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Full text of "Die Akropolis von Athen [microform]"

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AKROPOLIS  VON  ATHEN 


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VON 


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DS.  H.  LUCKENBAßH. 


7^  BEILAGE 

zu  DEM 

PROGRAMM  DES  GROSSHERZOGL.  GYMNASIUMS  ZU  KARLSRUHE 

FÜR   DAS   SCHULJAHR   1895/96. 


M^ 


1M6.    Programm  Nr.  619. 


MÜNCHEN. 

DRUCK    VON   R    OLDENBOURG. 
1896. 


niiiiHÜjini 


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Auf  iler  43.  \'er.sainmluiig  dputsclier  rhiloloi^en  und  Schiilinänner,  die  im  September 
189Ö   zu    Köln    tagte,    betonte  ()l)erschulrat    Dr.   Krüger    von    Dessau    in    der   Sitzung   für 
Gymnasialarchäologie,     dafs    bei    den    Hestreliungen ,    antike    Denkmäler    unserer    Jugend 
vorzuführen,    die  Akropolis  von  Athen    im  \'ordergrund   stehen,    dals   auf   ihr  der  Schüler 
heimisch    werden    müsse.      Die    vorliegende    Arl)eit    versucht    nun   eine    Beschreibung   der 
Akropolis    mit  beständiger  Beziehung   auf   die  Scbule.     Zwar   hat  erst  vor  wenigen  Jahren 
mein   Freund  und  Kollege  F.  Haumgarten  in  seinem  »Rundgang  durch  die  Ruinen  Athens« 
(Programm  des  ( rynniasiums  in  Wertheim  18^7)  die  Burg  der  Stadt  wenn  auch  knapp,  so  doch 
sorgfältig   bes])r(ichen    (S.   14 — 23).     Wenn    ich    trotzdem   in    diesem  Jahre   denselben   Stoff 
behandle,    so  geschieht    dies  nicht,  weil  ich  ausführlicher  über  die  gleiche  Sache  sprechen 
möchte,  auch  nicht,  weil  seit  ei)en  jenem  Jahre  rastlose  Arbeit  unsere  Kenntnis  erheblich  ge 
fördert  bat,  die  Veranlassung  ist  vielmehr  der  l'mstand,  dafs  ich  meiner  Arbeit  zahlreiche' 
Abbildungen  beigeben  kann,     l'nter  diesen  verdient  besondere  Beachtung  die  wohlgelungene 
Ansicht   der  Burg   aus   der  \'ogelscbau,   die  Oberbaudirektor   Dr.  Jos.  Durm,  Professor   an' 
der   technischen   Hochschule   in  Karlsruhe,    entworfen   hat.     Finer  Anregung   von  mir,  fülV' 
unsere  Jugend  ein  solches  liild  zu  zeichnen,    ist  er  alsbald  gefolgt,    und  für  sein  Interesse] 
an  unserem   Interrichte  ist  ihm  d(>r  wärmste   Dank  aller  Altphilologen  gewifs. 

Zu  vielen  streitigen  Fragen  galt  es  Stellung  zu  nehmen;  auf  allseitige  Zustimmung 
habe  ich  dabei  nicht  zu  hoffen.  Indes  habe  ich  nicht  ohne  grol'sen  Vorteil  eine  Reihe 
von  Punkten  mit  einem  der  i>esten  K'emier  der  .\kropolis,  Prof.  Dr.  Ad.  Michaelis  in 
Strai'sburg,  besjirechen  können;  ibni  hat  aucb  ein  Teil  der  Arbeit  vorgelegen,  und  ich  darf 
es  aussprechen,  dals  icli  ihn  in  den  wichtigsten    !'"ragen  auf  meiner  Seite  habe. 


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Fig.  1.  Perikl««. 


A.  Geschichtlicher  Überblick. 


Vgl.  dazu  den  Plan  Fig.  2. 


I.   Die  ältere  Zeit  bis  zu  den   Perserkriegen. 


Der  Burghügel  von  Athen  liegt  mit  seinem 
höchsten  Punkt  156  m  über  dem  Meeres- 
spiegel, etwa  100  m  über  dem  nächsten  Teil  des 
lüssos,  der  in  einiger  Entfernung  südlich  vorbei- 
fliefst,  und  etwa  60 — 70  m  über  der  heutigen 
Stadt  Athen.  Der  Hügel  büdete  ursprünglich  einen 
300  m  langen  und  an  seiner  breitesten  Stelle 
130  m  breiten,  zerklüfteten  Felsrücken ,  der  nur 
an  einer  Seite,  im  Westen,  bequem  zu  ersteigen 
war,  an  den  übrigen  Seiten  dagegen  schroffe 
Abhänge  besafs.  So  beherrschte  er  die  um- 
liegende Ebene  und  lud  von  selbst  zur  Bewohnung 
ein;  mit  Lebensmitteln  gut  versehen,  vermochte 
man  hier  auch  einem  starken  Feinde  dauernden 
Widerstand  entgegenzusetzen.    Aber  ganz  mühe- 

Luckenbacb,  Die  Akropolls  von  Athen. 


los  war  die  Besitznahme  nicht,  dazu  war  der 
Fels  zu  uneben,  und  so  mulste  man  ihn  schon 
in  sehr  alter  Zeit  bearbeiten.  Hier  mulste  man 
Stücke  vom  Felsen  abschlagen,  dort  den  Boden 
durch  Aufschüttung  erhöhen,  um  kleinere  oder 
gröfsere  Flächen  für  Wohnungen  herzustellen. 
In  uralter  Zeit  finden  wir  nun  auf  dem  Felsen, 
ähnüch  wie  in  Mykenä,  Tiryns  und  Troja,  eine 
Königsburg,  die  Kekropia,  den  Wohnort  der  mythi- 
schen Könige  Kekrops  und  Erechtheus.  Trümmer 
dieser  Burg  sind  an  der  Nordseite,  östlich  von 
dem  späteren  Erechtheion,  gefunden  worden 
(Plan  29).  Von  solchen  Palästen  ist  uns  im  Grund- 
rils  der  von  Tiryns  erhalten;  dort  finden  wir 
im  Hofe,  der  vor  dem  Hauptraum,  dem  Megaron, 

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A.    GeBchichtlicher  Überblick. 


lag,  einen  Altar  des  Zeus.  Auf  der  Burg  von 
Athen  stand  in  historischer  Zeit  im  Pandroseion 
ein  Altar  des  Zeus  Herkeios,  und  es  ist  eine 
ansprechende  Vermutung,  daTs  dieser  Altar  der- 
selbe war  oder  doch  an  derselben  Stelle  stand 
wie  der  im  Hofe  des  Palastes.  Man  hätte  so- 
mit auch  später,  als  der  Palast  in  Trümmer 
verfallen  war,  an  der  Verehrung  des  Altars  fest- 
gehalten. In  dieser  ältesten  Zeit  wurden  auch 
Tote  auf  der  Burg  beerdigt,  wie  einige  auf- 
gefundene Gräber  beweisen.  Wie  es  sich  von 
selbst  versteht,  halfen  Mauern  die  Festigkeit 
des  Hügels  erhöhen.  Sie  umgaben  ihn  auf  allen 
Seiten:  an  manchen  Stellen  konnte  man  sich 
mit  einer  einfachen  Randmauer  begnügen ,  an 
anderen,  von  Natur  schwächeren  Stellen  mufsten 
tiefe  Futtermauern  die  natürliche  Steilheit  des 
Felsens  vermehren.  Sie  waren  aus  polygonen, 
fast  unbehauenen  Blöcken  von  dem  Kalkstein, 
den  der  Burghügel  bietet,  erbaut.  Gröfsere 
Stücke  dieser  Mauer,  aus  deren  Resten  sich  ihr 
gewundener  Lauf  erkennen  läfst,  sind  im  Süden 
und  Osten  zum  Vorschein  gekommen.  Am  deut- 
lichsten aber  ist  ein  Stück  der  Westmauer  er- 
halten ,  das  auch  in  späterer  Zeit  sichtbar  bheb ; 
(5  m  dick  läuft  es  von  Süden  nach  Norden  bis 
zu  den  späteren  Propyläen  vor  (Plan  12).  Ky- 
klopisch  nennt  man  solche  alten  Mauern,  in 
Athen  aber  nannte  man  sie  pelasgisch.  Nach 
den  Pelasgern  aber  hiefs  auch  ein  Vorwerk 
im  Westen,  das  vor  allem,  wie  es  scheint,  Sicherung 
der  stets  fliefsenden  (Quelle  Klepsydra  (Plan  53) 
bezweckte.  Dieses  sog.  Pelargikon  war  neun 
thorig  ((i'fiÜTtvXof)  und  erstreckte  sich  nach 
der  Ansicht  mancher  Forscher  noch  über  den 
Fufs  des  Hügels  hinaus  bis  nahe  an  die  Ost- 
seite des  Areopag.') 

Aufser  den  Resten  der  Königsburg  und  der 
Umfassungsmauern  sind  auch  von  alten  Ge- 
fäfsen  zahlreiche  Scherben  gefunden  worden; 
Thongefäfse,  wie  sie  namentlich  aus  den  Funden 
von  Troja  bekannt  sind,  ebenso  wie  sog.  my- 
kenische  Vasen  waren  einstmals  reichlich  auf 
der  Akropolis  vorhanden.  Solche  des  Dipylun- 
stils  gehören  dann  der  Zeit  nach  den  Königen 
an.    Deren  Herrschaft  endete  mit  König  Kodros, 

')  Ausgrabungen  an  dieser  Stelle  sind  im  Gange 
und  werden  vielleicht  näheres  lelireu 


der  ÜberUeferung  nach  im  Jahre  1066.  Die 
Herrschaft  des  Adels,  die  zunächst  an  ihre  Stelle 
trat,  dauerte  mehrere  Jahrhunderte.  Die  Akro- 
polis aber  als  beherrschender  Mittelpunkt  der 
Landschaft  behielt  ihre  Bedeutung.  Im  siebten 
Jahrhundert  (etwa  632)  setzte  sich  der  Athener 
Kylon  dort  fest,  in  der  Hoffnung,  bei  den  inneren 
Wirren  sich  zum  Tyrannen  aufschwingen  zu 
können.  Sein  Versuch  mifsglückte,  die  Athener 
schritten  zur  Belagerung,  bei  der  es  ihm  selbst 
zu  entfliehen  gelang,  seine  Anhänger  aber  sich 
ergeben  mufsten  und  den  Tod  fanden.  Das 
sechste  Jahrhundert  wird  durch  die  Namen  Solon 
und  Peisistratos  gekennzeichnet,  es  ist  eine  Zeit 
des  Aufschwungs  für  Athen.  Die  Bedeutung 
der  Burg  nahm  besonders  zu ,  als  Peisistratos 
560  V.  Chr.  von  ihr  Besitz  nahm,  und  sie  zum 
zweiten  Male  der  Sitz  der  Herrschaft  von  Athen 
wurde.  Von  Solon  bis  zu  den  Perserkriegen 
wurde  die  Burg  mit  vielen  Gebäuden  und  Weih- 
geschenken geschmückt. 

Da  ist  zunächst  der  älteste  Tempel,  von 
dem  schon  Homer  spricht'),  später  im  Gegen- 
satz zu  dem  nach  ihm  erbauten  Hekatompedon 
der  alte  Tempel  (ö  uQ/aTog  rtfög)  genannt.  Er 
war,  wie  mir  Michaelis  in  einer  Besprechung  ur- 
kundlich nachwies^,  ein  Doppeltempel,  dem 
Erechtheus  und  der  Athena  Polias  geweiht*). 
Sein  Platz  mufs  dort  gewesen  sein,  wo  später 
der  glänzende  Neubau,  das  Erechtheion,  er- 
richtet wurde  (Plan  31).  Während  von  diesem 
Bau  keine  oder  doch  nur  geringe  Reste  erhalten  zu 
sein  scheinen*),  sind  von  dem  zweiten  Tempel, 
der  der  Athena  erbaut  wurde,  Fundament  und 
Stylobat  und  viele  Bauglieder  erhalten  (Plan  34). 
Die  Zeit  der  Erbauung  steht  nicht  fest,  es  mag 
die  erste  Zeit  des  Peisistratos  sein.*)  Seine 
Länge   betrug  100  Fufs,   und   deshalb  wurde  er 

')  B  549.  ]  )ie  Stelle  wird  vielfach  für  spät  gebalten. 

•)  Vgl.  auch  Michaelis,  Altattische  Kunst,  S.  IG. 

")  Die  Existenz  dieses  Tempels  leugnet  F  u  r  t  - 
wängler,  Meisterwerke  S.  155  bis  162.  Den  vrjös 
'Eoex^t'oi  (Herod.  VIII,  55)  erklärt  er  fttr  einen  Teil 
des  Hekatompedon,  schwerlich  mit  Kecht.  Vgl.  Bu- 
80 It  IP,  S.  339,  1. 

*)    Vgl.  indes  Furtwängler,    S.  743  zu  S.  156. 

»)  Wenn  Dörpfeld  (Athen.  Mitt.  XI,  S.  344  £F) 
die  äufsere  Säulenhalle  für  jünger  als  die  Cella  hält, 
so  stiuimt  dem  Durm,  den  ich  nach  seiner  Ansicht 


n.    IMe  Blütezeit. 


Hekatompedon  genannt.  Von  zahlreichen  kleineren 
Bauten,  deren  Bestimmung  wir  nicht  kennen, 
haben  sich  Bauglieder  gefunden,  so  von  nicht 
weniger  als  13  Gebäuden  Simenstücke.  Auch 
die  Skulptur  ist  reichlich  vertreten:  wir  finden 
manche  Künstler  von  den  ionischen  Inseln, 
von  den  einheimischen  auch  Antenor  dort  thätig, 
und  eine  grofse  Anzahl  archaischer  Frauenstatuen 
zeigt,  welch  reicher  Schmuck  die  Akropolis 
zierte.  Sie  stellt  sich  somit  schon  damals  mit 
ihren  Tempeln,  zahlreichen  anderen  Bauten, 
vielen  Weihgeschenken  als  ein  Platz  dar,  der 
der  wachsenden  Bedeutung  Athens  entsprach. 
Aber  diese  frühe  Blüte  sollte  gar  bald  ein  Ende 
mit  Schrecken  nehmen.  Denn  als  der  Perser- 
könig  Xerxes    im  Jahre    480   die    Stadt   Athen 


genommen  hatt«,  begann  er  auch  die  Belagerung 
der   Burg;    verteidigt    wurde    sie    von    wenigen 
Männern,  die  es  nicht  über  sich  hatten  bringen 
können,  die  Heimat  zu  verlassen,  und  die  hinter 
den  Mauern  sicher  zu  sein  glaubten.    Ihre  Hoff- 
nung trog  sIb,  die  Perser  fanden  einen  Aufgang, 
!  vermutlich   den  Treppenweg,  der  auf  der  Nord- 
'  Seite ,   westlich    vom   Erechtheion ,    emporführte 
•■  (Plan  38),  drangen  auf  diesem  ein  und  eroberten 
die  Burg.     Was  sie  nicht  plünderten,  zerstörten 
sie,    Statuen    und    Weihgeschenke    stürzten    sie 
um    und    zerschlugen    sie,    was    brennbar   war, 
i  ging  im  Feuer  zu  Grunde.     Als   die  Perser   ab- 
zogen,   war  die  Akropolis  nur  noch  ein  grolses 
Trümmerfeld,   und  das  ehemalige  Aussehen  der 
Burg  war  für  immer  geschwunden. 


II.   Die  Blütezeit. 


Nicht  wenige  Jahre  sollte  es  dauern,  bis  statt-  ! 
liehe  Neubauten  sich  erhoben,  die  dann  aller-  ' 
dings  alles,  was  bis  dahin  geleistet  war,  in  den 
Schatten  stellten.  Zunächst  scheint  man  die 
beiden  Tempel  für  die  Benutzung  wieder  in  Stand 
gesetzt  zu  haben.  Dann  aber  ist  nach  und  nach 
die  Burg  in  der  uns  geläufigen  Gestalt  entstanden 
(Fig.  3).  Dreierlei  war  es,  was  das  Aussehen 
der  Burg  gegenüber  dem  früheren  Zustande  | 
wesentlich  veränderte.  Erstens  wurde  die  ganze 
Burg  mit  mächtigen ,  am  äuTseren  Rande  des 
Felsens  aufsetzenden  Stützmauern  umgeben. 
Zweitens  wurde  im  Zusammenhang  damit  ein 
einziges  grolses  Plateau  hergerichtet,  das  sich 
nach  Westen  zu  senkte  (vgl.  Fig.  3,  links  oben 
die  gröfsere  Skizze).  Drittens  erstanden  neue 
grofsartige  Bauten.  Um  die  Änderungen,  die 
der  Hügel  selbst  erlitt,  deutlich  zu  machen,  ver- 
gleicht Dörpfeld')  den  Diirchschnitt  durch 
den  Burgfelsen  mit  dem  Durchschnitte  durch 
ein  einfaches  Haus,  das  ein  Giebeldach  trägt. 
Die    senkrechten    Hauswände    entsprechen    den 


fragte,  nicht  bei.    Mir  steht  in  dieser  Frage  ein  Urteil 
nicht  zu. 

>)  Athen.  Mitt,  XI  (1886),  S.  165. 


steil  abfallenden  Abhängen  der  Burg  und  die 
beiden  schrägen  Dachhnien  der  nach  beiden 
Seiten  sanft  abfallenden  Oberfläche  des  natür- 
lichen Burgfelsens.  Denken  wir  nun  die  Aulsen- 
mauern  des  Hauses  bis  zur  Firsthöhe  hinauf- 
geführt und  die  beiden  Dreiecke  zwischen  diesen 
Mauern  und  den  ansteigenden  Linien  des  Daches 
mit  Schutt  ausgefüllt,  so  haben  wir  ein  schema- 
tisches  Bild  von  der  Ummauerung  der  Akropolis 
und  der  Auffüllung  zur  Herstellung  eines  grolseu 
Plateaus.  Dabei  ist  zu  beachten,  dals  die  Auf- 
schüttung im  Süden  sehr  umfangreich  war 
(Fig.  3,  links  oben  die  kleinere  Skizze),  und 
dafs  man  bei  der  Nordmauer  zwei  Abschnitte 
unterscheiden  kann,  einen  tieferen,  der  auf  ein 
niedrigeres  Niveau  des  Burgplatzes  berechnet 
war,  und  einen  späteren,  bei  dem  das  Innere 
die  Höhe  der  perikleischen  Zeit  erhielt.')  Bei 
dieser  Aufschüttung  hat  man  die  alten,  durch 
die  Perser  zertrümmerten  Statuen  nicht  minder 
wie  die  alten  Werkstücke  der  Gebäude  benutzt. 
So  finden  wir  13  Säulentrommeln  des  Hekatom- 
pedon  zu  viereckigen  Quadern  umgearbeitet  in 


')  D  ö  r  p  f  e  I  J  bei  F  u  r  t  w  ä  n  g  1  e  r ,  Meisterwerke, 
S   193,  2. 


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« 


A.  (Jeschichtlicher  Überblick. 


der  Südmauer,  und  zertrümmerte  Giebelgruppen, 
Statuen  und  Vasen  sind  zur  Ausfüllung  benutzt 
worden.  Bei  den  Ausgrabungen,  die  im  Jahre 
1885  begannen  und  überall  womöglich  bis  zum 
gewachsenen  Felsen  reichten,  fand  man  daher 
eine  überraschende  Ausbeute,  und  dem  Vor- 
gehen der  Athener  bei  der  Neueinrichtung  der 
Akropolis  verdanken  wir  eine  Kenntnis  der 
Kunstblüte  in  Athen  vor  den  Perserkriegen, 
wie  wir  sie  zu  erlangen  vorher  nie  hatten  hoffen 
können. 

Von  grölseren  Bauten  sollte  zunächst  ein 
stattlicher  Athenatempel  errichtet  werden.  Man 
schreibt  diesen  Tempel  gewöhnUch  dem  Kimon 
zu,  aber  wenn  auch  Kimon  selbst  dem  Bau  des 
Tempels  fernstehen  mag,  so  schiefst  doch  der 
Versuch  Furtwänglers,  ihn  für  Themistokles  in 
Anspruch  zu  nehmen,  über  das  Ziel  hinaus.^) 
Wie  der  Durchschnitt  durch  die  Akropohs  von 
Norden  nach  Süden  zeigt  (Fig.  3,  die  kleinere 
Skizze  links  oben),  war  eine  gewaltige  Unter- 
mauerung auf  der  Südseite  nötig,  noch  tiefer 
mufste  freilich  die  südliche  Randmauer,  als  deren 
Erbauer  uns  Kimon  genannt  wird,  aufsetzen; 
der  Raum  zwischen  Unterbau  und  Randmauer 
wurde  dann  mit  Schutt  ausgefüllt.  Der  Tempel 
sollte  ganz  aus  Marmor  errichtet  werden.  Schon 
war  der  Unterbau  fertig,  und  schon  wurden  die 
Säulentrommeln  bearbeitet,  da  geriet  der  Bau 
plötzlich  ins  Stocken.  Den  Grund  für  die  Unter- 
brechung kennen  wir  nicht  ^),  der  Tempelbau 
aber  wurde  zunächst  nicht  wieder  aufgenommen, 
und  so  sehr  hatte  man  auf  die  Fortsetzung  des 
Baues  verzichtet,  dafs  man  die  unverletzten 
Säulentrommeln  bei  der  Erhöhung  der  Nord- 
mauer, die  in  frühperikleische  Zeit  fällt,  ver- 
wendete imd  vorläufig  vom  Tempelbau  auf  der 
Akropolis  ganz  absah.")  Erst  unter  Perikles 
wurde  dann  der  Plan  eines  Neubaues  wieder 
aufgenommen    und   in    den    Jahren    447 — 432*) 

>)  Meisterwerke  S  162  bis  168.  Es  ist  überhaupt 
nicht  nötig,  einem  der  berühmten  Führer  den  Anlafs 
zum  Tempelbau  zuzuschreiben. 

')  Furtwängler  findet  ihn  im  Fall  des  Themi- 
stokles (471). 

')  Vgl.  Dörpf  eld  bei  Furtwängler,  Meister- 
werke S.  163,  3. 

*)  Dafs  noch  über  das  Jahr  434,  das  bis  vor 
kurzem  als  Endjahr  bezeichnet  wurde,  hinaus  gebaut 


durch  den  Baumeister  Iktinos  der  berühmte 
Parthenon  erbaut ,  der  noch  heute  in  seinen 
Trümmern  Zeugnis  von  der  antiken  Meisterschaft 
auf  dem  Gebiete  der  Baukunst  ablegt.  Verglichen 
mit  dem  früheren  Bau,  ist  er  etwas  breiter,  aber 
minder  lang  und  etwas  mehr  nach  Norden  zu- 
gerückt, so  dafs  hier  ein  Stück  neues  Funda- 
ment nötig  wurde,  während  sonst  der  neue 
Tempel  ganz  auf  dem  Platz  des  alten  hegt 
(Plan  22). 

Noch  ehe  der  Parthenon  fertig  war,  hatte 
Perikles  die  Propyläen  (Plan  6)  diu-ch  Mnesikles 
beginnen  lassen,  einen  gewaltigen  Thorbau,  der 
mit  seinen  Seitenflügeln  die  ganze  Westseite  der 
Burg  einnehmen  sollte.  Seine  Absicht  wurde 
durchkreuzt  und  nur  der  Mittelbau  ganz  nach 
seinen  Plänen  vollendet,  während  die  Seiten- 
bauten nur  teilweise  zur  Ausführung  kamen. 
Abgeschlossen  wiurde  der  Bau  im  Jahre  432, 
ohne  doch  die  letzte  Feile  bekommen  zu  haben. 

Nicht  weit  von  den  Propyläen  wurde  der 
kleine  Niketempel  errichtet  (Plan  5).  Die  Zeit 
der  Erbauung  ist  uns  nicht  überliefert,  sicher 
wurde  er  erst  nach  Beginn  der  Propyläen  in 
Angriff  genommen,  und  es  ist  eine  hübsche  Ver- 
mutung von  Furtwängler*),  dafs  seine  Er- 
bauung mit  den  Erfolgen  des  Demosthenes  im 
Jahre  426  zusammenzubringen  ist.  Die  Bastion, 
auf  der  sich  der  Tempel  erhebt,  der  sog.  Nike- 
pyrgos,  der  älter  ist  als  die  Propyläen  und  den 
Altar  der  Athena  Nike  trug,  war  ursprünglich 
höher  und  wurde  erst  beim  Bau  des  Tempel- 
chens abgetragen,  so  dals  eine  Fundamentstufe 
des  Südwestflügels  der  Propyläen  entblöfst  wurde. 

In  die  Zeiten  des  peloponnesischen  Krieges, 
wie  es  scheint  nach  dem  Frieden  des  Nikias 
421«),  fällt  das  Erechtheion  (Plan  31),  der  Neu- 
bau des  alten  Erechtheustempels.  Die  Arbeiten 
wurden  im  Jahre  413  abgebrochen  und  erst  409 
wieder  aufgenommen,  um  im  nächsten  Jahre 
(408)  vollendet  zu  werden.  Der  Tempel  lag  un- 
mittelbar neben  dem  Hekatompedon,  ja  ein  Teil 
des  Neubaues,   vor  allem  die  Korenhalle,  griff 


wurde,  zeigen  die  Inschriften  CIA  IV,  p.  147,  800 
bis  302. 

')  Meisterwerke,  S.  207  ff. 

»)  Michaelis,  Athen.  Mitt.  XTV'  (1889)  S.349ff. 
Vgl.  auch  Furtwängler,  8.192. 


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m.    Die  Zeit  des  Verfalls. 


auf  den  Platz  über,  wo  die  Ringhaile  des  alten 
Baues  gestanden  hatte.  Damals  war  von  diesem 
alten  Tempel  wohl  nichts  mehr  zu  sehen,  der 
Parthenon  war  ja  der  Ersatz  für  ihn;  das  ältere 
Erechtheion  war,  wie  es  sich  von  selbst  versteht, 
vor  dem  Neubau  abgetragen  worden. 

Schliefsüch  müssen  wir  noch  des  Baues  ge- 
denken, der  südwestUch  vom  Parthenon  lag,  und 
dessen  südliche  Längswand  von  der  südlichen 
Burgmauer  selbst  gebildet  wurde.  Es  ist  die 
Chalkotheke  (Plan  15).  Ihre  Errichtung  fällt  an 
das  Ende  des  5.  oder  den  Anfang  des  4.  Jahr- 
hunderts.i)  Damit  schliefst  die  grofsartige  bau- 
üche  Ausgestaltung  der  Akropolis.  Drei  Tempel, 
die  Propyläen  und  die  Chalkotheke  waren  die 
Hauptbauten,  alle  in  der  kurzen  Frist  von  etwa 
50  Jahren  entstanden.  Wohl  waren  noch  andere 
kleinere  Gebäude  dort,  namentlich  Säulenhallen, 
wohl  sind  noch  zahlreiche  Mauerzüge  gefunden 
worden,  aber  alles  ist  unbedeutend  gegenüber 
dem  Erwähnten,  und  der  Zweck  der  anderen 
Räume  ist  uns  unbekannt.  Nur  den  Bezirk  der 
Artemis  Brauronia,  einer  Göttin,  die  im  Frauen- 
leben eine  grofse  Rolle  spielte,  können  wir  nicht 
unerwähnt  lassen  (Plan  13).  Vergessen  aber  darf 
man  sodann  nicht  die  zahllosen  Statuen,  die  die 
Burg  bedeckten  und  ihr  eine  henliche  Zierde 
waren,  unter  denen  hier  nur  die  Athena  Pro- 
machos  (Plan  40)  erwäjint  werden  soU,  eine 
hohe  Statue  aus  Erz,  die  zwischen  dem  alten 
Athenatempel    und    den    Propyläen    stand    und 


etwa  in  der  Zeit  der  Erbauung  des  Parthenon 
aufgestellt  sein  mag.  So  bheb  die  Akropolis  im 
wesentlichen  viele  Jahrhunderte  hindurch;  wohl 
mehrten  sich  die  Weihgeschenke,  aber  den 
Charakter  der  Burg  veränderten  weder  das  figuren- 
reiche Werk,  bestehend  aus  einer  grofsen  Anzahl 
von  Statuen,  das  von  König  Attalos  I.  von  Per- 
gamon  (241—197)  auf  die  Burg  gestiftet  wurde 
und  die  Südostecke  schmückte  (Plan  19),  noch 
die  Zuthaten  der  römischen  Zeit  unter  Augustus 
und  Tiberius.  Damals  entstand  ein  kleiner  Rund- 
tempel im  Osten  des  Parthenon,  der  Göttin  Roma 
und  dem  Kaiser  Augustus  geweiht  (Plan  26),  und 
vor  dem  linken  Flügel  der  Propyläen  erhielt  auf 
hohem  Postament  Agrippa  ein  Denkmal  (Plan  7). 
Mit  einem  Thor  im  Westen,  das  etwa  im  2.  Jahr- 
hundert n.  Chr.  entstand  (Plan  1),  schliefst  die 
Baugeschichte  der  Akropolis  ab. 

Wenn  man  von  der  Akropolis  von  Athen 
redet,  darf  man  die  Bauten  nicht  übergehen,  die 
am  Südabhang  lagen.  Es  sind  zwei  Theater, 
östlich  das  des  Dionysos,  dessen  steinerne  Sitz- 
plätze nach  der  Mitte  des  4.  Jahrhunderts  ge- 
schaffen wurden  (Plan  42),  westüch  das  Odeion 
des  Herodes  Attikos,  das  erst  in  den  Jahren 
160 — 170  n.  Chr.  entstand  (Plan  52),  und  zwischen 
ihnen  auf  einer  höheren  Terrasse  allerlei  Heilig- 
tümer, die  vom  5.  Jahrhundert  ab  hier  erbaut 
wurden  (Plan  47  und  49),  und  auf  einer  niederen 
Terrasse  (Plan  51)  die  lange  Halle  Eumenes'  11., 
Königs  von  Pergamon  (197 — 159). 


I.   Die  Zeit  des  Verfalls. 


Wer  heute  die  Akropolis  besucht,  der  sieht  nur 
Ruinen,  und  erst  die  gestaltende  Phantasie 
kann  ihm  die  Bauten  inursprünghchem  Glänze 
vor  Augen  führen.  Ein  Gefühl  der  Wehmut 
beschleicht  ihn  bei  dem  Gedanken,  dafs  alles 
80  zerstört  werden  mufste,  und  ein  Gefühl  der 
Bitterkeit  bei  dem  Gedanken,  dafs  erst  die  Neu- 
zeit alles  in  Ruinen  verwandelt  hat.  Denn  lange 
Zeit  waren  die  Bauten  trotz  mancher  Änderungen 
im   ganzen   unversehrt  geblieben.     Im  5.  Jahr- 


')Dörpfeld,  Athen.  Mitt.  XIV  (1889)  S.303  £E. 


hundert,  als  der  Sieg  des  Christentums  ent- 
schieden war,  wuLrden  Erechtheion  und  Parthe- 
non in  christliche  Kirchen  verwandelt,  wobei 
das  Erechtheion  stark  beschädigt  wurde,  der 
Parthenon  dagegen  weniger  Htt.  Im  Jahre  1204 
kam  Athen  unter  die  Herrschaft  der  fränkischen 
Ritter,  die  zu  einem  Kreuzzug  ausgezogen  waren, 
vor  Konstantinopel  aber  ihr  eigentliches  Ziel  aus 
dem  Auge  verloren,  das  alte  Herrscherhaus  stürz- 
ten und  das  lateinische  Kaisertum  stifteten.  Im 
nächsten  Jahre  (1205)  wurde  eine  fränkische  Be- 
satzung auf  die  Burg  geführt,  und  abermals  ein  Jahr 


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8 


A.    Geschichtlicher  Überblick. 


später  (1206)  zog  in  die  Kirchen  auf  der  Burg  statt 
des  griechischen  Kultus  der  römische  ein.  Etwas 
mehr  als  100  Jahre  waren  die  Fratiken  im  Besitz 
von  Athen,  da  kamen  die  Katalonen  von  Sizilien, 
schlugen  die  Franken  aufs  Haupt  und  herrsch- 
ten 76  Jahre  (1311—1387)  über  Athen.  Ihnen 
folgten  die  Florentiner ;  1387  nahm  Nerio  I.  Accia- 
juolo  Besitz  von  der  Burg.  Seinen  Palast  hatte 
er  in  den  Propyläen,  und  damals  erhob  sich  im 
Südflügel  der  Turm,  der  daher  der  fränkische 
Turm  heifst  und  bis  zum  Jahr  1875  weithin 
sichtbar  als  das  Wahrzeichen  der  Akropolis  er 
schien.  80  Jahre  darauf  kamen  die  Türken: 
die  Marienkirche  (der  Parthenon)  ward  zur 
Moschee,  und  im  Südwesten  wurde  ein  Minaret 
aufgeführt,  dessen  Treppe  noch  erhalten  ist. 
Die  traurige  Zerstörungsgeschichte  aber  beginnt 
erst  im  Jahre  1656.  Damals  war  die  Akropolis 
dicht  bebaut,  und  in  den  Propyläen  befand  sich 
das  Pulvermagazin,  der  Blitz  schlug  ein,  ein 
grolser  Teil  der  Propyläen  flog  in  die  Luft,  die 
Epistyle  des  Mittelbaues  und  die  oberen  Teile 
sämtlicher  Säulen  wurden  zerschmettert. 

Hatte  man  schon  vorher  den  Westaufgang 
durch  eine  feste  Schanze,  die  vom  Nikepyrgos 
bis  zum  Unterbau  des  Agrippadenkmals  hin- 
führte, geschützt,  so  wurde  sie  1680  verätärkt, 
wobei  der  Niketempel  abgebrochen  und  in  die 
Bastion  verbaut  wurde.  So  ging  der  zweite  Bau 
zu  Grunde,  der  bis  dahin  nur  das  Dach  einge- 
bülst  hatte,  sonst  aber  wohl  erhalten  geblieben 
war.  In  diesem  Jahrhundert  (1835)  wurde  er 
dann  aus  den  alten  Bausteinen  wieder  hergestellt. 

Den  Propyläen  und  dem  Niketempel  folgte 
der  Parthenon  bald  nach.  Als  1683  der  Angriff 
der  Türken  auf  Wien  gescheitert  war,  bildete 
sich  ein  mächtiger  Bund  zu  ihrer  Niederwerfung, 
und  die  Verbündeten  gingen  ihrerseitfl  zum  An- 
griff über.  Während  in  Österreich  und  Ungarn 
Markgraf  Ludwig  von  Baden  zu  Lande  gegen 
die  Türken  focht,  fuhr  von  Venedig  aus  Moro- 
sini nach  Griechenland.  Er  eroberte  Korinth 
und  Ägina  und  rückte  dann  zur  Belagerung  der 
Burg  Athens  heran.  Das  Landheer,  das  mit  der 
Flotte  gekommen  war,  bestand  meist  aus  Deut- 
schen, die  damals  unter  den  Fahnen  Venedigs 
fochten.  Ihr  Führer  war  der  westfälische  Graf 
Königsmark.  Am  21.  September  nickte  Königs- 
mark in  die  Stadt  Athen   ein;    die  Burg  wurde 


beschossen,  zunächst  vergeblich.  Da  erfuhr  man 
von  einem  Überläufer,  dafs  der  türkische  Kom- 
mandant einen  Teil  seines  Pulvervorrates  in  die 
Marienkirche  habe  bringen  lassen.  Man  richtete 
nun  die  Mörser  auf  den  Parthenon,  und 
Freitag,  den  26.  September  1687,  flog  ein  grofser 
Teil  des  herrlichen  Baues  in  die  Luft.  Über 
2000  Jahre  war  er  erhalten  geblieben,  jetzt  fiel 
er  durch  eine  Bombe,  die  ein  Braunschweiger 
ArtillerieUeutenantgeschickt  hatte.  DerZerstörung, 
die  wesentlich  den  mittleren  Teil  betroffen  hatte, 
folgte  dann  die  Beraubung  des  Parthenon.  Als, 
bald  nachdem  die  Burg  in  die  Hände  der  Vene- 
zianer gefallen  war,  türkische  Truppen  heran- 
marschierten  und  Morosini  die  Notwendigkeit 
einsah,  Athen  zu  verlassen,  da  wollte  er  wenig- 
stens nicht  nach  Venedig  zvu-ückkehren ,  ohne 
eme  Erinnerung  an  Athen  mitzubringen.  Die 
Rosse  der  Athena  und  die  mächtige  Gestalt  des 
Poseidon  aus  dem  Westgiebelfelde  des  Parthenon 
sollten  die  Trophäe  sein.  Aber  die  Arbeiter, 
denen  keine  Maschinen  zur  Verfügung  standen, 
konnten  ihre  Aufgabe  nicht  lösen,  die  Figuren 
stürzten  und  zerschellten  auf  dem  Felsen  (1688). 
Hundert  Jahre  später  (1787)  kamen  einige 
Stücke  der  Parthenonskulpturen  in  französische 
Hände,  sie  sind  heute  im  Louvre.  Gröfser  war 
die  Beute  des  englischen  Lords  Elgin,  dem  es 
gelang,  den  gröfsten  Teil  der  Giebelfiguren,  des 
Frieses  und  der  Metopen  vom  Parthenon,  eine 
Statue  von  der  Korenhalle  des  Erechtheion  und 
die  damals  sichtbaren  Stücke  vom  Fries  des 
Niketempels  an  sich  zu  bringen;  diese  Kunst- 
werke bilden  heute  den  Hauptschmuck  des  Briti- 
schen Museums. 

Die  Kämpfe  im  ersten  Drittel  unseres  Jahr- 
hunderts zwischen  Griechen  und  Türken  brachten 
wieder  manchen  Schaden,  der  Parthenon  hatte 
zu  leiden  und  besonders  das  Erechtheion,  an 
dem  die  Decke  der  nördlichen  Vorhalle  ein- 
stürzte (1825). 

Das  Jahr  1833  bildet  einen  Wendepunkt: 
die  Burg  wurde  von  den  Türken  für  immer 
geräumt,  und  seitdem  sucht  man  zu  erbalten, 
was  noch  gebUeben  ist.  Aber  das  Erdbeben  im 
Sommer  1894  hat  daran  eriimert,  welchen  (Gefahren 
auch  jetzt  noch  die  Ruinen  ausgesetzt  sind.  Hoffen, 
wir,  dafs  es  gelingt,  sie  noch  viele  Jahrhunderte 
kommenden  Geschlechtem  zu  erhalten.    Denn, 


'''■:V 


1.    Das  römische  Thor. 


wenn  es  auch  Ruinen  sind,  so  sind  pie  doch  mit 
all  dem  Glanz,  der  Ruinen  nur  anhaften  kann, 
umgeben,  und  wer  einmal  axd  der  Burg  gestanden 
hat,  der  vergilst  daa  Bild  nicht  mehr.  Am 
schönsten  aber  ist  es  auf  der  Burg  bei  Nacht, 
wenn  der  Mond  sein  magisches  Licht  auf  die 
Trümmer  wirft.  Rings  am  Horizont  auf  einigen 
Seiten  Berge,   dann  weithin  das  Meer,  aus  dem 


die  Inseln  Salamis  und  Ägina  auftauchen.  Auf 
der  Burg  selbst  aber  ersteht  in  unseren  Gedanken 
die  alte  Herrlichkeit,  und  in  uns  steigt  das  Bild 
alter  Zeiten  auf,  der  Zeiten,  da  die  Kunst  diesen 
Hügel  mit  Werken,  die  einzig  in  ihrer  Art  sind, 
schmückte.  Dann  erst  fühlt  und  begreift  man  ganz 
das  Zeitalter,  das  in  der  Weltgeschichte  einzig 
dasteht,  das  Zeitalter  des  Pheidias  und  Perikles. 


B.  Die  Akropolis  von  Athen  in  ihrer  Blütezeit. 


Dazu  Figur  3. 


Die  Ansicht  in  Fig.  3^)  ist  von  Südwesten 
genommen.  Man  erbhckt  den  Burghügel  in 
seinem  ganzen  Umfange  mit  den  Bauten,  die 
seinen  Südabhang  bedecken.  Vier  erläuternde 
Skizzen  sind  Hnks  oben  und  rechts  unten  an- 
gebracht worden.  Die  erste')  stellt  den  Burghügel 
von  der  Südseite  dar,  soweit  er  sich  über  125  m 
Seehöhe  erhebt,  und  zeigt  uns  den  Abfall  des 
Hügels  im  Westen  und  Osten,  sowie  die  Neigung 
des  Plateaus  von  Osten  nach  Westen.  Die  zweite') 
gibt  einen  Durchschnitt  des  Hügels  von  Süden 
nach  Norden.  Man  sieht,  wie  tief  der  Parthenon 
fundamentiert  werden  mufste,  und  wie  nach 
Süden  zu  das  Plateau  noch  mehr  vergrölsert 
WTorde  durch  Erbauung  der  Südmauer  und  durch 
Ausfüllung  des  Loches  zwischen  ihr  und  den 
Fundamenten  des  Parthenon.  Man  sieht  ferner, 
dals  der  Boden  vom  Parthenon  zum  Erechtheion 
sich  senkt,  und  dafs  die  höchste  Treppenstufe 
des  grofsen  Tempels  auf  gleicher  Höhe  mit  dem 
Dach  der  Korenhalle  Hegt.  Die  beiden  Zeich- 
nungen rechte  unten  mit  den  Beischriften  Pro- 
pyläen und  Treppenaufgang  zur  Terrasse  der 
Athena  Nike  werden  bald  zur  Sprache  kommen. 


')  Dieses  Blatt  ist  für  den  Buchdruck  verkleinert 
worden  nach  der  im  Verlage  von  R.  Oldenbourg  in 
München  erschienenen  Wandtafel,  auf  der  Einzel- 
heiten erheblich  deutlicher  sind. 

•)  Nach  Kauperts  Zeichnung  bei  Jahn-Mi- 
chaelis,.  Pausaniae  descriptio  arcis  Athenarum. 
Taf.  n,  Fig.  2. 

•)  Ebenda,  Taf.  H,  Fig.  4. 
Lnckenhacb,  Die  Akropolis  von  Athen. 


Wir  wenden  uns  zum  HauptbUd;  es  ist  im 
wesentlichen  eine  Rekonstruktion  und  soll  zeigen, 
wie  die  Burg  am  Ende  ihrer  Entwicklung  aus- 
sah. Dabei  ist  aber  auf  eine  volle  Ergänzung 
verzichtet  worden,  um  nicht  zu  viel  Unsicheres 
zu  bieten.  Statt  dessen  sind  überall  die  zahl- 
reichen Mauerzüge,  die  man  gefunden  hat,  an- 
gedeutet worden.  Dats  zur  Zeit,  als  das  Erech- 
theion stand,  der  Grundrils  des  Hekatompedon 
nicht  so  deutlich  zu  erkennen  war  wie  im  Bilde, 
versteht  sich  von  selbst.  Auch  sonst  ist  deut^ 
heb  der  Lehrzweck  zu  erkennen.  So  sind  die 
Grundmauern  des  vorperikleischen  Parthenon 
vöUig  zu  sehen,  während  sie  natürüch  im  Alter- 
tum verdeckt  waren.  Das  Odeion  ist  nur  zur 
Hälfte  in  voller  Höhe  ergänzt  worden,  einmal  um 
die  Anlage  mögUchst  klar  erkennen  zu  lassen 
und  dann  um  nicht  zu  sehr  den  Blick  von  der 
Hauptsache,  der  Burgfläche,  abzuziehen.  Unsere 
Betrachtung  im  Einzelnen  beginnen  wir  im 
Westen,  d.  h.  also  links  unten. 

1.    Das  römische  Thor.') 

Der  erste  Bau  ist  das  sog.  Beule'sche  Thor, 
durch  das  auch  heute  der  Weg  zur  Akropolis 
hinaufführt.  Mit  den  beiden  Seitentürmen  und 
den  Mauern,  die  auf  der  linken  Seite  bis  zum 
Nordwestflügel  der  Propyläen,  auf  der  rechten 
Seite  bis  zum  Nikepyrgos  führen,  bildete  es  in 
römischer    Zeit    den    westüchen   Abschlufs    der 


•)  B  e  u  1  ^ ,  l'acropole  d'Athenes. 


10 


B.    Die  Akropolis  von  Athen  in  ihrer  Blütezeit. 


Akropolis.  Wie  vordem  die  Befestigung  der 
Westseite  war,  ist  uns  unbeliannt.i)  Das  jetzt 
erhaltene  Thor  ist  an  Stelle  eines  älteren  Thores, 
das  gleichzeitig  mit  den  Pylonen  erbaut  war,  ge- 
treten und  zum  Teile  aus  den  Bausteinen  eines 
von  Nikias  im  Jahre  319  v.  Chr.  infolge  eines 
choregischen  Sieges  errichteten  tempelartigen 
Baues  hergestellt.^)  Die  ganze  Anlage  scheint  ein 
Glied  der  Veränderungen  zu  sein,  die  mit  dem 
Bau  des  Odeions  zusammenhingen.  Vorher 
hatte  der  Weg  vom  Süden  her  am  Nikepyrgos 
vorbei  und  dann,  da  die  Steigung  sehr  stark 
war,  vermutUch  auf  gewundenem  Weg  bis  zu 
dem  mittleren  Durchgang  der  Propyläen  geführt. 
Die  grofsen,  in  die  Höhe  führenden  Stufen  ge- 
hören wie  das  Thor  der  römischen  Zeit  an. 

2.    Der  Nikepyrgos. 

Der  Zweck  der  beiden  Nischen,  die  sich  im 
Westen  unten  an  der  Nikebastion  befinden,  ist 
unbekannt,  vielleicht  waren  ursprünglich  Götter- 
bilder darin   aufgestellt.     Oben   steht  der  kleine 


KiK.  4.    Grnndrirs^des  Tempels  der  Athen«  Nike. 

Tempel  der  Sieg  bringenden  Athena  oder  der 
Athena  Nike.  Er  ist  ein  Amphiprostylos  im 
ionischen  Stil  mit  4  Säulen  an  den  beiden  Schmal- 
seiten (Fig.  4).  In  Fig.  5  geben  wir  nach  einer 
Photographie^)  den  Tempel,   wie    er  heute   ohne 


')  .Ausgrabungen  zwischen  .\reioi)ag  und  Burg, 
die  möglicherweise  Licht  bringen,  sind  im  Gange. 

')  Über  das  Denkmal  des  Mkias:  Dörpfeld 
und  Köhler,  Athen.  Mitt.  X  (1885),  S.  219  bis  236, 
Dörpfeld,  Athen.  Mitt.  XIV  (1889),  H.  63  bis  66. 

')  Ich  benutze  die  Gelegenheit,  die  athenischen 
Photographien  von  Alois  Beer  in  Klagenfurt  zu  em- 
pfehlen. Sie  gehören  zum  Besten,  was  ich  von  Photo- 
graphien gesehen  habe. 


j  Giebel  und  Dach  aussieht.  Über  dem  Epistyl 
I  läuft  ein  Fries  um  den  ganzen  Tempel  herum. 
Im  Osten  über  dem  Eingang  (Fig.  5)  sieht  man 
Athena  in  einer  Götterversammlung,  an  den  üb- 
rigen Seiten  sind  Kämpfe  aus  der  athenischen 
Geschichte  dargestellt,  und  da  im  Westen  Griechen 
gegen  Griechen,  auf  den  Langseiten  Griechen 
gegen  Barbaren  kämpfen,  so  wird  die  Deutung 
auf  die  Schlacht  von  Platää  wohl  das  Richtige 
treffen.  Im  Innern  stand  Athena,  den  Helm  in 
der  Linken,  einen  Granatapfel  in  der  Rechten 
tragend. 

Von  der  Höhe  des  Nikepyrgos  hat  man  einen 
prächtigen  Ausblick  auf  das  Meer.  Hier  soll 
König  Ägeus  gestanden  haben  und  die  Rückkehr 
des  Schiffes,  auf  dem  sein  Sohn  Theseus  zum 
Kampf  mit  dem  Minotaurus  nach  Kreta  gefahren 
war,  erharrt  haben.  Aus  Verzweiflung  über  den 
vermeintlichen  Tod  des  Sohnes  stürzt«  er  sich 
hinab  und  fand  auf  den  Felsen  seinen  Tod.  Eine 
Grabkapelle  befand  sich  von  ihm  in  Athen,  und 
es  ist  eine  glückliche  Vermutung,  in  den  Resten 
eines  kleines  Baues  am  Südfufs  des  Nikepyrgos 
(Plan  4a)  dies  Heroon  zu  erkennen.*) 

Um  in  späterer  Zeit  das  Herabstürzen  von 
der  Höhe  des  Turmes  zu  hindern,  umgab  den 
oberen  Rand  ein  Geländer  aus  Mannorblöcken, 
die  auf  ihrer  Aufsenseite  mit  ReUefs  geschmückt 
waren,  die  sog.  Nikebalustrade.*)  Im  Beisein  der 
Athena  sind  eine  Reihe  von  Siegesgöttinnen  be- 
schäftigt, die  Vorbereitungen  zur  Siegesfeier  zu 
treffen.  Auf  unserer  Tafel  ist  auf  der  Westseite 
die  Stelle  angedeutet,  die  mit  Rehefs  geschmückt 
war,  aber  das  Gleiche  war  auch  auf  den  drei 
anderen  Seiten  des  Tempels  der  Fall,  und  zwar 
so,  dafs  das  Geländer  im  Norden  vom  Mauer- 
rande abbog  und  auf  dem  Plateau  gegen  die 
Front  des  Niketempels  sich  fortsetzte.  An  der 
nicht  sichtbaren  Nordseite  des  Pyrgos  führte  eine 


•)  LoUing,  Athen.  Mitt.  XI  (1886),  S.  322  f.; 
gebilligt  von  Dörpfeld,  Athen.  Mitt.  XIV  (1889), 
8.  63. 

')    Ilauj)twerk    von    Kekul6,    Balustrade    des 
Temi)els  der  Athena  Nike. 

Nach  Michaelis,  Athen.  Mitt.  XIV  (1889)  S.  365, 
wäre  die  Balustrade  infolge  des  Seeaieges,  den  AUd- 
biades  410  bei  Kyzikos  errang,  und  anderer  glück- 
licher Kreignisse  errichtet. 


11 


^       OS 


S 
"Z  o 

*  ja 


E  § 

55 


2* 


12 


B.    Die  Akropolia  von  Athen  in  ihrer  Blütezeit. 


kleine  Treppe  empor  nach  oben  hin.  Eben  an 
dieser  Treppe  bog  die  Balustrade  um  und  wandte 
sich  von  Norden  nach  Süden  zu,  bildete  also  die 
Ostbalustrade.  Diese  Treppe  ist  rechts  vom  Haupt- 
bilde besonders  gezeichnet.')  Wer  auf  ihr  hinauf- 
stieg, hatte  zur  Linken  ein  Denkmal,  dessen 
Unterbau  noch  erhalten  ist.  Es  war  ein  Reiter- 
denkmal, das  hier  zur  Erinnerung  an  tapfere 
Thaten  wohl  zur  Zeit  des  Perikles  vom  Bild- 
hauer Lykius,  einem  Sohne  Myrons,  errichtet 
worden  war.  Im  Volksmund  galten  die  Reiter 
aus  Mifsverständnis  als  Xenophons  Söhne.  Als 
dann  fast  500  Jahre  spater  Germanicus,  der  Stief- 
sohn des  Kaisers  Tiberius ,  in  Athen  geehrt 
werden  sollte,  da  weihte  man  ihm  dieses  Denk- 
mal, wie  wenn  es  für  ihn  errichtet  worden  wäre, 
und  schrieb  die  Ehreninschrift,  die  ihn  feierte, 
unter  die  ursprüngliche  Inschrift.  Von  dem 
Denkmal,  das  sich  nicht  erhalten  hat,  sieht  man 
das  Oberteil  eines  Mannes  über  den  Niketempel 
hervorragen. 

3.    Das  Agrippamonument.*) 

Auf  der  anderen  Seite  des  zu  den  Propyläen 
etüporf ührenden  Weges  vor  dem  Nordflügel  dieses 
Baues  wurde  dem  M.  Vipsanius  Agrippa,  dem 
Feldherm  und  Schwiegersohn  des  Kaisers  Augu- 
stus,  ein  Denkmal  errichtet.  Das  Denkmal  selbst 
ist  nicht  mehr  erhalten ,  unser  Bild  stellt  den 
Feldherrn  auf  einem  von  2  Pferden  gezogenen 
Wagen  dar-^).  Aber  das  fast  9  m  hohe  Postament 
steht  noch,  eine  Inschrift  auf  der  Westseite  er- 
wähnt die  uns  unbekannten  Verdienste  des 
Agrippa  um  Athen;  sie  lautet:  o  (V/J/io?  lUügy.oi' 
llyQtnnuy  yluxlor  r'tiiv  xo)<;  vtiutov  toi'  ««itoT 
n'fQytTiii'.  Demnach  wurde  der  Wohlthäter  Athens 
so  geehrt,  als  er  zum  dritten  Mal  Konsul  war, 
d.  h.  im  Jahre  27  n.  Chr. 


■)    Nach  Curtius,  Stadtgeschichte,  Fig.  31. 

«1   Bohn,  Die  Propyläen,  S.  39  und  40. 

')  Nachdem  Bohn  S.  40  die  Stands]iuren  be- 
sprochen hat,  fährt  er  fort:  >e8  wird  dadurch  zu 
hoher  Wahrscheinlichkeit  erhoben ,  dafs  die  Basis 
ein  Zwei  -  oder  wahrscheinlicher  Viergesjiann  mit 
dem  Wagen  trug,  auf  dem  .\grippa  stand  —  denn 
der  Gedanke  an  eine  Kinzelstatue ,  sitzend  oder 
zu  Pferde,  ist  durch  die  Spuren  vollständig  aus- 
geschlossen«. 


4.    Die  Klepsydra. 

Wenden  wir  uns  von  dem  Agrippaturm  zur 
Nordmauer,  so  gelangen  wir  durch  ein  Thor  zu 
der  Burgquelle  Klepsydra  (Fig.  6).  Etwa  60  Stufen 
führen  in  gewundener  Linie  zu  einem  künstlich 
hergestellten,  4  m  langen  und  etwa  halb  so  brei- 
ten Raum  hinab,  in  dessen  Boden  sich  ein  Loch 
befindet,  durch  das  man  das  Wasser  holen  kann. 
Auch  im  Mittelalter  hülste  die  Quelle  ihre  Be- 
rühmtheit nicht  ein;  aus  dem  kleinen  Raum 
wurde  eine  Kapelle  (die  Apostelkirche)  her- 
gestellt, und  das  Wasser  diente  als  Taufquelle. 
In   den   Befreiungskämpfen  dieses  Jahrhunderts 


QiulU  KU|isucLra 


OtnKmojt- 


Fi(?.  6. 


wurde  1822  die  Quelle  wieder  entdeckt,  und 
sechs  Jahre  später  errichtete  Odysseus,  ein  giie- 
chischer  Anführer,  zu  ihrem  Schutz  das  Aufsen- 
werk,  das  auch  auf  unserer  Tafel  wiedergegeben 
ist.  Heute  sind  die  Mauern  abgerissen ;  wie  weit 
im  Altertum  die  Quelle  durch  Befestigungen  ge- 
schützt war,  steht  nicht  genügend  fest. 

Nicht  weit  von  der  Klepsydra  am  Nord- 
abhang der  Burg  lagen  zwei  Höhlen,  die  eine 
seit  alter  Zeit*)  dem  Pan ,  der  in  der  Schlacht 
bei  Marathon  den  Athenern  beistand  (Plan  55), 
die  andere  dem  Apollon  (Plan  54)  geweiht. 

5.  Die  Propyläen.*) 

7o  TTQonvXaioy  war  der  offizielle  Ausdruck, 
aber  schon    frühe')   trat    für    den  Singular    der 


1)  Vgl.  Milchhöfer,  Athen.  Mitt.  V  (1880), 
S.  214,  1. 

')  Hauptwerk  Bohn,  Die  Propyläen.  Dazu  D  urm 
in  der  Zeitschrift  für  bildende  Kunst  XIX  (1884), 
S.  291  bis  801,  320  bis  325. 

°j  So  schon  bei  Demosthenes. 


5.    Die  Propyläen. 


13 


Plural  ein,  den  auch  wir,  dem 
allgemeinen  Brauche  folgend, 
anwenden.  Das  Wort  bezeich- 
net die  Räume  (die  Hallen), 
die  sich  vor  und  hinter  der 
Wand  mit  der  Thür  oder  den 
Thüren  befinden;  woraus  dann 
sofort  erhellt,  dals  von  den 
drei  Teilen,  aus  denen  die  Propyläen  bestehen, 
dem  Mittelbau  und  zwei  Seitenflügeln,  nur  dem 
ersteren  der  Name  Propyläen  eigentlich  zukommt. 


<_  > 


Fig.  7. 


fierten  Teilen  absehen  wolle,  liegt  zwischen  zwei 
starken  Seiten  wänden  die  Mittelwand,  die,  von 
fünf  Thoren  durchbrochen,  im  GrundriTs  fast 
das  Aussehen  einer  Wand  verloren  hat.  Das 
Thor  in  der  Mitte  war  als  das  Hauptthor  bei 
weitem  am  grölsten,  die  äulsersten  Thore  da- 
gegen am  kleinsten.  In  Fig.  9,  einem  Bilde  ^) 
der  Akropolis  von  Westen  aus  —  rechte  liegt 
der  Parthenon,  vor  dem  Südwestflügel  der  Pro- 
pyläen der  Niketempel  —  sieht  man  die  Wand 
mit  ihren  fünf  Durchgängen,   die   im  Altertum 


ttf«»»a.t*. 


Mo.  Srixfa 


N.W.FLÜCEl- 


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IZE 


Fig.  8.    Orandrih  der  ProfrUen. 


Schon  in  Ägypten  und  Assyrien  war  es  Sitte 
gewesen,  vor  heiligen  Plätzen  als  Eingangshallen 
solche  Thorbauten  zu  errichten,  und  nicht  minder 
erblicken  wir  sie  in  der  vom  Ausland  stark  be- 
einflufsten  Baukunst  ältester  griechischer  Zeit. 
An  dem  Königspalast  von  Tiryns  sind  zwei  Thor- 
bauten im  Grundrifs  er- 
halten. Sie  bestanden,  wie 
Fig.  7  zeigt,  aus  einer 
Thorwand  und  je  einer 
Säulenhalle  vorn  und  hin- 
ten. Dieses  Grundmotiv 
ist  auch  an  dem  grols- 
artigen  Propyläenbau  ge- 
blieben. Auf  dem  oben- 
stehenden Grundrifs 
(Fig.  8),  an  dem  man  zu- 
nächst  von    den    schraf- 


mit  grofsen  hölzernen  Flügelthüren  geschlossen 
werden  konnten.  Vor  der  Mittelwand ,  in  der 
die  Thore  angebracht  sind,  hegt  die  Vorderhalle, 
hinter  ihr  die  kleinere  Hinterhalle.  Beide  haben 
in  der  Front  sechs  dorische  Säulen,  und  durch 
das  über  ihnen  liegende  Gebälk  und  den  Giebel 
haben  sie,  wie  es  sich 
für  das  Thor  des  heüigen 
Bezirks  geziemt  —  Mi- 
nervae  delubri  propylon 
nennt  Plinius  XXXV,*  101 
den  Bau  — ,  das  Aussehen 
von  Tempelfassaden  er- 
halten.       Die     prächtige 


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Fig.  9.    Die  Akrop«Ii(  von  Westen  ans  gesehen. 


■)  Nach  einer  Photo- 
graphie von  Oberlehrer  P  e  - 
1  i  B  s  i  e  r  in  Frankfurt  a.  M . 


14 


B.    Die  Akropolis  von  Athen  in  ihrer  Blütezeit. 


Decke  des  Innern  der  Vorderhalle  wurde  von 
sechs  Säulen  getragen;  diese  mulsten,  wie  der 
Längsschnitt  durch  die  Propyläen  (Fig.  10)')  zeigt, 
grölser  sein  als  die  in  der  Front,  und  so  ver- 
wendete Mnesikles  hier  im  Innern  die  schlankere 
ionische  Säule.  Der  breite  Mittelweg  steigt  allmäh- 
lich ohne  Stufen  zum  Burginnern  empor,  will  man 
rechts  oder  links  vom  Mittelweg  hineingehen, 
so  hat  man  an  zwei  Stellen  Stufen  zu  benutzen: 
auf  drei  Stufen  steigt  man  in  die  Vorhalle,  und 
fünf  weitere  Stufen  führen  zur  Schwelle  der  vier 
Nebenthore  empor.  Da  die  Hinterhalle  höher 
lag  als  die  Vorderhalle,  so  konnten  beide  nicht 
unter  dem  gleichen  Dach  liegen,  vielmehr  mufste 
die  Hinterhalle  mit  Dach  und  Giebel  die  Vorder- 
halle überragen.  Die  Gröfse  des  stattlichen  Baues 
mögen  einige  MaTse  zeigen :  die  dorischen  Säulen 
messen  etwa  8,50  m,  die  ionischen  10,30  m,  das 
Mittelthor  ist  mehr  als  4  m  breit,  die  beiden 
nächsten  Thore  rechts  und  links  nahezu  3  m, 
die  beiden  äufsersten  fast  1,5  m,  die  Säulen- 
zwischem^ume  betragen  teilweise  über  6  m. 

Von  den  Seitenbauten  ist  der  Nordwestflügel 
auf  hohem  Unterbau  errichtet  worden.  Dessen 
Material  ist  gewöhnücher  Stein  aus  dem  Peiräeus, 
während  sonst  die  ganzen  Propyläen  aus  pente- 
lischem  Marmor  erbaut  sind.  Durch  eine  Vor- 
halle betritt  man  einen  9  m  tiefen  und  fast  lim 
breiten  Innenraum,  die  sog.  Pinakothek,  in  der 
Gemälde  (Tafelbilder)  zu  sehen  waren.  Pausanias, 
der  in  der  Mitte  des  2.  Jahrhunderts  n.  Chr.  die 
Burg  beschrieb,  erzählt,  dafs  zu  seiner  Zeit  manche 
durch  das  Alter  gelitten  hatten,  von  den  anderen 
erwähnt  er  einen  Odysseus,  der  den  Bogen  des 
Philoktetes  aus  Lemnos  holt,  einen  Diomedes, 
der  das  Palladion  aus  Ilion  davonträgt,  Orestes 
und  Pylades,  die  den  Ägisthos  und  seine  Ge- 
nossen töten,  Alkibiades,  der  im  Wagenrennen 
einen  Preis  davongetragen  hatte,  u.  a.  m. 

Beim  Südwestflügel  mufs  man  zwischen  dem 
ursprünglichen  Plan  des  Mnesikles^)  und  dem, 
was  ausgeführt  wurde,  scheiden.  Die  schraffierten 
Teile  des  Grundrisses  zeigen,   dafs  der  Südwest- 

•)  In  Fig  10  ist  der  Nordwestflügel  mit  falschem 
Dach  dargestellt.    Vgl.  Fig.  3. 

')  Diesen  erkannt  zuhaben,  ist  Dörpfelds  Ver- 
dienst ;  Athen.  Mitt.  X  (1885),  8.  38  ff.  Dafs  dieser 
Flügel  nie  fertig  geworden  war,  hatte  man  schon 
längst  gesehen. 


flügel  dem  Nordwestflügel  in  der  Gröfse  gleich 
gehalten  werden  sollte,  freilich  nicht  als  ge- 
schlossener Innenraum,  sondern  als  Halle.  Die 
uralte  pelasgische  Mauer  (Plan  12)  hätte  dabei 
zum  Teil  verschwinden  und  dae  Terrain  ab- 
getragen werden  müssen.  Irgend  ein  Ereignis, 
vielleicht  der  bevorstehende  peloponnesische 
Krieg,  hat  die  Ausführung  des  Baues  gestört  und 
eine  provisorische  Vollendung  bedingt,  bei  der 
es  dann  geblieben  ist.  Man  baute  die  neue  Süd- 
wand, zwischen  ihr  und  der  Säule  B  half  ein 
schmaler  Mittelpfeiler  das  Gebälk  tragen,  der 
Eckpfeiler  A,  der  eigentlich  überflüssig  war, 
damals  aber  schon  stand,  wurde  mit  in  den  Bau 
einbezogen.  So  kommt  es,  dafs  der  Südwest- 
flügel mit  seiner  eigentümlichen  Dachbildung, 
aus  der  Vogelschau  gesehen,  einen  seltsamen  Ein- 
druck macht;  wer  freilich  von  unten  emporstieg, 
dem  blieb  die  Unvollkommenheit  leicht  verborgen. 
Aber  auch  dem  Burginnern  zugewandt,  nach 
Osten  zu,  ist  der  Plan  des  Mnesikles  unaus- 
geführt geblieben.  Der  Grundrifs  zeigt,  wie  zwei 
gröfse,  nach  Osten  zu  sich  öffnende  Hallen  die 
ganze  Breite  des  Felsens  bis  zur  Ringmauer  ein- 
nehmen und  so  den  Prachtbau  abschliefsen  soll- 
ten. Die  Beweise  möge  man  in  den  Athenischen 
Mitteilungen  nachlesen.  Hier  genüge  folgendes: 
An  den  Aufsenwänden  der  Hinterhalle  befinden 
sich  bei  D  und  E  zwei  Anten,  die  nur  zu  dem 
Zweck  errichtet  waren,  um  das  Gebälk  der  pro- 
jektierten Hallen  aufzunehmen.  Diese  beiden 
Hallen  sollten  mit  der  Hinterhalle  das  Stück 
Mauer  von  C  bis  £>  und  von  i^  bis  .E  gemeinsam 
haben.  Da  aber  die  Stücke  C  bis  D  und  F 
bis  E  hinter  die  Flucht  der  Hinterhalle  zurück- 
sprangen, die  Trauflinie  der  Hinterhalle  aber 
ohne  Unterbrechung  in  gerader  Linie  sich  bis 
C  und  F  fortsetzen  mufste,  so  entstand  dem 
Architekten  die  Aufgabe,  für  das  Gebälk  von  D 
bis  C  und  £  bis  F  eine  Unterstützung  zu  schaf- 
fen, die  die  dünnere  Mauer  der  Seitenhallen  bis 
zur  notwendigen  Stärke  ergänzte  und  nach  den 
Dachflächen  der  projektierten  Seitenhallen  ab- 
geschrägt werden  mufste.  Für  den  Teil  C  bis  D 
läfst  sich  das  auf  dem  Hauptbild  (Fig.  3)  er- 
kennen, für  den  Teil  F  bis  E  in  der  Zeichnung, 
die  sich  in  Fig.  3  rechts  unten  befindet.') 


•)  Nach  Bohn,  Taf.  15,  5. 


15 


E 


16 


B.    Die  Akropolis  von  Athen  in  ihrer  Blütezeit. 


3 
öT 


Auch  beachte  man  die  Fortführung  der  Ost- 
wand des  Nordwestflügels  bei  G,  die  für  die  be- 
absichtigte Nordosthalle  Zeugnis  ablegt.  Endlich 
ißt  diese  Ostwand  gleich  in  der  für  die  Nordost- 
halle nötigen  Höhe  und  Gestalt  errichtet  worden 
(Fig.  3). 

Zum  Schluls  geben  wir  in  Fig.  11  die  Pro- 
pyläen des  Mnesikles  nach  seinem  ursprünglichen 
Plane  nach  dem  AufriXs  von  Dörpfeld,  von 
Westen  aus  gesehen. 

6.   Athena  Promachos. 

Zwischen  den  Propyläen  und  dem  Erech- 
theion  erhob  sich  ein  Erzbild  der  Athena  in 
voller  Rüstung,  in  der  Linken  den  Schild,  in 
der  Rechten  die  hochragende  Lanze.  Mit  der 
Baais  war  das  Werk  etwa  9  m  hochi),  so  dafs 
die  Spitze  des  Helmes  und  die  Lanze  weithin 
leuchteten  und,  wie  Pausanias  berichtet,  dem 
sichtbar  waren,  der,  von  Sunion  aus  an  der  West- 
küste des  attischen  Landes  hin- 
fahrend, sich  dem  Hafen  Pei- 
riieus  näherte.  Eine  späte  Nach- 
richt benennt  das  Werk  die 
Athena  Promachos,  und  unter 
diesem  Namen  ist  es  am  meisten 
bekannt.  Athenische  Münzen 
sind  mehrfach  mit  dem  Bilde 
geschmückt  (Fig.  12),  auch  statuarische  Nach- 
bildungen sind  auf  uns  gekommen.^) 

Aus  der  bei  Marathon  den  Persern  abgerun- 
genen Beute  war  das  Bild  errichtet  worden,  als 
dessen  Urheber  allgemein  Pheidias  gilt.')  Die 
Reliefs  auf  dem  Schilde,  einen  Kentaurenkampf 
darstellend,  hatte  Mys  nach  dem  Entwurf  des 
Parrhasios  gefertigt. 

7.   Die  Treppe. 

Gehen  wir  vom  Standbild  der  Athena  nach 
Norden  zur  Randmauer,  so  sind  hier  noch  heute 
von    einer   Treppe  8  Stufen  erhalten;    zwischen 


Fig.  12. 


')  Die  Statue  etwa  7,50  m,  die  Basis  etwa  1,50  m. 
Darnach  wäre  in  Fig.  3  die  Basis  zu  hoch. 

*)  Furtwängler,  Meisterwerke,  S.  46  ff.,  1341 
')   Paus.  I.  28,  2.    Eine  andere  Nachricht  (0  v  e  r  • 
beck  S.  Q.  640)  nennt  als  Künstler  den  Praxiteles.  Da- 
ran knü]jtt  Furtwängler,  Meisterwerke  S. 52ff.  an. 


8    Das  t<;reclitheioü. 


17 


zwei  starken  Mauem,  der  Randmauer,  die  hier 
von  Süden  nach  Norden  läuft,  und  einem  ihr 
parallel  erbauten  Mauerstück  führte  sie  hinab 
und  verband  die  Burg  seit  alter  Zeit  mit  der 
Unterstadt.  Dies  wird  der  Aufgang  sein,  auf 
dem  die  Perser  im  Jahre  480  zur  Burg  hinauf- 
kamen. 

Die  Treppe  nahm  ihren  Anfang  in  einem 
Heiligtum  der  Kekropstochter  Aglauros  *),  dessen 
Stelle  am  Nordabhang  der  Burg  bisher  nicht 
genau  nachgewiesen  worden  ist. 

8.   Das  Erechthelon. 

Geht  man  etwa  40  m  von  der  Treppe  weiter 
nach  Osten,  so  gelangt  man  zum  Erechtheion. 
Mit  diesem  Bau  waren  uralte  Kultmale  verknüpft, 
uralte  Mythen  hingen  mit  Uim  zusammen.  Hier 
hatte  einst  Athena  mit  Poseidon  um  den  Besitz 
des  Landes  gekämpft,  und 
beide  hatten  ihre  Besitz 
ergreifung  durch  Wahr- 
zeichen, die  liier  zu  sehen 
waren,  bekundet:  Poseidon 
hatte  durch  einen  Dreizack- 
stols,  dessen  Spur  im  Fel- 
sen sichtbar  blieb,  Meer- 
wasser entlockt ,  Athena 
aber  durch  die  Schenkung 
attische 


Fig.  13. 


des  Ölbaums  ans 
Land  den  Sieg  emingen.  Seit- 
dem schirmte  sie  die  Stadt  als 
l4&rivü  lloXiüg.  Auf  der  hier 
abgebildeten  Münze  hat  die 
Göttin  den  Ölbaum  empor- 
spriefsen  lassen,  in  dessen 
Zweigen  ihre  Eule  sitzt,  und 
um  dessen  Stamm  ihre  heilige 
Schlange  sich  emporringelt ; 
Poseidon  schafft  durch  den 
Stofs  mit  dem  Dreizack  die 
Meerlache,  die  durch  einen 
Delphin  angedeutet  wird. 


Panilroseiou 


')  Zu  der  Nebenform  Agrau- 
los  »gl.  Usener,  Göttemamen, 
8. 136  und  137.  Aglauros  ist  nach 
ihrem  Namen  eine  Göttin  heitrer 
Luft  und  hellen  Himmels. 

Luokenbacb,  Die  Alcropolis  von  Athen. 


Den  Poseidon  sehen  wir  schon  früh')  mit 
Erechtheus  verbunden  zu  Poseidon-Erechtheus ; 
auf  dem  Altar  des  Erechtheus  wird  auch  ihm 
geopfert.^)  Erechtheus  war  nach  alter  Sage  der 
zweite  König  Attikas,  ein  Landesheros,  von  der 
Erde  geboren  imd  von  Athena  auf  erzogen .  Vor  ihm 
hatte  der  gleichfalls  mythische  König  Kekrops 
geherrscht,  derselbe,  nach  dem  die  Burg  den 
Namen  Kekropia  in  alter  Zeit  getragen  hatte, 
und  unter  dessen  Herrschaft  Athena  mit  Poseidon 
gestritten  haben  sollte.  Er  wie  seine  Tochter 
Pandrosos  genossen  hier  Verehrung.  Desgleichen 
der  Heros  Butes,  in  dem  das  Geschlecht  der 
Eteobutaden  seinen  Ahnherrn  sah,  und  Hephäetos, 
der  ja  nach  attischer  Sage  eng  mit  Athena  ver- 
bunden war,  ja  mit  ihr  gemein.sames  Besitzrecht 
auf  Attika  hatte.  ^) 

Sehen  wir  nun  das  Heiligtum,  an  dem  so 
viele  Götter  und  Heroen  Anteil  hatten,  selbst 
an,  so  ist  zu  seinem  Verständnis  vor  allem  zu 
beachten,  dafs  das  Terrain  im  Westen  und  Norden 
etwa  3  m  tiefer  lag,  als  im  Osten  und  Süden, 
und  dafs  dadurch  eine  unregelmäfsige  Anlage 
bedingt  wurde.  Der  Grundrils  (Fig.  14)  lehrt,  dafs 


')  Schon  im  5.  Jahrh.  CI.\.  I,  387. 
')    Pausanias   I,    26,   5    dreht   die  Sache    um. 
Vgl.  Usener,  Götternamen,  S.  140. 
»)  Plato,  Kritias,  109  C. 

Treppe 


unten 

#           #           #           # 

oben 

Nordhalle 

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1 

II 

+— 1 i 1 

Fig.  14.   Grandrlfs  des  Erechtheion. 


18 


B.    Die  Akropolis  von  Athen  in  ihrer  Blütezeit 


wir  es  mit  einem  ionischen  Tempel  zu  thun 
haben,  dem  im  Norden  und  Süden  Hallen  vor- 
gelegt sind.  Der  Tempel  selbst  zerfällt  in  zwei 
durch  eine  Quermauer  geschiedene  Teile.  Der 
östliche    mit    einer    Vorhalle    von    6    ionischen 


FiK    15     ArchiistUch«  Atkess  in  Dresdea. 


Säulen  in  der  Front  ist  das  Haus  der  Athena 
Polias.  Dort  stand  ihr  Kultbild,  aus  Olivenhobs 
geschnitzt,  mit  einem  Gewand  {nfnXog)  bekleidet, 
das  von  attischen  Mädchen  gewöben  und  mit 
Stickereien,  den  Kampf  der  Götter  mit  den 
Giganten  darstellend,  versehen  war.  Wie  etwa 
das  Gewand  der  Göttin  aussah  und  um  ihre 
GUeder  gelegt  war,  kann  uns  eine  archaistische 
Athenastatue  aus  Dresden  (Fig.  15)  lehren;  die 
Vennutung,  dafs  diese  Statue,  an  der  die  Sticke- 
reien durch  Reliefs  ersetzt  sind,  eine  Nachahmung 
der  Athena  Polias  ist,  hat  vieles  für  sich.  Alle 
vier  Jahre  mulste  das  alte  Gewand  einem  neuen 
Platz  machen.  Am  Fest  der  Panathenäen  wurde 
es  zur  Burg  hinaufgetragen  und  der  Göttin  dar- 
gebracht.') Das  Haus  der  Göttin,  sowie  ihr 
hölzernes  Bild  wurde  jährlich  am  Fest  der 
Plynterien  gereinigt.  Das  Bild  wurde  verhüllt 
zur  phalerischen  Bucht  gebracht  und  dort  ge- 
heimnisvoll gewaschen.  Solange  es  von  Athen 
fern  war,  herrschte  dort  Trauer,  und  erst  nach 
der  Waschung  und  Sühnung  des  heiligen  Bildes 
nahm  das  Trauerfest  der  Plynterien  ein  Ende. 
Vom  Haus  der  Pohas  durch  die  Mauer  ge- 
trennt, lag  unter  demselben  Dache,  aber  3  m 
tiefer  das  Haus  des  Erechtheus,  das  Erechtheion, 
ein  Name,  der,  obwohl  genau  genommen  nur  für 
einen  Teil  des  Gebäudes  gültig,  doch  gewöhnlich 
auf  das  ganze  Gebäude  übertragen  wird.  Ein 
schmaler  Raum  im  Westen  bildet  das  Ende  des 
Tempels;  dieser  Raum  ist  heute  unterhöhlt,  die 
Türken  hatten  hier  eine  Cisterne,  und  aus  tech- 
nischen Merkmalen  des  Baues  geht  hervor,  dafs 
hier  immer  ein  Hohlraum  war.  So  hegt  die 
Vermutung  nahe,  dafs  hier,  durch  ein  Loch  im 
Fufsboden  sichtbar,  der  Salzwasserbrunnen  lag, 
von  dem  Pausanias  erzählt,  bei  Südwind  hätte 
man  das  Rauschen  der  Wogen  vernehmen  können. 
ITgoaro^iaTot'^)  nannten  die  Athener  das  Brunnen- 
gemach.    Andererseits    hat   Furtwängler^)   nahe 

')  Über  das  Gewand  besonders  Piaton  Euth. 
6  B  und  ('. 

')  Furtwftngler,  Meisterwerke,  S.  196,  leitet  das 
Wort  von  ngooTÖftior,  die  Mündung,  ab  und  versteht 
darunter  den  Raum  mit  der  Brunnenmündung. 

')  Meisterwerke,  S.  196  f.    Die  weitere  Einteilung 

und  Anordnung  dieses  Gelehrten   gründet  sich   auf 

die   Annahme,    dafs    das   frühere   Erechtheion    kein 

i   besonderer  Bau,  sondern  ein  Teil  des  Hekatompedon 


19 


20 


B.    Die  Akropolis  von  Athen  in  ihrer  Blütezeit.^ 


gelegt,  dafs  in  diesem  Räume  nach  Süden  zu 
das  Kekropion  lag,  und  es  will  mir  scheinen, 
als  ob  beide  Annahmen  sich  recht  wohl  mit- 
einander vertrügen. 

Wie  oben  erwähnt,  lag  das  Terrain  im  Süden 
des  Baues  etwa  3  m  höher  als  im  Westen.  Um 
jedoch  auch  von  Süden  her  einen  Eintritt  ins 
Erechtheion  zu  ermöglichen,  wurde  eine  Treppe, 
die  leider  im  Grundrils  nicht  ein- 
gezeichnet ist,  angelegt,  und  als 
Treppenhaus  die  herrliche  Koren- 
halle')  aufgeführt.  Sechs  Mädchen 
{xngut)  tragen  das  Gebälk  und  die 
Decke  der  Eingangshalle.  In  Fig.  16 
scheidet  man  leicht  die  echten 
Teile  von  den  ergänzten.  Zu  be- 
achten ist,  dafs  über  dem  drei- 
geteilten Epistyl  der  Fries  fehlt 
und  der  Zahnschnitt  folgt,  wie  dies 
bei  einigen  kleineren  Monumenten 
ionischen  Stils  ^)  vorkommt. 

Wie  hier  im  Süden,  so  ist  auch 
im  Norden  eine  Halle  vorgelegt. 
Hier  stand  der  Altar  des  Zeus 
Hypatos,  hier  sah  man  durch  eine 
Lücke,  die  im  Plattenbelag  des 
Fufsbodens  gelassen  war,  auf  das 
Dreizackdenkmal  hinab.  Wer  die- 
sem Raum  von  Osten  nahen  wollte, 
mulste  auf  der  grofsen  Freitreppe 
hinuntergehen.  Eine  prächtige 
Thür'),  von  deren  Schönheit  frei- 
lich die  Abbildung  Fig.  17,  der 
die  Plastik  mangelt,  keinen  rechten 
Begriff  geben  kann,  führte  von  der 

gewesen  sei.  Wer  dagegen  an  die  Exi- 
.stenz  eines  besonderen  Erechtheion 
in  alter  Zeit  neben  dem  Hekatompe- 
don  glaubt,  wird  auch  Furtwäng- 
1er 8  Folgerungen  nicht  annehmen 
können. 

')  Nicht  gut  Karyatidenhalle  ge- 
nannt. 

*)  So  auch  beim  Athenatempel 
von  Priene. 

')  Die  Rosetten  am  Rahmen  er- 
innern an  assyrische  Werke,  sowie  an 
eine  mykenische  Thür.  Durm,  Bau- 
kunst der  Griechen,  S.  240. 


Halle  in  das  Brunnengemach.  Die  Weetwand  die- 
ses Brunnengemaches  und  damit  auch  des  ganzen 
Erechtheion  ist  durch  Halbsäulen  gegliedert. 
Durch  drei  Fenster  erhalten  die  Innenräume  ihr 
Licht.')    Nahe  der  Westwand  stand  das  Wahr- 

')  Diese  Fenster  gehören  nicht  zu  den  ursprüng- 
lichen Bestandteilen  des  Baues,  wie  Borrmann  in 
den  Athen.  Mitt.  VI  (1881)  bewiesen  hat. 


Fig.  17.    Er«ehthei«ithBr. 


8.    Das  Erechtheion. 


21 


zeichen  der  Athena,  der 
heilige  Ölbaum.  Bei  der 
Zerstörung  der  Burg  durch 
die  Perser  hatte  die  Flam- 
me auch  ihn  verzehrt, 
aber  zwei  Tage  später  war 
er  nach  frommer  Sage 
um  eine  Elle  wieder  in 
die  Höhe  geschossen,  zum 
Zeichen,  daTs  auch  fürder- 
hin  Athena  ihrer  geüebten 
Stadt  den  nötigen  Schutz 
nicht  versagen  werde. 
Der  Baum  bedurfte  des 
Schutzes  der  Kekrops- 
tochter  Pandrosos ,  der 
Göttin  des  Wachstum 
bringenden  FrühUngs- 
regens  i) ;  ihr  war  der 
Platz,  in  dem  der  Baum 
wuchs,  geweiht,  das  sog. 
Pandroseion. 

Wie  Fig.  3  das  Erech- 
theion von  Westen  aus 
zeigt,  so  Fig.  18  von 
Osten:  in  der  Mitte  ist 
der  eigentliche  Tempel, 
dessen  Front  sechs  herr- 
liche ionische  Säulen 
schmücken;  über  dem 
Epistyl  sieht  man  eine 
Reihe  von  Pünktchen, 
mit  denen  die  Bronce- 
stifte  bezeichnet  werden, 
die  einst  die  Friesreliefs 
festhielten.  Von  diesen 
sind  noch  manche  er- 
halten geblieben ,  aller- 
dings nicht  mehr  an  ihrer 
ursprüngUchen  Stelle. 
Links  steht  die  Koren- 
halle,  an  der  freilich  der 
Eingang  nicht  angegeben 
ist,  und  rechts  sehen  wir 
zwei  ionische  Säulen  und 
eine   Ante   von   der  Ost- 

■)  Vgl.  u.  a.  Usener, 
Götternamen,  S.  137. 


22 


[l^•*,':,^r 


Ö.    Die  Chalkotheke.   —    10.    Der  Parthenon. 


23 


Seite  der  Nordhalle ;  auch  die  unteren  Teile, 
die  nur  der  sieht,  der  an  der  Treppe  steht 
oder  schon  hinuntergegangen  ist ,  sind  an- 
gedeutet. 

Den  heutigen  Zustand  der  Ruine  gibt  uns 
Fig.  19  wieder,  eine  südöstliche  Ansicht,  die 
nach  dem  Gesagten  wohl  in  allen  Teilen  ver- 
ständlich ist. 

9.   Die  Chalkotheke.') 

Wenden  vnr  uns,  von  den  Propyläen  aus 
fortschreitend,  ehe  wir  zum  Parthenon  kommen, 
der  Südmauer  zu,  so  gelangen  wir  zu  einem 
etwa  15  m  tiefen  und  41  m  langen  Gebäude,  vor 
dessen  nördlicher  Langseite  eine  Vorhalle  liegt. 
Es  ist  dies  die  Chalkothek,  ein  Zeughaus,  in  dem 
Waffen  Vorräte  und  Schiffsgerät  aufbewahrt  wurden. 
Sie  stand  unter  der  Verwaltung  derselben  Beamten, 
deren  Obhut  auch  die  Schätze  des  Parthenon 
anvertraut  waren.  Leider  ist  von  dem  Oberbau 
nichts  gefunden,  wenigstens  konnte  ihm  von  den 
auf  der  Burg  ans  Tageslicht  gekommenen  Bau- 
gliedern nichts  mit  Sicherheit  zugeschrieben 
werden,  so  dafs  die  Ergänzung,  bei  der  das 
Arsenal  im  Peiräeus^)  benutzt  ist,  nur  auf  Wahr- 
scheinlichkeit Anspruch  erheben  kann. 


')  Athen    Mitt.  XIV  (1889),  S.  304  ff. 
^)  Athen.  Mitt   VIU  (1883),  Taf.  8. 


10.   Der  Parthenon.') 

Der  grolsartigste  und  gewaltigste  Bau  auf 
der  Akropolis  ist  der  Parthenon.  Als  seinen 
eigentlichen  Schöpfer  haben  wir  den  Perikles  zu 
betrachten,  der  durch  ihn  und  die  Propyläen 
sich  unvergänglichen  Ruhm  erworben  hat.  Bau- 
meister des  Tempels  war  Iktinos,  dem  als  Bau- 
führer Kaliikrates  zur  Seite  stand.  Mit  dem 
plastischen  Schmuck,  dem  Fries,  den  Metopen 
und  der  Ausschmückung  der  Giebelfelder  ist  der 
Name  des  Pheidias  verknüpft,  wobei  freilich  un- 
gewifs  ist,  wie  weit  auf  ihn  die  Entwürfe  zurück- 
gehen, und  ob  er  selbst  die  Ausführung  über- 
nommen hat. 

Der  Tempel  ist,  wie  der  Grundrifs  (Fig.  20) 
zeigt,  ein  Peripteros  mit  je  8  dorischen  Säulen 
an  den  Schmalseiten  und  je  17  an  den  Ijangseiten 
Das  eigentliche  Tempelhaus  hat  an  beiden  Seiten 
eine  Halle  mit  je  6  dorischen  Säulen  in  der  Front. 
Die  Vorhalle  im  Osten  hiefs  Pronaos  {TiQÖvKüg), 
für  die  Hinterhalle  im  VV^esten  können  wir  ohne 
Bedenken  den  Namen  Opisthodomos  ^  anwenden. 

')  Hauptwerk;  Michaelis,  Der  Parthenon. 

')  Die  Opiathodomfrage,  d.  h.  die  Frage,  welcher 
Raum  mit  der  Bezeichnung  Ojiisthodoiii  den  Athenern 
als  Schatzkammer  diente,  lasse  ich  bei  Seite,  da  es 
mir  ebensowenig  wie  anderen  gelungen  ist,  sie  völlig 
zu  lösen.  Die  einen  wollen  diese  Schatzkammer 
mit   dem    Xamen    Opisthodom    in    der   von    uns   so 


u  it  M  '  I  I  •  I  T  I  •'  I  I  T I  I  1  I  '•  I  Vi  I  y  I  ?  I  I T"" 

Flg.  20.   OraadriCs  des  Parthenon. 


24 


B.    Die  Akropolia  von  Athen  in  ihrer  Blütezeit. 


Aus  dem  Pronaos  schritt  man  durch  eine  grolee 
Flügelthür,  die  sich  nach  innen  öffnete,  in  einen 


bezeichneten  Hinterhalle  (oder  westlichen  Halle)  dea 
Tempels  erkennen,  andere  betrachten  den  Namen 
Opisthodom  als  gleichwertig  mit  dem  Namen  Par- 
thenon (im  engeren  Sinne),  unter  dem  der  an  die 
Hinterhalle  sich  östlich  anschliefsende  Kaum  zu 
verstehen  ist.  Dörpfeld  findet  ihn  in  dem  alten 
Hekatompedon,  das  seiner  Meinung  nach  bis  weit 
nach  Christi  Geburt  bestanden  haben  soll.  Milch- 
höfer  endlich  (l'hilologus  LIH,  1894,  S.  352  ff.) 
greift  zu  der  (wie  mir  scheint,  wenig  glücklichen) 
Auskunft,  in  dem  Upisthodom  einen  besonderen  Bau 
zu  erkennen 


Flg   21     Athens  Parthenoa  nach  Pheidias. 


grofeen  Raum  mit  dem  Namen  Hekatompedos. 
Dieser  'Exaröfintdog  vtaig,  der  100  Fufs  lange 
Tempeh-aum,  war  der  Athena  geweiht.  Zwei 
Reihen  Säulen  teilten  ihn  in  drei  Schiffe,  in  ein 
breites,  im  Westen  durch  drei  Säulen  begrenztes 
Mittelschiff  und  zwei  schmalere  Seitenschiffe,  die 
auch  hinter  dem  Mittelschiff  sich  fortsetzten  und 
sich  hier  vereinigten.  Im  Mittelschiff  stand  das 
Bild  der  jungfräulichen  Athena,  der  'Ad-rivä  IIuq- 
ä^tyog.  Durch  eine  starke  Mauer  getrennt,  lag 
nach  Westen  zu  ein  zweiter  Raum,  den  wir  als 
Schatzkammer  benutzt  finden,  üuQd^ivmv  genannt. 
Wie  die  inneren  Räume  eines  Hauses,  in  denen 
Frauen  sich  aufhalten,  die  Benennung  yvfuixiöt' 
(=  yvt'atxo»'hii)  führen,  ein  entsprechender  Raum 
für  Männer  ufd^iof  genannt  werden  kann,  so  er- 
hält dieser  Raum  als  Gemach  einer  Jungfrau 
{I [ugd-tt'og)  den  Namen  Parthenon.  Diese  Be- 
zeichnung aber  wurde  im  Volksmunde  bald  für 
den  ganzen  Bau  gebräuchlich. 

Ziemlich  grofse  Übereinstimmung  zeigt  der 
Grundrifs  des  Parthenon  mit  dem  des  alten 
Athenatempels ,  der  südlich  vom  Erechtheion 
gelegen  hatte  (Plan  34).  Auch  hier  lag  zwischen 
Vor-  und  Hinterhalle  ein  Doppelheiligtum ,  ein 
dreischif  figes  östliches  und  ein  anderes  im  Westen ; 
nur  dafs  dieses  letztere  in  drei  durch  Mauern  ge- 
trennte Gemächer  zerfällt,  während  der  ent- 
sprechende Raum  im  neuen  Bau  (der  Parthenon 
im  engeren  Sinne)  einheitlich  blieb  und  nur  durch 
zwei  Säulenreihen  in  drei  Schiffe  zerlegt  wurde. 
Mit  grofser  Sicherheit  läfst  sich  sagen,  dafs  auch 
im  alten  Tempel  der  östüche  Raum  das  Bild  der 
Athena  umschlofs,  über  die  Bedeutung  der  west- 
lichen Räume  aber  müssen  wir  uns  nichts  zu 
wissen  bescheiden. 

Der  alte  Tempel  war  (allerdings  ohne  die 
Säulenhalle)  100  Fufs  lang  und  tmg  deshalb  den 
Namen  Hekatompedon  (ro  '^ExuTÖfxntSov).  Als 
Periklcs  dann  zum  Neubau  schritt,  nalim  er 
dieses  Mafs  für  den  östlichen  Raum,  so  daXs  der 
Name  des  alten  Tempels  auch  für  den  neuen 
Raum  pafste. 

Einen  besonderen  Schmuck  erhielt  der  He- 
katompedos durch  das  etwa  12  m  hohe  von 
Pheidias  gearbeitete  Bild  der  Athena.  Innen  war 
es  ein  künstlich  verbundener  Holzkern,  der  schon 
sorgfältig  ausgearbeitet  war  und  dann  noch  mit 
Goldblech  und  Elfenbeinplatten   bedeckt  wurde. 


10.   Der  Parthenon. 


25- 


Die  nackten  Teile  der  Göttin  waren  aus 
Elfenbein  hergestellt,    alles   andere  aus 
Gold.  Mehrere  Kopien  sind  uns  erhalten, 
aber  keine  ist  genau;  diejenige,  die  uns 
am  vollständigsten  den  Gesamteindruck 
vermittelt    und    hier    abgebildet    wird 
(Fig.  21),  ist  leider  die  geringe  Arbeit 
eines    Handwerkers;    feine  Einzelheiten, 
besonders    den    Gesichtsausdruck    des    Ori 
ginals  vermag    sie    uns    nicht   zu    übermitteln. 
Die    Statue    stand    aufrecht,    mit    dem    Chiton 
bekleidet,    die    Brust    mit    der    Ägis    umgürtet. 
Der  Kopf  war  mit  einem  reichverzierten  Helm 
bedeckt,    die   Locken    fielen    vorn   und    hinten 
über    die    Schultern    herab.      Mit    der    Linken 
hielt  die  Göttin  den  Schild,   an    dessen  innere 
Höhlung,  ein  Versteck  suchend,  die  Schlange  der 
Athena  sich  anschmiegt.    Ein   Speer  an  dieser 
Seite,   durch    den    die    Rüstung    vervollständigt 
wurde,    fehlt  in   der   Kopie.     Auf  der  Rechten 
trug  die  Göttin  die  Nike.    Wenn  man  bedenkt, 
daJs  die  Nike  etwa  lebensgrofs  war,  so  begreift 
man  leicht,  dafs  die  Hand,  auf  der  sie  stand, 
der  Stütze  nicht  entbehren  konnte.    Die  Form 
der  Säule  ist  in  der  Kopie  schwerlich  getreu 
nachgebildet,  möglich  dafs  sie  einst  durch  Be- 
malung dem  Original  ähnlich  gestaltet  war.  Die 
Figur  erscheint  steif,  fast  möchte  man  sagen 
eckig.    Die  gerade,  senkrechte  Linie  überwiegt 
durchaus:  der  Kopf  ist  gerade  nach  vorn  ge- 
richtet;   mitten  auf    der  Brust  ist  die  Ägis  in 
zwei  gleiche  Teile  geteilt,  fast  gleichmäJsig  gehen 
die   Arme    von   den    Schultern   herab,   und   der 
Eindruck  des  Nüchternen  wird  durch  die  tiefen, 
senkrechten  Linien  der  Gewandung  erhöht.   Kein 
Zweifel,    dafs    Pheidias    durch    die  Strenge   der 
Darstellung   nicht   blofs    die   götthche  Erhaben- 
heit zum  Ausdruck  zu  bringen  suchte,   sondern 
dafs  er  seine  Göttin  so   schuf  im  HinbHck  auf 
die  Architektur,  deren  beherrschender  Mittelpunkt 
das  Bild  wurde.    So  versteht  man  auch  die  Säule 
unter  der  Hand,   an    der  manche  mit  Unrecht 
Austofs  genommen  haben.     Ein  Urteil  über  die 
Wirkung  des  Bildes  steht  uns   nach   der  Kopie 
nur  in   beschränktem  Mafse   zu;   abgesehen  von 
ihrer  Ungenauigkeit,  die  jede  künstlerische  Wir- 
kung unmögUch   macht,   müfsten  wir  d.as   Bild 
in   dem  Raum,   in   dem   es  stand,   und  in  dem 
Material,  aus  dem   es  gefertigt  war,  betrachten 

Luckenbach,  Die  Akropolls  yon  Athen. 


^^ 


^M 


können.  Denn  dafs  der  Kopf  mit  seinem 
ernsten  Gesichtsausdruck  sehr  wirkungs- 
voll war,  zeigt  uns  die  beste  Kopie,  die 
in  einer  Wiener  Gemme  des  Stein- 
schneiders Aspasios  erhalten  ist  (Fig.  22), 
und  dafs  die  fast  an  das  Archaische 
streifende  Strenge  im  Aufbau  nicht  im 
Stil  des  Pheidias  lag,  dafür  haben  wir 
jetzt  einen  deutlichen  Beweis,  seitdem  es 
gelungen  ist,  die  Lemnische  Athena  des 
gleichen  Meisters  in  mehreren  Kopien  nach- 
zuweisen.i)  Wohl  hat  das  Gewand,  wie  die  Ab- 
bildung der  Statue  in  Fig.  23  zeigt,  noch  die 
')  Vgl.  Furtwängler,  Meisterwerke  S.  3  ff.  Wir 
geben  die  Statue  nach  der  Ergänzung  im  Kölner  Mu- 
seum.  Ergänzt  sind  vor  allem  beide  Unterarme.    Die 


Fi^'  23.    Athena  LcnRit  ■«eh  Phtidias. 


26 


B.    Die  AkropoliB  von  Athen  in  ihrer  Blütezeit. 


Steilfalten,  aber  leichter  und  zwangloser  fällt  es 
auf  die  Fülse  herab;  wie  anders  als  in  der 
Parthenos  legt  sich  die  Ägis  um  die  Brust  der 
Göttin  I  Das  Gorgoneion  ist  auf  die  Seite  gerückt 
und  damit  die  architektonische  Symmetrie  der 
Parthenos  aufgegeben.  Der  rechte  Arm  hängt 
herab,  die  Hand  trägt  den  Helm;  in  der  er- 
hobenen Unken  Hand  hält  sie  den  Speer.  Der 
Kopf  ist  stark  seitwärts  geneigt,  das  Antlitz  gibt 
uns  zum  ersten  Mal  einen  Begriff  von  dem,  was 
die  Kunst  des  Pheidias  in  der  Gesichtsbildung 
zu  leisten  vermochte.  Schon  im  Altertum  war 
die  Lemnierin  des  Pheidias  berühmt  wegen  ihrer 
ausnehmenden  Schönheit,  I^ukian  wie  andere 
preisen  sie  ohne  Rückhalt.  Gestiftet  war  das 
Bild  von  den  attischen  Kleruchen,  die  um  die 
Mitte  des  fünften  Jalirhunderts  ihre  Heimat  ver- 
liefsen,  um  in  Lemnos  eine  neue  Heimat  zu  finden. 
Sie  weihten  es  der  Burgherrin,  um  sich  auch 
in  der  Ferne  ihres  wirksamen  Schutzes  zu  ver- 
sichern. Nahe  den  Propyläen,  auf  dem  Weg  zur 
Promachos  scheint  ihr  Standort  gewesen  zu  sein. 

Von  dem  bildnerischen  Schmuck,  der  sich 
unmittelbar  am  Tempel  befand,  war  noch  nicht 
die  Rede.  Er  war  dreifacher  Art.  Über  dem 
Epistyl  des  äulseren  Säulenumganges  waren 
Metopen  auf  allen  vier  Seiten  des  Tempels  an- 
gebracht, an  den  beiden  Schmalseiten  waren  die 
Giebelfelder  mit  grolsen  Freifiguren  geschmückt, 
und  endlich  zog  sich  über  den  Säulen  der  Vor- 
halle und  Hinterhalle  ein  langes  Friesband  hin, 
das  an  den  Langseiten  über  die  äufsere  Mauer 
des  Tempels  hinlief. 

In  diesem  Fries  war  die  grofse  Prozession 
dargestellt,  die  an  den  Panathenäen,  dem  gröfsten 
Fest  der  Athener,  stattfand.  Am  Geburtstag 
der  Athena  Polias  wurde  ihr  das  neue  Festkleid, 
der  Peplos,  von  dem  oben  (S.  18)  schon  die  Rede 
war,  überbracht.  An  dem  Festzug,  bei  dem  Athen 
seinen  ganzen  (Jlanz  entfaltete,  beteiligte  sich 
namentlich  die  junge  Mannschaft  zu  Fufs  und 
zu  Rofs.  Diesen  Zug  nahm  der  Bildhauer  sich 
zum    Vorwurf;    während    an    der    Osteeite   sein 


Bedenken,  die  gegen  die  Zusammengehörigkeit  des 
Kopfes  zur  Statue  geltend  gemacht  sind  (am  besten 
formuliert  von  Reisch,  Zeitschrift  f.  bild.  Kunst  VII, 
S.  153),  kenne  ich  wohl ;  aber  ich  halte  mich  an  die 
Worte  von  Furtwängler,  dafs  Kopf  und  Torso  Bruch 
auf  Bruch  genau  aufeinanderpasseu  (Meisterwerke,  8.5). 


Ende  und  die  Ankunft  am  Tempel  dargestellt 
ist,  nahen  die  Hauptgruppen  von  recht«  und  links, 
d.  h.  auf  der  Nord-  wie  Südseite  heran.  Den 
Anfang  des  so  vom  Bildhauer  aus  künstlerischen 
Rücksichten  doppelt  dargestellten  Zuges  finden 
wir  in  der  Südwestecke  des  Tempels,  in  der 
Weise,  dafs  die  West-  und  Nordseite  zusammen- 
gehören, während  die  Südseite  den  anderen  Teil 
des  Zuges  darstellt. 

Im  Westen')  sind  die  Vorbereitungen 
der  Reiter  dargestellt.  Der  eine  wirft  seinen 
Mantel  um,  ein  anderer  zieht  seinen  Schuh  an, 
ein  dritter  legt  seinem  Pferde  die  Zügel  um,  dem 
will  ein  Pferd  nicht  parieren,  ein  anderes  kratzt 
sich  gemütlich  am  Bein.  Andere  aber  (Fig.  24) 
sind  bereits  aufgesessen  und  galoppieren  fort, 
um  den  Zug  noch  zu  erreichen,  der  sich  an  der 
Nordseite  reich  und  glänzend  entwickelt.  Hier 
finden  wir  zunächst  ruhigere  Gruppen  von 
Pferden,  aber  die  Lebendigkeit  nimmt  bald  zu; 
mit  Kraft  lenken  die  Reiter  ihre  Tiere,  die  in 
dichtgedrängten  Reihen  vorwärts  eilen.  Vor 
den  Reitern  finden  wir  die  Gruppe  der  Wagen, 
die  von  Wagenlenkern  geleitet  werden;  davor 
den  Zug  derer,  die  zu  Fufs  mitgehen,  zunächst 
eine  Anzahl  von  älteren  Männern,  den  Thallo- 
phoren,  mit  Ölzweigen  in  der  Hand.  Weiter 
folgt  die  Musik,  die  den  Zug  begleitet,  4  Kithar- 
und  4  Flötenspieler.  An  sie  schliefsen  sich 
Jünglinge  mit  weingefüllten  Krügen  und  mit 
Schüsseln,  auf  denen  sie  Opferkuchen  tragen, 
und  diesen  voran  schreiten  die  Opfertiere, 
Schafe  und  Kühe  mit  ihren  Führern.  Damit 
sind  wir  an  die  Ecke  der  Nordreihe  angelangt 
und  biegen  zur  Ostseite  um.  Ehe  wir  diese  be- 
trachten, bemerken  wir,  dafs  die  Anordnung  auf 
der  Südseite  der  auf  der  Nordseite  entspricht: 
Reiter,  Wagen,  Männer,  Musiker  und  Opfertiere 
gehen  auch  hier  hintereinander,  und  wir  biegen 
also  auch  hier  zur  Ostseite  um.  Die  Symmetrie, 
mit  der  der  Fries  im  Süden  der  nördhchen  Dar- 
stellung entsprach,  ist  für  die  Ostseite  beibe- 
halten, in  der  Weise,  dafs  ähnlich  gestaltete 
Gruppen  eine  Mittelgruppe  umrahmen.  Zunächst 
finden  wir,  von  beiden  Ecken  ausgehend,  eine 
Anzahl  Frauen  und  Mädchen  mit  Opfergerät, 
denen  also  die  noch  auf  den  Langseiten  dar- 
gestellten Opfertiere  folgend  gedacht  sind.     Die 

';  Das  Folgende  nach  Fri  ederichs-Woltera. 


^-'.  -,-•>? 


Fig.  24.    Beiter  aus  den  Westfriese  des  Parthenon. 


einen  tragen  Kannen,  andere  Schalen  oder  Weih- 
rauchbecken. Weiter  finden  wir  eine  Anzahl 
stehender  Männer  (Fig.  25  d),  sie  sind  offenbar 
nur  Zuschauer,  Vertreter  des  Publikums,  in  ge- 
mütlicher Unterhaltung  miteinander  begriffen. 
Der  Bildhauer  woUte  den  Festzug  von  den  Göttern 
trennen,  und  zu  diesem  Zwecke  schob  er  die 
plaudernden  Männer  ein.  Die  Götter,  es  sind 
auf  jeder  Seite  sieben,  sind  vom  Olympos  herab- 
gestiegen, um  das  Fest  der  Göttin  mitzumachen 
und  mit  ihr  an  dem  grolsen  Festschmaus  teilzu- 
nehmen. Zwischen  den  Göttern  befindet  sich 
die  Mittelgruppe,  aus  fünf  Personen  bestehend 
(Fig.  25  b).  Ein  Priester  ordnet  mit  HUfe  eines 
Dieners  das  Gewand,  das  der  Athena  verehrt 
werden  soll.  Zwei  Mädchen  haben  Stühle  her- 
beigebracht, eine  Priesterin  nimmt  sie  ihnen  ab. 
Über  diese  Stühle  wird  nach  antikem  Brauch 
der  Peplos  ausgebreitet,  bis  er  der  Holzstatue 
im  Erechtheion  umgehängt  wird.  ^) 

')   Vgl.  Michaelis  in    der  Festschrift  für  Joh. 
Overbeck,   Leipzig    1893,    S.    178—183.    M.    weist 


Die  Götter  rechts  von  der  Mittelgruppe 
(Fig.  25  c)  sind :  Athena  ohne  Helm  und  Panzer, 
denn  zum  Feste  bedarf  sie  dieser  Waffen  nicht, 
dagegen  war  sie  durch  die  Lanze,  die  aus  Bronze 
gefertigt  und  an  ihren  rechten  Ann  gelehnt  war, 
heute  aber  nicht  mehr  erhalten  ist,  als  Athena 
kenntlich.  Ihr  zugewendet  sitzt  der  Gott,  der 
nach  attischer  Sage  ihr  am  nächsten  stand  (vgl. 
S.  17),  Hephästos,  der  sich  auf  den  Stock  stützt 
und  seinem  Wesen  gemäfs  als  Gott  der  Hand- 
werker ganz  so  bürgerlich  aussieht,  wie  die 
Athener  zur  Rechten  und  Linken  der  Götterver- 
sammlung. Es  folgt  Poseidon,  der  seinen  Nach- 
bar Apollon  auf  den  nahenden  Zug  mit  er- 
hobenem Finger  aufmerksam  macht.  Neben 
Apollon  auf  der  anderen  Seite  sitzt  seine 
Schwester  Artemis,  und  Aphrodite,  der  der  kleine 
Eros  mit  dem  Sonnenschirm  seiner  Mutter  zu- 


auf  den  homerischen  Vers  hin:  x^^'^f  y"*»'  »"iH^^vto 
xara  xha/iois  te  d'föfove  Tt.  Die  Deutung  der  Stühle, 
die  Furtwängler  (Meisterwerke,  S.  186  fi.)  bietet, 
kann  mich  nicht  befriedigen. 


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30 


B.    Die  Akropolis  von  Athen  in  ihrer  Blütezeit. 


gesellt  ist,  beschliefst  hier  die  Reihe,  mit  dem 
Finger  hinweisend  auf  den  nahenden  Zug.  Auf 
der  anderen  Seite  der  Mittelgruppe  (Fig.  25  a) 
finden  wir  auf  reichem  Throne  den  Zeus,  neben 
ihm  seine  Gattin  mit  ausgebreitetem  Schleier, 
von  ihrer  Tochter  Iris  begleitet.  Ares,  Demeter, 
Dionj'sos  und  Hermes  sehen  gespannt  dem  Fest- 
zug entgegen. 

Wie  dieser  Fries  das  höchste  Fest  der  Göttin, 
der  es  geweiht  war,  darstellte,  so  verherrlichten 
auch  die  leider  sehr  zerstörten  Giebelgruppen 
die  attische  Landesgöttin.  Im  östlichen  Giebel- 
felde war  die  Geburt  der  Göttin  dargestellt: 
Athena,  eben  geboren,  erseheint  vollgerüstet  im 
Kreis  der  Götter.  Zeus,  würdevoll  auf  seinem 
Throne  sitzend,  blickt  stolz  auf  seine  Tochter, 
zu  der  von  der  anderen  Seite  her  Nike  eilt,  um 
sie  zu  bekränzen,  indes  die  übrigen  Götter  das 
Ereignis  bestaunen.  Sonne  und  Mond  umgeben 
den  Vorgang,  hier  taucht  Helios,  vom  feurigen 
Viergespann  gezogen,  aus  den  Wellen  empor, 
dort  reitet  Selene  hinab.  Im  anderen  Giebel 
war  Athenas  Kampf  mit  Poseidon  dargestellt 
(vgl.  S.  18).  In  der  Mitte  des  Giebels  treffen  die 
beiden  Götter  zusammen,  Poseidon  hat  mit 
einem  Stofs  des  Dreizacks  das  Meerwasser  her- 
vorgerufen, Athena  aber,  mit  der  Linken  den 
Schaft  des  eben  erschaffenen  Ölbaumes  um- 
fassend, tritt  ihm  entgegen  und  zwingt  ihn  zum 
Rückzug. 

Keine  besondere  Beziehung  zur  Göttin  hatten 
die  92  Metopen :  zumeist  stellten  sie  sagenhafte 
Kämpfe  dar,  im  Osten  den  Kampf  mit  den 
Giganten,  im  Westen  den  mit  den  Amazonen, 
im  Süden  und  Norden  sah  man  Kentauren- 
kämpfe, denen  im  Norden  die  Eroberung  Trojas 
zugesellt  war. 

11.   Der  Romatempel. ') 

Östlich  vom  Parthenon  stand  ein  kleiner 
Rundtempel,  von  der  Stadt  Athen  der  Göttin 
Roma  und  dem  Kaiser  Augustus  erbaut.  Sein 
Durchmesser  betrug  etwas  mehr  als  7  m ;  auf 
9  ionischen  Säulen,  die  denen  des  Erechtheion 
nachgebildet  waren,  ruhte  das  Gebälk.  Auf  dem 
Epistyl  war  die  Weihinschrift  eingegraben. 


')  Antike  Denkmäler  1,  Taf.  25  und  26. 


12.   Das  Weihgeschenk  des  Attalos. 

In  der  Südostecke  der  Akropolis  stand  das 
von  König  Attalos  von  Pergamon  gestiftete  Werk. 
Mindestens  50  Figuren  mögen  es  gewesen  sein, 
in  denen  die  Siege  der  Griechen  oder  ihrer 
Götter  über  Giganten,  Amazonen,  Perser  und 
Galater  verherrlicht  waren.  Es  hatte  nämlich 
König  Attalos  im  Jahre  240  die  kleinasiatischen 
Gallier  —  Galater  hiefsen  sie  bei  den  Griechen  — , 
die  lange  Zeit  eine  schwere  Plage  für  die  um- 
wohnenden Reiche  gewesen  waren,  besiegt,  und 
so  grofs  schien  die  Waffenthat,  dafs  wii-  die 
pergamenischen  Bildhauer  mit  Arbeiten,  die  diesen 
Sieg  verherrlichten,  überhäuft  sehen.  In  Per- 
gamon selbst  waren  mancherlei  Werke  zu  schauen, 
für  Athen  hefs  der  König  Attalos  die  besprochenen 
Gruppen  arbeiten.  Viele  der  Statuen,  die  einst 
die  Akropolis  zierten,  sind  noch  heute  erhalten 
und  in  einer  Reihe  von  Museen  zerstreut.  Die 
bisher  aufgefundenen  Figuren  der  vier  Gruppen 
gehören  alle  der  besiegten  Partei  an. 

13.   Das  grofse  Theater. 

Am  Abhang  der  Südseite  gegen  Osten  hin 
liegt  das  Theater  des  Dionysos  (Plan  42).  Seit 
alter  Zeit  hatte  dieser  Gott  hier  seinen  heiligen 
Bezirk.  Es  sind  Grundmauern  von  zwei  kleinen 
Heiligtümern  aufgefunden  worden  (Plan  44), 
einem  früheren,  das  aus  der  Zeit  vor  Peisistratos 
stammen  mag,  mit  einem  hölzernen  Kultbild 
des  Gottes,  und  einem  späteren,  das  etwas  gröfser 
war  und  eine  Goldelfenbeinstatue  von  Alkame- 
nes'  Hand  barg.  An  die  Feste  des  Dionysos 
schliefst  sich  die  Entwicklung  des  Theaters  an. 
Der  wichtigste  Bestandteil  scheint  von  Anfang 
an  ein  kreisrunder  Platz  gewesen  zu  sein,  ein 
Platz  geeignet  zum  Tanzen  und  darum  oQ/j^aigu 
genannt.  In  seiner  Mitte  befand  sich  der  Altar 
des  Gottes,  die  d^vfieX?],  um  die  sich  die  Choreu- 
ten bewegten.  Auf  einer  Seite  der  Orchestra 
mag  das  Zelt  {axrjfTj)  der  Choreuten  oder  der 
Schauspieler  gewesen  sein ,  an  den  anderen 
Seiten  standen  oder  saisen  die  Zuschauer.  Es 
hat  sich  nun  nördlich  von  dem  kleinen  Tempel 
unter  dem  späteren  Bühnengebäude  eine  alte, 
kreisrunde  Orchestra  gefunden,  auf  dem  Plan 
durch  die  Zahl  43  bezeichnet  (auch  in  Fig.  3 
angedeutet).  Mit  der  Zeit  begnügte  man  sich 
mit  den  primitiven  Einrichtungen  nicht  mehr, 


14.    Die  choregischen  Denkmäler.  —    15.    Das  Odeion  des  Herodes  Attikos. 


31 


es  wurde  ein  künstlicher  Zuschauerraum  ge- 
schafEen,  zunächst  aus  hölzernen  Gerüsten,  dann 
aus  Stein,  und  an  die  Stelle  des  Zeltes  trat  ein 
festes  Bühnengebäude.  Dabei  haben  wir  zwei 
Perioden  zu  scheiden ,  eine  frühere  griechische, 
in  der  als  Platz  des  Schauspieles  die  Orchestra 
benutzt  wurde,  und  eine  spätere  römische,  in 
der  die  Schauspieler  auf  einer  hinter  der  Orchestra 
gelegenen,  schmalen,  erhöhten  Bühne  Q^oytToy) 
spielten.  Nun  ist  zu  beachten ,  dals  es  zur  Zeit 
der  grolsen  Tragödiendichter  Äschylos,  Sopho- 
kles und  Euripides  feste  Theater  noch  nicht 
gab,  und  dafs  das  Theater,  dessen  Reste  uns 
heute  vorliegen,  in  seinen  ältesten  Bestandteilen 
der  zweiten  Hälfte  des  4.  Jahrh.  angehört.  Seit 
338  hatte  der  Redner  und  Staatsmann  Lykurgos 
die  Verwaltung  der  Finanzen  in  Athen  über- 
nommen, und  in  diese  Zeit  fällt  der  Bau  des 
Dionysostheaters.  Ein  Umbau  des  Bühnen- 
gebäudes fand  zur  Zeit  Hadrians  statt,  und  noch 
aus  dem  3.  Jahrhundert  n.  Chr.  hören  wir  von 
einer  Ausbesserung.  Von  dem  Zuschauerraum, 
der  sich  an  den  natürlichen  Fels  anlehnte,  sind 
die  untersten  Sitzstufen  noch  erhalten,  durch 
12  Treppen  werden  sie  in  13  Abschnitte  {xiQxidig) 
geschieden,  der  obere  Teil  dagegen  ist  zerstört 
Unmittelbar  an  das  Bühnengebäude  war  eine 
Halle  erbaut,  die  sich  nach  Süden  zu  öffnete  und 
an  die  Nordwestecke  des  älteren  Tempels  anstiefs. 

14.   Die  choregischen  Denkmäler. 

Eng  verknüpft  mit  den  Spielen  zu  Ehren 
des  Dionysos  sind  die  choregischen  Denkmäler. 
Diejenige  Phyle,  die  mit  ihrem  Chor  gesiegt 
hatte,  erhielt  als  Preis  einen  ehernen  Dreifufs, 
der  Chorege  aber,  der  schon  die  Kosten  für  den 
Chor  zu  zahlen  hatte,  war  auch  verpflichtet, 
den  Dreifufs  im  Namen  der  siegreichen  Phyle 
dem  Dionysos  zu  weihen  und  in  passender 
Weise  aufzustellen.  Eine  Strafse  erhielt  von  den 
vielen  derartigen  Weihgeschenken,  die  an  ihr 
lagen,  den  Namen  Dreif ufsstrafse ;  erhalten  ist 
dort  heute  noch  das  bekannte  Denkmal,  das 
Lysikrates  i.  J.  344  erbauen  liefs.  Andere  Denk- 
mäler lagen  ganz  dicht  an  der  AkropoHs;  von 
dem  Monument  des  Nikias  war  oben  schon 
(S.  10)  die  Rede,  von  drei  weiteren  sind  ober- 
halb des  Theaters  noch  heute  Reste  erhalten. 
Mitten    über    dem    Rund    des  Theaters    durfte 


Thrasyllos  aus  Dekeleia,  der  im  Jahr  320  mit 
dem  Männerchor  den  Sieg  errungen  hatte,  seinen 
Dreifufs  aufstellen  (Plan  45).  Er  errichtete  eine 
dorische  Halle  mit  zwei  breiten  Eckpfeilern  und 
einem  schmalen  Mittelpfeiler  in  der  Front*), 
die  Rückwand  wurde  vom  Burgfelsen  gebildet. 
Über  der  Attika  thronte  die  Statue  eines  sitzen- 
den Dionysos,  der  Dreifufs  stand  vermutlich  im 
Innern.  Erst  in  unserem  Jahrhundert,  1827,  wurde 
das  Denkmal  durch  türkische  Kugeln  zerstört. 

Etwas  weiter  oberhalb  (Plan  46)  stehen  noch 
zwei  korinthische  Säulen,  auf  denen  ehemals  aus 
ährdichem  Anlafs  geweihte  Dreifüfse  standen. 

15.    Das  Odeion  des  Herodes  Attikos.*) 

Nahe  dem  heüigen  Bezirk  des  Dionysos 
hatte  Perikles  am  Ostabhang  der  Burg  einen 
Bau  für  musikalische  Spiele  und  Aufführungen 
enichten  lassen,  Odeion  genannt.  Es  war  sein 
erster  grofser  Bau  und,  soviel  wir  wissen,  das 
erste  Werk  dieser  Art.  Im  ersten  mithradatischen 
Krieg,  als  Sulla  gegen  Athen  heranrückte,  wurde 
es  zerstört,  bald  darauf  zwar  wieder  aufgebaut, 
aber  Reste  von  ihm  sind  bis  jetzt  nicht  auf- 
gefunden, so  dafs  wir  nicht  einmal  seine  Lage 
genau  bestimmen  können.  Wenn  einmal  öst- 
lich vom  Theater,  dort  wo  heute  elende  Wohn- 
häuser stehen,  nachgegraben  wird,  müssen  sich 
auch  noch  Reste  jenes  Neubaues  finden  lassen. 
Das  Odeion  des  Perikles  war  ein  Rundbau  mit 
zeltförmigem  Dach,  im  Innern  mit  Säulen- 
stellungen, demnach  wesentüch  verschieden  von 
einem  Theater.  Dagegen  weist  ein  zweites  Odeion, 
das  Herodes  Attikos  zu  Ehren  seiner  160  n.  Chr. 
verstorbenen  Gemahlin  Regilla  erbauen  liefs, 
und  das  als  das  gröfste  und  prächtigste  der  alten 
Welt  galt  und  heute  noch  teilweise  erhalten  ist, 
in  der  Anlage  grolse  Ähnlichkeit  mit  der  der 
gewöhnlichen  Theater  auf.  So  ist  der  Zuschauer- 
raum   im  Halbkreis  aufgebaut,  durch   Treppen 


»)  Vgl.  Dörpf  eld  in  den  Athen.  Mitt.  X  (1885), 
S.  227:  Das  Thrasyllos-Monument  ist  offenbar  dem 
.Südflügel  der  Propyläen  nachgebildet;  denn  bei  beiden 
Bauten  besteht  die  Front  aus  zwei  breiten  Eck- 
l)feilern  und  einem  dünneren  Mittelpfeiler,  bei  beiden 
ist  der  Architrav  mit  einer  ununterbrochenen  Reihe 
von  Tropfen  versehen,  und  bei  beiden  fehlen  am 
Friese  die  Triglyphen. 

«)  Athen.  Mitt.  XVü  (1892),  .S.  252-260 


32 


C.    Die  Akropolis  in  der  Schale. 


in  Keile  zerlegt  und  von  einem  Diazoma  durch- 
schnitten; unten  liegt  die  Orchestra  und  hinter 
dieser  das  Bühnengebäude  (Plan  52). 

16.    Die  Halle  des  Eumenes.') 

Zwischen  dem  Dionysostheater  und  dem 
Odeion  des  Herodes  Attilios  lag  auf  einer  Terrasse 
des  Burgabhanges  eine  Hallenanlage,  über  16  m 
tief  und  nicht  weniger  als  163  m  lang;  sie  war 
durch  eine  Säulenreihe  in  der  Mitte  in  zwei 
Schiffe  geteilt  und  öffnete  sich  nach  Süden. 
Sie  war  eine  der  vielen  Wohlthaten ,  mit  denen 
die  pergamenischen  Könige  die  Stadt  überhäuften, 
von  König  Eunienes  II.  erbaut.  Hatten  bisher  zur 
Unterhaltung  der  zum  Dionysostheater  strömen- 
den Menge,  zugleich  zum  Schutz  gegen  Sonne 
und  Regen  die  Vorhallen  der  beiden  Dionysos- 
tempel und  die  südhch  ans  Bühnengebäude 
angebaute  Halle  dienen  müssen ,  so  trat  jetzt 
die  neue,  vornehme  Wandelhalle  hinzu,  zur  nicht 
geringen  Annehmlichkeit  der  Athener. 

17.    Das  Asklepieion. 

Nordöstlich  von  der  Eumeneshalle  lag  auf 
einer  höheren  Terrasse  der  heilige  Bezirk  des 
Asklepios,  in  dem  jedoch  aucli  andere  verwandte 
(iötter  verehrt  wurden.     Den  Hauptbau  bildete, 


im  Osten  an  das  Theaterrund  anstolsend,  eine 
lange  Halle.  In  ihrer  Rückwand  befindet  sich, 
wie  auf  dem  Plan  deutlich  zu  sehen  ist,  ein 
schmaler  Gang,  der  in  ein  kreisrundes,  kuppei- 
förmig gewölbtes  Felsgemach  führt  (Plan  48). 
Dort  sammelte  sich  das  heilbringende  Wasser 
des  Asklepios,  das  neben  dem  Eingang  aus 
einem  Felsspalt  hervorquillt.  Im  Westen  der 
Stoa  ist  ein  viereckiger  Unterbau  vorhanden,  in 
dessen  Mitte  sich  ein  kreisrunder  Schacht  be- 
findet. Ob  dies  eine  Opfergrube  war  oder  eben- 
falls ein  Brunnenhaus  oder  der  Ort,  an  dem  die 
heiligen  Schlangen  hausten,  ist  nicht  mit  Sicher- 
heit zu  bestimmen.  Die  Stoa  war,  wie  es  scheint, 
zum  Kurgebrauch  für  Kranke,  die  Heilung  such- 
ten, errichtet  worden,  und  dafs  deren  viele  kamen 
und  auch  die  erwünschte  Heilung  fanden,  darauf 
lassen  die  Weihgeschenke  schliefsen,  die  in  nicht 
geringer  Zahl  hier  gefunden  sind.  Vor  der  Halle 
stehen  die  beiden  Asklepiostempel,  westlich  der 
ältere,  wohl  dem  5.  Jahrhundert  angehörig,  in 
dessen  zweiter  Hälfte  der  Kult  des  Asklepios 
von  Ej)idauros  nach  Athen  verpflanzt  wurde, 
östlich  ein  späterer.  Unter  den  Gebäuden  west- 
licli  weist  das  gröfste  vier  gleichgrofse  Räume 
auf  (s.  Plan),  vor  denen  eine  Säulenhalle  liegt. 
Man  glaubt,  dafs  hier  das  Tempelpersonal  wohnte. 


C.  Die  Akropolis  in  der  Schule. 


yyber  die  Art  und  Weise,  in  der  die  Akropolis 
U  im  Lehrplan  des  Gymnasiums  (und ,  wie 
ich  meine,  auch  des  Realgymnasiums)  behandelt 
werden  mufs,  soll  dieser  letzte  Abschnitt  handeln. 
Schon  in  den  vorstehenden  Ausführungen  hatten 
wir  diese  Frage  im  Auge,  insofern  das  eine  ein- 
gehend, das  andere  flüchtiger  oder  gar  nicht  er- 
wähnt wurde.  Es  leuchtet  nun  zunächst  ein, 
dafs  eine  Besprechung  der  AkropoUs  der  alten 
Geschichte  zufällt.  Wer  Athen  als  Vorort  des 
attischen  Bundes  zu  den  Zeiten  des  Perikles 
schildern  will,  der  kann  die  Burg  der  Stadt  nicht 
umgehen.  Um  aber  zu  zeigen,  wie  ich  mir  die 
Akropolis  behandelt  denke,  mufs  ich  etwas  weiter 


')  .Vthen.  -Mitt.  XIII  (1888)  S.  100—102. 


ausgreifen.  Wer  griechische  Geschichte  vor  Unter- 
oder Obersekundanern  behandelt,  sieht  sich  mehr- 
fach genötigt,  die  alten  Denkmäler  heranzuziehen. 
Alles,  was  über  die  vordorische  Zeit  zu  sagen 
ist,  knüi)i't  an  die  Funde  von  Tiryns,  Mykenä, 
Orchomenos  und  Troja  an,  und  der  alte  Königs- 
palast von  Tiryns  ist  nicht  mehr  zu  entbehren, 
da  er  nicht  blofs  für  viele  Stellen  der  Odyssee 
den  Schlüssel  zum  Verständnis  liefert,  sondern 
die  heroischen  Zeiten  in  greifbarer  Gestalt  uns 
vor  Augen  führt.  Kommen  wir  dann  dazu,  die 
Festspiele  zu  schildern ,  so  wird  jeder  Sach- 
kundige die  Funde  von  Olympia  seinem  Zwecke 
dienstbar  machen.  Die  Altis  mit  den  Tempeln 
des  Zeus  und  der  Hera,  den  Schatzhäusem, 
dem  Philippeion    und   der  Exedra    des  Herodes 


C.   Die  Akropolis  in  der  Schale. 


33 


Attikos,  dazu  Stadion  und  Hippodrom  werden 
besprochen,  wir  lassen  den  Schüler  die  Prozession 
am  ersten  Tage  des  Festes  durch  den  Hain  mit- 
machen und  den  zweiten,  dritten  und  vierten  im 
Stadion  oder  Hippodrom  erleben,  und  am  fünf- 
ten begleitet  er  die  Sieger  zum  Festmahl  im  Pry- 
taneion.  In  gründlicher  Weise  lernt  er  dabei 
den  antiken  Tempel  im  Grundrils  und  Aufbau 
kennen,  Begriffe  wie  Saule,  Kapitell,  Metope, 
Fries,  Giebel  werden  erklärt.  Auch  wird  man 
wohl  die  eine  oder  andere  Metope  des  Zeus- 
tempels zeigen  und  besprechen,  und  die  strenge 
Symmetrie  der  Giebelgruppen  an  dem  gleichen 
Bau,  dazu  der  Inhalt  des  Ostgiebels  (Pelops  und 
önomaos)  machen  gerade  diesen  Tempel  beson- 
ders lehrreich.  Das  Zeusbild  des  Pheidiae  zwingt 
uns,  den  Zeustypen  einige  Beachtung  zu  schen- 
ken. Die  Münze  mit  dem  Zeuskopf  des  Phei- 
diae, zwischen  den  alten  Bronzekopf  von  Olympia 
und  den  Zeus  von  Otricoli  gestellt,  gibt  Gelegen- 
heit, den  BegrifE  einer  Entwicklung  im  Bereiche 
der  Kunst  klarzumachen.  Um  nicht  mifsverstan- 
den  zu  werden,  füge  ich  hinzu,  dafs  es  sich 
natürlich  in  der  Schule  nicht  um  Kunstgeschichte 
als  solche  handeln  kann,  aber  ein  Vergleich,  der 
die  kunsthistorische  Entwicklung  zu  Grunde  legt, 
ist  noch  lange  kein  Unterricht  in  der  Kunst- 
geschichte. Zu  einem  Vergleich  bringt  uns  auch 
der  Hermes  des  Praxiteles,  der  im  Heratempel 
zu  Olympia  gefunden  ist;  denn  des  gleichen 
Künstlers  Apollon  Sauroktonos  und  der  jugend- 
liche ausruhende  Satyr,  der  ebenfalls  ihm  oder 
einem  seiner  Richtung  nahestehenden  Künstler 
Verdankt  wird,  wohl  auch  das  Werk  seines 
Vaters,  die  Eirene  mit  dem  Plutos,  bieten  Ge- 
legenheit, die  Schüler  sehen  und  beobachten  zu 
lehren.  Ich  gestehe  es,  dals  ich  mich  immer 
wieder  über  den  Eifer  und  die  Regsamkeit  und 
bei  allem  Ungeschick  über  die  glückhche  Beob- 
achtungsgabe der  Schüler  dabei  gefreut  habe. 
Ich  pflege  aber  noch  weiter  zu  gehen,  da  mir  der 
Hermes  Veranlassung,  rückwärts  zu  schauen,  gibt. 
Der  sog.  ApoU  von  Tenea  ist  ein  dankbares  Ob- 
jekt zm-  Beobachtung ;  von  ihm  ausgehend  (viel- 
leicht mit  den  Mittelgliedern  der  Stephanosfigur 
und  des  Omphalosapollon)  gelangen  wir  zum 
Doryphoros  des  Polykleitos,  in  dem  man  in  ge- 
wissem Sinne  die  Vollendung  des  in  der  Statue 
von  Tenea  Erstrebten  sehen  kann.     Wie  andei-s 

Luckeubach,  Die  Akropolis  von  Athen. 


aber  Praxiteles  als  Polykleitos?  Das  alles  gelingt 
vor  Gipsabgüssen  gut  zum  Verständnis  zu  bringen, 
es  gelingt  auch  mit  blofsen  Abbildungen.  Dabei 
hat  der  Lehrer  nicht  vorzutragen,  sondern  alles, 
was  der  Schüler  beachten  soll,  aus  ihm  heraus- 
zufragen. Noch  ein  Kunstwerk  pflege  ich  bei 
der  Behandlung  von  Olympia  nicht  zu  über- 
gehen, die  Nike  des  Päonios,  nicht  nur,  weil 
dieses  hervorragende  Werk  in  Olympia  gefunden 
ist,  sondern  auch ,  weil  nirgends  besser  als  eben 
bei  den  Spielen  die  Behandlung  der  Nike  ihren 
Platz  findet.  Mit  ihr  zusammen  verdient  die 
Nike  von  Samothrake  genannt  zu  werden;  wie 
weit  überragen  doch  diese  uns  zufällig  erhaltenen 
Werke  an  Schönheit,  Kühnheit  der  Erfindung 
und  poetischem  Gehalt  die  zahllosen  Viktorien, 
die  seit  1871  in  Deutschland  entstanden  sind!') 
Zum  dritten  Male  werden  sodann  antike 
Denkmäler  beigezogen,  wenn  die  Stadt  Athen 
unter  Perikles  in  den  Kreis  der  Betrachtung 
tritt;  und,  um  dies  gleich  hier  hinzuzufügen, 
zum  vierten  und  letzten  Mal,  wenn  es  sich  um 
die  Zeit  der  Diadochen  und  Epigonen  handelt, 
wo  der  Zeusaltar  und  die  Akropoüs  von  Perga- 
mon  den  Mittelpunkt  der  zu  besprechenden 
Denkmäler  bilden.  Wie  aber  ziehen  wir  die 
Akropolis  von  Athen  in  unseren  Unterricht?  Es 
leuchtet  ein,  dafs  nur  die  Hauptsachen  für  den 
Schüler  wichtig  sind ,  von  Gebäuden  auf  der 
Burg  die  Propyläen  und  die  drei  Tempel,  und 
am  Fufs  der  Burg  das  Dionysostheater.  Was 
sich  nun  für  jeden  Architekten  von  selbst  ver- 
steht und  den  Philologen  bald  die  Erfahrung 
lehrt,  übei-all  ist  bei  jedem  Bauwerk  mit  dem 
Grundrifs  zu  beginnen,  und  wie  beim  Bauwerk 
auch  bei  dem  Plateau  der  Akropolis.  Zu  diesem 
Zweck  Uefs  ich  vor  drei  Jahren  den  beistehenden 
Plan  der  Akropolis  verfertigen*),  der  sich  auf 
das  für  '  den  Schüler  Notwendige  beschränkt 
(Fig.  26).     Dafs  dieser  Plan  mit  der  Schrift  für 

')  Aufsätze  aus  diesen  Gebieten  habe  ich  mehr- 
fach gegeben.  Themata,  wie  die  Altis  von  Olympia, 
der  Zeustempel  in  Olympia,  die  Giebelfelder  am 
Tempel  des  Zeus  in  Olympia,  die  Nike  des  Päonioe, 
die  Niken  von  Olympia  und  Samothrake,  pflegen  von 
den  Schülern  gern  und  mit  Glück  bearbeitet  zu 
werden. 

')  Nach  dem  Plan  in  den  Athen.  Mitt.  XII 
(1887),  Taf.  1. 


34 


C.    Die  Akropolis  in 'der  Schule. 


ungeübte  Schüler  einfacher  ist,  als  der  von 
Kaupert  (Fig.  2)  ohne  Beischrift  und  mit  der 
Masse  verwirrender  Zahlen,  erhellt  leicht.')  Es 
ist  die  Treppe  sichtbar,  auf  der  die  Perser  empor- 
kamen, desgleichen  das  Hekatompedon ,  sowie 
der  ältere  Parthenon,  sodann  der  Niketempel, 
die  Propyläen  mit  der  Andeutung  des  ursprüng- 
lichen Projektes,  das  Erechtheion  und  der  Par- 
thenon des  Perikles.  Für  wichtig  halte  ich  auch 
die   Einzeichnung  des   Athenaaltars  ^) ;   denn   zu 


')  Meine  Absicht  ist  von  dem  Rezensenten  meiner 
>Abbildungen  zur  alten  Geschichte«,  der  den  Plan 
störend  veraltet  nennt  (Südwestdeutsche  Schulblätter 
1893,  No  5,  S.  99),  verkannt  worden.  Was  ist  denn 
veraltet,  aufser  dem  was  auch  bei  Kaupert  veraltet 
ist,  wie  die  Odysseusbastion  und  einige  andere  Kleinig- 
keiten? und  was  soll  denn  bei  der  Behandlung  in 
der  Schule  stören  ? 

•)  Hafs  die  I^age  des  Altars  an  dieser  Stelle  nicht 
erwiesen,  sondern  nur  angenommen  ist,  weifs  ich 
recht  wohl. 


leicht  vergifst  man ,  dafs  zu  Tempeln  immer 
auch  Altäre  gehören.  Endlich  ist  auch  der  Platz 
sichtbar,  an  dem  das  Erzbild  der  Athena  stand. 
Gehen  wir  nun  zu  den  einzelnen  Bauten  über, 
so  helfen  am  besten  gröfsere  Grundrisse  nach, 
und  mit  Hilfe  von  Fig.  3  wird  es  dann  gelingen, 
das  nötige  Verständnis  hervorzurufen.  Nicht 
flüchtig  und  oberflächlich ,  sondern  gründlich 
will  alles  behandelt  sein,  sofern  es  Wert  haben 
soll.  Die  Schüler  müssen  im  stände  sein,  nicht 
nur  die  Grundrisse,  sondern  auch  einzelne  Teile, 
wie  die  dorische  Säule  mit  dem  darauf  liegenden 
(iebälk,  aus  dem  Kopf  an  die  Tafel  zu  zeichnen. 
Beim  Parthenon  leistet  der  Aufbau  der  Ecke 
von  N  i  e  m  a  n  n  (Fig.  27)  gute  Dienste.  Neben 
den  Grundrifs  gestellt,  ermögUcht  er  auch  dem 
m inderbegabten  Schüler  einen  Einblick  in  den 
Tetnpelbau.  Dafs  es  im  übrigen  auch  hier  gilt, 
Mafs  zu  halten,  versteht  sich  von  selbst.  Das 
ursprüngliche  Projekt  des  Mnesikles  wird  man 
erwähnen,  aber  nicht  ausführlich  erörtern;  beim 


V\g.  26    Pia»  4er  Akropolis  von  Atlipn 


Dionvso.stheater. 


35 


Fig.  27.    Aufbaa  einer  Ecke  des  Parlhenon. 


36 


N 


C.    Die  Akropolis  in  der  Schule. 


37 


Erechtheion  braucht  nicht  von  Butes  und  Hephä- 
stos  die  Rede  zu  sein,  und  dafs  die  Opistho- 
domosfrage  nicht  in  die  Schule  gehört,  braucht 
wohl  kaum  erwähnt  zu  werden;  ebenso  er- 
fordert ein  Eingehen  auf  die  architektonische 
Gestaltung  des  Odeion  im  Einzelnen  ein  höheres 
Alter. 

Etwas  schwieriger  gestaltet  sich  die  Frage, 
wie  weit  die  Plastik  beigezogen  werden  soll.  Das 
Erzbild  der  Athena  wird  man  erwähnen  und 
die  wenn  auch  schlechte  Kopie  der  Goldelfenbein- 
statue der  Parthenos  betrachten,  aber  ich  meine, 
wie  bei  Olympia  Zeus  (und  Nike?),  so  gibt  hier 
Athena  Gelegenheit,  die  schönsten  Athenastatuen 
vorzuführen.  Ein  Vergleich  der  beiden  Athena- 
statuen  des  Pheidias  (Fig.  21  und  23),  der  Athena 
Farnese  (Fig.  29)  und  der  Athena  von  Velletri 
(Fig.  28)  dürfte  recht  geeignet  sein,  die  Schüler 
sehen  zu  lehren,  und  dieses  Ziel  müssen  wir 
doch  vor  allen  Dingen  im  Auge  haben.  Man 
fragt  sie  aus  nach  Stellung  und  Haltung,  den 
Attributen,  der  Gestalt  des  Helmes  und  der  Ägis, 
der  Behandlung  des  Gewandes  oder  der  Ge- 
wänder, der  Form  und  dem  Ausdruck  des  Ant- 
litzes. Während  das  volle,  breite  Gesicht  der 
Athena  Farnese  und  die  Form  und  Gestaltung 
ihres  Helmes  an  die  Parthenos  des  Pheidias 
erinnert  (Fig.  21) ,  ist  das  Antlitz  der  Athena 
von  Velletri  fein  und  schmal  gebildet,  und  der 
korinthische  Helm  (vgl.  Fig.  1)  trägt  viel  dazu 
bei,  einen  neuen  Typus  zu  schaffen.    Die  beiden 


Statuen  des  Pheidias  sind  nur  mit  dem  dorischen 
Peplos  bekleidet,  in  den  beiden  anderen  tritt 
der  Mantel  hinzu.  Das  Motiv  der  lemnischen 
Athena,  in  der  erhobenen  Linken  die  Lanze  zu 
halten,  pflanzt  sich  fort,  wenn  auch  die  eine  der 
Statuen  den  rechten  Arm  an  die  Stelle  des  linken 
treten  läfst.  In  der  Hand  des  anderen  Armes 
trug  die  Athena  von  Velletri  eine  Nike  wie  die 
Parthenos,  während  es  bei  der  farnesischen 
Statue  vielleicht  eine  Schale  war. 

Weiter  aber,  wie  steht's  mit  dem  übrigen  bild- 
nerischen Schmuck  am  Parthenon?  Zunächst 
lege  ich  in  Fig.  30  ein  Schema  vor,  das  sich  im 
Unterricht  bewährt  hat.  Verglichen  mit  dem 
Grundrifs  zeigt  es  uns  die  Stelle  der  Metopen 
und  des  Frieses,  es  macht  uns  bekannt  mit  dem 
Inhalt  der  Metopen,  die  zur  Göttin  des  Tempels 
in  keiner  engeren  Beziehung  stehen;  es  erläutert 
die  Darstellung  des  Panathenäenzuges  im  Friese, 
und  mit  Leichtigkeit  findet  der  Schüler  darnach, 
ob  ein  Stück,  das  ich  ihm  zeige,  zur  Nord-  oder 
Südseite  gehört,  und  endlich  lehrt  es  den  Inhalt 
der  Giebeldarstellungen.  Die  Reitergruppen,  die 
Götterversammlung  mit  der  von  ihr  umschlossenen 
Mittelscene,  die  Gruppen  der  stehenden  Männer 
und  zu  diesen  in  reizendem  Gegensatz  die  Mäd- 
chen mit  dem  Opfergerät  eignen  sich  vor  allem 
zum  Unterricht.')    Man  wird  es  freilich  bedauern, 


')  Vortreffliche   "Winke    für   die    Behandlung   bei 
Friederichs-Wolters,  S    267—280. 


N. 


(?- 


Kentaurenkampf,  Eroberung  Trojas  (n  Meiopen) 


Wagen 


Männer 


Musiker 


Jünglinge 


Op  fernere 


mil  Oelzweigen 


mit  Krügen  und 
Schüsseln 


PANATHENÄENZUG 


die  gleiche  Ordnung  des  Zuges  wie  im  Norden 


Keniaurenkampf  (ji  Meiopen) 


Mädchen 


i 

mit 
Opferge  rät 
steh.  Mäniner 
Gönn- 
Millelgni 
Göller 
sich.  Mir 
Mjiichen 
Opfergebai 


ppe 


S 


s. 

Flg.  30.   Der  bildnerische  Sehmnck  des  ParthenoD. 


38 


('.    Die  Akropolis  in  der  Schule. 


dafs  es  noch  keine  nmstergiltige  Ausgabe  des 
ganzen  Frieses  gibt;  man  muTs  sich,  so  gut  es 
geht,  mit  anderem  bescheiden. '^)  Die  Giebel- 
gruppen aber  müssen  dem  Unterricht  fern  bleiben ; 
dies  ist  nicht  nur  mein  Urteil  und  das  meines 
Kollegen  Böckel,  mit  dem  ich  mehrfach  diese 
Frage  durchgesprochen  habe,  sondern  auch  Prof. 
Ad.  Michaelis  in  Strafsburg  erklärte,  dafs  sie  in 
die  Gymnasien  nicht  gehören.  Mögen  die  Tau- 
schwestern noch  so  reizvoll  dem  Erwachsenen 
sein,  für  den  jugendlichen  Geist  sind  sie  zu 
schwer  zu  erfassen.  Und  in  gleicher  Weise  wird 
man  von  den  .Skulpturen  des  Ercchtheion,  sowie 
von  dem  Friese  des  Niketempels  absehen.  Eher 
könnte  man  geneigt  sein,  auf  die  Nikebalustrade 
und  die  pergamenischen  Weihgeschenke  einzu- 
gehen, aber  jene  wird  nicht  leicht  zu  behandeln 
sein,  und  diese  sind  vielleicht  doch  nicht  bedeutend 
genug,  um  ausführlicher  besprochen  zu  werden. 
Erwähnen  wird  man  sie  zusammen  mit  der 
P^umeneshalle ,  um  später  daran  bei  Pergamon 
wieder  anzuknüpfen. 

Noch  eines  aber  dürfte  sich  fruchtbar 
erweisen:  wie  ich  bei  Olympia  vorschlug,  eine 
Betrachtung  in  historischer  Folge  (Apoll  vonTenea, 
Polykleitos,  Praxiteles)  vorzunehmen,  so  wird  bei 
Besprechung  der  Burg  eine  solche  Behandlung 
von  Frauenstatuen  nahegelegt.  Die  Akropolis 
selbst  bietet  das  meiste  Material;  einige  der  alten 
Statuen,  die  im  Schutt  von  der  Perserzeit  auf- 
gefunden wurden,  die  sog.  fröhliche  Emma  und 
das  Werk  des  Antenor,  mögen  mit  den  Athena- 
statuen  (Fig.  21  u.  23),  den  Koren  des  Ercchtheion 
und  anderen,  nicht  auf  der  Akropolis  gefundenen 
Statuen,  wie  der  Eirene  des  Kephisodot,  zu- 
sammengestellt und  besprochen  werden. 

Endlich  wird  man  auch  den  Mann,  unter 
dessen  Leitung  die  Akropolis  ihre  wundervolle 
Ausgestaltung  erhielt,  den  Perikles,  nicht  ver- 
gessen (Fig.  1). 


'j  Die    englische    Nachbildung   in    verkleinertem 
Mafsstabe  ist  unbrauclibar. 


Es  liegt  mir  sehr  fern,  mit  diesen  Aus- 
führungen eine  Art  Kanon  feststellen  zu  woUen, 
sondern  sie  sollen  nur  Vorschläge  sein,  die 
allerdings  reiflich  erwogen  und  das  Ergebnis 
jahrelanger  Praxis  auf  diesem  Gebiete  sind.  Von 
selbst  ergeben  sich,  je  nach  der  zu  Gebote 
stehenden  Zeit,  nach  dem  Ort,  der  Klasse  und 
der  eigenen  Neigung,  grofse  Abweichungen;  und 
wenn  ich  glaubte,  im  Geschichtsunterricht  eine 
derartig  breite  Behandlung  der  Akropolis  empfehlen 
zu  sollen,  so  versteht  es  sich  Von  selbst,  dafs  wir 
in  späteren  Klassen,  wo  es  nur  angeht,  tiui  diese 
Dinge  wiederholend  und  erweiternd  zurückgreifen 
müssen. 

Es  bleibt  die  Schlulsfrage ,  welches  An- 
schauungsmaterial bei  der  Durchnahme  der  frag- 
lichen Punkte  herangezogen  werden  mufs.  Da 
ich  darüber  anderswo  gesprochen  habe '),  so  fasse 
ich  mich  hier  kurz.  Die  Bohnschen  Tafeln 
leisteten  bisher  gute  Dienste,  trotz  des  harten 
Urteils,  das  sachkundige  Architekten  über  die 
Ausführung  der  Blätter  fällen.  Aber  dafs  es  mit 
ihrer  Hilfe  nicht  möglich  ist,  in  dem  besproche- 
nen Umfang  die  Akropolis  durchzunehmen,  ist 
klar.  Vielmehr  müssen  zahlreiche  Photographien 
oder  andere  Abbildungen  beigezogen  werden, 
und  verkennen  läfst  es  sich  nicht,  dafs  in  starken 
Klassen  eine  einzige  Abbildung  nicht  genügt, 
sondern  dafs  jeder  Schüler  von  dem  Gegenßtand, 
der  genau  betrachtet  werden  soll,  eine  Abbildung 
in  Händen  haben  mufs.  Als  ich  vor  wenigen 
W^ochen  im  Karlsruher  Gymnasium  die  Akropolis 
durchnahm,  gelang  es  mit  Hilfe  des  Bilderheftes, 
das  die  Schüler  besafsen-),  und  Sonderabzügen 
des  Durmschen  Blattes  (Fig.  .3),  das  eine  spätere 
Auflage  des  Bilderheftes  zieren  soll,  zu  ibefriedi- 
genden  Ergebnissen  zu  kommen.  Ohne  dies 
ziemlich  reiche  Material  würde  ich  allerdings 
mein  Ziel  kaum  erreicht  haben. 

')  Fleckeisens  .Jahrbücher  1896,  2.  -Abt. 
S    1-14. 

-)  Luckenbach,  Alibildungen  zur  alten  Ge- 
schichte. 


■^-t+C 


1 


Inhalt. 


Seite 

A.  fieschichtlicher  Überblick 1 

1.    Die  ältere  Zeit  bis  zu  den  Perserkriegen 1 

11.    Die  Blütezeit 5 

III    Die  Zeit  des  Verfalls 7 

B.  Die  Akropolis  Ton  Atben  in  ibrer  Bliitexeit 9 

Kinleitende  Bemerkungen  zu  Fig.  3       9 

1  Das  römische  Thor 9     ,. 

2  Der  Xikepyrgos 10     * 

3.  Das  Agrippamonument 12 

4.  Die  Klepsydra 12 

5.  Die  Propyläen 12 

6.  Athena  Promachos 16 

7.  Die  Trepjie 16 

8.  Das  Erechtheion 17 

9.  Die  Chalkotheke 23 

10.  Der  Parthenon 23 

11.  Der  Romatempel 30 

12.  Das  Weihgeschenk  des  Attalos .30 

13.  Das  grofse  Theater 30 

14.  Die  choregischen  Denkmäler 31 

15.  Das  Odeion  des  Herodes  Attikos         ...          31 

16.  Die  Halle  des  Eumenes 32 

17.  Das  Asklepieion ...  32 

C.  Die  Akropolis  in  der  Schale 32 


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