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Full text of "Ueber den lateinischen Text der Geschichte des Apollonius von Tyrus"

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dtr y#rfi**rrer. 



Philosophisch - phil ologische Classe. 


Herr Maure\ hält einen Vortrag: 

„Ueber dola Hauptzehnten einiger nord- 
germanischer Rechte“. 

Die Abhandlung wiraNp den Denkschriften erscheinen. 


Herr Christ legt eine Abhandlung des Herrn Gymnasial- 
Assistenten c Wilhelm Meyer vor: 

„Ueber den TateTnischen Text der Geschichte 
des Apollonius von Tyrus.“ 

Zu den verbreitetsten antiken Sagen gehörte im Mittel- 
alter die Geschichte des tyrischen Königs Apollonius. Das 
Mittelalter lernte dieselbe aus einer lateinischen Bearbeitung 
kennen, allein der ganze Stoff, sowie einzelne Wendungen 
machen es wahrscheinlich, dass der lateinische Text nur 
Uebersetzung eines griechischen ist. Der ganze Inhalt ver¬ 
weist den Apollonius zu den griechischen Romanen, und 
besonders in dem Roman des Xenophon aus Ephesus finden 
sich vielfach dieselben Formeln und Uebergänge, hie und 
da auch ähnliche Situationen wie im Apollonius. Unser 

1 * 


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4 Sitzung der philos. ■ philöl. (Jlasse vom 13. Januar 1872. 

Roman verdankt seine weit grössere Verbreitung wohl 
demselben Grunde wie die Alexandersage, nemlich dem 
bedeutenderen historischen Hintergründe und den Namen 
berühmter Fürsten und Reiche. Aber nicht einmal von der 
lateinischen Uebersetzung ist die Zeit des Entstehens genau 
zu bestimmen. Wohl finden sich in derselben Räthsel des 
Symphosius eingeschoben, aber diesen Autor setzt Lucian 
Müller in das zweite bis dritte, Riese in das sechste Jahr¬ 
hundert nach Christus. Mir kam der Gedanke, vielleicht 
könne man aus den Namen der Geldsorten bestimmte Schlüsse 
ziehen. Es finden sich aurei (oft), talenta auri, librae auri, 
pondera auri und argenti, sestertia (auri, oft) und aerei. 
Herr Professor Christ urtheilt hierüber: c Die Rechnung 
nach aurei und sestertia hatte nur Sinn vor Constantin, mit 
dem der solidus an die Stelle des aureus trat, und die 
Rechnung mit folles die mit sestertia verdrängte. Am wahr¬ 
scheinlichsten ist die Schrift in der Zeit zwischen Caracalla 
und Constantinus geschrieben, da unter Caracalla (vgl. Hultsch 
p. 233) die Goldmünzen so leicht ausgeprägt zu werden 
begannen, dass nicht mehr 40 oder 42 Stücke, wie früher, 
sondern 50 Stück auf ein Pfund gingen; auf ein solches 
Verhältniss scheint aber die Stelle p. 41 (Riese) hinzuweisen/ 
An dieser Stelle wird zuerst bestimmt: c qui Tharsiam uiolare 
uoluerit, libram auri mediam dabit; postera die singulis 
aureis patebit 3 . Athenagoras kömmt zuerst hinein und giebt 
beim Scheiden 40 aurei mit den Worten C ecce habes amplius, 
quam uirginitas tua uenalis proposita est\ Als ein Zweiter 
hört, dass jener 40 aurei gegeben, sagt er c quid grande 
fecerat, si libram auri tibi complesset? ut scias, me animo 
esse meliorem, tolle integram auri libram 5 . Darf man aus 
dem Ausdruck c si complesset 3 den obigen Schluss ziehen, so 
haben wir, da im griechischen Text das Verhältniss höchst 
wahrscheinlich dasselbe war, zugleich eine Zeitbestimmung 
für das Entstehen des griechischen Originals. 


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Meyer: Latein. Text des Apöllonius von Tyrus. 


5 


Den lateinischen Text des Apollonius festzustellen ist 
eine schwierige Aufgabe. Velser (cf. Siuner Catalog. Bern. I, 
p. 277) und Lapaume (Scriptores Erotici. Didot) druckten 
nur einzelne Handschriften ab; erst Riese, welchem von 
Tycho Mommsen reiches Material zur Verfügung gestellt 
war, hat die ältesten Handschriften benützt. Sein Ziel war, 
dem ursprünglichen Texte möglichst nahe zu kommen. Aber 
selbst dieses Ziel scheint mir in seiner Ausgabe nur theil- 
weise erreicht; die folgenden Untersuchungen stellen sich 
die Aufgabe, demselben näher zu führen und überhaupt mehr 
Licht in die verworrenen Verhältnisse d.er Handschriften zu 
bringen. 

Haupt hat auf die Florentiner Handschrift plut. 66 
n? 40 (A) als die älteste und beste aufmerksam gemacht, 
und Riese mit Recht sie seiner Ausgabe zu Grund gelegt. 
Aber die Vergleichung derselben, welche ich der Güte der 
Herrn Leonhard Ziegler und Dr. Andreas Spengel 
verdanke, zeigt, dass die von Riese benützte mangelhaft ist. 
Hier einige Beispiele: p. 10, 10 hat A centum auri talenta 
accipiat. p. 11,15 in ciuitate uestra. p. 12,7 domine rex 
Apolloni (wie p. 4, 14 domine rex Antioche). p. 12, 19 mer- 
catus id est octo. p. 14, 9 arma (sc. nauis) was allein b'eim 
Sturme passt, sodann pelagi reuolumine. p. 42, 15 quantum 
mulier. p. 43, 7 cumque. p. 43, 12 & repulsum modulanter. 
p. 44, 11 naufragiü; also ist mit den andern Handschriften 
naufragio zu schreiben, p. 45, 3 et dum. p. 45, 16 om . 
Dionysias, p. 46,1 aut om. p. 46,3 scelesta. p.47,11 ibique 
und celebrabantur. p. 54, 12 ut regi. p. 54, 15 item, wie 
p. 55, 5 und 13. p. 55, 1 fulgor. p. 55, 9 zweifelt Spengel, 
ob die Abkürzung c per* sei; da nun Symphosius und alle andern 
Handschriften contingere haben, da in der Lösung des 
Räthsels A selbst potest contingere hat, so ist auch hier 
contingere zu schreiben, p. 55,11 fehlt quattuor, was Z. 10 
steht, p. 56, 5 recede. p. 59, 9 Riese: et f exea classes 


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6 Sitzung der philos.-philol. Classe vom 13. Januar 1872. 

naoium properantur, A hat aber et ecce classes nauium 
properant wie Velser und die Gesta Romanorum. p. 59,11 in- 
faustissimi qui, wie p. 60, 18 T ‘mfausto 3 und p. 39,2 Gesta 
Romanorum und Velser ‘infaustissimus 5 . p. 59,13 mittatur (?) 
et uindicet se de uno infamie (d. h. infami). p. 59,15 eum 
conprehenderunt. 60,1, et 6 tharsia und tharsiam. p. 60, 2 
amplexu. p. 60, 10 omnes una noce. Diese Fehler der 
Collation verursachte wohl die schwer zu lesende longo- 
bardische Schrift der Florentiner Fragmente. 

Man möchte glauben, dass diese sowie vielleicht viele 
andere Fehler sich aus einer der zahlreichen Apolloniushand- 
schriften verbessern liessen. Allein hier tritt ein eigener Fall 
ein. Während nemlich die klassischen oder kirchlichen 
Schriftsteller den Abschreibern unantastbar galten, und genaue 
Abschrift ihr Ziel war, verfuhren dieselben anders mit 
Schriften, deren Stoff und Sprache sie sich näher fühlten. 
Hier haben sie Wörter und Sätze weggelassen, noch öfter 
verändert oder neu zugesetzt, nur um den Text nach ihren 
Kräften zu verschönern. So ging es auch dem Apollonius. 
Von allen übrigen Handschriften scheint keine mit A übereinzu¬ 
stimmen. Ja aus manchen starken Fehlern, wie z. B. p. 4, wo 
Zeile 1 — 3 nach 3 — 6 gestellt ist, und anderen noch 
schlimmeren, welche später hervortreten werden, ergiebt sich 
sicher, dass die Florentiner Bruchstücke durchaus nicht den 
ursprünglichen, sondern nur den ältesten lateinischen Text 
bieten, der selbst schon Vieles hatte erleiden müssen. 

Unter den übrigen Handschriften treten uns zunächst 
die Bruchstücke einer Tegernseeer (von Riese mit B, von 
mir mit T bezeichnet) entgegen, welche ich in den Anfang 
des XI. Jahrhunderts setze. Von diesen hat Docen ein, 
Schmeller 4 Blätter gefunden; diese 5 haben Mommsen 
und Riese benützt. Weitere 3 1 /* Blätter habe ich gefunden, 
indem ich die Deckel der lateinischen Handschriften aus 
Tegernsee durchging; endlich fand Herr Professor Konrad 


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Meyer : Latein. Text des Apollonias von Tyrus. 


7 


Hofmann am Deckel einer deutschen Handschrift aus jenem 
Kloster ein Blatt, welches ihn zu der schönen Entdeckung 
führte, die in dem Berichte über die Sitzung der hist. phil. 
Klasse der Münchner Akademie vom 6. Mai 1871 veröffentlicht 
wurde. In den deutschen Handschriften aus Tegernsee werden 
sich vielleicht noch weitere Blätter finden. Die 9 */* Blätter, 
welche jetzt den cod. latinus Monac. 19148 bilden, enthalten 
gut den dritten Theil des Buches. 

Riese benutzte zur Ergänzung zwei Handschriften, erstens 
den Vossianus formae quadratae 113 8 . IX— X (b), zweitens 
den Oxoniensis collegii Magdalenaei 50 s. XI (ß); und wirk¬ 
lich, wenn wir diese drei Handschriften T, b und ß der 
Florentiner gegenüberstellen, sind sie von dieser so verschieden 
und unter sich so ähnlich, dass sie voq einem gemeinsamen 
Texte abstammen müssen, den wir mit Riese die Klasse B 
nennen wollen. Dieser Text ist nur selten besser als der 
von A. So ist p» 54, 8 mitT zu schreiben: non sum uincta 
comis, non sum nudata capillis, was daraus hervorgeht, dass 
A selbst in der Lösung bietet: sphaera est, quae non est 
uincta comis et non est nudata capillis. Aber in der Regel 
ist die Klasse B eine völlige Umarbeitung von A, Wörter 
und Sätze sind verändert oder neu zugesetzt, um zu ver¬ 
schönern oder neue Gedanken und Wörter hereinzubringen. 
Dass bei einer solchen Umarbeitung auch Ungereimtheiten 
unterliefen, ist natürlich. 

Vergleicht man sodann T, b und ß unter sich, so zeigt 
sich, dass b und ß einander ähnlicher sind als den Tegern- 
seeer Fragmenten, ferner dass diese Handschriften selten 
besser sind als T, dagegen diese sehr oft richtiger als jene. 
Daraus folgt, dass man den Text von T nur verlassen darf, 
wenn er sichtlich falsch ist. Riese aber hat oft den Wort¬ 
laut von T durch den von b oder ß verdräügt und Wörter 
oder Sätze aus diesen in jene Handschrift eingeschoben, wo 
es unnöthig war. So hat er p. 29,3 statt bituminari (T) 


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8 Sitzung der philos.-philol. Classe vom 13. Januar 1872 . 


geschrieben diligenter picari (b/S), p. 29,15 secus litus, 
während T C secus litus maris’ hat, p, 29,8 nahm er aus T 
c pro funere expendat* an, p. 30,9 änderte er das in T stehende 
pro funere eroget nach b und ß in: funeri eroges. 

Da ferner der Text in b und noch mehr in ß oft sehr 
verschlechtert ist,’ so ist es sehr bedenklich, dass ein Drittel 
des Textes der Klasse B nur auf b und ß , ein zweites gar 
auf ß allein begründet ist. Da hätte Riese mehr Hand¬ 
schriften beiziehen sollen, und schwer wäre dies nicht 
gewesen, da unter den wenigen mir bekannten Handschriften 
zwei solche sich finden, der Codex Vaticanus 1869 (R), von 
dem ich durch die Güte des Herrn Leonhard Ziegler eine 
Abschrift erhielt, und cod. Vindobonensis s. XII (V), den 
ich selbst abschrieb. Von diesen stimmt R, was viele Stellen 
beweisen werden, ziemlich genau mit ß überein.*) Ganz 
anders steht es mit der Wiener Handschrift. Sie weicht 
oft sehr stark von b, ß und R ab; von diesen Abweichungen 
sind auch viele entschieden falsch — und dennoch gehört 
sie zur Klasse B. Denn sie stimmt mit T, dem Prüfstein 
dieser Handschriftenklasse oft da vollständig überein, wo 
b ß R abweichen. Hier einige Beweise, p. 30,2 hat Ts 
decoratam et (sic!) speciosam nimis falsaque morte occupatam, 
V lässt nur nimis aus, b/£ R haben: decoratam et falsa 
morte speciosam. — p. 39, 3 b ß R: quas putamus lacrimas 
haec puella (hanc puellam ß R) parentibus reliquisse, T da¬ 
gegen: ut uideo haec puella par. multas reliquit lacrimas, 
ebenso V, nur am Schluss: par. reliquit pecunias. — p. 39,5 
b ß R: codicellos scriptos, T und V den Singular. — p. 30,6 


1) R hat auch p. 53,21, wo vom Bad die Rede ist, mit ß 
flammae per turbulos surgunt. Riese giebt dies Wort im Text und 
in den Noten und zählt in der Vorrede turbulus (ApuL) unter den 
nachklassischen Wörtern auf. Ich kann aber dies Wort nirgends 
finden, so dass Riese turbulus und turbula verwechselt haben muss. 
An unserer Stelle ist mit Lapaume tubulos zu schreiben. 


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Meyer : Latein. Text des ApöUonius von Tyrus. 


9 


hat V mit T zuerst, wie T auf p. 29, 7 die dritte Person, 
dann in der hier zugesetzten Verfluchung die zweite, p. 49,10 
T und V uocari, ß contemplari, R contempni. p. 49,21 T 
und V: pro ingenti luctu dabit tibi ampliorem laetitiam, 
ß und R: dabit tibi deus potestatem (petitionein ß) ingentem 
et laetitiam ampliorem. Aus diesen, so wie aus vielen 
Stellen im Anhang geht deutlich hervor, dass die Wiener 
Handschrift der Tegernseeer oft viel näher steht als b oder 
ß oder R. Verdorben ist V allerdings — denn es ist eben 
eine Handschrift des XII. Jahrhunderts —, allein diese Ver¬ 
derbnisse stammen nicht aus A, sondern aus dem Kopfe 
dessen, der V schrieb, oder sie rühren, wie der Zusatz 
p. 25, 23 — 26, 11, den V hat, während ihn T b ß R aus- 
lassen, von dem Schreiber einer derjenigen Handschriften 
her, welche zwischen dem Urtexte der Klasse B und V in 
der Mitte liegen. Das Resultat ist, dass V zur Klasse B 
gehört, dass sie aber von dem Urtexte nach einer andern 
Seite abzweigt als b ß R. 

Ein Wunder wäre es, wenn unter den vielen Apollonius- 
handschriften sich nicht weitere zur Klasse B gehörige 
fanden. Wanu diese zusammengebracht sind, erst dann 
wird man den Text dieser Klasse festsetzen können, wobei 
man jede Handschrift bei Ergänzung der Lücken von T in 
dem Grade beiziehen muss, als sich zeigt, dass sie mit T 
übereinstimmt. Rieses Text wird hiebei ziemlich geändert 
werden. Schon aus den mir vorliegenden Handschriften, 
von denen V gleichviel wiegt wie b ß R, ergeben sich viele 
Aenderungen. Wenige Beispiele mögen dies beweisen, 
p. 15, 9 spricht der schiffbrüchige Apollonius nach V zum 
Meer: o Neptune fraudator hominum deceptor innocentum, 
in b ß R sind die ungeschickten Zusätze: o Neptune ,praedator 
maris , fraudator hominum, innocentium deceptor, tdbularum 
latro. — p. 31, 23 haben b ß R: uidit quae in arte uiderat, 
quae magistrum fallebant (magistro falleret b), dagegen 


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10 Sitzung der philos.-philol. Classe vom 13 . Januar 1872. 

V: uidit in arte, quae magistrum fefellit, se feliciorem. — 
p. 47, 20 V: et redit ad socios, exornat nauim (was V auch 
p. 49,16 mit T gemeinsam hat und was Riese nicht ändern 
durfte), et laeti discubuerunt. R: et rediit ad nauem, exornat 
nauigium, et discubuerunt. In ß fehlt Alles. — p. 48,6 
haben ß und R: inuitemus principem. magnifice, si digneris, 
descende ad nos. Athenagora descendit. V dagegen richtig: 
inuitamus te, magnifice princeps si dignaris. Athenagora 
ascendit nauim. — p. 58,21 ß: permansit uirgo, R: uirgo 
permansit, V: uirgo permansit meque docente (d. h. ducente 
oder duce te) patrem inuenit. 

Zusammengenommen aber bilden die Handschriften der 
Klasse B einen in sich geschlossenen Text, welcher in einer 
völligen Umarbeitung der Klasse A besteht. Die Texte der 
Klassen A und B laufen nebeneinander, Riese aber schiebt 
sie ineinander. A hat allerdings Lücken, z. B. p. 10,5, wo 
von dem einen Apollonius ait zum andern übergesprungen 
wurde, wo aber doch nicht einzusehen ist, warum Z. 5 Riese 
das richtige cui wegliess. Aber so lange A einen zusammen¬ 
hängenden Sinn gibt, sind Einschiebungen nur eine Ver¬ 
gewaltigung des Textes. Riese hat, scheint es, diesen Grund¬ 
satz nicht, denn von seinen sehr zahlreichen Einschiebungen 
in A sind mindestens zwei Drittel unnöthig. Schlimmer ist 
es, dass er Widersprüche in den Text gebracht hat. So 
heisst es p. 9, 4: quaeritur Apollonius per terram per montes 
per siluas per uniuersas indagines et non inueniebatur. 
tune iussit rex classes nauium praeparari ad persequendum 
iuuenem. Also erst jetzt beginnt die Verfolgung per mare. 
Riese dagegen setzt mit b und ß die Worte per mare schon 
oben vor per terram ein. p. 10, 7 sagt Hellenicus zu 
Apollonius: du bist verbannt, quia filiam eius in matrimonium 
petisti, wie Apollonius selbst p. 11,14: quia filiam eius in 
matrimonium petiui. Hellenicus konnte auch nicht mehr 
wissen, und die Lesart der andern Handschriften c quia quod 


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Meyer : Latein . Teatf des ApoUonius von Tyrus. 


11 


pater est esse uoluisti’ist sachlich falsch. Riese setzt diese 
Interpolation, sowie p. 11,14 die andere c quia filiam eius, 
immo ut uerius dixerim coniugem in matrimonium petim in 
den Text. Das Meisterstück dieser Textverquickung hat 
Riese p. 57,15 — 59,2 ausgeführt. Hier ist in A eine Lücke, 
die schon in dessen Original gewesen ist; die Klasse B ander¬ 
seits hat einen eigenthümliehen, aber ganz verständlichen 
und zusammenhängenden Text. Riese dagegen lässt von B 
den Kopf weg, füllt mit dem Uebrigen die Lücke in A, aber 
so, dass gleich im Anfang Niemand weiss, warum denn 
Athenagoras auf einmal gelaufen kommt, noch weniger was 
c et 5 bedeuten soll. Am Schluss der Lücke schiebt er aus 
ß ein: currite ciues piissimi subuenite ciuitati, ne pereat 
propter unum infamem, ohne zu merken, dass diese Worte 
nur eine Zusammenschweissung der nebenanstehenden Worte 
von A sind: currite ciues et nobiles, ne pereat ista ciuitas 
und der p. 59,23 folgenden: uindicet se de uno infami ut 
non omnes periclitemur. Da hier das Wort currite vor¬ 
kommt, das zufälligerweise auch oben in dem Kopf von B 
stand, so meint Riese, dieser gehöre hieher; da aber natür¬ 
lich anxianti patri finem imponite hier unpassend wäre, so 
muss es in die Anmerkungen wandern. Ein solches Ver¬ 
fahren ist zum mindesten Spielerei, weil derartige Textes- 
verscliiebungen diplomatische Unmöglichkeiten sind. 

So hat Riese einen Text gebildet, der das neueste 
Exemplar derjenigen Handschriftengattung ist, zu welcher 
wir jetzt übergehen. Es giebt nemlich eine Klasse von 
Apolloniushandschriften — sie sei C genannt —, deren Text 
eine Mischung der Klassen A und B ist. Zu diesen sehr 
zahlreichen Handschriften gehören die Texte Lapaumes (La.) 
Velsers (Vel) und der in Kellers Ausgabe allerdings kaum 
lesbare Text der Gesta Romanorum (Ge.) (auch die 
deutsche Uebersetzung, Augsburg a. 1471. = De.). Ich schrieb 
zwei solche Handschriften ab, die Stuttgarter Hist. Fol 


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12 Sitzung der philos.-philöl. Glosse vom IS. Januar 1872 

n° 0 411 s. XII (St.) und die Wiener n° 510 8 . XIII (Vi). Riese 
wählte aus den so vielen nur den cod. Sloanianus 1619 
mus. Britannici 8. XI—XII (y) und theilt zur Vergleichung mit A 
als Probe p. 42—47 alle Abweichungen mit, sonst gibt er nur 
da wo A fehlt eine Auswahl der Varianten. So scheint diese 
dritte Klasse einen Urtext zu haben und dieser in y am besten 
erhalten zu sein. Allein das ist durchaus nicht der Fall, 
p. 43, 3—5 hat z. B. A: c puella dixit: lacriinis meis exponens 
ad oinnes uniuersos casus meos et illi dolentes miserentur 
uirginitati meae et 5 . Dies fehlt in y . Vi. St. La. sowie in der 
Klasse B. Dagegen steht in Vel.: puella ait: lacriinis pro- 
fusis exponens omnes Casus meos rogaui homines ut mi- 
sererentur uirginitatis meae et, ebenso in Ge. (nur fehlt 
omnes und steht misericordiam haberent. ähnlich auch De.) 
Also kann der Text von Vel. und Ge. (De) weder aus y 
noch aus Vi. oder St. oder La. stammen, sondern nur aus 
einer besseren, d. h. A näherstehenden Handschrift. — p. 47,4 
A: cupio enim in undis efflare spiritum, quem in terris non 
licuit lumen uidere (Riese giebt falsch habere). Vi. ebenso, 
nur C licuit lucem uidere 5 . St. ist nur am Schluss schlechter: 
licuit habere, La. C cum in terris lucem habere non licuit 5 , 
die Klasse B lässt lumen uidere weg, Ge. und Vel. lassen 
quem bis uidere weg, und y den ganzen Satz. Also kann 
Vi. nicht aus den andern, St. und La. nicht aus Ge. und 
Vel. und alle diese nicht aus y stammen, sondern nur aus 
besseren und Vi. aus der besten, A am nächsten stehenden 
Handschrift. — p. 56, 19 hat A c ab ipsis cunabulis 5 , dagegen 
die Klasse B und Vel. (De.) c ab ipsis natiuitatis meae 
exordiis und Vi. c ab ipso nat. m. exordio 5 . La. und St. 
haben c ab ipsis cunabulis natiuitatis meae 5 , müssen also ihren 
Mischungsantheil an der Klasse A aus einer besseren Hand¬ 
schrift als Vel., Vi. oder Ge. bezogen haben. Eine Ver¬ 
mischung der Klassen A und B muss also öfter als einmal 
vorgenommen worden sein, und jede der verschiedenen 


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Meyer : Latein. Text des ApoUonius von Tyrus. 13 

Arten dieser Handscbriftengattung hat Brachstücke aas A 
gerettet, die in der andern fehlen. Sogar für den Text von 
A ist noch Manches zu gewinnen. So hat p. 55, 17 A c et 
ait ad eam c per deum te obtestor pe ulterius me ad laetandum 
prouoces, ne uideas insultare mortuis meis*. Diesen Satz 
haben alle Handschriften weggelassen, nur Vi. hat c et ait 
Apollonius: per deum te obtestor, ne me ad leuandum 
ulterius prouoces, ne morti me insultare uidear. So sehr 
diese Worte entstellt sind, wir lernen doch, dass oben statt 
uideas zu schreiben ist uidear, indem Rieses Conjektur 
uidearis unpassend ist. — Noch belehrender ist, was folgt. 
Nachdem ApoUonius das letzte Räthsel gelöst, heisst es in 
A: et his dictis ait: ecce habes alios centum aureos et 
recede a me, ut memoriam mortuorum meorum defleam. 
ad uero puella dolens tantae prudentiae uirum mori uelle 
nefarium est. refundens aureos in sinum et adprehendens 
lugubrem uestem eius et ad lucem conabatur trahere. at 
ille impellens eam corruere fecit; quap cum cecidisset, de 
naribus eius sanguis coepit egredi. Die Klasse B dagegen 
hat: et his dictis (Tharsia R) misit caput super Apollonium 
et strictis manibus complexa est eum dicens (complexa dixit ß, 
comp, ait R): ut quid (ut om ß R, auch Riese hält es hier 
für falsch, während es p. 45, 7 ihm für echt und eine Spur 
des Griechischen galt) te tantis malis affligis? exaudi uocem 
meam et deprecantem respice uirginem, quia tantae prudentiae 
uirum uelle (R, ualde/S, om. T V) mori nefarium (nefasT V) est. 
si coniugem desideras, deus restituet (restituat T V), sifiliam, sa- 
luam et incolumem inuenies. (R sed, ß et praesta petenti quod te 
precibus rogo, om. T V) et tenens lugubrem eius man um ad lumen 
conabatur adtrahere (cona. ad lumen trahere V) tune (om. T V. 
Rieses Angabe ist unrichtig) Apollonius in iracundiam uersus 
surrexit et calce eam percussit, et impulsa uirgo cecidit etc. 
Die gemischten Texte St. La. Ge. Vel. (De.) stimmen in der 


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14 Sitzung der phüos.-philol Ölasse vom 13. Januar 1872. 

Hauptsache mit der Klasse B und ihre unbedeutenden Ab¬ 
weichungen stammen nicht aus A. Riese hat folgenden Text 
ersonnen: Et his dictis ait C ecce habes alios centum aureos et 
recede a me, ut memoriam mortuorum meorum defleam*. At 
uero puella dolens misit caput super Apollonium et strictis 
manibus complexa est eum dicens c ut quid te tantis malis 
affligis ? exaudi uocem meam et deprecantem respice uirginem . 
Quia tantae prudentiae uirum mori uelle nefarium est. Si 
coniugem desideras, deus restituet; .si filiam , saluam et 
incolumem inuenies . et praesta petenti, quod te predbus 
rogo. et refundens aureos in sinum etc. nach A. Also 
zuerst ein Stückchen A undB, dann ein Stück A, dann ein 
Stück B, dann ein Stückchen A und B, dann ein Stück B, 
dann ein Stückchen Interpolation, (denn da sed praesta.. rogo 
nicht in A und nicht in den guten Handschriften der Klasse 
B steht, ist es falsch), endlich ein Stück A; dazu ein Wider¬ 
spruch, denn wie man zuerst Jemanden umarmt, dann ihm 
Geld in den Schoss schüttet, dann ihn am Kleide fasst, ist 
schwer vorzustellen. 

Die Sache ist einfach. Wenn in der Klasse B eine 
Lücke ist, so ist sie nur nach c et his dictis*; aber es ist 
nicht nothwendig sie anzunehmen; sonst *steht dieser Text 
völlig für sich. Der Text von A ist allerdings falsch. Vi. 
hat: Et bis dictis, ecce habes inquit alios C aureos. recede 
ut memoriam meorum defleam. At uero puella tantae 
uirum prudentiae libenter mori uelle cernens inquit. tolle 
et istos quos mihi dedisti, quia te tantae prudentiae uirum 
iam libenter mori uelle nefandum est. et haec dicens aurum 
in sinum eius misit. aprehendensque lugubrem illius uestem 
ad lucem illum conabatur adtrahere. Darnach ist in A 
bloss einzusetzen: puella dolens tantae prudentiae uirum 
mori uelle ait: tolle et istos quos mihi dedisti , quia te 
tantae prudentiae uirum mori uelle nefarium est. Diese 
Stelle ist wichtig, weil sie beweist, dass Vi. auf einem 


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Meyer-. Latein. Text des Apollonias von Tyrus. 15 

älteren und besseren Texte beruht, als der der Florentiner 
Bruchstücke ist. Weil aber die drei grossen Lücken in A 
mit dem Ende von Blättern zusammenfallen, also erst hier 
entstanden sind, so folgt, dass Vi. eine vollständigere Hand* 
schrift der Klasse A zu Grunde liegt, als die Florentiner 
Bruckstücke enthalten. Das Gleiche dürfen wir für die 
übrigen Handsohriften dieser Gattung annehmen. Um den 
vollständigen Text der Klasse A zu reconstruiren, ist also 
mit einer einzigen Handschrift wie y wenig gedient, sondern 
es müssen sämmtliche Handschriften der Klasse G mit den 
Florentiner Bruchstücken verglichen werden, um zu wissen, 
welche Handschriften der Klasse A und B derjenige, welcher 
die Mischung vornahm, benützte, wie viel er aus jeder 
Klasse nahm, endlich, wie viel er selbst wegliess, änderte, 
zusetzte. Werden die zahlreichen Handschriften dieser Gatt¬ 
ung, welche rasch in Arten zusammentreten werden, wie 
hier schon Ge. und Vel. und oft La. und St., nach dieser 
Methode untersucht sein, so wird ein deutliches Bild der 
Klasse A gewonnen werden. 

Von den mir vorliegenden Handschriften hat y viel aus 
A, viel aus B (und zwar aus einer V sehr ähnlichen Hand¬ 
schrift), wenig aus eigener Zuthat; Ge. und Vel. wenig aus 
A, wenig aus B, sehr viel aus eigener Zuthat; St. und La. 
wenig aus A, viel aus B und besonders La. viel aus eigener 
Zuthat; Vi. viel aus A, wenig aus B, viel aus eigener Zuthat. 
Welche Resultate aus der Untersuchung sämmtlicher Hand¬ 
schriften sich ergeben werden, mögen einige Stellen aus 
meinem beschränkten Materiale andeuten. Statt der 7 Räthsel 
der Klasse B muss die Klasse A 10 gehabt haben. Denn 
da Vi. La. St. (auch Vatic. Reg. n° 718) mit A das Räthsel 
rotae mehr haben als die Klasse B, so müssen auch die 
Räthsel harundo und ancora, welche Vi. La. (Vat. Reg. und, 
wenigstens das erste, St.) nach unda und balneum einschieben, 
in A gestanden sein. — Von den drei Zusätzen in y p. 36, 


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16 Sitzung der phüos.-philol. Classe vom 13. Januar 1872 . 

zu Z. 5, 10, 12 haben La. und St. keinen, Ge. und Vel. die 
beiden letzten, Vi. alle drei, aber mit anderen Worten. — 
p. 19, 4 C indica mihi nomen et Casus tuos*. Apollonius ait 
c si necessitatis nomen quaeris: in mari perdidi; si nobilitatis: 
Tarso reliqui’: so lautet der offenbar falsche Text der 
Klasse B. y hat wenig besser: si nomen quaeris, dici. 
si opes, in pelago perdidi. si nobilitatem, Tharso reliqui. 
Das Richtige ist aus Vi. La. und St. zu construiren: si nomen 
quaeris, Apollonius dictus sum (uocor St. om. La.); si opes, 
in pelago (mari St. La.) perdidi; si (uero La.) nobilitatem, 
Tyri (Tyro St.) reliqui (reliqui ultra Tarsum La.). — p. 26 
Statt der Zeilen 21 und 22 hatVi. c regiae dignitatis nuptiae 
celebrantur. sonant plateae diuerso musicae sono; tantum 
parasitorum strepitum tantumque ciuium conuentum nullus 
usque conspiciebat.’ Wegen des Wortes parasitorum scheint 
diese Stelle antik. — p. 35,15 wird von der Tharsia gesagt, 
dass sie täglich c reuersa de auditorio non prius cibum edebat, 
nisi (quousque R) nutricis suae monumentum introiret et 
Casus suos omnes exponeret et fleret’. So ß und R und ganz 
ähnlich y und St. Wie abgeschmackt ist nicht dieser Ge¬ 
danke, wie schön und echt dagegen, was Vi. hat c ab scolaque 
reuersa non prius sumebat cibum nisi monumentum nutricis 
suae petisset; ferensque uini ampullam et coronas parentum 
suorum manes inuocabat’. Aehnlich, wenn auch verdorben 
sind die Texte von La. Vel. und Ge., aber von all dem 
erfährt man Nichts aus Rieses Ausgabe. Ueberhaupt ist 
der Text, welcher in Vi. der letzten Stelle vorausgeht, sehr 
interessant. Ich will ein Stück davon mittheilen: Audi 
domina Stigmata (stemmata) et natalium tuorum originem, 
ut scias, quid post mortem meam agere debeas. . est tibi 
patria Pentapolis, mater autera Camilla, Alcistratis- regis 
filia, quae dum te fuisset enixa, statim ultimam fati signauit 
diem. quam pater tuus Apollonius loculo effecto cum XX 
sesterciis in mare misit, ut, ubicunque delata fuisset, funeris sui 


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Meyer : Latein. Text des Apollonias von Tyrus. 17 

praemium haberet; in quo litore uel in qua aegione maris 
procellis sit eiectanescio. tune quidem cum ingenti patris 
tui luctu ad hanc peruenimus ciuitatem. sed pater tuus 
hospitibus Strauulioni et Dionisiae te commendans neque 
capillos neque ungues sibi deini, ni prius te nuptui tradidisset, 
promittit. post mortem ergo meam si quando hospites isti 
iniuriam tibi fecerint, uenies in forum ibique patris tui 
statuam inuenies; ascende et tene illam et proclamans die 
te filiam eius esse, ciues uero beneficiorum patris tui memores 
iniuriam tuam ut uindicent necesse est. et dum haec dixisset, 
in gremio puellae spiritum exalauit. at puella corpus illius 
sepulturae commendans, totum annum fletibus ducebat. atque 
ut deposito luctu priorem recepit dignitatem, scolam petiit 
atque ad studia liberalia animum adcommodauit, ab scolaque 
reuersa non prius sumebat cibum nisi monumentum nutricis 
suae petisset; ferensque uini ampullam et coronas parentum 
suorum manes inuocabat. Diesen Wortlaut, dem sich Vel. 
und Ge. (De.) einigermassen nähern, vergleiche man mit 
dem Text der Klasse ß (Riese p. 34,4 bis 35,17), welchem 
St. und mit Ausnahme des Schlusses auch La. sehr ähnlich 
sind. Man wird fast keinen Satz gleich finden und doch 
gestehen, dass in Vi. Alles schärfer und schöner ist, und 
dass wenn irgend so hier ein Stück der Klasse A ziemlich 
ordentlich erhalten ist. 

Von den Uebersetzungen zu sprechen, gehört hier nicht 
zu meiner Aufgabe. Darum hierüber nur wenige Bemerk¬ 
ungen. Der deutsche Druck von 1471 schliesst sich meist 
eng an die Gesta Romanorum an (vergleiche besonders den 
Riese p. 57, 15 — 58, 25 entsprechenden Text), nur selten 
wie bei den Räthseln müssen andere Quellen benützt sein. 

Von der angelsaechsischen Uebersetzung (ed. Benj. 
Thorpe London. 1834. = As.) sagt Riese, sie stimme mit 
dem Codex Bodleianus n® 247 (Laud. H. 39) s. XII—XIII 
und gehöre zur Klasse C. Allein ich konnte keinen Zusatz 
[1872,1. Phil. hist. GL] 2 


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18 Sitzung der philos.-phüol. Glosse vom 13. Januar 1872. 

in As. finden; welcher in A stünde und sich nicht zugleich 
in einer Handschrift der Klasse B d. h. Tb^R oder V 
fände. Dazu vergleiche man Stellen wie p. 19,5. Hier 
haben b ß R V: si necessitatis nomen quaeris, in mari perdidi; 
si nobilitatis, Tarso (tarsum b) reliqui. Oben ist bemerkt, 
dass die Klasse C diesen Satz anders und richtiger bietet. 
As. hat: gif dhu for neode axsast aefter minum naman. 
ic secge the. ic hine forlaes on sae. gif dhu wilt mine 
aedhelborennesse witan. wite dhu thaet ic hig forlet on 
tharsum. Hier ist kein Unterschied von dem Text der 
KlasseB. Wie aber die einzelnen Handschriften dieser Klasse 
von einander abweichen, so auch As., doch stets so, dass 
diese Abweichungen innerhalb der von Tbj?R und V 
gegebenen Grenzen bleiben. Darum zähle ich den lateinischen 
Text, dessen Uebersetzung As. enthält, zur Klasse B, inner¬ 
halb welcher er besonders V sehr nahe steht. Natürlich 
Dinge, welche der Angelsachse nicht leicht übersetzen konnte 
oder nicht verstand, hat er weggelassen oder umschrieben, 
wie die status comicos und tragicos p. 20,13—15 oder 
p. 12, 18 octo aereis singulos modios. Am häufigsten weicht 
As. von b und ß ab. So lässt er mit A V und R die Zu¬ 
sätze zu p, 9,11; 9,15 und den langen zu p. 5,14 weg 
und mit A und V den zu p. 9,8. Minder häufig weicht er 
von V ab. p. 64,24 behauptet Dionysias, Tharsia sei ge¬ 
storben. V (Ge. Vel. De.) haben einfach: Apollonius iussit 
uenire filiam suam Tharsiam in conspectum ipsorum ciuium 
et reuelata facie maledixit mulieri c aue o Dionysiade, saluto 
te ego ab inferis reuocata*. Der letzte Ausdruck verlockte 
zu einer Interpolation, die /?R (Vi. St. y. La.) und As haben: 
Apollonius exclamauit c domina Tharsia, nata dulcis, si quid 
f tarnen apud inferos habes (heres R, si quis tibi apud 
inferos sensus est y. St.), relinque Tartaream domum et 
genitoris tui uocem exaudi 5 . (At Vi.) puella de post tribunal 
regio habitu circumdata capite uelato processit et reuelata 


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Meyer : Latein. Text des Apollonius von Tyrus . 19 

facie malae mulieri dixit etc. Aber in der Regel schliesst 
sich As. an V an. So stimmen beide in der sonst ausser¬ 
ordentlich verschieden überlieferten Schilderung des Sturms 
p. 14 und p. 15 bis Z. 15 überein; p. 13,12 setzt V allein nach 
sedauerit hinzu: ciues ciuitatemque restituerit, ebenso As.: 
and heora ceastre gestadholode. Ja nur aus dieser Ver¬ 
wandtschaft kann man sich folgenden sonderbaren Fall er¬ 
klären. Während es p. 13,3 in A und bßU heisst c Apol- 
lonius, ne deposita regia dignitate mercatoris uideretur 
adsumere nomen magis quam donatoris, pretium quod 
acceperat utilitati eiusdem ciuitatis redonauit’, steht in As. 
c Hwaet dha apollonius forlet his thone wurdhfullan cynedom 
and mangeres naman thar genäm ma thonne gifendes. and 5 etc. 
Das erklärt sich nur daraus, dass im lateinischen Text von 
As. im Anfang ne fehlte, wie es wirklich in V fehlt. Mit¬ 
unter ist nach diesen Handschriften der Text zu verbessern. 
So wird p. 62,20 von dem blutschänderischen Antiochus 
gesagt c filiae foedissima sorte sociatus 5 , hier hat V (Vel) 
c sorde sauciatus 5 und As. das völlig richtige c mid tham fülestan 
horwe tharto getheod 5 . So ist p. 64,16 c numquid Apollonio 
lyrio exstitit aliquis ingratus uestrum 5 mit V und As. um¬ 
zukehren ‘Apollonius Tyrius exstitit alicui 5 . — p. 65, 15 ist 
c et f scelerate secum Tharsia tulit 5 entweder mit R in c et 
sceleratae filiam secum Tharsia tulit 5 oder aus As. c and 
philothemian thare forscildgodan dohtor thasia näm to hyre 5 in 
c et Philothemian condemnatorum filiam secum tulit 5 zu ergänzen. 

Noch eine Stelle sei liier besprochen, in welcher fast 
alle Handschriften in einem eigenthümlichen Lichte hervor¬ 
treten. p. 6,1 bis 7,8 lässt A zuerst den Apollonius sein 
Schiff besteigen, seine Codices quaestionum nachschlagen und 
finden, dass Antiochus ihm ans Leben wolle; dann von 
Antiochus den Haushofmeister Thaliarchus nach Tyrus ge¬ 
sendet werden, um den Apollonius zu morden. Hierauf 
heisst es c peruenit innocens tandem Apollonius prior ad 

2 * 


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20 Sitzung der philos.-phüol. Classe vom 13. Januar 1872 . 

patriam suarn et introuiuit. atque ita onerari naues praecepit 
frumento. ipse quoque Apollonius 5 etc. Diese Ordnung der 
Thatsachen ist offenbar falsch, und es ist in A von^ p. 6, 
Zeile 3 c et aperto* bis Z. 9 wegzunehmen und p. 7 Zeile 2 
nach introiuit einzuschieben. Diese Ordnung der Sätze ist 
auch in allen Handschriften ausser A. Der Wortlaut im 
Einzelnen ist dagegen höchst verschieden. Sehen wir uns 
nach der Klasse B um, so finden sich die stärksten und. 
offenbarsten Zusätze und Verschlechterungen in b und ß. 
R stimmt mit diesen überein; nur am Schlüsse ist einiges 
kürzer und besser: c quaestionem illam. cum ergo aliud non 
inueniret, non (d. h. nisi) quod semel dixerat ad regem, secum 
cogitans ait: quid agis 5 , weiterhin c in ea frumentum multum 
accumulare’ (statt der in b und ß aus p. 12,4 interpolirten 
C milia modios) und am Schlüsse ganz mit A c nauem occulte 
ascendit et hora silentissima noctis tertia tradidit se alto 
pelago\ Dass die Zusätze und Textesverschlechterungen 
in b ß und theilweise in R nicht zum ursprünglichen Text 
der Klasse B gehören, beweisen V und As., welche hier 
fast durchaus übereinstimmen. Zuerst haben sie ähnlich A 
- c uocauit ad se rex Antioclius. et dixit ei 5 . Nachher an der 
kritischen Stelle findet sich keiner jener unnöthigen Zusätze, 
auch nichts von c uolumina Graeca et Latina uniuersarum 
quaestionum 5 , sondern V hat: Thaliarcus uero hoc audito 
assumens pecuniam sirnul (que uenenum om.) nauim ascen- 
dens petiit patriam innocentis. Apollonius uero prior attigit 
patriam suam, interiorem petiit cubiculum et aperto scrinio 
codicum suorum inquirit quaestionem omnium philosophorum 
omniumque Chaldaeorum. cumque nih^l aliud inuenisset 
quam cogitauerat, ait ad semetipsum: quid etc. bis neceris. 
et eiciens foris in (s. li.) strumenta naues praeparare praecepit 
et multum pondus auri et argenti uestemque copiosam 
(bessere nach As. und St.: et exiens foras multo frumento 
naues onerari praecepit et multo pondere auri et argenti 


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Meyer ; Latein. Text des Apollonius von Tyrus. 


21 


uesteque copiosa). atque ita paucis fidelissimis seruis comi- 
tantibus hora noctis tertia nauem ascendit. tradidit se alto 
pelago. Hiemit stimmt As. überein. Wenn wir den Text 
V und As. am Schlüsse nach R corrigiren, so werden wir 
den Text der Klasse B ziemlich her gestellt haben. Von x den 
Handschriften der Klasse C ist La. ein verkürztes V; St. 
stimmt bis et exiens foras mit b und ß überein, von da 
an mit V und As., doch hat sie et statt atque ita. Vel. und 
Ge. (De.) haben mehrere Zusätze mit b und ß gemein; doch 
die Stelle von den Codices quaestionum ist in Vel. fast 
gleich A. Auch hier kommt wieder Vi. dem Texte von A 
am nächsten. Wenn auch diese Handschrift als eine des 
XIII. Jahrhunderts oft entstellt ist, so sind doch manche 
Abweichungen hier um so mehr zu beachten, als in A bei 
der gewaltsamen Umstellung auch die angrenzenden Stellen 
Schaden gelitten haben. Zuerst lässt Vi. allein mit A den 
ungeschickten Zusatz weg reuersus cum fueris, libertatem 
accipies. An der entscheidenden Stelle bietet sie: assumens 
pecuniam et uenenum naui inuectus est Tyrum. sed Apollonius 
ad patriam suam prior peruenit. apertoque codicum suorum 
scrinio inquirit quaestiones omnium auctorum (so ist natür¬ 
lich omnes actorum in A zu verbessern) omniumque paene 
philosophorum omniumque Chaldaeorum. sed cum aliud non 
inuenisset. . neceris. Haec uero securn cogitans egrediensque 
foras onerari praecepit naues frumento multo multoque 
pondere auri et argenti uesteque copiosa atque ita paucis 
fidelissimis seruis secum comitantibus hora noctis tertia 
nauim ascendit tradiditque se pelago aperto. Das wird man 
hier jedenfalls zugeben, dass wie V den reinsten Text der 
Klasse B enthält, so der Text von Vi. der beste der 
Klasse C ist. 

Durch Anwendung der oben entwickelten Methode wird 
es möglich werden, für den ganzen Apollonius den Text 
der Klassen A und B annähernd festzustellen, nicht minder 


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22 Sitzung der philos.-phildl. Classe vom 13. Januar 1872. 

aber einem Ziele nahezukommen, welches weit wichtiger ist 
und wofür diese Untersuchungen eine — unumgängliche — 
Vorarbeit sein sollen. Von Apollonius kennt nemlich Haupt 
gegen hundert lateinische Handschriften; wie die obigen, 
so werden auch die übrigen alle von einander abweichen. 
Ausserdem ward Apollonius im Mittelalter Volksbuch und 
ist in viele Sprachen Europas übersetzt und dann wieder 
umgearbeitet worden. Was der klassische Philolog bei 
handschriftlichen Studien erstrebt, nemlich die Herstellung 
eines möglichst reinen Textes, ist hier Nebensache; hier 
haben wir es vielmehr mit einem Stück mittelalterlicher 
Literaturgeschichte zu thun. Zunächst ist die Abstammung 
der verschiedenen lateinischen Handschriften zu erforschen, 
selbst der jungen — denn viele Uebersetzungen entstanden 
erst spät —, sodann zu untersuchen, welcher Text den ver¬ 
schiedenen Uebersetzungen und Bearbeitungen zu Grunde 
liegt. Es genügt zuletzt, diesen Stammbaum mit den noth- 
wendigen Belegstellen zu veröffentlichen. So wäre eine 
literarische Masse, welche jetzt noch ziemlich chaotisch ist, 
geordnet und neu gefundenen lateinischen Texten oder Ueber¬ 
setzungen könnte leicht ihre Stelle angewiesen werden. 

Anhang I. 

Im Folgenden werde ich die Abweichungen der neu¬ 
gefundenen Tegernseeer Bruchstücke sämmtlich angeben, die 
anderer Handschriften nur in Auswahl. (Wo keine Hand¬ 
schrift beigesetzt ist, ist das angegebene Lesart von T.) 

I. Blatt = Riese pag. 25, 18 tyrum bis p. 27,12 ut au. 
p. 25,18 tyrum, 22 et bis p. 26,12 ait om. TR (Vi. St.), 
p. 26, 13 statuit TR 14 potestatis und consedentibus 

15 uocauerim T (Vel.) 16 filiam meam uelle T V St 

16 apollonium praeceptorem suum 17 uiro prudenti 19 nu¬ 
merantur dies et T (om. et St.) numeratur dos amplissima 
V muneratur domus amplissima ß R 20 caelebrantur 


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Meyer: Latein. Text des ApoUonius von Tyrus. 23 

21 et 22 om. T (Vel.) 24 cum esset puella grauida. sexto 

25 dum deaiubularent iuxta litus maris uiderunt uauim 
speciosam T (dum ille multa famulorum comitante caterua 
secus maris litus ambularet. uidit nauim speciosam Vi.) 

26 mirantur | neue Seite 27 eam om. TR 28 et om. pag. 27,1 
tyrus 3 illius om. 6 percussus e. 7 antiochio und reser- 
uator 9 naufragum 10 com probas 11 percipienduin. 

II. Blatt=Riese pag. 30,13 dicellis bis 31,23 uxorem. 

14 meae om. T (Vi) 15 funeri 15 et om. 17 aspectu 

adolescens et TV 18 speciosum corpus TV 19 Ceremon 
20 haec und expectabat cf. p. 23,14. pag. 31,1 beneficio 
2 iuuenis: discipulus TV 3 uestes fudit TV 4 licorem 
4 per artificium V (St.) per artificio T 4 offidosae T 
4 tactus cf. p. 22,17 5 temptauit corpus T temptabat 

corpus V 6 aures. narium. labiis probat T (auras narium 
labiis probat St. Da das folgende sensit spiramentum ver¬ 
langt, dass in dem zunächstrorausgehenden vom Athmen die 
Rede ist, so kann labia labiis probat nicht richtig sein, 
sondern es ist an auras narium plumis oder lanis (cf. De.) 
zu denken) 7 gracilem TV 7 uitam cum morte luctantem 
T V (St. Vi) 7 morte | Rückseite 8 et om. 8 ad famulos 
suos TV 9 angulos. Quibus suppositis (unter apgulos ver¬ 
stehe ich Hauptbiegungen am menschlichen Leibe, äyxvXi], 
also etwa die Kniekehlen und die Achselhöhlen oder Ell¬ 
bogen) 9 puella tepoVata T (La. puella temporata V. Vi. St) 
10 liquefacta est 11 Ceremon 12 esse om. TV 13 mihi 
om. 14 statim spiritum patefaciam b ß R: experimento 
satisfaciam TV 14 et om. T V Vi. 14 protulit TV/? 

15 8uum et om. T (suum om. V St) 15 calefaciens (que 
V Vi.) oleum madefedt T V Vi. 16 fudit: adhibuit T V 
17 ad perfectionem: intus TV 17 accepto tepore: accepto 
(ta T) calore cum infusione T V (a. c. atque olei infusione 
Vi.) 18 liquaefactus 15 et om. 18 inclusus TV 19 cale- 
factis TV 20 recepit T V (St. La.) 20 leni balbudens T 


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24 Sitzung der philos.-philöl. Classe vom 13. Januar 1872. 


lenique palpuciens V 22 rogo uos inquit cf. T p. 62,19 
22 contingi om. T V. 

III. Blatt Riese pag. 38,20 inter bis 40, 10 ducitur 

uirgo. pag. 39,1 leno leoninus TV 2 nec uir nec femiua 
om. TV (Vel. Ge) 3 athenagoras TV 4 intelligens 4 pul- 
cherrimam om. TV 5 obtulit X sextertios. Leno ait. 
Ego XX dabo. Athenagora obtulit XXX. Iterum leno XL. 
(obtulit XL. V). Athenagora autem L. Leno in praesenti 
dat C. (Leno ait. Praesenti do C. V) TV 9 amplius: super 
T V (St) 9 X sextertios TV 9 Athinagora 10 ait et 
mihi quid (est V) cum lenone contendere permittam eum 
emere TV 22 cum eam T V (St) 12 ego prior intrabo 
ad eam et diripiam TV 13 et bis comparauerim om. TY 
14 adducitur puella und pecunia adducitur TV 15 postea 
ducitur TV 16 habebant ex gemmis et unionibus paratum 
TV 16 ait tharsiae TV 17 nurnen praesentem T praesens 
numen V 17 ait | Rückseite. 18 ciues lapsacenus T V 
18 quare puella ait om. TV 19 lapsaceni TV 19 leno 
ait om. T am Rand V 20 len. au. inci. TV 23 uirgi- 
nitatem meam 23 ut om. T V pag. 40,1 turpi Studio 
humiliare T V cf. Z. 15 2 lenonem tortorem nec blandae 

preces T (pr. bl.) V 4 Amiante cella ubi Bresaida adstat 
exornetur diligenter R; Vide ante (prius V) cellam ubi uirgo 
mittatur TV 6 postera (que V) die singulos aureos patebit 
TV 7 fecerat 9 Tertia autem die antecedentibus lyris. 
tybiis. et symponiis (simphoniis V) ducitur uirgo. 

IV. Blatt, Fortsetzung des vorigen bis 40, 10 plus das. 
Ein Stück des Blattes ist abgeschnitten, so dass auf der 
Vorderseite der Schluss, auf der Rüokseite der Anfang der 
Zeilen fehlt. Wie gross die Lücken sind, kann man aus 
folgenden Stellen sehen: Z. 11 ist von ingreditur. intrauit 
erhalten ingrec || uit, Z. 13 von ad pedes eius ait erhalten 
ac || ait, p. 41, 2 von quac a me audisti erhalten quae || i. 
Ich gebe nur an unsichere Stellen die Lücke an. pag. 40,10 


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Meyer: Latein Text des Apdllonius von Tyrus. 


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prin || & T primus adfuit & V 12 pue || hostium clausit T 
puellae puella u clausit hostium, darnach wohl puellae. 
puella hostium 14 per deum te || iuuentutem tuam T per 
deum te adiuro et per iuuentutem tuam V 15 me || pitüdine 
liumiliari T me sub hac turpitudine humiliari V 15 con- 
tinec || dicam T contine quaeso inpudicam V 16 tuam'et 
om. TV 16 Casus nunc T 17 meo || intellige. Cui T 
meorum originem intellige. cui V 18 princeps om. T V 
18 et om. TV 18 pietate || abstinuit se T pietateque plenus 
abstinuit se V 20 sumus. casi || habeo T sumus. casibus 
subiacemus habeo V 20 coniuge || qua T coniuge filiam 
de qua V 22 uirgini in manu 24 proposita e. d || Rück¬ 
seite || 6imiliter T. Wir haben also hier den doppelten 
Raum zu ergänzen, doch dare aduenientibus. age precibus 
in V ist zu viel; eher passt, was in ß steht, pag. 41,1 ego 
domine pietatis || & rogo T (die Lücke reicht in die Zeile 
herein), ego domine pietati tuae gratias ago rogoque V 
1 alicui T 6 Non po || & secutus T non potest amplius. 
et secutus V (das Uebrige fehlt) 7 eum athenagora || m exitum 
rei. Ille iuuenis T eum athenagora ad uidendum exitum rei. 
ille iuuenis V 8 more solito TV 9 nis ait die si uales 
quantum TV 11 iuuenis ait || est T iuuenis ait. homo 
diues est V. 13 et om. TV 14 ee. || tolle T esse meliorem 
tolle V 14 integram auri libram TV 14 libram || ra 
audiebat T libram. athenagora ü audiebat V (doch ist uero 
wohl zu viel) 15 plus das T V. 

V. Blatt Riese pag. 61, 13 uniuersus bis 62,20 eius. 
13 militenae TV 14 eternum 15 apollonius om. TV 
16 athenagore 18,19, 20 Et cum eo & cum filia sua uolens 
redire in patriam suam transeundo per tharsum uidit T 
posthaec cum filia sua et genero etc. V 20 somnis angelum 
dicentem sibi. Apolloni TV 22 ephesum descende & intra 
in T V 22 diane . 23 tuo. ibi omnes Casus tuos T V 
23 postea ueniens tharso (o in ü corr. V) 24 uindicabis 


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26 Sitzung der philos.-philol. Glosse vom 18 . Januar 1872. 

T V (Vi.) 25 filiae et genero T V R (Vi. St) 26 iubetur 

T (Vi.) 26 gubernatorem petere ephesumTV pag. 62,2 

ephesum (richtig) 2 deanae 3 feminas om. 4 sibi | Rück¬ 
seite 4 aperire T V R (Vi.) 4 ut bis euarraret om. T V R 

5 matri TVR 8 et: in TV 9 effigies TV 15 coepit 
apollonius TV 15 adulescentia 16 tum om. TV 17 nec 
esset bis 19 nescirem om . T V (St) 19 regis inquit 
anthiochi T (iniqui Vel. Ge. antiqui. y.) 19 exolui. 

• Anhang II. 

Neuerdings hat Teuffel im Rhein. Museum 1872 p. 103 
bis 113 über den Verfasser dieses Buches und das Verhältniss 
der Handschriften gesprochen. Er behauptet 1), dass die 
in dem Buche genannten Oertlichkeiten sowie das Zerreissen 
der Kleider als Aeusserung des Schmerzes bewiesen, dass 
der Verfasser ein Orientale, wahrscheinlich ein kleinasiatischer 
Grieche gewesen sei. 2) Da in der lateinischen Recension 
zweimal p. 1, 7 und 23,9 die Rede davon sei, dass die 
Freier eine dos anbieten, um ein Mädchen zur Frau zu 
erhalten, dies aber nur germanische Sitte gewesen sei, so 
müsse diese lateinische Bearbeitung in einem Lande ent¬ 
standen sein, wo sich germanische Elemente fanden, etwa 
im ostgothischen Italien (in Cassiodor’s Uiuarium) oder im 
westgotliischen Spanien oder am ehesten in Britannien in 
einem angelsächsischen Kloster. Dtfnn man habe 3) das 
Verhältniss der Handschriften vollständig verkannt. Er habe 
erst im Verlauf der Lektüre aus den bei Riese gegebenen 
Varianten erkannt, dass der Codex Sloanianus (y) besser sei 
als Rieses Text, ja dass er die Abschrift eines Archetypus 
sei, der älter und trefflicher als A und die Klasse B gewesen 
sein müsse. Demnach reconstruirt er ein Stück des Wort¬ 
lautes von y , indem er die bei Riese gegebenen Varianten 
in dessen Text einsetzt. 


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Meyer : Latein . Teatf des ApdUonius von Tyrus . 27 

Diese Aufstellungen Teuffels sind sämmtlich falsch. 
Denn es finden sich erstlich in dem Buche nur so oberfläch¬ 
liche geographische Kenntnisse, wie sie sogar jeder unter¬ 
italische Grieche, der ein Buch schrieb, haben musste. Auch 
für die Sitte des Zerreissens der Kleider Hessen sich hin¬ 
reichend Beispiele in Unteritalien finden. Man muss aber 
dieses Buch von einem andern Standpunkte, nemHch dem 
der Literaturgeschichte im Zusammenhänge mit den übrigen 
griechischen Romanen betrachten. Diese wollen nicht die 
Sitten ihrer Zeit schildern, sondern holen sich ihr Material 
von überall her, am Hebsten aus der alten Literatur ihres 
Volkes. Was die zweite Thesis betrifft, so genügt der Hin¬ 
weis, dass der Brautkauf sich bei Homer als gewöhnKche Sitte 
findet. Sollte aber Jemand läugnen, dass der Verfasser des Apol- 
loniusjene Sitte aus dem heroischen Zeitalter herübergenommen 
habe, so lese er Folgendes: £v r$ &eQ6i rqde xal (ivtjorrjqm 
rtXfj'd-og r(v 7teql rrv XXorp> xai rtoXXol TCoXkayod'Zv ecpoirtov 
7taqa rov Jqyavra (den Vater des Mädchens) rtqog ydfiov 
alrovvreg avrrjv, xai di {iev n dwQOv etpeQOv, oi ds TtoXXa 
iTtrjyyeXXovro xal [leydXa (= Ap. p. 1,7 multi eam in matri- 
monium petebant et cum magna dotis pollicitatione currebant). 
Die Mutter der Chloe meinte, es sei am besten exelvtjv re 
Ttoirfsai deOTtoivav olxiag xal avrovg TtoXXa Xaßovrag Idiqj 
qwXazzeiv xal yvrjolq) 7 taidi($ (eyeyovei yaq avroig ccqqbv 
Ttaidiov ov txqo rtoXXov zivog). Der arme Liebhaber der 
Chloe findet mit der Nymphen Hilfe viel Geld, läuft zum 
Vater des Mädchens, rühmt seine andern Vorzüge und schliesst: 
rooovrov rwv aXXcov xqarwv ovde dwQOig r^rrrj^oo^ai. exelvoi 
düjoovoiv cuyag xal rtqoßara xal £evyog jpcoQaXecov ßowv xai 
dirov firjde aXexroQidag &Qexpac dvvdfievov. Ttaq' efxov de aide 
vfuv rqioyLXiai. di de läovreg rooovrov äqyvQiov avrlxa dcooeiv 
ertrjyyeXXovto. Das ist offenbar dieselbe Sitte des Brautkaufes. 
Und wo findet sich diese Schilderung? In dem Hirtenroman 


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28 Sitzung der philos. -philöl. Classe vom 13. Januar 1872. 


des Longus vom fünfundzwanzigsten Kapitel des zweiten 
Buches an. Läugnet Jemand auch hier die Nachahmung 
alter Zustände, so muss er entweder annehmen, dass die 
Sitte des Brautkaufes sich auch nach Christus in Griechen¬ 
land erhalten habe, ohne dass die römischen Rechtsquelleu 
etwas davon wissen, oder er muss in dem Roman des 
Longus eine neue Quelle finden für die Kenntniss altgerman¬ 
ischer Kultur 2 ).— Was den dritten und vierten Punkt betrifft, 
so hat Teuffel die Vorrede von Riese nicht genau angesehen, 
p. V sagt Riese von den Handschriften, denen y ähnlich ist: 
c eo8 ubique afferre taedio, non usui esset; id unum egi, ut 
in quibus partibus A deperditus est, in eis ex optimo eorum 
y ea quidein plene adnotarem, quae cum illo communia 
eum habere uerisimile . . uisum est\ Demnach ist der 
Text, mit welchem Teuffel 5 Seiten des rheinischen Museums 
füllt, eine reine Fiktion; denn der von Riese nicht ange¬ 
gebenen schlechten Lesarten in y sind wohl mehr als der 
angegebenen guten. Nur p. 42 — 47 hat Riese sämmtliche 
Varianten aus y angegeben. Da zeigt sich, dass, wo diese Hand¬ 
schrift besser ist als die Klasse B, sie dies den aus A 
geretteten Bruchstücken verdankt, dass sie aber andererseits 
oft schlechter ist als die Klasse B und A, niemals aber 
besser als A. Die von Teuffel als trefflich bezeichneten 
Lesarten von y stehen alle nur dem Text der Klasse B und 
hier wiederum den schlechten Handschriften b und ß gegen¬ 
über, beweisen also nichts gegen A. Demnach hat Teuffels 
Arbeit weder die Erkenntnis der literaturgeschichtlichen 
Stellung unseres Buches noch des Verhältnisses der Hand¬ 
schriften irgendwie gefördert. 

2) Es fragt sich jedoch, ob Teuffels Voraussetzung richtig ist. 
Mir scheinen die beiden Stellen das Vermögen zu bezeichnen, das 
der Mann zur Ehe mitbringt, oder eine Gabe ähnlich der donatio 
propter nuptias, welche ja auch dvritpeqva, Gegendos, hiess. 


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