^
w^^^^
ai^-'-'T*
.«fi-'t ■
umKf
^5V
iie % 'H
AKROPOLIS VON ATHEN
if','.
i
l
VON
^
DS. H. LUCKENBAßH.
7^ BEILAGE
zu DEM
PROGRAMM DES GROSSHERZOGL. GYMNASIUMS ZU KARLSRUHE
FÜR DAS SCHULJAHR 1895/96.
M^
1M6. Programm Nr. 619.
MÜNCHEN.
DRUCK VON R OLDENBOURG.
1896.
niiiiHÜjini
'-j,-*ii.>*.. -»«j**-
Auf iler 43. \'er.sainmluiig dputsclier rhiloloi^en und Schiilinänner, die im September
189Ö zu Köln tagte, betonte ()l)erschulrat Dr. Krüger von Dessau in der Sitzung für
Gymnasialarchäologie, dafs bei den Hestreliungen , antike Denkmäler unserer Jugend
vorzuführen, die Akropolis von Athen im \'ordergrund stehen, dals auf ihr der Schüler
heimisch werden müsse. Die vorliegende Arl)eit versucht nun eine Beschreibung der
Akropolis mit beständiger Beziehung auf die Scbule. Zwar hat erst vor wenigen Jahren
mein Freund und Kollege F. Haumgarten in seinem »Rundgang durch die Ruinen Athens«
(Programm des ( rynniasiums in Wertheim 18^7) die Burg der Stadt wenn auch knapp, so doch
sorgfältig bes])r(ichen (S. 14 — 23). Wenn ich trotzdem in diesem Jahre denselben Stoff
behandle, so geschieht dies nicht, weil ich ausführlicher über die gleiche Sache sprechen
möchte, auch nicht, weil seit ei)en jenem Jahre rastlose Arbeit unsere Kenntnis erheblich ge
fördert bat, die Veranlassung ist vielmehr der l'mstand, dafs ich meiner Arbeit zahlreiche'
Abbildungen beigeben kann, l'nter diesen verdient besondere Beachtung die wohlgelungene
Ansicht der Burg aus der \'ogelscbau, die Oberbaudirektor Dr. Jos. Durm, Professor an'
der technischen Hochschule in Karlsruhe, entworfen hat. Finer Anregung von mir, fülV'
unsere Jugend ein solches liild zu zeichnen, ist er alsbald gefolgt, und für sein Interesse]
an unserem Interrichte ist ihm d(>r wärmste Dank aller Altphilologen gewifs.
Zu vielen streitigen Fragen galt es Stellung zu nehmen; auf allseitige Zustimmung
habe ich dabei nicht zu hoffen. Indes habe ich nicht ohne grol'sen Vorteil eine Reihe
von Punkten mit einem der i>esten K'emier der .\kropolis, Prof. Dr. Ad. Michaelis in
Strai'sburg, besjirechen können; ibni hat aucb ein Teil der Arbeit vorgelegen, und ich darf
es aussprechen, dals icli ihn in den wichtigsten !'"ragen auf meiner Seite habe.
P
!!'■''
Fig. 1. Perikl««.
A. Geschichtlicher Überblick.
Vgl. dazu den Plan Fig. 2.
I. Die ältere Zeit bis zu den Perserkriegen.
Der Burghügel von Athen liegt mit seinem
höchsten Punkt 156 m über dem Meeres-
spiegel, etwa 100 m über dem nächsten Teil des
lüssos, der in einiger Entfernung südlich vorbei-
fliefst, und etwa 60 — 70 m über der heutigen
Stadt Athen. Der Hügel büdete ursprünglich einen
300 m langen und an seiner breitesten Stelle
130 m breiten, zerklüfteten Felsrücken , der nur
an einer Seite, im Westen, bequem zu ersteigen
war, an den übrigen Seiten dagegen schroffe
Abhänge besafs. So beherrschte er die um-
liegende Ebene und lud von selbst zur Bewohnung
ein; mit Lebensmitteln gut versehen, vermochte
man hier auch einem starken Feinde dauernden
Widerstand entgegenzusetzen. Aber ganz mühe-
Luckenbacb, Die Akropolls von Athen.
los war die Besitznahme nicht, dazu war der
Fels zu uneben, und so mulste man ihn schon
in sehr alter Zeit bearbeiten. Hier mulste man
Stücke vom Felsen abschlagen, dort den Boden
durch Aufschüttung erhöhen, um kleinere oder
gröfsere Flächen für Wohnungen herzustellen.
In uralter Zeit finden wir nun auf dem Felsen,
ähnüch wie in Mykenä, Tiryns und Troja, eine
Königsburg, die Kekropia, den Wohnort der mythi-
schen Könige Kekrops und Erechtheus. Trümmer
dieser Burg sind an der Nordseite, östlich von
dem späteren Erechtheion, gefunden worden
(Plan 29). Von solchen Palästen ist uns im Grund-
rils der von Tiryns erhalten; dort finden wir
im Hofe, der vor dem Hauptraum, dem Megaron,
1
ioiiüi»,-.
'^ ^-7
A. GeBchichtlicher Überblick.
lag, einen Altar des Zeus. Auf der Burg von
Athen stand in historischer Zeit im Pandroseion
ein Altar des Zeus Herkeios, und es ist eine
ansprechende Vermutung, daTs dieser Altar der-
selbe war oder doch an derselben Stelle stand
wie der im Hofe des Palastes. Man hätte so-
mit auch später, als der Palast in Trümmer
verfallen war, an der Verehrung des Altars fest-
gehalten. In dieser ältesten Zeit wurden auch
Tote auf der Burg beerdigt, wie einige auf-
gefundene Gräber beweisen. Wie es sich von
selbst versteht, halfen Mauern die Festigkeit
des Hügels erhöhen. Sie umgaben ihn auf allen
Seiten: an manchen Stellen konnte man sich
mit einer einfachen Randmauer begnügen , an
anderen, von Natur schwächeren Stellen mufsten
tiefe Futtermauern die natürliche Steilheit des
Felsens vermehren. Sie waren aus polygonen,
fast unbehauenen Blöcken von dem Kalkstein,
den der Burghügel bietet, erbaut. Gröfsere
Stücke dieser Mauer, aus deren Resten sich ihr
gewundener Lauf erkennen läfst, sind im Süden
und Osten zum Vorschein gekommen. Am deut-
lichsten aber ist ein Stück der Westmauer er-
halten , das auch in späterer Zeit sichtbar bheb ;
(5 m dick läuft es von Süden nach Norden bis
zu den späteren Propyläen vor (Plan 12). Ky-
klopisch nennt man solche alten Mauern, in
Athen aber nannte man sie pelasgisch. Nach
den Pelasgern aber hiefs auch ein Vorwerk
im Westen, das vor allem, wie es scheint, Sicherung
der stets fliefsenden (Quelle Klepsydra (Plan 53)
bezweckte. Dieses sog. Pelargikon war neun
thorig ((i'fiÜTtvXof) und erstreckte sich nach
der Ansicht mancher Forscher noch über den
Fufs des Hügels hinaus bis nahe an die Ost-
seite des Areopag.')
Aufser den Resten der Königsburg und der
Umfassungsmauern sind auch von alten Ge-
fäfsen zahlreiche Scherben gefunden worden;
Thongefäfse, wie sie namentlich aus den Funden
von Troja bekannt sind, ebenso wie sog. my-
kenische Vasen waren einstmals reichlich auf
der Akropolis vorhanden. Solche des Dipylun-
stils gehören dann der Zeit nach den Königen
an. Deren Herrschaft endete mit König Kodros,
') Ausgrabungen an dieser Stelle sind im Gange
und werden vielleicht näheres lelireu
der ÜberUeferung nach im Jahre 1066. Die
Herrschaft des Adels, die zunächst an ihre Stelle
trat, dauerte mehrere Jahrhunderte. Die Akro-
polis aber als beherrschender Mittelpunkt der
Landschaft behielt ihre Bedeutung. Im siebten
Jahrhundert (etwa 632) setzte sich der Athener
Kylon dort fest, in der Hoffnung, bei den inneren
Wirren sich zum Tyrannen aufschwingen zu
können. Sein Versuch mifsglückte, die Athener
schritten zur Belagerung, bei der es ihm selbst
zu entfliehen gelang, seine Anhänger aber sich
ergeben mufsten und den Tod fanden. Das
sechste Jahrhundert wird durch die Namen Solon
und Peisistratos gekennzeichnet, es ist eine Zeit
des Aufschwungs für Athen. Die Bedeutung
der Burg nahm besonders zu , als Peisistratos
560 V. Chr. von ihr Besitz nahm, und sie zum
zweiten Male der Sitz der Herrschaft von Athen
wurde. Von Solon bis zu den Perserkriegen
wurde die Burg mit vielen Gebäuden und Weih-
geschenken geschmückt.
Da ist zunächst der älteste Tempel, von
dem schon Homer spricht'), später im Gegen-
satz zu dem nach ihm erbauten Hekatompedon
der alte Tempel (ö uQ/aTog rtfög) genannt. Er
war, wie mir Michaelis in einer Besprechung ur-
kundlich nachwies^, ein Doppeltempel, dem
Erechtheus und der Athena Polias geweiht*).
Sein Platz mufs dort gewesen sein, wo später
der glänzende Neubau, das Erechtheion, er-
richtet wurde (Plan 31). Während von diesem
Bau keine oder doch nur geringe Reste erhalten zu
sein scheinen*), sind von dem zweiten Tempel,
der der Athena erbaut wurde, Fundament und
Stylobat und viele Bauglieder erhalten (Plan 34).
Die Zeit der Erbauung steht nicht fest, es mag
die erste Zeit des Peisistratos sein.*) Seine
Länge betrug 100 Fufs, und deshalb wurde er
') B 549. ] )ie Stelle wird vielfach für spät gebalten.
•) Vgl. auch Michaelis, Altattische Kunst, S. IG.
") Die Existenz dieses Tempels leugnet F u r t -
wängler, Meisterwerke S. 155 bis 162. Den vrjös
'Eoex^t'oi (Herod. VIII, 55) erklärt er fttr einen Teil
des Hekatompedon, schwerlich mit Kecht. Vgl. Bu-
80 It IP, S. 339, 1.
*) Vgl. indes Furtwängler, S. 743 zu S. 156.
») Wenn Dörpfeld (Athen. Mitt. XI, S. 344 £F)
die äufsere Säulenhalle für jünger als die Cella hält,
so stiuimt dem Durm, den ich nach seiner Ansicht
n. IMe Blütezeit.
Hekatompedon genannt. Von zahlreichen kleineren
Bauten, deren Bestimmung wir nicht kennen,
haben sich Bauglieder gefunden, so von nicht
weniger als 13 Gebäuden Simenstücke. Auch
die Skulptur ist reichlich vertreten: wir finden
manche Künstler von den ionischen Inseln,
von den einheimischen auch Antenor dort thätig,
und eine grofse Anzahl archaischer Frauenstatuen
zeigt, welch reicher Schmuck die Akropolis
zierte. Sie stellt sich somit schon damals mit
ihren Tempeln, zahlreichen anderen Bauten,
vielen Weihgeschenken als ein Platz dar, der
der wachsenden Bedeutung Athens entsprach.
Aber diese frühe Blüte sollte gar bald ein Ende
mit Schrecken nehmen. Denn als der Perser-
könig Xerxes im Jahre 480 die Stadt Athen
genommen hatt«, begann er auch die Belagerung
der Burg; verteidigt wurde sie von wenigen
Männern, die es nicht über sich hatten bringen
können, die Heimat zu verlassen, und die hinter
den Mauern sicher zu sein glaubten. Ihre Hoff-
nung trog sIb, die Perser fanden einen Aufgang,
! vermutlich den Treppenweg, der auf der Nord-
' Seite , westlich vom Erechtheion , emporführte
•■ (Plan 38), drangen auf diesem ein und eroberten
die Burg. Was sie nicht plünderten, zerstörten
sie, Statuen und Weihgeschenke stürzten sie
um und zerschlugen sie, was brennbar war,
i ging im Feuer zu Grunde. Als die Perser ab-
zogen, war die Akropolis nur noch ein grolses
Trümmerfeld, und das ehemalige Aussehen der
Burg war für immer geschwunden.
II. Die Blütezeit.
Nicht wenige Jahre sollte es dauern, bis statt- !
liehe Neubauten sich erhoben, die dann aller- '
dings alles, was bis dahin geleistet war, in den
Schatten stellten. Zunächst scheint man die
beiden Tempel für die Benutzung wieder in Stand
gesetzt zu haben. Dann aber ist nach und nach
die Burg in der uns geläufigen Gestalt entstanden
(Fig. 3). Dreierlei war es, was das Aussehen
der Burg gegenüber dem früheren Zustande |
wesentlich veränderte. Erstens wurde die ganze
Burg mit mächtigen , am äuTseren Rande des
Felsens aufsetzenden Stützmauern umgeben.
Zweitens wurde im Zusammenhang damit ein
einziges grolses Plateau hergerichtet, das sich
nach Westen zu senkte (vgl. Fig. 3, links oben
die gröfsere Skizze). Drittens erstanden neue
grofsartige Bauten. Um die Änderungen, die
der Hügel selbst erlitt, deutlich zu machen, ver-
gleicht Dörpfeld') den Diirchschnitt durch
den Burgfelsen mit dem Durchschnitte durch
ein einfaches Haus, das ein Giebeldach trägt.
Die senkrechten Hauswände entsprechen den
fragte, nicht bei. Mir steht in dieser Frage ein Urteil
nicht zu.
>) Athen. Mitt, XI (1886), S. 165.
steil abfallenden Abhängen der Burg und die
beiden schrägen Dachhnien der nach beiden
Seiten sanft abfallenden Oberfläche des natür-
lichen Burgfelsens. Denken wir nun die Aulsen-
mauern des Hauses bis zur Firsthöhe hinauf-
geführt und die beiden Dreiecke zwischen diesen
Mauern und den ansteigenden Linien des Daches
mit Schutt ausgefüllt, so haben wir ein schema-
tisches Bild von der Ummauerung der Akropolis
und der Auffüllung zur Herstellung eines grolseu
Plateaus. Dabei ist zu beachten, dals die Auf-
schüttung im Süden sehr umfangreich war
(Fig. 3, links oben die kleinere Skizze), und
dafs man bei der Nordmauer zwei Abschnitte
unterscheiden kann, einen tieferen, der auf ein
niedrigeres Niveau des Burgplatzes berechnet
war, und einen späteren, bei dem das Innere
die Höhe der perikleischen Zeit erhielt.') Bei
dieser Aufschüttung hat man die alten, durch
die Perser zertrümmerten Statuen nicht minder
wie die alten Werkstücke der Gebäude benutzt.
So finden wir 13 Säulentrommeln des Hekatom-
pedon zu viereckigen Quadern umgearbeitet in
') D ö r p f e I J bei F u r t w ä n g 1 e r , Meisterwerke,
S 193, 2.
: -j; ''■:^Y-^-
«
A. (Jeschichtlicher Überblick.
der Südmauer, und zertrümmerte Giebelgruppen,
Statuen und Vasen sind zur Ausfüllung benutzt
worden. Bei den Ausgrabungen, die im Jahre
1885 begannen und überall womöglich bis zum
gewachsenen Felsen reichten, fand man daher
eine überraschende Ausbeute, und dem Vor-
gehen der Athener bei der Neueinrichtung der
Akropolis verdanken wir eine Kenntnis der
Kunstblüte in Athen vor den Perserkriegen,
wie wir sie zu erlangen vorher nie hatten hoffen
können.
Von grölseren Bauten sollte zunächst ein
stattlicher Athenatempel errichtet werden. Man
schreibt diesen Tempel gewöhnUch dem Kimon
zu, aber wenn auch Kimon selbst dem Bau des
Tempels fernstehen mag, so schiefst doch der
Versuch Furtwänglers, ihn für Themistokles in
Anspruch zu nehmen, über das Ziel hinaus.^)
Wie der Durchschnitt durch die Akropohs von
Norden nach Süden zeigt (Fig. 3, die kleinere
Skizze links oben), war eine gewaltige Unter-
mauerung auf der Südseite nötig, noch tiefer
mufste freilich die südliche Randmauer, als deren
Erbauer uns Kimon genannt wird, aufsetzen;
der Raum zwischen Unterbau und Randmauer
wurde dann mit Schutt ausgefüllt. Der Tempel
sollte ganz aus Marmor errichtet werden. Schon
war der Unterbau fertig, und schon wurden die
Säulentrommeln bearbeitet, da geriet der Bau
plötzlich ins Stocken. Den Grund für die Unter-
brechung kennen wir nicht ^), der Tempelbau
aber wurde zunächst nicht wieder aufgenommen,
und so sehr hatte man auf die Fortsetzung des
Baues verzichtet, dafs man die unverletzten
Säulentrommeln bei der Erhöhung der Nord-
mauer, die in frühperikleische Zeit fällt, ver-
wendete imd vorläufig vom Tempelbau auf der
Akropolis ganz absah.") Erst unter Perikles
wurde dann der Plan eines Neubaues wieder
aufgenommen und in den Jahren 447 — 432*)
>) Meisterwerke S 162 bis 168. Es ist überhaupt
nicht nötig, einem der berühmten Führer den Anlafs
zum Tempelbau zuzuschreiben.
') Furtwängler findet ihn im Fall des Themi-
stokles (471).
') Vgl. Dörpf eld bei Furtwängler, Meister-
werke S. 163, 3.
*) Dafs noch über das Jahr 434, das bis vor
kurzem als Endjahr bezeichnet wurde, hinaus gebaut
durch den Baumeister Iktinos der berühmte
Parthenon erbaut , der noch heute in seinen
Trümmern Zeugnis von der antiken Meisterschaft
auf dem Gebiete der Baukunst ablegt. Verglichen
mit dem früheren Bau, ist er etwas breiter, aber
minder lang und etwas mehr nach Norden zu-
gerückt, so dafs hier ein Stück neues Funda-
ment nötig wurde, während sonst der neue
Tempel ganz auf dem Platz des alten hegt
(Plan 22).
Noch ehe der Parthenon fertig war, hatte
Perikles die Propyläen (Plan 6) diu-ch Mnesikles
beginnen lassen, einen gewaltigen Thorbau, der
mit seinen Seitenflügeln die ganze Westseite der
Burg einnehmen sollte. Seine Absicht wurde
durchkreuzt und nur der Mittelbau ganz nach
seinen Plänen vollendet, während die Seiten-
bauten nur teilweise zur Ausführung kamen.
Abgeschlossen wiurde der Bau im Jahre 432,
ohne doch die letzte Feile bekommen zu haben.
Nicht weit von den Propyläen wurde der
kleine Niketempel errichtet (Plan 5). Die Zeit
der Erbauung ist uns nicht überliefert, sicher
wurde er erst nach Beginn der Propyläen in
Angriff genommen, und es ist eine hübsche Ver-
mutung von Furtwängler*), dafs seine Er-
bauung mit den Erfolgen des Demosthenes im
Jahre 426 zusammenzubringen ist. Die Bastion,
auf der sich der Tempel erhebt, der sog. Nike-
pyrgos, der älter ist als die Propyläen und den
Altar der Athena Nike trug, war ursprünglich
höher und wurde erst beim Bau des Tempel-
chens abgetragen, so dals eine Fundamentstufe
des Südwestflügels der Propyläen entblöfst wurde.
In die Zeiten des peloponnesischen Krieges,
wie es scheint nach dem Frieden des Nikias
421«), fällt das Erechtheion (Plan 31), der Neu-
bau des alten Erechtheustempels. Die Arbeiten
wurden im Jahre 413 abgebrochen und erst 409
wieder aufgenommen, um im nächsten Jahre
(408) vollendet zu werden. Der Tempel lag un-
mittelbar neben dem Hekatompedon, ja ein Teil
des Neubaues, vor allem die Korenhalle, griff
wurde, zeigen die Inschriften CIA IV, p. 147, 800
bis 302.
') Meisterwerke, S. 207 ff.
») Michaelis, Athen. Mitt. XTV' (1889) S.349ff.
Vgl. auch Furtwängler, 8.192.
>^f^-
m. Die Zeit des Verfalls.
auf den Platz über, wo die Ringhaile des alten
Baues gestanden hatte. Damals war von diesem
alten Tempel wohl nichts mehr zu sehen, der
Parthenon war ja der Ersatz für ihn; das ältere
Erechtheion war, wie es sich von selbst versteht,
vor dem Neubau abgetragen worden.
Schliefsüch müssen wir noch des Baues ge-
denken, der südwestUch vom Parthenon lag, und
dessen südliche Längswand von der südlichen
Burgmauer selbst gebildet wurde. Es ist die
Chalkotheke (Plan 15). Ihre Errichtung fällt an
das Ende des 5. oder den Anfang des 4. Jahr-
hunderts.i) Damit schliefst die grofsartige bau-
üche Ausgestaltung der Akropolis. Drei Tempel,
die Propyläen und die Chalkotheke waren die
Hauptbauten, alle in der kurzen Frist von etwa
50 Jahren entstanden. Wohl waren noch andere
kleinere Gebäude dort, namentlich Säulenhallen,
wohl sind noch zahlreiche Mauerzüge gefunden
worden, aber alles ist unbedeutend gegenüber
dem Erwähnten, und der Zweck der anderen
Räume ist uns unbekannt. Nur den Bezirk der
Artemis Brauronia, einer Göttin, die im Frauen-
leben eine grofse Rolle spielte, können wir nicht
unerwähnt lassen (Plan 13). Vergessen aber darf
man sodann nicht die zahllosen Statuen, die die
Burg bedeckten und ihr eine henliche Zierde
waren, unter denen hier nur die Athena Pro-
machos (Plan 40) erwäjint werden soU, eine
hohe Statue aus Erz, die zwischen dem alten
Athenatempel und den Propyläen stand und
etwa in der Zeit der Erbauung des Parthenon
aufgestellt sein mag. So bheb die Akropolis im
wesentlichen viele Jahrhunderte hindurch; wohl
mehrten sich die Weihgeschenke, aber den
Charakter der Burg veränderten weder das figuren-
reiche Werk, bestehend aus einer grofsen Anzahl
von Statuen, das von König Attalos I. von Per-
gamon (241—197) auf die Burg gestiftet wurde
und die Südostecke schmückte (Plan 19), noch
die Zuthaten der römischen Zeit unter Augustus
und Tiberius. Damals entstand ein kleiner Rund-
tempel im Osten des Parthenon, der Göttin Roma
und dem Kaiser Augustus geweiht (Plan 26), und
vor dem linken Flügel der Propyläen erhielt auf
hohem Postament Agrippa ein Denkmal (Plan 7).
Mit einem Thor im Westen, das etwa im 2. Jahr-
hundert n. Chr. entstand (Plan 1), schliefst die
Baugeschichte der Akropolis ab.
Wenn man von der Akropolis von Athen
redet, darf man die Bauten nicht übergehen, die
am Südabhang lagen. Es sind zwei Theater,
östlich das des Dionysos, dessen steinerne Sitz-
plätze nach der Mitte des 4. Jahrhunderts ge-
schaffen wurden (Plan 42), westüch das Odeion
des Herodes Attikos, das erst in den Jahren
160 — 170 n. Chr. entstand (Plan 52), und zwischen
ihnen auf einer höheren Terrasse allerlei Heilig-
tümer, die vom 5. Jahrhundert ab hier erbaut
wurden (Plan 47 und 49), und auf einer niederen
Terrasse (Plan 51) die lange Halle Eumenes' 11.,
Königs von Pergamon (197 — 159).
I. Die Zeit des Verfalls.
Wer heute die Akropolis besucht, der sieht nur
Ruinen, und erst die gestaltende Phantasie
kann ihm die Bauten inursprünghchem Glänze
vor Augen führen. Ein Gefühl der Wehmut
beschleicht ihn bei dem Gedanken, dafs alles
80 zerstört werden mufste, und ein Gefühl der
Bitterkeit bei dem Gedanken, dafs erst die Neu-
zeit alles in Ruinen verwandelt hat. Denn lange
Zeit waren die Bauten trotz mancher Änderungen
im ganzen unversehrt geblieben. Im 5. Jahr-
')Dörpfeld, Athen. Mitt. XIV (1889) S.303 £E.
hundert, als der Sieg des Christentums ent-
schieden war, wuLrden Erechtheion und Parthe-
non in christliche Kirchen verwandelt, wobei
das Erechtheion stark beschädigt wurde, der
Parthenon dagegen weniger Htt. Im Jahre 1204
kam Athen unter die Herrschaft der fränkischen
Ritter, die zu einem Kreuzzug ausgezogen waren,
vor Konstantinopel aber ihr eigentliches Ziel aus
dem Auge verloren, das alte Herrscherhaus stürz-
ten und das lateinische Kaisertum stifteten. Im
nächsten Jahre (1205) wurde eine fränkische Be-
satzung auf die Burg geführt, und abermals ein Jahr
-.j,;- ..
-'.'■■-•'■■; "■.'-'♦' ' V^'
■^'i,:
8
A. Geschichtlicher Überblick.
später (1206) zog in die Kirchen auf der Burg statt
des griechischen Kultus der römische ein. Etwas
mehr als 100 Jahre waren die Fratiken im Besitz
von Athen, da kamen die Katalonen von Sizilien,
schlugen die Franken aufs Haupt und herrsch-
ten 76 Jahre (1311—1387) über Athen. Ihnen
folgten die Florentiner ; 1387 nahm Nerio I. Accia-
juolo Besitz von der Burg. Seinen Palast hatte
er in den Propyläen, und damals erhob sich im
Südflügel der Turm, der daher der fränkische
Turm heifst und bis zum Jahr 1875 weithin
sichtbar als das Wahrzeichen der Akropolis er
schien. 80 Jahre darauf kamen die Türken:
die Marienkirche (der Parthenon) ward zur
Moschee, und im Südwesten wurde ein Minaret
aufgeführt, dessen Treppe noch erhalten ist.
Die traurige Zerstörungsgeschichte aber beginnt
erst im Jahre 1656. Damals war die Akropolis
dicht bebaut, und in den Propyläen befand sich
das Pulvermagazin, der Blitz schlug ein, ein
grolser Teil der Propyläen flog in die Luft, die
Epistyle des Mittelbaues und die oberen Teile
sämtlicher Säulen wurden zerschmettert.
Hatte man schon vorher den Westaufgang
durch eine feste Schanze, die vom Nikepyrgos
bis zum Unterbau des Agrippadenkmals hin-
führte, geschützt, so wurde sie 1680 verätärkt,
wobei der Niketempel abgebrochen und in die
Bastion verbaut wurde. So ging der zweite Bau
zu Grunde, der bis dahin nur das Dach einge-
bülst hatte, sonst aber wohl erhalten geblieben
war. In diesem Jahrhundert (1835) wurde er
dann aus den alten Bausteinen wieder hergestellt.
Den Propyläen und dem Niketempel folgte
der Parthenon bald nach. Als 1683 der Angriff
der Türken auf Wien gescheitert war, bildete
sich ein mächtiger Bund zu ihrer Niederwerfung,
und die Verbündeten gingen ihrerseitfl zum An-
griff über. Während in Österreich und Ungarn
Markgraf Ludwig von Baden zu Lande gegen
die Türken focht, fuhr von Venedig aus Moro-
sini nach Griechenland. Er eroberte Korinth
und Ägina und rückte dann zur Belagerung der
Burg Athens heran. Das Landheer, das mit der
Flotte gekommen war, bestand meist aus Deut-
schen, die damals unter den Fahnen Venedigs
fochten. Ihr Führer war der westfälische Graf
Königsmark. Am 21. September nickte Königs-
mark in die Stadt Athen ein; die Burg wurde
beschossen, zunächst vergeblich. Da erfuhr man
von einem Überläufer, dafs der türkische Kom-
mandant einen Teil seines Pulvervorrates in die
Marienkirche habe bringen lassen. Man richtete
nun die Mörser auf den Parthenon, und
Freitag, den 26. September 1687, flog ein grofser
Teil des herrlichen Baues in die Luft. Über
2000 Jahre war er erhalten geblieben, jetzt fiel
er durch eine Bombe, die ein Braunschweiger
ArtillerieUeutenantgeschickt hatte. DerZerstörung,
die wesentlich den mittleren Teil betroffen hatte,
folgte dann die Beraubung des Parthenon. Als,
bald nachdem die Burg in die Hände der Vene-
zianer gefallen war, türkische Truppen heran-
marschierten und Morosini die Notwendigkeit
einsah, Athen zu verlassen, da wollte er wenig-
stens nicht nach Venedig zvu-ückkehren , ohne
eme Erinnerung an Athen mitzubringen. Die
Rosse der Athena und die mächtige Gestalt des
Poseidon aus dem Westgiebelfelde des Parthenon
sollten die Trophäe sein. Aber die Arbeiter,
denen keine Maschinen zur Verfügung standen,
konnten ihre Aufgabe nicht lösen, die Figuren
stürzten und zerschellten auf dem Felsen (1688).
Hundert Jahre später (1787) kamen einige
Stücke der Parthenonskulpturen in französische
Hände, sie sind heute im Louvre. Gröfser war
die Beute des englischen Lords Elgin, dem es
gelang, den gröfsten Teil der Giebelfiguren, des
Frieses und der Metopen vom Parthenon, eine
Statue von der Korenhalle des Erechtheion und
die damals sichtbaren Stücke vom Fries des
Niketempels an sich zu bringen; diese Kunst-
werke bilden heute den Hauptschmuck des Briti-
schen Museums.
Die Kämpfe im ersten Drittel unseres Jahr-
hunderts zwischen Griechen und Türken brachten
wieder manchen Schaden, der Parthenon hatte
zu leiden und besonders das Erechtheion, an
dem die Decke der nördlichen Vorhalle ein-
stürzte (1825).
Das Jahr 1833 bildet einen Wendepunkt:
die Burg wurde von den Türken für immer
geräumt, und seitdem sucht man zu erbalten,
was noch gebUeben ist. Aber das Erdbeben im
Sommer 1894 hat daran eriimert, welchen (Gefahren
auch jetzt noch die Ruinen ausgesetzt sind. Hoffen,
wir, dafs es gelingt, sie noch viele Jahrhunderte
kommenden Geschlechtem zu erhalten. Denn,
'''■:V
1. Das römische Thor.
wenn es auch Ruinen sind, so sind pie doch mit
all dem Glanz, der Ruinen nur anhaften kann,
umgeben, und wer einmal axd der Burg gestanden
hat, der vergilst daa Bild nicht mehr. Am
schönsten aber ist es auf der Burg bei Nacht,
wenn der Mond sein magisches Licht auf die
Trümmer wirft. Rings am Horizont auf einigen
Seiten Berge, dann weithin das Meer, aus dem
die Inseln Salamis und Ägina auftauchen. Auf
der Burg selbst aber ersteht in unseren Gedanken
die alte Herrlichkeit, und in uns steigt das Bild
alter Zeiten auf, der Zeiten, da die Kunst diesen
Hügel mit Werken, die einzig in ihrer Art sind,
schmückte. Dann erst fühlt und begreift man ganz
das Zeitalter, das in der Weltgeschichte einzig
dasteht, das Zeitalter des Pheidias und Perikles.
B. Die Akropolis von Athen in ihrer Blütezeit.
Dazu Figur 3.
Die Ansicht in Fig. 3^) ist von Südwesten
genommen. Man erbhckt den Burghügel in
seinem ganzen Umfange mit den Bauten, die
seinen Südabhang bedecken. Vier erläuternde
Skizzen sind Hnks oben und rechts unten an-
gebracht worden. Die erste') stellt den Burghügel
von der Südseite dar, soweit er sich über 125 m
Seehöhe erhebt, und zeigt uns den Abfall des
Hügels im Westen und Osten, sowie die Neigung
des Plateaus von Osten nach Westen. Die zweite')
gibt einen Durchschnitt des Hügels von Süden
nach Norden. Man sieht, wie tief der Parthenon
fundamentiert werden mufste, und wie nach
Süden zu das Plateau noch mehr vergrölsert
WTorde durch Erbauung der Südmauer und durch
Ausfüllung des Loches zwischen ihr und den
Fundamenten des Parthenon. Man sieht ferner,
dals der Boden vom Parthenon zum Erechtheion
sich senkt, und dafs die höchste Treppenstufe
des grofsen Tempels auf gleicher Höhe mit dem
Dach der Korenhalle Hegt. Die beiden Zeich-
nungen rechte unten mit den Beischriften Pro-
pyläen und Treppenaufgang zur Terrasse der
Athena Nike werden bald zur Sprache kommen.
') Dieses Blatt ist für den Buchdruck verkleinert
worden nach der im Verlage von R. Oldenbourg in
München erschienenen Wandtafel, auf der Einzel-
heiten erheblich deutlicher sind.
•) Nach Kauperts Zeichnung bei Jahn-Mi-
chaelis,. Pausaniae descriptio arcis Athenarum.
Taf. n, Fig. 2.
•) Ebenda, Taf. H, Fig. 4.
Lnckenhacb, Die Akropolis von Athen.
Wir wenden uns zum HauptbUd; es ist im
wesentlichen eine Rekonstruktion und soll zeigen,
wie die Burg am Ende ihrer Entwicklung aus-
sah. Dabei ist aber auf eine volle Ergänzung
verzichtet worden, um nicht zu viel Unsicheres
zu bieten. Statt dessen sind überall die zahl-
reichen Mauerzüge, die man gefunden hat, an-
gedeutet worden. Dats zur Zeit, als das Erech-
theion stand, der Grundrils des Hekatompedon
nicht so deutlich zu erkennen war wie im Bilde,
versteht sich von selbst. Auch sonst ist deut^
heb der Lehrzweck zu erkennen. So sind die
Grundmauern des vorperikleischen Parthenon
vöUig zu sehen, während sie natürüch im Alter-
tum verdeckt waren. Das Odeion ist nur zur
Hälfte in voller Höhe ergänzt worden, einmal um
die Anlage mögUchst klar erkennen zu lassen
und dann um nicht zu sehr den Blick von der
Hauptsache, der Burgfläche, abzuziehen. Unsere
Betrachtung im Einzelnen beginnen wir im
Westen, d. h. also links unten.
1. Das römische Thor.')
Der erste Bau ist das sog. Beule'sche Thor,
durch das auch heute der Weg zur Akropolis
hinaufführt. Mit den beiden Seitentürmen und
den Mauern, die auf der linken Seite bis zum
Nordwestflügel der Propyläen, auf der rechten
Seite bis zum Nikepyrgos führen, bildete es in
römischer Zeit den westüchen Abschlufs der
•) B e u 1 ^ , l'acropole d'Athenes.
10
B. Die Akropolis von Athen in ihrer Blütezeit.
Akropolis. Wie vordem die Befestigung der
Westseite war, ist uns unbeliannt.i) Das jetzt
erhaltene Thor ist an Stelle eines älteren Thores,
das gleichzeitig mit den Pylonen erbaut war, ge-
treten und zum Teile aus den Bausteinen eines
von Nikias im Jahre 319 v. Chr. infolge eines
choregischen Sieges errichteten tempelartigen
Baues hergestellt.^) Die ganze Anlage scheint ein
Glied der Veränderungen zu sein, die mit dem
Bau des Odeions zusammenhingen. Vorher
hatte der Weg vom Süden her am Nikepyrgos
vorbei und dann, da die Steigung sehr stark
war, vermutUch auf gewundenem Weg bis zu
dem mittleren Durchgang der Propyläen geführt.
Die grofsen, in die Höhe führenden Stufen ge-
hören wie das Thor der römischen Zeit an.
2. Der Nikepyrgos.
Der Zweck der beiden Nischen, die sich im
Westen unten an der Nikebastion befinden, ist
unbekannt, vielleicht waren ursprünglich Götter-
bilder darin aufgestellt. Oben steht der kleine
KiK. 4. Grnndrirs^des Tempels der Athen« Nike.
Tempel der Sieg bringenden Athena oder der
Athena Nike. Er ist ein Amphiprostylos im
ionischen Stil mit 4 Säulen an den beiden Schmal-
seiten (Fig. 4). In Fig. 5 geben wir nach einer
Photographie^) den Tempel, wie er heute ohne
') .Ausgrabungen zwischen .\reioi)ag und Burg,
die möglicherweise Licht bringen, sind im Gange.
') Über das Denkmal des Mkias: Dörpfeld
und Köhler, Athen. Mitt. X (1885), S. 219 bis 236,
Dörpfeld, Athen. Mitt. XIV (1889), H. 63 bis 66.
') Ich benutze die Gelegenheit, die athenischen
Photographien von Alois Beer in Klagenfurt zu em-
pfehlen. Sie gehören zum Besten, was ich von Photo-
graphien gesehen habe.
j Giebel und Dach aussieht. Über dem Epistyl
I läuft ein Fries um den ganzen Tempel herum.
Im Osten über dem Eingang (Fig. 5) sieht man
Athena in einer Götterversammlung, an den üb-
rigen Seiten sind Kämpfe aus der athenischen
Geschichte dargestellt, und da im Westen Griechen
gegen Griechen, auf den Langseiten Griechen
gegen Barbaren kämpfen, so wird die Deutung
auf die Schlacht von Platää wohl das Richtige
treffen. Im Innern stand Athena, den Helm in
der Linken, einen Granatapfel in der Rechten
tragend.
Von der Höhe des Nikepyrgos hat man einen
prächtigen Ausblick auf das Meer. Hier soll
König Ägeus gestanden haben und die Rückkehr
des Schiffes, auf dem sein Sohn Theseus zum
Kampf mit dem Minotaurus nach Kreta gefahren
war, erharrt haben. Aus Verzweiflung über den
vermeintlichen Tod des Sohnes stürzt« er sich
hinab und fand auf den Felsen seinen Tod. Eine
Grabkapelle befand sich von ihm in Athen, und
es ist eine glückliche Vermutung, in den Resten
eines kleines Baues am Südfufs des Nikepyrgos
(Plan 4a) dies Heroon zu erkennen.*)
Um in späterer Zeit das Herabstürzen von
der Höhe des Turmes zu hindern, umgab den
oberen Rand ein Geländer aus Mannorblöcken,
die auf ihrer Aufsenseite mit ReUefs geschmückt
waren, die sog. Nikebalustrade.*) Im Beisein der
Athena sind eine Reihe von Siegesgöttinnen be-
schäftigt, die Vorbereitungen zur Siegesfeier zu
treffen. Auf unserer Tafel ist auf der Westseite
die Stelle angedeutet, die mit Rehefs geschmückt
war, aber das Gleiche war auch auf den drei
anderen Seiten des Tempels der Fall, und zwar
so, dafs das Geländer im Norden vom Mauer-
rande abbog und auf dem Plateau gegen die
Front des Niketempels sich fortsetzte. An der
nicht sichtbaren Nordseite des Pyrgos führte eine
•) LoUing, Athen. Mitt. XI (1886), S. 322 f.;
gebilligt von Dörpfeld, Athen. Mitt. XIV (1889),
8. 63.
') Ilauj)twerk von Kekul6, Balustrade des
Temi)els der Athena Nike.
Nach Michaelis, Athen. Mitt. XIV (1889) S. 365,
wäre die Balustrade infolge des Seeaieges, den AUd-
biades 410 bei Kyzikos errang, und anderer glück-
licher Kreignisse errichtet.
11
^ OS
S
"Z o
* ja
E §
55
2*
12
B. Die Akropolia von Athen in ihrer Blütezeit.
kleine Treppe empor nach oben hin. Eben an
dieser Treppe bog die Balustrade um und wandte
sich von Norden nach Süden zu, bildete also die
Ostbalustrade. Diese Treppe ist rechts vom Haupt-
bilde besonders gezeichnet.') Wer auf ihr hinauf-
stieg, hatte zur Linken ein Denkmal, dessen
Unterbau noch erhalten ist. Es war ein Reiter-
denkmal, das hier zur Erinnerung an tapfere
Thaten wohl zur Zeit des Perikles vom Bild-
hauer Lykius, einem Sohne Myrons, errichtet
worden war. Im Volksmund galten die Reiter
aus Mifsverständnis als Xenophons Söhne. Als
dann fast 500 Jahre spater Germanicus, der Stief-
sohn des Kaisers Tiberius , in Athen geehrt
werden sollte, da weihte man ihm dieses Denk-
mal, wie wenn es für ihn errichtet worden wäre,
und schrieb die Ehreninschrift, die ihn feierte,
unter die ursprüngliche Inschrift. Von dem
Denkmal, das sich nicht erhalten hat, sieht man
das Oberteil eines Mannes über den Niketempel
hervorragen.
3. Das Agrippamonument.*)
Auf der anderen Seite des zu den Propyläen
etüporf ührenden Weges vor dem Nordflügel dieses
Baues wurde dem M. Vipsanius Agrippa, dem
Feldherm und Schwiegersohn des Kaisers Augu-
stus, ein Denkmal errichtet. Das Denkmal selbst
ist nicht mehr erhalten , unser Bild stellt den
Feldherrn auf einem von 2 Pferden gezogenen
Wagen dar-^). Aber das fast 9 m hohe Postament
steht noch, eine Inschrift auf der Westseite er-
wähnt die uns unbekannten Verdienste des
Agrippa um Athen; sie lautet: o (V/J/io? lUügy.oi'
llyQtnnuy yluxlor r'tiiv xo)<; vtiutov toi' ««itoT
n'fQytTiii'. Demnach wurde der Wohlthäter Athens
so geehrt, als er zum dritten Mal Konsul war,
d. h. im Jahre 27 n. Chr.
■) Nach Curtius, Stadtgeschichte, Fig. 31.
«1 Bohn, Die Propyläen, S. 39 und 40.
') Nachdem Bohn S. 40 die Stands]iuren be-
sprochen hat, fährt er fort: >e8 wird dadurch zu
hoher Wahrscheinlichkeit erhoben , dafs die Basis
ein Zwei - oder wahrscheinlicher Viergesjiann mit
dem Wagen trug, auf dem .\grippa stand — denn
der Gedanke an eine Kinzelstatue , sitzend oder
zu Pferde, ist durch die Spuren vollständig aus-
geschlossen«.
4. Die Klepsydra.
Wenden wir uns von dem Agrippaturm zur
Nordmauer, so gelangen wir durch ein Thor zu
der Burgquelle Klepsydra (Fig. 6). Etwa 60 Stufen
führen in gewundener Linie zu einem künstlich
hergestellten, 4 m langen und etwa halb so brei-
ten Raum hinab, in dessen Boden sich ein Loch
befindet, durch das man das Wasser holen kann.
Auch im Mittelalter hülste die Quelle ihre Be-
rühmtheit nicht ein; aus dem kleinen Raum
wurde eine Kapelle (die Apostelkirche) her-
gestellt, und das Wasser diente als Taufquelle.
In den Befreiungskämpfen dieses Jahrhunderts
QiulU KU|isucLra
OtnKmojt-
Fi(?. 6.
wurde 1822 die Quelle wieder entdeckt, und
sechs Jahre später errichtete Odysseus, ein giie-
chischer Anführer, zu ihrem Schutz das Aufsen-
werk, das auch auf unserer Tafel wiedergegeben
ist. Heute sind die Mauern abgerissen ; wie weit
im Altertum die Quelle durch Befestigungen ge-
schützt war, steht nicht genügend fest.
Nicht weit von der Klepsydra am Nord-
abhang der Burg lagen zwei Höhlen, die eine
seit alter Zeit*) dem Pan , der in der Schlacht
bei Marathon den Athenern beistand (Plan 55),
die andere dem Apollon (Plan 54) geweiht.
5. Die Propyläen.*)
7o TTQonvXaioy war der offizielle Ausdruck,
aber schon frühe') trat für den Singular der
1) Vgl. Milchhöfer, Athen. Mitt. V (1880),
S. 214, 1.
') Hauptwerk Bohn, Die Propyläen. Dazu D urm
in der Zeitschrift für bildende Kunst XIX (1884),
S. 291 bis 801, 320 bis 325.
°j So schon bei Demosthenes.
5. Die Propyläen.
13
Plural ein, den auch wir, dem
allgemeinen Brauche folgend,
anwenden. Das Wort bezeich-
net die Räume (die Hallen),
die sich vor und hinter der
Wand mit der Thür oder den
Thüren befinden; woraus dann
sofort erhellt, dals von den
drei Teilen, aus denen die Propyläen bestehen,
dem Mittelbau und zwei Seitenflügeln, nur dem
ersteren der Name Propyläen eigentlich zukommt.
<_ >
Fig. 7.
fierten Teilen absehen wolle, liegt zwischen zwei
starken Seiten wänden die Mittelwand, die, von
fünf Thoren durchbrochen, im GrundriTs fast
das Aussehen einer Wand verloren hat. Das
Thor in der Mitte war als das Hauptthor bei
weitem am grölsten, die äulsersten Thore da-
gegen am kleinsten. In Fig. 9, einem Bilde ^)
der Akropolis von Westen aus — rechte liegt
der Parthenon, vor dem Südwestflügel der Pro-
pyläen der Niketempel — sieht man die Wand
mit ihren fünf Durchgängen, die im Altertum
ttf«»»a.t*.
Mo. Srixfa
N.W.FLÜCEl-
WWW
aa AusplroHU-TER P^.^^^i.
• m • i
a 0 . fcatCc.
IZE
Fig. 8. Orandrih der ProfrUen.
Schon in Ägypten und Assyrien war es Sitte
gewesen, vor heiligen Plätzen als Eingangshallen
solche Thorbauten zu errichten, und nicht minder
erblicken wir sie in der vom Ausland stark be-
einflufsten Baukunst ältester griechischer Zeit.
An dem Königspalast von Tiryns sind zwei Thor-
bauten im Grundrifs er-
halten. Sie bestanden, wie
Fig. 7 zeigt, aus einer
Thorwand und je einer
Säulenhalle vorn und hin-
ten. Dieses Grundmotiv
ist auch an dem grols-
artigen Propyläenbau ge-
blieben. Auf dem oben-
stehenden Grundrifs
(Fig. 8), an dem man zu-
nächst von den schraf-
mit grofsen hölzernen Flügelthüren geschlossen
werden konnten. Vor der Mittelwand , in der
die Thore angebracht sind, hegt die Vorderhalle,
hinter ihr die kleinere Hinterhalle. Beide haben
in der Front sechs dorische Säulen, und durch
das über ihnen liegende Gebälk und den Giebel
haben sie, wie es sich
für das Thor des heüigen
Bezirks geziemt — Mi-
nervae delubri propylon
nennt Plinius XXXV,* 101
den Bau — , das Aussehen
von Tempelfassaden er-
halten. Die prächtige
V
'- •■ -'.'■ .
- -.---.■■>■...
■;%:-;^ •:'. .,. _\-:
.■■;S?".
.';•■'■-■
"iif^'^-^?v;- :.,
■^^;» •
- ■■>. •
, .. ■
■- i»' ■'
■HBiPw^A i
r
i
WM
ml
Fig. 9. Die Akrop«Ii( von Westen ans gesehen.
■) Nach einer Photo-
graphie von Oberlehrer P e -
1 i B s i e r in Frankfurt a. M .
14
B. Die Akropolis von Athen in ihrer Blütezeit.
Decke des Innern der Vorderhalle wurde von
sechs Säulen getragen; diese mulsten, wie der
Längsschnitt durch die Propyläen (Fig. 10)') zeigt,
grölser sein als die in der Front, und so ver-
wendete Mnesikles hier im Innern die schlankere
ionische Säule. Der breite Mittelweg steigt allmäh-
lich ohne Stufen zum Burginnern empor, will man
rechts oder links vom Mittelweg hineingehen,
so hat man an zwei Stellen Stufen zu benutzen:
auf drei Stufen steigt man in die Vorhalle, und
fünf weitere Stufen führen zur Schwelle der vier
Nebenthore empor. Da die Hinterhalle höher
lag als die Vorderhalle, so konnten beide nicht
unter dem gleichen Dach liegen, vielmehr mufste
die Hinterhalle mit Dach und Giebel die Vorder-
halle überragen. Die Gröfse des stattlichen Baues
mögen einige MaTse zeigen : die dorischen Säulen
messen etwa 8,50 m, die ionischen 10,30 m, das
Mittelthor ist mehr als 4 m breit, die beiden
nächsten Thore rechts und links nahezu 3 m,
die beiden äufsersten fast 1,5 m, die Säulen-
zwischem^ume betragen teilweise über 6 m.
Von den Seitenbauten ist der Nordwestflügel
auf hohem Unterbau errichtet worden. Dessen
Material ist gewöhnücher Stein aus dem Peiräeus,
während sonst die ganzen Propyläen aus pente-
lischem Marmor erbaut sind. Durch eine Vor-
halle betritt man einen 9 m tiefen und fast lim
breiten Innenraum, die sog. Pinakothek, in der
Gemälde (Tafelbilder) zu sehen waren. Pausanias,
der in der Mitte des 2. Jahrhunderts n. Chr. die
Burg beschrieb, erzählt, dafs zu seiner Zeit manche
durch das Alter gelitten hatten, von den anderen
erwähnt er einen Odysseus, der den Bogen des
Philoktetes aus Lemnos holt, einen Diomedes,
der das Palladion aus Ilion davonträgt, Orestes
und Pylades, die den Ägisthos und seine Ge-
nossen töten, Alkibiades, der im Wagenrennen
einen Preis davongetragen hatte, u. a. m.
Beim Südwestflügel mufs man zwischen dem
ursprünglichen Plan des Mnesikles^) und dem,
was ausgeführt wurde, scheiden. Die schraffierten
Teile des Grundrisses zeigen, dafs der Südwest-
•) In Fig 10 ist der Nordwestflügel mit falschem
Dach dargestellt. Vgl. Fig. 3.
') Diesen erkannt zuhaben, ist Dörpfelds Ver-
dienst ; Athen. Mitt. X (1885), 8. 38 ff. Dafs dieser
Flügel nie fertig geworden war, hatte man schon
längst gesehen.
flügel dem Nordwestflügel in der Gröfse gleich
gehalten werden sollte, freilich nicht als ge-
schlossener Innenraum, sondern als Halle. Die
uralte pelasgische Mauer (Plan 12) hätte dabei
zum Teil verschwinden und dae Terrain ab-
getragen werden müssen. Irgend ein Ereignis,
vielleicht der bevorstehende peloponnesische
Krieg, hat die Ausführung des Baues gestört und
eine provisorische Vollendung bedingt, bei der
es dann geblieben ist. Man baute die neue Süd-
wand, zwischen ihr und der Säule B half ein
schmaler Mittelpfeiler das Gebälk tragen, der
Eckpfeiler A, der eigentlich überflüssig war,
damals aber schon stand, wurde mit in den Bau
einbezogen. So kommt es, dafs der Südwest-
flügel mit seiner eigentümlichen Dachbildung,
aus der Vogelschau gesehen, einen seltsamen Ein-
druck macht; wer freilich von unten emporstieg,
dem blieb die Unvollkommenheit leicht verborgen.
Aber auch dem Burginnern zugewandt, nach
Osten zu, ist der Plan des Mnesikles unaus-
geführt geblieben. Der Grundrifs zeigt, wie zwei
gröfse, nach Osten zu sich öffnende Hallen die
ganze Breite des Felsens bis zur Ringmauer ein-
nehmen und so den Prachtbau abschliefsen soll-
ten. Die Beweise möge man in den Athenischen
Mitteilungen nachlesen. Hier genüge folgendes:
An den Aufsenwänden der Hinterhalle befinden
sich bei D und E zwei Anten, die nur zu dem
Zweck errichtet waren, um das Gebälk der pro-
jektierten Hallen aufzunehmen. Diese beiden
Hallen sollten mit der Hinterhalle das Stück
Mauer von C bis £> und von i^ bis .E gemeinsam
haben. Da aber die Stücke C bis D und F
bis E hinter die Flucht der Hinterhalle zurück-
sprangen, die Trauflinie der Hinterhalle aber
ohne Unterbrechung in gerader Linie sich bis
C und F fortsetzen mufste, so entstand dem
Architekten die Aufgabe, für das Gebälk von D
bis C und £ bis F eine Unterstützung zu schaf-
fen, die die dünnere Mauer der Seitenhallen bis
zur notwendigen Stärke ergänzte und nach den
Dachflächen der projektierten Seitenhallen ab-
geschrägt werden mufste. Für den Teil C bis D
läfst sich das auf dem Hauptbild (Fig. 3) er-
kennen, für den Teil F bis E in der Zeichnung,
die sich in Fig. 3 rechts unten befindet.')
•) Nach Bohn, Taf. 15, 5.
15
E
16
B. Die Akropolis von Athen in ihrer Blütezeit.
3
öT
Auch beachte man die Fortführung der Ost-
wand des Nordwestflügels bei G, die für die be-
absichtigte Nordosthalle Zeugnis ablegt. Endlich
ißt diese Ostwand gleich in der für die Nordost-
halle nötigen Höhe und Gestalt errichtet worden
(Fig. 3).
Zum Schluls geben wir in Fig. 11 die Pro-
pyläen des Mnesikles nach seinem ursprünglichen
Plane nach dem AufriXs von Dörpfeld, von
Westen aus gesehen.
6. Athena Promachos.
Zwischen den Propyläen und dem Erech-
theion erhob sich ein Erzbild der Athena in
voller Rüstung, in der Linken den Schild, in
der Rechten die hochragende Lanze. Mit der
Baais war das Werk etwa 9 m hochi), so dafs
die Spitze des Helmes und die Lanze weithin
leuchteten und, wie Pausanias berichtet, dem
sichtbar waren, der, von Sunion aus an der West-
küste des attischen Landes hin-
fahrend, sich dem Hafen Pei-
riieus näherte. Eine späte Nach-
richt benennt das Werk die
Athena Promachos, und unter
diesem Namen ist es am meisten
bekannt. Athenische Münzen
sind mehrfach mit dem Bilde
geschmückt (Fig. 12), auch statuarische Nach-
bildungen sind auf uns gekommen.^)
Aus der bei Marathon den Persern abgerun-
genen Beute war das Bild errichtet worden, als
dessen Urheber allgemein Pheidias gilt.') Die
Reliefs auf dem Schilde, einen Kentaurenkampf
darstellend, hatte Mys nach dem Entwurf des
Parrhasios gefertigt.
7. Die Treppe.
Gehen wir vom Standbild der Athena nach
Norden zur Randmauer, so sind hier noch heute
von einer Treppe 8 Stufen erhalten; zwischen
Fig. 12.
') Die Statue etwa 7,50 m, die Basis etwa 1,50 m.
Darnach wäre in Fig. 3 die Basis zu hoch.
*) Furtwängler, Meisterwerke, S. 46 ff., 1341
') Paus. I. 28, 2. Eine andere Nachricht (0 v e r •
beck S. Q. 640) nennt als Künstler den Praxiteles. Da-
ran knü]jtt Furtwängler, Meisterwerke S. 52ff. an.
8 Das t<;reclitheioü.
17
zwei starken Mauem, der Randmauer, die hier
von Süden nach Norden läuft, und einem ihr
parallel erbauten Mauerstück führte sie hinab
und verband die Burg seit alter Zeit mit der
Unterstadt. Dies wird der Aufgang sein, auf
dem die Perser im Jahre 480 zur Burg hinauf-
kamen.
Die Treppe nahm ihren Anfang in einem
Heiligtum der Kekropstochter Aglauros *), dessen
Stelle am Nordabhang der Burg bisher nicht
genau nachgewiesen worden ist.
8. Das Erechthelon.
Geht man etwa 40 m von der Treppe weiter
nach Osten, so gelangt man zum Erechtheion.
Mit diesem Bau waren uralte Kultmale verknüpft,
uralte Mythen hingen mit Uim zusammen. Hier
hatte einst Athena mit Poseidon um den Besitz
des Landes gekämpft, und
beide hatten ihre Besitz
ergreifung durch Wahr-
zeichen, die liier zu sehen
waren, bekundet: Poseidon
hatte durch einen Dreizack-
stols, dessen Spur im Fel-
sen sichtbar blieb, Meer-
wasser entlockt , Athena
aber durch die Schenkung
attische
Fig. 13.
des Ölbaums ans
Land den Sieg emingen. Seit-
dem schirmte sie die Stadt als
l4&rivü lloXiüg. Auf der hier
abgebildeten Münze hat die
Göttin den Ölbaum empor-
spriefsen lassen, in dessen
Zweigen ihre Eule sitzt, und
um dessen Stamm ihre heilige
Schlange sich emporringelt ;
Poseidon schafft durch den
Stofs mit dem Dreizack die
Meerlache, die durch einen
Delphin angedeutet wird.
Panilroseiou
') Zu der Nebenform Agrau-
los »gl. Usener, Göttemamen,
8. 136 und 137. Aglauros ist nach
ihrem Namen eine Göttin heitrer
Luft und hellen Himmels.
Luokenbacb, Die Alcropolis von Athen.
Den Poseidon sehen wir schon früh') mit
Erechtheus verbunden zu Poseidon-Erechtheus ;
auf dem Altar des Erechtheus wird auch ihm
geopfert.^) Erechtheus war nach alter Sage der
zweite König Attikas, ein Landesheros, von der
Erde geboren imd von Athena auf erzogen . Vor ihm
hatte der gleichfalls mythische König Kekrops
geherrscht, derselbe, nach dem die Burg den
Namen Kekropia in alter Zeit getragen hatte,
und unter dessen Herrschaft Athena mit Poseidon
gestritten haben sollte. Er wie seine Tochter
Pandrosos genossen hier Verehrung. Desgleichen
der Heros Butes, in dem das Geschlecht der
Eteobutaden seinen Ahnherrn sah, und Hephäetos,
der ja nach attischer Sage eng mit Athena ver-
bunden war, ja mit ihr gemein.sames Besitzrecht
auf Attika hatte. ^)
Sehen wir nun das Heiligtum, an dem so
viele Götter und Heroen Anteil hatten, selbst
an, so ist zu seinem Verständnis vor allem zu
beachten, dafs das Terrain im Westen und Norden
etwa 3 m tiefer lag, als im Osten und Süden,
und dafs dadurch eine unregelmäfsige Anlage
bedingt wurde. Der Grundrils (Fig. 14) lehrt, dafs
') Schon im 5. Jahrh. CI.\. I, 387.
') Pausanias I, 26, 5 dreht die Sache um.
Vgl. Usener, Götternamen, S. 140.
») Plato, Kritias, 109 C.
Treppe
unten
# # # #
oben
Nordhalle
m •
1
Dreizack- ,"tr',
Mal L..^
__ ^^^^^^_||^
pH^HiHi9~
m
Jp
Unter 1
1
H
Boden ■ Hans
Uüns 1
m
<'"■'■ \1
Bronnen ^gj
Athena
ti^^ n
™" _ Erechtheus
Salz- ■
Polla« m
m
(Hbaum IJ
Wasser 1
H
3
Jj
1
^^J
m
P
Lm^H
1 ^■hmI
M
h
Koren-
halle
1
TT. '-
L
«
b 40 «M
■ H 1«
1
II
+— 1 i 1
Fig. 14. Grandrlfs des Erechtheion.
18
B. Die Akropolis von Athen in ihrer Blütezeit
wir es mit einem ionischen Tempel zu thun
haben, dem im Norden und Süden Hallen vor-
gelegt sind. Der Tempel selbst zerfällt in zwei
durch eine Quermauer geschiedene Teile. Der
östliche mit einer Vorhalle von 6 ionischen
FiK 15 ArchiistUch« Atkess in Dresdea.
Säulen in der Front ist das Haus der Athena
Polias. Dort stand ihr Kultbild, aus Olivenhobs
geschnitzt, mit einem Gewand {nfnXog) bekleidet,
das von attischen Mädchen gewöben und mit
Stickereien, den Kampf der Götter mit den
Giganten darstellend, versehen war. Wie etwa
das Gewand der Göttin aussah und um ihre
GUeder gelegt war, kann uns eine archaistische
Athenastatue aus Dresden (Fig. 15) lehren; die
Vennutung, dafs diese Statue, an der die Sticke-
reien durch Reliefs ersetzt sind, eine Nachahmung
der Athena Polias ist, hat vieles für sich. Alle
vier Jahre mulste das alte Gewand einem neuen
Platz machen. Am Fest der Panathenäen wurde
es zur Burg hinaufgetragen und der Göttin dar-
gebracht.') Das Haus der Göttin, sowie ihr
hölzernes Bild wurde jährlich am Fest der
Plynterien gereinigt. Das Bild wurde verhüllt
zur phalerischen Bucht gebracht und dort ge-
heimnisvoll gewaschen. Solange es von Athen
fern war, herrschte dort Trauer, und erst nach
der Waschung und Sühnung des heiligen Bildes
nahm das Trauerfest der Plynterien ein Ende.
Vom Haus der Pohas durch die Mauer ge-
trennt, lag unter demselben Dache, aber 3 m
tiefer das Haus des Erechtheus, das Erechtheion,
ein Name, der, obwohl genau genommen nur für
einen Teil des Gebäudes gültig, doch gewöhnlich
auf das ganze Gebäude übertragen wird. Ein
schmaler Raum im Westen bildet das Ende des
Tempels; dieser Raum ist heute unterhöhlt, die
Türken hatten hier eine Cisterne, und aus tech-
nischen Merkmalen des Baues geht hervor, dafs
hier immer ein Hohlraum war. So hegt die
Vermutung nahe, dafs hier, durch ein Loch im
Fufsboden sichtbar, der Salzwasserbrunnen lag,
von dem Pausanias erzählt, bei Südwind hätte
man das Rauschen der Wogen vernehmen können.
ITgoaro^iaTot'^) nannten die Athener das Brunnen-
gemach. Andererseits hat Furtwängler^) nahe
') Über das Gewand besonders Piaton Euth.
6 B und ('.
') Furtwftngler, Meisterwerke, S. 196, leitet das
Wort von ngooTÖftior, die Mündung, ab und versteht
darunter den Raum mit der Brunnenmündung.
') Meisterwerke, S. 196 f. Die weitere Einteilung
und Anordnung dieses Gelehrten gründet sich auf
die Annahme, dafs das frühere Erechtheion kein
i besonderer Bau, sondern ein Teil des Hekatompedon
19
20
B. Die Akropolis von Athen in ihrer Blütezeit.^
gelegt, dafs in diesem Räume nach Süden zu
das Kekropion lag, und es will mir scheinen,
als ob beide Annahmen sich recht wohl mit-
einander vertrügen.
Wie oben erwähnt, lag das Terrain im Süden
des Baues etwa 3 m höher als im Westen. Um
jedoch auch von Süden her einen Eintritt ins
Erechtheion zu ermöglichen, wurde eine Treppe,
die leider im Grundrils nicht ein-
gezeichnet ist, angelegt, und als
Treppenhaus die herrliche Koren-
halle') aufgeführt. Sechs Mädchen
{xngut) tragen das Gebälk und die
Decke der Eingangshalle. In Fig. 16
scheidet man leicht die echten
Teile von den ergänzten. Zu be-
achten ist, dafs über dem drei-
geteilten Epistyl der Fries fehlt
und der Zahnschnitt folgt, wie dies
bei einigen kleineren Monumenten
ionischen Stils ^) vorkommt.
Wie hier im Süden, so ist auch
im Norden eine Halle vorgelegt.
Hier stand der Altar des Zeus
Hypatos, hier sah man durch eine
Lücke, die im Plattenbelag des
Fufsbodens gelassen war, auf das
Dreizackdenkmal hinab. Wer die-
sem Raum von Osten nahen wollte,
mulste auf der grofsen Freitreppe
hinuntergehen. Eine prächtige
Thür'), von deren Schönheit frei-
lich die Abbildung Fig. 17, der
die Plastik mangelt, keinen rechten
Begriff geben kann, führte von der
gewesen sei. Wer dagegen an die Exi-
.stenz eines besonderen Erechtheion
in alter Zeit neben dem Hekatompe-
don glaubt, wird auch Furtwäng-
1er 8 Folgerungen nicht annehmen
können.
') Nicht gut Karyatidenhalle ge-
nannt.
*) So auch beim Athenatempel
von Priene.
') Die Rosetten am Rahmen er-
innern an assyrische Werke, sowie an
eine mykenische Thür. Durm, Bau-
kunst der Griechen, S. 240.
Halle in das Brunnengemach. Die Weetwand die-
ses Brunnengemaches und damit auch des ganzen
Erechtheion ist durch Halbsäulen gegliedert.
Durch drei Fenster erhalten die Innenräume ihr
Licht.') Nahe der Westwand stand das Wahr-
') Diese Fenster gehören nicht zu den ursprüng-
lichen Bestandteilen des Baues, wie Borrmann in
den Athen. Mitt. VI (1881) bewiesen hat.
Fig. 17. Er«ehthei«ithBr.
8. Das Erechtheion.
21
zeichen der Athena, der
heilige Ölbaum. Bei der
Zerstörung der Burg durch
die Perser hatte die Flam-
me auch ihn verzehrt,
aber zwei Tage später war
er nach frommer Sage
um eine Elle wieder in
die Höhe geschossen, zum
Zeichen, daTs auch fürder-
hin Athena ihrer geüebten
Stadt den nötigen Schutz
nicht versagen werde.
Der Baum bedurfte des
Schutzes der Kekrops-
tochter Pandrosos , der
Göttin des Wachstum
bringenden FrühUngs-
regens i) ; ihr war der
Platz, in dem der Baum
wuchs, geweiht, das sog.
Pandroseion.
Wie Fig. 3 das Erech-
theion von Westen aus
zeigt, so Fig. 18 von
Osten: in der Mitte ist
der eigentliche Tempel,
dessen Front sechs herr-
liche ionische Säulen
schmücken; über dem
Epistyl sieht man eine
Reihe von Pünktchen,
mit denen die Bronce-
stifte bezeichnet werden,
die einst die Friesreliefs
festhielten. Von diesen
sind noch manche er-
halten geblieben , aller-
dings nicht mehr an ihrer
ursprüngUchen Stelle.
Links steht die Koren-
halle, an der freilich der
Eingang nicht angegeben
ist, und rechts sehen wir
zwei ionische Säulen und
eine Ante von der Ost-
■) Vgl. u. a. Usener,
Götternamen, S. 137.
22
[l^•*,':,^r
Ö. Die Chalkotheke. — 10. Der Parthenon.
23
Seite der Nordhalle ; auch die unteren Teile,
die nur der sieht, der an der Treppe steht
oder schon hinuntergegangen ist , sind an-
gedeutet.
Den heutigen Zustand der Ruine gibt uns
Fig. 19 wieder, eine südöstliche Ansicht, die
nach dem Gesagten wohl in allen Teilen ver-
ständlich ist.
9. Die Chalkotheke.')
Wenden vnr uns, von den Propyläen aus
fortschreitend, ehe wir zum Parthenon kommen,
der Südmauer zu, so gelangen wir zu einem
etwa 15 m tiefen und 41 m langen Gebäude, vor
dessen nördlicher Langseite eine Vorhalle liegt.
Es ist dies die Chalkothek, ein Zeughaus, in dem
Waffen Vorräte und Schiffsgerät aufbewahrt wurden.
Sie stand unter der Verwaltung derselben Beamten,
deren Obhut auch die Schätze des Parthenon
anvertraut waren. Leider ist von dem Oberbau
nichts gefunden, wenigstens konnte ihm von den
auf der Burg ans Tageslicht gekommenen Bau-
gliedern nichts mit Sicherheit zugeschrieben
werden, so dafs die Ergänzung, bei der das
Arsenal im Peiräeus^) benutzt ist, nur auf Wahr-
scheinlichkeit Anspruch erheben kann.
') Athen Mitt. XIV (1889), S. 304 ff.
^) Athen. Mitt VIU (1883), Taf. 8.
10. Der Parthenon.')
Der grolsartigste und gewaltigste Bau auf
der Akropolis ist der Parthenon. Als seinen
eigentlichen Schöpfer haben wir den Perikles zu
betrachten, der durch ihn und die Propyläen
sich unvergänglichen Ruhm erworben hat. Bau-
meister des Tempels war Iktinos, dem als Bau-
führer Kaliikrates zur Seite stand. Mit dem
plastischen Schmuck, dem Fries, den Metopen
und der Ausschmückung der Giebelfelder ist der
Name des Pheidias verknüpft, wobei freilich un-
gewifs ist, wie weit auf ihn die Entwürfe zurück-
gehen, und ob er selbst die Ausführung über-
nommen hat.
Der Tempel ist, wie der Grundrifs (Fig. 20)
zeigt, ein Peripteros mit je 8 dorischen Säulen
an den Schmalseiten und je 17 an den Ijangseiten
Das eigentliche Tempelhaus hat an beiden Seiten
eine Halle mit je 6 dorischen Säulen in der Front.
Die Vorhalle im Osten hiefs Pronaos {TiQÖvKüg),
für die Hinterhalle im VV^esten können wir ohne
Bedenken den Namen Opisthodomos ^ anwenden.
') Hauptwerk; Michaelis, Der Parthenon.
') Die Opiathodomfrage, d. h. die Frage, welcher
Raum mit der Bezeichnung Ojiisthodoiii den Athenern
als Schatzkammer diente, lasse ich bei Seite, da es
mir ebensowenig wie anderen gelungen ist, sie völlig
zu lösen. Die einen wollen diese Schatzkammer
mit dem Xamen Opisthodom in der von uns so
u it M ' I I • I T I •' I I T I I 1 I '• I Vi I y I ? I I T""
Flg. 20. OraadriCs des Parthenon.
24
B. Die Akropolia von Athen in ihrer Blütezeit.
Aus dem Pronaos schritt man durch eine grolee
Flügelthür, die sich nach innen öffnete, in einen
bezeichneten Hinterhalle (oder westlichen Halle) dea
Tempels erkennen, andere betrachten den Namen
Opisthodom als gleichwertig mit dem Namen Par-
thenon (im engeren Sinne), unter dem der an die
Hinterhalle sich östlich anschliefsende Kaum zu
verstehen ist. Dörpfeld findet ihn in dem alten
Hekatompedon, das seiner Meinung nach bis weit
nach Christi Geburt bestanden haben soll. Milch-
höfer endlich (l'hilologus LIH, 1894, S. 352 ff.)
greift zu der (wie mir scheint, wenig glücklichen)
Auskunft, in dem Upisthodom einen besonderen Bau
zu erkennen
Flg 21 Athens Parthenoa nach Pheidias.
grofeen Raum mit dem Namen Hekatompedos.
Dieser 'Exaröfintdog vtaig, der 100 Fufs lange
Tempeh-aum, war der Athena geweiht. Zwei
Reihen Säulen teilten ihn in drei Schiffe, in ein
breites, im Westen durch drei Säulen begrenztes
Mittelschiff und zwei schmalere Seitenschiffe, die
auch hinter dem Mittelschiff sich fortsetzten und
sich hier vereinigten. Im Mittelschiff stand das
Bild der jungfräulichen Athena, der 'Ad-rivä IIuq-
ä^tyog. Durch eine starke Mauer getrennt, lag
nach Westen zu ein zweiter Raum, den wir als
Schatzkammer benutzt finden, üuQd^ivmv genannt.
Wie die inneren Räume eines Hauses, in denen
Frauen sich aufhalten, die Benennung yvfuixiöt'
(= yvt'atxo»'hii) führen, ein entsprechender Raum
für Männer ufd^iof genannt werden kann, so er-
hält dieser Raum als Gemach einer Jungfrau
{I [ugd-tt'og) den Namen Parthenon. Diese Be-
zeichnung aber wurde im Volksmunde bald für
den ganzen Bau gebräuchlich.
Ziemlich grofse Übereinstimmung zeigt der
Grundrifs des Parthenon mit dem des alten
Athenatempels , der südlich vom Erechtheion
gelegen hatte (Plan 34). Auch hier lag zwischen
Vor- und Hinterhalle ein Doppelheiligtum , ein
dreischif figes östliches und ein anderes im Westen ;
nur dafs dieses letztere in drei durch Mauern ge-
trennte Gemächer zerfällt, während der ent-
sprechende Raum im neuen Bau (der Parthenon
im engeren Sinne) einheitlich blieb und nur durch
zwei Säulenreihen in drei Schiffe zerlegt wurde.
Mit grofser Sicherheit läfst sich sagen, dafs auch
im alten Tempel der östüche Raum das Bild der
Athena umschlofs, über die Bedeutung der west-
lichen Räume aber müssen wir uns nichts zu
wissen bescheiden.
Der alte Tempel war (allerdings ohne die
Säulenhalle) 100 Fufs lang und tmg deshalb den
Namen Hekatompedon (ro '^ExuTÖfxntSov). Als
Periklcs dann zum Neubau schritt, nalim er
dieses Mafs für den östlichen Raum, so daXs der
Name des alten Tempels auch für den neuen
Raum pafste.
Einen besonderen Schmuck erhielt der He-
katompedos durch das etwa 12 m hohe von
Pheidias gearbeitete Bild der Athena. Innen war
es ein künstlich verbundener Holzkern, der schon
sorgfältig ausgearbeitet war und dann noch mit
Goldblech und Elfenbeinplatten bedeckt wurde.
10. Der Parthenon.
25-
Die nackten Teile der Göttin waren aus
Elfenbein hergestellt, alles andere aus
Gold. Mehrere Kopien sind uns erhalten,
aber keine ist genau; diejenige, die uns
am vollständigsten den Gesamteindruck
vermittelt und hier abgebildet wird
(Fig. 21), ist leider die geringe Arbeit
eines Handwerkers; feine Einzelheiten,
besonders den Gesichtsausdruck des Ori
ginals vermag sie uns nicht zu übermitteln.
Die Statue stand aufrecht, mit dem Chiton
bekleidet, die Brust mit der Ägis umgürtet.
Der Kopf war mit einem reichverzierten Helm
bedeckt, die Locken fielen vorn und hinten
über die Schultern herab. Mit der Linken
hielt die Göttin den Schild, an dessen innere
Höhlung, ein Versteck suchend, die Schlange der
Athena sich anschmiegt. Ein Speer an dieser
Seite, durch den die Rüstung vervollständigt
wurde, fehlt in der Kopie. Auf der Rechten
trug die Göttin die Nike. Wenn man bedenkt,
daJs die Nike etwa lebensgrofs war, so begreift
man leicht, dafs die Hand, auf der sie stand,
der Stütze nicht entbehren konnte. Die Form
der Säule ist in der Kopie schwerlich getreu
nachgebildet, möglich dafs sie einst durch Be-
malung dem Original ähnlich gestaltet war. Die
Figur erscheint steif, fast möchte man sagen
eckig. Die gerade, senkrechte Linie überwiegt
durchaus: der Kopf ist gerade nach vorn ge-
richtet; mitten auf der Brust ist die Ägis in
zwei gleiche Teile geteilt, fast gleichmäJsig gehen
die Arme von den Schultern herab, und der
Eindruck des Nüchternen wird durch die tiefen,
senkrechten Linien der Gewandung erhöht. Kein
Zweifel, dafs Pheidias durch die Strenge der
Darstellung nicht blofs die götthche Erhaben-
heit zum Ausdruck zu bringen suchte, sondern
dafs er seine Göttin so schuf im HinbHck auf
die Architektur, deren beherrschender Mittelpunkt
das Bild wurde. So versteht man auch die Säule
unter der Hand, an der manche mit Unrecht
Austofs genommen haben. Ein Urteil über die
Wirkung des Bildes steht uns nach der Kopie
nur in beschränktem Mafse zu; abgesehen von
ihrer Ungenauigkeit, die jede künstlerische Wir-
kung unmögUch macht, müfsten wir d.as Bild
in dem Raum, in dem es stand, und in dem
Material, aus dem es gefertigt war, betrachten
Luckenbach, Die Akropolls yon Athen.
^^
^M
können. Denn dafs der Kopf mit seinem
ernsten Gesichtsausdruck sehr wirkungs-
voll war, zeigt uns die beste Kopie, die
in einer Wiener Gemme des Stein-
schneiders Aspasios erhalten ist (Fig. 22),
und dafs die fast an das Archaische
streifende Strenge im Aufbau nicht im
Stil des Pheidias lag, dafür haben wir
jetzt einen deutlichen Beweis, seitdem es
gelungen ist, die Lemnische Athena des
gleichen Meisters in mehreren Kopien nach-
zuweisen.i) Wohl hat das Gewand, wie die Ab-
bildung der Statue in Fig. 23 zeigt, noch die
') Vgl. Furtwängler, Meisterwerke S. 3 ff. Wir
geben die Statue nach der Ergänzung im Kölner Mu-
seum. Ergänzt sind vor allem beide Unterarme. Die
Fi^' 23. Athena LcnRit ■«eh Phtidias.
26
B. Die AkropoliB von Athen in ihrer Blütezeit.
Steilfalten, aber leichter und zwangloser fällt es
auf die Fülse herab; wie anders als in der
Parthenos legt sich die Ägis um die Brust der
Göttin I Das Gorgoneion ist auf die Seite gerückt
und damit die architektonische Symmetrie der
Parthenos aufgegeben. Der rechte Arm hängt
herab, die Hand trägt den Helm; in der er-
hobenen Unken Hand hält sie den Speer. Der
Kopf ist stark seitwärts geneigt, das Antlitz gibt
uns zum ersten Mal einen Begriff von dem, was
die Kunst des Pheidias in der Gesichtsbildung
zu leisten vermochte. Schon im Altertum war
die Lemnierin des Pheidias berühmt wegen ihrer
ausnehmenden Schönheit, I^ukian wie andere
preisen sie ohne Rückhalt. Gestiftet war das
Bild von den attischen Kleruchen, die um die
Mitte des fünften Jalirhunderts ihre Heimat ver-
liefsen, um in Lemnos eine neue Heimat zu finden.
Sie weihten es der Burgherrin, um sich auch
in der Ferne ihres wirksamen Schutzes zu ver-
sichern. Nahe den Propyläen, auf dem Weg zur
Promachos scheint ihr Standort gewesen zu sein.
Von dem bildnerischen Schmuck, der sich
unmittelbar am Tempel befand, war noch nicht
die Rede. Er war dreifacher Art. Über dem
Epistyl des äulseren Säulenumganges waren
Metopen auf allen vier Seiten des Tempels an-
gebracht, an den beiden Schmalseiten waren die
Giebelfelder mit grolsen Freifiguren geschmückt,
und endlich zog sich über den Säulen der Vor-
halle und Hinterhalle ein langes Friesband hin,
das an den Langseiten über die äufsere Mauer
des Tempels hinlief.
In diesem Fries war die grofse Prozession
dargestellt, die an den Panathenäen, dem gröfsten
Fest der Athener, stattfand. Am Geburtstag
der Athena Polias wurde ihr das neue Festkleid,
der Peplos, von dem oben (S. 18) schon die Rede
war, überbracht. An dem Festzug, bei dem Athen
seinen ganzen (Jlanz entfaltete, beteiligte sich
namentlich die junge Mannschaft zu Fufs und
zu Rofs. Diesen Zug nahm der Bildhauer sich
zum Vorwurf; während an der Osteeite sein
Bedenken, die gegen die Zusammengehörigkeit des
Kopfes zur Statue geltend gemacht sind (am besten
formuliert von Reisch, Zeitschrift f. bild. Kunst VII,
S. 153), kenne ich wohl ; aber ich halte mich an die
Worte von Furtwängler, dafs Kopf und Torso Bruch
auf Bruch genau aufeinanderpasseu (Meisterwerke, 8.5).
Ende und die Ankunft am Tempel dargestellt
ist, nahen die Hauptgruppen von recht« und links,
d. h. auf der Nord- wie Südseite heran. Den
Anfang des so vom Bildhauer aus künstlerischen
Rücksichten doppelt dargestellten Zuges finden
wir in der Südwestecke des Tempels, in der
Weise, dafs die West- und Nordseite zusammen-
gehören, während die Südseite den anderen Teil
des Zuges darstellt.
Im Westen') sind die Vorbereitungen
der Reiter dargestellt. Der eine wirft seinen
Mantel um, ein anderer zieht seinen Schuh an,
ein dritter legt seinem Pferde die Zügel um, dem
will ein Pferd nicht parieren, ein anderes kratzt
sich gemütlich am Bein. Andere aber (Fig. 24)
sind bereits aufgesessen und galoppieren fort,
um den Zug noch zu erreichen, der sich an der
Nordseite reich und glänzend entwickelt. Hier
finden wir zunächst ruhigere Gruppen von
Pferden, aber die Lebendigkeit nimmt bald zu;
mit Kraft lenken die Reiter ihre Tiere, die in
dichtgedrängten Reihen vorwärts eilen. Vor
den Reitern finden wir die Gruppe der Wagen,
die von Wagenlenkern geleitet werden; davor
den Zug derer, die zu Fufs mitgehen, zunächst
eine Anzahl von älteren Männern, den Thallo-
phoren, mit Ölzweigen in der Hand. Weiter
folgt die Musik, die den Zug begleitet, 4 Kithar-
und 4 Flötenspieler. An sie schliefsen sich
Jünglinge mit weingefüllten Krügen und mit
Schüsseln, auf denen sie Opferkuchen tragen,
und diesen voran schreiten die Opfertiere,
Schafe und Kühe mit ihren Führern. Damit
sind wir an die Ecke der Nordreihe angelangt
und biegen zur Ostseite um. Ehe wir diese be-
trachten, bemerken wir, dafs die Anordnung auf
der Südseite der auf der Nordseite entspricht:
Reiter, Wagen, Männer, Musiker und Opfertiere
gehen auch hier hintereinander, und wir biegen
also auch hier zur Ostseite um. Die Symmetrie,
mit der der Fries im Süden der nördhchen Dar-
stellung entsprach, ist für die Ostseite beibe-
halten, in der Weise, dafs ähnlich gestaltete
Gruppen eine Mittelgruppe umrahmen. Zunächst
finden wir, von beiden Ecken ausgehend, eine
Anzahl Frauen und Mädchen mit Opfergerät,
denen also die noch auf den Langseiten dar-
gestellten Opfertiere folgend gedacht sind. Die
'; Das Folgende nach Fri ederichs-Woltera.
^-'. -,-•>?
Fig. 24. Beiter aus den Westfriese des Parthenon.
einen tragen Kannen, andere Schalen oder Weih-
rauchbecken. Weiter finden wir eine Anzahl
stehender Männer (Fig. 25 d), sie sind offenbar
nur Zuschauer, Vertreter des Publikums, in ge-
mütlicher Unterhaltung miteinander begriffen.
Der Bildhauer woUte den Festzug von den Göttern
trennen, und zu diesem Zwecke schob er die
plaudernden Männer ein. Die Götter, es sind
auf jeder Seite sieben, sind vom Olympos herab-
gestiegen, um das Fest der Göttin mitzumachen
und mit ihr an dem grolsen Festschmaus teilzu-
nehmen. Zwischen den Göttern befindet sich
die Mittelgruppe, aus fünf Personen bestehend
(Fig. 25 b). Ein Priester ordnet mit HUfe eines
Dieners das Gewand, das der Athena verehrt
werden soll. Zwei Mädchen haben Stühle her-
beigebracht, eine Priesterin nimmt sie ihnen ab.
Über diese Stühle wird nach antikem Brauch
der Peplos ausgebreitet, bis er der Holzstatue
im Erechtheion umgehängt wird. ^)
') Vgl. Michaelis in der Festschrift für Joh.
Overbeck, Leipzig 1893, S. 178—183. M. weist
Die Götter rechts von der Mittelgruppe
(Fig. 25 c) sind : Athena ohne Helm und Panzer,
denn zum Feste bedarf sie dieser Waffen nicht,
dagegen war sie durch die Lanze, die aus Bronze
gefertigt und an ihren rechten Ann gelehnt war,
heute aber nicht mehr erhalten ist, als Athena
kenntlich. Ihr zugewendet sitzt der Gott, der
nach attischer Sage ihr am nächsten stand (vgl.
S. 17), Hephästos, der sich auf den Stock stützt
und seinem Wesen gemäfs als Gott der Hand-
werker ganz so bürgerlich aussieht, wie die
Athener zur Rechten und Linken der Götterver-
sammlung. Es folgt Poseidon, der seinen Nach-
bar Apollon auf den nahenden Zug mit er-
hobenem Finger aufmerksam macht. Neben
Apollon auf der anderen Seite sitzt seine
Schwester Artemis, und Aphrodite, der der kleine
Eros mit dem Sonnenschirm seiner Mutter zu-
auf den homerischen Vers hin: x^^'^f y"*»' »"iH^^vto
xara xha/iois te d'föfove Tt. Die Deutung der Stühle,
die Furtwängler (Meisterwerke, S. 186 fi.) bietet,
kann mich nicht befriedigen.
•c
a
•c
£
s
bt
C
29
p.
<! 6
CO
E E
30
B. Die Akropolis von Athen in ihrer Blütezeit.
gesellt ist, beschliefst hier die Reihe, mit dem
Finger hinweisend auf den nahenden Zug. Auf
der anderen Seite der Mittelgruppe (Fig. 25 a)
finden wir auf reichem Throne den Zeus, neben
ihm seine Gattin mit ausgebreitetem Schleier,
von ihrer Tochter Iris begleitet. Ares, Demeter,
Dionj'sos und Hermes sehen gespannt dem Fest-
zug entgegen.
Wie dieser Fries das höchste Fest der Göttin,
der es geweiht war, darstellte, so verherrlichten
auch die leider sehr zerstörten Giebelgruppen
die attische Landesgöttin. Im östlichen Giebel-
felde war die Geburt der Göttin dargestellt:
Athena, eben geboren, erseheint vollgerüstet im
Kreis der Götter. Zeus, würdevoll auf seinem
Throne sitzend, blickt stolz auf seine Tochter,
zu der von der anderen Seite her Nike eilt, um
sie zu bekränzen, indes die übrigen Götter das
Ereignis bestaunen. Sonne und Mond umgeben
den Vorgang, hier taucht Helios, vom feurigen
Viergespann gezogen, aus den Wellen empor,
dort reitet Selene hinab. Im anderen Giebel
war Athenas Kampf mit Poseidon dargestellt
(vgl. S. 18). In der Mitte des Giebels treffen die
beiden Götter zusammen, Poseidon hat mit
einem Stofs des Dreizacks das Meerwasser her-
vorgerufen, Athena aber, mit der Linken den
Schaft des eben erschaffenen Ölbaumes um-
fassend, tritt ihm entgegen und zwingt ihn zum
Rückzug.
Keine besondere Beziehung zur Göttin hatten
die 92 Metopen : zumeist stellten sie sagenhafte
Kämpfe dar, im Osten den Kampf mit den
Giganten, im Westen den mit den Amazonen,
im Süden und Norden sah man Kentauren-
kämpfe, denen im Norden die Eroberung Trojas
zugesellt war.
11. Der Romatempel. ')
Östlich vom Parthenon stand ein kleiner
Rundtempel, von der Stadt Athen der Göttin
Roma und dem Kaiser Augustus erbaut. Sein
Durchmesser betrug etwas mehr als 7 m ; auf
9 ionischen Säulen, die denen des Erechtheion
nachgebildet waren, ruhte das Gebälk. Auf dem
Epistyl war die Weihinschrift eingegraben.
') Antike Denkmäler 1, Taf. 25 und 26.
12. Das Weihgeschenk des Attalos.
In der Südostecke der Akropolis stand das
von König Attalos von Pergamon gestiftete Werk.
Mindestens 50 Figuren mögen es gewesen sein,
in denen die Siege der Griechen oder ihrer
Götter über Giganten, Amazonen, Perser und
Galater verherrlicht waren. Es hatte nämlich
König Attalos im Jahre 240 die kleinasiatischen
Gallier — Galater hiefsen sie bei den Griechen — ,
die lange Zeit eine schwere Plage für die um-
wohnenden Reiche gewesen waren, besiegt, und
so grofs schien die Waffenthat, dafs wii- die
pergamenischen Bildhauer mit Arbeiten, die diesen
Sieg verherrlichten, überhäuft sehen. In Per-
gamon selbst waren mancherlei Werke zu schauen,
für Athen hefs der König Attalos die besprochenen
Gruppen arbeiten. Viele der Statuen, die einst
die Akropolis zierten, sind noch heute erhalten
und in einer Reihe von Museen zerstreut. Die
bisher aufgefundenen Figuren der vier Gruppen
gehören alle der besiegten Partei an.
13. Das grofse Theater.
Am Abhang der Südseite gegen Osten hin
liegt das Theater des Dionysos (Plan 42). Seit
alter Zeit hatte dieser Gott hier seinen heiligen
Bezirk. Es sind Grundmauern von zwei kleinen
Heiligtümern aufgefunden worden (Plan 44),
einem früheren, das aus der Zeit vor Peisistratos
stammen mag, mit einem hölzernen Kultbild
des Gottes, und einem späteren, das etwas gröfser
war und eine Goldelfenbeinstatue von Alkame-
nes' Hand barg. An die Feste des Dionysos
schliefst sich die Entwicklung des Theaters an.
Der wichtigste Bestandteil scheint von Anfang
an ein kreisrunder Platz gewesen zu sein, ein
Platz geeignet zum Tanzen und darum oQ/j^aigu
genannt. In seiner Mitte befand sich der Altar
des Gottes, die d^vfieX?], um die sich die Choreu-
ten bewegten. Auf einer Seite der Orchestra
mag das Zelt {axrjfTj) der Choreuten oder der
Schauspieler gewesen sein , an den anderen
Seiten standen oder saisen die Zuschauer. Es
hat sich nun nördlich von dem kleinen Tempel
unter dem späteren Bühnengebäude eine alte,
kreisrunde Orchestra gefunden, auf dem Plan
durch die Zahl 43 bezeichnet (auch in Fig. 3
angedeutet). Mit der Zeit begnügte man sich
mit den primitiven Einrichtungen nicht mehr,
14. Die choregischen Denkmäler. — 15. Das Odeion des Herodes Attikos.
31
es wurde ein künstlicher Zuschauerraum ge-
schafEen, zunächst aus hölzernen Gerüsten, dann
aus Stein, und an die Stelle des Zeltes trat ein
festes Bühnengebäude. Dabei haben wir zwei
Perioden zu scheiden , eine frühere griechische,
in der als Platz des Schauspieles die Orchestra
benutzt wurde, und eine spätere römische, in
der die Schauspieler auf einer hinter der Orchestra
gelegenen, schmalen, erhöhten Bühne Q^oytToy)
spielten. Nun ist zu beachten , dals es zur Zeit
der grolsen Tragödiendichter Äschylos, Sopho-
kles und Euripides feste Theater noch nicht
gab, und dafs das Theater, dessen Reste uns
heute vorliegen, in seinen ältesten Bestandteilen
der zweiten Hälfte des 4. Jahrh. angehört. Seit
338 hatte der Redner und Staatsmann Lykurgos
die Verwaltung der Finanzen in Athen über-
nommen, und in diese Zeit fällt der Bau des
Dionysostheaters. Ein Umbau des Bühnen-
gebäudes fand zur Zeit Hadrians statt, und noch
aus dem 3. Jahrhundert n. Chr. hören wir von
einer Ausbesserung. Von dem Zuschauerraum,
der sich an den natürlichen Fels anlehnte, sind
die untersten Sitzstufen noch erhalten, durch
12 Treppen werden sie in 13 Abschnitte {xiQxidig)
geschieden, der obere Teil dagegen ist zerstört
Unmittelbar an das Bühnengebäude war eine
Halle erbaut, die sich nach Süden zu öffnete und
an die Nordwestecke des älteren Tempels anstiefs.
14. Die choregischen Denkmäler.
Eng verknüpft mit den Spielen zu Ehren
des Dionysos sind die choregischen Denkmäler.
Diejenige Phyle, die mit ihrem Chor gesiegt
hatte, erhielt als Preis einen ehernen Dreifufs,
der Chorege aber, der schon die Kosten für den
Chor zu zahlen hatte, war auch verpflichtet,
den Dreifufs im Namen der siegreichen Phyle
dem Dionysos zu weihen und in passender
Weise aufzustellen. Eine Strafse erhielt von den
vielen derartigen Weihgeschenken, die an ihr
lagen, den Namen Dreif ufsstrafse ; erhalten ist
dort heute noch das bekannte Denkmal, das
Lysikrates i. J. 344 erbauen liefs. Andere Denk-
mäler lagen ganz dicht an der AkropoHs; von
dem Monument des Nikias war oben schon
(S. 10) die Rede, von drei weiteren sind ober-
halb des Theaters noch heute Reste erhalten.
Mitten über dem Rund des Theaters durfte
Thrasyllos aus Dekeleia, der im Jahr 320 mit
dem Männerchor den Sieg errungen hatte, seinen
Dreifufs aufstellen (Plan 45). Er errichtete eine
dorische Halle mit zwei breiten Eckpfeilern und
einem schmalen Mittelpfeiler in der Front*),
die Rückwand wurde vom Burgfelsen gebildet.
Über der Attika thronte die Statue eines sitzen-
den Dionysos, der Dreifufs stand vermutlich im
Innern. Erst in unserem Jahrhundert, 1827, wurde
das Denkmal durch türkische Kugeln zerstört.
Etwas weiter oberhalb (Plan 46) stehen noch
zwei korinthische Säulen, auf denen ehemals aus
ährdichem Anlafs geweihte Dreifüfse standen.
15. Das Odeion des Herodes Attikos.*)
Nahe dem heüigen Bezirk des Dionysos
hatte Perikles am Ostabhang der Burg einen
Bau für musikalische Spiele und Aufführungen
enichten lassen, Odeion genannt. Es war sein
erster grofser Bau und, soviel wir wissen, das
erste Werk dieser Art. Im ersten mithradatischen
Krieg, als Sulla gegen Athen heranrückte, wurde
es zerstört, bald darauf zwar wieder aufgebaut,
aber Reste von ihm sind bis jetzt nicht auf-
gefunden, so dafs wir nicht einmal seine Lage
genau bestimmen können. Wenn einmal öst-
lich vom Theater, dort wo heute elende Wohn-
häuser stehen, nachgegraben wird, müssen sich
auch noch Reste jenes Neubaues finden lassen.
Das Odeion des Perikles war ein Rundbau mit
zeltförmigem Dach, im Innern mit Säulen-
stellungen, demnach wesentüch verschieden von
einem Theater. Dagegen weist ein zweites Odeion,
das Herodes Attikos zu Ehren seiner 160 n. Chr.
verstorbenen Gemahlin Regilla erbauen liefs,
und das als das gröfste und prächtigste der alten
Welt galt und heute noch teilweise erhalten ist,
in der Anlage grolse Ähnlichkeit mit der der
gewöhnlichen Theater auf. So ist der Zuschauer-
raum im Halbkreis aufgebaut, durch Treppen
») Vgl. Dörpf eld in den Athen. Mitt. X (1885),
S. 227: Das Thrasyllos-Monument ist offenbar dem
.Südflügel der Propyläen nachgebildet; denn bei beiden
Bauten besteht die Front aus zwei breiten Eck-
l)feilern und einem dünneren Mittelpfeiler, bei beiden
ist der Architrav mit einer ununterbrochenen Reihe
von Tropfen versehen, und bei beiden fehlen am
Friese die Triglyphen.
«) Athen. Mitt. XVü (1892), .S. 252-260
32
C. Die Akropolis in der Schale.
in Keile zerlegt und von einem Diazoma durch-
schnitten; unten liegt die Orchestra und hinter
dieser das Bühnengebäude (Plan 52).
16. Die Halle des Eumenes.')
Zwischen dem Dionysostheater und dem
Odeion des Herodes Attilios lag auf einer Terrasse
des Burgabhanges eine Hallenanlage, über 16 m
tief und nicht weniger als 163 m lang; sie war
durch eine Säulenreihe in der Mitte in zwei
Schiffe geteilt und öffnete sich nach Süden.
Sie war eine der vielen Wohlthaten , mit denen
die pergamenischen Könige die Stadt überhäuften,
von König Eunienes II. erbaut. Hatten bisher zur
Unterhaltung der zum Dionysostheater strömen-
den Menge, zugleich zum Schutz gegen Sonne
und Regen die Vorhallen der beiden Dionysos-
tempel und die südhch ans Bühnengebäude
angebaute Halle dienen müssen , so trat jetzt
die neue, vornehme Wandelhalle hinzu, zur nicht
geringen Annehmlichkeit der Athener.
17. Das Asklepieion.
Nordöstlich von der Eumeneshalle lag auf
einer höheren Terrasse der heilige Bezirk des
Asklepios, in dem jedoch aucli andere verwandte
(iötter verehrt wurden. Den Hauptbau bildete,
im Osten an das Theaterrund anstolsend, eine
lange Halle. In ihrer Rückwand befindet sich,
wie auf dem Plan deutlich zu sehen ist, ein
schmaler Gang, der in ein kreisrundes, kuppei-
förmig gewölbtes Felsgemach führt (Plan 48).
Dort sammelte sich das heilbringende Wasser
des Asklepios, das neben dem Eingang aus
einem Felsspalt hervorquillt. Im Westen der
Stoa ist ein viereckiger Unterbau vorhanden, in
dessen Mitte sich ein kreisrunder Schacht be-
findet. Ob dies eine Opfergrube war oder eben-
falls ein Brunnenhaus oder der Ort, an dem die
heiligen Schlangen hausten, ist nicht mit Sicher-
heit zu bestimmen. Die Stoa war, wie es scheint,
zum Kurgebrauch für Kranke, die Heilung such-
ten, errichtet worden, und dafs deren viele kamen
und auch die erwünschte Heilung fanden, darauf
lassen die Weihgeschenke schliefsen, die in nicht
geringer Zahl hier gefunden sind. Vor der Halle
stehen die beiden Asklepiostempel, westlich der
ältere, wohl dem 5. Jahrhundert angehörig, in
dessen zweiter Hälfte der Kult des Asklepios
von Ej)idauros nach Athen verpflanzt wurde,
östlich ein späterer. Unter den Gebäuden west-
licli weist das gröfste vier gleichgrofse Räume
auf (s. Plan), vor denen eine Säulenhalle liegt.
Man glaubt, dafs hier das Tempelpersonal wohnte.
C. Die Akropolis in der Schule.
yyber die Art und Weise, in der die Akropolis
U im Lehrplan des Gymnasiums (und , wie
ich meine, auch des Realgymnasiums) behandelt
werden mufs, soll dieser letzte Abschnitt handeln.
Schon in den vorstehenden Ausführungen hatten
wir diese Frage im Auge, insofern das eine ein-
gehend, das andere flüchtiger oder gar nicht er-
wähnt wurde. Es leuchtet nun zunächst ein,
dafs eine Besprechung der AkropoUs der alten
Geschichte zufällt. Wer Athen als Vorort des
attischen Bundes zu den Zeiten des Perikles
schildern will, der kann die Burg der Stadt nicht
umgehen. Um aber zu zeigen, wie ich mir die
Akropolis behandelt denke, mufs ich etwas weiter
') .Vthen. -Mitt. XIII (1888) S. 100—102.
ausgreifen. Wer griechische Geschichte vor Unter-
oder Obersekundanern behandelt, sieht sich mehr-
fach genötigt, die alten Denkmäler heranzuziehen.
Alles, was über die vordorische Zeit zu sagen
ist, knüi)i't an die Funde von Tiryns, Mykenä,
Orchomenos und Troja an, und der alte Königs-
palast von Tiryns ist nicht mehr zu entbehren,
da er nicht blofs für viele Stellen der Odyssee
den Schlüssel zum Verständnis liefert, sondern
die heroischen Zeiten in greifbarer Gestalt uns
vor Augen führt. Kommen wir dann dazu, die
Festspiele zu schildern , so wird jeder Sach-
kundige die Funde von Olympia seinem Zwecke
dienstbar machen. Die Altis mit den Tempeln
des Zeus und der Hera, den Schatzhäusem,
dem Philippeion und der Exedra des Herodes
C. Die Akropolis in der Schale.
33
Attikos, dazu Stadion und Hippodrom werden
besprochen, wir lassen den Schüler die Prozession
am ersten Tage des Festes durch den Hain mit-
machen und den zweiten, dritten und vierten im
Stadion oder Hippodrom erleben, und am fünf-
ten begleitet er die Sieger zum Festmahl im Pry-
taneion. In gründlicher Weise lernt er dabei
den antiken Tempel im Grundrils und Aufbau
kennen, Begriffe wie Saule, Kapitell, Metope,
Fries, Giebel werden erklärt. Auch wird man
wohl die eine oder andere Metope des Zeus-
tempels zeigen und besprechen, und die strenge
Symmetrie der Giebelgruppen an dem gleichen
Bau, dazu der Inhalt des Ostgiebels (Pelops und
önomaos) machen gerade diesen Tempel beson-
ders lehrreich. Das Zeusbild des Pheidiae zwingt
uns, den Zeustypen einige Beachtung zu schen-
ken. Die Münze mit dem Zeuskopf des Phei-
diae, zwischen den alten Bronzekopf von Olympia
und den Zeus von Otricoli gestellt, gibt Gelegen-
heit, den BegrifE einer Entwicklung im Bereiche
der Kunst klarzumachen. Um nicht mifsverstan-
den zu werden, füge ich hinzu, dafs es sich
natürlich in der Schule nicht um Kunstgeschichte
als solche handeln kann, aber ein Vergleich, der
die kunsthistorische Entwicklung zu Grunde legt,
ist noch lange kein Unterricht in der Kunst-
geschichte. Zu einem Vergleich bringt uns auch
der Hermes des Praxiteles, der im Heratempel
zu Olympia gefunden ist; denn des gleichen
Künstlers Apollon Sauroktonos und der jugend-
liche ausruhende Satyr, der ebenfalls ihm oder
einem seiner Richtung nahestehenden Künstler
Verdankt wird, wohl auch das Werk seines
Vaters, die Eirene mit dem Plutos, bieten Ge-
legenheit, die Schüler sehen und beobachten zu
lehren. Ich gestehe es, dals ich mich immer
wieder über den Eifer und die Regsamkeit und
bei allem Ungeschick über die glückhche Beob-
achtungsgabe der Schüler dabei gefreut habe.
Ich pflege aber noch weiter zu gehen, da mir der
Hermes Veranlassung, rückwärts zu schauen, gibt.
Der sog. ApoU von Tenea ist ein dankbares Ob-
jekt zm- Beobachtung ; von ihm ausgehend (viel-
leicht mit den Mittelgliedern der Stephanosfigur
und des Omphalosapollon) gelangen wir zum
Doryphoros des Polykleitos, in dem man in ge-
wissem Sinne die Vollendung des in der Statue
von Tenea Erstrebten sehen kann. Wie andei-s
Luckeubach, Die Akropolis von Athen.
aber Praxiteles als Polykleitos? Das alles gelingt
vor Gipsabgüssen gut zum Verständnis zu bringen,
es gelingt auch mit blofsen Abbildungen. Dabei
hat der Lehrer nicht vorzutragen, sondern alles,
was der Schüler beachten soll, aus ihm heraus-
zufragen. Noch ein Kunstwerk pflege ich bei
der Behandlung von Olympia nicht zu über-
gehen, die Nike des Päonios, nicht nur, weil
dieses hervorragende Werk in Olympia gefunden
ist, sondern auch , weil nirgends besser als eben
bei den Spielen die Behandlung der Nike ihren
Platz findet. Mit ihr zusammen verdient die
Nike von Samothrake genannt zu werden; wie
weit überragen doch diese uns zufällig erhaltenen
Werke an Schönheit, Kühnheit der Erfindung
und poetischem Gehalt die zahllosen Viktorien,
die seit 1871 in Deutschland entstanden sind!')
Zum dritten Male werden sodann antike
Denkmäler beigezogen, wenn die Stadt Athen
unter Perikles in den Kreis der Betrachtung
tritt; und, um dies gleich hier hinzuzufügen,
zum vierten und letzten Mal, wenn es sich um
die Zeit der Diadochen und Epigonen handelt,
wo der Zeusaltar und die Akropoüs von Perga-
mon den Mittelpunkt der zu besprechenden
Denkmäler bilden. Wie aber ziehen wir die
Akropolis von Athen in unseren Unterricht? Es
leuchtet ein, dafs nur die Hauptsachen für den
Schüler wichtig sind , von Gebäuden auf der
Burg die Propyläen und die drei Tempel, und
am Fufs der Burg das Dionysostheater. Was
sich nun für jeden Architekten von selbst ver-
steht und den Philologen bald die Erfahrung
lehrt, übei-all ist bei jedem Bauwerk mit dem
Grundrifs zu beginnen, und wie beim Bauwerk
auch bei dem Plateau der Akropolis. Zu diesem
Zweck Uefs ich vor drei Jahren den beistehenden
Plan der Akropolis verfertigen*), der sich auf
das für ' den Schüler Notwendige beschränkt
(Fig. 26). Dafs dieser Plan mit der Schrift für
') Aufsätze aus diesen Gebieten habe ich mehr-
fach gegeben. Themata, wie die Altis von Olympia,
der Zeustempel in Olympia, die Giebelfelder am
Tempel des Zeus in Olympia, die Nike des Päonioe,
die Niken von Olympia und Samothrake, pflegen von
den Schülern gern und mit Glück bearbeitet zu
werden.
') Nach dem Plan in den Athen. Mitt. XII
(1887), Taf. 1.
34
C. Die Akropolis in 'der Schule.
ungeübte Schüler einfacher ist, als der von
Kaupert (Fig. 2) ohne Beischrift und mit der
Masse verwirrender Zahlen, erhellt leicht.') Es
ist die Treppe sichtbar, auf der die Perser empor-
kamen, desgleichen das Hekatompedon , sowie
der ältere Parthenon, sodann der Niketempel,
die Propyläen mit der Andeutung des ursprüng-
lichen Projektes, das Erechtheion und der Par-
thenon des Perikles. Für wichtig halte ich auch
die Einzeichnung des Athenaaltars ^) ; denn zu
') Meine Absicht ist von dem Rezensenten meiner
>Abbildungen zur alten Geschichte«, der den Plan
störend veraltet nennt (Südwestdeutsche Schulblätter
1893, No 5, S. 99), verkannt worden. Was ist denn
veraltet, aufser dem was auch bei Kaupert veraltet
ist, wie die Odysseusbastion und einige andere Kleinig-
keiten? und was soll denn bei der Behandlung in
der Schule stören ?
•) Hafs die I^age des Altars an dieser Stelle nicht
erwiesen, sondern nur angenommen ist, weifs ich
recht wohl.
leicht vergifst man , dafs zu Tempeln immer
auch Altäre gehören. Endlich ist auch der Platz
sichtbar, an dem das Erzbild der Athena stand.
Gehen wir nun zu den einzelnen Bauten über,
so helfen am besten gröfsere Grundrisse nach,
und mit Hilfe von Fig. 3 wird es dann gelingen,
das nötige Verständnis hervorzurufen. Nicht
flüchtig und oberflächlich , sondern gründlich
will alles behandelt sein, sofern es Wert haben
soll. Die Schüler müssen im stände sein, nicht
nur die Grundrisse, sondern auch einzelne Teile,
wie die dorische Säule mit dem darauf liegenden
(iebälk, aus dem Kopf an die Tafel zu zeichnen.
Beim Parthenon leistet der Aufbau der Ecke
von N i e m a n n (Fig. 27) gute Dienste. Neben
den Grundrifs gestellt, ermögUcht er auch dem
m inderbegabten Schüler einen Einblick in den
Tetnpelbau. Dafs es im übrigen auch hier gilt,
Mafs zu halten, versteht sich von selbst. Das
ursprüngliche Projekt des Mnesikles wird man
erwähnen, aber nicht ausführlich erörtern; beim
V\g. 26 Pia» 4er Akropolis von Atlipn
Dionvso.stheater.
35
Fig. 27. Aufbaa einer Ecke des Parlhenon.
36
N
C. Die Akropolis in der Schule.
37
Erechtheion braucht nicht von Butes und Hephä-
stos die Rede zu sein, und dafs die Opistho-
domosfrage nicht in die Schule gehört, braucht
wohl kaum erwähnt zu werden; ebenso er-
fordert ein Eingehen auf die architektonische
Gestaltung des Odeion im Einzelnen ein höheres
Alter.
Etwas schwieriger gestaltet sich die Frage,
wie weit die Plastik beigezogen werden soll. Das
Erzbild der Athena wird man erwähnen und
die wenn auch schlechte Kopie der Goldelfenbein-
statue der Parthenos betrachten, aber ich meine,
wie bei Olympia Zeus (und Nike?), so gibt hier
Athena Gelegenheit, die schönsten Athenastatuen
vorzuführen. Ein Vergleich der beiden Athena-
statuen des Pheidias (Fig. 21 und 23), der Athena
Farnese (Fig. 29) und der Athena von Velletri
(Fig. 28) dürfte recht geeignet sein, die Schüler
sehen zu lehren, und dieses Ziel müssen wir
doch vor allen Dingen im Auge haben. Man
fragt sie aus nach Stellung und Haltung, den
Attributen, der Gestalt des Helmes und der Ägis,
der Behandlung des Gewandes oder der Ge-
wänder, der Form und dem Ausdruck des Ant-
litzes. Während das volle, breite Gesicht der
Athena Farnese und die Form und Gestaltung
ihres Helmes an die Parthenos des Pheidias
erinnert (Fig. 21) , ist das Antlitz der Athena
von Velletri fein und schmal gebildet, und der
korinthische Helm (vgl. Fig. 1) trägt viel dazu
bei, einen neuen Typus zu schaffen. Die beiden
Statuen des Pheidias sind nur mit dem dorischen
Peplos bekleidet, in den beiden anderen tritt
der Mantel hinzu. Das Motiv der lemnischen
Athena, in der erhobenen Linken die Lanze zu
halten, pflanzt sich fort, wenn auch die eine der
Statuen den rechten Arm an die Stelle des linken
treten läfst. In der Hand des anderen Armes
trug die Athena von Velletri eine Nike wie die
Parthenos, während es bei der farnesischen
Statue vielleicht eine Schale war.
Weiter aber, wie steht's mit dem übrigen bild-
nerischen Schmuck am Parthenon? Zunächst
lege ich in Fig. 30 ein Schema vor, das sich im
Unterricht bewährt hat. Verglichen mit dem
Grundrifs zeigt es uns die Stelle der Metopen
und des Frieses, es macht uns bekannt mit dem
Inhalt der Metopen, die zur Göttin des Tempels
in keiner engeren Beziehung stehen; es erläutert
die Darstellung des Panathenäenzuges im Friese,
und mit Leichtigkeit findet der Schüler darnach,
ob ein Stück, das ich ihm zeige, zur Nord- oder
Südseite gehört, und endlich lehrt es den Inhalt
der Giebeldarstellungen. Die Reitergruppen, die
Götterversammlung mit der von ihr umschlossenen
Mittelscene, die Gruppen der stehenden Männer
und zu diesen in reizendem Gegensatz die Mäd-
chen mit dem Opfergerät eignen sich vor allem
zum Unterricht.') Man wird es freilich bedauern,
') Vortreffliche "Winke für die Behandlung bei
Friederichs-Wolters, S 267—280.
N.
(?-
Kentaurenkampf, Eroberung Trojas (n Meiopen)
Wagen
Männer
Musiker
Jünglinge
Op fernere
mil Oelzweigen
mit Krügen und
Schüsseln
PANATHENÄENZUG
die gleiche Ordnung des Zuges wie im Norden
Keniaurenkampf (ji Meiopen)
Mädchen
i
mit
Opferge rät
steh. Mäniner
Gönn-
Millelgni
Göller
sich. Mir
Mjiichen
Opfergebai
ppe
S
s.
Flg. 30. Der bildnerische Sehmnck des ParthenoD.
38
('. Die Akropolis in der Schule.
dafs es noch keine nmstergiltige Ausgabe des
ganzen Frieses gibt; man muTs sich, so gut es
geht, mit anderem bescheiden. '^) Die Giebel-
gruppen aber müssen dem Unterricht fern bleiben ;
dies ist nicht nur mein Urteil und das meines
Kollegen Böckel, mit dem ich mehrfach diese
Frage durchgesprochen habe, sondern auch Prof.
Ad. Michaelis in Strafsburg erklärte, dafs sie in
die Gymnasien nicht gehören. Mögen die Tau-
schwestern noch so reizvoll dem Erwachsenen
sein, für den jugendlichen Geist sind sie zu
schwer zu erfassen. Und in gleicher Weise wird
man von den .Skulpturen des Ercchtheion, sowie
von dem Friese des Niketempels absehen. Eher
könnte man geneigt sein, auf die Nikebalustrade
und die pergamenischen Weihgeschenke einzu-
gehen, aber jene wird nicht leicht zu behandeln
sein, und diese sind vielleicht doch nicht bedeutend
genug, um ausführlicher besprochen zu werden.
Erwähnen wird man sie zusammen mit der
P^umeneshalle , um später daran bei Pergamon
wieder anzuknüpfen.
Noch eines aber dürfte sich fruchtbar
erweisen: wie ich bei Olympia vorschlug, eine
Betrachtung in historischer Folge (Apoll vonTenea,
Polykleitos, Praxiteles) vorzunehmen, so wird bei
Besprechung der Burg eine solche Behandlung
von Frauenstatuen nahegelegt. Die Akropolis
selbst bietet das meiste Material; einige der alten
Statuen, die im Schutt von der Perserzeit auf-
gefunden wurden, die sog. fröhliche Emma und
das Werk des Antenor, mögen mit den Athena-
statuen (Fig. 21 u. 23), den Koren des Ercchtheion
und anderen, nicht auf der Akropolis gefundenen
Statuen, wie der Eirene des Kephisodot, zu-
sammengestellt und besprochen werden.
Endlich wird man auch den Mann, unter
dessen Leitung die Akropolis ihre wundervolle
Ausgestaltung erhielt, den Perikles, nicht ver-
gessen (Fig. 1).
'j Die englische Nachbildung in verkleinertem
Mafsstabe ist unbrauclibar.
Es liegt mir sehr fern, mit diesen Aus-
führungen eine Art Kanon feststellen zu woUen,
sondern sie sollen nur Vorschläge sein, die
allerdings reiflich erwogen und das Ergebnis
jahrelanger Praxis auf diesem Gebiete sind. Von
selbst ergeben sich, je nach der zu Gebote
stehenden Zeit, nach dem Ort, der Klasse und
der eigenen Neigung, grofse Abweichungen; und
wenn ich glaubte, im Geschichtsunterricht eine
derartig breite Behandlung der Akropolis empfehlen
zu sollen, so versteht es sich Von selbst, dafs wir
in späteren Klassen, wo es nur angeht, tiui diese
Dinge wiederholend und erweiternd zurückgreifen
müssen.
Es bleibt die Schlulsfrage , welches An-
schauungsmaterial bei der Durchnahme der frag-
lichen Punkte herangezogen werden mufs. Da
ich darüber anderswo gesprochen habe '), so fasse
ich mich hier kurz. Die Bohnschen Tafeln
leisteten bisher gute Dienste, trotz des harten
Urteils, das sachkundige Architekten über die
Ausführung der Blätter fällen. Aber dafs es mit
ihrer Hilfe nicht möglich ist, in dem besproche-
nen Umfang die Akropolis durchzunehmen, ist
klar. Vielmehr müssen zahlreiche Photographien
oder andere Abbildungen beigezogen werden,
und verkennen läfst es sich nicht, dafs in starken
Klassen eine einzige Abbildung nicht genügt,
sondern dafs jeder Schüler von dem Gegenßtand,
der genau betrachtet werden soll, eine Abbildung
in Händen haben mufs. Als ich vor wenigen
W^ochen im Karlsruher Gymnasium die Akropolis
durchnahm, gelang es mit Hilfe des Bilderheftes,
das die Schüler besafsen-), und Sonderabzügen
des Durmschen Blattes (Fig. .3), das eine spätere
Auflage des Bilderheftes zieren soll, zu ibefriedi-
genden Ergebnissen zu kommen. Ohne dies
ziemlich reiche Material würde ich allerdings
mein Ziel kaum erreicht haben.
') Fleckeisens .Jahrbücher 1896, 2. -Abt.
S 1-14.
-) Luckenbach, Alibildungen zur alten Ge-
schichte.
■^-t+C
1
Inhalt.
Seite
A. fieschichtlicher Überblick 1
1. Die ältere Zeit bis zu den Perserkriegen 1
11. Die Blütezeit 5
III Die Zeit des Verfalls 7
B. Die Akropolis Ton Atben in ibrer Bliitexeit 9
Kinleitende Bemerkungen zu Fig. 3 9
1 Das römische Thor 9 ,.
2 Der Xikepyrgos 10 *
3. Das Agrippamonument 12
4. Die Klepsydra 12
5. Die Propyläen 12
6. Athena Promachos 16
7. Die Trepjie 16
8. Das Erechtheion 17
9. Die Chalkotheke 23
10. Der Parthenon 23
11. Der Romatempel 30
12. Das Weihgeschenk des Attalos .30
13. Das grofse Theater 30
14. Die choregischen Denkmäler 31
15. Das Odeion des Herodes Attikos ... 31
16. Die Halle des Eumenes 32
17. Das Asklepieion ... 32
C. Die Akropolis in der Schale 32
->-<ö*e-^-
l
< - "
;\*^«*-
j ■,■;■.•»