeit, die ihrer Überwindung durch andere, im ganzen weiter fort- geschrittene Teleosteer-Familien entgegengehen. Ebenso diejenigen Teleosteer und zwar Clupeiformes, die als noch ursprünglicher als die Mormyriden gelten, die Elopidae und Albulidae: auch diese beiden Familien sind heute artenarm und, was nach Fossilfunden wenigstens für die Elopiden unbedingt feststeht, an Artenzahl reduziert gegenüber früheren Zeiten. Auch sind sie ganz ins Meer gegangen, während das Süßwasser, wie ich mit Dotto und Dierz und aus ähn- lichen Gründen wie letzterer Autor annehme, das ursprüngliche Knochenfischmilieu gewesen sein dürfte. Wenn im Gegensatz zu jenen Familien und Ordnungen die Mormyriden heute in voller Artentwicklung dastehen und sich erhalten können, so dürften sie das ihren eigenartigen Spezialisierungen verdanken. Zool. Jahrb. 42. Abt. f. Anat. > 10 146 Vicror Franz, Literaturverzeichnis. ARNOLD, P., Marcusenius longianalis BLGR., in: Wochenschr. Aquarien- und Terrarienkunde, Jg. 6, 1909, No. 39, p. 529—531. BERKELBACH VAN DER SPRENKEL, H., The central relations of the cranial nerves in Silurus glanis and Mormyrus caschive, in: Journ. comp. Neurol., Vol. 25, No. 1, 1915. DE BEAUFORT, L. F., Die Schwimmblase der Malacopterygii, in: Morphol. Jahrb., Vol. 39, 1909. BOULENGER, G. 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Morph: ma in = = IN —— nen ‘S D 7 L Möller gez Lith AnstvK Weuservena Zooleg. Jahrbücher Bd AZ Abt. f. Morph. LÉ: > | — > oralwärts We jo as 7 Verlag von Gustav Fischer in Jena LithAnstvKWesser Jens Nachdruck verboten. Übersetzungsrecht vorbehalten. Die Eibildung der Musciden. Von Adolf Verhein. (Aus dem Zoologischen Institut der Universität Rostock.) Mit 2 Abbildungen im Text und Tafel 5-10, Inhalt. Einleitung E Material und Methode Morphologie des Ovariums . 1. Die larvale Eiröhre 2. Die imaginale Eiröhre a) Der Endfaden b) Die Endkammer. c) Die .erste Eianlage . . d) Die äußere Entwicklung der Eifächer. Die Multiplikationsteilungen der Ovogonien Die Differentialmitosen Die Differenzierung der Eizelle und Ae Nährzellen . ; 1. Die Ausbildung der Eizelle und die Entwicklung ‘des Keimbläschens : a) Die erste Abgabe von Trophée natale b) Die Zusammenballung des Chromatins c) Die Zerstäubung des Trophochromatinrestes 2, Die Differenzierung der Nährzellkerne und ihr Anteil an der trophischen Funktion der Nährzellen . a) Die Abgabe des ursprünglichen Trophochromatins b) Die erste Periode der Chromatinvermehrung Zool. Jahrb. 42. Abt. f. Anat. : a 150 ADOLF VERHEIN, Seite c) Die , Raupenchromosomen“ , . + COPIES d) Die zweite Periode der roles . ae Die Beziehungen zwischen Eizelle und Nährzellen . . . . . . 192 Die Dotterbildung.. 4.) 2 TS siete oot oe oo ie POP Das Follikelepitkel 7. 3.929 Sy seg N er Einleitung. Seit der bekannten Preisarbeit Lupwics über die Eibildung im Tierreich war die Lehre von der genetischen Gleichwertigkeit von Eizellen, Nähr- und Epithelzellen zu allgemeiner Anerkennung gelangt. Als nun Wizz (1886) auf Grund eingehender Untersuchungen an Colymbetes und Dytiscus den Beweis erbrachte, daß nur die Ei- zellen selbst sich direkt von den Keimzellen herleiten, die Nähr- zellen hingegen erst sekundär durch einen, wie Witt glaubte, Knospungsprozeß aus den Eizellen hervorgehen, konnte dieser Fort- schritt in der Auffassung der Zellelemente des Insectenovariums doch keine Anerkennung finden, weil in demselben Bande der Zeit- schrift für wiss. Zool. (Vol. 43) eine sich über zahlreiche Insecten ausdehnende Arbeit KORSCHELTS erschien, welche im Gegensatz zu Witt für die alte Auffassung eintrat. Nichtsdestoweniger war Wırnv’s Lehre von der sekundären Natur der Nährzellen die richtige, wie im Jahre 1901 von GIsRDInA durch Untersuchungen an Dytis- ciden bewiesen und durch GÜNTHERT einige Jahre später für das gleiche Objekt bestätigt wurde. Alle 3 Arbeiten lassen erkennen, daß KorscHELT die eigentümlichen bei den Dytisciden herrschenden Differenzierungsvorgänge der Keimzelle in Ei- und Nährzellen, die allein für die genetischen Beziehungen dieser zueinander und zu den Ovogonien maßgebend sind, völlig entgangen sind. Schon GrARDINA hatte sich dahin ausgesprochen, daß der von ihm aufgedeckte Modus der Differentialmitosen (divergierende Ent- wicklung von Ei- und Nährzellen) bei den übrigen Insecten analog den Verhältnissen bei Dytiscus verlaufe. Demgegenüber hatte dann Brauxs festgestellt, daß bei Forficula die Differentialmitose durchaus nicht die auffälligen Erscheinungen darbietet, wie sie von den ge- nannten Autoren bei Dytiscus beschrieben waren. Er fand vielmehr, daß die Endprodukte der der Differentialmitose entsprechenden Teilung der Ovocyte bei Forficula, die Eizelle und die Nährzelle, äußerlich zunächst gar nicht unterschieden sind, sondern daß erst im späteren Verlauf der Entwicklung die allmähliche Differenzierung dieser Elemente infolge eines am ruhenden Kern der Eizellen sich Die Eibildung der Musciden. 151 abspielenden Diminutionsvorganges eintritt. Dieser Diminutions- vorgang, der sich bei Dytiscus während der Mitose selbst abspielt, ist bei Forficula also in das auf die Teilung folgende Ruhestadium verschoben. Zugleich untersuchte Brauns die feineren cytologischen Verhältnisse des Nährzellkerns und stellte eigentümliche Formen der Chromatinvermehrung und der Chromidienabgabe fest. Material und Methode. Anschließend an diese Arbeit begann ich im Sommer 1911 auf Veranlassung von Herrn Prof. Dr. Wizz die Eibildung der Musciden zu untersuchen, einer Insectengattung, die von KoRSCHELT zur Stütze seiner Lehre von der gemeinsamen Entstehung aller Zellelemente des Insectenovariums herangezogen war. Vor allen Dingen wollte ich feststellen, wie die ersten Differenzierungsvorgänge von Ei- und Nährzellen bei dieser Dipterengattung verlaufen. Andererseits sollten die Chromatinverhältnisse der Nährzellkerne und deren Beteiligung an der Produktion von Nährmaterial klargestellt werden. Es sei hier gleich vorweggenommen, daß meine Untersuchungen die Unhalt- barkeit der Auffassung von KoRSCHELT ergaben. Vielmehr be- stätigten sie in allen Punkten die von WILL, GIARDINA, GÜNTHERT und Brauns gewonnenen Resultate, soweit es sich um die grund- legende Art der Differenzierung von Ei- und Nährzellen handelt. Im einzelnen ergaben sich natürlich Abweichungen, die aber für die wesentlichen Punkte der Theorie belanglos sind. Als Objekt für diese Untersuchungen diente in erster Linie Musca vomitoria. Doch wurde auch die Ovogenese von Sarcophaga carnaria und Musca domestica verfolgt. Bei allen 3 Fliegen verläuft die Eibildung bis auf geringe Unterschiede ganz gleich. Daher kann ich mich damit begnügen, meine Befunde an Musca vomitoria näher zu erläutern. Nur für einige späte Stadien kam Sarcophaga carnaria hauptsächlich in Frage. Um ein lückenloses Material für die Untersuchungen zu ge- winner, war es nötig die Fliegen zu züchten. Zunächst wollte ich die Verhältnisse der Genitalanlagen bei Larve und Puppe mit denen in den jungen Eiröhren der Imago vergleichen. Und zweitens hatte ich so auch im Winter genügend frisches Material zur Verfügung. Wenn das Weibchen seine Eier auf Fleischstückchen zur Ablage gebracht hatte, wurden diese in flachen Glasschalen, im Sommer im Freien, im Winter bei Zimmertemperatur der weiteren Entwicklung 11* 152 ADOLF VERHEIN, überlassen. Nach ungefähr 36 Stunden schliipften die jungen Larven aus. Zur Fütterung diente frisches Fleisch, das anscheinend durch ein besonderes Secret bald in eine Art zähen Breies verwandelt wurde. Waren die Larven zur Verpuppung reif, so wurden sie mit- samt dem Fleischbrei in Schalen gebracht, deren Boden ca. 4cm hoch mit Sand bedeckt war. Wurden diese Schalen an einen dunklen Ort aufgestellt, so erfolgte in ganz kurzer Zeit die Verpuppung. Dabei kroch jede Larve bis zur Tiefe von 2cm unter die Sand- decke. Die Puppen wurden dann aus dem Sand herausgesiebt und zur weiteren Beobachtung luftig aufbewahrt. Das Ausschlüpfen der jungen Fliegen erfolgt in der bereits von Weısmann beschriebenen Weise. Die ausgeschlüpften Fliegen wurden in Käfigen gehalten, wo sie bis zur Eiablage verblieben. Sie wurden hauptsächlich mit Sirup gefüttert. Die Zeit der Embryonalentwicklung erfordert, wie oben schon erwähnt, ca. 36 Stunden nach erfolgter Eiablage. 10—11 Tage dauert das Larvenstadium, 15—16 das der Puppenruhe. Nach 15 Tagen erfolgte die erste Eiablage der jungen Imago. Mit dieser kurzen Entwicklungsdauer bis zu der Geschlechtsreife hängt wohl die Ausbildung von verhältnismäßig wenig Eiern in einer Eiröhre zusammen. Immerhin aber erreicht die Zahl der Nachkommenschaft einer Fliege eine beträchtliche Größe. Nehmen wir an, daß jedes Weibchen nur einmal Eier ablegt und zwar 100 Stück, so erreicht eine Fliege, die am 1. Mai zur Eiablage schreitet, bis zum 1. Oktober eine Nachkommenschaft von rund 12750000 Fliegen. Konserviert wurden Larven, Puppen und Imagines. Da das Alter des einzelnen Tieres stets bekannt war, so konnte ich durch Konservieren zu verschiedenen Zeiten eine Reihe von Prä- paraten erzielen, die die Ovogenese in fast lückenloser Folge er- gaben. Larven wurden konserviert, nachdem die vordere Körper- hälfte und die beiden letzten Segmente entfernt waren. Ein Heraus- präparieren der Genitalanlagen aus dem Fettkörper hatte sich als zu zeitraubend erwiesen. Das Konservieren der Puppen war be- sonders schwierig, da der Inhalt der Puppen nach eingetretener Histolyse leicht ausfließt. Als praktisch erwies es sich, sie für einen Augenblick in siedendes Wasser zu tauchen. Dann wurden die vorderen und hinteren Segmente der Puppenhülle vor- sichtig abpräpariert und die Puppen in toto in die Konservierungs- flüssigkeit geworfen. Nach einiger Zeit wurde dann der Rest der Hülle entfernt und das Abdomen weiter konserviert. Die Fliegen Die Eibildung der Musciden. 153 wurden dekapitiert, dann das Abdomen abgeschnitten und mit Hilfe eines Zeıss’schen Binokulars die Ovarien unter der Konservierungs- flüssigkeit herauspräpariert. Als Konservierungsmittel diente durch- weg das Zexker’sche Gemisch. Versuche mit anderen Konservie- rungsflüssigkeiten, besonders dem Fuemming’schen Gemisch, ergaben keine guten Resultate, da Schrumpfungen eintraten. Die Heraus- nahme der Ovarien erfolgte unter der kalten Flüssigkeit, die zur definitiven Fixierung durch das auf 70° C erwärmte Gemisch er- setzt wurde. Die Dicke der Schnitte betrug 3—5 yw. Die Schnitte wurden hauptsächlich mit Hrıpenaam’s Eisenhämatoxylin-Lichtgrün gefärbt. Als Kontrollfärbungen dienten Safranin-Lichtgrün, Safranin- Orange-G, Hämalaun-Eosin, Hämalaun-Orange-G, Gentianaviolett- Orange-G und Boraxkarmin. Schnitte durch Larven und Puppen wurden besonders mit Hämalaun-Eosin gefärbt. Schließlich wurden zur Feststellung der Zahl der Nährzellen auch Totalpräparate von älteren Ovarien angefertigt, wobei die einzelnen Eiröhren durch Zerzupfen isoliert wurden. Die Zeichnungen wurden unter Benutzung eines Zeıss’schen Mikroskops mit einem Axpse’schen Zeichenapparat angefertigt. Was die Vergrößerung der einzelnen Figuren anlangt, so verweise ich auf die Erklärung der Abbildungen am Schlusse dieser Abhandlung. Morphologie des Ovariums. Die Ovarien der Fliegen sind paarig angeordnete Organe. Auf jeder Seite des Abdomens liegt ein Bündel von Eiröhren, die in den Eileiter münden. Die Eileiter vereinigen sich zu einem unpaaren Ausführgang. Das larvale Ovarium zeigt im Durchschnitt Nieren- form (Fig. 64). Der konkaven Seite sind die Endfäden, der kon- vexen die Eileiter zugewandt. Jede einzelne Eiröhre ist von einer zarten peritonealen Hülle (p) umgeben. Das ganze Eiröhrenbündel ist gleichfalls von einer dünnen Hülle (R) bekleidet, an der dorsal- wärts die Endfäden inserieren. Die Ovarien bestehen aus je unge- fähr 50 Eiröhren, so daß im ganzen gegen hundert Eier zur Ablage kommen. Die Eiröhren zeigen je nach dem Alter des Tieres einen ver- schiedenen Bau. Sie setzen sich zusammen aus Endfaden, End- kammer und der eigentlichen Eiröhre. Diese zeigt bei einem jungen Tier eine Eianlage. Später werden, indem das reifende Ei dem Eileiter entgegenrückt, gewöhnlich noch weitere 2 Eier angelegt 154 ADOLF VERHEIN, (Fig. A). Dabei sind die einzelnen Eianlagen nur durch einen dünnen Zellstrang (a) miteinander verbunden. In unserer Fig. A sind die die einzelnen Eianlagen verbindenden Zellstränge anscheinend durch das reife Ei zusammengeschoben, so daß sie nicht sichtbar KbI\.. Fig. A. Fig. B. (Das Keimbläschen ist schematisch eingezeichnet.) sind (vgl. aber Fig. 66, 70). Die Kommunikation der Eiröhre mit dem Eileiter wird durch einen Zellstrang (zs) gebildet, in dem das zum Durchtritt des Eies erforderliche Lumen aber erst im Augen- blick der Eiablage in Erscheinung tritt. Jede Eianlage besteht aus einer Eizelle und 15 Nährzellen (Fig. B). Von diesen liegen stets 4 der Eizelle direkt an. Ihre Kerne übertreffen die übrigen Nährzellkerne bedeutend an Größe- Die besondere Funktion dieser Kerne werde ich weiter unten be- sprechen. Aus der allmählichen Ausbildung der einzelnen Eianlagen und dem Wachstum des dem Eileiter anliegenden Eies resultiert eine gewaltige Größenzunahme des Ovariums. Das ist leicht ver- Die Eibildung der Museiden. 155 stindlich, wenn man die Größen der Eianlagen und der Eiröhren auf verschiedenen Altersstufen miteinander vergleicht. Die Größen der ersten Eianlagen von dem Alter der Figg. 3, 60, 66 und 67 verhalten sich ungefähr wie 1:2,5:10:26 und die der ganzen Ei- röhren wie 1:1,7:6,5:12. So kommt es, daß die Ovarien, die beim Ausschlüpfen der Fliege Organe von der Größe eines Sandkorns sind, kurz von der Eiablage das ganze Abdomen prall erfüllen. Die Frage nach der ersten Entstehung der weiblichen Ge- schlechtsorgane von Musca ist noch nicht völlig geklärt. Doch hat die Annahme große Wahrscheinlichkeit, daß sie aus den „Polzellen“ des sich entwickelnden Fliegeneies entstehen. Ich verweise hierfür auf die Arbeit von Noack und die dort angegebene Literatur. 1. Die larvale Eiröhre. Die Anlagen der weiblichen Geschlechtsorgane finden wir schon in der Larve. Hier liegen die Ovarien als kugelige Körper in den dorsalen Fettlappen. Und zwar lassen sich bereits die einzelnen Eiröhren unter- scheiden. Eine Gliederung in Endfaden und Endkammer besteht jedoch noch nicht. Jede Röhre stellt lediglich einen kurzen, gleich- mäßig dicken Schlauch dar, der mit zwei verschiedenen Zellformen erfüllt ist (Fig. 1). Am oberen Ende sehen wir eine Reihe querge- stellter Zellen. Aus ihnen entwickelt sich später durch Streckung der ganzen Anlage der Endfaden. In dem Schlauch selbst beobachten wir zunächst verhältnismäßig große Zellen mit rundem Kern (0g). Er ist hell, bläschenförmig und besitzt wenig Chromatin. Diese Zellen sind die Keimzellen, und zwar sind es die Ovogonien. Aus ihnen differenzieren sich später auf eine noch näher zu beschreibende Weise die Ei- und Nährzellen. Treffen wir auf diesem Stadium Mitosen (Fig. 1), so haben wir Multiplikationsteilungen der Ovogonien vor uns. Die andere Zellenart (Fig. 1 epz) des embryonalen Ovariums ist kleiner. Ihr Kern unterscheidet sich erheblich von dem der Keimzellen. Er ist langgestreckt und von einem Netzwerk durch- zogen, auf dem das Chromatin sich in dicht gedrängten Brocken abgelagert hat. Diese Kerne fallen auf den ersten Blick durch ihre starke Färbbarkeit auf. Obgleich sie in der jungen Eiröhre noch überall zwischen den Keimzellen verteilt liegen, geht aus der späteren Entwicklung doch hervor, daß sie mit den Epithelzellen der Eier gleichbedeutend sind. Ihre Zahl ist schon jetzt ‚bedeutend größer als die der Ovogonien. Aus der großen Verschiedenheit 156 ADOLF VERHEIN, beider Zellarten, die sich hauptsächlich an den Kernen kundgibt, läßt sich mit Sicherheit schließen, daß die Epithelzellen einen anderen Ursprung haben als die Keimzellen. Dagegen scheinen sie dieselbe Zellenart darzustellen wie die Endfadenzellen, da ihr äußerer Habitus ganz der gleiche ist. Die gesonderte Entstehung von Geschlechts- und Epithelzellen wird auch noch durch die Angaben von Hrymons über die Verhält- nisse bei Forficula wahrscheinlich gemacht. Dort findet die Bildung der Geschlechtsanlage ebenfalls an einem Eipole statt. Wandern später die Keimzellen von dem Ort ihrer Entstehung zu ihrem end- gültigen Platz im vorderen Ende des Embryos, so durchbrechen sie die Mesodermanlage der Ursegmente. Dabei legen sich Mesoderm- zellen den Geschlechtszellen eng an und begleiten sie auf ihrer Wanderung. Aus diesen Mesodermzellen entstehen dann die Epithel- zellen. Bei der gleichfalls polaren Entstehung und späteren Wan- derung der jungen Keimzellen der Musciden liegt es wohl nahe, auch hier die Epithelzellen aus Zellen herzuleiten, die sich der wandern- den Keimzelle angeschlossen haben, da für einen gemeinsamen Ur- sprung von Keim- und Epithelzellen Anhaltspunkte nicht existieren. 2. Die imaginale Eiröhre. Eine Gliederung der Eiröhrenanlage erfolgt erst verhältnismäßig spät, kurz vor dem Ausschlüpfen der Fliege aus der Puppenhiille. Dann können wir an den einzelnen Eiröhren der jungen Ovarien (Fig.3) schon 3 Abschnitte unterscheiden: den Endfaden (ef), die Endkammer (ek) und die eigentliche Eiröhre, die aber bei Musca lange Zeit zu- nächst nur aus einer einzigen Eianlage besteht (ea). Ein vielleicht 2 Tage älteres Stadium zeigt Fig. 58. Die ganze Eiröhre ist nur wenig gewachsen. Es hat sich aber die 1. Eianlage mit einer Epithel- wand umgeben und in der Endkammer beginnt die Bildung einer 2. Eianlage, was sich zunächst nur durch die eigentümliche Struktur der Kerne am Grunde der Endkammer kundgibt. a) Der Endfaden. Der Endfaden besteht aus einem soliden Zellenstrange, der lediglich als Anheftungsorgan an der Hülle des Ovariums zu dienen scheint (Fig. 64). Sein feinerer histologischer Bau ist je nach dem Alter etwas verschieden. Ältere Autoren haben ihn als Syncytium beschrieben. Und in der Tat lassen sich bei Musca durchaus nicht immer Zellgrenzen beobachten (Fig. 3, 58). Die Eibildung der Musciden. . 157 Da aber doch zu Zeiten Andeutungen von solchen gefunden werden, . so möchte ich annehmen, daß das Fehlen der Zellgrenzen lediglich auf Mängeln der Konservierung beruht. Wir hätten also den End- faden von Musca ebenso wie den von Dytiscus und Forficula als ein zelliges Organ zu betrachten. Die Kerne des jungen Endfadens zeigen einen rundlichen Bau. Sie sind bläschenförmig mit verhält- nismäßig wenig Chromatin, unterscheiden sich darin also beträchtlich von den Kernen der Endfadenanlage (Fig. 1). Sie gleichen aber- auch jetzt völlig den Epithelzellkernen. Dies zeigt besonders deut- lich Fig. 3, wo dem Endfaden unmittelbar an der Begrenzungslinie gegen die Endkammer einige Epithelzellkerne (epz) angelagert sind. Später zeigt der Endfaden quergestellte gestreckte Kerne (Fig. 58). Jedoch sind stets alle Kerne von gleicher Größe. Die etwas ver- schiedene Größe der Kerne in Fig. 58 erklärt sich unschwer aus ihrer verschiedenen Lage zur Schnittrichtung. Daß sich im unteren Abschnitt des Endfadens eine Reihe kleinerer Kerne findet, die im oberen vollständig fehlen, wie dies KorsCHELT behauptet, habe ich nie beobachten können. Eins ist noch von Wichtigkeit: die sehr deutlich markierte bogenförmige Abgrenzung des Endfadens von der Endkammer (Fig. 3, 58). Sie ist auch schon von KorscHELT fest- gestellt worden. Diese Abgrenzung zeigt klar, dab zwischen End- kammer und Endfaden kein direkter Übergang besteht. Also er- scheint ein Übergang der verschiedenen Zellarten ineinander, wie er früher von älteren Autoren behauptet wurde, als ausgeschlossen. Zeigen Endfaden- und Epithelzellen gleichen Habitus, so beruht das nicht darauf, daß Endfadenzellen zu Epithelzellen werden, sondern beweist nur, dab beide gemeinsamen Ursprungs sein können, später sich aber unabhängig nebeneinander entwickelt haben. b) Die Endkammer. In der Endkammer von Musca finden wir Kerne von ver- schiedener Größe und Gestalt. Wie schon oben erwähnt, treffen wir zunächst überall zerstreut Epithelzellkerne (Fig. 3 epz). Sie sind von ovaler Gestalt und enthalten verhältnismäßig wenig Chro- matin. Meistens besitzen sie einen Nucleolus. Sie sind alle von ungefähr gleicher Größe. Daneben finden wir Kerne, die bedeutend größer und von runder Gestalt sind. Sie alle zeigen ein Kerngerüst mit darauf fein verteiltem Chromatin und einen sehr stark gefärbten Nucleolus (Fig. 3, 9, 58). Den Kernen sitzen häufig Chromatin- brocken und -kappen auf, deren Bedeutung wir weiter unten erörtern 158 ADOLF VERHEIN, werden. Diese Kerne sind die Produkte der Differentialmitosen der Ovogonien. Auch sie zeigen alle die gleiche Größe. Geringe Größen- unterschiede lassen sich dadurch erklären, daß eben nicht jeder Kern von dem Schnitt in seinem größten Durchmesser getroffen wurde. Die Kerne können auch, wie in Fig. 3 am Grunde der End- kammer, schon in ihrer Entwicklung weiter fortgeschritten sein. Dann zeigt sich das Chromatin in einem verknäuelten Faden auf- gewunden. Jedenfalls aber sind diese Kerne auf allen Stadien wohl- unterschieden von den Epithelzellkernen. KoRSCHELT beschreibt in der Endkammer die Kerne der Keimzellen als verschieden groß und behauptet: „Die größeren dieser Kerne zeigen eine bedeutend hellere Färbung als die erstgenannten Kerne [Epithelzellkerne, d. V.], die kleineren hingegen und besonders die am weitesten nach oben ge- legenen stehen diesen in der Färbung sehr nahe, so daß sich sowohl in Bezug auf Größe und Gestalt, wie auf Färbung alle Übergänge von den kleinen dunklen zu den großen hellen Kernen finden.“ Solche Übergänge habe ich nirgends beobachtet. Auch da, wo die Epithelzellen zwischen den Keimzellen liegen, lassen sie sich auf den ersten Blick von ihnen unterscheiden. Wenn daher KORSCHELT aus den Übergängen zwischen den verschiedenen Zellarten auf ihren gemeinsamen Ursprung schließen will, so ist dieser Schluß falsch. Im Gegenteil, Keimzellen und Epithelzellen sind gesonderten Ur- sprungs und auf jedem Stadium ihrer Entwicklung voneinander unterschieden, wie sich leicht aus einem Vergleich der Figg. 1, 3 u. 58 ergibt. Im oberen Teil der Endkammer findet man noch keine Zell- grenzen. Doch wäre es falsch, daraus zu folgern, daß die großen Kerne keine Produkte der Differentialmitosen wären. Es finden sich nämlich oft, auch wo keine Zellgrenzen sichtbar sind, die für Musca so typischen stark gefärbten Plasmakommunikationen in Ringform (Fig. 2 pk). Es sind dies die Stellen, wo bei den Differentialmitosen das Plasma der Teilprodukte noch in Zusammenhang bleibt. Diese Plasmabrücken sind von einem stark gefärbten Ring umgeben (vgl. die Figg. 12—22). Daraus aber muß geschlossen werden, daß sich zwar an der Spitze der Endkammer die Zellgrenzen durch ihre besondere Färbbarkeit noch nicht nachweisen lassen, daß sie aber nichtsdestoweniger vorhanden sind. Das ergibt sich auch daraus, daß bei Konservierungen mit FLEmMine’scher Lösung, wobei meistens Schrumpfungen eintraten, die Endkammer von isolierten geschrumpften Zellen erfüllt war. Die Eibildung der Musciden. . 159 c) Die erste Eianlage. Anschließend an die Endkammer finden wir im Ovarium der eben ausgeschlüpften Fliege die 1. Eianlage. Sie besteht aus deut- lich gegeneinander abgegrenzten Zellen mit großen, runden Kernen (Fig. 3 ea). Die Kerne enthalten einen großen stark gefärbten Nucleolus und fein verteiltes Chromatin. Durch genaue Zählung läßt sich fest- stellen, daß eine solche Eianlage aus 16 Zellen besteht und zwar, wie schon oben erwähnt, aus 15 Nährzellen und 1 Eizelle. Ein Unterschied in der Kernstruktur besteht auf diesem Stadium zwischen der Eizelle und den Nährzellen noch nicht, doch läßt sich die künftige Eizelle auf andere Weise bestimmen. Es offenbart sich bei Musca ‚schon frühzeitig eine Polarität der Eizelle, derart, daß sie stets dem Eileiter am nächsten liegt (Fig. 3, 58 ez). Diese Polarität bleibt während des ganzen Wachstumstadiums bestehen (Fig. 60, 63, 64, ‘66). Auf dem Stadium der Fig. 3 läßt sich außerdem die Eizelle von den Nährzellen dadurch unterscheiden, daß sich ihr Plasma etwas anders färbt als das der Nahrzellen. Bei der Färbung mit Lichtgrün nämlich wird das Plasma der Eizelle hellgrün, während das der Nährzellen eine dunklere blaugrüne Färbung zeigt. Die Eizelle und die zugehörigen Nährzellen sind durch deutlich erkennbare Plasmakommunikationen miteinander verbunden. Diese Plasmakommunikationen werden natürlich nicht auf allen Schnitten gleichmäßig getroffen. Sie zeigen sich in schräger Ansicht als mehr ‘oder wenig große, tief schwarz gefärbte Ringe (Fig. 58). Sind sie durch den Schnitt quer getroffen, so zeigen sie sich bei schwacher Vergrößerung nur als 2 schwarze Pünktchen in der Zellenmembran (Fig. 58). Wir haben also in der jungen Eianlage von Musca ein Stadium vor uns, das ungefähr dem Rosettenstadium von Dytiscus entspricht, denn aus dem Bestehen der Zellverbindungen läßt sich mit Sicherheit schließen, daß die 16 Zellen des ersten Eifaches ‘durch wiederholte Teilungen aus einer einzigen Mutterzelle ent- standen sind. Schließlich treffen wir in der Eikammer noch kleinere Zellen mit ovalen Kernen. Diese Kerne besitzen einen Nucleolus und mehr oder weniger dicht konzentriertes Chromatin. Es sind dies Epithel- zellen (Fig. 3 ep). Dabei ist allerdings zu bemerken, daß sich Zell- grenzen nicht immer nachweisen lassen. Die Epithelzellen ver- mehren sich rasch durch Teilung und umgeben nach kurzer Zeit die erste Eianlage mit einem einschichtigen Pflasterepithel (Fig. 58). 160 ADOLF VERHEIN, d) Die äußere Entwicklung der Eifächer. Die völlige Trennung des 1. Eifaches von der Endkammer er- folgt dadurch, daß zwischen beide sich eine Epithelwand einschiebt. Die Entstehungsart dieser Epithelwand veranschaulicht uns Fig. 58. Wir sehen hier in der Trennungszone die Anaphase einer sich teilenden Epithelzelle. Und zwar ist die Spindelachse schräg ge- stellt, derart, daß die eine Tochterzelle sich zwischen Endkammer und Ei einschiebt, während die andere in der seitlichen Epithel- hülle der Eianlage verbleibt. Ist die Trennung vollendet, so ist die weitere äußere Entwick- lung der einzelnen Eifächer verhältnismäßig einfach. Durch Wachs- | tum nimmt das 1. Eifach ständig an Größe zu. Hand in Hand mit dem Wachstum des Eies geht natürlich eine Vergrößerung der Epithelhülle, die durch rasch aufeinanderfolgende Teilungen der Epithelzellen erfolgt. Auf dieselbe Weise, wie eben geschildert, schnürt sich allmählich von der Endkammer ein 2. Eifach ab. Dabei buchtet sich die Verbindungsstelle zwischen dem 1. und 2. Fach immer mehr ein. So entsteht zunächst ein kurzer, dicker Stiel von Epithelzellen (Fig. 64). Dieser wandelt. sich später zu einer einzigen Reihe hintereinander gelegener Zellen um (Fig. 60, 66). Die ersten Zellen dieses Stranges zeigen lang gestreckte, quer ge- stellte Kerne (Fig. 60). Diese Kerne unterscheiden sich erheblich von den Epithelzellkernen der einzelnen Eifächer, zeigen aber eine große Ähnlicheit mit den Zellkernen des Endfadens (Fig. 60, 58). Da der Zellstrang lediglich dazu dient, äußerlich die Verbindung zwischen den verschiedenen Eifächern aufrecht zu erhalten, so ist die Formveränderung seiner Kerne denselben Einflüssen zuzuschreiben, die die ursprünglich runden Kerne der Endfadenzellen zu lang gestreckten machen. Das aber müssen notwendigerweise Einflüsse rein mechanischer Natur sein. Denn sowohl Endfaden wie der ver- bindende Zellstrang sind nur als Anheftungsorgane zu betrachten und üben keinerlei Funktion aus, die irgendwie etwa mit der Weiterleitung oder dem Austausch von Nährmaterial oder Stoff- wechselprodukten in Zusammenhang stehen. Durch die Streckung dieses Zellstranges ist die Verbindung des 1. und 2. Eifaches eine ziemlich lockere geworden. Während nun ein gewaltiges Wachstum des jungen Eies einsetzt, hat sich die 2. Eianlage ebenfalls mit einer Epithelschicht umgeben und steht schließlich mit der Endkammer ebenfalls nur durch einen Zellstrang Die Eibildung der Musciden. - 161 in Verbindung (Fig. 70). Schließlich kann sich (nach Werrtsmann) von dem Endfach auf gleiche Weise noch eine 3. Eianlage ab- schniiren, doch habe ich das nicht beobachtet. Die Multiplikationsteilungen der Ovogonien. Die Multiplikationsteilungen der Ovogonien finden bei Musca schon in ganz jungen Stadien statt. Als solche sind‘ sämtliche Teilungen der Keimzellen zu betrachten, die wir in den Eiröhren der Puppen finden. In Fig. 1 haben wir die Metaphase einer Multiplikationsteilung vor uns. Im Gegensatz zu Dytiscus sehen wir, daß diese Teilungen ohne irgendwelche auffälligen Er- scheinungen vor sich gehen. Ein Spindelrest fehlt wie bei Forficula vollständig. Bei der weiteren Ausbildung der Eiröhre erfolgt ein ständiges Wachstum der Ovogonien. Das läßt sich leicht durch Ver- gleich der Kerngrößen in den Figg. 1, 2 u. 3 erkennen. In der Fig. 2, die den Beginn der Differentialmitosen zeigt, sind die Kerne fast doppelt so groß wie in Fig. 1. Über die Anzahl der Multipli- kationsteilungen vermag ich Genaueres nicht anzugeben, doch wird sie nur eine sehr geringe sein, da ja bei Musca in einer Eiröhre höchstens 3—4 Eianlagen gebildet werden. Weitere Bilder der Multiplikationsteilungen habe ich nicht zeichnen können, da die be- treffenden Stadien infolge der Histolyse bei den Puppen nur schwer zu erhalten sind. Die Differentialmitosen. Wie schon oben erwähnt, entstehen bei Musca die zusammen- gehörigen Ei- und Nährzellen durch wiederholte Teilungen aus einer einzigen Mutterzelle. Dieser Vorgang ist ein Analogon zu den von GUNTHERT und GIARDINA beschriebenen Differentialmitosen bei den Dytisciden, doch spielt er sich bei Musca in wesentlich einfacherer Weise ab. Die Zone der Differentialmitosen bei Musca ist die End- kammer. In jungen Eiröhren finden wir dort sehr häufig Teilungs- stadien (Fig. 2, 63), und zwar liegen diese Teilungsfiguren gruppen- weise zusammen. So sehen wir in Fig.2 5 Äquatorialplatten neben- einander liegen. In dem betreffenden Präparat finden sich auf den benachbarten Schnitten in derselben Zone weitere Teilungsfiguren, die die 5 Aquatorialplatten zu einer Gruppe von 8 Mitosen ergänzen. Wir sehen also, daß sich hier 8 Zellen gleichzeitig teilen, und können 162 ADOLF VERHEIN, daher mit ziemlicher Sicherheit behaupten, daß wir hier die letzte der Differentialmitosen vor uns haben. Sie liefert die 16 Zellen, die zunächst noch alle gleichartig eine Eianlage zusammensetzen. Daß es sich hier wirklich um Differentialmitosen handelt, wird ferner bewiesen durch das Bild, das uns der obere Teil der Fig. 2 dar- bietet. Wir sehen hier 6 Zellkerne von gleichem Habitus neben- einander liegen. Alle besitzen einen sehr stark gefärbten Nucleolus und ein Kernnetz mit fein verteilten Chromatin. Macht das schon die gemeinsame Entstehung wahrscheinlich, so wird diese vollends bewiesen durch die deutlich vorhandenen Plasmakommunikationen (pk), die sich in Gestalt schwarz gefärbter Ringe zwischen den Zellen zeigen. Wenn auf diesem Stadium noch keine Zell- grenzen wahrnehmbar sind, sondern eben nur die Plasmakommuni- kationen, so läßt sich das leicht erklären. Die Zellmembranen sind auf diesen früheren Stadien noch derart dünn, daß sie sich weder mit Plasma- noch mit Kernfarbstoffen färben lassen. Das gelingt ledig- lich bei den Verdickungen der Membranen, die in Ringform die Plasmakommunikationen umgeben. Sie färben sich mit HEIDENHAIN’S Hämatoxylin tiefschwarz, so daß sie mit Leichtigkeit überall nach- zuweisen sind. Die Verbindungen zwischen den Zellen lassen sich aber nur dadurch erklären, daß diese durch Teilung aus einer ein- zigen Zelle hervorgegangen sind. Dabei haben sich die Teilprodukte nicht vollkommen voneinander getrennt, sondern sind durch schmale Plasmabrücken miteinander in Verbindung geblieben. Wir haben hier also ähnliche Verhältnisse wie bei Dytiscus, wo ja auch die zusammengehörigen Zellen durch Plasmabrücken verbunden sind. Ergänzen wir die Fig. 2 aus den benachbarten Schnitten, so finden wir zu den erwähnten 6 Kernen noch 2 weitere hinzu, die mit ihnen eine Gruppe bilden. Diese 8 Kerne zeigen uns das Ruhestadium nach der 3. Differentialmitose. Der Vorgang der differenzierenden Teilungen bei Musca ist also kurz zusammengefaßt folgender. Hat die Ovogonie durch Wachstum eine bestimmte Größe erreicht, so schickt sie sich zur ersten Differen- tialteilung an. Ohne daß sich irgendwelche Veränderungen am Kerne bemerkbar machen, ordnen sich die Chromosomen zur Äqua- torialplatte (Fig. 4 u. 5). Schon in der Anaphase (Fig. 6) zeigt sich, dab beide Teilprodukte gleich sind. Die Tochterkerne treten dann in ein kurzes Ruhestadium ein. Darauf folgt in genau gleicher Weise die 2, nach einem weiteren Ruhestadium die 3. und schließ- lich die 4. Differentialmitose. Das Resultat sind 16 Zellen, die Die Eibildung der Musciden. — 163 durch Plasmabriicken verbunden sind und deren Kerne sich alle gleichen. Die Kerne der Ruhestadien zeigen stets dieselbe Gestalt. Sie haben einen stark gefärbten Nucleolus und fein verteiltes Chro- matin. Jedes Ruhestadium ist mit einem Wachstum verbunden. Das erhellt ohne weiteres aus dem Vergleich der Kerngrößen der Figg. 1, 2, 3 u. 58. Vergleichen wir nun die Differentialmitose von Musca mit der der Dytisciden, so finden wir zwar äußerlich, wie z. B. in der Zahl der Nährzellen und in den Plasmabrücken, große Ähnlich- ‘ keiten. Innerlich aber sind tiefgreifende Unterschiede vorhanden. Bei Dytiscus erhält diejenige Zelle, die später zur Eizelle wird, ein Plus an Chromatin in Gestalt eines chromatischen Ringes, außerdem geht in sie der bei den Ovogonienteilungen entstandene Spindelrest über, so daß die Teilprodukte von Grund aus verschieden sind. Nichts davon finden wir bei Musca. Das geht am besten aus einem Vergleich von Ginruert’s fig. 27 mit meiner Fig. 6 hervor. Bei Musca sind, ebenso wie bei Forficula, die Produkte der Differential- mitosen zunächst vollkommen gleich. Zieht GrarDiNA und mit ihm GÜNTHERT aus den Untersuchungen der Eibildung bei Dytisciden den Schluß, daß bei allen Insecten die Differentialmitosen ähnlich verlaufen wie bei diesen, so müssen wir diesen Schluß als zu weit- gehend bezeichnen. Die von Brauns bei Zorficula und von mir bei Musca beschriebenen Verhältnisse stellen zweifellos die einfachste und darum ursprünglichste Form der Differentialmitosen dar. Die so sehr komplizierten Verhältnisse der Dytisciden bilden dann nicht die Regel, sondern eine durch irgendwelche inneren oder äußeren Verhältnisse hervorgerufene weitgehende Spezialisierung des an sich höchst einfachen Vorganges der Differenzierung von Ei- und Nähr- zellen. | Eine Zwischenstellung zwischen den Muciden und Dytisciden in bezug auf die Differentialmitosen scheinen die Carabiden einzu- nehmen. Govaerts hat festgestellt, daß bei Carabus die chromatischen Teilprodukte der Differentialmitosen ebenfalls gleich sind. Es ist aber im Gegensatz zu Musca ein Spindelrest vorhanden. Daraus schließt Govarrts: „Il semble donc, que ce qui est le véritable témoin des mitoses de differentiation c’est l’allure du résidu fusoriale.“ Aber auch das können wir in diesem allgemeinen Sinne nicht für richtig halten, da weder bei Musca noch bei Forficula ein Spindelrest beobachtet wurde. Wenn wir die Differentialmitosen von Musca in Parallele setzen zu denen bei Forficula, so ist dabei aber nicht außer acht zu lassen, 164 ADOLF VERHEIN, daß zwischen diesen beiden Teilungsformen trotzdem noch ein be- deutender Unterschied besteht. Denn nach Brauns finden bei For- ficula die Differentialmitosen an den Ovocyten statt. Bei Musca sind es hingegen die Ovogonien, die sich teilen. Das läßt sich leicht aus der Chromosomenzahl der Äquatorialplatten bei den sich teilenden Zellen feststellen. Nach Stevens beträgt die Chromosomen- zahl der Ovogonien von Musca vomitoria 12. In unserer Fig. 5 finden wir in der Äquatorialplatte ebenfalls 12 Chromosomen. Das - kommt allerdings in der Zeichnung nicht ganz deutlich zum Aus- druck, weil das dem kleinen Kugelchromosom korrespondierende Chromosom zum größten Teil durch die beiden im oberen Teil der Äquatorialplatte gelegenen Henkelchromosomen verdeckt wird. Am Präparat selber lassen sich jedoch die 12 Chromosomen mit größter Deutlichkeit feststellen. Und diese Chromosomenzahl wurde bei zahlreichen Kontrollzählungen, die an den verschiedensten Prä- paraten vorgenommen wurden, stets wieder gefunden. Es ergibt sich also, daß im Gegensatz zu Forficula bei Musca die zur Eizelle werdende Teilzelle als Ovogonie bezeichnet werden muß. Sie wird erst sehr spät, kurz vor der Befruchtung des Eies, durch die Re- duktionsteilungen zur Ovocyte Die Differenzierung der Eizelle und der Nährzellen. Nach Beendigung der Differentialmitosen besteht jede Eianlage, wie wir oben ausgeführt haben, aus 16 Zellen, deren Kerne zunächst noch nicht verschieden sind. Ein Stück einer solchen Eianlage zeigt Fig. 7. Die Zellgrenzen sind nicht sichtbar, wohl aber die Plasma- kommunikationen (pk). Die Kerne sind rund und bläschenförmig. In ihrer Mitte ballen sich die Chromosomen zusammen. Sie haben die Schleifenstruktur, die sie in der Anaphase (Fig. 6) besaßen, schon wieder verloren und eine unregelmäßige Gestalt angenommen. Im Kerninnern beginnt ein Lininnetz aufzutreten. Allmählich ver- teilen sich die Chromosomen im Kerne und fangen an, in einzelne feine Körnchen zu zerfallen (Fig. 8). Die so entstehenden Körnchen- haufen sind im ganzen Kern verteilt, häufig sind sie der Kern- peripherie angelagert. Das Lininnetz ist deutlicher geworden und fängt an, die Gestalt eines Fadenwerks anzunehmen (Fig. 9). Auf diesen Stadien zuerst tritt auch ein runder, kompakter Nucleolus auf. Im weiteren Verlauf der Entwicklung beobachten wir, daß sich das Liningerüst immer mehr im Kern ausbreitet. Die Chro- Die Eibildung der Musciden. - 165 matinhaufen schwinden, und das Chromatin wandert auf die Faden des Liningerüstes (Fig. 10). Der Nucleolus bleibt von Bestand. Schließlich ist der Kern von einem stark verknäulten, chromatischen Faden durchzogen (Fig. 11, 3, 58). Bei stärkerer Vergrößerung sehen wir, daß dieser Faden aus einzelnen Chromatinkörnern zu- sammengesetzt ist. Stets finden wir, zwischen das Fadenwerk ein- gelagert, auch den Nucleolus. Wir haben es hier anscheinend mit einer Parallelerscheinung zu der Fadenbildung zu tun, die bei der Ausbildung der Nährzellkerne von Forficula auftritt. Der Unter- schied aber besteht darin, dab bei Musca auch der künftige Eikern dieses Fadenstadiums durchzumachen hat. Allmählich wandert nun ein Teil des Chromatins auf diesen Fäden der Kernperipherie zu und: tritt ins Plasma aus. Diese Chromatinabgabe erfolgt meistens in Form von kleinen Chromatin- brocken, die durch die Kernmembran hindurch ins Plasma wandern (Fig. 12). Mitunter sieht man auch ganze Chromatinkappen der Kernmembran aufsitzen (Fig. 58). Solche Kerne erinnern sehr an die Bilder, wie sie ScHAxEL bei den wachsenden Eiern von Ascidien beschrieben hat. Ebenso wie dort scheint aber auch bei Musca der Chromatinaustritt in Gestalt feinster Partikelchen zu erfolgen, die sich nach ihrem Austritt in größerer Zahl der Kernmembran auf- lagern und so den Eindruck einer der Kernmembran aufsitzenden Kalotte hervorrufen. Das ausgetretene Chromatin wird dann bald aufgelöst, denn nur vereinzelt trifft man weiter im Plasma noch solche nicht aufgelösten Partikel (Fig. 12). Im allgemeinen haben wir hier ähnliche Verhältnisse wie die, welche Pororr für die Chromatinabgabe der Fett- und Pericardialzellen von Musca fest- gestellt hat. Im Kerninnern finden wir den Nucleolus und ein chro- matisches Fadennetz, in dessen Knotenpunkten sich einzelne Chro- matinkörner verschiedener Größe beobachten lassen. Bis zu diesem Stadium konnten Unterschiede zwischen den künftigen Ei- und Nährzellen noch nicht festgestellt werden. Jetzt aber setzt die Differenzierung ein, die sich zunächst darin äußert, daß das Plasma der Eizelle etwas heller erscheint als das der Nähr- zellen (Fig. 12). Da, wie wir weiter sehen werden, die Chromatin- abgabe seitens des Keimbläschens sich gegenüber der der Nährzell- kerne stets in sehr bescheidenen Grenzen hält, muß infolgedessen die Differenz zwischen beiden Zellarten mehr und mehr hervor- treten. Zool. Jahrb. 42. Abt. f. Anat. 12 166 ADOLF VERHEIN, 1. Die Ausbildung der Eizelle und die Entwicklung des Keimbläschens. | Verfolgen wir nun zunächst die weitere Ausbildung der Eizelle. Diese zeigt, wie wir weiter oben schon erwähnt haben, eine strenge Polarität, d. h. sie ist unter den 16 Zellen des Eifaches diejenige, die dem Eileiter oder dem die ersten beiden Eianlagen verbindenden Zellstrang unmittelbar anliegt (Fig. 3, 58, 59, 60, 63, 66, 70). Eine solche Polarität der Eizelle ist wiederholt beschrieben worden, so von GIARDINA und GÜNTHERT bei Dytiscus, von anderen Forschern bei Daphniden und Apus. KorscHELT erwähnt diese Polarität bei Musca vomitoria ebenfalls: „Hier ist es immer die unterste Zelle einer Gruppe, die sich zum Ei entwickelt. Ihre Lage im unteren Winkel der Kammer, auf der einen Seite von Epithel, auf der anderen von den übrigen großen Zellen begrenzt, mag wohl für die dort liegende Zelle ursprünglich von besonderem Vorteil gewesen sein. So kam es, daß die betreffende Zelle die günstigsten Bedingungen für ihre Entwicklung zum Ei fand. Infolge der Vererbung befestigte sie sich derart in dieser Funktion, daß nur sie und nie eine der anderen Zellen der Gruppe sich zum Ei ausbildete.“ Diese Er- klärung trifft höchstwahrscheinlich das Richtige. Wie wir später noch sehen werden, nehmen die Nährzellen von Musca vomitoria einen Anlauf zu einer Reifeteilung. Das aber beweist, daß sie als abortive Eier zu betrachten sind, d. h. daß sich früher alle 16 Zellen völlig gleichwertig zu Eiern entwickelt haben. Ist den Nährzellen im Laufe der späteren Entwicklung diese Eigenschaft verloren gegangen und nur derjenigen Zelle vorbehalten worden, die an dem einen Pol des Eifaches lag, so möchte man daraus schließen, daß eben diese Lage der betreffenden Zelle besondere Vorteile bot. Diese werden wahrscheinlich darin bestanden haben, daß sie größten- teils von Follikelepithel umgeben war und daher ihre Ernährungs- verhältnisse günstigere waren als die der 15 Schwesterzellen. Später wurde dann auf diese Zellen die ernährende Tätigkeit über- tragen und sie damit einer anderen Funktion dienstbar gemacht. GovAErTs schrieb in seiner Arbeit über die Eibildung der Carabiden die Polarität der Eizelle dem Einfluß des Spindelrestes zu. Da aber bei Musca kein Spindelrest gebildet wird, so ist hier die Ent- stehung der Polarität auf dem von KorscHELT angegebenen Wege zu suchen. Bei der weiteren Ausbildung der Eizelle fällt es besonders auf, Die Eibildung der Musciden. - 167 daß sowohl Kern wie Plasma lange Zeit nur langsam an Volumen zunehmen. Im Gegensatz- dazu zeigen die Nährzellen ein sehr starkes Wachstum, das sich besonders in einer raschen Größen- zunahme ihrer Kerne äußert. Diese übertreffen das Volumen des Eikernes bald um ein Vielfaches (Fig. 58, 59, 60, 65, 66). Das er- klärt sich leicht dadurch, daß in den Nährzellen eine überaus starke Produktion von Nährmaterial stattfindet. Beginnen nun die Nähr- zellen das aufgespeicherte Nährmaterial in die Eizelle zu secernieren, so setzt gleichzeitig mit der Dotterbildung das Wachstum der Ei- zelle ein. Sie nimmt rapide an Größe zu und hat schließlich ein größeres Volumen als alle Nährzellen zusammen (Fig. 67). Auf diesem Stadium hat das Keimbläschen ungefähr die Größe der Nähr- zellkerne erreicht (Fig. 68). Zum Schluß der Entwicklung. bilden die Nährzellen nur noch ein Konglomerat von zerfallenen Zellen, das dem ausgebildeten Ei anhaftet (Fig. A). KorsCHELT (1886) be- hauptet: „Wie bei Dytiscus sehen wir auch bei Musca, daß die Nähr- zellen anfangs mit den Eizellen völlig identisch sind. Beide Zellen- arten gehen aus denselben Zellen hervor, welche ich als Keimzelle bezeichnete; ja dieselben sind hier sogar noch völlig gleichartig, wenn sie in einem von Epithel umschlossenen, besonderen Fache angeordnet sind; Ei- und Nährzellen lassen sich in diesem Stadium zu gewissen Zeiten noch nicht unterscheiden. Die Differenzierung geht dann aber bald vor sich.“ Diese Ansicht KoRSCHELT'S ist irrig. Denn unsere Figg. 3 u. 12 zeigen, daß schon auf Stadien, wo die Bildung eines Epithelfollikels noch nicht eingesetzt hat, Ei- und Nährzellen deutlich durch verschiedene Größe und Plasmafärbung geschieden sind. Und von diesem Zeitpunkt an beginnt auch ein Unterschied in den Kernen sich bemerkbar zu machen, der seine Ursache in der verschiedenen Differenzierung des Chromatins findet. Im folgenden wollen wir zunächst die Entwicklung des Kernes der jungen Eizelle zum Keimbläschen verfolgen. Wie wir oben beschrieben haben, besitzt der Kern der Eizelle, wenn sie zum erstenmal unterscheidbar ist, im Innern ein Kern- gerüst, auf dem hauptsächlich in den Knotenpunkten der Linin- fäden das Chromatin aufgelagert ist (Fig. 12). Außerdem ist ein Nucleolus vorhanden. Für den Kern der Eizelle ist es nun charak- teristisch, daß im Gegensatz zu den Nährzellkernen der Nucleolus während der ganzen Entwicklung von Bestand bleibt. Wenn er nicht auf sämtlichen Figuren, die den Kern der Eizelle darstellen, sichtbar ist, so beruht das darauf, daß er nicht in den betreffenden j 12* 168 ADOLF VERHEIN, Schnitt gefallen ist. Bei Durchsicht der ganzen Schnittserie aber wird man ihn stets auf einem der Nachbarschnitte finden. Was den Eikern weiter von den Nährzellkernen unterscheidet, ist das achro- matische Fadenwerk. Es ist ebenfalls auf allen Entwicklungsstadien bis zum Keimbläschen nachzuweisen. Und zwar wird es um so fein- maschiger, je älter der Kern ist (Figg. 13—29). a) Die erste Abgabe von Trophochromatin. In Fig. 12 sehen wir, daß an dem Kern der jungen Eizelle eine lebhafte Chromatinabgabe stattfindet. Der Kernperipherie sitzen einzelne Chromatinbrocken auf, und zwar liegen sie teils innerhalb, teils außerhalb der Kernmembran. An einer Stelle setzt sich das achromatische Fadenwerk des Kernes ins Plasma fort, und auf ihm liegen ebenfalls Chromatinkörner. Dies macht den Eindruck, als ob hier eine ganze Kernpartie von Plasma assimiliert worden sei, deren stark färbbare Chromatinkörner im Plasma noch sichtbar geblieben sind, weil sie der die kleinen Chromatinteilchen treffenden völligen Auflösung bisher entgangen sind. Der Eindruck der Assimi- lation ganzer Kernzonen wird verstärkt durch die Fig. 13. Wir sehen hier den oberen Teil des Kernes von einer feinen Linie um- geben, die mit der Kernmembran konzentrisch verläuft. Dem linken Teil dieser Linie sind einige stark gefärbte Chromatinkörnchen auf- gelagert. Rechts hingegen finden wir 2 Chromatinbrocken, die nur noch schwach gefärbt sind und ein verwaschenes Aussehen zeigen; sie sind offenbar schon im Auflösen begriffen. Auch die übrigen Abbildungen (Fig. 14ff.) lassen größere oder geringere Spuren einer Chromatinabgabe erkennen. Wenn wir die Verhältnisse bei Dytiscus und bei Forficula zum Vergleich heranziehen, so läßt sich dieses Bild leicht erklären. Bei beiden findet am Eikern eine Abgabe von Chromatin statt, und zwar verläuft der Vorgang so, daß die äußeren Kernpartien mitsamt dem dort konzentrierten Chromatin dem Plasma einverleibt werden. Innerhalb der abgegebenen Kernzone bildet sich dann eine neue Kernmembran. Der Vorgang verläuft allerdings bei den verschiedenen Insecten etwas verschieden. So hat Wır für Dytiscus beschrieben, daß hier ganze Kernbuchten dem Plasma ein- verleibt werden. Für Forficula hat Brauns nachgewiesen, daß eine konzentrische Kernzone an das Plasma abgegeben wird. Bei Musca haben wir einen Fall, der zwischen beiden in der Mitte liegt. Es werden einzelne Kernpartien abgestoBen, ohne daß jedoch eine all- seitige konzentrische Abgabe Platz griffe. Andrerseits sind die Die Eibildung der Musciden. - 169 abgestoßenen Zonen verhältnismäßig schmal. Daher greift das Plasma nicht in Form tiefer Buchten ins Kerninnere ein, und es bleibt ein glatter Kernkontur erhalten. Das wird eben dadurch erreicht, daß die neue Kernmembran parallel der früheren verläuft (Fig. 13, 14,19) Das Chromatin, das vom Kern der Eizelle an das Plasma ab- gegeben wird, ist das Trophochromatin des Eikerns. Die Ausschei- dung des Trophochromatins erfolgt in 2 Perioden. In der 1. Periode wird es abgegeben, indem es in Form kleiner Körnchen durch die Kernmembran hindurchtritt oder indem Teile der Kernperipherie mitsamt dem angelagerten Chromatin dem Plasma einverleibt werden (Fig. 12—21). Diese 1. Periode beginnt schon, wenn die Eizellen sich infolge mangelnder äußerer Differenzierung noch nicht von den Nährzellen unterscheiden lassen. Während dieser Periode der Chromatinabgabe erleidet der junge Eikern manche innere und äußere Veränderung. Zunächst nimmt er eine ovale Gestalt an, die er während seiner Entwicklung bis zum Keimbläschen beibehält. Ferner wächst er beträchtlich. Ver- gleichen wir die Kerngrößen in den Figg. 13 u. 21, so sehen wir, daß der Kerndurchmesser der Fig. 21 doppelt so groß ist wie der der Fig. 13. Das Kernvolumen ist also ungefähr auf das Achtfache gewachsen. Auch der Plasmaleib der Eizelle nimmt infolge der Assimilation des vom Eikern abgegebenen Chromatins ständig an Größe zu, doch bleibt das Plasmawachstum vorerst noch verhältnis- mäßig bescheiden. Infolge der Aufnahme des Trophochromatins ist das Plasma der Eizelle gegen Ende der 1. Periode bedeutend dunkler gefärbt als vorhin (Fig. 12 u. 20). b) Die Zusammenballung des Chromatins. Während noch die 1. Periode der Abgabe des Trophochromatins im Gange ist, wird bereits die 2. eingeleitet. Das bisher im ganzen Kern verteilte Chromatin zieht sich allmählich von der Peripherie zurück (Fig. 15—22). Es wandert langsam der Kernmitte zu und häuft sich dort neben dem Nucleolus auf. Zugleich schwindet die Kernmembran, und der Kernsaft wird direkt durch das Plasma be- grenzt. Der Schwund der Kernmembran tritt aber nicht gleich- zeitig überall am Kern auf. Die Figg. 15—21 zeigen uns, wie zu- nächst an einigen Stellen die Kernmembran nicht mehr unterscheid- bar ist. Diese Stellen dehnen sich immer mehr über die Kernober- fläche aus, bis schließlich am ganzen Kern die Membran verschwunden 170 ADOLF VERHEIN, ist. Während dieser ganzen Zeit treten ab und zu noch Chromatin- partikel aus; wenigstens findet man im Plasma in unmittelbarer Nähe des Kernes dunkle Körner, die oft der Kernoberfläche parallel gelagert sind (Fig. 15—17). Schließlich trifft man noch die oben erwähnten, dem Kern teilweise konzentrisch aufgelagerten dunklen, schmalen Plasmazonen, die der 1. Periode der Trophochromatin- abgabe ihre Entstehung verdanken (Fig. 18 u. 19). Inzwischen ballt sich das Chromatin immer mehr im Kern zu- sammen und bildet ein Konglomorat von einzelnen, größeren und kleineren intensiv gefärbten Brocken (Fig. 18, 20, 21 u. 22). Es kommt auch vor, daß es zu einer einzigen kompakten Masse ver- schmilzt (Fig. 19, 20, 23). Wenn es in den Figg. 19 u. 23 den Anschein hat, als ob auch der Nucleolus in diesen Chromatinballen mit einbezogen wäre, so läßt sich das dadurch erklären, daß er dieser Chromatinmasse unmittelbar aufgelagert ist und infolge seiner intensiven Färbung von ihr nicht besonders unterschieden werden kann. Auf sämtlichen übrigen Figuren liegt er frei im Kern. Auch das vorhin achromatische Kerngerüst färbt sich jetzt mitunter mit Kernfarbstoffen (Fig. 20 u. 21). Schließlich aber verliert es diese Eigenschaft wieder, und wir sehen den Kern durchzogen von einem grobmaschigen und sehr schwach gefärbten Fadenwerk, dem etwas exzentrisch das zusammengeballte Chromatin nebst Nucleolus einge- lagert ist (Fig. 22). Damit ist die 1. Periode der Abgabe von Trophochromatin seitens des Eikerns vollendet und zugleich die Vorbereitung für die 2, nämlich die Zusammenballung des Chro- matins, eingetreten. Die dunklen Körner, die in den Figg. 18—21 dem Plasma der Eizelle eingelagert sind, brauchen nicht notwendig alle aus dem Eikern zu stammen. Für die mehr peripher gelegenen ist es jeden- falls wahrscheinlicher, daß sie dem Nährmaterial entstammen, das von den Nährzellen produziert wird. Denn ungefähr auf dem Stadium der Figg. 59 u. 60, die dem Zeitpunkt des Zusammenballens des Chromatins entnommen sind, beginnt der Zustrom des Nährmaterials in die Eizelle. c) Die Zerstäubung des Trophochromatinrestes. Die 2. Periode der Abgabe von Trophochromatin beginnt damit, daß sich im Eikern ein sehr feinmaschiges Liningerüst ausbildet (Fig. 23). Der zusammengeballte Chromatinhaufen bleibt vorerst noch von Bestand. Gleichzeitig setzt ein starkes Wachstum des Die Eibildung der Musciden. 171 Kerns ein. Das zeigt am besten ein Vergleich der Fig. 22 u. 24, die bei gleicher Vergrößerung gezeichnet sind. Der Kern hat sein Volumen wieder um ein Vielfaches vergrößert. Er hat jetzt die typische Gestalt des Keimbläschens angenommen. Schon in Fig. 23 zeigt sich teilweise wieder eine Kernmembran. Und in Fig. 24 ist sie vollständig wieder hergestellt. Gleichzeitig zeigt uns diese Figur noch einen anderen Vorgang, die Auflösung des Chromatin- ballens. Und zwar geht dieser Prozeß auf zweierlei Art vor sich. Ein Teil des Chromatins fällt der Zerstäubung anheim. Das äußert sich darin, daß die Knotenpunkte des Liningerüstes mit feinen tief schwarz gefärbten Chromatinkörnchen besetzt sind. Über das Schicksal dieses zerstäubten Chromatins gibt uns Fig. 25 Aufschluß. Wir sehen hier, daß die Körnchen nur noch blaß gefärbt sind. Da- gegen zeigt sich der Kern in seiner oberen Hälfte von einer dunkel gefärbten Plasmazone umgeben. Das läßt sich folgendermaßen er- klären. Unter chemischen Veränderungen werden die Chromatin- körnchen allmählich aufgelöst. Das gibt sich äußerlich durch die verminderte Empfänglichkeit für Kernfarbstoffe kund. Schließlich geht die Auflösung so weit, daß die Chromatinkörnchen in den Knotenpunkten des Lininnetzes völlig geschwunden sind (Fig. 26). Das Produkt dieser Auflösung aber wandert zur Kernperipherie und wird hier in feinster Form an das Plasma abgegeben. Dieses reagiert darauf bei der Färbung mit HarpenHai’s Hämatoxylin durch eine besondere blaugrüne Farbe, die sich scharf von dem umgebenden Plasma abhebt. Dieser Vorgang ähnelt sehr der Zer- stäubung des Trophochromatins, wie sie Brauns für Forficula be- schrieben hat. Aber nicht der ganze Chromatinballen wird zerstäubt. Sein Hauptteil zerfällt in verschieden große Kugeln, die große Ähnlich- keit mit Nucleolen haben. Auch sie färben sich zunächst mit Häma- toxylin tief schwarz. Zum Teil trennen die einzelnen Kugeln sich nur langsam voneinander, so daß sie ein Zeitlang noch einen großen knolligen Haufen bilden (Fig. 25). Allmählich aber schreitet die Trennung weiter fort. Die einzelnen Chromatinkomplexe bleiben aber noch lange Zeit durch eine Anzahl ebenfalls stark gefärbter Stränge miteinander verbunden (Fig. 24). Neben diesen Kugeln liegt der Nucleolus. Er ist stets durch seine besondere Größe von ihnen unterschieden (Fig. 24, 25). Die kugligen Gebilde, in die der Chromatinballen zerfällt, scheinen ebenfalls aus Troph chromatin zu bestehen. Denn an ihnen 172 ADOLF VERHEIN, treten jetzt dieselben Veränderungen auf, die wir vorhin an den Chromatinkörnchen beobachtet haben. Schon in Fig. 25 sehen wir, wie einzelne dieser Kugeln stellenweise blasser gefärbt sind. Fig. 26 zeigt uns einen Chromatinkörper, an dem die chemischen Verände- rungen schon deutlicher geworden sind. Und zwar bemerken wir, daß die Kräfte, die die Auflösung bewirken, von verschiedenen Seiten angreifen. Stellenweise ist die schwarze Färbung noch er- halten, stellenweise aber ist auch schon ein starkes Abblassen einge- treten. Das Ende dieses Prozesses zeigt uns Fig. 27. Hier sind die früher tief schwarz gefärbten Kugeln völlig verschwunden, bis auf eine, die auch schon in Verfärbung begriffen ist. An ihre Stelle sind nun Gebilde getreten, die sich im Gegenteil stark empfänglich für Plasmafarbstoffe zeigen. So sind sie bei der Färbung mit Licht- grün lebhaft grün gefärbt. Nur ein winziges schwarzes Körnchen ist in jedem zurückgeblieben. Es scheinen mir hier die Verhältnisse nun so zu liegen, daß bei der Zusammenballung des Chromatins zunächst echte Plastinnucleolen gebildet werden. Ihnen lagert sich dann sehr schnell das Trophochromatin an. Bei der chemischen Veränderung, die später im Keimbläschen stattfindet, wird das Trophochromatin wieder umgewandelt und wenigstens zum Teil in völlig gelöster Form ins Plasma überführt, ohne daß sich das äußer- lich durch irgendwelche besondere Färbungen des Plasmas bemerk- bar macht. Die Annahme einer lebhaften Secernierung von Tropho- chromatin in das Plasma gewinnt noch mehr an Wahrscheinlichkeit, wenn wir sehen, daß in dem Augenblick, wo die eben beschriebenen Änderungen in den Chromatinverhältnissen des Eikerns einsetzen, in der Eizelle die Dotterbildung beginnt (Fig. 26—28). Doch werden wir auf die verschiedene Art der Beteiligung des Keimbläschens an diesem so wichtigen Vorgang erst später eingehen. In Fig. 27 sehen wir noch, daß sich inzwischen das Liningerüst des Keimbläschens verschieden ausgebildet hat. Es ist einem sehr feinmaschigen inneren Kernnetz ein gröberes äuberes angelagert, das in der betreffenden Figur zum Teil angeschnitten ist. Wie uns Fig. 29 zeigt, liegt dieses gröbere Fadenwerk auf der Kernseite, die der äußeren Eiwand abgekehrt ist. Die feinen schwarzen Körnchen, die in den Plastinkugeln zurückgeblieben waren, scheinen sich später wieder irgendwie zu vermehren oder zu wachsen, denn in Fig. 28 treffen wir neben winzig kleinen wieder eine größere Anzahl schwarzer Kugeln von bedeutender Größe. Das gleiche sehen wir in Fig. 29. Hier sind sie sogar wieder durch Stränge miteinander Die Eibildung der Musciden. _ 173 verbunden. Es kann sich hier aber nicht mehr um Gebilde handeln, die Erscheinungsformen des Trophochromatins darstellen. Denn die Dotterbildung ist auf dem Stadium der Fig. 29 bereits vollendet. Diese Figur ist einem Ei entnommen, bei dem die Chorionbildung schon abgeschlossen und daher irgendwelches weitere Wachstum durch Zunahme des Plasmas und des Dotters ausgeschlossen ist. Wahrscheinlicher ist, daß hier ein Teil des Idiochromatins auf die Plastinnucleolen übergegangen ist oder in diesen zurückgebliebene, Chromatinkörnchen eine Substanzvermehrung erfahren haben. In Fig. 29 sehen wir auch wieder den Nucleolus. (Auf den Figg. 26 bis 28 lag er nicht in der Schnittebene.) Da der Nucleolus während der ganzen Dauer der Entwicklung des jungen Eikerns zum Keim- bläschen und auch in diesem selbst von Bestand bleibt, so gehen wir wohl nicht fehl, wenn wir in ihm den eigentlichen Träger des Idiochromatins mit seinen vererbenden Eigenschaften sehen. Diese Annahme gewinnt noch mehr Wahrscheinlichkeit, wenn wir bedenken, daß bei den Nährzellen, wie wir später sehen werden, der Nucleolus nach kurzer Zeit völlig schwindet. Sind die Nährzellen, die wir oben ausführten, ursprünglich der Eizelle gleichwertig gewesen und erst im Verlauf der Phylogenie der Musciden zu abortiven Eiern geworden, so brauchten sie das Idiochromatin zu Zwecken der Ver- erbung nicht mehr und konnten es daher anderen Funktionen, in diesem Falle der Produktion von Nährmaterial, also einer trophischen Funktion, dienstbar machen. Mit anderen Worten, sie wandelten ihr Idiochromatin gleichfalls in Trophochromatin um. Die besondere Erscheinungsform, unter der diese Umwandlung bei Musca vor sich geht, werden wir weiter unten kennen lernen. Hier seien noch einige Worte über die Lage des Eikerns hinzu- gefügt. Wie wir oben sahen, besitzt die Eizelle eine bestimmte Polarität, und zwar geht sie in jedem Eifach den Nährzellen voran. Der Eikern liegt nun in der Mitte der Eizelle symmetrisch zu den Plasmakommunikationen, welche die Eizelle mit den 4 zunächst ge- legenen Nährzellen verbinden (Fig. 12—24, 43, 59, 60). Setzt aber die Wachstumsperiode ein, so rückt das Keimbläschen seitlich. Es liegt dann in einer Ecke der Eizelle zwischen dem Follikelepithel und der die Nährzellen von der Eizelle trennenden Membran (Fig. 25 bis 28, 67, 68). Ist schließlich das Wachstum beendet und die Chorionbildung abgeschlossen, so wandert das Keimbläschen noch einmal. Seinen endgültigen Platz findet es dann an der Seitenwand des Eies nahe dem oberen Eipol (Fig. 29). 174 ADOLF VERHEIN, 2. Die Differenzierung der Nährzellkerne und ihr Anteil an der trophischen Funktion der Nährzellen. Wie wir weiter oben gesehen haben, gleichen die Zellen, die sich später zu Nährzellen entwickeln, zunächst völlig der Eizelle. Als abortive Eier schlagen sie aber eine von der Eizelle verschiedene Entwicklungsrichtung ein, indem sie ihr Chromatin ausschließlich zur Produktion von Reservestoffen verwenden, die schließlich dem einzigen Ei zugute kommen. Daher bildet sich in ihnen hauptsäch- lich der Zellteil aus, der dieser trophischen Funktion vorsteht, der Kern. Vergleichen wir z.B. die Figg. 30—37, 47--52, die alle mit derselben Vergrößerung gezeichnet sind, miteinander, so sehen wir klar, daß hier ein ganz ungeheures Wachstum der Kerne vorliegt. Haben die Kerne ihre stärkste Ausbildung erlangt (Fig. 67), so kann man sie auf Schnittpräparaten schon mit bloßem Auge erkennen. Im Vergleich dazu ist das Wachstum des Plasmas gering. Jedoch bleibt anscheinend das Verhältnis der Kerngröße zur Plasmamenge, die Kernplasmarelation, während des ganzen Lebens der Nährzellen dasselbe. Für die Entwicklung der Nährzelle ist die intensive Abgabe von Chromatin seitens des Kerns an das Plasma in hervorragendem Grade charakteristisch. Diese Chromatinabgabe, die, wie wir oben sahen, schon auf dem indifferenten Stadium beginnt, dauert während des ganzen Lebens der Nährzellen an. Hand in Hand damit geht eine enorme Vermehrung des Trophochromatins im Kern, die unter den verschiedensten Formen erfolgt. Wir können hier 3 Perioden unterscheiden: 1. die Abgabe des vorhandenen Trophochromatins; 2. Auflösung des Nucleolus, Vermehrung des Chromatins und Kon- densierung zu den „Chromatinraupen“; 3. Umwandlung des Idio- chromatins der „Raupenchromosomen“ in Trophochromatin, dessen Vermehrung und erneute Abgabe ans Plasma. Eine Folge dieser ständigen Chromatinabgabe ist eine enorme Anreicherung des Plasmas mit Nährstoffen. Das gibt sich durch seine besonders dunkle Farbe kund. Diese Färbung hält so lange an, bis das Einströmen des Nährmaterials in die Eizelle voll eingesetzt hat (Fig. 56). Dann erst blaßt das Plasma der Nährzelle wieder ab, bis schließlich auf alten Stadien beide Zellarten wieder gleiche Plasmafärbung zeigen (Fig. 57). Die Eibildung der Musciden. | 175 a) Die Abgabe des ursprünglichen Trophochromatins. Gehen wir nun dazu über, die 1. Periode der Abgabe des ‘Trophochromatins der Nährzellkerne etwas eingehender zu erörtern. In Fig. 12 sehen wir einige junge Nährzellkerne, die dem Eikern noch völlig gleichen. Sie besitzen einen Nucleolus und auf dem Liningerüst verteiltes Chromatin. An der Peripherie wird das ‘Chromatin in Form von kleinen Brocken in das Plasma überführt. Diese Überführung kann aber auch noch in anderer Form erfolgen: In Fig. 58 finden wir in der Endkammer Kerne, denen das Chro- matin kappenförmig aufsitzt. Einen extremen Fall dieser Art zeigt Fig. 30. Hier ist fast das gesamte Chromatin, mit Ausnahme des Nucleolus, an einem Kernpol zusammengedrängt. Es macht den Eindruck, als ob das oberflächlich gelagerte Chromatin sich gleichsam durch die Kernmembran hindurchpresse. Ähnliche Vorgänge be- schreibt MoRoFF in seinen oogenetischen Studien für die Eibildung von Paracalanus, wo das ausgeschiedene Chromatin zum Dotterkerne zusammentritt. Etwas modifiziert ist diese Form der Chromatin- abgabe in Fig. 32. Hier sehen wir fast den ganzen Kern von einer ringförmigen Zone von Chromatin umgeben, die nur an einigen Stellen unterbrochen ist. Fig. 33 zeigt uns, wie sich die so ent- standenen Chromatinkalotten vom Kern abgelöst haben und frei im Plasma liegen. Da sie parallel der Kernoberfläche angeordnet sind, so ist es möglich, daß ebenso wie beim Eikern einzelne Kernpartien mitsamt dem aufgelagerten Chromatin dem Plasma einverleibt sind. Solche Fälle bilden aber wohl Ausnahmen. Der gewöhnliche Fall ist jedenfalls der, daß das Chromatin aus dem Kern austritt, ohne daß dieser eine Volumverkleinerung zugunsten des Plasmas erleidet. Ist diese Chromatinabgabe vollendet, so sehen wir, dab der ‚junge Nährzellkern außer dem Nucleolus fast gar kein Chromatin enthält; er ist lediglich von Lininfäden durchzogen, in denen der Nucleolus suspendiert ist (Fig. 31, 33). Das abgegebene Tropho- chromatin kann sich in Form von Brocken und einzelnen größeren Stücken noch einige Zeit im Plasma halten (Fig. 33, 34). Allmäh- lich aber wird es aufgelöst und verleiht dann dem Plasma die oben erwähnte dunkle Färbung (Fig. 35). Damit ist die 1. Periode der Ausbildung des Nährzellkerns, die Abgabe des nach den Differential- mitosen vorhandenen Trophochromatins an das Plasma, vollendet. Inzwischen hat die Vorbereitung auf die 2. Periode bereits begonnen. 176 ADOLF VERHEIN, b) Die 1. Periode der Chromatinvermehrung. Diese setzt damit ein, daß der ursprünglich runde Nucleolus eine unregelmäßige Form annimmt. Er erhält allmählich ein knolliges Äußere (Fig. 31, 32). Dann beginnt er immer mehr heranzuwachsen (Fig. 34). Gleichzeitig mit der Vergrößerung des Nucleolus bedeckt sich das Liningerüst mit Chromatin (Fig. 35, 36). Von dem heran- wachsenden Nucleolus strömt offensichtlich das Chromatin zur Peri- pherie des Kerns und wird hier an das Plasma abgegeben. Die ganze Kernoberfläche ist dicht bedeckt mit Körnern und Brocken ver- schiedener Größe (Fig. 35, 36). Deren Ursprung läßt sich aber nicht anders erklären als dadurch, daß sie aus dem Kern ins Plasma über- getreten sind. Oft zeigt sich auch ein stellenweise doppelter Kern- kontur (Fig. 36, 37). Das beweist, daß auch auf diesem Stadium: ganze Partien des Nährzellkerns dem Plasma einverleibt werden können. Das reichliche Abstrémen des Chromatins vom Nucleolus. zur Kernperipherie beweist, daß eine intensive Chromatinvermehrung stattfinden muß. Die Art und Weise dieser Vermehrung läßt sich zunächst allerdings aus unseren Bildern noch nicht erschließen, denn die starke Kondensierung des Chromatins im Nucleolus verhindert eine exakte Beobachtung der daran sich abspielenden Vorgänge. All- mählich aber beginnt der Nucleolus sich mehr und mehr aufzulösen. Fig. 36 zeigt uns, wie er in einen Körnerhaufen zerfällt. Nach und nach breiten sich diese Körner über den ganzen Kern aus (Fig. 37 u. 38). Das zusammenhängende Liningerüst ist ebenfalls ver- schwunden, statt dessen finden wir im Kern, vornehmlich an der Peripherie, unregelmäßige Gebilde und Stränge achromatischer Sub- stanz, denen das Chromatin eingelagert ist. Dieses Stadium ermög- licht es uns, ein genaues Bild von den Vorgängen bei der Chromatin- vermehrung zu bekommen. - Einen Kern, bei dem diese in vollem Gange ist, zeigt uns Fig. 38. Er ist bei der stärksten Vergrößerung (Zeıss, Apochrom. Immersion, Komp.-Okular 18) gezeichnet. Die Chromatinvermehrung geht in ganz ähnlicher Weise vor sich, wie dies von Brauns bei Forficula beschrieben ist. Die Neubildung von Chromatin erfolgt durch Ver- mehrung der Chromatinkörner, die durch den Zerfall des Nucleolus entstanden sind. Der einfachste Fall ist der, daß ein Chromatin- korn sich in zwei teilt. Diese beiden Körner können noch eine Zeitlang durch ein Chromatinstäbehen miteinander in Verbindung bleiben. Es entsteht dann die charakteristische Hantelform der Dyaden Die Eibildung der Musciden. ~ 177 (Fig. 38). Aus diesen können durch nochmalige Teilung eines jeden Korns die Tetraden entstehen. Die 4 Körner einer Tetrade können ebenfalls durch Chromatinstäbchen zusammengehalten werden (vgl. die Figg. 33—42). Sie können aber auch sofort in 4 einzelne Chro- matinkörner zerfallen (Fig. 387). Der Vermehrungsprozeß der Chromatinkörnchen nimmt aber mitunter noch andere Formen an. Erfolgt die Teilung derartig rapide, dab die einzelnen Körnchen keine Zeit mehr haben sich zu trennen, so entstehen eigentümliche, sternförmige Figuren, die Brauns als Polyaden beschrieben hat (Fig. 38 P). Schließlich können auch durch fortgesetzte Teilung da- durch, daß die einzelnen Körner noch durch Chromatinstäbchen ver- bunden bleiben, längere Bänder von miteinander zusammenhängenden Körnergruppen entstehen. Ein solches Band zeigt die Mitte der Fig. 38. Wir sehen hier Tetraden und Dyaden aneinander gereiht. Das läßt sich nur dadurch erklären, daß die verschiedenen Körnchen- generationen aus der Teilung eines einzigen Körnchens hervorge- gangen sind. Daraus erhellt aber, daß die Vermehrung des Chro- matins eine sehr rege sein muß. Das Gleiche müssen wir aus der großen Zahl schließen, in der diese Teilungsstadien auftreten. Natür- lich wächst jedes durch eine Teilung neu entstandene Korn, bis es die ursprüngliche Größe wieder erreicht hat. Dies Wachstum muß aber sehr schnell vor sich gehen, denn es lassen sich nur sehr geringe Größenunterschiede der Körner der verschiedenen Gruppen feststellen. Mit dieser rapiden Vermehrung des Chromatins ist eine erheb- liche Abgabe von Chromatin an das Plasma verbunden (Fig. 38—40). In Fig. 38 sehen wir, daß die Kernmembran mit kleinen Körnchen und Plättchen besetzt ist, die teilweise noch im Kern, teilweise aber schon im Plasma liegen. Anscheinend wandern also die aus der Teilung der Chromidien entstehenden Körner zum Teil an die Kern- peripherie und lagern sich ihr an, wobei sie meistens eine Ab- plattung erleiden. Diese Plättchen treten dann durch die Kern- membran hindurch und werden dem Plasma einverleibt. Sie werden unmittelbar nach ihrem Übertritt ins Plasma durch irgendwelche chemischen Vorgänge aufgelöst und allmählich assimiliert. Das gibt sich dadurch Kund, daß sie ihre Färbbarkeit mit Kernfarbstoffen verlieren und ein verwaschenes Aussehen bekommen. In den Figg. 38—42 sehen wir das ganze Plasma der Nährzelle von solchen ver- waschenen Körpern erfüllt, die ohne Zweifel von den Chromatin- körnern des Kerns herrühren. Außerst selten finden wir, daß sich ein Chromatinkorn längere Zeit im Plasma seine Individualität be- 178 ADOLF VERHEIN, wahrt. In den Figg. 39, 40, 42 sehen wir, wie die Chromatin- plättchen, die der Kernmembran aufliegen, auch zu größeren Platten verschmelzen können. Sie ähneln sehr den Chromatinkalotten, die wir bei der ersten Abgabe des Trophochromatins beobachtet haben. Doch sind sie viel schmäler als diese, was sich unschwer daraus erklärt, daß die Körnchen, die sie zusammensetzen, nur in einer ein- zigen Reihe nebeneinander liegen. Die Dimensionen eines solchen Chromatinkörnchens sind gegenüber den großen Brocken der Figg. 31, 34 nur äußerst geringe. Die Chromatinplatten lösen sich offen- bar nach ihren Übertritt ins Plasma sofort wieder in ihre Bestand- teile auf. Denn niemals trifft man im Plasma Gebilde, die man sich durch Auflösung einer solchen ganzen Platte entstanden denken könnte. Schließlich ist noch eine 3. Art der Chromatinabgabe möglich. In Fig. 38 ist an manchen Stellen die Kernmembran geschwunden. Und wir beobachten da, wie an einer solchen Stelle (an der linken Seite der Figur) gerade eine Dyade ins Plasma austritt. Mit ihr verbunden ist eine Tetrade, die schon eine starke Verfärbung er- litten hat, während die Dyade ihre schwarze Farbe noch bewahrt. Das beweist klar, daß hier ein Stück von einem der oben erwähnten zusammenhängenden Chromatinbänder durch die Membranlücke in toto ins Plasma übergetreten ist. Hier wird es denselben chemischen Vorgängen unterworfen wie die einzelnen Körner. In Fig. 40 liegt vor einer Lücke in der Kernmembran im Plasma ein Chromatin- körper, der seinem äußeren Umriß nach eine nicht völlig getrennte Tetrade darstellt. Und ebenso finden wir in Fig. 42 im Plasma Tetraden, Dyaden und eine große Polyade. Diese und die vor- erwähnte Tetrade sind trotz ihrer weiten Verlagerung ins Plasma noch tief schwarz gefärbt. Das erklärt sich daraus, daß die chemi- schen Kräfte, die bei Einzelkörnern sehr schnell wirken, größere Chromatinkomplexe, wie sie Tetraden und Polyaden darstellen, nur verhältnismäßig lanesam anzugreifen vermögen. So bleiben diese noch längere Zeit unverändert erhalten und geben uns ein klares Bild von der Art der Chromatinabgabe ans Plasma und den dabei sich abspielenden chemischen Prozessen. Vergegenwärtigen wir uns noch einmal die Vorgänge am Nähr- zellkern, die die Figg. 34—40 uns darstellen, so haben wir als Resultat kurz Folgendes: das im Kern noch vorhandene, im Nucleolus konzen- trierte Chromatin fällt der Zerstäubung in einzelne Körner anheim. Diese Körner beginnen dann sofort in enormer Zahl sich zu vermehren. Ein Teil Die Eibildung der Musciden. ~ 179 dieser Vermehrungsprodukte wird ans Plasma abgegeben. Wir haben hier denselben Vorgang vor uns, den wir auch an den Nährzell- kernen von Forficula und Dytiscus beobachten können. Das Kern- chromatin wird in immer mehr gesteigertem Maße ins Plasma über- führt. Hier wird es zunächst chemischen Umwandiungen unter- worfen, dem Plasma einverleibt und darin aufgespeichert, um später als Nährmaterial der wachsenden Eizelle zugeführt zu werden. Ob eine vollkommene Assimilation des Chromatins stattfindet, will ich nicht‘ entscheiden. Jedenfalls geht diese dann nur sehr langsam vor sich, da wir lange Zeit im Plasma die verwaschenen Körner vorfinden. Hand in Hand mit der Chromatinabgabe geht aber zugleich eine Vermehrung des verbleibenden Chromatins vor sich. Und zwar er- folgt diese in den meisten Fällen wohl durch Bildung typischer Dyaden und Tetraden. Dabei ergibt sich aber in den Vermehrungs- erscheinungen bei Musca ein tiefgreifender Unterschied gegenüber den entsprechenden Erscheinungen bei Dytiscus. GIARDINA sowohl wie GÜNTHERT beschrieben hier die Tetradenbildung — nebenbei die einzige hier vorkommende Form der Chromatinvermehrung — als eine streng periodische. Die sich bildenden Tetraden rücken an die Kernoberfläche und geben die Hälfte ihres Chromatins ans Plasma ab. Dieser Vorgang wiederholt sich 5mal. Nichts davon finden wir bei Musca. Im Gegenteil, die Chromatinvermehrung ist kontinuierlich. Überallim Kern beobachten wir Vermehrungsstadien. Und ebenso finden wir Dyaden, Tetraden, Polyaden und Chromidien- ketten durcheinander gemischt vor. Wir haben hier dieselben Ver- hältnisse vor uns wie bei Forficula. Und ebenso wie wir bei den Differentialmitosen fanden, daß bei Musca primitivere und ursprüng- lichere Verhältnisse vorliegen als bei Dytiscus, so müssen wir dies auch für die Vorgänge bei der Chromatinvermehrung und Chromatin- abgabe konstatieren. Wir kommen also wieder auf die Behauptung zurück, daß die Verhältnisse bei den Dytisciden, die Grarpina und GÜNTHERT als Normen für die Eibildung bei den Insecten aufstellen wollten, ganz einseitig spezialisierte sind. Wir hatten oben gesehen, daß die Nährzellen im Anfang den Eizellen in jeder Beziehung gleichen und darauf unsere Auffassung gegründet, daß die Nährzellen abortive Eier sind. Wie die Kerne dieser enthalten auch die Nährzellkerne einen Nucleolus von ganz gleicher Beschaffenheit, so daß die Annahme gerechtfertigt ist, daß auch der Nucleolus des Nährzellkerns das Idiochromatin enthält. Während dieses letztere im Keimbläschen erhalten .bleibt, ist es also mit dem 180 ADOLF VERHEIN, Charakter der Nährzellen durchaus übereinstimmend, wenn wir im Vorstehenden gesehen haben, wie nach völliger Abgabe des ur- sprünglichen Trophochromatins an das Plasma das im Nucleolus vorhandene Idiochromatin ebenfalls einer neuen Funktion zugeführt wird. Es wird zunächst zerstäubt, und die Zerstäubungsprodukte vermehren sich lebhaft. Das liegt im Interesse der trophischen Funktion. Denn da fortwährend Chromatinkörnchen an das Plasma abgegeben werden, würde bald eine völlige Erschöpfung des Kerns an chromatischen Substanzen eintreten. Dem wirkt die Chromatin- vermehrung entgegen. Das Idiochromatin, das dem Plasma ein- verleibt wird, verhält sich den chemischen Einflüssen desselben gegenüber aber etwas anders als das ursprüngliche Trophochromatin. Während dieses sich verhältnismäßig lange widerstandsfähig zeigt, fällt jenes alsbald der Auflösung resp. Umwandlung anheim. Da es aber ans Plasma abgegeben ist, eine trophische Funktion erfüllt und damit seiner ursprünglichen vererbenden Tendenz entsagt hat, so müssen wir es eben mit diesem Funktionswechsel auch als Tropho- chromatin bezeichnen. Das Gleiche ist übrigens bei Forficula der Fall, bei der auf Grund der Darstellung von Brauxs der Nährzell- kern ebenfalls beide Chromatinarten enthält und also auch dort das Idiochromatin für trophische Zwecke verwandt wird. Bei Dytiscus, bei dem sich wesentlich nur das Idiochromatin an der Bildung der Differentialspindel beteiligt, die Nährzelle also hauptsächlich nur reines Idiochromatin erhält, muß daher auch sämtliches von der Nährzelle erzeugte Nährmaterial in der Hauptsache der trophischen Umwandlung des Idiochromatins den Ursprung verdanken. Die Bildung der Dyaden, Tetraden und Polyaden im Nährzellkern sehen wir bei Musca und Dytiscus streng an das Idiochromatin geknüpft. Es wäre denkbar, daß diese Strukturen überhaupt spezifisch dem Idioplasma eigentümlich wären. Wenn auch bei Forficula beide Chromatinarten im Nährzellkern weniger scharf charakterisiert sind, so spricht doch auch dieses Verhalten von Forficula wenigstens nicht dagegen (vgl. hierzu auch die Literaturbesprechung S. 184 ff.). c) Die „Raupenchromosomen“. Aber nicht das ganze Idiochromatin wandelt sich bei Musca sofort in Trophochromatin um. Wenn es auch anscheinend voll- kommen zerstäubt wird und die einzelnen Körnchen sich vermehren, so versucht doch ein Teil noch einmal zu seiner alten Bestimmung zurückzukehren. Es ist, wie sich aus folgendem ergeben wird, un- Die Eibildung der Musciden. - 181 zweifelhaft ein Rest Idiochromatin zunächst noch erhalten geblieben. Da er aber nur noch einen. Bruchteil des ursprünglichen Bestandes bildet, so muß er, um seiner ursprünglichen Bestimmung folgen zu können, sich von neuem vermehren. Diese Vermehrung erfolgt an- scheinend unter denselben äußeren Erscheinungen wie die des Trophochromatins. Hauptsächlich aber scheinen die Chromidien- bänder Vermehrungsformen des Idiochromatins zu sein. Denn an ihnen setzt nun die Bildung der „Raupenchromosomen“ ein. Den Anfang zu ihrer Bildung sehen wir in Fig.38. Hier findat sich, wie oben schon beschrieben, ein Band, auf dem die Teilungen der Chromatinkérner nicht mehr zur Vollendung gekommen sind. Wir beobachten Dyaden mit Polyaden verbunden, ferner ketten- förmig miteinander verknüpfte Chromidien. Einen weiteren Fort- schritt zeigt Fig. 39. Die achromatische Unterlage ist dunkler ge- worden, und auf ihr haben sich die Chromatingebilde stärker zusammengedrängt. Es ist Zufall, daß in dieser Figur lauter Tetraden und Dyaden das Band zusammensetzen. Dieser Fall ist jedoch nicht die Regel. In Fig. 40 treten an den Enden der Bänder Verklumpungen des Chromatins auf. Die einzelnen Chromidien- figuren werden anscheinend noch stärker zusammengeschoben und verschmelzen schließlich miteinander. Dieser Prozeß dehnt sich immer mehr auf das ganze Band aus (Fig. 41). Es treten so im Kern unregelmäßig gestaltete, gewundene und gebogene Chromatin- konkremente auf. Zuerst läßt sich noch ihre Zusammensetzung aus einzelnen knolligen Komplexen erkennen (Fig. 41, 59). Schließlich aber werden die Konturen fast glatt. Dann ist der Kern der Nähr- zellen von einigen dicken, tief schwarz gefärbten, raupenförmigen Chromatinbalken durchzogen, die wir als „Raupenchromosomen“ be- zeichnen (Fig. 42). Sie stellen den Höhepunkt einer 2. Chromatin- kondensierung dar. Im Gegensatz zu der 1. Kondensierung aber, wo wir nur einen runden Nucleolus finden, haben wir hier mehrere chromosomenartige Gebilde vor uns. Neben den Raupenchromosomen finden sich im Kern stets noch freiliegende Dyaden, Tetraden und Polyaden. Sie treten aber nur recht spärlich auf (Fig. 39—42). Es sind die Vermehrungsformen des noch nicht völlig ans Plasma abgegebenen in Trophochromatin umgewandelten Teils des Idiochromatins. Um über die wahre Natur der Raupenchromosomen ins klare zu kommen, müssen wir sie noch etwas weiter in ihrer Entwicklung verfolgen. In Fig. 44 sehen wir an der Oberfläche eines eben an- Zool. Jahrb. 42. Abt. f. Anat. 13 182 ADOLF VERHEIN, geschnittenen Kerns ein Stück eines Raupenchromosoms liegen. Es. zeigt an dem einen Ende einen Spalt, der sich allerdings nicht durch das ganze Chromosom verfolgen läßt. Solche gespaltenen Raupen- chromosomen wurden in den Präparaten öfters beobachtet. Sie zeigten große Ähnlichkeit mit den Doppelchromosomen, wie sie bei den Vorgängen der Reifeteilungen in Eizellen oft beobachtet sind. Dadurch drängte sich mir die Frage auf, ob diese Raupenchromo- somen nicht noch wirklich Chromosomennatur besäßen. Das aber würde bedeuten, daß die Nährzellen noch einmal zu ihrer alten Ei- natur zurückkehrten und sich zu einer Teilung vorbereiteten. Die Raupenchromosomen wären dann nichts anderes als die konjugierten korrespondierenden Chromosomenpaare der ersten Reifeteilung. *) Das müßte sich an sich leicht durch eine einfache Zählung fest- stellen lassen. Denn da, wie wir oben gesehen haben, die Chromo- somenzahl der Ovogonien von Musca vomitoria 12 ist, so müßten wir auf diesem Stadium 6 Doppelchromosomen haben. Obgleich nun in allen Nährzellkernen die Raupenchromosomen gleichzeitig auftreten (Fig. 65) und dadurch zur Feststellung der Chromosomenzahl in einem Präparat reiches Material zur Verfügung stand, so ist es mir doch nicht gelungen, eine exakte Zählung der Raupenchromosomen vorzunehmen. Denn sie sind vielfach gewunden und verknäuelt und erstrecken sich durch zahlreiche Schnitte. Durch bloßes Verfolgen der Schnittserie war es ganz unmöglich die Zahl festzustellen, da sich nie genau entscheiden ließ, zu welchem Raupenchromosom die Stücke des betreffenden Schnittes gehörten. Auch eine zeichnerische Rekonstruktion der Kerne führte infolge der zahlreichen Knickungen und Übereinanderlagerungen der Raupenchromosomen nicht zu dem gewünschten Resultat. Wenn also die Zählung auch nichts über die Natur der Raupen- chromosomen ergab, so bietet doch die weitere Entwicklung deutliche Fingerzeige in dieser Hinsicht. Die Raupenchromosomen zerfallen allmählich wieder in einzelne Körner. Dieser Zerfall aber geht unter eigentümlichen Erscheinungen vor sich. Fig. 45 zeigt uns den Be- ginn des Zerfalls, und zwar hat das Raupenchromosom nicht mehr seine Bügel- oder Raupenform behalten, sondern die Form einer 1) Die im Vergleich zu Fig. 5 riesige Größe der Raupenchromo- somen erklärt sich leicht daraus, daß Chromosomen- und Zellgröße immer in gleichem Verhältnis stehen (HERTwIG). Ein Vergleich der Figg. 5 und 42 aber zeigt, daß Zellen und Chromosomen in gleichem Maße ge- wachsen sind. Die Eibildung der Musciden. - | 183 typischen Tetrade angenommen, wie sie für die Reifeteilungen der Ovogonien und Spermatogonien so oft beschrieben wurde. Allerdings macht die Tetrade keinen homogenen Eindruck mehr. Das aber rührt daher, daß gleichzeitig mit der Tetradenbildung auch der Zerfall in einzelne Chromatinkörnchen einsetzt. Daß Fig. 45 uns keinen Sonderfall zeigt, ersehen wir aus Fig. 46. Wir finden hier 3 Tetraden nebeneinander. Die linke Tetrade ist gerade im Begriff, ihre typische Form anzunehmen. Von der unteren Tetrade sehen wir nur 3 Teilprodukte, das 4. liegt auf einem Nachbarschnitt. Die rechte Tetrade ist schräg seitwärts gelagert, so daß die 2 oben liegenden Teilprodukte die beiden anderen nur soeben hervor- schimmern lassen. Weitere Tetraden finden wir in Fig. 66, die die Photographie eines Eiröhrenbündels zur Zeit des Zerfalls der Chro- matinraupen darstellt. Die betreffenden Gebilde liegen bei den mit x bezeichneten Stellen und lassen auch in der Photographie deutlich Tetradenform erkennen. Wenn auch im allgemeinen die zerfallenden Raupenchromosomen meistens Tetradenform annehmen, so gibt es immerhin einige Aus- nahmen. So zeigt uns Fig. 60 in dem Nährzellkern, der auf der linken Seite der Eizelle anliegt, eine Dyade. Hier ist der Zerfall so schnell vor sich gegangen, daß es nicht mehr zur Tetradenbildung gekommen ist. Überhaupt scheinen in der betreffenden Eiröhre die Kräfte, die die Veränderung der Raupenchromosomen bewirken, be- sonders früh ihre Tätigkeit begonnen zu haben, denn an den Nähr- zellkernen sehen wir, daß zum Teil die Raupenchromosomen in toto dem körnigen Zerfall anheimgefallen sind, ohne erst zur Bildung von Tetraden oder Dyaden einen Anlauf genommen zu haben. Die hier geschilderten Tatsachen sind, noch einmal kurz zu- sammengefaßt, folgende. Auf einem gewissen Stadium kondensiert sich das Chromatin der Nährzellkerne zu kompakten Gebilden, die große Ähnlichkeit mit Chromosomen haben, zu den „Raupenchromo- somen“. Diese Raupenchromosomen zeigen später oft einen Längs- spalt, der die Wahrscheinlichkeit nahe legt, daß es sich hier um die Conjugation korrespondierender Gebilde handelt. Im weiteren Ver- lauf der Entwicklung nehmen die Raupenchromosomen Tetradenform an, dann zerfallen sie in Körnerhaufen. Für diese Tatsache ist m. E. nur eine Erklärung möglich, und die ist, daß die Nährzellen abortive Eier darstellen und in einem gewissen Alter noch einmal einen Anlauf nehmen, zu ihrer früheren Bestimmung zurückzukehren. Obgleich sie in ihrer Entwicklung 13* 184 ADOLF VERHEIN, einen anderen Weg eingeschlagen haben als die Eizelle und sich in ihren Chromatinverhältnissen anscheinend bereits ganz ihrer tro- phischen Funktion angepaßt haben, setzen sie noch einmal zu einer Reifeteilung an. Sie bilden die für die 1. Reifeteilung charakte- ristischen Doppelchromosomen, die sich zu Tetraden umformen. Dann aber sistiert die Teilung. Die Kräfte, die die trophische Funktion der Nährzellen bestimmen, gewinnen wieder die Oberhand, und die Tetraden zerfallen in einzelne Chromatinkörnchen, die aufs neue sich lebhaft zu vermehren beginnen. Für derartige unterdrückte Reifeteilungen haben wir in der Literatur zahlreiche Beispiele. SELENKA beschreibt einen solchen Fall für das Keimbläschen von Thysanozoon diesingü. Wenn es seine endgültige Größe erreicht hat, schickt es sich zu einer Teilung an. Es kommt bis zur Bildung der Äquatorialplatte, dann aber stockt die Teilung, und der Kern kehrt wieder in die Ruhe zurück. Nach WOLTERECcK, der die Eibildung der Ostracoden verfolgte, tritt bei Cypris bei Ei- und Nährzellen gleichermaßen ein Synapsisstadium auf. Aus dem an einem Kernpol konzentrierten Chromatin entstehen in den Nährzellen 12 kugelförmige Chromosomen. „Sogleich, nach- dem die kugeligen Chromosomen gebildet sind, erleiden sie eine interessante Veränderung, indem sie zunächst zu Doppelkugeln oder kurzen Doppelstäbchen (Dyaden), dann zu deutlichen Vierergruppen (Tetraden) werden.“ Dann zerfallen die Tetraden. Wir haben also fast die gleichen Vorgänge vor uns wie bei Musca, nur daß hier ein deutlich ausgeprägtes Synapsisstadium fehlt. Einen ähnlichen Fall beschreibt Meves für die degenerierenden Ovocyten von Sala- mandra. Es kommt hier ebenfalls bis zur Tetradenbildung. Bei der Eibildung von Piscicola, die JORGENSEN untersuchte, treten die zu Nährzellen werdenden Ovocyten in das Synapsis- und Bukettstadium ein. Meistens erfolgte schon von hier aus die endgültige Differen- zierung der Nährzellen. Doch konnten zuzeiten deutliche Tetraden- formen wahrgenommen werden. ScHLEIP gibt an, daß in den Nähr- zellen gewisser Ostracoden die Chromosomen ebenfalls Tetradengestalt annehmen. Allerdings ist das immer nur bei einzelnen Chromosomen der Fall. Nach der Tetradenbildung treten dann die degenerativen Veränderungen ein. Mororr beschreibt in seinen „oogenetischen Studien“ einen Fall ähnlicher Art. Bei Centropagus ist das Chromatin der wachsenden Eizelle zuzeiten zu großen Vierergruppen im Kern angeord- net. Diese zerfallen in Haufen von feinen Chromatinkörnern. Bei Tomopteris helgolandica finden wir nach Dons in den zu Nährzellen Die Eibildung der Musciden. . 185 werdenden Zellen das Chromatin in dicken, bügelförmigen Bändern verteilt, die viel Ähnlichkeit mit unseren Hanne dsomen haben. Dons meint, dab wir es hier mit einem Stadium zu tun haben, das der A folgt. Schließlich sei hier noch an die periodische Tetradenbildung der Nährzellkerne von Dytiscus erinnert, wie sie GIARDINA und GÜNTHERT beschrieben haben. GÜNTLERT meint hierzu: ,GIARDINA erwähnt die Möglichkeit, daß es sich bei den einzelnen Tetraden-Generationen vielleicht um mißlungene Teilungsversuche handelt, und spricht ferner den Gedanken aus, daß die Nährzellen damit noch etwas von ihrer Keimzellennatur zeigten. Diese Hypothese erwähnt er jedoch selbst mit der größten Zurück- haltung, und ich selbst wüßte keine Daten für ihre genaue Be- gründung beizubringen.“ Im Gegensatz dazu fabt Herrwie in seiner Arbeit „Über Probleme der Zellenlehre“ die Vierergruppen von Dytiscus als echte Tetraden auf, die mehrmalige Teilungsversuche des Kerns dokumentieren und Reste einer periodischen Ausgleichung der Kernplasmaspannung darstellen. Aus alledem ergibt sich, daß sowohl bei Eizellen, die ihre spätere Bestimmung beibehalten (Centropagus, Thı ysamoaden, als auch bei degenerierenden Eizellen (Salamandra) sowie bei Zellen, die sich zu Nährzellengumbilden (Cypris, Piscicola, Tomopteris, D) Vor- ginge gleicher Art sich abspielen, die sich nur als Anlauf zu einer Teilung deuten lassen. Ob es dabei nur zur Bildung von Doppel- chromosomen kommt oder ob Tetraden oder gar Aquatorialplatten entstehen, ist unwesentlich. Das Wesentliche ist die beginnende Reifeteilung. Die Teilung wird dann aber durch irgendwelche Kräfte rückgängig gemacht. Bei Centropagus und Thysanozoon sind das lediglich Kräfte, die ein weiteres Wachstum der Eizelle be- zwecken. Bei Salamandra gewinnt das Moment der Degeneration die Oberhand. Bei Dytiscus, Cypris, Piscicola, Tomopteris schließlich sind es Kräfte, die die Zellen einer ganz anderen Funktion zuführen. Die Zellen, die ursprünglich den Eizellen glichen, werden Nährzellen, So ist es auch bei Musca. Nur sind hier die Verhältnisse durch die gleichzeitig vor sich gehende lebhafte Chromatinvermehrung etwas verschoben. Hier tritt der Versuch zur Teilung erst auf, wenn die Zellen auch äußerlich den Eizellen schon recht un- ähnlich geworden sind. Das zeigt, daß während der 1. Phase der Chromatinabgabe und während der 1. Periode der Chromatin- vermehrung die Kräfte, die die trophische Natur der Zelle bestimmen, schon recht stark sind. Hat der Kern ungefähr die Größe erreicht, 186 ADOLF VERHEIN, die der Eikern zur Zeit der Reifeteilungen hat, so erfolgt noch einmal ein Versuch, die trophische Tendenz der Zelle umzustimmen. Das dokumentiert sich äußerlich darin, daß der Kern in seinen chromatischen Bestandteilen Chromosomenform annimmt und Tetraden bildet. Sofort aber gewinnt der Charakter als Nährzelle wieder die Oberhand, die Raupenchromosomen und Tetraden zerfallen und bilden regellose Körnerhaufen. Damit hat sich dann die Zelle endgültig auf ihre trophische Funktion eingestellt. Somit ist die Bildung der Raupenchromosomen und Tetraden in den Nährzellkernen von Musca eine starke Stütze für die An- schauung, daß die Nährzellen als Eizellen aufzufassen sind, die im Laufe der Entwicklung ihre Funktion geändert haben. Ursprüng- lich wurden alle 16 von einer Mutterzelle stammenden Zellen zu Eiern. Allmählich aber erwuchs nur eine dazu, wurde dabei dann aber durch die übrigen 15 ernährt. Auf diese Weise war es möglich, große dotterreiche Eier zu bilden, die den Nachteil, den ihre geringe Zahl für die Erhaltung der Art in sich barg, reichlich dadurch wieder wett machten, daß dem aus ihnen entstehenden Embryo nunmehr die günstigsten Ernährungsverhältnisse zur Verfügung standen. Mit der Auflösung der Raupenchromosomen ist dig restlose Um- wandlung des Idiochromatins, das bei der 1. Phase der Chromatin- abgabe den Nährzellkernen noch erhalten geblieben war, in Tropho- chromatin vollendet. In dem Stadium der Raupenchromosomen hat das Idiochromatin der Nährzellkerne den Höhepunkt seiner Aktivität erreicht. Und wie schon in der 2. Phase der Ausbildung der Nähr- zellkerne ein Teil des Idiochromatins in Trophochromatin verwandelt war, so geschieht dies jetzt mit dem Rest. Die Nährzelle beginnt mit dem Zeitpunkt des Zerfalls der Raupenchromosomen ihre nutritive Tätigkeit auszuüben, das Einströmen des Nährmaterials in die Eizelle und deren Wachstum heben an. Die Beziehungen zwischen Ei- und Nährzellen während des Wachstums werden wir in einem späteren Abschnitt behandeln. Hier sollen zunächst die weiteren Verände- rungen des Nährzellkerns erörtert werden. d) Die 2. Periode der Chromatinvermehrung. Mit der Umwandlung des Idiochromatins in Trophochromatin hat die 3. Periode der Chromatinveränderungen der Nährzellkerne begonnen. Sie ist gekennzeichnet durch eine äußerst intensive Abgabe von Chromatin an das Plasma. Diese ist mit einer sehr Die Eibildung der Musciden. . 187 lebhaften Chromatinvermehrung und einem enormen Kernwachstum verbunden. Alle diese Erscheinungen sind ein Ausdruck der ge- steigerten Tätigkeit des Kerns zu einer Zeit, in der die Nährzellen begonnen haben, das in ihnen während der 1. und 2. Periode ge- speicherte Nährmaterial an das Ei abzugeben. Die ständige Ab- gabe von Nährmaterial ist die Ursache, daß die Chromatinvermeh- rung und Abgabe nunmehr in etwas anderen Formen verläuft als in der 1. und 2. Periode. ; Die neue Periode der Chromatinvermehrung wird, wie oben schon erläutert, eingeleitet durch den Zerfall der Tetraden in Haufen einzelner rundlicher Chromatinkörner (Fig. 46). Neben den großen Tetraden finden sich aber stets auch noch einzelne Chromatinkörnchen im Kern verstreut, die auch in Vermehrung begriffen sein können. Es sind dies die Überreste des Trophochromatins der 2. Periode, die während der Zeit der Kondensierung der Raupenchromosomen die Versorgung des Plasmas mit Chromatin fortsetzen. Auch werden immer einzelne Kernpartien in toto dem Plasma einverleibt, wie sich das aus den doppelten Kernumrissen der Fig. 46 klar ergibt. Den Fortschritt des körnigen Zerfalls zeigt uns Fig. 47. Hier sind anscheinend die auflösenden Kräfte so stark gewesen, daß die Bildung der Tetraden unterdrückt wurde. Denn wir sehen, wie sich hier ein Raupenchromosom in einzelne Körner auflöst. Gleich- zeitig beginnt wieder die Chromatinvermehrung. Denn auf der achromatischen Unterlage des Raupenchromosoms finden wir ver- einzelte Dyaden und ebenso an den Rändern der regellosen Chro- matinhaufen, die im Kern verteilt liegen. Eine Kernmembran ist fast nirgends mehr vorhanden. Daß schon wieder eine lebhafte Ab- gabe von Chromatin an das Plasma eingesetzt hat, beweisen die tiefgefärbten schwarzen Körner und Platten, die sich überall der Kernperipherie angelagert finden. Sie werden zum größten Teil wohl sofort aufgelöst oder chemisch verändert, denn nur äußerst spärlich finden sich im Plasma weiter vom Kern entfernt noch einigermaßen erhaltene chromatische Gebilde, wie z. B. an der rechten Seite des Kerns unten eine Dyade, die aber auch schon ziemlich ver- blaßt ist. Im übrigen ist das ganze Plasma erfüllt von verwaschenen Körnern, die ihm bei der angewandten Färbung einen blaugrünen Ton geben. Diese Färbung ist in Fig. 48 noch dunkler geworden. Sie stellt ungefähr den Höhepunkt der Anreicherung des Plasmas mit Nährmaterial chromatischer Herkunft dar. In der Folge behält das Plasma diesen Farbton, der dann schließlich allmählich wieder heller 188 ADOLF VERHEIN, wird (Fig. 49—55). Das aber erklärt sich leicht daraus, daß mit der Zunahme des Volumens der Eizelle das in den Nährzellen auf- gespeicherte Nährmaterial aufgebraucht wird. Infolgedessen nimmt deren Plasma allmählich seine ursprünglich helle Farbe wieder an. Der Kern der Fig. 48 zeigt uns, wie sich allmählich die aus dem Zerfall der Tetraden entstandenen Körnerhaufen über den ganzen Kern zu zerstreuen beginnen. Das Ende dieses Prozesses sehen wir in Fig. 49. Regellos über den ganzen Kern verteilt liegen einzelne Chromatinkörner und ihre Vermehrungsstadien. Wir finden alle Vermehrungsformen nebeneinander, Dyaden, Tetraden und Polyaden. Teilweise ist die Vermehrung sogar so schnell, daß wir ganze Ketten und Bänder von rosenkranzartig hintereinander liegen- den Chromatinkörnern treffen. Das aber beweist, daß der Kern in lebhaftester Tätigkeit begriffen ist. Er ersetzt durch intensive Chromatinabgabe das an die Eizelle abströmende Nährmaterial. Einen zweiten Ausdruck findet seine trophische Funktion in einem jetzt erneut einsetzenden rapiden Wachstum. Nach kurzer Zeit ist er zu Dimensionen angewachsen, die ihn auf einem Schnittpräparat sogar dem bloßen Auge sichtbar machen. Das Kernwachstum läßt sich am besten durch einen Vergleich etwa der Figg. 31 u. 51 erkennen, die beide bei gleicher Vergröße- rung gezeichnet sind. Die Kerndurchmesser verhalten sich ungefähr wie 1:15, demnach die Kernvolumina wie 1:3375. (Vergleiche ferner die Photogramme 64—66, 68—70, die alle bei gleicher Vergrößerung aufgenommen sind.) Mit dem Kernwachstum hält die Vermehrung des im Kern be- findlichen Trophochromatins gleichen Schritt. In den Figg. 49—55 ist der Chromatingehalt der Kerne stets gleich stark. Die Abgabe des Chromatins an das Plasma erfolgt aber auf dem Stadium der Fig. 49 in der Hauptsache nicht in der Form bestimmt gestalteter Gebilde. Nur sehr vereinzelt finden wir Dyaden, Tetraden oder einzelne Chromatinkörner im Plasma. Das läßt darauf schließen, daß die Abgabe des Trophochromatins an das Plasma fast aus- schließlich in gelöster Form vor sich geht, obgleich das gänzliche Fehlen einer Kernmembran der Abgabe kondensierten Chromatins keine Hindernisse zu bieten scheint. Es geht also daraus hervor, daß die Kräfte, die nach Abgabe geformter Chromatinteile deren Auflösung bewirken, allmählich so stark geworden sind, daß sie auch auf den Kern selbst übergreifen und ihre auflösende Tendenz auf die unmittelbar an der Kernperipherie zur Abgabe bereitgestellten Die Eibildung der Musciden. . 189 Chromatinmassen ausdehnen. Im folgenden sollen nun zunächst die Vorgänge der weiteren Chromatinvermehrung und Abgabe an das Plasma besprochen werden, ohne auf die jetzt schon beginnenden Degenerationserscheinungen am Nährzellkern einzugehen. In Fig. 49 beginnt sich im Kern wieder ein Netz von Linin- fasern auszubilden. Zuerst nur schwach angedeutet, ordnet es sich bald zu einem System deutlich getrennter Faserzüge an (Fig. 52). Auf diesem Lininnetz liegen jetzt die Chromatingebilde Die ver- . schiedensten Vermehrungsformen der Chromidien, Tetraden, Dyaden, Polyaden, finden wir im Kern. Der Unterschied gegen Fig. 49 ist aber der, daß alle diese Körper jetzt durch Züge von Lininfasern verbunden sind. Auch die schon weiter oben erwähnten rosenkranz- artigen Vermehrungsstadien des Chromatins treten auf. Sie sind gleichfalls in den allgemeinen Verlauf der Lininfäden eingeordnet. Eine Kernmembran ist nicht mehr nachweisbar. Vereinzelt liegen im Plasma Dyaden und getrennte Chromatinkörner. In der Hauptsache aber wird das Nährmaterial in gelöster Form abgegeben. Das zeigt besonders deutlich Fig. 51. Hier ist der ganze Kern von einer dunkelgefärbten feinkörnigen Plasmazone umgeben. Und da die Begrenzung dieser Zone überall konzentrisch mit der Kern- peripherie verläuft, so geht daraus klar hervor, daß hier der Kern gleichmäßig nach allen Seiten Substanzen abgibt, die durch ihre Anwesenheit eine besonders dunkle Färbung des Plasmas veranlassen. Das ist aber nur möglich, wenn eben Chromatin in äußerst feiner Verteilung ins Plasma übertritt. Die Speicherung resp. Assimilation geht nur sehr langsam vor sich, wie sich aus dem Vorhandensein einer deutlich erkennbaren anders gefärbten Plasmazone ergibt. Ein gleiches Stadium zeigt uns der Nährzellkern der Fig. 56. Nur ist hier infolge der schwächeren Vergrößerung der Plasmasaum be- deutend undeutlicher. In Fig. 51 finden wir ein sehr deutlich ausgebildetes Lininnetz. In den Knotenpunkten desselben sowie überall auf ihm verteilt liegen einzelne Chromatinpartikel, Tetraden, Polyaden und vor allem Ketten von Chromatinkérnern. Die Vermehrung der Chromidien muß in einem sehr lebhaften Tempo vor sich gehen, denn das ganze Kern- gerüst ist in sehr ausgedehntem Maße mit Chromatin bedeckt. Daß aber die Chromatinabgabe auch noch in anderen Formen vor sich gehen kann, zeigt uns Fig. 52. Hier ist der Kern wieder zu dem alten Modus zurückgekehrt, das Chromatin in Form größerer Brocken direkt ins Plasma zu überführen. Außerdem zeigt er hier 190 ADOLF VERHEIN, einen zackigen Umriß. Das läßt sich kaum anders erklären, als daß hier wieder einzelne die Buchten ausfüllende Kernpartien in toto dem Plasma einverleibt sind. Und das ist ja auch leicht verständ- lich, da schon auf früberen Stadien von Musca diese Form der Chromatinabgabe sehr häufig zu beobachten ist. Wir haben hier wieder ein Analogon zu den Verhältnissen bei Forficula, wo die Einverleibung ganzer Kernpartien ins Plasma extremste Formen angenommen hat und zur Bildung der für diese Insectengattung so charakteristischen gelappten Nährzellkerne führt. Auch Fig. 53 zeigt uns durch die doppelten Kernkonturen, daß hier einzelne Stücke des Kerns ans Plasma abgegeben werden. Außer- dem ist hier wieder die ganze Kernperipherie mit Chromidien be- setzt, während das Kerninnere mit Vermehrungsstadien erfüllt ist. Die Randzone eines solchen Kerns bei stärkster Vergrößerung sehen wir in Fig. 54. Eine Kernmembran ist nicht vorhanden. Die Chro- matinkörner liegen zum Teil an der Kernperipherie, zum Teil auf der Grenze zwischen Kern und Plasma, zum Teil schon ganz im Plasma. Auch hier ist wieder der alte Modus der Chromatinabgabe ans Plasma in Kraft getreten, nämlich die Überführung geformter Chromatinpartikeln. Und damit hat die trophische Funktion des Nährzellkerns ihren Höhepunkt überschritten. Von nun an nimmt sie rapide ab. In Fig. 55, die einen Nährzellkern aus einem fast ausgewachsenen Ei darstellt, findet kaum noch eine merkliche Chromatinabgabe ans Plasma statt. Nur noch vereinzelt finden wir Vermehrungsformen der Chromidien, die wohl als die letzten Überreste des früher so reichen Vorrats an Dyaden u. dgl. aufzufassen sind. Hier haben die Kräfte, die das Kernchromatin der Degeneration entgegenführen, schon vollkommen die Oberhand gewonnen.!) Diese Degenerationserscheinungen nehmen schon frühzeitig ihren Anfang. Sie äußern sich darin, daß das Chromatin der Nährzell- kerne eine zunehmende Neigung zur Kondensierung und Verklum- pung zeigt. Den Anfang dieses Prozesses treffen wir bereits in Fig. 49. Wir sehen hier, daß sich um achromatische Zentren zu- nächst peripher Chromidien sammeln. Mitunter macht es sogar den 1) Bezüglich des Lininnetzes bemerke ich noch, daß es schon auf dem Stadium der Fig. 52 seine Wabenstruktur verliert. Es wird zu einem Geflecht und Gewirre von Fasern, das teilweise sogar flächenhaften Charakter aunehmen kann. In ihm liegen dann die Chromativfiguren regellos verteilt (Fig. 52—55). Die Eibildung der Musciden. - 191 Eindruck, als ob die Chromatinkörner dieser Gebilde aus der Teilung eines einzelnen Kerns hervorgegangen wären. Es handelt sich hier gleichsam um ,aufgeblasene“ Tetraden und Polyaden. Ihre Ent- stehung erklärt sich dadurch, daß die zur Degeneration der Nähr- zellkerne führenden Kräfte ihren Einfluß zunächst auf in der Nähe der Kernperipherie liegende kompakte chromatische Gebilde ausüben. Und zwar äußert sich dieser Einfluß derart, daß zuerst ein be- stimmtes Kondensationszentrum geschaffen wird, das aus einer achro-- matischen Plastinunterlage besteht. Es nimmt gleich einen Umfang ein, der der ungefähren Gestalt der späteren Nucleolen entspricht, wenn auch ein Wachstum in bescheidenen Grenzen der Vergrößerung des Kernvolumens entsprechend stattfindet. Auf diese Plastinunter- lage müssen sich dann vorerst die einzelnen Körner z. B. einer Tetrade verteilen. Hatten in Fig. 49 die Plastingebilde regelmäßige Gestalt, so zeigt uns Fig. 50 solche von den verschiedenen Formen. Und hier beginnt auch schon die Chromatisierung dieser Gebilde. Als Zentrum dieser Plastinkörper dient, wie aus Fig. 49 u. 50 hervorgeht, stets ein einzelnes Chromatinkorn, wn das sich die Plastinschale gleich- sam herumkrystallisiert. Auf dieser Plastinunterlage tritt nun das ‘Chromatin in lebhafte Vermehrung ein. Und zwar geht diese zu- nächst in den gewohnten Formen vor sich. In Fig. 51 finden wir in den Nucleolen alle Vermehrungsstadien der Chromidien. Aber schon hier zeigt sich eine Neigung zur Kondensierung, die in Fig. 52 ihren weiteren Ausdruck findet. Die Plastinnucleolen haben sich hier abgerundet. Die auf ihnen verteilten Chromidien beginnen zu verfließen und miteinander zu verschmelzen. Den Endpunkt dieses Prozesses zeigt Fig. 53, in welcher durch Verschmelzen der einzelnen Nucleolen kompakte Chromatingebilde entstanden sind, die entspre- chend ihrer Herkunft aus verschiedenen Nucleolen eine unregelmäßige Gestalt zeigen. Diese Verschmelzung der Nucleolen schreitet immer weiter fort. Und da inzwischen die Vermehrung des Trophochromatins und damit auch dessen Abgabe an das Plasma aufgehört hat, so ist schließlich in ihnen das ganze Chromatin des Nährzellkerns ver- einigt (Fig. 55). Das aber bedeutet den Schluß der Entwicklung des Nährzellkerns. Dieses Stadium ist erreicht, wenn das Ei seiner Reife nahe ist. Die Nährzellkerne erfüllen sich durch Verschmelzen der Nucleolen immer mehr mit chromatischen stark gefärbten Massen, die keine Spur einer inneren Struktur mehr erkennen lassen. Das Aufhören der trophischen Funktion dokumentiert sich auch noch da- 192 ADOLF VERHEIN, durch, daß jetzt wieder eine Kernmembran auftritt (Fig. 55). Auf diesem Stadium verharren die Kerne, bis das ganze Nährfach bei der Chorionbildung als ein kümmerliches zusammengeschrumpftes Gebilde vom Ei abgestoßen wird. Die Beziehungen zwischen Eizelle und Nährzellen. Wie wir in den Erörterungen über die Differentialmitosen vor: Musca oben näher ausgeführt haben, besteht von Beginn dieser Teilungen an ein Zusammenhang zwischen der Eizelle und den dazu gehörigen Nährzellen. Er äußert sich darin, daß alle Zellen einer Gruppe, die der Teilung einer Ovogonie ihre Entstehung verdanken,. sich nicht vollständig trennen, sondern durch Plasmabrücken mit- einander in Verbindung bleiben. Das äußere Zeichen einer solchen Plasmabrücke ist die „Plasmakommunikation“, ein mit Kernfarb-- stoffen meist stark gefärbter Ring, der die Durchtrittsstelle des Plasmastranges durch die Zellmembran umgibt. Solche Plasma- kommunikationen finden sich auf zahlreichen unserer Figuren (Fig. 2, 6, 12, 15—22, 34, 37, 39, 43, 44, 56—60). Sie zeigen dasselbe- Bild, das Günraerr für die Plasmakommunikationen von Dytiscus- beschrieben hat. Er weist in seiner Abhandlung über die Eibildung dieses Käfers nach, daß diese Kommunikationen nichts anderes sind als die Umschlagstellen der Zellmembran. Das scheint auch bei Musca der Fall zu sein. So zeigen seine Fig. 85 und unsere Fig. 57: fast genau das gleiche Bild. Die starke Färbbarkeit des Ringes erklärt er dadurch, daß die Zellmembran an dieser Stelle besonders verdickt und außerdem für Kernfarbstoffe im allgemeinen, mindestens aber für Hämatoxylin besonders empfänglich geworden ist. Ein intensiverer Farbton wird jedoch auch ohne Annahme einer erhöhten. Tinktionsfähigkeit schon allein daraus erklärt, daß an dieser Stelle- die Zellmembran infolge des Umschlages doppelt ist. Eine kleine- Abweichung aber finden wir noch bei Musca. GÜNTHERT beschreibt den Ring, wenn er quer zur Schnittebene liegt, als zwei einfache Punkte. Bei Musca aber finden wir meistens zwei Doppelpunkte, die durch zwei feine Linien verbunden sind (Fig. 16—20). Der chromatische Ring ist hier also nicht einfach, sondern doppelt. Das zeigen auch deut- lich die bei stärkster Vergrößerung gezeichneten Figg. 39 u. 44. Schließlich kann der Doppelring sogar zu einem kurzen Rohr ver- schmelzen, wie wir das in Fig. 22 sehen. Doch scheint dieser Fall nur ausnahmsweise vorzukommen. Die Eibildung der Musciden. - 193 Kehren wir nach dieser kleinen Abschweifung wieder zu unserm Thema zurück. Wir haben also gesehen, daß von Anfang an eine Verbindung durch Plasmabrücken zwischen der Eizelle und den Nähr- zellen besteht. Und zwar ist diese Verbindung derart, daß die 4 dem Ei unmittelbar anliegenden Nährzellen mit der Eizelle direkt kommunizieren (Fig. 59). (Das läßt sich auf Schnitten natürlich stets nur an 2 dieser Zellen zugleich sehen.) Die anderen 11 Nähr- zellen stehen dann wieder mit diesen 4 „Hauptnährzellen“, wie ich - sie nennen will, und unter sich je nach ihrer Lage durch Plasma- brücken in Verbindung (Fig. 59). Wenn nun diese Plasmabrücken auch schon auf ganz jungen Stadien vorhanden sind, so läßt doch kein Anzeichen darauf schließen, daß dann schon ein Transport von Nährmaterial ins Ei stattfände. Die Eizelle behält zunächst unverändert ihre Größe bei, während, wie wir oben geschildert haben, die Nährzellen beträchtlich wachsen. Zugleich färbt sich deren Plasma immer dunkler. Das läßt sich nur dadurch erklären, daß zunächst das gesamte vom Kern der Nähr- zelle abgegebene Nährmaterial unter chemischer Umwandlung in deren Plasma aufgespeichert wird. Die Überführung des Nährmaterials in die Eizelle beginnt erst in einem ganz bestimmten Augenblick und zwar dann, wenn der Zerfall der Raupenchromosomen und die Tetradenbildung in den Nährzellkernen einsetzen. Dies Stadium zeigen uns die Figg. 43 u. 44. Die Eizelle hat noch die ursprüngliche Größe. Doch sehen wir in Fig. 44, die mit der stärksten Vergrößerung gezeichnet ist, in ihrem Plasma Chromatingebilde, die aufs Haar denen gleichen, die wir in den Nährzellen finden. Und zwar haben wir dort eine Tetrade und mehrere einzelne Chromatinkörner. Ähnliches zeigt uns die Fig. 43, nur etwas weniger deutlich, weil sie bei einer schwächeren Vergrößerung gezeichnet ist. Das Auftreten von Tetraden usw. im Plasma der Eizelle läßt aber keinen anderen Schluß zu, als daß diese Chromatingebilde aus dem Nährzellkern stammen. Denn eine Chromatinvermehrung und Tetradenbildung im Kern der Eizelle habe ich nie beobachtet. Das auslösende Moment der Überführung des Nährmaterials scheint dabei zunächst von der Eizelle auszugehen. Dafür geben uns die Figg. 43 u. 44 gleichfalls einen klaren Beweis. Wir haben oben erwähnt, daß auf dieser Altersstufe die Nährzell- kerne fast ohne Membran sind. Beide Figuren zeigen uns nun Kerne von 2 Hauptnährzellen, die eben angeschnitten sind. Und da sehen wir an ihnen eine besondere Struktur. Die oberste Schicht 194 ADOLF VERHEIN, der Lininfasern konvergiert nach der Plasmakommunikation hin, die die Eizelle mit der betreffenden Nährzelle verbindet. Diesen merk- würdigen Verlauf habe ich an mehreren Schnittserien gleichen Stadiums beobachtet, so daß es keinesfalls ein Zufallsprodukt ist. Wenn man nun in Betracht zieht, daß die Kerne kugelförmig sind, so ergibt sich für die äußerste Schicht der Lininfasern eine eigen- tümliche Anordnung. Man könnte sie am besten mit einem Trichter vergleichen, dessen Spitze in der Plasmakommunikation mündet. Diese eigenartige Anordnung macht durchaus den Eindruck, als ob von der Eizelle anziehende Kräfte ausgehen, die das zur Einwande- rung bestimmte Chromatinmaterial der Nährzellkerne in der be- schriebenen Weise strahlenförmig zur Eizelle anordnen. Dieser Ein- druck wird noch dadurch vermehrt, daß man diese Strukturbilder nur an den 4 Hauptnährzellkernen beobachtet, die unmittelbar der Eizelle anliegen. Der erste Anstoß zum Transport von Nährmaterial in die Eizelle ist eben gleich so stark, daß er sich sogar durch seinen deformierenden Einfluß auf die zunächst liegenden Nährzellkerne be- merkbar macht. Ist die Nahrungszuführung in geregelte Bahnen gelenkt, so nehmen diese Kerne wieder ihre Kugelgestalt an (Fig. 56). Einen gewissen Vergleich gewähren hier wieder die Verhältnisse bei Dytiscus. Dort übt gleichfalls das Keimbläschen stark anziehende Kräfte auf die zunächst liegenden Nährzellkerne aus mit dem Erfolg, daß sich von ihnen ein dicht mit Chromatinkörnern besetzter Faser- trichter zur Plasmakommunikation hinzieht. Hier kommt allerdings noch hinzu, daß bei Dytiscus auf diesem Stadium fortdauernd kon- zentrische Kernzonen aus Plasma abgegeben werden, ein Umstand, der die Deutlichkeit der Bilder wesentlich erhöht (vgl. GÜNTHERT’S fig. 71—74, 76). Bei Musca aber ist die Abgabe geformten Nähr- stoffes an das Ei sowie die konzentrische Abschmelzung der Kerne niemals so stark, daß sich ähnliche klare Bilder ergaben. Wir haben oben die 4 der Eizelle unmittelbar anliegenden Nähr- zellen die Hauptnährzellen genannt. Das geschah darum, weil sie offen- bar die Vermittler der ganzen Nahrungszufuhr für die Eizelle sind. Neben den eben beschriebenen Tatsachen geht das auch daraus her- vor, daß ihre Kerne die der anderen Nährzellen stets an Größe be- deutend übertreffen (vgl. Fig. B). Daraus läßt sich schließen, daß diesen Kernen eine besondere Aktivität innewohnt, die sich offenbar nur darin äußern kann, daß sie dem gesamten Austausch von Stoffen zwischen Ei- und Nährzelle vorstehen. Eine weitere Bekräftigung erhält diese Behauptung wiederum durch einen Vergleich mit den Die Eibildung der Musciden. - 195 Verhältnissen bei Dytiscus. Dort fehlen die Hauptnährzellen. In- folgedessen entsendet jede Nährzelle einen besonderen Nährstrang zur- Eizelle, auf der ihre Chromatinprodukte wandern. Das ganze Nährfach wird von diesen Strängen durchsetzt, wie dies die Gün- THERT'schen fige. 81—83 zeigen. In diesem Falle liegen die Dinge bei Musca bedeutend einfacher. Durch die Plasmakommunikationen wandert zunächst das gesamte Nährmaterial aller Nährzellen in die Hauptnährzellen. Das läßt sich durch chemische und färberische - Methoden nicht nachweisen, muß aber aus dem ganzen morpholo- gischen Aufbau eines Eifaches mit Sicherheit geschlossen werden. Die Hauptnährzellen speichern dann das Nährmaterial zum Teil noch auf und geben es später nach Bedarf an die Eizelle ab, zum Teil leiten sie es sofort weiter. Die Abgabe des Nährmaterials an die Eizelle erfolgt in genau derselben Weise wie bei Dytiscus und Forficula. Es tritt die Nähr- substanz in äußerst fein verteilter Form in die Eizelle über. Da sie aber viel dunkler gefärbt ist, so entsteht auch bei Musca an der Plasmakommunikation in der Eizelle eine dunkle Wolke, die sich deutlich von dem umgebenden hellen Eiplasma abhebt (Fig. 56). Die Ränder dieser Wolke sind verschwommen, ein Zeichen, daß das zugeführte Nährmaterial alsbald dem Eiplasma assimiliert wird. In dieser Form setzt sich die Abgabe der ernährenden Substanz an das. Ei fort, bis dessen Wachstum vollendet ist und die Nährzellen der Degeneration anheimfallen. Die Dotterbildung. Das Ei begnügt sich aber nicht damit, die Nährsubstanzen zu assimilieren, es setzt sie sogleich in neue Reserveformationen, in Dotter, um. Im folgenden seien der Dotterbildung bei Musca noch einige Worte gewidmet. Ich will aber gleich hinzufügen, daß ich dieser Frage keine besondere Aufmerksamkeit geschenkt habe, sondern nur gelegentliche Beobachtungen mitteilen kann. Die Dotterbildung hängt in erster Linie von den Nährzellen ab. Das geht schon daraus hervor, daß sie erst einsetzt, nachdem die Secretion von Nährmaterial in die Eizelle begonnen hat und diese ganz von Nährmaterial erfüllt ist. Der Dotter entsteht zunächst an der äußeren Peripherie der Eizelle (Fig. 56). Und das ist ja ohne weiteres verständlich. Das frisch hinzutretende Nährmaterial drängt das alte immer weiter vor 196 ADOLF VERHEIN, sich her bis an die äußersten Grenzen der Eizelle. In einem be- stimmten Alter geht nun dieses Nährmaterial zur Dotterbildung über. Da beginnt sich dann das Eiplasma mit Dotterkörnern zu erfüllen derart, dab an der Peripherie die meisten liegen, während nach innen zu die Zahl allmählich immer mehr abnimmt (Fig. 56, 57). Meistens zeichnen sich die außen liegenden Dotterkörner auch noch durch besondere Größe aus (Fig. 67, 68). Es könnte hier der Ein- wand gemacht werden, daß die periphere Lage der Dotterkörner für ihre Herkunft aus den Zellen des Follikelepithels spreche. Wenn dem aber so wäre, so müßten sich naturgemäß die kleinsten Dotterpartikeln der Oberfläche angelagert finden. Da jedoch das Gegenteil der Fall ist, so ist damit dieser Einwurf hinfällig. All- mählich schreitet mit dem Wachstum des Eies auch die Dotter- bildung immer weiter fort, bis schließlich das ganze Eiinnere von dichten Massen von Dotterkörnern erfüllt ist (Fig. 28, 57, 67—69). Diese ganze Art der Dotterbildung geht spontan vor sich. Eine Frage, die uns nun im nachstehenden noch beschäftigen soll, ist die nach der Beteiligung des Keimbläschens an der Dotterbildung. Es ist viel darüber gestritten worden, ob eine solche aktive Beteiligung wirklich statthat. Für Musca glaube ich sie bejahen zu müssen. In Fig. 25 haben wir gesehen, daß das Keimbläschen mit einem dunklen Plasmasaum umgeben ist. Wir haben diese Zone oben so erklärt, daß es den letzten Rest des in ihm vorhandenen Trophochromatins zerstäubt und so ins Plasma überführt. Unmittel- bar nach diesem Vorgang setzt nun in der Eizelle die Dotterbildung ein und zwar sowohl peripher wie in unmittelbarer Nähe des Keim- bläschens, so dab wir wohl sagen können, die Zerstäubung des letzten Trophochromatins sei der Anstoß zur Dotterbildung. Die Verhältnisse in der Umgebung des Keimbläschens in einem etwas späteren Stadium zeigt uns die Fig. 27. Wir sehen oben links den von den Nährzellen gelieferten Dotter liegen. Konzentrisch zum Keimbläschen aber liegt eine Anzahl verschieden großer Dotter- körner. Diese konzentrische Anordnung erklärt sich wohl am natür- lichsten, wenn man annimmt, daß diese Dotterelemente aus dem oben erwähnten zerstäubten Chromatin entstanden sind. Aber auch noch in anderer Weise kann sich das Keimbläschen an der Dotterproduktion beteiligen. So sehen wir in Fig. 26, wie an der rechten Seite des Keimbläschens die Kernmembran ge- schwunden ist. Hier liegen einige große Dotterkugeln, von denen man nicht mit Bestimmtheit sagen kann, ob sie im Plasma oder in Die Eibildung der Musciden. : 197 einer Kernausbuchtung liegen. Im Kern selbst liegt noch ein kleines Korn, das den im Eiplasma liegenden an Größe gleichkommt. Das alles läßt den Schluß als sehr naheliegend erscheinen, daß diese Dotterkörner direkt vom Keimbläschen ihren Ursprung genommen haben. Den Modus dieser Form der Dotterbildung zeigt uns die linke Hälfte der Fig. 26. Hier sehen wir zunächst oben eine Kern- ausbuchtung, in der ein Dotterkorn liegt. Hinter dieser Ausbuch- tung hat sich aber bereits eine neue Kernmembran gebildet, die - dem allgemeinen Verlaufe des Kernkonturs folgt. Wir sehen hier also deutlich, wie die einzelnen Dotterelemente knospenartig vom Eikern abgeschnürt werden. (Den Beginn dieses Vorgangs zeigt uns das mittlere der 3 großen Dotterkörner der rechten Kernhälfte.) Die Vacuole mit dem Kernsaft verschwindet dann sofort im Plasma, wie die in unmittelbarer Nähe liegenden Dotterschollen beweisen. Bei dem etwas weiter unten liegenden Dotterkorn handelt es sich nicht um eine knospenförmige Abschnürung, sondern es wird ein ganzes Kernsegment mit der darin liegenden Dotterkugel abgegeben. Im Prinzip aber ist dieser Vorgang der gleiche wie der vorhin be- schriebene. . Schließlich gibt es noch eine dritte Art, wie das Keimbläschen Dotter produzieren kann. Dies zeigt uns Fig. 28. Die rechte Seite des Keimbläschens ist hier mit kleinen Vorwölbungen versehen. Diese Buckel sind auf ihrer Außenseite zum Teil mit feinen tief- schwarz gefärbten Körnchen bedeckt. Die Größe dieser Körnchen ist dieselbe wie die der kleinsten Dotterelemente. Wir haben es auch hier unzweifelhaft mit einer aktiven Beteiligung des Keim- bläschens an der Dotterbildung zu tun. Sie ähnelt sehr den Vor- gängen, wie wir sie bei der Chromatinabgabe der jungen Ei- und Nährzellkerne beobachten konnten. Gleiche Beobachtungen machte Dons an dem Keimbläschen von Zomopteris helgolandica. Hier er- scheinen auf der Kernmembran des Keimbläschens chromatische Körnchen, während gleichzeitig im Plasma die Dotterbildung beginnt. Dons sagt dazu: „Ob und inwieweit die in den jungen Eizellen auf der Kernoberfläche befindlichen chromatischen Körperchen bei der Dotterbildung eine Rolle spielen, konnte ich nicht sicher entscheiden. Ausgeschlossen aber scheint es mir nicht, daß die kleinsten zuerst auftretenden Dotterkörnchen mit denselben in genetischem Zusammen- hang stehen.“ Setzen wir hierzu die eben beschriebenen Vorgänge bei Musca in Parallele, so scheint es als sicher, daß bei beiden Formen das Keimbläschen sich aktiv an der Dotterbildung beteiligt. Zool. Jahrb. 42. Abt. f. Anat. 14 198 ADOLF VERHEIN, Wir können also in der Dotterproduktion seitens des Keim- bläschens 3 Perioden unterscheiden. In der 1. wird Chromatin in zerstäubter Form abgegeben. In dem so entstehenden dunklen Plasmasaum bilden sich die ersten Dotterelemente. Später schnürt das Keimbläschen einzelne Kernknospen ab, in denen sich je ein großes Dotterkorn befindet. Und schließlich wird bei älteren Eiern der Dotter in Gestalt feiner Körnchen an einzelnen Buckeln der Membran des Eikerns abgeschieden. Erst kurz vor Beendigung des Eiwachstums hört das Keimbläschen auf, derartige kleine Dotter- elemente zu bilden. Wenn wir nun auch gesehen haben, daß bei Musca das Keimbläschen aktiven Anteil an der Dotterbildung nimmt, so müssen wir doch andererseits zugeben, daß diese Anteilnahme sich im Vergleich zu dem riesigen Wachstum des Eies und der daraus resultierenden Produktion einer gewaltigen Dottermenge stets in bescheidenen Grenzen hält. Die Hauptmasse des den Dotter bildenden Materials wird von den Nährzellen geliefert. Und zwar wird, wie wir oben sahen, der Dotter zunächst an der Außenwand des Eies gebildet. Erst allmählich füllt sich auch das Eiinnere mit Dotterschollen. Bei älteren Eiern kann nun dieser Prozeß soweit gehen, daß sich sogar schon im Plasma der Nährzelle geformter Dotter bildet. Einen solchen Fall sehen wir in Fig. 57. In der Nährzelle finden wir vor der Plasmakommunikation schwarz gefärbte Körperchen, die an Größe und Habitus ganz den Dotterkörnern gleichen. Im Innern der Nährzelle sind sie am kleinsten und nehmen dem Rande zu allmählich an Größe zu. Es scheint kein anderer Schluß möglich, als daß hier tatsächlich die Nährzelle dazu über- gegangen ist, schon ihrerseits das zur Abgabe bereitgestellte Nähr- material in Dotter umzuwandeln. Das beweist, daß die Kräfte, die die Dotterproduktion auslösen, allmählich so stark geworden sind, daß sie auch auf die Nährzellen selbst überzugreifen beginnen. (Natürlich handelt es sich in allen diesen Fällen nur um Haupt- nährzellen.) Wir haben hier wieder ein Analogon zu den Vorgängen bei Forficula vor uns. Dort werden nach Brauxs in der Nährzelle kleine dotterähnliche Körper produziert, die dann in die Eizelle wandern. Ähnliche Beobachtungen machte auch Reuter bei Pedi- culopsis graminum und Gross bei Panorpa. Doch scheint der hier beschriebene Fall bei Musca nicht generell vorzukommen. Jeden- falls habe ich keine weiteren dahingehenden Beobachtungen gemacht. Eine Beteiligung des Epithels an der Dotterbildung scheint mir bei Musca nicht stattzufinden. Das Follikelepithel zeigt stets eine Die Eibildung der Museiden. _ 199 bestimmte Abgrenzung gegen das Ei (Fig. 61). Keine Anzeichen lassen darauf schließen, dab es irgendwie an der Dotterproduktion teilnimmt, wie es z. B. Morrison für die Epithelzellen von Melo- lontha vulgaris beschrieben hat. In Fig. 57 könnte es scheinen, als ob die den Epithelzellen anliegenden kleinen Körner von diesen aus- geschieden wären, in gleicher Weise wie wir das oben für das Keimbläschen beschrieben haben. Doch ist mir dies nicht wahr- scheinlich, da ich nie ähnliche Fälle beobachtet habe. Ein be- stimmtes Urteil aber kann ich über diesen Punkt nicht abgeben. Das Follikelepithel. Zum Schluß seien noch einige Worte über das Follikelepithel bei Musca gesagt. Wie wir oben gesehen haben, entstehen die Epithelzellen gesondert von den Keimzellen; sie sind wahrscheinlich entodermalen Ursprungs. Es sind zunächst kleine, flache, lang- gestreckte Zellen, deren Kern dicht mit Chromatinkörnern erfüllt ist (Fig. 1,3). Sie liegen vorerst noch unregelmäßig zwischen den Keimzellen verstreut (Fig.1). Mit der allmählichen Ausbildung der Eiröhre wandern sie in der Hauptsache an das dem Eileiter zuge- kehrte Ende der Eiröhre (Fig. 3). Von hier aus wird dann das 1. Eifach nach und nach mit einer einfachen Schicht von Epithel- zellen umgeben (Fig. 58), indem sich diese durch fortgesetzte Teilung vermehren. Dabei verändert sich ihre Struktur. Aus den platten Zellen wird allmählich ein Pflasterepithel. Die Kerne ver- ändern sich gleichfalls etwas. Sie nehmen Bläschenform an, und das ganze Chromatin sammelt und kondensiert sich in einen Nucleolus (Fig. 3, 58). Oft läßt sich im Kern auch ein Liningerüst nach- weisen (Fig. 58). Zellgrenzen zwischen den Epithelzellen beobachten wir nur vereinzelt. Daraus darf aber nicht geschlossen werden, dab es sich hier etwa um ein Syncytium handelt. Die Epithelzellen sind vielmehr vollkommen voneinander getrennt. Nur ist die Scheide- wand zwischen den einzelnen Zellen für gewöhnlich nicht sichtbar. Findet man aber Stellen, wo das Epithel eines Eifaches eben an- geschnitten ist, so sind die Zellgrenzen vollkommen deutlich. Das gleiche sieht man an Präparaten, die infolge von Mängeln der Kon- servierung etwas geschrumpft sind. Dort sind sämtliche Epithel- zellen isoliert und stellen sich als vollkommene Zellen dar. Die Epithelzellen vermehren sich durch Teilung und zwar so, daß sie mit dem Wachstum des Eies gleichen Schritt halten. All- : .14* 200 ADOLF VERHEIN, mählich umgeben sie so das 1. Eifach, Ei- und Nährzellen, mit einer gleichmäßigen Zellenschicht (Fig. 59, 60, 65, 66). Diese Schicht bleibt von Bestand, solange die Dotterbildung und damit das Wachs- tum der Eizelle noch nicht begonnen hat. Die Kerne der Epithel- zellen erleiden hierbei noch einige Veränderungen. Auf dem Stadium der Fig. 59 hat die Konzentration des Chromatins in einen Nucleolus ihren Höhepunkt erreicht. Der Kern ist von einem Liningerüst durchzogen, in dem sich als einziges chromatisches Gebilde der Nucleolus befindet. Auf diesem Stadium beginnen die Epithelzellen auch zu wachsen. Doch bleibt dieses Wachstum stets nur geringfügig. In Fig. 43 sehen wir, wie sich der ursprünglich rundliche Nucleolus der Epithelzellkerne zu verändern beginnt. Er nimmt unregelmäßige Gestalt an. Und in den Maschen des Lininnetzes erscheinen wieder verschieden geformte Chromatinpartikeln. Der Prozeß der Auflösung des Nucleolus schreitet immer weiter fort. Endlich liegt in der Mitte des Kerns auf achromatischer Grund- lage ein Haufen unregelmäßig gestalteter Chromatinkörner (Fig. 60, 25, 56). Es scheint sich in diesem Haufen aber meistens ein größeres Korn als Nucleolus zu erhalten (Fig. 26). Schließlich konzentriert sich das Chromatin wieder. Dann finden wir im Kern der Epithel- zellen eine Anzahl von Nucleolen, meistens 2 (Fig. 28, 61, 62). Be- merken will ich hier noch, daß bei älteren Eiern die Zellgrenzen der Epithelzellen meist recht deutlich sind (vgl. Fig. 28, 56). Wir haben oben gesehen, daß die Epithelzellen zunächst ein gleichmäßiges Pflasterepithel um die ganze Eianlage herum bilden. Das ändert sich mit dem Augenblick, wo die Dotterbildung beginnt. Allmählich schiebt sich das ganze Epithel auf das wachsende Ei, während das Nährfach mehr und mehr der Epithelschicht beraubt wird. Der schließliche Erfolg ist, daß das Ei mit einem hohen Cylinderepithel umgeben ist. Das Nährfach hingegen hat nur noch einen dünnen plasmatischen Überzug, in dem einige Zellkerne ver- streut liegen (Fig. 61, 67—70). Diese Kerne liegen hauptsächlich dort, wo die Zellgrenzen der Nährzellen mit der Plasmaschicht des Epithels in Berührung kommen. Den allmählichen Übergang des Cylinderepithels in das Pflasterepithel zeigt die Fig. 61. Wir haben hier genau die gleichen Verhältnisse vor uns, wie sie Brauns für das Follikelepithel der Eier von Forficula beschrieben hat. Der Zweck dieses Vorgangs ist leicht ersichtlich. Je mehr das Ei heran- wächst, desto eher kann es der Nährzellen entraten. Für das reife Ei ist der kümmerliche Überrest der Nährzellen völlig wertlos. Das Die Eibildung der Musciden. ° 201 Epithel, das ursprünglich dem Schutze des ganzen jungen Eifaches diente, ist jetzt nur noch dazu da, das Ei mit einer schützenden Hülle zu umgeben. Deshalb erfolgt schließlich die gänzliche Trennung, indem das Epithel von der Begrenzungsstelle zwischen Ei- und Nährfach hineinwuchert und so durch eine Epithellamelle beide Teile trennt. Als Vorbereitung hierzu ist es anzusehen, wenn schon einige Zeit vorher nur noch das wachsende Ei mit einem Follikel umgeben ist, während die Nährzellen eine spärliche Epithelbekleidung aufweisen. Kurz bevor das Wachstum des Eies vollendet ist, wuchert von dem äußeren Pol des Nährfaches ein Epithelpfropf zwischen die Nähr- zellen (Fig. 62, 67, 69). In Fig. 62 sehen wir, wie dieser Propf an seinem dem Ei zugekehrten Ende keulenförmig verdickt ist. Hier wie am entgegengesetzten Ende sind auch Zellgrenzen sichtbar. In der Mitte aber ist er stark verengt. Es macht fast den Eindruck, als ob sich die Epithelzellen hier einzeln hintereinander zwischen 2 Nährzellen gleichsam in einem Kanal dem Ei entgegenschieben. Dabei kann natürlich eine bestimmte Gestalt nicht gewahrt werden. So kommt es wohl, daß wir in der Mitte des Pfropfes keine Zell- grenzen finden. Der Pfropf wächst nun weiter auf die Mitte des. Eies zu, bis er sich mit dem von den Seiten her einwuchernden Epithel vereinigt. Wenn man nun bedenkt, daß die Chorionbildung zunächst an der Außenseite des Eies erfolgt und erst allmählich auch auf die Trennungsschicht zwischen Ei und Nährzellrest übergreift, so ist der Zweck des Zellpfropfes klar. Er hat die Aufgabe, die Bildung des Micropylapparats zu übernehmen. Diese Ansicht spricht auch HENKxiNG in seiner Arbeit über die ersten Entwicklungsvor- gänge am Fliegenei aus. Es sei hier übrigens bemerkt, daß die Präparate, denen die angeführten Figuren entnommen sind, Eiröhren von Sarcophaga carnaria entstammen. Von Musca vomitoria besitze ich keine Präparate aus diesem Alter. Da aber sonst die Eibildung bei diesen beiden Fliegenarten ganz übereinstimmend verläuft, glaube ich, daß auch bei Musca der Micropylapparat auf dieselbe Weise entsteht wie bei Sarcophaga. Mit der Bildung der Epithellamelle zwischen dem Ei und dem Rest der Nährzellen ist der Prozeß des Eiwachstums abgeschlossen. Die Epithelzellen beginnen das Chorion abzuscheiden, in dem durch Vermittlung des eben beschriebenen Zellpfropfes die Micropyle ent- steht. Damit ist die Eibildung vollendet. In dem vom Chorion umschlossenen Ei finden dann kurz vor der Befruchtung die Reife- teilungen statt, deren Verlauf ich jedoch nicht verfolgt habe. 202 ADOLF VERHEIN, Am Ende meiner Untersuchungen ist es mir eine angenehme Pflicht, meinem hochverehrten Lehrer Herrn Prof. Dr. Wizz für die Anregung zu dieser Arbeit und das reiche Interesse, das er ihrem Fortschreiten jederzeit entgegenbrachte, meinen verbindlichsten Dank auszusprechen. Herrn Prof. Dr. SPEMANN bin ich für manche Ratschläge und Herrn Prof. Dr. Becuer für die liebenswürdige Weise, in der er mir die Hilfsmittel des Zoologischen Instituts auch nach meinem Fortgang von der Universität zur Verfügung stellte, zu Dank verpflichtet. Schließlich bin ich Herrn Dr. Brauns für zahlreiche praktische Hinweise beim Beginn dieser Arbeit und Herrn Dr. Wacuas für seine Hilfe bei der Anfertigung der Mikrophotographien ebenfalls herzlichst verbunden. EL. 12. Die Eibildung der Musciden. _ 203 Literaturverzeichnis. 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Anlage der Eiröhre bei einer jungen Puppe. Multiplikations- teilungen der Oogonien. Ausbildung der Peritonealhülle. ZEISS Apochr.- Imm. 2 mm, Komp.-Ok. 8. Fig. 2. Blindes Ende einer jungen Eiröhre im Anschnitt. Differential- mitosen. Plasmakommunikation zwischen den zu einer Gruppe gehörigen Zellen. Die mit f bezeichneten Kugeln sind Fettropfen, die nachträglich in das Präparat gelangt sind. Gleiche Vergrößerung. Fig. 3. FEiröhre einer Fliege, die soeben die Puppenhülle verlassen hat. Die Figur zeigt die Anlage des ersten Eifaches, in dem bereits die Eizelle durch ihr helles Plasma kenntlich ist. Beginn der Follikelbildung. Die Eibildung der Musciden. - 209 Die Endkammer ist gegen den Endfaden durch eine bogenférmige Linie abgegrenzt. Gleiche Vergrößerung. _ Fig.4—6. Metaphase, Aquatorialplatte und Anaphase einer Differential- mitose. ZEıss Apochr.-Imm., Komp.-Ok. 12. Fig. 7. Zellengruppe nach der letzten Differentialmitose. Dieselbe Vergrößerung. Fig. 8—11. Ausbildung des den Ei- und Nährzellkernen gemein- samen Fadenknäuels. Bildung des Nucleolus. Gleiche Vergrößerung. Fig. 12. Beginnende Differenzierung von Ei- und Nährzellen. Bei © beiden Zellarten setzt die Abgabe von Chromatin ein. Dieselbe Ver- größerung. Fig. 13—25. Differenzierung des jungen Eizellkerns zum typischen Keimbläschen bis zum Beginn der Dotterbildung. Erläuterung im Text. Beachte die ringförmigen Begrenzungen der Plasmabrücken. Alle Figuren mit derselben Vergrößerung. Tafel 6, Fig. 26—27. Beginn der Dotterbildung und Beteiligung des Keim- bläschens daran. Ausgebildetes Follikelepithel. ZEISS Apochr.-Imm., Komp.-Ok. 8. Fig. 28. Fortschreitende Dotterbildung. Abscheiden von Dotter- körnern durch das Keimbläschen. Sarcophaga carnaria. Zeiss Obj. DD, Ok. 3. : . Fig. 29. Keimbläschen eines reifen Eies nach Abschluß der Chorion- bildung. ZEISS Apochr.-Imm., Komp.-Ok, 4. Fig. 30—37. Ausbildung des Kerns der indifferenten Zelle zum Nährzellkern, dessen Veränderungen und Wachstum. Erste Periode der Chromatinabgabe.‘ Verschiedene Formen der Überführung des Chromatins ins Plasma. Speicherung von Näbrmaterial im Plasma der Nährzellen, Zeiss Apochr.-Imm., Komp.-Ok. 12. Fig. 38—40. Vermehrungsformen des Chromatins im Nährzellkern (Dyaden, Tetraden, Polyaden), Schwinden der Kernmembran. Beginn und erste Stadien der Bildung der Raupenchromosomen. Chromatinabgabe. Zeiss Apochr.-Imm., Komp.-Ok. 18. Fig. 41—42. Weitere Ausbildung der Raupenchromosomen der Nährzelle, die in Fig. 42 ihren Höhepunkt erreicht hat. Daneben Ver- mehrung des Trophochromatins und dessen Abgabe ans Plasma. An- reicherung des Plasmas mit Nährmaterial. Zeiss Apochr.-Imm., Komp.- Ok. 12. Tafel 7. Fig. 43. Eizelle mit 2 anliegenden Hauptnährzellen. Trichterstruktur der äußeren Lininfaserschicht der Nahrzellkerne. Weitere Ausbildung des Follikelepithels. ZEIss Apochr.-Imm., Komp.-Ok. 8. 210 ADOLF VERHEIN, Fig. 44. Kern einer Hauptnährzelle desselben Stadiums stärker ver: größert. Beginn der Sezernierung des Nährmaterials in die Eizelle. Längs- spalt in einem Raupenchromosom. ZEISS Apochr.-Imm., Komp.-Ok. 18, Fig. 45. Aus einem Raupenchromosom entstandene Tetrade. ZEISS Apochrom.-Imm., Komp.-Ok. 12. Fig.46. Ähnliche Tetraden, verschieden zur Zeichnungsebene gelagert. Beginnender Zerfall der Tetraden. ZEıss Apochr.-Imm., Komp.-Ok. 8. Fig. 47—48. Weiterer Zerfall der Tetraden und Raupenchromosomen. Zweite Periode der Chromatinvermehrung. Starke Speicherung von Nähr- material im Plasma. ZEISS Apochr.-Imm., Komp.-Ok. 12. Fig. 49—50. Starke Vergrößerung des Volumens der Nährzellkerne. Fortdauernde Vermehrung des Chromatins. Beginn der Nucleolenbildung und der Ausbildung eines Netzes von Lininfasern. Gleiche Vergrößerung. Fig. 5l. Weitere Ausbildung des Liningeriistes. Chromatisierung der Nucleolen. Starke Chromatinvermehrung. Der Kern ist von einem dunklen Plasmasaum umgehen. Gleiche Vergrößerung. Fig. 52. Stück eines älteren Kerns. Die Nucleolen haben sich ab- gerundet. Die Chromatinabgabe erfolgt in Form von kleinen Brocken. Zackiger Kernumriß. Gleiche Vergrößerung. Fig. 53. Randzone eines Nährzellkerns aus der Fig. 67 (69). Chromatin- abgabe und Vermehrung. Verschmelzen der Nucleolen. Sarcophaga ear- naria. ZEISS Apochr.-Imm., Komp.-Ok. 8. Tafel 8. Fig. 54. Randzone eines gleichaltrigen Nährzellkerns stärker ver- größert. Vermehrungsformen des Chromatins. Sarcophaga carnaria. ZEISS Apochr.-Imm., Komp.-Ok. 18. Fig. 55. Randzone eines Nährzellkerns aus einem Ei, in dem die Epithellamelle zwischen Ei und Nährfach sich ausgebildet hat. ZEISS Apochr.-Imm., Komp.-Ok. 8. Fig. 56. Einströmen des Nährmaterials aus einer Hauptnährzelle in die Eizelle. Dotterbildung an der Peripherie der Eizelle. Eizelle und Nährfach gleichmäßig von Epithel umschlossen. ZEIss Apochr.-Imm. Komp.-Ok. 4. Fig. 57. Übertritt von Dotter aus einer Hauptnährzelle in die Eizelle. Übergang des Cylinderepithels der Eizelle in das Plattenepithel des Nährfaches. Sarcophaga carnaria. ZEIss Obj. CC, Ok. 4. Fig. 59. Ein von Epithel umgebenes Eifach auf dem Stadium der Fig. 41. Plasmakommunikationen zwischen den einzelnen Zellen. ZEISS Apochr.-Imm., Komp.-Ok. 8. Fig. 61. Übergang des Cylinderepithels der Eizelle in das Platten- epithel des Nährfaches. Sarcophaga carnaria. Leitz Obj. 6, Ok. 3. Fig. 62. Einwuchern des Epithelpfropfes zwischen die Nährzellen (vgl. Fig. 67, 69). Sarcophaga carnaria. Leitz Obj. 6, Ok. 3. Die Eibildung der Musciden. ~ 211 Tafel 9. Fig. 58. Eirôbre einer ungefähr 3 Tage alten Fliege. Abschnürung des ersten Eifaches (/) durch Follikelbildung. Zweites Eifach (/7), End- kammer, Endfaden. ZEISS Apochr.-Imm., Komp.-Ok. 8. Fig. 60. Eiröbre einer einige Tage älteren Fliege. Das erste Eifach ist mit dem zweiten nur noch durch einen Zellstrang verbunden. Es ist vollkommen von Follikelepithel umgeben. Zeiss Apochr.-Imm., Komp.-Ok. 4. - Tafel 10 (Photogramme). Fig. 63. Teil eines Ovariums. Die Eiröhren stehen in dem Alter der Fig. 3. In der mit X bezeichneten Eiröhre Differentialmitosen im zweiten Eifach. Obj. 7, Ok. 1. Fig. 64. Querschnitt durch ein ganzes Ovarium. Die Figur zeigt die Anordnung der Eiröhren, die Anheftung der Endfäden. Bei X ist der Eileiter wiederholt angeschnitten. Jede Eiröhre ist mit dem Eileiter durch einen Zellstrang verbunden. Bei X Polarität der Eizelle sichtbar. Die Figur ist einem Stadium entnommen, das etwas älter ist als Fig. 58. ab: 0, Ok. 1. Fig. 65. Eifächer auf dem Stadium der Raupenchromosomen. Gleich- zeitiges Auftreten dieser in allen Nährzellkernen. Bildung eines Epithel- follik: ls ist abgeschlossen. Die ringförmigen Plasmakommunikationen sind zum Teil deutlich sichtbar. Obj. 5, Ok. 1. Fig. 66. Eifächer während der Umwandlung der Raupenchromosomen in Tetraden (x). Verbindung des ersten Eifaches mit dem zweiten durch einen Zellstrang. Obj. 5, Ok. 1. Fig. 67. Fast reife Eier. Sarcophaga carnaria. In 1 ist die Lage des Keimbläschens, in 2 das Einwuchern des Epithelpfropfes zu beachten. Außerst deutliche Zellgrenzen zwischen den Nährzellen. Obj. 3, Ok. 1. Fig. 68. Ei / (Fig. 67) stärker vergrößert. Beteiligung des Keim- bläschens an der Dotterbildung. Übergang des Cylinderepithels des Eies in das Plattenepithel des Nabrfaches. An der Peripherie Anhäufung von besonders großen Dotterschollen. Obj. 5, Ok. 1. Fig. 69. Ei 2 (Fig. 67) stärker vergrößert. Struktur des Epithel- pfropfes (Fig. 62). Die mit X bezeichnete Randzone des Nährzellkerns ist in Fig. 53 stärker vergrößert gezeichnet. Bei X schneller Übergang des Cylinderepithels in Plattenepithel. Obj. 5, Ok. 1. Fig. 70. Fast reife Eier von Sarcophaga carnaria. (Färbung mit Safranin-Lichtgrün.) Die erste Eianlage ist fast völlig ausgereift. Mit ihr durch einen Zellenstrang verbunden ist die zweite, die auf dem Stadium der Fig. 46 steht. Auch darin ist die Polarität der Eizelle beachtenswert. Von der dritten Eianlage, die noch mit der Endkammer vereinigt ist, hat 912 Apozr VERHEIN, Die Eibildung der Musciden. sich die zweite ebenfalls abgeschniirt und steht nur noch durch eine Zellenbriicke mit ihr in Verbindung. Obj. 5, Ok. 1. Die Figg. 64—66 und 68—70, die alle mit derselben Vergrößerung photographiert sind, geben zugleich eine Übersicht über das Wachstum der einzelnen Eianlagen, der Eizellkerne und der Nährzellkerne. Sie zeigen ferner, daß in den Nährzellen das Verhältnis der Kerngröße zur Plasmamasse ungefähr auf allen Altersstufen das gleiche ist. Bei der Eizelle hingegen verändert sich dieses Verhältnis mehr zuungunsten des Kerns. Schließlich geben diese Figuren noch ein vergleichendes Bild über die verschiedene Ausbildung des Epithels in den einzelnen Alters- stadien. Nachdruck verboten. Ubersetzungsrecht vorbehalten. Einiges aus der Entwicklungsgeschichte der Cestoden. Von A. Goette. Mit Tafel 11. Die Cestoden-Larven sind anfangs durchweg in zwei Abschnitte gesondert, von denen nur der vordere die Anlage des künftigen Wurms oder den Scolex, der hintere Abschnitt dagegen einen ver- gänglichen Anhang darstellt, der sich entweder als ein unbedeutendes Rudiment oder in der Regel als ein einigermaßen vergängliches, blasenförmiges und larvales, d. h. nur zeitweilig funktionierendes, Organ erweist. Diese Funktion des blasenförmigen Anhangs offen- bart sich teils in seinem bedeutenden Wachstum, was auf einen ge- steigerten Stoffwechsel hinweist, teils darin, daß der Scolex sich frühzeitig in die Blase einstülpt, von ihr umschlossen wird. Und da in den einst zuerst untersuchten Blasenbandwürmern ontogenetisch zuerst die Blase auftritt, und erst sekundär der knospenartig aus ihrer Wand hervorwachsende Scolex, so veranlaßte dies die bekannte LeuckArt’sche Lehre, daß die aus der Oncosphaera hervorgehende Blase als eine erste Generation und der Scolex als eine zweite Generation aufzufassen sei, so daß folglich die Cestoden aus einem Generationswechsel hervorgingen. Diese schon längst bekämpfte Hypothese (vgl. GoETTE, 1884, 1902) ist allerdings gegenwärtig ziemlich allgemein aufgegeben, doch zeigt sich ihr Einfluß noch immer in der Darstellung der Ontogenese der Cestoden, wie im Folgenden gezeigt werden soll. Zool. Jahrb. 42. Abt. f. Anat. 15 214 A. GorTTE, Noch in einer zweiten Richtung bedarf die Entwicklungs- geschichte der Cestoden einer Nachprüfung, nämlich hinsichtlich des Verlaufs ihrer Gliederung. Denn die gewöhnliche Vorstellung, daß die Querglieder oder Proglottiden des Cestodenkörpers nicht an seinem Hinterende, sondern stets unmittelbar hinter dem Scolex neu entstehen, zo daß die Gliederkette an ihrem Vorderende zunimmt, stützt sich nur auf unsere Kenntnis von den am meisten differen- zierten, also phyletisch jüngsten Cestodenformen. Solche Endformen sind aber bekanntlich am wenigsten geeignet, als Abbilder der ur- sprünglichen Zustände zu gelten. Diese beiden Momente in der Organisation der Cestoden, die Larvenmetamorphose und die Gliederung, stehen übrigens, wie sich zeigen wird, in einer nahen Beziehung zueinander, so daß ihre Ver- einigung in einer Untersuchung weder zufällig noch willkürlich ist. Ich beginne mit der Gliederung. Sie kommt allerdings in den bei weitem meisten Cestoden vor, fehlt aber doch ohne Andeutung einer Rückbildung bei Archigetes, Caryophyllaeus und ist bei Ligula nur unvollkommen ausgeführt. Die Gliederung entstand also innerhalb der Klasse der Cestoden und ist nicht etwa vererbt wie die Gliederung der Anneliden, die mit vollem Recht auf eine Bildung der ungegliederten Vorfahren vom Typus einer Gunda, nämlich auf zwei bilaterale Reihen von Gonaden- säckchen, zurückgeführt wird, die sich nur um der Darm zu einem gegliederten Cölom mit eingeschlossenen Gonaden vereinigen (Gonocöl- theorie). Also ohne einen wirklichen Zusammenhang mit dieser Gliederung der Anneliden entsprang die Gliederung der Cestoden dennoch aus einer ähnlichen Ursache, indem ebenfalls eine gegliederte Anlage der Geschlechtsorgane zum Ausgangspunkt für die Her- stellung der Proglottiden wurde. Diese autonome Bildung der letzteren wird dadurch bestätigt, daß die genannte Anlage nicht nur in Abwesenheit eines Gonocöls, sondern auch meist in einer einfachen medianen Reihe und zwar in der einfachen Form statt- findet, die bei Ligula dauernd bleibt, nämlich ohne die Begleit- erscheinungen der ringförmigen Einschnürungen des Körpers zwischen den einzelnen Komplexen der Geschlechtsorgane und ohne die eben- falls metameren Quercommissuren der Nierenkanäle. Die Anord- nung der Geschlechtsorgane vertritt ursprünglich ganz allein die Gliederung der Cestoden. Auf Grund dieser Merkmale kann man in Ligula eine Über- gangsform zwischen ganz ungegliederten und den normal gegliederten Die Entwicklungsgeschichte der Cestoden. 215 Cestoden erblicken. Dazu kommt, daß die unvollkommene, auf die Geschlechtsorgane beschränkte Gliederung von Ligula sich auch in einer anderen Art vollzieht als bei den vollkommen gegliederten Cestoden. Bei diesen entsteht die Reihe der Geschlechtsorgane von Anfang an und dauernd in der Ordnung, daß ihr Zuwachs aus- schließlich dicht hinter dem Scolex stattfindet; dies gilt aber nicht ebenso für Ligula. Bei jungen Exemplaren dieses Bandwurms bis zu 12 mm Länge habe ich noch keine Spur von Geschlechtsorganen entdecken können; in doppelt so langen Exemplaren ist die Reihe jener Organanlagen schon sehr ansehnlich und reicht von vorn bis an das letzte Viertel der Körperlänge (Fig. 1). Dieses Verhältnis habe ich an Tieren von 23 bis zu 38 mm Länge unverändert angetroffen (Fig. 2), so daß der hintere noch sterile Abschnitt sich in demselben Maße ver- längerte wie der übrige Körper und die Reihe der Geschlechts- organe. Dies bedeutet aber keineswegs, daß der Zuwachs dieser Organe nach wie vor am Vorderende stattfindet. Denn während bei den übrigen Cestoden die vorderen und gleichzeitig jüngeren Ge- schlechtsorgane sich stets kleiner und unvollkommener, die hintersten am größten und am weitesten ausgebildet zeigen, befinden sich die stärksten Anlagen der ganzen Organe bei den genanten Ligula- Larven in der Form dünner Querstreifen ungefähr in der Mitte der Reihe und nehmen nach beiden Enden so ab, daß sie sich dort als kleine Kügelchen darstellen. Ich schließe aus diesen Beobachtungen, daß die genannten Anlagen zuerst in der mittleren Körpergegend auftreten und sich dann nach beiden Enden vermehren, freilich schneller am Vorderende. An den weiter herangewachsenen Ligulae der Fische reicht aber die Reihe der Geschlechtsorgane bis an das äußerste Hinterende, d. h. sie ist ganz bedeutend nach hinten aus- gewachsen. Die alsdann ausschließlich am Vorderende stattfindende Vermehrung jener Organe ist folglich keine ursprüngliche Er- scheinung. Doch bildet die Larve von Ligula mit der wechselnden Rich- tung des Wachstums nicht die einzige Ausnahme unter den Cestoden. Ähnliches wiederholt sich bei Taenia perfoliata (nach KAHANE), deren gegliedertes, aber verschmälertes Hinterende steril bleibt und, wie es scheint, sich regelmäßig ablöst; ferner bei Bothriocephalus cordatus und einigen Taenien (vgl. Braun, p. 1223), deren Hinterende im jugendlichen Zustande ebenfalls steril erscheint. Die beschriebene Unregelmäßigkeit in der Organisation von 15* 216 A. Gottes, Ligula geht aber gelegentlich noch weiter. Vor einigen Jahren er- wähnte Monızz ganz flüchtig und ohne Abbildung eine seither weder bestätigte noch beachtete Beobachtung, daß bei ZLigula nicht selten ein bis zu 1 cm langer und schmaler Schwanzanhang ohne irgend- welche innere Organe anzutreffen sei. M. hielt diese Bildung für eine rudimentäre Cysticercus-Blase, die anfangs den eingestülpten Scolex aufnehme und sich später zurückbilde Wo dieses Rudiment ganz fehle, sei es offenbar bereits abgeworfen worden. Ich kann diese Angabe von M. im allgemeinen bestätigen, indem ich vor einiger Zeit ebenfalls ein geschwänztes Exemplar von Ligula simpli- cissima erhielt, das einer Schleie entnommen war. Das ausgewachsene und sonst normale Tier besaf am abge- rundeten Hinterende einen sehr dünnen, 4 cm langen Schwanzanhang (Fig. 3), der vom übrigen Körper so stark abgeschnürt war, daß er während der weiteren Präparation abfiel. Offenbar war dieser Schwanzanhang von Zigula identisch mit dem von M. beschriebenen Gebilde, aber ebenso zweifellos kein Rest einer Cysticercus-Blase, da er von einer Reihe rudimentärer, knäuelförmiger Geschlechtsorgane durchsetzt und folglich ein Umwandlungsprodukt des früheren Hinter- endes war, in das sich die Reihe jener Organe bereits fortgesetzt hatte. Auf Grund der Angabe von M. muß man jedoch annehmen, daß die Rückbildung jenes Schwanzendes noch weiter gehen kann, als ich es sah, so daß es zu einem völlig leeren Anhang wird.?) Da ich unter den vielen Dutzenden von jüngeren und von aus- gewachsenen Ligulae nur ein einziges Exemplar mit dem beschriebenen Schwanzanhang antraf, ist es zweifellos eine seltene Ausnahme, die jedoch unverkennbar mit der ständigen, in der Regel auf die Larven- zeit beschränkten Hemmungsbildung des Hinterendes zusammenhängt. Die eigentliche Bedeutung dieses Befundes ergibt sich aber erst aus seiner Vergleichung mit den homologen Teilen anderer Cestoden. Die homologen Körperabschnitte der verschiedenen Cestoden- Larven und die Einstülpung. Solange man sich darauf beschränkte, die genannte Homologi- sierung gewohnterweise an den fertig entwickelten Larven vor- . 1) Da der von mir beobachtete Schwanzanhang viel kürzer ist (4 mm) als das älteste von mir untersuchte sterile Körperende, so scheint daraus zu folgen, daß nur ein Teil des letzteren sich in den rudimentären Schwanz- anhang verwandelt oder daß alle diese Maße bedeutend schwanken. Die Entwicklungsgeschichte der Cestoden. 217 zunehmen, ist es kaum möglich, die mit ihrer Ontogenese tatsächlich verbundene Cenogenese aufzudecken und die durch die letztere ver- ursachten Mißverständnisse zu beseitigen. Um diese zu vermeiden, muß vielmehr die phyletische Entwicklung der verschiedenen enden von ihrem Anfang an verfolgt werden. Die ältesten oder Ausgangsformen unter den uns bekannten und unverkennbaren Cestoden lassen sich trotz mancher entgegenstehen- den Ansichten verhältnismäßig leicht bestimmen. Da es neben den | gewöhnlichen Finnen mit einer Einstülpung des Vorderkörpers auch solche Finnen gibt, wo sich keine Spur eines solchen Vorgangs zeigt, so müssen diese einfacheren Cestoden-Larven unbedingt die älteren sein, um so mehr als ihnen die gewöhnliche Gliederung ent- weder ganz fehlt oder doch unvollkommen erscheint. Es sind Archi- - getes, Caryophyllaeus, Ligula und Bothriocephalus *) (s. 0.); sie mögen vorläufig ,Urcestoden“ heißen. Am vollständigsten wurde die Ontogenese von Archigetes appen- diculatus verfolgt (MRAzEX 1897). An den noch völlig indifferenten, ziemlich gleichmäßig länglichen Larven entsteht allmählich eine flache, später stärkere quere Einschnürung, die eine breitere und längere Vorderhälfte des Körpers von der schmäleren Hinterhälfte sondert, aus der zuletzt der bekannte walzenförmige Schwanz des geschlechtsreifen Tieres hervorgeht (Fig. 4). Nach Mrdzex (1901) entwickelt auch die junge Caryophyllaeus-Larve (5 mm) im ersten Wirt (Limnodrilus) einen gleichen Schwanzanhang (Fig. 5), der nach dem Übergang des Tieres in den zweiten Wirt, nämlich einen physostomen Fisch, verloren geht.) Die 0,4 mm lange Larve von Bothriocephalus latus besitzt nach Rosen (JANICKI u. ROSEN) im ersten Wirt, einem Cyclopiden, einen kleinen kugligen Schwanzanhang mit den sechs Haken (Fig. 6), der schon an Ort und Stelle nach kurzer Zeit resorbiert wird. Ähnliches dürfte von Zigula nur des- halb unbekannt sein, weil so junge Exemplare dieses Bandwurms (unter 2 mm L.) noch nicht angetroffen wurden; denn es ist nicht 1) Bei Bothriocephalus fehlen die metameren Commissuren der netz- férmigen Nierenkanäle, bei Ligula auch noch die äußeren Einschnürungen des Körpers. 2) In einem Leueiscus fand ich einen ungeschwänzten Caryophyllaeus von 2 mm Länge, so daß der Verlust des Schwanzes nicht von einer be- stimmten Entwicklungsstufe, sondern bloß von dem Aufenthalt der Larve im Fischdarm abhängt, wo jenes Organ wie eine Cysticercus-Blase ver- daut wird. 218 A. GoETTE, anzunehmen, daß diese Larven als einzige in der ganzen Klasse des Cestoden eines larvalen Schwanzanhangs entbehren sollten. Auf der anderen Seite halte ich den Umstand nicht für besonders wichtig, daß Archigetes nur im geschwänzten, also dauernd larvalen Zustande bekannt ist. Denn da dieses Geschöpf außerhalb seines allein bekannten oligochäten Wirts noch nicht angetroffen wurde, so dürfte es wahrscheinlich sein, daß es in einem zweiten Wirt den Schwanz verliert. Auf Grund dieser Befunde stellt sich das solide, kuglige oder walzenförmige Hinterende der genannten Larven, angesichts seiner geweblichen und physiologischen Indifferenz und seines meist früh- zeitigen Verlustes, als ein Rudiment dar, das nur bei den Vorfahren der genannten Tiere tätig gewesen sein kann. Ich brauche aber nicht weiter auszuführen, daß sein Homologon nur in dem Ruder- organ der Cercarien erblickt werden kann, das durch den dauernd parasitischen Zustand der von den digenen Trematoden abzuleitenden Cestoden seine Funktion einbüßte und ein kurzdauerndes Rudiment wurde. Trotzdem schied es damit keineswegs aus der Reihe der ontogenetisch bedeutsamen Bildungen ganz aus, sondern ging bei den übrigen Cestoden, die anders als die bisher besprochene älteste Gruppe sich durch eine Einstülpung des Scolex auszeichnet, einer weiteren Entwicklung zu einer neuen Funktion und einem echten larvalen Organ entgegen. Auch bei der Untersuchung dieser Metamorphose stelle ich diejenigen Ontogenesen voran, in denen die bemerkenswerteste Er- scheinung, die Einstülpung, in einem relativ frühen Zustande ver- folgt werden kann. Unter dem Eindruck der zuerst bekannt gewordenen Blasen- bandwürmer blieb einige Zeit naturgemäß die Vorstellung bestehen, daß die unmittelbar aus der Oncosphaera hervorgehende Blase die erste Entwicklungsstufe der Cestoden-Larven überhaupt darstelle, woran sich als folgender Entwicklungsakt eine lokalisierte, in den Blasenraum gerichtete Wucherung in Form einer einfachen schlauch- förmigen Einstülpung anschließt, die die erste Anlage des Scolex, des richtigen Wurmkörpers, bildet. Im Zusammenhang mit der von LEUCKART vertretenen Lehre (s. 0.) galt der an der Bluse auftretende Scolex zunächst nur als der Kopf und Hals des späteren Wurms, woraus der Rumpf oder die Gliederkette (2. Generation) erst nach der Metamorphose des Cysticercus neu hervorknospen sollte. Je mehr aber die Überzeugung Platz griff, daß in dem vermeintlichen Die Entwicklungsgeschichte der Cestoden. 219 Generationswechsel nur eine individuelle Metamorphose vorliege, veränderte sich auch der Begriff des Scolex, der nicht mehr den Kopfabschnitt nebst Hals allein, sondern ebenso wie etwa eine Trochophora daneben auch die unscheinbare Anlage des künftigen Rumpfs enthalten sollte.*) Aber nur bei gewissen, phyletisch weit vorgeschrittenen Cestoden entsteht der Scolex von Anfang an in eingestülptem Zustande und | zwar in der Form eines einfachen Schlauches, an dem sich erst sekundär seine besonderen Organe entwickeln. Dies ist jedoch eine spätere cenogenetische Erscheinung, der die Entwicklung eines nicht eingestülpten Wurmkörpers normalerweise vorangegangen sein mußte. Und zwar beweisen dies nicht nur die Urcestoden, sondern der Über- gang des ursprünglichen Verlaufes der Entwicklung in seine ceno- genetische Abänderung zeigt sich auch unmittelbar in der Onto- genese gewisser Bandwürmer, wie z. B. der Taenia elliptica (nach GRASSI). Die ersten Entwicklungsstufen dieses Tieres erinnern lebhaft an diejenigen von Archigetes. Die Oncosphaera verwandelt sich in eine längliche Larve mit einer breiten Vorderhälfte und einer ziem- lich scharf abgesetzten schmäleren Hinterhalfte. Diese wächst zu einem langen, schlauchartigen Schwanzanhang aus, der sich vom Vorderkörper abschnürt und bald verloren geht (Fig. 7). Eine schon in der Oncosphaera entstandene Höhle zieht sich durch beide Abschnitte hin, ist aber nicht glatt, epithelial begrenzt, sondern eine unregelmäßige und von Zellen durchsetzte Lacune, die schlief- lich von einem richtigen Füllgewebe ausgefüllt wird. Bei anderen verwandten Cestoden ist diese Höhlung nach Ausbildung und Aus- dehnung unbeständig und morphologisch überhaupt belanglos, da sie mit der Einstülpung des Scolex in keiner näheren Beziehung steht. Bei Taenia murina ist sie schwach entwickelt und fehlt bei 7. pro- glottina ganz (nach Grassi), obgleich in beiden Fällen eine vollstän- dige Einstülpung zustande kommt. | Wenn man die junge, noch nicht eingestülpte, doch mit dem Schwanzanhang versehene Larve von 7. elliptica mit Archigetes ver- gleicht, so ist die Homologie ihrer beiderlei Körperabschnitte ganz 1) Im Hinblick auf den Widerspruch, daß unter ,Scolex“ einmal rein anatomisch nur der Kopf des fertigen Bandwurms und dann onto- genetisch die gesamte Anlage des letzteren verstanden wurde, habe ich diesen larvalen Scolex dort, wo es darauf ankam, als ,Cystoscolex“ zu bezeichnen vorgeschlagen (1902). | sch its oes [ae 290 A. GoETTE, . evident. Dies gilt zunächst für die beiden Schwanzanhänge und dann folgerichtig für die beiden Vorderkörper; derjenige von Archi- getes verwandelt sich unmittelbar in den Wurmkörper, dem also der noch indifferente Vorderkörper von 7. elliptica gleichwertig ist. Während dieser ursprünglichen, normalen Lagebeziehungen des Wurmkörpers unserer Tänie erscheinen bereits die Anlagen des künftigen Scolex, nämlich der vier seitlichen, ins Kreuz gestellten Saugnäpfe und des Rostellums (Grassı), alle fünf als dichte kuglige Zellenmassen, von der freien Oberfläche sich ins Innere einsenkend. Darauf buchten sich alle diese Zellenpolster napfförmig ein, das mittelste zuerst, so daß diese Anlage des künftigen Rostellums mit derjenigen der seitlichen Saugnäpfe übereinstimmt. Diese Homologie wird dadurch bestätigt, dab das Rostellum mancher Cestoden sich dauernd in einen wirklichen Saugnapf verwandelt. Am auftälligsten sehe ich dies an dem von Linstow beschriebenen „Scolex petromyzi“, den ich ebenfalls im großen Flußneunauge fand (Fig. 8) und von dem ich noch folgendes anmerken möchte. An den größeren meiner Exemplare (0,56 mm L.) zeigt sich an Stelle des Rostellums ein Saugnapf gleich den anderen seitlichen,!) pur etwas tiefer und weiter. Daneben fanden sich viel kleinere, aber völlig entwickelte Scoleces (0,084 mm L.), die an die größeren an- geheftet waren, indem ihr mittlerer Saugnapf einen rundlichen Zapfen des Integuments des größeren Tieres eingesogen hatte. Daraus geht nicht nur die vollkommene Funktionsfähigkeit dieses Organs, sondern auch, wie mir scheint, die Ursprünglichkeit dieser Bildung hervor. Denn da die kleinen Scoleces, die nur 7/, der Länge der größeren messen, ihnen doch völlig gleichen, so ist es unwahrscheinlich, daß ihr mittlerer Saugnapf schon so früh eine Umwandlung aus einem richtigen Rostellum durchgemacht hätte. Unter diesen Umständen halte ich auch das Grübchen am Vorderende der jungen Larve von Bothriocephalus (Fig. 6) für ein richtiges Rudiment eines endständigen Saugnapfes, wie er auch an den Trematoden-ähnlichen Vorfahren der Cestoden bestanden haben wird. Und an dieses Organ schließt sich ferner eine der auf- fälligsten ontogenetischen Erscheinungen der Cestoden an, nämlich die Einstülpung der Scolex-Anlage. 1) Die von LINSTOW beschriebene Halbierung dieser Organe habe ich nur an einem einzigen Saugnapf unter 15 Exemplaren gesehen. Sie gehört also nicht zu den specifischen Merkmalen. Die Entwicklungsgeschichte der Cestoden. 291 Dieser Prozeß beginnt bei 7. elliptica damit, daß das künftige Rostellum sich in die Tiefe einsenkt, aber nicht in eine Blasenhöhle, die es am Vorderende des Wurmkörpers gar nicht gibt, sondern in ein mehr oder weniger dichtes Füllgewebe. Dieser Wachstums- vorgang zieht darauf auch die rings um die Rostellum-Anlage befind- liche Zone des Wurmkörpers mit den vier Saugnäpfen nach sich, so daß sie in der Einstülpung dicht über dem Niveau des im Grunde liegenden Rostellums ihre freie Fläche der Einstülpungshöhle zu- kehren (Fig. 9). Die ihnen folgende Zone ist alsdann die Anlage des Halses und des übrigen Rumpfes, und der gesamte eingestülpte Teil des Larvenkörpers heißt dann Scolex oder Cystoscolex (s. 0.). Nun ist aber zu beachten, daß es eine einheitliche und bestimmt begrenzte Anlage des Cystoscolex, also des künftigen Wurms, vor dem Abschluß der Einstülpung gar nicht gibt. Erst mit diesem Abschluß ist der Scolex am Einstülpungsrande ganz deutlich vom übrigen Larvenkörper, also von seiner nunmehrigen Scheide, ab- gesetzt, die nach dem frühzeitigen Schwunde des Schwanzanhangs einen selbständigen Larventeil darstellt. Der Schwanzanhang selbst hat mit der Einstülpung nichts zu tun, und Scolex und Scheide sind nur durch die Einstülpung gesonderte Abschnitte der ursprünglich einheitlichen Vorderhälfte der Larve, die wiederum dem ganzen Wurmkörper der Urcestoden gleichwertig ist. Auf Grund dieses Vergleichs ist die Auffassung gerechtfertigt, daß unsere anfangs zweiteilige Cestodenlarve (Wurmkörper und Schwanzanhang) nach dem Schwunde des Schwanzanhangs dadurch, daß der Wurmkörper sich von vornherein in seinen hinteren Abschnitt einstülpt, eine zweite Verkürzung erfährt, indem nach der Ausstülpung des Scolex auch seine Scheide zugrunde geht, wie schon vorher der Schwanz- anhang. Eigentlich geht diese Auffassung einer Dreiteilung gewisser Cestodenlarven noch auf LEUCKART zurück. Am Cysticercus von Taenia serrata (C. pisiformis) beschreibt L. einen an der „Schwanz- blase“ vorspringenden dicken Zapfen, der den Scolex einschließt und dessen Außenschicht oder eben die Scheide angeblich als Fort- setzung des Scolex ebenfalls eingestülpt war und sich zeitig wieder ausstülpte, so daß der ganze Zapfen einen „Wurmleib“ mit dem ein- geschlossenen Scolex darstellte (Fig. 10). Doch braucht man nur eine solche Larve von T. serrata mit einer entsprechenden Larve von T. elliptica zu vergleichen (Fig. 9, 10), um sich von dem Irrtum jener Darstellung zu überzeugen. 222 A. GOETTE, Allerdings ist es richtig, daß der Scolex der Vorderhälfte und die Scheide der Hinterhälfte des ursprünglichen Larvenkörpers homolog ist und daß, nachdem der solide oder hohle Schwanzanhang und später die Scheide verloren gegangen sind, der Scolex allein vom Larvenkörper übrig bleibt. Es ist aber irrig, daß die Scheide vorher ebenfalls eingestülpt war und daß die Blase von 7. serrata der Blase von 7. solium u. a. homolog ist. Denn die Scheide, die ja schon vor der Blasenbildung existiert (Fig. 11) und die einfache schlauchförmige Scolexanlage umschließt (ScHAAF), ändert ihre Lage- beziehung bis zu ihrem Schwunde überhaupt nicht.?). Alle Mißverständnisse rühren aber daher, daß man alle Cestoden- Larven mit Einstülpung auf einen Typus glaubte zurückführen zu müssen, während sie tatsächlich mehreren verschiedenen Typen an- gehören, die an die Metamorphose der Urcestoden anschließen. I. Typus: Urcestoden. Zweiteilung der Larve in den Wurm- körper und den soliden Schwanzanhang, ohne jede Einstülpung (Fig. 4, 5, 6). II. Typus: Taenia elliptica (vgl. Hamann und Mrizex, Taenia leptocephala, murina, proglottina nach Grassi). Larvenkörper drei- teilig: Scolex, Scheide, Schwanzanhang (Fig. 9). Die Organe des Scolex sind schon vor der Einstülpung angelegt, daher wird diese allmählich vollzogen; der Schwanzanhang ist solid oder ganz un- vollkommen ausgehöhlt und von der Scheide abgesetzt, gelegentlich ganz unterdrückt (Fig. 12). III. Typus: Taenia serrata, Einteilung der Larve ebenfalls dreiteilig. Die Anlage des Scolex wird schon als einfacher Schlauch eingestülpt und erst nachträglich ausgebildet, der Schwanzanhang allmählich blasig aufgebläht (primäre Blase) und von der Scheide durch eine tiefe Abschnürung abgesetzt (Fig. 10). 1 IV. Typus: 7. solium. Larvenkörper nur zweiteilig (Schwanz- blase und Scolex). Was man bei einem echten Cysticercus „Schwanz- blase“ nennt, ist eine Neubildung und etwas anderes als der blasige Schwanzanhang von T. serrata. Sie entsteht an den großblasigen Cestoden dadurch, daß die Einschnürung zwischen dem Schwaiiz- anhang und dem Wurmkörper unterbleibt und die Aushöhlung des’ Schwanzanhangs sich unter bedeutender Erweiterung bis an den 1) Ein ähnlicher Irrtum LEUCKARTS’s hinsichtlich der Taenia crassi- collis (Oysticereus fasciolaris) ist bereits von BARTELS aufgedeckt und be- richtigt worden. Fr N Die Entwicklungsgeschichte der Cestoden. 223 Einstülpungsrand ausbreitet, so daß die Körperwand des Anhangs und die frühere Scheide in eine einheitliche Blasenwand zusammen- fließen (Fig. 13). Diese sekundäre Blase ist also ein cenogene- tisches Erzeugnis sui generis, bei dessen Entstehung sowohl die Entwicklung des Scolex im unverdeckten Zustande als auch seine allmähliche Einstülpung in eine geschlossene Scheide unterdrückt und durch eine einheitliche Einstülpung einer völlig undifferenten Strecke der Blasenwand ersetzt wurde, worin sich erst nachträglich der Scolex ausbildete. So vereinigen sich mehrere Momente, die den Cysticercus des IV. Typus der Cestoden-Larven von den anderen Larven dieser Klasse unterscheiden, aber gleichzeitig auch irrige Schlüsse veranlaßten. Die frühzeitige Einstülpung des Scolex-Anlage erweckte die Vor- stellung einer Knospung, und an der Blase blieb ihr Ursprung aus einem Schwanzanhang und der Hinterhälfte eines Wurmkörpers ver- borgen, woraus die falsche Homologie der beiderlei Larven abge- leitet wurde. Fiel aber durch die Erklärung dieser Erscheinung der 1. Generationswechsel LEUCKART's, zwischen der Schwanzblase und dem Scolex, zusammen, so blieb immerhin noch die Möglichkeit des 2. Generationswechsels, zwischen Scolex und Proglotiden, zunächst bestehen, solange man sich über die Verwechslung von Scolex 2e Cystoscolex nicht klar wurde. Eigentlich hätte die Gliederung oder Proglottidenbildung des larvalen, ungekürzten Wurmkörpers von Ligula und Bothriocephalus jene Verwechslung verhiiten sollen. Denn in diesem Fall kann die Identität ihrer Proglottiden und ihres Larvenkörpers überhaupt nicht bezweifelt werden. Nur sobald an demselben Körper die hintere Hälfte oder die spätere Scheide in Wegfall kam, konnte vermutet werden, daß der eingestülpte Scolex nicht ganz allgemein der Vorder- körper, sondern geradezu ausschließlich Kopf und Hals bedeutete. Um es kurz zu machen, verweise ich nun bloß auf den folgenden Befund. Unter zahlreichen Exemplaren einer in Cypselus schmarotzen- den Taenia fand ich einen von allen vergänglichen larvalen Anhängen befreiten und völlig ungegliederten Cystoscolex (Fig. 14a), der genau dieselbe Länge besaß wie der mit 10 Proglottiden versehene Vorder- teil eines ausgewachsenen Tiers (Fig. 14b). Es wiederholt sich dabei dasselbe wie bei allen Urcestoden: die Identität des angeblichen Halses und der Strecke von 10 Proglottiden ist nicht zu bezweifeln, und folglich verwandelt sich der Rumpf des Scolex az. in Proglottiden. 224 A. GoETTE, Doch darf man nicht glauben, daß die beschriebene Metamorphose der über den Urcestoden stehenden Bandwürmer mit entsprechenden systematischen Gruppen dieser Tiere zusammenfalle. Die verschie- denen Abänderungen verbinden sich mit ihnen in wechselnder Weise, wofür ich ein Beispiel von der Gattung Tetrarhynchus anführen will. Die Scoleces ihrer Larven sind, wie es scheint, in der Mehrzahl (s. WAGENER) in größere Säcke oder Blasen eingesenkt, in denen sie nur einen kleinen Abschnitt einnehmen; im übrigen verhalten sich die ungeteilten und ungeschwänzten Säcke genau so wie die sekun- dären großen Blasen der Tänien, in denen der Scolex frei in den Sack hineinhängt (Fig. 15). In einer anderen Tetrarhynchus-Larve, die ich merkwürdigerweise im Darm von Petromyzon fluviatilis antraf, war der Sack nur um den Scolex entsprechend ausgedehnt, dahinter jedoch zu einem langen, zylindrischen Schlauch zusammengezogen (Fig. 16) '); und bei einer aus Trigla stammenden Larve war dieser Abschnitt so dünn, daß er wie ein Faden an der scheidenartigen Erweiterung des Sackes um den Scolex herum entsprang (Fig. 17). Während sich aber der Ursprung der verschiedenen eingestülpten Larven doch mit einiger Sicherheit feststellen läßt, ist es ungleich schwieriger, die Ursachen der Einstülpung überhaupt zu erkennen. Grassı spricht die Ansicht aus, daß diese Erscheinung aus der Not- wendigkeit abzuleiten sei, daß die Larve in einen 2. Wirt übertragen werden muß, wobei er anscheinend an den Wirtswechsel anderer Parasiten, Sporozoen, Cercarien u. a. im encystierten Zustande dachte. Diese Erklärung durch den Endzweck einer Bildung, also mit Hilfe des Darwın’schen Nützlichkeitsprinzips, ist jedoch wie immer grund- sätzlich verfehlt und im vorliegenden Fall leicht zu widerlegen. Denn abgesehen davon, daß derlei larvale Einstülpungen sich bei anderen Würmern (Pilidium, Polygordius von RAJEWSKY, Sipunculus) und in den Amnionbildungen der Insecten und Wirbeltiere wieder- holen, also ohne Parasitismus und Wirtswechsel häufig sind, fehlen sie andrerseits häufig gerade bei einem Teil der Bandwürmer, näm- lich bei den Urcestoden, wo diese vermeintlichen Bildungsursachen doch vorhanden sind. Nur die Untersuchung der phyletischen Ent- wicklung dieser Tiere liefert uns einige Tatsachen zu einer brauch- baren, empirisch unterstützten Hypothese. 1) WAGENER hat eine sehr ähnliche Larve mit einem gleichen An- hang und gleichen groben Körnern in der Leibeswand unter No. 245 abgebildet; sie stammte jedoch aus Trigla. Die Entwicklungsgeschichte der Cestoden. 225 Es braucht nicht näher erläutert zu werden, daß die Einstül- pung auf einem lokalisierten Wachstum beruht, und ebenso lehren uns. die unmittelbaren Vorfahren der Blasenbandwürmer, daß die Blasenbildung und folglich auch die Bildung des Schwanzanhangs an der Einstülpung nicht beteiligt sind (Fig. 7, 9—12). Scheidet also der Schwanzanhang als ererbtes Rudiment unter den Ursachen der Einstülpung aus, so kann es sich nur noch darum handeln, ob in dem ursprünglichen Wurmkörper ein Motiv zu jener Bildung zu entdecken ist. Die Einstülpung bei 7. elliptica kann nicht von einem Wachs- tum oder einer lokalisierten Ausdehnung der ersten Scolex-Anlage abgeleitet werden, da die Abstände des Rostellums und der Saug- näpfe voneinander bis nach der Einstülpung unverändert bleiben und auch die Verlängerung des ganzen Scolex erst nachträglich be- ginnt. Das Movens ist also eine starke Ausdehnung der künftigen Scheide, die zuerst das Rostellum und dann den ganzen Scolex samt dem Halse ins Innere drängt. Die phyletische Vorstufe der Scheide ist eben das Hinterende des ursprünglichen Wurmkörpers, das bei den gegliederten Urcestoden, Ligula und Bothriocephalus, in auf- fallender Weise in der geweblichen Organisation, namentlich der Geschlechtsorgane, zurückbleibt (s. 0.). Ohne die spezielle Differenzie- rung des Wachstums in den verschiedenen Körperabschnitten der fraglichen Larven erklären zu wollen, halte ich es doch durch die Be- obachtung ihrer Entwicklung für sichergestellt, daß die in der Ein- stülpung gegensätzlich wirkenden Körperzonen, der passive Scolex und die aktive Scheide, in ihrer grundsätzlichen geweblichen und organisatorischen Verschiedenheit auch schon die Ursachen ihres verschiedenen Verhaltens bei der Einstülpung enthalten. Mithin sind solche letzten Ursachen der Einstülpung schon bei den Ur- cestoden vorhanden, wenn sie dort auch noch nicht zum Ziel führen, das wir erst bei den phyletisch späteren Formen erreicht sehen. Dieser Zusammenhang der Ontogenese unserer Würmer wird aber in der folgenden phyletischen Entwicklung cenogenetisch völlig verdeckt, sobald der Schwanzanhang in die Gesamtbildung eingreift. In diesem Rudiment entwickeln sich eine neue Funktion und eine neue Formbildung, indem die offenbar mit einer Steigerung des Stoffwechsels einhergehende Ansammlung von Flüssigkeit in dem Schwanzanhang ihn zuerst in eine rein caudale Blase verwandelt, die aber in der Folge sich bis an den Einstülpungsrand des Scolex ausdehnt und dadurch die früheren Homologien ganz verwischt. Denn 226 A. GOETTE, an den extremen Blasenbandwürmern sind die Grenzen des früheren Schwanzanhangs und des eigentlichen Larvenkörpers sowie nament- lich der Scheide aufgehoben (Fig.13) und die nächsten Ursachen der Einstülpung nicht mehr zu erkennen; der ganze Cysticercus ist eine cenogenetisch verbildete Larve geworden. Die Abstammung des Schwanzanhangs der Urcestoden vom Cercarienschwanz und seine durchaus rudimentäre Bildung bis zur phyletischen Entwicklung der Blase schließen die Vorstellung aus, daß er selbst nicht eine Vorstufe, sondern umgekehrt der Rest einer früheren Blasenbildung sei, obgleich dies in einzelnen Ausnahme- fällen denkbar wäre. Sein rudimentärer Charakter ist bereits in dem Cercarienschwanz, einer unverkennbaren Rückbildung eines früheren Rumpfabschnittes, vorgebildet; und andrerseits greift er bei Ligula, Bothriocephalus und einigen Tänien wenigstens vorübergehend auf den Rumpf der Würmer über (s. 0.). Der schwanzförmige An- hang der geschlechtsreifen Ligula und der Taenia perfoliata ist eine gelegentliche oder ständige Nachwirkung jener larvalen Rückbildung. Die Entwicklungsgeschichte der Cestoden. 927 Literaturverzeichnis. BARTELS, Cysticercus fasciolaris, Anatomie, Beiträge zur Entwicklung und Umwandlung in Taenia crassicollis, in: Zool. Jahrb., Vol. 16, Anat., 1902... Braun, in: Bronn, Klass. Ord., Vol. 4, Vermes, Abt. Ib Cestodes, 1894—1900. GOETTE, Uber den Generationswechsel der Cestoden, in: Beitr. Mecklen- burg. Arzte zur Lehre von der Echinococcen-Krankheit, 1884. —, Lehrbuch der Zoologie, 1902. GrassI e ROVELLI, Richerche embriologiche sui Cestodi, in: Atti Accad. Gioenia Sc. nat., 1891—1892. HAMANN, In Gammarus pulex lebende Cysticerkoiden mit Schwanzanhingen, in: Jena. Ztschr. Naturw., Vol. 24, 1890, —, Neue Cysticerkoide mit Schwanzanhingen, ibid., Vol. 25, 1891. KAHANE, Anatomie von Taenia perfoliata G., als Beitrag zur Kenntnis der Cestoden, in: Z. wiss. 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Ligula simplicissima. 23 mm lang. Orig. wv Vorderende. g Geschlechtsorgane. n Nierenkanal. pes Fig. 2. Ligula simplicissima. 38 mm lang. Orig. v, g, n wie Fig. 1. Fig. 3. Ligula simplieissima. 14,6 cm lang. Orig. g Geschlechts- organe. a Schwanzanhang. Fig. 4. ee ET CS nr a > Ber es Dee = Zoolog.Jahrbücher Bd.42 Abt. f. Morph. A AT ae 7 ER Verhein Zoolog. Jahrbücher yet A See Po eat s Taf 1. Zoolog. Jahrbücher Bd 42 Abt. f Morph. \ Gusta’ Fischer jr Verhein m. i . & Al ‘ à IR % a | ‘wl ? + 7 ay x . [A a A ov Pa ‘ "pt Er er | en Pe . ~ ~ 7 ~ # ve [7 , f . Ri < a * + D J uw 1 > 4} a fhe > Le 5 q . ¥ 4 > U a # a) af ' . ‘ re ne . , . = a a + \ . ‘ “ty ot 5 Jena sser = we E 3 a 2 | 3 4 a wee Fee iv el a 2 3 2 iu 2 A = 3 on t Zoolog. Jahrbücher Bd.42 Abt: f- Morph. M Verhein Zoolog. Jahrbücher Bd AZ Abt. 7 Morph. Verhein - Verlag von Gustav Fischer ın Jena Taf. 10 forph. Abt. f. Zool. Jahrbücher Bd. 42 67 J. B. Obernetter, Miinchen repr Verhein Verlag von Gustav Fischer in Jena. es he Y F en i’ ‘ LA F ow k Zoolog-Jahrbiücher Bd 42 Abt. f: Morph. KOSS SSIs III IKKS LithänstyKWesser Jens Verlag von Gusta¥ Fischer ır iv) Goette gez. 2 AL N « LR Zoolog.Jahrbücher Bd.42 Abt.f Morph. à Tat 12 Hi. Prive. Hi. Pr.do, Gbst.do. St.do. ; I HiPrdo. Gt mt Hi. Py. ve. Gbsk.ue. Hi.Pr.ve. Bo.do.t Bo.mi. Vogel del Verlag von Gusta Fischer in Jena. P Weise, Lith., Jena. Zoolog.Jahrbücher Bd. 42. Abt.f Morph. Taf 13. VE SEN Hyph.Ri. Ast.Pr.do. Sb JPL H.Pr.do. VE St.Sch.Dr.Mu. y SS ER St.Sch.Dr.Ag. H > Hyph. Ri. Bl N ae Hst.Prdo.2 > Hyph. a (Hyph) 227 == 22 5t.Sch.Dr. SR © Hst.Rive. r. x = Hst.Riwe.l. EN +20. do.f1.Maxille?) K $ Bo. mi. (Hypopharyn.x2) Bo.ve.(Labium?) St.Sch. Dr, St. PrLVe- een Vogel del r Fi Verlag von Gustav Fischer in Jena P Weise, Lith., Jena.. Zoolog.Jahrbücher Ba.42 ABt.f Morph. ; | (Hyph.) Fig. 16. Bo. do. fl. Maxille?) \ N D Oli. -Hst. Ri do. (Labrum) -Bo.mi.( Hypopharynx?) Sa” CH Fig. 156. Hak. ee _Hak. --Bo.do.(1.Maxille?) Oli. -Hst.Ri.do. SF. SRi.--" (CR ; I ">> 80.do,f1.Maxille?) "> Bo.ve. (Labium?) Bo.mi, (Hypopharynx?) Vogel del PWase, Lich. Jena Verlag von Gustav Fischerin Jena. Zoolog.Jahrbücher Bd.42 Abt.f Morph. r : Taf 15 Fig. 1, S Fig. 4 Lbr. Fa.Sy. Lblr. 4 Le Vogel del. Fi i Verlag von Gustav Fischer in Jena. P Weise, Lith.. Jena Nachdruck verboten. Übersetzungsrecht vorbehalten. Die Hautmuskeln der Amphibien nebst Bemerkungen über Hautmuskeln im allgemeinen. Von Elisabeth Cords. (Aus dem Zoologischen Institut der Universität zu Würzburg.) Mit 12 Abbildungen im Text. Inhalt. Einleitung. — Frühere Untersuchungen. — Material. — Hautmuskeln bei Urodelen. — Hautmuskeln bei Anuren. — Variabilität und Reihenbildung. Entstehungs-Ursachen und -arten. — Differentes Verhalten von Urodelen. und Anuren. — Homologien. — Resultate. Einleitung. So vielfältig unsere Bekanntschaft mit der Hautmuskulatur der Säugetiere und besonders des Menschen ist, — ich nenne hier nur die Arbeiten von RUGE (1885, 1887, 1895, 1897), RAagı (1887), FroHsE (1895) und Eisner (1912) —, so dürftig sind unsere Kenntnisse von den entsprechenden Einrichtungen bei den niederen Wirbeltieren. Außerdem sind auch die bisher gemachten Angaben in vielen Punkten nichts weniger als übereinstimmend, so daß schon aus diesem Grunde eine Nachprüfung derselben nicht überflüssig erscheint. Zum Teil hat diese geringe Kenntnis ihren Grund in der in jeder Beziehung weniger genauen Bekanntschaft mit den Zuständen Zool. Jahrb. 42. Abt. f. Anat. 20 284 Eusagern Corps, bei den Nonmammaliern, — zum Teil aber ist wohl auch der Umstand daran schuld, daß tatsächlich die Hautmuskulatur sich in der Reihe der Vertebraten als ein in aufsteigender Entwicklung begriffenes Organ darstellt, so daß vornehmlich die höheren, reicher damit aus- gestatteten Klassen den Blick der Untersucher auf sich gezogen haben. Allerdings möchte ich nicht so weit gehen wie WEBER (1904, p. 36), welcher die Hautmuskulatur ganz als Spezialität der Säuger betrachtet, denn wie wir sehen werden, finden sich auch bei den Nonmammaliern recht beachtenswerte Ansätze zur Bildung einer integumentalen Muskulatur. Somit beschäftigen sich denn auch die meisten Untersucher mit der sogenannten ,mimischen“ oder Facialismuskulatur der Säuger; denn bei niederen Vertebraten zeigt gerade die Facialismuskulatur keine größere Neigung zur Ausbreitung im subcutanen Bereich. Das zur Untersuchung stehende Gebiet zunächst einmal zu um- grenzen, ist nicht ganz einfach, da selbstverständlich nicht jede ge- legentliche individuelle Muskelaberration zur Haut oder Fascie hierher zu rechnen und mit dem Namen eines Hautmuskels zu be- legen ist. So kommen weder die teilweise in die Fascienbekleidung distaler Extremitätenabschnitte ausstrahlenden Muskeln, wie der Triceps femoris, speziell der Tensor fasciae (von Rana), noch die Beziehungen zur Palmar-, resp. Plantar-Aponeurose eingehenden Muskeln von Unterarm und Hand, bzw. Unterschenkel und Fuß hier in Betracht. Unter dem Begriff der Hautmuskulatur fassen wir Muskeln zu- sammen, welche, in subcutaner Lage befindlich, wenigstens mit einem Ende an der Haut, resp. der Subcutis oder an den Abkömmlingen derselben — als Schuppen, Schildern, Federn, Haaren, Hautknorpel und -knochen — Befestigung gewannen, nachdem sie aus diesem oder jenem Grunde genötigt waren, ihre tiefen (Skelet-) Befestigungen aufzugeben. In dem letzteren Ausdruck „gewannen“ ist schon ausgesprochen, daß diese Anordnung nicht als eine ursprüngliche Einrichtung zu betrachten ist und daß die Muskeln, welche ihre Befestigung an der Haut nehmen, nicht etwa als Überreste des Hautmuskelschlauches niederer Vertebraten (Würmer, Mollusken) aufzufassen sind. Schon von GEGENBAUR (1859, p. 472; 1870, p. 583, 706) wird dies betont unter dem Hinweise darauf, daß diese Muskulatur bei den niederen Vertebraten gerade am spärlichsten ausgebildet sei. Gänzlich zu trennen ist sie daher auch von der dem Integument Die Hautmuskeln der Amphibien. 285 selbst zukommenden glatten Muskulatur, obgleich nach der Dar- stellung von WIEDERSHEIM (1893, p. 30) die reich entwickelte Haut- muskulatur der Vögel „eine beginnende Querstreifung“ erkennen lassen soll. Ich weiß nicht, auf wessen Mitteilungen sich WIEDERS- HEIM hier stützt, doch betont FÜRBRINGER (1902, p. 357) ausdrücklich den Unterschied zwischen diesen beiden Muskelkategorien, die auch von Gapow (1891, p. 589)*) als „wahre“ (= glatte) und ,unechte“ (= quergestreifte) Hautmuskeln streng unterschieden werden. Mitteilungen allgemeiner Art über die Abstammung der Haut- muskulatur finden sich vornehmlich in den Arbeiten von Rucz (1885, 1887, 1887a, 1895, 1897), Nusspaum (1896, p. 65), EistLer (1901, p. 67; 1912, p. 187) u. A. Ihre relativ späte Entstehung durch Ab- spaltung von fertigen Skeletmuskeln wird für die Anuren von Nuss- BAUM (1896, p. 65; 1898, p. 416) besonders betont. Die oben erwähnte, zum mindesten temporäre Unsicherheit ihrer Anheftungspunkte begünstigte in gewissen Fällen eine Ausbreitung auch über die Gebiete hinaus, welchen die betreffende Muskulatur von Hause aus ‘angehörte, oder eine Verschiebung des ganzen ab- gespaltenen Muskelmaterials an Stellen, welche oft weit vom Orte seiner ersten Entstehung entfernt waren. Ein Beispiel für den erst- genannten Fall bildet der Panniculus carnosus, für den zweiten die Gesichtsmuskulatur. Unter solchen Umständen bleibt uns im Nerven ein untrügliches Mittel, die Herkunft des Muskels auch in Fällen, wo die durchlaufenen Stadien seiner Umgestaltung oder Wanderung uns nicht bekannt sind, genau zu bestimmen. Angaben über die Innervation der Hautmuskeln der Amphibien, welche sich in diesem Sinne verwerten lassen, finden sich nur in den Arbeiten von Gaupp (1896—1904, Vol.1, p. 117, 135, 182; Vol. 2, p. 178, 190—191, 196—197; Vol. 3, p. 901; 1896, p. 347; 1896b, . p. 28), Nusspaum (1896, p. 419; 1898, p. 457—458) und DRÜNER (1903, p. 564; 1904, p. 454, 517 usw.). Über die intramuskulären Nervenverzweigungen berichtet Mays (1884, p. 466, 484, 488) sehr ausführlich, sagt aber nichts über die Herkunft der Nerven. Einzelne Angaben finden sich auch in den älteren Arbeiten von REICHERT (1851) und KöLuıker (1863, fig. 7). Ich bringe hier, nach Anführung der Literatur, zunächst meine eigenen Untersuchungsergebnisse, wobei auch die Befunde früherer Untersucher Berücksichtigung finden sollen. 1) In: BRONN, Class. Ordn. Thier-Reich, Vol. 6, Abt. 4, 1891. 20* 286 . ELisARETH Corps, Frühere Untersuchungen. Mehr oder weniger ausführliche Nachrichten über die Haut- muskeln der Amphibien verdanken wir den Untersuchungen von ZENKER (1875 Rana, Bufo, Hyla, Bombinator), Ducks (1834 Rana, Alytes, Hyla, Bufo, Bombinator), Kurm (1850 Rana, Bufo, Hyla, Cystignathus, Pipa), REICHERT (1851 Rana), KÖLLIKER (1863, 1867 Rana), M. FÜRBRINGER (1873 Urodelen, 1874 Anuren), LeypiG (1876 Bufo), Ecker (1881, 1887 Rana), Mays (1884 Rana), WALTER (1887 Salamandra, Bombinator), PERRIN (1893 Salamandra, Triton, Siredon, Amblystoma, Rana, Bufo, Bombinator, Discoglossus), in erster Linie aber Gaupp (1896, 1896a, 1896b, 1896—1904 Rana, Bufo, Hyla, Pelobates), Nusspaum (1896a u. 1898 Rana, Bufo, Bombinator, Pelo- bates, Discoglossus) und DRÜNER (1902, 1904 Salamandra, Siren, Amblystoma, Amphiuma). Kurze, zum Teil ganz allgemein gehaltene Bemerkungen über die Hautmuskulatur der Wirbeltiere finden sich in den Lehrbüchern der vergleichenden und menschlichen Anatomie von MEckeL (1828, Vol. 3, p. 256), Stannius (1846, p. 172, 177, 196, 269, 275, 375—376, 384; 1856, p. 174), GEGENBAUR (1859, p. 472, 479, 518; 1870, p. 706; 1892, p. 344; C. K. Horrmann (in: Bronn: Vol. 6, 2, 1873—1878, p. 95, 103—104, 119, 164), WIEDERSHEIM (1893, p. 208—211; 1909, p. 234—238); Bürscauı (1910, p. 455), EısLer (1912, p. 187), sowie in den Arbeiten von RUGE (1895, p. 77, 80; 1918, p. 90—97), EISLER (1895, p. 207; 1901, p. 67, 68, 69; 1912, p. 190ff.), Nussbaum (1896, p. 64, 65), M. FÜRBRINGER (1902, p. 357). Wie die obige Aufzählung der untersuchten Tiere erkennen läßt, wurden in ganz überwiegendem Maße die anuren Amphibien zur Bearbeitung herangezogen. Ich wandte daher meine Aufmerk- samkeit zunächst den Urodelen zu, und wenn diese auch bei weitem nicht so typische, deutlich ausgeprägte Hautmuskeln zeigen wie die Anuren, so finden sich doch immerhin auch bei ihnen einige be- merkenswerte Ansätze zu diesen Bildungen. | Material. Mein Untersuchungsmaterial bestand aus folgenden Species: Urodelen Triton eristatus Salamandrina perspicillata — torosus Amblystoma mexicanum — viridescens Menobranchus lateralis (Necturus) Salamandra maeulata æ Die Hautmuskeln der Amphibien. 287 Anuren Rana. fusca Bombinator igneus — esculenta Hyla arborea — mugicus f Pipa dorsigera, Bufo vulgaris Von den meisten Species wurden mehrere Exemplare untersucht, von Menobranchus und Salamandrina nur je eins. Gymnophionen standen mir nicht zur Verfügung. Die Objekte stammten sämtlich aus den Vorräten des Zoologischen Instituts zu Würzburg. Für die liebenswürdige Überweisung derselben sowie für die Einräumung eines Arbeitsplatzes sei es mir erlaubt Herrn Prof. Scunere auch an dieser Stelle meinen besten Dank auszusprechen. Hautmuskeln bei Urodelen. Die großen Unterschiede, die sich in den meisten Organisations- verhältnissen zwischen Anuren und Urodelen bemerklich machen, sprechen sich deutlich auch in der Ausbildung der Hautmuskulatur aus, weshalb es mir geraten erscheint, beide Ordnungen getrennt zu behandeln; auf etwaige Homologien werde ich weiter unten ein- gehen. Im ganzen zeigen die urodelen Amphibien, soweit sie bisher auf diesen Punkt hin untersucht wurden, meist nur die Anfänge von Bildungen, die als Hautmuskeln zu bezeichnen sind. M. quadrato-pectoralis. M. quadrato-pectoralis, Sphincter colli, Sph. c. DRÜNER. — Temporo- guttural Ducks No. 2. — C,vd RUGE. Gelegentlich können die Fasern des ventralen Constrietors des Hyoidbogens, welche vom Quadratum und in geringerem Maße auch vom Paraquadratum (DrÜner’s Squamosum) entspringen, statt sich mit denen der Gegenseite in der gewöhnlichen Form einer medianen Raphe zu verbinden, in schräg median-caudalem Verlauf an die Sub- cutis (bzw. Haut) der unteren Hals- und oberen Brustgegend ') sich anheften und so einen besonderen Muskel bilden.. Ich fand ihn bei Salamandra mac., Triton cristatus und Salaman- drina perspicillata, — Schon Sranxius (1846, p. 172) erwähnt ihn 1) DRÜNER (1902, p. 523) hält diese Hautpartie für einen mit der Fascia pectoralis verwachsenen Rest des Kiemendeckels. 288 Exisasetu Corps, bei Salamandrinen. WALTER (1887, tab. 2 fig. 1) stellt ihn auch bei Salamandra atra dar. Nach Drier (1901) findet er sich außer- dem noch bei Amblystoma, Amphiuma, Siren, vielleicht auch bei Menopoma; dagegen (1902, p. 523) fehlt er als gesonderter Muskel bei den Larven von Salamandra mac. | M. procoraco-humeralis M. quadrato-pectoralis M. supracoracoideus Fig. A. Salamandra maculata. Die Innervation erfolgt durch Astchen des Ram. hyomandibularis des Facialis, die von der (ventralen) Außenseite in den Muskel ein- dringen; Driner (1904, p. 454) hält auch eine Beteiligung des IX. nicht für ausgeschlossen. Es handelt sich bei diesem Muskel wohl um eine Weiterbildung der bei Amblystoma wie auch bei Anuren (s. weiter unten) beobach- teten Befestigung der medianen Sehnenenden intermandibularer (im weiteren Sinne) Muskelfasern an der Haut. M. cutaneo-cruralis. Vom M. pubo-ischio-cruralis kann sich — z. B. bei Triton viri- descens — ein Muskelbiindelchen abspalten, welches als regulärer Hautmuskel an die Bedeckung der ventral-caudalen Flache des Ober- schenkels geht. — Da der Muskel in der Literatur, soviel ich sehe, bisher nicht erwähnt wird, nenne ich ihn M. cutaneo-cruralis in Übereinstimmung mit dem später bei Anuren zu beschreibenden Muskel gleichen Namens. Zunächst aber seien hier einige Worte über den M. pubo- Die Hautmuskeln der Amphibien. 289 ischio-cruralis [M. pubo-ischio-tibialis (C. K. Horrmann), M. ischio-tibialis (E1steR)| vorausgeschickt (Fig. B u. C). Dieser letztgenannte geht bei den Urodelen als kraftiger Muskel vom Becken (Pubo-ischium) zum Unterschenkel (Tibia). Er wird M. pubo-ischio-cruralis M. caudo-femoralis Fig. B. Salamandra maculata. ebenso wie der ihm cranial angeschlossene M. pubo-cruralis [ M. pubo- tibialis (C. K. Horrmann)] von einer Zwischensehne unterbrochen, welche sich, etwa an der Grenze von proximalem und mittlerem Drittel. M. pubo-ischio-cruralis M. pubo-cruralis \ M. caudo-femoralis M. cutaneo-cruralis Fig. C. Triton viridessens. von der ventralen Fläche her verschieden tief in den Muskel ein- senkt. Sie steht annähernd senkrecht zur Längsrichtung der Muskel- fasern und wird durch einen Muskel, den Caudo-femoralis ant [(Eister), M. caudali-pubo-ischio-tibialis (C. K. Horrmann)], verursacht, der von den ventralen Bogen des 4. und 5. Schwanzwirbels entspringt 290 ELISABETH Corps, und, seitlich an der Cloake vorbei, eranialwärts zum Oberschenkel zieht, wo er teils in die oben erwähnte Inscription des Pubo-ischio- cruralis sowie in die Fascie auf der Ventralfläche dieses Muskels ausstrahlt (besonders deutlich bei Menobranchus), teils sich in den M. pubo-ischio-tibialis fortsetzt und mit ihm zum Unterschenkel ver- läuft. Die Innervation erfolgt durch einen Ast des sogenannten N. femoralis ant., der vor dem Eindringen in die dorsale Fläche des Muskels, in der Nähe der Inscription, sich in mehrere Ästchen teilt, welche in die beiden durch die Zwischensehne (oft allerdings nur unvollkommen) getrennten Portionen eindringen. Von der lateralen Portion dieses M. pubo-ischio-cruralis nun geht das oben unter dem Namen eines Cutaneo-cruralis erwähnte Muskelbündel aus, um sich mit seinem medialen Ende statt an die Inscription an die Haut des Oberschenkels zu inserieren (Fig. C). Ich sehe darin eine Analogiebildung zu der noch zu beschreiben- den Abspaltung des gleichbenannten Muskels der Anuren vom M. gracilis (GaupP), welche allerdings hier bei den Urodelen zunächst nur an dem distalen Muskelabschnitt zum Ausdruck kommt (siehe diesen). Über die etwaigen Homologien der hier in Frage kommen- den Muskeln wird gleichfalls an jener Stelle noch zu sprechen sein (s. S. 320 dieser Arbeit). Unter gewissem Vorbehalt könnte man vielleicht auch dem M. depressor palpebrae inferioris M. depressor palpebrae inf. DuGès No. 9, C. K. Horrmann. — De- pressor des Lides GEGENBAUR. — Niederzieher des unteren Lides BURKARD. einen Platz unter den Hautmuskeln einräumen. Allerdings ist er von seinen bisherigen Untersuchern nicht dazu gezählt worden, doch er- füllt er, wie mir scheint, die Bedingungen, die an einen Haut- muskel zu stellen sind, ebensogut wie die Lid- und Lippenmuskulatur der höheren Vertebraten, indem er sich von einem Skeletmuskel, dem M. levator bulbi, abspaltet und an einer Hautfalte, eben dem unteren Lid oder der sogenannten Nickhaut, inseriert. Er liegt auf diese Weise zwar nicht direkt subcutan, wohl aber unmittelbar unter der Conjunctiva, die ja auch als ein Teil des Ectoderms aufzufassen ist. Es handelt sich hier beim M. depressor palp. inf. um verschiedene abgespaltene Bündel des M. levator bulbi, der den Boden der Orbito- temporalgrube bei gewissen Urodelen mit bilden hilft; sie entspringen teils (7) vom Petrosum und Pterygoid, teils (2) vom Frontoparietale Die Hautmuskeln der Sn. 291 und strahlen (7) nach vorn divergierend bzw. (2) quer verlaufend ins untere Lid ein. Die Innervation erfolgt durch den Trigeminus, wie Norris (1908 u. 1913)!) an Amphiuma und Siren, Lusosch (1915)?) an Crypto- branchus feststellten. Auch die Mm. levatores arcuum branchiarum können (z. B. bei Menobranchus lat.) ganz deutlich von der Haut der, seitlichen Halsgegend bzw. des Nackens entspringen. Obgleich wohl anzunehmen ist, daß sie ursprünglich mit einem sehnigen Anteil an den Dornen der Halswirbelsäule befestigt waren, ist diese Sehne in ihrer jetzigen Gestalt jedenfalls so innig mit der Haut verbunden, daß diese in erster Linie als Ursprungsgebiet in die Augen fällt. — Ähnlich verhält sich der M. dorso-humeralis (latissimus dorsi) mit seiner von den Wirbeldornen kommenden Aponeurose. Ebenso inseriert der M. occipito-spinalis M. sus-occipito-spinal Ducks No. 13. — Trachélo-mastoidien FUNK. bei Salamandra maculosa z. B., mit einigen dorsalen (= oberfläch- lichen) Fasern dicht hinter dem Auge, medial von dem Vorderende der großen Ohrdrüse, an der Haut, während die ventralen (= tiefen) Fasern zum Occipito-petrosum gehen. Da aber die Haut auch fest mit dem unterliegenden Knochen (Occipito-petrosum) verwachsen ist, möchte ich den Muskel doch nicht als Hautmuskel auffassen. In dem schon von M. FÜRBRINGER (1873, p. 268) erwähnten teil- weisen Ursprung des M. pectoralis von dem lockeren Bindegewebe, respektive von der lockeren Fascie über dem Coracoid, aber auch von dem Muskel der Gegenseite — wie ihn z.B. Triton cristatus, Meno- branchus (gering), nach C. K. Horrmann (1873—1878, p. 119) auch Proteus zeigen — ist vielleicht ein vorbereitendes Stadium zu er- blicken; zur Ausbildung eines eigentlichen Hautmuskels kommt es, so- 1) Norris, H. W., The cranial nerves of Amphiuma means, in: Journ. comp. Neurol., Vol. 18, 1908. — The cranial nerves of Siren lacertina, in: Journ. Morphol., Vol. 24, 1913. 2) Lugosch, W., Vergleichende Anatomie der Kaumuskeln der Wirbeltiere. Teil I, in: Jena. Ztschr. Naturw., Vol. 58, 1915. 292 ELisAßBETH Corps, weit ich Urodelen daraufhin untersuchte, nicht, und FURBRINGER scheint diese Bildung gleichfalls nicht in solchem Sinne zu deuten. Einen Ansatz des M. costo-abdominalis (obliquus ext.) !) an der Subcutis erwähnt C. K. Horrmann (1873—1878, p. 103—104) bei Urodelen, wo der Muskel, nach hinten nicht scharf begrenzt, teils ans Ileum, teils ins lockere Bindegewebe des Rückens ausstrahlen soll. Ich konnte ein derartiges Verhalten bei den von mir unter- suchten Urodelen nicht konstatieren. Häufiger zeigen die segmentierten Muskeln des Rumpfes die Neigung, an den Stellen ihrer sehnigen Inscriptionen mit der darüber hinziehenden Haut sich fester zu verbinden. Wir begegnen diesem Zustand, welcher an das Verhalten des M. rectus abdominis des Menschen gegenüber seiner ventralen Scheide erinnert, besonders ausgesprochen an der Rumpf- und Schwanzmuskulatur von Sala- mandra, wo es — wenigstens am Bauch — mit der gürtelförmigen Anordnung der Drüsen in Zusammenhang stehen wird, da bei anderen Formen, z. B. Triton, Necturus, nur eine gleichmäßige, ziemlich straffe Verbindung der Haut mit den unterliegenden Muskeln zu beobachten ist. Einen ausgesprochen segmentalen Charakter trägt die Befestigung auch beim M. thoraci-scapularis (serratus ext.) von Necturus, welcher gleichfalls im Bereiche seiner Inscriptionen (von der 2.an) innig mit der Haut verwachsen ist. Doch sind alle diese Bildungen, ebenso wie analoge bei Anuren (s. S. 292), keineswegs als „Hautmuskeln“ auf- zufassen. Bei dem von Bruner (1896, 1899) beschriebenen „vollständigen muskulösen Apparat für das Öffnen und Schließen der Nasenlöcher“ handelt es sich, wie bei den Anuren (s. S. 310), lediglich um glatte - Muskulatur; vgl. auch Gaurr (1896—1904, III, p. 670f.), Hautmuskeln bei Anuren. Im Vergleich mit den Urodelen zeigen die Anuren eine größere Neigung zur Abspaltung von Hautmuskeln, vor allem sind dieselben hier oft sehr gut charakterisiert und sehr selbständig. 1) Dagegen sagt er beim homologen M. dorso-abdominalis ext. (obliquus ext.) der Anuren nichts von einem solchen Ansatz. Die Hautmuskeln der Amphibien. 293 M. cutaneus pectoris. M. cutaneus pectoris ZENKER, ECKER No. 196, Mays, Gaupp, NUSSBAUM. ~— Hautmuskel der Brust KOLLIKER. — Abdomino-cutaneus KLEIN. — Abdomino-guttural Ducks No. 53. — Ohne Benennung REICHERT (1851, p. 32), Lrypie (1876, p. 87). — von M. FÜRBRINGER (1873) mit stb bezeichnet. Ein dünner, aber breiter Muskel in der Brustgegend, ventral dem Sternum und dem M. pectoralis (Partes sternalis et epicora- coidea) aufgelagert. | M. cutaneo-pectoralis M. pectoralis Pars epicoracoidea Pars sternalis M. pectoralis (Pars abdominalis) Fig. D. Rana esculenta. Er entspringt in Fortsetzung des Ursprungs der Pars abdomi- nalis des M. pectoralis von der Scheide des M.rectus abdominis und dem verbreiterten Distalende des Sternums. Dabei können seine am weitesten lateral gelegenen Fasern sich der Pars abdominalis am Ursprung unmittelbar anschließen oder von ihr zum Teil ventral überlagert werden. Der annähernd rechteckige Muskel schickt seine parallel (oder leicht konvergent oder leicht divergent) verlaufenden Fasern cranial- wärts zur Haut, an der sie etwa auf der Grenze von Brust und Kehle inserieren (Fig. D u. E). Die Insertionslinie entspricht in ihrem Verlauf dem Ansatz des Septum lymphaticum pectorale, so daß der Insertionsteil des Muskels zwischen dem Saccus lymph. thoracicus und Saccus abdominalis liegt. Sein Nerv ist ein Ast des Ram. pectoralis proprius (GAupp) vom ? ELISABETH Corps ? Hauptnerven, dem N. brachialis longus inf. (FÜRBRINGER), des Plexus brachialis, der mit weiteren Asten auch die anderen Teile des Pectoralis versorgt; von lateral an den Muskel herantretend ver- zweigt er sich an der dorsalen Seite desselben und dringt mit mehreren Ästchen in ihn ein. Seiner großen Dünne wegen ist der Pars epicoracoidea ectoralis À : Pars sternalis M. pectoralis (Pars abdominalis) Fig. E. Rana fusca. Muskel schon seit langer Zeit [REICHERT (1851) und KÖLLIkeEr (1863, 1867)] zum Studium der Nervenverzweigungen im Muskel benutzt worden. Er wurde nur bei der Gattung Rana, mit Ausnahme von R. mugiens gefunden, fehlt somit bei Ayla, Bufo, Bombinator, Pipa, nach Gaurp (1896b) auch bei Alytes und Pelobates. Von früheren Untersuchern, z. B. Ducès (1835, p. 128, fig. 43) wurde er zum M. rectus abdominis gerechnet („expansion du Pubo- thoracique“). Gaupp (1896b, p. 28; 1898—1904, Vol. 1, p. 117) be- trachtet ihn als einen Teil der Pars abdominalis des M. pectoralis. Mir scheint, daß er nach seiner Lage und der Art seiner Nerven- versorgung als eine Pars intermedia — zwischen Pars abdominalis und Pars sternalis — aufzufassen ist. Sein Auftreten und seine Ausbildung scheint in keinem Zu- sammenhange mit dem Bau des M. pectoralis zu stehen, wie ich zu- erst anzunehmen geneigt war.. Der Zerfall dieses Muskels in die Pars abdominalis einer-, die Partes sternalis und epicoracoidea andrer- seits findet sich, wie es scheint, ganz allgemein bei Anuren, wenn Die Hautmuskeln der Amphibien. 295 auch in verschieden ausgesprochenem Grade, während nach M. Für- BRINGER (1874, p. 204) unter den Urodelen solch beginnender Zerfall sich nur bei den höheren Formen nachweisen läßt. M. cutaneus abdominis. M. cutaneus abdominis GAUPP. — M. cutaneus dorsi ECKER No. 197, Mays, NUSSBAUM. — M. cutaneus iliacus ZENKER. — Pubo-dorso- cutané Ducks No. 56. — Ohne Benennung LEypiG (1876, p. 87). Ein schlanker, bandförmiger Muskel in der Unterbauch- und Leistengegend, dessen topographische Beziehungen sehr gut durch M. obliquus cutaneus Os ilei + I M. iliacus ext. M. obliquus int. M. M. obliquus Pars scapularis rectus ext. Fig. F. Rana fusca. die Bezeichnung ZENKERS: „M. cutaneus iliacus“ zum Ausdruck kommen. Der Muskel entspringt, in caudalem Anschluß an den Ursprung des M. obliquus externus abdominis, mit kurzer und dünner Sehne vom Rande der Beckensymphyse, dorsal zum Rectus abdominis. — An einem erwachsenen Exemplar von Rana fusca fand Nusspaum außer- dem (1896, p. 420), daß „nicht der ganze M. cutaneus dorsi an der Sym- physe ansetzt, sondern der orale Teil des Muskels als letztes Ende des M. obliquus abd. externus“, d. h. an der Linea alba. Der Muskel verläuft parallel zum Caudalrand des M. obliquus abdominis externus lateral-, dorsal- und etwas ovalwärts zur Haut des caudalen Rückenabschnitts, wo er unter leichter Divergenz seiner Fasern neben der langgestreckten Leiste des Ileums inseriert (Fig. F.). Dabei liegt er im Septum lymphaticum iliacum laterale '), zwischen dem 1) Der zwischen Unterbauchgegend und Oberschenkel gelegene weite Raum, der sich lateral-dorsalwärts in das Spatium lymphaticum iliacum 296 ELIisABETH Corps, Saccus lymphaticus lateralis und Saccus iliacus da, wo dieses an das Septum lymph. dorsale grenzt. — Vom M. obliquus externus ist er durch den hier aus dem M. obliquus int. austretenden Ram. ileo- hypogastricus (Gaupp) des N. spinalis VIII getrennt. Seine Innervation erfolgt durch ein Astchen des ebengenannten Tleohypogastricus, das von der Innenseite an den Muskel herantritt, während der Stamm des Nerven nach Versorgung des caudalen Ab- schnitts des Obliquus externus sich zur Haut begiebt. Der Muskel wird, wie der M. cutaneus pectoris, nur bei ver- schiedenen Species von Rana gefunden, fehlt dagegen bei Hyla, Bufo, Bombinator, nach Gaupp auch bei Alytes und Pelobates. GAUPP (1896, p. 347) nimmt daher an, daß beide Muskeln erst ein Erwerb der höheren Anurenformen seien, und Nusspaum (1898, p. 416) schließt sich dieser Auffassung an. Seiner Anordnung und Innervation nach stellt der Muskel, wie schon Gavurr (1896, p. 348; 1896, p. 746; 1896—1904, p. 125) an- nahm, die selbständig gewordene hinterste Portion des M. obliquus abdominis externus*) dar, wofür auch die oben erwähnte Beobachtung NussBAUM’s von einem gemeinsamen Ursprungs beider Muskeln spricht. Außerdem fand Nussspaum (1896, p. 420) „durch die Em- bryologie bestätigt, daß er wirklich das Beckenende des Obliquus externus“ ist. Nussspaum (1896, p. 419) weist in diesem Zusammen- hang auch darauf hin, daß bei Bufo, Alytes und Pelobates, also gerade bei Formen, bei welchen der Muskel vermißt wird, der M. obliquus abdominus externus dorsal viel weiter am Os ilei herabreicht als bei Rana. — Daß sein Auftreten mit der Verkürzung des Rumpfes zu- sammenhängt, wie man vielleicht aus seinem Fehlen bei Urodelen schließen könnte, ist kaum anzunehmen, da er sich nur bei Rana findet, während bekanntermaßen der Verkürzungsprozeß der prä- sacralen Wirbelsäule bei allen Anuren ziemlich gleichweit vorge- geschritten ist. Die Wirbelzahlen schwanken zwischen 8 (Mehrzahl) und 7 (Aglossa); da aber die Zahl der Spinalnerven die gleiche ist laterale fortsetzt, führt auch den Namen Spatium inguinale; ob dieses wirklich im Sinne eines größeren Lymphraumes aufzufassen ist, bleibe dahingestellt“ [Gaupp (1896—1904, Vol. 1, p. 530, fig. 146)]. 1) Interessant ist, daß sich am cranialen Rande des Obliquus ext. ein ganz analoges Muskelbündel findet, das unter dem Namen einer Pars scapularis M. obliqui externi (M. omo-abdominalis GAupp, M. abdomini- scapularis FÜRBRINGER No. 8) bekannt ist; es entspringt vom Hinterrand des Suprascapularis und geht, gemeinsam mit dem oralen Teil des eigent- Die Hautmuskeln der Amphibien. 297 (v. IHERING 1), so kann es sich auch hier, wie GEGENBAUR (1898, Vol. 1, p. 246) annimmt, um Reduktion des ersten Wirbels handeln, so daß die Ubereinstimmung alsdann noch vollständiger wäre. M. eutaneo-cruralis. Cutaneo-cruralis ©. K. HOFFMANN. — M. gracilis minor Gaupp. — M. cutaneus femoris DU Bois REYMOND. — Mm. cutanei femoris superior et inferior NUSSBAUM. — Subcutaneus femoris COLLAN No. 128. — M. rectus int. min. ECKER No. 118. — M. flexor tibialis magnus, - Tensor abdominis ZENKER. — Pubo-tibialis sublimis DE MAn No. 13. — Cutaneus cruris sup. et inf. MAys. — Post-ischio-tibial superficial Ducès No. 151. — Cutanéo-adducteur du tibia PERRIN No. 109. — — Ischio-tibialis KEIN, STANNIUS. — Ohne Benennung MECKEL No. 6 (1828, Vol. 3, p. 256). Es handelt sich hier um eine Muskelbildung von sehr wechseln- der Gestalt, welche zusammenhängend oder in mehrere Teile ge- sondert, sich am medial-caudalen Umfang des Oberschenkels zwischen Becken und Kniegelenksgegend ausbreitet, gelegentlich aber auch in wechselnder Ausdehnung auf die distale Hälfte des Bauches übergreift. Die Befestigung des Muskels am Unterschenkel erfolgt ganz allgemein zusammen mit dem M. gracilis major (GAupP); nur für Hyla findet sich bei MEckEL (1828, Vol. 3, p. 256) die Angabe, dab er nicht zum Unterschenkel, sondern nur zur Haut und Fascie des unteren Viertels des Oberschenkels gehe, was ich aber nicht be- stätigen kann. Das Beckenende des Muskels dagegen entspringt in sehr verschiedener Weise. Bei Rana und Hyla*) kommt er mit schmaler Sehne von einem Sehnenstreifen, der parallel dem Caudal- rand des Beckens verläuft und vorn mit der Endsehne des Rectus abdominis verbunden, während er hinten an der Spina pelvis posterior befestigt ist; dabei liegt er in der Basis des Septum lymphaticum interfemorale und dient mit seinem hinteren Teil auch den caudalen Bündeln des Sphincter ani als Ursprungsgebiet. Bei Bufo soll der Muskel nach C. K. Horrmann’s (1873—1878, p. 164) Angabe von der lichen Obliquus ext., in das vordere Blatt der Rectusscheide [vgl. Fig. F dieser Arbeit sowie die figg. 62, 65 u. 72 bei Gaupr (1896, Vol. 1)]. 1) v. IHERING, Das peripherische Nervensystem der Wirbeltiere etc., Leipzig 1878. 2) Nach MECKEL (1828, p. 256) entspringt er nur von der Haut des Oberschenkels, was ich nicht bestätigen kann. 298 ELIsABETH Corps, Haut der Analgegend entspringen und nach NussBAuM (1898, p. 413 ff.) dorsal vom Sphincter ani liegen; beides kann ich, wenigstens als Norm, nicht bestätigen. Bei Bombinator allerdings ist der Ursprung (besonders in ventraler Richtung) weit ausgebreitet und greift vom Becken auch auf die Haut des Oberschenkels über. Auch bei Discoglossus entspringt nach Nusszaum (1898, p. 417, fig. 27) das sehr breite proximale Ende in beträchtlicher Ausdehnung von der Haut. — Einen (muskulösen) Zusammenhang mit der Analmuskulatur, wie _M. obliquus int. N. für d. Obliquus cutaneus . obliquus cutaneus Fig. G. Rana esculenta. ihn Horrmann (p. 164) für Ayla erwähnt, konnte ich nicht fest- stellen; nach meinen Befunden sind die beiden Muskeln nur durch den Sehnenstreifen verbunden. Der Muskel bildet entweder wie bei Rana, Pipa oder Hyla [nach Nusspaum (1898, p. 417, fig. 21 u. 38) auch bei Pelobates| einen schlanken, durch eine Inscription mehr oder minder vollständig in zwei Abschnitte geteilten Muskel, oder es weichen, wie bei Bufo und Bombinator, in geringerem Grade auch bei Ayla, die einander zugekehrten Muskelfaserenden, besonders im ventralen Randteil des Muskels, in verschiedenem Maße auseinander, wobei es, je nach der Länge der Muskelfasern, zu einer verschieden weitgehenden Uber- kreuzung der beiden Muskelteile kommt; diese Überkreuzung be- ginnt bei Hyla, ist bei Bombinator stärker und am kräftigsten bei Die Hautmuskeln der Amphibien. 999 Bufo.‘) Dabei liegen bei Bufo die Fasern des distalen Muskelab- schnittes unter denen des proximalen, d. h. die letzteren sind direkt subcutan ausgebreitet. Auch bei Rana (fusca) kann die Inscription, wie ich einige Male fand, durch verschieden weites Ubereinander- greifen der Fasern beider Muskelteile verwischt sein, doch ist dies hier nicht die Regel. Diese beiden Formen des Zusammenhanges beider Muskelteile stehen sich aber nicht unvermittelt gegenüber, denn bei Bufo und M. adductor magnus (Cap. ventr.) M. sartorius M. adductor long. M. vastus med. | M. gracilis M. cutaneo-cruralis Fig. H. Rana esculenta. Bombinator findet sich eine Trennung und Uberkreuzung der Muskel- fasern nur im ventralen Teil des Muskels, während der dorsale Teil ohne sichtbare Unterbrechung vom Becken zum Knie durchzulaufen scheint; es ist aber wohl anzunehmen, daß die Inscription hier nur durch Ineinanderschieben der Faserenden nicht mehr deutlich zutage tritt. — Nusspaum (1898, fig. 22, 35 u. 36) läßt allerdings bei Bufo calamita und B. agua den Muskel auch in seinem dorsalen Teil von einer Inscription durchsetzt sein (wodurch natürlich eine Über- kreuzung der beiderseitigen Muskelfasern ebenfalls in Fortfall kommt). Es scheint somit auch in diesem Punkte eine beträchtliche Varia- bilität zu herrschen, obgleich nach NussBaum (1898, p. 415) Rana fusca und R. esculenta „leicht am Bau des Cutaneus femoris zu unter- scheiden sind“. 1) Eine „netzförmige Durchbrechung des Muskels“ (durch Kreuzung der Fasern) wurde bei Bufo übrigens schon von MECKEL (1828, Vol. 3, p. 256) festgestellt. Zool. Jahrb. 42. Abt. f. Anat. 21 300 ELisABETH Corps, Im ersteren Fall, d. h. wenn ein durch eine Inscription zwei- geteilter Muskel vorliegt, findet sich an der Stelle der Inscription eine besonders im ventralen Abschnitt sehr ausgesprochene Befestigung Adductoren M. vastus M. sartorius M. cutaneo-cruralis Fig. Ja. Rana fusca. an der Haut.) Bei Übereinandergreifen der beiderseitigen Muskel- fasern wird diese Zone der Verwachsung mit der Haut, entsprechend Adductoren M. cutaneo-cruralis Fig. Jb. Rana fusca. 1) Gaupp (1896—1904, p. 452) sagt vom Gracilis min. (seiner Nomenklatur) bei Rana: „Wenn auch seine Fasern nicht unmittelbar an die Haut herangehen, so setzt sich doch ein Teil von ihnen in Verbindung mit einem zwischen dem Muskel und der Haut ausgespannten Septum‘, woraus man also auf eine indirekte Wirkung schließen kann. Die Hautmuskeln der Amphibien. 301° der verschiedenen Muskelfaserlänge, bedeutend verbreitert, so daß der Muskel auf einer größeren Strecke mit der Haut zusammenhängt. Die Innervation erfolgt durch zwei Nervenästchen des Ram. profundus post. N. ischiadici (GAuPpp); die gesonderte Innervation beider Teile war übrigens schon Mays (1884) bekannt. Dabei durch- bohrt der Nervenast, der die proximale Muskelhälfte versorgt, meistens, unter Abgabe von Asten, den M. gracilis major, ehe er sich, näher der ventralen Kante, von innen her in seinen Muskel einsenkt, doch kann der Nerv auch um den Hinterrand des Gracilis ’ major herum aus der Tiefe kommen. Der Nerv für die distale Portion des Muskels tritt zwischen Sartorius und Gracilis major hervor und senkt sich gleichfalls von der Innenseite her in den Muskel. Der Muskel scheint allen Anuren zuzukommen; jedenfalls ver- mißte ich ihn bei keiner der untersuchten Gattungen. Den Urodelen fehlt er — wenigstens als typisches Muskelgebilde, doch glaube ich, wie schon S. 288 ausgesprochen, gewisse Ansätze zu seiner Bildung auch bei diesen bemerkt zu haben in Gestalt des dort beschriebenen Muskelbündelchens, welches sich vom M. pubo-ischio-cruralis loslöste und zur Haut verlief (bei Triton viridescens). — Andrerseits weist der Muskel eine große Neigung zur Variation auf, und es könnte nach meinen und Nusssaum’s Befunden scheinen, als ob er gerade bei den tieferstehenden Anuren eine größere Komplikation des Baues darbietet. Ich glaube aber, daß der Bau des Muskels von anderen Faktoren in höherem Maße beeinflußt wird als von der systematischen Stellung seines Besitzers (vgl. auch NussBaum’s Ausführungen darüber 1896, p. 64 u. 1896, p. 464). Während KLEIN (1851, p. 8) bei Bufo, wie es scheint, nur die distale Portion des Muskels berücksichtigt hat, beachtet MEcKEL (1828, Vol. 3, p. 256), wie aus seiner Darstellung hervorzugehen scheint, nur die proximale Hälfte bei Ayla. In der Beurteilung des Muskels stehen sich zwei Anschauungen gegenüber. Nach der einen, welche von der Mehrzahl der Unter- sucher (z. B. Stannius, ECKER, PERRIN, GAUPpP) vertreten wird, handelt es sich um einen Muskel, welcher durch eine Inscription mehr oder minder vollständig in zwei Teile zerlegt wird. Nach der anderen Auffassung, welcher Mays und NussBAum folgen, sind es zwei ge- sonderte Muskeln, welche in gewissen Fällen sich mit Hilfe einer Zwischensehne zu einem einheitlichen Gebilde vereinigen, während sie anderenfalls als getrennte Muskelindividuen nebeneinander be- 21* 302 ErisABETH Corps, stehen bleiben. Schon Duais (1835, p. 136) deutete übrigens, aller- dings ohne Begründung, an, daß man wohl die proximale Portion als gesonderten Muskel („faisceaux sous-ischio-abdominaux“) be- trachten könne. — Sehr eigentümlich ist auch die Begründung, welche Mays (1884, p. 488) für seine Auffassung gibt: nach ihm ist der Muskel nicht etwa nur durch eine Inscription in zwei Stücke ge- teilt, „denn zu beiden Seiten einer solchen verlaufen die Muskel- M. vastus M. adductor magnus M. adductor longus M. sartorius M. gracilis Fig. K. Bombinator igneus. fasern in gleicher Richtung, diese erfahren durch sie nur gewisser- maßen eine Unterbrechung. Dies ist aber hier nur an einer Stelle der Fall, während die langen Fasern des Kappenschildes“ [gemeint ist der obere kleinere Muskelteil] „in einem beträchtlichen Winkel zu den Fasern des großen Muskels verlaufen“ (auf fig. 5 tab. 3 ist allerdings dieser Winkel nicht sehr deutlich zu erkennen). — Nuss- BAUM schließt sich ihm ohne weitere Begründung an und betrachtet den Cutaneo-cruralis als ein Kompositum aus zwei verschiedenen Muskeln. Von der Entscheidung dieser Frage in diesem oder jenem Sinne hängt auch die Beurteilung der Zwischensehne ab.!) 1) Es ist hier nicht der Ort, auf die verschiedenen Arten von Zwischensehnen näher einzugehen. Ich möchte nur kurz bemerken, daß sich 3 Arten unterscheiden lassen. 1. Die erste entsteht durch die bindegewebige Vereinigung von zwei einander ursprünglich fremden Muskeln (z. B. Digastricus mandibulae der Säuger, Cephalo-humeralis und Sterno-mandibularis gewisser Säuger). Die Hautmuskeln der Amphibien. 303 Nach der Wahl der Benennungen zu schließen (s. oben die Synonyma) betrachten manche Forscher, z. B. Dues, Ecker, DE Man . 2. Die zweite kommt auf mechanischem Wege zustande, indem sich unter dem Einfluß äußerer Faktoren (Druck, Zug) das Muskelbildungs- material in zwei oder mehr getrennten Partien anordnet, welche durch eine bindegewebige Strecke getrennt sind (z. B. Ischio-tibialis bei Amphibien, Mylohyoideus und Semitendinosus bei Säugern). Letztere Art kann sich — worauf besonders EISLER hingewiesen hat, nur dann bilden, wenn der Muskel schon vorher zwei oder mehr gesonderte motorische Nerveneintritts- stellen besaß. 3. Die dritte Art kommt durch das mehr oder weniger vollständige Bestehenbleiben der Myosepten, welche phylo- und ontogenetisch die seg- mental angeordnete Muskulatur durchsetzen, zustande (bei niederen Verte- braten sehr verbreitet, im Bereiche der Rumpfmuskulatur auch bei Säugern [Mensch] teilweise noch rein erhalten). Man könnte die letztere Art als primäre den beiden anderen als sekundären gegenüberstellen. Alle drei Arten können sich verwischen, — die dritte tut es sogar in der Mehrzahl der Fälle — durch Veränderung der Muskelfaserlängen und Ineinanderschieben der fleischigen und sehnigen Muskelbestandteile. Häufig bleibt dann nur in den Nerven ein Hinweis auf die zusammen- gesetzte Natur des einheitlich erscheinenden Muskels erhalten („einbäuchiger“ Digastricus von Hund und Katze, Sterno-mandibularis von Choloepus, Myrmecophaga ete.). Arbeiten, welche sich eingehender mit dem Wesen der Zwischensehnen beschäftigen sind unter anderen: Humpury, The muscles and nerves of the Cryptobranchus japonicus, in: à Journ. Anat. Physiol., Vol. 6, 1871—1872. CUNNINGHAM, J., Report of some points in the anatomy of Thylacine, Cuscus and Phascogale etc., in: Voyage Challenger, Zool., Vol. 5. —, Observations in myology ete., Cambridge and London 1872. LE DOUBLE, A., Notes sur les muscles polygastriques, in: Bull. Soc. Anthropol. Paris (4), Vol. 4, 1893. DuvAr, M., Sur les intersections aponevrotiques des muscles polygastriques, (4), Vol. 4, 1893. DE CLOSMADEUC, Des muscles polygastriques, ibid. EisLER, P., Die Homologie der Extremitäten, in: Abh. naturf. Ges. Halle, Vol. 19, 1893 —1895. —, Die Muskeln des Stammes, in: BARDELEBEN’s Handbuch, Vol. 2, 1912. CHEINE, J., Localisation des muscles polygastriques, in: CR. Soc. Biol., Vol. 58, 1904. —, L’orientation des muscles polygastriques, ibid., Vol. 58, 1905. —, Charactéres des muscles polygastriques, in: OR. Acad. Sc. Paris. Vol. 140, 1905. —, Observation sur les intersections tendineuses, ibid. 304 ELisaBeTH Corps, ‚und Gaupp, den Muskel als Abspaltungsprodukt oder wenigstens als in nahen Beziehungen zum M. gracilis major (GAupp) [Rectus int. min. (Ecker), Pubo-tibialis profundus (DE Max), Post-ischio-tibial- profond (Ducis)| stehend. Diese Auffassung gründet sich wohl zu- meist auf den gemeinsamen Ansatz beider Muskeln am Unterschenkel, bei Gaupp auch auf die Art der gemeinsamen Nervenversorgung. Ich kann mich nach meinen Befunden nur der erstgenannten Auffassung anschließen, d. h. ich halte den Cutaneo-cruralis für einen einheitlichen, durch die Inscription in zwei Portionen geteilten Muskel. Hierfür spricht vor allem das Verhalten des M. pubo-ischio- cruralis bei den Urodelen, den man zweifellos als ein wenigstens teilweises Homologon des M. gracilis (major) der Anuren betrachten muß. Sehr unangenehm fühlbar macht sich hier die bisher nur äußerst ungenügend mit sehr verschiedenen Resultaten durchgeführte Homologisierung der Bein-Muskeln der Anuren und Urodelen unter- einander und zu denen der anderen Wirbeltierklassen.) Zwar ver- 1) Im Folgenden seien einige der bisherigen Homologisierungsversuche angeführt : so homologisiert ©. K. HOFFMANN den M. pubo-ischio-cruralis (p. i.- tibialis DE MAN; sous-ischio--tibial DUGÈS) der Urodelen einerseits (p. 167), dem Bi-ischio-tibialis (DE Man; M. semitendinosus ECKER, GAUPP) der Anuren, andrerseits (p. 150) dem M. semitendinosus hominis; nach HUMPHRY (nach C. K. HOFFMANN) repräsentiert er den Gracilis + Semitendinosus ; zusammen. mit dem M. pubo-ischio-femoralis externus (DE MAN; ex-pelvi- femoral DuGès) betrachtet ihn DE Man (nach C. K. HOFFMANN) als partielles Homologon des Subileo-tibialis (DE MAN; ileo-cruralis ©. K. HoFr- MANN; sous-ileo-tibial DUGÈS) der Anuren, während C. K. HOFFMANN (p. 163) diesen letzteren bei Urodelen als. fehlend auffaßt. Den M. gracilis (major GAUPP; ischio-crural antérieur DE MAN, post- ischio-tibial profond DuGé&s, pubo-cruralis ©. K. HOFFMANN) der Anuren betrachtet C. K. HOFFMANN (p. 164) als partielles Homologon des M. pubo-tibialis (DE Man) der Urodelen; letzteren möchte er als „einen den Urodelen eigentümlichen Muskel“ auffassen, während ihn HUMPHRY (nach C. K. HOFFMANN) als dem Semimembranosus homolog anführt. Der M. cutaneo-cruralis (M. gracilis major GAUPP; pubo-tibialis su- blimis DE MAN; post-ischio-tibial superficiel DUGÈS) wird von C. K. Horr- MANN (p. 164) zusammen mit dem M. gracilis der Anuren als Homologon des M. pubo-tibialis (DE MAN) der Urodelen aufgefaßt (s. auch oben). Noch komplizierter ist die Sache, wenn man auch die älteren Unter- sucher mitberiicksichtigt. — So homologisiert z. B. DUGÈS bei Anuren. den Post-ischio-tibial profond (unseren Gracilis) dem Adductor magnus, den Post-ischio-tibial superficiel (unseren Cutaneo-cruralis) aber dem Rectus internus (— R. medialis). Bei Urodelen vergleicht er den sous-ischio- Die Hautmuskeln der Amphibien. 305 wenden die Autoren freigiebig die von der menschlichen Anatomie her bekannten Namen, und Nusspaum (1898, p. 369) bekennt sich ausdrücklich zu dem Grundsatz „der beim Menschen gebräuchlichen Nomenclatur möglichst zu folgen“, — sagt aber nicht, ob er bei der Verwendung der betreffenden Namen an eine tatsächliche Homologie denkt; auch ©. K. Horrmann (1873—1878, p. 89) gibt an, daß er die Muskeln, „wo aus der vergleichenden Innervierung nur irgend- eine direkte Homologie mit den Muskeln des Menschen zu con- statieren“ war, auch nach denen des Menschen benannt habe. — Gavurp (1896, Vol. 1, p. 176) weist dagegen auf die großen Schwierig- keiten hin, die sich bei Anwendung der Bezeichnungen der mensch- lichen Anatomie ergeben. Nach den Resultaten früherer Untersucher sowie nach den äußerst variablen Bildern, welche die Oberschenkelmuskulatur der Anuren bietet, lassen sich spezielle Homologien auf diesem Gebiet vorläufig nicht aufstellen. Eine weitere Stütze für meine Auffassung von der einheitlichen Natur des M. cutaneo-cruralis erblicke ich in dem in gewissen Fällen zu beobachtenden Fehlen der Inscription im dorsalen Teil des Muskels. Daß es sich hier um kein absolut sicheres Merkmal handelt, erkenne ich an, da die Verbindung auch völlig fremder Muskeln ohne Inscription erfolgen kann (s. Anm. S. 302). — Wenn Nusspaum der Zwischensehne, die er allerdings bei allen von ihm untersuchten Anuren gefunden zu haben scheint, eine ausschlag- gebende Bedeutung zuschreiben möchte, so müßte er die gleiche Auf- fassung, d. h. die Annahme, einen zusammengesetzten Muskel vor sich zu haben, auch für die Mm. gracilis (major) und semimembra- nosus acceptieren, denn auch bei diesen findet sich nicht selten ein wenigstens teilweises Überschreiten der Inscription durch Muskel- fasern.!) tibial (unseren Pubo-ischio-cruralis) einerseits dem Post-ischio-tibial super- ficiel, andrerseits der Fascia lata. 1) So berichtet NusSBAUM (1898), daß bei Bufo calamita individuell einige oberflächliche Fasern des M. gracilis (major) die Inscription über- schreiten. Weiterhin konstatierte er am M. semimembranosus von Pelobates in den tieferen Teilen das Fehlen einer Inscription; bei Bufo vulgaris und B. calamita war die Inscription außen nicht zu erkennen, bei Bufo agua ging sie nur bis zur Mitte. — NUSSBAUM (p. 413) bemerkt darüber: „daß (hier) der Muskel keine völlige Unterbrechung aller seiner Fasern erleidet“ — eine Auffassung, in der ich ihm nicht ohne weiteres folgen kann. 306 ExvisasetH Corps, Die gesonderte Innervation sowie der Verlauf der Nerven (Durch- bohrung des M. gracilis major) wiirden allerdings fiir eine Ableitung wenigstens des proximalen Abschnittes vom Gracilis (major) sprechen, während für den distalen Teil auch andere Möglichkeiten offen bleiben. Nach dem ganzen Aufbau der Oberschenkelmuskulatur der Anuren aber scheint es mir, als ob man sich vorläufig mit der An- nahme bescheiden muß, daß die Differenzierung der gesamten, vom Ram. descendens communis N. ischiadici versorgten Muskelgruppe M. vastus med. adductor magnus M. adductor long. M. sartorius M. cutaneo- eruralis Fig. L. Bufo vulgaris. sich in einem gewissermaßen labilen Zustande befindet und dab dabei weder die Versorgung eines Muskels durch einen oder mehrere Nervenäste noch die Durchbohrung eines Muskels durch den moto- rischen Nerven eines anderen für sich allein betrachtet von abso- luter Beweiskraft ist. Ich nehme also an, daß sich der M. cutaneo-cruralis der Anuren zunächst etwa wie bei Rana oder Hyla verhielt, d, h. daß die Ver- bindung mit der Haut nur im Bereich der Inscription und in wenig fester Form zustande kam. Mit einem fächerförmigen Ausstrahlen ging dann in weiteren Stadien eine Verlängerung der Muskelfasern Hand in Hand, welche in denjenigen Muskelabschnitten, die ihren Platz bewahrten und keine Tendenz zur Ausbreitung zeigten, zu einem Ineinanderschieben der einander zugekehrten Muskelfaser- enden der proximalen und distalen Portion führten. Auf diese Weise erklärt sich das Verschwinden der Inscription in der dorsalen Rand- partie, wie es z. B. Bufo und Bombinator zeigen. Die Hautmuskeln der Amphibien. 307 Ebenso wie bei den Urodelen (s. S. 290) könnte natürlich auch der M. depressor palpebrae inferioris M. depressor palp. inf. Manz, Ecker No. 9, C. K. Horrmann. — M. depressor membranae nictitantis GAUPP. — Depressor oculi ZENKER, — Sustentator bulbi (partim) KLEIN. — Fronto-ptérygoidien DUGÈS No: 9. der Anuren eine Stelle unter den Hautmuskeln beanspruchen, und zwar aus denselben Gründen, welche bei jenem Muskel aufgeführt werden. Wie dort bildet er den Boden der Augenhéhle zusammen mit der Membrana orbito-temporalis. Er entspringt teils vom hinteren Rande des M. levator bulbi (Pars intermedia Gaurr) und der auf diesen sich fortsetzenden Fascia infratemporalis, teils geht er aus den Bündeln der Pars intermedia selbst hervor. Lateral-dorsalwärts verlaufend kreuzt er den M. levator bulbi an dessen dorsaler Flache und strahlt von hinten in die temporale (lateral-caudale) Partie der Nickhaut ein. Nach Kueın (1851, p. 10) soll der Muskel nur bei Bufo ausschlieBlich auf das Lid gehen, bei den anderen Batrachiern daneben auch zur Unterfläche des Bulbus. Bei Rana und Ayla konnte ich dieses Verhalten jedenfalls nicht konstatieren, ebenso tut Gaupr seiner keine Erwähnung; vermntlich handelt es sich um eine Verwechslung mit dem M. rectus inferior. Seine Innervation erfolgt zusammen mit dem M. levator bulbi durch einen Ast des Ram. maxillaris (V,); daneben soll auch noch ein Ast des Ram. ophthalmicus V (V,), der Ramus descendens, unter Anastomose mit den Ästen des Maxillaris sich im Muskel verzweigen. Es handelt sich bei diesen letzteren Ästen wohl sicher um sensible Trigeminusbestandteile. Gaurr (1896—1904, Vol. 2, p. 136) be- zeichnet den Ram. descendens selbst als „merkwürdigen Nerven, der in seiner Bedeutung noch nicht klar ist“ [vgl. auch Gaupp (1896— 1904, Vol. 2, p. 133, 136, 139; Vol. 3, p. 901) und Wyman (1853, p. 29)]. Vielleicht könnte man auch bei den Anuren den M. intermandibularis posterior M. intermandibularis post. DRUNER, FUTAMURA. — M. intermandibularis STANNIUS, OWEN. — M. mylohyoideus STANNIUS, OWEN, WALTER (partim), HumpHry, C. K. HOFFMANN, VAILLANT (partim). — M. mylohyoideus ant. HyRTL, FISCHER, Osawa, Mivart. — M. mylo- 308 ELISABETH Corps, sternoideus ZENKER. — M. submaxillaris KLEIN, GAUPP, ECKER (partim). — Sous-maxillaire Ducks (partim). wie dies Kzeix und WALTER wollen, zur Hautmuskulatur rechnen, da er in seinem aboralen Teil, besonders in der Mitte, d. h. in der Gegend der Raphe, mehr oder weniger innig mit der Haut des Mundbodens und der Kehle verbunden ist. Die Anheftungslinie hier entspricht etwa dem Septum submaxillare zwischen Saccus sub- maxillaris und Saccus pectoralis. Ich glaube aber lieber von seiner Einreihung unter die Haut- muskeln absehen zu sollen, da die Verbindung, soweit ich sie unter- suchen konnte, doch stets nur eine sehr lockere — durch dünne Bindegewebsstränge bewirkte — ist und ein eigentlicher Ansatz der Muskelfasern an der Haut mir nicht zu bestehen scheint. — Auch Ecker (1864, p. 138) läßt die Frage einer Zugehörigkeit des „M. submaxillaris“ zu den Hautmuskeln unentschieden. Eine lockere Verbindung des M. pectoralis mit dem Binde- gewebe auf dem Brustgürtel, wie sie seit FÜRBRINGER (1874, p. 204)’) bei gewissen Anuren bekannt ist, kann meines Erachtens auch nicht unter die Hautmuskeln eingereiht werden; sie verdient nicht ein- mal die Bezeichnung eines Fascienspanners. — Ebensowenig kann man die stellenweise festere Verbindung dieses Muskels mit der Haut der ventral-lateralen Brustwand, wie sie z. B. Ayla zeigt, als Hautmuskelbildung auffassen. Außer diesen mit der Haut immerhin in einem gewissen, wenn auch teilweise nur sehr lockeren Zusammenhang stehenden Muskeln wird nun aber von den verschiedenen Untersuchern noch eine Reihe von Muskelbildungen beschrieben, deren Vorhandensein ich nicht bestätigen kann und deren Existenz auch schon teilweise von anderen Untersuchern in Frage gestellt werden ist. Der von Kzein (1851, p. 9) bei Cystignathus als ein dem Fronto- parietale aufgelagerter Muskel beschriebene „Frontalis“ wurde schon von Gaupp (1896, p. 29) bei den von ihm untersuchten Anuren vermißt; Gaupp bezweifelte daher seine Existenz überhaupt. Auch ich vermißte ihn bei allen untersuchten Tieren. Ebenso verhält es sich mit dem Sterno-cutaneus, der nach 1) Vgl. auch MIvaRT, in: Proc. zool. Soc. ‘London, 1869, p. 264 u. 453 über Menopoma und Menobranchus. Die Hautmuskeln der Amphibien. 309 Krem (1851, p. 8)1) bei Bufo, Rana und Ayla .als starker Haut- muskel in der seitlichen Hals- und Schultergegend liegen soll. Bei Bombinator igneus fand MAURER (1895, p. 251, fig. 9) ventral dem unteren Ende des M. rectus abdominis zarte Muskelziige auf- gelagert, die von der Medianlinie ausgehen und, im Bindegewebe verlaufend, lateral-cranialwärts ausstrahlen. Mir gelang es nicht, dieselben zur Anschauung zu bringen. Ducis (1835, p. 128, No. 57 u. fig. 42, tab. 6) beschreibt beim Frosch einen Coccy-dorso-cutané, und Ecker (1864, p. 139, No. 198) und KLEIN (1851, p. 8) folgen ihm, allerdings mit etwas abweichen- ~ der Darstellung, durch Anführung eines M. coccygeo-cutaneus. Der Muskel ist dann auch von GEGENBAUR (1859, p. 472 n. 1870, p. 706) und STANNIUS (1846, p. 172) übernommen worden und wird auch von KaxrstNnER”) (1893, p. 270) erwähnt. Es gelang mir ebenso- wenig wie seinerzeit Gaupp (1896, p. 28) einen Muskel zu finden, auf den die Beschreibung von Ecker?) oder Ducts‘) oder KLEIN 5) sich anwenden ließe. .Einen von Lerypic (1876, p. 87, ohne nähere Bezeichnung) be- schriebenen Muskel, welcher bei Bufo „an die untere Fläche der die Parotis einschließenden Hautpartie“ ansetzen soll, konnte ich nicht finden. Ebensowenig sah ich ein von WALTER (1887, p. 21, fig. 4, tab. 2) bei Bombinator dargestelltes aborales Bündel des M. mylohyoideus (mylosternoideus), welches zur Haut der lateralen Halsgegend ver- laufen soll. Nach den von Ducës (1834, p. 144—145, fig. 81, 85) bei Kaul- 1) Der Muskel entspringt nach KLEIN „über dem oberen Rand der Portio sternalis des Pectoralis, der hintern Insertion des Geniohyoideus und auswärts in der Rinne über den Schultermuskeln bis zum Sterno- cleido-mastoideus und legt sich, auswärts tretend, an die Haut über der Schulter hinter dem hinteren Rand der Submaxillaris“. 2) Nach KAESTNER geht der M. coccygeo-cutaneus aus dem M. rectus int. hervor, indem sein dorsalwärts über die Cloake hinaus verlängertes Ende den Zusammenhang mit dem ventralen Teil verliert und sich sowohl mit der Cloakenwand verbindet wie mit dem Steißbein. 3) Nach ECKER entspringt er vom hinteren Ende des Steißbeines und geht lateralwärts zur Haut; dabei liegt er, bedeckt vom Piriformis, hinter dem M. coccygeo-iliacus und über den Mastdarmmuskeln, mit denen er, wie es scheint, immer zusammenhängt. 4) „... attaché... au bourrelet latéral du dos.“ Ducs. 5) „von der Spitze des os coccygis zur Haut des Rückens.“ KLEIN. 310 ELisaBETH Corps, quappen beschriebenen Muskeln der Lippen habe ich gleichfalls vergeblich gesucht. Von besonderem Interesse wären die Muskeln der Unterlippe, les adrostro-labiaux, gewesen, da aus ihnen durch Änderung des Faserverlaufs der M. submentalis hervorgehen soll. — Auch Gavupp tut dieser Muskeln nirgends Erwähnung. — BRUNER (1899, p. 414) beschreibt zwar einen Muskel der Oberlippe, M. labialis superior, bei Rana, Bombinator, Hyla, Bufo, Alytes, doch handelt es sich auch hier nur um glatte Muskelfasern. Die von älteren Untersuchern: ZENKER (1825), Ducks (1834), Coran (1847), Krein (1851) und Ecker (1864) sowie von STANNIUS (1846, p. 177, 196, 1856, p. 174), GEGENBAUR (1859, p. 479, 1886, p. 517) und C. K. Horrmann (1873—1878, p. 336—337), vielleicht auch von Owen (1866, Vol. 1, p. 330) gemachten Angaben über Muskeln, welche zur Bewegung (Öffnung und Schließung) der äußeren Nasenöffnungen beim Frosch dienen sollen, sind durch die Unter- suchungen von Gaupr (1896b, p. 25) widerlegt worden, indem er nachwies, daß es sich bei diesen vermeintlichen Muskeln um die in der Umgebung der Nasenlöcher angeordneten Drüsen (Gland. inter- maxillar. med. et lat. sowie Gland. nasalis sup.) und den Thränen- nasengang handelte. — Übrigens waren Zweifel an dem Vorhanden- sein dieser Muskeln schon von VOLKMANN (1838, p. 74) und HEINEMANN (1861, p. 24) geäußert worden. Variabilität und Reihenbildung. Aus allen Befunden geht die große Variabilität der Haut- muskeln bei den Amphibien hervor, welche nicht nur in dem tief- greifenden Unterschied zwischen Anuren und Urodelen sich geltend macht, sondern auch einerseits in dem Vorhandensein oder Fehlen der einzelnen Muskeln nur bei bestimmten, sich sonst nahe stehenden Gattungen sich ausspricht, andererseits aber auch in der individuell äußerst variablen Form des betreffenden Muskels ihren Ausdruck findet. Diese Variabilität ist schon von Gavrr (1896a) für die Haut- muskulatur und von NussBAum für das Muskelsystem der Anuren im allgemeinen betont werden. Der äußerst verschiedene Bau gewisser Muskeln, z. B. des Pectoralis oder Latissimus dorsi — um nur einige Beispiele zu nennen —, erhellt auch aus den Darstellungen von MECKEL (1828), Srannius (1856), Duaiss (1834), M. FÜRBRINGER (1873, 1874), Maurer (1895), RuGE (1917) u. A. Infolge dieser ausgesprochenen Veränderlichkeit lassen sich Die Hautmuskeln der Amphibien. 311 Reihen für die Entwicklungszustände einzelner Muskeln aufstellen, wie dies in den Arbeiten von Perrin (1893) und Nusssaum (1898) geschieht. Ob diese Reihen in irgendeiner Abhängigkeit von der syste- matischen Stellung der den betreffenden Muskel besitzenden Tiere stehen, ist noch nicht sicher auszumachen. Gaurr (1896, p. 347) und Nusspaum (1898, p. 416) deuten etwas Derartiges für Anuren an. Nusspaum (1896, p. 64) möchte aber die Entscheidung über diese Frage lieber aufschieben, „bis man die Entwicklungsgeschichte jeder einzelnen Form kennen gelernt hat“, — schon weil es nach seiner Anschauung „eigentlich keine durchgreifende fortschreitende Entwicklung gibt, da neben den Zeichen der höheren Stufe bei dem- selben Tiere solche Eigentümlichkeiten gefunden werden, die vorher als Characteristica niederer Organisation erkannt werden“ (1898, p. 464); auch kommen „gerade bei der Muskelentwicklung Rück- schläge vor, so daß der komplizierte Bau nicht immer für die höchste Stufe gelten kann“ (1896, p. 418). Ein schönes Beispiel gerade für diesen letzteren Fall bietet der M. cutaneo-cruralis der Anuren. Entstehungs-Ursachen und -Arten. Über die Ursachen, auf welche die Bildung von Hautmuskeln zurückzuführen ist, sind von früheren Untersuchern, soweit sie über- haupt sich mit solchen Betrachtungen abgegeben haben, die ver- schiedensten Meinungen geäußert worden. Gaupp (1896b, p. 28) spricht die Vermutung aus, daß die Aus- bildung der von ihm untersuchten Hautmuskeln bei Rana „in Zusammen- hang mit der Entwicklung und dem Verhalten der subcutanen Lymph- räume stehe.“ ... — „Außer der Beförderung des Lymphstromes, die ihre Contractionen bedingen werden (NUSSBAUM), wird auch ins Auge zu fassen sein der zusammenfassende Einfluß ihrer Contractionen auf die Haut, der auch an sich von Bedeutung für die Bewegungen werden kann“ (1896—1904, Vol. 1, p. 452). „Daß sie aber überhaupt mit der losen Befestigung der Haut und der Entwicklung der subeutanen Lymphsäcke in Zusammenhang stehen, ist zweifellos.“ Auch WIEDERSHEIM (1883, p. 81) scheint nahe Beziehungen der subeutanen Muskulatur der Tetrodonten zu den „großen subcutanen Hohl- (Lymph-?) Räumen und dem vorderen Luftsack“ anzunehmen, wobei er betont, daß die Haut an den meisten Körperstellen mit der darunter- liegenden Hautmuskulatur „nur locker durch spärliche fibröse Fäden“ ver- bunden ist. LusoscH (1917) stellte gewisse Beziehnngen zwischen der Anordnung 312 ELisABETH Corps, der Hautmuskeln am Kopfe von Tetrodonten und dem Verlauf der Schleim- kanäle fest. | C. K. HOFFMANN (1873—1878, p. 119) bringt den Ursprung des: vorderen Teiles des M. pectoralis von dem lockeren Bindegewebe auf dem Coracoid in Zusammenhang mit der Verkümmerung, welche das Sternum bei Proteus und Menobranchus erleidet. NussBAUM (1898, p. 416) geht von der Forsten aus, daß bei Rana sich Hautmuskeln an Brust, Rücken und Oberschenkel finden, während den tiefer stehenden Basen nur solche am Oberschenkel zu- kommen. Den Urodelen fehlen mit den Lymphdrüsen der Haut auch die Hautmuskeln. Von dem System der Hautlymphsäcke zeigen sich bei Bombinator, Bufo ?) und Pelobates nur die Schenkellymphsäcke in guter Aus- bildung, weshalb wohl anzunehmen ist, „daß die Hautmuskeln in Be- ziehung zu den Hautlymphsäcken stehen“. Ihre Kontraktionen werden eine Beförderung des Lymphstromes zur nes haben, „wie das vom Pla- tysma myoides des Menschen bekannt ist.“... „Sie werden erst dann von schon vorhandenen Muskeln abgespalten, wenn die Entleerung der Lymphe durch Vorhandensein großer Säcke unter der Haut dies erfordert.“ Über die Ausbildung des M. cutaneus dorsi sagt er: „vielleicht könnte man die Sache verständiger finden, menn man die Variation jedesmal in der Richtung des geringsten Widerstandes erfolgt dächte“ (1896, p. 443). Nach RUGE (1886, p. 249) ist der vornehmste Faktor für die Bildung neuer Muskein (aus dem Platysma) darin zu sehen, „daß Muskeln durch - Aberration ihrer Bündel mit neuen Teilen in Beziehungen treten“, worauf gesteigerte Leistungsfähigkeit die morphologische Selbständigkeit fördert. — Das Auftreten von Dermalmuskulatur bei niedereu Säugern (Echidna, Ornithorhynchus) bringt er (1895, p. 87) in Beziehung zum Auftreten integumentaler Hartgebilde, z. B. der Haare und Stacheln, sowie zur Ent- faltung des Mammar- und Marsupialapparats. Auch WEBER (1904, p. 36) spricht von den Hautmuskeln als „einem Erwerb der Säuger, der vielleicht korrelativ mit dem Haarkleid sich ent- wickelte“. E1SsLER (1903) hat uns an dem Beispiel des M. sternalis die genaue Bildungsgeschichte eines, allerdings atypischen, subcutanen Muskels kennen gelehrt. Er führt seine Entstehung auf mechanische Faktoren (Raum- beschränkung und Verdrängung von dem normalerweise zur Anheftung dienenden Platze) zurück, welche, verbunden mit der dem Muskel inne- wohnenden eigenen Wachstumstendenz, zu einer atypischen Ausgestaltung eines Teiles der Pectoralmuskulatur führen. HUBER (1018, p. 3) sieht, wıe RuGE, die Hauptursache der voll- kommenen Trennung der oberflächlichen von der tiefen Facialismuskulatur der Säuger in der „hochgradigen functionellen Verschiedenheit der sub- cutanen Gesichtsmuskulatur und der tiefen Skeletmuskulatur“. Man erkennt aus dieser Zusammenstellung, daß die Untersucher der Frage nach der Herkunft der Hautmuskulatur die verschieden- 1) Stimmt, für Bufo mindestens, nicht ganz. Die Hautmuskeln der Amphibien. 313 artigsten kausalen Momente fiir die Entwicklung derselben in Be- tracht gezogen haben: Mit voller Berechtigung, wie ich glaube, denn es ist mir wenig wahrscheinlich, daß fiir alle die verschiedenen Lokalitäten und Formen, die bei der Ausbildung der Hautmuskulatur zu beobachten sind, stets dieselben Faktoren wirksam gewesen sein sollten, die eine Abspaltung von Muskelmaterial bewirkten: Daß wir die Haut- muskeln als Produkte solcher Abspaltungen zu betrachten haben, wurde schon hervorgehoben. Durch zahlreiche Untersuchungen — in erster Linie von Für- BRINGER und EISLER — wissen wir, daß die aus embryonalen Muskel- bildungszellen hervorgehenden Muskelfasern die nächste Gelegenheit zur Anheftung benutzen. Daher sind bei besonders reichlicher Menge von Muskelbildungsmaterial nicht selten die oberflächlicher gelagerten Fasern durch die tiefen, welche die vorhandenen Skeletanheftungen für sich in Beschlag nehmen, ganz einfach zur Suche nach einem neuen Anheftungsplatz gezwungen. So erklärt sich auch das Ver- schwinden der ursprünglichen, segmentalen Anordnung der Rumpf- muskulatur in den oberflächlichen Schichten, während die tieferen die primitive Anordnung zum großen Teil bewahren können. „Der wandernde Muskel ist omniserent“ sagt FÜRBRINGER, und so nimmt er seine Befestigung an dem nächsten in seinen Bereich geratenen, dafür geeigneten Objekt, zunächst also wohl meist an dem lockeren Bindegewebe, welches unter seinem Einfluß eventuell zur festen Aponeurose oder Sehne wird. So kann auch weiterhin die Unter- fläche der Haut, resp. die Subcutis zum Ansatzpunkt von Muskeln werden. Um dies letztere zu ermöglichen, muß allerdings in den Gebieten, deren Bedeckung Hautmuskeln zum Ansatz dient, die Ausbildung einer Fascie unterbleiben, bzw. müßten die Muskeln sie durchbrechen. Wenn dies nicht der Fall ist, werden die von ihrem Mutterboden sich loslösenden Gebilde zu Fascienspannern. Vielleicht beruht das relativ seltene Vorkommen von Hautmuskeln an den Extremitäten der Säuger und des Menschen nicht zum wenigsten auf der bekannten Ausbidung einer kräftigen allgemeinen Gliedmaßenfascie. !) 1) Dabei rechne ich die engen Beziehungen, welche die Gliedmaßen- muskulatur in ihren sehnigen Bestandteilen mit der Fascie häufig eingeht, nicht hierher, kann somit auch den Standpunkt v. BARDELEBEN’s (Lehr- buch der systematischen Anatomie des Menschen, 1906, p. 320) nicht 314 ErisaBertu Corps, GEGENBAUR (1859, p. 472) vertritt nun die Auffassung, daß „Hautmuskulatur nur da bestehen könne, wo das Integument locker mit den.darunter liegenden Teilen verbunden und so dadurch eine Verschiebung derselben !) möglich“ sei. Auch WıEDErsHEIM (1887, p. 81) und Gauppr (1896—1904, Vol. 1, p. 452) legen ganz augen- scheinlich besonderes Gewicht auf diesen Umstand; und es ist wohl sicher, daß ein gewisses Maß von Bewegungsmöglichkeit die Ent- wicklung einer Hautmuskulatur begünstigt. Daneben aber lehren uns die Verhältnisse, bei den Schildkröten z. B, daß auch unter ganz entgegengesetzten Umständen oberflächliche Muskeln ihre Skeletanhaftung zugunsten einer Verbindung mit dem Integument resp. seinen Abkömmlingen aufgeben können. Ganz offensichtlich tritt aber auch eine Verbindung eines Muskels mit der Haut, resp. der Subcutis, weit leichter gerade im Bereich seiner bindegewebigen Bestandteile ein, d. h. im Bereich seiner End- und Zwischensehnen. Dies zeigen uns innerhalb des hier zu unter- suchenden Gebietes die Mm. intermandibularis und cutaneo-cruralis, welche besonders gern und fest im Bereich ihrer Zwischensehnen (Inscriptionen) sich an der darüber hinziehenden Haut befestigen. Unverkennbar ist dies aber auch bei der gesamten, noch durch Myosepten in einzelne Segmente geteilten, ventralen und lateralen — in geringerem Grade auch der dorsalen — Rumpfmuskulatur der Urodelen der Fall, wie man leicht durch Abpräparieren der Haut bei einem Salamander oder Triton konstatieren kann. ?) Auch die Platysma-Gruppe, welche wir bei den Säugern als Hautmuskel par excellence zu betrachten gewöhnt sind, tritt, wie uns vor allem die Untersuchungen RuGË’s (1886, 1887, 1897) lehren, zuerst in der Form des Sphincter colli mit Ursprung von den Wirbel- dornen bzw. von der (dorsalen) Nackenfascie bei Monotremen in Er- scheinung, um dann weiterhin mit ihrem aponeurotischen dorsalen teilen, welcher der Ansicht ist, „daß der größte Teil der Muskeln, die der Gliedmaßen fast alle, außer am Skelet, in Faszien enden (Faszien- Spanner)“. 1) Soll wohl „desselben“ heißen. 2) Etwas Ahnliches zeigt übrigens auch der M. rectus abdominis, welcher, wie besonders aus der Anatomie des Menschen bekannt ist, an den Stellen seiner Inscription fest mit der darüber gelegenen ventralen Scheide verwachsen ist. Daß diese Verwachsung an der dorsalen Fläche in geringerem Grade zu beobachten ist, liegt vielleicht daran, daß hier auch die Inscriptionen öfter verwischt erscheinen. Die Hautmuskeln der Amphibien. 315 Ende auf das Integument iiberzuwandern. — Den gleichen Vorgang können wir, wie oben (s. S. 291) dargestellt, bei den Mm. levatores arcuum branch. der Urodelen beobachten. Dieses Verhalten ist begreiflich, wenn man erwägt, daß eine Ver- bindung des Muskels mit der Haut (oder anderen Organen) im Be- reich seiner muskulösen Strecke ja auch nur durch das den Muskel umgebende und sich zwischen die Muskelfasern einschiebende Binde- Ram. descendens communis ischiadicus -- - Ramus profundus anterior_ - _ Ast für den Semitendinosus.__ (Cap. ventr.) Ast für d. Adductor magnus. __ (Cap. ventr.) --Ram. profundus posterior Ast für den Semi- ‚- tendinosus (Cap. dors.) Ast für den Gracilis major Ast für d. Sartorius --- va JE Ast für den Semimembranosus -- ---Ast für den Cutaneo- eruralis (Pars sup.) -.. Ast für den Cutaneo- M. gracilis major Be CZ / ——— cruralis (Pars inf.) Fig. M. Rana esculenta. Astfolge des Ram. descendens communis ischiadicus. gewebe (Perimysium externum und internum) zustande kommen und somit niemals eine sehr feste sein kann. Auch wird in diesem Falle die Kontraktion des Muskels — eben wegen der minderen Festigkeit der Verbindung — nur von geringerem Einfluß auf die darüber gelegene Haut sein. Das sehnige Ende der Muskelfasern aber, wie es sich außer an den Muskelenden auch in den Inscrip- tionen findet, ist imstande, fest und in der „natürlichen“, möchte ich sagen, d.h. in der auch an den ursprünglichen Ansatzstellen üblichen Weise, sich mit Teilen der Umgebung zu verbinden. Ich bin daher, im Gegensatz zu der oben zitierten Auslassung GEGENBAUR’S, der Ansicht, daß gerade eine festere Verbindung der Haut mit den darunter liegenden Teilen, wie sie sich nur an den sehnigen Bestandteilen eines Muskels bilden kann, die Entstehung von Hautmuskeln begünstigt. Die mehr: oder minder ausgesprochene Selbständigkeit gegenüber Zoo]. Jahrb. 42. Abt. f. Anat. 22 316 ELisABETH Corps, ihrem Muttermuskel hängt wieder von anderen Faktoren ab.) In erster Linie kommt hier eine Anderung der Faserrichtung in Frage, worauf besonders von RugE hingewiesen worden ist. Diese kann einmal durch das sie gegen die Unterlage verschiebende selbständige Wachstum der Haut zustande kommen, ein andermal aber durch die Lageveränderung anderer, dem Muskel benachbarter Teile. Des weiteren kommt es darauf an, in welchem Maße sich Bindegewebe, Gefäße oder andere Organe sehen die beiden Muskelschichten lagern, um eine mehr oder weniger große Unabhängigkeit beider voneinander zum Ausdruck zu bringen. Dabei kann der Muskel die Beziehungen zu seinem Mutterboden bis auf die unveränderliche Innervation nach und nach so vollständig einbüßen, daß, wie schon eingangs erwähnt, in manchen Fällen nur diese noch die Möglich- keit bietet, die Herkunft des Muskels festzustellen. | Wenn es so einerseits auch möglich ist, den Muskel von einem bestimmten anderen Muskel abzuleiten, so müssen wir andererseits. zugeben, daß wir uns noch völlig im Dunkeln darüber befinden, welche treibenden Faktoren es letzten Endes sind, die im einzelnen Falle zur Abspaltung von Hautmuskeln geführt haben. Allerdings wissen wir ebensowenig etwas von den gestaltenden Kräften, welche beim Ausbau des Muskelsystems überhaupt tätig sind, und es ist wenig aussichtsreich, nach solchen zu suchen (s. E1suEr, 1920, p. 13). Wenn wir die obwaltenden Verhältnisse überschauen, so scheint nur soviel daraus hervorzugehen, daß Raumbeschränkung, vornehm- lich im Ursprungs- und Ansatzgebiet, zusammen mit der Entwick- lung eines reichen Muskelbildungsmaterials, die Grundbedingung für eine Abspaltungoberflächlicher Muskelschichtenabgeben. Begünstigend für eine weitere Entfaltung scheinen das Auftreten von Hautgebilden im Integument und das Eindringen von Lymphsäcken zwischen die ‚Muskeln zu sein; eine auf Grundlage des geänderten Faserverlaufes geänderte Funktion wird ein übriges für die noch schärfere Differen- zierung der neuen gegenüber der alten Muskulatur tun. Der Nuss- BAuM'sche Erklärungsversuch (1896, p. 433), daß man sich die Varia- tion in der Richtung des geringsten Widerstandes erfolgt zu denken hätte, erklärt uns zwar, warum wir die betreffende Bildung eher an 2) Ich kann daher LuBoscH (1917, p. 289) nicht zustimmen, welcher „in der völligen Selbständigkeit und Trennung der cutanen von der tiefen Muskulatur“ (bei Tetrodonten) ein Hindernis für die Auffassung derselben als oberflächlich gewordener Teile der tiefen Muskulatur sieht. Die Hautmuskeln der Amphibien. 317 dieser als an einer anderen Stelle finden, nicht aber das Zustande- kommen der Aberration überhaupt. Außerdem kann man wohl an- nehmen, daß sich, bis zu einem gewissen Grade wenigstens, auch die normalen Muskeln nach dem gleichen Prinzip entwickeln. Auch erscheint es mir einigermaßen willkürlich, den für Rana typischen M. cutaneus abdominis, wie es Nusspavum hier tut, als Variation zu bezeichnen. Differentes Verhalten von Urodelen und Anuren. Eine weitere Frage ist es, worauf der bekannte große Unter- schied zwischen Urodelen und Anuren beruhen mag, und zwar hängt sie aufs engste zusammen mit der Frage nach den Ursachen, die zur Bildung von Hautmuskeln überhaupt führen. Ein klar zutage liegender Grund für die Bevorzugung der Anuren ist nicht ohne weiteres einzusehen. Gavupr’s und NUSSBAUM’S Erklärungen, welche den Einfluß der ausgedehnten subcutanen Lymphräume dafür verantwortlich machen, können, wie mir scheint, allein nicht ausreichen, um die weit geringere Ausbildung bei den Urodelen zu erklären, da wir doch auch bei anderen Tieren ohne . diese Lymphräume einer Hautmuskulatur begegnen, z. B. bei Rep- tilien, Säugern, in erster Linie aber bei Vögeln. Da scheint nun — und zwar ganz besonders mit Rücksicht auf die große Ausdehnung, in welcher Hautmuskeln bei den Vögeln auftreten — daneben noch das Vorhandensein von mehr oder weniger festen Einlagerungen in die Haut ein begünstigendes Moment vorzustellen, wie dies für die Säuger schon von früheren Untersuchern angedeutet worden ist. Solche Einlagerungen sind einerseits die Schuppen oder sonstigen Hartgebilde der Haut bei Reptilien !), andererseits die Federn bei Vögeln. Auch bei Säugern ist diese Beziehung noch häufig genug 1) Bei den Cheloniern wird die Sache insofern kompliziert, als hier durch die Entwicklung des Dermalskelets und die damit Hand in Hand gehende Verkümmerung des Endoskelets manche oberflächlich gelegenen Muskeln Beziehungen zu den Elementen des Hautskelets eingehen, ohne daß man doch von einer „Hautmuskulatur“ nach den gewohnten Begriffen sprechen kann. Auf einem solchen Unterschied in der Auffassung beruht es wohl auch, wenn STANNIUS (1846, p. 172) bei Schildkröten am Rumpf „keine Spur solcher Muskeln“ feststellte, während nach FÜRBRINGER sich zahlreiche Aberrationen zum Plastron und Carapax, zur Hals- und Achsel- fascie finden (s. FÜRBRINGER, 1874, p. 244, 245, 252, 265, 268). 22* 318 ELISABETH Corps, recht deutlich zu erkennen. So steht der reich entwickelte Panni- culus carnosus (Rumpfhautmuskel) bei gewissen Säugern, z. B. Echidna, Hystrix und Erinaceus, unzweifelhaft in einer gewissen, schon von Rue (1895) angedeuteten Beziehung zu dem mächtig entwickelten Stachelkleide dieser Formen.!) Von Mivarr!) (1866) werden An- heftungen der Hautmuskulatur an die Stacheln von Echidna ange- geben, wie auch der Ansatz von Muskelbündelchen an die Bälge der Sinneshaare von Carnivoren durch Untersuchungen von DIETL ?) (1871) und Bonner’) (1878) bekannt geworden ist. HELM?) (1884) hat Beziehungen zu den Federfluren der Vögel festgestellt, und D’Auton ?) (1834) und Burra ?) (1904, 1905) schildern eingehend die Verbindung zahlreicher, wohl differenzierter Hautmuskelchen mit den Schuppen der Schlangen. Für die immer reichere Entfaltung und Gliederung der Gesichts- muskulatur kann allerdings dieser Faktor nicht als der wirksamste betrachtet werden. Aber hier treten die Hautmuskeln auch zunächst, wie uns die Arbeiten von RuGEe (1886, 1887, 1895, 1897) und HUBER (1918) gezeigt haben, als Spincteren am Halse und um die Öffnungen des Gesichtes (Mund, Nase, Auge) auf. — Die „steigende Intelligenz“ °), welche wohl auch in Zusammenhang mit der progredienten Ent- faltung der Facialismuskulatur gebracht worden ist, dürfte nur in sehr indirekter Weise daran beteiligt sein. Bei den Amphibien kommt eine mimische Muskulatur nur spuren- 1) Eine Ausnahme scheinen hierbei die Cetaceen zu bilden, bei denen sich, wie die Angaben von STANNIUS (1846, p. 276) und Lucak (1873 bis 1876, p. 103—107) lehren, trotz des fast völligen Mangels integumen- taler Hartgebilde eine sehr entwickelte Hautmuskelschicht findet. Man kann hier bei der Glätte der Haut die besonders mächtige Ausbildung der Hautmuskulatur wohl nur im Zusammenhang mit der ungewöhnlich kräftigen Entfaltung aller Hautbestandteile erklären. 2) Mivart, ST. G., On some points in the anatomy of Echidna, in: Trans. Linn. Soc. London, Vol. 25, 1866. — Bonnet, R., Studien über die Innervation der Haarbälge der Haustiere, in: Morphol. Jahrb., Vol. 4, 1878. — DIETL, Untersuchungen über die Tasthaare, in: SB. Akad. Wiss. Wien, Vol. 64, 1871. — Heim, F. A., Über die Hautmuskeln der Vögel, ihre Beziehungen zu den Federfluren und ihre Functionen, in: Journ. Ornithol, 1884. — D'ALTON, Beschreibung des Muskelsystems eines Python bivittatus, in: Arch. Anat. Physiol., Jg. 1834. — Burra, P., Ricerche sulla muscolatura dei Serpenti, in: Atti Acad. sc. Veneto- Trentino-Istriana, Cl. 1, Vol. 1, 1904. — Ders., La sviluppo della musco- latura cutanea, ibid., Vol. 2, 1905. 3) WIEDERSHEIM, Grundriß, 1893, p. 208. Die Hautmuskeln der Amphibien. 319 weise zur Ausbildung, wenn man nämlich die hier und da sich an- bahnende Ausbreitung des Sphincter colli (RuGe’s C, dv) nach vorn über den Unterkiefer in diesem Sinne auffassen will, wobei es aber, trotz subeutaner Lage der fraglichen Muskulatur, nicht zur Aus- bildung von eigentlichen Hautmuskeln kommt. Im Rumpfgebiet zeichnen sich nun die Amphibien durch den Mangel von festen Einlagerungen in die Körperbedeckungen aus, die Urodelen daneben auch durch das Fehlen von Lymphräumen im subeutanen Gewebe. Wie sich die integumentalen Knocheneinlage- rungen von Formen wie Ceratophrys und Brachycephalus, sowie die Schuppen der Gymnophionen in dieser Beziehung verhalten, ist bis- her nicht untersucht worden. Die Möglichkeit, daß sich hier, wie bei den Schlangen, im Anschluß an die Schuppen eine im Dienste der Locomotion stehende Hautmuskulatur entwickelt, scheint aller- dings angesichts der sehr versteckten Lage der Schuppen nur gering. So sind, wie mir scheint, bei den Urodelen im allgemeinen durch den Mangel an Hartgebilden einer-, an Lymphräumen andrerseits Bedingungen geschaffen, welche eine Entwicklung von Hautmuskeln als Abspaltungen von Skeletmuskeln hintanhalten, wenn sie auch nicht imstande sind, sie ganz zu unterdrücken. Dazu kommt viel- leicht noch der Umstand, daß im Zusammenhang mit der trägen, wenig lebhafte Bewegungen erfordernden Lebensweise der geschwänzten Amphibien eine reichlichere Anlage von Muskelbildungsmaterial unterbleibt und damit auch das Material für ein Überwandern und sich Ausbreiten von oberflächlichen Muskelschichten fehlt. In gewissen Fällen wird auch das Schwinden von Skeletteilen, welche bis dahin als Ansatzpunkte dienten, ein Überwandern von Muskelfasern zunächst an das Bindegewebe und weiterhin eventuell bis zur Haut veranlassen. So ist der schon früher bekannt ge- wordene Ursprung von Pectoralisfasern vom Bindegewebe !) (bzw. von den Muskeln der Gegenseite) bei gewissen Urodelen wohl auf das fehlende oder stark reduzierte Sternum der betreffenden Formen, das nicht mehr genügenden Platz zum Ansatz der Muskelfasern bietet, zurückzuführen, wie dies von C. K. Horrmann (1873—1878, p. 119) ausgesprochen worden ist (s. S. 291). Auch die Uber- schwemmung (wenn ich so sagen darf!) der Hals- und Kopfregion durch die Muskulatur des Hyalbogens in Form des Sphincter colli 1) Der in gewissen Fällen bei Urodelen zu beobachtende Ursprung von Pectoralisfasern vom lockeren Bindegewebe (s. oben) ist jedenfalls in keine nähere Beziehung zum M. pectoralis cutaneus der Anuren zu bringen. 320 Eusagern Corps, et capitis, wie sie besonders die höheren Vertebraten zeigen, hängt wohl zum Teil mit dem relativen Kleinerwerden des Hyoidskelets zusammen. Homologien. Von denim Vorhergehenden genauer beschriebenen Muskeln sind die Mm. cutaneus pectoris und cutan. abdominis *), soweit die bisherigen Untersuchungen erkennen lassen, specifisch für gewisse Anurenarten; der M. quadrato-pectoralis (als selbständiger Muskel) scheint da- gegen nur einigen Urodelen zuzukommen. Während somit hier die Befestigung der ventralen Constrictoren des Halses?) an der Haut bei Urodelen weiter fortgeschritten ist, findet sich der M. cutaneo- cruralis in typischer Ausbildung und allgemeiner Verbreitung nur bei Anuren, wenngleich er auch bei Urodelen nicht ohne Vorläufer ist (Triton viridescens). Falls sich der von C. K. Horrmann angeführte Ansatz des M. costo-abdominalis an das lockere Bindegewebe des Rückens noch irgendwo bei Urodelen finden sollte, wäre auch diese Bildung als eine Vorstufe des Verhaltens bei den Anuren (M. obliq. cutaneus) aufzufassen. | Beziehungen zu den Hautmuskeln anderer Wirbeltierklassen sind in den meisten Fallen nicht oder nur unsicher nachweisbar, woran allerdings auch unsere geringe Kenntnis mit schuld sein dürfte. Doch möchte ich nicht so weit gehen wie WEBER (1904, p. 36), nach welchem „von niederen Formen nichts hierher [d. h. zu den Hautmuskeln] gehöriges bekannt ist“. Eine Bearbeitung der Verhältnisse bei den Fischen mit ihrer ja vielfach sehr reichen Entwicklung fester Hauteinlagerungen harrt allerdings noch der Erledigung. Soweit ich die Literatur übersehe, liegen nur die Angaben von WIEDERSHEIM (1887) und LuBoscx (1917) über die Hautmuskulatur bei Tetrodonten sowie die Darstellungen der Spritzloch- und Lidmuskulatur bei gewissen Selachieren (Scyl- 1) Den von C. K. HOFFMANN (1873—1878, p. 103—104) erwähnten teilweisen Ansatz des M. costo-abdominalis (obliquus ext.), bei Urodelen dorsal am lockeren Bindegewebe konnte ich nicht bestätigen (s. auch S. 9). | 2) Rue (1897, p. 287) tritt allerdings einer Benennung der Ab- kömmlinge des Constrictors des Hyoidbogens als ,Constr. colli* bei den „balslosen Amphibien“ entgegen, doch scheint mir eine andere Bezeichnung für den Körperabschnitt zwischen Hinterende der Mandibula und Schulter auch nicht passender. Die Hautmuskeln der Amphibien. 321 liorhiniden und Carchariiden) von Jon. MürLter !) (1839, 1845), STAN- NIUS (1854, p. 174), Verrer (1874, 1878), Tıesıng (1895), RiDdewooD (1899), Harman (1900), Lurner (1909) und anderen vor. Alle diese Arbeiten aber beschäftigen sich ausschließlich mit dem Kopfgebiet, so daß wir über das etwaige Vorkommen von Hautmuskeln an anderen Körperstellen noch ganz in Unkenntnis sind. Es müssen daher auch Versuche, Beziehungen der Hautmuskeln der Amphibien zu denen der Fische nachzuweisen, vor der Hand unterbleiben, mit Ausnahme etwa der Lidmuskulatur; und nur wenig besser steht es hinsichtlich ~ unserer Kenntnisse über die Vergleichbarkeit mit den Zuständen bei Reptilien, Vögeln und Säugern. Daß der M. quadrato-pectoralis gewisser Urodelen dem Sub- cutaneus colli et capitis der Reptilien und Säuger wenigstens partiell homolog ist, scheint nach den Untersuchungen Rugr’s (1897, p. 316), welcher ihn als Verschmelzungsprodukt der dorsalen und ventralen Constrietoranteile des Hyoidbogens betrachtet, sehr wahrscheinlich.?) Dagegen ist der M. depressor palpebrae ons (+ M. levator bulbi) — falls man ihn den Hautmuskeln zurechnen will — mit ziemlicher Bestimmtheit einerseits an die (Spritzloch- und) Lidmus- kulatur der Selachier, andrerseits an die ihm gleichbenannten Muskeln der Reptilien und Vögel anzuschließen, d. h. es haben sich bei allen 3 Klassen (Fischen, Amphibien, Sauropsiden) von demselben Mutter- boden aus Muskeln zu gleicher funktioneller Betätigung entwickelt, ohne daß jedoch die einzelnen Muskeln aneinander geradezu homolog sind, was schon durch ihre sehr wechselnde Zahl und Anordnung ansgeschlossen ist.?) Dabei sind die Beziehungen zwischen den be- +214) MÜLLER, JOH., Über den glatten Hai des Aristoteles, in: Monatsber. Akad. Wiss., Berlin 1839. — Ders., Vergl. Anatomie der Myxinoiden, Schlußteil, ibid., 1845. — VETTER, B., Untersuchungen zur vergl. Anatomie der Kiemen- a Kiefermuskulatur der Fische, in: Jena. Ztschr. Naturw., Vol. 8, 1874 u. Vol. 12, 1878. — TresiNG, B., Zur Kenntnis der Augen-, Kieinen: und Rieferpiuskulatae der Haie und Rochen, ibid., Vol. 30, 1895. — Rinewoop, W. G., On the eyelid-muscles of the Carökariidke and Scyllium. in: Journ. Anat. Physiol., Vol. 33, 1899. — Harman, N. B,, The palpebral and oculomotor-Apparatus in Fishes, ibid., Vol. 34, 1900. — LUTHER, A., Untersuchungen über die vom N. trigeminus innervierte Muskulatur der Selachier, in: Acta Soc. Se. Fennicae, Vol::36, 1909. : 2) Drüner (1903, p. 566) scheint allerdings eine komplete Homo- logie anzunehmen. 4. 3) Wie ich in einer früheren Arbeit (Zur Morphologie des Gaumen- segels, in: Anat. Anz., Vol. 37, 1910) auseinandergesetzt habe, möchte 322 ELIsABETH Corps, treffenden Muskeln bei Amphibien und Reptilien engere als die beider zu denen der Selachier.!) Daß die Lidmuskulatur der Säuger auf ganz andrer Grundlage entsteht, nämlich aus dem Subcutaneus capitis (Facialisgebiet) und aus den Augenmuskeln (Oculomotorius- gebiet), braucht nicht weiter hervorgehoben zu werden. Im großen und ganzen muß ich Rucz (1895, p. 75) zustimmen, wenn er sagt, daß „eine eigentliche Vorbereitung der Entfaltung für Säugetierzustände bisher nicht wahrgenommen“ ist. Es ist dies auch nicht weiter überraschend, da ja schon die Hautmuskeln innerhalb der-einzelnen Klassen des Wirbeltier- stammes eine ungemein weitgehende Verschiedenheit zeigen. Sie erweisen sich dadurch sowohl als durch ihre relativ späte Entwick- lung als Bildungen, weiche stark von den jeweiligen Entstehungs- und Existenz-Bedingungen, denen sie ihr Dasein verdanken, beeinflußt werden. Resultate. Bei Betrachtung der Hautmuskeln der Amphibien ist das Auf- fallendste ihre große Variabilität: 1. beim Individuum, 2. bei der Art, 3. bei der Gattung. Es konnten folgende Hautmuskeln nachgewiesen werden: bei Urodelen die Mm. quadrato-pectoralis und cutaneo-cruralis; bei Anuren die Mm. cutaneus pectoris, cutaneus abdominis, cutaneo- cruralis. Außerdem kann man unter gewissem Vorbehalt auch noch den M. depressor palp. inf. der Urodelen und Anuren sowie den M. intermandibularis post. der Anuren hierherrechnen. Der Abstand zwischen Anuren und Urodelen ist zwar auch im Verhalten der Hautmuskulatur deutlich ausgesprochen, andererseits sind aber doch die wohlausgeprägten Hautmuskeln der Anuren nicht ohne Vorläufer bei den Urodelen. Anschlüsse der Amphibienzustände an die bei Reptilien und Säugern sind nur in bezug auf den M. quadrato-pectoralis (Sphincter colli) anzunehmen; der M. depressor palpebrae inf. der Amphibien dagegen entstammt dem gleichen Mutterboden wie der gleichnamige Muskel der Reptilien und wie die Lidmuskulatur der Selachier. ich auch den M. levator veli palatini der Säuger von derselben Muskel- gruppe ableiten; selbstverständlich hat er in dieser Form nichts mit der Hautmuskulatur zu tun. 1) Näher auf diesen Punkt einzugehen ist hier nicht der Ort; ich behalte mir dies für eine spätere Gelegenheit vor. Die Hautmuskeln der Amphibien. — 323 Es gibt sicher mehrere die Ausbildung von Hautmuskeln be- günstigende Momente: subcutane Lymphräume (Anuren), Auftreten von Hartgebilden im Integument (Reptilien, Vögel, Säuger), Schwund ursprünglich den Muskeln zum Ansatz dienender Skeletteile (Sternum gewisser Urodelen, Hyoid höherer Vertebraten). Die Grundbedingung für die erste Entstehung von Hautmuskeln dürfte in den meisten Fällen sein: Platzmangel, verbunden mit dem Vorhandensein von reichlichem Muskelbildungsmaterial. Die Verbindung der sich ablösenden Muskelfasern mit der Haut tritt im Bereich der bindegewebigen Bestandteile des Muskels ein. Darum dürfte auch gerade eine festere Verbindung der Haut mit den unterliegenden Teilen, wie sie sich an den sehnigen Teilen eines Muskels bildet, der Ort sein, wo ein Übergreifen von Muskelfaser- enden auf die Cutis resp. Subeutis besonders leicht stattfindet. Würzburg, den 16. Oktober 1918. 324 ELISABETH Corps Literaturverzeichnis. Die mit einem * bezeichneten Arbeiten waren mir nicht im Original zugänglich. Bruner, H. L., Ein neuer Muskelapparat zum Schließen und Öffnen der Nasenlöcher bei den Salamandriden, in: Anat. Anz., Vol. 12, 1896. —, Description of new facial muscles in Anura with new observations on the nasal muscles of Salamandridae, ibid., Vol. 15, 1899. 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Cytologische Untersuchung der Gametenbildung und Befruchtung von Adelea ovata (A. SCHNEIDER), Von Johanna Greiner. Mit Tafel 16—17 und 7 Abbildungen im Text. Inhalt. Einleitung. I. Untersuchungsmethode. 1. Züchtung und Infektion der Lithobien. 2. Fixierung und Färbung. I. Kurzer Überblick über den Entwicklungskreis von Adelea ovata. III. Cytologische Untersuchung. 1. Junge und heranwachsende Macrogameten. 2. Zeit und Ort der Anheftung und der Teilungen des Micro- : gametocyten. 3. Microgametenbildung. a) Einkernige Microgametocyten. b) Erste Teilung. c) Zweikernige Microgametocyten. d) Zweite Teilung. e) Chromosomenbildung in den vier Kernen. f) Ausbildung der vier Microgameten. 4, Befruchtung. 5. Cytologische Veränderungen am Syncaryon nach der Be- fruchtung. IV. Besprechung der Ergebnisse iiber Teilung und Reifung. 1. Der Modus der Teilung. 2. Das Problem der Reifung. 328 JOHANNA GREINER, Einleitung. Der Entwicklungskreis von Adelea ovata, einem der 4 Coccidien aus dem Darm von Zäthobius forficatus (Adelea ovata, Barrouxia schneideri, Eimeria lacazei, Eimeria schubergi) wurde schon von ver- schiedenen Forschern bearbeitet. A. ScHnEIDER entdeckte diese Form 1875 und hielt sie für eine Gregarine. Die folgenden Be- arbeiter reihten Adelea ovata den Coccidien ein, nachdem sie deren Entwicklung festgestellt hatten (Bürscazr, 1881 ; SCHAUDINN-SIEDLECKI, 1897; SIEDLECKI, 1899; Dogezxz, 1907; JozLos, 1909; DEBAISIEUK, 1911; SCHELLACK u. REICHENOW, 1910—1912). Im Anfang der Forschungen stellten sich Fehler ein, day nur 3 Lithobius-Coccidien gefunden waren und der Cyclus des vierten unbewußt in den der 3 bekannten Formen hineingedeutet wurde. Seit den Untersuchungen von SCHELLACK U. REICHENOW (1910—1913) ist Barrouxia schneideri als viertes Lithobius-Coccid entdeckt und ihre Entwicklung eindeutig klargestellt (1913). Die Absicht von SCHELLACK U. REICHENOW, die Nachuntersuchung der Entwicklung der bisher bekannten Lithobius-Coccidien in einer ähnlichen Arbeit wie der über Barrouxia schneideri herauszugeben, wurde durch den Krieg verhindert. So liegen über Adelea ovata und Eimeria lacazet nur kurze Mitteilungen mit wenigen Abbildungen von ihnen vor. | Bei den Fortschritten der cytologischen Forschung bei Protozoen nun schien es wünschenswert, nachdem ich das Vorkommen von 4 Lithobius-Coccidien und den von SCHELLACK U. REICHENOW ge- gebenen Entwicklungskreis von Adelea ovata bestätigen kann,, auch die Entwicklung dieses Coccids einer rein cytologischen Bearbeitung zu unterziehen. Besonders wichtig und von den früheren Bearbeitern verschieden beobachtet und gedeutet erschienen die cytologischen Vorgänge bei der geschlechtlichen Fortpflanzung des Tieres, wes- halb mit der Bearbeitung dieses Abschnittes aus dem ganzen Ent- wicklungskreis begonnen wurde. Es sei mir an dieser Stelle gestattet, meinem verehrten Lehrer, Herrn Geh.-Rat Prof. Dr. DorLeın, herzlichen Dank zu sagen für das warme Interesse, das er immer meiner Arbeit zuwandte, und für die wertvollen, freundlichen Ratschläge, durch die er sie förderte. Ebenso schulde ich Herrn Prof. Dr. Kür herzlichen Dank für seine rege Anteilnahme an meiner Arbeit und für die sie wesentlich fördernden Anregungen, die er mir während seiner Urlaubszeit aus dem Felde zuteil werden ließ. Schließlich möchte ich noch Herrn Gametenbildung und Befruchtung von Adelea ovata. 329 Prof. Dr. BrüEez und Herrn Prof. Dr. Bressrau für ihren freund- lichen Rat bestens danken. Die vorliegende Arbeit wurde im Januar 1918 vollendet, konnte aber wegen der Kriegsverhältnisse nicht sofort in Druck gegeben werden. Die kurz zusammengefaßten Resultate sind schon in einer „Vorläufigen Mitteilung“ !) veröffentlicht. Während der Kriegszeit war es unmöglich, ausländische Literatur zu erhalten. Erst im März 1919 war mir die 1915 erschienene Arbeit von DoBezz und JAMESON ?) zugänglich. Die Untersuchungen über die Reifung bei : Adelea ovata, die ich bis heute fortsetzte, sind noch nicht endgültig abgeschlossen. So muß ich den Vergleich meiner Funde mit denen von DoBezz und JAMESON in der Hauptsache einer späteren Er- gänzung überlassen. I. Untersuchungsmethode. 1. Züchtung und Infektion der Lithobien, Das der Arbeit zugrunde liegende Zithobius-Material stammt in der Hauptsache aus dem Garten des Zoologischen Instituts in Frei- burg i. Br., zum Teil auch aus der Umgebung Freiburgs. Nach den Methoden ScHAupmn’s und der späteren Bearbeiter konnten die Tiere einige Monate lang gezüchtet werden. Es wurden mit weißem Fließpapier ausgelegte Gläser dazu benutzt, deren Boden mit Fließ- papierballen bedeckt und darin die Lithobien einzeln gehalten (SCHELLACK U. REICHENOW, 1913). Es mußte stets für genügende Feuchtigkeit des Fließpapiers gesorgt und die Gläser zugedeckt werden. Von Zeit zu Zeit wurden die Lithobien mit Mehlwurm- fleisch gefüttert. Über jedes einzelne Tier wurde genau Protokoll geführt, indem immer nach einigen Tagen der Kot der Tiere unter dem Mikroskop nach Coccidien-Cysten durchgesehen wurde. Von allen für diese Arbeit untersuchten Lithobien waren über die Hälfte mit einer oder mehreren Coceidien-Arten infiziert, über 1/, aber waren coccidienfrei. Sicherheit über ein wirklich uninfiziertes Tier kann erst dann gewonnen werden, wenn es etwa 6 Wochen 1) Cytologische Untersuchungen bei der Gametenbildung und Be- fruchtung des Coccids Adelea ovata, in: Biol. Ctrbl., Vol. 38, No. 12, 23./1. 1919. 2) DoBELL and JAMESON, The chromosome cycle in Coccidia and Gregarines, in: Proc. Roy. Soc., London, S. B., Vol. 89, Biol. Sc. 330 JOHANNA GREINER, ang ohne Cystenausscheidung gezüchtet wurde. (Bei Barrouxia schneideri fanden SCHELLACK U. REICHENOW auch 40—50 Tage als untere Grenze der Züchtungszeit hierfür.) Bis nach 26 Tagen kam bei einigen Lithobien deren Adelea-Infektion zum erstenmal durch Cystenausscheidung zum Vorschein, in den meisten Fällen viel früher. So hielt ich nach sechswöchentlicher Kontrolle ein Tier, das keine Cysten im Kot enthielt, für coccidienfrei. Am häufigsten begegneten mir in verschiedener Stärke Adelea-Infektionen, dann die gewöhnlich massenweise auftretende Barrouxia schneideri. Eimeria lacazei-Infektionen waren seltener als die beiden erstgenannten mit gewöhnlich ziemlich starker Cystenausscheidung, und am seltensten kamen in meinen Lithobien schwache Infektionen von Eimeria schubergi vor. Zunächst war es wichtig, alle Stadien der 4 Coceidien mit Sicherheit voneinander unterscheiden zu können, um wirklich nur mit einer Tierform zu arbeiten. Eimeria schubergi fiel bei ihrem äußerst seltenen Auftreten in meinen Lithobien weg. Kombinationen der 3 anderen Coccidien aber waren öfters zu beobachten. Es gibt nur ein sicheres Mittel, die Entwicklungskreise der einzelnen Coceidien-Formen zu unterscheiden, nämlich künstliche oder natür- liche Reininfektionen. Nun geht schon aus der Beschreibung von SCHELLACK U. REICHENOW (1913) hervor, daß hier künstliche Infektionen mit großen Schwierigkeiten verbunden sind. Besonders ist es nicht einfach, ein Tier für coceidienfrei zu erklären, Zu meinen künstlichen Infektionsversuchen wurden Lithobien benutzt, deren Kot 6 Wochen bis !/, Jahr lang als von Coccidien frei kontrolliert war, also sicher uninfizierte Tiere. Sie wurden in frisches Fließpapier eingesetzt, dann mit Mehlwurmfleisch gefüttert, auf das unter dem Mikroskop kontrollierte Sporencysten von Adelea ovata mit ausgebildeten Sporozoiten gebracht waren. Dies wurde dem Tier so lange hingehalten, bis es alles verzehrt hatte, und dann in den folgenden Tagen stets der gesamte Kot untersucht. Nach 3—5 Tagen untersuchte ich eine Sporenausscheidung von Adelea, die ungefähr der gefütterten Zahl entsprach. In der kurzen Zeit konnten diese Sporen nicht den ganzen Entwicklungskreis vollendet haben, sondern es sind wohl die gefütterten Cysten gewesen, die ungeöffnet den Darm des Wirtes passiert hatten. Ich glaube dies besonders deswegen annehmen zu müssen, da ich bei der Lebend- beobachtung von Adelea ovata stets ein sehr langsames Fortschreiten der Entwicklung fand. Nach mehrwöchentlicher Kontrolle wurden Gametenbildung und Befruchtung von Adelea ovata. 331 von diesen kiinstlich infizierten Tieren keine Cysten mehr ausge- schieden und nach ihrer Abtétung im Darm keine Stadien von Adelea ovata gefunden. Um nun festzustellen, ob die Darmsäfte von Lithobius vielleicht gar nicht fähig seien, die Sporen von Adelea zu öffnen, gab ich zu reifen Adelea-Cysten auf dem Objekttriger Darmsaft eines Lithobius und zwar getrennt vom Vorder-, Mittel- und Enddarm, wobei nach wiederholten Versuchen keine Reaktion der Sporen erfolgte. Sollte sich durch weitere zahlreiche Versuche dieser Art das Resultat be- ‘ stätigen, so stünde die Frage offen: wie infiziert sich überhaupt ein Lithobius mit Adelea ovata? Es könnte eventuell ein Zwischenwirt angenommen werden, in dem sich die Sporen öffneten und vielleicht auch einige Schizogoniestadien durchlaufen würden; durch Auf- fressen dieses Tieres würde sich der Zithobius infizieren. Daraufhin müßten demnach die Nahrungstiere des Lithobius untersucht werden. Schon SCHAUDINN erörterte diese Frage (1900, p. 272) und stellte für Eimeria schubergi systematische Versuche an. Mit diesem Coceid infizierte er Asseln und Mehlwürmer, als Nährtiere der Lithobien, aber in ihrem Darm platzten die Coccidiencysten nicht, sondern sie wurden unverändert mit den Fäces entleert. Asseln können also wohl die Infektion vermitteln, aber „ein Wirtswechsel dürfte hier- nach in dem Entwicklungscyclus der Coceidien nicht stattfinden.“ Von mir nach Adelea untersuchte Asseln zeigten keine Infektion mit diesem Coceid. Vielleicht kann die Annahme eines Zwischenwirtes ganz in Wegfall kommen, wenn nämlich das Mißlingen meiner oben erwähnten künstlichen Infektionsversuche dadurch begründet wäre, daß manche Lithobien immun gegen eine Coccidieninfektion sind. (Diese Möglichkeit ist schon von SCHELLACK U. REICHENOW für Bar- rouxia schneideri ausgesprochen [1913, p. 74].) Sicherheit kann in dieser Frage nur gewonnen werden durch zahlreiche Versuche, wie künstliche Infektion von Lithobien und ihren Nährtieren, ferner durch Sporenöffnungsversuche mit dem Darmsaft von Lithobien. Für diese Arbeit war ich nun deshalb nicht von künstlichen Infektionen abhängig, da sich in meinem Material natürliche Rein- infektionen fanden. Außerdem sind die für die folgenden Unter- suchungen in Betracht kommenden Stadien von Adelea ovata so charakteristisch und die meisten besonders durch die von den anderen 3 Coceidien abweichende Microgametenbildung so eindeutig, daß kein Zweifel über ihre Zugehörigkeit zu dieser Form bestehen kann. Die größten Schwierigkeiten bei der Trennung verursachten Zool. Jahrb. 42. Abt. f. Anat. 23 332 JOHANNA GREINER, die Schizogoniestadien, die aber auf Grund der Untersuchung von natürlichen Reininfektionen von Barrouxia schneideri und Eimeria lacazei andrerseits wieder unterschieden werden konnten. Lebend war es nur möglich, kleine Stücke des Entwicklungs- kreises zu beobachten, da Adelea ovata sich nur sehr langsam entwickelt und nur 2—4 Stunden normal lebend im Präparat gehalten werden konnte. Die Merozoiten dienen dabei zur Kontrolle, denn sie bewegen sich im frischen Präparat erst relativ rasch, dann in längeren Pausen, bis sie schließlich ihre Bewegungen ganz einstellen. Von da ab hat man auch keine Sicherheit mehr, ob sich die Adelea- Macrogameten normal weiterentwickeln. Bei der Lebendbeobach- tung waren keine cytologischen Feinheiten zu erkennen. Der Kern erscheint als helles Bläschen, das seine Lage und Form nur sehr langsam ändert, woraus auf eine relativ lange Entwicklungsdauer geschlossen werden kann. 2. Fixierung und Färbung. Der Darm der infizierten Lithobien wurde aufgeschnitten oder zerzupft, auf Deckgläser ausgestrichen und mit auf ca. 60° erwärmten Sublimatlösung nach ScaAupins, in einigen Fällen auch mit dem Sublimat-Alkohol-Eisessig-Gemisch oder mit FLemmme’scher Lösung (Chrom-Osmium-Essigsäure) fixiert. Gute Resultate wurden auch mit heißem Sublimat (ScHAUDINN) erzielt, dem einige Tropfen des Sublimatgemisches beigefügt waren. Sublimatlösung nach SCHAUDINN bewährte sich bei meinen Adelea-Ausstrichen als bestes Fixierungs- mittel. FLemmin6-Ausstriche!) sind ungünstiger, da dunkel fixierte Fettropfen aus dem Darm in Masse das Präparat ausfüllen und die Coccidien verdecken. Zur Herstellung von Paraffinschnitten wurden Darmstücke in Sublimat ScHaupınn oder Fremming’scher Lösung fixiert. Die verhältnismäßig dünne Cystenmembran von Adelea ovata setzt: der Färbung, Fixierung und auch dem Schneiden keine nennens- werte Schwierigkeiten entgegen, höchstens werden beim Schneiden nicht alle Sporencysten gleichgut getroffen. Die am häufigsten angewandten Färbungen sind Eisenhäma- toxylin nach HEıpenaarn mit Vor- oder Nachfärbung mit Bordeaux- Rot, dann alkoholisches Eisenhämatoxylin (1 Teil 1, °/,iges Eisen- 1) Inzwischen hergestellte weitere mit FLEMMING’scher Lösung fixierte Ausstrichpräparate ergaben sehr gute klare Bilder, wenn mit Wasserstoff- superoxyd (3°/,ig) gebleicht wurde. Gametenbildung und Befruchtung von Adelea ovata. 333 hämatoxylin in wässriger Lösung zu 10 Teilen 70°/,igen Alkohol) und Differenzierung mit Eisenalaun (1 Teil 4°/,igen wässrigen Eisen- alaun zu 10 Teilen 50°/,igen Alkohol), Gremsa’s Lösung (ROMANOWSKY- Methode) mit Aceton-Differenzierung, auch DELAFIELD’s Hämatoxylin. Andere Farbstoffe wurden ebenfalls versucht wie Safranin, Licht- grün, Boraxkarmin usw. die aber den erstgenannten gegen- über nichts Neues erschlossen. Mit Eisenhämatoxylin erzielte ich bei sorgfältiger Differenzierung, die mit starken Objektiven auf | der Brücke kontrolliert wurde, die klarsten und präzisesten Bilder, Ich zog es in dieser Beziehung DELAFIELD’schen Hämatoxylin vor. Die mittels Girmsa hervortretenden Strukturen kamen auch bei Eisenfärbung heraus und dort bei unserem Objekt noch klarer, so daß ich ersteres hauptsächlich zur Kontrolle benutzte. In Gremsa- Präparaten trat Rot nur als Farbe des Sporenrestkörpers auf, während alle übrigen Zell- und Kernstrukturen in verschiedenen Intensitäten von Blau vertreten waren. Somit liegen meinen Abbildungen in der Hauptsache Eisenhämatoxylin-Präparate und zwar Ausstriche zugrunde An Schnitten (5, 7,5, 10 x dick) waren keine von den Ausstrichen verschiedene Resultate zu beobachten, und so waren die letzteren vorzuziehen, da sie bei dem kleinen Objekt eine viel sichere und deutlichere Übersicht über die cytologischen Verhältnisse gaben. Aber zur Bestätigung der bei den Ausstrichen gefündenen Ergeb- nisse waren auch die Schnitte wertvoll. II. Kurzer Überblick über den Entwicklungskreis von Adelea ovata. Den Figuren des Schemas’) (Fig. A) liegen eigene Präparate zu- grunde, nach denen sich der cyclische Verlauf der Entwicklung von Adelea ovata am meisten der Beschreibung von SCHELLACK U. ReicHenow (1910—1912) anschließt. Die Resultate der Arbeiten dieser beiden, nämlich der Nachweis über das Fehlen 1. eines ge- schlechtlichen Dimorphismus der Schizogonie und 2. multipler Kern- teilungen, kann ich nach eigenen Untersuchungen bestätigen. Ferner war es auch mir nicht möglich, einen als Reifungserscheinung zu bezeichnenden Vorgang zu beobachten. Der junge Merozoit von Adelea ovata besitzt einen chromatin- 1) Das Schema der Entwicklung von Adelea ovata ist nach eigenen Präparaten gezeichnet. Was die Schizogonie anbetrifft, bedarf es wohl späterer Ergänzung. Bis jetzt stimmen meine Beobachtungen über Schizo- goniestadien mit denen von SCHELLAGK u. REICHENOW überein, 23* 334 JoHANNA GREINER, Fig. A. Schema der Entwicklung von Adelea ovata. 1—5 ungeschlechtliche Fortpflanzung (Schizogonie). 1 Merozoit (oder Sporozoit). 2, 3 vielkernige Schizonten. 4, 5 Merozoitenbildung. 6—23 geschlechtliche Fortpflanzung. 6 junger Macrogamet. 7 herangewachsener Macrogamet. 8 Anheftung eines Microgametocyten. 9—12 Microgametenbildung. 13 Befruchtung. 14—16 Ausbildung des Längsnetzes. 17 Rückzug des Längs- netzes. 18 Chromosomenbildung. en sporogoniale Teilungen. 22, 23 Sporen- bildung. Gametenbildung und Befruchtung von Adelea ovata. 335 reichen Kern und kleinen Binnenkörper. Er hat eine Länge von 20—24 u und eine Breite von 2,4—2,8 u. Er vermag ruckweise Bewegungen auszuführen, die ich am lebenden beobachten konnte. Ein sich wiederholendes Krümmen und Strecken wechselt mit kurzem Vorwärtsgleiten, woran sich oft Anheftung des einen Endes und 2—3 rasche, schraubenförmige Bewegungen des freien Endes an- schließen. Gerade die letztere Bewegungsart ermöglicht es wohl dem Merozoiten in die Darmepithelzellen des Lithobius einzudringen. Dort kugelt er sich ab und wächst auf Kosten seiner Wirtszelle - zum Schizonten heran. Schon während der Wachstumsperiode teilt sich der Kern der Schizonten öfters durch Zweiteilung (2- und 4- kernige Stadien sind gefunden), wobei Chromosomen gebildet werden, die auf den Endbildern der Teilungen sogenannten „Sternchenfiguren“, d. h. Chromosomen in einem hellen Kernraum, darstellen. Das Plasma des vielkernigen Schizonten wölbt sich in Höckern über den Rand der Zelle vor. Je ein Kern wandert in einen Höcker, der sich immer länger ausstreckt. Die schließlich langen, schmalen Gebilde liegen wie Orangeschnitze nebeneinander, lösen sich und bewegen sich als freie Merozoiten fort, die wieder in eine Wirtszelle eindringen können. (Einmal beobachtete ich einen Restkörper, von dem sich die Mero- zoiten lösten.) Diese ungeschlechtliche Entwicklung kann sich öfters wiederholen, oder aber die neugebildeten Merozoiten werden zu ge- schlechtlich in männliche und weibliche differenzierten Formen. Wächst der Merozoit heran, ohne durch Zweiteilungen seines Kernes vielkernig zu werden, so entwickelt er sich zu einer weiblichen Zelle, dem Macrogameten. Oder der Merozit heftet sich als solcher an eine weibliche Zelle mit polarem Kern und zwar an einen ihrer Längsachsen- pole. Dort kugelt er sich ab und bildet durch 2 Zweiteilungen seines Kernes 4 Kerne, aus denen sich 4 Microgameten entwickeln. Gleichzeitig erfolgt die langsame Auflösung des Binnenkörpers im Macrogameten- kern. Ein Microgamet dringt in den weiblichen Kern ein, während die 3 anderen an der äußeren Zelloberfläche zurückbleiben. Um die Zygote bildet sich eine Membran, wahrscheinlich aus den zahlreichen Granula des Macrogameten. Die chromatische Substanz des Micro- gameten verteilt sich über das Gerüst des weiblichen Kerns. Das Syncaryon rückt vom Pol hinweg gegen das Zellinnere zu. Es öffnet sich nach 2 entgegengesetzten Polen, an denen es sich in je eine Spitze auszieht, die schließlich die 2 Pole der Zelle berühren. Feine Fäden durchziehen diese Längsfigur, so daß dies Stadium den Namen „Längsnetz des Syncaryons“ erhielt. (Früher „Befruchtungsspindel“ 336 Jouanna GREINER, genannt.) Die Fäden kontrahieren sich nach dem dem Befruchtungs- pol entgegengesetzten Pol, wo sie schließlich alle in einem hellen Kernraum liegen. Sie bilden sich zu 8—10 deutlichen Chromosomen um, die eine Längsspaltung erfahren. Ungefähr auf diesem Stadium fallt die Zygote aus ihrer Wirtszelle in das Darmlumen, und dort findet die Sporenbildung statt. Durch wiederholte Zweiteilungen wird die Zygote vielkernig. Plasmabezirke grenzen sich um jeden Kern ab, und um jeden bildet sich eine Sporenmembran. In der Spore teilt sich der Kern noch einmal, und es entstehen 2 Sporo- zoiten um einen runden zentralen Restkörper gelagert. Die zur Sporencyste gewordene Zygote mit ihren 10—33 und mehr Sporen gelangt ins Freie. Im Darm eines anderen Zithobius (oder eventuell dessen Nahrungstieren) öffnen sich die Sporencysten, die Sporozoiten kriechen aus und können in eine Wirtszelle eindringen. Sie liefern auf dem Wege der schon beschriebenen ungeschlechtlichen Fort- pflanzung wieder die Merozoiten, von denen wir ausgegangen sind. III. Cytologische Untersuchung. 1. Junge heranwachsende Macrogameten. Die jungen, sich aus Merozoiten entwickelnden Macrogameten von Adelea ovata sind erst dann deutlich von andern Schizonten oder Microgameten zu unterscheiden, wenn es ihre Größe und Gestalt erlaubt. Sie stellen länglich-runde Zellen dar, ein wenig nach den Polen zugespitzt, sonst aber von gleichmäßiger Dicke (Fig. 23). Ihre Größe, gemessen durch die längsten und breitesten Durchmesser, konnte auf dieser Entwicklungsstufe folgendermaßen festgestellt werden: Länge 30—38 u, Breite 11—12 u. Die Größe der Adelea- Merozoiten beträgt 20—24 u zu 2,4—2,8 u. Das Plasma des jungen Macrogameten ist wabig gebaut und enthält verschiedene große, unregelmäßig oder kugelförmig gestaltete Granula, die sich mit Eisenhämatoxylin und Bordeaux-Rot braun- schwarz färbten (Fig. 24a). Sie treten nicht so deutlich und dunkel hervor wie die mit Eisen schwarz gefärbten Reservestoffkugeln des Barrouxia-Macrogameten. SCHELLACK U. REICHENOW beschreiben bei Adelea keine Granula in der Macrogametenzelle (1910—1912). Auf mit DELAFIELD’schem Hämatoxylin gefärbten Präparaten traten sie nicht hervor, weshalb sie wohl ScHELLACK u. REICHENOW entgingen, die hauptsächlich mit diesem Farbstoff arbeiteten (aus ihrer Arbeit über Gametenbildung und Befruchtung von Adelea ovata. 337 Barrouxia schneideri 1913 zu schließen). Gremsa-Färbung mit Aceton- differenzierung ergab keine deutlich begrenzten Granula, wohl manch- mal eine dunklere Ausfüllung der Plasmawaben. Das schon öfters bei Coceidien beschriebene Volutin, das von SCHELLACK U. REICHENOW bei Barrouxia nachgewiesen wurde, konnte im Macrogameten von Adelea ovata nicht beobachtet werden. (Nachweis mit Methylenblau und verd. Schwefelsäure.) Die oben erwähnten Granula wurden schon 1897 von SCHAUDINN u. Sıepueckı entdeckt, dann aber 1899 in SıeDLEcKTs ausführlicher‘ Arbeit über Adelea ovata nicht mehr beschrieben. Zwar fielen ihm in der Nähe des Kerns „einer oder mehrere kleine Körperchen von unregelmäßiger Form“ auf; diese lassen sich aber nicht mit den zahlreich vorhandenen, über das ganze Zellplasma zerstreuten Granula der Macrogameten vergleichen, die in meinen Eisenhämatoxylin-Präparaten auftraten. Die letzteren Granula sind auch kaum identisch mit den 1911 von Degaisreux beobachteten „nombreux grains éosinophiles“. Er färbte hauptsächlich mit GIEMSA, das auch seinen Abbildungen zugrundeliegt, in denen er die „grains éosinophiles“ als einzelne, rote Körner im Zellplasma zeichnet. Wie oben erwähnt, treten sie bei meinen GrEeMsA-Präparaten nicht färberisch hervor und sind an Größe ‘und Gestalt den auf Eisenhämatoxylin-Präparaten dunkel gefärbten Granula nicht gleich. Ungefähr in der Mittedesjungen Microgameten liegt der große Kern, durch eine Membran vom Zellplasma getrennt. Die Kernmembran ist meist unregelmäßig in Dicke und Deutlichkeit, oft verläuft sie auch glatt, oder aber sie folgt genau den Wabenwänden des Plasmas, wodurch ihr Aussehen gezackt erscheint (Fig. 26). Die Grundsub- stanz des Kerns besteht aus einem feinen Wabenwerk. Je nach der Färbung und Differenzierung des Präparats ist das Kerngerüst mit runden oder unregelmäßig begrenzten, stark färbbaren Körnern be- setzt, die so dicht gelagert sein können, daß sie den Eindruck einer den Binnenkörper umgebenden Wolke hervorrufen (Fig. 25). Dies trifft besonders bei jungen Macrogameten zu, deren Kern absolut genommen noch klein ist. Der herangewachsene, bläschenförmige Macrogametenkern dagegen, der sein Volumen vergrößert hat, weist eine äußerst feine Verteilung der stark färbbaren Substanz auf Die Färbbarkeit des Gesamtkerns ist dadurch viel geringer, so dab Bilder beobachtet werden können, die in dem durch seine Membran noch klar umgrenzten Kern, nur eine sehr schwach gefärbte Grund- substanz mit dem Binnenkörper erkennen lassen. Da, wie noch 338 JOHANNA GREINER, gezeigt werden soll, auf späteren Stadien Chromosomen im Macro- gametenkern auftreten, scheint es mir wahrscheinlich, daß diese auf dem Kerngerüst verteilten, stark färbbaren Körner chromatischer Natur sind. Einige Male fielen mir im Kern dicht am Binnenkörper dunkle Körner auf, die durch fädige Verbindungen zusammenhingen und so das Aussehen eines kleinen Chromatinnetzes boten (Fig. 24a u. b). Ob hier ein Teil des Kernchromatins angesammelt liegt oder ob diesen Bildungen besondere Vorgänge zugrundeliegen, konnte bei ihrem seltenen Vorkommen nicht ermittelt werden. Der große, etwas exzentrisch gelegene Binnenkörper des Kerns ist vacuolisiert. Ungenügend differenziert kann er auch kompakt erscheinen oder eine dunklere Randzone besitzen. Auf gut diffe- renzierten Präparaten fand ich ihn bei den angewandten Färbungen stets mit Vacuolen durchsetzt und ohne weitere Strukturen. Die etwaige Anheftung eines Microgametocyten auf den beschrie- benen Entwicklungsstufen möchte ich im Zusammenhang mit dem folgenden Abschnitt besprechen. Der herangewachsene Macrogamet hat sowohl seine Länge wie Breite und ferner sein Kernvolumen vergrößert. Seine äußere Form ist noch die eines langgestreckten Ovals mit einer Länge von 38—46 u und einer Breite von 15—23 u. Den Macrogametenkern beobachtet man entweder noch zentral gelegen, einem Pol genähert (Fig. 25) oder direkt am Pol liegend (Fig. 26ff). Dies deutet auf eine Wanderung polwärts hin. Der jetzt vom Macrogametenkern ein- genommene Pol sei der Kürze halber Befruchtungspol genannt, da, wie wir später sehen werden, an ihm die Befruchtung des weib- lichen Kerns erfolgt. Noch ist aber der polare Macrogametenkern nicht zur Befruchtung reif. Es sind Figuren zu treffen, die immer kleinere Binnenkörper im weiblichen Kern aufweisen und deren Aufeinanderfolge durch das Entwicklungsstadium des angehefteten Microgametocyten ge- sichert ist. Es ist also wohl anzunehmen, daß der Binnenkörper sich langsam auflöst. Erst, wenn er schon sehr verkleinert oder verschwunden ist, findet die Befruchtung statt. 2. Zeit und Ort der Anheftung und der Teilungen des Microgametocyten. Die Anheftung eines jungen, noch Merozoitengestalt tragenden Microgametocyten beobachtete ich nur einmal und da bei einem Macrogameten mit noch zentral gelegenem Kern (Textfig. Bl). Der Gametenbildung und Befruchtung von Adelea ovata. 339 Microgametocyt ist noch etwas gekriimmt, besitzt aber nicht mehr die durchschnittliche Länge normaler Adelea-Merozoiten, sondern er- scheint etwas verkürzt. Ich war zuerst geneigt, ihn für zufällig beim Ausstrich über den Macrogameten gelagert zu halten. Aber seine dichte Anschmiegung an die weibliche Zelle und seine ver- B; Fig. B1—B6. Macrogameten mit angehefteten Microgametocyten auf verschiedenen Stufen der Entwicklung. 1250:1. Bg kiirzte Form, lassen ihn als sich eben anheftenden Microgametocyten erkennen. Ich traf noch 2 Macrogameten mit zentralem Kern, denen seitlich eine kleinere Zelle anlag (Textfig. C). Letztere hat die Form schon stärker abgekugelter und herangewachsener Merozoiten, besitzt aber im Kern einen großen Binnenkörper. Nur bei Macro- gameten fand ich bis jetzt Binnenkörper von solchen Dimensionen, 340 JoHANNA GREINER, und so wiirde ich diese kleineren Zellen, falls sie frei in meinen Präparaten vorhanden wären, sicher für junge Macrogameten halten. Nur ihre dichte Anlagerung an den größeren Macrogameten, die aber beim Ausstrich als Zwangslage zwischen den umgebenden Zellen möglich wäre, ließ mich im Zweifel, ob nicht vielleicht doch hier die Anheftung eines lkernigen Microgametocyten vorliegen könnte. Fig. C. Fig. D. Fig. E. Fig. C. Macrogamet mit angelagertem, jungen Macrogameten oder Micro- gametocyten. 1200:1. Fig. D u. E. Seitlich angeheftete Microgameten. 1350: 1. Wie gesagt, erscheint mir die letztere Annahme unwahrscheinlich Jedenfalls können die beiden Figuren bei den folgenden Erörterungen nicht mitsprechen. Alle übrigen Macrogameten, sowohl mit zentralem als auch polwärts wanderndem Kern, besitzen noch keine männ- liche Zelle angeheftet (Fig. 23, 24a, 25). Bei Macrogameten aber mit polarem Kern hat stets die Anlagerung eines Microgametocyten stattgefunden, und zwar ist sie an jedem der Längsachsenpole der Zelle möglich. Zuerst glaubte ich, nach der Mehrzahl der Fälle schließend, daß alle 1kernigen und 4kernigen Microgametocyten am Befruchtungspol lägen, während die dazwischenliegenden Entwicklungs- stadien der Microgametocyten an dem, dem Befruchtungspol entgegen- gesetzten Pol zu finden seien. Dazu mußte eine Wanderung des Microgametocyten angenommen werden. Nach Vervollständigung meines Präparatenmaterials verschoben sich aber die Zahlen derart, dab die Microgametocyten jedes Entwicklungsstadiums nahezu gleich- oft sowohl mit dem weiblichen Kern am Befruchtungspol als auch allein am entgegengesetzen Pol anzutreffen waren. So kann die Anheftung des Microgametocyten an einen Macrogameten mit polarem Gametenbildung und Befruchtung von Adelea ovata. 341 Kern an beiden Längsachsenpolen der weiblichen Zelle stattfinden. Wäre seine Anlagerung beliebig an der Macrogameten-Oberfläche, so müßten zahlreiche Fälle seitlich angehefteter Microgametocyten auftreten. Mir begegneten aber nur 2 dieser Art (Textfig. D u. E) der eine Microgametocyt (Textfig. D) im Vierkernstadium, der andere (Textfig. E) mit 4 sich ausbildenden Microgameten. Es kann dabei aber nicht erkannt werden, ob der jeweilige Microgametocyt sich hier einkernig anheftete oder, ob er sich zwar polar angelagert hatte, nun aber auf der Wanderung ist. In meinem gesamten Ma-. terial sind diese Figuren nur 2mal vorhanden, so stellen sie sicher Ausnahmen dar. Der dem Macrogameten angeschmiegte Microgametocyt ist zu- nächst 1kernig (Textfig. B2). Er macht 2 Kernteilungen durch, die zu 4 Kernen führen (Textfig. B3—B6), von denen aus sich die Micro- gameten entwickeln. Liegen weiblicher Kern und Microgametocyt am Befruchtungspol, so kann ein ausgebildeter Microgamet ohne weiteres in den ganz benachbarten Macrogametenkern zur Befruch- tung eindringen. Falls aber beide an entgegengesetzten Polen auf- treten, muß zur Befruchtung eines von ihnen zum anderen Pol wandern. Es frägt sich nun, wandert der Macrogametenkern zum Pol des Microgametocyten oder umgekehrt der letztere zum Be- fruchtungspol, oder bewegen sich die freigewordenen Microgameten zum Befruchtungspol? In den ersten zwei Fällen müßten viele Stadien gefunden werden, die den weiblichen Kern oder Micro- gametocyten auf der Wanderung darstellten. Außer den vorhin ge- nannten Figg. Du.E seitlich angehefteter Microgametocyten be- obachtete ich weder diese noch den Macrogametenkern unterwegs. So stehen die Figg. D u. E zu sehr vereinzelt da, um regelmäßig sich abspielende Vorgänge zu veranschaulichen und scheiden deshalb aus. Es bleibt noch die Wanderung der freien Microgameten übrig, für die auch wirklich genügend Anhaltspunkte gefunden sind, indem nämlich öfters auf Bildern nach der Befruchtung einer der unbe- nützten Microgameten am Befruchtungspol, die beiden anderen am entgegengesetzten Pol zu beobachten sind (Fig. 34 u. 45). Es waren also 2 Microgameten vom entgegengesetzten Pol zum Befruchtungs- pol gewandert, wovon einer dann die Befruchtung ausfiihrte. Nun verlaufen, wie bei der Microgametenentwicklung gezeigt werden soll, die zweiten Kernteilungen im Microgametocyten nicht synchron. Die Teilungsprodukte des einen Kerns sind denen des anderen in der Entwicklung voraus und haben ihre Microgameten früher aus- 342 JoHANNA GREINER, gebildet. Die letzteren Microgameten sind dann wohl diejenigen, die zuerst zum Befruchtungspol wandern, während die zwei anderen am entgegengesetzten Pol zurückbleiben. Zweimal beobachtete ich 2 Microgametocyten an einem Macro- gameten angeheftet. Im ersten Fall war der eine ein 1kerniger mit einem in erster Teilung begriffenen Microgametocyten (Textfig. F), im anderen Fall waren es 2 4kernige männliche Individuen (Text- fig. G). Der letzte Fall zeigt, daß gleichzeitig 2 Microgametocyten œ Fig. F. Fig. G. Fig. F u. G. Zwei Microgametocyten sind an einem Macrogameten angelagert. Fig. F 1250: 1, Fig. G 1100:1. sich an einem Macrogameten normal bis zum Vierkernstadium ent- wickeln können. Jedesmal liegen die 2 männlichen Zellen zusammen an dem dem Befruchtungspol entgegengesetzten Pol. In der bis- herigen Literatur von Adelea ovata gibt nur Dosezz Abbildungen von solchen doppelten Anheftungen. Auch bei ihm sind stets die 2 Microgametocyten dicht nebeneinander und polar gelagert. Es herrschten also an dem Anheftungspol für beide dieselben Vor- bedingungen. Zwei der Figuren DoBeLzr's stimmen in der Lage genau mit den meinigen überein (Dogezz, tab. 2 fig. 2 u. 3), indem jeweils der Macrogametenkern am Befruchtungspol und die Micro- gametocyten am entgegengesetzten Pol zu treffen sind. Es sind also hier bei Adelea vier gleichartige Fälle doppelter Anheftung ge- geben. Zuerst glaubte ich, was die Lagebeziehungen anbetrifft, hierin eine Bestätigung der schon erwähnten Annahme gefunden zu haben, daß nämlich die einkernige Anheftung des Microgametocyten Gametenbildung und Befruchtung von Adelea ovata. 343 am Befruchtungspol geschähe und dann der Macrogametenkern zum anderen Pol wandern würde. Darnach wären unsere vier Fälle so zu erklären, daß die Microgametocyten sich 1kernig am Befruch- tungspol anlagerten, dann aber auf den späteren Stadien ihrer Ent- wicklung der weibliche Kern oder sie selbst zum anderen Pol ge- wandert waren. Bei dieser Annahme könnte eine chemotactische Anziehung der männlichen Zellen durch den polaren weiblichen Kern in Betracht kommen. Nun wird aber diese Erklärung dadurch un- gültig, daß nach späteren Zahlen die Anheftung an beiden Macro- — gametenpolen sicher zu sein scheint. 3. Microgametenbildung. Der eben sich an den Macrogameten anheftende Microgametocyt hat noch Merozoitengestalt (Fig. 1 u. Textfig. Bl). Er besitzt in einem hellen, deutlich begrenzten Kernraum, an dessen Rand sich aber keine Membran unterscheiden läßt, verschieden große, stark färbbare Körner, einzeln oder in Reihen angeordnet, dazu einen kleinen polar gelegenen Binnenkérper. Am Befruchtungspol ange- lagerte 1kernige Microgametocyten haben stets abgerundete Form (Fig. 2). Die stark färbbare Substanz ihres Kernes kann fein ver- teilt oder in Form verschieden großer Körner in seine Grundsub- stanz eingebettet sein. Der stark gefärbte Binnenkörper ist von einem hellen Hof umgeben und hat seine polare Lage beibehalten Nur bei Fig. 2 ist eine feine, membranartige Abgrenzung des Kernes zu beobachten, die auf den folgenden Kernteilungsbildern nicht hervortritt. Weitere 1kernige Microgametocyten zeigen die stark gefärbten Körner zum Teil dem Kernrand entlang gelagert oder auf feinen Fäden angeordnet, die das Kerninnere durchkreuzen. Der Kern als ganzes scheint etwas in die Länge gezogen (Fig. 3 u. 4). Der Binnenkörper liegt in Fig. 4 außerhalb des Kernnetzes, aber noch innerhalb des hellen Kernraumes. In Fig. 3 ist er entweder von den größten dunkeln Körnern des Gerüstes nicht zu unterscheiden, oder aber sein Verschwinden aus dem Kern muß schon hier ange- nommen werden für diesen Fall. Auf den folgenden Teilungsbildern hat er seine Lage verändert. Er tritt an der Peripherie des hellen Kernraumes auf (Fig. 5 u. 6) und bei mehreren Microgametocyten ganz außerhalb desselben im Zellplasma. Er wird also zu Beginn der ersten Kernteilung aus dem Kern in das Zellplasma ausgestoßen 344 JOHANNA GREINER, . und dort wohl resorbiert. Denn auf den folgenden Entwicklungs- stadien ist er völlig aus dem Microgametocyten verschwunden. Das Kernnetz zieht sich soweit in die Linge, bis es zwei Stellen der Zellgrenze berührt (Fig. 5). Einzelne Körnchenreihen verlaufen in der Länge der Teilungsfigur (Fig. 6 u. 8) und werden von anderen’ durchkreuzt. Es sind die Figuren der ersten Kernteilung. Sie schließen sich in meinen Präparaten direkt an die 1kernigen Micro- gametocyten, deren Kern schon eine schwache Streckung erkennen läßt. Trotz angestrengten Suchens in meinen zahlreichen Präparaten dieses Stadiums konnte ich bei der ersten Kernteilung im Micro- gametocyten keine Bilder von typischer Mitose, keine Spindel mit vollkommen ausgebildeten Chromosomen nachweisen, obwohl solche am Ende der zweiten Kernteilung in deutlicher Form auftreten. So beschreibe ich die von mir an sehr guten Präparaten studierten eigenartigen Stadien ohne weitere Deutung. Ich muß es dahingestellt sein lassen, ob hier eine besondere Teilungsform vor- liegt oder ob mir gewisse rasch vorübergehende Stadien der Mitose entgangen sind. Die stark färbbare Substanz auf den Fäden sammelt sich an beiden Polen der Teilungsfigur und zwar oft zuerst an einem Pol beginnend, während der andere noch unverändert bleibt (Fig. 8). So zeigt auch Fig. 7 in a, der Oberflächenansicht einen Tochterkern und bei tieferer Einstellung in b, dessen Verbindung mit der Teilungs- figur, die am anderen Pol noch keine Substanzanhäufung erkennen läßt. Schließlich findet aber auch am zweiten Pol die Bildung eines Tochterkernes statt (Fig. 9), und die verbindenden Körnchenreihen werden alle in die Tochterkerne einbezogen. Die 2 getrennten, neugebildeten Kerne enthalten auf sie durch- kreuzenden Fäden die stark gefärbten Körner (Fig. 10). Letztere sind am Kernrande so dicht gelagert, daß sie die Unterscheidung einer Kernmembran nicht zulassen. Die Kerne teilen sich von neuem. Dabei wurden keine Bilder beobachtet, die ein stufenweises Auseinanderziehen des Kernnetzes darstellen, sondern alle Kerne dieser Phase befinden sich in meinen Präparaten schon in fortgeschrittener Teilung und im Beginn der Bildung der Tochterkerne (Fig. 11 u. 12). Wenige mit Körnchen besetzte Fäden verbinden die 2 Pole der Teilungsfiguren, die schon die 1. Anlage der Tochterkerne darstellen. Auch für diese zweite Teilung gilt das für die erste Gesagte. Trotz wiederholten Suchens fand ich keine Bilder vom Beginn oder der Mitte der Teilung. Gametenbildung und Befruchtung von Adelea ovata. 345 Gerade diese Stadien scheinen äußerst rasch zu verlaufen. Zwischen den Teilungsfiguren der 2 Kerne ist eine Verbindung durch 1 oder 2 feine Fäden sichtbar (Fig. 11 u. 12), die nicht zu den Teilungs- bildern selbst gehören. Sollten sie noch Reste der ersten Kern- teilung darstellen, so wäre damit auch der Fall möglich, daß ohne ein dazwischenliegendes Kernruhestadium die zweite Teilung sich direkt an die kaum vollendete erste anschließt. Die zweiten Kernteilungen im Microgametocyten verlaufen oft nicht synchron, denn auf den meisten Bildern geht eine der anderen etwas voraus. Z. B. zeigt Fig. 12 schon 2 Tochterkerne als Teilungs- produkte eines Kernes, während der andere zwischen den Polen der Teilungsfigur noch Verbindungsfasern aufweist. In den folgenden Entwicklungsstadien ist der Phasenunterschied je zweier Tochter- kerne sehr häufig und deutlich. Die Fäden werden in die Pole der Teilungsfiguren einbezogen, und die stark gefärbten Körner rücken in den Tochterkernen dichter zusammen (Fig. 13). Sie reihen sich zu kompakten Gebilden anein- ander, aus denen schwach gebogene Stäbchen mit keulenförmig- verdickten Enden hervorgehen. Ihre Zahl konnte zwischen 4—6 fest- gestellt werden; es sind deutliche Chromosomen. Zum Teil waren sie in allen 4 Kernen des Microgametocyten zählbar (Fig. 15), zum Teil auch nur in 2 Kernen (Fig. 14 u. 16), wenn nämlich, wie oben erwähnt, die beiden anderen Kerne entweder den ersten in der Ent- wicklung vorausgeschritten oder hinter ihnen zurückgeblieben waren. In einigen Fällen war auch durch die Kleinheit des Objektes und eine ungünstige Übereinanderlagerung der Chromosomen ihre Zahl nicht scharf zu erkennen. Mit schwacher Vergrößerung geben diese Stadien den Eindruck von „Sternchenfiguren“, wie sie bei Coccidien häufig nach wiederholten Kernteilungen beschrieben wurden. Die stark färbbaren Körnchen, die auf allen Teilungsbildern des Microgametocytenkerns auftraten und jetzt deutliche, zählbare Chromosomen bilden, dürfen nach Verfolgung ihrer Schicksale als chromatische Substanz angesehen werden. Die weitere Reihenfolge der Entwicklung der Microgameten aus den 4 Kernen des Microgametocyten kann durch Bilder wie Fig. 20 erschlossen werden. Hier sind schon 2 annährend fertige Micro- gameten gebildet (c u. d), während 1 Kern noch Chromosomen (a), der zweite etwas weiter fortgeschritten, die ovale noch zu beschrei- bende Form der nächsten Phase besitzt (b). Ebenso enthält Fig. 17 Kerne von verschiedener Phase, indem a u. b noch kreisrund, c u. d 346 JOHANNA GREINER, schon in die Lange gestreckt sind. Es legen sich also die Chromo- somen so dicht aneinander, daß sie die starkgefärbte Randzone eines runden Kernes bilden (Fig. 18c, d, Fig. 20b). Letzterer streckt sich in die Länge zu einem Oval und wird an einem Ende zugespitzt (Fig. 17e, d, Fig. 19a, b). Bei der Streckung werden die beiden dunkeln Randzonen des Kerns einander genähert, oft so sehr, dab nur noch eine schmale helle Zone zwischen ihnen bestehen bleibt. Microgameten von solchem Aussehen waren sehr häufig auch auf Bildern nach der Befruchtung, wo sie an der Macrogameten-Ober- fläche zurückgeblieben waren. Haben die schmalen Gebilde etwa die Länge ihres hellen Kernraumes erreicht, so biegen sie sich bei weiterer Streckung innerhalb desselben um. Man trifft dann öfters umgeknickte junge Microgameten an (Fig. 18a, Fig. 19c, d). Sie werden zu fertig ausgebildeten Microgameten, indem sie sich aus- einanderschlagen und an ihrem zugespitzten Ende eine Geißel bilden (Fig. 20c, d). In wenigen Fällen glaubte ich eine 2. Geißel zu be- obachten, in Form einer feinen Linie, die über den Körper des Microgameten verlief, etwa ähnlich wie Fig. 21b. Dabei war aber nicht zu entscheiden, ob diese Linie sich in die bekannte Geißel fortsetzte oder selbst frei endete. Einige Male war das runde Ende des Microgameten kugelrund verdickt (Fig. 34), was vielleicht in Be- ziehung steht zu dem bei der Befruchtung auftretenden „kugel- förmigen Körperchen“. Nach vollendeter Entwicklung kann der Microgamet folgendermaßen charakterisiert werden: er besitzt eine schmale, langgestreckte. Form. Mit Eisenhämatoxylin ist seine chromatische Randzone stark gefärbt und umschließt eine helle Zone im Innern. Bei Überfärbung ist letztere unsichtbar, und der ganze Microgamet erscheint einheitlich schwarz gefärbt. Ein Ende ist abgerundet, oft kugelförmig verdickt, während das andere zugespitzt in eine Geißel verläuft. Vielleicht ist noch eine 2. Geißel vorhanden. Von den 4 ausgebildeten Microgameten befruchtet nur einer die weibliche Zelle; die 3 übrigen werden wohl durch die Entstehung der Cystenmembran daran gehindert. Da sie an die Nähe des Macrogameten gebunden sind und wohl auch nur eine kurze Lebens- dauer haben, müssen sie an der Oberfläche der weiblichen Zelle zu- grunde gehen. 4. Befruchtung. Der Verlauf der Befruchtung und der darauffolgenden Stadien konnte in mehreren gut fixierten und gefärbten Präparaten eindeutig Gametenbildung und Befruchtung von Adelea ovata. 347 festgestellt werden. Er weicht von den bisher beschriebenen Dar- stellungen ab mit Ausnahme der cyclischen Reihenfolge, die SCHELLACK U. REICHEnow schon ähnlich beschrieben, aber ohne in ihren kurzen Mitteilungen auf die cytologischen Verhältnisse näher einzugehen. Der zur Befruchtung reife Macrogamet hat ovale Form, deren Längs- und Querdurchmesser beinahe gleichgroß sind (Länge 30—32 u, Breite 25—27 u). In seinem Plasma ist die Menge der mit Eisen färbbaren Granula vermehrt. Sein Kern liegt so dicht am Befruch- tungspol, daß er oft ein wenig über die Zelle hervorzuragen scheint. Er hat Bläschenform beibehalten und zeigt ein feines, mit ver- schiedengroßen Körnchen besetztes Gerüst und den klein gewordenen, aber noch stark färbbaren Binnenkörper (Fig. 28). Nach ScHELLACK u. REICHENOW soll dieser vor der Befruchtung ganz aufgelöst werden, ich konnte ihn aber auch in den Befruchtungsstadien beobachten. Der Kern ist von der nur schwach hervortretenden Membran voll- ständig umgeben. 4 oder auch 2 Microgameten, die den Restkörper des Microgametocyten verließen, um sich frei gegen die weibliche Zelle zu bewegen, liegen ebenfalls am Befruchtungspol. Die Be- fruchtung selbst erfolgt durch das Eindringen eines Microgameten in. den Macrogametenkern, während die 3 übrigen an der äußeren Oberfläche der weiblichen Zelle liegen bleiben, wo sie noch auf späteren Stadien zu beobachten sind. Wahrscheinlich wurde ihr Eintreten verhindert durch die sofort nach der Befruchtung eines Microgameten um den Macrogameten gebildete Membran, die später deutlich sichtbar wird, hier aber noch nicht gefärbt hervortritt. Von der Eintrittsstelle des Microgameten aus verteilt sich die Substanz seines Kerns, die in der Hauptsache chromatischer Natur ist — wie aus der Microgametenentwicklung hervorging und auch aus der Ana- logie mit den Spermatozoen der Metazoen erschlossen werden kann — kegelförmig nach dem Kerninnern zu. Die Grundmasse des Kegels läßt feinste Körnelung mit eingelagerten gröberen Chromatinstücken erkennen. Alle beobachteten und abgebildeten Figuren, die den Augenblick der Befruchtung darstellen, zeigen diesen sich im Kern dunkler abhebenden Kegel (Fig. 29, 30, 31, 32). Seine Spitze läuft in ein kurzes Fädchen aus, das über die Kernoberfläche hinausragt und in seinem Ende eine Verdickung aufweist, die in Fig. 29 die Form eines kugelförmigen Körperchens hat. Die von der Spitze aus- gehenden, seitlichen Begrenzungslinien des Kegels sind sehr scharf Zool. Jahrb, 42. Abt. f. Anat. 24 348 JOHANNA GREINER, hervorgehoben, während die Abgrenzung gegen das Kerninnere zu nicht so deutlich ist. Besondere Erwähnung verdient Fig. 33a u. b, die einen Macro- gameten nach eben erfolgter Befruchtung darstellt. Diese Zelle be- findet sich in einem sehr weit differenzierten Eisenhämatoxylin- Präparat und zeigt viele Feinheiten. Die 3 am Befruchtungspol vor- handenen Microgameten sichern neben den Strukturen des Macro- gametenkerns selbst die Einreihung des Stadiums an dieser Stelle des Entwicklungskreises. Von dem eingedrungenen Microgameten ist nur noch das kugelförmige Körperchen an der Zelloberfläche sichtbar, von dem aus deutliche Strahlung nach dem Innern des weiblichen Kernes verläuft. Man kann hier verfolgen, wie sich das Chromatin des Microgameten strahlenförmig von der Eintrittsstelle aus verbreitet und bei nicht bis zu diesem Punkt differenzierten Präparaten den Eindruck eines Kegels hervorruft. Dickere mit Körnchen besetzte Strahlen wechseln mit feinsten dazwischenliegenden. Ich beobachtete nur das eine Mal ein solches Befruchtungsbild, denn bei den übrigen Präparaten war die Differenzierung früher ab- gebrochen worden. Betrachtet ein unbeeinflußter Beobachter diese Figur, so ist er vielleicht leicht geneigt, sie mit einem Centrosom und der von ihm ausgehenden Strahlung zu vergleichen. Es kann auch aus dem Bilde geschlossen werden, daß bei dem Vorgang ähn- liche Kräfte wirksam sind wie bei einer Centrosomenstrahlung. Doch haben wir es hier mit der chromatischen Substanz des Macro- gametenkerns zu tun, die in den weiblichen Kern ausstrahlt und nicht mit einer achromatischen Strahlung. Denn es ist wohl anzu- nehmen, daß die gekörnelten Strahlen aus dem Chromatin des Micro- gametenkerns bestehen, da von ihm selbst sonst nichts in dem weib- lichen Kern zu sehen ist. So vermute ich, daß das kugelförmige Körperchen den Rest des eingedrungenen Microgameten darstellt und daß die von ihm ausgehende Strahlung durch die sich nach physikalischen Gesetzen beim Eindringen verteilende, chromatische Substanz des Microgametenkerns hervorgerufen wird. In den auf die Befruchtung folgenden Stadien ist es verschwunden; entweder wurde es noch in den Macrogametenkern aufgenommen oder an dessen Oberfläche resorbiert. Gametenbildung und Befruchtung von Adelea ovata. 349 5. Cytologische Veränderungen am Syncaryon nach der Befruchtung. “ Nach der Befruchtung ist um die Zygote eine feine Membran zu beobachten, die auf den folgenden Stadien immer deutlicher her- vortritt. Ihre Entstehung ist wohl mit den während und nach der Befruchtung besonders zahlreichen Granula des Zellplasmas in Ver- bindung zu bringen. Die schon in jungen Macrogameten vorhan- denen Granula haben sich jetzt mehr an die Oberfläche der Zelle ge- - lagert. Fast jede Plasmawabe der Oberfläche scheint in ihrem Innern solch eine stärker färbbare Kugel zu beherbergen. Aber schon zu Beginn der Sporenteilung sind die Granula ganz verschwunden oder nur noch vereinzelt sichtbar. Dagegen ist die Cystenmembran stärker hervorgehoben. Sie hat zunächst nicht etwa das Aussehen einer glatten Hülle, sondern besteht aus abwechselnden feinen und verdickten Stellen. So scheinen die an der Zelloberfläche zu be- obachtenden Granula, die gleichzeitig sich bildende Cystenmembran und das Fehlen der Granula auf den folgenden Stadien die An- nahme zu berechtigen. daß die Granula die membranbildende Sub- stanz liefern. Der ursprüngliche Macrogametenkern stellt nach der Befruchtung ein Syncaryon dar. Die Eintrittsstelle des Microgameten ist zunächst noch gekennzeichnet durch einzelne dichter gelagerte Chromatin- körner. Der Binnenkörper ist ganz aufgelöst und nicht mehr sicht- bar (Fig. 34). Das Syncaryon rückt von dem Befruchtungspol hin- weg gegen das Zellinnere zu (Fig. 35). Die chromatische Substanz des Microgameten hat sich über das Netz des weiblichen Kerns ver- teilt, der Kegel ist nicht mehr sichtbar. Auf dem Gerüst treten stark färbbare Körner hervor, von denen ich vermute, daß sie zum Teil Chromatin des Microgameten, zum Teil auch die stark färbbaren Bröckchen des Macrogametenkerns darstellen. Während seiner Ent- fernung vom Befruchtungspol behält das Syncaryon seine vollständige Membran, bis es die Mitte der Zelle erreicht hat (Fig. 36). Oder aber schon während der Wanderung öffnet es sich nach dem dem Befruchtungspol entgegengesetzten Pol, wo die Membran verschwindet (Fig. 35). Die Figuren eines zentral gelegenen Syncaryons, das nach den beiden Achsenpolen zu geöffnet, dort ohne Membran und in eine Spitze ausgezogen ist (Fig. 37), können aus den beiden eben beschriebenen Stadien hervorgegangen sein. Im ersten Fall zog sich das zentral gelegene, runde Syncaryon nach den beiden Polen aus; 24* 350 JOHANNA GREINER, im zweiten Fall wandert es bis zur Mitte der Zelle und öffnet sich noch gegen den Befruchtungspol zu. Die vorher mit stark färbbaren Körnchen besetzten Gerüstfäden sind aufgelockert und strecken sich in der Richtung der Längsachse in die Spitzen des Syncaryons. Die Längsstreckung schreitet so lange fort, bis die beiden Spitzenenden des Syncaryons die Pole der Längsachse der Zelle berühren. Die ganze Figur kann auch einen kleinen Winkel zu dieser Lage bilden. Die 3 an der Zelloberfläche zurückgebliebenen Microgameten, ferner die hervortretende Cystenmembran und das Fehlen des Binnen- körpers ermöglichen die cyclische Einreihung dieser Syncaryon- stadien nach der Befruchtung. Das von Pol zu Pol gestreckte Syncaryon wird von langen Fäden durchzogen, die bald netzartig miteinander verflochten, bald auf längere Strecken glatt verlaufen oder zu dichten Knoten ge- sammelt sind. Sie tragen aneinandergereiht verschiedengroße, stark. färbbare Körner (Fig. 38, 39, 40). Manchmal ließ sich ein einzelner Faden verfolgen und dabei Schleifenbildung auch Verdickung und Anhäufung der stark färbbaren Substanz beobachten (Fig. 41). In einigen Fällen ist die ganze Längsfigur von einem hellen Raum um- geben, der, ohne daß eine erkennbare Membran vorhanden wäre, deutlich von dem umgebenden Plasma abgegrenzt ist. Das häufige Auftreten des längsgestreckten Syncaryons in meinen Präparaten läßt auf ein zeitlich längeres Verharren in diesem Stadium schließen. Von den früheren Bearbeitern wurde es „Befruchtungsspindel“ ge- nannt, wohl in der Meinung, daß es mit der auf die Befruchtung folgenden, ersten Kernteilung in Beziehung stände. Nun bildet sich aber die ,,Befruchtungsspindel“ vor der ersten Teilung ganz zurück. Wir haben es also sicher nicht mit einer Teilungsspindel zu tun. Eine Bestätigung hierfür gibt Kunze 1907 in seiner Arbeit über die Adeleide Orcheobius herpobdellae, wo er ähnlichen Vorgängen be- gegnete Er schreibt (p. 403): „nach der Befruchtung nimmt der Kern wie bei allen genauer untersuchten Coccidien die Form einer Spindel an, welche jedoch keine Teilungsspindel ist, sondern sich vor der ersten Kernteilung wieder zurückbildet.“ So wäre es wohl zweck- mäßig, eine andere Ausdrucksweise für das Wort ,, Befruchtungsspindel“ zu wählen, um die hier falsche Vorstellung einer Teilungsfigur aus- zuschalten. In so knapper Form läßt sich allerdings dieses Stadium nicht mehr bezeichnen. Aber vielleicht wird seine Bedeutung eher getroffen, wenn wir es z. B. „Längsnetz des Syncaryons“ nennen. Weitere Figuren zeigen die eine Spitze des Längsnetzes etwas. Gametenbildung und Befruchtung von Adelea ovata. 351 vom Befruchtungspol zurückgezogen und andere den dazwischen- liegenden Abstand immer größer werdend, während sich am ent- gegengesetzten Pol mehr Fäden ansammeln. Das Längsnetz zieht sich also vom Befruchtungspol zum anderen Pol zurück. Die Ver- kürzung der Längsfäden geschieht durch Schleifenbildung oder wohl ‘direkt durch Kontraktion gegen den letztgenannten Pol. Einzelne der Fäden können noch zum Befruchtungspol hin ausgestreckt sein (Fig. 42), während alle übrigen schon völlig an dem Pol eingezogen | sind. Man unterscheidet feine und dicke stark färbbare Fäden. Der sie umschließende helle Kernraum besitzt oft noch eine, wohl durch den Rückzug bedingte, kleine Spitze gegen das Kerninnere hin (Fig. 43, 44, 46), was mich veranlaßt, diese Figuren nach dem Rückzug des Längsnetzes einzuordnen. Schließlich sind alle Fäden in dem hellen Kernraum nahe an der Zelloberfläche kontrahiert. Daß hier einzelne Fäden und nicht etwa ein langer verschlungener Faden vorliegt, zeigen freie Fadenenden (Fig. 42 u. 44). Zunächst bieten die dicht ineinander verflochtenen Fäden den Eindruck eines Knäuels (Fig. 43, 44). Auf weiteren Bildern aber erscheint er aufgelockert, und die Fäden sind kürzer und dicker geworden. Sie bilden sich zu einzelnen großen, stark färbbaren Gebilden von Stäbchen oder mehr Kugelform um (Fig. 45, 46). Diese Stadien wurden sehr häufig beobachtet. Dabei war es auffallend, dab die Zahl der Stäbchen innerhalb kleiner Grenzen konstant blieb und in mehreren Fällen zwischen 8—10 festgestellt werden konnte (Fig. 45). Einige Stäbchen sind längsgespalten, was in folgendem noch begründet werden soll. Und zwar finden sich Kernbilder mit nur teilweise sich spaltenden Stäbchen (Fig. 46, 47), wobei einige noch ungeteilt dazwischen liegen. Oder aber fast alle sind in Spaltung begriffen (Fig. 48) und liegen dicht parallel neben- einander. In Fig. 49a u. b sind alle Stäbchen in Spaltung, zum Teil schon die Hälften voneinander getrennt, die Zählung aller Hälften führt zu der doppelten Zahl 16—20. Um die Zahl der Stäbchen richtig in ihren Grenzen angeben zu können, muß man sich stets darüber klar werden, wie viele davon gespalten und wie viele ungespalten sind. Meistens ist diese Unterscheidung nicht schwer zu treffen, indem die noch unvollständig geteilten als Schleifen mit zwei freien, etwas verdickten Enden erscheinen und auseinander- geschlagen fast doppelt so lang wie ungespaltene Stäbchen sein würden (Fig. 46, 47, 49). Die völlig getrennten haben entweder noch dicht nebeneinander parallel gelagerte Spalthälften (Fig. 48) 352 JOHANNA GREINER, oder letztere sind schon mehr auseinandergewichen, manchmal auch nur mit ihren Enden auseinandergeschlagen (Fig. 49a u. b), doch lassen sie meistens ihre Zusammengehörigkeit erkennen. Von diesen Stäbchen kann also folgendes gesagt werden: 1. sie färben sich mit Eisenhämatoxylin schwarz; 2. sie treten stets an einer bestimmten Stelle des Entwicklungskreises von Adelea ovata auf: 3. ihre Zahl ist konstant zwischen 8—10 festzustellen; 4. sie spalten sich alle längs; somit sind sie als Chromosomen charakterisiert (Anhaltspunkte für das Auftreten echter Chromo- somen bei Telosporidien gibt schon die Arbeit MuLsow’s über Monocystis rostrata, 1911). Daß hier eine Spaltung und nicht eine Conjugation der Chromo- : somen vorliegt, geht aus folgender Betrachtung hervor. Die Zahl der Chromosomen, aus denen sich die Microgameten entwickeln, wurde zu 4—5 festgelegt. Es ist anzunehmen, daß der weibliche Kern vor der Befruchtung dieselbe Zahl aufweist. Läge eine Con- jugation vor, jetzt nach der Befruchtung, so müßten 8—10 einzelne oder 4—5 conjugierte Chromosomen auftreten. In unseren Kern- bildern aber handelt es sich um 8—10 und 16—20. Die letzte Zahl kann also nur durch Spaltung der durch die Befruchtung erreichten 8—10 entstanden sein. Der Anschluß dieser „Chromosomenstadien“, wie ich sie vor- läufig nennen möchte, an den Rückzug des Längsnetzes des Syn- caryons wird durch Bilder wie Fig. 45 erschlossen. Der beim Rück- zug in eine Spitze ausgezogene helle Kernraum enthält schon stäbchenförmige Chromosomen. Die Einordnung des Stadiums nach der Befruchtung ist wieder durch die 3 an der Zelloberfläche vor- handenen Microgameten und die Cystenmembran gegeben. Die cytologischen Untersuchungen über die folgenden Stadien der Sporenteilungen und Sporenbildung in meinen Präparaten sind noch nicht vollständig genug, um hier angeführt zu werden. Es soll nur kurz einiges darüber bemerkt werden, das im Zusammen- hang mit dieser Arbeit steht. Hier anzureihen wäre wohl in meinen Präparaten ein Stadium nach der Befruchtung, bei dem die Chromosomen des Syncaryons nicht mehr in einem runden Kernraum verteilt sind, sondern den ganzen breiten Zelldurchmesser einnehmen und auseinander zu weichen scheinen (Fig. 50) Ihre Zahl konnte nicht festgestellt werden, da sie an manchen Stellen zu dicht über- und ineinander- gelagert sind. Der ganze Chromosomenkomplex ist verhältnismäßig Gametenbildung und Befruchtung von Adelea ovata. 353 stark in die Linge gestreckt. Vor dem Zwischenstadium der Cygote fand ich nur Bilder wie Fig. 51, bei denen schon 2 Tochter- kerne vorhanden sind, die noch Verbindungsfasern zwischen sich erkennen lassen. So wird das beschriebene „Chromosomenstadium“ vor diese Endstadien der ersten sporogonialen Teilung zu setzen sein und stellt vielleicht selbst eine Phase der Teilung dar. Von der Ausbildung der 8—10 Chromosomen ab und deren Spaltung in 16—20 muß der Verlauf dieser ersten sporogonialen Teilung noch genau untersucht werden. Im Zweikernstadium der Cygote ebenso bei den weiteren Sporenteilungen treten Chromosomen auf, die aber nicht gezählt werden konnten (Fig. 52). In den Sporozoitenkernen wurde ebenfalls versucht, die Chromosomenzahl zu ermitteln, und dort scheint sie zwischen 4—5 konstant zu sein. Jedenfalls wurden nie 8—10 Chromosomen gezählt. Die Kleinheit der Sporozoiten- kerne und die oft dichte Lagerung der Chromosomen legt auch bei klaren Präparaten der sicheren Abgrenzung derselben ein bedeuten- des Hindernis in den Weg. IV. Besprechung der Ergebnisse über Teilung und Reifung. 1. Der Modus der Teilung. Die zwei Kernteilungen im Microgametocyten bestehen nach meinen Präparaten in einer Auseinanderziehung des Kernnetzes. Die Pole der Teilungsfiguren werden durch parallele oder sich kreuzende Körnchenreihen verbunden. Von einem achromatischen Teilungsorgan, wie Spindelfasern, Binnenkörperspindel u. dgl. konnte ich nichts wahrnehmen. Am Ende der Kernteilung zeigt sich ein Unterschied zwischen den gebildeten Tochterkernen. Nach der ersten Kernteilung entstehen 2 Ruhekerne, wobei sich die stark färbbaren Körner auf einem Netzwerk innerhalb der Kerne an- ordnen. Am Ende der zweiten Teilung dagegen bilden sich aus der stark färbbaren Substanz einzelne Chromosomen, 4—5 an Zahl, in allen 4 Kernen der Microgametocyten. Der Modus der Teilung ist, soweit er bisher erforscht ist, weder als amitotisch noch als mitotisch zu bezeichnen. Gegen eine Amitose würde das Auftreten der Chromosomen am Ende der zweiten Teilung sprechen; gegen eine Mitose das Fehlen der Chromosomen als zähl- bare Individuen während der Teilung. Das plötzliche Auftreten der Chromosomen mit konstanter Zahl am Schluß der Teilung ist rätsel- 354 JOHANNA GREINER, haft und ganz unvermittelt. Da in allen 4 Microgametocytenkernen ihre Zahl gleichgroß ist, müßte man an einer Stelle der Teilung eine zahlenmäßige Trennung der chromatischen Substanz erwarten. Aber wie erwähnt konnte ich davon bis jetzt nichts beobachten. In der Literatur wird Sreprecxrs Beschreibung der Micro- gametenbildung von den späteren Autoren als „richtig“ angenommen. Er deutet die Vorgänge an der chromatischen Substanz bei den Teilungen folgendermaßen: „nous pensons que la premiere division réduit la quantité de chromatine, dans chaque noyau de moitié; — la seconde se présente comme un phénoméne de réduction du nombre des chromosomes. Un microgaméte servait donc une cellule réduite et comme quantité de chromatine et comme nombre de chromosomes.“ Er findet dabei die Ähnlichkeit mit der Spermatozoenbildung der Metazoen auffallend. Nun können aber Sırpreckrs Abbildungen nicht als Belege für diese Deutung gelten, denn die cytologischen Einzelheiten der Teilung sind daraus nicht zu erkennen (SIED- LECKI, fig. 20—25). Seiner Beschreibung liegen vielleicht den meinigen ähnliche Beobachtungen zugrunde, denn SIEDLECKI hat darnach auch Chromosomen gesehen. Doch kann ich mich seiner Deutung der ersten Teilung als einer Caryokinese, der zweiten als Reductionsteilung nicht anschließen, obwohl diese Annahme sehr naheliegend und einleuchtend wire. Aber es fehlen in meinen Bildern die notwendigen Vorbedingungen zur Bestätigung der Deutung Srepreckrs nämlich die Kenntnis der Chromosomenzahl vor den Teilungen und das schon erwähnte Fehlen ihrer Spaltung während derselben. In dem Resultat der Teilungen besteht hier wohl eine Ähnlich- keit mit dem der Spermatozoenbildung. Die Microgameten werden hier aus 4 gleichwertigen Kernen gebildet, wie dort die Spermato- zoen. Nur ist der Unterschied der, daß dort zwei Reduktions- teilungen vorausgehen, deren Nachweis hier nicht gelang und un- wahrscheinlich ist. 2. Das Problem der Reifung. Bei Adeléa ovata findet, wie wir gesehen haben, eine Befruch- tung statt. Nach derselben treten in dem Kern der Cygote 8 bis 10 Chromosomen auf. Davon brachte der Microgamet 4—5 in die weibliche Zelle; so ist es wahrscheinlich, daß der Macrogametenkern vor der Befruchtung ebenfalls 4—5 Chromosomen enthielt. Das Vor- Gametenbildung und Befruchtung von Adelea ovata. 355 kommen einer Befruchtung und das zahlenmäßig konstante Auf- treten von Chromosomen legt die Vermutung nahe, daß die beiden Geschlechtskerne an irgendeiner Stelle der Entwicklung eine Re- duction erfahren. Bei der Microgametenbildung stehen wir in dieser Beziehung, wie erwähnt, vor einem Problem. Wohl werden konstant in jedem Microgametocytenkern 4—5 Chromosomen gebildet, ob sie aber das Resultat von Reductionsteilungen sind, war nicht festzu- stellen. Es wäre nun erwünscht, am Macrogametenkern das Problem der Reifung zu lösen, um, falls sich hierbei sichere Ergebnisse herausstellten, von da aus das ganze Problem der Reifung von Adelea ovata im Zusammenhang in Angriff zu nehmen. Nach den Erfahrungen bei Metazoen würde man die Reifung des weiblichen Kernes vor der Befruchtung vermuten, also hier wohl am ausgewachsenen Macrogameten, dessen Kern zu einem Pol ge- wandert ist. Es kämen die Stadien vom Beginn der Anheftung und der Teilungen des Microgametocyten bis zur Befruchtung in Betracht. In dieser Zeit wird der Binnenkörper des Macrogametenkerns all- mählich kleiner, er löst sich auf, so daß er vor oder kurz nach der Befruchtung völlig verschwunden ist. Auf den verschiedenen Stufen seiner Auflösung erscheint er deutlich vacuolisiert. Außer ihm ent- hält der weibliche Kern runde oder unregelmäßig gestaltete, stark färbbare Granula auf dem Gerüst zerstreut. Die Kernmembran ist stets vorhanden. Nach diesen Vorgängen am weiblichen Kern und der ungefähr gleichzeitig vollendeten Ausbildung der 4 Microgameten findet die Befruchtung statt. Die aus meinen Präparaten ersichtliche allmähliche Auflösung des Binnenkörpers hat mit Reifungserscheinungen nichts zu tun. Ich sah dabei in keiner Form eine Ausstoßung chromatischer Sub- stanz aus dem Kern. So stehen meine Beobachtungen mit denen von SCHELLACK U. REICHENOW im Gegensatz zu denen SCHAUDINNS, der bei Eimeria schubergi ein plötzliches Ausstoßen des Caryosoms aus dem Kern in das Zellplasma beschreibt und dort dessen Zerfall konstatierte. Er betont, daß darin zwar keine Reifung durch Kern- teilung wie bei den Metazoen vorliege, daß aber die Caryosom- ausstoßung als Reduction zu betrachten sei. Nun ist heute noch nicht mit Sicherheit festgestellt, ob die Caryosome der Coccidien Chromatin enthalten oder nicht. Denn nur wenn ersteres der Fall wäre, könnte das Wort Reduction für den von SCHAUDINN be- obachteten Vorgang gerechtfertigt werden. Außerdem gebrauchen wir heute das Wort Reduction oft statt Reductionsteilung und ver- 356 JoHANNA GREINER, stehen darunter die Halbierung der Normalzahl der vorhandenen Chromosomen und die Ausstoßung der einen Hälfte von ihnen. Es würde also die obige Anwendung des Wortes Reduction eine falsche Vorstellung des Vorganges erwecken. Auch die früheren Bearbeiter von Adelea ovata versuchten die Reifungsfrage bei diesem Coccid zu lösen. SIEDLECKI beschrieb (1899, p. 183) Folgendes als Reifungserscheinung: „une partie de la chromatin nucléaire s’echappe à la surface de la coccidie.“ Er nennt diesen Vorgang ,épuration nucléaire“. Reduction glaubte er es deshalb nicht nennen zu dürfen, weil nur ein Teil des am Pol liegen- den Chromatins des Kernnetzes ausgestoßen wurde, nichts aber von dem Chromatin des Caryosoms (letzteres hielt er fiir chromatin- haltig). Und er fährt fort (p. 184): „les parties nucléaires qui vont servir à la reproduction, condensées en parties dans le karyosom, restent, et le réseau dont la chromatine jouait probablement un rôle dans l’alimentation et l’assimilation de la cellule coccidienne, est en grande partie rejeté“. Schon in der vorhergehenden, kürzeren Arbeit von SIEDLECKI U. SCHAUDINN (1897) wird dieser Vorgang beschrieben, dort aber die abgestoßene Chromatinmenge direkt ,,Reduktionskérperchen“ genannt. Letztere Bezeichnung ließ also SIEDLECKI in seiner endgültigen Arbeit (1899) fallen. Seine „epuration nucléaire“ konnte ich nie beobachten; auch wird sie von keinem der späteren Forscher mehr beschrieben. So täuschte sich vielleicht SIEDLECKI durch etwas zufällig an der Oberfläche des Macrogameten angelagertes, etwa bei der Fixierung zerstörte oder sepreßte Darmepithelkerne oder dgl. Ein Bild des Augenblicks der Ausstoßung selbst gibt er nicht. Jortos untersuchte 1909 die Reifung bei Adelea ovata und her schreibt eine Reifeteilung. Seine Beobachtungen wurden 1912 von SCHELLACK U. REICHENOW widerlegt, die nachweisen, daß fast alle seine Abbildungen nicht Adelea ovata, sondern Stadien des von ihnen entdeckten, vierten Coccids aus dem Lithobius-Darm, Barrouxia schnei- deri, darstellen. Bei den figg. 31 u. 32 von Jozzos ist es unsicher, ob sie zu Adelea ovata oder zu Barrouxia schneideri gehören; sie haben ein abnormes Aussehen. Die Zellen sind vielleicht bei der Fixierung zerflossen oder gepreßt, so daß der Kern mit dem Caryosom in die Breite gestreckt und in fig. 32 noch über den Rand der Zelle hinaus gedrückt wurde (vgl. auch ScCHELLACK U. REICHENOW, 1912). Nur in äußerst seltenen Fällen begegnete mir ein so in die Breite gezogener Kern mit Binnenkörper; und zwar nur dann, wenn das Gametenbildung und Befruchtung von Adelea ovata. 357 Präparat oder diese Stelle darin nicht gut fixiert waren. So dürfen ähnliche Macrogameten nicht zur Diskussion herangezogen werden, da sie wohl künstlich hervorgebrachte Abnormitäten darstellen. Derpaisreux (1911) und SCHELLACK U. REICHENOW (1910—1912) beschreiben keine Ausstoßung chromatischer Substanz. Sie beobachteten wie ich am Macrogameten mit polarem Kern die verschiedenen Stufen der Autlösung des Binnenkörpers bis zu seinem völligen Ver- schwinden, aber keine Ausstoßung desselben und auch keinen Re- ductionsvorgang. Als Gesamtergebnis können wir also vor der Befruchtung keine Reifung am Macrogametenkern feststellen. Es bleibt noch eine Möglichkeit für das Vorkommen einer Reifung, nämlich die Annahme, daß sie nach der Befruchtung erfolgt. Solche Fälle sind bis jetzt nur sehr wenige bekannt, aber hier scheinen einige Anzeichen darauf hinzuweisen. Es sind noch keine endgültigen Ergebnisse gefunden, aber es soll in Folgendem nur der Weg gezeigt werden, auf dem es wohl gelingen wird, mit Sicherheit das Problem der Reifung für Adelea ovata zu lösen. Es muß dazu die Zahl der Chromosomen in den Kernen der zwei- bis vielkernigen Sporencysten, der Sporoplasten und Sporozoiten festgestellt werden und außerdem in den Kernen der vielkernigen Schizogoniestadien („Sternchenfiguren“). Dies ist sehr schwierig bei der Kleinheit dieser Kerne und den oft dicht ineinander liegenden Chromosomen. Aber bei noch weiterem großen und günstigen Material wird es nicht unmöglich sein. Die Zählung wurde versucht, und es schienen die Kerne der Sporozoiten und die der ,Sternchenfiguren“ der Schizogonie 4—5 Chromosomen zu ent- halten. Sollte sich diese Zahl bei weiterem Material als richtig und konstant erweisen, so wäre damit sichergestellt, dab: 1. eine Re- duction stattfinden muß und 2. sie sich nur in der Zeit nach der Befruchtung und vor der Sporozoitenbildung abspielen konnte. Die Sporozoiten hätten dann 4—5 Chromosomen, die während der Schizo- gonieteilungen beibehalten werden. Wandelt sich der Sporozoit zum Macrogameten oder Microgametocyten um, so würde in beiden Ge- schlechtsformen diese Zahl fortbestehen. Da bis zu der Befruchtung keine Reduction auftritt, verdoppelt sich bei ihr die Zahl der Chromo- somen auf 8—10. Es wäre dann 4—5 die Normalzahl, die nach der Befruchtung wiederhergestellt würde durch eine Reduction noch vor der Sporozoitenbildung. Damit würde sich auch erklären, daß die Teilungen im Microgametocyten keine Reductionssteilungen zu sein brauchten, sondern wie bei gewöhnlichen Teilungen wird nur die 358 JOHANNA GREINER, Normalzahl 4—5 Chromosomen auf die Microgametenkerne über- tragen. Diese letzte Erörterung über das wahrscheinliche Vorkommen einer Reduction nach der Befruchtung wurde von mir im Januar 1918 schriftlich niedergelegt vor der Kenntnis der Arbeit von DOBELL u. JAMESON (1915) und in meiner Vorl. Mitteilung erwähnt. Jetzt nach der Lektüre dieser Arbeit scheint meine Vermutung bekräftigt. DoBELL u. JAMESON fanden für das Coccid Aggregata eberthi und die Gregarine Diplocystis schneider: während des ganzen Lebenscyclus die Haploidzahl der Chromosomen mit Ausnahme der einzigen Stelle kurz nach der Befruchtung, wo Diploidzahl vorhanden ist. Diese wird aber schon im Laufe der ersten Zygotenteilung wieder zur Haploid- zahl reduziert. Es ist also dort die erste Teilung in der Zygote als Reductionsteilung anzusehen. Ob bei Adelea ovata dieselben Verhältnisse bestehen, kann ich heute noch nicht endgültig ent- scheiden, wenn auch meine Zählungen darauf hinzuweisen scheinen. Jedenfalls möchte ich die Stadien von dem Rückzug des Längs- netzes des Syncaryons und der ersten Zygotenteilung bei weiteren Untersuchungen besonders ins Auge fassen. Gametenbildung und Befruchtung von Adelea ovata. 359 Literaturverzeichnis. BRUEL, L, (1915), Die Zelle und Zellteilung (zoologisch), in: Handwörterb. Naturw., Vol. 10, p. 807— 910. BUCHNER, P., Praktikum der Zellenlehre, Vol. 1. Bürscauı, O. (1881), Kleine Beiträge zur Kenntnis der Gregarinen, in: Z. wiss. Zool., Vol. 35. DEBAISIEUX, P. (1911), Recherches sur les Coccides, in: Cellule, Vol. 27. DoBzLL, C. C. (1907), Observations of the lifehistory of Adelea ovata, A. SCHNEIDER, with a note of a new Gregarine from the gut of the Lith. forf., in: Proc. Roy. Soc. London, Vol. 79. DOBELL and JAMESON (1915), The chromosome cycle in Coccidia and Gregarines, ibid., Vol. 89, Biol. Sc. DoFLEIN, F. (1911 u. 1916), Protozoenkunde. — (1915), Aenderungen des Aggregatzustandes im lebenden Protoplasma, in: Ber. naturf. Ges. 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Bildung der Tochterkerne. Fig. 7 u. 8 2000:1, Fig. 9 2200 : 1. Fig. 10. Zweikernstadium. 2000: 1. Fig. 11—13. Zweite Kernteilung. Fig. 11 2500 :1, Fig. 12 u. 13 2200 : 1. Fig. 14—16. Vierkernstadium. Fast alle Kerne enthalten 4—6 Chromosomen. Fig. 14 2500 : 1, Fig. 15 u. 16 2200: 1. Fig. 17—21. Ausbildung der Microgameten aus den 4 Kernen, Fig. 17 u. 18 Bildung der dunkeln Randzone der Kerne. Fig. 19 Streckung und Umbiegung der Kerne. Fig. 20 ausgebildete, mit Geißeln versehene Microgameten. Fig. 17 2500:1, Fig. 18 u. 20 2200:1, Fig. 19 1800 : 1, Fig. 21 3000 :1. 362 JoHANNA GREINER, Gametenbildung und Befruchtung von Adelea ovata. Fig. 22. Merozoit von Adelea ovata. Fig. 23—24a. Junge, heranwachsende Macrogameten. Fig. 24a. 11001; Fig. 24b. Dunkles mit Körnchen besetztes Netz im weiblichen Kern. 2250 : 1. Fig. 25. Macrogamet, dessen Kern auf der Wanderung zum Pol begriffen ist. 1450: 1. Fig. 26—27. Macrogameten mit polarem Kern und angeheftetem Microgametocyten. 1200:1. Fig. 28. Am Befruchtungspol liegt der weibliche Kern mit ver- kleinertem Binnenkörper und 4 Microgameten. 1300: 1. Fig. 29—32. Befruchtung. Das Chromatin des eindringenden Micro- gametenkernes verbreitet sich kegelförmig im weiblichen Kern. Fig. 29 1250 : 1, Fig. 30 2200:1, Fig. 31 u. 32 1400:1. Tafel 17. Fig. 33a u. b. Befruchtung. Von dem „kugelförmigen Kôrperchen“ aus dringt das männliche Chromatin strahlenformig in den Macro- gameten ein. Fig. 33a 2500 :1, Fig. 33b 2600:1. Fig. 34. Nach der Befruchtung. 1400:1. ‘Fig. 35—36. Das Syncaryon rückt vom Pol hinweg. Fig. 35 1250: 1, Fig. 36 1500:1. Fig. 37. Das zentrale Syncaryon zieht sich nach zwei Polen in eine Spitze aus. 1350 :1. Fig. 38—40. „Längsnetz des Syncaryons“. Fig. 38 u. 39 1750:1, Fig. 40 1500 :1. Fig. 41. Einzelne Fäden aus einem Längsnetz. 2200:1. Fig. 42. Rückzug des Längsnetzes. 1400:1. Fig. 43—44. Ansammlung der Fäden an dem dem Befruchtungspol entgegengesetzten Pol. Fig. 43 1300:1, Fig. 44 1150:1. Fig. 45—46. Ausbildung von 8—10 Chromosomen. Fig. 45 1950:1, Fig. 46 1800:1. Fig. 47—49. Spaltung der Chromosomen. Fig. 47 2000 : 1, Fig. 48 1500 : 1, Fig. 49a 1800 : 1, Fig. 49b 2200: 1. Fig. 50. Auseinanderweichen der Chromosomen (?). 2000 : 1. Fig. 51—52. Ausbildung von zwei Kernen in der Zygote. Fig. 51 2500:1, Fig. 52 1850:1. Nachdruck verboten. Übersetzungsrecht vorbehalten. Über die Eigenart und Entstehung der Vermehrungs- weise durch aborale und orale Proliferation bei Narco- polypen und Scyphopolypen. Studien über den Generationswechsel. Von Paul Hanitzsch, gest. am 30./4. 1918 an den Folgen einer Kampfgasvergiftung. Mit 16 Abbildungen im Text. Inhalt. Seite Vorwort . . 364 1. Die nern am er Pol der Denen IE Gene- ration von Cunina proboscidea METSCHN.. . 364 2. Uber die Bedeutung der ectodermalen ER De den Emma proboscidea-a-Larven. . . 371 3. Die Knospen der «-Larven und ee Banane zu en B- een 374 4. Die Metamorphose der a- und B-Larven von Cunina (he zu Medusen . . 377 5. Hypothese über den ee lee Cunina proboscida à sive parasitica METSCHN. . . 379 6. Allgemeine Bemerkungen zu den Knospungserscheinungen ‘der Narcomedusen- Laryen . . 386 7. Die Wirkung des Ranupasuilicnne im Leben der Cunina para- silica aut. . . 390 8. Über die Knospungserscheinungen der ' Seyphopoly gen und die stammesgeschichtliche Entstehung der Metagenesis. . . . 401 Zool. Jahrb. 42. Abt. f. Anat. : 25 364 Paun Hanrrzscn, Vorwort. Bei meinem letzten Aufenthalt in Neapel im Frühjahr 1912 stellte mir der rührige Nachfolger von Dr. Lo Branco Herr Dr. ArTILIO CERRUTI liebenswürdigerweise eine größere Anzahl Embry- onen tragender, in FuLemming’scher Lösung konservierter Cuninen zu, die als Cunina proboscidea Metscun. bestimmt wurden. Dem gen. Herrn Kollegen möchte ich auch an dieser Stelle meinen Dank aussprechen; desgl. der Stazione Zoologica, deren rühm- lichst bekannte Gastfreundschaft ich nun schon wiederholt genoß und ihrem Leiter Herrn Prof. Dr. R. Dourn, der stets bereit war, für die Erfüllung selbst der weitgehendsten Wünsche Sorge zu tragen. Im Interesse anderer Arbeiten schob ich die Durchsicht des Materials, mit welchem mich CErrurı bereichert hatte, auf und begann damit erst im Sommersemester 1914, weil ich von dem Studium der „ektodermalen Knospung des haftflaschenartigen, drü- sigen Apicalorgans“ der Cun. prob.-Larven II. Generation Aufschlüsse — über die Bedeutung der ectodermalen Knospung des Terminalorgans. der Pneumatophoriden erwartete. Da kam der Krieg, der jäh meine Arbeiten unterbrach, da ich sofort zu meinem Regiment abreisen mußte. Eine schwere Ver- letzung, die selbst nach erfolgter Heilung meine Gehfähigkeit in hohem Grade beschränkte und auf lange Zeit meine militärdienstliche Verwendung ausschloß, gab mir Gelegenheit, meine Studien fortzusetzen. Ihr Ergebnis ist die vorliegende Arbeit. 1. Die Knospungserscheinungen am aboralen Pol der Larven II. Generation von Cunina proboscidea. Die Untersuchung der Knospungserscheinungen am ab- oralen Polder Cun. prob.- Brut führte zu der für mich zunächst sehr befremdlichen Entdeckung, daß die Entwicklung der II. kleinen Generation Cunina proboscidea, wie ich sie 1912, 1913 beschrieb, durch das Auftreten einer von mir nie zuvor beobachteten, neuen Larvengeneration kompliziert wird. Dieselbe zeichnet sich durch die Fähigkeit aus, am aboralen Pol Knospen zu treiben, welche einzeln abfallen und dann — frei in der mütterlichen (I. Generation) Körperhöhle liegend — kaum von geschlechtlich erzeugten Delaminationsgastrulae zu unterscheiden sind. Diese durch Knospung sich vermehrenden Larven erinnerm außerordentlich an die von METSCHNIKOFF 1886 beschriebenen. Vermehrung durch Proliferation bei Narcopolypen und Scyphopolypen. 365 In Würdigung der Tatsache, daß die Larven dieses wieder auf- gefundenen Typus ältere Bekannte sind als die von mir geschilderten Cunina proboscidea-Larven II. Gen., wollen wir sie provisorisch, dem Alphabet folgend, als «- und %-Larven, unterscheiden. Der Stolo der a-Larven scheint sich zunächst weder habituell noch strukturell von dem der -Larven zu unterscheiden (Fig. Ba). Hier wie dort erweist er sich auf Schnittserien als Ectoderm- wucherung, deren Inneres von interstitiellen Zellelementen (7. Z) auf- gebaut wird. Fig A: „a-Larven“ von Cunina proboscidea METSCHNIKOFF, kenntlich an dem Mangel einer Phorocyte und an der verbreiterten, distal sich einstülpenden Aboralknospe (schematisch). a Beginn der von der Knospenkuppe im Sinne der Pfeilrichtung fortschreitenden Einstülpung (w). b ein zwar nur vorübergehendes, gleichwohl aber typisches Stadium der Knospenentwicklung (vgl. Fig. G). ce #-Larve in Metamorphose zur Meduse (schematisch). Anlage des Schirmes (br), sowie die aus b ersichtliche vorübergehende Grenze des Apicalorgans (w), dessen Lumen sich im Sinne der Pfeilrichtung ver- kleinert hat, sind durch gerissene Linien bezeichnet. d ¢-Larve vor Abschluß der Metamorphose. Erst im Verlauf der Weiterentwicklung ergibt sich ein prinzi- pieller Unterschied. Während das Zellmaterial der erst stoloförmigen, später aber in die Breite gehenden Ectodermwucherung der ß- Larven bei ihrer Metamorphose zu deformierten Medusen fast rest- los (d. h. bis auf die apicale drüsige „Knospe“) in der Bildung der | 5 366 Paur Hanirzscu, ectodermalen Partien des Schirmes aufgeht (Fig. A), liefern die inter- stitiellen Zellen des Stolo der a-Larven in ähnlicher Weise wie die interstitiellen Zellen der ectodermalen Knospen der Margeliden (Caux) selbständig ein „Knospenentoderm“, welches auf den für die Beurteilung des Knospungsvorgangs wichtigsten Stadien deut- lich von dem Entoderm der proliferierenden Larve getrennt ist. Fig. B. Entwicklung der Aboralknospe der «-Larven von Cunina proboscidea. Längen- wachstum des Stolo und Auftreten eines Syncytiums in seinem Basal- und Distal- abschnitt. - ec Ectoderm, ent Entoderm der Larve. 7. Z interstitielle Zellen. Das „Knospenentoderm“ tritt in die Erscheinung als ein Syn- cytium, in welchem ich zu Anfang dieser Differenzierungsprozesse nur sehr wenige Kerne, etwa 5 zu finden vermochte (Fig. Bb). Sie sind kleiner als die der interstitiellen Zellen und tingieren sich auch mit denselben Farbstoffen dunkler. Wir müssen, da eine Beteiligung des Larven-Entoderms am Aufbau der Stoloknospe völlig ausge- schlossen ist, die Knospenentodermzellen als Abkömmlinge der großen polygonal abgeplatteten interstitiellen Zellen ansehen. Auf die Be- deutung dieser Umdifferenzierung werden wir zurückkommen und wollen sie einstweilen als gegeben hinnehmen. Die ectodermale Aboralknospe der a-Larven zeigt neben starker elastischer Beweglichkeit ausgesprochenes Längenwachstum. Besonders rege ist die Zellvermehrung im distalen Abschnitt, in dessen Bereich der Stolo kuglig anschwillt und infolgedessen im ganzen betrachtet die Form einer Keule annimmt (Fig. Be, d). Inner- halb der zwischen Basal- und Distalabschnitt gelegenen Zone Vermehrung durch Proliferation bei Narcopolypen und Scyphopolypen. 367 ist der Stolo meist sehr schlank. Hier schreitet die Diffenzierung des Knospenentoderms nicht, oder doch nur recht langsam vor- wärts. Desto lebhafter ist sie im distalen Abschnitt. Auch hier trägt das Knospenentoderm zunächst den Charakter eines Syncytiums (Fig. Bd). Sehr bald tritt jedoch eine Änderung dieses Verhält- nisses ein. Zunächst zerfällt das distale Syncytium in einen Haufen scharf abgesonderter Zellen, die sich mit einer Stützlamelle (Neu- abf stl 0 — t’ (ent) 46 oP x en a 1 Lo 0.2 0, ” nz sono) ®) st tN on oe. N Ss B ate > — er PES Em RTL IT TT (SSSR Ge 2. ; = er La Se DS kes : HS 127 { TE Fig. C. a-Laryen in Aboralknospenbildung. a Umbildung des distalen Syncytiums zum Entoderm der 1. Knospe (A). b Beginn der Abschnürung der 1. Knospe. st aborale, stoloartige Knospe. (ent‘) das entodermal determinierte basale Syn- eytium. ent‘ das aus dem distalen Syncytium hervorgegangene Knospenentoderm. stl Knospenstützlamelle. g Geschlechtsanlagen der Larve. abf Rückenfläche der Larve; derjenige Abschnitt, der frei von sexueller Differenzierung bleibt, dafür nicht nur hier, sondern auch bei anderen Narcomedusenlarven in Proliferation eintritt. gastr Gastralhöhle der Larve. bildung) gegen das umgebende Knospenectoderm abgrenzen (Fig. C stl) und hierauf zur Bildung einer kleinen Höhle (des Gastralraumes der 1. oder obersten Knospe, A) auseinanderweichen. Die Knospen- stützlamelle entsteht in der Weise, daß an der äußeren Grenzfläche des Knospenentoderms dicht gedrängte Körnchen ausgeschieden werden, welche schließlich zu einer homogenen Membran verkleben. 368 Pauz Hanrrzscu, Viel später erst wiederholen sich diese Vorgänge an dem ba- salen Entodermsyncytium (Fig. C [ent‘)). Auch hieraus ergibt sich, daß der Stolo unserer Cunina probos- cidea-a-Larven keine Ausstülpung beider Keimblätter sein kann, wie METSCHNIKOFF dies beschrieb; daß vielmehr das Knospenento- derm wie auch die begrenzende Knospenstützlamelle Neubildungen repräsentieren müssen. Nicht immer bietet der Stolo der «-Larven das in der Fig. Ca wiedergegebene Bild. Fig. Cb zeigt, daß sein mittlerer, für ge- wöhnlich schlanker Teil angeschwollen sein kann und zwar — wie immer — infolge reger Vermehrung der interstitiellen Zellelemente. In diesem Abschnitt wiederholt sich nun zum 3. Male die Bildung von Knospenentoderm. abf 1 st ent = Titi 5255555449 O98 ASS: EEE CEE PPRITAX Fa © on» PS OR 0 * > 5 0 of 9 ae oa%& yo an N 2.0. ©, 06505 NO © 0,9 RAR à Ris: D: a Medianschnitt durch eine ältere «-Larve. Im Stolo (st) das basale Syncytium in eine Reihe gesonderter Zellen zerfallen, welche bereits von einer Stützlamelle um- geben werden; eine solche fehlt noch dem distalen Komplex. b Schema zur Ver- anschaulichung des Knospungsprozesses bei den «-Larven. A. B, C die in alphabetischer Reihenfolge sich differenzierenden Knospenabschnitte, A bereits abgelöst. (1), (11), (111) Ablüsungsfolge. ent das die Gastralhöhle be- grenzende Larvenentoderm. ent’ Knospenentoderm. o Mund der Larve. ? Tentakel- anlagen. Vermehrung durch Proliferation bei Narcopolypen und Scyphopolypen. 369 Da mittlerweile die Difterenzierung des basalen Entodermsyn- cytiums zu scharf gesonderten Zellen erfolgt, diese Zellen sich mit einer Stützlamelle zu umgeben beginnen, während fast unmittelbar därauf die Larvenstützlamelle, soweit sie Larvenentoderm von Knospenentoderm trennte, aufgelöst wird, so zeigt ein Medianschnitt durch eine ältere «-Larve Bilder, wie ich sie in Fig. Da und zum besseren Verständnis derselben, in der schematischen Fig. Db wieder- gegeben habe. Der Stolo weist hier distal ein Entodermsäckchen, dem die Be-- kleidung durch die Stützlamelle noch fehlt und proximal eine bereits > ER 5: ae À os fe © BG | me rx : > ET FETT REED f 6 CAR @%6 @ ge CRC @ect 9029090. 9 0 ©6669 een EFT Ga. er Pies 5 ‘€ eo 6. CRC Bt AN EI LIIESEE ; 7 are, 00% 055 0G 0 Fo 9090.90 Fig. E. Spätere Stadien der Aboralknospenbildung der «-Larven von Cunina proboscidea. a Medianschnitt durch einen um die Knospe A verkürzten Stolo. Larvenstütz- lamelle zwischen Larvenentoderm und Knospenentoderm aufgelöst, im letzteren ein T-formiges Lumen (Gastralhöhle der Knospe 5). bu. e letzte Stadien des Knospungs- prozesses der a-Larven (e nach METscHnIKOFF, Embr.-Stud., 1886, fig. 4, tab. 12). d zipfliger Vorsprung {st) der Rückenfläche, welcher auf den voraufgegangenen Knospungsprozeß hindeutet. B(III), C(IT) vgl. Fig. D. ect Ectoderm. ent Larvenentoderm. ent‘ Knospenentoderm. ph Phorocyte. 370 Paut Hanrrzscn, von Stiitzlamelle umschiedene Entodermzellengruppe auf, welcher dafiir der zentrale Hohlraum noch abgeht. Das ist also eine Umkehrung der fiir die in den Figg. Cau. b illustrierten Larven giltigen strukturellen Verhiltnisse, nach denen gerade das distale Entodermsäckchen in seiner Ausbildung weiter fortgeschritten ist als das proximale. Diese Umkehrung ist aber nur eine scheinbare und erklart sich ungezwungen durch die Annahme, daß sich der terminale, das pri- märe, höchstdifferenzierte Entodermsäckchen enthaltende Stolo- abschnitt bereits abgeschnürt hat. Ich habe zwar diesen Vorgang nicht direkt verfolgen können, dafür aber häufig entsprechende Einschnürungen am Stolo (Fig. Cb) beobachtet. Desgleichen fiel mir auf, daß nur die jüngeren Larven extrem lange Stolonen besaßen, während die der älteren Larven um 30—50 und mehr °/, der Maximallänge verkürzt erschienen. Kehren wir zur Betrachtung des in Fig. D abgebildeten Median- schnittes zurück, so lehrt dieser, daß ungefähr zur selben Zeit, wenn das nunmehrige distale, aber nicht primäre, sondern tertiäre Endo- dermsäckchen sich mit einer Stützlamelle gegen das Knospenecto- derm abzugrenzen beginnt (Fig. Ka), endlich die bereits von einer Stützlamelle umkleideten basalen Entodermzellen zur Bildung eines zuächst T-förmigen Lumens auseinanderweichen. Mittlerweile ist die Stützlamelle der Larve an der Grenzfläche zwischen Larven- und Knospenentodermen zur Auflösung gekommen (Fig. Da u. Ea); und so tritt schließlich auch eine Kommunikation der benachbarten Hohlraumsysteme ein (Eb u. ©). Der Hohlraum der distalen ,Knospe“ C (Fig. D, Ea) tritt nach meinen Beobachtungen nie in Verbindung mit dem Gastralraum der „proliferierenden“ Larven, da sie bei noch älteren Larven nicht mehr aufzufinden ist, darf wohl angenommen werden, daß sie wie die Knospe A abfällt. So bleibt zum Schluß von dem ursprünglich rein ectodermalen Stolo nur ein 2schichtiger Auswuchs der Rücken- fläche der Larve übrig (Fig. Eb u. c), welcher sich später ebenfalls abtrennt. Nur selten deutet dann ein kleiner zipfeliger Vorsprung der Rückenfläche (Fig. Ed st) auf den vorangegangenen Prolifera- tionsprozeß hin. Zu Fig. Eb noch ein paar Worte. Sie stellt eine proliferierende a-Larve im Besitz einer Phorocyte dar. (Das Präparat ist leider bei der Herauspräparation mit feinen Nadeln an seinem Haftpol ein wenig verletzt worden, zeigt aber immerhin noch das, was es zeigen Vermehrung durch Proliferation bei Narcopolypen und Scyphopolypen. 371 soll.) Selten erhält sich die meist nur für jüngere Entwicklungs- stadien (Fig. F) charakteristische Tragzelle so lange wie in diesem Falle, dessen besondere Bedeutung darin besteht, dab er uns erlaubt, diejenigen Cunina proboscidea-Larven, an deren Aboralpol die „ecto- dermale Knospung neuer 2schichtiger Embryonen“ anhebt, direkt von Phorocyten besitzenden Entwicklungsstadien der II. Generation abzuleiten. 2. Uber die Bedeutung der ectodermalen Knospung bei den Cunina proboscidea-«a-Larven. Überblicken wir das über den „Knospungsprozeß“ unserer a-Larven Gesagte, so ist als wichtigstes Ergebnis der Untersuchung festzuhalten, daß Larvenknospen — wie sie in Fig. Eb u. e zur Darstellung gebracht wurden — nicht mehr mit Merscunikorr als Anfangsstadien, sondern vielmehr als Produkt einer langen eigen- artigen Entwicklung aufzufassen sind. Fig. F. a u. b Schnitte durch sehr junge «-Larven mit eigentümlichen embryonalen Pol- zellen (unterhalb der Phorocyte), die als Urknospenzellen gedeutet werden können. Wir gebrauchten in Anlehnung an den allgemeinen Sprach- gebrauch für diese Entwicklung den Ausdruck „ectodermale Knospung“, glauben aber, dab dieser Ausdruck zu speziell gefaßt ist und dab wir zu einem besseren Verständnis des eigenartigen „Proliferations- prozesses“ der a-Larven kommen würden, wenn wir uns vorsichtiger dahin äußern, daß einige an der Bildung des Ectoblastes teilnehmende und in diesen kontinuierlich übergehende, am aboralen Pol der Cunina-Brut gelegenen Zellelemente zur Entwicklung der Knospe zusammenwirken. Ich persönlich möchte sogar annehmen, daß diese Zellen letzten Endes auf eine einzige zurückgehen, welche sich im 372 Paur Hanıtzsch, Verlauf der Eifurchung frühzeitig von den anderen Deszendenten der Eizelle sondert. Die in den Figg. Fa u. b abgebildeten Schnitte könnten meine Auffassung unterstützen. Trotz eifrigster Durchsuchung meines Materials vermochte ich leider allerdings kein Stadium aufzufinden, welches die Weiter- entwicklung jener unterhalb der Phorocyte gelegenen, offenbar in Teilung begriffenen embryonalen Zellelemente klar stellen würde. Jedenfalls sind sie auf späteren Entwicklungsstadien verschwunden, und da letztere durch einen lebhaft wachsenden Stolo ausgezeichnet sind, bleibt zu vermuten, daß dessen Bildungsmaterial in den rätsel- haften embryonalen Polzellen konzentriert ist. Wenn diese Vermutung, auf die wir in anderem Zusammenhang noch einmal stoßen werden (S. 376), richtig ist, würde also der Prozeß der ectodermalen Knospung sich einfach als verspätete Ent- wicklung eines — durch Abspaltung vom Körper offenbar sehr früher Entwicklungsstadien (Morula?) entstandenen, wenig umfangreichen Zellkomplexes darstellen und demzufolge wohl am besten als Teilknospung zu bezeichnen sein. Die Entstehung dieser eigentümlichen Vermehrungsweise dürfte mit der Verlegung der Larvenentwicklung in die gastrischen Räume des Muttertieres zusammenhängen.') Die beschränkten räumlichen Verhältnisse derselben hätten wenigstens zu einer Verkümmerung der Fähigkeit zur somatoblasti- schen Knospenbildung ?) führen können, während sie auf der anderen Seite die Vermehrung durch Teilung begünstigen mußten. 1) Nach wie vor halte ich an meiner vor der D. Zool. Ges. 1912 vertretenen Ansicht fest, daß die Entwicklung der Cunina proboscidea ehedem eine direkte war und sich wie die ihrer hypogenetischen Ver- wandten im freien Meere abspielte. Zu deutlich spricht die Art und Weise der Anlage und Organisation (Ausstattung mit Balancierapparaten, Sinneswerkzeugen) des Schirmes dafür, daß er zuerst von pelagischen (ölenteraten-Urformen erworben wurde, nämlich als Apparatur zur Steigerung der angeborenen Fähigkeit zum Schweben im Wasser (l. c., p. 294—295). Ebenso weist der besonders für die jüngeren Larven charakteristische Besitz eines Flimmerkleides (vgl. auch Fig. E) darauf hin, daß das Meer ihre ursprüngliche Entwicklungsstätte war. 2) Diese Fähigkeit dürften die einfachen polypoiden Larven wie ihre Verwandten (z. B. Cunina rhododactyla HÄcK., Cunoctantha octonaria McCrapy, die sonderbare Knospenähre vom Typus III | HANITZSCH] u. a.) Vermehrung durch Proliferation bei Narcopolypen und Scyphopolypen. 373 Tatsächlich besitzen die Cuninen-Larven in hohem Grade das Vermögen, sich äqual oder inäqual, einfach oder multipel, quer und längs zu teilen. - Die Vorstellung, dab Neilunigetore ines sich nicht nur an den polypoiden sackförmigen Larven, sondern schließlich auch auf noch viel früheren Entwicklungsstadien (Morula?) vollziehen, kann im Hinblick auf die Angaben METscHnIıKoFrF's (1886), dab sich bei Oceania armata bereits die Blastula-Stadien durch Teilung vermehren, nicht kurzerhand abgewiesen werden. Zu erklären bliebe also nur die verspätete Entwickung des bei sehr inäqualer Spaltung entstehenden kleineren Teilungsstücks (embryonale Polzellengruppe der «-Larven). Die Fähigkeit, aus sich Embryonen, welche dem „knospenden“ Muttertier sehr ähnlich sind, hervorgehen zu lassen, ist an sich nicht erstaunlich. Wir wissen ja, daß gerade bei Cölenteraten das Regenerationsvermögen weit ver- breitet ist und verhältnismäßig kleine Teilstücke des Körpers sich zu einem, dem operierten Tier gleichgestalteten, wenn auch meist kleineren Individuum ergänzen können; freilich nicht unbeschränkt. Allzu klein dürfen die Fragmente nicht sein, wenn sie regenerations- kräftig bleiben sollen. Man könnte daran denken, daß die vorüber- gehende Latenzperiode der embryonalen Polzellengruppe der «-Larven damit zusammenhängt, daß diese wenigen Zellen zunächst nicht fähig sind zu selbständiger Entwicklung; dab sie diese Fähigkeit erst mit Unterstützung des größeren Geschwisters gewinnen, wenn dieses in der Lage ist, nicht nur sich selbst zu ernähren, sondern von seinem Nahrungsüberschuß auch ein ,,Knospenzooid“ aufzuammen. Auf diesem Wege könnte also ein einigermaßen befriedigendes Ver- ständnis der «-Larven und ihrer „Knospenerscheinungen“ erreicht werden. — Ob aber dieser Weg der richtige ist, ist eine andere Frage, die nur durch sorgfältigstes Studium der cell-lineage dieser Larven gelöst werden kann. Ebenso bedarf die durch BIGELOW (1909) bekannt gewordene Ver- von den bipolaren Ahnenformen ererbt haben; vgl. auch KORSCHELT u. HEIDER, 4. Lfg., 2. Hälfte, Kap. 9, p. 515—518. Bemerkenswerterweise beschränkt sich die Fähigkeit zu üppiger aboraler Proliferation auf die pelagischen Narcomedusen-Larven bzw. auf die, welche nur äußerlich festgeheftet an pelagische Wirtstiere (artfremde Narco- medusen, Trachomedusen, einige Glockenkernmedusen) immer noch der Lebensverhältnisse, die das freie Meer bietet, teilhaftig werden (vgl. auch HanıtzscH, 1911, p. 208). 314 Pauz Hanrrzson, mehrungsweise der Cunina peregrina, Pegantha laevis durch entodermale : Knospung dringend erneuter Untersuchung. Möglicherweise führt diese zur Auffindung embryonaler Herde an den Stellen des inneren Blattes, an denen BIGELOW seine ,entodermalen“ Knospen entspringen sah. Sollte es sich herausstellen, daß die Entstehung embryonaler Herde im Ectoderm (Own. prob.-a-Larven) wie im Entoderm (Cun. peregrina, Pegantha laevis) auf eine einzige ,Urknospenzelle“ zurückgeht, so würden wir diese Vermehrungsarten (Gonoblastie BRAEM [bei Margeliden]) gar nicht mehr zur ungeschlechtlichen Fortpflanzung rechnen dürfen, sondern eher als einen Spezialfall geschlechtlicher Fortpflanzung zu deuten haben. Da- mit würde auch die Differenzierung der Knospenkeimblätter ihren rätsel- haften Charakter verlieren. Ich möchte schließlich darauf hinweisen, daß die Erscheinung, daß sich die Entwicklung von Embryonen unter dem Bilde eines Knospungsvorgangs vollzieht, in der Natur gar nicht so selten ist. Ich denke hier an Verhältnisse, wie sie sich in der Entwicklung der Statoblasten im Funiculus der Bryozoen oder auch der Keim- ballen in den Sporocysten und Redien der Trematoden zeigen. 3. Die Knospen der «-Larven und ihre Beziehungen zu den B-Larven. Die Knospen der «-Larven stimmen in der Erscheinung mit ge- schlechtlich erzeugten Delaminationsgastrulae sehr überein und wären von den sie „aufammenden“ «-Larven überhaupt nicht zu unterscheiden, wenn die letzteren sich nicht durch ein sehr wichtiges unterscheidendes Merkmal auszeichneten, d. i. der Besitz der Phoro- cyte (Fig. Eb u. F). Über die weitere Entwicklung der von den «-Larven abge- schniirten Knospen findet sich in der Literatur nur die kurze An- gabe Mrrscunikorr’s (1. c. 1886), daß die geknospten 2schichtigen Embryonen ihrerseits wieder zu einem ungeschlechtlichen Ver- mehrungsprozeß durch aborale Proliferation schreiten, um sich nachher wohl ebenfalls zu Medüslein zu metamorphisieren. Ich selbst habe nun, da mir leider lebendes Material nicht zur Verfügung stand, die weitere Entwicklung der Knospen der «-Larven nicht direkt verfolgen können. So kann das, was ich im Folgenden darüber zu sagen haben werde, nur den Charakter einer mehr oder minder gut gestützten Vermutung haben. Aus meinen früheren Untersuchungen wissen wir, daß in den gastrocanalen Räumen der Cunina proboscidea-Medusen I. Generation Vermehrung durch Proliferation bei Narcopolypen und Seyphopolypen. 375 eine Larvenart lebt, die eine Phorocyte vermissen läßt. Auch diese (8) Larven (cf. h. 1, S. 465) treiben aboralwärts einen Stolo, der wie jener der a-Larven ausschließlich von Ectodermzellen aufgebaut wird. Dieser Stolo funktioniert aber niemals als Proliferationsorgan, bildet sich vielmehr zu einem distal drüsig ') differenzierten Haft- apparat um (Fig. G) und geht schließlich fast restlos in der Bildung der ectodermalen Partien des Schirms der sich zu rudimentären Meduslein metamorphisierenden polypoiden Larven auf (cf. h. 1. p. 365, und Hanirzscu, 1. c., 1913, p. 370ff., sowie auch h. Il. Fig. Ac). Fig. G. 6-Larve mit Stolowucherung (st), die an der Kuppe tief eingestülpt ist (w) (vgl. Fig. Aa). g Geschlechtsanlagen. mi Magentaschen. abf Aboralfeld. Früher glaubte ich, daß diese Cuninenbrut sich direkt von Phorocyten tragenden Entwicklungsstadien ableitet, da die eigen- tümliche Zusammensetzung meines 1912er embryologischen Materials diesen Zusammenhang vermuten ließ. Jetzt aber, nachdem wir wissen, daß die Phorocyten besitzenden Entwicklungsstadien der Cun. prob. II. Gen. die — von der von mir 1912—1913 beschriebenen Cunina(B)-Brut generativ verschiedenen — a-Larven darstellen, neige ich dazu, in den f/-Larven die Abkömm- linge der a-Larven zu erkennen. Ich muß darauf zurückkommen, 1) Auf Stadien, wo die apicale Drüse der B-Larven noch nicht von dem umgebenden Zellbezirk durch eine chitinartige Lamelle abgegrenzt ist, erscheint sie, wie ich neuerdings entdeckte (Fig. G), erheblich volumi- nöser als nach erfolgter Abgrenzung. Ich halte es für nicht unmöglich, daß die Verkleinerung des Lumens in der Weise zustande kommt, daß die dasselbe auskleidenden Zellen (ähnlich wie die des Manubriums der Pneu- matophore) in die Hafthöhle vorwuchern, dabei drüsig entarten und an ihrer Außenfläche eine chitinartige, mit Eisenhämatein schwärzbare Sub- stanz ausscheiden. 376 Pauz Hanirzscu, wenn ich die 2mal verschiedene Zusammensetzung meines 1910 und 1912 gesammelten embryologischen Materials vergleiche. Mein 1910er Material erwies sich zusammengesetzt aus jiingsten Entwicklungsstadien mit Phorocyten und den jetzt als f-Larven be- zeichneten Stadien, endlich aus schon relativ weit entwickelten Mediislein (die sich aber durchaus nicht in allen Muttertieren vor- fanden). Das 1912er Material dagegen wies in der Hauptsache neben weit in der Ausbildung fortgeschrittenen Mediislein nur proliferierende a-Larven und junge, Phorocyten entbehrende Delaminationsgastrulae (B-Larven?) auf und ähnelt daher offenbar am meisten dem Material, welches METSCHNIKOFF 1886 vorgelegen haben dürfte, nur daß dem berühmten Forscher die für die Beurteilung des , Knospungsprozesses“ ersten und wichtigsten a-Entwicklungsstadien fehlten. Ich meine nun, daß sich die Zusammensetzung meines 1910er Materials so erklären ließe, daß die in der Reifung begriffenen Mediislein einem Wurf a-Larven entstammen, während ihre vor Be- sinn der Metamorphose abgeschnürten Knospen dem Entwicklungs- typus # folgen, und daß endlich die wenigen ganz jungen a-Stadien vielleicht einem neuen Wurf ihre Entstehung verdanken. Der bemerkenswerte Mangel an typisch sich entwickelnden 6- Larven in meinem 1912er Material könnte im Hinblick. auf das Vorhandensein proliferierender «-Larven den Glauben an einen genetischen Zusammenhang zwischen beiden Larvenarten nur stärken. Sollte diese Vermutung durch spätere Befunde ergänzt und ge- stützt werden, so könnten wir vorausnehmend sagen, daß in jener eigenartigen Gruppe (Herd) embryonaler Polzellen, die wir unterhalb der Phorocyte im Ectoblast einer sehr jungen a-Larve (Fig. F) ent- deckten, das Bildungsmaterial für die gesamte von dieser Larve ab- stammende -Generation niedergelegt ist. Weist schon die eminente Leistungsfähigkeit dieser merkwürdigen Polzellen auf ihren hohen embryologischen Wert hin, so können wir in dieser Überzeugung nur bestärkt werden, wenn wir sehen, wie auffällig die einzelnen Phasen in der Stolo-Entwicklung (Wucherung einer beschränkten Zahl Polzellen zur Bildung einer Art [Knospen-} Morula, Sonderung der zunächst indifferenten Zellen in die Knospen- Keimblätter) wie auch in der weiteren Entwicklung der abgelüsten Knospen (vgl. die Metamorphose der «- und B-Larven, h. 1, S. 377 ff.) an die Embryonalentwicklung erinnern. Dies kann zur Stütze der h. 1, S. 372 ff. vorgetragenen Auffassung Vermehrung durch Proliferation bei Narcopolypen und Scyphopolypen. 377 verwendet werden, nach der sich die aborale Polzellengruppe der «-Larven von einer, während der Einführung sich absondernden und in der weiteren Entwicklung zunächst zurückbleibenden Zelle ableitet. Es wurde oben schon ausgeführt, daß alsdann die B-Larven weniger als Abkömmlinge der «-Larven, als vielmehr als deren Zwillingsgeschwister zu betrachten sind. Die etwas abweichende Entwicklung der B-Larven, insbesondere die Differenzierung eines den a-Larven fremden Haftorgans, könnte damit erklärt werden, dab den Knospen eine Phorocyte fehlt, während das Bedürfnis sich an den Wänden der gastrischen mütter- lichen Räume festzuhaften, nicht geringer geworden ist. Hatten aber auch die B-Larven ursprünglich die Fähigkeit zur aboralen Knospung, woran bei ihrer nahen verwandtschaftlichen Beziehung zu den a-Larven nicht zu zweifeln ist, so muß noch die eigenartige Verwendung des Knospenmaterials bei der Metamorphose begründet werden. Das ist nicht so schwer, wie es zunächst den Anschein hat. Wir müssen daran denken, dab es bei unseren polypoiden Cun.- Larven gerade das Zellmaterial des aboralen Abschnitts ist, welches in der Schirmbildung aufgeht, aber zuvor auch zu somatoblastischer Knospenbildung verwertet werden konnte. Tritt nun wie bei den B-Larven eine Hemmung des letztgenannten Vorganges ein, so ist nicht einzusehen, warum das immerhin so gewonnene Plus an Material nicht der Schirmbildung nutzbar gemacht werden soll, zumal auch diese eine Zellvermehrung voraussetzt. Die Hemmung der Knospenbildung könnte damit zusammenhängen, daß während die a-Larven von un- günstigen biologischen, in ihrer Eigenart noch zu besprechenden Verhältnissen erst allmählich betroffen werden, unter diesen Störungen bereits das Keimmaterial, aus dem die B-Larven hervorgehen, zu leiden hat. 4. Die Metamorphose der «- und f-Larven von Cunina proboscidea zu Medusen. Die bei der Metamorphose der a- und B-Larven resultierenden Medusen scheinen sich nach den bislang vorliegenden Angaben in allen wesentlichen Punkten (Fig. H) völlig zu gleichen. Das ist eigentlich im Hinblick auf die bereits hervorgehobene Ähnlichkeit in der Entwicklung der «- und B-Larven auch nicht anders zu er- warten. Es sei hier ergänzend nachgetragen, daß sich die Meta- 378 Pavut Hanrrzscu, morphose der genannten Larven in prinzipiell gleicher Weise vollzieht. Was im besonderen die Umbildung der polypoiden e-Larven zu Medusen anbelangt, so vermag ich die Angaben METSCHNIKOFFS Zu bestätigen. „Mit dem Herauswachsen der Tentakelrudimente (Fig. D, E) tritt noch eine wichtige Neubildung auf, es bildet sich außerhalb der Tentakeln eine kreisförmige Kontur, welche eine obere Scheibe von dem Larvenkörper abgrenzt; bei Untersuchung Fig. H. Medianschnitte durch Medusen der Il. Generation von Cunina proboscidea. a ganzer Medianschnitt, b Hälfte eines Medianschnittes einer männlichen Meduse. exu Exumbrella. sw Subumbrella. ma Manubrium. v Velum. enl Entoderm- lamelle. Bei * Verlötungsstelle der exumbralen und subumbralen Entodermwand noch deutlich. n Nervenring. Ah Geschlechtsanlage. auf Schnitten stellt es sich heraus, daß diese Kontur einen ring förmigen Ectodermwall bezeichnet, aus dem der Scheiben- (das ist Schirm)-Rand samt dem Velum hervorgehen“ (1886, I. c., p. 117 und his Jun sr) Auf die Metamorphose der B-Larven bin ich hier (S. 365) wie a. O. (1912, 1. c., p. 285—287 und 1913, p. 370ff.) schon wiederholt eingegangen, so daß ich mich mit einem kurzen Hinweis auf die citierten Darstellungen begnügen darf. Ich möchte aber nochmals auf die prinzipiell gleiche, theoretisch höchstwichtige Bildungsweise des Medusenschirms bei a- und B-Larven nachdrücklich aufmerksam machen (Fig. K). In beiden Fällen eine zunächst rein ectodermale Bildung, legt sich der Schirm bei den a-Larven als kreisförmiger Vermehrung durch Proliferation bei Narcopolypen und Scyphopolypen. 379 Wall am Rande ihres Aboralfeldes, bei den 5-Larven als äquatorialer Ringwulst an ihrer das gesamte Aboralfeld als Basis okkupierenden Stolowucherung an. — ‘Als Aboralfeld bezeichnete ich (l. c.) 1912 die ,proliferierende“ Rückenfläche der Cun. prob.-Larven im Gegen- Fig. K. Fig. J. Hälfte eines Medianschnittes durch eine in Metamorphose zur Meduse begriffene «-Larve (nach METSCHNIKOFF, Embr.-Studien, 1886). gl Gallerte. sv Schirm- and Velumanlage. Fig. K. Schematisches Ubersichtsbild zur Veranschaulichung der prinzipiellen Gleichartigkeit der Metamorphose der «- und 8-Larven. abf Aboralfeld. dr drüsige Einsenkung. stw Stolowucherung. sv sv‘ gemeinsame Anlage von Schirm und Velum bei «- und bei #-Larven. satz zu ihrem gonadentragenden Abschnitt. Angesichts der weit- gehenden Übereinstimmung in der Metamorphose der a- und B-Larven halte ich die theoretische Deutung, welche ich 1912 der Entwick- dung der B-Medusen gegeben habe, in vollem Umfange aufrecht. 5. Hypothese über den Generationscyclus der Cunina proboscidea sive parasitica. Es ist ganz lehrreich, auf die langsame Entwicklung unserer Kenntnisse von dem Generationscyclus der Cunina proboscidea einen Rückblick zu werfen. Wird doch dabei schon heute mit einem Male verständlich, dab so viele Forscher einander oft stark wider- sprechende Angaben über den Ablauf des Entwicklungsgeschehens bei unserer Cunina gemacht haben. Denn die — wie wir gesehen haben — von Fall zu Fall schwankende Zusammensetzung des embryologischen Materials in den gastrischen Räumen der Cunina proboscidea-Medusen I. Generation mußte notwendig zu einer fälsch- lichen, wenn auch der Wahrheit zuweilen recht nahekommenden Gruppierung der vorgefundenen Stadien in der wissenschaftlichen Darstellung verführen; zumal da in einem und demselben Muttertier Zool. Jahrb. 42. Abt. f. Anat. 26 380 Pauz Hanirzscu, (I. Generation) ja — in einem und demselben Fang — kaum jemals eine lückenlose Reihe von Entwicklungsstadien gefunden werden dürfte. Gerade das sollte uns aber vorsichtig machen in der Kritik der Zeugnisse jener Forscher, die niemals bei unseren Medusen Stadien, wie sie METSCHNIKOFF U. A. z. B. ich selbst fanden, dafür aber Entwicklungsvorgänge beschrieben, die wiederum uns anderen niemals — trotz speziell auf diesen Punkt gerichteter Bemühungen — zu Gesicht gekommen sind. Ich denke da an STSCHELKANOWZEW’S: Schilderung der Befruchtung der Reifeier und deren Weiterentwick- lung, die auf einem wesentlich kürzeren und summarischen Wege vor sich gehen soll, ohne daß ungeschlechtliche Vermehrung der Larven durch Teilung oder Knospung einsetzt, ohne daß ferner eine echte Phorocyte die früheste Entwicklung junger Larven unterstützt. Wir werden gut tun, jetzt STSCHELKANOWZEW’S Angaben nicht mehr wie früher a limine abzuweisen, sondern lieber mit ihnen zu rechnen, gewitzigt durch die Erfahrungen beim Studium der Ent- deckungsgeschichte der verwickelten Geneseverhältnisse unserer Cunina-Art. In der weiteren Betätigung unseres guten Willens, allen prin- zipiell wichtigen Angaben STSCHELKANOWZEW’S gerecht zu werden, werden wir freilich sofort zu der Hilfsannahme gezwungen, daß die Entwicklung der II. kleineren Generation der Cunina proboscidea nicht nur auf befruchtete Reifeier, sondern wenigstens teilweise auch auf parthenogenetische Eier zurückgeht. Nach Lage der Sache dürfte es am wahrscheinlichsten sein, den «-Larven bzw. ihren Des- cendenten, den B-Larven den Ursprung aus parthenogenetischen Eiern zuzuschreiben und die Reifungszeit der befruchtungsbedürftigen Eier STSCHELKANOWZEW'S an das Ende der Periode geschlechtlicher Pro- duktionsfähigkeit bei den Muttertieren I. Generation zu verlegen. Die aus befruchteten Eiern der Medusen I. Generation hervor- sehenden Larven wollen wir zum Unterschied von den «- bzw. B- Larven durch den Buchstaben ,y“ kenntlich machen. Im Hinblick darauf, daß sich aus den Eiern der II. kleineren Generation der Cunina proboscidea mindestens die eine Kate- gorie (I oder II) der sog. Cunina parasitica-Knospenähren ent- wickelt, deren Zellkerne also unbedingt durch die für die Art typische Chromosomenzahl (28, nach STSCHELKANOWZEW) charakteri- siert sein müssen, andererseits aber ich einmal in einem in Teilung begriffenen Zellkern einer Cunina parasitica-Larve (strittigen Typus, I oder II) nur etwa 14 Chromosomen fand, muß immerhin die Mög- Vermehrung durch Proliferation bei Narcopolypen und Scyphopolypen. 381 lichkeit ins Auge gefaßt werden, daß die III. Generation der Cunina proboscidea sich wenigstens teilweise parthenogenetisch entwickelt. Es fügt sich nun ganz vorzüglich, daß wir die Erzeuger dieser parthenogenetischen Cunina parasitica-Gene- ration recht gut in den — unserer Annahme nach — sich eben- falls parthenogenetisch entwickelnden Cunina proboscidea-a- Medusen IL Generation sehen könnten. Dann müßten also die sich mit der vollen Chromosomenzahl (28) entwickelnden Cun. parasitica-Knospenähren als direkte Nachkommen von — aus geschlechtsreifen männlichen und aus im Besitz befruchtungs- bedürftiger Reifeier befindlichen weiblichen Oun. prob.-Medusen IL. Gen. bestehenden Elternpaaren gekennzeichnet werden. Unter der Voraussetzung, daß die #- und y-Medusen ge- trenntgeschlechtlich sind, könnten sie als Eltern der aus be- fruchtetenEiernhervorgehenden (un.parasitica-Genera- tion in Anspruch genommen werden. Da die y.-Medusen nun später entstehen als ihre parthenogene- tischen (a, #) Geschwister, ferner die Entwicklung der 8-Larven zu Medusen in eine spätere Zeit fällt als die der «-Larven, so müßten die parthenogenetischen Cun. prob. («) Knospenähren und die befruch- teten Reifeiern entstammenden (%?—+-y)-Knospenähren ungleichseitig oder mindestens ungleich weit ausgebildet an den Wirtstieren der III. Cun. prob.-Generation (d. s. die Carmarinen) anzutreffen sein und ihre Entstehung mindestens einer doppelten Eiinfektion ihrer gefräßigen Wirte verdanken. Dies trifft nun in auffälligster Weise für die miteinander sehr verwandten Knospenähren vom Typus I und II zu (Hanıtzsca, |. c., 1911, p. 224, Anm. 2 u. p. 233; 1. c., 1913, p. 388 ff.) und so liegt es dann recht nahe, in ihnen beiden die Enkel- generationen der Cunina proboscidea METSCHN. zu vermuten. Die Entscheidung, welcher der beiden Kategorien von Knospen- ähren der Vortritt im Leben ihrer Wirtstiere gebührt, ist nicht ganz leicht. Offenbar kann es — unserer früheren Annahme ent- sprechend — nur die parthenogenetisch sich entwickelnde («) Cun. para- sitica-Generation sein. Aber da nun leider die Zugehörigkeit jener schon erwähnten, parthenogenetisch entstandenen Cun. parasitica-Larve zum Typus I oder II (l. c., 1913, p. 388) nicht zu bestimmen war, bliebe das Problem ungelöst, wenn wir nicht die Möglichkeit hätten. die a-, bzw. $-Larven IL. Generation mit den Larven I, bzw. II zu ver- gleichen und dadurch die Verwandtschaftsgrade zwischen den Typen 26* 382 Paur Hanrrzscn, A, B, bzw. I, IL der Cun. prob.-Entwicklungsstadien II. und III. Generation wenigstens annäherungsweise ermitteln zu können: Da ergibt sich denn ohne weiteres, daß die #-Larven IT. Generation in viel näherer Beziehung zu den Larven vom Typus I stehen (Fig. La und 1. c., 1913, p. 377, Textfig. 18— 21?) und h.1., Fig. A, G und C—E) als die a-Larven. Von diesen lassen sich wiederum unschwer die Knospenähren vom Typus II ableiten, die also bis auf weiteres als die parthenogenetisch sich entwickelnde Enkelgeneration der Cunina proboscidea gelten können (Fig. Lb und I. c., 1913, tab. 31, fig. 7). Wenn also dann den Knospenähren I die volle, für die Art typische Chromosomenzahl 28 zugeschrieben werden muß, so wird dadurch die Frage nicht geklärt, welchen Geschlechts die £5-, bzw. y-Medusen sind. Fig. L. a u. b Schemata zur Ableitung der sowohl als Typus I als auch als Typus II auftretenden III. Generation der Cunina proboscidea von in Metamorphose be- findlichen «- und #-Larven ihrer II. Generation. sv gemeinsame Anlage von Schirm und Velum bei «- und bei 5-Larven. Solange Spezialuntersuchungen dieses Problem nicht eindeutig entschieden haben, ist es fast eine Sache persönlichen Geschmacks bald die %-, bald die y-Medusen in dem einen oder anderen Sinne sexuell determiniert aufzufassen. Da nach unserer Kardinalannahme die Entwicklung befruchteter Reifeier der Medusen I. Generation auf die Entwicklung parthenogenetischer Eier folgt, könnte man daran denken, daß die beiden Geschlechter nur periodisch zu gleichzeitiger Geschlechtsreife oder — vielleicht richtiger — Begattungsreife ge- langen ?) und daß die, unter dem Druck innerer Tendenzen und 1) Hier möchte ich nachträglich einen fatalen Druckfehler, der sich in die zitierte Arbeit aus dem Jahre 1913 eingeschlichen hat, verbessern. Die Texterklärung von fig. 18 bezieht sich auf fig. 19 und umgekehrt. 2) In diesem Sinne ließe sich wenigstens METSCHNIKOFF’s Angabe, Vermehrung durch Proliferation bei Narcopolypen und Scyphopolypen. 383 äußerer ungünstigen biologischer Einflüsse !) („Sauerstoff“- und Nahrungsmangel) aufgezwungene Latenzperiode der eiartigen Pol- zellen der «-Larven, bzw. die verspätete Entwicklung der 6-Medusen bezweckt, das isochrone Auftreten geschlechtsreifer $-Medusen und geschlechtsreifer (d. h. im Besitz befruchtnngsbedürftiger Eier be- findlichen) 9-Medusen II. Generation vorzubereiten, um so die sich aus der bisexuellen Fortpflanzung ergebenden Vorteile nach Möglichkeit wahrzunehmen. Da nicht einzusehen ist, warum bei relativ so einfachen Tieren wie den Cun. proboscidea-Medusen I. Generation der Reifungs- prozeß der einen Kategorie von Geschlechtsprodukten länger dauern soll als der der anderen, derart, daß dazwischen genügend Ent- wicklungszeit fiir eine parthenogenetische Generation (a-Medusen II. Generation) bleibt, da weiterhin die Ammengeneration (I, II) der be- kanntlich getrenntgeschlechtlichen Medusen I. Generation in der Regel ungleichzeitig, mindestens aber ungleich weit ausgebildet an dem Carmarina-Wirt auftreten (h. 1, S. 14), so ist an eine Verknüpfung ihres schon früher (1. e., 1912, 1913) beschriebenen Heteromorphismus mit einem sexuellen Dimorphismus zu denken. Vorläufig wird es vielleicht am meisten angängig sein — da auch sonst in der Tierreihe die auf dem Wege fortgesetzter parthenogenetischer Zeugung ent- stehenden Individuen Weibchen zu sein pflegen — die a-Knospen- ihren II als weiblich, die (3, y)-Knospenähren I als männlich deter- miniert aufzufassen. Desgleichen wollen wir — ohne freilich diese Anschauung näher begründen zu können, — lediglich zum Zweck, die i. ©. gewonnenen neuen Ansichten über die Familiengeschichte der Cun. proboscidea zu einem gewissen Abschluß zu bringen, die $-Me- daß künstliche Befruchtungsversuche trotz wiederholter Bemühungen stets mißlangen, deuten. In den von diesem Autor beschriebenen „gelegentlich spontan abgelegten reifen Hiern“ vermochte ich schon früher (l.c., 1911, p. 221, Anm. 1) keine befruchtungsbedürftigen Reifeier zu erblicken. Sie dürften vielleicht den parthenogenetischen Eiern derjenigen Medusen ent- sprechen, die sich an den weiblichen Knospenähren (II) zuletzt als Knospen angelegt haben. 1) Man denke nur an die Verstopfung der gastrocanalen Räume der mütterlichen Medusen I. Generation mit Embryonen und vergesse nicht, daß die Muttertiere ihren Sauerstoffbedarf ausschließlich durch Haut- und Darm- atmung decken können. Auch mußte die Verstopfung des Kanalsystems die gleichmäßige Verteilung der aufgenommenen Nahrung sehr erschweren. Damit könnte die als Hungererscheinung zu deutende physiologische De- generation der ursprünglich wohl nur als Tragzelle funktionierenden Phoro- cyte der a-Larven zusammenhängen. © Knospenähren (Typ. II) mit © Medusenknospen jedes Alters junge Cunina parasitica-I-Larven aus befruchteten Eiern entstanden aan SIE | 5 Die zuerst zur Reife gelangten re se in Proliferation ältesten oder ersten Med.-Knospen te, | SS später geknospte, also auch später & Knospenäh So ‘ penähren (Typ. I) es zur Reife gelangende Medusen mit Knospen aller Stadien NII es ES 1 1 SS ie . . Sn parthenogenetische Eier ~. SSS die zueist zur Reife ge- eo | SE langenden $ Medusen I.Generation X Cte, . Wurf «-Larven : a SE | später geknospte, daher Sr Wart: a-lasven| se: | auch später zur Reife ge- Knospen der «-Larven er | langende Medusen = (3-Generation) SS. < | = : 5 2 in Metamorphose zu Medusen scheinbar selbst befruchtungs- Reifspermien =) proliferierend bedürftige Reifeier | z | s = 6 Larsen in Befruchtung 3 a-Medusen Metamorphose | Pp | | < pe a Ay | ß-Medusen à Pays parthenogenetische Eier y-Medusen | 1. Infektion der Carmarina | | | junge Cunina parasitica (II) befruchtungs- | Larven (mit Phorocyte) bedürftige Eier Reifspermien | Befruchtung in Proliferation ältere © Knospenähre (Typ. II) z. T. schon ohne Phorocyte ' ! } ! | 384 mm a | 2. Infektion der Carmarina junge Cunina parasitica-(I)-Larven Vermehrung durch Proliferation bei Narcopolypen und Scyphopolypen. 385 & Medusen ® © Jl Phorocyte | Parth.Ei = . ® a = a © =) Jet = Bet 3 << ee 5 mr cet | Befruchtungs-@ Ah & bedürft. Ei ee M sndA]'Il Knospenähre [Typus uv FR © # = uaAJeT-(T)'seJed’und = af rt Phorogyt. Befrucht. Ei Fig. M. Schematische Darstellung des hypothetischen Generationscyclus der Cunina proboscidea METSCHNIKOFF. dusen als das weibliche, die y-Medusen als das männliche Element der Elternpaare der (¢?) Knospenähren vom Typus I deuten. Das ist, wie schon gesagt, vorderhand Geschmackssache. Sollte . es sich in dieser Hinsicht anders verhalten, als wir es vermuten, so 386 Pauz Hanrrzscn, würde der veränderte Tatbestand, wenn nur unsere anderen Schluß- folgerungen richtig sind, zwar an sich von Bedeutung sein, im iibrigen aber die neuartige Kenntnis des Generationswechsels der Cu- nina proboscidea, s. parasitica METSCHN. — wie aus der schemati- schen Darstellung auf S. 384—385 deutlich werden dürfte — nicht wesentlich alterieren können. 6. Allgemeine Bemerkungen zu den Knospungserscheinungen der Narcomedusenlarven. In diesem Abschnitt möchte ich — obwohl nicht eigentlich zum Hauptthema gehörig — die Bilder, welche proliferierende Narco- medusenlarven bieten können, zusammenstellen, um auf einige bis- oa © we | C; ~~ Fig. N. a Schema zur Entwicklung und Fragmentation des Stolo der a-Larven von Cunine proboscidea. b Schema zur Knospenentwicklung von Cunoctantha octonaria McCrapy.- c Schema zur Knospenentwicklung von Cunina rubiginosa. K, erste, K, zweite Knospe. st. pr Stolo prolifer. her wenig beachtete gemeinsame Züge, bzw. Gegensätze aufmerksam zu machen. Fassen wir zunächst dieaboralproliferierenden Narco- medusenlarven ins Auge, so zeigt uns der Knospungsvorgang der a-Larven der Cunina proboscidea (soweit er überhaupt als solcher Vermehrung durch Proliferation bei Narcopolypen und Seyphopolypen. 387 in diesem Zusammenhang betrachtet werden darf) unzweifelhaft ein sehr einfaches, wenn vielleicht auch nicht urspriingliches Bild (Fig. Na): ein distal geschlossener, knospenartiger Auswuchs (Stolo) der Rückenfläche löst sich entweder in toto ab oder gibt a priori durch Fragmentation sukzessive mehreren „Knospen“ (den Embryonen der 6-Generation) den Ursprung. Nicht immer geht nun aber der jeweilig distale Abschnitt eines solchen Stolo in der Bildung einer einzigen Knospe auf. Es können — vielmehr an ihm mehr oder minder gleichzeitig 2 Knospen auftreten (Fig. Nb u. c). Das erinnert dann lebhaft an das Verhalten des Vegetationspunktes mancher Pflanzensprosse, dessen Gabelung zur Bildung neuer Seitensprosse führen kann. Tatsächlich ist man ver- sucht, die Ähnlichkeit der Erscheinungen auf die Wirksamkeit gleichartiger Ursachen zurückzuführen. Wenn wir z. B. sehen, daß die „Knospen“ der Cun. prob.-a-Larven II. Generation nach ihrer Ab- lösung in Längsteilung eintreten, die manchmal unvollständig bleibt (Hanirzscu, |. c., 1913, p. 375), und, wenn wir uns vorstellen, daß ein solch unvollständiger Längsteilungsprozeß bereits anhebt, so- lange die Knospen mit den proliferierenden Larven noch zusammen- hängen, so könnten wir ein Verständnis der Bilder gewinnen, welche die knospenden Entwicklungszustände (bzw. ihre aboralen Stolonen) der Cumoctantha octonaria McCrapy (Fig. Nb) und der Cunina rubiginosa (Fig. Nc) bieten. Diese Bilder illustrieren zugleich, daß — je nachdem die von der Stolokuppe aus beginnende Teilung äqual oder inäqual verläuft, bald gleichwertige (Fig. Nb), bald ungleichwertige (Fig. Nc) Sprobknospen resultieren, die dann un- gleich alt erscheinen, weil die größere früher zur Umbildung zur Meduse (Fig. Nc?) schreitet als die kleinere Knospe. Dies wird wohl damit zusammenhängen, daß dieselbe erst eine gewisse opti- male Größe erlangt haben muß, ehe die erwähnte Differenzierung einsetzen kann. Daß der schwächere Sproß von vornherein seitlich gegen den stärkeren verschoben ist, würde sich durch den Verlauf des Teilungsvorganges einfach erklären. Nun scheint sich allerdings in Wirklichkeit die Entwicklung der Tochterindividuen der Narcomedusenlarven unter dem Bilde eines echten Knospungsvorgangs zu vollziehen. Doch sind andrerseits die Schwierigkeiten, denselben auf einen phyletisch älteren Längs- teilungsprozeß zurückzuführen, nicht unüberwindlich. Wir wollen daran denken, daß die Tentakeln der aboral ge- knospten Medusen einzeln zu erscheinen .pflegen (Fig. Nc), so daß 388 Pauz Hanıtzsch, die Entwicklung der anderen einem Regenerationsvorgang, wie er sich nach voraufgegangener Teilung der Primärknospe stets not- wendig macht, nicht unähnlich ist (vgl. auch Hanirzson, ]. c., 1912, p. 299 u. fig. 15). Ferner gelang es bekanntlich, eine Beziehung zwischen dem Knospungsprozeß der Cun. proboscidea a-Larven II. Gene- ration mit einem, in ihre früheste Entwicklung fallenden Teilungs- vorgang wahrscheinlich zu machen (vel. h. 1., S. 372). Wir brauchen uns also nur vorzustellen, daß das Zellmaterial, aus dem sich die, zur Bildung von 2 und mehr Knospen befähigten aboralen Stolonen der Narcomedusenlarven aufbauen, schon sehr frühzeitig eine Sonderung erfährt, um die gesuchte Beziehung zwischen Proliferation und Teilung zu finden. Es ist klar, daß ganz besonders dann, wenn die Sonderung sehr inäqual verlaufen ist, die Entwicklung des kleineren Teilstücks (wie wir das schon beim Studium der Ontogenese der Cun. prob.-B-Medusen erkannten) ungemein einem Knospungsvorgang ähneln muß, weil natur- gemäß geraume Zeit notwendig ist, bevor ein wenig umfangreicher Zellkomplex infolge reger Vermehrung seiner Elemente als knospen- artige Vorwölbung am „Stolo“ in die Erscheinung treten kann. Während die Stolonen der bisher genannten Narcomedusen- larven — soweit beobachtet — nur 2, mehr oder minder gleichartige Knospen treiben, fand ich unter den 1910 in Neapel gesammelten Cuninen-Knospenähren eine aboral proliferierende Larve, deren Stolo eine große Anzahl Knospen trug, die in einer flachen Spirale ange- ordnet waren und distalwärts an Größe und Ausbildung abnahmen. Ich bezeichnete diese reich proliferierende Larve (1. c., 1913) als Knospenähre vom Typus III, da sie sich unter die Typen (1, II) der bekanntlich außerdem oral proliferierenden Cunina parasitica- Knospenähren aus verschiedensten Gründen nicht unterordnen ließ. Ihre Entwicklung erklärte ich mir damals so, daß der ursprüng- lich einfache Stolo der Larve sich — ganz wie der Stolo der Cun. rhododactyla-Larven — an der Kuppe in 2 ungleichartige Sprosse zu gabeln beginnt, von denen der schwächere von vornherein gegen den stärkeren seitlich verschoben ist und in der Folge nun über den letzteren hinauswächst. — Ich deutete das, vielleicht zu knapp und darum mißverständlich, wenigstens in figura (l. c. 1913, Textfig. 9) an. Wie ich nun auch von den Cun. rhododactyla-Larven annehmen zu dürfen glaubte, daß sie unter günstigeren Bedingungen, als sie ein Zuchtglas (in welchem METSCHNIKOFF seinerzeit sein embryo- logisches Material meistens hielt) zu bieten vermag, zu üppigerer Vermehrting durch Proliferation bei Narcopolypen und Scyphopolypen. 389 Proliferation befähigt seien als tatsächlich beobachtet wurde, so nahm ich an, daß meine Knospenähre vom Typus III in jugend- licherem Alter wohl augenfällig einer Cunina-Larve mit 2 Knospen geähnelt haben mochte und daß im weiteren Verlauf ihrer Entwicklung zu den bereits vorhandenen Knospen eine 3. (nte) und zwar jedesmal unterhalb der nächstältesten Knospe hinzutreten könnte, welche abermals über diese hinauswuchs, wie die 2. über die 1. Knospe (Fig. 0). Fig. O. Schema zur Entwicklung der Knospenähren vom Typus III. Der „Stolo prolifer“ wäre also im Sinne dieser Auffassung kein selbständiges Gebilde, an dessen Wandung Medusenknospen sprossen, sondern eher ein mit fortschreitender Proliferation sich verlängerndes Rohr, welches sich aus den Connectiven der bei jeder Gabelung entstehenden schwächeren Knospensprosse zusammensetzt, ein Sym- podium. Sind diese Gedanken richtig, so können wir zusammenfassend sagen, daß bei der Gruppierung der Knospen der aboral proliferie- renden Narcomedusenlarven streng das dichotomische Verzweigungs- system eingehalten wird. Die Gruppierung der Knospen der oral proliferierenden Narco- medusenlarven (= Cuninen-Knospenähren vom Typus I u. II) folgt dagegen dem monopodialen Verzweigungssystem, wie ich schon 1911 (1 ¢., p. 235—236) und 1913 (1. c., Knospungsgesetze, p. 386 u. 390) nachzuweisen vermochte. 390 Pauz HanıtzscH, In welcher Beziehung die oral proliferierenden Cuninenlarven zu ihren aboral proliferierenden Verwandten stehen, ist bekannt. In den folgenden Abschnitten werde ich mich bemühen zu zeigen, wie sich stammesgeschichtlich der Übergang von der wohl ursprünglicheren aboralen zur oralen Proliferation, bzw. die sich in diesem Übergang ausdrückende Umkehrung der Polarität vollzogen haben könnte. 7. Die Wirkung des Raumparasitismus im Leben der Cun. parasitica aut. Die vorstehenden Erörterungen gaben mir mehr als einmal Gelegenheit, darauf hinzuweisen, daß die Entwicklung der Cunina proboscidea sive parasitica nicht von jeher so verwickelt gewesen sein kann, wie sie sich heute präsentiert, sondern daß sie wohl ursprünglich wie die ihrer zahlreichen Verwandten eine direkte war und sich im freien Meere abspielte Jene uns zwar unbekannten und nur vermutbaren, sicher aber biologisch ungünstigen Verhält- nisse, welche unsere Cunina-Brut zu raumparasitischer Lebensführung genötigt haben, sehe ich als primäre Ursache der mannigfachen Komplikationen in ihrer Entwicklung an. Im Folgenden möchte ich mich weniger mit den möglichen „primären“ Ursachen beschäftigen, als vielmehr zeigen, daß eine ganze Reihe von Lebensäußerungen unserer Cuninenlarven auf die Bedingungen zurückgeführt werden kann, denen die Entwicklung im Mutter- (bzw. Wirts)leib unterliegt. Der beabsichtigte Nachweis wird dadurch erleichtert, daß die Larven der Cunina proboscidea vorzugsweise mit demjenigen Körper- abschnitt den Wandungen der mütterlichen Gastralräume anhängen, an welchen allgemein die Proliferation und die Metamorphose anzu- knüpfen pflegt. Vergleichen wir nun die letztgenannten Vorgänge bei den pelagischen Narcomedusenlarven mit denen bei unserer, zu raumparasitischem Dasein gezwungenen Cunina, so wird der Kausal- zusammenhang zwischen Milieu und Entwicklung sehr schnell deutlich. Was zunächst die vielen Narcomedusenlarven eigentümliche Fähigkeit zu somatoblastischer Knospenbildung am aboralen Pol (vgl. S. 372 sowie Anm. 1 u. 2, S. 372) anbelangt, so zeigt sie sich bei den Embryonen der Cunina proboscidea stark modifiziert. Die a-Larven IT. Generation vermögen sich immerhin noch durch „Knospen- bildung“ am aboralen Pol zu vermehren. Wesentlich tiefgreifender ist die Störung, welche der „Prolifera- Vermehrung durch Proliferation bei Narcopolypen und Scyphopolypen. 391 tionsprozeß“ bei der geschwisterlichen B-Generation erfährt. Hier wird die solitäre Aboralknospe sehr schnell zu einer Art Fühler, welchen die Tierchen, denen bekanntlich ein, der Phorocyte der a-Larven funktionell vergleichbarer Haft- und Bewegungsapparat fehlt, ausstrecken, um irgendein Fleckchen der mütterlichen Gastral- wandung zu erhaschen, an dem sie sich festheften können. Ent- sprechend der Fixationsstelle finden wir an der Kuppe der Knospe eine Einsenkung (Fig. G w), welche zunächst deutlich das Bestreben zeigt, an Ausdehnung zu gewinnen, später aber sich wieder ver- kleinert, wobei die auskleidenden Zellen sich drüsig differenzieren (Anm. S. 375). Die Anpassung an Aufgaben, für die die Knospen der B-Larven ursprünglich gewiß ebensowenig bestimmt waren wie die der a-Larven, wird zweifellos dadurch vorbereitet, dab die Be- gleitumstände des raumparasitischen Daseins, wie z. B. Sauerstoff- und Nahrungsmangel, welche sich allmählich während der Entwick- lung der a-Generation einstellen und auf diese daher erst spät zu wirken vermögen, bereits das in ihren embryonalen Polzellen auf- gespeicherte Keimmaterial der B-Generation präinduzierend be- rühren. Auf diese Präinduktion könnten wir aber nicht nur die Hemmung des aboralen Proliferationsvorgangs, sondern schließlich auch die Ver- wertung des Zellmaterials der Haftknospe zum Aufbau der ecto- dermaien Partien des Schirmes der f-Medusen zurückführen (vgl. $S. 365 und S. 379), zumal ein Medusenschirm im weiteren Sinne ebenfalls als ein (hydrostatisches) Haftorgan angesehen werden kann. Von den y-Larven endlich sind überhaupt keine Proliferations- erscheinungen, nicht einmal Ansätze dazu bekannt und nach dem, was vorhin über die Präinduktion der Keime der f-Generation ge- sagt wurde, auch nicht zu erwarten. Wir brauchen uns da nur ins Gedächtnis zurückzurufen, dab das Auftreten der y-Generation in die letzte Periode geschlechtlicher Produktionsfähigkeit der Muttertiere fällt und zu dieser Zeit die Ungunst der bereits oben angedeuteten (proliferationshemmenden) Milieuverhäitnisse ihr höchstes Ausmaß erreicht hat (Präinduktion der in Bildung begriffenen, befruchtungsbedürftigen Reifeier, denen die y-Generation ihre Entstehung verdankt). Wir verstehen hiernach weiterhin, daß die y-Larven — ohne sich ungeschlechtlich durch aborale Knospung vermehrt zu haben — beschleunigt ihrem Endziel, der Metamorphose zu Medusen, zueilen. 392 Pau. Hanıtzsch, Die Metamorphose geht nun bei. den Cun. proboscidea-Larven II. Generation (a-, B-, y-Typen) sowohl wie bei allen hypogenetischen Narcomedusen prinzipiell denselben Weg (vgl. S. 377 ff. u. a. O.). Der orale Abschnitt des Narcopolypen wird regelmäßig zum Manubrium, der aborale zum Schirm der Meduse. Doch führt — trotz der un- leugbaren Ähnlichkeit in der Entwicklung — die Metamorphose zu erheblichen habituellen Differenzen. Bei denjenigen Narcomedusen, deren Metamorphose sich im freien Meere abspielt, finden wir einen gewaltig entwickelten, ge- lappten Schirm mit muskulösem Velum, bei unseren parasitischen Cuninen dagegen nur einen höchst unbedeutenden, fast kreisrunden Schirm mit geringer Gallertentwicklung und schwachem Velum. Während sich Manubrium und Schirm einer normalen Meduse verhalten wie der Klöppel zur Glocke, sitzt der Schirm der Cuninen II. Generation dem durch die riesige Entwicklung der Gonaden sack- artig gewordenen Manubrium wie eine zierliche Kappe auf. Da die Art und Weise der Anlage des Schirms der hypo- genetischen Medusen deutlich dafür spricht, daß er zuerst von pela- gischen Coelenteraten-Urformen erworben wurde (I. c., 1912, p. 294 bis 295) als eine Apparatur zur Steigerung der angeborenen (meist durch ein, auch den Cun. proboscidea-Larven noch zukommendes Flimmerkleid unterstützten) Fähigkeit zum Schweben im Wasser, würde die Verschiedenheit in der äußeren Erscheinung der Cun. proboscidea-Medusen II. Generation und der im freien Meere meta- morphosierten Narcopolypen leicht verständlich werden, nämlich als. Folge einer zwangsweisen Verlagerung der Entwicklung in den mütterlichen Gastralraum, wo nur noch; innere, durch Vererbung erworbene Tendenzen, dagegen die gestaltsbestimmenden Einflüsse des freien Meeres nicht oder doch nur in geringem Grade wirk- sam sind. Daß die, im Vergleich zur Ausbildung des Schirmes, abnorme- Entwicklung des Manubriums, ferner die seltsame höhere Differen- zierung seiner randständigen Sinnesorgane die Metamorphose der Individuen II. Generation zu Formen der Ausgangsgeneration (Hypo- genesis) vollkommen unmöglich machen, wird hier nur der Voll- ständigkeit halber wiederholt. Ihren sichtbarsten Ausdruck findet jedenfalls die Milieuinduktion bei den Cun. proboseidea-Medusen II. Generation — wenn wir ein- mal von den feineren Merkmalen, deren Entdeckung erst eine fort- Vermehrung durch Proliferation bei Narcopolypen und Seyphopolypen. 593 geschrittenere Technik ermöglichte, absehen — in der Entwicklung des zwischen Manubrium und Schirm bestehenden Mißverhält- nisses. Insofern nun nicht nur die sich entwickelnde II. Generation, sondern natürlich auch ihre, die Keime der Cun. parasitica (III. Ge- neration) enthaltenden Gonadenanlagen dem störenden Milieueinfluß unterworfen sind, sollte man eine weiter reichende (als bisher be- schriebene) Wirkung desselben erwarten (Präinduktion). Tatsächlich erweist sich diese Entwicklung der Enkelgeneration der Cun. proboscidea noch erheblich mehr verändert als die ihrer Tochtergeneration. Ohne jetzt schon auf alle differentiellen Einzelheiten eingehen zu wollen, sei doch soviel erwähnt, daß die Entwicklung der III. Ge- neration auf einem durch Fig. Ab illustrierten, proliferierenden B-Larven etwa vergleichbarem Stadium stehen zu bleiben scheint. Tatsächlich ließe sich eine ihrer Medusenknospen entkleidete Cun. parasitica-Knospenähre, als eine sehr verlängerte polypoide Larve mit einer aboralen, zu einem Haftorgan umgeformten und durch das Hinzutreten der Phorocyte cänogenetisch veränderten Knospe (vergleichbar der der f-Larven) deuten. Diese Auffassung, die allerdings nur auf vergleichend-anatomischer Betrachtungsweise fußt, vermag nicht das erwünschte Verständnis des Umstandes an- zubahnen, warum die Cunina parasitica als Descendent einer hypo- genetischen Meduse, die Fähigkeit, sich geschlechtlich zu differen- zieren, verliert, dafür aber die Fähigkeit gewinnt, die Ausgangsform innerhalb ihrer Familiengeschichte auf dem Wege indirekter bzw. oraler Knospung (Fig. M) hervorzubringen. Wir müssen daher die scheinbar naheliegendste morphologische Deutung des Cuninenstockes fallen lassen und versuchen, aus seinem Werden ein befriedigendes Verständnis der begrenzten Wirkung der Präinduktion, welcher die Keime der III. Generation von Cun. proboscidea unterliegen, zu gewinnen. Um ab ovo zu beginnen, so liefert die Kifurchung zunächst eine Keimscheibe (Discomorula), welche — nachdem sie zweischichtig ge- worden ist — einer Gastrula nicht unähnlich wird und von dem ersten Beobachter dieses Stadiums (Fig. Pa, b) tatsächlich auch als Archigastrula invaginata gedeutet wurde (Unsanin, 1875, 1876). Schon METSCHNIKOFF (1881) sprach sich gegen diese Auffassung aus und ich pflichte ihm auf Grund eigner Beobachtungen, nach denen 394 Pauz Hanıtzsch, die Gastralhöhle des problematischen Embryos durch Spaltung seines Entoderms entsteht (Fig. Pc), bei. Durch den Vergleich älterer Cuninenlarven I. und III. Gene- ration gelang auch die meines Erachtens einzig mögliche Deutung der mit einer Phorocyte ausgefüllten „Pseudogastralhöhle“ (Fig. Pb). Fig. P. Halbschematische Medianschnitte durch Cunina parasitica-Larven. a u. b Pseudogastrula, in a Phorocyte in der Pseudogastralhöhle ce Entwicklung der Gastralhöhle durch Spaltraumbildungen im Entoderm. d ältere Larve nach Ausbildung des Mundes, rechts die Phorocyte in der Pseudogastralhöhle eingezeichnet, links die hypothetische ursprüugliche Ectodermauskleidung des Haftraumes. Sie stellt das Lumen eines frühzeitig angelegten Haftorgans (d. h. des Apicalorgans der Knospenähre) dar, welches dem flaschenartigen Terminalorgan junger B-Larven I. Generation homolog ist. Das irre- führende Pseudogastrulastadium, welches die Entwicklung der Cun. parasitica charakterisiert, geht also aus der innigen Vereinigung einer Planula mit einem Organ hervor, welches später das aborale Ende des aus der Planula sich differenzierenden Primär- (Haupt- oder Achsen-)Polypen des Cuninenstocks einnimmt. !) 1) Wenn sich nun auch heute nicht mehr der Haftraum durch Ectoderm- einstülpungen einer Planula bildet, so halte ich es doch nicht für aus- geschlossen, daß er ehedem so entstand, worauf ja bekanntlich auch die eigene Familiengeschichte der Cun. parasitica hinweist (s. die 6 Larven von der elterlichen Generation, Fig. A). Wir werden allerdings gut tun, diese — meines Erachtens — ursprüng- lichere Entwicklungsweise in jene Zeiten zurückzuverlegen, in welchen sich der Commensalismus unserer Larven mit einem artfremden Wirt (Carmarina) einzurichten begann, d.h. in Zeiten, in welchen die Cuninen- sprößlinge III. Generation nach kurzer Schwärmzeit — ererbten Tendenzen folgend — sich an ein geeigneteres Wirtstier, als es die entarteten Eltern- tiere sein konnten, anklammerten, um dort ihre Weiterentwicklung ab- zuwarten. Als dann in einer späteren (d. h. eigentlich: von heute ab Vermehrung durch Proliferation bei Narcopolypen und Scyphopolypen. 395 An sich ist diese Verbindung ja nicht sonderlich merkwürdig und steht auch nicht vereinzelt da. Man denke beispielsweise an die Siphonophorenlarven. Bei unserer Cunina parasitica-Larve liegen aber die Dinge in- sofern noch etwas anders, als der größte Teil des bei der Furchung resultierenden Zellenmaterials im Aufbau des Apicalorgans des künftigen Cuninenstocks aufzugehen scheint und das verfügbare Bildungsmaterial für den Primärpolypen der Kolonie sich — zu- nächst wenigstens — derart unsichtbar dem gastrula-ähnlichen Zell- verband einfügt, daß man versucht sein könnte, das ganze Gebilde eher als ein Organzooid, denn als Primärzooid anzusprechen. Beginnt dann endlich die Sonderung der verschiedenen Zwecken dienenden, dabei aber aufs innigste miteinander verschmolzenen Materialien (Fig. Pc, d), so nimmt sich der Primärpolyp beinahe als geknosptes Produkt des Apikalorgans („Primärorgans“) aus. Die sonst. üblichen Entwicklungsgeschwindigkeiten von Primärpolyp und Primärorgan erscheinen hier also hochgradig verändert. Ja, im Hinblick auf die für die elterliche Generation (B) geltenden Verhältnisse!) darf ge- radezu von einer Umkehrung gesprochen werden. Dieselbe drückt, wie ich im Folgenden versuchen werde zu zeigen, der eigenartigen Entwicklung der Cunina pararitica ihren Stempel auf. Ich sehe daher in ihr die Hauptwirkung der Milieu- datiert jüngeren) Phase der Familiengeschichte der Cunina parasitica die Entwicklung in das Innere des neuen Wirts verlegt und durch die Beigabe einer als Trag- und Nährzelle (zunächst vielleicht auch Schutz- zelle) funktionierenden Phorocyte unterstützt würde, dürfte den Larven die unmittelbare Nachbarschaft ihrer verdauenden Schicht mit der Phorocyte wünschenswert gewesen sein. Dies mag wiederum dazu beige- tragen haben, daß die die Hafthöhle ursprünglich begrenzende Ectoderm- lamelle (in Fig. Pd durch eine gerissene Linie versinnbildlicht) schließlich abkürzend überhaupt nicht mehr angelegt wurde. Gemäß meinem Gedankengang vermag ich daher nur wenig Gewicht auf den Umstand zu legen, daß die Hafthöhle der ©. parasitica-Larven durch Entodermzellen, der mit ihr verglichene und für homolog erklärte Haft- raum der -Larven II. Generation dagegen mit Ectoderm ausgekleidet wird. 1) Auch für die Entwicklung der II. Generation der C. proboscidea ist einerseits die frühzeitige Bereitstellung, andrerseits die enge Verbindung des für den Aufbau von Polyp und Primärorgan bestimmten Materials typisch. Doch folgt stets die Entfaltung des, auf eine Aboralknospe zurück- führbaren Organs (vgl. 6- und «-Larven) auf die Entwicklung des Polypen. Zool. Jahrb. 42. Abt. f. Anat. 27. 396 Pauz Hanirzscu, Präinduction, der die Keime der III. Generation der Cunina probo- scidea unterliegen. Die Umkehrung der Wachstumgeschwindigkeiten von Primär- polyp und Primärorgan ist zunächst der Grund, weshalb letzteres — entgegen seiner aus der Familiengeschichte (s. besonders 6-Larven) herauszulesenden Bestimmung — zur Persistenz gelangen kann. Dieselbe ergibt sich mit Notwendigkeit aus der Art der Anlage: der Gastralhöhle des Primärpolypen. Letztere entsteht, wie schon gesagt, durch mehr oder minder vollständige Längsspaltung des — gleichzeitig die Hafthöhle begrenzenden — Larvenentoderms (Fig. Pe und 1913, tab. 31 fig. 6). Eine Eliminierung des Organs aus dem Larvenkörper — (wie sie bei der elterlichen Generation eintrat) — kann daher nicht erfolgen. Bei den Cun. prob. B-Larven II. Generation ging bekanntlich der Eliminierung ihres Apicalorgans eine regula- torische Verringerung seines Umfanges vorauf. Ein Fortschritt in der Differenzierung des terminalen Haftorgans besteht darin, daß an den Rändern des Durchgangsschlitzes der Phorocyten-Pseudo- podien 2 einander opponierte, rudimentäre, aber mit starrer Entoderm- achse versehene Tentakeln auftreten; die die Verankerung der Larve am Wirtskörper verbessern. (Fig. Qd). Auf ein ähnliches Bedürfnis kann vielleicht die nicht seltene Vervielfältigung des Terminalorgans zurückgeführt werden. Zwar hängt dieselbe mit Teilungserscheinungen der gesamten Larve zusammen. Doch gehen diese gelegentlich auch von ihrem aboralen Pol aus und verlaufen zumal dann oft unvoll- ständig, so daß ein Cuninenstock mit 2 Hafthöhlen entsteht, von denen jede eine Phorocyte enthält. Die bei der Teilung des ur- sprünglich einheitlichen Haftraumes sich entfernenden Tentakeln er- fahren sehr schnell eine Verdoppelung (1. c., 1912, fig. 15, p. 297 u. 299). Die Persistenz der Hafthöhle bzw. die damit zu- sammenhängende Verbildung (Verstümmelung) des aboralen Polypenabschnitts ist ihrerseits wieder die Ursache für die Unterdrückung der Schirmbildung oder — anders ausgedrückt — der Totalmetamorphose der Indivi- duen III. Generation zu Formen der Ausgangsgeneration. Zur Erläuterung des Gesagten brauche ich nur auf den aus: der Ontogenese der II. Generation leicht ersichtlichen Zusammen- hang zwischen Eliminierung des primären larvalen Apicalorgans und Entwicklung des Schirmes, bekanntlich des 2. und definitiven Constituenten des den f£-Larven eigentümlichen Terminalapparates zu erweisen (Fig. Ac, d). Vermehrung durch Proliferation bei Narcopolypen und Scyphopolypen. 397 Wir könnten aber auch die Unterdrückung der Schirmbildung bei den Cunina parasitica-Larven als unmittelbare Wirkung der Präinduction verstehen, wenn wir nämlich bedenken, daß sich schon bei den Elterntieren der Schirm als ein unter dem Druck der Milieu- induction in Rückbildung begriffenes Gebilde erwies. In ähnlicher Weise erlangten wir bekanntlich schon das Ver- ständnis für den Ausfall der knospenden Vermehrungsweise bei den y-Larven (h. 1, S. 391), und es ist sicher bemerkenswert, daß es hier wie dort Differenzierungen des aboralen Körperabschnitts sind (Knospe, Schirm), deren normale Entfaltung je nach der Ungunst der biologischen Verhältnisse mehr oder minder unterbunden wird. Schwerer ist das Ausbleiben der Geschlechtsreife der am aboralen Ende gleichsam verstümmelten Indi- viduen III. Generation zu verstehen, obwohl ihr Gewebe wenigstens noch die Keimstätte darzustellen scheint. !) Die Reifungsstätte ist dagegen in die medusoiden Knospen des sich stark verlängernden Primärpolypen verlegt. Indem sich diese Knospen zu den uns wohlbekannten pelagischen Cunina proboscidea- Medusen entwickeln, wird endlich der Generationscyclus geschlossen. Betrachtet man nun einen, seiner Lateralknospen entblößten Cuninenstock (Fig. Qf.), so ist unschwer zu erkennen, dab die Schirm- anlage, die normalerweise am proximalen Abschnitt des Primär- polypen hätte auftauchen sollen (Fig. Qa, b) nach entsprechender Verlängerung desselben zum Stamm (irreführend in der Lit. auch als Stolo bezeichnet) distalwärts abgerückt zu sein scheint (Fig. Qe, f). Wiewohl sich dieses „Abrücken“ leicht sinnfällig machen läßt — denn der Mund des 1. Polypen ist — wie ich schon 1912 vor der Deutschen Zoologischen Gesellschaft (22. Versammlung) betonte — gleichzeitig der Mund der 1. und ältesten Meduse des Cuninen- stocks (l. c., 1912, p. 307ff) — so wäre es sicher verfehlt, das Wesen des oralen Knospungsprozesses ?) einfach in einer mechanischen 1) In den früher als degenerierte Nesselzellen gedeuteten kugeligen Elementen im Ectoderm proliferierender Larven (l. c., 1911, tab. 7 fig. 16) sehe ich jetzt wandernde Keimzellen. 2) Da die in Wirteln zusammenstehenden Lateralknospen der Cuninen- Knospenähren vom Typus I und II der Primärknospe, die durch das distale Ende des zum Stamm der Kolonie verlängerten Primärpolypen dargestellt wird, genetisch absolut gleichwertig sind, kann ihre Umbildung 27* 398 Paur Hanirzscu, Fig. Q. Schemata zur Knospenentwicklung der Cunina parasitica-Larven. a Schema einer 6-Larve, Grenzlinien des vollständigen Terminalapparats (br + w) gestrichelt gezeichnet (br Schirmanlage, w Apicalorgan) (vgl. Fig. Acu.d). b hypo- thetisches Vermittlungsstadium zwischen einer 3-Larve und einer C. parasitica- Larve; keine Verringerung des Haftraumes. * Stelle an der die Schirmanlage eigentlich auftreten müßte. c Schema einer C. parasitica-Larve. * wie bei b. d Schema einer älteren ©. parasitica-Larve (vgl. Fig. Pd). e Schema einer älteren C. parasitica-Larve, Übergang zur Bildung der Knospenähre. f Schema einer ihrer Lateralknospen entkleideten Cuninen-Knospenähre vom Typus I. Streckungszone gestrichelt gezeichnet. sv die als Neubildung entstehende Anlage des Terminal- apparats (Schirm und Velum) der primären Medusenknospe. zu Medusen von der entsprechenden Differenzierung der Terminalknospe nicht prinzipiell unterschieden werden. Damit rechtfertigt sich das generelle Prädikat „oral“ für die Gesamt- heit der Knospungsvorgänge, die wir an den Cunina parasitica-Larven beobachten. Vermehrung durch Proliferation bei Narcopolypen und Scyphopolypen. 399 Verschiebung der Schirmanlage vom aboralen nach dem oralen Pol des Primärpolypen sehen zu wollen. Denn diese Auffassung setzt voraus, daß sich am aboralen Körperabschnitt der C. parasitica noch Bildungsmaterial für den Schirm in latentem Zustand befindet, welches sich unter dem Druck der lokalen Verhältnisse nicht zu entfalten vermag und erst durch die Streckung des polypoiden Larvenabschnitts aktiviert wird. Diese gekünstelte Voraussetzung entbehrt jedoch einer sicheren Grundlage und ist zudem wenig wahrscheinlich, wie aus den obigen Erörterungen über die unmittel- baren Folgen der extremen Verschiebung der Wachstumsgeschwindig- keiten von Primärpolyp und Primärorgan der C. parasitica-Larve mit hoffentlich genügender Deutlichkeit hervorgeht. Ich meinesteils halte es also für wahrscheinlicher, daß das Primärorgan (w) das gesamte, für die Bildung des vollständigen, auch den Schirm (dr) enthaltenden Terminalapparats (dr --w) berechnete Material für sich in An- spruch nimmt und die Knospenschirmanlage eine Neubildung ist (vel. Fig. Qe mit c). Ihre Entstehung führe ich auf einen Akt regulatorischer Regeneration zurück. Hierbei stütze ich mich auf Erfahrungen, die bei experimentellen Untersuchungen über Regene- rationsstörungen bei Hydroiden gemacht worden sind. Es sei mir darum gestattet, auf diese Forschungsergebnisse, die zunächst sich auf Tubularia beziehen, mit wenigen Worten einzu- gehen. Entfernt man den Kopf eines Tubularia-Polypen, so bildet sich allmählich — ungefähr nach Ablauf eines Tages — an dem nun- mehrigen oberen Stammende ein neuer Kopf, der zunächst noch von der Peridermhülle umschlossen wird, sich aber im weiteren Verlauf der Entwicklung daraus hervorschiebt, da sich während derselben der hinter dem Hydranthenkopf gelegene Stammteil, die sogenannte .Streckzone“ erheblich verlängert. Entfernt man jetzt die Kuppe des in Neubildung begriffenen Kopfes, so wird nun damit nicht etwa die Anlage des oralen oder oberen Tentakelkranzes unterdrückt, wie man eigentlich erwarten sollte. Das Köpfchen nimmt vielmehr noch ein Stückchen des dahinter gelegenen Stammes in Anspruch; ebenso bilden sich die Tentakelkränze weiter nach hinten im richtigen Abstand und es entsteht schließlich ein ganz normaler Hydranthen- kopf. Die Zuhilfenahme weiter rückwärts gelegener, in die Streckzone fallender Stammteile, welche die Bildung eines anor- malen Regenerates verhindert, fällt unter den Begriff der „Re- gulationen“. 400 Pau. HANITZSCH, Kehren wir nach diesem Excurs in das Gebiet der experimentellen Biologie zu der Betrachtung der proliferierenden Cunina parasitica- Polypen zuriick, so gehért nicht viel Scharfsinn dazu, um einen — ihnen und den in ihrer normalen Entwicklung (durch kiinstliche Eingriffe) gehinderten regenerierenden Tubularia-Polypen, gemeinsamen Zug herauszufinden. Hier war es der zur Neubildung des Hydranthen- kopfes, dort der zum Aufbau des (s. v. v.) Medusenkopfes be- stimmte Polypenabschnitt, dessen Verstümmelung das beabsichtigte Ziel der Entwicklung in Frage stellte. Hier wie dort würde das- selbe schließlich doch noch durch Inanspruchnahme und jeweils entsprechende Verwertung rückwärts gelegener, in die sogenannte „Streckzone* fallender Stammteile erreicht; speziell bei unseren C. proboscidea-Larven III. Generation — die uns hier am meisten interessieren — durch „Knospung“ der für die Meduse charakte- ristischen Kopfteile (Schirm und Tentakeln); zunächst im Umkreis der 1. Mundöffnung, welche infolge Streckung des Primärpolypen mehr und mehr von seinem verbildeten proximalen Abschnitt ab- rückt (Fig. Qe, f). In der erörterten Reaktion der Larve auf die Verstümmlung desjenigen Abschnittes, an den normalerweise und noch bei der elterlichen Generation die Metamorphose anzuknüpfen pflegt, bin ich sehr geneigt, einen Regulationsvorgang zu sehen, ähnlich dem, welcher zur Ergänzung der während ihrer Neubildung verstümmelten Tubularien-Köpfchen führt. Diese Auffassung rückt die an sich rätselhafte Verlängerung des Primärpolypen zum Stamm des künftigen Cuninenstocks (Fig. Q e, f) und die noch merkwürdigere Keimzellenwanderung in die geknospten Sprößlinge in ein neues und hoffentlich richtiges Licht. Die beiden genannten Vorgänge, besonders der letztere, in dem sich deutlich der Verzicht der C. proboscidea-Polypen III. Generation auf eigene geschlechtliche Differenzierung ausdrückt, sind bekanntlich im Hinblick auf die bei den Elterntieren festzustellenden Verhältnisse ganz neuartige Erscheinungen, die sich aber zwanglos in den allge- meinen Rahmen des Regulationsprozesses als Phasen einfügen lassen. Ist die Parallele, welche wir zwischen den Ursachen zogen, die bei den verglichenen Narco- und Hydropolypen (deren engere ver- wandtschaftlichen Beziehungen überdies durch Wourereck [c. 1, 1905] eine fesselnde Beleuchtung erfahren haben vgl. auch KORSCHELT u. Heıper Kap. 9, p. 576—577) regulatorische Prozesse notwendig machen, erlaubt, so müssen die bisherigen Anschauungen über die Vermehrung durch Proliferation bei Narcopolypen und Seyphopolypen. 401 Bedeutung der metagenetischen Zeugung der primären Geschlechts- generation der Cunina proboscidea von Grund auf geändert werden ’). _ Die Metagenese erscheint hier als notwendige und sicherlich bedeutungsvollste Schlußreaktion auf die, sich zunächst in der extremen Verschiebung der Entwicklungsgeschwindigkeiten von Primärpolyp und Primärorgan äußernden Störung der Ei-Entwicklung und läuft — um es noch einmal zu wiederholen — auf eine regulatorische Regeneration des während der Embryogenese unterdrückten 2. Consti-, tuenten des elterlichen Terminalapparats, nämlich des Schirms hinaus. Allgemeiner gefaßt, heißt das: daß sich in der indirekten Zeugung von Geschlechtstieren vom Typus der Ausgangsform die deutliche Tendenz ausdrückt, die artgefährdenden Wirkungen der Milieuinduction, bzw. Präinduction, von denen die IL bzw. III. Generation der Cunina proboscidea s. parasitica MErscHn. betroffen werden, regulatorisch mit einem Schlage wieder aufzuheben und da- mit die Vererblichkeit sekundär erworbener, anormalen Tendenzen wirksam zu beschränken. 8. Über die Knospungserscheinungen bei Scyphopolypen und die stammesgeschichtliche Entstehung der Metagenesis. Schon 1912 habe ich einmal auf Beziehungsmöglichkeiten zwischen den oral proliferierenden Cunina parasitica-Larven und den gleich- falls orai oder terminal proliferierenden Scyphistomen hingewiesen. Nachdem uns nun die genauere Kenntnis des Generationscyklus der Cunina parasitica ermöglicht hat, einen Einblick in die Eigenart und mutmaßliche Entwicklung der als „orale Knospung“ bezeichneten Vermehrungsweise zu tun, ist es sehr verlockend, zu prüfen, ob die neue Auffassung der Terminalknospung der Cunina-Larven (III. Gene- ration) auch ein Verständnis des Generationswechsels der Scypho- medusen anbahnen könnte und somit allgemeinere Geltungskraft besitzen würde. Bei der Analyse der Metagenesis der Cunina proboscidea s. para- 1) Angeregt durch die Ergebnisse der vorliegenden Untersuchung habe ich auch die allgemeine Auffassung über die stammesgeschichtliche Ent- stehung des Generationswechsels der Hydroiden, speziell der Siphonophoren einer Revision unterzogen, deren Ergebnisse in einer, fast abgeschlossenen Arbeit niedergelegt sind. Es sei hier nur soviel davon mitgeteilt, daß die Metagenesis der Hydrozoen ganz allgemein auf Regulationen hinauszulaufen scheint. 402 Pauz Hanrrzscu, sitica gingen wir bekanntlich von der Gegeniiberstellung der in ihrer Familiengeschichte auftretenden oral und aboral proliferierenden Larven aus. Da nun auch während der Ontogenese mancher oral proliferie- renden Scyphistomen (Chrysaora; cf. Busch, 1851) aboral proliferie- rende Larven — wenn auch recht selten — zur Beobachtung ge- langt sind, liegt es nahe, zunächst die Bedingungen festzustellen, unter denen diese und jene Vermehrungsweise möglich sind. Bei den Narcomedusen erwies sich bekanntlich die Fähigkeit zu unge- schlechtlicher Vermehrung durch aborale Proliferation an die pela- gischen Entwicklungszustände gebunden, worunter — aus früher erörterten Gründen — auch die parasitisch lebenden Larven ge- rechnet zu werden verdienen. Für die Scyphomedusen scheint nun dasselbe mit einer einzigen; noch zu besprechenden Ausnahme zu gelten. — Hier wie dort sind es ferner die sessilen Stadien, die in einer gewissen Umkehrung der Polarität zur Vermehrung durch orale Knospung schreiten !). Da bei den Narcomedusen im Gegen- satz zu den Scyphomedusen die Hypogenesis überwiegt und die poly- poiden Larven der letzteren relativ schnell zu sessiler Lebensweise übergehen, würde sich somit erklären, warum die aboralen Knospungs- erscheinungen bei den Entwicklungszuständen der Narcomedusen weiter verbreitet zu sein scheinen als bei denen der Scyphomedusen. Neuere Befunde an Scyphistomen könnten uns jedoch darüber be- lehren, daß das besprochene Verhältnis kein ursprüngliches ist und sich möglicherweise — wir wollen uns vorsichtig ausdrücken — erst mit einer weitgehenden Verkürzung der Schwärmzeit der Scypho- medusenlarven herausgebildet hat. Um uns indessen der Besprechung der erwähnten Befunde zu- 1) Anhangsweise sei bemerkt, daß sowohl die aboral, wie oral proli- ferierenden Narco- und Scyphopolypen hinsichtlich ihrer Verzweigungs- systeme übereinzustimmen scheinen (l. c., 1912, fig. 22, 23 und h. 1., S. 386ff.). Die Ahnlichkeit speziell zwischen Knospenähren und strobilisierenden Scyphistomen wird weiterhin dadurch vervollständigt, daß beide nicht selten Stolonen treiben, die selbst wieder Knospen hervorbringen, obgleich sie ursprünglich wohl nur der Verankerung an der Unterlage dienten. — Endlich sind in neuerer Zeit ähnliche Vervielfältigungen des aboralen Ab- schnitts von Scyphistomen zur Beobachtung gelangt, wie ich sie 1911 (l. c., p. 239—240 tab. 7, fig. 1—10), 1912 (l. c., p. 296—297) und 1913 (l. c., p. 371, fig. 5, 6; p. 387—388) von Cuninen Knospenähren, bzw. ihren Entwicklungsstadien beschrieb. Vermehrung durch Proliferation bei Narcopolypen und Scyphopolypen. 403 zuwenden, so sei bemerkt, daß sich am unteren Teil der Fußscheibe mancher Seyphistomen ein zelliger Komplex sondert, der sich durch einen Querteilungsvorgang vom Polypen abschnürt und mit einer chitinartigen Schicht umschlossen wird. Das so entstandene Gebilde, welches etwa die Form eines plankonvexen Knopfes hat und in seinem Innern einen Hohlraum erkennen läßt, stellt ein Dauerstadium dar, welches wie die Embryonen der Süßwasserhydra, mit denen es übrigens eine gewisse Ähnlichkeit hat, durch die chitinige Hülle : vor dem Austrocknen geschiitzt wird und zu gelegener Zeit sich zu einem ganz normalen Scyphopolypen entwickelt (vgl. HEROUARD, 1907—1909 und Cyclus der Fortpflanzung eines Scyphistoma, nach Hérovarp, in KORSCHELT u. HEIDER, Lehrb. vgl. Entw.-Gesch., Allg. Teil, Kap. 9, fig. 403). Ist auch die Ergänzung der Kenntnis dieser Vorgänge recht wünschenswert, so läßt sich heute doch schon soviel sagen, dab zwischen ihnen und der aboralen Knospung der Cunina proboscidea- a-Larven II. Generation eine überraschende Analogie besteht. Auch bei den letzteren ist bekanntlich der Proliferationspol zugleich der Haftpol (Fig. 15, 16) und hier wie dort durchlaufen die aboralen Knospen ein Ruhestadium, bevor sie sich hier zu einem neuen Scy- phistoma, dort zu einer sogenannten B-Meduse weiterentwickeln. Nun ist freilich insofern ein Unterschied gegeben, als das Scyphistoma analog wie eine Cuninenknospenähre im allgemeinen nur eine Vor- stufe der Medusenbildung ist, während die polypoiden «- und 6-Larven in toto zu Medusen werden. Doch wird dieser Gegensatz durch das gelegentliche Verhalten der Entwicklungsstadien von Aurelia aurita überbrückt. Während wir nämlich in der Mehrzahl aller Fälle eine Ephyra in der Weise entstehen sehen, daß der obere oder orale Teil des Scyphopolypen medusoide Umbildungen (Schwund der Tentakel, Entwicklung der Schirmlappen, Differenzierung des Gastrovascular- systems) erfährt, um sich hierauf durch eine Ringfurche von dem, von der Metamorphose nicht berührten Polypenabschnitt abzu- schnüren (monodiske Strobila), können die Scyphistomen der Aurelia aurita sich nach Beobachtungen von Harckez (1881) direkt zur Ephyra umwandeln. Da die Entwicklungsgeschichte dieser Meduse daneben auch durch das Auftreten sowohl monodisker wie der noch zu besprechenden polydisken Strobilae ausgezeichnet ist, ist es möglich, die von HaAEcKEL als Ephyra pedunculata bezeichnete, festsitzend wie auch freischwimmend beobachtete Entwicklungsform ganz allgemein zu 404 Pauz Hanrrzscu, den monodisken Strobilae der Scyphomedusen in Beziehung zu bringen. Im Hinblick auf die hypogenetischen Scyphomedusen (Pelagia noctiluca), deren Flimmerlarven also direkt — wenn auch iiber ein Scyphistoma-ähnliches Stadium hinweg — zu Ephyren werden (Kowa- LEVSKY, METSCHNIKOFF, GOETTE), hat man bei der Aurelia von einer fakultativen, bei der Pelagia von einer obligatorischen Unter- drückung des Generationswechsels gesprochen. Eine Reihe von Umständen könnte jedoch die Umkehrung der üblichen Auffassung rechtfertigen. 1. haben vergleichend entwicklungsgeschichtliche Unter- suchungen dargetan, daß der Coelenteratenorganismus in seinen zahlreichen Varianten der wohl allgemein anerkannten Grundform des Polypen sich von sehr einfachen, pelagischen, bereits zweipolig (d. h. in Mund- und Haftpol) differenzierten, 2schichtigen Säckchen (Bipolarien) herleiten dürfte. 2. fällt es, wie ich 1912 (l. c, p. 294—295) ausführte, nicht schwer, die Umbildung schon pelagischer, undifferenzierter und daher wohl auch in verschiedener Richtung differenzierungsfähiger Coelenteratenurformen zu einem so pelagischen Geschöpf, wie es die Meduse ist, biologisch zu verstehen. Es ist auch klar, daß die Entwicklung des Schirmes, als einer der zweckmäßigsten Apparaturen zur Steigerung des, den polypoiden Stammformen angeborenen und durch den Besitz eines Flimmerkleides zumeist unterstützten Schwebe- vermögens im Wasser, nur an den aboralen Abschnitt der Bipolarien anknüpfen konnte. Ihre massive Polplatte (Haftscheibe) mußte — wie schon WozTERECK (1905, betonte — aus statischen Gründen zur „Prädilektionsstelle für Differenzierungen“ (unter die auch die Hervor- bringung von Knospen zu rechnen ist) werden. 3. deutet die Bildung von Dauerknospen am unteren Teil der Fußscheibe mancher Scyphistomen darauf hin, daß die Fähigkeit zu aboraler Proliferation bei den pelagischen Entwicklungszuständen der Scyphomedusen ehedem weiter verbreitet war, als heutzutage hervortritt, und erst mit dem mindestens vorzeitigen Übergang der Larven zu sessiler Lebensweise verkümmerte (cf. h. e., S. 402 f.). 4. bereitet die Vorstellung, daß die stammesgeschichtliche Ent- wicklung der Scyphomedusen über die festsitzenden Scyphistomen führte, dem Verständnis erhebliche Schwierigkeiten. Wohl ist es denkbar, daß Larven, die schon zu direkter Umbildung zu Medusen fähig, aus irgend welchen Gründen zu sessiler Lebensweise übergehen Vermehrung durch Proliferation bei Narcopolypen und Scyphopolypen. 405 mußten, in Anpassung an die veränderten Verhältnisse ursprüngliche Merkmale (Fähigkeit zu aboraler Proliferation, cf. S. 403; Möglichkeit aus der massiven Polplatte ein fallschirmartiges Schwebeorgan zu machen; Wimperkleid) verloren, neue Merkmale (orale Tentakeln, „Vergeilung“ der Polplatte zum Zwecke der Verankerung an der Unterlage [Stolonisation], Peridermbildung am Fußabschnitt, Stöckchenbildung durch Lateralknospung, Proliferation der Aus- läufer, unvollständige Längsteilung usw.) entwickelten und alten, inneren, durch Vererbung erworbenen Tendenzen folgend, einen neuen Weg (Terminalknospung) fanden, an das Ziel ihrer Bestimmung (Medusenwerdung) zu gelangen. Wie solten aber polypoide festsitzende Wesen, denen der direkte Weg zur Meduse noch völlig fremd ist, plötzlich dazu kommen, ihren oralen Abschnitt in so weitgehender Weise zu verändern, wie dies bei der Ephyrenbildung der Fall ist? Wie will man z. B. den hierbei erfolgenden Schwund der Ten- takel, der für sessile Organismen so notwendigen Organe des Nahrungserwerbs erklären und womit will man die Bildung der Randlappen und die geradezu revolutionäre lokale Modifikation des Gastrovascularsystems begründen ? Damit, daß man der Polypengeneration das Bedürfnis zuschreibt, zwecks Erhaltung und Disseminierung der Art geschlechtlich differenzierte Ausbreitungsindividuen zu erzeugen, wird doch das Problem ihrer phylogenetischen Entstehung nicht gelöst, seine Lösung vielmehr ad calendas graecas verschoben. 5. wird die Auffassung, daß für die Urscyphomedusen die direkte Entwicklung charakteristisch war, dadurch erleichtert, dab heute noch hypogenetische Scyphomedusen vorkommen, von denen auch ein Weg zu den metagenetischen Verwandten über fakultativ hypogenetische Formen hinweg hinüberführt (cf. p. 403). 6. ist der Generationswechsel der Scyphomedusen mit einer aus- gesprochenen Metamorphose kombiniert, indem die vom Scyphistoma sich abschnürenden Ephyren erst ganz allmählich die Charaktere der fertigen, geschlechtsreifen Meduse erlangen. Ein sehr instruktives Beispiel, wie eine Meduse ihre ursprüngliche Fähigkeit zu direkter Entwicklung verlieren kann, hat uns zudem die Analyse des Generationswechsels der Cunina proboscidea METScHN. an die Hand gegeben. Die Larven dieser Narcomeduse vermögen sich bekanntlich durch aborale Knospung, die in Beziehung zu Querteilungsvorgängen 406 Pauz Hanrrzscu, steht, zu vermehren, haben aber schon in der III. Generation diese Fähigkeit verloren, indem sie sich mit dem Proliferationspol fest- setzten; die den Bediirfnissen der sessilen Lebensweise entsprechend erfolgende Verbildung der polypoiden Larven schließt gleichzeitig die Entwicklung zu Formen der Ausgangsgeneration aus. Da wird nun regulatorisch auf die uralte Fähigkeit zur Vermehrung durch Knospung, die der Lage der Umstände entsprechend nur am oralen Pol (Umkehrung der Polarität) erfolgen kann, zurückgegriffen und so die primäre Geschlechtsgeneration auf indirektem Wege erzeugt. Die vorstehenden Erörterungen legen die Vermutung nahe: die Hypogenesis möchte der ursprüngliche Entwicklungsmodus der Scyphomedusen gewesen sein, der aber durch die Ungunst der Lebens- verhältnisse, ähnlich wie bei der Cunina proboscidea, mehr und mehr unterbunden worden ist, wobei die aus dem Ei entstandene Flimmer- larve, der künftige Scyphopolyp, zu einer Zwischenform im Entwick- lungsgang der Art ausgebildet wurde. Weiterhin möchte die bekannte indirekte Zeugung der Ausgangsform im Generationswechsel einen Akt der Regulation darstellen, vermittels deren die Milieuinduction, welcher die geschlechtlich erzeugten Entwicklungsstadien in einer artgefährdenden Weise unterliegen, zwar nicht aufgehoben, immer- hin aber ausgeglichen wird. Dieser Regulationsvorgang stimmt im Prinzip völlig mit demjenigen überein, welcher im Leben der Cunina proboscidea s. parasitica zur „Regeneration“ der Ausgangsform im Generationscyclus führte. Soweit nur die monodiske Strobilation ins Auge gefaßt wird, dürfte der Parallelismus den Erscheinungen ohne weiteres ersicht- lich sein. Das Verständnis der inneren Ursachen der poly- disken Strobilation ist etwas schwerer zu erlangen. Was diese von der monodisken Strobilation prinzipiell unterscheidet, ist meines Erachtens das Ausbleiben der Selbstergänzung des — nach Abschnürung der jeweilig obersten Ephyra zurückbleibenden Polypen- stumpfs (Torso) zu einem normalen Scyphistoma ’). 1) Diese Bemerkung darf natiirlich nicht so verstanden werden, als ob die zur Strobilation notwendige Streckung des Primärpolypen (Scypho- polypen) ad infinitum weitergeht. Einmal erreicht auch sie ihr Ende. Der nach Abschnürung der zuletzt geknospten Ephyra zurückbleibende Torso vermag nach entsprechender Umbildung seines distalen Endes als Seyphi- stoma weiter zu bestehen (KORSCHELT u. HEIDER, Allg. Teil, Cap. IX, p. 5070). Möglicherweise tritt er, nachdem er eine Ruhezeit hinter sich hat, in eine neue Periode reger ungeschlechtlicher Vermehrung ein. Vermehrung durch Proliferation bei Narcopolypen und Scyphopolypen. 407 Wo bleibt das sonst zum Wiederaufbau des abgeschniirten oralen Polypenabschnitts mit Peristomfeld, Tentakeln bestimmte Material? müssen wir uns fragen. Nach dem jetzigen Stand unserer Kenntnisse können wir nur sagen, dab dieses Material seiner wohl ursprünglich nächstliegenden Bestimmung nicht entgegengeführt, sondern in öcologisch-fortschrittlicher Weise’) direkt zum Aufbau einer Sekundärephyra usf. verwertet wird. Auch für dieses — zunächst höchst sonderbare — Verhalten bietet die schon mehrfach in den Kreis der Betrachtung gezogene Entwicklung der Cunina proboscidea ein überraschendes Analogon. Ich denke da speziell an eine Phase aus der Entwicklung ihrer ß- Medusen II. Generation. Hier bot sich uns Gelegenheit, festzu- stellen, daß die Hemmung eines Knospungsprozesses, zumal wenn sie von langer Hand vorbereitet wird, bewirken kann, daß derselbe überhaupt nicht mehr durchgeführt wird und direkt in einen sekun- dären Prozeß (Schirmbildung) übergeht, der sonst (vgl. die geschwister- lichen a-Larven) erst nach Ablauf des primären Knospungsvorgangs einsetzt (vgl. S. 377 und 391). Das Charakteristische der Erscheinung besteht also darin, daß ursprünglich in ganz anderer Entwicklungs- richtung angesetztes Material infolge störender Milieueinflüsse gleich für die Durchführung eines neuen Prozesses in Anspruch genommen wird. Etwas Ähnliches konnten wir aber auch schon von den zu polydisker Strobilation schreitenden Scyphistomen sagen, und daß es hier das für die Neubildung ihres oralen Abschnitts bestimmte Material war, welches — offenbar unter dem Druck bestimmter biologischer Verhältnisse — an seiner Entfaltung gehindert wurde und eine andere Verwendung erfuhr als ursprünglich beabsichtigt. Der Eintritt der polydisken Strobilation setzt also eine doppelte Hemmung voraus, die sich einmal in der Unterdrückung der ur- sprünglich beabsichtigten Hypogenesis, das andere Mal in dem Aus- bleiben der Selbstergänzung des — nach Abschnürung der jeweilig obersten Ephyra zurückbleibenden Polypenstumpfs zu einem nor- malen Scyphistoma äußert. Da die polydiske wie monodiske Strobilation selbst wieder nur die augenfälligen Phasen eines Regulationsprozesses darstellen und 1) Von einem öcologischen Fortschritt darf insofern gesprochen werden, als die Regeneration derjenigen Scyphistomen, die sich auf die Bildung jeweils nur einer Ephyra beschränken, als Umweg aufgefaßt werden kann, da dieselben nach kürzerer oder längerer Ruhezeit in einen neuen „Knospungs- prozeß (einer Ephyra)“ eintreten können. 408 PauL Hanrrzscu, dessen Eingreifen sich ganz allgemein nach dem Grad der von den Gliedern des Entwicklungskreislaufs erreichten degenerativen Degra- dation richtet’), so darf mit Rücksicht auf die genannten kompli- zierten Voraussetzungen für das Zustandekommen der polydisken Strobilation vielleicht angenommen werden, daß bei den hierzu neigenden Polypen die degenerative Degradation weiter fortgeschritten ist, d. h. die Milieuinduction sich noch kräftiger erwiesen hat als bei den monodisk strobilisierenden Scyphistomen. Ist diese Annahme zutreffend, so würden also dieselben Ein- flüsse, welche die ursprünglich geplante direkte Entwicklung der aus dem Scyphomedusen-Ei hervorgehenden Flimmerlarven unter- binden, je nach ihrer graduell verschiedenen Stärke und dieser ent- sprechenden Wirkung bald die monodiske, bald die polydiske Stro- bilation vorbereiten. Eine Stütze der vorgetragenen Auffassung erblicke ich darin, daß die schon erwähnten Entwicklungsstadien der Aurelia aurita imstande sind, alle drei Wege, die zur Bildung von Medusen führen können, einzuschlagen. Die Möglichkeit, die regulatorische Eigenart und stammesge- schichtliche Entwicklung der Metagenesis bei den Scyphomedusen auf die vorstehend skizzierte Art und Weise, und unter Berück- sichtigung exakt festgestellter Tatsachen der Biologie begreifen zu können, rechtfertigt die bereits allgemeinen Erwägungen (h. c., S. 404 ff.) entsprungene Voraussetzung, daß auch hier die Hypogenesis der ursprüngliche Entwicklungsmodus war, nicht aber sein heutzutage seltenes Vorkommen der Unterdrückung des Generationswechsels verdankt. l) Naturgemäß wird sich diese Beobachtung am schönsten bei mehr- gliedrigen Generationscyclen machen lassen wie z. B. schon bei dem der Cunina proboscidea s. parasitica. Vermehrung durch Proliferation bei Narcopolypen und Scyphopolypen. 409 Literaturverzeichnis. VAN BENEDEN, P. J., Recherches sur la faune littorale de Belgique, in: Mem. Acad. Bruxelles, Vol. 36, 1866. BIGELOw, H. 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Mit Tafel 18 und 9 Abbildungen im Text. Einleitung. Die Weißfische oder Cypriniden sind eine Gattung unserer Süb- wasserfische mit vielen Arten, die sich äußerlich durch den Bau, durch die Art der Schuppen und Flossen, durch das Vorhandensein oder Fehlen von Bartfäden unterscheiden. Ihr Maul ist zahnlos, doch besitzen sie am Eingang des Schlundes auf den beiden unteren Schlundknochen einige Reihen von Zähnen, deren Zahl, Form und Anordnung für die Art charakteristisch ist, und die zur genaueren Artbestimmung dienen. Es sind deshalb diese Zähne für die Syste- matiker von jeher von besonderem Interesse gewesen. Ebenso be- schäftigen sie den Fischzüchter, da sie Aufschlüsse über die physio- logischen Verhältnisse geben. Man nennt sie Schlundzähne, weil sie -auf den unteren Schlundknochen (Ossa pharyngea inferiora) sitzen. Diese stellen den Rest der 5. Kiemenbogen dar, die ihre eigentliche Funktion verloren haben, und bei manchen Fischen, so bei denCypriniden, der Bezahnung dienen. Die Zähne der WeiSfische sind mit dem Knochen verwachsen, sie sitzen dem Knochen auf, man nennt sie acrodonte Zähne (Fig. A). Bei einigen Weißfischen, z. B. Barbe Zool. Jahrb. 42. Abt. f. Anat. 28 412 Hanna Sross, und Döbel. wird die Kaufunktion bewirkt indem die Zähne der rechten Seite des unteren Schlundknochens sich an denen der linken Seite reiben (Fig. 2). Dies setzt eine Gelenkigkeit der beiden Schlundknochen voraus. Diese Gelenkigkeit hat sich bei den Karpfen verloren; doch sind die Knochen nicht verwachsen, sondern durch Bänder ziemlich unbeweglich verbunden. Die Lage der Zähne ist nicht mehr gegeneinander gerichtet, sondern dorsomedial mit der Kaufläche nach oben. Fig. 1 zeigt den Schlundknochen eines Karpfens. Fig. A. Karpfenzähne im Längsschnitt. 20:1. a Zahn A II und B. b Zahn ATI. K Krone. H Hals. W Wurzel. Wie an dieser Figur zu sehen ist, trägt der Schlundknochen des Karpfens je drei Reihen von Zähnen. Zur kurzen Bezeichnung der einzelnen Zähne nenne ich die mediane Reihe A, ihre einzelnen Zähne AI, AII, AIII, wobei AI der vorderste, oral gelegene Zahn ist, die zweite Reihe B, die dritte Reihe C. Als Antagonist dient. den Karpfenzähnen eine hornige Kauplatte, die auf einem Fortsatz des Basioccipitale befestigt ist. Sie ist so widerstandsfähig, dab. durch die Kaufunktion die Zähne abgeschliffen werden. Dieses: starke Abschleifen legt die Frage nahe, ob die Weißfische mit einer Dentition auskommen, und in welcher Weise sich eventuell die späteren Zähne bilden. Damit hat sich vor allem in ausführlicher Weise HEInckE (1) beschäftigt. Die Schlundzähne des Karpfens. : 413 Frühere Untersuchungen. - Heıncke’s Arbeit trägt den Titel „Untersuchungen über die Zähne niederer Wirbeltiere“. Er beschreibt darin die Zähne einiger Fische und Tritonen. Was für die vorliegende Arbeit von Interesse war, ist der Abschnitt über den Kauapparat der Cyprinoiden. Nach- dem er den Schlundknochen mit seiner Muskulatur und die Kauplatte beschrieben hat, schildert er die Zähne nach Bau und Entwicklung. - Die Teile der Zähne bezeichnet er analog denen der thecodonten Zähne: den obersten Teil, der sich durch sein weißes, schmelzähn- liches Aussehen vom übrigen Zahn abhebt, nennt er Krone, die dünnste Stelle Hals, und Wurzel jenen Teil, der allmählich in den Knochen übergeht. Die verschiedenen Zahnformen entstehen durch die verschiedene Ausbildung der Krone. Als wesentlichen Befund stellt er fest, daß die Zähne der Cyprinoiden im ausgewachsenen Zustand keinen Schmelz besitzen; die schmelzähnliche Beschaftenheit des Dentins entsteht durch die Randschicht desselben; die Kanälchen sind dort äußerst fein und parallel zueinander und senkrecht zur Oberfläche des Zahnes, so daß die ganze Randschicht homogen er- scheint. Doch findet er einen Schmelzbelag an Zähnen, die noch im Zahnsäckchen stecken. Über die Verbindung mit dem Knochen sagt er, daß der Zahn „gewissermaßen der Wand einer flachen Alveole des Schlundknochens angewachsen“ ist. Die Verbindung ist eine sehr feste, doch ist die Masse des Zahnes von der des Knochens deutlich durch eine Naht geschieden. Nachdem er den Bau des Schlundknochens beschrieben hat, geht er über zur Entwicklung der Zähne. Diese untersuchte HeınckE aus Mangel an geeigneten Fisch- embryonen an den Ersatzzähnen erwachsener Cyprinoiden. _ „Die erste Anlage des Ersatzzahnes wird, wie beim Menschen und bei den Säugetieren, eingeleitet durch die Wucherung eines Zapfens der untersten Schichten des in der Nähe des alten Zahnes befindlichen Schleimhautepithels in das unterliegende Bindegewebe.“ In das unten verdickte Ende des Zapfens erhebt sich papillenförmig das Bindegewebe bis es vom Epithel wie von einer Kappe umgeben wird, die somit die Anlage des Schmelzorgans ist. Von diesem Schmelzorgan wird ein Schmelz gebildet, der niemals eine bedeutende Härte und Festigkeit erlangt, „so daß er bald nach dem Durchbruch des Zahnes fast vollkommen von dem viel härteren Dentin abgerieben wird und nur sehr spärliche Spuren seiner einstigen Existenz hinter- läßt“. Der Schmelz wird gebildet als feines Häutchen, das nur die ; 28* 414 Hanna Sross, Krone überzieht. Daran anschließend bespricht HEmckE die Be- ziehungen zwischen Schmelzzellen und Schmelz und kommt zu dem Schluß, daß der Schmelz eine Abscheidung der Schmelzzellen ist. Den eigentlichen Zahnwechsel hat HEınckE nicht beobachten können. Er vermutet, daß er nicht periodenartig, z. B. zur Laichzeit vor sich geht, da er Ersatzkeime zu allen Jahreszeiten gefunden hat. Die Frage, ob ein Ausfallen oder eine Resorption der Zähne statt- findet, läßt HEINCKE offen; doch hält er den letzteren Vorgang nicht für ausgeschlossen und bestätigt die Beobachtung von Osteoclasten, die KÖLLIKER an Fischen gemacht hat. ALCESTE ARCANGELI (2) beschäftigt sich in seiner Arbeit „La dentatura del Carassius auratus“ vor allem mit der Entwicklung der Zähne und mit den Ersatzzähnen. Leider bringt er keine Ab- bildungen. Nachdem er die ihm bekannten Arbeiten zitiert hat, beschreibt er die einzelnen Zähne des Goldfisches und schließt aus seiner Betrachtung folgendes: 1. Die Schlundzähne wachsen mit dem Individuum und entsprechend mit ihnen auch die Ersatzzähne, je- doch ohne daß diese Fuß oder Wurzel erhalten. 2. Man kann nie das Ausfallen der mit dem Knochen verwachsenen Zähne feststellen; auch findet man keine Änderung der Stellung der Ersatzzähne, die auf einen beginnenden Wechsel sich beziehen könnte 3. Die synostosatischen Zähne haben eine um so deutlichere Kaufläche, jemehr das Alter der durchsuchten Fische wächst. 4. Nur bei alten Indi- viduen findet man, daß ein Ersatzzahn fehlt. Doch ist der Zahn, dessen Erneuerung er darstellen könnte, ebenso abgekaut wie die übrigen, bei denen die Ersatzzähne noch vorhanden sind. Diese Sätze stützt ARCANGELI durch das, was er bei der Ent- wicklung der Zähne fand. Seine Untersuchungen machte er an 5—6 mm langen Embryonen des Goldfisches, bei denen der 3. und 4. Zahn bereits durchgebrochen war. Er macht daran die Be- obachtung, dab die Zähne nacheinander durchbrechen, nachdem sie zuerst mit dem Knorpel, der die Grundlage des Schlundknochens bildet, verwachsen sind. Der Keim des Ersatzzahnes setzt sich erst an, wenn die Kauzähne durchgebrochen sind. Es finden sich im erwachsenen Goldfisch ebensoviele Zähne, als sich im embryo- nalen Zustand anlegten. Ausdrücklich betont er das Fehlen von Schmelz und Schmelzanlage. Er kommt bezüglich der Ersatzzähne zu dem Ergebnis, daß sie ihren Namen nicht verdienen, da sie nicht in Funktion treten, oder wenn sie durchbrechen, sich wieder Die Schlundzähne des Karpfens. 415 verlieren. Er stellt die Frage auf, ob es sich wohl um sich rück- bildende Organe handelt. HAEMPEL (3), der sich mit der Entwicklung der Kauplatte be- schäftigte, gibt in seiner Arbeit an, daß sich Zähne und Kauplatte gleichzeitig entwickeln. Demnach bleiben folgende Fragen offen: Auf welche Weise bilden sich die Zähne im embryonalen Fisch? In welcher Form und auf welche Weise werden Ersatzzähne angelegt? Treten die Ersatzzähne in Funktion? Diese Fragen gewinnen besondere Be- deutung für die Karpfen, bei denen typische Kauflächen an den meisten Schlundzähnen ausgebildet sind. Hier wird es von be- sonderem Interesse sein zu entscheiden, ob die Kauflächen von vorn- herein angelegt werden, oder ob sie erst durch die Abnützung ent- stehen, ob ferner bei verschiedenen Dentitionen diese sich in der Anlage gleich oder verschieden verhalten. Herr Prof. Dr. Demoun hat mir die Beantwortung dieser Fragen als Thema der folgenden Arbeit überlassen. Hierfür sowie für seine freundliche Unterstützung bin ich ihm zu großem Dank verpflichtet. A. CarzssON (5) untersuchte die Zahnentwicklung an Embryonen von Salmo salar, Cottus quadricornis, Abramis brama, Carassius vul- garis, Gasterosteus aculeatus, Acanthias vulgaris und die Zähne er- wachsener Exemplare von Lota vulgaris, Lucioperca sandra, Esox lucius. CARLSSON fand, daß bei den untersuchten Teleostern der erste Anstoß der Zahnbildung durch eine Verlängerung und Wuche- rung der untersten Zellenschicht des Epithels gegeben wird „und daß diese Bildung bald in eine Schmelzleiste übergeht.“ Sie hebt hervor, daß das Epithel bei der Zahnbildung das aktive Element ist. Die Abschnürung der Zahnkeime von der Schmelzleiste findet sehr spät statt. Diese bleibt bestehen, kann aber an manchen Teilen des Kiefers resorbiert werden. Mit der Anlage der zahn- tragenden Knochen steht die Zahnbildung in keinem Zusammenhang, Dentin und Knochen bilden sich unabhängig voneinauder. Röse (7) unterscheidet in seiner Abhandlung für die Zahnent- wicklung drei Stadien: das erste nennt er freies Papillen- oder placoides Stadium; er versteht darunter den Zustand, „in welchen sich die Zahnanlagen im Bereiche der Kieferschleimhaut selbst ent- wickeln und über die tiefstgelegene Cylinderzellenschicht empor- ragen“. Das zweite bezeichnet er als Zapfenstadium; hierbei wachsen Teile des Kieferepithels in die Tiefe und bilden die An- lagen der Zähne. Das dritte oder Zahnleistenstadium stellt das 416 Hanna Stross, höchstentwickelte dar, es kommt bei höheren Wirbeltieren aus- schließlich vor, es ist charakterisiert durch eine Leiste, die entlang der Kieferhöhle wächst und von der allein die Zahnbildung aus- geht. — Die Zahnentwicklung untersuchte Rösze an Embryonen von Lepidosteus osseus. Es erfolgt hier die Anlage der Kieferzähne ähn- lich wie die Bildung der Placoidschuppen bei den Haien. Auch bei diesen Zähnen ist das eigentliche formgebende Element das Epithelgewebe. Von Knochenfischen hat Röse einige Salmoniden untersucht. Er findet, daß die Zahnanlagen der ersten Reihe sämtlich placoider Natur sind, also sich im Bereiche der Kieferschleimhaut bilden, während die Ersatzzähne unmittelbar aus dem Kieferepithel ent- stehen durch Einsenkung eines Zapfens. Eine ausgeprägte Zahn- leiste hat er nicht gefunden, hält es aber für möglich, daß sie bei Fischen mit großen Kieferzähnen vorhanden sei. Die Zahnentwicklung eines Haies hat Rös£ (6) an einem 34 cm langen Embryo von Chlamydoselachus anguineus GARM. untersucht. Über die epithelialen Anlagen konnte er, da das Epithel nur noch teilweise erhalten war, keine Angaben machen. Die verkalkten Anlagen finden sich in jeder Kieferhälfte in 7 Zahnreihen mit einer unpaaren in der Symphysengegend. Ein Teil der Zähnchen war mit ihren Sockeln verwachsen, was auf Anlage eines Kieferknochens hindeutet. Rüse stellt fest, daß sich die Kegel der dreispitzigen Zähne unabhängig voneinander entwickeln und erst durch Ver- wachsung der 3 Zahnsockel das dreispitzige Zahngebilde zustande kommt. Im Bau stimmen die Zähne von Chlamydoselachus mit denen vieler Haie überein. Dabei erwähnt RösE die beiden Zahnbein- arten, die bei den Haien nebeneinander vorkommen, er nennt sie einfaches und verästeltes Zahnbein. Er nimmt an, daß ersteres das stammesgeschichtlich ältere sei. Da sich auch bei den Zähnen von Chlamydoselachus dieses findet, zählt er ihn nicht zu der Gattung Cladodus, sondern stellt ihn in die Nähe von Xenacanthus. Eigene Untersuchungen. Material und Technik. Ich erhielt das Material von der biologischen Versuchsanstalt für Fischerei in München. Die Fischembryonen bekam ich aus dem Horer-Institut, Wielenbach, wo Herr Dr. WoHLGEmMuT die Güte Die Schlundzähne des Karpfens. 417 hatte, sie fiir mich zu konservieren. Sie wurden teils in Pikrin- Salpetersäure, teils in Sublimat-Salpetersäure, teils in Formol- Alkohol fixiert und in 50—60°/, Alkohol konserviert. Zunächst entkalkte ich die Teile resp. die ganzen Fische in 5°/, Salpetersäure oder in einer Mischung von 3°/, Salzsäure und 15°/, Kochsalzlösung. Die Salpetersäure hat sich bei größeren Teilen als vorteilhafter er- | wiesen. Nach dem Auswaschen brachte ich die Präparate in Häm- | alaun und färbte die Schnitte teils in van Gieson, teils in Eosin nach; die Färbung mit van Gieson gab brauchbare Bilder; ein Teil des Materials wurde zunächst mit Boraxkarmin und im Schnitt mit Calleya (1/,°/, Indigokarmin in Pikrinsäurelösung) gefärbt. Einen Teil der Objekte habe ich ungefärbt geschnitten und im Schnitt gefärbt mit Thionin. Dieses Verfahren hat den Vorteil, daß die Zellgrenzen viel deutlicher sichtbar werden als durch die übrigen Färbungen; weniger gut ist die Kernfärbung. Sämtliche Präparate wurden in Paraffin eingebettet. Bau der Schlundzähne. Die Schlundzähne der Karpfen sitzen in drei Reihen auf jedem Schlundknochen. Die erste Reihe A, die der Mittelebene der beiden Knochen am nächsten liegt, besteht aus drei Zähnen, die sich äußer- lich deutlich voneinander unterscheiden. AI sitzt mit breiter Basis dem Knochen auf; er zeigt statt einer Kaufläche eine abgerundete Krone, auf welcher ein schwach ausgeprägter Höcker sich erhebt, in dessen Umgebungen einige flache grubige Vertiefungen liegen; diese Unebenheiten betragen auch bei großen Tieren kaum 1 mm. Das Dentin ist glatt und glänzend; die Oberfläche sieht auch bei großen Exemplaren nicht abgenützt aus, und da der Zahn etwas tiefer liegt, als die übrigen, scheint es, als ob er bei der Kau- funktion nicht beteiligt wäre. Dafür spricht vor allem die Be- obachtung an Schlundknochen dreisömmeriger und älterer Karpfen bei denen dieser 1. Zahn versteckt ist unter einer dicken Schleim- “hautfalte, die sich von vorn nach hinten über ihn legt. Er erinnert an den Caninus im Oberkiefer des Hirsches (Hirschgrandl), der ebenfalls seine Kaufläche infolge mangelnder Funktion eingebüßt hat. AII ist der größte Zahn. Die Krone ist bedeutend breiter als der Hals, die Wurzel verbreitert sich wieder etwas und ragt median zum Teil über den Schlundknochen hinaus. Die Kaufläche stellt ein Oval dar mit mediocaudal gerichteter Achse. Sie ist von drei bis vier parallelen, schwach zackigen Furchen durchzogen, die 418 Hanna Srtoss, quer zur Medianebene des Kopfes verlaufen. Sie fallen durch ihre dunkle Färbung auf. Die Erhebungen zwischen den Furchen sind an jungen Zähnen konvex, an älteren mehr oder minder eben ge- schliffen. Der 3. Zahn ragt medial mehr als die übrigen über den Schlundknochen hinaus (Fig. 1). Er ist weniger massig als A IL und AI. Der Hals ist sehr dünn, die Form der Krone gleicht der des 2. Zahnes. Ihre Kaufläche ist ähnlich von zwei bis drei Furchen durchzogen. Die Zähne der Reihe B und C sind bedeutend kleiner, die Krone ist nur wenig breiter als der Hals, ihre Kaufläche eben- falls durchfurcht und stark abgeschliffen. Häufig fehlt der Zahn, der die Reihe C bildet. Aus der Mundschleim- haut, die stark ge- fältelt ist, ragt die Kaufläche des 2. und 3. Zahnes der ersten Reihe heraus. Da sie an manchen Exem- plaren auch stark ab- geschliffen ist, hat es den Anschein, als ob vor aliem diese beiden Zähne die Funktion des Kauens übernom- men hätten und die übrigen rudimentär wären. An solchen acrodonten Zähnen scheint es nicht ganz richtig, die Teile mit Krone, Hals und Wurzel analog den theco- donten Zähnen zu bezeichnen; denn die Schleimhaut schließt. sich dicht unter der Kaufläche an den Zahn, eine Verengung tritt nicht allgemein auf, auch fallen für Krone und Wurzel die histo- logischen Unterschiede weg. Die mangelhaft präzise Bezeichnung fiel auch Herncxe auf, denn er sagt: „An der Verwachsungsstelle mit dem Knochen, also in der Wurzel.“ Die Verwachsungsstelle ist aber schon die Grenze zwischen Zahn und Knochen. Um keine neuen Bezeichnungen einzuführen, soll für die vorliegende Arbeit & i | i WANN il il | -Fig. B. Der obere Teil eines Zahnes A II mit Längslinien und Dentinröhrehen. 40:1. Die Schlundzähne des Karpfens. — 419 nur betont werden, daß der Benennung Krone, Hals, Wurzel keine histologischen Unterschiede zugrunde liegen. Ich nenne Krone den oberen hellen Teil des Zahnes, Hals seine Verengung, Wurzel den Abschnitt von der Verengung bis zur Verwachsung mit dem Knochen. Um den mikroskopischen Bau der Zähne zu erkennen, wurden Längs- und Querschnitte gemacht. Günstige Längsschnitte durch die Zähne erhält man, wenn man die Schnittebene senkrecht zur Körperachse, quer zum Kopf legt (Fig. B). Dabei zeigt sich als auf- fallendstes Merkmal der große Pulparaum der Zähne. An einem erwachsenen Zahn A IT (Fig. B) von 3,5 mm Durchmesser nimmt die Pulpa 2,5 mm ein, somit eine Seitenwand 0,5 mm. An der Kau- fläche beträgt die Zahnbeindicke 0,81 mm. Die Pulpa besteht aus einem feinen Netzwerk von kolla- genen Fasern (schwache Blau- färbung mit Calleya) mit ein- gelagerten, charakteristischen Bindegewebszellkernen. Es han- delt sich jedenfalls um Mesen- chymzellen, die mit ihren fein : verästelten Ausläufern ineinander übergehen. Dazwischen treten einkernige, runde Zellen auf, deren Zelleib teils fein gekérnt, teils homogen ist, leucocytäre Zellen. Der Peripherie zu werden die Bindegewebszellen dichter, ihnen liegt eine Reihe regel- En een Übergang von Pulpa und Dentin. 840: 1. j ä D Dentin. O Odontoblasten. länglich, der Zelleib nicht deut- B Bindegewebszellen. lich begrenzt. Die zentripetalen Fortsätze, Pulpafortsätze, verschwinden in den Fasern der binde- gewebigen Grundsubstanz. Die Fortsätze in entgegengesetzter Richtung, die Dentinfortsätze, senken sich in Dentin ein. Dicht unter dem Dentin der Kaufläche ist die Pulpa (Fig. C) ganz be- sonders kernreich, die Odontoblasten sind hier länglich mit stäb- chenförmigen Kernen, während die darunterliegenden Kernschichten den verschiedensten Formen des Bindegewebes angehören. An den Fig. C. 420 Hanna Sross, Seitenwänden haben wir nur 1—2zellige Grenzzonen; die hier ge- legenen Odontoblasten sind von mehr kubischer Form. In der Pulpa finden sich zahlreiche Querschnitte von kleinsten Arterien und sehr dünnwandigen Venen, die beide mit kernhaltigen Blutkörperchen angefüllt sind. Schon bei schwacher Vergrößerung sieht man an dem massiven, oberen Teil des Zahnes, rot gefärbt mit van GIESON, ein System von Linien, die parallel zu den Einsenkungen der Kau- fläche verlaufen (Fig. B). Auf eine Dicke von 10 w von der Kau- fläche entfernt fehlen diese Linien, so daß das Dentin hier homogener erscheint. An den Seitenwänden werden die Linien schwächer, sind aber an günstigen Objekten bis zum Knochen zu verfolgen; sie verlaufen nicht in gleichen Abständen, sind auch verschieden fein; sie erinnern an die SCHREYEr’schen oder Drucklinien, wie sie bei ELLENBERGER für die Zähne der Haustiere erwähnt werden. Senk- recht zu diesen Linien sind die Dentinröhrchen deutlich sichtbar. Ihre Breite beträgt ca. 3 uw. Sie verlaufen im großen und ganzen radiär von der Pulpahöhle zur Oberfläche des Zahnes. Auch am Übergang zum Knochen gilt diese Anordnung, und es lassen sich die Kanälchen verfolgen bis zum Auftreten der Knochenlacunen. Kurz vor dem Übergang zum Knochen biegen sich die Kanälchen rechtwinklig ab, wie es HEIScKE ausführlich p. 516 ff. beschrieben hat. Eine scharfe Grenze oder sogar das Auftreten einer naht- förmigen Linie zwischen Dentin und angrenzendem Knochen, wie es Heixcke beschrieben und in fig. 3 seiner Abbildungen gezeigt hat, konnte ich nicht finden. Wohl aber hebt sich das Dentin durch intensivere Rot- resp. Grünfärbung vom Knochen ab. „Knochen- körperchen,“ sagt HEIncKE, „die in der Wurzel des Zahnes massen- haft vorkommen, finden sich auch im Halse, ja mitten in der Krone.“ Dem kann ich nicht beistimmen; es hebt sich im Gegenteil die Grenze zwischen Dentin und Knochen durch das Verschwinden von Knochenkörperchen in ersterem scharf hervor. In Hals oder Krone finden sich im Karpfenzahn niemals Knochenkörperchen. Schmelz ist weder an Schliffen noch an den entkalkten Schnittpräparaten zu sehen. Das Dentin färbt sich bis an die Oberfläche mit den für Kollagen geeigneten Farbstoffen. Entwicklung der Zähne. Die erste Zahnanlage fand ich bei einem 6 Tage alten, 5—-6 mm langen Karpfen. Etwa 70 «a vor dem Übergang des Schlundkopfes in den engen Schlund finden sich, wie Fig. D zeigt, die Zahnkeime Die Schlundzähne des Karpfens. 421 in der Ventralwand des Schlundkopfes. Das Epithel, das die Schlund- kopfhöhle auskleidet, ist zwei- bis dreischichtig. Die Kerne haben sich mit Boraxkarmin gut gefärbt, die Zellgrenzen sind nicht wahr- nehmbar. Das unter dem Epithel gelegene jugendliche Bindegewebe unterscheidet sich von ersterem durch die dunkler gefärbten, in Form und Anordnung weniger regelmäßigen Kerne und durch die Andeutung einer faserigen Struktur der Zwischensubstanz. Außer- dem ist zwischen Epithel und Bindegewebe eine helle Zone, viel- leicht verursacht durch die Konservierung. An der ventralen Seite >) Ao) oS @ Ze); TINO ee (S79) @e a e | Pr 7 N ( 4! @ N Mess SVB) 5 itd Coco, RIT TP STE TUN ET ENT D'ou J SER Gy 204 Ger 08 Qe] ¢ REIS Out eee © See = Big. "D: Schlundköpfhöhle eines 6 Tage alten Karpfens. 840: 1. A, B, C, 4‘, B', C‘ Zahnanlagen. ‘des Schlundkopfes, der hier 166 x breit und 22 x hoch ist, finden ‘sich unter dem dreischichtigen Deckepithel Epithelballen in das darunterliegende Bindegewebe eingesenkt; zum Teil hängen sie mit dem Oberflächenepithel zusammen (Fig. D A’), zum Teil ist ein Übergang in die oberflächlichen Zellen an diesem Schnitt nicht mehr wahrnehmbar (Fig. DA). Die Zellen sind in radiärer An- ‘ordnung zu einem kugligen Epithelkörper zusammengeschlossen. Unter diesen epithelialen Zahnkeimen — Schmelzkeimen — findet sich eine deutliche Anhäufung von Mesenchymzellkernen als Pulpa- keime. Die Anlage B ist viel weiter vorgeschritten. Der Pulpa- keim von kegelförmiger Gestalt ist von einer einschichtigen Lage von Epithelzellen bedeckt. Zwischen beiden ist ein Deckmantel in ‚Gestalt zweier dorsalwärts zusammenlaufender Streifen zu erkennen. Es handelt sich also um 6 Zahnanlagen, die nahezu in einer einzigen 422 Hanna Sross, Querebene liegen. Die unmittelbar vorhergehenden und nachfolgenden Schnitte enthalten noch Anschnitte dieser Keime, doch sind weitere Keime als diese 6 in keinem der 5 Exemplare gleichen Alters zu finden. Verglichen mit den Zähnen des ausgewachsenen Karpfens würde es sich also um die Keime der Zähne C, B,AII,AII,B, C handeln. © So 0 000° o© o 00 © © SE À 6 as ve, Ge, 2 À HO WAS ig ~ 9 G50, 09 9 60 ) Se ; e CZ) (6) elle) * Pa TE 0,00 ee) AG, @ J a 2 In F / ag *O p 0 * 2e 0 08 Le 4 193° 8098 mare D Fig. E. Schlundkopfhöhle eines 14 Tage alten Karpfens. 840:1. BC B' C" Primärzähne. A A‘ Epitheleinsenkung. Das zweite Entwicklungsstadium, das ich untersuchte, waren 14 Tage alte Karpfen von 7mm Länge. Zwei davon färbte ich mit Boraxkarmin, 3in Hämalaun. Die Größe der Schlundkopfhöhle beträgt hier 333 u : 74 u. Das Epithel der Schleimhaut ist weniger regel- mäßig in 3—4 Schichten angeordnet. Das Bindegewebe hebt sich durch die kleineren Kerne und durch die faserige Struktur deutlich davon ab. Bei der Nachfärbung mit Calleya zeigte sich das prim- ordiale Kopfskelet, so die Chorda und ventral der Schlundkopfhöhle der Schlundknochen. Der erste Schnitt, der eine Zahnanlage an- schneidet, zeigt rechts und links von der Mitte der ventralen Seite der Schlundkopfhöhle eine Einsenkung des Epithels in das Binde- sewebe. Die Epithelzelien sind radiär in einem Knäuel in der Nähe des noch knorpligen Schlundknochen gelagert. In den folgenden Schnitten ist der Zusammenhang mit dem Oberflächenepithel sicht- Die Schlundzähne des Karpfens. — 423 bar. In den nächsten Schnitten tritt ein durch Calleya blau ge- färbter Dentinmantel auf, der eine basale Breite von 36—39 u hat und eine Wandstärke von 3 u, und links davon sind je zwei weitere Zahnanlagen angeschnitten. Es tritt also, oral beginnend, zuerst je ein Zahn rechts und links von der Mitte auf und, nachdem er noch nicht ganz verschwunden ist, je zwei weitere. Diese letzteren vier liegen so ziemlich in einer Ebene, wie dies Fig. E zeigt. Man sieht an diesem Präparat auch am besten die Struktur dieser ersten Zähne. Sie sind ungemein spitz, die Breite beträgt nach der Spitze zu 7 a, an der Basis 15—30 x. Dann ragen sie verhältnismäßig weiter aus der Schleimhaut hervor als die Zähne erwachsener Fische. Das Dentin stellt eine schmale Wand von 1,5—3 a dar und scheint voll- kommen homogen zu sein. Bei starker Vergrößerung und mit Im- mersion ist eine Struktur nicht zu sehen. Es ist mit den Anlagen des Schlundknochens und mit dem Dentin des Nachbarzahnes ver- wachsen (Fig. E B‘ und ©‘). Der sehr große Pulparaum geht ventral ins Bindegewebe über. In der Pulpa sind große Bindegewebszellen, die sich beim Übergang von Pulpa in Bindegewebe häufen, aber dort kleiner sind. In Fig. E scheint Zahn C‘ median getroffen zu sein, an B’ und B fehlt die Spitze, C ist an der Basis abgeschnitten, weshalb die Fortsetzung des Dentins im Bindegewebe nicht verfolgt werden konnte. Die regelmäßige Anordnung des Schmelzorgans in dem ersten Stadium ist bei diesem zweiten ganz verloren gegangen. Die Kerne der Epithelzellen sind dort, wo sie dem Dentin anliegen, langzylindrisch, stäbchenförmig rückgebildet; sie zeigen also eine regressive Umwandlung, die eine Abscheidung von Schmelz ganz ausschließt. Auffällig an diesen Primärzähnen ist das Fehlen der Odontoblasten und die Strukturlosigkeit des Dentins. In einem Alter von 21 Tagen zeigt der Karpfenschlundkopf im allgemeinen das gleiche Bild. Es sind wiederum rechts und links von der Mittelebene die 3 spitzen Primärzähne zu beobachten; nur ist die Verwachsung mit dem Schlundknochen, der an Ausbreitung gewonnen hat, deutlicher zu sehen. Ehe sich aber der Schlundkopf nach den Kiemenspalten schließt, zeigt sich die Anlage eines Zahnes, der etwas vor und unter dem Primärzahn A liegt. Sie ist entstanden durch eine Wucherung des Epithels der Mundschleimhaut, denn sie steht mit derselben noch in Verbindung. Die Epithelzellen liegen in einer regelmäßigen Reihe in Hufeisenform um eine durch van GIESON schwach rot gefärbte Dentinkappe; die zweite Lage dieses Schmelz- organs hängt stielartig zusammen mit den Epithelzellen der Schleim- 494 Hanna Sross, haut. Der Pulparaum ist so schmal, daß der Breite nach 3—4 Binde- sewebszellen Platz finden, die in einer Reihe der Dentinkappe anliegen. Sie sind zylindrisch und haben das charakteristische Aussehen der Odontoblasten. Das Dentin, das nur eine Breite von 6 x hat, weist, noch keine Zahnbeinröhrchen auf, es ist nach Stönr wohl als „Prädentin“ zu bezeichnen. Die Bindegewebszellen häufen sich am basalen Ende der Zahnanlage, und gehen unmittelbar in die des Schlundknochens über, der hier noch knorplig ist. Je ein weiterer Keim legt sich in dem gleichen Stadium unter dem Primärzahn C an, wie Fig. F zeigt, so daß wir also bei 21 Tage alten Karpfen — wobei ich be- merken möchte, daß damit nicht genau die Tage fixiert werden sollen, denn das Tempo der Entwicklung ist zu sehr abhängig von Witterung und Nahrung — noch sämtliche Primärzähne finden mit je zwei Anlagen des eigentlichen Gebisses. Diese Anlagen nehmen ebenso wie die Primärzähne vom Epithel der Schlundschleimhaut ihren Ausgangspunkt. Mit 28 Tagen zeigt die Zahnentwicklung keine wesentliche Veränderung. In den Serienschnitten sind noch alle 6 Primärzähne zu verfolgen; doch habe ich in diesen Serien keinen vollkommenen Medianschnitt gleichzeitig durch mehr als einen Zahn erhalten. Es scheint, als ob sie in ihrer Lage zueinander verschoben wären. Für Zahn A allein habe ich dies deutlich beobachten können. In dem spitzen Winkel, den er zur Schleimhautoberfläche bildet, ist, wie schon beim vorigen Stadium erwähnt wurde, eine Zahnanlage ent- standen. Diese hat an Ausbreitung zugenommen; während sie beim 2ltägigen Karpfen auf 5 Schnitten zu verfolgen war, tritt sie 7 Tage später in 8—9 Schnitten (zu je 10 w) auf. Das Schmelzorgan liegt deutlich in einer zweischichtigen Lage dem Kern von Bindegeweben auf. Die äußeren Schmelzzellen sind flacher, von weniger regel- mäßiger Gestalt. Die inneren Schmelzzellen liegen in regelmäßiger Reihe dicht nebeneinander. Ihr Zelleib, der bei starker Abblendung gut zu sehen ist, ist hoch zylindrisch und schließt sich dicht an das Dentin an. Eine Abscheidung von Schmelz durch die Schmelz- zellen ist nicht zu beobachten. Vergleicht man mit dieser Zahnanlage eine ungefähr gleich weit entwickelte eines Haussäugetieres, so sieht man daran deutlich die bereits angelegte Schmelzkappe mit ihrer prismatischen Struktur. Auch hat sich der Schmelz mit Boraxkarmin sehr deutlich gefärbt. Nach 4 ‚weiteren Tagen, bei einem 32 Tage alten Karpfen, scheinen die Primärzähne sich in beginnender Resorption zu befinden. Die Schlundzähne des Karpfens. — 425 Sie ragen nicht mehr so weit aus der Schleimhaut hervor und sind geschrumpft. Die Schleimhaut der Schlundkopfhöhle hat sie in ihrem Wachstum überholt. Die Spitze der Zähne ist teils abgebrochen, teils erscheint sie unscharf (Fig. 3). Die Dentinwand des Zahnes ist fransig, an manchen Stellen durchlöchert. Das Dentin färbt sich nicht mehr gleichmäßig. Die Verbindung mit den Schlundknochen ist bei manchen Zähnen nicht mehr festzustellen, bei anderen ist die Bruchstelle deutlich zu sehen. Ein Zahn von 140 u Länge ist Fig. F. Fig. G. Primärzahn, Anlage eines Sekundärzahnes bei Zahnanlage eines Sekundär- einem 32 Tage alten Karpfen. 840:1. zahnes bei einem 32 Tage alten Karpfen. 840:1. 70 u von der Spitze entfernt abgebrochen, an der Bruchstelle häufen sich die Zellen, in den Vertiefungen des Dentins liegen Osteoclasten. An Ersatzkeimen sind vorläufig immer noch erst je zwei auf jeder Seite zu sehen. Die Dentinwand in der Zahnanlage nähert sich der Hufeisenform. Die Grenze gegen die Schmelzzellen ist deutlicher zu sehen als in den früheren Stadien. In der Pulpa und am Über- gang in das Bindegewebe sind die Bindegewebszellen dicht gehäuft. Bei starker Vergrößerung und Abblendung, noch besser mit Immersion sieht man die Fortsätze oder Odontoblasten und die Dentinröhrchen. Die inneren Schmelzzellen sind zylindrisch, die äußeren liegen ihnen an, ohne daß eine Schmelzpulpa dazwischen wäre. Schmelz ist keiner abgeschieden. Das nächste Stadium, das ich untersuchte, waren Fische von 37 Tagen. Es ist bei ihnen die Resorption der Primärzähne noch 426 Hanna Sross, weiter fortgeschritten. So findet man in dem einen der Exemplare nur mehr zwei Primärzähne, von den übrigen mehr oder weniger deutliche Reste. Die beiden noch erhaltenen Primärzähne sind auf der einen Seite Zahn A, auf der anderen Zahn C. Die Resorption ist hier rechts und links nicht gleichmäßig vor sich gegangen. Zahn A der linken Seite erreicht mit seiner abgerundeten Spitze eben noch die äußere Epithelschicht der Schlundschleimhaut. In der Pulpa sind wenig Bindegewebszellen. Das Dentin, das vordem vollständig homogen war, zeigt faserige Längsstreifen. Der Zahn steht mit dem Schlundknochen nicht mehr in Verbindung. Der untere Teil geht fransig ins Bindegewebe über. Die Bindegewebszellen sind an dieser Stelle stark gehäuft. Der entsprechende Zahn der anderen Seite ist als Rest noch erhalten; es bildet der untere Teil, der dem Knochen am nächsten liegt, einen abgerundeten Kegel, dessen Spitze das äußere Epithel nicht mehr erreicht. Die Verbindung mit dem Knochen ist noch erhalten durch die dorsale Dentinwand; ventral ist sie durchbrochen, an der Durchbruchsstelle häufen sich die Bindegewebszellen. Zahn C der rechten Reihe ragt mit seinem stumpf gewordenen vorderen Teil ca. 3 # aus der Schleimhaut hervor. Die dorsale Wand steht noch etwas in Verbindung mit dem Knochen, die ventrale nicht mehr. Osteoclasten liegen dicht dem Dentin an. Die Stelle, an der der entsprechende Zahn und Zahn B der anderen Seite lag, ist noch kenntlich durch die Einsenkung des Epithels und die spangenartigen Fortsätze, die am Schlundknochen noch er- halten sind. Ein anderer Fisch gleichen Alters zeigt ganz ähnliche Verhältnisse; nur sind bei diesem die Primärzähne noch besser er- halten; einer derselben ragt noch 15 uw aus der Schleimhaut hervor. Die Kauplatte, die in diesem Stadium noch nicht verhornt ist, scheint durch die spitzen Zähne verletzt zu sein. An Zahnkeimen der Sekundärzähne sind weiter keine zu beobachten, als die schon im vorigen Stadium erwähnten. Nach dem Verschwinden der Primärzähne scheinen sich die Sekundärzähne bedeutend schneller zu entwickeln, als es die ersten Entwicklungsstufen ihrer Anlagen erwarten ließen. Um eine lücken- lose Reihe zu erhalten, wäre es daher notwendig, jeden Tag Exem- plare zu konservieren. Da ich das nicht vorausgesehen hatte, zeigen meine Präparate Lücken in den Entwicklungsstufen. Es fällt dies auf bei den nächsten Serienschnitten eines Karpfen von 40 Tagen. Er ist wie die folgenden vom caudalen Ende des Kopfes an ge- schnitten. Die Präparate haben sich sehr gut und differenziert ge- Die Schlundzähne des Karpfens. 427 färbt, was wohl der Fixierung in Sublimat-Pikrinsäure zu danken ist. Noch ehe sich der Schlund zur hinteren Schlundkopfhöhle er- weitert, tritt an seiner dorsalen Wand die Kauplatte auf. Sie bietet beim Schneiden mit dem Mikrotom noch keinerlei Schwierigkeit. Auch das mikroskopische Bild zeigt, daß die Verhornung des Ge- webes noch nicht weit vorgeschritten ist. Die Epithelzellen werden dem Rande zu flacher, aber sie enthalten fast alle noch Kerne oder Kernreste, die sich deutlich mit Boraxkarmin färbten. Der erste Zahn, der in den Schnitten zu sehen ist, ist der der Reihe B. Seine Krone, die bereits die breite Form hat, ragt etwas über das äußere Epithel heraus. Unter dem Dentin der Krone liegen in dichter Reihe die Odontoblasten. Ihre Fortsätze sind bis in das Dentin zu verfolgen. Die Pulpa zeigt alle Bestandteile, die beim erwachsenen Zahn erwähnt wurden. Es fällt an ihr gegenüber den Primärzähnen sofort der größere Reichtum an Bindegewebszellen ins Auge, ganz abgesehen von der charakteristischen Anordnung der Odontoblasten. Die Verbindung mit dem Knochen ist noch nicht völlig hergestellt, doch beträgt die engste Stelle, an der sie noch fehlt, kaum 3 u. Dorsal von diesem Zahn, nur in einem Schnitt sichtbar, während der Zahn selbst sich in 8 Schnitten verfolgen läßt, liegt der obere Teil eines Primärzahnes, in eine Schleimhautfalte eingesenkt. Außer diesem Rest fand ich weiter oral auf beiden Schlundknochen einen weiteren Primärzahn, der besonders auf der rechten Seite noch voll- kommen erhalten ist und sich auf 7 Schnitten zeigt; er weist kein Zeichen von Resorption auf, wie es in früheren Stadien mitunter gleichzeitig an allen Zähnen zu bemerken war. Nur ist er im Wachstum vom umliegenden Gewebe überholt worden und ragt nicht über die äußere Schicht des Epithels heraus. Mit dem Schlund- knochen steht er noch vollständig in Verbindung. Man kann wohl aus seinem Vorhandensein den Schluß ziehen, daß das Verschwinden der Primärzähne individuellen Schwankungen unterworfen ist. In einem Alter von 43 Tagen sind keine Reste von Primärzähnen mehr vorhanden. Sehr deutlich hat sich die Kauplatte verändert; das Epithel zeigt eine durchschnittliche Dicke von 50 x, und ist durch die Nachfärbung mit Calleya in zwei Teile getrennt. Der dorsale Teil hat die Färbung von Boraxkarmin behalten; in ihn ragt papillenartig das Bindegewebe hinein. Die Zellen dieses Teiles sind an der Grenze zum Bindegewebe zylindrisch, werden nach unten polygonal und dann flach. Die Kerne haben sich gut gefärbt. Der ventrale Teil ist gelbgrün. Die Grenzen der Zelleiber, die dem Zool. Jahrb. 42. Abt. f. Anat. 29 428 Hanna Sross, Rand zu immer flacher werden, sind gut sichtbar. In einer Anzahl von Zellen sind noch Kernreste vorhanden. Am Rand der Kauplatte lösen sich Zellen und Zellteile von ihr ab. Die Sekundärzähne sind vollzählig vorhanden. A III ist mit seiner breiten Kaufläche parallel zur Kauplatte gerichtet. In Funktion ist er in diesem Stadium noch nicht getreten, denn zwischen ihn und die Kauplatte legt sich eine Schleimhautfalte, die bedeutend weiter in das Schlundkopflumen vorragt als der Zahn. Das Dentin scheint sehr homogen durch das Fehlen der Längslinien, wie sie in Fig. 4 gezeigt sind. Mit dem Schlundknochen ist er nicht verwachsen; er erstreckt sich im Binde- gewebe bis zur Muskulatur, das Ende des Dentinmantels ist ab- gerundet und etwas nach einwärts gebogen. In einer Querebene, stufenartig übereinander, liegen AII, B und ©. Dorsal liegt C, der kleinste Zahn. Seine Längsachse ist parallel mit der Oberfläche der Kauplatte. Er erreicht mit dem oberen Rand die äußere Epithel- schicht, ist aber bedeckt von einer Schleimhautfalte. Hals und Krone sind an ihm nicht zu unterscheiden, da der Dentinmantel von der Verwachsungsstelle mit dem Knochen an zwei schwach konvergierende Linien bildet. Mit dem Schlundknochen, der auf diesen Kopfquerschnitten sich als übereinander liegende Knochen- spangen zeigt, ist der Zahn verwachsen. B liegt ventral von (©, ragt bedeutend weiter in die Schlundkopfhöhle und ist ebenfalls. mit dem Knochen verwachsen. Die Kaufläche ist parallel zur Kau- platte gerichtet; sie deckt dachziegelartig den größten Zahn: AL. Dieser ist bedeutend breiter als B und C. Seine breite Kaufläche richtet sich gegen die Hornplatte. Mit dem Schlundknochen ist er noch nicht vollständig verwachsen. Die Kauplatte, die ihre größte Dicke gegenüber von A IT erreicht hat, beginnt wieder schmäler zu werden und mißt in der Querebene, in der der Zahn AI liegt, kaum 90 u. AI hat keine Kaufläche, sondern eine etwas zugespitzte: Krone. Er ist mit dem Knochen verwachsen. In diesem Stadium, in dem alle Sekundärzähne die Schleimhaut durchbrochen haben und funktionsfähig sind, zeigt sich eine weitere Erscheinung der Zahnentwicklung, nämlich die Anlage der zweiten Dentition, der sogenannten Ersatzzähne Im vorhergehenden Sta- dium, in dem erst ein Sekundärzahn durchgebrochen war, ließ sich noch keine Anlage eines Ersatzzahnes finden. Sobald aber die erste Dentition der Sekundärzähne vollständig ist, legen sich auch die Ersatzzähne an. Es senkt sich, wie das Fig. J zeigt, das Epithel der Mundschleimhaut in das Bindegewebe. Das untere Ende des Die Schlundzähne des Karpfens. 499 Zapfens verbreitert sich, das Bindegewebe wuchert in dieses Schmelz- organ hinein. Bei 43 und 47 Tage alten Karpfen habe ich dieses Stadium gefunden. Gleichzeitig aber liegen in diesen Serien unter den ersten Sekundärzähnen Ersatzkeime, die schon bedeutend weiter entwickelt sind. Es hat fast den Anschein, als ob jene jüngsten. Stadien bereits der Ursprung einer weiteren Dentition wären. Die Ersatzkeime liegen etwas vor und unter den funktionierenden. Zähnen, vollständig im Bindegewebe. In ihrem mikroskopischen Bau unterscheiden sie sich in nichts von der entsprechend alten Anlage der ersten Dentition. Es liegen in diesem Stadium Ersatz- keime unter den drei Zähnen der Reihe A. Von B oder C habe ich keinen gefunden. Sehr gut konnte ich die Ersatzzähne beobachten an einem 56 Tage alten Karpfen, der bedeutend rascher gewachsen war als die Brut, von der meine übrigen Serien stammen. Er mißt 35 mm, während jene anderen gleichalten Karpfen 12—15 mm lang sind. Die Serie beginnt ebenfalls am caudalen Ende des Kopfes. Es zeigt sich im Schnitt also zuerst AIII. Aber ehe er vollständig median getroffen ist, liegt unter ihm die Anlage seines Ersatzzahnes, Er liegt so unter A III, daß seine senkrechte Achse mit der von A III einen spitzen Winkel von ca. 25° bildet, so daß seine Wachs- tumsrichtung mehr dem Bindegewebe als dem Oberflächenepithel zugekehrt ist. Die Anlage ist schon ziemlich weit entwickelt, wie es Fig. 4 zeigt. Die Zellen des Schmelzorgans liegen in dichter Reihe zweischichtig über der Dentirkappe. Die Bindegewebszellen in der Pulpa liegen so dicht, daß nur der Kern derselben zu sehen ist, während die Pulpa des danebenliegenden bereits funktionieren- den Zahnes deutlich die faserige Struktur der Zelleiber aufweist. Die Odontoblasten im Ersatzzahne sind zylindrisch, zwei-, manchmal dreischichtig gelagert. Ihre Fortsätze sind deutlich in das Dentin zu verfolgen. Die Form des Schmelzorgans und der Dentinkappe ist noch hufeisenförmig, wie stets bei jüngsten Stadien der Zahn- anlage; doch tritt in einem Drittel der ganzen Länge bereits eine Verengung auf. Weiter fortgeschritten ist der Ersatzzahn von A II. Das Schmelzorgan bildet an der Krone eine Falte, die zur ersten Furchenbildung in der Kaufläche von AII führt. AIL, B und C liegen ziemlich in einer Schnittebene. Caudal und unter B liegt sein Ersatzkeim. Von C ist sein Ersatzkeim noch nicht zu sehen. B und C sind beide von Schleimhautfalten überdeckt, obwohl sie so weit entwickelt scheinen wie A IT, da alle mit dem Schlundknochen 29* 430 Hanna Sross, verwachsen sind. Es fällt an ihnen ihr geringer Durchmesser auf. C hat in der Krone eine Breite von 40y, B von 72u, AII im gleichen Schnitt 270 x, obwohl er hier nicht mehr vollständig median getroffen ist. Der Winkel, den die Längsachse der Zähne mit der Kauplatte bildet, ist bei B bedeutend spitzer als bei AL, und für C ist er fast 0, das heißt die Längsachse ist parallel mit der Kauplatte. Er kann also bei der Kaufunktion nicht beteiligt sein. Die abgerundete, mit einem kleinen Höcker versehene Krone von AI erreicht in diesem Stadium die Oberfläche der Schleimhaut. Fig. H. Zahn AI eines 8 Wochen alten Karpfens mit dem Schlundknochen. 840:1. Unter AI liegt sein Ersatzzahn mit einer dem alten Zahn voll- kommen analogen Krone (Fig. 5). AI des linken Schlundknochens ist wie die übrigen mit dem Knochen bereits verwachsen, während AI der rechten Seite in der Entwicklung noch weiter zurück ist. Er zeigt dadurch deutlich, auf welche Weise sich Knochen und Dentin nähern (Fig. H). Analoge Verhältnisse in der Entwicklung der Zähne zeigen die Schleien. Ich konnte das beobachten an 22 und 32 Tage alten Exemplaren. Fräulein Prof. Dr. PLEEX hatte die Liebenswürdigkeit, mir die beiden Serien zur Verfügung zu stellen. Die Schleien haben nur eine mediane Reihe von Schlundzähnen, die der Reihe A des Karpfens entspricht. In dieser Reihe sind einerseits vier, andrerseits fünf Zähne, deren Antagonist ebenfalls die Kauplatte darstellt. In einer Querebene des Kopfes muß sich demnach auf jedem Schlund- knochen nur ein Zahn zeigen. Bei der 22 Tage alten Schleie fand ich die Reste der Primärzähne. Sie sind ähnlich denen des Karpfens, Die Schlundzähne des Karpfens. 431 etwas weniger spitz und mit einem dicken Mantel von Dentin ver- sehen. An Zahl fand ich in diesem Stadium jederseits zwei. Median von diesen Zähnen, die mit dem Schlundknochen in Verbindung stehen, liegen die Anlagen der Sekundärzähne, teilweise mit einer schon sehr weit ausgebildeten Dentinkappe. Das Schmelzorgan mit den sehr deutlich zylindrischen Schmelzzellen steht bei manchen Anlagen noch in Verbindung mit dem Epithel. Bei der 32 Tage, alten Schleie sind die Primärzähne verschwunden. Die Sekundär- zähne sind in fast allen Stadien der Entwicklung zu beobachten. ‘ CRE o - eg a iS 0 2 ° 3 n ee & * C237 OSG 4 ge ri, e hee Be CT ES Oe Fe CORR nates Lo SP ar a: see t &e ah? Se © 60 2 2 4% S > ce | r) e € 6 Le & cp OS ep gre = ug f la, de Oe opte GS OF st! Bay © \ ager oe © 9,498 Be ge N A ° S © gene @ bo $ ur, -o 00 F/ } 3 a 8 N SW eter G : 4 ° e VSS gee © ,® 5 é 1,6% VE NE se 0 es 2 De PSS 220 oe ) LEA Ue s 4,9 ve ce? 20 # LT e @ $e? eZ [2 Fig. J. Anlage eines Schmelzorgans bei einer 32 Tage alten Schleie. 840:1. Das jüngste Stadium zeigt Fig. J. Das Epithel senkt sich mit breitem Stiel ins Bindegewebe und bildet das Schmelzorgan. Gleich- zeitig liegen im Bindegewebe vom Epithel abgeschlossene Zahnkeime mit breiter Dentinkappe. Uber jedem dieser Zahnkeime liegt ein Zahn, der mit seiner Krone die Oberfläche des Epithels bereits erreicht. Mit dem Knochen stehen die Zähne noch nicht in Ver- bindung, das Dentin derselben ist den Spangen des Schlundknochens genähert, wie es Fig. H vom Karpfen zeigt. Die Kauplatte ist erst im Stadium beginnender Verhornung. 432 Hanna Sross, Zusammenfassung. Aus diesen Untersuchungen geht hervor, daß das Gebiß der erwachsenen Karpfen nicht mit allen seinen Teilen der Kaufunktion dient. Für dieselbe kommen in Betracht die Zähne II und III der Reihe A und der Zahn der Reihe B. AI tritt, obwohl sehr gut ausgebildet und bei allen Individuen erhalten, beim Kauen nicht in Tatigkeit; er wird niemals abgeschliffen. Die Frage, ob er einem anderen Zweck dient, ist noch offen. Der Zahn der Reihe C kann infolge seiner Stellung nicht am Kauen beteiligt sein, er geht bald verloren, und vermutlich bilden sich für ihn keine Ersatzzähne; er ist in der Rückbildung begriffen. Die Zähne bestehen aus Dentin, das auf Schnitten und Schliffen ein System von Dentinröhrchen und von Längslinien zeigt. Das Dentin ist mit dem Knochen verwachsen; ein Schmelzbelag ist nicht vorhanden. Die Pulpa gleicht in ihrer faserigen Struktur, in den Bindegewebszellen und Odontoblasten der der Säugetier- zähne. Bezüglich der Entwicklung der Zähne habe ich gefunden, daß sie in zwei verschiedenen Formen auftreten: als Primärzähne und als Sekundärzähne. Die Sekundärzähne haben eine Reihe von Den- titionen, deren Zeitdauer noch nicht festgestellt werden konnte. Die Entwicklung der Primärzähne beginnt mit dem 5.—7. Tage nach dem Ablaichen. Sie nimmt ihren Ausgangspunkt vom Epithel der Schlundschleimhaut, das sich in die Tiefe senkt und das „Schmelz- organ“ bildet; es sondert keinen Schmelz ab. Das Dentin ist struk- turlos. Die Zähne sind spitz, ragen weit aus der Schlundschleim- haut und üben keine Kaufunktionen aus. Dies geht auch daraus hervor, daß ihr Antagonist, die Kauplatte, noch viel zu weich und widerstandslos ist. Es entstehen auf jedem Schlundknochen drei Primärzähne; nach 3—4 Wochen werden sie vom Bindegewebe wieder resorbiert. Die erste Dentition der Sekundärzähne legt sich mit ca. 20 Tagen an; sie setzt ein mit der Wucherung des Epithels. Das Bindegewebe der Pulpa bildet Odontoblasten. Das Dentin zeigt Dentinröhrchen. Schmelz ist nicht vorhanden. Schon die erste Dentition der Sekundär- zähne wird sofort mit Kaufläche angelegt, was sich auf Schnitten nachweisen läßt. Nach dem Durchbrechen der Sekundärzähne legen sich unter ihnen die Ersatzkeime der 2. Dentition ebenfalls als Kauzähne an. Während diese bei den Säugetieren ausgehen von Die Schlundzähne des Karpfens. 433 dem Schmelzorgan der ersten Zähne, beginnen ihre Anlagen beim Karpfen wieder mit einer Wucherung des Schlundepithels in das Bindegewebe. Diese Ersatzzihne legen sich in der Form des Zahnes an, dessen Ersatz sie bilden. Da das Schmelzorgan auch bei ihnen keinen Schmelz absondert, hat es bei Karpfenzähnen lediglich die Aufgabe, der Zahnanlage die Form zu geben. „Das Schmelzorgan bildet gewissermaßen die Gußform“, heißt es in der Histologie von STÖHR, „die Matrize, in der sich der Zahn entwickelt; die Formbe- stimmung des späteren Zahnes ist die erste Funktion des Schmelz- organs, die zweite ist die Schmelzbildung“. Diese zweite fällt bei den Karpfenzähnen weg. Lage und Form der Ersatzkeime habe ich an größeren Karpfen untersucht. Die Anlagen der Furchen zeigt die Photographie Fig. 6 von einem ca. 3 Monate alten Karpfen. Wenn die Ersatzzähne eine bestimmte Größe erreicht haben, sind sie makroskopisch am herausgenommenen Schlund- knochen zu erkennen. Man sieht sie, wenn man den Schlund- knochen von unten betrachtet, als ampullenartige Erhebungen im Bindegewebe liegen. Fig. 7 zeigt die beiden Schlundknochen eines 11jährigen Karpfens; die Weichteile sind weggenommen, mit Aus- nahme des um die Ersatzzähne liegenden Bindegewebes. Fig. 8 zeigt die eine Halfte von der Seite gesehen. Um aus den vor- liegenden Untersuchungen einen allgemeinen Schluß auf die Ent- wicklung der Zähne bei den Cyprinoiden ziehen zu können, wird es notwendig sein, eine größere Anzahl von Vertretern zu unter- suchen. Die für die Beurteilung der Frage nach der Vererbung der vom Soma erworbenen Eigenschaften wichtige Tatsache, dab die Primärzähne, die nie mehr funktionieren, von vornherein spitz angelegt werden, während bei den Dentitionen der Sekundärzähne die breite Kaufläche bereits fest vererbt ist, wird in einer be- sonderen Abhandlung näher ausgeführt werden. Literaturverzeichnis. 1. HEINCKE, Untersuchungen über die Zähne niederer Wirbeltiere, in: 2. wiss. Zool., Vol. 23. 2. ARCANGELI, ALCESTE, La dentatura del Carassius auratus L., in: Rivista mens. Pesca, 1910, Jg. 5, No. 7—9. 3. HAEMPEL, Ueber die sogenannte Kauplatte der Cyprinoiden. 434 Hanna Sross, Die Schlundzähne des Karpfens. 4, SPENGEL, In Beziehung auf Mund- und Schlundzähne der Elasmo- branchier, in: Zool. Anz., Vol. 29, p. 332—333. 5. CARLSSON, A., Ueber die Zahnentwicklung bei einigen Knochen- fischen, in: Zool. Jahrb., Vol. 8, Anat., p. 217—244, tab. 12, 13 u. 2 Textfig. 6. RÔsE, Ueber die Zahnentwicklung von Chlamydoselachus ang. GARM., in: Morphol. Arb., Vol. 4. 7. —, Ueber die Zahnentwicklung der Fische, in: Anat. Anz., Vol. 9. 8. —, Ueber die Zahnentwicklung von Chamaeleon, ibid., Vol. 8. 9. BECHER und DEMOLL, Einführung in die mikroskopische Technik. Leipzig 1913. 10. v. EBNER, Ueber die histologischen Veränderungen des Zahnschmelzes während der Erhärtung, insbesondere beim Menschen, in: Arch. mikrosk. Anat., Vol. 67. 11. STÖHR, Lehrbuch der Histologie. 12, KÖLLIKER, A., Die normale Resorption des Knochengewebes und ihre Bedeutung für die Entstehung der typischen Knochenformen, Leipzig 1873. Erklärung der Abbildungen. Martel 28: Fig. 1. Die beiden Schlundknochen von Cyprinus carpio. Gez. von Frl. KÖRNER. A mediane Zahnreihe. Fig. 2. Die beiden Schlundknochen vom Döbel. Gez. von Frl. KÖRNER. Fig. 3. Ein Teil der Schlundkopfhöhle eines 32 Tage alten Karpfens. Primärzahn (P) in Resorption, daneben eine Zahnanlage (A). Obj. SEIBERT III. Fig. 4. Schlundkopfhöhle eines 3 Monate alten Karpfens. Sekundär- zähnn (A IJ, A‘ IT) mit Ersatzkeimen (E, E’). Obj. SEIBERT I. Fig. 5. Ein Teil der Schlundkopfhöhle wie bei Fig. 4 mit AJ und seinem Ersatzzahn (Æ). Obj. SEIBERT I. Fig. 6. Schlundkopfhöhle eines ca. 3 Monate alten Karpfens; Zahn A III und sein Ersatzzahn (EP). Obj. SEIBERT 00. Fig. 7. Die beiden Schlundknochen eines 1ljährigen Karpfens, von oben gesehen; rechts Æ die Ersatzzähne von A/ und AI/, links E Er- satzzahn von AIlI. 1:1. Fig. 8. Die Hälfte desselben Schlundknochens von der Seite. Gez. von Frl. KÖRNER. Nachdruck verboten. Ubersetzungsrecht vorbehalten. Hautknochenbildungen bei Fischen. IT- N. Teil, Von Dr. Wilhelm Goetsch (Zoologisches Institut der Universität Straßburg.) Mit Tafel 19—23. II. Teil (Taf. 19, Fig. 21-31). 2. Cycloidschuppen. Die verbreitetste Form von Hautknochenbildungen bei den Teleostomen sind die Cycloidschuppen. Ihre äußeren Umrisse sind, wie ja der Name besagt, allgemein kreisföürmig. Der Zusammen- setzung nach bestehen sie aus 2 Schichten, der oberen Hyalodentin- schicht und der unteren Faserschicht, die ihren Namen daher hat, daß sie aus einer Menge sich kreuzender Fasern zusammengesetzt ist. Die beiden Schichten sind chemisch voneinander verschieden, was sich auch daran zeigt, daß sie verschieden färbbar sind. Die obere wird z. B. in Hämatoxylin intensiv gefärbt, während die untere die Farbe nur wenig annimmt, in Eosin und anderen Plasma- stoffen ist das Verhalten gerade umgekehrt. Im Mittelpunkt einer jeden Schuppe finden wir das sogenannte Primitivfeld; dort fehlt die konzentrische Streifung, die durch riff- artige Erhebungen in der oberen Hyalodentinschicht bedingt wird. Neben den konzentrischen Linien finden sich auf der Schuppe end- 436 WILHELM Gorrscn, lich noch radiale, bis beinahe an das Primitivfeld heranreichende Linien. Sie werden dadurch hervorgerufen, daß hier die obere Schicht unterbrochen ist. Einen interessanten Versuch, die Vorgänge der konzentrischen Ringbildung physikalisch und chemisch zu erklären, macht Küster in einer kleinen Abhandlung über rhythmische Strukturen im Pflanzenreich. Ihm scheint das Plus in der Hyalodentinbildung, durch das die Kämme der Schuppen zustande kommen, durch die Annahme erklärbar zu sein, daß in der Scleroblastenschicht oder auf ihrer (an die Hyalodentinschicht grenzenden) Oberfläche ähn- liche radial orientierte Stoffwanderungsvorgänge sich abspielen, wie er sie für die botanischen Objekte angenommen hat, ‘und wie sie seinem Trinatriumphosphatversuch der Bildung der LiEszsang’schen Krystallisationszonen vorausgehen: es kommt zur lokalen Anhäufung irgendwelcher Substanzen, deren Verteilung die später wahrnehmbar werdende Zonenbildung entspricht. Ich erwähne dies hier nur, ohne mich auf eine Kritik einzulassen. Die Entwicklung der Schuppen geht in der Weise vor sich, dab in dem locker-bindegewebigen Teil der Cutis, der sich un- mittelbar unter der Epidermis befindet, einige der länglichen Binde- gewebszellen oval und rundlich werden, sich teilen und in einem Haufen zusammentreten, dem Schuppenkeim, der bei den verschie- denen Arten aus mehr (z.B. Karpfen) oder weniger (Forelle) Zellen besteht. Zwischen diesen schuppenbildenden rundlichen Zellen, für die KrLAATscH den Namen „Scleroblasten“ eingeführt hat, und den gewöhnlichen, länglichen Cutiszellen lassen sich alle Übergänge fest- stellen, so daß die Identität beider Zellarten nicht zweifelhaft sein kann. Während dieser Vorgänge beginnen die basalen Zellen der Epidermis manchmal sich zu verändern, keineswegs regelmäßig. Wir unterscheiden dann über dem Schuppenkeim einen Bezirk besonders differenzierter größerer Zellen von kubischer Gestalt, be- achten also dasselbe Verhalten wie bei den Epidermis über dem Placoidschuppenkeim. Sogar die ersten Veränderungen, wie sie dort vor sich gehen, finden sich bei diesen Zellen ab und zu wieder: sie werden mehr langgestreckt oder zylindrisch, und ihr Kern tritt von der Basis zurück. Während es aber nun bei den Selachiern zur Schmelzbildung kommt, tritt bei den Teleostomen mit Cycloid- schuppen nunmehr eine Rückbildung der Zellen ein. Sie werden kubisch, falls sie sich von dieser Form entfernt haben und ver- Hautknochenbildungen bei Fischen. 437 schwinden schließlich völlig, ohne eine Ablagerung geliefert zu haben. Eine Abwanderung in das Corium läßt sich nicht nach- weisen. Auch ist das beschriebene Verhalten keineswegs bei jeder Cycloidschuppenbildung zu beachten; häufig fehlen diese ein rudi- mentäres Schmelzorgan andeutende Vorgänge, treten auch bei ein und derselben Art auf oder nicht, wie es z. B. GRUNELIUS beim Karpfen angibt. Die Zellen des Schuppenkeims ordnen sich nunmehr bei seinenr Größerwerden in zwei Lagen, und es beginnt die Ablagerung von Hartsubstanz. Die obere Lage läßt das Hyalodentin entstehen, die untere die Faserschicht, während im Bindegewebe die Bildung der Schuppentaschen ihren Anfang nimmt, eine locker-bindegewebige Umhüllung, in der die Schuppen liegen. Die obere Schicht der Schuppe zeichnet sich durch dentinartiges Aussehen aus; Zahnbein- röhrchen indes, wie sie dem echten Dentin eigen sind, fehlen, so daß man sie mit diesem nicht ohne weiteres gleichsetzen kann. Der untere Teil der Schuppe setzt sich zusammen aus vielfach ge- kreuzten, miteinander verkitteten Fibrillen, hat also eine bindege- webige Natur und entspricht dadurch dem unteren Teil der Basal- platte von Placoidorganen. Verhältnismäßig spät beginnen die Schuppenkeime, die bis dahin der Epidermis parallel lagen, sich schräg zu stellen und zwar geschieht dies bei den eigentlichen Teleostiern erst dann, wenn die Ablagerung von Hartsubstanz schon begonnen hat. Durch fort- schreitendes Wachstum veranlaßt, beginnen sich die Schuppen dann zu überlagern; der nach außen gelegene Teil der Schuppen drängt dabei die Epidermis bruchsackartig vor, so daß die Überlagerung nun auch äußerlich sichtbar wird. An den Stellen, wo diese dachziegelartige Überlagerung stattfindet, wuchert die Epidermis nach innen, so daß sich ein förmlicher Zapfen unter die Schuppe drängt und sie von der nächsten trennt; den Zapfen entspricht außen eine Lücke in der Epidermis. An den Spitzen dieser Zapfen sollen nun nach KLAATSCH in derselben Weise, wie er es bei den umgeschlagenen Rändern der Placoidschuppen- anlagen angibt, Zellen aus der Epidermis in die Cutis übertreten, so daß hierdurch stets neues Material von Epidermisscleroblasten für die wachsenden Schuppen geliefert würde. Auch hier habe ich vergeblich ein einwandfreies Überwandern von Zellen aus der einen in die andere Schicht gesucht. Dazu kommt noch, dab die Epi- 438 WILHELM GOETSCH, dermiszapfen bei manchen Formen überhaupt nicht vorhanden sind, so daß dort unmöglich Material für den Schuppenkeim geliefert werden kann. So fehlen z. B. die Zapfen bei Cobitis; ferner habe ich ihr Nichtvorhandensein bei Ama calva schon besprochen, möchte aber hier im Zusammenhang noch einmal darauf hinweisen. Ich fasse dieses Fehlen der Epidermiszapfen bei Amia als primitive Bildung auf, und ihr Vorhandensein bei den Teleostiern als Neuerwerbung resp. Weiterbildung zu dem Zweck, eine größere Beweglichkeit der Schuppen gegeneinander zu gewährleisten. An- fänge hierzu glaube ich übrigens schon bei Amia gefunden zu haben; wie ich in einer früheren Arbeit beschrieb, geht die Epi- dermis an den Stellen, an denen die Schuppen übereinander greifen, in gerader Strecke weiter, und an diesen Stellen setzt sich häufig strafferes Bindegewebe an, das besonders bei Bewegung des Tieres einen Zug ausgeübt haben wird. Hierdurch mag im Verlauf der Entwicklung die Epidermis veranlaßt worden sein, herabzuwuchern und so die Bildung der Zapfen und Lücken entstanden sein. Altertümlich ist ferner die ganze Schuppe von Amia. Sie ist viel härter und dicker als die andern Cycloidschuppen und hat auch ein ganz anderes Oberflächenrelief als diese. Es fehlen die Radial- furchen und die riffartigen Erhebungen der Hyalodentinschicht laufen nicht konzentrisch um ein Primitivfeld herum, sondern ziehen vom Zentrum sternförmig nach den Rändern hin. Die Oberflächen- schicht ähnelt ferner dem glänzenden, fälschlich als „Schmelz“ be- zeichneten oberen Überzug der Ganoidschuppen so sehr, daß sie von vielen Autoren, z. B. Zirren, als identisch mit ihm angesehen wird. Auch die Form der Amia-Schuppe weicht von der typischen Cycloid- schuppe ab und nähert sich den rhombischen Umrissen der eigent- lichen Ganoidschuppen. Die Entwicklung der Schuppen endlich ist zwar im ganzen die- selbe wie bei den typischen Cycloidschuppen der Teleostier, doch finden sich auch hier einige Besonderheiten, die auf höheres Alter hinweisen. Als wichtieste will ich hier nur das rudimentäre Schmelzorgan erwähnen, das bei Amia stets festzustellen ist, wäh- rend es bei den Teleostiern nicht so regelmäßig auftritt. Es be- sitzt bei Amia auch eine größere Ausdehnung und eine längere Dauer; seine Zellen endlich machen noch stets die Veränderungen durch, die der Schmelzbildung bei den Selachiern vorangehen, doch degenerieren sie auch hier, ohne daß es zu einer Abscheidung kommt. Hautknochenbildungen bei Fischen. 439 3. Ctenoidschuppen. Als eine Weiterbildung der Cycloidschuppen werden die Ctenoid- schuppen aufgefaßt. Diese sind im großen und ganzen den Cycloid- schuppen sehr ähnlich, zeichnen sich aber von ihnen dadurch aus, daß an ihrem Hinterende eine Anzahl Zähnchen oder Stacheln an- zutreffen sind, die sich bei einzelnen Arten in größerer oder ge- ringerer Zahl vorfinden. Als Übergang zu den Cycloidschuppen werden die sogenannten Sparoidschuppen angesehen, die ihren Namen von der Gattung Sparus erhalten haben, wo sie hauptsächlich anzu- treffen sind. Die Entwicklung der Ctenoidschuppen von ein- sömmerigen Barschen hat Hase genau untersucht. Er kommt zu den Ergebnissen, daß 1. die normale Ctenoidschuppe eine direkte Weiterbildung der gewöhnlichen Cycloidschuppen sind, 2. daß den Zähnchen am Hinterrand dieser Schuppen kein selb- ständiger Charakter zukommt, sie also nicht in eine Reihe mit den Placoidschuppenzähnchen gebracht werden dürfen und 3. daß die Schuppenplatte und die Zähnchen nach einer be- stimmten Gesetzmäßigkeit entstehen. Besonders auf den letzten Punkt legt Hase besonders Gewicht und gibt genau die Gesetze an, nach denen die Zähnchen und die ihnen entsprechenden Ringe beim Barsch sich bilden. Meine Untersuchungen über die Entwicklung der Ctenoid- schuppen führten in der Hauptsache zu denselben Resultaten. Bei Beobachtung von einigen Chaetodon-Arten und Verwandten zeigt es sich jedoch, daß die Gesetzmäßigkeit der Zahnbildung keineswegs überall die gleiche ist wie bei den Ctenoidschuppen, die Hase die normalen nennt, z.B. Perca und Pleuronectes, die mir. ebenfalls zur Untersuchung vorlagen, sondern, daß sich Unterschiede ergeben, die eine genauere Darstellung rechtfertigen. Über die Entstehung der Schuppen von Chaetodon ist folgendes zu sagen. Die ersten Entwicklungsstufen gleichen denen der Cycloidschuppen, so daß sie bei einem 21 mm großen Exemplar einer Chaetodon-Art, deren genaue Spezies nicht mehr festzustellen war, am Schwanzteil kleine Schuppen vorfanden, die von Cycloid- schuppen nicht zu unterscheiden waren, weder im äußeren Habitus, noch in ihrer Zusammensetzung. Sie bestanden also aus einer unteren Faserschicht, die sich mit Eosin, und einer oberen soge- nannten Hyalodentinschicht, die sich mit Hämatoxylin färben läßt; 440 WILHELM GOETSCH, letztere Schicht zeigte auch die charakteristischen Leisten, die in sich geschlossen und noch ohne Unterbrechung durch Radialfurchen als mehr oder weniger kreisförmige Erhebungen den Mittelpunkt umgaben, wie es ungefähr der mittelste, von den innersten 4 kon- zentrischen Kreisen umgebene Teil der Fig. 21 zeigt. Ein etwas älteres Stadium haben wir vor uns, wenn wir noch auf demselben Bild ein bis zwei weiter nach außen liegende Kreise hinzunehmen. Wir sehen dann die Leisten am hinteren Teil übergehen in eine Reihe durch gleiche Zwischenräume getrennte Erhebungen, die un- gefähr wie kleine, niedrige, abgestumpfte Kegel gebaut sind, zwi- schen denen die Hyalodentinschicht in nach innen gerichteten Bögen abschließt (Fig. 21, Taf. 19). Auch bei einem weiteren 3. Stadium ist hinter diesen Kegelstümpfen keine obere Schicht mehr vorhanden, so daß in der nunmehr auftretenden ersten Zahn- reihe die mittleren Zähnchen frei auf der unteren Schicht stehen, während sich die seitlichen unmittelbar in die erhabenen Leisten fortsetzen. Dies Stadium zeigt die Fig. 21, Taf. 19 eine mittelgroße, 1,425 mm lange Schuppe eines Tieres von 20 mm Länge; da sie leicht mit Hämatoxylin gefärbt war, sah man an ihrem Hinterende die ungefärbte, untere Faserschicht sehr deutlich, während der übrige außerhalb des Stachelfeldes liegende Teil gefärbt erscheint. Die Leisten und Stacheln sind besonders stark tingiert, da hier die Hyalodentinschicht verdickt ist. Ungefärbt bleiben außerdem noch die Radialfurchen, die aber erst auf einem späteren Entwicklungs- stadium auftreten, als beinahe geradlinige Unterbrechung der oberen Schicht und der Hyalodentinleisten, wie man in Fig. 22, Taf. 19, der Abbildung einer älteren, 1,75 mm langen Schuppe eines 5 cm großen Exemplars derselben Art, sehen kann, wo sich zu der ersten Zahn- reihe eine Anzahl weiterer Reihen gesellt hat. Die einzelnen Zähne haben als Grundform einen Kegel, der an der Basis jedoch etwas gekantet ist. Eine genauere Beschreibung erübrigt Fig. 21, Taf. 19, wo die mittleren Zähne diese Form gut erkennen lassen. Diese Grundform haben aber immer nur die äußersten, am Rande stehenden Stacheln, die noch frei über den Rand der Schuppe hervorragen. Wenn die Faserschicht sich über die Stachelspitze hinaus ausgedehnt hat, vergrößern sich die seit- lichen, unterhalb der Kanten befindlichen Fortsätze, mit denen der Stachel, wie man auch in Fig. 21, Taf. 19 erkennen kann, auf der unteren Schicht aufliegt, und zuletzt werden diese die Faser- schicht berührenden Flächen durch gegenseitige Beeinflussung zu Hautknochenbildungen bei Fischen. 441 Rechtecken, von denen die Kanten der eigentlichen, ursprünglichen Stachel in der Aufsicht sich ausnehmen wie die Seiten von Drei- ecken, die in die Rechtecke eingezeichnet sind (Fig. 22, Taf. 19). Bei allen Schuppen kann die Ausbreitung der die Faserschicht be- rührenden Flächen derart überhand nehmen, daß das ganze Stachel- feld von Hyalodentin bedeckt ist und die Zwischenräume zwischen den einzelnen Teilen verschwinden. Man kann aber diese Teile wieder trennen, sowie auch die Stacheln von jüngeren Stadien dadurch isolieren, dab man die Schuppen je nach ihrem Alter kürzer oder länger mit Lauge be- handelt. Die Faserschicht wird bei jüngeren Schuppen schon nach 1—3stündigem Aufenthalt in 35°, Kali- oder Natronlauge voll- ständig zerstört — sie ist also nicht verkalkt — und die Stacheln werden frei, da sie ja ohne Verbindung mit der übrigen Hyalo- dentinschicht sind. Die Leisten dagegen behalten ihren Zusammen- hang und auch ihre Zwischenräume bleiben bestehen, da dort eben- falls noch eine wenn auch dünne obere Schicht vorhanden ist, die nur durch die Radialkanäle unterbrochen wird; da auch hier natür- lich die Faserschicht durch die Lauge zerstört wird, entstehen an Stelle der Radialfurchen Einschnitte. Zu erwähnen ist ferner noch, daß die Leisten bei stärkerer Vergrößerung sich nicht als ununterbrochene kammartige Er- hebungen erweisen. Es zeigt sich vielmehr, daß sie von regel- mäßigen Einkerbungen durchsetzt sind, wodurch die Leisten in der Aufsicht wie aus einzelnen perlschnurartig aneinandergereihten ein- zelnen Körnern zusammengesetzt erscheinen. Deutlicher als bei dieser Art, wo diese Teilchen sehr klein sind, sieht man diese Differenzierung bei Chaetodon bifasciatus. Die Schuppen unterscheiden sich außerdem von denen der vorigen Art noch dadurch, daß hier die Leisten nicht durch so regelmäßige Zwischenräume voneinander getrennt sind, auch nicht so regelmäßig in sich geschlossen verlaufen. Die regelmäßigen konzentrischen Linien der Mitte vollends fehlen gänzlich und werden ersetzt durch kleine, wirr durcheinander liegende Stäbchen oder zweigartige ver- ästelte Gebilde, die nur sehr geringe Zwischenräume zwischen sich lassen, ebenso wie die äußeren, den Schuppenrändern parallelen Schichtverdickungen, in die sie nach und nach übergehen. Die Bildung des Stachelfeldes ist bei jüngeren Schuppen dem der vorigen Art ähnlich, bei älteren ist er im Verhältnis zur Schuppengröße an Ausdehnung beschränkter; besonders nimmt es 449 WILHELM GOETSCH, an der einen Seite an Größe und Breite bedeutend ab. Die ein- zelnen Zähne zeichnen sich durch zipfelartige Verlängerungen rechts und links der Basis von denen der vorigen Art aus. Bei einer weiteren, als Chaetodon saratensis bezeichneten Art des Gothaer Museums zeigt die Schuppe, wie in Fig. 23, Taf. 19 dargestellt ist, eine einzige Reihe langer, schmaler Zähne. Sie sind nicht so regelmäßig gebaut wie bei den bisher beschriebenen Ctenoidschuppen, deren Zähne untereinander je völlig gleichen, son- dern wir finden hier größere und kleinere nebeneinander, sowie teil- weise gekrümmte, die auch nicht wie gewöhnlich frei hervor- treten, sondern bis nahe an die Spitze ihrer Unterlage aufliegen. Auch sind die Zwischenräume von einer wenn auch ganz dünnen Hyalodentinschicht ausgefüllt. wie Färbungsversuche zeigten. Die Basis der Stacheln verzweigt sich wurzelartig, und die einzelnen, schmalen Ausläufer gehen dann direkt in die Hyalodentinleisten über. Die eng aneinanderliegenden Leisten selbst verlaufen am Rande ziemlich regelmäßig, wenn sie auch nicht so geschlossene Bögen bildet wie bei der ersten Art. Nach der Mitte zu lösen sie sich dann in regellos durcheinanderliegende verzweigte Stäbchen auf, die wie bei Chaetodon bifasciatus nur ganz kleine Zwischen- räume zwischen sich freilassen. Radialfurchen sind, wie Fig. 23, Taf. 19 zeigt, ebenfalls vorhanden. Eine weitere Verschiedenheit weisen die Schuppen von Hola- canthus auf, deren Entwicklungsgeschichte ich bei 3—7?/, em langen Exemplaren von H. semicirculatus untersuchte. Die fertig ausge- bildeten Schuppen haben ein Stachelfeld von mehreren Zahnreihen. Der einzelne Stachel ist ungefähr so gebaut wie die Stacheln von Ch. saratensis, die Anordnung ist nur regelmäßiger, die Stacheln einander in Form und Größe gleich, es fehlen auch die kurzen und halb ausgebildeten Stücke, die sich dort fanden. Auch hier gehen die Stacheln der unteren Reihe, wie man in einer kleinen Schuppe in Fig. 24, Taf. 19 sehen kann, unmittelbar in die Leisten über und die zweite und dritte Reihe reicht mit geteilten, von der Basis sich abzweigenden Ausläufern ebenfalls an die Hyalodentinleisten heran und geht in sie über; die weiteren, nach außen zu liegenden Stachel- reihen endigen schon im Stachelfeld selbst, meist derart, dab sie sich an ihrem unteren Teil verjüngen. Dieser verjüngte Fortsatz reicht dann lang und schmal noch in die darunter befindlichen Reihen hinein, wo er sich wiederum in zwei ganz dünne Ausläufer gabelt, die rechts und links mit stumpfen Winkeln nach unten zu Hautknochenbildungen bei Fischen. 443 laufen. Der außerhalb des Stachelfeldes liegende Schuppenteil ist durch eine sehr dicke Hyalodentinschicht ausgezeichnet, und die verdickten Leisten laufen sehr regelmäßig konzentrisch in gleichen, ziemlich weiten Zwischenräumen um das Mittelfeld herum. Dies Mittelfeld ist meist deutlich abgegrenzt und ausgefüllt mit weit von- einander stehenden, kurzen Leisten, die in der schon angegebenen Art sich verzweigen können; sie liegen manchmal regellos durch- einander, meist aber ist eine bestimmte Anordnung zu erkennen., Sie verlaufen nämlich in der Richtung der Stacheln, in die sie direkt übergehen. Die Leisten sind auch hier mit einer Einkerbung versehen wie bei Chaetodon. Sie geht aber nicht so tief, dab ein- zelne Körner entstehen, sondern es liegt hier nur eine Auszackung der oberen Ränder vor. Eine Trennung der Leisten durch Lauge ist hier nicht möglich, da die ganze obere Schicht so dick ist, daß selbst 24stündiges Liegen in der Lauge den Zusammenhang nicht stört. Dafür ist die untere Schicht um so dünner, dazu bei jüngeren Tieren so durch- sichtig, daß sie bei ungefärbten Totalpräparaten kaum zu sehen ist, sondern die Radialfurchen als richtige Einschnitte erscheinen. Leichte Eosinfärbung macht sie dann gut sichtbar, so daß man dann sogar die einzelnen gekreuzten Fasern der unteren Schicht deutlich erkennt. Über die Entwicklung ist kurz folgendes zu sagen. Bei 3 cm langen Tieren kommen in der Schwanzgegend noch Schuppen des ersten, stachellosen Stadiums vor, rundlich oder eliptisch geformte, 0,02 mm große Schüppchen, die eine ganz dünne Faser- und eine dickere, gleichmäßig ausgebreitete obere Schicht besitzen. Letztere differenziert sich dann in der Mitte zu den leistenartigen Ver- dickungen, wodurch das Mittelfeld entsteht, und am Rand zu dem ersten Stachel, der mit dem mittleren kürzeren Ausläufer sich un- mittelbar in die Leisten des Primitivfeldes fortsetzt. Längere bogenförmige Fortsätze, die sich rechts und links an der Basis vor- finden, umgreifen das Mittelfeld mehr oder weniger vollständig und bilden so den innersten konzentrischen Leistenring. Von diesem Stadium bietet der mittelste Teil der Fig. 24a ein getreues Abbild. In einigen wenigen Fällen fanden sich statt des einen Stachels deren zwei, ohne daß dadurch das Gesamtbild wesentlich ver- ändert wird. Bei einem weiteren Stadium finden wir neben dem ersten Stachel rechts und links weitere Stacheln, zuerst je einen (Fig. 24a), Zool. Jahrb. 42. Abt. f. Anat. - 30 444 WILHELM GOETSCH, dann je zwei, die sich wiederum an ihren Basen fortsetzen im eine oder mehrere der konzentrischen Linien, welche nunmehr an der dem Stachelfeld abgewandten Seite Unterbrechungen erleiden und so die Anfänge der Radialfurchen bilden. Wieder ein späteres- Stadium zeigt in den Zwischenräumen zwischen den ersten drei Stacheln der untersten Reihe je einen weiteren Stachel; diese sind etwas mehr oberhalb befestigt und bilden den Anfang der zweiten Reihe. Dieser Zustand ist in Fig. 24b festgehalten. Dadurch, dab: nun beim Wachstum immer am Rande ein neuer Stachel entsteht, der sich wieder an der Basis in die konzentrischen Ringleisten fort- setzt, während gleichzeitig in den Zwischenräumen der zuvor ge- bildeten Stacheln neue angelegt werden, vergrößert sich die Schuppe gleichmäßig nach jeder Richtung hin und es entstehen dann die fertigen Schuppen mit 5—6 Stachelreihen und einem Durchmesser- von 2 mm, wie wir sie bei 7'}, cm großen Tieren finden. Nicht immer geschieht das Wachstum indes so gleichmäßig; häufig sind Störungen und gegenseitige Beeinflussungen anzutreffen, so daß un- regelmäßig gebaute Schuppen sowie unvollkommene Stachelfelder entstehen. r Uber die Flossen ist nur zu sagen, daß die beschriebenen Arten alle zu den Schuppenflossern gehören, die ihren Namen deswegen haben, weil die unpaaren Flossen mehr oder weniger mit Schuppen bedeckt sind, ohne daß eine besondere Beziehung zwischen Flossen- strahl und Schuppe besteht. Ich habe die Verhältnisse bei den Chaetodonten etwas aus- führlicher behandelt, um zu zeigen, daß schon innerhalb einer so. eng begrenzten Gruppe im einzelnen Verschiedenheiten bei der Schuppenbildung zu beobachten sind. Bei Formen entfernterer Verwandtschaft vergrößern sich naturgemäß die Verschiedenheiten, und ein Vergleich des von Hase bei Perca festgestellten Entwick- lungsmodus mit den eben besprochenen oder im nächsten Abschnitt noch zu behandelnden Typen ergibt bedeutende Differenzen. Im Prinzip hingegen sind alle diese Ctenoidschuppen gleich zu erachten und in den Schlußfolgerungen stimme ich mit Hase vollkommen überein: Jede Ctenoidschuppe geht aus einer einzigen Anlage hervor; die Zähnchen am Hinterende der Schuppe sind sekundäre Bildungen und nicht den Placoidorganen gleichzusetzen; ihre An- ordnung folgt bestimmten Gesetzen, die jedoch bei den einzelnen Gruppen erheblich variieren. Hautknochenbildungen bei Fischen. 445 4. Die Acanthuriden. Durch eigenartige Bildungen von Stacheln oder Knochenplattchen sowie Besonderheiten beim Bau der Flossenstrahlen zeichnen sich die Acanthuriden aus; da ihre sonstige Kérperbedeckung den Ctenoiden- schuppen der eben beschriebenen Arten ähnelt, sollen sie hier an-, geschlossen werden. ; Die Arten Acanthurus chirurgus und Ac. triostegus sind am ganzen Körper mit kleinen, hinten bestachelten Schuppen bedeckt, die sehr fest in der dicken, lederartigen Haut angewachsen sind. Die leder- artige Beschaffenheit der Haut, nach der Bream die ganze Gruppe als Lederfische bezeichnet, wird veranlaßt durch eine sehr breite Lage von diehten Cutisfasern. In Fig. 28, Taf. 19 ist der Haut- durchschnitt eines jungen 38 mm langen Tieres dargestellt, bei älteren hat die Cutis selbstverständlich an Dicke bedeutend zugenommen. Die Epidermis war bei meinen Exemplaren meist zerstört, so daß sie nur gröberen Untersuchungen zugänglich war. An den Stellen, wo sie sich teilweise erhalten hatte, war sie sehr dünn; sie bestand bei dem gezeichneten Exemplar aus 1—2 Zellreihen. In ihr einge- lagert findet sich viel Pigment, rundliche oder längliche größere Körner in regelmäßiger Anordnung, besonders bei Acanthurus trio- stegus in den dunklen Streifen, die dem Tier den Namen verleihen (Fig. 28 rechts). In ähnlicher Weise ist Pigment eingelagert in dem Unterhautbindegewebe, das sich unterhalb der Cutislamellenlage vorfindet und den Zwischenraum zwischen ihr und dem Muskelgewebe ausfüllt. Auch hier finden wir das Pigment in ziemlich regelmäßiger Anordnung, und zwar in größeren Stücken als in der Epidermis; zwischen diesen sind dann noch kleinere Stücke anzutreffen, und dies in solcher Anzahl, daß ein förmlicher dunkler Streifen entsteht, der erst bei stärkeren Vergrößerungssystemen sich in die einzelnen Teile auflöst. | Mitten in der dichten Cutis, von der Epidermis durch größere Zwischenräume getrennt, sitzen in Schuppentaschen die einzelnen Schuppen, die wie schon erwähnt, sich durch eine starke Befestigung in der Haut auszeichnen. Erwähnt wurde ferner auch schon ihre geringe Größe. Bei einem 6cm langen Ac. triostegus betrug diese nur 0,5 mm, während sie bei einem gleichgroßen Stück von Chaetodon 5mal so groß sind. Daß bei dieser Kleinigkeit mehr aufeinander- folgende Reihen zur Bedeckung des Körpers nötig sind, ist selbst- 30* > T 7 446 WILHELM GOETSCH, verständlich; man kann hier an der breitesten Körperstelle 120—140 Schuppenreihen untereinander zählen. Für eine Untersuchung der ersten Entwicklung der Schuppen waren auch die kleinsten meiner Exemplare zu alt. Doch ist an- zunehmen, daß auch hier bis zur Bildung der ersten stachellosen, eycloidähnlichen Schuppen keine Besonderheiten vorkommen. Eine derartige Entwicklungsstufe ist in Fig. 25a abgebildet; in dieser Ausbildung waren Schuppen am Hinterende meiner kleinsten 2,5 cm langen Stücke von Ac. triostegus anzutreffen. Die allerkleinsten dieser Schuppen (ca 0,15 mm groß), waren rundlich oder elliptisch; die meisten schon etwas größeren 0,2 mm lang und dann zungen- förmig wie in Fig. 25a, Taf. 19. Sie bestehen zunächst nur aus der unteren Faserschicht, bei den etwas älteren treten dann ganz dünne niedrige Leisten von Hyalodentin auf, und zwar ohne eine verbindende Schicht, in ähnlicher Weise wie ich es bei Amia fand. Diese kleinen Hyalodentinerhebungen laufen an den Seiten sowie am spitzeren Ende den Schuppenrändern parallel, ohne sich zu ge- schlossenen Linien zu vereinigen; gegen den Bildungsmittelpunkt zu werden sie kleiner und gehen allmählich zunächst in gekrümmte und gebogene stabartige Gebilde, ganz in der Mitte dann in einzelne verschiedenartig geformte Brocken und Körner über. Diese Brocken und Körner finden sich auch an dem breiten nach hinten zu ge- richteten Schuppenende, wo sie beim weiteren Wachstum der Schuppe sich dann zu der ersten Stachelanlage vereinigen. Die circulären Leisten hören an dieser Stelle, dem späteren Stachelfeld, auf; das Aussehen einer Schuppe nach fertiger Ausbildung des ersten stets am größten bleibenden Stachels veranschaulicht Fig. 25b. Die Länge des abgebildeten Stachels betrug bei einer Schuppengröße von 1,2 mm 0,15 mm. Nach Ausbildung des ersten Stachels ballen sich zuerst unter, etwas später auch rechts und links von ihm die Hyalodentinkörner zu größeren Brocken zusammen, diese treten allmählich zu einer hügeligen Erhöhung zusammen und lassen dann aus sich weitere Stacheln hervorgehen, so daß wir nunmehr 4 Stacheln vor uns haben. Aber schon während ihrer Ausbildung beginnt eine weitere Stachel- serie zu entstehen; immer innerhalb der schon vorhandenen oder in Entstehung begriffenen, also nach dem Mittelpunkt zu, sehen wir, wie Fig. 26 zeigt, die Anlagen der neu entstehenden Stacheln, und in dieser Weise geht die Entwicklung weiter. Bei dem Ent- wicklungsstadium, wie es die Fig. 26 zeigt, sind auch die Hyalodentin- Hautknochenbildungen bei Fischen. 447 streifen größer und dicker geworden; beim weiteren Wachstum werden dann auch die Zwischenräume zwischen ihnen mit einer sehr dünnen oberen Schicht ausgefüllt. Auf den Querschnitten in der Fig. 28, Taf. 19 sieht man diesen dünnen Überzug, überragt von den quer- getroffenen Leisten. Bei dem Schnitt durch eine der Schuppen sind auch die wurzelartigen Ausläufer von Stacheln mit getroffen worden, da der Schnitt durch den unteren Teil des Stachelfeldes gegangen ist. Das Stachelfeld selbst bleibt zwischen den Zähnchen von Hyalodentin frei, die Leisten hören dort auf, mit mehr oder weniger gerader Linie. Zu bemerken ist noch, daß in einigen Fällen statt des einzigen 1. Stachels gleich deren 2 auf einmal entstehen; die 2. Serie beginnt dann mit einer Anlage zwischen diesen beiden, und die Entwicklung geht mit den geringen hierdurch bedingten Modifikationen in derselben Weise weiter. Bei Acanthurus triostegus besaßen auch die ausgebildetsten Schuppen meines größten, 6 em langen Exemplars nur 3—4 Stachelreihen, ent- fernten sich also nur wenig von dem in Fig. 26 gezeichneten Stadium. Bei A. chirurgus dagegen lagen die Verhältnisse der größeren Schuppen so wie sie Fig. 27 zeigt, es fanden sich also mehr Reihen von Stacheln, in der Fig. z. B. 7, die beiden letzten allerdings nicht vollständig. Man sieht dies gut, wenn man, wie es in der Fig. 27 geschehen ist, die Stacheln gleicher Entstehungszeit durch Kurven miteinander verbindet. Da bei der vorletzten Stachelserie nur rechts und links je 3, bei der letzten sogar nur 1 Stachel entstanden ist, reicht die Kurve nicht bis zur Mitte und läßt sich auch nicht ohne Unter- brechung bis zur anderen Seite hinziehen, da eben die innersten Elemente fehlen. Nicht immer sind die Lageverhältnisse von dieser beinahe mathematischen Gleichmäßigkeit, da durch Wachstumsbeschleunigung der einen oder anderen Seite, durch gegenseitige Beeinflussung der Schuppen und dgl. Unregelmäßigkeiten vorkommen können. Besonders bei A. triostegus sind derartige Abänderungen häufig; bei ihm lassen sich auch die Verbindungskurven nicht so leicht ziehen, besonders deshalb, weil das ganze Stachelfeld mit spitzerem Winkel gegen den Mittelpunkt hineinragt. Außer dieser Anordnungsditferenz sind aber die Schuppen der beiden Arten völlig gleich; auch die Form der einzelnen Zähnchen oder Stacheln ist dieselbe. An ihrer Basis endigen sie nicht mit einer glatten Linie, sondern mit Ausbuchtungen und wurzelartigen Ausläufern, wie dies ihre Entstehung aus ein- zelnen zusammentretenden Brocken bedingt. Mit diesen Fortsätzen 448 WILHELM GOETSCH, verbinden sich auch die Leisten der Hyalodentinschicht. Die durch die Zusammensetzung hervorgerufenen Vertiefungen, Furchen und Rauhigkeiten setzen sich auch noch ein Stück nach oben in die Spitze fort, bis sie dann nach und nach in die glatte Spitze übergehen. Durch Färbung mit Eosin oder Hämatoxylin lassen sich diese Verhältnisse sehr gut deutlich machen. Im ersten Fall wird nur die Faserschicht gefärbt, die Stacheln, sowie die Leisten bleiben hell; am Stachelfeld tritt der rote Untergrund zwischen den Stacheln und ihren Ausläufern unverdeckt hervor, im übrigen Teil wird er überall, da auch Radialfurchen völlig fehlen, von der ganz dünnen Hyalo- dentinschicht verdeckt, durch die er nur leicht hindurchschimmert. Bei Tingierung mit leichter Hämatoxylinlösung tritt das Umgekehrte ein, es färben sich nur die Teile der oberen Schicht, und zwar die Stacheln und die dickeren Leisten intensiver als die zwischen letzteren liegende dünne Hyalodentinschicht. Man kann auch die Zähnchen wiederum durch die Lauge sehr gut isolieren, und zwar zerstört 35°/, Kali- oder Natronlauge die Form der Schuppen völlig, es wird nicht nur die untere Schicht aufgelöst, sondern auch bei der oberen wird der Zusammenhang der einzelnen Leisten, Stäbchen und Brocken miteinander aufgehoben, da auch die dünne verbindende Hyalodentinschicht angegriffen wird. Nach mehrstündigem Aufenthalt in der Lauge findet man außer Brocken und sonstigen Kalkresten der dickeren Teile nur noch die vollständig isolierten einzelnen Zähnchen, die auf diese Weise der Untersuchung leicht zugänglich gemacht werden. Wenn auch so die chemischen Verhältnisse denen anderer Ctenoid- schuppen, besonders denen von Chaetodon, ziemlich gleich sind, kann man in anderer Beziehung doch eine größere Zahl Verschiedenheiten beobachten. Zunächst findet sich in der Entwicklung der Zahnreihen bei Ac. ein durchaus anderer Modus als bei Chaetodon-Arten. Dort entsteht zunächst die innerste, dem Mittelpunkt nächste Stachelreihe zuerst. - Dann dehnt sich die Schuppe rings herum weiter aus, worauf an dem Rand nach außen von der 1. Reihe eine weitere Stachelserie ansetzt usf. Bei Acanthurus ist es umgekehrt, der äußerste mittelste Zahn ist der zuerst entstandene, und um diesen herum seitwärts und nach innen zu bilden sich die weiteren, und das Stachelfeld wächst nach Entstehung des ersten Zahns fast nur noch in die Breite. Etwas dehnt es sich allerdings auch nach innen, dem Bildungsmittelpunkt zu, aus, zwischen dessen Hyalodentin- brocken und den Anlagen der letzten Stachelreihen dann gar kein Hautknochenbildungen bei Fischen. | 449 Unterschied zu machen ist, niemals vergrößert es sich dagegen von ihm weg. So kommt es auch, daß der zuerst gebildete Teil, eben der erwähnte Bildungsmittelpunkt, wie ich ihn nenne, zuletzt keines- wegs das wirkliche Zentrum inne hat, sondern bei den größeren Schuppen weit nach oben, unmittelbar unter dem Stachelfeld, sich befindet, da die Schuppen sich nicht über den zuerst gebildeten Stachel hinaus verlängern, sondern nur immer nach der von ihm ‘ abgewandten Seite. Ein Unterschied zwischen den Acanthurus-Schuppen und denen anderer Fische ist ferner noch das Fehlen der Radialfurchen, ein Merkmal primitiverer Bildung, da sie ja bei anderen Fischen auch erst später auftreten. Auch im gesamten Habitus sind die Hautossi- ficationen von Acanthurus knochenartiger als die sonstigen Schuppen, sie nähern sich auch hierin den gleichfalls härteren Knochenschuppen von Amia calva, wo die Radialfurchen gleichfalls fehlen. Die Gleich- heit der Hyalodentinschicht und ihre Entstehung habe ich ja schon erwähnt. Vergleichsmomente bieten ferner die Balistes-Schilder, und ich will hier, ohne auf weitere Einzelheiten einzugehen noch eine kleine Zusammenstellung derjenigen Merkmale anführen, die die Haut- knochen von Balistes mit denen von Acanthurus gemeinsam haben. Derartige Ähnlichkeiten sind zuerst die feste Verbindung der Schuppen in der Haut, welche die Acanthurus-Schilder vor den übrigen Ctenoidschuppen auszeichnen; zweitens bestehen beide Schuppen- arten aus 2 Schichten, der unteren faserigen und der oberen homo- genen, aus der allein die Stachel bestehen; die Stacheln selbst be- festigen sich auf der unteren Schicht mit wurzelartigen Ausläufern, die denen von Balistes viel mehr ähneln als denen von Chaetodon: bei beiden Formen kommen die Stacheln in wechselnder Anzahl vor; sowohl Balistes wie Acanthurus haben Schuppen mit 1 Stachel wie solche mit mehreren oder vielen. — | Es gibt bei den Acanthuriden eine weitere Eigentümlichkeit, die an die Plectognathenarten erinnern: es sind dies die stachel- tragenden Hautknochen am Schwanze. Die Gattung Naseus besitzt jederseits am Schwanz 2 bestachelte Platten, bei Acanthurus dagegen findet sich dort je ein groBer Stachel. In Fig. 30, Taf. 19 ist ein derartiger Stachel von Acanthurus triostegus yon der Seite und von oben gezeichnet. Wir sehen dort, daß er aus einer schmalen Basis besteht, an welcher 1 Zahn mit nach vorn gerichteter Spitze aufsitzt. Der eigentliche Stachelteil 450 WILHELM GOETSCH, selbst ist stark zusammengedrückt, an der Basis vorn am breitesten ; nach hinten zu verschmälert er sich und besitzt eine obere Kante, die messerscharf ist. Die Gesamtlänge beträgt bei einem 4,5 cm langen Tier 1mm, ist also verhältnismäßig gering. Bei Ac. chirurgus ist der Stachel bedeutend länger, er betrug z. B. bei einem Exemplar derselben Größe 2,5 und 3 mm. Außer der Länge unterscheidet er sich von dem der vorigen Art noch besonders dadurch, daß seine hintere Seite noch einen zweiten kleineren Stachel trägt, und zwar sitzt dieser an der in der Fig. 30 mit einem Kreuz bezeichneten Stelle Endlich zeichnet er sich noch durch eine größere Basis und schlankere, gekrümmte Form des Stachels aus. Die Stachel befinden sich, wie erwähnt, am äußersten Schwanzende, ungefähr an der Stelle, wo oben die Rücken-, unten die Afterflosse endigt, unmittelbar unterhalb der Seitenlinie, die sich um ihn etwas herumbiegt. Die Befestigung geschieht durch Stränge der Cutis, die an der Ansatz- stelle besonders dick und kräftig ist. Der hintere Teil wird von ihr völlig umschlossen, noch ein Stück weiter hinauf reicht die Epidermis, besonders an den Seiten, wo sie auf Schnitten (Fig. 29) als lappenartige Fortsätze rechts und links des Stachels anzutreffen ist. Die eigentliche Spitze ragt frei heraus, die Epidermis durch- brechend, liegt aber in einer Art Rinne. Diese wird gebildet durch eine Ausbuchtung der Cutis und ist von dünnen Epidermis aus- gekleidet. Schuppen sind innerhalb der Rinne nicht anzutreffen. Besondere Muskeln, die den Stachel bewegen könnten, fand ich nicht vor, eine besondere gelenkartige Verbindung, wie sie Breum z. B. erwähnt, fehlt auch. Wenn schließlich auch nicht ausgeschlossen ist, daß bei völlig erwachsenen Tieren sich die Verhältnisse noch ändern, so bin ich doch vielmehr geneigt anzunehmen, daß der Stachel sich höchstens durch ähnliche mechanische Art etwas aufrichtet, wie es bei Plectognathen vorkommt, mit deren Stacheln usw. er die größte Ähnlichkeit besitzt. Der Zusammensetzung nach bestehen die Stacheln aus Knochen- geweben; Kanäle oder andere bestimmte Differenzierungen fehlen. Dagegen läßt sich auf Schnitten quer durch jüngere Stacheln fest- stellen, daß sich im Inneren stets ein zentraler, von den peripheren Stücken abgegrenzter Teil befindet. Dieser zentrale Teil, dessen elliptische Form Fig. 28 zeigt, zieht sich in allmählicher Verjüngung bis beinahe zur Stachelspitze hin. Nach den Ergebnissen meiner Plectognathenuntersuchungen scheint mir kein Zweifel daran möglich, daß wir es hier mit einer verknöcherten Pulpa zu tun haben; da Hautknochenbildungen bei Fischen. 451 von manchen Autoren angegeben wird, der Stachel sei nach der Art von den Giftzähnen der Schlangen durchbohrt, scheint häufig die Pulpa nicht zu verknöchern, so daß wir also hier bei Acanthurus- noch Hautzähne vor uns sehen, die sich wenig von den Placoid- organen abgeändert haben. Die erste Stachelentwicklung zu verfolgen war mir leider nicht möglich, da schon 2,5 mm lange Tiere, die kleinsten meines Materials, Stachel von derselben Form besaßen wie die größeren. Sie ragten nur noch nicht so weit mit der Spitze aus der Haut heraus und waren etwas weniger gekrümmt (Fig. 30b). An den Flossen sind harte Strahlen und weiche Stacheln zu unterscheiden, und zwar besteht die Rückenflosse aus 9 Stacheln und 21—25 Strahlen, die Afterflosse aus 3 Stacheln und 20 Strahlen. Die Brustflosse besitzen 15, die Bauchflosse 8 Strahlen und 1 Stachel. Die Mehrheit der Flossenstrahlen sowie ihrer Flossenträger bietet keine Besonderheit; nur an den unpaaren Flossen finden sich einige Eigentümlichkeiten dadurch, daß die Flossen zum Feststellen einge- richtet sind und zu diesem Zwecke der 2. Strahl zu dem 1. in Be- ziehung tritt. Dies hat schon Dönıtz (nach Bream) kurz angeführt und als systematisches Merkmal der Gruppe „Lederfische* benützt. Die Träger der unpaaren Flossen bestehen hier aus dickeren, stabartigen Mittelteilen, die vorn und hinten in dünne Knochen- platten auslaufen, mit denen sich die einzelnen Teile untereinander verbinden. An ihrem Unterende treten sie mit dem Achsenskelet in Verbindung, oben tragen sie auf Gelenkköpfen die Flossenstrahlen (Fig. 31 Taf. 19). Die vorderen Stachelstrahlen sind sehr kräftig, spitz und ungegliedert, die Flossenstrahlen zerfallen bei älteren Tieren in die einzelnen Flossenplättchen. An der Gelenkstelle um- sreifen die beiden Seiten der Strahlen die Ausläufer ihrer Flossen- träger sowie auch der Vorhergehenden. Die umfassenden Enden stoßen in der Mitte zusammen und verschmelzen, so daß man bei der Ansicht eines Strahls von vorn oder hinten ein Loch wie in Fig. 31 sieht. Durchaus abweichend sind die ersten beiden Glieder der unpaaren Flossen gebaut. Die Fig. 31 veranschaulicht, dab der 1. Strahl der Rückenflosse viel breiter und dicker als die übrigen ist; dafür ist er um so kleiner, nur !/, so groß wie der folgende Strahl, der wiederum von dem regelmäßig gebauten 3. überragt wird. Der Stachelstrahl 2 ist dicker als die folgenden und besitzt etwas ober- halb der Basis einen Vorsprung, der auch bei den übrigen ange- deutet ist, in mächtiger Ausdehnung. ° In diesen Vorsprung nun 452 WILHELM GOETSCH, schnappt, wenn die Flosse aufgerichtet wird, eine am Grund be- findliche nach hinten gerichtete Spitze des 1. Stachelstrahls, der in Ruhe stets etwas nach hinten geneigt ist; durch dies Übergreifen seiner Spitze wird die Flosse festgestellt und bleibt ohne große Muskelanstrengung aufrecht stehen. Das Umlegen ist erst wieder möglich, wenn der erste Strahl durch einen Muskel vorn herunter- gezogen wird. Dieser besonderen Mechanik sind auch die Flossenträger ange- paßt. Beide Strahlen gelangen nämlich auf einem einzigen kompakten basalen Knochen, der aus Verschmelzung der ersten beiden Flossen- träger entstanden ist. Vom 1. ist von seinem Mittelstab nur der obere Teil vorhanden, bei älteren Tieren meist nur noch als Knopf- artige Verdickung zu sehen, auf welcher der Flossenstrahl sich be- weet. Der mittlere Knochen des zweiten ist dafür um so derber an- gelegt. Das Stück, das von den Strahlen umgriffen wird, hat sich zu einem gemeinsamen runden kammartigen Gebilde vereinigt, das an ein Zahnrad erinnert (vgl. die Fig.). Nach unten ist das Verschmelzungsprodukt des 1. und 2. Flossen- trägers fest mit dem Achsenskelet verbunden, nach vorn ist es durch starke Bänder, die sich an dem vorderen, dünnen Teil ansetzen, an das Kopfskelett angeschlossen. In dies ragt sogar noch eine Spitze herein und stellt so eine äußerst feste Verankerung mit ihm her. Ein Schlitz sorgt dafür, daß trotzdem der erste Flossenstrahl unge- hindert nach vorn herabgezogen werden kann. Beim Strahl der Afterflosse liegen beinahe die gleichen Ver- hältnisse vor, nur ist alles nicht so stark ausgeprägt wie beim Rücken. Die einzelnen ineinandergreifenden Teile sind nicht so deutlich zu sehen, und die Spitze, die bei der Rückenflosse die Verbindung mit dem Kopf herstellt, fehlt hier, da ja an dieser Stelle eine Verankerung nach vorn nicht eingegangen werden kann. Wenn wir die bisher besprochenen Hautossificationen mitein- ander vergleichen wollen, zeigt es sich, daß zwischen den zuletzt behandelten Schuppenformen und den Placoidorganen eine große Lücke klafft, die jedoch durch die verschiedenen Formen der Plectognathen ausgefüllt werden kann. In einer Reihe: Placoid- organ—Tetrodonzahn—Tricanthus-Stachel—Balistes-Schild—Cycloid- und Ctenoidschuppe lassen sich 2 aufeinanderfolgende Glieder, be- sonders mit Beriicksichtigung aller vorhandenen Abarten, leicht miteinander verkniipfen. Aber nicht nur morphologisch kann man Übergänge feststellen, sondern auch histiologisch und entwicklungs- Hautknochenbildungen bei Fischen. 453 geschichtlich, zumal wenn wir Amia und Acanthurus mit in Betracht ziehen. So sind zunächst alle Formen aus 2 Schichten zusammen- gesetzt, von denen die äußere stets dentinartig, die innere faserig- bindegewebig ist. Diese Verschiedenheit der Schichten läßt sich bis zu dem sie bildenden Zellmaterial verfolgen. Eine eigentliche Zahnbildung ist bei den Cycloid- und Ctenoidschuppen nicht mehr vorhanden, wenn auch die allererste Verknöcherung nach Hase eine | rundliche, plankonvexe, nach außen gewölbte Platte ist, die ja viel- leicht als flachgedrückte Hautzahnbildung aufgefaßt werden könnte. An diese junge Schuppe wird nun an der Außenseite eine dentin- artige Knochensubstanz angelagert, während die Unterseite nach und nach eine basalplattenähnliche, von umschlossenen Bindegewebs- fasern durchsetzte Form bekommt: es liegen also auch hier die- selben Verhältnisse vor wie bei den Plectognathen, nachdem die erste wirkliche Zahnbildung von ihrer Entstehungsstelle unmittelbar unter der Epidermis in die Tiefe des Coriums hinabgesunken und von den in den Zwischenraum eindringenden Cutiszellen überlagert worden ist. Hier wie überall bei solchen Zusammenstellungen will ich keineswegs immer behaupten, daß die eine Form unmittelbar aus der anderen hervorgegangen sein muß, sondern will nur darauf hin- weisen, daß eine derartige Ableitung möglich ist. Nach den gewiß nötigen Untersuchungen ganz spezieller Fälle und den aus ihnen hervorgehenden Resultaten, in denen dann meist auf das Trennende hingewiesen wird, ist es nötig, auch einmal das Gemeinsame hervor- zukehren, damit es nicht den Anschein gewinnt, als ob nur Einzel- formen nebeneinander existieren. III. Teil (Taf. 20 u. 21, Fig. 32—56). 5. Die Lophobranchier. Leichter als die Cycloid- und Ctenoidschuppen lassen sich Ähn- lichkeiten besonders entwicklungsgeschichtlicher Art mit Selachiern und Plectognathen feststellen bei Fischformen mit größeren Knochen- platten. In erster Linie sind da die Lophobranchier zu nennen, eine Gruppe unter den Teleosteern, die, wie ich nachweisen Konnte, eine unzweideutige Zwischenstufe zwischen der Bildung von Haut- zähnen der Plagiostomen und Hautverknöcherungen bei Teleosteern zeigt. Ich habe in einer früheren Arbeit die Vorgänge genau be- 454 WILHELM GOETSCH, schrieben, so daß ich hier nur eine kurze Übersicht zu geben brauche. Bei der Entwicklung der Schuppen von Syngnathus, Sipho- nostoma und Nerophis entsteht als erstes Anzeichen der beginnenden Bildung in der Epidermis ein Spalte Der durch ihn begrenzte Ectodermkomplex löst sich zunächst einseitig ab, und läßt die schon vorher besonders differenzierten Cutiszellen zwischen die eigentliche Epidermis und den abgelösten Komplex treten, so daß Bildungen entstehen, die den Papillen der Placoidorgane durchaus ähnlich sind. In Fig. 46 sind drei aufeinanderfolgende Stadien der Ent- wicklung von Nerophis-Schildern abgebildet, die ich an ein und demselben Tier feststellen konnte. Bei einem Vergleich der im 1. Abschnitt der Arbeit gezeichneten Fig. 2 mit Fig. 46 wird die Ähnlichkeit beider Bildungen sofort auffallen. Zu einer wirklichen Schmelzbildung kommt es indessen nicht. Vielmehr trennt sich der Epidermiskomplex völlig ab und degene- viert, ohne Hartsubstanz gebildet zu haben, ist also nur als rudi- mentäres Organ aufzufassen. Die Knochenentstehung geht vielmehr auch hier von kutanen Elementen aus. Die ersten Kalkbildungen entstehen aus den in den papillenartigen Raum eingedrungenen Zellen, die einseitig, wie bei der Dentinbildung, Hartsubstanz ab- sondern, während die übrige Knochenplatte aus einzelnen, später zusammentretenden Teilen von ganz demselben Entwicklungsmodus wie die Basalplatten, gebildet wird. Bei Hippocampus entsteht als erste Hautknochenbildung nicht eine Platte, sondern eine wirklich zahnartige Bildung. Ob ihrer Entstehung ähnliche Vorgänge in der Epidermis vorangehen wie bei Syngnathus, konnte ich wegen Mangel an Material nicht fest- stellen. Längsschnitte durch die kleinsten meiner Embryonen von 4 mm Länge zeigten die in Fig. 38, Taf. 20 gezeichneten Verhält- nisse. Wir sehen dort die unmittelbar unter der Epidermis ge- legenen Teile papillenförmig hervortreten; die dünne Epidermis wird dadurch an diesen Stellen nach außen gedrängt, so daß auf Totalpräparaten große, nach hinten umgelegte Beutel sichtbar werden. Die Schilder nehmen an Dicke zu in derselben Weise wie bei Syngnathus, indem die zwischen Schildanlage und Epidermis ein- dringenden kutanen Zellen immer neues Material anlagern (Fig. 38 rechts). Abgesehen von der zahnartigen Form der primären Ab- lagerung sind die Verhältnisse bei Hippocampus in jeder Beziehung dieselben wie bei Syngnathus und Nerophis. Wir haben auch hier eine sehr dünne Epidermis und das Bindegewebe ist gleichfalls Hautknochenbildungen bei Fischen. 455 von derselben Art. Auch die Weiterentwicklung der Schilder folgt dem früher beschriebenen Modus. In derselben Weise wie bei Syngnathus entsteht in der Mitte der primären Knochenbildung eine knopfartige Erhöhung, die dann zum Mittelpunkt zweier sich kreuzender Leisten wid. Wie man sieht, ist diese Schilderentwick- lung derjenigen der Plectognathen dadurch besonders ähnlich, dab bei Hippocampus die primäre Knochenbildung ganz stachelähnlich geformt ist. Bei Syngnathus und den anderen Lophobranchiern © werden sogleich flache Platten gebildet, wodurch die Ähnlichkeit verwischt wird. Die fertigen Hyppocampus-Schilder entfernen sich nicht so sehr von ihrer ursprünglichen Form als die der Syngnathiden, sie behalten stets die beiden gekreuzten Leisten und den im Kreuzungspunkt befindlichen stachelartigen Fortsatz, wodurch sie ebenfalls gewissen Plectognathenschildern ähnlich bleiben. Außer dem beschriebenen deutlichen Homologen des Schmelz- organs, der Papille und anderen, an Selachier und Plectognathen erinnernden Merkmalen, wie die vorübergehende Durchbrechung der Haut durch einen Stachel des Schildes, Befestigung der Hautknochen in derselben Weise wie die Basalplatten, früherer Beginn der Platten- bildung als bei den anderen Teleosteern, u. a. m. zeigen die Lopho- branchier auch in der Entwicklung ihrer Flossen interessante Be- sonderheiten die zum Teil wohl durch die panzerartige Entwicklung ihrer Hautknochenplatten bedingt sind. Die paarigen Flossen der Lophobranchier sind rudimentär, Bauchflossen mangeln ihnen gänzlich. Syngnathus und Siphonostoma besitzen noch kleine Brustflossen, bei Nerophis fehlen auch diese. Ebenso besitzen auch Hippocampus und Phyllopterix nur die unpaare Rückenflosse als Fortbewegungsorgan, ihnen fehlt auch die Schwanzflosse, die schon bei Nerophis nur sehr kümmerlich ist, falls sie nicht überhaupt gänzlich rudimentär wird; Brustflossen sind hier dagegen vorhanden, dienen aber nur als Steuer. Die unpaaren Flossen werden durch die Rückenflosse repräsentiert, da ja die Schwanzflosse bei den meisten Formen fehlt und die kleine Afterflosse bei Hippocampus kaum in Betracht kommt. Die Rücken- flosse dagegen ist stets in größerer Ausdehnung vorhanden und wird durch starke Muskelbündel bewegt. Mittels ihrer wellenförmigen Bewegung schwimmen die Tiere hauptsächlich. Die langgestreckten Formen können sich zwar auch durch schlängelnde Körperbewegung vorwärts bringen, doch wird dies durch die feste Panzerung sehr erschwert, so daß als hauptsächlichstes Locomotionsorgan die Rücken- flosse fungiert. 456 WILHELM GOETSCH, Die Abweichungen, die wir bei der Riickenflosse der Lopho- branchier finden, sind folgende: zunächst ist zu bemerken, daß nicht wie gewöhnlich zu jedem Wirbel bzw. zu den. Zwischenräumen zwischen je zwei Dornfortsätzen ein Flossenstrahl und -träger gehört, sondern mehrere, und zwar sind sie bei Syngnathus in der Vierzahl anzutreffen. Bei Hippocampus finden sich noch mehr, meist 5 oder 6; die Verhältnisse sind hier überhaupt am extremsten. Da eine Fort- bewegung auf andere Art bei Hippocampus durch den ganzen Körper- bau ausgeschlossen ist, hat die Flosse auch noch dadurch eine ver- stärkte Wirksamkeit erhalten, daß sie auf einer buckelförmigen Er- höhung steht und so bei der senkrechten Haltung des Tieres an hinterster, wirksamster Stelle liegt (Propeller). Die 4 oder mehr zusammengehörigen sehr langen Flossenträger der Lophobranchier gehen von der Wirbelmitte fächer- oder strahlen- förmig nach oben auseinander; bei älteren Tieren sind sie an ihrer Basis verschmolzen. Sie werden aber bei ihrer Entwicklung, die keine Besonderheiten bietet, getrennt angelegt. Der einzelne Flossenträger ist ein Knorpelstab von großer Länge, er reicht oben mit seiner Spitze weiter in den Flossensaum hinein als wie gewöhnlich, und nach unten geht er mit seiner Basis bis unmittelbar an das Rückenmark heran. An dieser Stelle wird das zentrale Nervensystem besonders während der Entwicklungszeit förmlich zusammengepreßt (Taf. 20, Fig. 39), da die Flossenträger, hier bei Syngnathus beiderseits von den kleinen Dornfortsätzen je 2, bis an das Mark selbst heranreichen. Etwas unterhalb der in die Flossenfalte hineinreichenden Spitzen verschmelzen die Flossenträger sämtlich untereinander durch quere Brücken, es entsteht so an der Flossenbasis ein zusammenhängender Knorpelstrang von derselben Stärke, wie sie die Flossenträger an dieser Stelle besitzen; darüber hinaus trennen sie sich aber wieder, so daß die Spitzen gesondert den zusammenhängenden Teil überragen. Zu beiden Seiten jedes in der Mitte sich etwas verjüngenden Flossenträgers ziehen sich mächtige Muskeln hin, die unten, wie es Fig.35 erläutert, bis zur Mitte der Chorda herabreichen, wo sie sich an der Chorda selbst sowie an den festen Bindegewebssträngen inserieren, die in das horizontale Septum zwischen dem dorsalen und ventralen Stammuskel hineinreichen. Sie wären also als echte Rippen zu bezeichnen, wenn ihre Verknöcherung weiter fortschritte und sie sich von ihrer Basis ablösten. Dies ist jedoch nicht der Fall, sie bleiben vielmehr wie die unteren Bogen (Pleuralbogen), die Hautknochenbildungen bei Fischen. 457 gleichfalls anzutreffen sind, mit dem Achsenskelet in fester Ver- bindung und verknöchern nur manchmal an ihrem unteren Teil, als Fortsetzung sind dann nur feste Bindegewebshäute anzutreffen. Diese teils bindegewebigen, teils im höheren Alter etwas verknöcherten „Rippen“ gehen mit den Seitenschildern eine feste Verbindung ein. Sie sind in der ganzen Länge des Tieres anzutreffen, während die unteren Bögen sich nur in der Gegend hinter dem After finden, wo sie unten zu- sammentreten und einen Gefäßkanal umschließen können. Auch sie - verbinden sich durch bindegewebige Ausläufer mit den unteren Hautplatten, besonders in der Gegend der Rückenflosse, und tragen ihrerseits zur Befestigung nach unten bei. | Die Muskeln zu beiden Seiten der Flossenträger bestehen aus mehreren Bündeln, auf jeder Seite des Trägers hinten ein kleineres, vorn ein größeres, die sich in der Mitte nähern. Man sieht dies auf den Längsschnitten der Fig. 33, Taf. 20, wo die Muskeln natur- gemäß quer getroffen sind. Von dem vorderen dickeren Bündel zweigt ein kleiner Teil ab und setzt sich an dem oberen Bogen bzw. dem nach den einzelnen Flossenträgern hin verlaufenden binde- gewebigen Ausläufer an (Fig. 33 links). Nach oben zu wird jeder Teil schmäler, zuletzt sehen wir, wie in Fig. 35 ein Längsschnitt demonstriert, nur noch einen ganz dünnen Strang, der in den Hautsaum hineinreicht. In der Fig. 32 sehen wir auch Querschnitte durch den letzten Teil der Muskeln; da der Schnitt nicht in gleicher Höhe parallel zum Rücken des Tieres geführt ist, sind die einzelnen Teile in verschiedener Höhe getroffen: ganz links ist das Ende des vorderen Muskelbündels noch gerade zu erkennen (MR), das hintere wird weiter nach rechts, also nach oben zu immer kleiner und verschwindet auf der zuletzt gezeichneten Anlage des Flossenträgers auch. Das- selbe Bild kann auch dazu dienen, die Vorgänge, die zur Bildung der Flossenstrahlen führen, zu erläutern. Wir finden die ersten Anlagen dazu an der Spitze der Flossenträger unter der Epidermis zu der- selben Zeit, an der sich die Bildung der Knochenplatten beobachten lassen, also bei ca. 12—13mm langen Exemplaren von Sygnathus, ohne daß sich jedoch derartige komplizierte Vorgänge in der Epidermis nachweisen lassen wie bei den Schildern. Vielmehr entstehen die Strahlenanlagen in derselben Weise wie die nach Herstellung der unteren 1. Platte auftretenden weiteren Verknöcherungen der Schilder, durch einfaches Zusammentreten von Cutiszellen (Fig. 32 F'S). In- mitten des so entstehenden länglichen Zellenhaufen wird dann Hart- substanz ausgeschieden, (Fig.34 F'S) und die langgestreckten Bildungs- 458 WILHELM GOETSCH, zellen liegen dem durch ihre Anlagerung sich ständig verstärkenden Knochen ringsherum allseitig an. Der Flossenstrahl entsteht auch hier aus 2 Teilen, einem rechten und einem linken. In den Flossen selbst sind diese Stücke rinnen- förmig, nach oben zu vereinigen sie sich bei ihrem Weiterwachsen zu einer Röhre, in denen ihre inneren Bildungszellen eingeschlossen sind. Erst ganz an der Spitze verschmelzen sie endgültig. Nach unten, gegen den Flossenträger zu, gehen die Stücke in eine mehr gerade gestreckte Form über. Sie umgreifen hier den Flossenträger und laufen endlich in zwei Zipfel aus, an denen sich je eins der beiden Muskelbündel ansetzt. Die hier beschriebenen Verhältnisse werden durch Fig. 34 gut illustriert. Wie bei Fig. 32 ist der Schnitt nicht parallel, sondern schräg geführt. Dadurch sieht man links noch die Stelle, wo die Flossenträger verschmelzen (F'S); weiter rechts die Enden der Spitzen, in welche die Flossenstrahlteile sich beider- seitig spalten, samt den ansetzenden Muskeln; noch mehr rechts die beiden Teile des Strahls (ÆS), erst gestreckt, dann halbrund und wie sie sich schließlich zu einem Ring vereinigen. Endlich liegt neben der Hauptfigur noch das Durchschnittsbild durch die obersten Teile der Flosse, entstanden dadurch, daß sich die Flosse wie in Fig. 36 umgelegt hat und dadurch noch vom Schnitt getroffen ist. Nach Bildung der Flossenstrahlen beginnen am Flossenträger sekundäre Verknöcherungen aufzutreten, und zwar nicht ganz am obersten Ende, sondern da, wo die Knorpelstäbe sich zu einem Stück vereinigen. Cutiszellen lagern hier Hartsubstanz ab, ein Vorgang, -der sich bei 15mm langen Embryonen beobachten läßt. Die auftretende Verknöcherung ist unmittelbar am Knorpelstab am dicksten; sie wächst dann in ziemlich gleichmäßiger Stärke nach rechts und links immer weiter, läßt aber die Stellen frei, an denen die hier ganz dünnen Muskelstränge vorbeigehen. In der Fig. 35 ist diese Stelle links gezeichnet, ebenso in Fig. 36, während rechts die Verknöcherung dargestellt ist. Man kann diese auf den Präpa- raten sehr gut sehen, sie lassen sich deutlich von den Flossenträgern selbst unterscheiden, da diese ja knorpelig bleiben, auch bei ge- ‘schlechtsreifen Tieren, von denen eins der Fig. 36 zugrunde liegt. Das Endresultat ist eine ganz wie die übrigen Hauptschilder ge- bildete Knochenplatte, mit dem Knorpelstab fest verbunden, der auf den Schnitten wie rechtwinklig durchgesteckt erscheint (Fig. 35 u. 36). An den Teilen des Rückens, an denen keine Rücken- Hautknochenbildungen bei Fischen. 459 tlosse vorhanden ist, fehlen die Ablagerungen, sie entstehen also nur im Anschluß an den Flossenträger. Bei ihrem Wachstum werden diese sekundär entstehenden Knochenplatten von den sich gleichfalls vergrößernden Hautknochen- schildern überlagert, mit denen sie sich fest durch Zwischenschuppen- bändern in derselben Weise verbinden (Fig. 36) wie die Schilder untereinander, so daß der Flossenträger eine feste Stütze erhält. und ein sicheres Widerlager für den Flossenstrahl bietet; dieser umgreift mit seinem unteren Teil die knopfartige Spitze des Trägers, so daß ein förmliches Kugelgelenk entsteht, wie es in Fig. 36 links gezeichnet ist (FS). Eine feste Stütze der Flosse ist, wie eben erwähnt, den Lopho- branchiern unbedingt nötig, da sie ja beinahe ausschließlich durch die wellenförmige Bewegung der Rückenflosse schwimmen und sich vorwärts bewegen können. Die die Flossen bewegende Muskulatur ist dementsprechend auch so mächtig wie kaum sonst wieder. Ebenso sind die Flossenträger, die die Muskeln stützen, besonders lang und stark ausgebildet. Das innere Skelet der Lophobranchier gewinnt nun aber nur in geringem Maße durch Verknöcherung an Stärke, die Festigkeit wird vielmehr in der Hauptsache durch den Knochen- panzer der Haut hergestellt. Da nun der Flossenträger an der Chorda und den oberen Bögen, die ja nur ganz unbedeutend bleiben, keinen Halt bekommt, schließt er sich an den starren Hautpanzer an, indem er durch die sekundären Knochenteile mit den Hautknochenplatten in Verbindung tritt und so die Befestigung gewinnt, die ihm für die starke Inanspruchnahme der Flossenstrahlen nötig ist. 6. Die Centrisciden. Die Starrheit des gesamten Körpers, wie wir sie bei den Lophobranchiern antrafen, wird noch übertroffen durch Arten der Centrisciden. Bei Centriscus selbst ist die Körperbedeckung noch nicht so zusammenhängend. HErTwIG, der diese Art genauer unter- suchte, beschreibt dort Schuppen, die aus einer im Corium befestigten Platte und einem Stachelteil bestehen. Letzterer hat einen oberen platten Teil, der nach hinten in eine scharfe Spitze ausgezogen ist, während er am entgegengesetzten Ende mittels eines halsartigen Schafts an der basalen Platte sich befestigt. Der obere platte Teil ist mit einer kammartigen Erhebung versehen, die in ähnlicher Weise wie die an den Dactylopterus-Schildern gebildet sind und sich auch so lagern. Herrwısc gibt an, daß diese Schuppen denen Zool. Jahrb. 42. Abt. f. Anat 31 460 WILHELM GOETSCH, von Mustelus laevis ähneln, die er in: Jena. Ztschr. Naturw., Vol. & beschreibt und abbildet. Am Flossenskelet kommen stachelartige Hautossifikationen vor, die mit den Flossenplattchen sich verbinden. Die Flossen selbst sind folgendermaßen gebaut: die weit hinten- stehende Afterflosse befindet sich in normaler Lage, nicht ver- schoben wie bei Amphisile. Endlich finden wir eine Rückenflosse, die aus einem vorderen, aus 3—4 Stacheln bestehenden, und einem hinteren Teil gebildet wird, der sich aus 12 Strahlen zusammensetzt. Bei Amphisile ist die Körperbedeckung ganz anders als bei Centriscus. Wir finden hier überall flache Knochenplatten, und zwar, wie man an der Fig. 41, Taf. 20 sehen kann in 3 Reihen: zu unterst eine Reihe Bauchplatten, darüber die großen Seiten- und endlich die Rückenplatten, deren letzte in einem Stachel auszu- laufen scheint. Durch die überall aneinanderschließenden Haut- platten wird das Tier blattartig zusammengedrückt, so dab das Ver- hältnis von Länge, Höhe und Breite wirklich dem eines Messers. entspricht, der Name „Messerfisch“ also sehr gut gewählt ist. Der etwas breitere Rücken und die scheidenförmig zusammentretenden- Bauchschilder tragen zur Ähnlichkeit mit einem Messer noch bei. Bei den Flossen finden wir eine große Übereinstimmung mit den bei Centriscus vorliegenden Verhältnissen, nur verschleiert durch die sonderbare Gestalt des Tieres und die Verschiebung der Flossen. Der Schwanz ist nämlich senkrecht nach unten umgebogen, so dab. er sich in gleicher Lage mit der Afterflosse befindet, und zwar un- mittelbar hinter ihr. In der Afterflosse sind 12 Strahlen anzu- treffen; die Rückenflosse, die durch die Krümmung der Schwanz- flosse an das Hinterende gerückt ist, scheint im Gegensatz zu Centriscus bei oberflächlicher Betrachtung nur aus einem einzigen Abschnitt zu bestehen, der gebildet wird aus 10—12 weichen Strahlen. Sie entspräche damit dem hinteren Teil der Flosse von Centriscus, während der Stachelteil fehlte. Es zeigt sich aber bei näherer Untersuchung, daß dieser in dem letzten Teil des Rücken- panzers, in der stachelartig ausgezogenen Platte, mit enthalten ist. Bei Centriscus ist die Rückenflosse schon recht weit hinten an- gesetzt, der erste Stachel besonders stark und kräftig, die übrigen an Breite und Dicke übertreffend. Bei Amphisile ist er noch weiter nach hinten verschoben und ganz an das Ende des Tieres getreten, so daß er in eine gerade Linie zu liegen kommt mit der Rücken- linie. Die anderen, kleineren Strahlen sind gleichfalls vorhanden: es sind dies die als Leisten sichtbaren Verdickungen, die unter der- Hautknochenbildungen bei Fischen. | 461 oberen langen Stachelspitze liegen, mit ihr zum Teil verschmolzen oder durch zwischenliegende Haut derartig verbunden, daß sie nur als Leisten auf einem Knochenschild erscheinen. Über die Lageverhältnisse und Verteilung der Schilder sowie der mit ihnen verbundenen Flossenstrahlen und die dadurch be- dingten Gestaltsveränderungen von Amphisile gibt die Fig. 41, in der ein kleineres 11'/, cm langes Exemplar in Lebensgröße ab-. gebildet ist, einen vollständigen Überblick. Wir sehen jederseits der medianen Rückenlinie eine Reihe von 5 miteinander fest ver- bundener Schilder, deren letztes in der später noch genau zu er- örternden Weise mit der ersten Rückenflosse verschmilzt. Unter diesen Rückenplatten finden wir eine gleichgroße Anzahl großer, plattenartiger Seitenschilder, deren Grenzen mit denen der Rücken- schilder nicht zusammenfallen, fest mit diesen sowie untereinander vernietet. An diese Reihen schließen sich die Bauchschilder an, kleinere Platten, die in der Bauchlinie zusammentreten und hier die messerschneideartige Kante bilden. Im einzelnen sind die ersten Rückenschilder langgestreckt und wie die Hälfte einer Röhre gebildet, so daß der Querschnitt einen Halbkreis bildet. Sie bestehen aber auch hier aus zwei Teilen, die dem Integument einer jeden Körperhälfte angehören, wenn auch die Grenzen zwischen diesen beiden Teilen kaum zu erkennen sind. Das letzte Glied dieser Reihe, das uns später noch zu beschäftigen hat, erscheint äußerlich breiter und länger als die übrigen. Es setzt sich in die erwähnte Spitze fort, die unten das kammartige Gebilde mit den Leisten trägt. Auf den Schnitten der Figg. 42 und 45 sehen wir, wie sich die Schilder sowohl untereinander wie mit den Seitenplatten durch zungenförmige, unregelmäßig vor- springende Fortsätze u. dgl., die sich in die Höhlungen des folgenden Schildes hinein fortsetzen, fest miteinander vernieten. Wir sehen dort, daß sie ihrer Zusammensetzung nach aus festem Knochen be- stehen, der von kleinen Kanälen unregelmäßig durchsetzt ist. Auf meinen Schnitten ist die Epidermis nicht mit eingezeichnet; es war dies nicht möglich, da mir nur altes Material vorlag, an dem die Weichteile meist zerfallen waren. Es ließen sich also in der Haupt- sache nur die harten Teile beobachten, doch sie sind es ja gerade, die uns hier am meisten interessieren. Ebenfalls feste Knochenplatten sind die unter den Rücken- schildern befindlichen Seitenschilder, von denen die zweiten und dritten rechteckig geformt sind, mit größerer Flächenausdehnung 31* 462 WILHELM GOETSCH, als Höhe; die übrigen Schilder dieser Reihe sind etwas abgeändert und der Umgebung angepaßt. Die Oberfläche all dieser Platten erscheint ganz glatt und weist keinerlei Zähne, Warzen u. dgl. Ge- bilde auf. In der Durchsicht zeigen das zweite und dritte Schild, wo die Verhältnisse am einfachsten liegen, eine Struktur, wie sie Fig. 40 veranschaulicht. | Der Hauptteil der Schilder wird begrenzt von einer Linie, die halbkreis- oder parabelförmig von den unteren Ecken sich beinahe bis zur oberen Kante emporwölbt. Von der höchsten Stelle dieses Bogens ziehen sich Kanäle nach der unteren Seite hin strahlenförmig hin, mit Verzweigungen und Anastomosen, die ganz den Charakter besitzen, wie wir sie bei Lophobranchiern antreffen. Zu beiden Seiten dieser Figur verlaufen parallel zur Längsrichtung eine An- zahl Linien, immer in dem gleichen Abstand voneinander. Die durch diese Linien abgegrenzten Felder erwiesen sich entweder als Leisten, die an der Seite in den Rand überragende Zähnchen aus- laufen (Fig. 40 rechts), oder, mit ihnen abwechselnd, als Rillen, in welche die Zähnchen der nebenliegenden Platte so dicht und innig eingreifen, daß die Oberfläche der Platten trotzdem einen völlig glatten Eindruck bietet. Bei den Schildern größerer Tiere sind diese Rillen meist in richtige Höhlungen oder Röhren umgewandelt, wahrscheinlich dadurch, daß beim Dickenwachstum der Schilder die Rillen überwuchert und so nach und nach geschlossen werden (vgl. die Schnitte in Fig. 42). Da an jeder Seite sowohl Rillen wie Zähnchen vorhanden sind, immer abwechselnd Vorsprung und Vertiefung, nicht wie bei Syng- nathus, Gastrosteus u. a. nur entweder Zahn oder Rille, und diese Spitzen und die ihnen entsprechenden Aushöhlungen überall in so großer Anzahl vorhanden sind, daß der ganze Rand beider Seiten gesägt erscheint, wird die gegenseitige Befestigung äußerst starr und fest. Eine durch Überlagerung bedingte Verbindung wie bei den Lophobranchiern läßt immerhin noch eine geringe Beweglich- keit des Körpers zu, da die Schilder sich, wenn auch nur in geringem Maße, gegeneinander verschieben können; bei Amphisile ist eine gegenseitige Verschiebung ausgeschlossen. Die Schilder einer jeden Reihe bilden vielmehr eine einzige, feste Knochenschiene, die mit der Röhre der gesamten Rückenschilder wiederum fest zu einer Einheit verschmilzt. Die Verbindung geschieht durch ähnliche zungenförmige Vorsprünge und Vertiefungen, wie sie zur Verbindung der Rücken- schilder untereinander vorhanden sind. Hautknochenbildungen bei Fischen. 463 All diese Verhiltnisse lassen die Schnitte der Fig. 42 und 43 sehen. Ebendort finden wir auch eine Illustration dafür, wie glatt und eben die Seitenschilder sind, denen ein Oberflächenrelief, wie es die Lophobranchier aufweisen, vollkommen fehlt. Ist eine Seiten- platte von Amphisile nahe am Rand getroffen wie in Fig. 42 rechts, so bemerken wir allerdings dort häufig auch eine geringe Unter- brechung der geraden Linie, die dadurch entsteht, daß hier die Zähnchen des nächsten Schilds in die Vertiefung des vorhergehenden eingelagert sind, sie aber nicht ganz ausfüllen. Weiter nach der Mitte zu fallen diese nur auf Schnitten bemerkbaren Unregelmäßig- keiten fort, da die zur gegenseitigen Befestigung dienenden langen konischen Zähnchen dann völlig von der Masse des nächsten Schildes umschlossen sind (Fig. 42 links). Wir treffen sie dann auf den Schnitten als runde oder längliche Einschlüsse in Höhlungen an, und zwar in ganz regelmäßiger Anordnung und gleichem Abstand voneinander, wie es Fig. 42 zeigt. Das Hineinragen der Zähne läßt sich sehr weit verfolgen, besonders an den längsten in der Mitte, die bis gegen den Mittelpunkt des Schilds vordringen. An den Teilen der Seitenplatten, an denen sich keine Zähnchen zeigen, sehen wir, daß die Schilder eine deutliche lamellöse Schichtung aufweisen. Da wir bei größeren Tieren mehr derartige Schichtungs- streifen zählen können als bei kleineren, ist anzunehmen, daß sie auf Wachstumsvorgänge zurückzuführen sind. Auf der Fig. 42 links sind die Verhältnisse eines älteren Tieres wiedergegeben. Wir sehen hier auch, daß sich diese Lamellen in einen Fortsatz hinein ver- folgen lassen, der im oberen Schildteil nach innen hineinragt. Dieser Fortsatz ist der Schnitt durch eine Leiste, die sich an jedem Rücken- schild findet. Sie nimmt beinahe die ganze Länge des Schildes ein, ist in der Mitte am breitesten und fällt nach den Seiten zu allmählich ab; in Fig. 42 rechts ist sie beinahe am Anfang getroffen, links in der Mitte. Diese Leiste, ebenfalls bei größeren Tieren mächtiger als bei kleinen, streckt sich dem Achsenskelet entgegen, welches nach ihr hin rippenartige Vorsprünge entsendet, die sich mit der Leiste verbinden. Als wirkliche Rippen kann man diese ebenfalls leistenförmig ausgebildeten Vorsprünge nicht bezeichnen, da sie sich eben durch ihre Breite von echten Rippen unterscheiden sowie da- durch, dab sie vom Achsenskelet nicht abgegliedert sind. Überhaupt ist das gesamte Achsenskelet unregelmäßig gebaut und rudimentär. Die Chorda persistiert noch im weitem Umfang, und die einzelnen Teile sind gar nicht genau geschieden, so daß - 464 WILHELM GOETSCH, man auch von eigentlichen Bogen nicht gut reden kann. Dagegen sind die 5 ersten Wirbel gewaltig in die Länge gestreckt und werden von ihren zugehörigen Seitenplatten mit Hilfe der leistenartigen Vorsprünge förmlich getragen: Wir haben also auch hier analog wie bei den Lophobranchiern eine Rückbildung des Achsenskelets vor uns, da das Integument die Festigung des Körpers übernimmt. Durch Verbindung der Wirbel mit den Seitenschildern, dienach oben wiederum mit den Rückenschildern innig verlötet sind, wird in Rückenteil Amphisile ein beinahe überall geschlossenes Gewölbe hergestellt. In ihm verläuft jederseits, getrennt durch ein durch den Wirbel senkrecht nach oben sich hinziehendes Band und die später noch zu beschreibenden Flossenträger, ein langer, schmaler Muskelstrang vom Kopf bis zum Schwanz, mit dem er auch die Umbiegung nach unten mitmacht. Von dieser Umbiegungsstelle an wird er dicker, so daß er dort die unteren Teile der Flossenträger des Rückens überdeckt, wie man auch in Fig. 41 erkennen kann (M). Eben dort sehen wir auch den unteren Teil des Seitenrumpfmuskels endigen, der hier gleichfalls an das Schwanzskelet herantritt, eng an dasselben ange- schmiegt und seiner Umbiegung folgend. Außer diesen beiden Strängen ist vom gesamten Seitenrumpfmuskel nicht viel mehr übrig, und diese Teile sind am Rumpf auch gänzlich durch einen zweiten Zwischen- raum getrennt, da unterhalb des Achsenskelets bis zu den Bauch- platten, die das Eingeweide schützen, keinerlei Muskeln vorhanden sind, sondern der ganze Raum fast völlig von der Schwimmblase eingenommen wird (D). Die beiden Stränge oberhalb und unterhalb der Wirbelsäule vom 6. Wirbel an, der den Übergang von den ge- streckten ersten Wirbeln zu den regelmäßigeren des hinteren Teils vermittelt, behalten ihre Funktion, nämlich die Bewegung der Schwanz- flosse, und werden daher nicht rudimentär. Das gleiche gilt auch von dieser Stelle an vom Rückgrat: es ist hier normaler ausgebildet, da es einerseits zur Befestigung von funktionierenden Flossenträgern, dient; wie erwähnt, bildet der 6. Wirbel den Übergang zu den letzten, hinteren Wirbeln, deren wir 13 zählen können; andererseits ist auch am Endteil des Tieres der Hautpanzer nicht mehr so stark ausgebildet, so daß das Achsenskelet als Körperstütze dienen muß. Ihrer Entstehung nach müssen wir die Seitenplatten von Amphisile als einheitliche Gebilde auffassen, die nicht durch Zusammenwachsen vieler Anlagen entstanden sind. Als Bildungsmittelpunkt ist die Stelle anzunehmen, von der die erwähnten Kanäle strahlenartig nach unten ausgehen. Dort treffen auch die längsten Rillen und Leisten, Hautknochenbildungen bei Fischen. 465 die sich nach der Seite hinziehen, zusammen, und auch nach oben gehen ähnlich wie nach unten Kanäle aus, die sich hier vereinigen, nur sind sie sehr kurz und ihr Verlauf durch das Eingreifen der Rückenschilder verwischt. Der Umkreis dieses Zentralpunkts ist hierdurch nicht so differenziert wie an der Peripherie, die einzelnen Teile, wie Leisten und Rillen der gegenseitigen Verbindung, sind noch nicht so ausgeprägt wie gegen den Rand hin. Das Wachstum der Schilder wird man sich derartig vorzustellen haben, daß von dieser indifferenden Stelle aus die Schilder zunächst gleichmäßig sich allseitig ausbreiten, bis sie an irgendeiner Stelle Widerstand finden und sich gegenseitig beeinflussen. Nach oben zu stoßen sie beim Wachstum bald auf die Rückenplatten, so daß ihre ungehemmte Vergrößerung nach dieser Richtung aufhört; die Schilder dieser beiden Reihen verschelzen durch Nähte, deren Verlauf abgesehen von den ineinandergreifenden Vorsprüngen im allgemeinen eine gerade Linie bildet. Bald wird auch das Wachstum nach beiden Seiten durch die Nebenschilder aufgehalten, die Schilder bekommen nunmehr eine viereckige Gestalt und verbinden sich durch die Zähnchen und Rillen. Nach unten zu ist das Wachstum nicht be- einflußt, da zuerst kein Knochen eine Gegenwirkung ausübt und später, wenn sie an die Bauchschilder herankommen, diese Hemmung durch deren Überlagerung überwunden wird, so daß die Schilder hier bedeutend an Größe zunehmen und der untere Rand, bei älteren Exemplaren besonders, ziemlich ausgebogen ist, nicht so gerade ab- geschnitten wie bei dem in Fig. 41 abgebildeten jüngeren Tier. Durch diese Art von Wachstum erklärt es sich, daß der ursprüng- liche Mittelpunkt zuletzt nicht in der wirklichen mathematischen Mitte liegt, sondern nach oben verschoben ist. Da, wo das Wachs- tum durch weitere Knochen beeinflußt wird, haben die Schilder auch eine andere als die beschriebene viereckige Gestalt angenommen, am meisten am Kopf und an der Schulter, weniger am Schwanz, wo nur die hintere Seite des letzten Seitenschilds durch den Stachel der ersten Rückenflosse beeinflußt wird und daher abgerundet ist. Die Entstehung der eigenartigen Zähne und Rillen ist etwa so zu erklären: beim ersten Zusammentreffen der Schilder stoßen sie wahrscheinlich nur mit ihren gerillten Rändern zusammen. Jedes kann beim Weiterwachsen sich nur dorthin ausdehnen, wo noch Platz ist und kein Widerstand es hindert: sie wachsen also in die Rillen ein. Beim Dickerwerden der Platten werden die Rillen dann über- wuchert, so daß nunmehr eins im anderen steckt. 466 WILHELM GOETSCH, Die Reihe der Bauchschilder beginnt unterhalb des Kopfes, zwischen den Kiemendeckeln befindet sich das 1. Im ganzen zählen wir bis zum After deutlich 11 getrennte Schilder, von denen stets das vorhergehende das folgende überdeckt, ohne daß eine besondere Verbindung durch Zapfen, Zähne usw. stattfindet. Zu den 11 ge- trennten Schildern gesellt sich dann noch ein größerer ungegliederter unregelmäßiger Komplex, der den Flossenteil am Hinterende deckt. Isoliert man eins der Bauchschilder, so erhält man eine dünne durchscheinende Platte, wie sie Fig. 46, Taf. 21 zeigt, bräunlich ge- färbt bis auf den untersten, hell und gänzlich durchsichtig bleiben- den Teil, mit dem sich die Schilder der Gegenseite zu der messer- schneideartigen Kante vereinigen. Sie sind also von einer ganz anderen Beschaffenheit als die starren festen Knochenplatten der Rücken- und Seitenschilder, es sind hornige, biegsame Gebilde, die vielmehr an wirkliche Schuppen erinnern als die Schilder der oberen Reihen. Ihre Form ist im ganzen ein Fünfeck mit leicht abgerundeten Ecken, manchmal auch noch mit etwas vortretenden seitlichen Lappen, die wie in Fig. 46, Taf. 21 eine Einkerbung in der Mitte besitzen können. Die Grundlinie dieses Fünfecks trifft mit den beiden seit- lich aufsteigenden Kanten rechtwinkelig zusammen, während die beiden oberen Kanten im stumpfen Winkel dachartig sich nach oben anschließen. Bei jüngeren Tieren, wie z. B. bei Fig. 41, Taf. 20 bilden diese oberen Linien miteinander einen spitzeren Winkel als bei größeren; dort trafen sie (Fig. 46) in ganz stumpfem Winkel zusammen, und zwar geschah dies unterhalb der sie überdeckenden Seitenschilder, so daß die Bauchplatten beim nicht sezierten Tier viereckig aussahen. Die kleinen, dreieckigen Felder zwischen den Spitzen der Bauchschilder, die bei kleineren Exemplaren noch frei waren, sind dann auch gänzlich verschwunden, so daß am Rumpf kein Teil ohne Schilderbedeckung ist. In der Mitte eines jeden Bauchschildes fällt sofort ein schmaler Streifen auf, der sich allmählich etwas verbreiternd von der höchsten Spitze senkrecht nach unten verläuft. Eine nähere Untersuchung ergibt, daß wir eine stärkere Leiste vor uns haben, die nicht ge- bräunt ist wie der übrige Teil, sondern weiß aussieht. Sie ist auch nicht biegsam und hornartig, sondern fest und starr. Oben reicht sie stets bis in die äußerste Spitze des Schildes hinein, während sie unten nicht bis an den Rand herangeht, sondern nur soweit, als die Schilder ihre dunkelbraune Farbe besitzen. Bei größeren Tieren ist sie stärker und dicker als bei kleineren; sie ragt dann auch auf Hautknochenbildungen bei Fischen. 467 der Innenseite der Schilder etwas hervor und ist als Verdickung sichtbar. Diese Leiste dient offenbar als Verstärkung der Schilder, sowie auch zur Verbindung mit den Seitenschildern, da sie häufig noch etwas über den höchsten Teil der Bauchplatten hinausragt und sich ziemlich weit unter die Seitenplatten schiebt. In Schnitten durch entkalkte Schilder — Fig. 45, Taf. 21 stellt einen solchen dar — kann man sehen, daß wir 3 Schichten vor uns haben. Zu äußerst befindet sich eine gefaserte, die der Faserschicht der Cycloid- schuppen etwas ähnelt; sie macht den Hauptteil der Platte aus. Unter ihr befindet sich eine 2., die auf dem Schnitt körnig aussieht, und unter dieser wiederum die innerste, an der man eine lamellöse Schichtung erkennen kann. Diese Schichtung geht auch auf die im Durchschnitt sichtbare helle Leiste über, erreicht sogar hier insofern ihren Höhepunkt, als jede der Lamellen hier an Dicke zunimmt (Fig. 45). Auf dem Schnitt sehen wir noch, daß diese Leiste nach außen einen Fortsatz besitzt, der in die 2. körnige, zum Teil sogar in die 1., faserige Schicht hineinragt, deutlich sichtbar deshalb, weil trotz ineinandergehender Schichten diese helle Leiste stets als be- sonderer Teil zu erkennen ist, der sich durch Farbe und Härte von der Hauptmasse des Schildes unterscheidet. Der Unterschied zeigt sich auch im chemischen Verhalten. Eine 2—3stündige Behandlung der Bauchschilder mit 35°/, Kali- oder Natronlauge löst den bräun- lichen Teil der Schuppe restlos auf, es bleiben auch nicht Kalk- körnchen übrig, so daß wir es hier mit einer durchaus anderen Masse zu tun haben als bei den Rücken- und Seitenschildern, bei denen nach Auflösung des organischen Bestandteils durch Lauge die Form der Schilder noch durch die lose aneinanderhaftenden Kalk- teile bestehen bleibt. | Der Unterschied beider Schildarten zeigt sich auch in dem Ver- halten gegenüber Säuren. Rücken und Bauchplatten werden durch die üblichen Entkalkungsmittel weich und lassen sich schneiden, der Hauptteil der Bauchschilder dagegen wird durch tagelangen Aufenthalt in Salpeter- und Salzsäure nicht verändert; sie sind da- durch auch für Schnitte sehr ungeeignet. Die weißliche Mittelrippe dagegen zeigt ein anderes Verhalten, sie läßt sich durch Entkalken schneidbar machen, eine Behandlung mit Lauge dagegen verändert sie nicht, es sei denn, dab ein sehr langer Aufenthalt in konzentri- scher Lösung durch Ausziehen der organischen Substanz sie in der- selben Weise mürbe macht wie die oberen Schilder, so daß sie wie diese beim Berühren in einzelne Kalkteilchen zerfällt. 468 WILHELM GOETSCH, Durch kurzes Liegen in 55°, Lauge dagegen wird die Leiste unversehrt vom übrigen Plattenteil isoliert und stellt sich dann in der Form dar, wie sie in der letzten Platte der Fig. 46 rechts gezeichnet ist. Der Hauptteil ist ein langer, schmaler Keil, an dem sich unterhalb der oberen Spitze ein Leistchen ansetzt, das, wie der Schnitt der Fig. 45 zeigt, mit einer kleinen Verbreiterung in die nach außen gelegenen Schichten hineinragt und so eine feste Ver- bindung mit ihnen herstellt. - Dieses vordere dünne Leistchen setzt sich auch nach dem Aufhören des keilförmigen Hauptteils noch eine Strecke weit fort und dringt tief in die körnige Schicht ein, auch auf diese Weise für eine innige Verbindung sorgend. Trotz dieser Verschiedenheit von Farbe und chemischen Ver- halten müssen wir doch die Leiste und die hornige Platte als eine Einheit auffassen und zwar als eine Schuppe, bei der nur ein be- sonderer Teil, eben die Mittelleiste und -rippe, verkalkt ist. Nur dadurch, daß der Hauptteil unverkalkt geblieben ist und durch Ein- Jagerung von horniger Substanz Festigkeit erhalten hat, unter- scheiden sich die Bauchschilder wesentlich von Rücken- und Seiten- schildern. Wie erwähnt, zeigt die äußerste, an Mächtigkeit größte Schicht der Bauchplatten faserige Struktur. Bei starker Vergröße- rung kann man auch deutlich die Fasern sehen, die senkrecht zu den Längsfasern verlaufen, allerdings in beschränkter Anzahl. Diese Sehicht entspricht nun mit ihren Fasern und den ganz dünnen, eng aneinander liegenden Streifen der äußeren Schicht der Seitenschilder. Das gleiche ist auch bei der folgenden Schicht der Fall: bei beiden Schildarten findet sich ein schmaler, nicht besonders differenzierter Schichtstreifen. Zu innerst endlich sind die breiten Lamellen bei beiden anzutreffen, so daß also volle Übereinstimmung herrscht. Die Rückenschilder zeigen diese Verhältnisse nicht so deutlich, sie haben sich auch z. T. durch die von ihnen eingeschlossenen Flossen- strahlen verändert und diesen angepaßt. Der Unterschied zwischen Seiten- und Bauchschildern liegt also nur darin, daß erstere durch Kalkabscheidung hart und starr ge- worden sind, letztere dagegen weich und biegsam bleiben und nur durch Einlagerung eines hornigen Elements verfestigt werden. Verkalkt ist nur die Mittelrippe, d. h. diese entsteht vielmehr da- durch, daß zwischen den Lamellen in der Mittellinie der Schilder Kalkstreifen eingelagert sind, wie man an mittelstarken Vergröße- rungen bei abgeblendetem Licht besonders deutlich auf Schnitten sehen kann. Man sieht dann, daß die Lamellen der bräunlichen Hautknochenbildungen bei Fischen. 469 Substanz auch zwischen den hellen, verkalkten Streifen nachzu- weisen sind, und nur durch die Kalkablagerung zwischen ihnen auseinander gedrängt werden: und diese Ausbuchtungen erzeugen dann die Mittelrippe. Nach dem letzten Bauchschild beginnt die Schwanzregion; diese ist nicht von einzelnen getrennten Schildern bedeckt, das Integument hat aber dieselbe hornige Beschaffenheit wie die Bauchschilder, denen es auch im Verhalten Reagentien gegenüber gleicht, so daß man den ganzen Komplex als eine große Platte auffassen muß, wenn auch eine Festigung durch Verdickungen mit Kalkeinlagerungen, die der Mittelrippe entsprächen, fehlt. Da das Tier durch diese äußerst starke Ausbildung des Haut- panzers vollständig starr und unbeweglich geworden ist, kann eine Fortbewegung nur durch den Komplex der Rücken-, After- und Schwanzflosse erfolgen, besonders da die Brustflossen keine be- sondere Größe besitzen, die Bauchflossen sogar stark verkümmert sind und mit ihren 5 kleinen, kurzen Strahlen nur als ein pinsel- förmiges Gebilde aus der Mitte des Bauches herausragen (Fig. 41 BF) und nicht einmal als Steuer dienen können. Es muß daher der am Ende des Tieres befindliche Flossenkomplex allein die Fortbewegung vermitteln, und seine hintere Lage ist für eine derartige Propeller- wirkung auch die geeignetste. Die Bewegung der After- und Rücken- flosse mag eine ähnliche sein wie bei den Lophobranchiern, da die Einrichtung der Flossen sich ziemlich gleicht. Wie man bei der Durchsichtigkeit des Tieres schon äußerlich sehen kann, ziehen sich zu jedem einzelnen Strahl Muskelbündel hin, und die Flossenträger werden durch die Panzerung gestützt. Die Schwanzflosse, bestehend aus 10—12 Flossenstrahlen und -trägern, tritt mit ihrem primären Skelet aus dem Panzer heraus, die anderen Flossen dagegen nur mit den Strahlen; denn die den Schwanzteil deckende Platte legt sich, da auch hier das Tier seine messerschneideförmige Gestalt be- sitzt, so sehr an die Flossenträger an, daß sie schon ohne die innige Verbindung, die sie mit den letzten Enden der Träger eingeht, rein mechanisch eine feste Stütze bieten würde. Zu den Bauchflossen ziehen sich nur ganz schwache Muskelstränge hin, besonders bei jüngeren Tieren, wie man ebenfalls in der Durchsicht erkennen kann. Ein Befestigungsapparat von primären Knochen ist nicht zu finden. Die Strahlen sitzen vielmehr an kleinen, knopfartigen Köpfchen, wie sie auch bei den Trägern der anderen Flossen an der Spitze zu finden sind. Diese Köpfchen oder Knöpfchen, die 470 WILHELM GOETSCH, wohl als die Reste der Bauchflossenträger aufzufassen sind, werden hier durch die eng zusammentretenden Bauchplatten beiderseitig umschlossen und verbinden sich so eng mit ihnen, daß sie beim Präparieren samt den Flossenstrahlen an den abgelösten Platten fest hängen bleiben. Es dient also auch hier der Hautpanzer zur Befestigung von Flossenstrahlen und wird somit indirekt der Fortbewegung nutzbar gemacht, ähnlich wie bei den Lophobranchiern. Wir haben aber auch bei Amphisile Gelegenheit, eine Umkehrung dieses Verhält- nisses zu beobachten, nämlich, daß Flossenstrahlen, die doch eigent- lich der Bewegung dienen, diese ihre Funktion verlieren und den Ossificationen des Integuments, die nur der Körperbedeckung dienen, sich einreihen. Ich meine hier die Verschmelzung der 1. Rücken- flosse mit den Schildern des Rückens, auf die jetzt näher ein- gegangen werden soll. Ein Querschnitt, geführt durch die obere Hälfte des Tieres ungefähr in der Mitte des 4. Seitenschildes, wie in Fig. 42, zeigt uns in der Medianlinie des die Muskelstränge deckenden Gewölbes, von dem oben die Rede war, 2 Flossenträger (FT), und zwar sehen wir von dem einen das unterste Ende, von den zweiten oberen ungefähr die Mitte. Letzterer erscheint als Ring, da er nur an der Peripherie verknöchert ist, im Zentrum dagegen knorpelig bleibt. Verfolgen wir diese ganz dünnen, weichen, biegsamen Knochenfädchen nach rückwärts, so sehen wir, daß sie sich nur ganz allmählich den Rückenschildern nach und nach nähern: der obere hat sie erst an der Stelle erreicht an der das 4. Rückenschild endigt. Von da an verdickt er sich und wird zu einem festeren Stab, der sich zwischen die Rückenschilder drängt und von ihnen umschlossen wird, und zwar geschieht dies zunächst durch das 4. Rückenschild; dann schiebt sich das 5. zunächst mit einem Ausläufer, wie wir es auch in Fig. 41, Taf. 20 sehen können, zwischen Rückenschild 4 und Seitenschild 5 und erreicht bald auch den Flossenträger. Er nimmt weiter nach hinten an Größe zu, während die 4. Rückenplatte auf- hört und zuletzt nur mit einem zungenförmigen Ausläufer den an dieser Stelle schon recht ansehnlich gewordenen Knochenstab des Flossenträgers bedeckt. Im Schnitt der Fig. 43 ist rechts noch ein letzter derartiger Rest der 4. Rückenflosse gestreift (SR. IV). Während in den Schnittserien der obere Flossenträger nach hinten rapid an Dicke zunimmt, ist auch der untere bis an die Hautknochenbildungen bei Fischen. 471 Rückenschilder herangekommen und macht von da an ähnliche Ver- wandlungen durch wie der obere (Fig. 43, Taf. 21). Beide Knochenstäbe beginnen nun miteinander zu verwachsen, zuerst ist die Verbindung nur locker, weiter nach hinten zu wird sie aber so fest, daß man äußerlich keine Grenze zwischen ihnen sieht, ja sogar mikroskopisch ist sie häufig nicht mehr feststellbar. Aber nicht nur untereinander, sondern auch mit den Rückenschildern _ vereinigen sie sich in ähnlicher Weise (Fig. 43, 44), und zwar sind dies nunmehr die 5. Rückenschilder, die sich ihm seitlich innig an- legen. Ein Umgreifen nach oben findet nach Aufhören der 4. Schilder nicht mehr statt, so daß am oberen Ende der Knochenstab des Flossenträgers oder Flossenstrahls nun unbedeckt und frei ist (Fig. 43 links). Von welcher Stelle an der Flossenstrahi zum Träger ge- treten ist, wage ich mit Sicherheit nicht zu entscheiden, da eine Grenze nicht festzustellen war. Es ist anzunehmen, daß wir an der Stelle, wo der Stab nicht mehr von der Rückenflosse bedeckt ist, den Flossenstrahl vor uns haben, und das Vorhandensein von Elastoidin- fasern, die ich etwas weiter unten in ziemlicher Dicke fand, mag zur Verstärkung dieser Annahme dienen. Vermutlich findet ein Über- greifen des Strahls über den Träger statt, und zwar ist die Wahr- scheinlichkeit groß, daß dies an der Stelle vor sich geht, wo der Stab sich verdickt. Darüber wie weit dann der primäre Knochen in den sekundären noch hineinragt, könnte nur die Entwicklungsgeschichte sichere Auskunft geben, da auch eine Feststellung der Grenze noch dadurch erschwert wird, daß die Träger nur peripher verknöchern und die Strahlen gleichfalls anfangs hohl sein können. Eine Grenze zwischen rechter und linker Hälfte des Strahls ist gleichfalls nicht zu entdecken. Da sicher der größte Teil des Stabs aus Flossen- strahlen besteht, wie hauptsächlich das Vorhandensein der Horn- fasern zeigt, werde ich weiterhin immer von Strahlen reden. Zu dem festverbundenen Stab des ersten und zweiten Flossen- strahls kommen bei einem Querschnitt, der ungefähr in der Gegend des Schwanzendes geführt wird, noch 3 weitere Strahlen hinzu, die aber lange nicht die Ausdehnung der ersten beiden annehmen. Sie treten an diese heran, vereinigen sich aber nicht mit ihnen (Fig. 44 FT IUI—V). Auch untereinander sind sie nicht verschmolzen, wohl aber mit ein- ander vereinigt durch eine Integumentbildung, ähnlich wie die Bauch- schuppen, so daß ihr Komplex als ein Anhängsel erscheint, das den oberen mit den letzten Rückenschildern vereinigten Flossenstrahlen angewachsen ist und von 3 Leisten durchzogen wird. 472 WILHELM GOETSCH, Die oberen 2 Flossenstrahlen, an denen noch immer seitwärts die letzten, ganz schmalen Ausläufer der 5. Rückenplatte sich hin- ziehen (Fig. 44), setzen sich auch nach dem Aufhören der unteren 3 Strahlen noch eine Strecke weit fort. Nur bei dem einen, kleinsten Tier, das auch der Fig. 41 zugrunde liegt, war das letzte Stück nicht gänzlich abgebrochen. Es zeigt sich dort am Ende des Stachels eine knopfartige Verdickung, gebildet durch eine minimale Erhöhung jederseits, und eine kleine, nach unten gerichtete Spitze. Die mikro- skopische Untersuchung zeigt, dab die seitlichen Erhöhungen durch das Aufhören des letzten, ganz schmalen Streifens der 5. Rücken- platte bedingt waren, die kleine Spitze nach unten dagegen das Ende des 2., unteren Flossenstrahls darstellte. Der obere Strahl lief dann noch ein Stückchen weit; seine äußerste Spitze war ab- gebrochen. Zu erwähnen ist noch, daß vor den erwähnten 2 ersten Flossen- strahlen und ihren Trägern noch rudimentäre Flossenträger fest- zustellen waren, die als noch dünnere und feinere Knochenfädchen auftraten als die folgenden, die auch schon einen rudimentären Ein- druck machten, auch ihre Funktion verloren haben, da die Strahlen unbeweglich geworden sind und keine Gelenkflächen benötigen. Es waren 2 derartige Bildungen zu zählen, die an den ersten beiden Wirbeln endigen. Wie erwähnt, gehören die Träger der beiden ver- wachsenen ersten Flossenstrahlen dem 3. und 4. Wirbel an, so daß jeder der 4 ersten langgezogenen Wirbel einen ihm zugehörigen Flossenträger besitzt. Die Rudimente der Flossenträger lassen darauf schließen, daß ursprünglich auch Strahlen für sie vorhanden gewesen sein müssen ; anders wird sich das Vorhandensein dieser gänzlich funktionslosen Gebilde nicht erklären lassen. Von den Strahlen sind vielleicht in den Rückenschildern noch Reste mit eingeschlossen ; nachzuweisen waren sie allerdings nicht, doch waren ja auch bei den ersten beiden Flossenstrahlen die Grenzen zwischen ihnen und den Rückenschildern teilweise völlig verwischt. Vielleicht auch sind die Rückenplatten überhaupt nur als abgegliederte Basalteile von Flossenstrahlen auf- zufassen, die nach Schwund der eigentlichen Strahlen zurück- geblieben sind. Wie wir später in anderen Fällen sehen werden, sind derartige Fälle mit Bestimmtheit nachzuweisen, so daß man die Begriffe „Schuppe, Schild“ usw. und „sekundäre basale Ver- knöcherung des Flossenstrahls“ nicht trennen kann. Hautknochenbildungen bei Fischen. ; 473 7. Die Gasterosteiden. In hohem Maße wird das Hautskelet zur Befestigung der Flossenträger mit herangezogen in der Familie der Gasterosteiden, der wir uns jetzt zuwenden wollen. Bevor ich jedoch näher auf die Verhältnisse an den Flossen eingehe, muß ich einen Überblick über die Morphologie und Entwicklungsgeschichte der Seitenschilder _ vorausschicken, über die eine Bearbeitung bis jetzt noch nicht vor- liegt. Es ist dies um so angebrachter, da ihre Form und Ontogenese von der Art der eigentlichen Teleosteerschuppen erheblich abweicht, mit der von Selachiern dagegen einige Ähnlichkeiten aufweist, wenn auch nicht in dem Maße, wie es bei den Lophobranchiern der Fall ist. Gasterosteus aculeatus besitzt an seinem Körper eine starke Be- wehrung durch seine Stacheln und ist geschützt durch eine Reihe von Knochenplatten an der Seite. Auf Bildern, die wir von den verschiedensten Autoren besitzen, ist diese Schildreihe stets bis in. den Schwanz hineinreichend eingezeichnet, wie dies beim Seestich- ling Gasterosteus spinachia der Fall ist. Nach Cuvier u. A. soll auch eine ganz nackte Form vorkommen, die als G. gymnotus oder leiurus dem gepanzerten G. trachurus gegenübergestellt wurde. Mir lag eine sehr große Anzahl Exemplare zur Untersuchung vor, und zwar aus der Umgebung von Straßburg und aus Thüringen, die allesamt nur eine beschränkte Anzahl von Seitenschildern be- saßen, in der Regel 4—5, so dab nur der oben von dem 1. und 2. Riickenstachel und unten von der Brustflosse und den Bauch- stacheln begrenzte Raum gepanzert war. Das 1. Schild war stets das kleinste, häufig war es ganz rudimentär und kaum noch nach- zuweisen. In einigen wenigen Fällen war noch ein 6. fest- zustellen, mehr jedoch nie; bei den allermeisten der von mir untersuchten Exemplaren lagen die Verhältnisse so wie sie Fig. 47, Taf. 21 zeigt. Die Reihe der platten Hautschilder wird von unten her durch eine große, von den Bauchstacheln ausgehende Knochenplatte zum Teil bedeckt. Von oben her reichen die basalen Teile der ersten beiden Rückenstacheln an die Schilder heran und überdecken ihre obersten Spitzen (Fig. 47, Taf. 21). Ehe sich die ersten Anzeichen einer Schuppenentwicklung be- merkbar machen, besteht die Haut von Gasterosteus aculeatus aus. einer dünnen Epidermis, die aus ein bis drei Reihen rundlicher Zellen besteht (Fig. 48 u. 49). Die Cutis stellt sich in diesem 474 WILHELM GOETSCH, Stadium — bei Tieren von ca. 6 mm Linge — als eine ganz dünne Lage von Lamellen dar, die so eng aneinander liegen, daß sie durch ihre intensive Färbbarkeit auf Schnitten als einheitlicher Strang erscheint, der ohne Grenzzone dicht an der Epidermis hinläuft. Vom Muskelgewebe ist sie durch lockeres Bindegewebe getrennt, in dem reichlich Pigmentzellen vorhanden sind. Die ersten Anzeichen der beginnenden Schuppenentwicklung bemerkt man bei Exemplaren von 9—10mm Länge (gemessen bis zur Schwanzspitze). Wir sehen dort in der Höhe des Rückenmarks die Cutis nicht wie vorher in gleichmäßig dichter Schicht sich unter der Epidermis hinziehen, sondern sich etwas verdicken und dadurch die Epidermis vorbuchten. In dieser Erweiterung der Cutis treten unmittelbar unter der Epidermis einige Zellen zu einem Haufen zusammen: die Scleroblasten des künftigen Schilds. Irgendwelche Vorgänge in der Epidermis, wie sie bei den Lophobranchiern oder bei den Telosteern mit Cyeloidschuppen auftreten und sich als rudimentäres Schmelzorgan deuten lassen, habe ich niemals angetroffen. Die Anlage der Schilder findet sich immer in der Mitte oder am Anfang eines Muskelsegments, meist in der Nähe eines Sinnes- organs (Fig. 48 u. 49). Zwischen den länglichen, sich mehr oder weniger senkrecht stellenden Zellen des Schuppenkeims tritt nun die erste Hartsubstanz auf, und zwar in Gestalt eines dünnen Plätt- chens mit aufgesetztem kleinen Zapfen (Fig. 49). Die Form, die die Knochenplatte zuerst annimmt, ist also eine ganz ähnliche wie die bei Syngnathus und Nerophis, und in ähnlicher Weise geht auch die Weiterentwicklung vor sich. Wir sehen die Platte mit dem Zapfen durch fortgesetzte Ablagerung der Cutiszellen nach allen Seiten hin immer mehr an Größe zunehmen; neben der ersten, - mittleren Erhebung, die durch ihr Wachstum die Epidermis nach außen vor sich herschiebt und dünner werden läßt (man vergleiche das Durchbrechen der Epidermis bei Syngnathus), entstehen weitere, zapfenartige Vorsprünge. Ein Unterschied zwischen den Ablagerungen bei Gasterosteus und den Syngnathiden liegt aber darin, daß bei Gasterosteus auch an der Innenseite nach dem Muskelgewebe zu, Hartsubstanz abgesetzt wird und auch hier Vorsprünge und Leisten entstehen (Fig. 49 u. 54). Die Vorsprünge und Leisten bekommen oben wie unten knopfartige Verdickungen, und senden Fortsätze aus, die dann zusammentreten und Hohlräume zwischen sich freilassen, wodurch nach und nach die Schilder ihrer Vollendung entgegengehen. Bei ihrem Wachstum schieben sich die Ränder der Knochen- | Hautknochenbildungen bei Fischen. 475 platten übereinander, in gleicher Weise wie sonst die Schuppen bei den Teleosteern, so daß die hintere Platte vom letzten Teil der vorhergehenden bedeckt wird: bei den Syngnathiden in diesem Stadium ist das Umgekehrte der Fall. Es beginnt nun die Aus- bildung der elastischen Zwischenschuppenbänder, mit denen sich die Schilder untereinander verbinden; auch mit den von den Stacheln ausgehenden Hautverknöcherungen bestehen derartige Verbindungen. Die fertigen Schilder sind in ihrer Grundform längliche Knochen- platten, wie sie Fig. 50, Taf. 21 zeigt. In ihrer Mitte, dem zuerst entstandenen Teil, sind sie am stärksten und nehmen nach den Rändern zu allmählich an Dicke ab. An der Seite, die nach dem Schwanz zu gerichtet ist (Fig. 50 rechts) haben sie einen Fortsatz, mit dem sie den vorderen spitzen Teil der nächsten Schilder über- decken und so eine feste Verbindung herstellen. Nach oben und unten zu verjüngt sich die Knochenplatte etwas, um oben ziemlich gerade abgesetzt, unten mehr oder weniger gezackt zu enden. Auf ihrer Oberfläche sind die Schilder mit zahlreichen Leisten versehen, die, vom Mittelpunkt ausgehend, einigermaßen parallel verlaufen, sich auch verzweigen können und untereinander durch Querleisten verbunden sind, so daß unregelmäßige Vielecke zwischen ihnen entstehen (Fig. 50). Diese bei der Bildung der Schilder ent- stehenden Hohlräume, die durch Kanäle miteinander in Verbindung stehen und von Bindegewebe ausgefüllt werden, sind auf Quer- schnitten stets deutlich zu erkennen; durch die in ihnen auf- tretenden Blutgefäße werden für die Ernährung günstige Bedingungen geschaffen. In ihrer Gestalt haben sie, wie sich aus dem eben mitgeteilten ergibt, Ähnlichkeit mit den Schildern der Syngnathiden (vgl. auch die Querschnitte in Fig. 36 mit Fig. 48 u. 49). Wie diese, be- stehen sie aus Knochengewebe, das von Leisten und Kämmen durchzogen und von Kanälen durchbrochen ist, werden auch wie diese von mesodermalen Elementen gebildet und erhalten eine feste gegenseitige Verbindung durch ineinandergreifende Vorsprünge und elastische Bänder. Auf gewisse Unterschiede wurde schon oben hin- gewiesen. Auch die gesamte Haut zeigt ähnliche Verhältnisse: bei beiden finden wir eine nur dünne Epidermis mit nur höchstens drei Lagen von Zellen, und auch die Cutis ist ganz ähnlich gestaltet. Vorgänge jedoch, wie sie der ersten Ablagerung von Hartsubstanz bei den Syngnathidenschildern vorangehen, fehlen bei Gasterosteus aculeatus vollständig; sie sind ja aber auch bei den Lophobranchiern Zool. Jahrb. 42. Abt. f. Anat. 2 476 WILHELM GOETSCH, für den eigentlichen Aufbau der Schilder unwesentlich und nur als rudimentär aufzufassen. Das gleiche Oberflächenrelief wie die Seitenschilder haben auch die Knochenplatten, die die basalen Teile der oberen Stacheln dar- stellen und als Stützapparat funktionieren: Am Grunde eines jeden der beiden ersten Riickenstachel sehen wir nämlich eine gewölbte- Platte von elliptischer Grundform, auf deren Oberfläche die er- wähnten Leisten von den Rändern aus zum Mittelpunkte hinstreben, auf dessen Höhe der eigentliche Stachel aufsitzt. Hinter dem Stachel befindet sich jederseits ein Loch (Fig. 52), durch dasselbe gehen die den Stachel bewegenden Muskeln hindurch, die an Vor- sprüngen der Stachelbasis inserieren. Andere Vorsprünge dienen dazu, mit entsprechenden Vertiefungen in der basalen Knochen- platte den Stachel beim Aufrechtstehen festzustellen. Vorn und hinten an der Knochenplatte sind zungenförmige Ausläufer, mit denen die hintere die vordere überragt (Fig. 47, Taf. 21). Innerhalb der Wölbung dieser Platte sehen wir ein dünnes Gerüst und als Fortsetzung des Stachels einen schräg verlaufenden, schmalen Knochenzapfen von durchaus anderer Beschaftenheit als die anderen Teile: es ist dies der ursprünglich knorpelig angelegte Flossen- träger, wie aus der Entwicklungsgeschichte hervorgeht (Fig. 52 FT). Die Ontogenese der oberen Stacheln vollzieht sich in derselben Weise, wie ich es bei der Beschreibung der Entwicklung von den anderen Flossenteilen dargelegt habe. Es entstehen zunächst Knorpelzellen, welche die Anlage des knorpeligen Flossenträgers- herstellen (Fig. 54, Taf. 21), während zu gleicher Zeit der Flossen- strahl, also der eigentliche Stachel, in der Cutis entsteht. Eine Abweichung von der früher beschriebenen Weise tritt erst dann ein, wenn der noch knorpelige Flossenträger und der Flossenstrahl bei ihrem Wachstum sich erreichen. Zu dieser Zeit beginnt an der Stelle des Zusammentreffens der beiden Teile rings herum sich ein Hautknochen zu entwickeln, in ganz derselben Weise wie wir es- bei den Seitenschildern gesehen haben. Dieser immer umfangreicher werdende Hautknochen bildet schließlich den Hauptteil des den Stachel stützenden Apparats, und der Stachel selbst, der seinerseits. Vorsprünge für Muskelansätze bekommt, gelenkt zuletzt hauptsäch- lich an ihm, während die knorpelig angelegten, später ver- knöchernden Teile mehr zur Verbindung und Befestigung mit dem Achsenskelet dienen. Mit den inzwischen entstehenden Seitenschildern treten diese: Hautknochenbildungen bei Fischen. 477 gewölbten Knochenplatten in der vorerwähnten Weise zusammen: sie überlagern sie, schieben sich also zwischen sie und die Epi- dermis und verbinden sich mit ihnen sowie untereinander durch Bänder. Durch zungenförmige, ineinandergreifende Teile wird die gegenseitige Befestigung noch erhöht. In Fig. 52 ist ein Stachel des Rückens abgebildet; der linke Teil des gewölbten basalen Haut- knochens ist abgeschnitten, um das innere Knochenbälkchen des Flossenträgers deutlicher zum Ausdruck bringen zu können. ; In ähnlicher, nur etwas komplizierterer Weise geht die Ent- wicklung der unteren Stacheln, d. h. der hierzu -umgewandelten Bauchflossen nnd ihrer sekundären Knochenteile, vor sich. Wir finden auch hier zuerst beiderseits einen länglichen Knorpelstab, der innerhalb der Cutis des Bauches verläuft und, wie Fig. 53 zeigt, hinten mit einem leichten Knick sich umbiegt (Æn.) An dieser Stelle besitzt er eine knopfartige Erhöhung, an welcher der in üblicher Weise entstehende Flossenstrahl ansetzt. Der knor- pelige Teil ist demnach als Becken aufzufassen; er behält auch in weiterem Mabe diese seine Funktion als Gelenkfläche des Stachels als die entsprechenden Teile der oberen Stachel, trotz der auch hier entstehenden Hautverknöcherungen. Es bilden sich nämlich an dieser Stelle ebenfalls im Anschluß an die durch Verknöcherung des Knorpels entstehenden primären Teile umfang- reiche Hautknochen, die den Knorpel als Deckknochen überlagern, sich mit ihm verbinden und teilweise seine Funktion übernehmen. Da der Knorpel hier auch frühzeitig verknöchert, ist es schwer, bei späteren Stadien primäre und sekundäre Teile, zu unterscheiden. In der Medianlinie treten diese Knochen schließlich zusammen und bilden eine einheitliche, feste Knochenplatte, wie sie Fig. 51 zeigt, mit ähnlicher Oberflächengestaltung wie die Knochenplatten der Seitenschilder und der oberen Stacheln. Es bleibt nun noch übrig die Entwicklung der Knochenplatte zu beschreiben, die den unteren Stachelapparat mit den Seiten- schildern verbindet. Sie nimmt ihren Ursprung an der Stelle, an welcher der untere Stachel am Becken, resp, seinen sekundären Teilen gelenkt und entwickelt sich in derselben Weise wie ein Seitenschild, genauer genommen wie ein halbes Seitenschild, dessen Entwicklungspunkt an der Gelenkstelle des Stachels auszunehmen ist; dorthin laufen die Leisten alle hin, wie Fig. 47 zeigt. Wie bei den Seitenschildern von einem zuerst entstehenden Bildungs- punkt allmählich die Knochenplatte immer größer wird und sich . 32* 478 WILHELM GOETSCH, mehr und mehr ausbreitet, so wächst auch hier der Knochen durch fortwährende Ablagerung der ihn dicht einhüllenden Bildungszellen, die fort und fort neue Hartsubstanz an die bereits abgesetzte an- lagern und vor ihrem Produkt zurückweichen. Bei diesem Wachs- tum erreicht diese Knochenplatte endlich die Seitenschilder und zwar das 4. und 5. von ihnen (Fig. 47, Taf. 21); sie schiebt sich über diese und verbindet sich mit ihnen durch Bänder, wie bei den oberen Stacheln beschrieben wurde. Auf dem Schnitt, der in Fig. 49 abgebildet ist, sehen wir bis x den obersten Teil des sich entwickelnden Knochens, der an die Seitenschilder heranreicht. Nach Aussehen, Aufbau und Lage zwischen der Epidermis und der unteren Cutis müssen wir diese sekundären Knochenteile den Seiten- schildern völlig gleichsetzen. Ihre Funktion besteht darin, die zu Stacheln umgewandelten Flossenstrahlen zu stützen und zu dieser selben Funktion sind wiederum die Seitenschilder mit herangezogen, so daß auch hierin völlige Gleichheit zwischen beiden Teilen be- steht. Nur soweit die Seitenschilder zur Befestigung der Stacheln mit herangezogen sind, bleiben sie bestehen. Es waren bei der großen Anzahl von Exemplaren, die ich untersuchte, stets nur die Schilder erhalten, die mit den basalen Knochenteilen der Schilder in Verbindung traten und mit ihnen einen festen Knochenring bildeten. Beim nächsten Verwandten des Stichlings, beim Seestichling (Gasterosteus spinachia), finden wir starke Abweichungen von den eben beschriebenen Verhalten. Es herrschen hier überhaupt noch primitivere Verhältnisse vor, alle Teile sind nicht so differenziert und spezialisiert wie bei Gasterosteus aculeatus. Stacheln und Schilder sind in größerer Zahl vorhanden, dafür aber in geringerer Größe, obwohl G. spinachia mehr als doppelt so groß ist wie G. aculeatus ; sie sind also sowohl absolut, als auch relativ kleiner. In ihrer Struktur gleichen die einzelnen Teile denen vom Süf- wasserstichling, in der äußeren Gestalt dagegen sind mannigfache Änderungen vorhanden. Die Seitenschilder besitzen einen Kiel, der in der Mitte des Schilds in der Längsrichtung des Tieres verläuft; sie gewinnen dadurch eine große Ähnlichkeit mit denen der Syngna- thiden, besonders da sie auch stark gewölbt sind wie diese. An ihrem vorderen Ende besitzen sie eine sehr lange Spitze (Fig. 56) über die sich der ebenfalls stark ausgezogene hintere Teil des vor- hergehenden Schildes zur Herstellung einer festen Verbindung heriiberzieht. Nach dem Schwanz zu werden die Schilder stärker Hautknochenbildungen bei Fischen. 479 gekielt und gewinnen auch etwas an Breite; eine derartige Breiten- ausdehnung wie bei @. aculeatus findet dagegen nicht statt, da eine Verbindung mit den sekundären Knochenplatten an der Basis der Stacheln nicht eintritt. Der Stachelapparat des Rückens besteht aus 15 einzelnen Teilen ; bei jedem derselben finden wir zunächst einen schräg nach vorn verlaufenden Flossenträger, der die Verbindung mit dem Achsen- skelet herstellt. An seinem oberen Ende sitzt der sekundäre Knochenteil, der hier den Seitenschildern völlig gleicht. Auf seinem dem Kiel der Seitenschilder entsprechenden Teil befindet sich nun der eigentliche Stachel, er reitet gewissermaßen aufihm. Am Stachel selbst ist vorn eine rundliche Vorwölbung zu bemerken, die als An- satz für die ihn aufrichtenden Muskelbündel dient; ebenso etwas weiter zurück eine andere, die für einen den Stachel niederlegenden Muskel bestimmt ist. Am sekundären Stützknochen finden sich nicht nur vorn und hinten je ein Fortsatz zur gegenseitigen Verbindung wie bei den Seitenschildern, sondern jederseits von ihm noch ein weiterer, also im ganzen 3 zapfenartige Vorsprünge, die in ent- sprechende Vertiefungen der nächsten Schilder hineinpassen, so dab eine sehr feste Verbindung der einzelnen Teile miteinander herge- stellt wird. Im Gegensatz zu Gasterosteus aculeatus sind hier auch an den Flossenstrahlen der eigentlichen Riickenflosse schildartige sekundäre Verknöcherungen derselben Art wie bei den Stacheln an- zutreffen. Ihre Reihe setzt sich sogar auch hinter der Flosse noch bis zum Schwanz fort; sie werden also hier zu einfachen Haut- schildern, die der Bepanzerung des Körpers dienen. Ebenso finden sich vor den Stacheln derartige Schilder, deren letzter mit den Kopfknochen eine Verbindung eingeht, so daß vom Kopf bis zum Schwanz eine einheitliche Schildreihe mit untereinander festver- bundenen Gliedern sich hinzieht; so wird auch hier ein solides Widerlager für die den Stachel bewegende Muskeln gebildet. Den Bauchstacheln und dem Becken fehlt eine Verbindung mit den Seitenschildern ebenfalls; es findet sich daher auch am Becken kein an den Seiten emporsteigender Ast wie bei @. aculeatus. Der Beckenapparat selbst ist verhältnismäßig groß, er bedeckt beinahe den ganzen Bauch und reicht von hier bis an den Schädel heran, mit dem sich der vorderste Teil verbindet. Zu bemerken ist endlich, daß auch an den Strahlen der After- flosse basale sekundäre Verknöcherungen vorhanden sind, wenn auch nicht ganz in der Ausdehnung wie auf dem Rücken. Auch hier 480 WILHELM GOETSCH, finden sich diese den Rückenschildern gleichenden Platten noch hinter der Bauchflosse. Der Schwanz ist auf diese Weise vollständig gepanzert, da dort sowohl die Rücken- wie die Schwanzschilder an die letzten, stark gekielten Seitenschilder heranreichen, sie bedecken und auf diese Weise einen festen 4kantigen Panzer herstellen. An der Innenseite sowohl der Rücken- wie der Afterschilder finden sich noch Rudimente von Flossenträgern. Wir haben somit hier einen guten, unzweifelhaften Beweis für die Identität der basalen Knochen an den Flossenstrahlen und den zur Körperbedeckung dienenden Hautschildern. Bei Gasterosteus aculeatus sind diese Schilder geschwunden, ebenso wie die Seitenschilder, bis auf die welche zur Befestigung der groben Stacheln dienen. Diese noch übrigen Schilder sind ihrer Funktion in hohem Maße angepaßt, am meisten diejenigen, welche das Becken bilden; hier ist die ursprüngliche Schildform kaum noch zu erkennen. Weit geringer sind die Veränderungen der Rücken- schilder, sie behalten ihre Form in weitgehendem Maße. Von den Seitenschildern sind die, welche nur an die Rückenstacheln heran- reichen (2 u. 3 in Fig. 47, Taf. 21) am wenigsten abgewichen von ihrer ursprünglichen Form, die wir uns ähnlich vorzustellen haben wie die Seitenschilder von G. spinachia; denn die allerdings nicht häufig auftretenden 1. und 6. Seitenschilder ähneln diesen sehr. Die Schilder, die auch zur Befestigung der unteren Stacheln mit herangezogen werden, haben sich von der Grundform bedeutend ent- fernt durch die langen breiten Ausläufer nach unten zu, wodurch sie sich mit dem Becken verbinden. Bei Gasterosteus spinachia sind, ausgenommen beim Becken, nur geringe Veränderungen eingetreten. Durch die vielen Schilder ist sein Körper noch verhältnismäßig stark gepanzert, die Stacheln sind dagegen hier schwach und haben untergeordnetere Bedeutung, auch schon dadurch, daß sie sich an ihrer Basis nicht genügend feststellen lassen. Bei @. aculetatus dagegen liegt das Hauptgewicht auf den 2 mächtigen Rücken- und Bauchstacheln, die auch sicher wirksamer sind als die vielen kleinen und schwächeren bei @. spinachia. Für sie ist eine starke Befestigung notwendig, und zur Erlangung der- selben werden alle verfügbaren Teile herangezogen und ihr angepaßt. Die Bepanzerung tritt hier den starken Stacheln gegenüber in den Hintergrund, so daß alle Schilder, die nicht für die Befestigung der Stacheln in Betracht kommen, ee werden oder gänzlich verschwinden. Hautknochenbildungen bei Fischen. 481 IV. Teil (Taf. 22, Fig. 57-66). 8. Cotidae. Bei einer anderen Gruppe der Teleosteer kommen gleichfalls Arten vor, die durch große Schilder in der eben beschriebenen Weise sich auszeichnen. Es sind dies die Panzerwangen oder Cot- tidae, zu denen Leumis außer den eigentlichen Cottus-Arten und den Trigladen auch Agonus (Aspidophorus), Dactylopterus und Peristethus rechnet. Die letzten 3 Arten trennt GÜNTHER von den übrigen Cottiden und faßt sie unter dem Namen Cataphracti zusammen, der wiederum von manchen Autoren für die ganze Familie der Cottiden im weiteren Sinn gebraucht wird. Das Gemeinsame dieser 3 Formen ist die starke Panzerung des gesamten Körpers. Dieser Gemein- samkeit halber möchte auch ich sie zusammenfassen und an erster Stelle behandeln. Sie unterscheiden sich hierdurch von den Trig- liden, die nur in der Seitenlinie und an den unpaaren Flossen größere Hautknochen besitzen, während der übrige Körper von echten kleinen Schuppen bedeckt ist, und von den Arten der Gattung Cottus, die bis auf einen Schutz der Seitenlinie der Schuppen völlig entbehren. Wie man sieht, ergeben sich für die Beschuppung der Hautknochenbildungen 3 gut voneinander zu trennende Gruppen, die Cottiden, Trigliden und die gepanzerten Formen, für die ich den Namen Cataphracti aus Zweckmäßigkeitsgründen beibehalten werde. Ihrer auffallenden Knochenbildungen wegen sind die Cataphracti von Herrwic, dessen Ausführung ich im allgemeinen beistimmen kann, untersucht und ausführlicher beschrieben worden. Die am wenigsten differenzierten Schilder besitzt Agonus oder Aspidophorus, sein ganzer Körper ist durch die ihn bedeckenden Hautknochen kantig. Direkt hinter dem Kopf finde ich, im Gegen- satz zu HERTWIG, 6 Reihen von großen Platten. Rechts und links von der Mittellinie des Bauches verläuft eine Reihe, die von den eigentlichen Bauchschildern gebildet wird; diesen schließen sich nach oben zu die Seitenschilder an. Zwischen ihnen und den Rückenschildern schiebt sich eine Reihe von bedeutend kleineren Schuppen ein, die ohne die kielartige Erhebung sind, welche die übrigen, großen Schilder auszeichnen; es sind vielmehr nur warzen- artige Erhebungen sichtbar. An der Stelle etwa, wo die Bauch- flossen aufhören, beginnt eine zweite Reihe von Seitenschildern. 482 WILHELM GOETSCH, Erst sind sie klein, nach hinten zu werden sie rasch größer und er- reichen bald die Flächenausdehnung wie die andern großen Schilder, so daß das erst sechseckige Tier dann die von HErTwıG angegebene Achteckigkeit bekommt. Solange die unpaaren Riicken- und Afterflossen vorhanden sind, bleibt die doppelte Reihe der Rücken- bzw. Bauchschilder bestehen; wo diese Flossen aufhören, rücken sie eng zusammen und verschmelzen; wir finden demgemäß dann noch eine Reihe Rücken- und Bauchschilder, so dab die ursprüngliche Anzahl der Kanten wieder erreicht ist. Doch ist hierbei ein Unterschied zu beachten. Während am Kopf die Grenze zweier Schuppen mit der Mittellinie des Rückens und Bauches zusammenfällt, wird diese am Schwanz durclr die kielartige Erhebung in der Mitte eines einzigen Schildes ge- bildet. Der Bau der einzelnen Schuppe ist wenig kompliziert, und in ihrer Form differenzieren sie untereinander nur in ganz geringem Maße. Sie sind durchgängig rundlich oval mit einem exzentrisch eelegenen Kulminationspunkt (Bildungspunkt), von dem aus nach allen Seiten zu Rippen ausgehen. In Fig. 64, Taf. 22 ist eine kleinere Schuppe gezeichnet, die größeren haben eine Anzahl größerer Rippen. Ferner sind bei solchen die Leisten und Kanäle, die die ganze Oberfläche durchziehen und unter sich netzartige Ver- bindungen eingehen, wie wir es bei den Syngnathiden und Gastero- steiden gesehen haben, in größerer Anzahl anzutreffen. Es zeigt sich hier derselbe Unterschied, den HerrwıG bei der Beschreibung der jüngeren und älteren Schilder von Dactylopterus angegeben hat: Aus der kompakteren Substanz der kleineren Schilder wird bei den größeren „ein spongiöses Knochengewebe“. Vorsprünge, Zapfen u. dgl, die eine gegenseitige Verbindung der Schilder herstellen würden, fehlen hier vollständig. Die Schuppen liegen vielmehr ganz lose übereinander, und zwar kommt es sowohl vor, daß die vorderen die hinteren bedecken wie auch umgekehrt; die gegenseitige Be- deckung erstreckt sich überhaupt nur auf geringe Flächenteile. Auch ist die Bedeckung nicht dachziegelförmig, sondern reihen- förmig, d. h. die Schilder liegen eins hinter dem anderen in einer Reihe und erzeugen so die Kanten des Tieres. Diese werden zum Teil zu richtigen Leisten verstärkt dadurch, daß die höchste Er- hebung der einzelnen größeren Schilder nicht als einfache Spitze ausgebildet ist, sondern kielartig in die Längsrichtung ausgezogen Hautknochenbildungen bei Fischen. 483. ist. Häufig endigen diese Kiele nach hinten zu in kurzen, dorn- artigen Vorsprüngen. Schon bei den großen Schildern von Agonus herrschen noch primitivere Verhältnisse vor als bei denjenigen von Gasterosteus spinachia,. wir haben hier wohl die ursprünglichsten dieser plattenartigen Ver- knöcherungen vor uns: runde Platten mit einem Kulminationspunkt, der sich zu einem kleinen, nach hinten gerichteten Dorn ausziehen kann. Die einzelnen Elemente sind ohne jede gegenseitige Ver-‘ bindung; sie liegen an einzelnen Stellen noch lose nebeneinander, überdecken sich jedoch meist leicht, aber noch ohne jede Ordnung, manchmal die vorderen die hintern, manchmal umgekehrt. Dazu kommt nun noch, daß bei manchen Exemplaren außer den großen, äußerlich sichtbaren Schildern an manchen Stellen des Körpers, be- sonders an den Seiten, kleine Hautverknöcherungen eingestreut sind, wie sie auch HerrwiG beschrieb und abbildete. Ihre Form ist verschieden; es finden sich Platten, die ganz wie große- Schilder in verkleinertem Maßstabe aussehen, daneben aber auch ganz kleine, nur einen mittleren Stachel tragende Ossificationen. Letztere gleichen den Stacheln mancher Plectognathen außerordentlich und auch mit den einen einzigen Stachel tragenden Schuppen von Macrurus haben sie Ähnlichkeit. Wie Herrwic bemerkt, machen all diese kleinen Verknöcherungen den Eindruck von Rückbildungen und sind auch meiner Meinung nach als solche aufzufassen; d. h. es sind rudi- mentäre Schilder, die auf einem gewissen Stadium stehen geblieben sind und sich nicht weiter entwickelten, gehindert durch begün- stigtere Nachbarschilder. Diese breiten sich dann immer weiter aus, und schieben sich zum Teil unter die kleinen, so dab man zu- letzt über ihnen sowohl wie zwischen ihnen die in der Entwicklung zurückgebliebenen Ossificationen findet. In der Gegend der Seitenlinie sind diese kleinen, zwischen den großen Platten liegenden Schuppen in den Dienst der Seiten- organe getreten. Es liegen dort kleine Plättchen ganz in der Art der übrigen Schilder, nur ausgezeichnet dadurch, daß sie an ihrer Außenseite ein röhrenförmiges Gebilde tragen, in dem die Seiten- linie verläuft. Die Rückenflosse besteht bei Agonus aus 2 Teilen, einem vorderen mit 5 Stacheln, an den sich unmittelbar der hintere mit 6—7 Strahlen anschließt. Die Afterflosse besitzt 6—7 Strahlen, während die kleinen, direkt unter den Brustflossen sitzenden Bauch- flossen sich durch ganz geringe Zahl (nur 1—2) Strahlen aus- 484 WILHELM GOETSCH, zeichnet. Beziehungen zwischen Flossen und Schildern waren nicht zu konstatieren. Die Rücken- und Afterflossen stehen, wie erwähnt, immer zwischen Schildern; ebenso ist an den Basen der Bauch- flossen je eine große Knochenplatte, ein vergrübertes Schild anzu- treffen, das sich aber in keiner Weise von den übrigen unter- scheidet oder besonders differenziert ist wie bei Gasterosteus. Auch eine besondere feste Verbindung mit dem Beckenapparat geht es nicht ein. Bei der Rücken- und Afterflosse ist eine derartige Ver- bindung mit dem Hautskelet ebenfalls nicht festzustellen, wenigstens nicht makroskopisch; für feinere mikroskopische Untersuchungen eignete sich das Material leider nicht. Eine Befestigung der Strahlen in der Art, wie wir sie bei den Syngnathiden antrafen, ist auch nicht anzunehmen, da durch das lose Nebeneinanderliegen der Schilder die Beweglichkeit des Tieres nicht besonders gehemmt wird, und daher derartig starke Inanspruchnahme der Flossen ebenso- wenig vorliegt und eine Verstärkung und besondere Differenzierung, wie sie bei Gasterosteus angetroffen werden, nicht nötig sind. Die Panzerung der zweiten Art der Cataphracten, die Körper- bedeckung von Dactylopterus, besteht aus vielen kleinen Elementen, die äußerlich richtigen Schuppen am meisten sich nähern. Die ein- zelnen Schuppen liegen am Rücken und an den Seiten ziemlich frei, ohne Überdeckung, in Reihen hintereinander, so daß sich Kiel an Kiel reiht, und hierdurch eine der Längsrichtung des Tieres paral- lele Streifung gebildet wird. Die Zahl dieser Schilderreihen ist variabel, ich zählte auf der Seite, vom Rücken bis zum Anfang des Bauches gerechnet, etwa 12 Reihen. Da eine Seitenlinie fehlt, sind diese Schilderreihen auch ganz gleichmäßig gebildet. Die einzelnen Schuppen werden nach dem Schwanz zu größer, besonders erheben sich ihre Kiele dort immer höher empor. An den Seiten des Schwanzes gewinnen einige derselben eine mächtige Länge und Ausdehnung, so dab sie sich weit über das Niveau der anderen er- heben. Ein bestimmtes Zahlen- und Stellungsverhältnis dieser extrem vergrößerten Schilder ist jedoch nicht festzustellen. Am Bauch sind die Schilder viel weniger gekielt als oben und an den Seiten; an der den Seiten sich anschließenden Bauchteilen geht die Form der einen in die der anderen ganz allmählich über. An der Unterseite liegen auch die Schilder nicht mehr einzeln und in parallelen Reihen wie auf dem Rücken und an den Seiten, sondern sie überdecken sich, die vorderen die hinteren und zwar dachziegel- artig wie die typischen Cycloidschuppen, denen sie auch hier, wo Hautknochenbildungen bei Fischen. — 485 der Kiel fast kaum hervortritt, äußerlich bei oberflächlicher Be- trachtung gleichen. Eine nähere Untersuchung jedoch zeigt, dab ihr Aufbau derselbe ist, wie derjenige der oberen Schilder, und zwar folgendermaßen beschaften ist. Wir unterscheiden hier stets bei den Schildern deutlich 2 Teile. Der untere am Tier anliegende Teil ist an Ausdehnung der kleinste und besteht aus kompaktem Knochengewebe ohne besondere Differenzierung wie Leisten und Vertiefungen. Diesen inneren Teil nennt Herrwie Basalplatte, im Gegensatz zu dem senkrecht hierzu stehenden „Stachelteil“, dem Kiel, wie ich ihn nennen will. Dieser gabelt sich an seinem unteren Ende in 2 Hälften, deren jede rechts und links sich dann um- biegt, sich an die Basis anlegt und mit ihr verschmilzt. Dieser obere, den Kiel bildende Abschnitt des Schildes ist in ähnlicher Weise mit Erhöhungen versehen und wird von Kanälen durchzogen in derselben Art, wie die vorherbeschriebenen Schilder der Cataphracti, wie man auch aus der Abbildung sehen kann. Ebendort ist auch ersichtlich, daß der basale untere Abschnitt nur einen kleineren Teil des Schildes ausmacht. Das Bild stellt allerdings eine der vergrößerten Schuppen des Schwanzes dar, wo dies in erhöhtem Maße der Fall ist als an den übrigen Körperstellen. Aber selbst am Bauch, wo der Kiel sich nur ganz wenig erhebt, überwiegt seine Masse die der Basis, da auch hier seine unteren flügelartigen Teile, durch die er mit dem unteren Abschnitt in Verbindung steht, die Basis nach hinten zu überragen. Wie man sieht, unterscheidet sich das Schuppenkleid in mancher Weise von den bisher beschriebenen, und nicht nur im Bau der einzelnen Schuppen ist es von dem von Agonus verschieden, sondern auch in der Anordnung der Schilder. An Rücken und Seiten zwar liegen auch hier die Schilder in Reihen hintereinander, am Bauch dagegen sind sie in der dachziegelartigen Anordnung. anzutreffen, wie wir sie bei den Cycloid- und Ctenoidschuppen finden. Die Brustflossen von Dactylopterus sind bekanntlich zum Fliegen eingerichtet und dadurch in besonderer Weise umgewandelt; an den Rücken-, After- und Bauchflossen ist dagegen eine Ab- weichung von dem gewöhnlichen Verhalten nicht zu bemerken. Die stärkste Bepanzerung von allen Cataphracten besitzt Peristethus (Peristedion). Der ganze Körper ist durch die in einer Längslinie liegenden großen Knochenplatten achteckig, und zwar von vorn unmittelbar hinter den Brustflossen an bis zum Schwanz. 486 WILHELM Goerscu, Die unpaaren Flossen, die hier bis zum Schwanz reichen, liegen wie bei Agonus zwischen den Riickenschildern. Bei dem letzten dieser Rückenschilder lassen sich Verschmelzungen nachweisen, indem nach Aufhören der Rückenflosse die Schilder der beiden Körperhälften zusammenwachsen. Bei der Schilderung der einzelnen Knochenplatten kann ich mich kurz fassen, da HERTWIG, dessen Beobachtungen ich hier bis ins einzelne bestätigen kann, die Besonderheiten genau beschreibt. Der kürzeren der rhombisch geformten Schilder sitzt ein Kamm auf, der nach hinten in einen Dorn ausläuft. Die Spitze dieses. Dornes ist nach dem Schwanz zu gerichtet; am Hinterende des Tieres findet sich an der dem Kopfende zugewandten Seite ein zweiter kleinerer Dorn, während die allerletzten Schilder am Schwanz eine besondere stachelartige Ausbildung zeigen, die HERTwIG genau beschreibt und abbildet. In ihrem histiologischen Aufbau ähneln die Peristethus-Schilder denen von Dactylopterus. Es lassen sich ebenfalls zwei Schichten unterscheiden, die aber hier unmittelbar ineinander übergehen. Der den Dorn tragende Kamm ist auch hier heller und durchsichtiger als die untere spongiöse Platte. Im Gegensatz zu den entsprechenden Teilen von Dactylopterus trägt diese Platte eine größere Zahl höckeriger Erhebungen, die z. T. wirklichen kleinen Zähnchen gleichen. Ob diese wirklich, wie HERTwWIG annimmt, als einzelne diskrete Teile zu deuten sind, die nachträglich mit dem Basalteil der Hauptplatte zusammengetreten sind, läßt sich nur durch die Entwicklungsgeschichte feststellen, die bis jetzt leider noch nicht untersucht werden konnte. Herrrwic glaubt, daß die bei Agonus über den großen Platten anzutreffenden kleinen Stacheln bei Peristethus ebenfalls vorhanden gewesen, aber in eine feste Ver- bindung mit den eigentlichen größeren Ossificationen getreten seien und so die Zähnchen gebildet hätten. Wäre diese Vermutung richtig, so hätten wir hier eine Art von Übergang zu den Verhält- nissen bei den Panzerganoiden, wo unzweifelhaft die großen Haut- platten durch das Zusammentreten vieler kleiner stacheltragender Basalplatten entstehen. Wir hätten dann bei den Cataphracten folgendes Bild: große Ausbreitung eines Schildes unter Zurück- drängung und Rückbildung der übrigen Elemente (Agonus), die bei Dactylopterus völlig verschwunden wären, bei Peristethus sich sekundär mit der großen Hauptplatte verbunden hätten. Bei der Flüssigkeit und den schwankenden Verhältnissen, die bei der ganzen Gruppe der Panzerwangen in der gesamten Körperbedeckung sowohl wie Hautknochenbildungen bei Fischen. | 487 bei den einzelnen Hautknochen herrschen, ist eine solche Annahme nicht von der Hand zu weisen. | Eine Zwischenstellung zwischen den vüllig gepanzerten Cata- phracten und den nackten Cottws-Arten nehmen die Trigliden ein. Ihr Körper ist mit kleinen Schuppen bedeckt, die nach hinten zu kleine Stacheln tragen. Sie sind in der dachziegelartigen Über- deckung anzutreffen, wie es bei den Ctenoidschuppen üblich ist. Neben diesen kleinen Schuppen finden wir bei allen Arten in der Seitenlinie eine Reihe von Schildern, die bis an den Schwanz reicht und die Seitenlinie schützt. Diese Schilder sind in Reihen hintereinander angeordnet, so daß ihre mittleren kielartigen Er- höhungen eine Linie bilden; eine genauere Untersuchung dieser Verhältnisse wird weiter unten im Zusammenhang mit ihrer Ent- wicklungsgeschichte folgen. Die Rückenflosse ist geteilt wie bei Agonus, doch folgen hier die beiden Teile nicht unmittelbar auf- einander, sondern zwischen dem ersten Teil mit den harten Stachel- strahlen und dem hinteren Abschnitt liegt ein freies Stück ohne Strahlen. Die Flossen zeichnen sich durch größere Machtigkeit von denen von Agonus und den später zu beschreibenden Arten von Cottus aus; besonders die Strahlen des ersten Teils sind stachel- artig entwickelt. Sie sollen auch als Waffe gebraucht werden und Wunden erzeugen, die so schwer heilen, daß man früher die Strahlen für giftig hielt. Von diesen Strahlen der ersten Rückenflosse sind 8—10 vorhanden, in der hinteren Rückenflosse zählt man 17—19 Strahlen. An der Basis aller dieser Flossenstrahlen sind Hautverknöcherungen zu finden, die bei den einzelnen Arten ver- schieden gestaltet sind. Bei Trigla gurnardus haben sie einen ganz ähnlichen Aufbau wie die basalen Stachelschilder von Gasterosteus spinachia. Es sind viereckige, ineinandergreifende Platten, deren rechter und linker Teil gegeneinander geneigt sind, so daß im Querschnitt ein Winkel entsteht mit nach innen gerichteter Spitze. In der Mitte dieser Platte sitzt der Flossenstrahl auf. Ebensolche Hautknochen finden sich auch in dem Zwischenraum zwischen dem ersten, aus 8 Strahlen bestehenden Teil der Rückenflosse und ihrem hinteren Abschnitt (mit 18 Strahlen) und zwar sind sie in der Zweizahl anzutreffen. Die erste Knochenplatte trägt meist noch ein Rudiment eines Flossenstrahls, die zweite nicht. Wir haben also auch hier einen Übergang von basalen Stützknochen eines Flossenstrahls zu ein- fachen Knochenschildern. 488 WILHELM GOETSCH, Bei Zrygla lyra sind diese Hautknochen an der Basis der Rückenstrahlen nicht so breit wie bei Trigla gunardus. Ihre rechten und linken Hälften stoßen auch nicht in so spitzen Winkeln auf- einander und sind ferner dadurch ausgezeichnet, daß jede einen sroßen Dorn trägt; sie sind mithin den Hautschildern von Peri- stethus sehr ähnlich. Diese Dornen haben ungefähr die Form wie die von Rosensträuchern, mit nach hinten gerichteter Spitze. Auch die Hautknochen, die keine Strahlen tragen, besitzen rechts und links einen derartigen Dorn, so daß wir jederseits zwei Dornen mehr zählen als die Gesamtzahl der Rückenflossenstrahlen beträgt. Dieselben Befunde sind bei Trigla lineata und bei T. aspera an- zutreffen mit dem Unterschied, daß bei der letzten Form die ba- salen Knochenplatten größer und spitzer sind, auch aufrechter stehen als bei 7. lineata, so daß sie mehr in Erscheinung treten. Wir finden also bei den Trigliden ähnliche Verhältnisse an den Rückenflossen wie bei den Gasterosteiden. Bei beiden sind an der Basis eines jeden Stachels Hautverknöcherungen anzutreffen, die dort, wo Strahlen fehlen, in einfache Hautschilder übergehen, durch die die beiden Abschnitte der Rückenflosse, der Stachel- und der Strahlenteil, miteinander verbunden werden und sich eine gewisse gegenseitige Festigung geben. Daß dies aber nur in geringerem Maße der Fall sein kann als bei Gasterosteus ist dadurch bedingt, daß eine Fortsetzung des Schilderreihe nach vorn und hinten nicht vorhanden ist, eine Verbindung mit dem Kopf- und Schwanzskelet also nicht stattfinden kann. Immerhin wird für die starken und großen stachelartigen Flossenstrahlen auf diese Weise eine festere Stütze hergestellt. Die Entstehung dieser basalen Stützschilder an den Flossen- stacheln und -strahlen, welche wie diese selbst immer aus zwei jeder Körperhälfte angehörigen Teilen bestehen, hat man sich un- gefähr folgendermaßen vorzustellen; wie erinnerlich, fanden sich bei Agonus. und Perestethus zu beiden Seiten der Flossen Schilder- reihen, die den basalen Knochenteilen der Trigliden gleichen. Diese werden dann mit den Flossenstrahlen bei stärkerer Beanspruchung derselben eine Verbindung eingegangen sein und sich zu wirklichen Stützen umgewandelt haben, die dann beim Schwund und der Rück- bildung der übrigen körperbedeckenden Schilder allein zurück- geblieben sind. Über die Ontogenese- der Hautknochenbildungen bei den Tri- gliden ist zu bemerken, daß zuerst im Laufe der Entwicklung die Hautknochenbildungen bei Fischen. 489 Flossenstrahlen, dann die basalen Teile derselben und zuletzt die Schilder der Seitenlinie entstehen. 12—15 mm große Tiere zeigen in’der Schwanzregion das übliche Verhalten des Integuments: eine undifferenzierte, aus 2—3 unregelmäßigen Schichten bestehende Epidermis, unter der sich die ersten Cutisfasern finden. Etwas weiter nach vorn, etwa in der Gegend der Afterflosse, treffen wir schon entwickeltere Verhältnisse; die Epidermis ist dicker geworden und die Cutis hat mehr Lamellen angesetzt, auch finden sich schon. ° in der Seitenlinie Sinnesorgane oder deren Anlagen. Von dem Flossenapparat, dessen Entwicklung ich zuerst besprechen will, finden sich bei diesem Stadium die Flossenträger als knorpelige Anlage; von den Strahlen sind nur erst Zell- anhäufungen zu sehen, innerhalb deren in einem etwas späteren Stadium dann die Flossenstrahlen durch allmähliche Abscheidung von Hartsubstanz entstehen (Fig. 57). Während diese im weiteren Entwicklungsverlauf in der gewöhnlichen Weise an Wachstum zu- nehmen, beginnt die Genese der die Flosse rechts und links flan- kierenden Knochenplatten, und zwar finden sich ihre Anlagen als Zellanhäufungen immer zwischen je zwei Flossenstrahlen, zunächst noch ohne jeden Zusammenhang mit ihren Trägern. Dann findet man auf Schnitten, die den Mittelpunkt einer jungen derartigen Anlage treffen, Bindegewebsstränge, die sich an den verbreiterten Köpfen der Flossenträger ansetzen, und während die Epidermis, um Platz zu schaffen, sich ausbuchtet (Fig. 57) tritt allmähliche Ver- knöcherung der Bindegewebsstränge ein. Hat diese eine gewisse Stärke erreicht, so treten die so entstandenen Hautknochen mit den Flossenträgern in Verbindung; diese verknöchern dann nach und nach auch und bilden mit den Hautknochenplatten rechts und links eine Einheit, bei der man schließlich nicht mehr erkennen kann, welche Teile primäre und welche sekundäre Knochen sind. Die Fig. 61 zeigt einen derartigen Flossenträger mit einer seiner beiden seitlichen Platten von Zrigla lineata (die vordere linke Seite ist abgeschnitten); die anderen Species weisen ungefähr dasselbe Bild auf. Die Oberfläche der Platten, die in ihrer Struktur ganz den beschriebenen Hautknochenbildungen der Gasterosteiden gleichen, kann mit den verschiedenartigsten Höckern, Warzen und Zähnchen bedeckt sein oder auch nur einen einzigen größeren Dorn auf- weisen, wie bereits erwähnt worden ist. Zu bemerken ist noch, daß die seitlichen Platten sich über- einander schieben und zwar die vorderen über die hinteren und 490 WILHELM GOETSCH, daß sie sich durch Gewebsbänder fest miteinander verbinden; die Flossenstrahlen, die ihren Platz immer zwischen je zwei dieser Platten haben, bekommen so eine feste Gelenkfläche. Die Schilder der Seitenlinie nehmen ihren Anfang bei Tieren von ca. 22 cm Länge, und, wie überall bei derartigen Knochen- bildungen, ist auch hier das Zeichen der beginnenden Entwicklung eine flache Zellanhäufung. Die vorderen Teile des Rumpfes eilen denen der Schwanzregion bedeutend voraus, so daß man sukzessiv von hinten nach vorn die verschiedensten Stadien antreffen kann. Da die Hautknochenplatten stets nur im Anschluß an die Sinnes- organe der Seitenlinie entstehen und diese schon sehr früh angelegt wird, ist es schwer, einen genauen Termin für den Entwicklungs- beginn anzugeben, zumal da hier manchmal eigentümliche Verände- rungen in der Epidermis — Zellvergrößerungen und Verdickungen — der eigentlichen Knochenentwicklung vorangehen, die den aller- ersten Vorgängen bei der Entstehung der Syngnathidenschilder manchmal ähneln, ohne daß es jedoch zu einer Abspaltung käme oder zu sonst einer Erscheinung, durch welche diese Epidermisver- änderungen wirklich sich mit der Hautknochenbildung verknüpfen ließen. Übereinstimmend mit Syngnathus ist ferner die Bildung einer »Grenzzone“; d. h. Epidermis und Cutis ist auf den Präparaten ge- trennt durch einen zellfreien Streifen, dessen Entstehung sich aber auch hier durch das Abheben der Epidermis von der Unterhaut infolge der Fixierung erklären läßt. An den Stellen der späteren Hautossifikationen reicht die Cutis unmittelbar an die Epidermis heran, da ja hier stets Sinnesorgane vorhanden oder doch in der Entwicklung begriffen sind, die vielleicht auch die Ursache der Epi- -dermisveranderungen sind. Während dieser Vorgänge in der Oberhaut sind unterhalb der Sinnesorgane Zellen zu einer napf- oder schüsselförmigen Bildung zusammengetreten; diese lassen zwischen sich eine dünne Knochen- platte entstehen, welche das Seitenorgan von unten her umgreift (Fig. 57, Taf. 22). Auf dieser entstehen danach oberhalb und unter- halb der Seitenlinie spitze, zahnartige Erhebungen, die, wie die Figg. 58 u. 59, Taf. 22 zeigen, nicht unmittelbar an den Endpunkten der unterhalb des Sinnesorgans liegenden Platte, sondern an der inneren Fläche, etwas von den Endpunkten abgerückt, emporsteigen. Diese zahnartigen Erhebungen vergrößern sich mehr und mehr und drängen die Epidermis zurück. Sie neigen sich nach und nach mit ihren Spitzen immer mehr einander zu (Fig. 59) und verschmelzen Hautknochenbildungen bei Fischen. 491 schließlich, nunmehr das Seitenorgan auch von oben her umgreifend. Die weitere Ausbildung ist bei den einzelnen Arten sehr ver- schieden, so sehr, daß die Endprodukte manchmal einander kaum gleichen. Trigla hirundo z. B. besitzt über jedem Seitenorgan eine große, konische Erhebung; bei Trigla pleuracanthica (GÜNTHER) finden sich mehrere kleine Zähnchen, ebenso bei 7. lineata; bei T. aspera nur ganz geringe höckerige Erhebungen; bei Trigla sp. fehlen auch diese den Seitenschildern, so daß nur eine beinahe glatte Röhre die Seitenlinie schützt, wie Fig. 60 zeigt. Auf dieser Abbildung be- merken wir neben der hinteren und vorderen Öffnung der Röhre, welche die Seitenlinie umschließt, noch ein nach hinten gerichtetes Loch mit kurzem Ansatzstück: es ist dies eine Verzweigung der Seitenlinie, die noch eine Strecke weit von der Knochenmasse um- hüllt wird. Derartige Eintrittsstellen für die Nerveu sind auch bei anderen Trigla-Arten anzutreffen; Trigla aspera und lineata (Fig. 60b u. 60a) haben oberhalb und unterhalb der Linie solche Öffnungen. Während aber bei Z. aspera der Knochen sich nur ein Stück weit hinzieht, bilden sich bei 7. lineata lange Röhren, die sich sogar in einzelne Glieder zerlegen (Fig. 60a, Taf. 22). Wir finden also eine große Veränderlichkeit an den Schildern der Seitenlinie. Stets aber lassen sie sich auf die Grundform zurückführen, die wir in der Entwicklungsgeschichte antrafen: eine leicht gewölbte Platte, an deren Innenseite sich zahnartige Er- hebungen finden. Diese umgreifen dann die Seitenlinie, und breiten sich über ihr aus, immer ein Loch für die Ausmündung des Seiten- kanals freilassend. Weiterhin modifizieren sie sich dann in der ver- schiedensten Weise, sich ganz der Seitenlinie anpassend, deren Schutz sie dienen. | Die einzelnen Arten der Gattung Cottus selbst besitzen im Gegensatz zu den eben beschriebenen Formen eine beinahe nackte Haut. Es fehlen auch die sekundären schildförmigen Teile der Flossen, die wir an der Basis der Strahlen von den Trigla- Arten antrafen; da die Rückenflosse bedeutend kleiner und schwächer ist, bedarf sie auch nicht einer stärkeren Stütze. In ihrer Zu- sammensetzung stimmen jedoch die Flossen der beiden Gruppen überein; so hat auch hier die Rückenflosse zwei Teile, einen Stachel- und einen Strahlenteil, die aber unmittelbar ohne Zwischenraum aufeinander folgen. Der vordere Abschnitt besitzt 8—10 harte Stacheln, im hinteren finden sich 12—16 weiche Strahlen. Über die Entwicklungsgeschichte der Flossenstrahlen von Cottus ist im Zool. Jahrb. 42. Abt. f. Anat. 33 492 WILHELM GOETSCH, allgemeinen Teil schon das nötigste gesagt; sie geht in der ge- wöhnlichen Weise vor sich. In der Seitenlinie finden wir auch hier eine Schilderreihe. Dieselbe besteht äußerlich betrachtet bei Cottus aus 24—26 ver- hältnismäßig großen Hautknochen. Sie sind vorn am größten und erreichen hier eine Breite von ‘/,—*/, em. Nach hinten werden sie allmählich kleiner, am Schwanz, bis zu dem die Schilderreihe reicht, sind sie ganz klein und unbedeutend. Ihr Bau ist der gleiche wie der der Seitenschilder von Agonus, länglich oval mit kielartig im die Länge gezogenem Kulminationspunkt, der nach hinten zu im einem stumpfen Fortsatz ausläuft. In geringem Maße ist diese Schildreihe bei Cottus scorpius aus- gebildet, die Hautknochen sind hier viel geringer als bei eben be- schriebener Art. Sie ähneln den kleinen gekielten Schildern von Dactylopterus; und umgreifen nach Coun auch die Seitenlinie nicht, sondern „liegen der Seitenlinie nur auf, sie von oben deckend“, so daß die Ausmündung der Sinnesorgane durch ein Loch in der Cycloidschuppe erfolgt. Die Süßwasserform Cottus gobio läßt äußerlich überhaupt keine. Verknöcherungen der Seitenlinie erkennen. Auf Schnitten dagegen finden wir auch hier unterhalb der Seitenlinie eine Verknöcherung, welche die Sinnesorgane von unten umgreift (Fig. 62 u. 63), also dieselbe Ausbildung zeigt, wie die jungen Stadien der Trigliden.. Wir finden also sogar innerhalb einer Gattung die größte Variabilität dieser Hautknochen, so daß ihre Morphologie zu systematischen. Zwecken nicht verwandt werden kann. Über die Ontogenese der Seitenschilder von Cottus sind nähere Angaben noch nicht gemacht worden. Das mir zur Verfiigung stehende Material einiger mariner Cottus-Embryonen erwies sich leider nicht geeignet für eine Be- obachtung der Schuppenentwicklung, da die Exemplare alle zu klein waren. Das Integument eines jungen ca. 10 mm großen Tieres- zeigt folgende Verhältnisse: Die Epidermis ist sehr dünn, sie besteht nur aus ganz wenig- Zellenreihen, zwischen deren einzelnen Elementen große Schleim- zellen in Menge sich vorfinden, wodurch die ganze Epidermis ein. lockeres schaumiges Aussehen erhält. Die einzelnen Zellen sind langgestreckt, nach außen häufig mit unregelmäßigen Fortsätzen und Zipfeln versehen. Die äußere Grenze ist daher keine glatte, sondern eine unregelmäßige Linie mit Ausläufern und Einbuchtungen,. wie es im 1. Abschnitt Fig. 6 zeigt (Zool. Jahrb. Vol. 42, 1920). Un- Hautknochenbildungen bei Fischen. 493 mittelbar unter der Epidermis, hier ohne deutliche Grenzmembran, ziehen sich die ersten, noch zu kompaktem Strang vereinigten Cutis- lamellen hin, die den unregelmäßigen Umrissen der unteren Epi- dermiszellen folgen und sie auf diese Weise zu umfließen scheinen, so daß die Epidermiszellen an der Entstehung des Cutis beteiligt zu sein scheinen; eine Besprechung derartiger täuschender Vorgänge habe ich ja früher bei Ama schon vorgenommen, so daß ich hier. nicht darauf zurückzukommen brauche. Beim Wachstum des Tieres wird dann wie üblich die gesamte Haut dicker, es erscheinen weitere Epidermisreihen und der erste Cutisstrang zerfällt in die einzelnen Lamellen. Irgendwelche Vor- gänge, die mit Bestimmtheit auf beginnende Schuppen- und Schilder- entwicklung hinweisen konnten, habe ich auch bei den größten mir zur Verfügung stehenden Exemplar nicht finden können; weder waren Abspaltungen in der Epidermis in der Art wie bei den Syngnathiden, noch das Auftreten eines rudimentären Schmelzorganes in Gestalt einer besonders differenzierten basalen Epidermiszellreihe wie bei der Entwicklung von Cycloidschuppen, noch auch Anfänge eines wirklichen unzweifelhaften, durch Zusammentreten von Cutis- zellen sich bildenden Schuppenkeims anzutreffen. Die einzige Be- obachtung, die auf beginnende Schildentwicklung hinweisen könnte, war, daß neben einem Sinnesorgan etwa in der Höhe der Dornfort- sätze Epidermis und Cutis etwas auseinander wich, die obersten Cutislamellen stark gelockert waren und in dem entstandenen freien Raum einige wenige Zellen anzutreffen waren. Wie erinner- lich, war auch sonst überall ein derartiges Auseinanderweichen der beiden Hautschichten das erste Anzeichen beginnender Schilderent- wicklung. Da die Stelle ungefähr dieselbe ist, an der später die Seitenschilder liegen, ist anzunehmen, daß wir es hier wirklich mit dem allerersten Anfang eines Schuppenkeims zu tun haben und demgemäß die Entwicklung der Seitenschilder von Cottus in der- selben Weise wie bisher von einem cutanen Zellenhaufen aus ihre Entstehung nehmen. Zu erwähnen ist noch, daß bei einigen Cottiden, welche größere Ctenoidschuppen besitzen, die Verknöcherungen der Seitenlinie sich mit den eigentlichen Schuppen verbinden; so daß z. B. Platycephalus cirrhonasus, von dem ein solches Verwachsungsprodukt in GÜNTHER’S Handbuch der Ichthyologie gezeichnet ist. 33* 494 WILHELM GOETSCH, 9. Scombriformes. Eine ähnliche Variabilität wie bei den Cottidae findet sich auch bei den Hautknochenbildungen der Scombriformes, einer Gruppe von Fischen, zu denen außer den eigentlichen Scombriden auch die Carangiden, Zeus und andere Formen gerechnet werden. Caranx dentex besitzt nur am hinteren Teil der Seitenlinie häufig gedornte Schilder, bei Caranx (Trachurus) trachurus dagegen, den ich genauer untersuchte, finden wir außer einer aus kleinen, dünnen und sich leicht ablösenden Cycloidschuppen gebildeten Körperbedeckung an der ganzen Seitenlinie entlang eine Reihe von Knochenschildern mit je 1 Dorn am Hinterende. Diese Schilderreihe beginnt vorn direkt hinter dem Kopf in der Höhe des oberen Augenrandes und zieht sich zunächst parallel der Rückenlinie bis zum Beginn des Schwanzes (After); an dieser Stelle bekommt sie einen Knick nach unten, geht eine Weile schräg abwärts und läuft dann wiederum parallel mit dem Rücken bis an das Schwanzende. Auf jeder Seite des Tieres konnte ich 65—70 einzelne Schilder zählen, ihre Größe ist an den einzelnen Körperstellen nur wenig verschieden, und zwar sind die Schilder vorn am Kopf am längsten, aber auch am schwächsten, nach hinten zu werden sie ganz allmählich kürzer und breiter, ihr Stachel kräftiger und spitzer, so daß das Schwanzende dadurch seit- wärts gekielt erscheint, wie das von Gasteorosteus spinachia. Die mittlere Größe betrug 5—7 mm bei den mir vorliegenden 8—10 cm großen Tieren; es waren also verhältnismäßig kleine Stücke, da die. Länge des erwachsenen Tieres 30—50 cm betragen kann. Über die Form der einzelnen Platte gibt Fig. 66, Taf. 22 am besten Aufschluß. In ihrem äußeren Umriß ähneln sie ungefähr den Schildern der Gasterosteiden. Es sind lange, schmale Knochenplatten mit Ausläufern nach oben und unten sowie einem in der Mitte be- findlichen, nach hinten zu gerichteten spitzen Ende, das die nächste Platte überragt und mit einem Dorn endigt. Hiermit ist aber auch die Ähnlichkeit erschöpft. Im Gegensatz zu den bisher beschriebenen Hautossificationen sind die Schilder von Caranx ganz einfach und glatt, ohne ein Oberflächen-Relief zu zeigen oder ein Kanalsystem wie die übrigen. Nur auf dem nach oben und unten hin laufenden Flügel sehen wir eine Versteifung durch eine Mittelrippe, und der Dorn trägt ebenfalls eine Verstärkung. Die übrigen Teile haben die dünne, durchsichtige, biegsame Beschaffenheit der gewöhnlichen Schuppen. : Hautknochenbildungen bei Fischen. 495 Der Hauptteil der Knochenplatte wird durch einen festen Ring gebildet, der allseitig geschlossen ist. Fig. 66, in der eine Platte von unten gesehen abgebildet ist, zeigt diese Verhältnisse genauer. Wir sehen, daß der innere Abschnitt, d. h. die dem Tier anliegenden Teile des Ringes, etwas nach vorn zu verschoben ist; der äußere in den spitzen Dorn auslaufende Abschnitt der vorhergehenden Platte deckt dann immer die nächstfolgende, so daß die Ringe der einzelnen eng an- liegenden Platten, die sich von vorn nach hinten zu auch mit ihren unteren und oberen ausladenden Teilen bedecken, in ihrer Gesamt- ° heit einen kontinuierlichen Kanal bilden, in dem die Seitenlinie ver- läuft. Die ringförmige Öffnung der Schilder war so groß, daß man mit einer Nadel hindurch fahren konnte. Die Seitenschilder von Caranx sind wie die der Cottiden und anderer Formen als Stütze der Seitenlinie anzusehen, und zwar nicht nur die im Zentrum befindlichen Ringe, sondern auch die übrigen Teile. Man beobachtet nämlich bei der Seitenlinie von Caranx die Bildung von verzweigten Seitenästen; ihnen passen sich die nach oben und unten ausladenden Flügel der Platten an, so daß also ganz offensichtlich die ganze Reihe der Hautossificationen lediglich zum Schutz des hier außergewöhnlich ausgedehnten Seitenorgans, mithin als Skelet von Sinnesorganen dient. Die eigentlichen Scombriden habe ich nicht untersucht, dagegen hat Coun einige Formen beschrieben und abgebildet (in: Anat. Anz., Vol. 30). Nach ihm besitzt Icosteus enigmaticus in der Seitenlinie „Schilder von Sattelform“; die Einsattelung stellt sich in die Längs- richtung der Seitenlinie, so daß die emporgewölbten Ränder der Schuppen eine unterbrochene Rinne bilden, in welcher der eigentliche Seitenliniengang verläuft. Er unterscheidet 2 Arten von Schuppen; stacheltragende und stachellose, die im übrigen gleichartig geformt sind, nur daß die stacheltragenden etwas größere Dimensionen und einen derber gebauten Körper haben. Dieser Unterschied hat nach meiner Meinung keine besondere Bedeutung, und Conn gibt selbst auch an, daß die verschiedenen Formen ganz durcheinander ohne bestimmte Wechselseitigkeit in der Anordnung vorkommen. Ein Schnitt durch die Seitenlinie zeigt, daß im Prinzip dieselben Verhältnisse vorliegen wie bei den Trigliden: wir haben eine Platte, welche die Seitenlinie umgreift, und von der inneren Fläche derselben stachelartige Erhebungen aufsteigen, die sich hier aber nicht über ihr vereinigen, sondern als freie Spitzen endigen. Die Zahl 496 WILHELM GOETSCH, der Stacheln, die auch auf Flächenbildern sichtbar sind, ist ver- schieden. Ganz ähnlich sind die Seitenschuppen eines jungen, 2,5 cm langen Naucrates ductor. Wir haben dort „im Prinzip das gleiche Bild der betreffenden Schuppe wie bei Jcost. enigmaticus, nur ist die Platte flacher und nicht so sattelförmig gebogen und die Stacheln erreichen die Hautoberfläche nicht“. Coryphaena hippurus von derselben Größe wie Naucrates verhält sich ähnlich; „die Seitenlinie wird von unten her von einer Schuppen- platte umfaßt, doch erheben sich hier von deren Innenfläche über- haupt keine Stacheln, sondern die umgebogenen Ränder greifen selbst um den Seitenlinienkanal herum“. Bei Thynnus pelamys, dessen übrige Haut schuppenlos ist, kommen in der Seitenlinie dreierlei Schuppen vor: erstens die eigentlichen Stützschuppen derselben, zweitens eine Reihe von Schuppen, die direkt über der Seitenlinie lagert, und drittens je eine Schuppenreihe auf jeder Seite der Linie. Die eigentlichen Stützschuppen bilden dabei einen vollgeschlossenen Kanal, in welchem die Seitenlinie verläuft. Die Betrachtung der Seitenschilder der Cottidae und Scombri- formes führt zu der Auffassung, daß diese Hautknochen überall die Bedeutung haben, die Seitenlinie zu schützen; sie treten nur in Ver- bindung mit ihr auf und passen sich ihrer besonderen Ausbildung an, auch ihre Verzweigungen deckend wie bei Caranx oder um- hüllend wie bei Zrigla lineata. Da sie keine besondere morpho- logische Selbständigkeit besitzen, und sie eben nur die Bedeutung des Schutzes haben, der auf mancherlei Weise bewerkstelligt werden kann, finden wir diese verschiedensten Variationen in ihrer Aus- bildung. Mit den zur Körperbedeckung dienenden Schilder und Schuppen sind diese Ossificationen nicht so ohne weiteres gleichzusetzen, da ja außer ihnen bei den verschiedensten Formen wirkliche Schuppen und Schilder vorkommen. Vielmehr sind sie wohl als eine Knochen- bildung aufzufassen, die von den Selachiern vererbt ist; denn auch bei diesen kommt schon ein gewisses Skelet dieser Sinnesorgane vor in Gestalt einer knorpeligen Umhüllung der Seitenlinie. Darauf weist auch die Entwicklungsgeschichte bei Zrigla hin, wo zuerst in der Tiefe im Anschluß an ein Sinnesorgan nur eine Stütze in Gestalt einer schüsselförmigen unteren Umhüllung entsteht — eine Bildung, die ja bei Cottus gobio u. a. keine Veränderungen mehr erleidet, sondern dauernd bestehen bleibt. — Erst bei einem Hautknochenbildungen bei Fischen. 497 2. Stadium bilden sich die seitlichen Teile, die Zacken und zahn- artigen Fortsätze, die bei einem weiteren Stadium sich über dem Seitenliniengang vereinigen und ihn abschließen; diese Phase bleibt bei manchen Formen dauernd erhalten, so bei der Zrigla-Art, deren Schilder in Fig. 60 c gezeichnet sind. Bei anderen dagegen bilden sich zuletzt außen noch allerlei Erhebungen, Warzen, Höcker oder Zähne, deren sekundäre Natur hier so klar zutage liegt, dab sie trotz ihrer. äußerlichen Ähnlichkeit den Placoidorganen unbedingt ebensowenig gleichzusetzen sind wie andere derartige nachträgliche Bildungen. Die einzelnen Entwicklungsstufen, die wir bei der Genese der Seitenschilder von Trigla antrafen, bleiben, wie erwähnt, bei manchen Formen der beiden Gruppen dauernd erhalten. Die primitivste Form der Seitenschilder bleibt bestehen bei Coryphaena, wo einfachste schüsselförmige Gebilde die Sinnesorgane von unten her umgeben. Bei Cottus gobio ist durch das Herumbiegen der Außenränder, die dadurch nun auch seitlich eine Stütze und einen Schutz ge- währen, schon ein Fortschritt zu verzeichnen, der bei Naucrates auf etwas andere Weise erreicht wird, indem dort nicht die Ränder der unterhalb von den Sinnesorganen liegenden Schilder herumgebogen sind, sondern an ihrer Innenfläche sich zackenartige oder zahnartige Vorsprünge ansetzen: ein Stadium, das dem in Fig. 59 abgebildeten entspricht. Dasselbe finden wir bei Icosteus, wo die Zähne und Zacken nur noch größer sind und die Haut durchbrechen, ohne daß sie sich jedoch über der Seitenlinie vereinigen. Bei Thynnus endlich ist die letzte Phase erreicht, wie wir sie auch bei den verschiedenen Arten von Trigla finden; es vereinigen sich die seitlichen Zacken oberhalb des Seitenkanals und schließen ihn damit gänzlich ab, nur besondere Austrittsöffnungen übrig lassend. Kompliziert wird das Verständnis dieser Teile noch dadurch, daß die Stützknochen der Seitenlinie da, wo außerdem noch ein Schuppenkleid oder eine andersartige Körperbedeckung durch Schilder und Knochenplatten vorhanden sind, mit diesen in Ver- bindung treten. Am einfachsten liegen die Verhältnisse bei Thynnus pelamys; dort tritt, wie Conn beschreibt und abbildet, über den durch eine Knochenröhre geschützten Seitenliniengang eine Reihe einfacher Körperschuppen und der Kanal ist außerdem noch auf beiden Seiten durch eine Reihe weiterer Schuppen flankiert. Auber diesen 3 Reihen ist Thynnus schuppenlos, so daß nur in Verbindung mit der Seiten- linie die Schuppen zurückgeblieben sind. Während es bei Zhynnus nur zu einem Nebeneinanderlagern 498 WILHELM GoETSCH, , der Seitenkanalstiitzen und der Körperschuppen kommt, gehen bei manchen Formen die beiden Teile eine wirkliche Verschmelzung ein, so bei Agonus, wo Knochenplatte, oder bei Platycephalus, wo eine Cycloidschuppe unter den Knochen der Seitenlinie verschmilzt, und zwar so, dab die Schuppe bzw. Knochenplatte an die Stelle des unteren, zuerst entstandenen schüsselförmigen Teil tritt und ihn ersetzt. Je ausgedehnter die gesamte Körperbedeckung mit Schildern und Schuppen ist, und je besser sie sich zum Schutz der Seitenlinie eignen, desto mehr tritt die ursprüngliche Stütz- und Schutzumhüllung der Seitenlinie zurück; es geht dies soweit, daß die Skeletbildung der Seitenlinie nur als Rudiment zu erkennen ist oder ganz fehlt und durch die Körperschuppen ersetzt wird. Obwohl sich dies aller- dings bei den Cottidae und Scombriden nicht feststellen läßt, sondern nur an anderen Gruppen, will ich es doch hier mit erledigen. So fehlt an den meisten Teleosteern mit Cycloid- und Ctenoid- schuppen ein besonderes Skelet der Seitenlinie. Es übernehmen dort die Schuppen den Schutz und bei vielen sind sie dieser Funktion einfach dadurch angepaßt, daß die über der Seitenlinie liegende Schuppenreihe durchbohrt ist, um Austrittsöffnungen zu schaffen, wie dies z. B. bei den Cypriniden allgemein bekannt ist. Hierbei ist noch zu erwähnen, daß bei einer eintretenden Rückbildung der Schuppen, wie sie bei manchen Karpfenrassen ja stattfindet (Spiegel- karpfen), die über den Seitenlinien liegenden Schuppen stets am längsten erhalten bleiben. Ehe ich die Gruppe der Scombriformes verlasse, möchte ich noch eine Form erwähnen, die zwar keine Besonderheiten der Seiten- linie besitzt, dagegen sich durch basale Knochenteile an den Flossen auszeichnet. Es ist dies Zeus faber. Bei ihm sind in der Seitenlinie die Schuppen etwas größer als die übrigen und besitzen eine platten- förmige Gestalt. Der 1. Teil der Rückenflosse besitzt 10—11 starke lange Stacheln, der 2., vom 1. getrennte 22 weiche. An der Basis dieser 1. Hälfte finden sich bei erwachsenen Tieren jederseits Knochen- platten, aber weniger als Flossenstrahlen vorhanden sind, nur ca. 7 auf jeder Seite; ihre Zahl kann rechts und links verschieden sein. An den einzelnen Platten unterscheidet man eine breite, flache Basis, von deren Mitte sich größere Dornen erheben, und zwar immer je 2, von denen der der Flosse zunächstliegende einen nach hinten ge- richteten Stachel darstellt, ähnlich wie die bei den Trigliden be- schriebenen, während der andere, neben ihr liegende senkrecht nach außen steht. An der Basis der harten, langen vorderen Stachel- Hautknochenbildungen bei Fischen. 499% strahlen, die sich oben spalten und lange Anhänge tragen, fehlen derartige gesonderte Knochenteile. Dagegen tragen die Stacheln selbst, die unten sehr breit sind, etwas oberhalb ihrer Basis dorn- artige Auswüchse, die denen der Knochenplatte zu Seiten der hinteren Rückenflosse sehr ähnlich sind, und meiner Meinung nach auch ihnen. gleichgesetzt werden müssen. Abgesehen von ihrer äußerlichen Ähnlichkeit spricht noch für diese Ansicht, daß bei jüngeren Tieren von ca. 10cm Länge diese dornartigen Auswiichse noch unmittelbar an der Basis der Flossenstrahlen sich befinden und erst später nach oben rücken. An der ebenfalls aus 2 Teilen bestehenden Afterflosse finden. sich ähnliche Gebilde, und zwar gleichen die, welche am weichen. Teil vorhanden sind, den entsprechenden der Riickenflosse. Wir können hier meist deren 8 beobachten. An den vorderen 4 harten Stacheln liegen dieselben Verhältnisse vor wie bei denen des Rückens. Von der Afterflosse bis zur Bauchflosse zieht sich ebenfalls jederseits der Medianlinie eine Reihe derartiger Verknöcherungen hin, die aber nur einen nach hinten zu gerichteten Dorn tragen; diese Reihe setzt sich auch bis über die Bauchflosse hinaus fort und reicht bis zum Kopf. Das Vorhandensein der bestachelten Platte an der Basis ist auch hier daraus zu erklären, dab die größeren unpaaren Flossen, die von dem Tier meist aufgerichtet getragen werden, einer besonderen Stütze bedürfen. Dem scheint allerdings entgegenzustehen, dab gerade die ersten größten Stacheln an ihren Basen keine derartigen Platten besitzen, sondern daß diese vielmehr mit den Stacheln verschmelzen und so ihrer Bestimmung entzogen werden. Es kommt dies aber daher, daß die ersten großen Stacheln, die einer Stütze bei ihrer Aufrichtung am meisten bedürfen, diese Stütze dadurch gewinnen, daß sie nicht wie bei Gasterosteus z.B. an den sekundären Knochen- teilen gelenken, sondern an den wirklichen Flossenträgern, und sich dort durch besondere Einrichtung feststellen können. Diese Vorrichtung zum Aufrechtstellen der Flossen hat TsıLo genau beschrieben. Nach ihm zeigen die vorderen Strahlen bei Zeus faber eine Neigung nach vorn, die das Aufrechterhalten der Flosse erleichtern; außerdem sind die Stachelstrahlen mit ihren Gelenkteilen sehr nahe aneinander- liegend, wodurch die Stacheln gleichfalls leichter festgestellt werden können. Endlich ist noch an der Basis eines jeden Stachelstrahls ein nach unten gerichteter Fortsatz vorhanden, der in eine Grube des folgenden Strahls eingreift, wenn die sehr großen Flossenstacheln aufgerichtet werden. Die basalen Teile-an den ersten Stacheln der- 500 WILHELM GOETSCH, Riickenflossen haben durch diese besondere Vorrichtung ihre Be- deutung verloren. Am hinteren Teil der Rückenflosse jedoch, be- sonders aber an den Afterflossen, wo eine solche Vorrichtung zum Einschnappen fehlt, wird durch {das Ineinandergreifen der basalen Knochenteile eine sehr feste Leiste hergestellt, die sich bis zum Kopf- skelet fortsetzt und so das Aufrechtstellen der Flosse erleichtert. V. Teil (Taf. 23, Fig. 57—72). 10. Cyclopterus. Über Morphologie und Entwicklungsgeschichte der Haut und ihrer Verknöcherungen von Cyclopterus lumpus hat neben HERTWIG besonders Hase eine als Monographie abgefaßte Arbeit veröffentlicht, die alle Einzelheiten der Bepanzerung behandelt. Die Hauptresultate sind folgendermaßen kurz zusammenzufassen. Das Sehuppenkleid von Cyclopterus zeigt je nach dem Alter des Tieres eine verschiedene Ausbildung. Auch beim erwachsenen Tier ist die Verteilung der Stacheln in der Haut sehr ungleich, da stark und schwach mit Hautdornen bestandene Regionen abwechseln. Eine gegenseitige Bedeckung der Stacheln findet niemals statt, selbst nicht an den Stellen, an denen sie eng stehen. Die einzelnen Haut- ossificationen sind kegelförmige Knochenhöcker, wie schon HERTWIG feststellte, und entstehen aus mesodermalen Elementen, „Sclero- blasten“, die hier die typische Odontoblastenform bewahren und sich dadurch von denen der übrigen Teleosteer unterscheiden. Die von ihnen gebildete Hartsubstanz hat auch ganz Dentincharakter, so dab die ganze Ossification, da Schmelz und Basalplatte fehlen, einen mit Pulpe versehenen Dentinkegel bildet, der dem Zahnbeinteil eines Placoidorgans gleichzusetzen ist. Dnrch die Befestigung in der Haut, die ständige Bildung von Neuanlagen, das Übergreifen der Be- panzerung auch auf den Kopf und die Flossen, ferner dadurch, das der Zahn die Epidermis durchbricht und frei herausragt, entstehen Unterschiede gegenüber den normal beschuppten Teleosteern und solche Annäherungen an die Plagiostomen, so daß das Schuppen- kleid von Cyclopterus nach Hase dem der Selachier näher steht als dem der Teleosteer. Die größeren Hautossificationen sind entstanden als das Produkt von vielen kleinen Papillen, die zusammentreten und die großen Stacheln bilden, und zwar sind ebensoviel derartige Papillen am Hautknochenbildungen bei Fischen. | 501 Aufbau beteiligt, als der große Hautdorn kleine Stacheln aufweist; bei den größten dieser Ossificationen sind oft über 100 Papillen be- teiligt. Dadurch das Hase hier unzweifelhaft die Entstehung eines Hautknochens aus mehreren Anlagen nachweisen konnte, wird die Annahme Herrwi&s, der eine derartige Entstehung für größere Hautknochenplatten bei Fischen postulierte, gestützt und die Ein- wände von KLaartschH u. A. die sie bestreiten zu glauben mußten, werden hinfällig. Allerdings geht Herrwie zu weit, wenn er stets so viele Anlagen annahm, als Stacheln vorzufinden sind, und auch da wo die Stacheln fehlen, aus etwaigen Auswüchsen, Höcken und dgl. rudimentäre Stacheln rekonstruieren zu können meinte. Stacheln, Höcker und andere vorstehende Erhebungen auf Hautknochen können manchmal auf eine Concreszenz hindeuten, brauchen es aber nicht und sind, wie ich in den vorigen Abschnitten dieser Arbeit darlegte, meist anders zu deuten. Mit dem Flossenskelet in direkte Verbindung treten die Zähne von Cyclopterus nicht, wenigstens nicht in dem Maße, daß eine Ver- schmelzung mit den einzelnen Teilen vor sich ginge, wie wir es bei den Panzern der Siluroiden sehen werden, die sich den Knochen- ringen der Flossenstrahlen aufsetzen, als ob diese ihre Basalplatten wären. Vielmehr sind die einzelnen Teile der gegliederten Flossen- strahlen nach Hertwie glatt und unbestachelt. Nur an dem vorderen Ende der ersten Rückenflosse finden sich die Knochenkegel auch über den Flossenstrahlen, was ja aber nicht weiter zu verwundern ist, da die Rückenflosse von der Haut gänzlich überwachsen wird. Die nächsten Verwandten von Cyclopterus, die eine nackte Haut besitzen, wie z. B. Lepadogaster, zeichnen sich nach Herrwie durch ein reichlich mit Papillen ausgestattetes Corium aus. Die Höhlung dieser Papillen, d. h. die Stelle, die bei einer eintretenden Ver- knöcherung die Pulpa bilden würde, ist von einem lockeren, sub- epithelialen Bindegewebe ausgefüllt. Äußerlich ist von diesen Papillen nichts zu bemerken, da die Epidermis glatt darüber hingeht. 11. Die Siluroiden. Durch starke Ausbildung der Knochenplatten zeichnen sich die Panzerwelse aus, von denen Herrwic die Gattung Hypostoma und Callichthys untersuchte und genau beschrieb. Das Interessanteste an ihrem sekundären Knochenskelet ist. daß sich hier bleibende mit echtem Schmelz versehene Zähnchen an den verschiedenen Teilen 502 WILHELM GOETScH, des Hautpanzers, nämlich an den Schildern des Rumpfes sowie dem Platten des Kopfes und den Strahlen des sekundären Flossenskelets- finden. Alle diese Teile haben nach HErTwıG einen gemeinsamen Ursprung, indem sie phylogenetisch durch Verschmelzung von gleich- artigen, in den oberflächlichen Cutislamellen dicht beieinander stehen- den Zähnchen tragenden Knochenplättchen entstanden sind. Außer den zur Bestätigung der Herrwia’schen Angaben unter-- nommenen Beobachtungen an Callichthys und Hypostoma untersuchte: ich noch mehrere weitere Arten der Panzersiluroiden genauer, und zwar Vertreter aus der Familie der Loricariiden, die Gattungen Plecostomus und Chaetostomus, ferner verschiedene Species von Doras und endlich eine Anzahl Formen der echten Siluroiden ohne äußer- lich sichtbare Hautknochenbildungen, die mir Herr Prof. BRESSLAU von seiner in Brasilien 1914 gesammelten Ausbeute überließ, wofür ich ihm auch an dieser Stelle meinen Dank abstatten möchte. Die einfachsten und primitivsten Zustände wies ein 12 cm langes Exemplar einer nicht mehr genau bestimmbaren Species von Plecostomus auf, und zwar ist es speziell die Unterseite, welche die ursprüngliche Beschaffenheit der Hautknochenbildungen zeigt. Die gesamte Brust und Bauchregion zwischen Mundöffnung, Brustflossen und After be- sitzt nämlich keine größeren Schilder, sondern nur kleine Ossi- ficationen, die unregelmäßig in die Haut eingestreut sind. Die erößten dieser Knochenplättchen befinden sich am After, wo sie einen Durchmesser von 1 mm erreichen können. Bei einer Betrachtung unter dem Mikroskop stellen sich diese Gebilde dar als Ossificationen, die in der Hauptsache aus Knochen- ringen bestehen; und zwar sind diese Ringe bei den kleinsten in der Einzahl anzutreffen, bei den größeren in der Mehrzahl, ver- bunden durch eine dünne Knochenschicht. Zwischen den beiden Formen finden sich alle Übergänge, die beweisen, daß die größeren durch das Zusammentreten von benachbarten Einzelelementen ent- standen sind (Fig. 68, Taf. 23). Auf diesen Knochenringen sitzen nun bei unversehrten Stücken kleine, nach hinten gerichtete Zähn- chen auf, die sich durch das Vorhandensein einer Pulpa, eines echten, von Röhrchen durchzogenen Dentinmantels und einer Schmelzkappe als Placoidorgane dokumentieren. Die gesamte Unterseite zeigt so in schönster Ausbildung und mit allen Übergängen die von Hrrrwıs bei Hypostoma postulierte Entstehung von größeren Hautknochen durch Zusammentreten von vielen kleinen Elementen. Hautknochenbildungen bei Fischen. 503 Die Schilder des Rückens, des Schwanzes und der Seiten sind untereinander alle ziemlich gleich. Ihr Aufbau ist derselbe wie der aus der Brust und Bauchregion, nur sind ihrer Größe entsprechend, eine große Anzahl von Zähnen am Aufbau beteiligt, und die basalen Teile dicker geworden. Auch liegen die Schilder nicht lose neben- einander, sondern die vorderen schieben sich ein wenig über die hinteren. Sonst aber ist überall im Gegensatz zu den später zu er- | wähnenden Arten noch das primitive Verhalten der einfachsten Schildformen gewahrt, d. h. die Schilder des Rückens sowohl wie - der Seiten sind Knochenplatten, die auf ihrer gesamten Oberfläche Zähnchen tragen. Die Zähnchen sind alle unter sich gleich gebaut, meist auch alle von gleicher Größe; nur an den Seitenschildern unmittelbar hinter dem Kopf, die in Anpassung an die Körperform des Tieres nicht als gerade, sondern als gewölbte Platten ausgebildet sind, macht sich eine gewisse Differenzierung dadurch bemerkbar, dab die auf der Wölbung stehenden Zähne etwas größer sind als die übrigen. Die Körperbedeckung von Chaetostomus ist der eben beschriebenen Form sehr ähnlich. Wir finden ebenfalls rechts und links der Mittel- linie des Rückens und der Unterseite des Schwanzes je eine Reihe von Knochenplatten, zwischen denen sich an den Seiten ebenfalls mehrere Reihen von Seitenschildern, hier in der Regel drei, ein- schieben, die untereinander sowohl wie mit den Rücken-, und Bauch- schildern die gleiche Form und den gleichen Aufbau besitzen. Alle Schilder tragen überall auf ihrer Oberfläche größere nach hinten gerichtete Zähnchen, so daß die gesamte Rücken- Schwanz- und Seitenregion gleichmäßig von Stacheln bedeckt ist. Da aber die Schilder sich hier auf weitere Strecken übereinander schieben, ist bei einem isolierten Schild vorn ein größerer Teil ohne Zähne. Die Bauchregion ist im Unterschied zu der vorigen Gattung gänzlich nackt. Die einigermaßen gute Erhaltung der mir vom Straßburger In- stitut zur Verfügung gestellten Exemplare und das Vorhandensein einiger kleinerer, 5—7 cm langer Stücke gestatteten mir, einige gute Schnitte anzutertigen, die über die Verhältnisse der Haut näheren Aufschluß geben konnten. Die Epidermis ist dicht und wird von sehr vielen Zellen ge- bildet, deren Zellkerne eng nebeneinander liegen, wie Fig. 67, Taf. 23 zeigt. Darunter beginnt die Cutis, und zwar finden sich unmittelbar 504 WILHELM Gorrscn, unter der Epidermis große Pigmentbrocken in einer Reihe angeordnet; dann folgt lockeres Gewebe, in dem eingebettet die Schilder liegen, an ihrer Unterseite von den eigentlichen Cutislamellen begrenzt. Die Zusammensetzung der Schilder ist ganz so wie Hrrrwıqc bei Hypostoma beschrieben hat. Es sind Platten von homogener Knochen- substanz, in der größere Hohlräume und Kanäle zu finden sind. Über das Niveau der eigentlichen Platten erheben sich die Ringe, welche die Zähnchen tragen, und diese sind in derselben Art wie bei Hypostoma mit ihnen so verbunden, daß eine zapfenartige Ver- längerung an der Basis eines jeden Zahnes in die Aushöhlung des Knochenrings hinein paßt (Fig. 67 links). Die Verbindung der Zähne mit dem Ring ist keine feste, sie geschieht vielmehr nur durch binde- sewebige Bänder, so daß die Zähne eine gewisse Beweglichkeit behalten. Die Entwicklung der Zähnchen wird in der Weise eingeleitet, daß ein Zapfen der Epidermis in die obere Cutisschicht herabwächst (Fig. 67 rechts), wodurch häufig ganz dieselben Bilder entstehen wie bei der Abspaltung des Epidermiskomplexes während der Ent- wicklung der Syngnathidenschilder. Nur kommt es hier zu einer wirklichen Abscheidung einer Schmelzkappe durch die Epidermis, an deren Innenseite durch Zellen der Cutis Dentin gebildet wird. Es ist also die Ontogenese der Zähne die gleiche wie die der Placoid- organe, auch darin gleich, daß immerwährend Ersatzzähne gebildet werden. An die eben beschriebenen Formen schließen sich die von HERTWIG genau erörterten Verhältnisse von Hypostoma an, wo die primitiven Stadien schon etwas abgeändert sind. Der Körper ist bis auf wenige Stellen von einem aus großen Hautknochenplatten bestehenden Panzer bedeckt, dessen frei zutage tretende Teile echte kleine Zähne ent- halten. Die Platten sind in mehreren Längsreihen angeordnet, von denen wir von der Schwanzflosse bis zur Insertion der Bauchflossen 5 auf jeder Seite zählen; von hier an bis zum Kopf finden sich dann nur deren 4. In der Mittellinie des Rückens stoßen die oberen Reihen zusammen, soweit sie nicht durch die Rückenflossen getrennt werden, und verschmelzen vor und hinter den Flossen zu größeren medianen unpaaren Stücken. Ventral berühren sich die Teile nur in der Schwanzregion vom After bis zur Schwanzflosse ohne Ver- schmelzung. Während der Schwanzteil also aus geschlossenen Ringen besteht, ist vom After bis zum Maul der Panzer unvollständiger. Dort finden sich nur kleinere, unregelmäßige Plättchen, die mehr mosaikförmig zusammengefügt sind. Hautknochenbildungen bei Fischen. 503: Die einzelnen Schilder der anderen Kérperregionen sind mehr oder weniger rhombisch und decken sich dachziegelartig; durch Haut- falten gewinnen sie grobe Verschiebbarkeit. Die kleinsten Plättchen, mit denen wir auch hier beginnen wollen, liegen in der Gegend des Afters. Sie besitzen wie bei Plecostomus nur wenige glattumrandete Knochenringe, die als kleine- Sockel über die Oberfläche frei hervorragen. Mit dem Sockel ist immer ein kleiner Zahn beweglich verbunden; er besitzt die Gestalt eines langen, gekrümmten Kegels, dessen Spitze nach hinten ge- richtet ist. Das Integument, das Herrwıc ebenfalls genauer beschreibt, besteht aus dünner Epidermis und starker Cutis. Diese hat zwei Schichten, eine untere mit rechtwinklig gekreuzten horizontalen Bindegewebslamellen, die von. aufsteigenden Faserbündeln durch- zogen werden. Die obere Cutisschicht setzt sich aus lockeren .Ge- webslagen mit Blutgefäßen, Pigment usw. zusammen. Nur die Zähne überragen die Haut; das Dentin stößt nie an die Cutis, da die- Epithellage es bis zur Basis umkleidet. Die basalen Plättchen bestehen aus homogener Grundsubstanz mit zahlreichen, sternförmigen Knochenkörperchen. Knochensubstanz und die Bindegewebsbündel der Cutis gehen ineinander über, resp. dringen ineinander ein. In der Mitte der Plättchen sind Hohlräume. die Kanäle aussenden und so mit der Pulpa zusammenhängen. Bei den großen Schildern des Rückens und der Seite unter- scheiden wir deutlich eine vordere zahnlose Partie und einen be- deutend größeren hinteren Teil, der durch eine Crista in eine obere und untere Hälfte zerlegt wird. Die Zähne sind in Längsreihen auf dem Schild angeordnet, und besitzen verschiedene Größe; die größten sind auf der Crista, nach oben und unten zu werden sie kleiner. Als noch weiter wie Hypostoma spezialisierte Form erweist sich die Gattung Loricaria. Nur an der Brustregion fand ich noch kleinere Knochenplatten, die vollständig mit Zähnen bedeckt waren, in mosaikförmiger Anordnung; 'nach hinten zu verwandeln sie sich allmählich unter Beobachtung aller Übergangsformen in größere, sich gegenseitig stark überdeckende Platten, wodurch es sofort zu einem Gegensatz der freien, stacheltragenden Teile mit den überdeckten stachellosen kommt. An den Schildern der Seiten macht sich eine weitere Differenzierung dadurch bemerkbar, daß sich in der Mittel- linie eine Reihe besonders großer und kräftiger Zähne findet, wo- durch die Schilder eine firstartige Erhöhung erhalten. An den 7 N e 506 WILHELM GOETSCH, vorderen Körperteilen macht sich dieser Unterschied der Zähne noch weniger bemerkbar, da die auf den Plattenflächen stehenden kleineren Zähnchen noch sichtbarer sind als auf den Schildern der hinteren Regionen, wo sie immer mehr zurücktreten vor der Reihe der größeren auf dem Mittelfirst stehenden Zähne. Zuletzt sind sie nur noch mikroskopisch nachzuweisen, oder wenigstens die zu ihnen gehörenden Ringe, zeigen dann aber allerlei Merkmale von Rückbildung, wie ganz geringen Schmelzüberzug und dünnen Dentin- mantel, der durch mangelhafte Verknöcherung der Pulpa bedingt wird (Fig. 72, Taf. 23). Sie nähern sich dadurch den noch mehr rückgebildeten Zähnchen von Callichthys und unterscheiden sich- von allen bisher beschriebenen Arten, von denen sie noch durch die häufig auf besondere Weise gegabelte Spitze ausgezeichnet sind (Fig. 72, Taf. 23). Die Placoidzähnchen gehören also bei Loricaria nicht mehr zum integrierenden Bestandteil der Hautknochen, die dadurch den in früheren Abschnitten beschriebenen äußerlich sich nähern. Auch in der Anordnung der Platten ist eine Ähnlichkeit festzustellen. Wir finden, wie bei den dort beschriebenen, allseitig bepanzerten Formen rechts und links der Rückenlinie sowohl wie die Bauchlinie je eine Reihe Platten, zwischen der sich auf beiden Flanken je zwei Reihen von Seitenplatten einschieben. Diese Reihe der Seitenplatten, welche sich durch die dachartige Erhebung mit den größeren Zähnen auszeichnen, sind an den vorderen Körperregionen noch deutlich ge- trennt und bilden dort durch das Aneinanderschließen von First an First zwei leistenartige Erhebungen, die von Kopf bis etwa hinter die Bauchflossen getrennt verlaufen. Da von dieser Stelle an die Schwanzregion von oben und unten stark zusammengepreßt wird und ihre eigenartige, schmale Form bekommt, nähern sich die beiden Leisten einander. Die zwischen ihnen liegenden Platten- teile verkürzen sich, und am Ende des Schwanzes kommt es dann zu einer festen Vereinigung von den Schildern der oberen und unteren Seitenreihen. Trotz dieser Verschmelzung lassen sich die einzelnen Elemente noch bis zur Schwanzflosse gut erkennen, da die Mittelleisten, die mit den großen Zähnen versehen sind, sich nicht vereinigen, sondern bis zuletzt getrennt bleiben. Am weitesten von der ursprünglichen Schilderform der Silu- roiden hat sich die Hautbekleidung von Callichthys entfernt. Diese Form ist am ganzen Körper bedeckt mit zwei Schilderreihen, die vom Kopf bis zur Schwanzflosse reichen. Nur zwischen den oberen Hautknochenbildungen bei Fischen. ~ 507 Reihen liegen noch in der Mittellinie des Rückens kleine, unpaare Knochenschilder dachziegelartig übereinander, die vielleicht als ab- geänderte Flossenstrahlen oder wenigstens als ihre sekundären Ver- knöcherungen aufzufassen sind. Die einzelnen Seitenschilder besitzen einen konvexen Rand, mit dem sie die folgenden überdecken, sie zeichnen sich aus durch be- deutende Höhe und geringe Breite. Hinter dem After stoßen die unteren Schilderreihen zusammen. Zähnchen kommen nur noch vor am konvexen Schuppenrand. Verknöcherungen an der Bauchhaut fehlen bei manchen Arten (C. longifilis), bei anderen Arten sind sie aber vorhanden, wenn auch nur in ganz geringer Zahl. Sie sind klein und dünn und besitzen nur unbedeutende Knochenringe. Die einzelnen Zähnchen haben eine schmale in eine feine Röhre aus- laufende Pulpa und einen ganz dünnen Mantel von Dentin. Schmelz ist ebenfalls nur in ganz dünner Lage, manchmal überhaupt nicht nachzuweisen. Callichthys besitzt demnach Schilder, bei denen die Zähnchen nur eine ganz geringe Rolle spielen, während die ursprünglichen nur zur Befestigung der Zähne dienenden basalen Teile dagegen die größte Selbständigkeit gewonnen haben. Und diese groben Platten, entstanden durch das Zusammenwachsen vieler kleiner selbständiger Teile, haben sich hier in ganz besonderer Weise differenziert. Zunächst besitzen sie bestimmte Umrisse, sind also weit entfernt von den unregelmäßigen Gebilden, wie sie sich in der Bauchhaut von Plecostomus vorfinden. Dies ist jedoch nicht so auf- fällig, da ja auch bei den anderen Arten bestimmte Formen sich herausgebildet haben. Auffälliger dagegen ist, daß die Schilder von Callichthys auch in ihrer Zusammensetzung sich verändert haben. Sie bestehen nicht mehr aus einfacher homogener Knochen- masse, wir unterscheiden vielmehr deutliche Schichten, deren oberste sich auszeichnet durch dentinartige Beschaffenheit. Es ist ein ziem- lich dünner Überzug einer durchsichtigen Masse ohne Knochen- körperchen, und es lassen sich bei Schnitten auf ihr zweierlei Streifungen feststellen, zunächst feine faserige Striche, die senkrecht zur Oberfläche verlaufen und sich auch verzweigen können; zweitens parallele Linien, die sich horizontal der oberen Begrenzung der Schilder hinzienen. Die Bilder, die sich daraus ergeben, gleichen den Schliffen durch die Stacheln von Diodon und Tetrodon außer- ordentlich und sind auch so zu deuten: die senkrechten Striche Zool. Jahrb. 42. Abt. f. Anat. 34 508 WILHELM GOETSCH, sind die Ausläufer von den Zellen, welche die Oberflächenschicht bilden, die horizontalen Streifen bezeichnen die Wachstumsgrenze. Bei genauer Überlegung kann die Ähnlichkeit der Oberflächen- schicht bei den Callichthys-Schildern mit den äußeren Teilen der Plectognathenstacheln auch gar nicht wundernehmen, da beide in ganz ähnlicher Weise entstehen. Bei Tetrodon senkte sich, wie er- innerlich, der zuerst entstandene kleine Hautzahn in die Tiefe und wurde von Bindegewebe, das zwischen Epidermis und die Zahn- lage eindrang, überdeckt. Ablagerungen von Knochensubstanz durch Zellen dieses eingedrungenen Bindegewebes ließ dann den Knochen an Dicke zunehmen. Das gleiche tritt bei den Schildern von Call- ichthys ein; auch dort wird durch eine Hautschicht unmittelbar unter der Epidermis an die bereits vorhandenen Knochenplatten eine neue Ablagerung angesetzt, welche die Oberfläche der Schilder überzieht. In beiden Fällen haben wir es mit einer besonderen Knochenbildung zu tun, die dem Dentin sehr ähnlich ist, ihm je- doch nicht völlig gleicht; wie ja auch die Art der Entstehung eine etwas andere ist, und besonders die Richtung, in der die Ablagerung geschieht: hier nach innen zu, beim Dentin dagegen nach auben in der Richtung gegen die Epidermis. Außer den sogenannten Panzersiluroiden, von denen soeben einige Arten besprochen worden sind, besitzen die Welse eine nackte Haut, Rudimente von Schuppen kommen, soweit meine Unter- suchungen reichen, nicht vor; in einigen Exemplaren von Galenapsis herzbergii aus Brasilien, die mir Herr Professor BressLau gütigst zur Untersuchung überließ, waren jedoch in der Seitenlinie Ver- knöcherungen festzustellen, die denen von Trigliden in Form und Zusammensetzung sehr gleichen (vgl. Fig. 71 mit Fig. 60c). Iso- lierte Teile stellen sich als dünne, röhrenartige Gebilde dar, deren Knochensubstanz dieselbe ist wie die der kleinen Knochenplatten in der Bauchhaut von Plecostomus usw. Sie sind also gar nicht weiter differenziert. Bei der Gattung Doras haben diese Schilder eine größere Aus- dehnung gewonnen und gleichen den großen Seitenplatten gewisser Trigliden. Diese Schilder tragen häufig Zähnchen, und zwar in der Ein- oder Mehrzahl. Die Zähne sind jedoch, soweit ich es bei äußerlicher Betrachtung feststellen konnte, verschieden von denen der vorher beschriebenen. Schmelz fehlt anscheinend vollständig, ihnen sowohl wie den auf den ersten Flossenstrahlen befindlichen Stacheln von gleicher Form, die alle auch dadurch ausgezeichnet Hautknochenbildungen bei Fischen. | 509 sind, daB sie alle fest mit ihrer Unterlage verwachsen. Da wo die in ganz geringer Anzahl auftreten, wie bei Doras dorsalis (1—2), oder wo immer nur ein einziger Zahn die Seitenplatte krünt, wie bei Doras costatus, ihneln diese Hautossifikationen denen der ersten Gruppe sehr, was ja nicht weiter verwunderlich ist, da sie in der gleichen Weise gebaut sind; hier wie dort ist es ein Hautzahn oder doch die Abänderung eines einzigen Placoidorgans, das im Mittelpunkt der ganzen Platte sich befindet und um diesen Mittel- punkt herum entsteht nach und nach durch Anlagerung das Schild. Es liegt also hier wie bei Callichthys ein Fall vor, indem ein Uber- gang zwischen beiden Gruppen vorhanden ist. Die Hautbekleidung der Siluroiden ist ein schönes Beispiel dafür, wie innerhaib einer kleinen Gruppe Organe sich verändern können. Wir fanden bei den zuerst beschriebenen Formen noch ganz primitive Verhältnisse, wenigstens auf der Unterseite, einzelne Hautzähne nämlich aus Dentin mit einer Schmelzkappe. Zu ihrer Befestigung in der Haut bilden sich infolge der Fähigkeit der Cutis, überall da wo es nötig ist zu verknöchern (vgl. die Seiten- linie) im Umkreis um den Zahn herum unregelmäßig gebaute Basal- platten. Da die Zähne sehr eng stehen und die Verknöcherungen an der Basis sich immer mehr ausbreiten, kommt es zu Ver- schmelzungen der nebeneinander liegenden Teile. Diese Ver- schmelzungsprodukte haben zunächst eine unregelmäbige Form. Der fortschreitenden Verschmelzung der Basalplatten wird jedoch bald ein Ziel gesetzt; es kann nicht überall eine Vereinigung eintreten, da sonst die Beweglichkeit des Tieres aufgehoben würde. Sie unterbleibt daher an manchen Stellen, wodurch ganz von selbst allmählich bestimmt geformte Schilder entstehen. Da die Tendenz, die Schilder zu verstärken, bestehen bleibt, schieben sich die Schilder etwas übereinander, zuerst nur wenig (Seitenschilder von Plecostomus), später mehr (Loricaria). An den Stellen, wo die Schilder übereinander liegen, müssen ganz von selbst die Stacheln verschwinden, und da mit der immer umfangreicher werdenden Ausbreitung der basalen Teile die Bedeutung der Stacheln mehr und mehr zurücktritt, sehen wir sie in der Tat allmählich kleiner werden und endlich fast ganz verschwinden (Callichthys). Die aus verschmolzenen Einzelteilen entstandenen großen Platten dagegen differenzieren sich stets in fortschreitendem Maße, in Form sowohl wie in Zusammensetzung, wie es sich bei den am weitesten ausge- bildeten Seitenplatten von Callichthys am deutlichsten zeigt. 34* 510 WILHELM GOETSCH, Es ist also zuletzt ein vollständiger Wechsel in der Bedeutung der einzelnen Teile eingetreten. Die zuerst selbständigen Zähne, deren Befestigung in der Haut durch die Basalplatten nur sekun- därer Art war, werden durch die immer größer werdende Aus- breitung eben dieser basalen Teile verdrängt und verschwinden, weil sie überflüssig geworden sind. Dafür, daß die Zähne ursprünglich ohne Basalplatten vorkamen, findet sich ebenfalls bei den Siluroiden ein schönes Beispiel. An den Flossenstrahlen fehlen nämlich die Basalplatten; sie sind dort nicht nötig, da die Zähne dort unmittelbar mit den Flossenplättchen in Verbindung treten und dadurch ihre Befestigung in der Haut gewinnen. Diese Verhältnisse hat Hertwic bei Hypostoma so aus- führlich beschrieben, daß ich auf eine weitere Darlegung meiner Beobachtungen bei den übrigen Arten, bei welchen ich die Aus- führungen Hertwie’s bestätigt fand, verzichten Kann. Eingehen möchte ich jedoch noch mit ein paar Worten auf be- sondere Einrichtungen, die bei manchen Arten ein Aufrichten und Feststellen der Flossen erleichtern. Die Flossenstrahlen, die, wie erwähnt, gleichfalls Zähnchen tragen, sind bei den einzelnen Flossen verschieden geartet; über die Einzelheiten berichtet Herrwic genauer. Der erste Strahl ist meist anders gebaut als die folgenden, so finden wir z. B. in der Brustflosse von Callichthys einen langen, dichten Stab, während die folgenden nur an der Basis eine feste, starre, zusammenhängende Masse darstellen, nach der Peripherie dagegen sind sie durch An- einanderreihung von einzelnen Knochenstücken entstanden und bleiben dadurch weich und biegsam. Ebenso sind bei Hypostoma die einzelnen Strahlen aus 2 Reihen von Knochenplättchen gebildet, die je einer Seite des Integuments angehören und einander gegen- überstehen und bei den anderen Formen liegen überall ähnliche Verhältnisse vor. Besonderheiten finden sich jedoch an den Rückenflossen einiger Arten, am ausgedehntesten bei der zuerst beschriebenen Art von Plecostomus. Bei einer Betrachtung der Rückenflosse sehen wir dort 8 Strahlen, die untereinander durch eine zähe Haut verbunden sind. Der dem Kopf am nächsten stehende Strahl zeichnet sich durch besondere Stärke aus sowie dadurch, daß er der Gliederung entbehrt. Vor diesem größeren ungegliederten Strahl befindet sich ein weiteres, bewegliches kleines Knochengebilde. Seine Form ähnelt dem Gabelknochen der Vögel (Furcula), d. h. 2 gebogene Hautknochenbildungen bei Fischen. 511 Knochenstäbe sind in spitzem Winkel miteinander verbunden. Dieser Knoehen ist als ein umgebildeter Flossenstrahl aufzufassen, wie die Betrachtung der Flossenträger lehrt. Wir finden nämlich 9 Flossen- träger, d. h. vor dem großen, ungegliederten Flossenstrahl einen weiteren, auf welchem der kleine, gegabelte Knochenteil aufsitzt. Der große, ungegliederte Strahl ist also nicht als der erste, sondern als der zweite Strahl in der Reihe der Rückenflossen aufzufassen und zu bezeichnen. Die Flossenträger unterscheiden sich nun dadurch von der gewöhnlichen Form, daß sie etwas hinter der selenkfläche seitliche Ausladungen besitzen. Diese Ausladungen nehmen bei den einzelnen Trägern sukzessiv nach vorn an Aus- dehnung zu; bei dem Träger des zweiten Strahls haben sie die größte Ausbreitung. Dieser zweite Flossenträger, der sich außerdem von den übrigen noch durch besondere Größe auszeichnet, besitzt ferner noch be- sondere Ausläufer nach vorn, mit denen er sich an ähnliche, nach hinten gerichtete Fortsätze des ersten Trägers verbindet. Da auch die beiden unteren Partien der beiden ersten Flossenträger eine Vereinigung eingehen, und vor diesen funktionierenden Trägern sich noch Rudimente weiterer finden, entsteht ein großer, fester Komplex, auf welchem sich die Gelenkflächen für die beiden ersten Strahlen oben abheben. Auf der hinteren, die sich durch Keine allzu besonderen Eigenschaften auszeichnet, gelenkt der zweite Strahl. Der obere Teil des ersten Trägers dagegen ist bedeutend abgeändert. Wir finden dort eine knopfartige Verdichtung, einen förmlichen Gelenkkopf; vor ihm befinden sich, durch einen Schlitz getrennt, noch einige Knochenteile, so daß ein ähnliches Bild ent- steht, wie es Fig. 31 von Acanthurus zeigt. Auf diesem Gelenkkopf sitzt nun der gabelartig geformte erste Flossenstrahl lose auf. Wird die Flosse aufgerichtet, so rutscht er über den Kopf hinweg in den Schlitz hinein, wo seine unteren Enden rechts und links durch vor- springende Knochenleisten der Träger so festgehalten werden, daß ein Umlegen nach hinten nicht möglich ist. Erst dann, wenn man ihn etwas hebt, kann er wieder umgelegt werden. Da dieser kleine erste Flossenstrahl mit dem zweiten durch eine ganz zähe Haut verbunden ist und dieser wieder mit dem nächsten, kann die ganze Flosse ohne Anstrengung in aufrechter Lage gehalten werden, was noch dadurch erleichtert wird, daß immer die vorderen Strahlen mit kleinen, an ihrer Basis befindlichen Zähnchen in der Art, wie 512 WILHELM GOETSCH, bei Acanthurus beschrieben ist, dem Umlegen der hinteren einen Widerstand entgegensetzen. Wie überall da, wo eine stärkere Inanspruchnahme der Flossen vorliegt, ist auch hier für eine festere Verankerung der Flossen- träger gesorgt, und zwar wird hier ebenfalls wie bei den übrigen gepanzerten Fischen das Hautskelet mit herangezogen. Nach den Seiten zu verbinden sich die Ausladungen der Flossenträger durch Zwischenschuppenbänder mit den Hautknochenplatten, eine Ver- bindung gegen den Kopf zu vermittelt eine besondere Platte, die ihren Platz vor dem ersten Flossenstrahl hat. Ihre Oberfläche ist die gleiche wie die der Seitenplatten, sie trägt auch Zähnchen wie sie. An der Unterseite ist sie völlig verwachsen mit ein oder zwei Rudimenten von Flossenträgern, die sich vor dem ersten Träger der Rückenflossen vorfinden. Wirklich vorhanden sind von diesen Gebilden nur noch die ausladenden Fortsätze, durch die sie die Ver- bindung mit den nächsten Trägern vermitteln, sowie noch Reste der unteren Teile, die gleichfalls mit dem Träger des ersten um- gebildeten Strahls verschmelzen. Das Vorhandensein der Flossenträger-Rudimente legt den Schluß nahe, daß wir in der Platte, welche die Verbindung mit dem Kopf- skelet vermittelt, ebenfalls einen oder mehrere Flossenstrahlen vor uns haben, die in noch größerem Maße wie der erste sich verändert haben und ganz zu richtigen Hautschildern geworden sind; auf jeden Fall liegt hier aber wieder ein neues Beispiel dafür vor, dab diese beiden Teile ineinander übergehen können, und daß es manchmal sehr schwer ist, zu entscheiden, ob wir einen Flossen- strahl oder eine Hautknochenplatte vor uns haben. Bei einigen Arten der Gattung Doras lassen sich ähnliche Ver- hältnisse feststellen. Bei Doras costatus scheint, äußerlich wenigstens, genau dieselbe Einrichtung zum Festhalten der Rückenflosse in auf- rechter Haltung vorzuliegen wie bei Plecostomus. Hat man die Flosse aufgerichtet, so kann man auch mit Anwendung von Gewalt sie nicht wieder umlegen. Es geht dies erst dann, wenn man den kleinen, zur Sperrvorrichtung umgewandelten Flossenstrahl etwas gehoben hat (mit einer Pinzette z. B.). Interessant ist nun, daß bei Doras überall da, wo die Stachel sich aufrichten lassen, wieder besondere Knochen auftreten, auch am Körper von Formen, die sonst dieser Platten am Rumpf ent- behren. Bei Doras costatus z. B. sind rechts und links des ersten Hautknochenbildungen bei Fischen. 513 Stachels der Riickenflosse umfangreiche Knochenplatten, die sich mit den Schildern der Seitenlinie fest verbinden. Noch auffälliger ist dies bei Doras dorsalis, wie die Schilder der Seitenlinie im allgemeinen verhältnismäßig klein sind und nicht bis in die Rückenregion hineinreichen. Die Seitenschilder jedoch, welche in der Gegend der aufrichtbaren 1. Rückenflosse liegen, sind bedeutend nach oben zu vergrößert und vereinigen sich mit den Stütz- knochen des ersten Flossenstachels. Sie schieben sich unter ihn und verbinden sich mit ihm durch Bänder, ihm auf diese Weise ein festes Widerlager sichernd in ganz derselben Art, wie wir es bei Gasterosteus antrafen. Zu erwähnen ist endlich noch, daß sich an den äußersten Enden der Flossen, wo nach Hrertwie stets gleichsam noch frühere, embryo- logische Verhältnisse vorherrschen, sich Hornstrahlen finden wie bei den Selachiern; diese Hornstrahlen oder Elastoidinfasern, wie sie nach KRUKENBERG besser zu nennen sind, haben aber auch hier keine funktionelle Bedeutung mehr. Sie dienen vielmehr wie überall bei den Teleostomen nur mehr als Grundlage für die eigent- lichen knöchernen Flossenstrahlen, welche sie ersetzen, und gehen in ihre Zusammensetzung mit ein. In den sich gegenüberstehenden Knochenplättchen des sekun- dären Knochenskelets, die durch ihre Auseinanderreihung die Flossen- strahlen bilden, sieht GEGENBAUR „von den Schuppen verschiedene, aber doch vielleicht von ihnen ableitbare Bildungen“ und HERTwIG glaubte zunächst auf Grund seiner Beobachtungen bei den Siluroiden dem beistimmen zu müssen und hielt jedes mit einem Zahn ver- sehene Flossenplättchen für eine Einheit, die einem Placoidorgan gleichzusetzen sei; durch Konkreszenz vieler derartiger Einheiten sei dann der Flossenstrahl entstanden. Bei der Untersuchung von 12. Pediculaten kam er aber zu der Überzeugung, daß diese Meinung unhaltbar sei und die Strahlen nicht durch eine Verschmelzung von einzelnen zähnchentragenden Teilen gebildet würden, sondern dab eine etwaige Bestachelung sekundärer Natur sei, eine Meinung, die ich nur be- stätigen kann. Es sind die Flossenstrahlen überall als einheitliche Gebilde aufzufassen und die einzelnen Plättchen sind den Placoid- organen unbedingt nicht gleichzusetzen; vielmehr entstehen .die Flossenstrahlen zunächst als Einheit und ein Zerfall in -einzelne 514 WILHELM Gorrscn, Platten findet erst später statt und ist wie eine etwa vorkommende Bestachelung durchaus sekundärer Natur. Das Hautskelet der Pediculaten ist nach HERTwIG, um auch hierauf kurz einzugehen, auf einfachste Formen zurückzuführen, auf Hautstacheln nämlich, die mit plättchenartig vortretender Basis im Corium verankert sind. Die anderen vorkommenden Formen sind nach Hertwie’s Meinung dann als Verschmelzungsprodukte aufzu- fassen. 13. Chondrostei. Während bei den Lophobranchiern, Gasterosteiden u. a. Teile des die Körperbedeckung bildenden Hautskelets zur Befestigung der Flossen mit herangezogen werden und somit zu einem Bestandteil der Flosse selbst geworden sind, finden wir eine Art Umkehrung dieser Verhältnisse bei den Chondrostei oder Stören, die ja einen ganz besonderen Zweig der Fische mit vielen altertümlichen Merk- malen bilden. So erhält sich im Achsenskelet die Chorda in vollem Umfange, die Wirbelsäule bleibt ganz unvollkommen ausgebildet und wird nur durch obere und untere knorpelige und knöcherne Bogenstücke repräsentiert. Bei den Flossen dagegen ist durch die Rückbildung des primären Skelets und Ausbildung von reich- lichen Flossenstrahlen eine Annäherung an die Teleosteer herbei- geführt. Am Schädel kann man bei ihnen den Zusammenhang der Schädelknochen mit einfachen Hautschildern sehr gut erkennen: Die primären Teile des Schädels bleiben knorpelig und werden von Deckknochen überlagert, die ganz Form und Struktur der Haut- schilder haben, wie wir sie bei der einen Abteilung dieser Gruppe, den Acipenseriden, antreffen. Dort kommen als Körperbedeckung 5 Reihen von Knochenplatten vor. Die Zahl der 2 Reihen Bauch- und Seitenplatten schwankt je nach den einzelnen Arten bedeutend. Über ihre nähere Entwick- lungsgeschichte liegen zur Zeit leider keine genauen Beobach- tungen vor. Nach HERTwIG sind die kleinen, stachelartigen Gebilde, die bei A. ruthenus und die kleineren oder größeren Knochentäfelchen, die bei A. sturio anzutreffen sind, als die ursprünglichen, den Acipense- riden eigentümlichen Hautverknöcherungen anzusehen, aus deren Verschmelzung die größeren, auch mit kleinen Zähnchen versehenen Ossifikationen entstanden sind. Hautknochenbildungen bei Fischen. 515 Die dorsalen Schilder finden wir bei allen Arten fast durch- sängig in der 12 Zahl vor; ihre Zahl schwankt nur in ganz ge- ringen Grenzen. Die Riickenschilder bestehen bei Acipenser sturio, der mir zur Untersuchung vorlag, aus 2 Knochenlamellen, die je einer Körperseite angehören und sich in der Medianlinie des Riickens dachartig in spitzem Winkel vereinigen; nach hinten laufen sie in einen zahnartigen Dorn aus. Ihre Entwicklungsgeschichte. ist nun folgendermaßen. Es entstehen bei ihnen, wo GoETTE nach- gewiesen hat, ursprünglich an der Stelle der künftigen Schilder Knorpelstäbe, die bei den Stören fälschlich Dornfortsätze genannt werden, aber nichts anderes sind als die Flossenträger. Über ihnen bilden sich nun die Rückenschilder und zwar werden sie, wie man sieht, als Flossenstrahlen angelegt. Sie stülpen sich auch in der- selben Weise wie diese über die korpeligen Flossenträger, sind auch in der Jugend viel höher als bei älteren Tieren. Im Laufe der Entwicklung werden sie dann zu den richtigen Knochenschildern. Die Strahlen der eigentlichen Flossen bestehen auch hier aus 2 Plättchenreihen jederseits, die ebenso wie die der Rückenschilder je einer Körperseite angehören und sich daher leicht trennen lassen. Bei Acigenser ruthenus werden keine Verzweigungen gebildet, bei Acipenser sturio dagegen sind die Strahlen nach Herrwie an der Basis gegliedert. 14. Cycloganoiden. Von den mit den Acipensern früher unter dem gemeinsamen Namen ,Ganoiden“ zusammengefaßten und ihnen unter der Bezeich- nung Euganoiden gegenübergestellten heterogenen altertümlichen Gruppen ist die einzige Gattung der Cycloganoiden Amia schon früher genau untersucht. Die bei der Entwicklung der Schuppen zutage getretenen Ergebnisse sind bei der Beschreibung der Teleosteer- schuppe beschrieben worden, mit der ihre Genese bis auf kleinere Abweichungen, die auf eine primitivere Form schließen lassen, übereinstimmt. Die Entwicklungsgeschichte der Flossen bietet eben- falls keine besonderen Eigentümlichkeiten und ist ebenfalls bei der allgemeinen Betrachtung der Flossen mit berücksichtigt (vgl. Fig. 9 m I. Teil). Von den mit rhombischen Schuppen bedeckten sog. Rhomboganoiden hat HerrwiG Polypterus und Lepidosteus untersucht und die Be- panzerung der ausgewachsenen Tiere genau und mit allen Einzel- 516 WILHELM GOETSCH, heiten beschrieben. Über die Entwicklungsgeschichte der uns hier interessierenden Hautossifikationen von Polypterus, dessen Schuppen noch deutliche Rudimente von Zähnchen tragen, wenn auch Kein echter Schmelz nachgewiesen werden kann, ist bis jetzt noch nichts Näheres bekannt, über die von Lepidosteus osseus dagegen hat Nickerson gearbeitet. Er hat feststellen können, daß während der Ontogenese der Schuppen Zähnchen auftraten, die eine echte Schmelzkappe besitzen. Diese Zähnchen verschwinden aber wieder im Laufe der Entwicklung, woraus wir den Schluß ziehen können, sie sind nur ein in regressiver Metamorphose wieder verschwindendes Rudiment, das auf ein früheres Stadium hinweist, wo die Schuppen noch Zähnchen besaßen. Mit dem sog. „Schmelz“ oder „Ganoin“, von dem die Schmelzschuppen ihren Namen erhielten, hat dieser echte, von der Epidermis abgesonderte Schmelz nichts zu tun. Die „Schmelz“- oder Ganoinschicht, die den Schuppen den Glanz ver- leiht, ist vielmehr nur eine besondere Modifikation von der obersten Schicht der rein mesodermal entstandenen Knochenschuppen, wie sie auch bei Callichthys auftritt. Die dichotomisch getellten Flossenstrahlen, an denen nach HerrwiG an vielen Orten Zähnchen zu finden sind, bestehen aus 2 Reihen von Plättchen. „An der Peripherie sind diese am klein- sten, nach unten zu werden sie dicker und länger, so daß sie zu- sammentreten und verschmelzen“. Bei erwachsenen Tieren stehen die Bauchflossen in der Körpermitte, Rücken- und Afterflosse weit nach hinten, in der Nähe der Schwanzflosse. Bei jungen Tieren, die ich zwecks Nachprüfung der Angaben von NICKERSON untersuchte, findet sich ein zusammenhängender unpaarer Flossensaum in größerer Ausdehnung, der bei den größten mir zur Verfügung stehenden Exemplaren von ca. 20 mm gerade in die einzelnen Teile zu zer- fallen beginnt. Größere Tiere als solche von 20 mm konnte ich leider nicht erhalten, so daß ich die Weiterführung der Unter- suchung über die Entwicklung der Schuppen und Flossen aufgeben muße und nur die allerersten Stadien der Flossen sowie die Ver- hältnisse der Haut vor Eintritt der Schuppenbildung beobachten konnte. Das Integument der von mir untersuchten Stücke von 12—20 mm Länge besteht aus einer undifferenzierten Epidermis, die wie in Fig. 4 gezeichnet ist, sich durch das Vorhandensein von vielen großen Schleimzellen auszeichnet. Sie ist von ihnen gänzlich durch- setzt, so dab sie ein wabiges oder schaumiges Aussehen erhält. Die Hautknochenbildungen bei Fischen. 517 eigentlichen Epidermiszellen treten dagegen ganz zurück, sie sind klein und erhalten durch die Schleimzellen, zwischen denen sie ein- gelagert erscheinen, häufig bedeutende Gestaltsveränderungen (Fig. 4 im I. Teil, Zool. Jahrb., Vol. 42). Unmittelbar, ohne Trennung durch eine Grenzzone, folgt unter Epidermis dieser bei den kleinen Exemplaren die erste, noch unzer- fallene Cutislage, die sich, besonders bei Krümmungen, den unteren | Epidermiszellen eng anschließt und sie in der früher bei Amia be- schriebenen Weise auch zum Teil umhüllen kann. Bei größeren Tieren zerfällt dann diese erste Coriumschicht in den einzelnen La- mellen, unter denen spärliches, mit Pigment durchsetztes Unterhaut- bindegewebe anzutreffen ist. Ansammlung von Cutiszellen, die auf eine beginnende Schuppenentwicklung schließen lassen könnte, fand ich auch bei den größten, 2 cm langen Exemplaren nicht; in der Epidermis waren ebenfalls papillenartige Einbuchtungen, eine be- sonders differenzierte untere Zellenreihe oder andere Merkmale, die einer Schmelzbildung voranzugehen pflegen, nicht zu beobachten, es ließ sich vielmehr dort nicht die geringste Veränderung feststellen. : Von der Flossenentwicklung war die Ausbildung des ersten Hautsaumes der zunächst einheitlichen, zusammenhängenden, un- paaren Flossen bis zum Beginn der Bildung von den Flossenstrahlen gut zu beobachten. An den Stellen des Flossensaums, die als spätere Rücken- und Afterflossen bestehen bleiben, beginnen in der Linie zwischen den gleichfalls zu dieser Zeit auftretenden Dornfortsätzen und der Basis des Flossensaums Knorpelzellen zu entstehen, welche die Anlage der Flossenträger bilden. Auf regulären, senkrecht zur Längsachse des Fisches geführten Querschnitten bekommt man durch die schräge Lage der Flossenträger mehrere, meist 3 Anlagen zu sehen, wie es auch Fig. 4 zeigt. Man kann in dieser Abbildung auf einen ein- zigen Schnitt oben, unterhalb der Cutislamellen und des Unterhaut- bindegewebes, das obere Ende des einen, darunter den etwas schrägen Querschnitt eines zweiten, zu unterst, zwischen den Mus- keln des Seitenrumpfmuskels das unterste Ende eines dritten in Bildung begriffenen Flossenträgers beobachten. Der mittlere Teil ist der älteste, da der Flossenträger an dieser Stelle seinen Ur- sprung nimmt und nach oben und unten zu durch weitere Bildung von Knorpelzellen zunimmt, so daß wir an dem darüber und darunter liegenden Schnitten durch die Anlage des vorhergehenden und folgenden Trägers jüngere Stadien vor uns haben, die der mittlere 518 WILHELM GOETSCH, bereits durchlaufen hat. Jederseits der Anlagen beginnen sich Muskelbündel für die Flossenstrahlen zu differenzieren; Anlagen für die sekundären Knochenbildungen der Strahlen sind auf dieser Ab- bildung nicht zu verkennen. Bei anderen Präparaten waren kleine Zellenhaufen zu erkennen, eine Abscheidung von Hautsubstanz der eigentlichen Flossenträger war aber nicht festzustellen, da auch hierfür die Stücke zu klein waren. Dagegen fanden sich an der Grenze von Epidermis und Cutis, da wo eine erste Coriumlage vor- handen war, unterhalb dieser, in reichlicher Menge die sogenannten Elastoidinfasern, welche ja die Grundlage der sogenannten Horn- strahlen bei den Selachiern bilden. Sie finden sich bei Lepidosteus in größerer Verbreitung als bei den übrigen von mir untersuchten Teleostomen, so daß wir hier ein primitiveres Verhalten vor uns haben. Bei der Bildung der Bauchflossen liegen dieselben Verhältnisse vor. Nach Entstehung der ersten, breiten Hautausbuchtung, der Anlage der Flossenplatte, beginnt das primäre Skelet zu entstehen; ein Bild aus den ersten Stadien gibt Fig. 8. Nachdem der Knorpel eine gewisse Größe erreicht hat, erscheinen auch hier Elastoidin- fasern in mehreren Reihen dichtgedrängt; Querschnitte durch die Flosse ergeben dann dieselben Bilder von ihnen, wie ZIEGLER im Zoologischen Anzeiger von Teleosteern abgebildet hat. Eine Knochenbildung für die eigentlichen Flossenstrahlen fehlte auch hier ebenso wie bei den Rücken- und Afterflossen; desgleichen war hier wie dort die Epidermis über diesen unverändert und An- zeichen, die auf Schmelzbildung, Zähnchen u. dgl. schließen lassen könnten, fehlten vollständig. Schlußbetrachtung. Die Schlüsse, die sich aus der hiermit vorläufig beendeten Ab- handlung über die Hautknochenbildungen bei Fischen ergeben, lassen sich folgendermaßen zusammenfassen: 1. Alle Schuppen, Schilder, Stacheln und sonstigen Hautknochen- bildungen am Rumpfe der Fische nehmen in der Hauptsache ihre Entstehung in der Hautschicht, die den Namen Cutis führt. Nur der Schmelzüberzug bei manchen Formen ist epidermoidalen Ur- sprungs. Diese Schmelzbildung findet sich regelmäßig aber nur bei den Selachiern, bei den Teleostomen fehlt sie in der Regel bei den fertigen Hautossifikationen. In der Ontogenese dagegen ist sie sehr häufig anzutreffen, sei es, daß dann noch wirkliche Zähnchen mit Hautknochenbildungen bei Fischen. 519 Schmelzkappe wie bei Lepidosteus gebildet werden, oder daß nur noch größere oder geringere Rudimente davon übrig geblieben sind. Alle Versuche, das Dentin oder andere Knochenteile aus Elementen der Epidermis abzuleiten, müssen als gescheitert angesehen werden. Zellen und Zellkomplexe, die etwa in der Abwanderung von der einen in die andere Schicht angetroffen werden, müssen entweder als Reste von Schmelzorganen wie bei den Lophobranchiern oder in, anderer Weise gedeutet werden. Inwieweit bei der Entstehung der gesamten Cutis vielleicht das Ectoderm beteiligt ist, wäre noch zu untersuchen, mir fehlte das Material zu den feineren Unter- suchungen, die naturgemäß nur an ganz jungen Tieren gemacht werden können. Ich wage mich vorläufig nicht der einen oder anderen Meinung mit Bestimmtheit anzuschließen. SAKAE SAGUCHI z. B. läßt in seinen Untersuchungen über Mitochondrien die erste unzerfallene Cutisschicht aus diesen hervorgehen. Eine solche An- sicht hat auch viel für sich, es fragt sich nur, wie dann die weiteren Cutislamellen, die später ziemlich tief liegen und sich auch dort vermehren, diese Vermehrung weit ab von ihrer Matrix bewerk- stelligen können. Aber auch wenn dies möglich wäre — durch eindringende Zellen z. B. — wäre die Frage nur ein wenig ver- schoben; die ektodermal entstandene Cutis wäre dann doch als be- stimmt differenzierte Schicht so festgelegt, daß man dann nicht mehr von epidermoidaler Entstehung der Schuppen reden könnte. Epi- dermis und Cutis wären dann wohl als Ectodermabkömmlinge auf- zufassen, die sich aber schon als ganz frühe Stadien voneinander sondern und später völlig getrennte Schichten darstellen, so dab man dann Epidermis und Ectoderm nicht mehr gleichsetzen und der Cutis gegenüberstellen dürfte, wie dies in früheren Arbeiten immer geschehen ist. Für die Frage nach dem Entstehungsort der Schuppen, Schilder, Stacheln usw. ist die Abstammung der Cutis aber ganz gleichgültig; sie entstehen ja immer in der bereits be- stimmt differenzierten Cutis, und die Epidermis ist nur bei der Schmelzbildung beteiligt, bei der übrigen Knochenbildung jedoch nicht. Diese nimmt vielmehr immer von cutanen Zellen ihren Ur- sprung, nicht von Elementen, die aus der Epidermis überwandern. Über die Abstammung der Schilder voneinander ist in den ein- zelnen Abschnitten schon die Rede gewesen. Festzuhalten ist, daß die Placoidorgane der Selachier als die ursprünglichsten Hautossi- ficationen aufzufassen sind, d. h. kleine Hautzähne, zu denen das Dentin die Hauptmasse bildet, während der Schmelz nur die Teile 520 WILHELM GOETSCH, überzieht, welche die Haut durchbrechen; unten mit einer Basalplatte, entstanden aus Verknöcherung des Bindegewebes, die für die Be- festigung sorgt. Von diesen Knochenbildungen lassen sich alle die der Teleostomen ableiten, nur muß man dabei zwei Richtungen fest- halten: Die erste nimmt ihren Ursprung von einem einzigen Placoid- organ; hierher gehören zunächst die Stacheln der Plectognathen, auf die sich dann die Schuppen und Schilder der meisten übrigen Teleostomen zurückführen lassen. Gemeinsam ist all den Formen in dieser Reihe der zentrale Bildungspunkt, d. h. der zuerst ent- stehende Teil, um den herum sich die später entwickelnden Teile so ansetzen, daß die Grenzen der verschiedenen Wachstumsperioden mehr oder weniger konzentrisch herumlaufen, je nachdem nach der einen oder anderen Seite das Wachstum überwiegt. Dabei kann es natürlich auch vorkommen, daß zwei Schilder oder Schuppen, die nebeneinanderliegen, einmal zusammenstoßen und verschmelzen; ge- schieht dies bei jugendlichen Stadien, bei denen die Entwicklung noch nicht abgeschlossen ist, so wird sich bei fortschreitendem Wachstum um beide herum die weitere Anlagerung von Knochen- masse vollziehen und Wachstumsgrenzen ausbilden in derselben Weise, als ob nur ein zentraler Punkt vorhanden sei. In der Regel aber ist stets nur ein einziger gemeinsamer Mittelpunkt festzustellen, sei es bei den Stacheln der Plectognathen oder bei den großen Schildern der Lophobranchier oder endlich bei den typischen Cycloid- und Ctenoidschuppen der Teleosteer, auch wenn eine noch so bedeutende Größe erreicht wird. Während sich aber die Stacheln gewisser Plectognathen noch morphologisch sowohl wie entwicklungsgeschichtlich unmittelbar an die Placoidorgane anschließen lassen, entfernen sich die meisten der übrigen Formen bedeutend von ihnen, und es ist dabei zu be- achten, wie sehr sich ihr Charakter dabei verändert; nicht nur in der äußeren Form, sondern auch in der Zusammensetzung: es be- kommen die Teile immer größere Bedeutung, die ursprünglich nur geringe morphologische Selbständigkeit besaßen: die Basalplatten nämlich. Sie dienten zuerst nur zur Befestigung der Stacheln in der Haut, so daß sie da, wo diese Befestigung anderweitig erwirkt wird, fehlen, z. B. an den Flossen, wo die Flossenplättchen an ihre Stelle treten. In immer steigendem Maße aber bilden sie dann den Hauptbestandteil der Schuppen und Schilder, während das Dentin und die ihm ähnlichen Knochengebilde immer mehr zurück- Hautknochenbildungen bei Fischen. 521 treten und der Schmelz, wenn iiberhaupt vorhanden, nur noch als Rudiment zu finden ist. Noch besser läßt sich die Entwicklung beobachten bei der zweiten Reihe, bei der die Schilder und Stacheln nicht einem ein- zigen Placoidorgan ihre Entstehung verdanken, sondern durch das Zusammentreten vieler selbständiger Hautzähne entstanden sind. Bei Cyclopterus sind es noch wirkliche, kleine Zähne aus echtem | Dentin, durch deren Häufung die großen Stacheln gebildet werden, während Basalplatten fehlen. Bei den Plättchen an der Unterseite mancher Panzersiluroiden treten sie schon etwas mehr hervor, be- sitzen aber noch eine geringe Bedeutung. An den Rücken- und Seitenschildern der Welse wird dies jedoch anders: Dort bilden die Basalplatten den Hauptteil der Körperbedeckung, während die ein- zelnen Zähnchen, durch deren Zusammentreten die Schilder ent- standen sind, immer mehr zurücktreten; so sehr zuletzt, daß sie schließlich nur mehr am Außenrande nachzuweisen sind wie bei Callichthys. Bei Polypterus sind bei den fertigen Hautknochen- platten nur noch Rudimente von Zähnen erhalten, bei Lepidosteus fehlen auch diese; zwar treten noch während der Entwicklung echte Zähnchen mit Schmelz auf, die aber wieder verschwinden und für den Aufbau der Schilder gänzlich bedeutungslos sind. Die Schilder bestehen vielmehr nur aus den verschmolzenen Basalplatten, die mit dem Schwinden der Zähne immer mehr morphologische Selbständigkeit gewinnen, so daß wir zuletzt Schilder vor uns haben, die genau in ihrer Form differenziert sind. Das Gemeinsame an den Schildern der zweiten Reihe, von den kleinen Platten an, die regellos durch Konkreszenz vieler kleiner Elemente sich zusammensetzen und daher keine bestimmten Umrisse besitzen, bis zu den in ihrer Form festgelegten Schuppen etwa von Lepidosteus, besteht darin, daß ihnen stets ein mittlerer zentraler Punkt fehlt; er kann ja bei ihnen auch gar nicht vorhanden sein, da sie nicht um einen zuerst entstandenen Bezirk herum durch fortwährende Anlagerung von neuer Knochenmasse wachsen, sondern durch Verschmelzung einer Anzahl kleiner Teile entstehen. Darin eben liegt der große Unterschied zwischen ihnen und den Ossi- fikationen der ersten Reihe. Damit soll natürlich nicht gesagt werden, daß keine Übergänge zwischen beiden Gruppen möglich sind; bei der Betrachtung der Schilder von Peristethus habe ich schon darauf hingewiesen, ebenso bei den Seitenplatten von Doras. Die phyletische Metamorphose 522 WILHELM GOETSCH, von den Hautzähnen der Selachier, den ältesten Bildungen .dıeser Art, geht eben niemals sprungweise vor sich, sondern erfolgt durch viele kleine verschiedene Abänderungen. 2. Desselben Ursprungsortes wie die Schilder sind auch die knöchernen Flossenstrahlen, die bei den Selachiern noch fehlen; dort werden sie vielmehr vertreten durch die Hornstrahlen aus dem sog. Elastoidin. Diese Elastoidinfasern finden sich auch bei Teleo- stomen, sie sind die zuerst auftretende Stützsubstanz der Flossen, die im Verlauf der Entwicklung aber immer mehr von den aus echten Knochen bestehenden Flossenstrahlen ersetzt und verdrängt werden. Die Flossenstrahlen setzen sich aus 2 Teilen zusammen, jede von der Form einer halben Röhre, die bei den unpaaren Flossen den verschiedenen Körperhälften angehören. Diese beiden Hälften entstehen eine jede für sich als Ganzes, um erst später entweder mit der anderen Hälfte zu verschmelzen und einen Flossenstachel zu bilden oder in einzelne Flossenplättchen zu zerfallen, den Flossen- strahlen im engsten Sinne. Eine direkte Ableitung der knöchernen Strahlen von Schuppen ist nicht möglich, Beziehungen zwischen beiden Teilen jedoch sind in großer Anzahl vorhanden. So finden sich bei den Selachiern Spinax, Acanthias u. a. Stacheln an den unpaaren Flossen, die ganz den Charakter der Placoidorgane haben, und ebenso sind die Schwanzstacheln gewisser Rochen nach GEGENBAUR umgebildete Placoidorgane. Formal betrachtet ist ja auch jeder feste Flossen- stachel nichts anderes als ein Hautzahn oder -stachel, wenn auch seine Entwicklungsgeschichte anders verläuft. Daher ist es nicht so unsinnig, auch an den Flossenstrahlen Schmelzorganrudimente anzunehmen, wie es SZILLY tat. Mir selbst sind derartige Fälle nicht vorgekommen, dagegen beschreibt ZIEGLER solche „Ver- dickungen in der Epidermis“, deutet sie jedoch ebenso wie HAsE anders und nimmt eine „physiologische Beziehung zwischen der Ansammlung der Mesenchymzellen und der Verdickung der basalen Epidermis“ an. 3. Der Fähigkeit der Cutis, aus ihren faserig-bindegewebigen Teilen durch Einlagerung von Kalksubstanz Knochen zu bilden, ver- danken endlich auch die Stützorgane der Seitenlinie ihre Ent- stehung. Bei den Selachiern bereits sind die Seitenorgane durch eine Knorpelröhre geschützt, und dies Erbteil der Selachier findet sich Hautknochenbildungen bei Fischen. 523 auch bei den Teleostomen in größerer oder geringerer Ausbreitung. Meist nicht mehr rein und unverändert; denn bei der geringeren, morphologischen Selbständigkeit dieser Teile werden überall Ver- bindungen mit anderen Knochen, Tafeln und Schildern eingegangen, oder die ursprünglichen röhrenartigen Gebilde verschwinden voll- ständig und werden durch andere Schilder und Schuppen ersetzt, die sich dem Schutz der Seitenlinie angepaßt haben. Gemeinsam ist in der Entwicklungsreihe all der drei verschie- denen Formen der fortschreitende Ersatz der ursprünglichen Haut- teile durch neuauftretende Knochenbildungen, entstanden aus der Fähigkeit der Cutis, überall da, wo sie nötig ist, zu verknöchern. Die Hautzähne bekommen, zunächst nur zur besseren Befestigung, eine Basalplatte, welche aber nach und nach zu Hauptbestandteilen der Schuppen wird; die zuerst nur durch Elastoidinfäden gestützten Flossen erhalten knöcherne Flossenstrahlen, welche die ursprüng- lichen Bildungen zu Rudimenten herabdrücken; und die knorpelige Umhüllung der Seitenlinie wird gleichfalls durch neue Knochen- bildungen ersetzt, soweit ein derartiger Schutz nicht durch die dazu .angepaßten Schuppen und Schilder überflüssig geworden ist. Bei der Gemeinsamkeit dieses Ursprungsorts ist es dann auch nicht verwunderlich, daß auch später zwischen den genau differen- zierten Formen Übergänge vorkommen, so daß es sich da, wo irgend- welche Besonderheiten vorliegen wie Funktionsänderungen, nur schwer feststellen läßt, ob man es mit der einen oder anderen Form zu tun hat. So gibt es Flossenstrahlen, welche zu einfachen Haut- knochenplatten sich umbilden wie bei Acipenser, und ursprünglich nur zur Körperbedeckung dienende Schuppen, welche direkt zu "Teilen der Flossenstrahlen werden wie bei Zeus oder indirekt in den Dienst der Flossen treten, wie bei Gasterosteus, bei Lopho- branchiern, bei Amphisile, bei Doras. An den Knochenteilen der Seitenlinie endlich sind vollends Unterscheidungen nicht mehr mög- lich, da es ja alle Verbindungen von den verschiedenen Schuppen- und Schilderarten und den Ersatz des einen Teils durch den anderen gibt. Zool. Jahrb. 42. Abt. f. Anat. 35 524 WILHELM GOETSCH, Literaturverzeichnis. Brunn, Ueber die Ausdehnung des Schmelzorgans und seine Bedeutung für die Zahnbildung, in: Arch. mikrosk. Anat., Vol. 29, 1887. BURCKHARDT, R., Die Entwicklungsgeschichte der Verknöcherungen des. Integuments und der Mundhöhle, in: Handb. Entwickl. d. Wirbel- tiere v. OÖ. HERTWIG, Vol. 4, Jena 1906. 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Fig. 23. Chaelodon sp. Schuppe. Fig. 24. Holacanthus. Schuppenentwicklung. Fig. 25 u. 26. Acanthurus triostegus. Schuppenentwicklung. Fig. 27. Acanthurus chirurgus. Stachelfeld der Ktenoidschuppe. Fig. 28 u. 29. Acanthurus triostegus. Schnitt durch Haut mit Schuppen und Stachel. H Hyalodentin; P Pigment. Fig. 30. Acanthurus triostegus. Junge Stacheln. An der Stelle des Kreuzes bei A. chirurgus 2. Spitze. Fig. 31. Acanthurus triostegus. Riickenflossen-Skelet. Hautknochenbildungen bei Fischen. 527 IL. Teil. Tafel 20. Fig. 32. Syngnathus acus. 13 mm. Querschnitte durch Anlagen von Flossenträgern und -strahlen. Fig. 33 u. 34. Syngnathus acus. 30 mm. Querschnitte durch An- ~ lagen von Flossenträgern und -strahlen. Fig. 35. Snyngnathus acus. 35 mm. Querschnitt mit längsgetroffenem Flossenträger und -strahl. X sekundäre Verknöcherung. Fig. 36. Syngnathus acus. Erwachsen. Querschnitt mit längs- getroffenen Flossenträger und -strahlen. Fig. 37. Nerophis ophidion. 11 mm. Schildanlage. Fig. 38. Hippocampus antiquorum. 11 mm. Schildanlage. Fig. 39. Symgnathus acus. 3 em. Schnitt durch jungen Flossen- träger. Fig. 40. Amphisile. Rücken- und Bauchschilder vierfach vergrößert. Fig. 41. Amphisile. 11,5 cm, Nat. Größe. Fig. 42. Amphisile. Linke Seite: Schnitt in Mitte des IV. Seiten- schildes. Rechte Seite: Schnitt durch Grenze von SS. IV und V. B Schwimmblase. JS innnere, lamellöse Schicht. A.S äußere, faserige Schicht. Z Zähnchen. j Tatel 21, Fig. 43. Amphisile. Querschnitt rechts etwas weiter hinten als links, so daß man noch Reste von SR. IV sieht. Bezeichnung wiein Fig. 42. Fig. 44. Amphisile. Querschitt durch die letzten Schilder. Fig. 45. Amphisile. Bauchschilder. A.S äußere, faserige Schicht. LS innere, lamellöse Schicht. M.S mittlere, körnige Schicht. A verkalkte Mittelrippe. Fig. 46. Amphisile. Bauchschilder. a) Von innen, b) von außen. Bezeichnung wie Fig. 56. Fig. 47—49. Gasterosteus aculeatus. Schnitt durch Schildanlage. x aufsteigender Ast des Bauchschildes. Fig. 50. Gasterosteus aculeatus. Seitenschild. Fig. 51. Gasterosteus aculeatus. Bauchschild von unten. Fig. 52. Gasterosteus aculealus. Rückenschild und -stachel. Fig. 53. Gasterostews aculeatus. Schnitt der Bauchstachel-Anlage. Fig. 54 u. 55. Gasterosteus aculeatus. Querschnitte. x aufsteigender Ast der Bauchschilder. : Fig. 56. Gasterosteus spinachia. Seitenschild. 528 Wizaezm Gortscu, Hautknochenbildungen bei Fischen. LV: Der Takter 22: Fig. 57. Trigla. 19 mm lang. Querschnitt. SV. sekundäre Ver- knöcherung am Flossenträger. Fig. 58 u. 59. Trigla. Querschnitte durch die Seitenlinie. Fig. 60. Trigla. Verschiedene Knochenplatten der Seitenlinie. Fig. 61. Trigla lineata. Flossenträger. S.V. sekundäre Verknöcherung an der Basis, an der linken Seite bei x abgeschnitten. Fig. 62. Cottus gobio. Querschnitt durch Seitenlinie. Fig. 63. Cottus gobio. Längsschnitt durch Seitenlinie. Fig. 64. Agonus (Aspidophorus). Schuppe. Fig. 65. Dactylopterus. Schuppe. D Fig. 66. Caranx trachurus. Seitenschild von unten, Vie Teil: Ma fe 123% Fig. 67. Chaetostomus. Längsschnitt durch Schilder. Fig. 68. Plecostomus. Verschiedene Stadien der Bauchschilder- Entwicklung. Fig. 69. Plecostomus. Zähnchen der Schilder. S.A Schmelzkappe. Fig. 70. Chaetostomus. Zähnchen der Schilder. S.K Schmelzkappe. Fig. 71. Galenapsis herxbergii. S.K Schmelzkappe. Fig. 72. Loricania. Zähnchen. S.K Schmelzkappe. Nachdruck verboten. Übersetzungsrecht vorbehalten. Der Dipterenflügel nicht meso-, sondern metathoracal? Eine neue morphogenetische Deutung des Dipterenthorax. Von Dr. H. J. Feuerborn. Privatdozent und I. Ass. am Zool. Inst. der Univ. Kiel. Mit 5 Abbildungen im Text. Über die Vorgänge bei der Metamorphose der holometabolen Dipteren, soweit sie sich im Innern des Larven- und Puppen- körpers abspielen, sind wir im wesentlichen gut unterrichtet, vor allem durch die grundlegenden Arbeiten Weısmann’s (13, 14). Wie sich dagegen die Umbildung der äußeren Körperform, im be- sonderen der Aufbau des imaginalen Thorax vollzieht, ist noch durchaus nicht geklärt. Schon PALMÉN (10) hat auf das Irrtümliche der Ansicht WEısmann’s hingewiesen, nach der bei der Bildung der Corethra-Puppe das letzte Abdominalsegment verloren gehe. PALMÉN hat ganz richtig erkannt, daß es das erste Ab- dominalsegment ist, welches der Puppe u. Imago als solches fehlt, und daher — wohl als Erster — die Behauptung aufgestellt, dab der imaginale Thorax der Corethra und wahrscheinlich auch der übrigen Dipteren aus vier Segmenten zusammengesetzt sei. Seitdem wird meist [vgl. Berrese (1)| das erste Abdominal- segment bei den Imagines der Dipteren als fehlend angenommen, ohne daß über den Verbleib desselben oder seine Beteiligung an der Bildung des Thorax ein sicherer Nachweis vorliegt. Neuerdings 530 H. J. FRUERBORN, hat Künnere (8) wieder behauptet, daß der Thorax der Dipteren nur aus 3 Segmenten bestehe. Wie verhält es sich mit diesen sich widersprechenden Auffassungen, mit anderen Worten, wo bleibt das erste Abdominalsegment? Untersuchungen an Psychodiden boten Gelegenheit, dieser Frage nachzugehen, und führten zu Ergebnissen, die eine Beant- wortung gestatten und hier in Kürze mitgeteilt seien. 1. Die systematische Bearbeitung von etwa 50 Psychodiden- Species (Psychoda, Pericoma, Ulomyia) ergab, daß dem Habitus der sämtlichen Larven und Puppen ein ganz bestimmter Organisations- - plan zugrunde liegt, der sich vornehmlich in der Zahl und An- | ordnung von Chitinplatten und Borsten äußert. Wo bei den Larven eine stärkere Modifikation vorliegt, lassen stets die Puppen das gleiche Schema erkennen. Es ist daher möglich, einen „Typ“ der Psychodidenlarve aufzustellen, dessen phylogenetischer Wert hier . nicht erörtert werden kann. Daß diesem Typ große Bedeutung für morphogenetische Untersuchungen zukommt, braucht kaum betont zu werden und wird sich im folgenden zeigen. Die beigegebenen Figuren lassen genügend Einzelheiten er- kennen, so daß es zur Kennzeichnung dieses Types, der an jeder Psychodidenlarve und -puppe nachgeprüft werden kann, nur noch kurzer Hinweise bedarf. Nach der bisherigen Auffassung [vgl. . Mrazz-WaALkER (9) oder Braver (2), fig. 18—20]1), an die wir uns zunächst halten wollen (arabische Zahlen der Fig. A), besteht der Körper der eucephalen, amphipneustischen Psychodidenlarve aus 11 Segmenten, von denen die ersten 4 sekundär in je 2, die folgenden in je 3 Ringe geteilt sind, das letzte einfach und zu einem mehr oder weniger ausgeprägten Atemrohr umgebildet ist. Jeder Körperring trägt dorsal in der Regel eine Chitinplatte, auf der die dorsalen Borsten („Tergalborsten“) inseriert sind. Man kann 2 Arten von „echten“ (d. h. konstant vorhandenen und mit Basalring ver- sehenen) Borsten unterscheiden, ,,Hauptborsten“ und „Nebenborsten“. 1) Die Arbeit von MARG. ZUELZER, Beitrag zur Kenntnis der Ent- wicklung von Psychoda sexpunctata Curtis, der Schmetterlingsmücke, in: Mitt. Prüf.-A. Wasserversorg. u. Abwässerbeseitig., 1909, Heft 2, ist zu ungenau, um für etwaigen Vergleich in Betracht zu kommen. Auch die WALKER’schen Figuren lassen die wesentlichen Merkmale nicht ge- nügend erkennen, ein Mangel, der bei allen bisherigen Darstellungen zu- tage tritt. Der Dipterenflügel nicht meso-, sondern metathoracal ? Beide Arten verhalten sich meist ver- schieden. Die Platte des letzten Ringes eines jeden Abdominalsegmentes ist stets als ,Hauptplatte“ („Metatergalplatte“) erkennbar, sie trägt 8 Hauptborsten und 4 Nebenborsten in bestimmter An- ordnung, stets ist jederseits eine „Doppel- borste“ vorhanden. Die Platte des vor- hergehenden Ringes sei als „Protergal- platte“ bezeichnet, ihre 6 Nebenborsten stehen bei der Puppe nahe dem Vorder- rande des Tergits, so dab die Platte des vorderen Ringes („Intertergalplatte“) als nicht eigentlich zum Tergit gehörig bezeichnet werden kann. Letztere trägt keine echten Borsten, eine Borste in der Furche zwischen ihr und der Protergal- platte findet sich bei der Puppe in der Intersegmentalfalte. Es ergeben sich für die Dorsalseite eines jeden Segments Erklärung der Figuren. Für alle Figuren gültige Abkürzungen: arabische Zahlen — alte Segmentbezeichnung;; römische Zahlen — neue Segmentbezeichnung. VSt Vorderstigma HSt Hinterstigma PtSt Postthorax-Stigma PB Pleuralborste PDB Pleurale Doppelborste PNB Pleurale Nebenborste TB Tergalborste TDB Tergale Doppelborste THB Tergale Hauptborste TNB Tergale Nebenborste StB Sternalborste PstB Prosternalborste MstB Metasternalborste Angehängte römische Zahlen bezeichnen das Segment. Fig.A. „Typ“ einer Psychodidenlarve, dorsal. Die tergalen Borsten sind nur an den Seg- menten /X—XIII eingezeichnet, an den übrigen Segmenten ist ihre Insertion angedeutet; XJ mit einigen „akzessorischen“ Borsten. ITP Intertergalplatte, PTP Protergalplatte, MTP Metatergalplatte, SS Siphonalsegment. 531 532 H. J. FEUERBORN, also insgesamt 20 Borsten. Diese 20 echten Borsten finden sich bei allen Larven, auch wenn die Platten ganz oder teilweise reduziert sind, oder die Beborstung durch Hinzutritt von „akzessorischen“ Borsten stark verändert ist. Falls Zahl und Stellung der echten Borsten etwa bei der Larve schwer erkennbar sind, findet sich — wie schon erwähnt — stets bei der Puppe das Schema deutlich aus- geprägt. Betrachten wir nun die vorderen Segmente, so läßt sich an den Segmenten 2—4 dieselbe Borstenzahl feststellen, die Intertergal- platte fehlt diesen Segmenten. Wie verhält es sich nun mit den beiden Platten des 1. Segmentes? Schon die Größe der vorderen Platte, die in der Regel der der hinteren wenig nachsteht, sie bis- weilen sogar übertrifft, deutet an, daß es sich nicht um eine .Protergalplatte“ handelt, eine solche trägt auch stets nur die 6 Nebenborsten. Hier sind auf der ersten Platte regelmäßig wenigstens 14, auf der zweiten 12 Borsten vorhanden, so dab kein Zweifel darüber bleibt, daß es sich um gleichwertige bzw. 2 Metatergalplatten handelt. Dabei muß angenommen werden, daß mit dem Verlust der Protergalplatten auch einige Borsten an der Summe von je 20 verloren gegangen sind (die sich auch zum Teil noch zwischen den Chitinhöckern vor den Platten nachweisen lassen). Es sei nebenbei bemerkt, daß die 3 vorderen Platten in der Mitte geteilt sind; hier spaltet die Larvenhaut bei der Häutung. Lateral findet sich für jedes Segment die Borstenzahl 4 als feststehend. Stets sind eine etwas dorsal inserierte „Doppelborste“ und 2 sich gleich verhaltende Nebenborsten vorhanden, von denen die eine am 4.—10. Segment an den ersten Ring verlegt ist, die 3 andern gewöhnlich auf gemeinsamer kleiner Platte stehen. Das erste Segment hat eine überzählige Borste, ventral von dem meist tubenförmigen Stigmenanhang des 2. Ringes. Also auch hier haben wir ein Anzeichen dafür, daß es sich nicht um ein den übrigen gleichwertiges Segment handelt. Es ist vielmehr anzunehmen, daß der Stigmenanhang an die Stelle von 3 Borsten getreten ist (wie das zu erklären ist, kann hier nicht ausgeführt werden). Jedenfalls kann unter Berücksichtigung des von den Tergalplatten Gesagten kein Zweifel obwalten, daß das bisherige erste Segment in Wirk- lichkeit aus zwei Segmenten besteht. In dem ersten Ring haben wir den Prothorax, in dem zweiten den Meso- thorax vor uns. Das Vorderstigma ist also meso- thoracal. Es möge hier kurz auf die Unklarheiten hingewiesen werden, Der Dipterenflügel nicht meso-, sondern metathoracal ? 533 die über das vordere Stigmenpaar der Insecten herrschen. Wie von WEISMANN (13) und PALMÉN (10) festgestellt worden ist, besitzt kein ausgebildetes Insect ein prothoracales Stigma. Beide Forscher waren der Ansicht, daß das ,prothoracale“ Stigma der Larven und Puppen vieler höherer Insekten bei der Metamorphose verloren gehe. Nach PALMÉN sind auch noch prothoracales Larvenstigma und „Pro- thoracalhorn“ der Dipteren- i -PRr puppen voneinander unab- © hängig. Daß diese beiden TT q SB -VSt Stigmen genetisch zu- Be ee nn sammengehören, ist von DEMEIJERE(Ö)nachgewiesen, der aber ebenfalls das pu- IH a N PI pale Stigma als prothoracal ‘ B \ : en , wees (Be bezeichnet. Das imaginale de Side, ret Stigma bildet sich an der / Su ( E Bw Basis der ,Filzkammer“ ty vol” -| Fe KR dieses „Prothoracalhorns*“, / pIeC müßte also, da die Stigmen \ ihre Segmentzugehörigkeit ne bewahren, prothoracal sein. oo 2 Fa o% ER KRANCHER (7) hält in der N = eth EBv Tat das vordere Stigma 3) hoo? Tsth \ à der Dipteren-Imagines ee en Bar für prothoracal, indem er “ $ sich auf die Bemerkung Fig. B. PALMÉNS beruft, daß der Vorderende der Larve vop Pericoma nubila Mxta., Prothorax nur dann kein ventral. Die Reihen von kleinen Plättchen kenn- zeichnen die ventralen Furchen. Stigmaträgt,wennderMeso- „ jaterale Borste der vorderen Sternalgruppen. thorax mit einem solchen MdMandibel. Mx, Maxille. Mx,, B,, B,, B, Doppel- Fa À borsten der 4 vorderen Sternalgruppen. JS Ima- versehen ist. PALMEN sagt ginalscheiben (der 3 Beinpaare). aber ganz anders, nämlich, daß ein prothoracales Stigma sich „nur bei einigen Larven und bei keiner Imago als solches vorfindet. Denn es existiert nur infolge kompensatorischer Funktion, wenn das nächste Paar geschlossen ist“ (l. c., p. 105). Seitdem wir die Morphogenese der Stigmen genauer 534 H. J. FEUERBORN, kennen, unterliegt es keinem Zweifel, daß es sich stets um dasselbe Stigma handelt, und daß dies auch bei der Larve mesothoracal ist. Wenn wir in Betracht ziehen, daß bei allen Dipteren-Imagines der Prothorax sehr stark reduziert ist, so liegt es nahe, auch für die Larven ein ähnliches Verhalten anzunehmen, wodurch all die bis- herigen Unklarheiten behoben werden. Es sei bemerkt, daß für die Larve von Bibio marci neuerdings Schutz (11) zu dem Resultat gekommen ist, daß auch hier das erste „Segment“ aus 2 Segmenten verschmolzen ist und das Vorderstigma dem Mesothorax zugehört. Wir können also die Befunde an Psychodiden und Bibio dahingehend verallgemeinern, daß wir sagen: Die Reduction des Pro- thorax der Dipteren ist bereits bei der Larve vor- handen. Meist ist derselbe nicht als besonderes Seg- ment ausgeprägt, sondern mehr oder weniger innig mit dem Mesothorax verwachsen, wofern nicht über- haupt alle drei Thoracalsegmente oder sogar die ersten vier Segmente einen einheitlichen Komplex bilden. Das Vorderstigma der Larven, Puppenzung Imagines ist stets mesothoracal. Falls genügend Sorgfalt angewendet wird, wird sich ohne Zweifel auch für andere Dipteren die Richtigkeit dieses Satzes nachweisen lassen.!) Ich halte gerade die Beachtung der Stigmen für außer- 1) Daß der Nachweis im allgemeinen nicht so einfach ist, geht schon daraus hervor, daß DE MEIJERE, der neuerdings eine große Anzahl von Larven und Puppen eingehend bearbeitet hat (Beiträge zur Kenntnis der Dipterenlarven und -puppen, in: Zool. Jahrb., Vol. 40, Syst., 1917), die eigentlichen segmentalen Verhältnisse des Thoracalabschnittes nicht erkannt hat. Vielleicht bieten nur Larven von ursprünglichem Charakter, vor allem borstentragende, die Möglichkeit, den Prothorax festzustellen. Es sei z. B. auf die fig. 1 der genannten Arbeit DE MEIJERE’s hingewiesen — Vorderende der Larve von Scatopse notata L. —, die Andeutungen einer Verschmelzung von Pro- und Mesothorax verrät. Bei den Unter- suchungen ist auf genaueste Beachtung aller, auch der unscheinbarsten, Merkmale Wert zu legen. Es bleibe nicht unerwähnt, daß die hier nieder- gelegten Resultate nur durch bisweilen sehr mühevolle, auf sehr zahlreiche, auch embryonale und jugendliche Larven vieler Arten ausgedehnte Unter- suchungen gewonnen wurden. Manche Merkmale, wie z. B. die vorderen sternalen Borstengruppen der Larve, konnten nur unter Zuhilfenahme stärkster Vergrößerungen mit Sicherheit überall festgestellt werden. In den Figuren sind durchweg die Borsten deutlicher hervorgehoben, als sie meist das Präparat erkennen läßt. Und dann sei betont, daß es wichtig ist, zur Feststellung der segmentalen Gliederung die Untersuchung auf Larve, Puppe und Imago auszudehnen. Der Dipterenflügel nicht meso-, sondern metathoracal? 535 ordentlich wichtig. Falls man, wie KUNNETH es ver- sucht hat, die Stigmen der Imago für die Deutung desimaginalen Thorax ver- werten will, ist ihre Ge- nese zu berücksichtigen, um zu sicheren Resultaten zu gelangen. Ich bin — im Gegensatz zu KÜNNETH — durchaus der Ansicht, daß die Stigmen auch des imaginalen Thorax als segmentzugehürig zu be- trachten und zu bezeichnen sind, da die vergleichende Morphologie dessen nicht entraten kann. Wir wenden also nun- mehr für die Psychodiden- larve die neue Segment- bezeichnung an (römische Zahlen). Da auch das letzte Segment, das ich als „Siphonalsegment“ be- zeichne, nachweisbar aus 2 Segmenten gebildet wird, besteht der Körper der Larve somit aus 13 Seg- menten. Das hintere Stigmenpaar gehört dem XII. Segment (IX. Ab- dominalsegment) an. (Gehen wir nunmehr zur Betrachtung der Ven- tralseite über (Fig.B), so ist auch hier eine ganz kon- stante Borstenanordnung festzustellen. Am V. bis XI. Segment jeder Larve Fig. C. »Typ“ einer Psychodidenpuppe, dorsal. An den mittleren Abdominalsegmenten sind akzessorische „Dorne“ eingezeichnet. Die tergalen „Nebenborsten “ treten an der Puppe z. T. nur als helle Male auf. FS ,Flügelscheide“ HS „Halterenscheide“. ISt „Imaginales Stigma“. StN „Stigmennarbe“ (mit „Narbenstrang“). _ 536 H. J. FEUERBORN, finden sich je 10 Borsten, von denen die hintere Reihe als metasternal, die vordere als prosternal bezeichnet werden möge. Besonders hervorzu- heben ist die metasternale „Doppelborste“ jederseits. Die vorderen 4 Segmente verhalten sich etwas anders, hier findet sich je eine Gruppe von 12 Borsten. Es sindin diesen 4 Gruppenalso die Werte von 4 Sterniten vorhanden, entsprechend der neuen Deutung der Segmente. Aber — und damit kommen wir zu einer zunächst dieser Deutung entgegenstehenden Tatsache — diese Sternite oder sternalen Werte entsprechen nicht den dorsalen und late- ralen Werten, wie wir sie oben auffaßten. Sehen wir uns reifende Larven von der Ventralseite an, so finden wir die Anlagen der 3 Beinpaare als runde Imaginalscheiben genau unter den „Doppelborsten“ des IIL.—IV. Segmentes, also die Imaginalscheiben des hinteren Beinpaares an der Ventralseite des I. Abdominalseg- ments! Nun gehören aber, wie Puppe und Imago unverkennbar zeigen, das 1. Beinpaar unbedingt zur lateralen Borstengruppe des 1. Ringes, das 2. Paar zum stigmentragenden Segment. Wie ist die Lage der Imaginalscheiben der 3 Beinpaare, die auch die alte Auf- fassung der Segmente verursacht hat, zu erklären ? Es bedarf zur Beantwortung dieser Frage nur einer Voraus- setzung, die aber den Vorzug besitzt, daß sie zugleich die Lösung anderer Probleme in sich birgt. Der Imago fehlt') das Sternit des I. Abdominalsegments. Die Annahme, dab dasselbe während der Metamorphose verloren gehe (was übrigens nachweisbar sein müßte!) ist durchaus gezwungen. Es hat vielmehr die Auffassung größte Wahrscheinlichkeit für sich, daß das Sternit des L Abdominal- segments bereits während der Embryonalentwicklung zurückgebildet wird bzw. nicht zur Entfaltung kommt. Gleichzeitig rücken die Sternite der vorhergehenden Segmente nach hinten. Die vordere Gruppe von Borsten stellt also den Sternalwert des 2. Maxillarsegments dar, die „Doppelborsten“ dieser Gruppesind vermutlich denhinterenMaxillenhomolog, welche am Kopf der Larve fehlen. (Auf die Deutung der Borsten soll hier nicht näher eingegangen werden. Aber es möge als interessant und für die besagte Auffassung der „Doppelborsten“ 1) Wenn von „Fehlen“ eines Sternits gesprochen wird, so soll damit nur eine Reduction in dem Maße bezeichnet werden, daß keine äußerlich erkennbaren Werte desselben vorhanden sind. Ein völliges Verschwinden oder Fehlen eines Sternits ist zum mindesten unwahrscheinlich. Der Dipterenfliigel nicht meso-, sondern metathoracal ? 537 der Sternalgruppen als Homologa von Extremitäten sprechend hervor- gehoben werden, daß bei der Puppe die innere Borste der Doppel- borste jederseits an den Abdominalsegmenten zum kräftig entwickelten, auf längerem Fuß gelenkig inserierten „Kriechstachel“ wird. Am IX. Abdominalsegment ist es die äußere Borste, sie entspricht den Gonopoden der Imago!) 1) Ich habe versucht, über die Verschiebung der sternalen Gruppen durch genaue Untersuchung der Stellung der Borsten Aufschluß zu erhalten, aber selbst bei eben geschlüpften Larven, soweit überhaupt bei diesen unter der dichten Behaarung echte Borsten als solche erkennbar waren, dieselbe Anordnung vorgefunden. Immerhin gibt die Stellung der Borsten an den vorderen Segmenten gewisse An- zeichen für eine Verschiebung. Die gestrichelten Linien der Fig. B deuten eine Möglichkeit an, bei der die lateralste Borste (a) als stehengeblieben angenommen wird. Es bleiben für die 3 beintragenden Sternite bei dieser Auffassung je 12 Borsten; die höhere „Wertigkeit“ dieser Sternite gegenüber den übrigen erklärt vielleicht die größere Borstenzahl. Die neue Auffassung der ventralen Verhältnisse gibt zugleich eine Erklärung für die hinsichtlich ihrer inneren Bedingungen bis- her richt genügend gewürdigte und geklärte Tatsache, daß sich bei der Bildung der Puppe der Kopf an die Ventralseite des Prothorax 1) Es sei bemerkt, daß KEILIN (Sur certains organes sensitifs constants chez les larves de Diptéres et leur signification probable, in: CR. Soc. Acad. Sc. Paris, Vol. 153, 1911) bei einer sehr großen Zahl von Dipteren- larven in bestimmter Anordnung vorhandene „poils sensitifs“ festgestellt hat, von denen besonders eine Gruppe, die er als „formation pleurale“ be- zeichnet, stets konstant ist. Diese „formations pleurales* „sont toujours placées dans le voisinage immédiat des disques imaginaux des pattes; ne seraient-elles pas un dernier vestige des pattes larvaires? Cette hypo- thèse paraît vraisemblable, car, si l’on examine des larves à pattes. très rudimentaires, telles qu’on en trouve dans certaines familles de Coleo- ptères (Larinus maculosus, Balaninus nucum et autres), on voit ces rudi- ments, sous forme de petits mamelons, incapables de servir à la locomotion, et néanmoins surmontés de poils sensoriels. Ainsi les pattes des larves d’insecte, à la fois organe ambulatoire et sensitif, pourrait disparaître en tant qu’organe ambulatoire, mais persisterait toujours en tant qu’organe sensoriel“ (l. c., p. 978). Die „poils sensitifs“ KEILIN’s sind zweifellos. den „echten Borsten“ der Psychoda-Larve homolog. Daß es sich im all- gemeinen um Sinnesborsten handelt, darf angenommen werden. Solange aber über die Wertigkeit im einzelnen keine Sicherheit herrscht, diirfte die von mir gewählte Bezeichnung „echte Borsten“ vorzuziehen sein. 538 H. J. FEUERBORY, verlagert und auch bei der Imago die thoracalen Sternite eine Ver- schiebung nach hinten aufweisen. Wenn wir Puppe und Imago von der Seite betrachten, erscheint es eigentlich überflüssig, noch weitere Beweise (für die in erster Linie Nerven- und Muskelsystem heran- zuziehen wären) für die Richtigkeit unserer Auffassung zu fordern. Man kann vielmehr sagen: DieImago bzw.ihre Morphogenese beweist die Richtigkeit derselben. Die eigentlichen Segmentgrenzen, wie sie durch die Verschiebung der Sternite innerlich vorhanden sein müssen, lassen sich bei der Larve äußerlich nicht erkennen. Die ventralen Querfurchen, die die Ringe abgrenzen, entsprechen nicht genau den dorsalen Furchen, die vorderste sternale Gruppe bildet in der Regel einen eigenen Wulst. Man darf annehmen, daß die ventralen Furchen sich sekundär gebildet haben.!) Bei der Bildung der Puppe tritt die Abgrenzung in der Weise ein, wie sie gefordert werden muß. Mag übrigens die besagte Deutung der ventralen Borstengruppen zunächst als begründet oder nicht begründet angesehen werden, die neue Auffassung der vorderen Segmente, soweit siedurch dietergalen und lateralen Borsten gekennzeichnet ist, hat unbedingte Gültig- keit, da sie sich auch für die Puppe und Imago in jeder Hinsicht bewährt und nur durch sie eine eindeutige Lösung der segmentalen Verhältnisse ermöglicht ist. Gehen wir gleich zur Betrachtung der fertigen Puppe über. 2. An der Puppe(Fig.Cu.D)sinddiesternalen Verhältnisse des Thorax nur selten und nur bei ganz durchsichtigen Präparaten zu er- kennen. Aber dielateralen und dorsalen Teile sind leicht zu deuten, wir brauchen nur, von vorn oder hinten her, die Borsten bzw. Borsten- gruppen abzuzählen, um uns über den Verbleib der larvalen Segmente zu orientieren. Dicht über dem ventralwärts verlagerten Kopf ist als schmaler Querwulst, an dem man sämtliche Tergal- und Pleural- borsten wiederfindet, der Prothorax sichtbar. Durch Vergleich mit der Imago erkennen wir ihn ohne weiteres als solchen, wodurch die Deutung des larvalen Prothorax als richtig er- wiesen ist! Meso- und Metathorax sind dorsal miteinander ver- schmolzen. Die Grenzen ihrer Tergite sind aber bei manchen Puppen an Reihen kleiner Wärzchen zu erkennen, wobei sogar die beiden Hälften der metathoracalen Protergalplatte angedeutet sind. Der Häutungsspalt (Rhaphe) ist hier bis an die hintere Grenze des Meta- l) Ich möchte vorschlagen, diese vorderen Segmente der Larve als „gefälschte Segmente“ zu bezeichnen. Der Dipterenflügel nicht meso-, sondern metathoracal ? 539 thorax verlängert. Die 4 Pleuralborsten des Metathorax stehen an der vorderen Basis der Flügel, die Imaginalscheiben der Flügel liegen bei der Larve an derselben Stelle, d. h. am Metathorax. Da für die pleuralen ebenso wie für die tergalen Borstengruppen Keine Verschiebung nach hinten an- genommen werden kann, unter- liegt es keinem Zweifel: Die Flügel gehörendem Meta- thorax an! Am Mesothorax finden sich neben den Narben der larvalen Stigmen die pupalen Ateman- hänge. Wir dürfen diese Anhänge aber nun nicht mehr mit de MELJERE „Prothoracalhörner“ nennen, sondern bezeichnen sie besser als Vorderstigmen oder einfach „Thoracalhörner“. An den Metathorax schließt sich hinten das 1. Abdominal- segmentan. Präsegmental-lateral hat sich an diesem Segment ein »Tüpfelstigma“ (pe MEIJERE) entfaltet, während dieStigmen der übrigen Abdominalsegmente, die bei der Larve durch dünne „Narbenstränge“ angedeutet sind, auch bei der Puppe und Imago nicht zur Ausbildung kommen. Das Tergit des I. Abdominal segments verjüngt sich seitlich Fig. D. | : ; mn wLyp einer Psychodiden-Puppe, Vorder- in die „Halterenscheiden“ (die ende, lateral. Gestrichelte Linien geben Bezeichnung hat natürlich nur den Umriß der Imago an. deskriptive Berechtigung), an H Halteren. deren Wurzel vorn die pleurale Borstengruppe steht. Es gehören also die Halteren dem I. Abdominalsegment an. Parm£n hat für das Stigma des I. Abdominalsegments der Dipteren'), dessen Vorhandensein er vermutet, die Bezeichnung 1) Wahrscheinlich besitzen sämtliche Dipterenpuppen, wenigstens die Zool. Jahrb. 42. Abt. f. Anat. 36 540 H. J. FEUERBORN, „Postthoraxstigma“ (1. c., p. 60) vorgeschlagen. Es ist vielleicht an- gebracht, dieses Segment überhaupt, dem, wie schon gesagt, das Sternit fehlt, als „Postthorax“ (bzw. „Postnotum“) zu be- zeichnen, da seine Vereinigung mit dem Thorax bei den höher ent- wickelten Dipteren überaus innig ist. 3. Der Thorax der Imago bereitet nach dem Gesagten der morphologischen Deutung im allgemeinen keine Schwierigkeit mehr. Das Mesonotum hat sich stärker entwickelt und das Metanotum zu einem schmalen Wulst (dem bisherigen „Scutellum“) zurückgedrängt. Das „Postnotum“ hat sich nach innen und hinten bogenförmig ein- gefaltet (der Vorgang ist bei der Puppe zu verfolgen), im hinteren Abschnitt ist dieser Bogen (Phragma) durch eine innere Querfalte noch besonders verstärkt. Mesonotum und Postnotum bilden so die Ansatzflächen für 4 voluminöse, zum Tragen des Abdomens und für die indirekte Flügelbewegung bestimmte Muskeln. Der bogige Querwulst des Metanotums, der nach vorn dem Hinterrande des Mesonotums festen Halt bietet und durch die Pleuralplatten in Verbindung mit den beiden hinteren Beinpaaren und dem Seiten- rande der Postnotumfalte steht, bildet eine ideale Befestigung des Ganzen, so daß sich schon rein mechanisch betrachtet der Thorax der Imago als ein überaus vollkommenes Gebilde repräsentiert. Ein Blick auf die Fig. E läßt nun auch die Bedeutung der Halteren erkennen. Jede Veränderung der Stellung des Abdomens zum Thorax überträgt sich auf den dorsal gelegenen schmalen Tergit- bügel des Postthorax und damit auf die Basis der an der lateralen Ecke dieses Bügels inserierten Halteren. Die Halteren sind offenbar ein statisches Organ, das die Bewegungen des Abdomens registriert und die zur Erhaltung des Gleichgewichts erforderliche Stellung desselben gewährleistet, vielleicht auch durch die Eigen- bewegung geringe Schwankungen momentan ausgleicht. Die Chordo- tonalorgane an der Basis der Halteren gaben schon WEINLAND (12) Orthorhaphen, dieses Stigma, für die Culiciden und Chironomiden ist es sicher. Es handelt sich nicht um ein offenes, sondern ein „Tüpfelstigma“, das also dem ,,Thoracalhorn“ homolog, aber nicht wie dieses als Anhang ausgebildet, sondern tellerartig in der Puppenhaut ausgebreitet ist. Es entgeht leicht der Beobachtung, am besten läßt es sich in der leeren Puppenhülle finden. Wie mir scheint, hat bisher nur THIENEMANN dieses Stigma beobachtet und abgebildet und zwar als „metathoracales Stigma (?)“. (THIENEMANN, A., Orphnephila testacea MACQ. Ein Beitrag zur Kenntnis der Fauna hygropetrica, in: Ann. de Biol. lac., Tome IV, 1909.) Der Dipterenfliigel nicht meso-, sondern metathoracal ? 541 Anlaß zu der Auffassung, daß es sich hier um ein Organ zur Wahr- nehmung verschiedener Zug- und Spannungsverhältnisse handelt, wie sie beim Bewegen einzelner Körperteile gegeneinander auftreten. Für die zweiflügeligen Insecten muß ein solches Organ erhöhten Wert gewinnen. Daß mit obiger Auffassung die ganze Bedeutung I ARpmMmyH Ph Fig. E. Imago (3) von Psychoda sexpunctata Curr., lateral. Flügel und Beine entfernt, Antenne teilweise. Msn Mesonotum. Min Metanotum (,.Scutellum“). Pén Postnotum (durch stärkere Umrandung hervorgehoben. PL, Pls Pleura (Epimerum). Epst,, Epst, Episternum. St,, St, Sternum des Meso- und Metathorax. Co,, Coz, Co; Coxen der 3 Beinpaare. FA Flügelansatz. BD „Bereitschaftsdrüse“. Ph Phragma. H Haltere. TM meso- thoracal-abdominaler Längsmuskel, ventrale Grenzlinie. An Anus. BR Basalring. - CP Cercopoden. GP Gonopoden. P Penis. PS „Penisstütze“. des Anhangs erschöpft sei, soll natürlich nicht behauptet werden. Meiner Ansicht nach ist bisher die Lage der Halteren nicht genügend berücksichtigt worden, und bei neuen Untersuchungen diesem Gesichtspunkt Rechnung zu tragen. Zweifellos hat auch das dicht neben der Basis liegende, durch eine dünne Membran sekundär geschlossene, also für die Atmung mutmaßlich kaum in Betracht kommende Stigma eine besondere Bedeutung. Ob nicht Halteren 36* 542 H. J. Fruerzory, und die ähnlich gelegenen „Tympanalorgane* der Orthopteren und Hemipteren morphologisch und physiologisch verwandte Bildungen sind? — Daß übrigens Flügel und Halteren aus gleich- artigen Imaginalscheiben sich bilden, bleibt bestehen. Ob es sich um homologe Anlagen handelt, muß hier unerörtert bleiben. Der Prothorax der Imago besteht aus einer flachen, in der Frontal- ansicht fast quadratischen Platte, die mitsamt den Vorderbeinen leicht vom Körper abgetrennt werden kann. Die pleuralen Grenzen des Meso- und Metathorax sind bei Psychoda schwer mit Sicherheit festzustellen, die in der Figur angegebene Deutung dürfte aber an- nähernd das Richtige treffen. Vor der vorderen Flügelwurzel findet sich ein mehr oder weniger umfangreicher faltiger Wulst, in dem Muskeln inserieren. Ich halte diesen Wulst nicht für einen rudimentären mesothoracalen Flügel, sondern für eine vielleicht durch die Ver- schiebung des Mesonotums hervorgerufene Faltung, die zu der vorderen Wurzel des Flügels in Beziehung tritt. Dicht über der hinteren Flügelmembran bemerkt man bei beiden Geschlechtern einen stark chitinisierten Zapfen, der (besonders distal) mit feinen Haaren besetzt ist. Ich habe dieses Organ zunächst für ein metathoracales Stigma gehalten, bis mich Querschnitte belehrten, daß das Innere des Zapfens aus drüsigen Zellmassen besteht. Man kann, besonders bei Ulomyia- und Pericoma-Arten die Beobachtung machen, daß die Männchen ihre Absicht zur Begattung durch heftiges Rütteln, die Weibchen ihre Bereitschaft durch kurzen 1—2 maligen Flügelschlag kundgeben. Beide Äußerungen sind von momentaner Wirkung, auch wenn die Partner sich nicht sehen können; es muß sich also um einen Riechstoff handeln, dessen Ausströmen zu dem Flügelschlagen in Beziehung steht. Ich halte besagten Zapfen für die lange vergeblich gesuchte Drüse, die ich ,Bereitschaftsdrüse“ nennen möchte. *) Die neue Erkenntnis über den Aufbau des Dipterenthorax, wie sie hier kurz dargelegt wurde, beseitigt endlich die Schwierigkeiten, vor die jeder Dipterologe sich gestellt sah, sobald er sich über segmentale Gliederung der Larve, Puppe und Imago klar zu werden suchte. Es ist nicht meine Absicht, hier daran weitergehende Er- örterungen anzuknüpfen, da eine besondere Arbeit dazu Gelegenheit geben wird. Es sei nur eine kurze Bemerkung gestattet. 1) Näheres darüber in meiner demnächst im „Arch. f. Naturgesch.“ er- scheinenden Arbeit über den „sexuellen Reizapparat“ der Psycho- diden, Der Dipterenfliigel nicht meso-, sondern metathoracal ? 543 Ich erkläre die Insertion des einen Fliigelpaares der Dipteren am Metathorax und die Verschiebung der thoracalen Sternite nach hinten aus der Tendenz, die Insertion der zum Tragen des Körpers bestimmten Anhänge dem Schwerpunkt desKörpers zu nähern. Diese Tendenz äußert sich hinsichtlich der Beine am stärkten unter den höheren Insecten bei den Coleo- pteren. Es wäre merkwürdig, wenn nicht auch die Larven der Coleopteren ähnliche sternale Verhältnisse (d. h. „gefälschte“ Segmente) aufweisen sollten, wie sie die Psychodidenlarve zeigt. 1) Der Nachweis einer Verschiebung der vorderen larvalen Sternite nach hinten ist unzweifelhaft das wichtigste Ergebnis, das uns diemorphogenetische Betrachtung der Psychodiden geliefert hat. Es ergibt sich daraus ein ganz neuer Gesichtspunkt für die Deutung der vorderen Körpersegmente. Was die Beteiligung von Abdominalsegmenten an der Bildung des Thorax betrifft, so ist eine solche auch für die apocriten Hymeno- pteren bereits nachgewisen. Es ist dringend erwünscht und der Zweck dieses Hinweises, daß nach den oben gegebenen Gesichts- punkten die Morphogenese des Thorax nicht nur bei anderen Dipteren, sondern auch bei den übrigen höheren Insekten nachgeprüft wird. Schon das so wenig beachtete „Scutellum“ der Hymenopteren läßt ver- muten, dab sich manche bisherige Auffassung als irrig erweisen dürfte. 5. Zur Erläuterung der Fig. E erscheint es nötig, eine kurze Erklärung des Abdominalendes der Imago anzuschließen. Bei vielen Dipteren findet sich eine von BRuEL (3) entdeckte Asymmetrie der männlichen Geschlechtsorgane, besonders des Aus- 1) Für die Imagines der Coleopteren ist das Fehlen des I. abdomi- nalen Sternits allgemein, besonders durch die Arbeiten VERHOEFF’s fest- gestellt (vgl. VERHOEFF, K. W., „Zur vergleichenden Morphologie des Abdomens der Coleopteren und über die phylogenetische Bedeutung des- selben, zugleich ein zusammenfassender kritischer Rückblick und neuer Beitrag“, in: Z. wiss. Zool., Vol. 117, Heft 1, 1917). Verschiedentlich ist für die abdominalen Sternite der Coleopteren eine Verschiebung nach hinten behauptet worden. VERHOEFF, der eine solche Behauptung als „ganz ungeheuerlich“ (1. c., p. 136) bezeichnet, ist im Recht, wenn er sie für das Abdomen ablehnt, da für eine Verschiebung abdominaler Sternite keinerlei innere Ursache als causa movens ersichtlich ist. Für den Thorax der Coleopteren ergeben sich aber zweifellos ähnliche Ver- hältnisse, wie für den Thorax von Psychoda, wenn wir uns z. B. diesen Thorax dorsoventral zusammengedrückt vorstellen, so daß sich Sternit und Tergit einander nähern. Selbstverständlich bewahren Sternit und Tergit eines Segmentes ihre morphologische Zusammengehörigkeit. 544 H. J. FEUERBORN, führungsganges in Form einer Drehung um den Darm, für die bisher eine Erklärung fehlt. Vielleicht können die Psychodiden den Weg zur Lösung auch dieses Rätsels angeben. Auch bei Psychoda dreht sich das Vas deferens von der Ventralseite an die Dorsalseite des Enddarmes, was von DELL (4) und Kocx (6) übersehen worden ist. Die Ursache dieser Drehung bei Psychoda liegt in einem überaus eigenartigen Verhalten des Hypopygiums. Dieses ist durch die Aus- bildung eines geschlossenen Basalringes (IX. Abdominalsegment), mit dem das X. Abdominalsegment fest verwächst, und durch die Insertion der Muskeln des Apparates an der „Penisstütze“ (Apodemes) zu einem sehr vollkommenen und gewissermaßen selbständigen Gebilde ge- worden, das sich nach dem Ausschlüpfen der Imago um 180° um seine Längsachse dreht, so daß die Geschlechtsöffnung (Penis) dorsal und After nebst Hinterstigmen ventral zu liegen kommen. Ein dorsaler und ein ventraler Muskel bewirken die Drehung und halten den Apparat dauernd in dieser Stellung. Die Drehung tritt nicht etwa erst bei der Begattung ein, sondern findet sich bei sämtlichen, oft kurz nach dem Ausschlüpfen getöteten Imagines, während bei der Puppe natürlich die ursprüngliche Lage vorhanden ist. Äußerlich sind keinerlei Anzeichen dieser Drehung bemerkbar, so daß alle bis- herigen Psychodidenforscher die Cercopoden als ,ventrale“, die Gonopoden als „dorsale* Anhänge bezeichnet haben. Zweifellos ge- hört dies „Hypopygium inversum“, das eine vollendete An- passung an den Legeapparat der Q Imago darstellt, zu den inter- essantesten Gebilden des immer von neuem durch seine Viel- gestaltigkeit überraschenden Insectenkérpers. Es wird demnächst eingehender darüber berichtet werden. Kiel, Zoologisches Institut der Universität. Nachtrag während des Druckes. An anderer Stelle werde ich in kurzem einige Ergänzungen zu vorstehenden Ausführungen bringen und versuchen, die neue Deutung auch auf die übrigen Insecten auszudehnen. Es hat sich gezeigt, daß bei konsequenter Anwendung der an Psychoda gewonnenen Gesichtspunkte gefolgert werden muß, daß die angenommene Ver- schiebung der thoracalen Sternite ein allgemein gültiges Organisations- prinzip ist. Die Schwierigkeiten, die sich daraus ergeben, vermögen Der Dipterenfliigel nicht meso-, sondern metathoracal ? 545 nun zwar nicht, die hier vertretene Auffassung ohne weiteres als falsch darzutun, diirfen aber nicht verkannt werden. Den Kernpunkt der Frage bildet die Bedeutung des von mir als Mesothorax an- gesprochenen stigmatragenden Thoracalabschnittes. Es bleibt die Möglichkeit, in ihm ein sternitloses, aber in seinen dorsalen und pleuralen Teilen hochwertiges Intercalarsegment (Complementärsegment, KoLgE) zu erblicken, das bald zum Prothorax, bald zum Mesothorax in engere Beziehung tritt. Es wird sich zeigen müssen, welche Theorie den Vorzug verdient. Bis zu einer vollen Bestätigung meiner Auffassung durch ein- gehende Untersuchung anderer Objekte und der anatomischen Ver- hältnisse der Thoracalsegmente im Hinblick auf meine Deutung möge diese als „Arbeitshypothese“ betrachtet werden. Keinerlei Zweifel besteht über die Lage des 2. Maxillarsternites bei der Larve von Psychoda. Literaturverzeichnis. . 1. BERLESE, Gli Insetti, Vol. I, Milano, 1909. BRAUER, Die Süßwasserfauna Deutschlands, Heft 2A., Diptera, 1910. 3. 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Das kann nur geschehen, wenn ein solches Lehrbuch weder als ein Bestimmungsbuch, noch als” ein Fossilienkatalog gedacht ist, sondern einerseits die stammesgeschichtliche und anderseits die erdgeschichtliche Bedeutung der fossilen Tiere berücksichtigt: — Für den Zoologen sowohl wie für den Geologen ist es ferner von größter Wichtig- keit, die Beziebungen zwischen Tier und Umwelt kennen zu lernen, da nur auf diesem _ Wege ein Einblick in die treibenden Ursachen der Umformung und Entwicklung der « Lebewesen im Laufe der Erdgeschichte gewonnen werden kann, En 3 Diesen Grundsätzen sucht das neue Lehrbuch des Wiener Paläobiologen gerecht M zu werden. Gruppen, die für den Geologen keine besondere Wichtigkeit haben, wie die = ” Insekten, und die auch in stammesgeschichtlicher Hinsicht nicht besonders wichtig sind, wie die Korallen oder die Gastropoden, konnten daher kürzer behandelt werden als die übrigen Gruppen der fossilen Tiere. Da der Anfänger nicht in der Lage zu sein pflegt, das Wichtige vom Unwichtigen zu scheiden, ist bei der Auswahl der eingehender be- — sprochenen Formen überall darauf Bedacht genommen worden, die stammesgeschichtlich und erdgeschichtlich wichtigen Gattungen und Arten eingehender zu besprechen und andere, unwichtigere, zu vernachlässigen. EN Die Darstellung wird durch vorzügliche und sorgfältig ausgewählte Abbildungen in reichem Maße unterstützt; besonders hervorzuheben ist die große Zahl der vom Ver- fasser gezeichneten Rekonstruktionen und der Originalaufnahmen. - x Die Vervollkommnung in der lebenden Natur. Eine Studie über ein Naturgesetz. Von Dr. Victor Franz. Professor der phylogenetischen Zoologie an der Universität Jena. (VI, 138 S. gr. 8°) ; Mk 15.— Inhalt: Vorwort. Einleituug. I. Geschichte des Vervollkommnungs- gedankens. 1. Altertum: Der Vervollkommnungsgedanke ist noch kaum vor- — handen. 2. Mittelalter und. ältere Neuzeit: Der Vervollkommnungsgedanke wird” meist auf Organismen und Unbelebten angewendet. 3. Goethezeit bis Gegenwart: Der Vervollkommnungsgedanke wird nur noch auf das Organismenreich angewendet. Rückblick. — II. Neuzeitliche Kritik des Vervollkommnungsgedankens, Vor Darwin. Seit Darwin. Rückblick. — III. Der naturwissenschaftliche Inhalt des Vervollkommnungsbegriffes. 1. Der morphologische Inhalt. 2. Der ökologische Inhalt. 3. Die sprachliche Fassung. 4. Der Geltungsbereich des Vervollkommnungsgedankens in der Organismenkunde. 5. Die Stellung des Menschen im Organismenreich. — IV. Nutzanwendung auf den Menschen. 1. Naturalis- mus und Idealismus. 2. Die trennende Linie. 3. Der einigende Punkt. Rückblick und Ausblick. Anmerkungen. Register. Ein Entwicklungsgeschehen, das im objektiven Sinne Vervollkommnung be- deutet, gibt es nicht. Es gibt für die Organısmenkunde nur blinde Entwicklungs- richtungen, unter denen die häufigste und dauerhafteste morphologisch in Differen- zierung und Zentralisation, ökologisch in der Erhöhung des Uebergewichtes im Kampf ums Dasein besteht. Das ist das wichtigste Resultat, zu dem der Verfasser vorliegender interessanter Studie kommt. Damit werden wir mitten hineingeführt in ein Streitgebiet der Biologen, ob in der Differenzierung und Zentralisation, die vereinigt den Vervollkomninungsbegriff objektiv ausmachen, etwas wie Vervoll- kommnung liegt oder ob beide eine wahre Vervollkommnung des Organismus, etwas . Wertvolles für den Organismus bedeuten. Diese Schrift muß für Biologen von größtem Interesse sein, dem naturwissen- schaftlich gebildeten Laien aber dürfte sie manche Anregung geben, um so mehr, als sie an Hand eines geschichtlichen Ueberblicks über die Abwandlungen, die der Vervollkommnungsgedanke bei den bedeutendsten Männern der Geschichte erfahren hat, allmählich zu dem modernen naturwissenschaftlichen Inhalt des Vervollkomm- nungsbegriffes hinleitet. rt ug Diesem I Heft liegt ein Prospekt bei vom Alster-Verlag in Hamburg, betr. „Steinhardt: Vom wehrhaften Riesen und seinem Reiche*, G. Pätz’sche Buchdruckerei Lippert & Co. G,m. b, H., Naumburg a. d. S. ZOOLOGISCHE JAHRBUCHER ABTEILUNG FUR ANATOMIE UND ONTOGENIE DER TIERE HERAUSGEGEBEN VON PROF. Dr. J. W. SPENGEL IN GIESSEN BAND 42, HEFT 2 MIT 11 TAFELN UND 16 ABBILDUNGEN IM TEXT VERLAG VON GUSTAV FISCHER 1921 . Die „Zoologischen Jahrbücher‘ (Abteilung für Anatomie und Ontogenie der Tiere) erscheinen in zwangloser Folge. Je vier Hefte bilden einen Banc Der Preis wird für jedes Heft einzeln bestimmt. | Inhalt. (Abt. f. Anat., Bd. VERHEIN, ADOLF, Die Eibildung der Musciden. Mit Tafel 5—10 und 2 Abbildungen im Text. FX Scaggs ts TER GOETTE, A., Einiges aus der Entwicklungsgeschichte der Cestoden. Mit Tafel LE" aa. ee er nie tenet ae VOGEL, R., Zur Kenntnis des Baues und der Funktion des Stachels und des Vorderdarmes der Kleiderlaus (Pediculus vestimenti NirzsCH). Mit Tafel 12—14 und 4 Abbildungen im Text . VoGEL, R., Kritische und ergänzende Mitteilungen zur Anatomie des Stechapparats der Culiciden und Tabaniden. Mit Tafel 15 = und 10 Abbildungen im Text: . 7. 22.205 ee . 25% SEMPER % 2e __ Verlag von Gustav Fischer in Jena. - = 5 1 Soeben erschien: ; 1 = J ! Praktikum der Protozoologie. Von ; Dr. M. Hartmann, 4 Mitglied des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Biologie in Berlin-Dahlem, 1 Prof. der Zoologie a. d. Univers. Berlin. Vierte, wesentlich erweiterte Auflage. Zweiter Teil von Kißkalt und Hartmann Praktikum der Bakteriologie und Protozoologie. Mit 128 teils farbigen Abbild. im Text. (VII, 146 S. gr. 8°) 1921. MK 30.—, geb. Mk 36.—. Von dem Kisskalt-Hartmannschen Praktikum erscheint nunmehr auch der vor- liegende zweite Teil in vierter Auflage. In immer weitere Kreise dringt die Erkenntnis, daß das Praktikum für jeden, der sich als Anfänger mit der Bakteriologie und Proto- zoologie beschäftigt und besonders für den, der sich mehr oder weniger selbständig mit den Methoden vertraut machen muß, einen zuverlässigen Führer und Ratgeber bedeutet. Das Buch ist aus der Praxis hervorgegangen, und auch die vorliegende Neuauflage ist nach Erfahrungen in Kursen und entsprechend den Fortschritten der Wissenschaft einer ziemlich weitgehenden Umarbeitung unterzogen worden. | Verlag von Gustav | ‘Fischer In Jena. ae a lage La Vesays angegeben. — Für das Ausland — orgeschriebene Faluia: Ausgleich Berean: eo ister tl ; 2 Die Preise sind einschliesslich des jetzigen Teuerungszusch wird ferner der vom Börsenverein der deutschen. Buchhänd : Die ‚Preise er ehe » Bücher. sind bis a Handbuch der vergleichenden Physiologie. re | Bearbeitet von TEEN a SRE E. Babak (Brünn), Ss Baglioni (Rom), Ww. Biedermann (Jene), R. du Bois-Reym nd (Berlin), F. Bottazzi (Neapel), E. v. Briicke (Innsbruck), R. Burian (Belg: R. Ehrenberg (Göttingen), L. ‘Fredericq (Lüttich), R. F. Fuchs (Breslau), S. Garten (Leipzig), Er Godlewski (Krakau), C. v. Hess (München), J. Loeb (New York), E. Mangold (Freiburg), A. Noll(Jena), 0. Polimanti (Perugia), H.Przibra oe J. R Strohl A Neapel), RB. Tigerstedt (Helsingfors), E.Weinla an d Auen) = ie Weiß (Königsberg), H. Winterstein (Rostock). a Heransgegehen von Hans Winterstein in Rostock. Ae In vier Bänden. on 1. Band: | ae der Körpersäfte. Physiologie der Atmung 1: Hälfte: Die Kürpersäfte. Von F. Bottazzi. — Die Bewegung der Körper- _säfte. Von E. v. Brücke. (In der Lieferungsausgabe erschienen bis S. 464.) ae 2. Halfte: Die physikalisch-chemischen Erscheinungen der Atmung. Von -H. Winterstein. — Die Mechanik und Innervation der Atmung. Von E. Bab ak. (in der Lieferungsausgabe erschienen bis Bs 1014.) ER i 2, Band: Physiologie des Stoffwechsels. cist >L Hälfte: Die Aufnahme, Verarbeitung und kaslikkation. der ae Yan W. Biedermant oy Mit ak Abbild. a, Text. & 1563 S. gr. 8°) 1911 a BE re a Mk 105.—, geb. NR 165 ae Inh x Die ig: der Pilänzen- und ihre Beziehungen zu der der | Tiere. — ie Ernährung der Einzelligen (Protozoa). — 3. Die Ernährung der Spongien. A TR ernährung der Coelenteraten. — 5. Die ae. der Würmer. — 6. Die _ Ernährung der Echinodermen. —.¥, Die: Emährung. der Crustaceen. — - 8. Die Ernährung ; 9. Die Emährung der Insekten (Hexapoda). — Io, Die Ernährung. = ee, der Fische. - — 12. Die FRE der höheren der Arachnide: D. der Mollusken. Wirbeltiere. _— Sachre gister. See 2. Halfte; Die Sekretion von Sehute- a Nutzstoffen. Yon L. Fredericq.- = HER Die Exkretion. Von R. Burian und J. Strohl.— Der allgemeine Stoff- . Von E. Weinland. (In der Lieferungsausgabe erschienen bis S. 640.) BE nd: Physiologie des Energiewechsels und des Formwechsels. De [al en ze Teilen). Mit 544 ‚Abbildungen im Text und 2 farbigen Tafeln. ? XXII, 2041 S . BT. Bla 7, Mk 196.50, geb. (in 2 Bde.) Mk 352.50 BR ots: Physiologie ‘der Bewegung. Von R. du Bois-Reymond. Mit #4 Ken 83 Abbild. — D ‚Erzeugung von Geräuschen und Tönen. Von O. Weiß. Mit 18 Abbild. ES — Physiole ie der Stitz- ar d Skelettsubstanzen. Von W. Biedermann. Mit 309 Abbild. Ÿ - pi _ die chromatische Hautfunktion der Tiere. Von R. F.Fuchs. "Mit 94 Abbil be > und ' Zeichnung der Insekten. Von W. Biedermann. Mit =: Far 40: "Abbild, und 2 gr Tafeln. — Sachregister. — ol ot Samar aa : ea rie 546 Abbildungen im ‚Text und Ss Tate (XII, 1060 S. gr. 80.) N ae 1914. ee ia ray Mk 105.—, geb. Mk 183.— PÈRES Atak alts Die Produktion von Warme und der Warmehaushalt. Von R, Tigerstedt. De Mit 13 Abbild de Die Produktion von Elektrizität. Von S. Garten. Mit 69 Abbild. — Die Produktion ‘von Licht, Von E. Mangold. Mit 92 Abbild. — Physiologie der Förmbildung. Von FE H. Przibram. Mit 37 Abbild. — Physiologie der Zeugung. Von. E. Godlewski. Mit ; 335. Abbild. und 1 Doppeltafel. — Sachregister. 4 en: Physiologie der Reizaufnahme, Reizleitung und Reiz- ~ beantwortung. ‚Mit 175 Abbildungen im Text und 3 Tafeln. (XII, 9978. eae gr. 8°) 1918. a Mi. 109. geb Mk 19 SS eg sie Die Grundlagen ‘ist vergleichenden Physiologie des Nervensystems und der ‚Sinnesorgane. Von S. Baglioni. Mit 57 Abbild. — Physiologie des Nerven- systems. Von Ss Baglioni. — Die Tropismen. Von J. Loeb. Mit 26 Abbild. — Die niederen Sinne. Von S. ‘Baglioni. — Gesichtssinn. Von C. v. Hef. Mit 45 Abbild, und 3 Tafe In. — Gehörsinn und statischer Sinn. Von E. Mangold. Mit 47 Abbild. RL, Von diesem fiir alle naturwissenschaftlichen Kreise so wichtigen Handbuch liegen “qollstandig. vor: Band I, I, Il? und IV; es fehlen noch I, I? und Il?, die in der Lieferungsausgabe aber auch schon zum größeren Teile erschienen sind, so daß der Abschluß x pg Heiss ‚Werkes bevorsteht. =: Die Lieferungsausgabe ist Sone AE bis Lieferung 48. Mir à ‘ ya = , a x CRE ? N + ’ 5 ee ae ee det | i, + AE 2 ur a 4 = zy Reis ‘ “ is > ~ y Bin aN Dear N : 27 tore mr: 4 a or ~ = “ira Die el $ A 2 257 x À « + cu à 5 > DM 1 "el A LP ORNE Saito bare # ws ÿ 2 x Hr ¥ u 4 « age 44 | 2 N Ne An) y « à OUI x i i \ I NC u ¥ H |’ A : | 4 7 É | 4 à À an LÀ | : se ö er Begründet von H. Potonie. Preis: vierteljährlich = 13 fou | Er Zu beziehen durch jede: en Postanstalt ‚ode vom ' phil. H. Fricke ZU Rud. Zimmermann. — "Einzelberichte:* Von W. Eftel. — Limilus, ein zum Wesuaricbes ae Ar chi J. Versinyss = Beobachtungen der „Vogelwarte Noordwijk | aan Zee“, Brower u. Jan Verwey. — Das Ende des Wisents. Von RL Zimm ‚Das Problem der Zyanophyzeenzelle. Von ©. Baumgärtel. — Die Nah Wasser lebenden ‚Vögel. (Mit 3 Abb.) Von W. Schuster. — Die Beau anthropologischen Untersuchung der Jugend. Von KR. Martin. — us, he it - Literatur. rinde gefaltet? Von C. U. Ariens- -Kappers. — ir ‘Inhalt der Nr. 8 vom 20. Februar 1921: Das Problem der Wirtswahl bei den parasitischen | Pilzen. oe Di Fritz (Bern). — Die Birotationstheorie. Von Hans Passarge (Königsberg i. Pr. berichte: Der positive Spitzenstrom. Von M. Weth. — Restitution des Aı Exstirpation von Retina und Linse bei Tritonen. Von H. Wachs. — Da U des Menschengeschlechts. Von Hilzheimer. — . Der ae CE ! Von Eugen Bracht. — Bücherbesprechungen. — ‘Literatur. Inhalt der Nr. 9 vom 27. Februar 1921: > Pflanzen als ‚Wetterpropheten. (Mit 2 Abb.) Von K. Goebel (Sambucus nigra) in der Volkskunde. Von Dr, Heinrich Marzell, (Bayern). — Einzelberichte: Untersuchungen von Metallen mittels Rôntgens S. Nishikawa und G. Asahara, — Untersuchungen über Osmose. Von C. v. lingh. — Eigenartige Form des Parasitismus. Von H. Burgeff. _ Zwe von Nasen-, Lippen- und Wangenflöcken. Von L. Cohn. aller Elemente. Von Hoffmann. — Die Kristallstruktur einiger gruppe. Von R. W. G. Wyckoff. — Bücherbesprechunge Inhalt der Nr. 10 vom 6. März 1921: À Deszendenzprobleme, erörtert am Fall der Steinheimer Planorben. Mit 3 Von M. Rauther, Stuttgart. — Einzelberichte: Blastogener Hermaphroditismus. V Karstedt. Über die Ursachen des periodischen Dickenwachstums des Stammes. or ; Klebs. — Einflüsse des Klimas auf die Gesundheit. Von C. Dorna. — Nene Far De Au reaktionen zur Unterscheidung der Pilze. J. Barlot. — Solarisationserscheinungen af Coe kehrerscheinungen) in photographischen und röntgenographischen Aufnahmen. B. Walter. — Spiropterakrankheit bei Vögeln. Von Reuter. — Geologie der S in schlesischen Tiefengesteinen. Von R. Cloos. — Körpermängel in d à Staaten von Amerika. Von C.B. Davenport und A. G, Love. - — Neue Unters über die Aufnahme von Stoffen in die Zelle. - Von Tröndle. — - Bücherbes rec — Literatur. — ” BR EN ; x sn ns und me au Fun Ga ete der Naturwissenschaften. — Sie ist für den grossen Kr der naturwissenschaftlich Gebildeten und Interessierten das per Hilfsmittel, um mit den Naturwissenschaften in steter en. 1 Berührung zu bleiben und an ihren Fortschritten und neuen Ideen | teilzunehmen. — Probenummer kostenfrei. == = Diesem Heft liegt ein Prospekt bei von "Gebrüder. Dormagen I De betr. Paul Mayer, Zoomikrotechnik. Ein Wegweiser für Zoologen und A G. Pätz'sche Buchdr. Lippert & Co, G.m.b.H., Naumburg a. d, S. = a ome RER > ; ‘ ae . va an Su N ns Yar BEN ENTER EQ ANATOMIE UND ONTOGENIE DER TIERE | ae | 2 ; HERAUSGEGEBEN 5 RES Ir ie eich VOR PROF. Dr. J. W. SPENGEL > IN GIESSEN BAND 42, HEFT 3 MIT 35 ABBILDUNGEN IM TEXT UND 2 TAFELN +) ¥ < + et ee: JENA | VERLAG VON GUSTAV FISCHER - 1921 woo ee Lee : > 07 Die „Zoologischen Jahrbücher“ (Abteilung für Anatomie und Ontogenie der Tiere) erscheinen in zwangloser Folge. Je vier Hefte bilden einen Band. Der Preis wird für jedes Heft einzeln bestimmt. ‘ Inhalt. (Abt.£. Anat., Bd. 42,3) Ÿ S$ Corps, ELISABETH, Die Hautmuskeln der Amphibien. Mit 12 Ab- ip bildungen: im. Text! "2 Urin SUR ee ay ESS GREINER, JOHANNA, Cytologische Untersuchung der Gametenbildung und Befruchtung von Adelea ovata (A. SCHNEIDER). Mit. Tafel 16—17 und 7 Abbildungen im. Test... 0 ven ee + HANITZSCH, PAUL, Über die Eigenart und Entstehung der Ver- mehrungsweise durch aborale und orale Proliferation bei Narco- polypen und Scyphopolypen. Mit 16 Abbildungen im Text . 363 es a Soeben erschien: Die Veröffentlichungen der Verlagsbuchhandlg. Gustav Fischer in Jena während der Jahre 1914—1919 (10. Nachtrag zum Hauptkatalog von 1897.) Zwei Teile. Teil I: Verzeichnis der Bücher und Zeitschriften. 81 S. gr. 8°. Mk foe Teil II: Verzeichnis der Beiträge und Aufsätze in den Zeitschriften, Sammlungen und Lehr- und.Handbiichern. 226 S. gr. 8°. Mk 3.— Jeder Teil enthält die Titel im Alphabet der Verfasser und wird einzeln zu obigen Preisen, die nur einen kleinen Teil der Selbstkosten darstellen, abgegeben. Der zweite Teil ist namentlich für Bibliotheken und Forscher ein wertvolles bibliographisches Hilfsmittel. Verlag von Gustav Fischer in Jena. Soeben erschien: Einführung in die höhere Mathematik für Naturforscher und Aerzte. | Von Dr. J. Salpeter. Zweite, verbesserte und vermehrte Auflage. Mit 153 Abbild. im Text. (XIII, 382 S. gr. 8°.) 1921. Mk 70.—, geb. Mk 80.— Berliner klinische Wochenschrift, Nr. 43 vom 27. Okt. 1913: Der Verf. hat in einer originellen, vorziiglichen Weise die Differential- und Integralrechnung dar- gestellt und sie mit sehr zahlreichen Beispielen aus Physik, Chemie und Biologie belegt, Das Buch kann als vortrefilich gelungen bezeichnet werden und wird besonders bei den- jenigen, die ein tieferes Eindringen in die Mathematik erstreben, mit großem Nutzen studiert werden; sie werden mancherlei Darstellungen finden, die wirklich anziehend und klärend wirken. > = Pads u ee D RENE en VID > iris. dt Pe 5 ‚der Morphol rbellosen Tiere Te a+ Bearbeitet von ; ey, À Ra | Fortgeführt von. Karl Hescheler ® Zürich DS1e à Li efer ngen: | ausgegeben. = he. Ss Ustiee). Von Prof. Dr. Max Lihe, Kings Pr. 6 re nC at N" € ve =" oes ws “Fr 2 4 +: $ k a . 4 = a CT st y RR f£ oe Eh Handbuch der Morphologie der wirbellosen ne à | ELU 2. Zeugungslehre, Von Prof. Dr. Vv. Haecker, “Halle a a. S 8-0 50 Abbild.) 2. I) 3. Allgemeine -Lehre vom zelligen Kiel dés Monte Gent Histologie.) Von Prof. Dr. Arnold ee ‚Zürich. 34 Abbild.) Or . } Organbildung. . Ableitung der Haupttypen tierischer: * Organisation (allgemeine Plogen (Des ganzen Ne Loue 3). seg Inhalt: 1. Coelenterata. Von Prof. Dr. O. Maas, München. i = > 2. Platodaria (Plattiere). Von Dr. J. WER Tor u Steglitz 1S. 1-14 6 u. Abbild. 1—104.) ERNST ; 3. Wiirmer. be Prof. Dr. K. Hescheler, Zürich. (Des ganzen Werkes Home 2, 4, 7, 8, 9, ee Preis: Mk 80.—, in Halbleder geb. Mk I De SR Inhalt: Einleitung. (S. 1.) by - 1. Trilobita. Von Dr. Marie Daibe er, Zürich. (6. 2—8; mit q “Abbi 7 2. Crustacea. Von Prof. Dr. W. Giesbrecht, Neapel. ar = 2 356 Abbild.) sa 3. Merostomata. Von Dr. Marie Daiber, Ziirich. (8. 253268: mi 2 Ab ila) 4. Arachnoidea (sive Chelicerota). Von Dr. Marie Daiber, a A | —350; mit 49 Abbild) - : 5. Potracheata (Onychophora). Von Dr. Marie Daiber, Zürich. 6.3 mit 19 Abbild.) | 6. Myriapoda. Von Dr. Marie Daiber, Pi, 6. 373414; mit 30 Abbild.) 7. Hexapoda, Insecta. Von Prof. Dr. E. Bugnion, Blondy und ‚Prof. ae E. A. Göldi, Bern. (S. 415—634: mit 42 Abbild.) a Be. 8. Die Pantopaden ey inopouiaeny, Yon Dr. Marie Daib er, Zürich. a 635 —643; 4 Abbild.) res: 9. Die Tartigraden oder Bartierchen. Yon Dr. Marie ethos Zürich. 6. 64 —648; Abb. 1—7) _ RE 10, Die Gliedmaßen der Arthropoden. Von Dr. Carl Börner, Nine a S ne ae (S. 649—696; Abbild. 1—57.) Ronan, Index. 8. 697-748. Register. | geri i ies N Fünfter Band: Mollusca. 3 Bearbeitet von Prof. Dr. K. Haider. Zürich. MSP peak 4 Sechster Band: Echinodermen und Eokere nee ae Bearbeitet von Prof. Dr. Arnold Lang u. Prof. Dr.K. Haas Zürich Preis für Lieferung 1—8 (1912—1914): je Mk. 1s _; SER. 9 (1920): Mk oe Ay.” Lfg. 10 u. 11 (1921): je Mk 15.—. Für die weiteren Tiefe ungen wird der Fret Je nach Umfang einzeln berechnet. = Pe ets Hi RB. ST EEE ne —— — — — — — — — — — — —"— —" —— “nn Die angegebenen Preise sind die jetzt gitigen; für das Ausland erhöhen ‚sie sich durch den a Valuta-Zuschlag. Die Preise für gebundene Bücher sind bis auf weiteres unverbindlich. foes Wee aN EE PE RTE Mg 7 IS 2e PR N G. Pätz’sche Buchdr. Lipper & Co. G. m. b. H« "Naumburg a. d. Sis aS Be , | QT ? hy as LA. ABTEILUNG FUR ANATOMIE UND ONTOGENIE DER TIERE. HERAUSGEGEBEN VON PROF. Dr. J. W. SPENGEL IN GIESSEN BAND 42, HEFT 4 MIT 14 ABBILDUNGEN IM TEXT UND 6 TAFELN JENA - VERLAG VON GUSTAV FISCHER 1921 Die „Zoologischen Jahrbücher“ (Abteilung für Anatomie und Ontogenie der Tiere) erscheinen in zwangloser Folge. Je vier Hefte bilden.einen Band. « Der Preis wird für jedes Heft einzeln bestimmt. Inhalt. (Abt. f. Anat., Bd. 42, 4) \ Seite Sross, Hanna, Die Schlundzähne des Karpfens. Mit Tafel 18 und . 9 Abbildungen im Text”, a an re SCORE GOETSCH, WILHELM, Hautknochenbildungen bei Fischen. II.—V. Teil. Mit Tafel 19—23 oye) 2,22 00 Sr eae TR OS CRT FEUERBORN, H. J., Der -Dipterenflügel nicht meso-, sondern meta- thoracal? Eine neue morphogenetische Deutung des Dipteren- ‘thorax. Mit 5 Abbildungen im Text; 2. 21,00 Titel und Inhalt zu Band 42. Die Lieferung meiner Verlagswerke erfolgt ab 15 Okt. 1921 mit nach- stehenden Zuschlägen auf die ursprünglichen Preise: für die bis Ende 1918 erschienenen Werke 300°, für die 1919 erschienenen Werke. . . . 100% für die 1920 erschienenen Werke. . . . 50% Die seit 1921 erschienenen Werke sind zuschlagfrei. Fir Zeitschriften sind besondere Preise festgesetzt. Für das Ausland wird ferner der vom Börsenverein der deutschen Buch- händler vorgeschriebene Valuta-Ausgleich berechnet. Die Preise für gebundene Bücher sind wegen der Verteuerung der Buchbinderarbeiten bis auf weiteres unverbindlich. Jena. Gustav Fischer, Verlagsbuchhandlung. Verlag von Gustav Fischer in Jena. Soeben erschien: Experimentelle Protistenstudien Von Victor Jollos I: Untersuchungen über Variabilität und Vererbung bei Infusorien Mit 12 Kurven im Text 5 (Sonderabdruck aus „Archiv für Protistenkunde“, Band 43) III, 222 S. gr. 8° 1921 Mk 36.— Die im Archiv für Protistenkunde erschienene, grundlegende Arbeit über experi- mentelle Protistenstudien hat für weitere Kreise der Biologen Interesse und aus diesem. Grunde ist eine Sonderausgabe derselben veranstaltet worden. a Sitch A 3 - he TETE) Sem Nye) ee ae CE TN PNR OPEN Pe RN PE ATOS ASE 2 OT ù 7 OT eee ee, eee Pl oe ré : à dl Aide A ee Loe à ur Ps TT Ve eh ta LA CN Le» 2 le a eS se. 4 Neuerscheinung aus dem Verlag von Gustav Fischer in Jena Eiche ond Geschlecktce im Tierreiche von Dr. Johannes Meisenheimer ord. Professor der Zoologie an der Universitat Leipzig I. Teil: Die natürlichen Beziehungen \ Mit 737 Abbildungen im Text XIV, 896 S. Lex. 8° 1921 Mk 180.—, geb. Mk 210.— Inhalt: Gameten und Gametocyten. (Die einzelligen Organismen.) — 2. Der Gametocytenträger. — 3. Der Gametocytenträger 2. Ordnung. — 4. Zwittertum und Getrenntgeschlechtlichkeit. — 5. Ueber die Eigenart zwittriger Organismen. — 6. Die primitiven Begattungsformen. — 7. Die unechten Begattungsorgane (Gonopodien) und ihre Betätigung. — 8./9. Die echten Begattungsorgane. I. Vorstufen, Anfänge und primitive Zustände. II. Die komplizierten Zustände. — 10. Die Korrelation zwischen männlichen Begattungsorganen und weiblichen Empfangsorganen. — 11. Haftorgane, Greif- und Klammerapparate im Dienste geschlechtlicher Betätigung. — 12. Die spezifisch geschlechtlichen Reizorgane mechanischer Art und die Wollustorgane. — 13./17. Die Formen der geschlechtlichen Annäherung, die Methoden der Bewerbung und der Ge- winnung der Weibchen. I. Der Kontrektationstrieb und die Mittel zu seiner Betäti- gung. II. Die Vermittelung sexueller Annäherung und Empfindung durch den Tast- sinn. III. Die Produktion und Verwendung von Schmeck- und Riechstoffen im Dienste der geschlechtlichen Annäherung. IV. Die sexuellen Locktöne. V. Die ornamentalen Sexualcharaktere. — 18. Die sexuellen Waffen. — 19. Die Hilfsorgane der Eiablage. — 20./21. Die Verwendung des elterlichen Körpers im Dienste der Brutpflege. I. Die Gewährung von Schutz und günstigen Außenbedingungen. II. Die Darbietung des Lebensunterhaltes. — 22. Stufen sexueller Organisationshöhe. — 23. Uebertragung spezifischer Geschlechtsmerkmale von Geschlecht zu Geschlecht. — 24. Herkunft und Ausbildung peripherer Geschlechtsmerkmale. — Literaturanmerkungen (73 8.) und Autorenverzeichnis hierzu (9 S.) — Sachregister. (30 S.). Sexualitätsprobleme sind in unserer Zeit an Intensität wie Ergiebigkeit der Be- arbeitung in den Vordergrund biologischer Forschung getreten wie nie zuvor. Und doch fehlte esbisher völlig an einemstreng wissenschaftlichen Werk, welches diese Probleme von einem die ganze Organismenwelt der Tiere umspannenden Gesichtspunkt aus zu erfassen suchte. Das will das vorliegende Buch, wenn es auf vergleichenden physio- logischen und biologischen Grundlagen zu einer einheitlichen Beurteilung sexueller Ge- staltung und sexueller Lebensäußerungen aller tierischen Wesen zu gelangen strebt; auch des Menschen, der hier nur als Sonderfall unendlich mannigfachen Geschehens erscheint, in allen seinen Sexualäußerungen eingereiht wird in weite biologische Zu- sammenhänge. Die Darstellung bemüht sich bei steter Wahrung strengster Wissenschaft- lichkeit um eine Fassung, die es jedem, dem die Grundelemente tierischer Morphologie und Systematik vertraut sind, ermöglicht, den Ausführungen des ‚Verfassers zu folgen. Das Werk ist mit zahlreichen Abbildungen versehen und auf bestem holzfreiem Papier hergestellt. \ ‘ Nervensystems, der Spinalganglien und des Nervus sympathicus. Von L. Neumayer, ; drüsen und der Milz in der Reihe der Wirbeltiere. Von F. Hochstetter. Mit 17 Mit 57 Abb. — 7. Die Entwicklung des Kopfskelettes. Von E. Gaupp. Mi Aungslehre zur vergleichenden Anatomie, zur Systematik und Deszendenztheorie. Von O.He eee \ Verlag von Gustav Fischer in Jen. Die a ngegeb enen "Preis wa Han Karl Peter, Greifs Miinchen; Prof. Dr. H \ Ve OT stituts in Berlin erbände Mk 244 rtwig. Mit 4 1 Abb bn ART geschichte der Verknöcherungen des Integuments und der Mundhöhle der Burckhardt. Mit 56 Abb. — 5. Die Entwicklung des Geruchsorgans und Jai in der Reihe der Wirbeltiere. Bildung der äußeren Nase und des Gaumens. 75 Abb. — 6. Entwicklungsgeschichte des Gehörorganes. Von R. Kraus® 7. Die Entwicklung des Auges der Wirbeltiere. Von A. Froriep. ER des Zentralnervensystems. Von K.v. Kupfer u. Th. Ziehen. Mit 93 Ab genese von Hirn- und Rückenmark. Entwicklung der Leitungsbahnen und der Wirbeltieren. Von Th. Ziehen. Mit 29. Abb. — 10. Histo- und Morphogene Band III, Drei Teile. Mit 1131 Abb. im Text. IV, 909-8., IV, 8 | EISEN Mk 212.—, geb. in 2 Halbleder Inhalt: 1. Die Entwicklung des Muskelsystems und der elektrischen Organe. Von F.M Mit 41 Abb. — 2. Die Entwicklung der Harn- und Geschlechtsorgane und der Nebennierens € Von W. Felix, A. Bühler und H. Poll. Mit468 Abb. — 3. Die Hystogenese der Stützsubstanze der Bindesubstanzgruppe. Von W. Flemming. Mit 7 Abb. — 4. Die Entwicklung des Blu jel systems des Herzens nebst Herzbeutel und Zwerchfell, der Blut- und Lymphgefäße, der Lyn 5. Die Entwicklung der Form der Extremitäten und des Extremitätenskeletts. Von H. Br 189 Abb. — 6. Die Entwicklung der Wirbelsäule nebst Rippen und Brustbein. Von H. Schau Erscheinungen der Regeneration bei Wirbeltierembryonen. Von D Barfurth. 9. Ueber den Entwicklungsgrad der Organe. in den verschiedenen Stadien der snbeyoealen EUROPE lung der Wirbeltiere. Von F. Keibel. — 10. Ueber die Stellung der vergleichenden a twig i | 0 G. Pätz’sche Buchdr. Lippert & Co. G. m, b. H., Naumburg .d.S | bs 7 Ce eu Tape i NUS Ah 8 AN od c " if THE IT WAND IT AWN TUN IIN]|| AL | | (LUI WH WY HANNAN WATT WN NW ALU | || LL WL WL I IN) Il Ill 1 Ic All wien aint tate} en “ Te ‘et ER BBE tet ee Len + 7 be ws Saree Le nt ad att talaıe iia CAL at + : AGREE re A Gale 14 wi, , ete ae ort ee 4 ” A Catt Cece a 23 Ant a ae Coa! Tet mai tat 9, } et, Tet 0 102545 ; > Kae tat, Werte Nate tron pease 4! HART reese 1 + sc „a die Be HT J? one) ker Hi tee, 4 WAS BER “ er at nt Aare a aeg " 1407 : 4 ; Ree ta, aie A Satta aoe rs 16948 tie ft + arg pea + Er : lit HA ite (3: att . Cases) Je le he he AG 14 Laud i T+ w\ ue EB ae ARENA 2 BE atta D Bs B Bs ; cae Soo ae or 5 oe