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Full text of "Archiv Für Dermatologie Und Syphilis. Ergänzungshefte 1892 Teil 2"

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Originalabhandlungen. 



Krg’äuzungshefte z. Archiv f. Dermatol, u„ Syphil. 1892. 


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Aus Dr. Gerber's Ambulatorium für Hals-, Nasen- und 
Hautkrankheiten in Königsberg. 


Syphilis des Nasenrachenraumes. 

Von 

Dr. Gerber. 

(Hierzu Tafel I.) 

Der Nasenrachenraum ist und bleibt immer noch das 
Stiefkind der ärztlichen Untersuchung. Dieses ebenso leicht 
erklärliche wie unverdiente Schicksal nun ist so lange nicht 
tragisch zu nennen, als die Krankheitsprocesse, die sich dort 

— im wahren Sinne des Wortes: hinter den Coulissen — ab¬ 
spielen und bei der allgemeinen Exploration des Patienten 
dem untersuchenden Arzte entgehen, nicht ernsterer Natur 
sind. Dies sind sie aber glücklicherweise nur in den selteneren 
Fällen. So finden sich — um nur ein mir naheliegendes Bei¬ 
spiel herauszugreifen — in den beiden letzten Jahresberichten 
aus dem früheren M i c h e 1 s o n’schen Ambulatorium verzeichnet 

— 1889—1890: Unter 118 ausschliesslichen Erkran¬ 
kungen des Nasenrachenraums nur zwei Tumoren, und zwar 
nicht maligne, alles Uebrige: Catarrhus retronasalis und adenoide 
Vegetationen. 1890—1891: Unter 264 Erkrankungen des 
Nasenrachenraums drei Fibrome, alles Uebrige: Catarrhus 
retronasalis und adenoide Vegetationen. 

Ganz anders aber gestaltet sich die Situation, wenn es 
sich um schwere Allgemeinerkrankungen handelt, die sich zur 
Zeit eben nirgend anders als gerade im Nasenrachenraume 

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Gerbe r. 


deutlich manifestiren und, wenn dieser nicht untersucht wird, 
so lange unerkannt und unbehandelt bleiben, bis der Process 
auch an andern Körperregionen und in andern Organen zu 
Tage tritt. Das kann aber bei chronisch und sehr schleichend 
verlaufenden Krankheiten oft recht lange dauern und inzwischen 
an jener einen unentdeckten Stelle zu tiefgreifenden und irre¬ 
parablen Zerstörungen fuhren. 

Die Processe, die hier in Frage kommen können, sind 
vor Allem: Diphtherie, Tuberculose und Syphilis. Vereinzelte 
Fälle von nur auf den Nasenrachenraum beschränkter Di¬ 
phtherie sind beschrieben worden, 1 ) sie sind aber selten genug. 
Nicht häufiger wohl tuberculose Geschwüre, die im Cavum 
pharyngonasale localisirt blieben. Die von diesem Gesichts¬ 
punkte aus wichtigste und häufigste Erkrankung ist die Syphilis. 
Recht spärlich aber finden sich bisher in der Literatur auch 
die Fälle von reiner Syphilis des Nasenrachenraums. Dass sie 
häufiger ist als es den Anschein hat, daran dürfen wir nicht 
mehr zweifeln und ihre Diagnose wird in dem Masse öfter 
gestellt werden, als die hintere Rhinoskopie mehr ein Allge¬ 
meingut der Aerzte werden wird. 2 ) 

In den meisten Speciallehrbüchern sowohl der Rhinologie 
als der Syphilidologie finden wir auch nicht einmal die Mög¬ 
lichkeit eines solchen isolirten Vorkommens erwähnt. Nur dass 
die Gummiknoten des Nasenrachenraumes mit Vorliebe in der 
Plica salpingopharyngea und dem Tubenwulst sitzen und sich 
in kraterförmige Geschwüre mit wallartigen Rändern umbilden, 
wird angegeben, 3 ) dass sie meist der Körperachse parallel ver¬ 
laufen und häufig von der Rachenmandel bis herunter in die 
Pars oralis des Pharynx reichen. 4 ) Nur in der vortrefflichen, 
durch erschöpfende Genauigkeit der Beobachtungen auch 


Wendt und Wagner: Die Krankheiten der Nasenrachenhöhle 
und des Rachens, (v. Ziemssen’s Handbuch d. spec. Pathol. u. Therap. 
2. Aufl. 1878. VII. Bd. I. p. 297). 

2 ) Cfr. Moldenhauer. Die Krankheiten der Nasenhöhlen etc. 
Leipzig 1886. p. 121. 

3 ) S c h e c h. Die Krankheiten der Mundhöhle etc. 2. Aufl. 1888. p. 179. 

4 ) B. Fraenkel. Pharynxkrankheiten in Eulenbu rgs Real-Ency- 
clopädie. 2. Aufl. 1888. Bd. XV. p. 505. 


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Syphilis des Nasenrachenraums. 


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heute noch obenan stehenden Bearbeitung der Krankheiten 
der Nasenrachenhöhle und des Bachens von Wendt und 
Wagner inZiemssens Handbuch, die wir schon oben 
citirt haben, findet sich ein hierher gehöriger Fall. 1 ) 

Wendt sah ein ziemlich grosses Geschwür in der Nasen¬ 
rachenhöhle allein neben starker Röthung daselbst und im 
Rachen und reichlicher Schleimabsonderung. Die Symptome 
bestanden nur in gelegentlichem Abgang blutigen Schleims 
durch Nase und Mund. Das Geschwür tief, mit speckigem 
Grunde und scharfer Begrenzung nahm den vorderen Theil 
der Rachentonsille ein und griff auf den rechten Handgriff 
des Vomer über. — Wiederholte Schmiercur, Nasendouche; 
Heilung. 

Auch heute uoch ist es richtig, dass die syphilitischen 
Erkrankungen des Nasenrachenraumes „noch wenig Bearbeitung 
gefunden haben“. 8 ) 

Wen dt s Beobachtungen ergeben Folgendes: „In drei 
Achteln der Fälle, in welchen an andern Schleimhäuten, an 
der Haut, an den Knochen ausgeprägte syphilitische Erkran¬ 
kungen bestanden, oder Residuen solcher wahrzunehmen waren, 
war auch der Nasenrachenraum in irgend einer Weise 
betheiligt. So fand sich je einmal eine spitz condylomartige 
Wucherung an einer Tubenmündung, spaltförmige Verengerung 
einer solchen durch hypertrophische Entwicklung der Schleim¬ 
haut, Geschwürsbildungen wurden in wenigen 
Fällen, entweder an der Rachentonsille oder an den seitlichen 
Wänden gesehen, öfters Narben an verschiedenen Stellen, 
mehrmals neben Geschwüren.“ Auch unter 27 von mir seiner 
Zeit veröffentlichten Fällen mit pharyngo-nasalen Syphilis- 
affectionen fand sich der eigentliche Nasenrachenraum in sieben 
Fällen betroffen, also in etwa 26°/ 0 . 3 ) 

Es sei aber noch einmal ausdrücklich hervorgehoben, 
dass ich hier nicht von solchen Fällen spreche, in denen die 
Syphilis des Nasenrachenraumes nur Theilerscheinung war und 


*) ]. c. p. 305. 

2 ) Wendt-Wagner. 1. c. p. 304. 

3 ) Dies. Archiv. 1889. Heft IV. p. 475 ff. 


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Gerber. 


zugleich syphilitische Affectionen der Mundhöhle oder der 
Nase bestanden. Gerade jetzt wieder stellt sich eine 31jährige, 
sonst anscheinend gesunde Frau, Mutter mehrerer gesunder 
Kinder im Ambulatorium mit der Klage über Halsschmerzen 
vor, bei welcher der geschwürige Process, der das ganze 
Cavum pharyngonasale vom Septum und den Choanen an, die 
Tuben und die Plicae salpingopharyngeae ergriffen, — weit 
unter dem Yelum hervorkriecht, und erst etwa einen halben 
Centimeter unterhalb der Uvula mit einem kraterförmigen 
Rande abschliesst. Hier genügt ein Blick in die Mundhöhle 
hei herabgedrückter Zunge zur Kenntniss der Sachlage, wenn 
auch freilich nur der postrhinoskopisch Untersuchende einen 
Begriff bekommt von der Ausdehnung und Bedeutung des 
Processes. Ist es also, wie gesagt, auch richtig, dass die 
syphilitischen Veränderungen des Nasenrachenraumes noch nicht 
genügend gekannt sind, so wird — auch bei dem Mangel ander¬ 
weitiger Erscheinungen — die Diagnose Syphilis doch wenigste ns 
gestellt werden können, wenn nur der Process vom Nasen¬ 
rachenraum sich bis in die Mundrachenhöhle herab erstreckt. 
Nur von den Fällen aber spreche ich hier, bei denen dies 
nicht statthat und die Diagnose nur möglich ist, wenn der 
Nasenrachenraum dem Auge zugängig gemacht wird. 

Der einzige, der die Möglichkeit solch isolirten Vor¬ 
kommens ausdrücklich hervorhebt, ist Michel. *) Er sagt: 
„Syphilitische Geschwüre können im Nasentheile des Rachens 
bestehen, ohne dass am Gaumensegel oder im Mundtheile des 
Rachens irgendwie nennenswerthe Veränderungen vorhanden 
sind; so habe ich eine ziemliche Zahl von Patienten unter¬ 
sucht und behandelt, die mehr oder weniger lange vergebens 
gegen ihre Schmerzen und Beschwerden Hilfe gesucht hatten, 
blos weil sie bis dahin nur einfach durch Inspection der Mund¬ 
rachenhöhle, nicht aber pharyngoskopisch untersucht worden 
waren.“ Er schliesst daran die Mittheiluug folgenden Falles: 

„Ein Reisender aus Dänemark coDsultirte mich im Sommer 
1876. Er klagte über Schmerzen bei Schlucken, die schon 


l ) Zur Behandlung der Krankheiten der Mundrachenhöhle und des 
Kehlkopfes. Leipzig, 1880, p. 6. 


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Syphilis des Nasenrachenraums. 


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seit 5—6 Monaten bald mehr bald weniger sich geltend machten. 
In Kopenhagen, Hamburg, Amsterdam frug er Aerzte um Rath ; 
man fand ein massiges Oedem der Uvula, das man sich nicht 
recht erklären konnte. Die pharyngoskopische Untersuchung 
ergab, dass die hintere Wand der Pars nasal, phar. bis zum 
Dach hinauf in ein grosses Geschwür verwandelt war. Nach 
dreitägigem Jodkaligebrauch waren die Schmerzen verschwun¬ 
den, nach 14 Tagen das Geschwür geheilt; es fanden einige 
Aetzungen statt mit Arg. nitr. in Substanz, worauf ich gleich 
Salzwassereinspritzung durch die Nase folgen liess zur Linderung 
des Schmerzes, den das Aetzmittel verursacht.“ 

Schon in meiner früher veröffentlichten Arbeit über 
pharyngonasale Syphilis konnte ich einen Fall von ziemlich 
reiner Syphilis des Nasenrachenraumes mittheilen und M i- 
chelson, aus dessen Ambulatorium jene Fälle stammten, 
mass damals gerade diesem besondere Bedeutung bei. Es 
handelte sich um einen kräftig gebauten Mann, der im Februar 
1889 mit der Klage über Schmerzen und Trockenheit im Halse 
und ein Druckgefühl im Naseniunern ins Ambulatorium kam. 
Aber weder die Besichtigung der Mundhöhle noch des Nasen- 
innem mittelst vorderer Rhinoskopie liess irgend welche Ab¬ 
normitäten erkennen; Sprache, Geruch und Geschmack waren 
normal und auch die Exploration des übrigen Körpers ergab 
nichts, was auf die Spur einer richtigen Diagnose hätte leiten 
können. Erst bei der Untersuchung des Cavum pharyngonasale 
mittels hinterer Rhinoskopie zeigt sich ein Ulcerationsprocess, 
der sich von der Mucosa septi aus his zum Fornix pharyngis, 
auf die Schleimhautbedeckungen der Chöanen und die Wurzeln 
beider mittleren Muscheln erstreckt. Ebenso ist das Orificium 
Tubae sinistrae und die pharyngeale Fläche des Velum zum 
Theil oberflächlich ulcerirt. Schon bei diesem Falle hob ich 
ausdrücklich hervor, „dass weder an der Pars oralis mucosae 
veli, noch an der Pars oralis mucosae pharyngis Entzündungs¬ 
erscheinungen, Ulcerationen oder Narben nachweisbar sind.“ 
— Heilung unter einer specifischen Kur. nach Abgang eines 
Sequesters vom hinteren Theile des Septum. — Ausser diesen 
und dem von Wendt mitgetheilten Fall ist mir nur noch ein 


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Gerber. 


von Zaufal 1 ) publicirter zu Gesicht gekommen, den Z. haupt¬ 
sächlich zu dem Zweck, den Nutzen seiner Nasenrachentrichter 
zu demonstriren, veröffentlicht hat. — Das Resume dieser 
Krankengeschichte lautet: „Gummata der Plica salpingo- 
pharyngea, des Tubenwulstes und der hinteren seitlichen Ra¬ 
chenwand rechts; gestieltes Fibrom an der Plica salpingo¬ 
pharyngea links. Schwerhörigkeit rechts in Folge Tubenver¬ 
schlusses. Paracentese rechts, Entfernung des Fibroms der 
linken Plica salpingopharyngea mit der galvanokaustischen 
Schlinge. Inunctionskur, Heilung. 

Hier ist der Process also in einem früheren Stadium zur 
Beobachtung gekommen als in den von Wendt, Michel und 
von mir oben mitgetheilten Fällen. Hier handelt es sich um Gum- 
mata, dort um Geschwüre, die offenbar erst aus dem Zerfall 
solcher hervorgegangen waren. Aber hier basirte die Diagnose 
mehr auf den anamnestischen Momenten, einem ulcerösen, 
speckig belegten Substanzverlust an der hinteren Wand des 
Cavum pharyngonasale und der Anschwellung der Lymph- 
drüsen des Nackens als etwa auf einer specifischen Geschwulst¬ 
form. Denn mit Recht bemerkt Zaufal selbst: „Aus der 
Form der Geschwulst allein werden wir nie im Stande sein, 
die Diagnose: Gumma mit Sicherheit zu stellen. Sie präsen- 
tiren sich im Cavum pharyngonasale in Gestalt breit auf¬ 
sitzender, glatter, rundlicher, gelbröthlicher oder rother Ge¬ 
schwülste von der Grösse einer Erbse bis zu der Grösse einer 
Haselnuss und haben am meisten Aehnlichkeit mit vergrösserten 
Follikeln oder Follikelcyfcten, die ja auch oft eine bedeutende 
Grösse erreichen; .... doch unterscheiden sich die Gummata 
wesentlich von den so häufig im Nasenrachenraum vorkom¬ 
menden zapfen-, finger- und kammfÖrmigen Wucherungen, die 
wir jedoch von der zweiten Hälfte der zwanziger Jahre an 
verhältnissmässig selten treffen.“ 

Schliesslich wollen wir die — moralische Nutzanwendung, 
die Zaufal an diesen Fall anknüpft, nicht übergehen: „Bei 
der richtigen Ausnützung der neuester Zeit so 


') Zaufal. Die Plica salpingopharyngea. (Archiv für Ohrenheil¬ 
kunde. XV. Band 1880. p. 121 ff.) 


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Syphilis des Nasenrachenraums. 


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vervollkommneten Untersuchungsmethoden des 
Nasenrachenraumes an syphilitischen Kliniken 
und Abtheilungen wären wir in derKenntniss der 
syphilitischen Veränderungen in dieser Höhle 
gewiss weiter vorgeschritten, als es bis jetzt 
noch der Fall ist. u — Unter solchen Umständen schien 
mir die Mittheilung des folgenden Falles nicht interesselos, 
zumal es mir möglich war, der Beschreibung eine sehr natur¬ 
getreue, äusserst instructive — von unserem akademischen 
Maler, Herrn Braune angefertigte — Tafel beizugeben, die 
es besser und kürzer, als das mit Worten möglich ist, darthut, 
wie versteckt, man möchte fast sagen; mit welcher Hinterlist 
sich derartige schwere Processe im Nasenrachenraume ab¬ 
spielen können, ohne dass der übrigen Schleimhaut, speciell 
derjenigen der Mundrachenhöhle sich auch nur die leiseste 
Andeutung abgewinnen liesse. 

Am 20. Januar dieses Jahres stellte sich die unverehe¬ 
lichte Marie W., 29 Jahre alt, in meinem Ambulatorium vor. 
Sie klagte damals über Halsschmerzen, besonders beim 
Schlucken, die seit etwa vier Wochen bestanden; Nachts sei 
der Hals trocken, am Morgen sehr verschleimt. Sonst sei 
sie immer gesund gewesen. Sie gibt an, seit Beginn 
ihres Halsleidens mit Pinslungen und Einathmungen behandelt 
zu sein, ohne dass ihre Beschwerden gehoben worden seien. 
Heiserkeit ist nicht vorhanden. Die Inspection der Mundhöhle 
ergibt: die Schleimhaut — besonders des Velum — blass und 
anämisch, sonst, wie die ganze übrige Schleimhaut der Mund¬ 
höhle, normal. Die hintere Pharynxwand, soweit sie von Schleim 
frei ist, etwas geröthet, von trockenem, lackartigem Glanz; 
hier • und da, besonders in der Mitte mit zähem grünlich» 
gelbem Schleim bedeckt. Die hintere Rhinoskopie, die anfangs 
nur bei Abziehen des Velum mit einem stumpfen Wundhaken 
möglich ist, zeigt den Fornix pharyngis mit Secret erfüllt, das 
Rachendach, die Rosenmüller’schen Gruben mit festem, zähem, 
grünlich-gelbem Schleim bedeckt. Nase und Kehlkopf normal. 

Meine Diagnose lautete damals: diffusser Retronasalcatarrh 
und ich verordnete: Nasenrachendouche und Pinslungen mit 
einer modificirten Lugol’schen Lösung. 


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Gerber. 


Nachdem dies Regimen drei Tage angewendet war und 
Patientin der hinteren Rhinoskopie zugängiger geworden, zeigte 
sich am 22. Jänner das Secret verschwunden und es trat nun 
bei möglichst starkem Abziehen des Segels nach oben auf der 
hinteren Pharynxwand eine bogenförmig verlaufende, dicke 
wallartige Leiste hervor, die sich als der untere Rand eines 
weit hinaufreichenden Geschwürs des Nasenrachenraums ergab. 
Die Untersuchung mittelst hinterer Rhinoskopie zeigte Fol¬ 
gendes: Der Haupttheil des Geschwürs liegt am Rachendach 
mit der Längsaxe in der Längsaxe des Körpers und erstreckt 
sich in dieser Richtung vom Septum narium bis fast an die 
dem freien Rande des Velum entsprechende Stelle der Pha¬ 
rynxwand. Im Spiegelbilde zeigt sich das Geschwür in dieser 
Axe natürlich verkürzt und eher breit wie lang. Es erstreckt 
sich seitwärts von einem Tubenwulst zum anderen, den rechten 
mit in den geschwürigen Process ziehend. Das Geschwür ist 
flach, der Rand besonders nach unten und den Seiten hin 
scharf abgesetzt, gewulstet, während es nach den Choanen hin 
mehr allmälig in die normale Schleimhaut übergeht. Der 
Grund des Geschwürs ist uneben, höckrig-ulcerös, zum grössten 
Theil gelblich-speckig belegt. Ein solcher gelblich speckiger Herd 
von etwa Linsengrösse und einige noch kleinere finden sich 
auch auf dem rechten Tubenwulst, dessen Schleimhautbedeckung 
im Ganzen entzündlich geröthet, sich deutlich von der des 
anderen normalen Tubenwulstes unterscheidet. Im Uebrigen 
zeigt nur noch das obere Dach der linken Choane einen ganz 
isolirten kleinen gelben Plaque. 

Meine Diagnose lautete nun: Luetisches Geschwür 
des Cavum pharyngonasale. Dieselbe war nicht nur 
durch die Ausschliessung der wenigen hier in Betracht kom¬ 
menden anderen Krankheitsprocesse, sondern auch und vor 
Allem durch das charakteristische Aussehen des Geschwürs 
gegeben. Bei nochmaliger genauer Besichtigung konnte aber 
weder in der Mundrachenhöhle, noch im Naseninnern, noch 
im Larynx irgend etwas Pathologisches entdeckt werden; keine 
Drüsen am Halse oder am Nacken. Bei der Exploration des 
übrigen Körpers wurde dann freilich noch ein letzter Rest 
der vorausgegangenen Allgemeinerkrankung als Bestätigung 


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Syphilis des Nasenrachenraums. 


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der Diagnose gefunden, nämlich ein sehr schönes Leuco- 
derma an den untern Partien des Halses. Im Uebrigen an der 
kleinen, etwas blassen, aber sonst kräftigen Person nichts 
Pathologisches. Auch die anderen Schleimhäute, Haut- und 
Drüsenapparat sind völlig normal. — Jetzt gibt Patientin auch 
auf nochmaliges kategorisches Examiniren eine frühere Er¬ 
krankung zu, die sie von der im April 1890 erfolgten Ent¬ 
bindung eines Kindes herleitet, das mit Flecken geboren wurde 
und starb. 

Ord.: Jodkali 2,0 pro die; local: Jodoforminsufflationen. 

Status vom 9. Februar. Die Schmerzen im Halse, sowie die Ver¬ 
schleimung und Trockenheit Nachts sind geschwunden. Hintere Rhino- 
skopie: Nach Entfernung des anhaftenden Schleims zeigt sich der Grund 
der Geschwürsfläche gereinigt; die Schleimhaut nach dem Septum zu, 
sowie der rechte Tubenwulst nahezu normal; die nach unten zu rei¬ 
chende schmale Zunge des Geschwürs leicht blutend, der scharfe Rand 
hier noch deutlich. 

19. Februar. Nach Gebrauch von 20 Gr. Jodkali und täglichen 
Jodoforminsufflationen ist der nach dem Septum und den Choanen zu 
liegende Theil des Geschwürs gänzlich abgeheilt. Die Schleimhaut ist 
hier von normaler Farbe und zeigt nur eine etwas höckrige Beschaffen¬ 
heit. Deutlich ist heute nur noch der Rand des ehemaligen Geschwürs 
an der schmalen nach dem Cavum oris herabzeigenden Zunge. 

Ord.: Inunctionscur ä 4,0 pro die. 

24. Februar. Nach 10 Einreibungen ist auch der Rand, der noch 
den Substanzverlust auf der ehemaligen Geschwürsfläche begrenzte, völlig 
verwischt. Das Geschwür ist, ohne erkennbare Narbe zurückzulassen, ge¬ 
heilt. Patientin fühlt sich wohl. Fortsetzung der Cur. 

Die auf Tafel I. beigegehenen Figuren sind ohne weiteres 
verständlich. Die Nebeneinanderstellung des erkrankten Nasen¬ 
rachenraumes und der völlig normalen Mundrachenhöhle des¬ 
selben Falles zeigen, wie ich glaube, auf das Deutlichste, was 
ich mit dieser kurzen Mittheilung bezweckte. 


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Beitrag zur Kenntnis« der syphili¬ 
tischen Muskelentz (i ndung (Myositis 
syphilitica). 

Yon 

Dr. Nicolaas Ostermayer 

(Budapest). 


Nach Ansicht der meisten Autoren gehören die gummösen 
Affectionen der Körpermusculatur zu den selteneren Formen 
der leutischen Späterkrankung. Französische Syphilidologen wie 
Diday 1 ) und Langlebert 2 ) bezeichnen sogar die Myositis 
syphilitica als sehr seltenes und erst 4—5 Jahre nach der In- 
fection eintretendes Vorkommniss. Die Richtigkeit dieser 
Angaben scheint durch die geringe casuistische Literatur über 
diesen Gegenstand gestützt zu sein; wenngleich man nicht ver¬ 
gessen darf, dass ein grosser — und ich glaube nicht irre zu 
gehen — wenn ich behaupte, dass der grösste und zugleich der 
interessanteste Theil derartiger Fälle, nicht dem competenten 
Fachmann sondern den Chirurgen zugeführt wird, woraus dann 
ein bedeutender Ausfall des diesbezüglichen Materials und der 
sich daran knüpfenden Beobachtungen und Erfahrungen für 
den Specialisten resultirt. Hiebei kommt wohl noch der Um¬ 
stand in Betracht, dass ein grosser, wesentlicher Antheil der 
den Chirurgen zufallenden Fälle theils wegen offenkundiger 
Schwierigkeit der Diagnose, theils wegen des Mangels an exactem 
diagnostischen Wissen auf dem Gebiete luetischer Erkrankungen 
für Zwecke wissenschaftlicher Ausnützung überhaupt gänzlich 

') La pratique des maladies veneriennes. 1886. 

s ) Traite pratique de Ia Syphilis. 1888. 


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Ostermayer. 


verloren geht. Der Grund warum solche Kranke sich an Chi¬ 
rurgen wanden, liegt in der Natur der Sache; insoferne als 
das Muskelgumma in allen seinen Verlaufsstadien chirurgische 
Krankheitsbilder abgibt und die Kranken selbst nicht die ge¬ 
ringste Ahnung haben, dass ihre gegenwärtige Krankheit mit 
einer einmal stattgehabten syphilitischen Infection zusammen¬ 
hängt. Viele von ihnen, besonders Frauen, wissen und wollen 
auch von einer durchgemachten venerischen Erkrankung nichts 
wissen. Um also die verhältnissmässige Seltenheit der syphi¬ 
litischen Muskelerkrankungen und der daraus sich ergebenden 
geringen literarischen Bearbeitung dieses Gebietes richtig be- 
urtheilen zu können, müssen erwähnte Verhältnisse unbedingt 
in Rechnung gezogen werden. 

Auf der chirurgischen Abtheilung des hauptstädtischen 
allgemeinen Krankenhauses St. Johann zu Budapest konnte 
ich — um meine Erfahrungen an dieser Stelle geltend zu 
machen — im Verlaufe kaum eines halben Jahres unter 
15 Fällen gummöser Erkrankung des Bewegungsapparates und 
der Hautdecken 5 Fälle von Myositis syphilitica feststellen, 
was in Anbetracht des nur mässig grossen Belegraumes unserer 
Abtheilung und der mittelstarken Frequenz derselben eine 
entschieden hohe Zahl ist. Dass es sich in diesen 5 Fällen 
thatsächlich um Lues gehandelt hat, ist durch den prompten 
Effect angewandter antisyphilitischer Therapie ausser Frage 
gestellt, und werde ich des Nähern bei Anführung der ein¬ 
zelnen Fälle hierauf eingehen. 

Seit den grundlegenden Beschreibungen von Ri cord, 
Buisson de Montpellier, Zeissl und Virchow wissen wir, 
dass syphilitische Erkrankungen des Muskelapparates mit ana¬ 
tomisch nachweisbaren Veränderungen ihrer Substanz nur in der 
Spätperiode der Syphilis auftreten, während für die im recenten 
Stadium öfters auftretende Empfindlichkeit einzelner Muskeln 
auf Druck, sowie für die im Proruptionsstadium spontan sich 
einstellenden rheumatoiden Schmerzen kein path. anatomisches 
Substrat nachzuweisen ist. Die Myositis syphilitica ist demnach 
eine rein tertiär-luteische Erscheinung, welche in der Regel 
erst nach dem dritten Jahre post infectionem auftritt; nur 
selten dürfte es geschehen, dass Muskelgummen während des 


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Eiu Beitrag zur Kenntniss der syphilit. Muskelentzünduug. 15 

Bestandes der luetischen Exanthem- und Enanthemformen 
(universelle oder local recidivirende Formen) oder bald nach 
dem Erlöschen derselben sich etabliren. In der Literatur konnte ich 
nur bei Neumann 1 ) einen Fall ausfindig machen, wo 18 W ochen 
post inffictionem sich im Extensor digitor. communis des rechten 
Unterschenkels, im linksseitigen Masseter, Radialis internus, 
Supinator longus und Biceps femoris langsam, schmerzlos und 
ohne Functionsstörung knotige Infiltrate entwickelten. Ansonst 
kann ein 5, 12, 20-jähriges krankheitsfreies Intervall ablaufen. 

Virchow unterscheidet zwei Formen der Myositis syphi¬ 
litica, die fibröse oder diffuse und die gummöse oder circum- 
scripte. Bei beiden handelt es sich um kleinzellige Infiltra¬ 
tionen entzündlicher Natur im Perimysium; nur betreffen die¬ 
selben im ersten hall das gesammte Bindegewebe des Muskels, 
es handelt sich also um eine Erkrankung der ganzen Masse 
eines Muskels, während bei der gummösen Form die syphi¬ 
litische entzündliche Neubildung sich durch zerstreute oder 
gruppirte einzeln oder mehrfach auftretende knotige Herde 
in der Muskelsubstanz äussert. Durch Wucherung der ent¬ 
zündlichen Bindegewebsneubildung werden die Muskelfibrillen 
auseinandergedrängt, quellen auf und zerfallen. Nach Resorption 
der degenerirten Muskelmasse bleibt an Stelle des Muskels 
ein narbiger, fibröser Strang, in welchen Einlagerungen von 
knorpeligen Partien oder Verkalkungen Vorkommen können. 
Dies ist der Ausgang einer therapeutisch nicht beeinflussten 
diffusen Myositis, welche zur Bildung einer sogenannten Muskel¬ 
schwiele mit totalem Zugrundegehen der Muskelsubstanz führen 
kann. Die solitären oder conglomerirten Muskelgummen können 
sich auf gleiche Weise involviren, mit Rücklassung einer Muskel¬ 
narbe, welche bei nicht allzugrosser Ausdehnung die Functions¬ 
tüchtigkeit des betroffenen Muskels nicht weiter alterirt; sie 
können aber auch erweichen, nach der Oberfläche durchbrechen, 
Ulcerationen veranlassen und theils nach Elimination, theils 
nach Resorption des krankhaften Gewebes mit einer Hautmuskel¬ 
narbe heilen. 


J ) Vortrag, geh. in der Gesellschaft der Aerzte in Wien am 15 Fe¬ 
bruar 1884, ref. in der Vierteljahrschrift f. Syphilis u. Dermat. 1884. 


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Ostermayer. 


Durch Combination beider Formen der diffusen und 
gummösen entsteht nach meinen Erfahrungen eine dritte, die 
gemischte oder combinirte Form. Man findet nämlich 
den ganzen Muskel bretthart infiltrirt und nebenbei eine oder 
mehrere circumscripte an Härte dem diffusen Muskelinfiltrat 
gleichkommende kugelige, knotige die Muskeloberfläche über¬ 
ragende Erhabenheiten, welche als solitäre oder multiple 
Gummen ihren weiteren gewöhnlichen Verlauf durchmachen. 
Schmelzen sie ein, so ergeben sich daraus an den den früheren 
Knoten entsprechenden Stellen weiche fluctuirende Partien; 
brechen diese Erweichungsherde nach der Haut durch, so ent¬ 
stehen Hautmuskelgeschwüre, die zur Basis den in seiner Tota¬ 
lität mdurirten Muskel besitzen. Der Zerfall dieser in den. 
infiltrirten Muskel eingesprengten, deutlich differenzirbaren 
Gummen kann den ganzen Querdurchmesser des Muskelbauches 
betreffen, so dass man — wie das in einem meiner Fälle vor¬ 
kam — mit der am Geschwürsgrund vorgeschobenen Sonde 
bis an die Knochenoberfläche (Humerus) gelangen konnte. Dass 
es unter solchen Umständen leicht zu Knochennekrosen kommen 
kann, ist begreiflich. 

Diese dritte Form der syphilitischen Myositis, welche 
dadurch zu Stande kommt, dass in dem in seiner Totalität 
ergriffenen Muskel an einer oder mehreren umschriebenen Stellen 
das Gewebe der syphilitischen Neubildung eine Verdichtung 
und Ueberwucherung erfährt, weshalb dieselben im Verhältnis 
zum Gesammtmuskelinfiltrat auch eine grössere Neigung zum 
rascheren Zerfall oder Rückbildung (Resorption) zeigen, ist von 
dem Vorkommen von conglomerirten oder multiplen Gummen 
in einzelnen Muskeln wohl zu unterscheiden. Ich halte es iür 
wichtig, diesen Unterschied' hervorzuheben, da das Auftreten 
gehäufter, mehrfacher Gummaknoten in kleinen -— und nur in 
kleinen — Muskeln es leicht Vortäuschen könnte, als ob der 
ganze Muskel in die Erkrankung einbezogen wäre, was aber 
nicht der Fall ist; denn es gibt ausser dem gummös entarteten 
Antheil auch gesunde Partien des Muskels, wodui'ch der gum¬ 
möse, circumscripte Charakter der Affection bewiesen wird. 
Dass manchmal in solchen Fällen, wo Gummata den grössten 
Theil kleiner Muskeln in Anspruch nehmen, die klinische 


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Differenzirung der gummösen, circumscripten, jedoch den grössten 
Antheil eines Muskels in Anspruch nehmenden Myositis von der 
von uns aufgestellten combinirten Form einige Schwierig¬ 
keiten bereiten könnte, ist nicht von der Hand zu weisen. 
Diese Fälle sind jedoch äusserst selten. Bekanntermassen werden 
in der Regel grössere breite und lange Muskeln von der syphi¬ 
litischen Myositis befallen, wo dann die Differenzialdiagnose 
mit grösster Sicherheit gestellt werden kann, weil hier neben 
den einzelnen Knoten grössere entweder gesunde mit normaler 
Consistenz ausgestattete (circumscripte Form) oder brettharte 
diffus entartete (combinirte Form) Muskelabschnitte dem 
Tastsinn mit der grössten Bequemlichkeit zugänglich sind, 
daher die Entscheidung für die eine oder die andere Form 
nicht schwer fällt. Mithin ist die Aufstellung der dritten id est 
der combinirten Form syphilitischer Myositis sowohl in 
anatomischer als auch klinischer Beziehung vollkommen ge¬ 
rechtfertigt, da ihre Erscheinungsweise nach dem Gesagten 
eine ganz charakteristische ist. 

Dieses combinirte Auftreten der diffusen und circumscripten 
Form von Myositis syphilitica in einem Muskel ist bis nun 
soweit es mir aus der Literatur bekannt ist, noch nicht be¬ 
schrieben worden. 1 ) Einen einzigen Fall habe ich im Sitzungs¬ 
berichte der Berliner medicinischen Gesellschaft vom 23. Jän. 1889 
von Bramann 2 ) erwähnt gefunden, wo neben diffuser brett¬ 
harter Infiltration und dreifacher Vergrösserung des ganzen 
linken Sternocleidomastoideus einige knotige Hervorragungen 
in demselben nachweisbar waren. Der Fall wurde jedoch nur 
mit anderen syphilitischen Myositis-Fällen einfach vorgestellt, 


*) Nach Fertigstellung des Manuscriptes dieser Arbeit ist mir im 
Centralblatt für Chirurgie 1892, Nr. 10 die Monographie Lewin 8 über 
Myositis syphilitica diffusa s. interstitialis als Referat bekannt geworden. 
Hier wird erwähnt, dass im weiteren Verlaufe der diffusen Myositis in den 
befallenen Muskeln sich auch wirkliche Gummata ausbilden können. Im 
Original fand ich auch keine weitere Angaben. Den Bramann’schen 
Fall führt Lewin unter den Fällen diffuser Myositis syphilitica (s. Ta¬ 
belle p. 42) mit der Bemerkung an, dass neben der diffusen zugleich < ine 
gummöse Myositis vorhanden war; weitere Erörterungen fehlen. Verf. 
l ) Berliner klin. Wochenschrift. 1889. 

Ergänzungshefte z. Archiv f. Dermatol, u. Syphil. 1892. 2 


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Ostermay er. 


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ohne dass diese eigenartige Erscheinungsweise weiter Berück¬ 
sichtigung gefunden hätte. 

Folgende drei meiner Beobachtung entstammende Fälle 
werden die hierorts gepflogenen Auseinandersetzung über diese 
bis jetzt noch nicht beschriebene luetische Myositisform, wie 
ich hoffe, gerechtfertigt erscheinen lassen. 

Krankheitsskizzen: 

1. J. B., 37 J. alter led. Zimmermann. Angeblich besuchte der Kranke 
schon seit drei Wochen unser Ambulatorium für chirurgische Krankheiten 
wegen Steifheit des linken Armes und eines Geschwürs an der Rückseite 
des Oberarmes derselben Extremität, welch letzteres trotz Touchirens mit 
Lapis und antiseptischer Behandlung nicht die geringste Neigung zur 
Vernarbung zeigte. Im Gegentheil; es vertiefte sich und gewann auch an 
Flächenausdehnung eine bedeutendere Vergrösserung, während sich die 
Secretion vermehrte. Da nun die Sache nicht recht vorwärts wollte und 
ein Fistelgang vom Geschwürsgrunde mehrere Centimeter in die Tiefe 
führte, stellte man dem Kranken eine Operation in Aussicht, da man der 
Meinung war, dass es sich hier um partielle Necrose des Humerus handelt. 
So standen die Dinge, als ich am 21. April 1891 den Kranken zum ersten 
Male sah. Die charakteristischen Merkmale des Geschwürs liessen mich 
über die syphilitische Natur desselben nicht im Geringsten im Zweifel, was 
auch die hierauf eingeleitete antüuetische Behandlung vollends bestätigte. 

Der Kranke gibt an, dass er vor 6 Wochen ohne irgend eine Ver¬ 
anlassung eine Schmerzhaftigkeit im linken Oberarme bei der Arbeit 
verspürte, welche sich während zwei Wochen derart steigerte, dass er 
seine Arbeit als Zimmermann stehen lassen musste, da jede Bewegung 
mit dem kranken Arme schmerzhaft empfunden wurde; nebstbei bemerkte 
er, dass derselbe steif wurde und etwas anschwoll. An der Rückseite, 
ziemlich in der Mitte des Oberarmes, zeigte sich eine blauröthliche, etwas 
erhabene Stelle, die nach Kurzem durchbrach und für die Folge offen 
blieb. Das Geschwür war es hauptsächlich, was ihn zum Arzte trieb. 
Ueber luetische Antecedentien will der Kranke keinen positiven Aufschluss 
geben; doch gesteht er nachher, als man ihm die syphilitische Natur seiner 
Krankheit vorhielt, dass er im vergangenen Herbst (October 1890) einen 
Schanker am Glied acquirirte, der einen Ausschlag am ganzen Körper 
und weissliche Flecke in der Mundhöhle nach sich zog, gegen welche er 
im Januar 1891 mit Schmiercur und Jodkali erfolgreich behandelt wurde. 

Stat. praesens. Der Kranke ist mittelgross, mässig genährt, von 
blasser Gesichtsfarbe. In der vegetativen Sphäre ist keine Abweichung 
von der Norm nachweisbar. Im Sulcus retroglandularis ist an der Rücken¬ 
fläche des Gliedes eine etwa linsengrosse, weissliche, nicht harte Narbe 
an Stelle des gewesenen Schankers zu sehen. Beiderseitig Scleradenitis 
inguinalis mit stärkerer Betheiligung der rechtsseitigen Leistendrüsen. 


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Hals- und Nackendrüsen zerstreut, vergrössert und indurirt. Die linken 
Axillardrüsen zeigen eine Intumescenz bis zur Haselnussgrösse. Am 
Schleimhautüberzug der Mundhöhle keine krankhafte Veränderung. Kehl¬ 
kopf intact, ebenso die Nasenhöhle. Die Hautdecken zeigen bis auf das 
obenerwähnte Geschwür am Oberarme normales Verhalten. 

Die Untersuchung der linken obem Extremität hat folgenden inter¬ 
essanten Befund festgestellt: An der Rückseite des Oberarmes, beiläufig 
in der Mitte derselben, ein kreuzergrosses, rundes Geschwür mit scharf 
abgesetzten, steilen, fein ausgezackten Rändern, welche sammt der Ge¬ 
schwürsbasis einen gelben, krümlichen Belag haben. Die Höhe des Sub¬ 
stanzverlustes liegt unter dem Niveau der übrigen Haut, daher die Ränder 
eingezogen erscheinen. Die Tiefe derselben beträgt etwa 3 Cm. Drückt 
man die Sonde ganz locker auf den Geschwürsgrund, so dringt sie leicht 
durch das erweichte Muskelgewebe bis auf die harte knöcherne Unterlage, 
wo jedoch kein rauher Knochen fühlbar ist. Die dem Geschwür benach¬ 
barte Haut zeigt in mässiger Ausdehnung eine livide Verfärbung. Tastet 
man die Streckfläche des Oberarmes ab, so findet man den Muskelbauch 
des Triceps brachii in seiner ganzen Ausdehnung von der Achselhöhle bis 
zum Ellbogengelenk mehr als um die Hälfte verdickt und starr, bretthart 
infiltrirt; die Oberfläche des Muskels ist überall glatt und gleichmässig, 
und lässt sich auf derselben — ausgenommen die Geschwürspartie, um 
welche ein die diffuse Infiltration an Härte etwas übertreffender Infiltra¬ 
tionsring nachweisbar ist — keine Niveaudifferenz feststellen. Es ist eben 
die ganze Masse des dreiköpfigen Streckers des linken Ellbogengelenkes 
degenirt. 

Diagnose: Diffuse syphilitische Myositis des Muse, triceps brachii 
sin. mit gleichzeitiger solitärer gummöser Knotenbildung und ulcerösem 
Durchbruch des letzteren nach der Haut, unter Rücklassung eines luetischen 
Hautmuskelgeschwüres. — Die Therapie bestand in Darreichung von 
2 bis 4 Gramm Jodkalium pro die, local Application von Emplastrum 
hydrargyr. cinereum. Nach 14 Tagen war das Geschwür vernarbt und nach 
4 Wochen schwand die starre Infiltration vollends, so dass der Kranke 
seinen Arm, der durch die Muskelerkrankung in stark stumpfwinkliger 
Stellung im Ellbogengelenk fixirt war, bei Entlassung aus der Behand¬ 
lung gerade so prompt und vollkommen strecken und beugen konnte, 
wie den gesunden und die Consistenz des afficirt gewesenen Muskels ganz 
dieselbe war, wie die des rechtsseitigen Triceps. 

2. Th. B., 47 Jahre alte Wäscherin, gibt keine auf die gegenwärtige 
Erkrankung bezughabenden Daten an. Sie behauptet, immer gesund ge¬ 
wesen zu sein, was wohl ihre Haut nicht bestätigt, weil dieselbe in der 
Ausdehnung einer Kindshandfläche in der äusseren Epicondylusgegend 
des linken Ellbogengelenkes eine glatte, weisse, durch Bogenlinien be¬ 
grenzte, im Ganzen längsoval gestaltete Narbe vorweist. Ihre jetzige 
Krankheit besteht in Folgendem : 

Stat. praesens: Correspondirend mit der Narbe an der linken 

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obem Extremität findet man in der äussern Epicondylusgegend des rechten 
Ellbogengelenkes die Haut in der Ausdehnung eines Zweiguldenstückes 
livid rothbraun verfärbt, unverschiebbar dem Knochen aufsitzend, auf zwei 
etwa bohnengrossen Stellen exulcerirt. Die Geschwürsränder sind scharf, 
verdünnt, unterminirt und begrenzen länglich runde Substanzverluste, 
deren Basis schwach gelblich belegt ist und leicht blutet. Der darunter¬ 
liegende Knochen leicht aufgetrieben. Viel wichtiger für uns ist der Be¬ 
fund auf der linken Seite. Man fühlt hier durch die schlaffe Haut den 
Triceps brachii der sonst muskelschwachen und magern Frau seiner ganzen 
Länge nach als mächtige, das Volumen des rechtsseitigen Triceps um das 
Doppelte übersteigende harte Masse hindurch, welche an ihrem untern 
Ende zwei wallnussgrosse, ebenso harte, etwa 6 Cm. von einander stehende 
knotige Erhabenheiten zeigt. Auf der Rückfläche des Oberarmes, etwa an 
der Grenze des mittleren und unteren Drittels desselben, befindet sich ein 
vierkreuzerstückgrosser, sehr tiefer, lochartiger Substanzverlust mit steilen 
Rändern und blauroth granulirender, spärlich mit gelbeitrig infiltrirten 
Gewebsresten belegter Basis. Dieser 3—4 Cm. tiefe Geschwürscanal sitzt 
im derben Muskelinfiltrat und erscheint so, wie wenn er durch Heraus¬ 
fallen eines cylindrischen Stückes der degenerirten Muskelmasse entstanden 
wäre. Sonst keine Erscheinungen weder abgelaufener noch bestehender 
Syphilis. 

Diagnose: Gummöse Geschwüre in der rechten äusseren Epi¬ 
condylusgegend, knotig diffuse Myositis des linken Triceps brachii mit 
ulcerösem Zerfall des einen Knotens an der unteren Humerushälfte. — 
Therapie: Die rechtsseitigen seichten Geschwüre wurden mit grauem 
Pflaster belegt, das tiefe Geschwür links anfangs mit Jodoformgaze, nach 
Ausfüllung des Loches durch Granulationen ebenfalls mit grauem Pflaster 
verbunden. Innerlich 4 Gramm Jodkalium pro die. Heilung in 39 Tagen. 

3. G. M., 22 Jahre alter Steinbrecher, Croate. Wegen Unkenntniss 
der Muttersprache des Kranken konnte durch uns keine Anamnese er¬ 
hoben werden. Die Untersuchung ergab folgenden Befund: In der linken 
Massetergegend ziemlich der Mitte des Muskels entsprechend ist beiläufig 
ein vierkreuzerstückgrosses exquisit nierenförmiges Geschwür vorhanden, 
dessen Ränder steil, fein ausgezackt, graugelblich belegt sich unter dem 
Hautniveau befinden, wodurch dieselben wie eingezogen erscheinen. Der 
Geschwürsgrund ist mit necrotischen, graugelben, fetzigen Gewebsmassen 
bedeckt. Untersucht man den diesem Substanzverlust zur Basis dienenden 
Masseter, so findet man denselben allenthalben in seiner ganzen Aus¬ 
dehnung bretthart geschwellt, vergrössert. Die Infiltration zieht sich 
vom Jochbogen bis zum Unterkieferrand als den Insertionsstellen des 
Muskels herab. Es besteht Kieferklemme, indem der Kranke die Zahn¬ 
reihen kaum auf 1 Cm. von einander entfernen kann. Als Zeichen voran¬ 
gegangener Infection findet man einen erbsengrossen, knorpelharten, mit 
narbig weisser Haut überdeckten Knoten an der inneren Präputiallamelle; 


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tief eingezogene strahlige Narben in beiden Leistengegenden und eine 
Scleradenitis universalis. 

Diagnose: Diffuse Myositis syphilitica mit solitärer Knotenbildung 
des linken Masseter, mit ulcerösem Zerfall des Gumma und Bildung eines 
nierenförmigen Hautmuskelgeschwüres. — Die Therapie bestand local 
anfangs in Anwendung des Jodoformverbandes, später im Auflegen von 
Emplastrum hydrargyri cinereum. Innerlich wurde Jodkalium (2—4 Gr.) 
täglich verabreicht. Nach 26 Tagen verliess der Kranke mit normalbe - 
weglichem Unterkiefer und mit vernarbtem Geschwür geheilt die Abtheilung. 


Alle drei Fälle sind nun unzweideutige Belege für das 
thatsächliche Vorkommen der von uns als combinirte oder 
knotig-diffuse Myositis syphilitica benannten Form, 
ln allen drei Fällen finden wir neben der diffusen, die ganze 
Masse eines Muskels betreffenden, sehr derben Infiltration, um¬ 
schriebene, concrete Erkrankungsherde, die wir im ersten und 
dritten Krankheitsfall als solitäre nach der Haut durchge¬ 
brochene, im 2. Falle, wo multiple Knotenbildung vorhanden 
war, als mehrfache, in ihrer Integrität theils noch bestehende, 
theils schon geschwürig zerfallene Muskelgummata ansehen 
müssen. Das gleichzeitige Vorkommen beider Myositisarten in 
einem Muskel liegt also klar auf der Hand, wonach in Hin¬ 
kunft diesem Umstand bei Besprechung der syphilitischen 
Muskelerkrankungen Rechnung getragen werden muss. 

Der 1. und 2. Fall bieten übrigens auch in anderer Richtung 
Bemerkenswerthes. Soweit ich nämlich die Literatur über¬ 
sehen konnte, wären diese zwei Fälle die ersten, wo der 
Musculus triceps brachii von Syphilis befallen ist; weder 
Gummata noch diffuses Ergriffensein wurde bisher an diesem 
Muskel beobachtet. 

Im Anhänge will ich noch zweier Fälle von Muskelsyphilis 
Erwähnung thun, die wegen der ausgedehnten Zerstörungen 
einiges Interesse beanspruchen dürften. 

4. M. S., 36 Jahre alte Bauersfrau, weiss nichts über eine durch¬ 
gemachte Geschlechtserkrankung anzugeben und sucht gegenwärtig wegen 
einer sehr grossen, seit mehreren Monaten bestehenden Hals wunde das 
Krankenhaus auf. 

Stat. praesens: Mittelgrosse, in der Ernährung stark herabge¬ 
kommene, elend aussehende Frauensperson mit leicht icterischem Haut- 
colorit. Zahlreiche nässende Papeln in der Genital- und Analregion; 
Plaques opalines und muqueuses auf der Mundschleimhaut, an den Gau- 


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Ostermay er. 


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menbögen und Tonsillen. Defluvium capillorum. Scleradenitis universalis. 
Die ganze rechte, seitliche Halsregion von der rechtsseitigen Nackengegend 
bis in die Unterschlüsselbeingrube, nach vorne bis beinahe in die Mittel¬ 
linie des Vorderhalses von einer enormen, sowohl der Form als auch der 
Beschaffenheit der Basis nach ungleichmässig gestalteten Geschwürsfläche 
eingenommen. Die Ränder derselben zeigen die Contouren von Bogenseg¬ 
menten; sind scharf, steil und besonders an der Nackenbegrenzung des 
grossen Defectes auf mehrere Centimeter Entfernung unterminirt. Die 
benachbarte Haut zeigt normales Verhalten in Bezug auf Beschaffenheit 
der Textur und Farbe. Der Geschwürsgrund ist uneben, mehrfach und 
tief gebuchtet, theils unregelmässig granulirend, theils mit verfilzten, 
jauchigen, necrotischen Gewebsfetzen bedeckt. Die Basis des Defectes 
entspricht einer grossen Aushöhlung, welche durch Erweichung, durch 
Zerstörung des rechtseitigen Sternocleidomastoideus entstanden ist. Von 
diesem Muskel findet man nur am Processus mastoideus und am Schlüsselbein 
einige bleiche zerfaserte Reste der sehnigen Insertionsantheile. Der Muskel 
fehlt eben und an dessen Stelle findet sich die beschriebene grosse Bucht. 
Die Eigenschaften des Substanzverlustes sammt dem gleichzeitigen Be¬ 
stand recenter luetischer Erscheinungen Hessen keinen Zweifel über den 
specifischen Charakter der Erkrankung obwalten. Dementsprechend wurden 
auch Inunctionen mit grauer Salbe unter den bekannten Cautelen ange¬ 
ordnet. Die locale Behandlung bestand in Jodoformverband. Die Geschwürs¬ 
fläche reinigte sich sehr rasch und es begannen sich die Buchten abzu¬ 
flachen unter dem Einflüsse der antisyphilitischen Therapie. Die sehr 
elend aussehende Person bekam jedoch in der dritten Woche einen Darm¬ 
katarrh und Stomatitis als Zeichen einer Quecksilberintoxication, weshalb 
auch die Einreibungen ausgesetzt wurden und man sich auf locale Be¬ 
handlung der Geschwürsfläche und Bekämpfung der Intoxicationserschei- 
nungen beschränkte. Als nach Verlauf einer Woche Besserung eintrat, 
wurden 2 Gramm Jodkalium pro die verabreicht. Doch konnte sich die 
sehr heruntergekommene Kranke nicht mehr erholen, indem die Diarrhoe 
mit geringen Remissionen anhielt und nach 58tägigem Krankenhausauf¬ 
enthalt den Exitus let. bedingte. 

Hervorzuheben wäre in diesem Falle das gleichzeitige 
Yerhandensein von recenten Syphiliserscheinungen und einer 
Myositis syphilitica, was — wie in der Einleitung erwähnt — 
zu den seltensten Vorkommnissen gehört. 

5. A. P., 16 Jahre altes Bauernmädchen. Weder die Anamnese, noch 
die Untersuchung ergibt ausser dem zu beschreibenden Localbefund in der 
linken Glutaelgegend irgendwelche Anhaltspunkte für Annahme einer 
vorausgegangenen syphilitischen Infection. 

Stat. praesens: In der linken Glutaealgegend ein über zwei 
Handflächen grosser, von serpiginösen Geschwürsrändern begrenzter Ge- 
websdefect, welcher Haut, subcutane Fettschichte und Musculatur betrifft. 


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Ein Beitrag zur Kenntniss der syphilit. Muskelentzündung. 23 

Sehr interessant sind die Verhältnisse an der Geschwürsbasis, welche uns 
über den Ausgangspunkt und Form der Erkrankung den deutlichsten 
Aufschluss geben. Dieselbe ist nämlich im hohen Grade uneben, buchtig, 
indem zwischen einigen unregelmässig gruppirten, bis über wallnussgrossen, 
tuberösen Erhabenheiten rund begrenzte, tiefe, stark concave, mit necro- 
tischen, grüngelblich verfärbten Gewebsresten belegte Mulden zu liegen 
kommen, deren Entstehung nur so erklärt werden kann, dass an ihrer 
Stelle ebensolche rundliche Knollen sassen, wie sie noch gegenwärtig am 
Geschwürsgrunde bestehen — die jedoch durch Zerfall ihres Gewebes 
herausfielen und genannte Defecte zurückliessen. Die Diagnose wurde auf 
multiple Gummabildung in der linksseitigen Gesässmusculatur mit Ein¬ 
beziehung der subcutanen Gewebsschichte und Leder haut in die Erkrankung 
gestellt und eine antisyphilitische Behandlung, die in Darreichung von 
Jodkalium bestand, eingeleitet. Heilung nach Verlauf von 9 Wochen. 


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Beitrag zur Behandlung des chronischen 

Trippers.*) 

Yon 

Dr. T. Trzcinski, 

ordin. Arzt am St. Lazarushospital in Warschau. 


Wenn ich bei einer so reichen Literatur unseres Gegen¬ 
standes und angesichts der unserer einheimischen Literatur 
angehörigen, so erschöpfenden Arbeit von Kröwczynski es 
dennoch wage, Ihre Aufmerksamkeit für einige Augenblicke 
in Anspruch zu nehmen, so geschieht dies deshalb, weil 
bei der so grossen Hartnäckigkeit und so schwierigen Heil¬ 
barkeit einer Krankheit wie der Gonorrhoe, auch der ge¬ 
ringste Fortschritt nicht unbeachtet bleiben sollte, und weil 
ich über ein einfaches und leicht durchführbares Heilver¬ 
fahren verfüge, das mir seit einigen Jahren schon sehr be¬ 
friedigende Resultate ergeben hat. Den Handbüchern nach 
stellt sich der Verlauf einer typischen, complicationslosen 
Gonorrhoe folgendermassen dar: Im Laufe von ungefähr, 8 
Wochen, von der Infection an gerechnet, macht der Krank- 
heitsprocess zunächst eine Art Ansteigen durch, bleibt dann 
eine Zeit lang stationär, um endlich einer rückläufigen Meta¬ 
morphose zu verfallen und zu verschwinden, oder aber er 
wird chronisch. 

Allerdings fehlten bis in die jüngste Gegenwart genauere 
Angaben über den Procentsatz der chronisch werdenden Fälle, 
gleichwohl zeigten sich die meisten vielbeschäftigten Specia- 
listen in ihren Ansichten sehr pessimistisch. 


*) Nach einem Vorträge, gehalten in der Warschauer ärztlichen 
Gesellschaft 28. Dec. 1891. 


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Ti'zcinski. 


Was ist ein verschleppter Tripper? Es ist dies ein 
Tripper des hinteren Theiles der Harnröhre. Wie bekannt, 
hat Guyon gezeigt, dass der Musculus compressor urethrae 
sowohl in anatomischer als auch physiologischer und em¬ 
bryologischer Beziehung die Grenze zwischen dem cavernösen 
und memhranösen Theile der Harnröhre bildet und die 
Harnröhre darnach in einen vorderen, vor dem Compressor 
gelegenen und einen hinteren, hinter dem Compressor gele¬ 
genen Theil sondert. Sowie es demgemäss 2 Harnröhren 
gibt, so gibt es also auch eo ipso 2 Gonorrhoen, d. h., eine 
Gonorrhoea anterior et posterior, einen Tripper des cavernösen 
und des membranösen Theiles der Harnröhre, die sich voll¬ 
ständig verschieden verhalten, sowohl in klinischer, als auch 
in therapeutischer Beziehung. So leicht zugänglich für die 
Therapie der Tripper des vorderen Hamröhren-Abschnittes 
ist, ebensosehr ist der Tripper des hinteren Abschnittes, der 
hinter dem Compressor liegt, wohin eine gewöhnliche Ein¬ 
spritzung gar nicht reicht, einer Therapie schwer zugänglich; 
er wird also leicht chronisch und verlangt ganz besondere 
therapeutische Massnahmen. Es wirft sich nun die Frage auf: 
wie oft wird der hintere Harnröhren-Abschnitt ergriffen und wie 
bald nach der Infection erfolgt dies ? 

Was den ersten Punkt anbetrifft, so beobachten alle 
Handbücher eine diplomatische Unklarheit, welche sehr nahe 
an das bewusste Sich - selbst - täuschen grenzt und erst in 
letzter Zeit haben einige muthige Stimmen es gewagt, ein 
Licht auf diese schmerzliche und traurige Wahrheit zu werfen. 

Schon vor Jahren hat der amerikanische Gynäkologe 
Noeggerath behauptet, dass der Tripper eine unheilbare 
Krankheit sei; da aber in unseren heutigen verderbten 
Zeiten fast Jedermann einen Tripper durchmacht, so trägt 
ihn jeder bis an sein Lebensende und überträgt ihn auf seine 
Frau. Daher stammt nach Noeggerath jene grosse Zahl 
von Para- und Perimetritiden bei den verheirateten Frauen 
der Gegenwart. Diese übertriebene, crasse Auffassung, von 
der sich übrigens der Autor selbst vor einigen Jahren schon 
theilweise lossagte, enthält jedenfalls einen gewissen Kern von 
Wahrheit. 


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Beitrag zur Behandlung des chron. Trippers. 


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Auf dem Prager Dermatologen-Congresse vom Jahre 1889 
gab Jadassohn bei Besprechung der Diagnose der Urethritis 
posterior das Untersuchungs-Resultat von 163 Fällen von Go¬ 
norrhoe an, wobei sich zeigte, dass die Zahl der Gonorrhoen, 
bei denen der hintere Theil der Harnröhre ergriffen ist, resp. 
der chronischen Form, 87-7% beträgt, mit anderen Worten, dass 
auf 100 Tripperkranke kaum 13 dem chronischenTripper entgehen. 

Nach der Statistik von Letzel vom vorigen Jahre be¬ 
trägt die Zahl der Fälle von Urethritis posterior 92*5% der 
allgemeinen Zahl der Trippererkrankungen; nach der vor eini¬ 
gen Monaten veröffentlichten Statistik von Heisler 80%. 

Nach meinen persönlichen Erfahrungen möchte ich mich 
der Anschauung Letz eis anschliessen, d. h. 92-5% annehmen. 

Es kommt sonach, meine Herren, vor, dass ein Tripper 
mit Genesung ohne Ergriffensein des hinteren Harnröhren-Ab- 
schnittes endigt, aber diese Fälle sind so selten, wie der Friede 
zwischen zwei zänkischen Nachbarn. In der weitaus grössten 
Mehrzahl der Fälle geht der Tripper auf den hinteren Harn- 
röhren-Abschnitt über, d. h. er wird chronisch, dauert ganze 
Jahre, oft Jahrzehnte, jeglicher Behandlung trotzend. 

Sowohl was die Häufigkeit der Gonorrhoea posterior an¬ 
betrifft, als auch bezüglich der Zeit ihres Eintretens und der 
Ursachen herrschten bis jetzt nur sehr confuse Auffassungen. 
So lehren z. B. die Lehrbücher, dass der Tripper auf den hin¬ 
teren Harnröhren-Abschnitt nicht früher übergehe, als nach 
Ablauf von 3 Wochen und zwar unter dem Einflüsse innerer 
Ursachen, als da sind: elende Körperconstitution, Tuberculose, 
Syphilis, schlechte Körperentwickelung bei hellblondem Haar, 
oder aber bei äusseren Ursachen als Abusus in Baccho et Venere, 
Diätfehlern, übermässiger Bewegung, Tanzen, Reiten, u. s. w. Die 
oben erwähnte Arbeit von Heisler ist in dieser Beziehung 
sehr instructiv. In den dort zusammengestellten 50 Fällen von 
erstem Tripper constatirte man eine Urethritis posterior in 10 
Fällen im Laufe der ersten Woche, d. h. in 20%» in 17 Fällen 
im Laufe der zweiten Woche, also in 34%» in 7 Fällen im 
Laufeder drittenWoche i. e, 14%, in. 10 Fällen im Laufe der vierten 
Woche i. e. 20%> auf die 6. und 7. Woche kommen nur je 2%, 
ebensoviel kommt auf den 3. und 4. Monat der Krankheitsdauer. 


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Trzcinski. 


Aus einer Specialtabelle, die der Arbeit von Heisler 
beigefügt ist, geht ferner hervor, dass die Gonorrhoea posterior 
bei Personen, wo sogenannte innere Ursachen, Prädisposition, 
Vorlagen, die gleichsam die Ausbreitung des Trippers bis jen¬ 
seits des Compressors befördern sollten, die hintere Gonorrhoe 
durchaus nicht früher entstand als bei Anderen. Im Resume ge¬ 
langte Heisler zu dem Schluss, dass die Gonorrhoen posterior 
durchaus nicht als eine Complication der Gonorrhoea anterior 
anzusehen ist, sondern als eine natürliche und beinahe zwangs - 
mässige Folge, gleichsam ihre klinische Fortsetzung. 

Die Schlüsse H e i s 1 e r’s erfordern eine gewisse Einschrän¬ 
kung. Wenn es wirklich wahr ist, dass die sogenannten inneren 
Ursachen nicht die Entstehung der Gonorrhoea posterior be¬ 
fördern, so unterliegt es doch keinem Zweifel, dass sie ganz 
bedeutend die Therapie erschweren. Ein jeder Specialist wird 
dem beistimmen, dass der chronische Tripper bei alten und 
elenden Individuen der Heilung viel hartnäckigeren Widerstand 
entgegensetzt, als bei jungen kräftigen Männern. 

Wir haben es also, meine Herren, zu thun mit einer sehr 
häufigen, fast immer sich in die Länge ziehenden Krankheit, 
begleitet von den unangenehmsten Complicationen, welche stets 
sehr deprimirend auf den Kranken einwirkt. 

Welche Waffen bietet uns nun das therapeutische Arsenal 
für den Kampf mit diesem Feinde? 

Was das acute Stadium anbetrifft, so herrscht über die 
Therapie volle Einigkeit. Trotz immer wieder sporadisch auf¬ 
tauchender Vorschläge hat man die sogenannte Abortiv-Be- 
handlung allgemein aufgegeben. Ebenso ist man darüber völlig 
einig, dass im acuten Stadium expectativ verfahren werden soll, 
indem man höchstens eine milde Antiphlogose in Gestalt von 
Ruhe, kalten Umschlägen, Diät empfiehlt und Narcotica bei 
starker Reizung der hinteren Harnröhre, dass man hingegen 
Einspritzungen erst anwenden soll im Stadium der Defer- 
vescenz. Mit Recht empfiehlt Krowczynski für die Ein¬ 
spritzungen nur wenige und sehr einfache Präparate. Zweifellos 
genügen das Zincum sulfo-carbolicum, oder die Mixtur von Ri- 
cord und kann man gewiss alle complicirten aus drei oder 
mehreren Substanzen bestehenden Mischungen vermeiden. 


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Beitrag zur Behandlung des chron. Trippers. 


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Nach einigen Wochen der Behandlung mit Einspritzungen, 
in der 7., 8. Woche der Krankheit, gelangen wir zu einem 
Stadium, wo die Ausscheidung sich auf einen Tropfen Eiter 
reducirt, der früh Morgens aus der Harnröhrenöffnung hervorquillt 
oder sich herausdrücken lässt, was sich öfters mehrmals am Tage 
wiederholt. Wie schon erwähnt, haben wir in diesem Stadium 
meistens eine Urethritis posterior vor uns. Die Erkennung dieser 
Form ist sehr leicht. 

In typischen Fällen gibt der Kranke — dem man meist nur 
einen Tropfen trüben Eiters auspressen kann, was darauf hinweist, 
dass in dem vorderen Theile der Harnröhre eine nur minimale 
Ausscheidung herrscht — einen vollständig trüben Ham in das 
Glas ab. Die Trübung ist bedingt durch die Secretion der 
Schleimhaut der hinteren Harnröhre; für gewöhnlich wird dieses 
Secret durch den Compressor zurückgehalten, durch den Harn¬ 
strahl ausgespült. So verhalten sich die Dinge, wenn die Menge 
der Ausscheidung verhältnissmässig bedeutend ist. Bei geringer 
Secretmenge soll der Kranke den Ham in zwei Portionen ab¬ 
geben: die sogenannte Zweigläserprohe. 

Die Trübung des Harnes im zweiten Gefässe, unbedeuten¬ 
der als im ersten, ist die Folge der Regurgitation des Secretes 
aus dem membranösen Theile der Harnröhre in die Harnblase, 
was ganz natürlich ist angesichts der geringeren Energie des 
Sphincter vesicae im Verhältniss zu der des Compressor urethrae. 

In den Fällen endlich, wo so wenig Secret da ist, dass dieses 
nicht im Stande ist, die Durchsichtigkeit des Harnes zu beein¬ 
trächtigen und sich nur in Gestalt von Tripperfäden verräth, 
genügt das Ausspülen des vorderen Harnröhren-Abschnittes mit 
destillirtem Wasser mittelst einer gewöhnlichen Spritze oder 
eines Nelaton’schen Catheters. 

Wenn in dem nach einer solchen Ausspüllung abgegebenen 
Harne Tripperfäden sich finden, so ist offenbar der hintere 
Harnröhrenabschnitt ergriffen. 

Eine so erkannte Urethritis posterior verläuft verschieden. 

Am Schlimmsten kommen diejenigen Kranken davon, wo der 
acute Tripperausfluss nur während der Einspritzungen abnimmt, 
nach Aufhören derselben aber sofort wiederinder ganzen Kraft 
auftritt. Es sind dies diejenigen Kranken, welche ganze Jahre 


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hindurch Einspritzungen machen, ganze Jahre hindurch in ca- 
stitate leben, ganze Jahre hindurch weder einen Tropfen Bier 
noch Schnaps gemessen. Dann gibt es eine andere Classe von 
Kranken, welche sich ganz erträglich befinden, so lange sie 
keusch leben, die aber nach jedem Coitus mit der Wiederkehr 
der Secretion reagiren. 

Endlich gibt es solche, die jeden Morgen einen durch¬ 
sichtigen Tropfen in der Harnröhrenöflnung sehen, selbst nach 
Ausschreitungen keine Verschlimmerung der Krankheit erfahren, 
aber im Harn fast beständig einige dickere oder dünnere Fäden 
aufweisen. Es sind dies Fälle von chronischem Tripper, wo das 
Secret keine Gonococcen enthält, nicht infectiös ist und die eigent¬ 
lich nicht mehr specifische Tripper sind, sondern eine Art 
chronischer, katarrhalischer Entzündung, ein ziemlich indiffe¬ 
renter Process, wenn er nicht die Schattenseite hätte, dass er 
gerade die unausstehliche Classe der Gonophoben liefert. 

Meine Herren! Es gibt 4 Hauptmethoden der Behänd - 
* lung des chronischen Trippers. Die Methode von G u y o n .und 
deren Derivate, die Methode von Diday, die Behandlung durch 
Sonden und das Endoskop. 

Guyon hat seine Instillationen 1868 in den Gebrauch 
eingeführt. 1 bis 2 Tropfen einer 1—5% Lösung von Höllen¬ 
stein werden auf die krankhaft veränderte Stelle der Harn¬ 
röhrenschleimhaut mit Hilfe eines dünnen, elastischen Kathe¬ 
ters mit knopfförmigem Ende deponirt. Die mit dem Katheter 
vereinigte Spritze ist so eingerichtet, dass einer halben Um¬ 
drehung des Stöpsels ein Tropfen der Flüssigkeit entspricht, 
der Stöpsel bewegt sich mit Schraubengang. Ausgehend von 
dem Gedanken, dass die Ursache des chronischen Trippers ge¬ 
geben ist in bestimmt localisirten Veränderungen der Schleim¬ 
haut, dass der Höllenstein in Lösung sehr wohlthätig auf die 
veränderte Schleimhaut einwirkt, dass der Kranke während der 
Einführung des Sondenknopfes an dieser Stelle viel heftigeren 
Schmerz empfindet, als an anderen Stellen der Harnröhre, cau- 
terisirt Guyon alle zwei bis 3 Tage die Harnröhre mit eini¬ 
gen Tropfen der Lapislösung an denjenigen Stellen, wo der 
Kranke bei Durchführung des Sondenknopfes den Schmerz em¬ 
pfindet. Die obige Methode eines Meisters ersten Ranges machte 


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ihren Weg durch aller Herren Länder und scheint auch hier in 
Warschau die verbreitetste zu sein. Leider muss man bei ge¬ 
nauerer Betrachtung dieser Methode in der Praxis sagen: Hic 
autem usus est abusus! 

Es ist eine absolute Willkür, in dem chronischen Tripper 
anatomische Veränderungen auf einzelne geringe Stellen der 
Schleimhaut zu beschränken, noch willkürlicher ist es, diese 
anatomischen Veränderungen mit Hilfe eines so unzuverlässigen 
subjectiven Kriteriums wie das Schmerzgefühl des Kranken zu 
localisiren. Es unterliegt keinem Zweifel, dass jeder Kranke in 
solchen Fällen an zwei Stellen Schmerz empfindet, sowohl an 
der vom Compressor urethrae, als auch an der vom Sphincter vesi- 
cae extemus umgebenen Stelle der Harnröhre, nur ist der 
Schmerz an der ersten Stelle viel bedeutender. In Folge der 
grossen Energie dieser beiden Muskeln wird jeder Mensch, sei 
er gesund, oder mit einem chronischen Tripper behaftet, einen 
Schmerz fühlen, sobald der Sondenknopf dort die Passage for- 
cirt, indem er auf den mechanischen Insult durch eine heftige 
Contraction reagirt. Es ist dies also ein Lapisbombardement 
zweier Stellen der Harnröhre, die meistens ganz schuldfrei sind. 

Ausser dieser theoretisch begründeten hat die Methode 
von G u y o n noch andere Schattenseiten. Vor Allem ist sie sehr 
schmerzhaft. Wer nur einmal einen Kranken einige Minuten 
nach der Instillation gesehen hat, wie ihn alle Augenblicke der 
heftigste Tenesmus befallen, wie er während dieses Tenesmus 
schweissbedeckt und stöhnend einige Tropfen häufig blutig tin- 
girten Harnes abgibt, der wird einen Begriff von der Schmerz¬ 
haftigkeit dieses Verfahrens haben. Es gibt natürlich einzelne 
sehr unempfindliche Individuen, welche diese Einspritzungen 
verhältnissmässig leicht ertragen, aber diese seltenen Ausnah¬ 
men bekräftigen nur die Regel. 

Erwähnt werden muss ferner, dass man häufig Compli- 
cationen des chronischen Trippers sieht, die aller Wahrschein¬ 
lichkeit nach einfach die Folge der heftigen Reizung der Harn¬ 
röhre durch die Instillationen sind. 

Es sind dies: Harnverhaltungen, Entzündung der Prostata, 
heftige Blasenreizung, Epididymitiden. Vergessen wir nicht, dass 
das erste Gesetz lautet: Primum nonnocere! Ausser allem 


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schon Gesagten spielt aber ein Punkt die Hauptrolle: Ich habe 
auch nicht einen einzigen chronischen Tripper durch die Me¬ 
thode von Guyon geheilt gesehen. Ich habe die Guyon’schen 
Instillationen bei vielen Kranken jahrelang gebraucht und sehe 
auch heute noch häufig jahrelang damit behandelte Fälle. 

Nach jeder Instillation, nach den durch sie hervorgeru¬ 
fenen Torturen, erfolgt eine Verschärfung des Trippers, die ja 
leicht verständlich ist und als heilender Factor betrachtet 
wurde; diese Verschlimmerung weicht dann nach ein oder zwei 
Tagen und macht dem reinsten Status quo ante Platz. Eine 
in dieser Weise geführte Behandlung, wenn sie nicht durch 
eine Complication unterbrochen wird, die durch die übermässige 
Reizung der Harnröhre veranlasst wurde, oder dadurch, dass 
dem Kranken die Geduld ausgeht, was übrigens selten vor¬ 
kommt, zieht sich glücklichenfalls 4, 5, 10 Monate hin und 
immer mit dem gleichen Resultate. Gross ist fürwahr die Aus¬ 
dauer und Geduld solcher Kranken, es mag diese Kranken das 
Wort von Oczko entschuldigen: „Dyjeta nedzna, za grzech 
i&toüi, do zdrowia ch§<5“ (Eine miserable Diät, die Reue über 
die Sünde, die Sehnsucht nach Genesung), aber dadurch wird 
niemals eine Therapie entschuldigt, die so unendlich schmerzhaft 
ist, oft so überaus schädlich und niemals nutzbringend. 

Eine Modification der Instillationsmethode, welche alle 
Schattenseiten derselben in potencirtem Massstabe besitzt, ist der 
Gebrauch der Cauterisationsbougies, die mit Hilfe eines Porte, 
remede in die Harnröhre eingebracht werden, ebenso der Gebrauch 
der Sonden, die mit einer Masse überzogen sind, welche in der 
Harnröhre zerfliessen soll und cauterisirende Substanzen enthält. 
Viel rationeller als die früheren ist die Methode von Diday. 

Wir führen in die Harnröhre einen Nelaton’schen 
Catheter ein und ziehen ihn langsam soweit zurück, bis der 
Harn auszufiiessen aufhört, dann befindet sich das Fenster des 
Catheters vor dem Sphincter vesicae. Von diesem Moment an 
beginnend, spritzen wir mit einer Spritze, den Catheter lang¬ 
sam zurückziehend, eine l%o Lösung von Höllenstein ein, wenn 
wir nur die hintere Harnröhre irrigiren, oder wenn die ganze 
Harnröhre irrigirt werden soll, die verschiedenen adstringirenden 
oder antiseptischen Flüssigkeiten. 


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Die l°/ 0 o Lapislösung wirkt zu stark reizend, die antisep- 
tischen Lösungen sind sehr wenig wirksam, vor Allem aber re- 
voltirt der Compressor urethrae in einer grossen Zahl der 
Fälle schon nach einigen Einspritzungen sosehr, dass sein Wider¬ 
stand nicht mehr zu überwinden ist mit dem weichen und sich 
leicht verbiegenden Nelaton’schen Catheter. 

Vor einigen Jahren herrschte ein grosser Enthusiamus bezüg¬ 
lich der Wirksamkeit der metallischen Sonden, sei es von Beniquet 
odervon Ultzmann, welche alle paar Tage in die Harnröhre einge¬ 
führt und für die Zeit von 10 Minuten bis zu einer halben Stunde 
darin deponirt, sehr günstig wirken sollten. Man erklärte ihre 
Wirksamkeit durch die Wirkung der Schwere und des Druckes 
auf jene hypothetischen localen Veränderungen der Schleim¬ 
haut. Man führte stetig dickere Sonden ein und die unterneh¬ 
menden Amerikaner gingen bis zu N. 36 der Scala von Char- 
riöre. Indem wir ganz ahsehen von der Gefahr einer Zerreis- 
sung der Harnröhre hei einem so heroischen Verfahren, hat 
leider die Praxis die auf die Sonden gesetzten Hoffnungen nicht 
realisirt. Es unterliegt keinem Zweifel, dass die methodische 
Erweiterung der verengten Stellen der Harnröhre und die Be¬ 
seitigung der entzündlichen Infiltrationen in ihren Wänden ra- 
dical den Ausfluss beseitigt, welcher durch diese Stricturen und 
Infiltrate bedingt war, aber das ist eben kein Tripperausfluss. 
Es scheint, dass man bis jetzt bei weitem den genetischen Zu¬ 
sammenhang der Stricturen der Harnröhre und des Trippers 
überschätzte. Man trifft doch in der Praxis ganze Schaaren 
von gleichsam im Kampfe ergrauten Kriegern, welche Jahre und 
Jahrzehnte lang jenen Tripper mit sich schleppen und bei denen 
die Untersuchung keinerlei Veränderung des Harnröhrenlumens 
nachweist—andererseits trifft man aber oft Stricturen bei Leuten, 
die niemals einen Tripper durchgemacht haben. Besonders bezieht 
sich dies auf jene aller Behandlung so hartnäckig trotzenden 
Stricturen, die wir am Ausgange der Harnröhre antreffen mit einer 
Verdickung der Wand und die sich dann centralwärts fortsetzen. 

Im Allgemeinen wirken also die metallischen Sonden 
sehr gut bei durch Stricturen hervorgerufenen Infiltraten und 
groben Veränderungen im Gewebe der Harnröhrenwand, aber 
einen chronischen Tripper beseitigen sie nicht. 

Ergänzungshefte z. Archiv f. Dermatl.o tu Syphil. 1892. 3 


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Es bleibt noch das Endoskop. Mit kolossalem Enthusias¬ 
mus begrüsst, der leicht verständlich ist bei der geringen Wirk¬ 
samkeit anderer Heilmethoden, wurde das Endoscop rasch eiu- 
geführt — lange Zeit hindurch vielfach missbraucht — verlor es 
allmählich den Credit und scheint heute als therapeutisches 
Instrument in Europa der Vergessenheit anheimgefallen zu sein. 

Das Endoskop hat mit den Guyon’schen Einspritzungen 
die grosse Schattenseite gemein, dass die dadurch hervorge¬ 
rufenen starken Reizungen der Harnröhre ganz bedeutend den 
möglichen therapeutischen Nutzeffect übertreffen. In sehr ge¬ 
übter Hand kann das Endoskop eine wesentliche Hilfe abgeben 
bei Erkennung der Localisation eines chronischen Trippers, aber 
auch hier, das muss zugegeben werden, sind die von ihm ge¬ 
lieferten Kennzeichen doch ziemlich undeutliche, da das Ge¬ 
sichtsfeld so sehr klein ist, und sehr bald eine bedeutende Hyper¬ 
ämie der Schleimhaut erfolgt. Ich glaube, dass unvergleich¬ 
lich bessere Resultate bei Untersuchung der Veränderungen im 
Bau der Gewebe der Harnröhre mit der Metallsonde von ge¬ 
übter Hand eingeführt, zu erreichen sind. 

Vor einigen Jahren hat Oberländer sein Elektro-En- 
doskop construirt und auf Grund dessen, was er damit gesehen, 
hat er ganz selbständig eine pathologische Anatomie und 
Therapie des chronischen Trippers aufgestellt. Obwohl sehr 
gerühmt von Fürbringer, bleibt dies doch eine sonderbare, 
phantastische Arbeit, fast absolut unverständlich. In die The¬ 
rapie führt sie eine Art heroischen Instrumentes ein, welches 
die Schleimhaut an den krankhaft veränderten Stellen zerrei¬ 
sen und so die Infiltrate zur Aufsaugung zwingen soll. Mit Recht 
ist Neisser erstaunt über diese einseitige Therapie Ober¬ 
land e r s, angesichts der grossen Mannigfaltigkeit der von ihm 
constatirten Gattungen des Trippers, umsomehr, als dieser Di¬ 
latator ein Instrument ist, welches — incredibile dictu — nur 
auf den vorderen Harnröhrenabschnitt wirken kann, da es bis 
zu dem hinteren gar nicht vordringt, über den Compressor 
gar nicht herausgeht. 

Im Allgemeinen kann man vom Endoskop das sagen, was 
der ehrwürdige Vater der polnischen Syphilidologie von der 
diagnostischen Bedeutung des Pulses gesagt hat: „Offenbar 


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war Galen darin sehr geübt und geschickt, dass er aus dem 
Pulse Vieles erkannte, so wie zu unserer Zeit der Doctor Stru’s ; 
leider haben diese Beiden, sehr gut und klug über den Puls 
schreibend und indem sie uns gleichsam die Thür zu der Er- 
kenntniss öffnen wollten, den Schlüssel mit sich in den Himmel 
genommen!“ Mutatis mutandis kann man sagen, dass zu unserer 
Zeit ein Doctor Grünfeld existirt, der mit dem Endoskop 
viel zu erreichen weiss, aber den Schlüssel zu dieser Fähigkeit 
kann er Niemandem geben. 

Vor 6 Jahren hat auf dem deutschen Aerztecongress in 
Strassburg N e i s s er seine Behandlungsmethode angegeben, 
welche darauf beruht, dass er mehrmals täglich die ganze 
Harnröhre mit einer schwachen Höllensteinlösung irrigirt, und 
zwar: 1 : 2000 bis 1 : 3000 mittelst eines Catheter filiforme, der 
mit einer kleinen Olive vom Durchmesser Nro. 6—8 Charrieres 
endigt. — Diese Methode ist meiner Ansicht nach der Anfang einer 
Epoche der rationelleren Tripperbehandlung. Wir wirken hier auf 
die gesammte Harnröhrenschleimhaut, hauptsächlich aber auf die 
Schleimhaut der Urethra posterior mit Hilfe einer sehr schwachen 
Lösung und dem möglichst kleinen Instrument, welches möglichst 
wenig reizt, indem eine Olive Nr. 6 von Charriere am Ende des 
elastischen Catheters mit grosser Leichtigheit den Durchgang 
durch den Compressor erzwingt, und wegen ihres geringen 
Durchmessers und ihrer Gestalt die Harnröhre absolut nicht 
reizt. — Neisser hat ausser einer kurzen Notiz von einigen 
Zeilen in den Berichten jener Versammlung nirgends seine 
Ideen weiter entwickelt. Da mir diese Methode rationell er¬ 
schien, so begann ich damals, vor 6 Jahren, sie anzuwenden und 
überzeugte mich bald, dass sie einen cardinalen Fehler noch 
nicht überwunden hatte: die zu starke Reizung, die das Re¬ 
sultat vollständig vernichtete. Indem ich die Methode modifi- 
cirte, machte ich die Einspritzung nur einmal täglich und 
nahm die Lösung stetig schwächer. Ich wende heute Lösungen 
an zwischen 1 : 6000 und 1 : 10.000 mit Hilfe der gewöhnlichen 
Spritze von G u y o n in der jedoch der Stöpsel sich nicht mit Schrau¬ 
bengewinde bewegt, sondern einfach geschoben wird und eines ela¬ 
stischen Catheter filiforme mit Olive am Ende. Die Technik 
und Methodologie stellt sich folgendermassen dar. Wenn be- 

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reits das acute Stadium der Gonorrhoe abgelaufen ist, wenn 
nur in mehrstündigen Pausen ein trüber Tropfen sich in der Harn¬ 
röhrenöffnung zeigt und die trübe Partie des Harnes auf eine 
Urethritis posterior hin weist, so stehen wir vor einem amphi- 
bolischen Stadium des Trippers, der sich gerade jetzt auszeichnet 
durch eine grosse Tendenz zum Uebergange in den chronischen 
Zustand und trotzdem ziemlich leicht heilbar ist. 

Denn es sei ganz besonders hervorgehoben, dass es ge¬ 
rade in diesem amphibolischen Stadium viel leichter ist, einen 
Tripper zu heilen, als mit der schon ausgesprochenen 
chronischen Form zu kämpfen und dieses Stadium als das der 
Therapie am meisten zugängliche darf man nicht unbenützt 
vorübergehen lassen. Man verfährt folgendermassen: Nachdem 
der Kranke den Ham abgegeben, führt man den Catheter, mit 
der schon gefüllten Spritze verbunden, bis in die Harnblase 
ein. Bei nur geringer Uebung fühlt man doch ganz genau den 
Moment, wo die Olive des Catheters den Compressor, Sphin- 
ter vesicae externus, den prostatischen Theil der Harnröhre 
passirt und wenn sie in die Harnblase eindringt. Der Genauig¬ 
keit halber erwähne ich, dass der Catheter streng aseptisch 
gehalten werden muss. (Mit in 1 : 500 Sublimat getauchter 
Watte und dann mit trockener Watte abgewischt.) Vor Ein¬ 
führung in die Blase müssen die Luftblasen daraus entfernt 
werden, indem man den Spritzenstöpsel soweit einschiebt, bis 
sich Flüssigkeit an der Oeffnung der Olive zeigt. 

Indem man dann allmählich den Catheter zurückzieht, 
irrigirt man die ganze Harnröhre, indem man gewöhnlich bei 
der ersten Sitzung eine Lösung von 1 : 8000 benützt. Solange 
die Olive des Catheters sich im membranösen Theile der Harn¬ 
röhre befindet, bleibt die aus dem Catheter fliessende 
Flüssigkeit durch den Compressor urethrae zurückgehalten in 
der Harnröhre; sobald die Olive den Compressor passirt hat, fliesst 
die den vorderen Theil der Harnröhre irrigirende Flüssigkeit 
aus der Hanröhrenöffnung um den Catheter herum hervor. 
Die ganze Manipulation ist vollständig schmerzfrei. Die sehr 
kleine Olive des Catheters ruft nur ein kaum merkliches Ge¬ 
fühl des Stechens hervor im Moment der Passage durch 
den Compressor. Die hervorfliessende und in die Harnblase gelan- 


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gende Menge von Flüssigkeit ist sehr gering und ruft wegen 
ihrer schwachen Concentration absolut keinerlei Gefühl hervor; 
die Menge Flüssigkeit aber, die durch den Compressor zurück¬ 
gehalten wird, bedingt keinerlei Tenesmen. Wenn später der 
Kranke den Harn abgibt, was ich ihm nicht früher gestatte 
als nach 2 Stunden, so hat er nur ein leises Wärmegefühl und 
auch dieses nur nach der ersten Irrigation. Die obige Manipulation 
wird alle Tage wiederholt. Schon nach einigen Tagen der Behand¬ 
lung wird der Harn wieder klar und durchsichtig und das Tripper- 
secret tritt einzig und allein in Gestalt von Tripperfäden auf; 
dieser Fäden werden alle Tage weniger, es sind bloss noch rari 
nantes in gurgite vasto, und sie verschwinden endlich nach 
2—3wöchentlicher Behandlung ganz. Gegen den Schluss der 
Behandlung mache ich die Irrigationen nicht mehr täglich, son¬ 
dern bloss alle 2—3 Tage einmal. Dass die Höllensteinlösun¬ 
gen von sehr schwacher Concentration sehr wirksam sind, dass 
diese Methode der Tripperbehandlung demgemäss theoretisch 
berechtigt ist, bewies die Arbeit von Guyon (Le Mercredi 
medicalNro.6 1891), in der die hohe antiseptische Wirksamkeit 
der infinitesimal schwachen Höllensteinlösungen erwiesen wurde, 
die noch viel schwächer waren, als die von mir bei der Tripper¬ 
behandlung benützten. 

Es ist selbstverständlich, dass die hier beschriebene Me¬ 
thode keineswegs von der Individualisation befreit. Es gibt 
Kranke, bei denen auch eine Lösung von 1 : 6000 und sogar 
1 : 8000 die Harnröhre reizt. Manche Kranke vertragen durch¬ 
aus nicht die täglichen Irrigationen. Zuweilen ruft trotz des 
Erlöschens des Processes im hinteren Harnröhren - Abschnitte 
die minimale Reizung durch den allerdünnsten Catheter neue 
Reizerscheinungen hervor, resp. ein subacutes Secret aus dem 
membranösen Theile; alsdann kommt man den Irrigationen zu 
Hilfe durch Einspritzen irgend eines Adstringens, welches der 
Patient ein- bis zweimal täglich besorgt. Ab ünd zu 
zwingt uns die Wiederkehr subacuter Erscheinungen die be¬ 
reits begonnenen Irrigationen auszusetzen und auf eine oder 
zwei Wochen zu verschieben. Immer aber bleibt die Grundlage 
der Behandlung dieselbe: tägliche Irrigation der Harnröhre 
mit Höllensteinlösungen von 1 : 6000 bis 1 : 10.000 mit Hilfe 


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eines Catheter filiforme, der in eine kleine Olive ausläuft. Ich 
betrachte den Kranken als genesen, wenn früh morgens aus 
der Harnröhre ein Tropfen einer absolut klaren, durchsichtigen 
Flüssigkeit sich ausdrücken lässt und wenn der Morgenharn 
höchstens einige kleine Flocken enthält. Diese Flocken bestehen 
aber nur aus abgeschürften Epithelzellen und Schleim. 

So stellt sich also die Behandlung eines Trippers dar, 
den man vom Anbeginn des acuten Stadiums an beobachtet. 
Wenn sich ein Kranker meldet, der an einem schon monate- 
oder jahrelangen Tripper leidet, so muss natürlich vor Allem 
festgestellt werden, ob die Harnröhre durchgängig ist und 
müssen etwaige Gewebsveränderungen in der Harnröhrenwand 
festgestellt werden, und erst nach Beseitigung derselben werden 
wir die Irrigationsbehandlung beginnen. Die mehrjährige Praxis 
hat mich gelehrt, dass man bei der Behandlung sehr veralteter 
Tripper die besten Resultate mit den möglichst schwachen Lö¬ 
sungen erzielt; am wirksamsten ist dann gewöhnlich eine Lö¬ 
sung von 1 : 10.000. Natürlich kann ein mit dem Schimmel des 
Alters bedeckter Tripper nicht in einer oder zwei Wochen be¬ 
seitigt sein, die Behandlung zieht sich über die Zeit von einem, 
zwei, ja drei Monaten hin; vergessen wir aber dabei nicht, 
dass wir Kranke, die mit Guyon’s Instillationen behandelt wer¬ 
den, oft ein ganzes Jahr und ganz erfolglos behandelt sehen! 
Ich führe hier nicht die Statistik der so behandelten Tripper 
an und betone nur, dass die Methode so einfach und leicht ist, 
dass sie jeder ausprobiren kann, umsomehr, als sie ganz 
schmerzlos ist und von den Kranken vorzüglich vertragen wird. 
Ich verhehle durchaus nicht, dass es Fälle von Tripper gibt, 
wo man auch mit dieser Behandlung nichts erreicht. 

Wie mir scheint, ist das eine Folge der geringen Lebens¬ 
energie und Vitalität der Gewebe; denn solche Kranke wer¬ 
den zuweilen ihren Tripper los ohne jede locale Behandlung 
nach einem mehrwöchentlichen Aufenthalte im Seebade, in den 
Bergen, in einer hydropathischen Anstalt oder einfach auf dem 
Lande bei möglichst günstigen hygienischen und diätetischen 
Verhältnissen. 

Zum Schlüsse gestatten Sie mir, meine Herren, Ihnen die 
hier im Spitale übliche Behandlung der allerhäufigsten Compli- 


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cation des Trippers, der Epididymitis, zu schildern. So viel 
mir bekannt ist, werden bei Epididymitis in Warschau Blutegel, 
Eisumschläge oder Umschläge mit Aqua Goulardi gemacht. 
Gegen die Blutegel, auf den Hodensack applicirt, könnten, 
meine ich, die Chirurgen gewichtige Einwände erheben. 
Eine ganz merkwürdige Tortur ist es, dem Kranken zwei bis 
drei Tage lang seinen Hodensack mit Eis zu Umschlägen, ganz 
abgesehen davon, dass eine so energische Application von Eis¬ 
umschlägen auf ein so nervenreiches Organ nicht ganz gefahr¬ 
los sein dürfte. Angesichts der grossen Schmerzhaftigkeit des 
kranken Nebenhodens, des vorausgehenden Fiebers und der all¬ 
gemeinen Prostration wird das Bleiwasser wohl nur, ut fiat ali- 
quid, angewandt. Gebräuchlich ist ausserdem — wohl nur in War¬ 
schau einzig und allein! — eine ganz merkwürdige Methode, die 
Einreibungen mit Unguentum hydrargyri cinereum, local applicirt; 
diese Procedur ruft oft eine Stomatitis mercurialis hervor, mehr 
aber ist sie zu leisten nicht im Stande. 

Der Entzündungsprocess bei gonorrhoischer Epididymitis 
wird sehr scnnell im Beginne selbst aufgehalten mit Hilfe der 
örtlichen Revulsion durch Höllensteinsalbe in der Stärke von 
1 ; 10 Fett. Sofort nach Auftreten der Erscheinungen der Epi¬ 
didymitis wickele ich den kranken Hoden allseitig in ein Stück 
Leinwand ein, das ziemlich dick mit der ebengenannten Salbe 
vorher bestrichen worden war, hierauf lege ich eine dicke 
Schicht Watte und applicire dann ein Suspensorium. Diese 
Salbe behält der Kranke 24 Stunden. Nach ein bis zwei Stun¬ 
den schon lässt das anfangs heftige Gefühl von Brennen nach, 
und nach Abnahme des Verbandes erweist sich die Haut des 
Hodens theilweise geschwärzt, theilweise geröthetund nässend. 
Alsdann wird der Hodensack, der nunmehr bedeutend weniger 
schmerzhaft ist, einfach mit trockener Watte bedeckt, und 
nach abermals 24 Stunden lege ich lege artis ein Langle- 
bert’sches Suspensorium an. Ein so behandelter Kranker bleibt 
selten länger als 24 Stunden zu Bett und ist bereits nach 
einigen Stunden befreit von den heftigen Schmerzen, welche 
gewöhnlich die Epididymitis begleiten 


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Ueber die flir ulcus molle specifische 

Mikrobe. 


Von 

Dr. R. Krefting, 

I. Assistenzarzt der Universitätsklinik für Hantkranke in Christiania. 


(Hierzu Tafel H.) 

Nachdem die Bakteriologie in der letzteren Zeit in die 
Aetiologie von mehr und mehr Krankheiten ansteckender Art 
Klarheit gebracht hat durch die Auffindung eines Mikroorga¬ 
nismus als die imzweifelhafte Krankheitsursache, hat man selbst¬ 
redend auch bei einer so ausgeprägt ansteckenden Krankheit 
wie ulcus molle einige Untersuchungen angestellt, um darüber 
ins Reine zu kommen, was im Virus derselben das wirksame 
Element ist. 

Dass der Ansteckungsstoff bei einer Krankheit von so 
ausgesprochen contagiöser Natur einem bestimmten Mikroor¬ 
ganismus zuzuschreiben ist, ist wahrscheinlich. 

Für eine solche Annahme sprechen auch verschiedene 
Erfahrungen über das Schankervirus, die sich auf zahlreiche 
Experimente stützen, welche zu einer Zeit ausgeführt wurden, da 
man nicht einmal eine dunkle Ahnung hatte von der grossen 
Bedeutung, welche die Bakterien als Krankheitsursachen er¬ 
halten sollten. Durch eine massige Verdünnung der Schanker¬ 
materie mit Wasser und indifferenten Stoffen, wie Blutserum, 
Fruchtwasser, Urin, oleum olivarum etc. verlor dieselbe nicht ihre 


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Kr efting. 


inficirende Kraft, während sie ihre Virulenz durch übormässig 
starke Verdünnung mit diesen Flüssigkeiten oder durch Zusatz 
von verschiedenen chemischen Stoffen, z. B. starken Säuren 
und Sublimat oder durch Erhitzung bis zu 50° einbüsste. Die 
Stoffe, welche die grösste Fähigkeit besitzen, organisches Leben 
zu tödten, waren auch die wirksamsten, um das Schankervirus 
seiner Virulenz zu berauben. Solche Versuche sind von Nie¬ 
mandem mit der Genauigkeit und in dem grossen Massstabe 
ausgeführt worden wie von Prof. W. B o e ck *)an der Universitäts¬ 
klinik zu Christiania, der in seinen Arbeiten über die Syphilis 
die Resultate seiner vielen sorgfältigen Versuche mitgetheilt 
hat, welche die Eigentümlichkeiten des Schankervirus be¬ 
leuchten. Diese Versuche hat er freilich, als einer der eifrigsten 
Vorkämpfer des Unitarismus, in der Voraussetzung ausgeführt, 
dass er mit dem syphilitischen Virus arbeite, aber die Ex¬ 
perimente haben dessenungeachtet grossen Werth, wenngleich 
man ihnen nicht die Bedeutung beilegen kann, welche seine 
Meinungsgenossen darin gefunden haben. 

Während der zu jener Zeit sehr gebräuchlichen Behand¬ 
lung der Syphilis durch monatelang fortgesetzte Inoculation 
von weichen Schankern — Syphilisation — bot sich auch 
reichliche Gelegenheit, das Verhalten des Organismus zum 
Virus zu studiren, in welchem nach und nach erst eine locale und 
zuletzt eine universelle, aber doch nur temporäre Immunität 
eintrat. 

Bei seinen zahlreichen Versuchen, verschiedene chemische 
Stoffe dem Virus zuzusetzen und darauf die Ueberimpfbarkeit 
zu probiren, erwies sich Sublimat als das zerstörendste, dem¬ 
nächst acetum glaciale, welches Carbolsäure an destructiver 
Kraft übertraf. Aus seinen Mittheilungen ist jedoch nicht zu 
ersehen, wie lange er diese Stoffe dem Virus beigemischt liess, 
ehe er die Inoculation vornahm. 

Dass W. B o e c k auch seine Aufmerksamkeit einem conta- 
gium vivum zugewandt hat, geht aus Folgendem hervor: Seite 
242: Recherches sur la syphilis — Fortsetzung Christiania 1875: 


') Recherches sur la syphilis. Christiania 1862, sowie die Fortsetz.: 
Undersögelser angaende syfilis. Christiania 1875. 


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Ueber die für ulcus molle specifische Mikrobe. 


43 


„Die Resultate von Inoculationen mit Materie, vermischt 
mit acid. boric. und biboras natricus, scheinen zu zeigen, dass 
nicht Pilze die Ursache der virulenten Beschaffenheit der 
Materie sind, da die Ueberimpfbarkeit so wenig beeinflusst wird 
von den Substanzen, welche die Pilze leicht zerstören.“ 

Die genauere Bekanntschaft mit den in den 40er Jahren 
entdeckten Dermatomykosen hatte Boeck wahrscheinlich auf den 
Gedanken gebracht, die Möglichkeit, dass das Schankervirus 
einem Pilz zuzuschreiben sei, auszuschliessen. 

Die Versuche, welche er mit Inoculation von filtrirter 
syphilitischer Materie vornahm, „machen es annehmbar“, dass 
die Ueberimpfbarkeit nicht ausschliesslich an die Eiterzellen 
gebunden sei. 

Schon vor sehr langer Zeit, gegen die Mitte des 17. Jahr¬ 
hunderts, wurden von Schriftstellern, die ihrer Phantasie freien 
Spielraum liessen, parasitische Theorien über das Schanker¬ 
virus aufgestellt. Ein Verfasser aus dem vorigen Jahrhunderte 
gab der männlichen Krätzmilbe die Schuld für Syphilis. Im 
Jahre 1835 glaubte Donne 1 ) specifische Mikrophyten sowohl 
für Blennorhagie als auch für Schanker gefunden zu haben. 
Es war ein vibrio lineola, der specifisch für den letzteren 
sein sollte. Ein Amerikaner, Salisbury, 1 ) entdeckte eine crypta 
syphilitica, aber der Professor der Botanik in Pennsylvanien, 
Horatio Wood, im Verein mit Bumstead und Willard konnten 
seinen Fund nicht bekräftigen (1868). 

Die Versuche, welche in der letzteren Zeit gemacht worden 
sind, um die gewünschte specifische Mikrobe zu finden, sind 
vielleicht viel zahlreicher gewesen, als es nach den wenigen, 
in der Literatur vorliegenden Mittheilungen über solche Ver¬ 
suche den Anschein hat, indem die meisten vermuthlich ohne 
Resultat geblieben sind. 

Die Versuche sind hauptsächlich auf Buboeiter gerichtet 
gewesen, den man sich als die am wenigsten verunreinigte 
Schankermaterie dachte. 

Dieser verhält sich jedoch nicht wie die weiche Schanker¬ 
materie, indem er nur verhältnissmässig selten überimpfbar ist. 


! ) L. Jullien. Maladies veneriennes. 1879. 


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Krefting. 


Ohne hier näher eine Erklärung dieses Verhältnisses, 
welches die Aetiologie der Schankerbubonen so räthselhaft 
macht, versuchen zu wollen, zeigt dies doch, dass er jedenfalls 
nicht immer ein gleichartiger Krankheitsprocess ist, sondern 
dass es wenigstens 2 Arten von Bubonen in Folge 
von ulcus molle gibt. 

Strauss 1 ) hat im Jahre 1884 einige Versuche mit Bubo 
eiter mitgetheilt. Es glückte ihm niemals Mikroorganismen in 
demselben nachzuweisen, gleichwie Züchtungsversuche negativ 
ausfielen. In 42 Fällen von Bubonen nach weichem Schanker 
nahm er nach gehöriger Abwaschung Inoculationen mit dem 
Buboeiter in der Nabelgegend oder auf dem Arm vor. Ueber den 
Inoculationsstellen wurde entweder ein LJhrglas mit Pflaster 
befestigt, oder desinficirte Watte angebracht. 

Die Inoculationen fielen stets negativ aus, während Con¬ 
trolversuche mit Secret von weichem Schanker ein positives 
Resultat ergaben. Selbst mehrere Tage nach der Spaltung sah 
er niemals den Bubo schankrös werden (ulcerirendund über- 
impfbare Materie absondernd), wenn er denselben mit aseptischer 
Bandage schützte. 

Seiner Meinung nach gibt es nur eine Art von Bubonen 
in Folge von weichem Schanker, indem Buboeiter niemals vi¬ 
rulent ist; sondern es nur wird nach der Oeffnung des Bubos 
durch secundäre Infection mit Schankervirus. Dass Eiter von 
Bubonen bereits im Augenblicke der Oeffnung überimpfbar 
sein kann, ist jedoch über jeden Zweifel erhaben. So ziemlich 
alle Syphilidologen können zahlreiche derartige Fälle mittheilen. 

In der Abtheilung für Hautkranke hatte ich diesen Som¬ 
mer, ehe ich die mehr methodischen Untersuchungen begonnen 
hatte, Gelegenheit, selbst eine solche Erfahrung zu machen, 
indem ich nach Oeffnung eines Bubos an der radix penis bei einem 
20jährigen Brauerknechte Inoculationen mit positivem 
Resultat vornahm. Ich will gleichzeitig die Bemerkung ma¬ 
chen, dass die mit dem Buboeiter vorgenommenen Züchtungs¬ 
versuche auf Agar - Agar und Bouillon im Brutkasten n e- 


') Comptes rendus de l’academie, Tom. 99, Nr. 21, 1884. Refer. iu 
Vierteljahrschrift für Derm. und Syphil. 1885, p. 364. 


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Ueber die für ulcus molle specifische Mikrobe. 


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gativ ausfielen, gleichwie ich bei mikroskopischer Unter¬ 
suchung von verschiedenartig gefärbten Präparaten irgend welche 
Bakterien nicht finden konnte. Ich will nicht unterlassen 
darauf aufmerksam zu machen, dass ich die Bakterie, welche 
ich später beschreiben werde, noch nicht ausfindig gemacht 
hatte und ich dieselbe somit leicht hatte übersehen können. Auch 
benutzte ich nicht die Färbungsmethode, welche ich später' 
anzuwenden gelernt habe. 

Unlängst habe ich durch Inoculation von einem Bubo, 
der sich während des Aufenthalts in der Klinik unter einer 
Bandage öffnete, typische Schankerpusteln erhalten. Der Fall 
ist näher besprochen als Observation Nr. 6, da sich daran 
Anderes von Interesse knüpft. 

Horteloup 1 ) kann sich ebenfalls nicht einverstanden er¬ 
klären mit S t r a u s s’ Schlussfolgerungen, indem er sich in solchem 
Falle nicht erklären könnte, wie schankröse Bubonen entstehen 
könnten bei solchen Individuen, deren Schanker bereits geheilt 
waren. Schon Ricord hätte 7 solcher Fälle mitgetheilt. Man 
müsste sich dann denken, dass der geöffnete Bubo von Mit¬ 
patienten inficirt worden wäre. Selbst berichtet H. von einem 
Falle von Bubo, der, nachdem er unter antiseptischen Vor- 
sichtsmassregeln incidirt worden, wie sich erwies, überimpf- 
baren Eiter enthielt, welcher zu gewöhnlicher Zeit und auf 
gewöhnliche Weise typische Inoculationspusteln und weiche 
Schanker hervorrief. Infection von der freilich nicht zugeheilten 
Wunde unter einem phimotischen praeputium glaubte er aus- 
schliessen zu können. Strauss hätte eine Reihe günstiger Fälle 
getroffen und übereilt die Möglichkeit der Existenz des wirk¬ 
lich schankrösen Bubos bestritten. 

Diday 4 ) ist derselben Meinung und glaubt nicht an die 
zufällige secundäre Infection von Schankerbubonen. 

Diese Untersuchungen sind jedoch nicht der Hauptsache 
näher gekommen, nämlich das contagiöse Element im Schan¬ 
kervirus zu finden. 


') Ueber die Virulenz der Bubonen (Annales de Dermat. et Syphil. 
p. 11, 1885), refer. in VierteljahrBchrift für Derm. u. Syph. 1885, p. 165. 

a ) Ueber schankröse Bubonen. (Annales de Dermat. et Syph. 1885, 
p. 17), ref. in Vierteljahrschrift für Dermat. u. Syphil. 1885, p. 366. 


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Krefting. 


Die Versuche, welche im Laufe der Zeit von den Unita- 
risten gemacht worden sind, um zu beweisen, dass der weiche 
Schanker auch hervorgerufen werden kann durch Inoculation 
von Materie von syphilitischen Symptomen, entweder von einer 
reichlich secernirenden syphilitischen Primäraffection oder von 
breiten, nässenden Condylomen (L. Bidenkap 1 , Wallace, 
Pick, Koebner, W. Boeck u. Anderen), werden stets als 
werthvolle Beiträge genannt werden in dem ziemlich heftigen 
Kampfe zwischen Unitariern und Dualisten. 

Da indess die Versuche damals selbstredend nicht mit 
den Vorsichtsmassregeln, welche die experimentelle Bakteriologie 
der Gegenwart fordert, haben ausgeführt werden können, so 
kann vielleicht manchen von ihnen nicht die Beweiskraft bei¬ 
gelegt werden, wie solches geschehen ist, gleichwie auch der 
Umstand, dass diese Versuche verhältnissmässig so selten ge¬ 
langen und nicht von allen Experimentatoren mit constantem 
Resultate ausgeführt sind, dafür spricht, dass Zufälligkeiten 
mit im Spiel gewesen sein können. Selbst die letzten Versuche 
in dieser Richtung, aber mit einem anderen Resultat, von 
Finger 2 ) und Anderen ausgeführt, scheinen kein hinreichender 
Beweis, obschon er nach einer sehr umständlichen historischen 
Darstellung der Frage, und gestützt theils auf seine eigenen 
Untersuchungen, theils auf die Anderer, mit 4 ziemlich kräfti¬ 
gen Sätzen kommt: 

1. Der weiche Schanker ist das Product von Inoculation 
mit syphilitischem Eiter (von syphilitischen Efflorescenzen) 
auf Syphilitische. 2. Er kann auch hervorgerufen werden durch 
Inoculation von nicht syphilitischem Eiter (acne, pemphigus, 
lupus, fluor albus) auf Syphilitische. 3. Er ist auch die Folge 
von Inoculation von nicht syphilitischer Materie (fluor albus) 
von einem latenten Syphilitischen auf Gesunde. 4. Der weiche 
Schanker ist das Product von Inoculation mit mannigfacher 
Materie auf Gesunde. 


*) L. Bidenkap. Er de sygdomsformer, som vi hidtil have indebe- 
fattet under benävnelsen syphilis, frembragte ved et virus eller ved flere 
forskellige? Magasin for Lägevidensk. 17—18 Bd., 1863—1864. 

a ) Die Diagnose der syphilitischen Initialsclerose und der localen 
contagiösen Helcose. Vierteljahrschrift für Denn. u. Syph., p. 490. 


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Ueber die für ulcus molle specifische Mikrobe. 


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Seine Hauptschlussfolgerung ist, dass „weicher Schanker 
das Resultat von Inoculation mit gewissen Materien auf ge¬ 
wisse Individuen ist“. 

Diese Anschauungsweise würde doch eine traurige Ver¬ 
wirrung anrichten und scheint auch auf Experimente gestützt 
zu sein, die viele Einwendungen zulassen. Nach Fingers 
Anschauung würde Bidenkaps Unitätsbeweis, von W. 
Bo eck und Anderen gutgeheissen, einer jeden Beweiskraft 
ermangeln. 

Obschon ich fast unwillkürlich in den interessanten Streit, 
der zwischen Unitariern und Dualisten geführt worden ist, ge- 
rathen hin, ist es dennoch nicht meine Meinung hiervon eine 
Darstellung zu geben, indem eine solche, wenn sie nur einen 
Theil von dem enthalten sollte, was auf beiden Seiten gesagt 
und geschrieben worden ist, dicke Bücher füllen würde. Es gibt 
jetzt nicht viele Syphilidologen, die die Unität verfechten, und 
der Kampf scheint nun vollständig aufgehört zu haben, indem 
von Seiten der Unitaristen nichts Neues mehr kommt, was 
denselben wieder anfachen könnte. Aus Kaposis Lehrbuch über 
die Syphilis, neueste Ausgabe 1891, ist ersichtlich, dass er 
nach wie vor der Unitätslehre in ihrer vollsten Ausdehnung 
huldigt, dass er aber jetzt fast allein zu stehen scheint, indem 
auch die meisten seiner Landsleute unter den Syphilidologen 
Dualisten sind. Ich bin auch nicht sicher, ob mein geehrter 
Lehrer und früherer Oberarzt, L. B i d e n k a p, der viele 
von den Beweisen, worauf die neuere Unitätslehre basirt ist, 
geliefert hat, immer noch streng daran hält; dass er aber 
jedenfalls nicht mit Kaposis Darstellung der Unitätslehre ein¬ 
verstanden ist, glaube ich aussprechen zu können, nach dem, was 
in meiner Praktikanten- und Candidatenzeit docirt wurde. 
Bidenkap lehrte, dass der harte Schanker lange Incubation — 
2 bis 4 Wochen — habe, während in Kaposis zusammenge¬ 
drängtem Resume der modernen Unitätslehre als Satz 4 Fol¬ 
gendes steht: „Der harte Schanker beginnt in den meisten Fällen 
als weicher (als Pustel ohne Incubation), seine Induration 
entwickelt sich erst im Laufe der 2., 3., Woche, oft aber schon 
am 3 —5. Tage.“ 


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Krefting. 


Der, welcher zuerst mit den Hilfsmitteln, welche die 
moderne bakteriologische Technik zur Verfügung stellt, den für 
uleus molle specifischen Mikroorganismus gefunden zu haben 
glaubte, ist ein Italiener de Luca. 1 ) 

Er züchtete sowohl aus der offenen Scbankerwunde als 
auch aus dem Inhalt der secundären Inoculationspustel auf 
Fleischinfus und Gelatine, einen Mikrococcus. der durch fernere 
Inoculation typische weiche Schanker hervorrief. Unter diesen 
kleinen Coccen fand er sowohl Diplococcen als auch Strepto¬ 
coccen. 

Inwiefern nach einem Schanker ein einfacher oder ulce- 
röser Bubo entstehe, sollte seiner Ansicht nach vom Ueber- 
gang verschiedener Mikroorganismen in die Lymphgefässbahn 
herrühren. 

Wenn nur gewöhnliche pyogene Bakterien einwandern, 
entsteht der einfache Bubo, während der ulceröse entsteht 
durch Einwanderung des nach seiner Meinung für ulcus molle 
pathogenen Mikrococcus, aber erst nach Eröffnung schankrös 
wird, wegen der aerobischen Eigenschaften des Mikrococcus. 
Verglichen mit den weiter unten besprochenen Untersuchungen 
von D u c r e y und meinen eigenen, scheinen die von ihm erhal¬ 
tenen, anscheinend hübschen Resultate einigen Zweifel und die 
Vermuthung zuzulassen, dass zufällige Verunreinigungen in den 
Nährsubstraten hervorgewachsen sind. 

Die misslungenen Versuche sind jedoch nicht ohne Re¬ 
sultatgeblieben, indem ein anderer Italiener, Auguste Ducrey 8 ) 
aus Neapel, auf dem internationalen dermatologischen Congress 
1889 das Resultat seines Suchens nach dem contagiösen Element 
bei ulcus molle mittheilte. 

Er ging davon aus, dass die verschiedenen, zum Theil 
virulenten, ziemlich mannigfaltigen Mikroorganismen in Schanker¬ 
wunden (Streptococcen, Staphylococcen) secundär eingewandert 


') II micrococco dell’ ulcus molle. Gaz. degle osped. 1886, 38—41. 
Giorn. ital. delle mal. ven. e della pelle 1886, 4; ref. in Vierteljahrschr. 
für Dermatol, und Syph. 1886, pag. 902. 

*) Congres international de dermatologie et de syphilidographie 
tenue ä Paris an 1889. Comptes rendus p. 279. 


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Ueber die für ulcus molle specifische Mikrobe. 


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Beien und daher Generationen von Schankerpusteln unter asep¬ 
tischen Cautelen hervorriefen. Die Zahl der Mikroorganismen, 
die er als secundär eingewandert ansah, verschwand von Gene¬ 
ration zu Generation, bis die Materie in der 5. und 6. Gene¬ 
ration bei Züchtungsversuchen auf verschiedenen Nährsub¬ 
straten ein negatives Resultat ergab, aber beständig charakte¬ 
ristische weiche Schanker hervorrief. 

Das reine Virus enthielt nur einen Mikroorganismus, kurz 
und dick mit abgerundeten Enden, von Aussehen oft wie eine 
8, die sich sowohl im Protoplasma als auch zwischen den Zellen, 
theils in Gruppen, fand. Sie färbten sich mit alkoholischer 
Fuchsinlösung, Methyl violett und Gentiana violett, aber nicht 
nach der Methode von Gram und Kühne. Im Bubonen¬ 
eiter hat er niemals, weder diese Mikrobe noch irgend eine 
andere gefunden. Er behauptet ausserdem, dass es nur eine 
Art von Bubo nach weichem Schanker gibt, nämlich nur 
den einfachen inflammatorischen. Der schankröse erscheint seiner 
Ansicht nach nur durch secundäre Infection. Zur Erklärung 
gibt er die Hypothese, dass Bubonen das Resultat der Re- 
action des Gewebes gegen die Stoffwechselproducte des 
Schinkermikroorganismus seien. 

Sowohl Fournier als auch Leloir protestirten in der 
Discussion gegen die Behauptung, dass es keine Bubonen geben 
sollte, die nicht vom ersten Augenblick an schankrös seien, 
d. h. überimpfbaren Eiter enthielten. 

Dr. E. Weiander spricht in einer Arbeit: „Versuche 
einer Abortivbehandlung der Bubonen“ in diesem Archiv Heft 1 
1891 davon, Ducreys Bacillen in Inoculationspusteln gefunden 
zu haben, aber nicht in allen und stets in äusserst geringer 
Menge. Seine Züchtungsversuche fielen negativ aus. Zur Färbung 
wurde Methylblau und Fuchsin benutzt, ebenso wie Ducrey 
angibt. 

Nachdem ich vor ungefähr einem Jahre bei ein paar 
Fällen von ungeöffneten Bubonen mit allen bakteriologischen 
Vorsichtsmassregeln Züchtungsversuche mit dem ausgezoge¬ 
nen Eiter auf verschiedenen Nährsubstraten mit negativem 
Resultat vorgenommen hatte und ausserdem bei der mikro¬ 
skopischen Untersuchung einer grossen Menge auf verschiedene 

Ergäuzungshefte z. Archiv f. Dermatol, u. Syphil. 1892. 4 


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Krefting. 


Weise gefärbter, Präparate niemals Mikroorganismen irgend 
welcher Art gesehen hatte, begann ich im Juli dieses Jahres 
mit Untersuchungen des Inhaltes von Inoculationspusteln. Weiche 
Schanker waren hier in der Klinik lange Zeit verhältnissmässig 
selten gewesen, aber im Laufe des Herbstes sind mehrere 
solcher vorgekommen, so dass ich gute Gelegenheit gehabt 
habe, um die nothwendigen Inoculations-Experimente anzu¬ 
stellen. 

Ehe ich die mehr methodischen Untersuchungen begann, 
hatte ich bei mikroskopischer Untersuchung gefärbter Deckglas¬ 
präparate von dem purulenten Inhalt in Inoculationspusteln 
stäts einige Stäbchenbakterien gefunden, bevor ich Gelegenheit 
gehabt hatte Ducreys Arbeit zu sehen. Als ich später 
die Zeichnung seiner Bakterien zu sehen bekam, ward ich an¬ 
genehm überrascht, darin dieselben wieder zu kennen, welche 
ich gefunden hatte. Selbst mein Verfahren bei meinen ersten 
Untersuchungen ist ungefähr dasselbe gewesen wie das Ducreys, 
ohne dass ich seine Abhandlung gesehen hatte. 

Wenn Kaposi in der letzten Ausgabe seines Lehrbuches 
der Syphylis unter Aetiologie, nach sehr umständlicher Be¬ 
sprechung der höchst zweifelhaften Syphilisbacillen in einer 
Notiz von drei Linien mittheilt, dass D u c r e y in Schankern und 
Bubonen einen Mikroorganismus gefunden hat, so ist das ein 
Zeichen, dass er sich nicht völlig vertraut gemacht hat mit 
der Arbeit, indem Ducrey nur in Schankerpusteln, nicht 
aber in Bubonen Mikroben gefunden hat. Ich habe übrigens den 
Eindruck empfangen, dass die Fachleute mit allzugrosser 
Skepsis die Mittheilungen Ducreys aufgenommen und seine 
sorgfältigen Untersuchungen fast ganz übersehen haben. 

Meine Untersuchungen und Versuche wurden an 14 K li ni k- 
patienten und 9 Privatpatienten vorgenommen. Ich 
hatte selbstredend die beste Gelegenheit mit den Patienten zu 
experimentiren, welche 2—3 Monate in der Klinik lagen, und 
konnte an ihnen eine grosse Menge Inoculationen vornehmen, 
indem Inoculationspusteln, von den ursprünglichen Schanker¬ 
wunden herrührend, in vielen Generationen übergeführt wurden 
nach verschiedenen Stellen auf den respectiven Patienten. Im 
Allgemeinen wurde vor der Inoculation Abwaschung der Haut 


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lieber die für ulcus molle specifische Mikrobe. 


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mit Sublimat und darauf mit Aether vorgenommen. Bei einem 
grossen Theil der Versuche wurde die inoculirte Hautpartie 
mit einem sterilisirten Uhrglas bedeckt, welches mit Watte 
und Collodium sowie einer Gazebinde befestigt wurde. Durch 
das Uhrglas war somit Gelegenheit, die Entwickelung der Pusteln 
zu sehen. 

Bei den meisten Patienten wurden die Inoculationspusteln 
bis auf 7 — 8 Generationen weitergeführt und jedesmal mit 
3 Inoculationsstichen. Es wurde stets eine sterilisirte (ausge¬ 
kochte) Lanzette benutzt. 

Die mikroskopische Untersuchung des Pustelinhaltes von 
ca. 150 Pusteln von den verschiedenen Generationen ward im 
Allgemeinen 2 bis 3 Tage nach der Inoculation vorgenommen, 
ehe sich eine Kruste zu bilden begonnen hat. Ich vermied die ge¬ 
wöhnliche Reibung der Deckgläser gegen einander, sondern strich 
die Materie mit der Lanzette so dünn wie möglich auf. Erfahrungen 
bei der Untersuchung von Gonorrhoeeiter haben mir nämlich ge¬ 
zeigt, dass das Verhältniss zwischen den Zellen und den Bakterien 
leicht gestört wird, wenn man die Deckgläser gegen einander reibt. 
Zur Färbung wurde eine Lösung von Methylblau mit Zusatz von 
Borax nach folgender Formel benutzt: 16 Gr. 5% Boraxlösung; 
20 Gr. gesättigte wässerige Lösung von Methylblau, 24 Gr. aqua 
destillata. 

(Dies ist dieselbe Farbenmischung, welche von Caesar 
Bo eck 1 ) speciell zur Färbung der Hautpilze empfohlen wurde; 
zuerst angegeben von Dr. Sahli zur Färbung bei Untersuchung 
des Centralnervensystems und von Micrococcen.) Nachdem sie auf 
gewöhnliche Weise durch die Flamme geführt worden, blieben 
die Deckgläser ca. % Stunde in der Farbflüssigkeit liegen oder 
nur ganz kurze Zeit, wenn dieselbe in einem Uhrglas erwärmt 
wurde. Darauf Abwaschung in destillirtem Wasser und Trockr 
nung sowie Untersuchung in Cedernöl. Ich liess auch von Zeit 
zu Zeit die Präparate 24 Stunden lang in der Farbflüssigkeit 
liegen, gebrauchte dann aber eine etwas dünnere Farbstofflösung. 

Von offenen, ulcerirenden Schankerwunden hielt ich es 
fast nie der Mühe werth, mikroskopische Untersuchungen vor- 


') Magasin for Lägevidensk. 1887, forkardl. p. 119. 

4 * 


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Krefting. 


zunehmen, wegen der mannigfachen dabei vorkommenden Ver¬ 
unreinigungen. 

In 8ämmtlichen Präparaten konnte ich stets finden: Ba¬ 
cillen, 1.50—2 //. lang, 0.50—1 f.i. breit, kurze und 
dicke, mit abgerundeten Enden und sehr oft mit 
einem Eindruck in der Mitte. Der Eindruck er¬ 
schien an einzelnen undeutlich, aber der grösste 
Theil erinnerte in ihrer Form an Manuale. Sie 
zeigten oft eine weniger stark gefärbte Partie in 
der Mitte. Man sah sie theils in Gruppen von 5bis 
6 oder mehr um den Kern herum im Protoplasma 
selbst, theils lagen oft 2 oder einzelne isolirte 
Bacillen im Protoplasma. Zwischen den Zellen 
lagen sie gewöhnlich nur einzeln. 

Ich empfing den Eindruck, dass sie sich am wohlsten 
befanden in den Eiterzellen und gleichsam zu 
ihnen gehörten. Sie zeigten oft nicht dieselbe Länge, selbst 
wenn sie in einer Colonie lagen. Einzelne runde Formen re- 
präsentirten wahrscheinlich Bacillen, die sich in verticaler Lage 
befanden. (Vgl. die Abbildung auf Tafel II.) 

In einigen Pusteln von der 1. und 2. Generation konnte 
man ab und zu in den Präparaten eine einzelne längere Stäb¬ 
chenbakterie sehen, nur selten sah man Streptococcen und Sta- 
phylococcen und dann nur in der ersten Generation. 

Gleichviel ob die Inoculationen mit oder ohne aseptische 
Vorsichtsmassregeln vorgenommen wurden, so fand ich doch 
stets in 2tägigen Pusteln dieselben Bacillen fast immer ohne 
Verunreinigung. 

Von den nur in ein paar Generationen an den 9 Privat¬ 
patienten ausgeführten Inoculationen sah man in den Präparaten 
von sämmtlichen untersuchten Pusteln dieselben Bacillen, doch 
vielleicht in grösserer Menge als in den Pusteln der Klinik¬ 
patienten, was sich wohl dadurch erklären lässt, dass diese 
sich mit neuen, frischen Schankern meldeten, während die der 
Klinikpatienten schon älteren Datums waren. Mir scheint, ich 
habe auch die Beobachtung gemacht, dass, je schneller und 
kräftiger es anschlägt, in desto grösserer Menge 
sich die Bacillen finden, während Pusteln, welche durch 


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Ueber die für ulcus molle specifische Mikrobe. 


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Inoculation von sehr alten, aber doch noch secernirenden 
Schankern hervorgerufen waren, verhältnissmässig wenig Ba¬ 
cillen enthielten. 

Von mehreren Versuchen, die dieser Erfahrung zu 
Grunde liegen, können Inoculationsversuche angeführt werden, 
die an einem 38jährigen Schneider vorgenommen wurden, der 
am 11. Februar 1892 in die Klinik kam mit einem ofienen, 
ulcerirenden Bubo, der sich 2 Tage vor der Ankunft geöffnet 
hatte. Mit dem Bubosecret wurden Inoculationen vorgenommen, 
die in den ersten Tagen ein negatives Resultat geben zu wollen 
schienen, aber nach 4—5 Tagen verbesserten sich die Pusteln. 
Bacillen konnten in dem Pustelinhalte nachgewiesen werden, 
jedoch nur in geringer Menge neben dem accessorischen Be¬ 
funde von Coccen. In der 2. Generation dagegen schlug es 
schnell und sehr kräftig an, schon nach 24 Stunden, und nun 
Hessen Bacillen sich in reichHcher Menge nachweisen. 

Ich habe noch keine Pustel, die sich von sicherem 
Schankervirus herschrieb, untersucht, ohne den 
Bacillus gefunden zu haben, wenngleich ab und zu in 
geringer Menge. Dagegen fand ich in Pusteln, hervorgerufen 
durch Inoculation von Eiter aus einer stark secernirenden 
syphilitischen Primäraffection am Präputium, nur zahlreiche 
Diplococcen — ohne Beimischung von anderen Mikroorganismen. 
Diese Pusteln konnten auch überimpft werden, riefen aber 
keine Destruction hervor und trockneten nach Verlauf von ca. 
8 Tagen von selbst ein. Bei einem anderen Falle der Klinik, 
bei welchem auch Inoculationen aus einer eitersecernirenden syphi¬ 
litischen Primäraffection an der Glans versucht wurden, kamen 
auch Pusteln, aber deren Inhalt zeigte bei mikroskopischer 
Untersuchung Repräsentanten von fast allen möglichen Bakterien¬ 
formen, Diplococcen, Streptococcen und Stäbchen, alles in grosser 
Menge. Während der in den letzten 8 Monaten täglich mit 
mehreren Patienten vorgenommenen Inoculationen mit Secret 
aus syphilitischen Primäraffectionen entstanden oft abor- 
tirende Pusteln, welche bei mikroskopischer Untersuchung 
allerlei Bakterienformen ergaben, aber niemals irgend eine, 
die mich hätte dazu bringen können, an die oben beschriebene 
zu denken. Diese Pusteln konnten jedoch nicht überimpft 


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Krefting. 


werden und gaben auch keine Veranlassung zu irgend einer 
Destruction. 

Die beschriebenen Bacillen können freilich auch mit anderen 
Farbmitteln, z. B. Fuchsin und Methylviolett gefärbt werden, aber 
Methylblau und speciell die obengenannte Lösung von Borax und 
Methylblau färbt besser, weil das Protoplasma der Eiterzellen 
nicht stärker gefärbt wird, so dass man die Bacillen sehen kann, 
selbst wenn sie in den Zellen liegen. 

Sie entfärben sich leicht, Alkohol und verdünnte Essigsäure 
machen sie sofort undeutlich; sie lassen sich nicht nach Grams 
Methode färben. Herr Oberarzt C. Bo eck, der mit Wohlwollen 
und Interesse meinen Untersuchungen gefolgt ist, hat einen 
Theil meiner Präparate gesehen und stets meine Bakterien - 
funde constatiren können. 

Die Züchtungsversuche, welche ich unter aseptischen Vor- 
sichtsmassregeln aus Pusteln von vier Hospitalspatienten vor¬ 
nahm, fielen negativ aus, indem nichts in den Nährsubstraten 
wuchs. Die Versuche wurden 2 bis 3 Tage nach der Inocu- 
lation vorgenommen, nachdem die Pusteln vorsichtig mit 
Aether abgetrocknet waren. Als Nährsubstrate wurden benutzt 
Agar-Agar, Urin, Bouillon im Brutkasten sowie Gelatine bei 
gewöhnlicher Temperatur. 

Der Umstand, dass es mir nicht gelungen ist, 
die beschriebene Bakterie auf den gewöhnlichen 
N;ahrsuhstraten zu züchten, macht, dass ein wich¬ 
tiges Glied in der Reihe von Beweisen für die Be¬ 
hauptung, dass dieser Mikroorganismus pathogen 
ist und eine bestimmte Krankheit hervorruft, 
mangelt. 

Wenn man eine Anzahl von Untersuchungen angestellt 
hat, gewinnt man doch bald die Ueberzeugung, dass man es 
nicht mit Zufälligkeiten zu thun hat. 

Der stete Nachweis von Bacillen, fast immer ohne Ver¬ 
unreinigung, in sämmtlichen, durch Inoculation in mehreren 
Generationen hervorgerufenen Pusteln, nähert sich an Beweis¬ 
kraft sehr der einer Cultur und könnte vielleicht eine genannt 
werden, wenn man den lebenden Organismus {als Nährsubstrat 
auffasst. 


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Ueber die für ulcus molle specifische Mikrobe. 


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Wie aus untenstehender Observation Nr. 6 hervorgeht, 
ist es mir gelungen, den Bacillus im Secret aus einem 
virulenten Bubo nachzuweisen, der sich unter einer 
Wattebandage öffnete, sowie in den mit Secret aus dem¬ 
selben hervorgerufenen Inoculationspusteln. 

Züchtungsversuche mit dem Bubosecret auf Serum, Bouil¬ 
lon, Agar-Agar und Gelatine ergaben kein Wachsthum von 
irgend welchen Bakterien. 

Im nicht virulenten Bubo ei ter dagegen konnten 
niemals trotz zahlreicher Untersuchungen Mikroorga¬ 
nismen irgend welcher Art nachgewiesen werden. 

Die von den meisten Syphilidologen, im Gegensatz zur 
Auffassung von Strauss und Ducrey, angenommene Ein¬ 
teilung der Bubonen in nicht virulente oder einfache, welche 
die am häufigsten vorkommenden sind, und virulente oder 
schankröse, findet in folgenden Observationen eine fernere 
Bestätigung: 

Observation Nr. 1. K.K., Seemann, 19'/,Jahre, kam am 25. August 
1891 in die Klinik mit Ulcera mollia am Präputium. Im September 
wurden mehrfach Inoculationen vorgenommen. Ende September waren die 
Wunden an den Genitalien zugeheilt. 

I. October. Empfindlicher, walnussgrosser Tumor an der rechten 
Leiste. 

3. October. Deutliche Fluctuation. 

5. October. Ausziehung von Eiter mittelst sterilisirter Spritze. 
12 Inoculationen auf verschiedenen Stellen des Körpers. 

9. October. Keine Wirkung: Neue Eiterausziehung aus dem 
weichen Bubo. 9 Inoculationen. 

II. October. Keine Wirkung. Aus einer kleinen Punctionsöffnung 
in der Haut über dem Bubo fliesst etwas Eiter heraus. Bandage von 
sterilisirter Watte während der ganzen Zeit. 

13. October. Die Oeffnung hat sich geschlossen. Neue Inoculationen 
mit ausgezogenem Eiter. Keine Wirkung. Der Bubo ging schnell zurück, 
ohne ulcerirend zu werden. Pat. wurde am 21. October nach 3wöchent- 
licher Behandlung geheilt entlassen. 

Züchtungsversuche mit dem Buboeiter ergaben kein 
Wachsthum. Es konnten auch nicht durch mikroskopische 
Untersuchung Mikroorganismen in demselben nachgewiesen 
werden. Der Eiter wurde auch auf Kaninchen (Ohren) über¬ 
impft ohne Resultat, aber ich bekam auch keine Wirkung an 
Kaninchen mit wirklich virulenter Materie. 


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56 


Kr efting. 


Observation Nr. 2. H. F., Bildschnitzer, 19 Jahre alt, kam am 
1. Februar 1892 in die Klinik mit einem fluctnirenden, etwas empfindlichen 
Bubo in der linken Leiste. Die Haut über demselben war roth, keine 
Wunde an den Genitalien. 

2. Februar. Mit der Punctionsspritze (ausgekocht) wurde V, Gr. 
Eiter aus dem Buho ausgezogen, womit auf drei verschiedenen Stellen 
des Körpers Inoculationen vorgenommen wurden, an jeder Stelle mit 
3 Stichen. 

Bei der mikroskopischen Untersuchung farbiger Deckglaspräparate 
von dem ausgezogenen Eiter konnten keine Mikroorganismen nacbgewiesen 
werden. Wattebandage über dem Bubo. 

5. Febr. Keine Wirkung. 

10. Febr. Die Fluctuation im Abnehmen. Keine Schmerzen. 

24. Febr. Keine Fluctuation. Geheilt entlassen nach einer Be¬ 
handlung von reichlich 3 Wochen. 

Diese beiden Fälle von fluctuirenden, nicht virulenten 
Bubonen gingen schnell zurück unter einer Compressionsbandage. 

Der folgende Fall, der auch einen nicht virulenten Bubo 
betrifft, soll näher besprochen werden zugleich mit den mit 
dem Buboeiter vorgenommenen Versuchen. 

Observation Nr. 3. H. S., Stewart, 36 Jahre alt, kam am 
25. Febr. 1892 in die Klinik mit einem in grosser Ausdehnung fluctui¬ 
renden Bubo in der linken Leiste fast von der Grösse eines Hühnereies. 

Die Haut über demselben roth. Nur eine einzige tiefe Schanker¬ 
wunde auf der Innenseite des Präputiums. 3 Inoculationen von dem¬ 
selben am Unterleib. Rasirung und Waschung, sowie sterilisirte Watte¬ 
bandage über dem Bubo. 

1. März. Wirkung nach den Inoculationen. In den Pusteln konnten 
die Bacillen mit Leichtigkeit nachgewiesen werden. 

Sämmtliche Pusteln wurden mit rauchender Salpetersäure zerstört. 

Der Bubo, grösser als ein Hühnerei, in grosser Ausdehnung fluctuirend. 

Mit Eiter, welchen ich mit der Punctionsspritze ausgezogen 
habe, wurden 9 Probe-Inoculationen vorgenommen. Züchtungsver¬ 
suche auf Serum, Bouillon und Agar-Agar ergaben kein Wachsthum. 

Bei der mikroskopischer Untersuchung des Eiters konnten 
keine Mikroorganismen nachgewiesen werden. 

Dem in der Spritze zurückgebliebenen Eiter wurde etwas 
Secret von einem virulenten Bubo von Fall 6 zugesetzt; die 
Spritze zugesiegelt und in den Brutkasten gesetzt. 

4. März. Keine Wirkung nach den mit dem Buboeiter vorge¬ 
nommenen Inoculationen. Nach wie vor bedeutende Fluctuation des 
Bubos. Fast keine Schmerzen. 


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Ueber die für ulcus molle specifische Mikrobe. 


57 


Es wurde wiederum mit der Spritze ca. 5 Gr. Eiter aus¬ 
gezogen. Auch jetzt konnten keine Mikroorganismen gefunden 
werden. Neuerliche Inoculationen. Zu ca. 1V 2 Gr. Eiter in einer 
Spritze wird 1 Tropfen Bubosecret von einem virulenten Bubo 
(Fall Nr. 6) hinzugesetzt, versiegelt und in den Brutkasten ge¬ 
legt. In Präparaten von dem zugesetzten virulenten Buboeiter 
konnten die Bacillen ohne anderweitige Verunreinigung nachge¬ 
wiesen werden. 

7. März. Auch nach den zuletzt ausgeführten Inoculationen keine 
Wirkung. Der Bubo weich, auch ferner fluctuirend. Wiederum Aus¬ 
ziehung von 4 Gr. Eiter. 

Eine circa 2 Gramm-Spritze, ungefähr halbgefüllt, die 
mit einer ganz unbedeutenden Menge des Inhalts der Inocu- 
lationspu stein (worin Bacillen) zu inficiren versucht wurde, 
mit einer Pasteur’schen Pipette ausgesogen, wurde versiegelt 
und in den Brutkasten gelegt. 

Wieder neue Inoculationen mit dem Buboeiter. 

10. März. Noch immer keine Wirkung. Nur unbedeutende 
Fluctuation. 

14. März. Keine Fluctuation. Pat. wurde nach knapp 3wöchent- 
licher Behandlung geheilt entlassen. 

Es wurden zu wiederholten Malen Inoculationen mit dem 
in den Spritzen im Brutkasten verbliebenen, nicht virulenten 
Buboeiter versucht, den man mit virulentem Buboeiter von 
Fall Nr. 6 zu inficiren versucht hatte. Diese Inoculationen er¬ 
gaben negatives Resultat. 

Selbst der Inhalt der Spritze, welcher ein ganzer Tropfen 
virulenten Buboeiters hinzugesetzt war, war ohne inficirende 
Kraft, so dass es scheint, dass der nicht virulente Buboeiter 
weit davon entfernt, die Entwicklung des Virus zu begünstigen, 
im Gegentheil dasselbe zu destruiren scheint. 

Bei den vielen Versuchen, welche W. Bo eck 1 ) mit 
Schankermaterie (bei ihm „syphilitische Materie“ benannt) 
ausführte, zeigte es sich, dass ein Tropfen derselben mit bis 
1000 Tropfen gewöhnlichen Eiters verdünnt werden konnte, 
ohne dass die Mischung ihre inficirende Kraft verlor, während 
Mischung mit 600 Theilen Wasser negatives Resultat ergab. 

') Professor W. Bo eck. Undersögelser angaaende Syphilis. Fort¬ 
setzung zu: Becherches sur la syphilis. Kristiania 1875, pag. 236. 


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58 


Krefting. 


Durch starke Verdünnung schien die Incubationszeit etwas 
verlängert zu werden. 

Die Verdünnung des Virus (virulenter Buboeiter) mit 
nicht virulentem Buboeiter war in den obenerwähnten Ver¬ 
suchen dagegen nur 1—20. 

In dem auf diese Weise behandelten Buboeiter konnten, 
was die 2 Spritzen anbetrifft, bei mikroskopischer Untersuchung 
irgend welche Mikroorganismen nicht nachgewiesen werden. 
In dem Eiter, dem ein ganzer Tropfen Buboeiter zugesetzt 
war, konnten einige Diplococcen (Verunreinigungen) nachgewiesen 
werden. Dieser Fall zeigt auch, gleich wie die beiden vorher¬ 
gehenden, wie kurze Behandlungszeit die nicht virulenten Bu¬ 
bonen fordern im Vergleich zu den virulenten, die oft unbe¬ 
rechenbar sind. 

Observation Nr. 4 zeigt, dass es auch offene, ulcerirende, 
nicht virulente Bubonen geben kann. 

Privatpatient K. H., Eisenbahnbeamter, erschien am 11. Febr. d. J. 
mit einem Bubo in der linken Leiste, der sich 2 Stunden vorher geöffnet 
hatte. Am Präputialrande sah man 3 bis 4 fast geheilte Wunden. In- 
ficirt vor einem Monat. Inoculationen sowohl von diesen als von der 
Oeffnung im Bubo ergaben negatives Resultat. 

Bandage von gereinigter Baumwolle und Amidambinde. 

28. Febr. Immer noch ein erbsengrosses Loch im Bubo. Die 
Wunden am Penis geheilt. Inoculation mit dem spärlichen Secret aus 
der Buboöffnung ergab nach wie vor negatives Resultat. 

29. Febr. Die Bubowunde zugeheilt. 

Eine 5. Observation verdient auch näher besprochen zu 
werden, da dieselbe zeigt, wie derselbe Patient in der 
einen Leiste einen offenen, virulent ulcerirenden 
Bubo und in der anderen einen in grosser Aus¬ 
dehnung fluctuirenden, nicht virulenten Bubo 
haben kann, der zurückgehen kann, ohne sich zu öffnen. 

R. D., Arbeiter, 28 Jahre alt, kam am 24. November 1891 in 
die Klinik. 

In der linken Leiste ein Tumor, grösser als ein Taubenei, mit 
punktförmiger Oeffnung, woraus ein reichlicher, dicker Eiter fliesst. In 
der rechten Leiste ein prominenter Tumor, grösser als eine Walnuss^ 
welcher in ziemlich grosser Ausdehnung deutlich fluctuirend ist. Die 
Haut über demselben roth und entzündet. Inficirt am 25. September 
1891. 4 Tage darauf merkte der Patient ein paar kleine Wunden im 
Sulcus coronarius. Der Bubo auf der linken Seite begann sich zu ent- 


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lieber die für ulcus molle specifische Mikrobe. 


59 


wickeln vor 3 Wochen, ward incidirt vor 14 Tagen und hat seitdem 
reichlich Eiter secernirt. Die Wunden am Penis waren zugeheilt 3 Wochen 
bevor der Bubo incidirt war. Der Bubo in der rechten Leiste hat sich 
in den letzten 14 Tagen entwickelt, 

25. November. 12 Probeinoculationen mit dem vom Bubo der 
rechten Leiste ausgezogenen Eiter. Züchtungsversuche mit dem Buboeiter 
auf Agar-Agar, Bouillon und Gelatine gaben kein Wachsthum. Bei der 
mikroskopischen Untersuchung waren keine Mikroorganismen zu sehen. 
Wattebandage. 

27. November. Keine Wirkung nach den Inoculationen. 

28. November. Inoculationen mit Secret aus dem offenen Bubo 
in der linken Leiste. Neue Inoculationen mit aus dem Bubo der rechten 
Leiste ausgezogenem Eiter. 

30. November. Wirkung nach den Inoculationen mit Eiter aus 
dem offenen Bubo. Fund von Bacillen in den Pusteln. Weitere Inocula¬ 
tionen. Dagegen keine Wirkung nach den Inoculationen mit dem aus¬ 
gezogenen Buboeiter. Der empfindliche Bubo in der rechten Leiste ist 
fortwährend zurück gegangen; nur geringe Fluctuation. 

4. December. Keine weitere Fluctuation. Der Bubo ist zurück¬ 
gegangen im Verlauf von 10 Tagen. Entlassen am 29. Februar 1892. 

Bei diesem Patienten kamen also beide Arten von Bubonen 
vor, ohne dass die Rede davon sein kann, dass der schankröse 
Bubo durch secundäre Infection virulent gemacht worden sein 
kann, wie solches Strauss und Ducrey zu glauben scheinen, 
nachdem die ursprünglichen Schankerwunden 3 Wochen vorher 
zugeheilt waren, ehe der Bubo incidirt wurde. Ausserdem 
zeigt dieser Fall, gleich wie auch die 4 vorhergehenden, wie 
eine einfache Compressionsbandage im Stande ist, einen bereits 
mit Durchbruch drohenden Bubo zum Zurückgehen zu bringen. 
Vielleicht haben auch die Punctionen ihren Antheil an dem 
günstigen Resultat der Behandlung. 

Eine 6. Observation hat noch mehr Interesse, da dieselbe 
nicht allein meine Darstellung der Bubofrage im Allgemeinen 
stützt, sondern auch mit Rücksicht auf die Bacilleafrage. 

T. T., Heizer, 18 Jahre alt, kam am 9. Feber 1892 mit einem 
charakteristischen Ulcus molle an der Aussenseite des Präputiums von 
der Grösse eines Hanfkomes in die Klinik. In der rechten Leiste ein 
mehr als walnussgrosser rother, empfindlicher, nicht fluctuirender Bubo. 
Angesteckt am 22. Jänner, spürte die Wunde 3 Tage später. Beginn 
der Drüsengeschwulst am 3. Febr. Probeinoculationen auf der Brust mit 
ßecret aus der Schankerwunde. 


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60 


Krefting. 


10. Febr. Exstirpation der Wunde am Penis. Sutur. Ueber dem 
Bubo Bandage von gereinigter Baumwolle. 

11. Febr. Deutliche Wirkung nach den Inoculationen auf der 
Brust. Die Inoculationen werden fortgesetzt. 

21. Feber. Gestern Abend öffnete sich der Bubo. Die Bandage 
wurde entfernt. Mit Eiter aus 2 erbsengrossen, scharfen Oeffnungen im 
Bubo wurden 9 Probeinoculationen vorgenommen; 6 am Unterleib und 
3 an der Innenseite der linken Lende. 

Die Inoculationspusteln, welche von der ursprünglichen Schanker¬ 
wunde herstammten, wurden mit rauchender Salpetersäure destruirt. Die 
Operationswunde am Penis heilt per primam. 

22. Febr. Schon heute Pusteln mit lebhaft rother Areola. 

In Präparaten aus sämmtlichen Pusteln fanden 
sich zahlreiche Bacillen. In gefärbten Deckglaspräpa¬ 
raten des Bubosecrets konnten die Bacillen auch in Gruppen 
nachgewiesen werden, wenn auch nicht in grossen Mengen. 
Andere Bacterienformen konnten bei der mikroskopischen 
Untersuchung im Bubosecret nicht nachgewiesen werden. 

Der Bubo ist die ganze Zeit, vom Tage des Eintrittes an, 
mit einer Bandage bedeckt gewesen; anfangs nur mit gerei¬ 
nigter Watte, aber nachdem sich Löcher bildeten, wurde steri- 
lisirte Watte benutzt. 

23. Febr. Aus den 2 Tage alten Pusteln auf der Lende 
wurden Züchtungsversuche auf Agar-Agar und Serum im Brut¬ 
kasten vorgenommen. Desgleichen von 2 Pusteln am Abdomen. 
In gefärbten Deckglaspräparaten, welche von diesen gleichzeitig 
mit dem Eiter zu Züchtungsversuchen genommen wurden, 
fanden sich die Bacillen in reichlicherer Anzahl als gewöhnlich. 

25. Febr. Es wurden Züchtungsversuche vorgenommen 
mit dem Inhalte von Pusteln, die sich unter sterilisirt be¬ 
festigtem Uhrglas entwickelt hatten, sowie mit Bubosecret auf 
Agar-Agar und Serum. 

28. Febr. Im Bubosecret, welches mehrmals untersucht 
worden ist, konnten stets Bacillen nachgewiesen werden, in 
gewöhnlicherWeisein den Zellen liegend. Es liessen sich nach 
wie vor keine anderen Bakterien in demselben nachweisen. 
Der Patient liegt noch in der Klinik. Kein Wachsthum in den 
Nährsubstraten, mit Ausnahme von einem Agar-Agarglas, wo¬ 
selbst reichliches Wachsthum von Staphylococcen (Verunreini¬ 
gung) beobachtet wurde. 


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Ueber die für ulcus molle specifische Mikrobe. 


61 


Abgesehen davon, dass dieser Fall zur Genüge beweist, dass 
ein Bubo schon in dem Augenblicke, da er sich öffnet, virulent 
sein kann, verlangt er noch grössere Aufmerksamkeit dadurch, 
dass es nicht allein gelungen ist, den Bacillus in den durch 
den Buboeiter hervorgerufenen Inoculationspu stein, sondern 
auch im Buboeiter selbst nachzuweisen. 

Viel näher kann man der Beweisführung für dessen Spe- 
cifität nicht kommen, so lange es nicht glücken will, die Mi¬ 
krobe zu züchten. Ob es jemals gelingen wird dieselbe zum 
Wachsthum auf künstlichen Nährsubstraten zu bringen, möchte 
zweifelhaft erscheinen, wenn man sieht, wie sich dieselbe 
in der Regel, ja fast ausschliesslich zum Protoplasma der 
Rundzellen hält und vielleicht eine lebende Zelle verlangt, 
um gedeihen zu können. 

Die Aetiologie des virulenten Bubos scheint nach den 
vorliegenden Untersuchungen klar. Was dagegen die nicht 
virulenten Bubonen bedingt, muss bis auf Weiteres dahingestellt 
bleiben. Vielleicht ist es der chemischen Methode in 
der Bacteriologie Vorbehalten, die Frage zu lösen. Das Re¬ 
sultat der Untersuchungen lässt sich in Folgendem zusammen¬ 
fassen : 

1. In Inoculationspusteln, welche von Ulcus molle her¬ 
rühren, können die beschriebenen Bacillen stets nachgewiesen 
werden; meistens ohne Verunreinigungen. 

2. Diese Bacillen können nicht in den gewöhnlich ge¬ 
brauchten künstlichen Nährsubstraten gezüchtet werden. 

3. Die Bacillen lassen sich nachweisen in virulentem 
Buboeiter (frisch geöffneter Bubo) und in Pusteln, welche durch 
Inoculation eines solchen Eiters hervorgerufen werden. 

4. Im Buboeiter aus nicht virulenten Bubonen finden sich 
die Bacillen dagegen nicht, auch nicht andere Bacterienformen 
= Eiter ohne Bacterien. 

5. Die Beweisführung für die Specifität kann nicht weiter 
geführt werden, solange es nicht gelingen will, den Bacillus 
isolirt zu züchten. Die ausschliessliche Entwicklung der Bacillen 
ohne jede weitere Verunreinigung in den Inoculationspusteln 
hat annähernd den Werth einer Reincultur. 


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62 


Kr efting. 


Ohne dass es meine Absicht gewesen wäre, in dieser Arbeit 
die Bubonenfrage genauer zu behandeln, fordern doch die 
vorliegenden Untersuchungen auf, folgende Schlüsse in Betreff 
derselben zu ziehen: 

1. Bubonen als Folge von Ulcus molle sind entweder 
einfache, nicht virulente (die häufigsten) oder virulente schan- 
kröse (vergl. Patienten Nr. 5, der beide Formen hatte). 

2. Es ist unrichtig anzunehmen, wie einige Autoren es 
thun, dass ein nicht virulenter Bubo jemals von selbst sollte 
virulent werden können, selbst wenn er sich öffnet, voraus¬ 
gesetzt, dass man ihn vor möglicher Infection von aussen 
abschliesst. 

3. Die Behandlung der nicht virulenten Bubonen mit 
wiederholten Punctionen und Compressionsbandage bringt die¬ 
selben schnell zur Rückbildung. 

Die Erklärung der Abbildung auf Tafel II ist dem Texte 
zu entnehmen. 


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Aus der k. k. dermatologischen Universitätsklinik des 
Prof. F. J. Pick in Prag. 


Ueber die Behandlung der Bubonen, 
insbesondere seit Anwendung der 
Welander’schen Methode. 


Von 

Dr. Theodor Spietschka, 

Assistent der Klinik. 


Indem ich vorläufig Umgang nehme, auf theoretische Er¬ 
wägungen und experimentelle Studien über die Vorgänge bei 
der Entwickelung des entzündlichen Bubo und der Rolle, 
welche Mikroorganismen dabei spielen, näher einzugehen, will 
ich mich an dieser Stelle nur auf die einfache Darstellung 
der Behandlungsmethoden und der durch dieselben erzielten 
Resultate beschränken, welche an der Klinik des Herrn Prof. 
Pick eingebalten und erzielt wurden. Immer musste unser 
Streben dahin gerichtet sein, einerseits eine gründliche Heilung 
bei möglichst schonendem Vorgehen zu erzielen, andererseits 
aber auch die Behandlungsdauer so kurz als möglich zu ge¬ 
stalten. Diese beiden Ziele zu erreichen war unter den Ver¬ 
hältnissen unserer Klinik gewiss keine leichte Aufgabe. Denn 
die Fälle, welche an die Klinik kommen und daselbst Auf¬ 
nahme finden, sind sehr schwere; Bubonen mit weit ausgebreiteter 
Fluctuation oft schon perforirt und alte, schon lange behan¬ 
delte Fälle mit vielfacher Narbenbildung und Fistelgängen. 


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64 


Spietschka. 


Kein Wunder also, dass die durchschnittliche Behandlungs¬ 
dauer unserer Bubonenfälle eine ziemlich bedeutende ist. 

Die Massnahmen zur Behandlung der venerischen Bubonen 
können in directe und indirecte unterschieden werden, wobei 
die ersteren entweder durch operative Entfernung der Drüsen 
oder Eröffnung des Drüsenabscesses eine Heilung herbeiführen 
oder durch Einbringung von Medicamenten in die Drüsen selbst 
eine Heilung erzielen wollen, während die letzteren durch 
äusserliche Mittel die Resorption zu erreichen trachten. 

Diese letztere Art der Behandlung wäre nun allerdings 
die idealste, aber leider hat sich die ungeheuere Zahl der 
versuchten und angewendeten Mittel in solchen Fällen als 
nutzlos erwiesen, in denen bereits eine Vereiterung der Drüsen 
erfolgt war. Nur in Fällen, wo noch keine eitrige Schmelzung 
eingetreten ist, kann man bei Anwendung von nur äusserlichen 
Mitteln ein Resultat erhoffen, und diese Ueberzeugung hat sich 
denn auch bei den meisten Fachmännern bereits Geltung ver¬ 
schafft. Zeissl, der ein sehr eifriger Verfechter der Abortiv- 
‘ behandlung der Bubonen war, sagt denn auch in der 4. Auflage 
seines Lehrbuches der Syphilis: „Die Verhütung oder Sistirung 
der Vereiterung der Resorptionsbubonen, welche durch weiche 
Schanker bedingt sind, wird uns nur höchst selten gelingen.“ 
H. Auspitz äussert sich bereits im Jahre 1873 *) sehr ab¬ 
fällig über die verschiedenen inneren und äusseren Mittel zur 
Verhütung der Bubonen, und will auch von der Jodtinctur, 
die noch am längsten das Feld behauptet hat, nicht die ge¬ 
ringsten Erfolge gesehen haben. Auch an der Klinik des Herrn 
Prof. Pick war die Operation der vereiterten Bubonen bereits 
sehr zeitig in ihre Rechte getreten. Dessen ungeachtet wurde 
aber auch immer auf neue, von massgebender Seite angegebene 
Mittel Rücksicht genommen und wurden dieselben einer 
Prüfung unterzogen. Leider hat sich aber auch an allen neueren 
Mitteln kein solcher Vorzug gezeigt, dass dieselben die schon 
seit Jahren in Gebrauch stehenden Massnahmen hätten ver¬ 
drängen können. 


*) H. Auspitz: Die Bubonen der Leistengegend. Allgem. Wiener 
med. Zeitung. 1873. p. 492. 


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Ueber die Behandlung der Bubonen. 


65 


Die indirecten Behandlungsmethoden wurden also an 
der Klinik nur in jenen Fällen methodisch angewendet, wo 
eine eitrige Schmelzung noch nicht nachweisbar war, und selbst 
von diesen Fällen wurden wieder jene ausgeschieden, in welchen 
sich die Anschwellung durch eine besondere Grösse aus¬ 
zeichnete. 

Die erste Massnahme, die natürlich in allen Fällen von 
Bubonen in Anwendung kam, war die absolute Ruhe, da durch 
dieselbe einerseits die Circulation der Lymphe stark ver¬ 
langsamt, und dadurch der weitere Transport der Noxe vom 
Primäraffecte in die Drüsen möglichst verringert wird, andrer¬ 
seits aber Ruhe allein schon ein Antiphlogisticum ist, und die 
Schmerzen durch dieselbe bedeutend verringert werden. Stets 
wird dabei für eine ordentliche Entleerung des Darmes gesorgt, 
und wenn dieselbe nicht spontan erfolgt, wird sie durch Ein¬ 
giessungen mit lauem Wasser oder durch ein per os gegebenes 
Laxans erzwungen. 

Von den Mitteln, die dann äusserlich auf die entzündete 
Drüse applicirt wurden, ist zuerst die essigsauere Thonerde 
zu erwähnen, die, wenn auch in concentrirteren Lösungen und 
etwas anderer Form, bereits im vorigen Jahrhunderte von Gou- 
lard in die Behandlung der Bubonen eingeführt worden war. 

Mit der nach der Vorschrift Rp. Aluminis crudi plv. 
3—5, Plumbi acet. basic. solut. 25*0, Aqu. dest. 5000 be¬ 
reiteten Flüssigkeit wird Wund-Watta getränkt, soweit aus¬ 
gedrückt, bis sie nicht mehr tropft, auf die Geschwulst auf¬ 
gelegt, durch Wachsbattist gedeckt und das ganze durch 
einen Druck-Verband befestigt. Der Verband wird alle 2—5 
Tage gewechselt. Diese Behandlung zeigt sich namentlich bei 
jenen Drüsengeschwülsten, welche in Folge einer Urethritis 
oder einer anderen nicht specifischen Affection entstanden 
waren oder auch im Anfangsstadium von nach weichen Ge¬ 
schwüren aufgetretenen Drüsenschwellungen recht vortheilhaft. 
Die Schmerzen lassen rasch nach, und in vielen Fällen kann 
auch eine weitere eitrige Schmelzung vermieden werden. Die 
einzige unangenehme Folge dieser Art des feuchtwarmen Ver¬ 
bandes war das Auftreten von acuten Eczemen. Dieselben 
zeigen sich jedoch nur ausserordentlich selten, und die Leich- 

Ergänzungshefte z. Archiv f. Dermatol, u. Syphil. 1892. 5 


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66 


Spietschka. 


tigkeit, mit welcher sie bei einfacher Trockenlegung durch 
Pulvis amyli oder Anwendung eines Zinkliniments zur Rückbil¬ 
dung gebracht werden können, lässt den essigsauren Thonerde¬ 
verband nur bei ausserordentlich empfindlicher und zu Eczemen 
neigender Haut contraindicirt erscheinen. 

In solchen Fällen wurde dann das in Jodkalilösung er¬ 
weichte Kataplasma Lelievre angewendet, unter welchem wir 
fast nie ein Eczem auftreten sahen. 

In allen Fällen von Drüsenschwellungen nach Sclerosen 
und indurirenden Geschwüren wie auch nach specifischen Ge¬ 
schwüren wurden locale Inunctionen mit Unguentum hydrargyri 
einer, mitius. eingeleitet, die sich nicht nur für die Drüsen- 
affection, sondern auch für die Resorption der primären In¬ 
duration als ausserordentlich vortheilhaft erwiesen Wir Hessen 
diese localen Inunctionen in der Weise ausführen, dass täglich 
einmal und zwar abwechselnd an der Unterbauchgegend und 
der Vorder- und Innenfläche der Oberschenkel 4 Gr. dieser 
Salbe gleichmässig und vollkommen verrieben wurden. Freilich 
stellte diesem Verfahren in manchen FäUen die grosse Em¬ 
pfindlichkeit der Haut gegen graue Salbe solche Hindernisse 
entgegen, dass die Inunctionen ausgesetzt werden mussten, da 
locale Hydrargyrose und besonders bei stark behaarten Per¬ 
sonen heftige Folliculitiden auftraten. Jedoch auch diese Hessen 
sich immer rasch und erfolgreich bekämpfen. 

Andere indirecte Behandlungsmethoden, wie z. B. das 
Einpinseln mit Jodtinctur, Eisumschläge u. dgl. m. sind an 
der Klinik schon seit langer Zeit als nutzlos oder selbst nach¬ 
theilig aufgegeben worden, und die einfachen, oben ange¬ 
gebenen Mittel haben noch die besten Resultate ergehen. 

In der später anzuführenden Statistik über die im Jahre 
1890 an der Klinik behandelten 112 Bubonenfälle finden wir 
25, die nur unter Anwendung dieser indirecten Massnahmen 
abheilten und dabei eine durchschnittliche Heilungsdauer von 
18’4 Tagen erforderten. Dabei muss ausdrücklich erwähnt 
werden, dass nicht etwa auch die ganz geringfügigen Drüsen¬ 
schwellungen in die Statistik einbezogen wurden, die ohne 
weitere Symptome und ohne weitere Behandlung wieder ver¬ 
schwanden, sondern nur jene Fälle, hei welchen die Behandlung 


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Ueber die Behandlung der Bubonen. 


67 


des Bubo einen wesentlichen Theil der ganzen Spitalsbehand¬ 
lung des betreffenden Patienten bildete. 

Die directen Massnahmen bestanden bis zum April des 
Jahies 1891 ausschliesslich in der Operation, da sich andere 
directe Eingriffe, wie z. B. die einfache Punction oder 
die Aspiration des Eiters, als unvortheilhaft erwiesen hatten. 
Auch die Injectionen antiseptischer Mittel, wie zum Beispiele 
Sublimatlösung oder Carboisäurelösung wurden versucht; aber 
bei den ersteren machten die heftigen dabei auftretenden 
Schmerzen das Verfahren unmöglich, und die zweiten führten 
gar nicht zum Ziele. Noch viele andere versuchte Methoden 
wurden bald wieder aufgegeben und nur die gründliche ope¬ 
rative Entfernung der erkrankten Drüsen und des mitaflficirten 
benachbarten Gewebes als gründlichste und erfolgreichste Art 
der Behandlung beibehalten. Alle Fälle von Lymphdrüsen- 
schwellungen, wo bereits eine eitrige Schmelzung (Fluctuation) 
nachweisbar war, wo also eine Rückbildung durch die anderen 
Mittel nicht zu erwarten war, wurden ohne Zögern der Ope¬ 
ration unterworfen. Diese musste sich natürlich je nach der 
Beschaffenheit der zu operirenden Geschwulst verschieden 
gestalten. 

Um die Behandlungsdauer möglichst abzukürzen und um 
doch dabei den besten Enderfolg zu erzielen, musste einerseits 
das erkrankte Gewebe so gründlich wie möglich entfernt, 
andrerseits aber auch so schonend wie möglich vorgegangen 
werden. 

Wenn die Drüsen bereits vollkommen vereitert waren, 
die darüber liegende Haut aber noch gut erhalten war, dann 
genügte eine einfache Spaltung der Haut in der ganzen Aus¬ 
breitung der Fluctuation mit nachheriger Entfernung des er¬ 
krankten Gewebes an der Höhlenwand mit dem scharfen Löffel, 
um eine glatte Wundheilung herbeizuführen. War dagegen die 
deckende Haut gleichfalls schon erkrankt, also stark livide 
verfärbt oder war gar schon eine Perforation derselben ein¬ 
getreten, so wurde ein spindelförmiges Hautstück entfernt und 
dann die Auslöffelung vorgenommen. 

Wo die Verhältnisse aber nicht so einfach lagen, wo 
neben bereits geschmolzenen noch derb infiltrirte Drüsen waren, 

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Spietscbka. 


oder wenn der Tumor durch Paquete undeutlich fluctuirender 
oder sehr derber, stark vergrösserter und mit der Nachbarschaft 
verwachsener und verschmolzener Drüsen gebildet wurde, wie 
dies namentlich nach indurirenden Geschwüren der Fall ist, 
da musste sich natürlich auch die Operation schwieriger ge¬ 
stalten. Da gelang es entweder durch stumpfe Auslösung mit 
den Fingern die Drüsen zu entfernen, oder aber mussten 
Messer und Schere zur Hand genommen werden. 

Die Operation geschah in der Regel in Chloroformnarkose; 
wenn jedoch die Verhältnisse einfach lagen, wurde sie wohl 
auch unter localer Cocainanästhesie ausgeführt. Die Narkose 
wurde stets mit reinem, frischem Chloroform vorgenommen. 
Sie verlief auch in der Regel ganz glatt, und nur äusserst 
selten kam eine Asphyxie vor, die aber durch die sofort ein¬ 
geleiteten Massnahmen stets behoben werden konnte. Einen 
Unfall hatten wir dabei nie zu verzeichnen. 

Nachdem die Haare abrasirt und die Haut der Inguinal¬ 
gegend, des Genitales und der oberen vorderen Schenkelfläche 
sorgfältig mit lauem Wasser und Seife, dann mit Aether und 
Sublimatlösung 1 : 1000 gereinigt worden war, wurde die Er¬ 
öffnung des Bubo vorgenommen. Die Spaltung der Haut oder 
Excision eines spindelförmigen Hautstückes wurde in der Regel 
parallel zum Pupart’schen Bande ausgeführt, und nur da, 
wo durch die Lage oder Gestalt der Geschwulst eine andere 
Art des Einschnittes angezeigter erschien, wurde von dieser 
Regel Umgang genommen. Die Länge dieses Einschnittes war 
natürlich der Grösse des Bubo entsprechend. 

Nach Entleerung des Eiters wurde alles kranke Gewebe 
an den Wandungen der Höhle gründlich mit dem scharfen 
Löffel entfernt und etwa vorhandene Ausbuchtungen der Höhle 
oder Fistelgänge über der Hohlsonde gespalten und gleichfalls 
gründlich ausgekratzt. Waren noch nicht vereiterte Drüsen 
vorhanden, so wurde zunächst der Versuch gemacht, dieselben 
auf stumpfem Wege mittels des Fingers zu lösen, und wo dies 
nicht gelang, wurden dieselben sorgfältig mit Messer und 
Schere auspräparirt, wobei durch Abklemmung mittels Pean’scher 
Zangen jede grössere Blutung vermieden werden konnte. 


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Ueber die Behandlung der Bubonen. 


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Dann wurde die Wundhöhle gründlich mit warmer Sub¬ 
limatlösung 1 : 1000 ausgespült und sämmtliche in der Flüs¬ 
sigkeit flottirende Gewebsfetzen mit der Schere abgetragen. 
Etwa noch blutende Gefässe wurden durch Unterbindung oder 
Abdrehung zur Ruhe gebracht. In einzelnen Fällen, wo die 
Wundränder stark klafften und sich die benachbarte Haut als 
nachgiebig genug erwies, wurde eine partielle Naht angelegt, 
nicht so sehr in der Erwartung, um an dieser Stelle eine 
Heilung per primam zu erzielen, sondern in der Absicht, um 
die Wundränder einander genähert zu halten und die Wund¬ 
höhle dadurch zu verkleinern; des öfteren sahen wir denn auch 
an den genähten Stellen eine Heilung per primam eintreten. 
Dies war besonders dann der Fall, wenn die Drüsen noch 
nicht vollständig verflüssigt waren, so dass sich der Tumor im 
Ganzen herauspräpariren liess; natürlich war dabei erforderlich, 
dass das benachbarte Gewebe vollständig gesund sei. 

Die weitere Behandlung geschah nun mittels des Jodoform¬ 
verbandes. Dieses Mittel war zuerst von Herrn Prof. Pick 
methodisch hei der Behandlung von venerischen Geschwüren 
und eröffneten Bubonen im Jahre 1874 *) angewendet worden 
und hat seit dieser Zeit mit Recht den hervorragendsten Platz 
unter den verschiedenen in gleicher Weise verwendeten Mitteln 
behauptet. Der Verband wurde in der Weise angelegt, dass 
zunächst die ganze Wandung der Wundhöhle mit Jodoform¬ 
pulver eingestäubt wurde, worauf man die Wundhöhle locker 
mit Jodoformgaze ausfüllte. Dann wurde die Wunde mit 
Mullbauschen und aseptischer Watta bedeckt und durch eine 
mittels Rollbinde angelegte Spica coxae befestigt. Je nach der 
Stärke der Secretion in der Wundhöhle konnte der Verband 
verschieden lange liegen bleiben. Der erste wurde gewöhnlich 
nach 5—8 Tagen gewechselt, und ein zweiter in gleicher Weise 
angelegt. Bei jedesmaligem Verbandwechsel wurde die Wund¬ 
höhle mit Sublimatlösung gründlich ausgespült. So war oft 
nach kurzer Zeit die Secretion in der Wunde eine so geringe, 
dass ein Verband 14 Tage bis drei Wochen liegen konnte. 


') Lazansky. Vicrteljahrschrift für Dermatologie und Syphilis 

1875. 


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Spietsclika. 


Gewöhnlich schon beim ersten Verbandwechsel war die 
Wunde vollkommen gereinigt und gesunde Granulationen 
schossen auf ihrem Grunde auf. Waren die Granulationen in 
der Wunde sehr kräftige und überwucherten dieselben das 
Niveau der Umgebung, so wurde der Jodoformverband durch 
einen Perubalsamverband ersetzt. 

Waren jedoch die Granulationen schlaff und überwuchernd, 
oder waren tiefe secernirende Furchen zwischen ihnen und 
den Wundrändern, so dass die Ueberhäutung nur langsam 
fortschritt, so wurden sie mit dem Argentum nitricum-Stifte 
geätzt und zerstört. 

Wenn die Verhältnisse günstig lagen, so wurde des öfteren 
auch die Secundämaht angelegt, in der Weise, dass man, sobald 
die Wunde vollkommen gereinigt war und frische Granulationen 
zeigte, die Wundränder anfrischte, durch tiefe Nähte vereinigte 
und durch oberflächliche Nähte adaptirte, ein Verfahren, welches 
in vielen Fällen die Heilungsdauer ungemein abkürzte. 

Am schwierigsten gestalteten sich natürlich jene Fälle, 
wo der Drüsentumor durch von früheren Incisionen und nicht 
entsprechenden Operationen herrührende Narben durchsetzt 
war und vielfache Hohl- und Fistelgänge vorhanden waren. 
Die Nähe der grossen Schenkelgefässe erschwerte natürlich die 
Operation bedeutend, besonders wenn diese an den Tumor 
adhärent waren. Dennoch hatten wir nie einen Unfall dabei 
zu beklagen. Im Jahre 1890 trat in einem einzigen Falle hei 
einem ausserordentlich unruhigen Patienten eine bedeutendere 
Nachblutung ein, die aber schnell gestillt wurde. Bei einem 
zweiten, wo durch die Operation ein sehr bedeutender Substanz¬ 
verlust gesetzt worden war und wo die Vena saphena unter¬ 
bunden werden musste, trat zunächst eine bedeutende ödematöse 
Anschwellung der unteren Extremität ein, worauf sich eine 
ausgebreitete Phlegmone längs der thrombosirten Vene und 
der grossen Gefässe des Oberschenkels einstellte, die erst 
dann heilte, als ausgedehnte Incisionen mit gründlicher Des- 
infection am Oberschenkel gemacht worden waren. Die Heilung 
nahm in diesem Falle einen Zeitraum von 101 Tagen in An¬ 
spruch. Noch länger jedoch befand sich ein zweiter Kranker 


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Ueber die Behandlung der Bubonen. 


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an der Klinik, nämlich durch eine Zeit von 133 Tagen. Bei 
diesem Patienten hatte die Geschwulst in Inguine links Kinds¬ 
kopfgrösse erreicht und die darüber liegende Haut war von 
Fisteln durchbrochen, theils necrotisch, theils stark livide ver¬ 
färbt, so dass nach der Operation ein ungeheuerer Substanz¬ 
verlust vorhanden war, der bei dem ohnedies elend ernährten 
Patienten nur sehr langsam durch Granulationen heilte. 

Natürlich wird durch so ausnahmsweise schwere Fälle eine 
Statistik in Bezug auf die Heilungsdauer ungemein in schlechtem 
Sinne beeinflusst, und so kommt es, dass die Heilungsdauer 
der operirten Bubonenfälle im Jahre 1890 einen durchschnitt¬ 
lichen Zeitraum von 42*5 Tagen betrug. In Bezug auf den 
Enderfolg jedoch hatten wir die denkbar günstigsten Erfolge 
zu verzeichnen, und mit Ausnahme eben derartiger ausnahms¬ 
weise schwerer Fälle, deren im Ganzen 12 vorgekommen waren, 
hatten wir immer eine schöne, glatte und weiche Narbe erzielt, 
während natürlich diese erwähnten 12 Fälle unregelmässige 
strahlige Narben zeigten, ohne aber Fistelgänge oder Reste 
von Drüsentumoren aufzuweisen. Im Ganzen kamen im Jahre 
4890,112 Fälle von Lymphadenitis inguinalis (suppurativa) zur 
Behandlung. Natürlich waren ausserdem noch bei einer be¬ 
deutenden Zahl von Genitalaffectionen Schwellungen der ingui¬ 
nalen Drüsen vorhanden, die aber deswegen nicht in die 
Statistik einbezogen wurden, weil sie nebensächlicher und 
geringfügiger Natur waren; hier sind aber nur jene Fälle zu¬ 
sammengefasst, bei denen die Adenitis einen wesentlichen 
Grund für den Spitalsaufenthalt des betreffenden Patienten 
abgab und die Behandlung derselben einen wesentlichen Theil 
der ganzen Spitalsbehandlung ausmachte. 

Unter diesen 112 Fällen befanden sich 96 Männer und 
16 Weiber. 87 Fälle (77 Männer, 10 Weiber) kamen zur 
Operation, während die übrigen 25 (19 Männer, 6 Weiber) 
unter der einfachen äusserlichen Behandlung abliefen. 

Was den Sitz der Drüsenentzündungen betrifft, so waren 
unter den 96 Männern 39 rechtsseitige, 44 linksseitige und 
13 beiderseitige, unter den 16 Weibern 9 rechtsseitige, 4 
linksseitige und 3 beiderseitige Fälle. Unter den 19 nicht 


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Spietschka. 


operirten Männern rechts 8, links 6, bilateral 5, unter den 
6 nicht operirten Weibern rechts 1, links 2, bilateral 3, so 
dass die Gesammtsumme von 112 Fällen 48 rechtsseitige, 
48 linksseitige und 16 beiderseitige aufweist. 

Wir finden hier bei den Männern ein ähnliches Verhältniss 
in derVertheilung der Bubonen, wie es uns auch in Szadeks*) 
trefflicher Zusammenstellung entgegentritt: nämlich ein etwas 
häufigeres Vorkommen der linksseitigen Bubonen, während die 
beiderseitigen hier wie bei Szadek ungefähr 14% ausmachen. 
Bei den Weibern stellt sich merkwürdiger Weise ein umge¬ 
kehrtes Verhältniss heraus, so dass in der Gesammtsumme die 
linksseitigen und rechtsseitigen Fälle in gleicher Zahl Vor¬ 
kommen. 

Dass die eitrigen Lymphdrüsenentzündungen beim Weibe 
überhaupt seltener Vorkommen als beim Manne, ist wohl eine 
feststehende Thatsache, und sie mag wohl mit Zeissl*) damit 
erklärt werden, „dass beim Weibe die meisten Schanker¬ 
geschwüre auf der Schleimhaut der Genitalien sitzen und das 
weibliche Geschlecht eine viel ruhigere Lebensweise führt, 
während die Männer viel mehr solchen schädlichen Einflüssen 
ausgesetzt sind, die das Entstehen der Schankerbubonen be¬ 
günstigen.“ 

Was die Entstehungsursache betrifft, so war der Bubo 
56mal nach (weichen) specifischen Geschwüren aufgetreten, 
42mal nach indurirten Geschwüren oder exulcerirten Infiltraten 
der secundären Periode, 8mal nach gonorrhoischen Processen, 
3mal nach gleichzeitigem Vorhandensein von Urethritis und 
Sclerosen, einmal zeigte sich die Drüsenentzündung ohne 
äusserliche Ursache und war tuberculöser Natur, und in 
2 Fällen konnte überhaupt eine Ursache nicht ermittelt werden. 

In dieser Zusammenstellung finden wir, wie auch unter 
den später zu erwähnenden Fällen aus dem Jahre 1891 syphi¬ 
litische Affectionen seltener als Ursache der Lymphadenitis 

') Szadek: Chirurgische Behandlung der suppurativen venerischen 
Bubonen. Vierteljahrschrift für Dermat. u. Syph. 1888. p. 227. 180 links, 
105 rechts, 88 bilat. 

’) Zeissl: Lehrbuch der Syphilis. 1888. p. 268. 


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Ueber die Behandlung der Bubonen. 


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angeführt, als das weiche venerische Geschwür; dies steht im 
Widerspruche zu dem von Uli mann 1 ) aus der grossen Zahl 
von 224 Fällen zusammengestellten Verhältnisse, der 96 nach 
syphilitischen Affectionen entstandenen Bubonen nur 75 nach 
weichen Geschwüren entstandene gegenüberstellt, obzwar auch 
er „die chronischen, indolenten Bubonen mässigen Grades nach 
syphilitischen Initialmanifestationen, wenn sie nur eine einfache 
Hyperplasie darstellen, ohne acute Entzündungserscheinungen, 
ohne Eiterung verliefen, also nicht Object einer eigenen Local¬ 
therapie bildeten, sowie einzelne geringgradige Hyperplasien 
aus verschiedenen Ursachen mit Ausschluss der Lues nicht 
mit in diese Zusammenstellung inbegriffen Hat.“ Die Ursache 
dieser Differenz kann vielleicht die sein, dass einerseits wirklich 
bei dem verschiedenen Krankenmateriale das Verhältniss ein 
anderes ist, andrerseits in unserer Zusammenstellung nur jene 
Fälle von Bubonen nach syphilitischen Affectionen in Betracht 
gezogen wurden, bei denen die Schmerzhaftigkeit und Grösse 
einen solchen Grad erreicht hatten, dass sie nicht unter den 
oben erwähnten localen Inunctionen, also auch einer Local¬ 
therapie, zurückgingen, sondern noch anderer Massnahmen, 
also gewöhnlich der Operation zu ihrer Heilung bedurften. 

Die mittlere Heilungsdauer der operirten Fälle betrug 
wie schon oben erwähnt wurde, 42*5 Tage. Dieser durchschnitt¬ 
liche Zeitraum von 6 Wochen dürfte anderen Angaben gegen¬ 
über etwas lang erscheinen, obzwar er bei 61 operirten Fällen 
Ullmanns gleichfalls 40 Tage betrug; er wird jedoch sofort 
in ein anderes Licht gestellt, wenn man die Umstände näher 
betrachtet, durch welche er hervorgerufen ist. Schon oben 
habe ich erwähnt, dass gerade unser Krankenmateriale ein 
ausserordentlich schweres ist. So lagen zwei Fälle länger als 
100 Tage an der Klinik, und ausserdem gab es noch 10 Fälle, 
die länger als 60 Tage zur Heilung beanspruchten; und 
darunter gehörten gerade jene Patienten, die ganz ohne unsere 
Schuld so lange ans Krankenlager gefesselt wurden, indem 
durch anderweitige Behandlung ein gründlicher Eingriff so lange 


! ) Ullmann: Zur Pathogenese und Therapie der Leistendrüsen¬ 
entzündung. Wiener med. Wchschr. Nr. 4. 1891. 


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Spietschka. 


hinausgeschoben worden war, bis der Bubo eine recht aben¬ 
teuerliche Grösse erreicht hatte, die darüberliegende Haut 
von Perforationsöffnungen vielfach durchbrochen und necrotisch 
wurde, so dass grosse Stücke derselben entfernt werden mussten, 
und bis in Folge der vielfach entstandenen Narben und Fistel¬ 
gänge bei der Operation ein kolossaler Substanzverlust gesetzt 
werden musste, der bei den ohnedies arg geschwächten 
Patienten nur ausserordentlich schwer heilte. 

So bot in 12 Fällen die Operation gewaltige Schwierig¬ 
keiten dar und waren in 2 Fällen davon die grossen Schenkel- 
gefässe blossgelegt. In 18 weiteren Fällen mussten grössere 
Hautstücke entfernt und die Drüsenpaquete auspräparirt 
werden und nur in den übrigen genügte die methodische Ope¬ 
ration mit einfacher Spaltung der Haut oder Excision eines 
schmalen spindelförmigen Hautstückes mit nachherigem Evi- 
dement oder stumpfer Auslösung der Drüsen. 

Von manchen Seiten, besonders von Chirurgen *) wird 
die vollkommene Radicaloperation, das heisst die Exstirpation 
der vereiterten Drüsenpaquete der einfachen Excochlation 
vorgezogen und zwar im Interesse eines rascheren Wund¬ 
verlaufes und zur Verhütung von Recidiven. Wir sahen uns 
jedoch nur dann zu einer derartigen Radicaloperation veran¬ 
lasst, wenn Fistelgänge und narbige Verwachsungen vorhanden 
waren, da wir bei unserer gewöhnlichen Operationsmethode 
nur sehr selten zu einer zweiten Operation gezwungen waren. 
Im Jahre 1890 geschah dies nur ein einziges Mal, bei einem 
Patienten, wo der allenthalben fluctuirende Tumor über Faust¬ 
grösse hatte; drei Wochen nach der Operation war der Grund 
der Wunde ulcerös geworden, und es zeigte sich bei genauerer 
Untersuchung, dass hier noch ein grösserer vereiternder 
Drüsenrest vorhanden war, welcher durch eine zweite Operation 
entfernt werden musste. Die Heilung dauerte hier im Ganzen 
86 Tage. 

In einem Falle beiderseitiger Drüsenexstirpation, rechts 
Excision der Drüsen, links nur Auslöffelung, sahen wir ein 


*) Mo selig Moorhof: Zur Technik der Exstirpation vereiterter 
Lymphdrüsenpaquete. Wiener Med. Presse. Nr. 1. 1891. 


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Ueber die Behandlung der Bubonen. 


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ziemlich mächtiges und recht hartnäckiges Oedem des Scrotum 
auftreten, das auch nach vollständiger Vernarbung der Wunden 
bestehen blieb. Wie sich hier der weitere Verlauf gestaltete, 
ist uns nicht bekannt, da der Patient nach Heilung seiner 
Bubonen die Klinik verliess und trotz Aufforderung nicht 
wieder erschienen ist. Ein zweiter Fall gleichfalls beiderseitig 
operirter Bubonen zeigte ein ähnliches Oedem der Scrotalhaut, 
nur war dieses nicht so hartnäckig und verschwand noch 
während der Wundheilung. U11 m a n n erwähnt in der schon 
oben genannten Abhandlung eines ähnlichen Falles von W. B. 
Platt und eines Patienten seiner Privatheohachtung, wo nach 
einseitiger Exstirpation mehrerer Lymphdrüsen eine früher 
nicht bestandene Neigung zu Präputialödemen vorhanden war. 

Schon oben habe ich eines Falles erwähnt, bei welchem 
im Anschlüsse an die Operation der inguinalen Drüsen, wobei 
die Unterbindung der Saphena vorgenommen worden war, 
ein Oedem der betreffenden unteren Extremität aufgetreten 
war; dasselbe fand auch bei dem schon oben mit einer Nach¬ 
blutung erwähnten Patienten statt, so dass wir also auch zwei 
Fälle mit Oedemen an der betreffenden unteren Extremität 
nach Bubonenoperation im Verlaufe eines einzigen Jahres zu 
verzeichnen hatten. 

Es erübrigt nun noch, kurz über jene Fälle zu berichten, 
die nur unter Anwendung der oben genannten indirecten Mass¬ 
nahmen zur Bückbildung kamen. Welcher Art dieselben waren, 
ist bereits erwähnt worden. Von der Gesammtzahl von 112 
Fällen sind nur 25, also 22*3% ohne directen Eingriff zur 
Heilung gekommen. Die Heilungsdauer betrug hier im Durch¬ 
schnitte 18*4 Tage, so dass, wenn wir jetzt aus allen Fällen 
das Mittel ziehen, die Heilung eines Bubo einen Zeitraum von 
36*87 Tagen erforderte. 

Im ersten Hefte dieses Archivs 1891 erschien eine Mit¬ 
theilung von Dr. E. Weiander in Stockholm über „Versuche 
einer Abortivbehandlung der Bubonen“, in welcher er äusserst 
günstige Resultate im Verlaufe von noch nicht eitrig geschmol¬ 
zenen Bubonen nach Injection von Hydrargyrum benzoicum 
mittheilt. Als Welander in einer zweiten Mittheilung im 


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Spietschka. 


3. Hefte desselben Jahrganges berichtete, dass bei weiteren 59 
Fällen seine erstgenannten günstigen Erfahrungen sich bestätigt 
hätten, wurden auch bei uns Versuche mit demselben Mittel 
angestellt. 

Die Erfolge, die wir bei den ersten, noch nicht eitrig 
geschmolzenen Leistendrüsen-Entzündungen nach Injection mit 
Hydr. benzoic. hatten, munterten uns auf, dieses Mittel noch 
weiterhin anzuwenden. 

Die ganze Behandlung erfolgte zunächst genau in der 
von Weiander angegebenen Weise. Jedoch wurden wir bald 
von dem Druckverband mit Sublimatlösung abgebracht, da selbst 
bei Anwendung von ganz schwachen Sublimatlösungen sich sehr 
häufig Eczeme und Röthungen der Haut einstellten, die bei An¬ 
wendung von essigsaurer Thonerde vermieden werden konnten. 

Wir injicirten die nach der Angabe Welanders 1 ) be¬ 
reitete Lösung von Hydrarg. benzoat. je nach der Grösse de 
Drüsenschwellung im Quantum von 1—2 Pravaz’schen Spritzen 
(nur in seltenen Fällen 3 bis 4 Spritzen) an zwei oder auch 
mehreren Stellen vertheilt. Darauf folgte zunächst eine erhöhte 
Schmerzhaftigkeit im Tumor, und wir sahen zumeist auch eine 
mässige Temperatursteigerung auftreten. In seltenen Fällen 
ging dieselbe sogar bis über 39° C., fiel jedoch zumeist bereits 
am nächsten oder zweitnächsten Tage wieder ab. Dabei zeigte 
die Geschwulst an den ersten Tagen nach der Injection stärkere 
Entzünduugserscheinungen, war grösser, lebhafter geröthet, 
zumeist trat auch Fluctuation auf. Oft entleerte sich aus dem 
Stichcanale etwas eitrige, trübe Flüssigkeit, die jedoch immer 
klarer wurde, bis nach einiger Zeit nur etwas blutiges Serum 
ausgedrückt werden konnte. Dabei nahmen die Entzündungs¬ 
erscheinungen allmälig ab und so gelang es, eine Reihe von 
Bubonen, die noch keine deutliche Fluctuation zeigten, in ver- 
hältnissmässig kurzer Zeit znr Rückbildung zu bringen. Oft 
jedoch trat die erwünschte Besserung nach der ersten Injection 
nicht ein, und dann zögerten wir auch nicht, einige Tage 
später eine zweite und eventuell eine dritte Injection zu 


') Archiv f. Derm. u. Syphil. 1891. III. p. 379. 


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Ueber die Behandlung der Bubonen. 


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machen, wodurch wir schliesslich in einzelnen Fällen unser 
Ziel doch noch erreichten. 

Häufig war jedoch der Verlauf ein anderer. Die nach 
der ersten Injection aufgetretene Fluctuation wollte nicht 
weichen, und eine spätere zweite oder dritte Injection änderte 
wenig an der Sache. Wir aspirirten aus einem solchen fluctui- 
renden Bubo mit einer gewöhnlichen Aspirationsspritze mit 
dünner Nadel den Inhalt. Er bestand aus einer ziemlich grossen 
Menge, 60 Cbcm., einer dicken braunrothen, chokoladeartigen 
Flüssigkeit, deren mikroskopische Untersuchung zeigte, dass 
sie eine Masse necrotischer Gewebsfetzen, zahllose zerfallende 
und zerfallene rothe Blutkörperchen, jedoch verhältnissmässig 
wenig Eiterkörperchen enthielt. Nach der Aspiration wurde 
durch dieselbe Nadel eine Spritze Hydrarg. beDz.-Lösung injicirt 
und ein mässiger Druckverband mit essigsaurer Thonerde an¬ 
gelegt. Die Aspiration zeigte sich jedoch von geringem Nutzen, 
da sich schon am nächsten Tage die Höhle vergrössert und 
mit einer ähnlichen Flüssigkeit gefüllt hatte. 

Besser jedoch waren die Erfolge, wenn die Höhle eröffnet 
wurde, so dass die Flüssigkeit einen fortwährenden leichten 
Abfluss hatte. Dies wurde in der Weise erreicht, dass man an 
der tiefsten Stelle der fluctuirenden Geschwulst mit einem 
Spitzbistouri einen kaum centimeterlangen Einstich machte, 
durch etwas Jodoformmull die Oeffnung am vorzeitigen Ver¬ 
heilen hinderte und dann den Druckverband mit essigsaurer 
Thonerde anlegte 

In den nächsten Tagen nach dieser Incision war die 
Secretion aus der Oeffnung eine ziemlich bedeutende; bald 
jedoch, schon im Verlaufe einiger Tage, wurde sie viel spär¬ 
licher und änderte rasch ihre Beschaffenheit, indem sich nicht 
mehr jene dickflüssige, chocoladeartige Flüssigkeit entleerte, 
sondern ein reines, etwas blutig tingirtes Serum. Allerdings 
wurde dabei über den Tag oder jeden 3. Tag der Verband 
gewechselt und jedesmal die Wundhöhle mit Sublimatlösung 
1 : 1000 ausgespült. Die Höhle wurde allmälig kleiner, die 
Secretion immer spärlicher, die Infiltration in der Umgebung 
nahm langsam ab, bis sich endlich die Incisionswunde schloss 
und der Bubo auf diese Weise zur Heilung gebracht worden war. 


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Spietschka. 


Dieses Verfahren wurde bald auch bei schon fluctuirenden 
Bubonen angewendet, wo es sich gleichfalls von Vortheil 
zeigte. Nach der Injection änderte sich nämlich der Inhalt der 
Geschwulst, indem er, wie aus den aus der Stichöffnung aus- 
drückbaren Tropfen zu ersehen war, jenes schon oben er¬ 
wähnte chocoladeartige Aussehen bekam. Wurde > jetzt eine 
kleine Incisions-Oeffnung angelegt, so entleerte sich diese 
Flüssigkeit und die Heilung verlief in der vorhin beschriebenen 
Weise. 

Dabei geschah es nur ein einzigesmal, dass die Incisions- 
wunde chancrös wurde, und hier zeigte es sich, dass der 
geschwürige Zerfall von einer einzelnen, ganz oberflächlich 
gelegenen kleinen Lymphdrüse ausging, die bei der Incision 
durchschnitten, bei der Injection aber nicht mitgetroffen 
worden war. 

So haben wir denn das Welander’sche Verfahren dahin 
geändert, dass wir einerseits die Indication für die Injectionen 
bedeutend erweitert haben, indem wir auch hei schon eitrig 
geschmolzenen und fluctuirenden Adenitiden noch Injectionen 
mit Hydr. benz. vornehmen, dass wir dabei an mehreren 
Punkten des Tumors und eine grössere Menge, bis drei und 
selbst vier Spritzen injiciren und dass wir die Injectionen 
öfter wiederholen. Andrerseits aber warten wir auch nicht zu 
lange auf die Resorption der Flüssigkeit, sondern eröffnen 
durch einen kleinen Stich die Abscesshöhle, sobald einige Tage 
nach der Injection verstrichen sind. Die Höhle wird dann jeden 
zweiten oder dritten Tag gut mit einer Sublimatlösung 1 : 1000 
ausgespült und darüber ein mässiger Druck verband mit essig¬ 
saurer Thonerde angelegt. 

Die Resultate, die wir mit dieser Behandlungsmethode 
erreichten, waren recht günstige, obzwar zu ihrer vollen Wür¬ 
digung allerdings erst noch eine grössere Zahl von Fällen 
wird vorliegen müssen. 

Wir haben aber auch die Injectionen mit benzoesaurer 
Quecksilberlösung in Fällen angewendet, wo wir von vornherein 
eine Heilung auf die oben angegebene Weise nicht erwarten 
konnten. Dabei wollten wir das hier indicirte operative Ver¬ 
fahren nur unterstützen, indem wir entweder vor der Operation 


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Ueber die Behandlung der Bubonen. 


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gewissermassen zur Operation vorbereitende Injectionen machten, 
oder in einzelnen Fällen während der Heilung der Operations- 
wunde in derb infiltrirte Stellen injicirten. 

Wir hatten ja schon früher gesehen, wie durch das Ein¬ 
bringen der Welander’schen Lösung in eine Abscesshöhle sich 
der Inhalt derselben änderte und hofften nun durch die In¬ 
jectionen in eitrig geschmolzene Drüsen das Operationsfeld ge¬ 
wissermassen aseptisch zu machen, oder auch noch vorhandene 
feste Drüsen, die aber jedesfalls hätten entfernt werden müssen, 
zu verflüssigen, so dass an Stelle der Auslösung der Drüäen 
auf stumpfem Wege oder mittels des Messers die einfachere 
Ausräumung der Abscesshöhle mit dem scharfen Löffel treten 
könnte. 

Bis Ende November wurden an der Klinik bei 62 Pa¬ 
tienten Injectionen von Hydrargyrum benz. in Bubonen ange¬ 
wendet, und zwar ohne Unterschied der Schwere des Falles. 
Ich will nun kurz den Verlauf dieser Fälle hier wiedergeben. 

Bei 23 Patienten genügten die Injectionen allein, um die 
Adenitis zur Heilung zu bringen. 

Bei 13 wurde ausserdem der Inhalt der Geschwulst durch 
eine mittels des Scalpelles angelegte kleine Oeffnung entleert. 

Bei 26 Fällen würde nach der Injection zur Operation 
geschritten, oder wurden die Injectionen noch nach der Ope¬ 
ration vorgenommen. 


1. Gruppe. 

23 Fälle, die nach Injectionen mit Hydrargyrum benzoat. allein 

zur Heilung kamen. 

1. Fall: H. J., 19jähr. Schneider. Seit 3 Wochen kleine Geschwüre 
im Solcus glandis. Seit einer Woche Anschwellung in beiden Leisten¬ 
beugen; ausserhalb des Spitals mit grauer Salbe behandelt. 

18. März. R. in Inguine') gänseeigrosser, L. hühnereigr. Tumor, 
änsserst schmerzhaft, von bedeutender Resistenz, mit gerötheter ödema- 

') Der Kürze halber mögen folgende Abkürzungen gebraucht werden: 
R. ” rechts, L. ~ links. Spr. HgB. ~ 1 Pravaz’sche Spritze Hydrar¬ 
gyrum benzoal-Lösnng. 


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Spietschka. 


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töser Haut. R. 2 Spr. HgB. an zwei Stellen. L. 1 Spr. HgB. Abends etwas 
ödematöse Schwellung des Penis. 

21. März. L. Geschwulst schmerzlos, Haut darüber normal. R. Ge¬ 
schwulst weich, fluctuirend, Haut blauroth. 

26. März. R. Status idem. Injection von je y 3 Spr. HgB. an zwei 
Stellen. Nachm. Temper. 37*9. 

27. März. R. Geschw. grösser, Fluctuation deutlicher, kein Schmerz. 

2. April. L. Tumor kleiner, hart. R. Hühnereigross, fluctuirend, 

kein Schmerz. 

9. Mai. R. Haut über dem Tumor cyanotisch. Injection von 1 Spr. 
HgB. in die fluctuirende Stelle. 

12. Mai. R. Fluctuation verringert, Haut erholt. Tumor kleiner. 
L. Drüsen kaum tastbar. 

15. Mai. R. Geschwulst ganz derb, nicht druckempfindlich. 

16. Mai. R. Geschwulst kaum wallnussgross, derb, schmerzlos, Haut 
darüber normal. — Geheilt entlassen. (3mal injicirt. 29 Tage.) 

2. Fall: P. A., 22j., Gürtler. Seit 3% Wochen weiches Geschwür 
im Sulcus. Einige Tage später Drüsenschwellung. 

2. Juni. R. in Inguine gänseeigrosser Tumor, resistent, wenig 
druckschmerzhaft. Haut darüber normal. Massiges Fieber. (A.-T. 37*8 am 
Tage vorher.) Injection 1 Spr. HgB.; an zwei Stellen je l / 2 Spr. A.-T. 39*4. 

6. Juni. Tumor central etwas erweicht. 

11. Juni. Tumor wieder hart, wenig kleiner. Inj. von 2 Spr. HgB. 
15. Juni. Tumor central fluctuirend. 

20. Juni. Tumor flacher, Fluctuation geringer. Inj. v. 2 Spr. HgB. 
30. Juni. Tumor bedeutend kleiner, hart. 

4. Juli. An Stelle des Tumors mehrere vergröss. Drüsen tastbar. 
11. Juli. Infiltration vollkommen geschwunden, einzelne wenig ver- 
grösserte Drüsen tastbar. Geheilt entlassen. (3mal iiyicirt. 39 Tage.) 

3. Fall: Ö. W., 21jähr. Kutscher. Seit einer Woche mehrere Ul- 
cera im Sulcus rechts. Seit 4 Tagen Anschwell, der inguinalen Drüsen 1. 

21. Juni. A.-T. 39*0. 

22. Juni. L. in Inguine hühnereigr., derber, druckschmerzhafter 
Tumor mit norm. Haut. Inject, von 2 Spr. HgB. A.-T. 88*4. 

27. Juni. Tumor in der Mitte teigig weich. 

2. Juli. Tumor grösser, schmerzhaft, central fluctuirend. 

4. Juli. Fluctuation noch ausgedehnter. Injection von je '/ 2 Spr. 
HgB. an zwei Stellen. A.-T. 38*3. 

7. Juli. Haut über dem Tumor, welche fluctuirt, bläulich verfärbt. 
Injection von 1 Spr. HgB. 

10. Juli. Tumor bedeutend kleiner. Aus der Stichöffnung fast ganz 
klares, blutig tingirtes Serum in geringer Menge. Auf eigenen Wunsch 
mit Verband entlassen. 

15. Juli. An Stelle des Tumors nur noch geringe Infiltration ohne 
Schmerzhaftigkeit und Fluctuation. (3 Injectionen. 30 Tage.) 


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Ueber die Behandlung der Bubonen. 


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4. Fall: S. K., 36j. Brauer. Seit 4 Wochen ein kleines Geschwür 
am Innenblatte des Präputiums, sclerotisch infiltrirt. (Letzter Coitus vor 
8 Wochen.) Seit 3 Wochen Drüsenschwellung links; mit grauer Salbe und 
Eisumschlägen draussen behandelt. 

17. Aug. L gänseeigrosser, herber Tumor, Haut darüber gespannt, 
geröthet. Injection von 2 Spr. HgB. 

21. Aug. Tumor im Centrum erweicht. 

25. Aug. Tumor bedeutend kleiner, mässig hart, Haut darüber 
normal. Geheilt entlassen. (1 Injection. 8. Tage. 

5. Fall: W. J., 25j. Kohlenhändler. Seit 2 l / 2 Monaten unbehandelte 
Geschwüre mit gelbem Belage und harten Bändern im Sulcus glandis. 
Am Dorsum des Penis ein Bubonulus. Seit fast ebensolange Drüsenschw. 

8. Juni. In Inguine L. eine überhühnereigrosse, derbe, höckerige 
Drüsenschwellung mit sehr grosser Schmerzhaftigkeit, die durch das Pu- 
part’sche Band in zwei Theile getheilt wird. Haut darüber geröthet. In¬ 
jection von je 1 Spr. HgB. über und unter dem Leistenbande. A.-T. 37 9. 

13. Juni. Tumor kleiner, beginnt sich zu theilen. 

18. Juni. An Stelle der Geschw. einzelne vergröss. Drüsen tastbar. 

23. Juni. Die einzelnen Drüsen erbsengross, hart, indolent. Geheilt 

entlassen. (1 Injection. 14 Tage.) 

6. Fall: Z. J., 17jähr. Dirne. Stand schon öfters mit weichen Ge¬ 
schwüren in Behandl. Seit 7 Tagen Schwellung der Inguinaldrüsen rechts 

1. Aug. Taubeneigrosser, auch spontan schmerzhafter, derber Tumor. 
1 Spr. HgB. Keine Temperatursteigerung. 

4. Aug. Kein Schmerz mehr. Anschwellung geringer. 

8. Aug. Geschwulst noch kleiner, vollkommen indolent. 

12. Aug. Geheilt entlassen. (1 Injection. 12 Tage.) 

7. Fall: T. E., 21jähr. Typograph. Erst vor 9 Tagen bemerktePat. 
die bereits vollkommen entwickelten Geschwüre. Drüsenanschwellung in 
der linken Inguinalgegend. 

26. Juli. Im Sulcus glandis mehrere weiche Geschwüre. In der 
linken Inguinalgegend gänseeigrosser, derber, druckschmerzhafter Tumor ? 
mit der Umgebung fest verlöthet. Haut darüber gespannt, geröthet. 2 Spr. 
HgB. A.tT. 37*8, lebhafter Schmerz. 

30. Juli. Tumor in der Mitte undeutlich fluctuirend. Schmerz ger. 

4. Aug. Tumor klein, derb, indolent. 

7. Aug. Nur in der Tiefe eine etwas vergrösserte, derbe, indolente 
Drüse zu tasten. Geheilt entlassen. (12 Tage. 1 Injection.) 

8. Fall: H. J., 17j. Dirne. Vor 7 Wochen mit Ulcus specif. auf 
der Abtheilung gelegen. Seit einer Woche stärkere Anschwellung rechts 

27. Mai. In der rechten Inguinalbeuge ein 8 Cm. langer, 6 Cm # 
breiter Drüsentumor, etwas druckschmerzhäft, derb. Haut darüber normal. 
Injectien von je l / 2 Spr. HgB. an zwei Stellen. A.-T. 37*7. 

28. Mai. M.-T. 38*2. Kopfschmerz, Durst, grosser Schmerz im Bubo. 

Ergänzungshefte z. Archiv f. Dermatol, u. Syphil. 1892. 0 


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Spietschka. 


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30. Mai. Abends fieberlos. Schmerz gering. Tumor flacher, zwei 
fluctuirende Stellen. Haut lebhaft violetroth. 

4. Juni. Kein Schmerz. Tumor stark verkleinert, Fluctuation etwas 
ausgebreiteter. Aus dem äusseren Stichcanale entleeren sich einige Tropfen 
trüber Flüssigkeit. 

8. Juni. Tumor kleiner, ganz derb, Haut blasst ab. 

17. Juni. Vollkommen geheilt entlassen. (21 Tage. 1 Injection.) 

9. Fall: R. G., 23j. Selcher. Seit 5 Wochen mehrere weiche Ulcera 
am Frenulum und im Sulcus. Seit 3 Wochen Drüsenschwellung. 

24. April. R. in der Leistenbeuge ein gänseeigrosser, derber Tumor, 
im unteren Theile schmerzhaft, undeutlich fluctuirend. Haut darüber stark 
geröthet, nicht verschieblich. 

25. April. 2 Spr. HgB. 

26. April. Tumor sehr schmerzhaft, geröthet, Fluctuation deutlich. 

28. April. Tumor im mittleren Theile allenthalben fluctuirend, an 
der Peripherie derb. 

1. Mai. Fluctuation nimmt ab. Schmerz gering. 

3. Mai. Tumor ganz flach, in der Mitte eine kaum kreuzergrosse 
Stelle noch weich. 

5. Mai. An Stelle des Tumors eine ganz geringe Infiltration. Ge¬ 
heilt entlassen. (12 Tage. 1 Injection.) 

10. Fall: S. F., 20j. Tischler. Seit 7 Wochen weiche Geschwüre 
am Frenulum und an der Haut des Penis. Seit 4 Wochen Drüsenschwell. 

20. Juli. In der linken Inguinalbeuge eine kindskopfgrosse derbe 
Anschwellung der Lymphdrüsen, druckschmerzhaft; Haut darüber öde- 
matös, geröthet. Tumor mit der Umgebung fest verlöthet. 

21. Juli. Injection von je l j 2 Spr. HgB. in den äusseren, inneren 
und unteren Theil der Geschwulst. 

23. Juli. Tumor ganz schmerzlos, derb. 

25. Juli. Tumor etwas kleiner, Haut darüber normal. Patient wird 
auf eigenen Wunsch aus dem Spitale entlassen und konnte später nicht 
mehr beobachtet werden. Er entfällt daher aus der Statistik. 

11. Fall: H. G., 23j. Privater. Vor 4 Jahren Spaltung eines rechts¬ 
seitigen Bubo. Vor 3 Wochen mehrere Geschwüre an der Glans mit einer 
kleinen Drüsenschwellung unter der Narbe. Spaltung, wobei sich sehr 
wenig Eiter entleerte. Seit 1 Woche Drüsenschw. in der 1. Inguinalgegend. 

18. Oct. R. eine 3 Cm. lange frische Narbe. L. eine hühnereigrosse 
Anschwellung mit etwas Fluctuation und mit Druckschmerzhaftigkeit; von 
rother, gespannter Haut bedeckt. L. Injection einer Spritze HgB. Vorher 
vollkommen fieberlos gewesen. A.-T. 37*9. 

24. Oct. Anschwellung grösser, fluctuirend. Aus der Stichöffnung 
kann man • einige Tropfen blutigen Eiters ausdrücken. Inj. 1 Spr. HgB. 

25. Oct. Kein Fieber, kein Schmerz. 

29. Oct. Tumor viel kleiner, gleichmässig derb. 


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Ueber die Behandlung der Bubonen. 


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3. Nov. Yon der Anschwellung eine kaum wahrnehmbarere Infil¬ 
tration zurückgeblieben. Geheilt entlassen. (2 Injectionen. 15 Tage.) 

12. Fall: C. H., 22j. Metalldrucker. Stand vom 4. bis 12. Februar 
1891 mit einer acuten Urethritis und geringer Lymphadenitis subacuta 
dextra in Behandlung. Kommt am 23. Febr. wieder mit neuerlichem Aus¬ 
flusse aus der Urethra und Schwellung der rechten, über dem Pupart’schen 
Bande gelegenen Inguinaldrüsen; dieselben sind hühnereigross, weich und 
sehr schmerzhaft. 

1. März. Injection von 2 Spr. HgB. A.-T. 38*8. 3 Stunden post 
Injectionem starke Schmerzen. Am Tage vor der Injection war keine 
Temperatursteigerung vorhanden gewesen. 

2. März. A.-T. 39*1. Tumor zeigt starke Röthung und Schwellung 
und ist sehr schmerzhaft. Aus der Stichöffnung lassen sich wenige Tropfen 
eitriger Flüssigkeit drücken. 

5. März. A.-T. 37*7. Infiltration in der Umgebung des Drüsentumors 
viel geringer als früher. Der Tumor zeigt keine Fluctuatiou. 

9. März. T. normal. Geschwulst auf die Hälfte verkleinert. 

14. März. Brustschmerz, Husten. A.-T. 38*3. (Bronchial-Catarrh.) 

15. März. Drüsenanschwellung noch kleiner. Husten etwas geringer. 
A.-T. 38*2. 

16. März. Husten hat aufgehört. T. normal. 

25. März. Drüsen ganz zurückgegangen. Geh. entl. (1 Inj. 25 Tage.) 

13. Fall: Der Patient vom vorigen Falle kommt am 19. Mai mit 
der Angabe, dass er vor 3 Wochen, 4 Tage nach einem Coitus, ein Ge¬ 
schwür am Frenulum bemerkt habe. Da seit 5 Tagen Schmerzen in beiden 
Inguinalgegenden bestehen, lässt er sich aufnehmen. 

19. Mai. Am Frenulum und im Sulcus eine Anzahl von speckig 
belegten, weichen Geschwüren. L. in Inguine sind die Drüsen hühnereigross, 
derb, sehr schmerzhaft. R. ist eine unterhalb des Pupart’schen Bandes 
geleg. Drüse, überhaselnussgr., derb, sehr schmerzh., Haut darüber geröthet. 

20. Mai. L. und R. je 1 Spr. HgB. A.-T. 39*3 Kopfschmerzen, starke 
locale Schmerzen. (Patient war am Tage zuvor fieberlos.) 

21. Mai. A.-T. 39*4. 

22. Mai. A.-T. 38*4. Schmerzen bedeutend geringer. Drüsentumor 
beiderseits grösser, Haut darüber geröthet. 

23. Mai. Aus der Stichöffnung lassen sich wenige Tropfen Eiter 
ausdrücken. R. Injection von je J /i Spr. HgB. an zwei Stellen. A.-T. 39*1. 

24. Mai. R. Schmerz. L. Tumor kleiner, hart, nicht schmerzhaft, 
Haut darüber normal. 

27. Mai. L. kaum merkbare Drüsenschwellung. R. Tumor bedeutend 
kleiner. Aus dem oberen Stichcanale entleeren sich einige Tropfen blutig 
seröser Flüssigkeit. 

30. Mai. L. Tumor ganz geschw., R. bohnengross, derb, schmerz¬ 
los. Geheilt entlassen. (11 Tage. L. 1, R. 2 Injectionen.) 

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Spie tschka. 


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14. Fall: K. K., 22j. Binder. Vor 3 Wochen Geschwür am Dorsum 
Penis; bald darauf Drüsenschwellung rechts, deren Schmerzhaftigkeit 
(trotz Carbolumschlägen) ihn zwingt, das Spital aufzusuchen. 

20. April. Am Frenulum mehrere frische Narben; an der rechten 
Seite des Penis ein halb verheiltes Geschwür. In der rechten Inguinal¬ 
gegend hühnereigrosse, weiche, spontan und auf Druck sehr schmerzhafte 
Drüsenanschwellung mit undeutlicher Fluctuation. Haut darüber gespannt, 
etwas geröthet. 

21. April. Injection 1 Spr. HgB. an zwei Stellen. Bald darauf 
heftiger Schmerz; A.-T. 39-0. 

22. April. Schmerz gering, A.-T. 37*5. 

26. April. Fluctuation deutlicher. 

29. April. Geschwulst bedeutend kleiner, sehr geringe Fluctuation. 
Haut normal. 

1. Mai. Keine Fluctuation, kein Schmerz. In der Tiefe nur geringe 
Infiltration tastbar. Geheilt entlassen. (12 Tage. 1 Injection.) 

15. Fall: H. J., 19j. Goldarbeiter. Vor 14 Tagen wurde Patient 
nach Abheilung weicher Geschwüre von der Klinik entlassen. 3 Tage 
später traten neuerdings Geschwüre am Rande des Präputiums auf. Seit 
fünf Tagen Drüsenschwellung links. 

21. April. Am freien Rande des Präputiums mehrere belegte tief¬ 
greifende Geschwüre. In der rechten Inguinalgegend mannesfaustgrosser 
Tumor, derb, nur im äusseren Theile weich, undeutlich fluctuirend. Sehr 
schmerzhaft. Haut darüber geröthet und massig infiltrirt. 

22. April. Injection von je 1 Spr. HgB. an zwei Stellen. A.-T. 39*2. 
(Temperatur am vorhergehenden Abende 39*0.) 

23. April. A.-T. 37*5. Schmerz geringer. 

26. April. Tumor im Allgemeinen weicher, kleiner. 

28. April. Tumor bedeutend kleiner. 

30. April. Tumor verkleinert sich zusehends. 

1. Mai. Tumor nur bohnengross. 

2. Mai. Geheilt entlassen. (1 Injection. 12 Tage). 

16. Fall: St. J. Vor 4 Wochen nach Abheilung weicher Geschwüre 
entlassen. Eine Woche später Schmerz in der rechten Leistenbeuge. 

25. April. Am Präputium eine Gruppe Herpesbläschen. In Inguine 
rechts sind einzelne Lymphdrüsen bis wallnussgross, schmerzhaft. Haut 
darüber etwas geröthet. An einer Stelle Fluctuation. Injection von zwei 
Spr. HgB. (V, an vier Stellen.) A.-T. 37-5. 

29. April. Anschwell, kleiner, schmerzlos. An einer bohnengrossen 
Stelle Fluctuationen. 

8. Mai. Huctuation geschw. Drüsenschwell. fast ganz zurückgeg. 

9. Mai. An Stelle der Drüsenschwellungen eine kaum wahrnehm¬ 
bare Resistenz. Geheilt entlassen. (1 Injection. 15 Tage-) 

17. Fall: G. J., 25j. Adjunct. Im December 1889 Ulcera specif. mit 
Anschwellung der Inguinaldrüsen, die spontan zurückging. Im Nov. 1890 


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Ueber die Behandlung der Bubonen. 


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nach einer anstrengenden Bergpartie Anschwellung derselben Drüsen; zu 
Weihnachten 1890 wurde die grosse, fluctuirende Geschwulst punctirt, 
wobei sich reichlich Eiter entleerte. Jedoch wuchs die Anschwellung rasch 
wieder und im Januar und Februar wurden noch vier Einstiche gemacht. 
Am 6. Juni 1891 suchte Patient im Spitale Hilfe. R. dicht über dem 
Pupart’schen Bande ein gänseeigrosser Tumor, der von der Umgebung 
nicht scharf abgrenzbar ist. Derselbe ist in der Mitte weich, fluctuirend, 
sonst derb, vollkommen indolent. Die Haut an der fluctuirenden Stelle 
livide gefärbt. Tm unteren Theile der Anschwellung mehrere blauroth 
verfärbte Narben, mit drei Fistelöffnungen, aus denen sich bei Druck Eiter 
entleert. 

8. Juni. Injection von 2 Spr. HgB. (je l / 2 Spr. an 4 Stellen). 

11. Juni. Temperatur war immer normal. Tumor zeigt keine Ver¬ 
änderung. Injection von 3 Spr. HgB. Die Injectionsflüssigkeit entleerte 
sich zu einem Theile aus den Fistelgängen. 

13. Juni. Tumor im Centrum resistent geworden, flacher. Aus 
einer Fistel noch etwas trübe Flüssigkeit auszudrücken. 

15. Juni. Tumor kleiner, abgegrenzt. Eine Fistel ganz geschlossen. 

18. Juni. Tumor noch kleiner, sehr hart. Injection von 2 Spr. HgB. 
A.-T. normal. 

20. Juni. Tumor fast ganz flach, massig derb, ein etwa wallnuss¬ 
grosses Infiltrat darstellend. Zwei Fisteln vollkommen geschlossen. Aus 
der dritten entleert sich bei starkem Drucke eine ganz geringe Menge 
seröser Flüssigkeit. Fast geheilt entlassen. (3 Injectionen. 13 Tage.) 

18. Fall: K. J., 20j. Kutscher. Vor 2 Monaten ein weiches Geschwür. 
Noch vor Abheilung desselben Drüsenschwellung rechts. 

18. März. In der rechten Inguinalgegend hühnereigrosse, schmerz¬ 
hafte, in der Mitte deutlich fluctuirende Geschwulst. Haut darüber nicht 
verschieblich, blauroth. Injection von 1 Spr. HgB. Keine Temp.-Steiger. 

25. März. Tumor unempfindlich, sonst kaum verändert. 

27. März. Tumor gleich wie früher. Injection von 2 Spr. Hgb 
Keine Temperatursteigerung. 

30. März. Tumor etwas kleiner, Fluctuation ausgebreiteter. 

2. April. Tumor kleiner, nur im Centrum weich. 

6. April. Tumor gleichmässig derb, sehr verkleinert. 

10. April. Geheilt entlassen. (2 Injectionen. 24 Tage.) 

19. Fall: G. J., 24j. Seit 4 Wochen sind zwei weiche Geschwüre 
im Sulcus glandis geheilt. Seit 10 Tagen schwollen nach starker Bewe¬ 
gung mit dem Fusse die bisher nur wenig vergrösserten Lymphdrüsen in 
der rechten Inguinalgegend stärker an, wurden schmerzhaft. 

4. Juli. R. eine gänseeigrosse Anschwellung der Inguinaldrüsen, 
mit der Umgebung fest verlöthet. Haut darüber intensiv geröthet, öde- 
matöß. In der Mitte deutliche Fluctuationen, Peripherie derb. Inject, von 
je l / 2 Spr. HgB. an 3 Stellen, bald darauf starke Schmerzen. A.-T. 39*9. 
(Vorher keine Temperatursteigerung.) 


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Spietschka. 


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7. Juli. Tumor flacher, schmerzlos. Aus dem Stichcanale entleert 
eich trübe Flüssigkeit. Keine Temperatursteigerung mehr. 

11. Juli. Tumor kleiner, Fluctuation geringer. 

18. Juli. An Stelle der früheren Drüsenschwellung nur noch eine 
geringe, vollkommen schmerzlose Resistenz tastbar. (1 Inj. 14 Tage.) 

20. Fall: P. A., 26j. Dienstmagd. Seit 14 Tg. Brennen beim Uriniren. 

16. Juli. Aufnahme ins Spital. Zwischen den Carunkeln und in 
der Foosa varicularis mehrere unregelmässige, stark belegte, nicht sclero- 
tische Geschwüre. Drüsen rechts wallnussgross, links etwas grösser, druck- 
schmerzhaft. Trotz Ruhe und Umschläge mit essigsaurer Thonerde ver- 
grösserteu sich die Anschwellungen, wurden stärker schmerzhaft und links 
trat Fluctuation ein. 

20. Juli. R. 1 Spr. HgB., L. 2 Spr. A.-T. 38*2. (Vorher keine Tem¬ 
peratursteigerung.) 

21. Juli. Aus dem linken Stichcanale entleert sich schmutzigbraune, 
mit Eiter vermischte Flüssigkeit. 

29. Juli. Kein Schmerz. Tumoren wenig kleiner; links noch etwas 
Fluctuation. L. 1 Spr. HgB., R. l / 2 Spr. A.-T. normal. 

3. Aug. Tumoren bedeutend kleiner. 

6. Aug. Keine Fluctuation mehr. 

10. Aug. Drüsen vereinzelt beiderseits wenig vergrössert tastbar. 
Geheilt entlassen. (2 Injectionen. 25 Tage.) 

21. Fall: H. J., 29j. Bergmann. Seit 5 Monaten Röthung, Nässen 
und Eiterabsonderung im Sulcus glandis; fast ebensolange Anschwellung 
in der rechten Leistenbeuge, die bereits mehrere Male incidirt wurde. 

10. Mai. ln der rechten Inguinalgegend eine etwa mannesfaust¬ 
grosse Geschwulst, derb, nicht schmerzhaft. Haut darüber gespannt, 
blauroth und braun verfärbt, stellenweise mit dem Tumor verwachsen. 
Mitten darin eine lineare, eingezogene Narbe, ausserdem drei Einschnitte, 
deren Grund unreine Granulationen zeigt. 

11. Mai. Injection von 2 Spr. HgB., auf 4 Stellen vertheilt. A.-T. 
38'1. (Vorher vollkommen fieberlos.) 

19. Mai. Tumor etwas flacher. Stellenweise Fluctuation. Aus zwei 
Fistelöffnungen in den Einschnitten entleert sich trübes Serum. Injection 
von 2 Spr. HgB. A.-T. 37 9. (An den vorhergeh. Tagen ganz fieberlos.) 

26. Mai. Tumor wieder etwas flacher. Aus der unteren Fistel¬ 
öffnung entleert sich auf Druck wenig blutig tingirtes, sonst klares Serum. 

4. Juni. Tumor kleiner. Injection von 2 Spr. HgB. 

5. Juni. Tumor stellenweise sehr erweicht. 

9. Juni. Die obere Fistelöffnung vollständig geschlossen. Nirgends 
Secretion, Tumor bedeutend kleiner, indolent. 

11. Juni. Fisteln geschlossen, Einschnitte vernarbt. Anstelle des 
Tumors nur eine flache Resistenz. Geheilt entl. (3 Inject. 30 Tage.) 

22. Fall: S. W., 29j. Schornsteinfeger. Seit 14 Tagen mehrere 
weiche Geschwüre am Frenulum und im Sulcus glandis. Seit einer Woche 
Drüsenschwellung rechts. 


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Ueber die Behandlung der Bubonen. 


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27. Mai. R. hühnereigrosser, leicht verschieblicher, derber Tumor, 
von normaler Haut bedeckt. Wenig schmerzhaft. 1 Spr. HgB. an zwei 
Stellen. Fieberlos. 

28. Mai. A.-T. 39*2. 

30. Mai. Tumor etwas kleiner, weicher, druckschmerzhaft. Haut 
darüber geröthet. 

6. Juni. Tumor wieder kleiner, schmerzlos, an der Kuppe erweicht. 
Temperatur normal. 

11. Juni. Haut über der jetzt deutlich fluctuirenden Mitte der An¬ 
schwellung livide roth. 

17. Juni. Tumor gleichmässig resistent, stark verkleinert. 

25. Juni. Nur noch eine geringe Resistenz tastbar. Geheilt entl* 
^(1 Injection. 30 Tage.) 

23. Fall: R. G., 24j. Commis. Yor 7 Wochen ein sclerotisches Ge¬ 
schwür an der Urethralöffnung, das seit einer Woche vollständig geheilt 
ist. Seit 4 Wochen Drüsenschwellung in Inguine. Seit 14 Tagen wuchsen 
die linken Drüsen schneller und wurden schmerzhaft. 

26. April. L. hühnereigrosser, druckschraerzhafter Tumor von 
derber Consistenz. Haut darüber geröthet. R. indolente Drüsenschwellung. 
L. Injection von je V 2 Spr. HgB. an zwei Stellen. A.-T. normal. 

30. April. Tumor in der Mitte weich, am Rande in einzelne Knollen 
zertheilt. Ganz unempfindlich. 

7. Mai. Sowohl die weiche Stelle als auch die Drüsenknollen sehr 
verkleinert. 

9. Mai. Nur noch einzelne, etwas vergrösserte, derbe, unempfind¬ 
liche Drüsen tastbar. Geheilt entlassen. (1 Injection. 14 Tage.) 

Unter diesen 23 Fällen finden sich neben leichteren auch 
recht bedeutende Drüsenschwellungen, unter denen bei 4 Fällen 
(17, 18, 19, 20) bereits deutliche Fluctuation eingetreten war. 
Besonders hervorgehoben zu werden verdient wohl der 15. Fall, 
da eine so mächtige Drüsenschwellung in der kurzen Zeit von 
12 Tagen fast vollständig zurückging. Weiterhin sind wohl auch 
Nr. 17 und 21 erwähnenswerth. Bei dem ersteren bestand ja 
schon seit 6 Monaten ein grosser Bubo, der ausserhalb der 
Anstalt vergeblich incidirt worden war; aus den Einschnitten 
hatten sich Fistelgänge entwickelt und die Radicaloperation 
hätte hier, wie auch bei 21, einen mächtigen Substanzverlust 
gesetzt. Bei beiden Patienten wurde nun durch die Injectionen 
allein ein gewiss anerkennenswerther Erfolg erzielt. Die Hei¬ 
lungsdauer dieser 23 Fälle nahm im Durchschnitte 19 Tage in 
Anspruch. Erwähnen möchte ich noch, dass unter diesen 


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Spietscbka. 


23 Fällen sich nur zwei mit Bubonen nach sclerotiachen Ge¬ 
schwüren befanden. 

II. Gruppe. 

12 Fälle, bei denen ausser Injectionen noch ein kleiner 
Einschnitt gemacht wurde. 

24. Fall: F. H., 17j. Student. Vor 8 Tagen bemerkte Patient Ge¬ 
schwüre am Frenulum und zugleich eine Anschwellung der inguinalen 
Lymphdrüsen links. 

22. Oct. Aufnahme ins Spital. Die Drüsenanschwellung ist kaum 
taubeneigross, schmerzhaft, derb. Essigsäure Thonerdeumschläge, Ruhe. 
Trotzdem vergrösserte sich die Schwellung, wurde fluctuirend und war 
am 31. Oct. hühnereigross. Iiyection 1 Spr. HgB. an zwei Stellen. 

3. Nov. Tumor grösser, Haut darüber livide roth. Inj. 1 Spr. HgB. 

5. Nov. Anschwellung noch grösser, Haut darüber stark gespannt, 
livide verfärbt. Punction mit dem Scalpelle. Dabei entleert sich eine 
reichliche Menge einer braunrothen, chocoladeartigen Flüssigkeit. 

10. Nov. Tumor vollständig verschwunden, Haut darüber normal. 
Aus der noch nicht ganz verschlossenen Stichöffnung ist auch bei starkem 
Drucke, der schmerzlos ertragen wird, kein Secret auszudrücken. Geheilt 
entlassen. (2 Injectionen, Punction. 20 Tage.) 

25. Fall: K. F., 21j. Schmied. Seit 20 Tagen Geschwüre am Fre¬ 
nulum und an der Glans. Vor 4 Tagen schwollen unter Schmerzen die 
rechten Leistendrüsen an. 

19. Aug. In der rechten Regio inguinalis befindet sich eine An¬ 
schwellung, über der die Haut stark diffus geröthet, ödematös geschwellt 
und nicht verschieblich ist. Die derbe Infiltration der Haut erstreckt sich 
über und unter dem Pupartschen Bande bis zur Spina anterior sup.; 
allenthalben grosse Druckschmerzhaftigk. Essigsäure Thonerdeumschläge. 

25. Aug. Die Infiltration der Haut etwas zurückgegangen. Ueber 
dem Drüsentumor ist sie jedoch in der Ausdehnung eines Thalers, bläulich 
verfärbt, rareficirt; daselbst deutliche Fluctuation. Injection von je 7* 
Spr. HgB. an zwei Stellen. Nachmittags leichte Temperatursteigerung. 

28. Aug. Haut stärker verfärbt und gespannt. Incision. Dabei ent¬ 
leert sich reichlich blutig tingirter Eiter. A.-T. normal. 

31. Aug. Aus der Incisionsöffnung entleert sich reichlich blutig 
tingirtes, trübes Secret. 

5. Sept. Secret spärlicher, rein blutig serös. 

19. Sept. Wundhöhle nur noch wallnussgross, Secretion rein serös, 
sehr spärlich. 

Am 26. Sept. geheilt entlassen. (1 Injection, Punction. 33 Tage.) 



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26. Fall: H. J., 20j. Handschuhmacher. Vor 3 Wochen bemerkte 
Patient ein Geschwür im Sulcus glandis, das in 4 Tagen heilte. Eine 
Woche später Drüsenschwellung in Inguine rechts, die unter essigsaurer 
Thonerde und Ruhe zurückging, bald nachher aber in stärkerem Grade 
wieder auftrat. 

19. Mai. R. eine ca. wallnussgrosse, derbe, druckschmerzhafte 
Lymphdrüse. Haut unverändert. 

21. Mai. Injection von 1 Spr. HgB. (je % an zwei Stellen). A.-T. 
38*5. Kopfschmerz, etwas Erbrechen. (Vorher keine Temperatursteigerung. 

22. Mai. A.-T. 39*3. 

23. Mai. A.-T. 38*0. 

24. Mai. Temp. 37*6. 

25. Mai. Temper, normal. Tumor sehr resistent, taubeneigross. In¬ 
jection von je y 2 Spr. HgB. an zwei Stellen. A.-T. 38*2, starke Schmerzen. 

2. Juni. Tumor an einer etwa kreuzergrossen Stelle erweicht. 

4. Juni. Im Centrum Fluctuat. Inj. v. 1 Spr. HgB., dann Incision. 

9. Juni. Secretion serös, sehr spärlich. 

11. Juni. Peripherie der Anschwellung sehr derb. Injection von 
je y 2 Spr. HgB. an zwei Stellen. 

16. Juni. Anschwellung weicher. 

20. Juni. Infiltration fast ganz verschwunden. Incisionswunde ver¬ 
heilt. Geheilt entlassen. (3 lnjectionen, Punction. 30 Tage.) 

27. Fall: D. J., 25j. Kutscher. Seit 14 Tagen Geschwüre am Prä¬ 
putium; Frenulum durchbrochen. Seit 8 Tagen ein thalergrosses, belegtes, 
scharfrandiges Geschwür am linken Unterschenkel, aus einem Varixknoten 
entstanden. 

28. Mai. Im Schenkeldreieck links hühnereigrosse Drüsenschwellung, 
derb, sehr schmerzhaft, Haut geröthet. Etwas weiter oben in Inguine 
taubeneigrosser, fluctuirender Tumor, Haut damit verwachsen, lebhaft 
geröthet. In beide Tumoren wird je 1 Spr. HgB. injicirt. A.-T. 37*8. 
Lebhafter Schmerz. 

29. Mai. A.-T. 39*1. 

30. Mai. Temp. 38*8. Der untere Tumor grösser, in toto fluctuirend, 
Haut darüber stark gespannt. In beide Tumoren wird mit dem Bistouri 
ein Einstich gemacht. Oben entleert sich reichlich eitrige, unten choco- 
ladeartige brauno Flüssigkeit. 

2. Juni. Secretion oben reichlich, unten spärlich. 

6. Juni. Untere Wunde geheilt, oben noch etwas Secretion. 

11. Juni. Beide Wunden geschlossen, in ihrer Umgebung geringe 
Infiltration. (1 Injection, Punction. 15 Tage). 

28. Fall: D. A. Patient litt an Scabies. Nach einem Coitus vor 
3 Wochen entwickelten sich am Penis mehrere belegte, mit derb infilt- 
rirten Rändern versehene Geschwüre. Seit 4 Tagen Schmerzen in der 
linken Leistengegend. Daselbst befindet sich ein hühnereigrosser, druck¬ 
schmerzhafter, harter Tumor, Haut damit verlöthet, etwas geröthet. 


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26. April. Injection 1 Spr. HgB. A.-T. 87*7. 

26. April. Geschw. grösser, weich, undeutl. fluctuirend. A.-T. 38.6. 

1. Mai. Geschwulst deutlich fluctuirend. 

7. Mai. Geschwulst in der Mitte deutl. fluctuir., die Ränder sehr 
derb infiltrirt; im Ganzen vergrössert. Inj. von 2 Spr. HgB. A.-T. 38-3. 

9. Mai. Stärkere Schmerzen. Einstich mit dem Scalpell. Entleerung 
einer reichlichen Menge brauner, dicker Flüssigkeit. 

14. Mai. Tumor flach, schmerzlos. Aus der Stichöffnung wenig 
blutiges Serum. 

19. Mai. Tumor ganz flach, sehr verkleinert. Stichöffnung noch 
nicht ganz geschlossen, jedoch kann kein Secret mehr ausgedrückt werden. 
Geheilt entlassen. (1 Injection, Punktion. 25 Tage.) 

29. Fall: M. W., 2lj. Student. Seit 3 Wochen ein hartes Geschwür 
am Frenulum. Seit 14 Tagen Drüsen in der Leistengegend beiderseits 
geschwollen. R. über dem Leistenringe eine wallnussgrosse schmerzhafte 
Drüse, die anderen, von einander noch isolirt, haselnussgross. L. Drüsen 
zu einem hühnereigrossen Tumor verschmolzen. Consistenz weich, un¬ 
deutlich fluctuirend. Haut darüber leicht geröthet. 

1. April. R. und L. je eine Spritze HgB. A.-T. 37*8. 

4. April. R. stärkere Schwellung und Röthung der Haut als L. 
L. Fluctuation ausgesprochen, R. dagegen nur undeutlich. 

10. April. Beiderseits Fluctuation. 

20. April. Drüsen und Tumoren zeigen keine Veränderung. 

29. April. R. deutliche Fluctuation. Incision des Bubo; es ent¬ 
leert sich eine dünne, gelbliche, seröse Flüssigkeit. L. ist die fluctuirende 
Partie klein; wird gleichfalls incidirt. Es entleert sich etwas trübes 
Serum; die Höhle ist vollkom. rein, Verschluss der Wunde durch die Naht 

6. Mai. R. mässige Secretion eines wenig blutig tingirten klaren 
Serums. L. Vereinigung der Wunde per primam Intentionem. 

12. Mai. R. Anfrischung der Wundränder, Naht. 

15. Mai. L. wieder Anschwellung und Fluctuation vorhanden. R. 
Entfernung der Nähte. 

19. Mai. L. ein Theil der verheilten Naht reisst wieder auf und es 
entleert sich eine mässige Menge blutigen Serums. 

28. Mai. R. Wunde vollkommen verheilt; fast keine Infiltration 
mehr zu fühlen. L. Wunde bis auf einen kleinen Rest geschlossen. Keine 
Secretion, geringe Infiltration. 

30. Mai. Geheilt entlassen. (1 Inj., Incision. 58 Tage.) 

30. Fall: G. W., 33j. Fleischer. Seit 4 Wochen mehrere weiche 
Geschwüre am Präputium, mit speckigem Belage. 

18. März. L. übertaubengrosse, derbe, druckschmerzhafte Drüsen¬ 
schwellung. /"Essigsäure Thonerde, locale Inunctionen.) 

24. März. Schmerz auch spontan heftig. Injection von je l / 2 Spr. 
HgB. an zwei Stellen. A.-T. 37*8. 

25. März. Tumor grösser, central Fluctuation. 


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30. März. Tumor völlig schmerzlos, jedoch bedeutend grösser, in 
toto fluctuirend. 

81. März. Injection von je l / 2 Spr. HgB. an zwei Stellen. 

4. April. Tumor ganz fluctuirend, Haut darüber gespannt, blau- 
roth. ödematÖ8. Punction. Entleerung von ca. 30 cub. Cm. einer dicken 
braunen Flüssigkeit, mit etwas dickem, gelbem Eiter vermischt; dann 
Einspritzung 1 Spr. HgB. in die Höhle. 

5. April. Secretion reichlich. 

8. April. Secretion sehr gering. 

14. April. Stichöffnung verheilt, Tumor ganz abgeflacht, es besteht 
nur geringe Infiltration; die darüber liegende Haut normal. Geheilt ent¬ 
lassen. (3 Injectionen, Punction. 24 Tage.) 

31. Fall: K. W. Vor 4 Wochen bemerkte Patient ein Geschwür 
im Sulcus glandis (ulcus molle) und mehrere Tage später schwollen die 
Lymphdrüsen der linken Leistengegend an. Ambulatorisch bekam er 2 In¬ 
jectionen HgB. und Hess sich am 19. Juni wegen Verschlechterung seines 
Zustandes aufnehmen. 

Status: Im Sulcus coron. glandis links zwei frische Narben. In 
der linken Inguinalgegend eine hühnereigrosse, schmerzhafte Drüsen¬ 
schwellung, von derber Consistenz; in der Mitte weich, fluctuirend, Haut 
darüber geröthet. 

19. Juni. Injection 1 Spr. HgB. A.-T. 38 # 1. 

23. Juni. Centrale Fluctuation deutlicher; Tumor beginnt sich zu 
zertheilen. Punction: Entleerung einer mässigen Menge einer braunen, 
zahlreiche necrot. Gewebsfetzen und Blutcoagula enthaltenden Flüssigkeit. 

27. Juni. Secretion gering, fast rein serös. Einzelne Drüsen tastbar. 

2. Juli. Aus der Ooffnung lassen sich necrotische Massen und coa- 

gulirtes Blut ausdrücken. 

7. Juli. Wunde verheilt, Drüsen derb, isolirt tastbar. Geheilt ent¬ 
lassen. (3 Injectionen, Punction. 19 Tage). 

32. Fall: Ö. J., 22jähr. Schriftsetzer. Lag vom 17. bis 21. April 
mit Geschwüren auf der Klinik. Vierzehn Tage später, im Anschlüsse an 
eifriges Turnen Schmerzen in der rechten Leistenbeuge; rasches Wachsen 
der Anschwellung. Aufnahme am 20. Mai. 

Status: In der rechten Inguinalgegend ein Überhühnerei grosser 
Tumor von sehr derber Consistenz, ausserordentlich schmerzhaft. Haut 
darüber geröthet. 

21. Mai. Injection 1 Spr. HgB. an zwei Stellen. 

23. Mai. Sehr starke Schmerzen. Haut über dem Tumor sehr ge¬ 
spannt, livideroth, Tumor selbst grösser; in der Mitte deutl. Fluctuation. 
Incision. Es entleert sich eine mässige Menge blutig eitriger Flüssigkeit. 
Injection 2 Spr. HgB. in den infiltrirten peripheren Theil. A.-T. 38*5. 

25. Mai. Entleerung dicker, blutiger Flüssigkeit. 

28. Mai. Incisionsöffhung zugeheilt. Wiedereröffnung; es entleert 
sich eine reichliche Menge einer breiartigen, braunrothen, viel necrotische 


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Ge websfetzen, jedoch wenig Eiter enthaltende Flüssigkeit. Infiltration 
bedeutend geringer. 

30. Mai. Infiltration nimmt ab. Secretion gering, blutig serös. 
Tumor viel kleiner, flacher. Fast geheilt entlassen. Ambulatorischer Ver¬ 
bandwechsel. Nach 14 Tagen vollständig geheilt. (2 Injectionen, zweimal 
eröffnet. 24 Tage.) 

33. Fall: H. A., 18jähr. Baupraktikant. 

6. Mai. Seit 11 Tagen ein kleines Geschwür am Präputialrande. 
Seit 6 Tagen Schmerzen und Schwellung in der rechten Inguinalgegend. 
Daselbst eine wallnussgrosse, schmerzhafte Drüse, über der die Haut nicht 
verändert ist. Essigs. Thonerdeumschläge, Ruhe. Keine Temperatursteiger. 

11. Mai. Schwellung etwas grösser, schmerzhafter. Injection 1 Spr. 
HgB. A.-T. 39*4. 

15. Mai. Tumor etwas grösser, weicher. Täglich Abends Tempe¬ 
ratursteigerung bis fast 39*0. 

19. Mai. Tägliche Temperatursteigerung. Fluctuation sehr deutlich. 
Injection von 2 Spr. HgB. 

20. Mai. Tumor hühnercigross, sehr druckempfindlich. A.-T. 39*4. 
20. Mai. Tumor noch mehr vergrössert. Haut darüber gespannt, 

stark verfärbt. Täglich Temperatursteigerung zwischen 39 und 40. 2 Cm. 
lange Incision am tiefsten Punkte der in toto fluctuirenden Anschwellung. 
Entleerung einer reichlichen Menge dicker, brauner Flüssigkeit. Injection 
von % Spr. HgB. an vier Stellen des infiltrirten Randes und Grundes 
der Anschwellung. A.-T. 37*9. 

27. Mai. Es entleert sich reichlich dicke, braune Flüssigk. A.-T. 38*2r 

28. Mai. Injection von 2 Spr. HgB. A.-T. 38’1. 

30. Mai. Inflltr. und Secretion noch bedeut. Inject, von 2 Spr. HgB. 
4. Juni. Temperatur normal. Tumor sehr flach, wenig druckschmerz¬ 
haft. Es entleert sich ziemlich viel seröse, blutig tingirte Flüssigkeit. 
Schnitt wird auf 4 Cm. erweitert, da sich Blutcongula und necrotische 
Gewebsfetzen in der Höhle befinden. 

6. Juni. Wunde vollkommen rein. 

13. Juni. Wundhöhle füllt sich mit reinen Granulationen aus. 

27. Juni. Wunde vollständig verheilt. Geheilt entlassen, (5mal in- 
jicirt, 2mal incidirt. 48 Tage.) 

34. Fall: H. A., 21jähr. Dienstmagd. Seit 5 Tagen Schmerzen im 
Genitale. Aufgenommen am 12. October. 

Bis zum 23. Oct. schwollen die Lymphdrüsen in der rechten In¬ 
guinalgegend bis gänseeigrösse an, die Haut darüber verfärbte sich trotz 
Ruhe und Umschlägen; oberflächlich entwickelte sich Fluctuation; bedeu¬ 
tende Schmerzen. 

23. Oct. lujection von 2 Spr. HgB. 

26. Oct. Fluctuation deutlich. 

28. Oct. Spontanperforation; es entleert sich blutigseröseitrige 
Flüssigkeit in grosser Menge. 


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2. Nov. Secretion lebhaft, serös eitrig. Perforationsöffnung wird 
mit dem Scalpelle etwas erweitert. Injection 1 Spr. HgB. in die infilt- 
rirten Theile der Anschwellung. 

7. Nov. Secretion rein serös, Infiltration sehr zuröckgegangen. 

11. Nov. Wunde beginnt sich zu schliessen. Fast geheilt entlassen« 
(2 Injectionen, Spaltung. 16 Tage nach der ersten Injection entlassen. 
Eine Woche später ambulatorische Vorstellung. Vollkommen geheilt. (Im 
Ganzen 24 Tage.) 

35. Fall: R. G., 24jähr. Commis. Seit der Entlassung des Patienten 
aus der Spitalsbehandlung am 9. Mai nach Abheilung eines sclerotischen 
Geschwüres an der Urethralöffnung und eines linksseitigen Bubo (Fall 23) 
bestand eine schmerzlose, massige Vergrösserung der rechtsseitigen In¬ 
guinaldrüsen. Seit 3 Tagen wächst die Anschwellung stärker, wurde 
schmerzhaft; Haut darüber geröthet. Aufnahme am 26. Mai. Injection 
je 1 Spr. HgB. in den medialen und lateralen Theil der Geschwulst. Keine 
Temperatursteigerung. 

2. Juni. Tumor bedeutend kleiner, in einzelne vergrösserte Drüsen 
zertheilt, indolent. Haut darüber normal. Gebessert entlassen. 

Kommt am 16. Juni wieder, da sich seit einigen Tagen die Drüsen 
wieder zu vergrössem begannen und schmerzhaft wurden. In der rechten 
Inguinalgegend findet sich ein über hühnereigrosser Drüsentumor, der in 
der Mitte deutliche Fluctuation zeigt. Haut darüber livide verfärbt. In¬ 
jection von je '/j Spr. HgB. an zwei Stellen. 

17. Juni. Incision. Entleerung einer blutig eitrigen Flüssigkeit. 

18. Juni. Injection von je '/» Spr. HgB. an zwei Stellen der stark 
infiltrirten Randpartien des Tumors. Secretion reichlich blutig eitrig. 

20. Juni. Infiltration geringer. Secretion serös blutig, spärlich. 
Haut normal. 

25. J u n i. Tumor in einzelne mässig vergrösserte, indolente Drüsen 
aufgelöst. Stichöffnnng verheilt. Geheilt entlassen. (3 Injectionen, Incision. 
26 Tage). 

Aus der Gruppe dieser 12 Fälle ersehen wir besonders 
deutlich, dass das Verhalten der entzündeten Lymphdrüsen 
gegen die Injectionen mit Hydrargyrum benzoicum ein recht 
verschiedenes ist, ohne dass dafür die Art des Primäraffectes 
eine Erklärung geben könnte. Besonders fallen da zwei Fälle 
auf, nämlich Nr. 29 und 33. Bei ersterem war die Drüsen¬ 
schwellung rechts doch eine recht unbedeutende und erforderte 
trotzdem eine so lange Zeit zur Heilung. Die Flüssigkeit, die 
sich bei der Punction entleerte, hatte durchaus keinen eitrigen 
Charakter, sondern glich einem sehr wenig getrübten Serum; 
dieser Umstand gab auch die Vei’anlassung, dass die linke 
Stichöffnung sofort durch eine Naht geschlossen wurde. Es 


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erfolgte wohl die Heilung per primam, allein unter der Narbe 
fand wieder Secretion statt, die schliesslich zum Zerreissen der 
frischen Narbe führte. 

Bei Fall Nr. 33 haben wir eine sehr starke Allgemein- 
Keaction im Anschlüsse an die Injection zu verzeichnen. Der 
Patient war vorher vollkommen fieberfrei gewesen, und nach 
der Injection von Hydrargyrum benzoicum in eine nur wenig 
vergrösserte, derbe Drüse, an der noch nicht das geringste 
Symptom einer eitrigen Schmelzung vorhanden war, stieg die 
Temperatur sofort auf 39*4, um auch an jedem der folgenden 
Tage fast 39 zu erreichen. Dabei vergrösserte sich die Schwellung 
sehr rasch, und zeigte Fluctuation und livide Verfärbung der 
darüberliegenden Haut. Alle diese Erscheinungen erreichten 
nach der zweiten Injection einen noch höheren Grad, so dass der 
Bubo spontan zu perforiren drohte. Die Heilung nahm hier, ob¬ 
zwar die Drüsenentzündung noch nicht einen höheren Grad er¬ 
reicht hatte, doch den Zeitraum von sieben Wochen in Anspruch. 
Im ersterwähnten Falle war die Adenitis nach einem sei ero¬ 
tischen, im zweiten nach einem weichen Schanker aufgetreten. 
Andererseits sehen wir wieder recht bedeutende Bubonen in 
sehr kurzer Zeit abheilen, so dass sich eine durchschnittliche 
Heilungsdauer bei diesen Fällen von 28 Tagen herausstellt. 


III. Gruppe. 

16 Fälle, bei denen die Behandlung in Injectionen mit HgB. 
und nachheriger breiter Spaltung und Entfernung des Inhaltes 
mit dem scharfen Löffel bestand. 

36. Fall: N. A. Seit einer Woche Schmerzen in der rechten 
Schenkelbeuge. 

3. März. Am Frenulum ein indnrirtes Geschwür. In der rechten 
Schenkelbeuge gänseeigrosse Anschwellung von geringer Schmerzhaftig¬ 
keit. Peripherie sehr derb, Mitte erweicht. Haut darüber geröthet, ödematös. 
Injection von 2 Spr. HgB. 

9. März. Anschwellung bedeutend grösser, Fluctuation sehr aus¬ 
gebreitet. Breite Spaltung, wobei sich eine grosse Menge brauner, blutig 
eitriger Flüssigkeit entleert. Entfernung der Drüsenreste mit dem scharfen 
Löffel; theilweiser Verschluss durch die Naht. 


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14. März. Näthe durchgeschnitten, Wunde offen. Jodoformverband. 
2. April. Wunde theilweise von reinen Granulationen ausgefüllt, 

sehr verkleinert. 

11. April. Geheilt entlassen. (39 Tage.) 

37. Fall: K. J., 14jähr. Puppenmacherin. Seit 14 Tagen Schmerzen 
am Genitale, Brennen beim Uriniren. 

15. März: Urethritis; am Introitus vaginae zahlreiche, belegte Ge¬ 
schwüre. R. in der Inguinalgegend eine Lymphdrüse über wallnussgross, 
sehr schmerzh., derb; Haut darüber geröthet. L. Drüsenschw. etwas kleiner. 

17. März. Beiderseits Injection von je l / 2 Spr. HgB. A.-T. 38 # 4. 
21. März. R. Tumor in toto fluctuirend, aus der Stichöffnung ein 

Tropfen Eiter. L. nur geringe Fluctuation. In jeden Tumor Injection von 

1 Spr. HgB. 

26. März. Anschwellungen beiderseits grösser, fluctuirend. Ope¬ 
ration: Spaltung, Auslöffelung; Jodoform-Verband. 

Am 15. April geheilt. (30 Tage.) 

38. Fall: B. F., 26jähr. Wachmann. Seit 8 Tagen mehrere indurirte 
Geschwüre; fast gleichzeitig Drüsenschwellung. Seit 15. April Behand¬ 
lung (der Geschwüre und) der Adenitis mit Umschlägen, grauer Salbe, 
Ruhe; trotzdem vergrösserten sie sich weiter, wurden schmerzhaft. 

14. April. Beiderseits hühnereigrosse Drüsenschwellung, schmerz¬ 
haft. Injection von je % Spr. HgB. an zwei Stellen beiderseits. A -T. 38*2. 

18. April. Schwellung grösser, derb, besonders rechts. R. Inject, 
von je l / a Spr. HgB, an zwei Stellen. A.-T. 37*6. 

19. April. A.-T. 38*1. 

20. April. R. deutliche Fluctuation. L. centrale Erweichung. 

25. April. R. Fluctuation sehr ausgebreitet, Haut geröthet. L. 
keine wesentliche Aenderung. 

7. Mai. Keine wesentliche Aenderung. Beiderseits Injection von 

2 Spr. HgB. 

8. Mai. Beiderseits Spaltung, Auslöffelung. L. zwei Spr. HgB. in 
die infiltrirte Umgebung der Höhle. 

14. Mai. L. abermals Injection von 2 Spr. HgB., da in der Nach¬ 
barschaft eine neue Anschwellung mit Fluctuation entstanden ist. 

20. Mai. Die neu entstandene Anschwell. L. geht zurück. Wunden 
beiderseits rein granulirend. Weiterhin normaler Wundverlauf. 

2. Juni geheilt entlassen. (Heilungsdauer seit der 1. Inj. 50 Tage.) 

39. Fall: B. W., 26j. Maurer. Seit 4 Wochen mehrere Geschwüre 
im Sulcus glandis. Schmerzhafte Drüsenschwellung in der rechten Ingui- 
nalgegend seit 14 Tagen. 

28. März. Hühnereigrosser Tumor, an dessen Rande einzelne bis 
wallnussgrosse Drüsen tastbar sind; in der Mitte deutliche Fluctuation. 
Haut darüber dunkelblauroth; sehr schmerzh. Vorher keine Temp.-Steiger. 

28. März. An zwei Stellen je 1 Spr. HgB. A.-T. 39*0. 

29. März. A.-T. 380. 


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30. März. Tumor grösser, Fluctuation ausgebreiteter. 

31. März. An zwei Stellen je */* Spr. HgB. A.-T. normal. 

4. April. Tumor grösser, Haut darüber stark gespannt. Aspiration 
von ca. 60 Cüb.-Cm. Flüssigkeit mittelst einer grossen Injectionsspritze. 
(Die Flüssigkeit ist sehr dick, beinahe zähflüssig und von dunkelbraun- 
rother Farbe; die mikroskopische Untersuchung ergibt zumeist necrotische 
Gewebsfetzen, sehr viele zerfallene rothe Blutkörperchen, jedoch sehr 
wenige Eiterkörperchen, viel Detritus.) Druckverb, mit essigs. Thonerde. 

7. April. Wieder eine fluctuirende Anschwellung in der früheren 
Grösse. Injection von 3 Spr. HgB. 

9. April. Aus einem der Stichcanäle entleert sich reichlich Flüs¬ 
sigkeit, jedoch ist dieselbe dünnflüssig, mehr blutig-serös. 

16. April. Die Höhle hat sich nach Zuheilung der Stichöffnungen 
wieder gefüllt, und die fluctuirende Geschwulst ist grösser als früher. 
Spaltung und Auskratzen der Wundhöhle mit dem scharfen Löffel. 

21. April. Wunde vollständig rein granulirend. 

30. April. Wunde verkl., rein. Anfrischung der Wundränder. Nath. 

7. Mai. Geheilt entlassen. (3 Injectionen, Spaltung. Auslöffelung. 
Naht. 41 Tage.) 

40. Fall: T. J., Wagnergehilfe. Seit einer Woche Drüsenschwellung. 
Ein Geschwür am Penis bemerkt Patient seit gestern. In der rechten In¬ 
guinalgegend eine etwa gänseeigrosse Geschwulst, am Rande derb, in der 
Mitte fluctuirend. Haut darüber etwas geröthet; sehr schmerzhaft. 

7. April. Inj. von 2 Spr. HgB., bald darauf stechende Schmerzen 
A.-T. 38*7. 

13. April. Geschwulst schmerzlos; wenig vergrössert. 

17. April. Geschwulst mehr vergrössert. Haut geröthet, central 
deutliche Fluctuation. A.-T. 88*0. 

18. April. Injection von 2 Spr. HgB. A.-T. 38*3. 

23. April. Fluctuation sehr ausgebreitet. 5 Cm. langer Einschnitt. 
es entleert sich kein Eiter, sondern zum Theil coagulirtes Blut mit De¬ 
tritus. Auskratzen der Höhle mit dem Löffel. Jodoform-Verband. 

25. April. Wunde rein, stark secernirend. Im weiteren Verlaufe 
blieb die Wunde wohl rein, schloss sich jedoch etwas langsam, so dass Pat. 
am 2. Juni vollst. geheilt entlassen wurde. (2 Inject., Spaltung. 58 Tage.) 

41. Fall: D. F., 19j. Selcher. Litt häufig an Herpes progenitalis; 
vor 8 Wochen traten wieder Bläschen auf, doch verwandelten sich die¬ 
selben nach einem Coitus in belegte, weiche Geschwüre. Seit 4 Tagen 
schmerzhafte Drüsenschwellung in der rechten Schenkelbeuge. Daselbst 
besteht ein gänseeigrosser Tumor von mässiger Schmerzhaftigkeit; theil- 
weise sehr resistent. Haut darüber etwas geröthet. Fieberlos. 

10. April. Injection von 2 Spr. HgB. A.-T. 39*9. Täglich Tempe¬ 
ratursteigerung. 

13. April. A.-T. 38*0. Tumor ist etwas grösser. 

17. April. A.-T. 38*3. Tumor wenig grösser, weicher. Haut dar¬ 
über stärker geröthet. 


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19. April. Inject, von 2 Spr. HgB. A.-T. 39-2. 

22. April. Tumor grösser, Haut darüber stark gespannt, cyanotisch. 
Fluctuation sehr deutlich. 

23. April. Spaltung und Auslöffelung. Jodoformverband. Die Aus¬ 
füllung der grossen Wundhöhle mit Granulationen bis zur vollständigen 
Verheilung erforderte noch fast 6 Wochen. Die am 12. Mai nach An¬ 
frischung der Wundränder vorgenommene Naht hatte keinen Erfolg. (2 
Injectionen, Spaltung, Auslöffelung. 8 Wochen.) 

42. Fall: R. J. Seit 14 Tagen sind mehrere Geschwüre am Fre- 
nulum und im Sulcus abgeheilt. Seit 3 Wochen Schwellung der linken 
Inguinaldrüsen. Dieselben bilden einen über hühnereigrossen Tumor; im 
inneren Theile desselben deutliche Fluctuation. Druckschmerz. Haut ge- 
röthet. Keine Temperatursteigerung. 

21. April. Injection von 1 Spr. HgB. A.-T. 38*1. 

Bis 24. April abendliche Temperatursteigerungen etwas über 38*0. 

26. April. Anschw. grösser. Fluctuat. ausgebreitet. Kein Schmerz. 

29. April. Keine wesentliche Aenderung. Spaltung, Auslöffelung. 
Theilweiser Verschluss durch Naht. Normaler Wundverlauf. 

Am 19. Mai geheilt entlassen. (1 Injection, Spaltung, Auslöffelung. 
Naht. 29 Tage.) 

43. Fall: B. J., 21j. Student. Seit 14 Tagen ein indurirtes Ge¬ 
schwür; fast gleichzeitig schmerzhafte Drüsenschwellung in der linken 
Inguinalgegend. Daselbst besteht eine über hühnereigrosse Geschwulst, 
deren äusserer Antheil aus einzelnen, vergrösserten harten Drüsen besteht, 
während der innere weich elastiseh fluctuirend und schmerzhaft ist. Haut 
darüber verschieblich, etwas ödematös. 

3. Mai. Inj. je */ 2 Spr. HgB. in den äusseren und inneren Theil. 

6. Mai. Starke Schmerzen. Tumor grösser, auch im äusseren Theile 
weich. Haut geröthet, starke periglanduläre Infiltrat. A.-T. tägl. über 38*0. 

9. Mai. Injection je l / 2 Spr. HgB. aussen und innen. 

11. Mai. Der ganze Tumor zeigt deutliche Fluctuation. Spaltung, 
Auslöffelung; theilweise Naht. 3 Wochen später vollständig geheilt ent¬ 
lassen. (2 Injectionen, Spaltung, Auslöffelung. 30 Tage.) 

44. Fall: Ch. A., 28j. Selcher. Seit 6 Wochen besteht im Sulcus 
glandis ein Papillom; Haut daselbst geröthet, theilweise des Epitheles 
beraubt, Eiter absondernd. Seit 4 Wochen Anschwellung der Leistendrüsen 
beiderseits. R. gänseeigrosser Tumor von derber Consistenz, wenig druck¬ 
schmerzhaft; Haut darüber etwas geröthet. L. ein etwas kleinerer Tumor 
von gleicher Beschaffenheit. 

9. Mai. R. an zwei Stellen je */ 2 Spr., L. 1 Spr. HgB. A.-.T. 38*5. 

14. Mai. Beide Tumoren weicher. R. an einer kreuzergrossen Stelle 
Fluctuation. 

19. Mai. Fluctuation beiderseits deutlich. 

21. Mai. Status idem; nur entleert sichL. aus einer kleinen OeflL 
nung trübe Flüssigkeit. In beide Tumoren Injection einer Spr. HgB. 

Ergänzungshefte z. Archiv f. Dermatol, u. Syphil. 1892. y 


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Spietschka. 


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Dann breite Spaltung, Auslöffelung. Die Heilung verlief Anfangs sehr schön. 
Später wurden jedoch die' Granulationen in den Wundhöhlen schlaff, 
gelblich, zeigten Belag, so dass sie am 23. Juni wieder theilweise aus- 
gelöffelt werden mussten. Am 26. bekam Patient einen starken Icterus 
und Diarrhöen, während dessen Dauer die Wundheilung fast gar keine 
Fortschritte machte, so dass Patient erst am 

26. Juni vollständig geheilt war. (2 Injectionen, Spaltung; zwei* 
mal Auslöffelung. 77 Tage.) 

45. Fall: H. J., 29j. Bergmann. Seit einem halben Jahre besteht 
Röthung der Haut im Sulcus glandis und Nässen. Bald begannen auch 
die Lymphdrüsen der rechten Leistengegend anzuschwellen. Behandlung 
mit Jodtinctur und später essigsaure Thonerde hatten keinen Erfolg. Des¬ 
gleichen führte eine vor einem Monate gemachte Incision keine Heilung 
herbei. Kommt deshalb am 

10. Mai zur Klinik. Die Drüsenschwellung ist etwa mannesfaust gross, 
derb, nicht schmerzhaft. Haut darüber geröthet, stark braun pigmentirt. 
Im unteren Theile eine 4 Cm. lange, 1 Cm. breite Schnittwunde, mit 
stark eitrig belegten Granulationen, stark secernirend. Darüber eine 2 Cm. 
lange Narbe, mit einer Fistelöffnung, aus der sich auf Druck ziemlich 
viel Eiter entleert. Reine Temperatursteigerung. 

11. Mai. Injection von je l / 2 Spr. HgB. an vier Stellen. A.-T. 38*5. 

14. Mai. Tumor bedeutend weicher, keine Temperatursteig. mehr. 

19. Mai. Tumor flacher. Secretion aus der jetzt gereinigten Wunde 

und der Fistel reichlich, trüb serös. Injection von je J / 2 Spr. HgB. an 
vier Stellen. A.-T. 37*9. 

26. Mai. Tumor wesentlich kleiner, Secretion geringer. 

2. Juni. Fistel geschlossen, Wunde sehr verkleinert. Dicht über 
dem Tumor ist eine derbe vergröss. Drüse tastbar, in dieselbe 1 Spr. HgB. 

Am 11. Juni geheilt entlassen. (3 Injectionen. 31 Tage.) 

46. Fall: T. C., 22j. Feuerwehrsmann. Den Beginn der Sclerose 
am Penis weiss Patient nicht anzugeben. Seit 8 Tagen merkt er, dass sich 
die Lymphdrüsen beider Leistenbeugen vergrössern. Vor 4 Tagen schwollen 
dieselben nach anstrengender Arbeit stärker an. 

22. Juni. R. ein faustgrosser, L. gänseeigrosser Tumor von derber 
Consistenz, links etwas weicher, schmerzlos. Haut darüber lividroth. Inj. 
je 2 Spr. HgB. in jeden Tumor. A.-T. 39*4; grosser Schmerz. 

23. Juni. A.-T. 38*8. Haut lebhafter geröthet. 

24. Juni. Injection je J / 2 Spr. HgB. an zwei Stellen jedes Tumors 
Temperatursteigerung anhaltend. 

26. Juni. Operation: Spaltung, Auslöffelung und Ausschälung der 
Drüsen. Jodoformverband. A.-T. 38*0. 

28. Juni. Temperatur normal. 

2. Juli. \erbandWechsel; Wunden vollkommen rein. Am 

4. Aug. geheilt entlassen. (2 Injectionen, Operation. 44 Tage.) 


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Ueber die Behandlung der Bubonen. 


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47. Fall : B. J., 29j. Seit 14 Tagen Urethritis und mehrere Ulcera. 
Vor 6 Tagen Schmerzen in der linken Leistengegend. Daselbst besteht 
eine Narbe von einer früheren Operation und eine hühnereigrosse, derbe, 
schmerzhafte Anschwellung. Haut darüber normal. 

7. Juli. Injection 2 Spr. HgB. Abends etwas Temperatursteigerung. 
Heftige Schmerzen, Unwohlsein. 

11. Juli. Unwohlsein geringer. Tumor grösser, weicher. 

14. Juli. Tumor gleich gross, an einer Stelle Fluctuation. Injec- 
tion 2 Spr. HgB. Wohlbefinden. 

16. Juli* 2 Spr. HgB. Etwas Temperatursteigerung, Schmerzen. 

18. Juli. Fluctuation etwas ausgebreiteter, Randtheile sehr derb. 
Incision. Wenig dünner Eiter wird dabei entleert. Drüsen derb, schmerzlos. 

19. Juli. Reichlich trübe Secretion aus der Wunde. Inj. 1 Spr. HgB. 

22. Juli. Tumor nur wenig kleiner. Erweiterung des Schnittes, 

Auslöffelung der Drüsen. Normaler Wundverlauf. Am 

15. Aug. geheilt entlassen. (3 Inject., Incision, Operation. 40 Tage.) 

48. Fall: K. J., 27jähr. Kommt am 10. Juli mit zahlreichen Ge¬ 
schwüren am Präputium im Sulcus und an der Glans ins Spital. Lymph- 
drüsen beiderseits haselnussgross, wenig schmerzhaft. Trotz Ruhe und 
Umschlägen mit essigsaurer Thonerde wurden die rechtsseitigen grösser 
und sehr schmerzhaft. 

28. Juli. R. Injection 2 Spr. HgB. A.-T. 38’7; etwas Kopfschmerz. 

30. Juli. Tumor grösser, derb. Haut darüber ödematös, geröthet. 

4. Aug. Deutliche Fluctuation. 

11. Aug. Status idem. Incision; es entleert sich dicker, zäher, 
gelber Eiter. 

17. Aug. Secretion reichlich, mit necrotischen Fetzen vermischt. 
Breite Spaltung, Auslöffelung. Normaler Wundverlauf; am 

5. Sept. geheilt entlassen. (1 Inj., Spaltung, Operation. 38 Tage.) 

49. Fall: B. F., 23jähr. Vor 1 Jahre Sclerose. Lymph. adenitis 
sclerot. Seit 3 Wochen ein Abscess am Präputium. Kurz nachher stärkere 
Schwellung der rechten Inguinaldrüsen. 

24. Sept. Scabies, Pusteln am Penis. In der rechten Inguinalgegend 
sind die Lymphdrüsen zu einer hühnereigrossen Geschwulst vergrössert, 
die sehr schmerzhaft ist. Haut darüber lebhaft geröthet. L. Drüsen sfcle- 
rosirt. Injection von 1 Spr. HgB. 

25. Sept. Deutliche Fluctuation. 

29. Sept. Fluctuation sehr ausgebreitet. Spaltung, Auslöffelung der 
faustgrossen Wundhöhle. 

7. Nov. Geheilt entlassen. (1 Inj., Spaltung, Auslöffelung. 44 Tage.) 

5a Fall: F. K., 24j. Bräuer. Seit 4 Wochen Ulcera. Drüsenschwel¬ 
lung seit 14 Tagen. 

30. Sept. In der linken Leistenbeuge gänseeigr., weiche, elastische, 
fluctuirende Geschwulst. Haut darüber geröthet. Injection von 2 Spr. HgB. 
An den folgenden Tagen heftige Schmerzen. 

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Spi etschka. 


9. 0 c t. Breite Spaltung. Entleerung einer reichlichen Menge einer 
dicken, braunen Flüssigkeit. In eine in der Tiefe der Wundhöhle liegende 
Drüse 2 Spr. HgB. 

12. Oct. Reichliche Secretion. 

16. Oct. Wunde gereinigt, Secretion ziemlich reichlich. Drüse in 
der Wundhöhle bedeutend kleiner. 

7. N o v. Geheilt entlassen. (1 Inject. Spaltung u. Inject. 38 Tage.) 

51. Fall: L. M., 26j. Dirne. Leidet an einen Herzfehler, in Folge 
dessen schwere Circulationsstörungen vorhanden sind. Seit 2 Tagen Ge- 
nitalaffection, bestehend aus zahlreichen eitrig belegten Geschwüren. Trotz 
vollkommener Bettruhe, Umschlägen etc. vergrösserten sich die Lymph- 
drüsen beiderseits und wurden schmerzhaft. 

7. Juli. Schwere Erscheinungen seitens des Herzens und der Lunge. 
Drüsen in beiden Inguinalgegenden hülinereigross, deutlich fluctuirend, 
sehr schmerzhaft; Haut darüber geröthet. Injection je 1 Spr. HgB. L. 
und R. A.-T, 38 - 2. 

10. Juli. Temperatur wenig erhöht. 

13. Juli. Injection von 1 Spr. HgB. auf jeder Seite. 

10. Juli. Beiderseits Spaltung ohne Narcose. 

22. Juli. Wundhöhlen vollkommen rein. 

24. Juli. Tod in Folge der gesteigerten Erscheinungen von Seite 
des Herzens und der Lunge. 

In allen diesen Fällen war der operative Eingriff ein sehr 
einfacher, indem nach Spaltung der Höhle die Wandungen 
derselben nur mit dem scharfen Löffel von den anhaftendeq 
Massen befreit wurden. Die Wundhöhle blieb in der Folge auch 
immer rein und granulirte gut; nur im Falle Nr. 44 wurden 
die Granulationen schlecht, so dass dieselben noch ein zweites 
Mal entfernt werden mussten; überdies wurde die Wundheilung 
hier durch den heftigen Icterus sehr verzögert. Unter den hier 
erwähnten Fällen ist ferner die hohe Temperatursteigerung bei 
Nr. 41 auffallend, die erst am 7. Tage nach der Injection 
nachliess, um nach der zweiten Injection wiederum auf 39*2 
zu steigen; auch hier währte es nach der Operation noch 
6 Wochen, bis sich die allerdings recht grosse Wundhöhle voll¬ 
ständig geschlossen hatte. Andererseits kamen wieder gleich¬ 
falls recht grosse Substanzverluste in überraschend kurzer Zeit 
zur Heilung, wie bei Nr. 42. Die durchschnittliche Heilungs • 
dauer dieser Fälle betrug 43 Tage. 

Ausserdem sind noch 11 Fälle zu erwähnen, bei denen 
Injectionen mit Hydrargyrum benzoicum entweder als Vorbe- 


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Ueber die Behandlung der Bubonen. 


101 


reitung zur Operation oder nach der Operation gemacht 
wurden. 

52. Fall : St. G. kommt mit einem hühnereigrossen fluctuirenden 
Bubo links, der zu perforiren droht. Injection 2 Spritzen HgB. Zwei Tage 
später Operation. Spaltung. Auslöffelung. (Inject., Operat. 25 Tage.) 

53. Fall: W. K. Ulcera specifica. In der rechten Inguinalgegend 
besteht eine mannesfaustgr. Geschwulst, die Haut darüber ?st cyanotisch, 
sehr verdünnt. Injection von 2 Spritzen HgB., zwei Tage später breite 
Spaltung, Auslöffelung. (Injection, Operation. 30 Tage.) 

54. Fäll: S. A. Ulcera specifica. Ueber mannesfaustgrosser Tumor, 
Haut darüber stark geröthet, infiltrirt; an einer Stelle perforirt, es ent¬ 
leert sich Eiter. Injection von 2 Spr. HgB. Tags darauf Spaltung, Aus« 
löffelung; sehr grosse Wundhöhle. (Heilungsdauer 38 Tage.) 

55. Fall: H. J. Ulcera specifica. Drüsenschwellung links, seit vier 
Wochen bestehend, bildet einen mannesfaustgrossen fluctuirenden Tumor. 

28. Mai. Injection von 2 Spr. HgB. 

30. Mai. Injection 2 Spr. HgB., dann Spaltung, Auslöffelung. Be¬ 
reits am 4. Juni mit vollständig reiner, gut grauulirenden Wundböhle 
entlassen. V/ 2 Wochen später vollständig geheilt. (36 Tage.) 

56. Fall: H. K. Ulcera specifica. Seit 4 Wochen besteht ein links¬ 
seitiger Bubo. Derselbe ist gänseeigross, allenthalben fluctuirend, der 
Spontanperforation nahe. 

31. Juli. Injection 1 Spr. HgB, 

2. Aug. Spaltung Evidement. 

25. Aug. Mit vollständig reiner, fest geschlossener Wunde entlassen. 

1 Woche später vollständig geheilt. (Injection, Operation. 33 Tage.) 

57. Fall: F. W. Seit 6 Wochen Schwellung der linken Leisten¬ 
drüsen nach einem weichen Geschwüre. Vor 14 Tagen wurde die Geschwulst 
breit gespalten. In der Tiefe der schlecht granulirenden Wunde bemerkt 
man eine hühnereigrosse, weiche Drüse. Umgebung derb infiltrirt. 

17. Aug. Injection von 2 Spr. HgB. 

19. Aug. Stumpfe Auslösung der Drüse. 

12. Sept. Geheilt entlassen. (26 Tage.) 

58. Fall: S. Ohne eine Genitalaffection wahrgenomtnen zu haben, 
bemerkt Patient seit 3 Wochen die Entstehung eines Bubo links, der 
beim Eintritte des Patienten in das Spital über Hühnereigrösse erreicht 
hatte; die Haut über demselben violett verfärbt, in der Mitte perforirt. 

19. Febr. Spaltung, Auslöffelung. Die Heilung der Wunde macht 
bei dem in äusserst schlechten Ernährungszustände sich befindenden Pat. 
nur sehr langsame Fortschritte. Ende März hatten sich unterhalb von 
der Wundhöhle zwei neue Drüsenschwellungen gebildet, die nach zwei¬ 
maligen Injectionen mit HgB. vollständig zurückgingen. Die Heilungsdauer 
währte 82 Tage. 


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102 Spietschka. 

59. Fall: K. Ulcera specifica. In der linken Inguinalgegend über 
hühnereigrosse, fluctuirende Geschwulst. Haut darüber violett verfärbt, 
stark verdünnt. 

6. Mai. Spaltung, Evidement. Injection von 2 Spr. HgB. in eine 
derb infiltrirte Stelle dicht über der Wundhohle. 

16. Mai. Bei Druck auf die injicirte Stelle entleert sich in die 
Wunde etwas dünner Eiter. Injection 2 Spr. HgB. ebendaselbst. 

19. Mai. Secret ist noch immer trüb. 2 Spr. HgB. 

22. Mai. Keine Secretion mehr, Wunde vollkommen rein. (Heilungs¬ 
dauer 34 Tage.) 

60. Fall: Z. J. In der rechten Leistenbeuge bestand durch mehrere 
Jahre eine tief eingezogene Narbe nach einer Bubooperation. Vor acht 
Wochen begannen im Anschluss an mehrere Ulcera specifica die über und 
unterhalb der Narbe befindlichen Lymphdrüsen wieder anzuschwellen, 
die mehrere Male incidirt wurden. Beim Eintritte des Patienten in die 
Klinik fand man unregelmässige, vielfach eingezogene Narben mit meh¬ 
reren Fistelgängen, die Eiter absonderten. 

25. Sept. Incision des grössten Theiles der Narbe. Injectionen von 
HgB. in zurückgelassene infiltrirte Stellen. Hätte man sämmtliche erkrankte 
Theile entfernen wollen, so wäre ein bedeutend grösserer Substanzverlust 
entstanden. Die Wundheilung verlief glatt, und nachdem die Injectionen 
noch einige Male wiederholt worden waren, resultirte eine zwar sternför¬ 
mige aber vollkommen geschlossene Narbe nach einer Behandlungsdauer 
von 53 Tagen. 

61. Fall: Br. Seit einem Jahre bestehen in beiden Inguinalgegenden 
Narben nach Bubooperation. Im Anschlüsse an specif. Geschwüre begann 
vor 14 Tagen abermals Schwellung der Drüsen unter der rechten Narbe. 

28. Mai. Daselbst besteht ein hühnereigrosser fluctuirender Tumor, 
über dem die Narbe nur noch eine dünne Decke bildet und zu perforiren 
droht. Injection 1 Spr. HgB. 

29. Mai. Durchbruch der Haut an der dünnsten Stelle. 

30. Mai. Spaltung, Excision der erkrankten Theile. 

2. Juni. In der Tiefe der Wunde entleert sich an einer Stelle Eiter. 
Injection 1 Spr. HgB. ebendaselbst. 

13. Juni. Wunde rechts vollkommen rein, gut granul. L. Narbe 
zeigt Röthung; unter derselben vergrösserte, schmerzhafte Drüsen tastbar. 
Injection 2 Spr. 

16. Juni. L. Perforation in der Narbe; es entleert sich etwas Eiter. 

18. Juni. L. Excision der erkrankten Theile der Narbe. 

11. Aug. Geheilt entlassen, (Beiderseits Operation. 44 Tage.) 

62. Fall: B. J. Kommt mit einer über hühnereigrossen Drüsen¬ 
schwellung in der linken Inguinalgegend, die seit einer Woche perforirt 
ist. Etwas nach abwärts von derselben befindet sich eine etwa wallnuss¬ 
grosse, derbe, auf Druck schmerzhafte Drüsenschwellung. 


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Ueber die Behandlung der Bubonen. 


103 


13. Mai. Operation des oberen Bubo. Injection 1 Spr. HgB. in die 
untere Drüse. 

30. Mai. Oben normaler Wundverlauf. Die untere Drüse vollständig 
verschwunden. (Heilungsdauer im Ganzen 30 Tage.) 

Die Beobachtungen, die wir bei diesen mit Hydrargyrum 
bcnzoicum behandelten Fällen machten, Hessen uns deutlich 
erkennen, wie der Verlauf der Heilung durch die Injectionen 
beeinflusst wird. Wenn nun auch die durchschnittliche Heilungs¬ 
dauer in diesen Fällen mit 30.66 Tagen gegen die der Fälle 
des Vorjahres mit 36’87 Tagen nicht bedeutend abgekürzt er¬ 
scheint, da ja doch das Vorjahr durch eine grosse Zahl ganz 
besonders schwer verlaufender Fälle belastet ist, und wenn 
wir uns auch gestehen müssen, dass in einzelnen Fällen die 
sofortige Exstirpation der Drüsen eine kürzere Zeit zur Heilung 
des Bubo erfordert hätte, so vermögen wir doch eine Reihe 
von Vortheilen bei dieser Art der Behandlung zu erkennen. 
Erstens lässt sich bei einer Anzahl von Fällen jeder operative 
Eingriff vermeiden, der bei einer zweiten Anzahl auf das 
Allereinfachste, nämlich auf einen kleinen Einstich beschränkt 
wird; kommt es aber doch zu einem grösseren Eingriffe, so 
wird derselbe dadurch bedeutend vereinfacht, dass sich die 
flüssigen und necrotischen Massen sehr leicht und schnell ent¬ 
fernen lassen, wobei die Wundheilung in ganz gleicher Weise 
verläuft, wie wenn eine radicale Exstirpation gemacht 
worden wäre. 

Abgesehen von der Vereinfachung der Behandlung bietet 
uns diese Methode aber den noch grösseren Vortheil, dass sie 
conservativer ist als die gleich vorgenommene Operation. 
Gewiss bleiben hier dem Patienten eine Zahl von Lymphdrüsen 
erhalten, die er bei der Operation sicher verlieren würde, und 
er bleibt zumeist von den oft recht hässlichen Narben in der 
Inguinalgegend verschont. 

Obzwar nun unsere Erfahrungen mit diesem Mittel den 
noch viel günstigeren Erfolgen Welanders nicht ganz ent¬ 
sprechen, so müssen sie uns doch aufmuntern, dasselbe dem 
Schatze unserer Heilmittel einzuverleiben und mit der An¬ 
wendung desselben fortzufahren. Namentlich muss aber auch 


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der Vortheil erwähnt werden, den uns dasselbe in den Fällen 
bringt, wo bereits eitrige Schmelzung und Fluctuation ein¬ 
getreten ist, und in jenen Fällen, wo nach vorhergegangenen 
unvollkommenen Spaltungen Fisteln und eiternde Drüsenreste 
zurückgeblieben sind, deren radicale Entfernung immer un- 
gemein grosse, nur schwer heilende Substanz Verluste setzt. 

Je mehr wir nun an der Klinik mit der Anwendung dieses 
Mittels vertraut wurden, desto seltener wurden grössere ope¬ 
rative Eingriffe, und sie beschränken sich jetzt, nachdem wieder 
einige Zeit seit dem hier zuletzt erwähnten Falle verstrichen 
ist, fast nur auf jene Fälle, wo der Bubo bereits perforirt ist 
oder wo Fisteln mit eiternden Drüsenresten vorhanden sind. 


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Hereditäre Neigung zu traumatischer 
Blasenbildung 

(Epidermolysis bullosa hereditaria). 

Von 

Dr. Carl Blumer, 

pract. Arzt in Mühlehorn (Schweiz). 

(Hierzu Tafel III-VI.) 


Am Schlüsse des Capitels über Pemphigus und nach 
Erwähnung noch einer Reihe anderer Blasenbildungen der 
Haut verschiedenen Ursprungs sagt besser in seinem 
Lehrbuch der Haut und Geschlechts - Krankheiten: „Dann 
ist hier noch eine sehr eigenthümliche und bisher nur 
selten beobachtete Erkrankung zu erwähnen, die auf einer 
angeborenen, von der Jugend bis zum höchsten Alter beste¬ 
henden Neigung der Haut zu Blasenbildungen beruht. Reibung 
oder Druck der Haut rufen bei diesen Individuen Blasenbildung 
hervor, heim Gehen bekommen sie Blasen an den Fusssohlen 
ebenso an den Stellen, wo Kleidungsstücke die Haut drücken. 
Diese Neigung zur Blasenbildung ist exquisit erblich und in 
den bekannten Fällen durch mehrere Generationen verfolgt 
worden. Die anatomische Untersuchung der Haut hat nur er¬ 
geben, dass die Ablösung der Epidermis in der Stachelschicht 
erfolgt.“ 

Diese Zeilen L e s s e r’s waren es, die mich veranlassten, 
die interessante Krankheit selbst etwas näher zu verfolgen, 
und da ich in meiner ärztlichen Praxis ziemlich reichlich Ge¬ 
legenheit hatte solche Fälle zu beobachten, dieselben im Nach¬ 
folgenden zu veröffentlichen. 


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ßlu mer. 


Fall I. 


Anna Dürst, von Mühlehorn, geboren 1884, 
ist zur richtigen Zeit und gut entwickelt geboren und leidet 
schon seit frühester Kindheit an spontanen, traumatischen 
Blaseneruptionen auf der äusseren Haut. Diese Blasenbildungen 
sollen nämlich immer da auftreten, wo ein reibendes Trauma 
stattfindet oder stattgefunden hat. Schon in den Wickeln, wenn 
sich das Mädchen beim Strampeln die Zehen, das Knie, die 
Fersen an den Tüchern rieb, traten daselbst, namentlich in 
wärmeren Witterungsperioden, reichlich Blasen auf und sein 
Vater, der ebenfalls schwer unter derselben Erkrankung leidet, 
wusste aus Erfahrung genau, dass er dieses Kind leider auch 
wieder zu den belasteten Mitgliedern seiner Familie zählen 
müsse. Noch deutlicher wurden dann, wie es bei den Belasteten 
in der Familie zu geschehen pflegt, diese Erscheinungen als 
das Mädchen gehen lernte. An den Fusssohlen, zwischen und 
auf den Zehen, auf dem Fussrücken und Rändern erschienen 
nun hauptsächlich während den wärmeren Jahreszeiten (Früh¬ 
ling und Sommer) reichlich Blasen. 

Die Grösse der Blasen wechselte zwischen Linsen- und 
Wallnussgrösse, dieselben seien bald flach bald mehr erhaben 
von klarem, durchscheinendem Aussehen, manche sogar haupt¬ 
sächlich oben auf dem Fussrücken krystallen durchsichtig und 
entleeren meist eine klare Flüssigkeit. An den Fusssohlen ent¬ 
wickelte sich bei der Patientin ab und zu eine rothe bis bläu- 
lichrothe Blase, die beim Oeffnen eine blutige Flüssigkeit ent¬ 
leerte. Neben diesen zwei Qualitäten Blasen oder besser aus 
diesen bildeten sich auch solche heraus von weissliehem, un¬ 
durchsichtigem Aussehen, die beim Eröffnen eine eiterartige 
Flüssigkeit wechselnder Consistenz zeigten. Der Schmerz, den 
die Blasen verursachen, sei ein brennender und das Mädchen 
gibt genau an, dass diese Blasen nie Jucken verursachen und 
dass es nie kratzen müsse an den afficirten Stellen. Auch ich 
will hier gleich beifügen, dass ich bei meinen häufigen und 
längeren Beobachtungen die Kleine nie kratzen gesehen oder 
von ihr Klagen über Jucken vernommen habe. Wenn an den 


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Hereditäre Neigung zu traumatischer Blasenbildung. 


107 


Füssen eine grössere Anzahl Blasen sich eingestellt oder wenn 
eine oder mehrere spontan oder in Folge einer absichtlichen 
oder zufälligen Läsion entzündlich und eitrig geworden, so 
könne die kleine Patientin Nachts nicht gut schlafen und er¬ 
wache sodann öfters an den brennenden und zuckenden 
Schmerzen. Bis jetzt hätten sich diese Blasenbildungen meist 
auf die Füsse beschränkt, nur noch auf dem Rücken über der 
Basis Scapulae seien jedesmal dann Blasen aufgetreten, wenn 
das Patientchen einen schlechtgenähten Rock getragen habe. 
Dieses Kleidungsstück habe A. nie länger als höchstens 
3 Tage hintereinander tragen können, an den Händchen seien 
bis jetzt noch niemals Blasen beobachtet worden, sein Vater 
meint nur deshalb nicht, weil bis jetzt die veranlassenden 
Momente fehlten. Vor circa 3 Jahren hätte die Kleine die 
Masern durchgemacht, die rasch und gut verliefen, im Uebrigen 
zeigte sie stets bestes Wohlbefinden. 

Status: Anna Dürst ist ein ganz gut entwickeltes, intelli¬ 
gentes, sehr lebhaftes Mädchen, welches auf alle Fragen ruhig 
und gut antwortet. Dasselbe trägt dunkelbraunes, strafies Kopf¬ 
haar, dichte, dunkle Augenbraunen und Wimpern, dunkelbraune 
Augen, recht braunen Teint. Wangen und Lippen sind stets 
lebhaft geröthet, so dass die Kleine den Eindruck blühendster 
Gesundheit macht. Die Körpergrösse beträgt 107 Cm., das 
Gewicht 35 In Folge der socialen Stellung des Vaters lässt 
die Ernährung zu wünschen übrig. Der Paniculus ist nicht 
besonders reichlich entwickelt, der Turgor der Haut jedoch 
ein ganz guter. Letztere fühlt sich nicht besonders trocken 
oder feucht an, schuppt nicht irgendwie auffallend und ist mit 
keinerlei Ausschlag behaftet. An beiden obern und untern 
Extremitäten zeigt sich eine ziemlich reichliche dunkelbraune 
Behaarung. Dichter als an jenen stehen die Haare über und 
in der Umgebung der Lendenwirbel und haben hier eine Länge 
von 2 bis 2y 2 Cm. Die epidermoidalen Gebilde, Zähne, Nägel 
zeigen keine wesentlichen Besonderheiten. Die Zähne sehen 
schön und gesund aus, sind kurz, kräftig, schön gestellt ; die 
Schneidezähne zeigen glatte, abgeschliffene Kronen, was Folge 
sein mag des sehr häufigen nächtlichen Zähneknirschens. 
Es sind keine Axilar- oder Cubital- wohl aber Cervicaldrüsen 


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Blu mer, 


fühlbar als kleine, weiche, bewegliche linsengrosse Gebilde in 
spärlicher ZabL Etwas reichlicher sind die Inguinaldrüsen eben¬ 
falls als weiche, bewegliche, klein erbsengrosse Tumörchen 
durchzufühlen. Auf die Gefässverhältnisse der äussern Haut 
und der Schleimhäute wurde besonders sorgfältig geachtet, 
ohne jedoch wichtigere Momente zu entdecken. Auf der Conjunc- 
tiva, den Lippen, der Mundschleimhaut, auf den Wangen finden 
sich reichlich feine und feinste Verzweigungen geschlängelter, 
mässig injicirter Gefässe und Gefässchen, die in jeder Beziehung 
normale Verhältnisse zeigen. Auf der Mitte der linken Nasen - 
hälfte findet sich eine kleine sternförmige Teleangiectasie. Auf 
dieser etwas mageren Haut des Leibes scheinen in ganz nor¬ 
maler Weise grossmaschige, bläuliche Venennetze durch. Die 
Hautgefässe selbst sind ausserordentlich leicht erregbar. Mit 
dem glatten Knöpfchen des Aesthesiometers lässt sich unter 
leichtem Drucke auf die Haut förmlich schreiben, Namens¬ 
züge. Worte etc. Nach circa einer halben Minute sind die 
Züge sehr deutlich geworden und erscheinen oft etwas erhaben 
halten meist relativ lange, 10 bis 15 Minuten und länger. Am 
Skelet der Kleinen ist nichts besonderes zu beobachten, dessen 
einzelne Theile sind ziemlich kräftig, gut und normal aus¬ 
gebildet. Bei der Untersuchung der inneren Organe zeigt einige 
Auffälligkeiten nur das Herz. Der Herzspitzenstoss ist schwach, 
jedoch deutlich sicht- und fühlbar im vierten Intercostalraum, 
circa , / 2 Cm. ausserhalb der linken Mamilarlinie. Die grosse 
Herzdämpfung beginnt am oberen Rand der dritten Rippe und 
geht von da in einem nach aussen convexen Bogen zu dem 
palpablen Herzspitzenstoss. Nach rechts ischliesst dieselbe 
mit der rechten Parasternallinie ab. Die kleine Herzdämpfung 
geht vom oberen Rand der vierten Rippe zum Herzspitzenstoss 
und schliesst nach rechts mit der linken Parasternalis, An der 
Herzspitze hört man zwei reine, kräftige Töne. Verfolgt man 
hier eine Reihe von Herzcontractionen, so vernimmt man zehn 
bis zwanzig gleichmässig schnelle und gleich kräftige Pulsa¬ 
tionen, dann kommen plötzlich zwei oder drei recht rasch 
aufeinander folgende Schläge, dann eine kurze Pause, dann 
wieder Beginn der früheren Regelmässigkeit. Auch über den 
anderen Ostien sind die Töne rein und zeigen keine weiteren 


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Auffälligkeiten. An der Radialis zählt man meist 90 bis 
100 Schläge per Minute und auch hier nimmt man jene 
Unregelmässigkeiten der Pulsationen wahr, wie wir sie oben am 
Herzen beobachtet. 

Also alles Erscheinungen am Circulationssystem, die ja bei 
mageren Kindern in der zweiten Kindheit ins Bereich des 
Normalen fallen. Auch die übrigen Organe zeigten keinerlei 
Veränderungen, ebensowenig die Reflexe und Sensibilitätsver- 
hältnisse der Haut, soweit die Untersuchung derselben bei der 
Kleinen durchgeführt werden konnte. Die mikroskopischeUnter 
suchung des Blutes fiel ebenfalls negativ aus; der Urin wird 
in normaler Menge und Farbe gelassen und enthält weder Eiweiss 
noch Zucker. Appetit und Allgemeinbefinden stets vorzüglich. 

Anschliessend an den Status, der Anfangs Februar zu 
einer blasenfreien Zeit aufgenommen wurde, mögen hier ein¬ 
zelne, sporadische Beobachtungen ihren Platz finden. 

Am 22. Febr. 1891 klagte da9 Mädchen über Schmerzen auf der 
Haut des Abdomens gerade auf und um den Nabel. Auf den Hautfalten 
des Letzteren hatten sich eine Anzahl Bläschen eingestellt. Seit nur 
kurzer Zeit nämlich trug das Mädchen eine neue Hose, an welcher 
gerade über dem Nabel ein grosser Knopf zum Befestigen der Unter¬ 
kleider aufgenäht ward. Dieser reibende Knopf musste entfernt und 
durch eine andere Einrichtung ersetzt werden; weitere Hautaffectionen 
an dieser Stelle blieben hierauf weg. 

Am 9. März wurde das Mädchen, das von der Zeit an nun ab 
und zu für bald längere, bald kürzere Zeit in meiner Familie weilte, mässig 
streng zum Stricken angehalten. Nachdem die Kleine mit öfteren Unter¬ 
brechungen den Tag über im Ganzen etwa 2 Stunden geübt haben 
mochte, stellten sich an den Fingern da, wo die Stricknadeln aufzuliegen 
pflegen, Blasen ein. Namentlich klagte Patientchen Abends über etwa 3 
Brennen am vol. radial. Rande des 4. Fingers der rechten Hand etwa 
in der Mitte des zweiten Falangalknöchelchens. Diese Stelle zeigte sich 
mässig geröthet, druckempfindlich und am Morgen hatte sich daselbst 
eine erbsengrosse, erhabene, matt durchscheinende Blase auf ganz normal 
aussehender Umgebung eingestellt. An anderen Stellen, Daumen, Zeige* 
finger zeigten sich nur linsengrosse, flache Loslögungen oberflächlicher 
Hautschichten. Bei diesen Strickübungen wurde auch die Beobachtung 
gemacht, dass das Mädchen sehr bald und reichlich an seinen Händen 
schwitzt. Seine Stricknadeln waren fast immer rostig und mussten 
zuweilen vor Wiederbeginn der Arbeit vom Roste gereinigt werden. 

Am 26. Febr. wurde dem Mädchen aufgetragen, für die Familie 
Kaffee zu mahlen. Dabei aber wurd 9 die Kaffeemühle so eingerichtet* 


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dass sich deren Knopf nicht in seinem Befestigungspunkte, sondern in 
der Hand der Kleinen drehte, zudem wurde ihr ausbedungen, stets mit 
der rechten Hand die Kurbel zu drehen. Als die erste Hälfte des zweiten 
Pfundes zur Neige ging, klagte das Mädchen über leichtes Brennen mitten 
auf der Handfläche. Beim Nachsehen entdeckte man den Beginn einer 
Blase daselbst. Die Arbeit wurde suspendirt und nach Stunden traten 
noch an etlichen Stellen Blaseneruptionen ein. Diese angeführten Blasen¬ 
bildungen traten also noch zur strengen Winterszeit auf. 

Am 5. Mai. Vor Kurzem hatte für das Mädchen der obligatorische 
Schulbesuch begonnen und seit etwa 3 Tagen hatte man mit Schreibe¬ 
übungen angefangen. Ueberall an den Stellen, wo der Griffel beim 
Halten auf liegt, traten nach und nach Blasenbildungen an den Fingern 
auf. Am Zeigefinger erschien sogar eine ziemlich grosse, die dem Kinde 
bei den Uebungen einige Schmerzen verursachte. Natürlich wird das 
erste unbeholfene, krampfhafte Halten des Griffels ein gut Theil schuld 
an den Blasenbildungen bei diesem Anlasse tragen, so dass bei fort¬ 
geschrittener Fertigkeit keine Blasen mehr aufzutreten brauchen. 

Noch reichlicher traten an den Händen Blasenbildungen auf bei 
Beschäftigung mittels Hacke und Rechen im Garten. 

Etwa mit Beginn des Monates Mai konnte ich nun fast tagtäglich 
Notizen über neue Blaseneruptionen machen, vorausgesetzt, dass das 
Mädchen den veranlassenden Traumen nicht entzogen wurde. Da sich 
aber bei diesen Beschreibungen immer dasselbe wiederholen würde, will 
ich hier nur eine grössere Notiz anführen, stammend vom Ende der 
zweiten Maiwoche, zu welcher Zeit das Kind eine grosse Zahl dieser 
Blasen verschiedensten Alters und Grösse oder Residuen von solchen an 
seinen Füssen zeigte. Hier sei auch die Beobachtung eingeflochten, dass 
neue Blasenausbrüche, so oft während der wärmeren Jahreszeit eine 
kältere Witterungsperiode eintrat, zum Theil oder ganz sistirten, um 
dann bei der nächsten stärkeren Temperatursteigerung von neuem wieder 
recht intensiv aufzutreten. 

Am 15. Mai war das Mädchen während einer warmen Witterungs¬ 
periode in Folge von reichlichen Blaseneruptionen sehr fussleidend ge¬ 
worden, so dass Patientchen die Schule nicht besuchen konnte und für 
einen Tag ins Bett gebracht werden musste. Die Kleine hatte durchaus 
keine anstrengendere Fusspartien gemacht wie bis anhin. Besorgung 
kleiner Aufträge im Dorfe, Gang zur Schule (3 Minuten Entfernung), 
gewohnte Bewegungen in Haus und Garten hatten genügt, eine grössere 
Anzahl Blasen an den Füssen zu verursachen. 

Ein Theil derselben folgt hier etwas näher beschrieben. 

Am linken Fuss: Hinten unten über der Tend. Achil. eine 
klare, durchscheinende, länglich ovale, nur wenig erhabene 
Blase von der Grösse und Form einer grossen Bohne. Unten 
an der Ferse eine grosse, fast rechteckige Blase auf normaler 


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Umgebung, kaum erhaben mit dunkelbläulichroth durchschim¬ 
merndem Inhalt, diese Blase ist sehr empfindlich. Unten an 
der Planta Pedis am Grosszehenhallen steht eine prallgefüllte, 
stark erhabene Blase. Ihre Decke ist aus halbmondförmigen, 
verschiedenfarbigen Zeichnungen zusammengesetzt. Die hintere 
Hälfte dieser Blase ist eine weisslich trüb durchscheinende, 
runde Pustel, nach vorn eingerahmt von einem spitz aus¬ 
laufenden, bläulich rothen, ziemlich breiten Halbmond. Dem 
inneren Fussrande zu wird diese Zeichnung eingefasst von 
einem matt durchscheinenden, sichelförmigen Band. Diese 
Blase ist sehr druckempfindlich und ihre Umgebung ist ge- 
röthet. Gelegentlich kann man in der Decke recht grosser 


Blasen vier, fünf und mehr verschieden breite, sich umfassende, 
halbmondförmige Zeichnungen wahrnehmen, so dass die Blase 
durch verschiedenfarbige Sicheln wie getigert erscheint. 

An der grossen Zehe finden sich drei Blasen, unten eine 
flache circa kleinerbsengrosse, kaum übers Niveau erhabene 
roth gefleckte, seitlich kleinere helle, durchscheinende Vesikel. 
Am äusseren Fussrande, zum grössten Theil noch auf der 
Planta, steht eine circa 1 Fr.-grosse, stark erhabene, prall 
gefüllte, druckempfindliche, schmutzig bläulichroth durch¬ 
scheinende Blase auf gerötheter Umgebung; unten am kleinen 
Zehenballen eine linsengrosse, eckige, bläulichrothe. An der 
vierten Zehe dieses Fusses, fast den ganzen Rücken und die 
innere Seite desselben einnehmend, steht eine förmlich flaschen¬ 
artige, gut gefüllte durchsichtige Blase, dieselbe ist so klar, 
dass man in ihrer Tiefe die Zehencontur verkleinert sehr 
schön erkennt. An der ganzen Innenseite der dritten Zehe 
findet sich die schlaffe Decke einer ausgeflossenen Blase und 
unterhalb derselben an der Fusssohle gelegen eine linsengrosse 
hellrothe. Der Rücken dieses Fusses war im Ganzen mit nur 
drei klardurchscheinenden, erhabenen Blasen auf absolut nor¬ 
maler Umgebung afficirt. 




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Am rechten Fuss: die Ferse ist in ihrer ganzen Rundung 
von einer grossen Blase occupirt, deren Decke wieder jene 
farbigen Sicheln in der verschiedensten Richtung an einander 
gelagert zeigt. Die Blase ist sehr druckempfindlich und -steht 
auf kaum wesentlich veränderter Umgebung. Diese Blase war bis 
jetzt die grösste, die ich zu Gesichte bekam, sie enthielt bei der Ent¬ 
leerung circa 6 Ccm. Flüssigkeit, und nach Entfernung der Blasen¬ 
decke sah die Ferse wie scalpirt aus. Oberhalb dieser grossen Blase 
über der Tend. Achil. steht noch die Decke einer circa frank¬ 
stückgrossen geheilten Blase. Mitten an der Sohle dieses Fusses 
trifft man eine taubeneigrosse, stark gefüllte solche Efflores- 
cenz. Deren Umgehung ist in schmalem Saume stark geröthet, 
Blase und diese afficirte Umgebung druckempfindlich Die 
Decke dieser Blase zeigt auch wieder die obenbeschrie¬ 
benen, farbigen Bänder. Am Grosszehenballen etwas nach 
hinten gelegen ist eine scheckige, förmliche Blasenwurst zu 
sehen. Die innere d. h. nach der Medianlinie gelegene und 
die untere Fläche der grossen Zehe ist mit verschieden ge¬ 
färbten, bald kleineren, bald grösseren, bald flachen, bald er¬ 
habenen Hautlostrennungen übersäet. Die kleine Zehe dieses 
Fusses ist von einer einzigen Blase eingehüllt, so dass dieselbe 
zapfenartig verlängert aussieht. Der Inhalt ist wasserklar¬ 
durchscheinend und die ganze Zehe zeigt keine Röthung der 
Umgehung noch Druckempfindlichkeit. Am Kleinzehenhallen 
ist eine flache, röthliche Blase zu bemerken, der äussere Fuss- 
rand wird von einer grösseren, pustelartigen Blase occupirt. 
An der dritten Zehe findet sich eine gleich aussehende flache, 
pustelartige Blase um den Nagel herum auf gerötheter Um¬ 
gebung, so dass dieselbe den Eindruck eines oberflächlichsten 
Panaritiums macht. Am übrigen Körper zeigt das Mädchen heute 
nirgends ähnliche Efflorescenzen. Das Allgemeinbefinden ist 
ein gutes, Patientchen isst mit gewohntem, gutem Appetit und 
ist im Schlafe nicht gestört. Temperatur und Puls zeigen keine 
Aenderungen und im Urine findet sich weder Eiweiss noch 
Zucker und sein Quantum ist nicht verändert. 

Beim Gehen verursachen manche Blasen der Patientin 
sehr lebhafte Schmerzen, so dass sie sich unter starkem Hinken 
fortbewegt und fast hei jedem Schritt und Tritt das Gesicht 


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schmerzhaft verzieht. Namentlich klagt das Kind über die 
hämorrhagischen Blasen. Nach der Aussage des Patientchens 
und seines Vaters soll die Kleine noch nie eine so reichliche 
Eruption gehabt haben wie jetzt, der Vater meint, wahrschein¬ 
lich nur deshalb nicht, weil sie zu Hause Frühling und 
Sommer über barfuss gegangen, jetzt aber beständig Schuhe 
getragen habe. Gewiss ist dies ein triftiger Grund, wenn man 
weise, dass das Kind reichlich an den Füssen schwitzt. Bei¬ 
fügen kann man auch noch, dass die Kleine eben in ein Alter 
getreten, in welchem die Blasen erfahrungsgemäss reichlicher 
aufzutreten anfangen. 

Bei der Patientin hatte ich diesen Sommer mehrfach 
Gelegenheit zu beobachten, dass man bei diesem Hautleiden 
füglich zwei Grade der Affection unterscheiden könnte, wie 
man etwa bei Verbrennungen deren drei zu nennen pflegt. Der 
zweite und höchste Grad wäre die Blasenbildung, Ulceration; 
der erste und schwächere Grad die Hyperämie. Durch einen 
Kragen der Kleider, durch die dicke, wollene Schnur einer 
Kinderfeldflasche wurden gelegentlich am Halse stark ge- 
röthete, wenig erhabene, ausserordentlich druckempfindliche 
Flecken erzeugt, die dem Mädchen starkes Brennen verur¬ 
sachten. Die Kleine bat oft dringend, man möchte ihr dort 
die Kleidungsstücke rasch entfernen oder zum Schutze etwas 
hinlegen. Von diesen Hyperämien brachte es eine ab und zu 
bis zum folgenden Tage zur Blasenbildung, andere erblassten 
allmälig unter Abnahme der Schmerzempfindung in ein oder 
zwei Tagen. Die Haut schuppte oder blätterte daselbst ab, 
ähnlich wie bei jenen leichten Verbrennungen durch Sonnenhitze. 

Auf die Blasen zurückkommend, will ich deren Inhalt 
einer genaueren Untersuchung unterwerfen. Zuerst sollen einige 
von den klar durchscheinenden Blasen eröffnet werden. Aus 
diesen fliesst je nach ihrer Pellucidität ein wasserklares oder 
kaum merklich trübes, oft etwas klebriges Serum, welches 
an der Luft nach verschieden langer Zeit meist gerinnt. Um 
den lästigen verunreinigenden Schuppen des Strat. corn. zu ent¬ 
gehen, wurde die Flüssigkeit mit einem Lymphcapillarröhrchen 
entnommen. In diesem zeigte die Blasenflüssigkeit fast immer 
spärlichere oder reichlichere kleinste weisse Flocken und sah 

Ergänzungshefte z. Archiv f. Dermatol, u. Syphil. 1892. q 


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im Ganzen verschieden intensiv weisslich schillernd aus. Die 
Reaction war stets bald lebhafter, bald schwächer alkalisch.' 
Kocht man dieses Blasencontentum im Reagensröhrchen pur 
oder mit Wasser verdünnt und filtrirt mit oder ohne Säure¬ 
zusatz, so bilden sich unter lebhaftem Aufschäumen mehr oder 
weniger reichlich gröbere oder feinere Gerinnsel im klaren 
Filtrat. Die Flüssigkeit bleibt milchig, opalescirend. 

Mikroskopische Präparate vom Inhalte dieser Blasen theils 
frisch, theils tingirt untersucht, zeigen in manchen Fällen gar 
keine Formelemente. Allermeist aber prävaliren vor allen 
anderen Dingen die Eiterkörperchen. Daneben findet man. 
isolirte oder in Gruppen zu zwei, drei oder mehr oder zu 
ganzen Schollen vereinigte sog. verworfene Retezellen aus den 
verschiedensten Schichten dieses Stratums. Zur Seltenheit trifft, 
man eine solche Zelle mässig spindelförmig ausgezogen. Ferner 
erblickt man da und dort zwischen grössern und kleinern 
Gerinnseln und Schleimfäden reichlich Zelldetritus, daneben ad 
maximum gequollene Retezellen mit schwach oder gar nicht 
dingiftem Kern, Stücke von Zellprotoblasma oder Kernen. 
Zwischen hinein mag auch ein rothes Blutkörperchen sich ein¬ 
finden. Ueber die anderen zwei Blasenqualitäten, die blutige 
und eitrige, bleibt nur wenig Neues zu sagen übrig. In der 
pustulös aassehenden Blase findet man oft fast nur reinen 
Eiter und in der hämorrhagischen oft nur reines Blut. Im 
Inhalt aller drei triflt man fast immer eine verschiedene 
Anzahl lebhaft sich taumelnde Mikroorganismen wie in fast- 
jedem anderen Eiter oder eiterbaltigen Flüssigkeit. ■ Dass diese: 
Gebilde hier schon sehr früh ihren Einzug halten, braucht ja. 
nicht besonders Wunder zu nehmen, da ihnen durch die entzwei 
gerissenen Haarbälge und Schweissdrüsenausführungsgänge 
Thür und Thor offen stehen. Möglicherweise haben sich auch 
manche von diesen Organismen normaliter in diesen Organen 
einen Aufenthaltsort gesucht und werden nun durch die aus¬ 
tretende Flüssigkeit aus den Drüsengängen in die Blase hinein¬ 
gespült. Ferner will ich im Anschluss an diese grosse Blaseu- 
eruption noch einige Beobachtungen über die makroskopische. 
Anatomie dieser Blasen anführen. Entleert man an der Fuss- 
sohle eine gut entwickelte Blase, so fühlt der palpirende Finger 


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unter der stehen gebliebenen Blasendecke eine recht auffallend 
tiefe. trichter- oder muldenförmige Einsenkung. Dieses auf¬ 
fallend tiefe Loch in den Fuss hinein kann nicht von der 
Dicke des Strat. corn. herrühren, denn letzteres steht ja noch, 
es übertrifft in seiner Tiefe auch weit die Dicke des Rete; 
daher bleibt keine andere Erklärung übrig als die, dass sich 
bei der sehr lebhaften Exsudation der Blasenraum unter der 
rigiden, unnachgiebigen dicken Hornschicht förmlich in den, 
Fuss hinein gebohrt hat, als dem weicheren und nachgiebi¬ 
geren Theil. Oben auf dem Fuss oder überhaupt an Stellen 
mit dünnerer und weicherer Hornschicht sind diese Vertie¬ 
fungen nicht so ausgesprochen. Entleerte jüngere ein, zwei 
Tage alte Blasen füllen sich wieder meist sehr rasch, so dass 
sie in wenigen Minuten die frühere Prallheit wieder erlangt haben. 

Die Blasen sind an Umfang oft viel grösser als ver- 
muthlich Hautfläche vom Trauma getroffen wurde, gewiss ein 
Zeichen, dass beim Wachsthum derselben die Hautgefässe 
oder Nerven oder beide zusammen mit eine grosse Rolle 
spielen. Sind diese Systeme durch eine Blase einmal local an¬ 
geregt, so genügt vielleicht ein viel schwächeres Trauma, um 
in nächster Umgebung wieder eine solche entstehen zu lassen 
oder die bestehende zu vergrössern. Wie sollte sonst eine 
einzelne Zehe rundum zum förmlichen Blasenzapfen umge¬ 
wandelt werden können? 

An den Fusssohlen stellen sich beim Mädchen recht oft 
auchBlasen ein mit röthlichen oder hellrothenTüpfeln oder Flecken, 
oder es scheint ein grosser Theil der Blase roth, so dass man beim 
Eröffnen sicher auf einen blutigen Inhalt rechnet, statt dessen 
aber fliesst ein ganz klares Serum aus mit vielleicht kaum 
einigen blassen, rothen Blutkörperchen. Trägt man eine solche 
Blasendecke ab, so erfährt man bald den Grund der Täuschung. 
Die auf der Innenseite der Blasendecke noch meist in recht 
dicker Lage anhaftende Schicht des Strat. muc. zeigt Löcher. 
Der Blasenraum hat also an diesen Stellen das Strat. corn. 
erreicht und der hochrothe Blasengrund scheint durch das 
klare Contentum und die dünne Blasendecke durch. 

Ferner eröffnet man jene Blasen, welche die oben be¬ 
schriebenen halbmondförmigen, verschiedenfarbigen Zeichnungen 

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auf der Decke tragen, so weisen dieselben in ihrem Innern 
meist recht schräg verlaufende, relativ dicke (gleich Blasen¬ 
decke) und zähe, weissliche Scheidewände auf. Die einzelnen 
Abtheilungen dieser Blasen communiciren fast immer mit ein¬ 
ander, so dass man die Flüssigkeit meist von einem Fach ins 
andere treiben kann; Zeichnung und Farbe können aber bei 
diesen Manipulationen unverändert bleiben. Offenbar verleiht 
auch hier der mehr oder weniger durchscheinende Blasen¬ 
grund diesen verschieden alten und verschieden afficirten Ab¬ 
theilungen der Blasendecke die verschiedene Färbung. Diese 
Blasen sind durch Apposition entstanden. 

Noch eine Bemerkung über das Wachsthum dieser Blasen- 
Qualität im Allgemeinen. Es ist leicht zu constatiren, dass 
dieselben sich vergrössern, erstens durch traumatische Ein¬ 
wirkungen auf ihre Umgebung nach Art und Weise ihres ur¬ 
sprünglichen Entstehungsmodus, zweitens durch Exsudation aus 
den Capillaren an der Peripherie, drittens durch Apposition 
und ferner durch Jntussusception, dann können auch zwei und 
mehr Blasen confluiren. Wie wir später sehen, bewirkt das 
Trauma Spaltung des Rete Malpighii. Die Exsudation kann die 
Epidermis blank abheben, bei der Apposition reiht sich Blase 
an Blase zum abgerundeten Ganzen und bei der Jntussusception 
stecken zwei Blasen zum Theil oder ganz ineinander, die 
wachsende jüngere ist ein Recidiv in der heilenden Basis einer 
älteren. Die durch Apposition sich anreihenden Blasen unter- 
miniren und heben die proliferirenden, heilenden Ränder der 
älteren, aus welchem Vorgänge dann jene dicken, schrägen 
Scheidewände im Innern des ganzen Baues resultiren. 

Der Grund aller dieser Blasen zeigt makroskopisch ausser¬ 
ordentlich verschiedene Bilder. Diese Verschiedenheiten mögen 
abhängig sein von der Localität, an der die Blase entstanden, 
von der Zeit ihres Bestehens von zufälliger Infection von der 
Stärke des Traumas u. dgl. — Entfernt man oben auf 
dem Fusse jüngem etwa 1 / 2 oder 1 Tag alten Blasen die 
Decke, so sieht der Grund rein ohne jeden Belag grauröthlich 
glänzend aus und beständig quillt eine klare, auf der Ex- 
coriation etwas schillernd aussehende Flüssigkeit heraus, die abge¬ 
tupft sich sehr bald wieder erneuert und sich in Tropfen an- 


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sammelt. Diese Excoriation, sich selbst überlassen, kann unter 
günstigen Bedingungen bald aufhören zu secerniren, oder sie 
kann sich mit einer wabenartigen Kruste bedecken und heilen. 
Meist aber beginnt sie mehr oder weniger Eiter zu produ- 
ciren. Die Umgebung röthet sich oder schwillt sogar an, die 
ganze Stelle wird lebhaft schmerzhaft, um dann aber nach 
Tagen, in manchen Fällen allerdings erst nach Wochen allmälig 
mit Bildung neuer Epidermis namentlich vom Rande her zu 
heilen. An den Fusssohlen ist der Grund dieser Blasen in 
Irischen Fällen fast immer hochroth, feucht glänzend; zu be¬ 
merken ist, dass man an dieser Localität meist nur etwas 
ältere Blasen bekommt, da wegen dem dicken Strat. coraeum 
der erste Beginn oft entgeht, auch hier quillt wieder die obige, 
klare Flüssigkeit heraus und nie konnte ich aus einem solch 
hochrotben Blasengrunde eine Blutung nach aussen oder ins 
Gewebe hinein makroskopisch wahrnehmen. War es eine 
blutige, d. h. bläulichrothe Blase, die ihrer Decke beraubt 
wurde, so kann der Grund mit blutig fibrinösen Flocken be¬ 
sprengt sein, oder derselbe ist auch gar nicht selten mit einem 
ziemlich dicken, blutig fibrinösen Belag ganz überzogen. Diese 
Belage lassen sich mit etwas Watte und Wasser ohne Mühe 
wegwischen und unter ihnen erscheint dann wieder die früher 
beschriebene rothe, nässende Excoriation oder eine neu¬ 
gebildete zarteste Epidermis. 

Bei älteren, zwei, drei Tage bestehenden Blasen, voraus¬ 
gesetzt, dass sie peripher nicht fortgeschritten sind, kann der 
Grund bei Entfernung der Decke schon aufhören zu nässen, 
und man findet daselbst eine ungemein zarte, nach dem Ab¬ 
wischen trocken bleibende Epidermis mit blass röthlichem oder 
wie an den Fusssohlen mit stark rothem Ton. Wenn man es 
mit dem Alter und den Umständen einer Blase richtig trifft, 
so findet man schöne Bilder der Epidermis-Neubildung. So 
kann man auf dem Grunde einer Blase, gleichviel ob auf dem 
Fussrücken oder an der Sohle einen Theil der Basis schon 
zart überhäutet finden, während ein anderer Theil noch feucht 
glänzend nässend erscheint. In noch günstigeren Fällen sieht 
man mit blossem Auge oder mit d#»r Lupe vom Rande der 
Blase her ein mattgraues Gitterwerk sich nach dem Cent rum 


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ausbreiten, in dessen ausserordentlich feinen und engen er¬ 
habenen Maschen die Papillenspitzen als purpurroth glänzende 
Knöpfchen stehen. Dem Blasenrande näher sind die einzelnen 
Gitterstäbchen meist höher, breiter und die rothen Knöpfchen 
kleiner, gewiss ein schönes Bild interpapillärer Epidermisbildung. 
Mögen diese Blasen stehen, wo sie wollen und was immer für 
Zufälle erleben, so beginnt nach kürzerer oder längerer Zeit 
die Bildung frischer Epidermis, und ist diese zart und jung 
erstellt, so nässt der Grund nicht mehr und die Blase fangt 
an einzutrocknen. Dieses Eintrocknen kann relativ lange 
Zeit in Anspruch nehmen und so findet man die Blasen mit 
vollständig entwickelter Epidermis nach 8 und mehr Tagen 
noch ganz gut gefüllt. Die Flüssigkeit innerhalb dieser dichten 
Membrane verdunstet eben langsam. Meist aber trocknen diese 
Blasen mit regenerirter Epidermis (die Leute nennen sie reif) 
nach circa 8 Tagen ein oder werden absichtlich oder durch 
Zufall vor ihrem Eintrocknen lädirt, fliessen aus und bleiben 
reactionslos und die Decken finden dann auf die verschiedenste 
Art und Weise ihre Entfernung. War die Blase eine hämor¬ 
rhagische, so findet sich, nachdem sie eingetrocknet, unter 
der spröden Decke eine schwarzbraune chocoladenartige Kruste, 
die ebenfalls bald wegfällt und die zur Norm zurückgekehrte 
Haut zum Vorschein kommen lässt. 

Werden diese Blasen in frühem, wie die Leute sagen, 
unreifem Stadium, wo ihr Boden noch keine genügende Epi¬ 
dermis (Hornzellen) producirt hat, zufällig oder absichtlich 
lädirt, so können sie entzündlich, eiterig und sehr schmerzhaft 
werden. In bedeutendem Umfange kann die Umgebung röthen 
und schwellen und objectiv kann sich die Stelle recht warm 
anfühlen. Die kleine Patientin empfindet dann brennenden, 
zuckenden Schmerz, wie es bei jeder inficirten, traumatischen 
Blase bei anderen Personen vorzukommen pflegt. In diesen 
Zeiten mag dann die Temperatur mehr oder weniger erhöht 
sein. Daher gilt bei diesen belasteten Individuen als oberster 
Grundsatz bei ihrer Therapie: nur keine frischen (unreifen) 
Blasen anstechen. 

Sämmtliche Blasen, auch wenn ihr Heilungsverlauf noch 
ein so langweiliger und schmerzhafter war, heilen schliesslich 


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nach kürzerer oder längerer Zeit, ohne irgend eine Spur von 
Narbe zu hinterlassen. Da, wo die Blasen gestanden, bleibt 
noch für einige Zeit ein lebhafteres Roth der jungen Epidermis 
bestehen, dann aber verschwinden auch bald die letzten 
Spuren. An diesen Stellen junger Epidermis treten ungeheuer 
leicht Recidive auf, die bald kleiner sind, bald grösser werden 
als die erste Blase, welche sich daselbst entwickelte. Alle 
diese traumatischen Blasen unterscheiden sich durch Aussehen, 
Verlauf, Heilung in nichts von jenen traumatischen Blasen, 
die hei andern Leuten vorkamen, welche sich solche etwa 
acquirirt haben durch übermässige oder ungewohnte Arbeit 
(Rudern, Hacken, grosse Märsche etc.). Nur werden die Blasen 
bei dieser krankhaften Veranlagung meist grösser und er¬ 
scheinen in reichlicherer Zahl. 

Was nun die Therapie anbelangt, so konnte ich kein 
Mittel finden, das der idealen Forderung, die Krankheit dem 
Patienten wegzuschaffen, auch nur einigermassen genügt hätte. 
Gewiss denkt jeder Arzt hei der Behandlung einer etwas 
schlecht genährten Patientin sofort an reichlichere Kost, was 
bei diesem Kinde auch versucht wurde. In kurzer Zeit nahm 
dann auch das Körpergewicht dieses Kindes um 4 Pf. zu. 
Das Uebel wurde aber dadurch nicht geringer, sondern ich 
konnte mich des Eindruckes nicht erwehren, dass die Frequenz 
der Blaseneruptionen mit der Gewichtszunahme eine wesentlich 
grössere geworden, auch wenn ich nach der früheren Er¬ 
fahrung bei diesen Individuen Jahreszeit, Alter und Kleidung 
in Abzug brachte. Natürlich wird ja mit der Zunahme des 
Körpergewichtes für den Fuss auch das Trauma ein grösseres 
aber dieses Körpergewicht kommt nicht mehr in Betracht, wenn 
es sich um reichlichere Blasenausbrüche an auderen Localitäten 
handelt. Also ist diesen Patienten aus prophylactischen Gründen 
eine sparsame, aber genügende Ernährung vorzuschlagen. Dass 
das Fettwerden so deutlich schädlich wirkt, mag ja seinen Grund 
in der Zelle selbst oder in der kräftigeren Circulation oder in 
der vermehrten Schweissabsonderung oder in allen drei Punkten 
zugleich haben. 

Chinin, Eisen, Arsen versuchte ich bei diesem Mädchen 
und bei einigen folgenden Patienten wiederholt, aber ohne 


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Erfolg, allerdings konnten diese Medicationen nie mit so grosser 
Consequenz durchgeführt werden, dass man sich daraus ein 
sicheres Urtheil erlauben durfte. An allerlei tonisirende, ab¬ 
härtende Hautcuren wurde ebenfalls gedacht, unterliess sie 
aber, denn ich musste mir sagen in Folge der socialen Stellung 
war bis jetzt für das Mädchen sein ganzes Leben eine Ab- 
härtungscur für manche Körpertheile, an welchen gerade am 
meisten Blasen auftreten. Früh im Frühjahr und spät im 
Herbst geht das Mädchen zu Hause durch Thau und Regen 
barfuss, so dass man mit allerhand Waschungen und Bädern 
in diesem Sinne nicht viel ausrichten könnte. Diese letzteren 
empfahl ich dann im Sinne peinlichster Reinlichkeit um jenen 
lästigen Infectionen der Blasen thunlichst vorzubeugen. In dieser 
Beziehung leisteten dann auch manche Medicamente dem Wasser 
zugesetzt treffliche Dienste so namentlich die Borsäure. Viel 
besser als um die Totalheilung dieser Belastung steht es 
mit der Localbehandlung der Blasen. Hier lässt sich ausser¬ 
ordentlich grosse Erleichterung schaffen, die Borsäure wirkt 
auch da wieder sehr günstig. War eine Blase noch so schmerz¬ 
haft und entzündlich und wurde sie im Borsäure-Wasserbade 
geöffnet, gereinigt und mit einem Läppchen kräftiger Borsalbe 
bedeckt, so hörten fast augenblicklich nach leichterem Brennen 
(von der Borsäure herrührend) die Schmerzen und die Druck- 
empfindlichkeit auf und am nächsten Morgen schon sah die 
Stelle wie geheilt aus und bedurfte nochmals mit frischer 
Borsalbe belegt meist keiner weiteren Pflege mehr. Nach 
dieser Entleerung der Blase und der Application dieser 
Salbe konnte das Mädchen meist nach wenigen Minuten viel 
erleichtert herumgehen. Die gleichen Dienste leistete mir wieder¬ 
holt auch das Jodoform, aber das Mittel konnte des Geruches 
wegen, den es in der Schule verbreitete, für gewöhnlich nicht 
angewendet werden. Auch andere leichte Desinflcientia mögen 
dieselben guten Dienste leisten. 

Geradezu sehr schädlich wirkte auf diesen Excoriationen 
der Höllenstein. Diese Aetzungen auch schwach angewendet, 
brachten rasch eine sehr starke Reaction zu Stande. Die ober¬ 
flächliche Wunde und deren Umgebung rötheten sich meist 
sehr bald und lebhaft. Das Mädchen empfand Schmerzen. Es 


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stellte sich reichliche Eiterung ein und die Wundflache 
so behandelt, wollte und wollte nicht heilen. Wahrscheinlich 
werden durch diese Aetzungen die restirenden Retezellen selbst 
stark geschädigt oder durch die hervorgerufene kräftige Exsu¬ 
dation förmlich weggeschwemmt. 

In prophylactischer Beziehung lässt sich neben peinlichster 
Reinlichkeit, desinficirenden Waschungen, mässig guter Er¬ 
nährung gewiss noch manches erreichen, ist der Patient noch 
jung, so wird man ihm anrathen, eine seiner schweren Belastung 
möglichst entsprechende Berufsart zu wählen, ferner soll er 
sich seine debile Haut berücksichtigend kleiden, thunlichst 
leicht in nicht kratzende, möglichst gut an seine Körperform 
angepasste Stoffe; zu seinem Vortheile wird er namentlich 
starken Schweiss zu verhüten suchen, um nicht Maceration 
und stärkere Reibung hervorzurufen. In dieser Richtung mag 
ja auch manches Medicament an den Füssen namentlich mit 
Recht seine Anwendung finden. Und so will ich denn die kleine 
Patientin mit gutem Rath und der Befriedigung, doch manchen 
Dienst bei der Localbehandlung leisten zu können, mit diesem 
recht traurigen Leiden behaftet ungeheilt entlassen. Diese 
Krankheit ist in der That eine sehr schwere Belastung, es ist 
nicht möglich, während der wärmeren Jahreszeit mit der 
intelligenten, muntern Kleinen einen ordentlichen Abendbummel 
zu machen, denn, ist sie nicht schon hinkend, so wird sie es ge¬ 
wöhnlich schon in der ersten halben Stunde und rasch heisst 
es dann umkehren, will man der moralischen Verpflichtung 
entgehen, die Kleine schliesslich heimtragen zu müssen. Ebenso 
kann das Kind mit seiner Classe nicht ohne Ach und Weh 
den kürzesten Nachmittagsausflug in Feld und Flur mitmachen. 


Fall II. 

Joh. Jacob Dürst, 56 Jahre alt (geh. 1835), Feldarbeiter, 
ist der Vater der eben demonstrirten, kleinen Patientin. Da 
es sich um einen älteren Patienten handelt, dessen Selbst¬ 
beobachtungen reichlicher und eingehender und dessen An¬ 
gaben zuverlässiger sind als bei einem 6jährigen Kinde, so 
will ich meine Notizen in diesem Falle auch etwas eingehender 


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hier folgen lassen, zumal da wir bei diesem einige nicht ge¬ 
meldete, interessante Einzelheiten finden. 

J. J. D. ist ebenfalls seit frühester Jugend mit diesem Leiden be¬ 
haftet, schon in den Wickeln hätte er, wie ihm seine Mutter sei. be¬ 
richtete, zur warmen Jahreszeit Blasen oben auf den Zehen bekommen. 
Die Krankheit selbst habe er von seiner Mutter geerbt, die unter den 
nämlichen Erscheinungen viel gelitten habe. Zur Blasenbildung neige 
die Haut hauptsächlich im Frühling und Sommer und zu dieser Jahres¬ 
zeit müsse er sich bei seinen Arbeiten sehr schonen, sonst sei er bald 
theilweise oder ganz arbeitsunfähig. Je kälter die Jahreszeit sei, umso 
weniger Blasen treten bei seinen Beschäftigungen auf. Indessen können 
auch in den kältesten Wintermonaten solche Eruptionen auftreten, sobald 
er wacker drauf loBarbeite und etwa dabei schwitze. Auch bei ihm treten 
die Blasen hauptsächlich an den Händen und Füssen auf, dann am Halse, 
besonders wenn der Kragen etwas eng sei und beim Schwitzen reibe, 
so besetze sich der Hals nicht selten reichlich mit Blasen und Bläschen. 
Ein ebenso häufiger Ort, wo diese Blasen seiner Beschäftigung ent¬ 
sprechend, sich einstellen, sei der Oberschenkel. Beim Schaufeln treten 
da, wo der Schaufelstiel gleitet, reibt, reichlich Blasen auf. Beim Tragen 
von Lasten treten Blasen auf über dem Muse. pect, auf den Achseln, ver¬ 
ursacht durch die Tragriemen oder Gegenstände selbst. Weiter fügt 
Patient hinzu, dass er auch ab und zu im Munde Blasen bekomme, wenn 
er bei dem fast gänzlichen Zahnmangel zähe Nahrungsmittel kaue und 
in der That zeigt mir heute (December 1890) J. J. D. eine erbsengrosse, 
schwarzblaurothe Blase auf der linken Wangenschleimhaut. 

Die Grösse der Blasen wechsle von Linsen- bis Wallnussgrösse, 
auch ihre Form sei sehr verschieden, bald rundlich, bald länglich, bald 
flach, bald stark erhaben, ihr Inhalt sei bald hell, bald gelblich, sehr 
häufig bläulichroth, oft fast schwarz, namentlich an den Stellen, wo die 
Haut sehr dick, wie am Handteller und der Fusssohle. Oft werden die 
Blasen auch eitrig, entweder spontan oder gehen diese Veränderung ein, 
nachdem er sie lädirt habe. Die Umgebung der so ausserordentlich häufig 
auftretenden bluthaltigen Blasen sei gar nie blutig gefärbt, sondern der 
Bluterguss beschränke sich genau nur auf die Blasen. Im Sommer er¬ 
scheinen manchmal schon in den ersten Stunden nach Beginn seiner 
Arbeit Blasen, während er im Winter ein, zwei und mehr Tage ange¬ 
strengt arbeiten könne, ohne von denselben belästigt zu werden. Am 
allerschlimmsten aber, erzählt D., setzen ihm dieselben rasch und in 
reichlicher Zahl zu, wenn er in der Sonnenhitze arbeite. Kann er die 
Blasen schonen und pflegen, so trocknen dieselben im Verlauf einer 
Woche ein und die Blasendecken werden allmälig abgestossen oder durch 
zufällige Traumen entfernt. Die junge röthliche, zarte Haut, die sich 
unter der Decke findet, neige ausserordentlich zu Becidiven. Empfindlich 
seien seine afficirten Hände dem warmen Wasser gegenüber, sehr bald 
sei ihm dasselbe zu warm und verursache an diesen eben geheilten 


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Stellen ein lebhaftes Brennen, niemals sei aber dadurch ein Blasenrecidiv 
hervorgebracht worden. Die Blasen heilen, ohne sichtbare Narben oder 
Flecken zu hinterlassen. Die eiternden Blasen verursachen ihm oft recht 
grosse Schmerzen, die Umgebung könne anschwellen und sich röthen 
unter starkem Klopfen und Brennen, so dass er dann des Nachts nicht 
schlafen könne. Uebrigens seien alle Blasen schmerzhaft, sowohl die 
hellen, als auch die gelblichen blutigen und pustulösen, in allen empfinde 
er Brennen, in manchen auch Jucken („sie brenned und bissed“). Im 
Allgemeinen sei der Charakter des Schmerzes derselbe wie bei einer 
Brandblase. Da, wo die Haut dick sei, wie an der Fusssohle und inneren 
Handfläche, seien die Blasen auch am schmerzhaftesten. Bevor dieselben 
auftreten, empfinde er meist Brennen an der betreffenden Hautstelle 
und eine mehr oder weniger starke Röthung trete daselbst auf, und dann 
heisse es, schleunigst die Arbeit aussetzen, um nicht bald ganz invalide 
zu werden. Blaseneruptionen ohne irgendwelche Vorboten fänden sich 
bei stattgefundenen Traumen ebenfalls häufig vor. Was die Anzahl der 
Blasen betreffe, so sei dieselbe sehr wechselnd; schon wiederholt hätte 
er an beiden Füssen zusammen 15 und mehr gezählt. Weiter erzählt 
Patient, dass Hautdefecte, die er sich beim Kratzen, Schneiden, Schlagen, 
Stossen etc. bei seiner Arbeit zufüge, sehr langsam heilen und meistens 
komme es zur Eiterung, auch blute er bei nur kleinen Verletzungen 
rasch und reichlich. Ein etwas tieferes Hineinexaminiren auf Hämophilie 
ergab negatives Resultat. Gegen Insectenstiche sei seine und der be¬ 
lasteten Kinder Haut sehr empfindlich, besonders Letztere müssen bei 
Bremsen- und Mückenstichen oft kratzen, dass die Haut wie geschunden 
aussehe; Blasenbildungen aber sollen dabei in seiner Familie noch nie beob¬ 
achtet worden sein. Wenn sich Patient an den Händen oder Füssen 
reichlich Blasen acquirirt habe, so schwellen nicht selten die Axillar 
resp. Inguinaldrüsen auf. 

Vor etlichen Jahren überstand D. eine Lungenentzündung, die 
rasch und gut verlief. Im Jahre 1885 hatte er einen ausgedehnten phleg¬ 
monösen Process am rechten Unterschenkel durchzumachen. Mit dieser 
Krankheit trat D. in die ärztliche Behandlung meines Bruders Dr. Fr. 
Blum er in Wallenstadt (vormals Mühlehorn), welcher nicht daran 
zweifelt, dass dieser Process von inficirten Blasen am Fusse ausgegangen. 
D. war damals mit der Heuernte beschäftigt, ein drohendes Gewitter 
drängte zur Beschleunigung der Arbeit, seine Füsse wurden mit Blasen 
dicht besetzt. Patient ging in den Heustoppeln barfuss und verletzte 
manche dieser Blasen. Der rechte Fuss wurde schmerzhaft und schwoll 
an, auch die Inguinaldrüsen seien wieder recht gross geworden, Fröste 
stellten sich ein und am Unterschenkel allmälig schmerzhafte Schwellung 
und Röthung, die der Patient für Gesichtsrosen hielt. Es kam dann am 
Unterschenkel, hauptsächlich am oberen Drittel zur Eiterung, die durch 
wiederholte Incisionen, Drainagen geheilt wurde. Gegenüber Carbol, Sub¬ 
limat, Jodoform sei die Haut des Patienten durchaus nicht empfindlich 
gewesen. Abscessbildung, ausgehend von einer Blase bei Epidermolysis 


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bullosa hereditaria, wäre gewiss ein recht seltenes Vorkommniss, wenn man 
bedenkt, dass ein solcher Patient ja fast Jahr ein Jahr aus an Blasen¬ 
bildungen leidet. Sonst will Patient keine weiteren Krankheiten durch«- 
gemacht haben. Im weiteren berichtet D., dass er bei Quetschungen, 
Schlägen, beim Getroffenwerden von Holz- oder Steinsplittern nicht leicht 
„Blutbeulen“ bekomme, immer müsse das Trauma, das solche erzeuge, 
ein chronisch reibendes sein. Zum Schlüsse seiner Berichte erinnert mich 
Patient noch daran, dass ich vor circa 2 Jahren zum ersten Mal Ge¬ 
legenheit gehabt habe, seinen Blasenausschlag zu sehen und ich fand 
dann auch diesbezügliche Notizen. D. war nämlich damals bei uns auf 
Taglohn, um Holz zu sägen und zu spalten, es war Spätherbst, am dritten 
Tage erklärte er sich wegen eben einsetzenden Blasenbildungen an den 
Händen invalide und giüg nach Hause. Einen Tag später consultirte er 
mich wegen einer Tendo-Synovitis des Muse, extens. pol. long. Ich 
verschrieb ihm Tinct. jodi und Tinct. gall. ää. 7*5 zum Aulpinseln. Nach aber¬ 
mals zwei Tagen stellte P. sich wieder bei mir ein mit der Meldung, er 
ertrage dieses Mittel nicht, es erzeuge viele und grosse Blasen, und in 
der That bestätigte die Inspection die Aussage des Patienten. Heute er¬ 
innert sich Patient nicht mehr genau, ob er das Mittel wirklich auf¬ 
gepinselt oder eingerieben habe, ich fürchte nun nach den Versuchen an 
Anna D., es werde wohl Letzteres stattgefunden haben; bis heute konnte 
dieses Verhalten der Haut Jodtinctur gegenüber nicht weiter geprüft werden. 
— Wegen dieser Blasenbildungen wurde D. vom Militärdienste befreit 

Status: Joh. Jacob Dürst ist ein kräftiger Mann mit 
kräftig angelegtem Knochengerüste und guter Musculatur. Zur 
genauem und raschem Beurtheilung der physischen Kräfte 
und Körperanlagen seien hier einige Masse angeführt. Seine 
Körperlänge beträgt bei entblössten Füssen 176 Cm., sein 
Brustumfang hart unter den Brustwarzen 95 Cm. und sein 
Oberarmumfang bei gestreckter Haltung in der Mitte gemessen 
24 - 5 Cm. Den socialen Verhältnissen entsprechend ist seine 
Körperernährung keine besonders gute, der Paniculus ist im 
Ganzen spärlich entwickelt, so dass der Turgor der Haut, auch 
wenn das höhere Alter des Patienten in Betracht gezogen wird, 
kein lebhafter ist. J. J. D. trägt dunkelbraunes Kopf- und 
Barthaar, seine Augen sind blaugrau, auf dem Kopfe befindet 
sich eine ausgedehnte bewegliche Narbe, beim Ziegenhüten hätte 
ihm hier ein von den Ziegen ins Rollen gebrachter Stein eine 
Wunde geschlagen. Die Haut ist da, wo sie für gewöhnlich be¬ 
deckt ist, von blassem Aussehen, fühlt sich normal an, ist nicht 
besonders feucht oder trocken oder schuppend und zeigt ausser 
an der später beschriebenen Stelle keinerlei Exantheme. Be- 


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sichtigt man den Hals als eine jener Stellen, wo so oft und 
reichlich Blasen auftreten, so ist auch hier nichts Besonderes 
wahrzunehmen, namentlich finden sich keine Residuen, sondern 
die Haut erscheint hier als eine wetterbraune, kräftige, gute 
Bedeckung und über dem Nacken findet sich ein kräftiger, 
beweglicher, circa 5 Fr.-Stück grosser Hautbuckel, herrührend 
vom Lasten tragen namentlich Gebirgsschlitten. In der Vola 
der Hände sieht man als Folgen schwerer Arbeiten Tyloma- 
bildungen. Die Haut der Handflächen ist hart, rissig, dick. 
Gegenwärtig im December 1890 findet sich nur an der Volar¬ 
fläche des linken, kleinen Fingere eine frische, haselnussgrosse, 
hlassbläu^iche Blase, dagegen trifft man ziemlich reichliche 
Blasenresiduen an den innern Flächen der Finger und beiden 
Volen der Hände, es sind dies bald kleinere, bald grössere, 
bald runde, bald mehr längliche Epidermisdefecte, die wie mit 
einem Locheisen heraus geschlagen erscheinen aus der sehr 
dicken Hornschicht. Der Rand dieser Defecte ist bald ganz 
glatt, bald mehr gezackt, je nachdem die eingetrocknete Blasen¬ 
decke ganz oder in einzelnen Fetzen weggefallen ist. Im Grunde 
dieser Defecte findet sich eine zarte, meist hellrosa, bei älteren 
etwas bräunlichroth gefärbte junge Epidermis. An der rechten 
Hand finden sich zwei eingetrocknete schwarze Blasen. Den¬ 
selben wurde die eingetrocknete Decke eingeschnitten und 
entfernt. Die Unterseite dieser Decken sah schwarz, bröckelig 
aus und der Grund des Defectes zeigte ebenfalls eine schwärzlich - 
braune, trockene ähnliche Schicht, welche an der Unterlage 
ziemlich fest haftete und erst nach einiger Mühe mit Wasser 
aufgeweicht, entfernt werden konnte, worauf dann wieder jene 
reine zartrothe Haut zum Vorschein kam. Diese schwärzlich- 
braunrothen Krusten ergaben sich bei der mikroskopischen 
Untersuchung als eingetrocknetes Blut. Über der rechten 
Unterschenkelfussbeuge leidet D. schon seit vielen Jahren an 
einem gewöhnlich circa handtellergrossen Eczem, welches den 
Winter über meist fast ganz bessert, um im Frühjahr und 
Sommer ihn wieder aufs neue sehr zu belästigen durch 
starkes Wachsthum, Nässen und Jucken. Die Haut, wo das 
Eczem zu vegetiren pflegt, ist braun bis braunroth verfärbt, 
verdickt, glatt gespannt, heute glänzend trocken. Da und dort 


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sind heute noch circa 2 centimestückgrosse Inseln mit trockener, 
dicker rauher Kruste bedeckt. An diesem Unterschenkel, haupt¬ 
sächlich im oberen Drittel, finden sich auch etliche, bewegliche 
Hautnarben, herrührend von jenen Incisionen, die bei der oben 
angeführten Phlegmonenbildung gemacht werden mussten. Beide 
Unterschenkel zeigen eine massige Varicenbildung. Auch an 
jener chronisch eczematösen starren, indurirten Stelle fühlt 
man unter der straffen Haut zahlreiche, ziemlich tiefe Binnen 
durch. An der linken Fusssohle finden sich heute zwei frische 
Blas'en mit bläulichrothem Inhalt. Diese Verfärbung ist aber 
streng nur auf die Blasen beschränkt, im Uebrigen erscheint 
die Haut an den Füssen von normaler Tinction und Dicke. 
Von Schweissfuss ist nichts zu bemerken. Einige Aufmerksam¬ 
keit wurde auch anderen epidermoidalen Gebilden geschenkt. 
In der Mundhöhle findet sich nur noch eine einzige Buine 
eines Zahnes, die Nägel au den Fingern und Zehen sind gut 
und normal ausgebildet, die Behaarung am Leibe, Brust u. s. w. 
im Ganzen etwas spärlich, die Haare selbst gut entwickelt, 
Kopf und Bart noch in reichlicher Haarfülle. Die Cervical-, 
Axilar-, Cubitaldrüsen sind heute nicht palpabel, die Inguinal¬ 
drüsen sind nicht vergrössert, weich, beweglich und nicht druck¬ 
empfindlich. Was die Gefässe der Haut anbelangt, so sind sie 
auch bei ihm ausserordentlich leicht erregbar. Mit Leichtigkeit 
lassen sich mit einem glatten, stumpfen Stift oder mit dem 
glatten Stiel des Percussionshammers Striche, Namenszüge, 
Worte in rothen meist etwas erhabenen Lettern zeichnen. Von 
Wichtigkeit wird es sein, auch die Sensibilitätsverhältnisse der 
Haut zu prüfen. Um die Tastempfindungen zu beurtheilen, 
wird Patient an verschiedenen Stellen des Körpers bald mit 
dem Knopf, bald mit der Spitze (natürlich ohne zu stechen) 
einer Nadel berührt, auch wurden etwa zwischen linker und 
rechter Seite, namentlich aber zwischen jenen Stellen, die öfters 
von Blasen befallen werden und solchen, die noch niemala 
Blasen zeigten, Vergleichungen angestellt. Bei diesem Verfahren, 
sowie bei blossem Streifen der Haare machte Patient stets die¬ 
selben guten Angaben und die Haut scheint weder mehr noch; 
weniger empfindlich zu sein gegenüber Tasteindrücken als die¬ 
jenige ganz normaler Menschen. Auch das Messen der Tast- 


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kreise mit dem Aesthesiometer und diesbezügliche Ver¬ 
gleichungen mit Dr. M. Bernhardts Tabellen ergaben keine 
wesentlichen Differenzen. Mitunter war das Mittel der wieder¬ 
holt vorgenommenen Messungen dieser Kreise um 1 oder 2 Mm., 
kleiner oder bald um ebensoviel grösser, als jene Tabellen 
angeben. Einzig über der Mitte des Sternums betrug der 
mittlere Durchmesser eines solchen Kreises stets nur circa 27 Mm., 
während derselbe, wie nach Byrom Bramwell, auf 44 Mm. an¬ 
gegeben ist. Ebensowenig Anhaltspunkte für krankhafte Sensi¬ 
bilitätsverhältnisse der Haut ergab die Prüfung und Ver¬ 
gleichung der Schmerzempfindung. Zum Mindesten scheint 
keine Hyperästhesie der Haut zu bestehen. Im Gegentheil habe 
ich mich im Laufe der Beobachtungen immer und immer 
wieder überzeugen können, dass diese Leute durch Gewöhnung 
an massige Schmerzen recht indolent geworden sind. Nach 
den üblichen, allerdings für diese Fälle zu wenig beweisenden 
und zu wenig feinen Methoden wurden der Reihe nach mit 
stets negativem Resultate geprüft und verglichen der Tempe¬ 
ratursinn (Holz, Metall, Percussionshammer), Zeitsinn (Nadel¬ 
stiche), Ortsinn (Streichen der Haare, Nadelstiche), Drucksinn 
(Gewichte), Empfindlichkeit auf elektrische Reize. Eines wurde 
dabei allerdings beobachtet, was übrigens nicht besonders 
wunder nehmen wird, dass nämlich die frisch überhäuteten 
noch rothen Stellen auf alle Reize sehr viel empfindlicher sind 
als die normale Umgebung der Haut. Der Vollständigkeit 
halber wurden auch die Hautreflexe nicht übergangen, die¬ 
selben verhielten sich absolut wie bei Gesunden. 

An verschiedensten Stellen des Körpers wurde mit der 
Fingerkuppe mit etwas raschen Bewegungen ohne besonderen 
Druck gerieben und stets trat nach circa drei Minuten, voraus¬ 
gesetzt, dass die Haut nicht etwa so dick war wie an den Fuss- 
sohlen und Handflächen, eine Loslösung der oberflächlichsten 
Hautschicht ein. — Da ich diesen Patienten als eigentlich 
demonstrativen Fall benutzen wollte, so wurde auch der Status 
der inneren Organe ausführlich und genau aufgenommen. Aus 
demselben sei aber hier, da er kein besonderes Interesse bietet, 
nur weniges erwähnt. Die Untersuchung der Lungen ergab ein 
nur mässiges Volumen pulmon. auct. mit zerstreuten feuchten 


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und trockenen Ronchi, der Herzspitzenstoss ist im fünften 
Intercostalraum knapp ausserhalb der Mamilarlinie deutlich 
zu sehen und zu fühlen. Herzdämpfung nach links deutlich, 
nach rechts nicht vergrössert, Herztöne rein, Puls an der 
Radialis regelmässig, das Arterienrohr fühlt sich atheromatös 
an, auch die Temporalis lässt an ihrem stark geschlängeltem 
Verlauf dieselben ScleroBirungen erkennen. Im Uebrigen zeigen 
alle Viscera normales Verhalten. Der Urin ist hellgelb, ohne 
Eiweiss und Zucker, Appetit und Allgemeinbefinden stets gut. 
Auch hier wird diese Vergrössenrng des Herzens wohl nicht 
auf Rechnung des fast fortwährenden Haut- und Gefässreizes 
zu setzen sein, der möglicherweise dilatirend und hyper- 
trophirend aufs Herz wirken könnte — sondern sie wird eben 
Folge sein vermehrter Widerstände im Gefässsystem und 
möglicherweise auch noch in Zusammenhang stehen mit den 
Beschäftigungen im steilen Gebirge. W T iirde ich die verschiedenen 
Beobachtungen an diesem Patienten im Speciellen hier folgen 
lassen, so wiederholte sich zum grössten Theil dasselbe, was ich 
schon bei Anna Dürst angeführt habe. Indessen einer solchen 
Beobachtung will ich doch erwähnen, da sie gerade in einen 
kalten Wintermonat fällt. 

Im December 1890 brachte D. wiederholt Holz auf einem 
Bergschlitten in’s Dorf herunter. Schon am ersten Tage stellten 
sich gegen Mittag Blasen ein an den Händen und Fingern, 
deren Ursache er dem kräftigen Anfassen, Ziehen, Heben, 
Lenken der Schlittenhömer zuschrieb. An der linken Hand 
fanden sich fünf, an der rechten nur drei solcher Blasen, alle 
standen auf absolut normaler Umgebung. Drei davon standen 
an den Handvolen, waren roth oder schwärzlichblauroth, also 
blutbaltig und noch einmal sei betont, dass sich der Bluterguss 
genau nur auf die Blase beschränkte und die Umgebung nicht 
im mindesten succilirt erschien; die grössere Zahl dieser 
Blasen standen zwischen den Fingern und da wieder meist 
seitlich an den mittleren Falangalgelenken. Diese Blasen 
schienen einen klaren Inhalt zu besitzen, bei der mikro¬ 
skopischen Untersuchung liessen sich aber auch in ihnen 
allerdings nur relativ spärlich rothe Blutkörperchen nacb- 
weisen. Ueberhaupt habe ich bei diesem Patienten bis heute 


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noch keine Blase zu Gesichte bekommen, in der sich zwischen 
Eiterzellen, Epidelzellen oder Detritus von solchen nicht auch 
rothe Blutkörperchen gefunden hätten und ich muss hier noch 
bemerken, dass sobald diese Leute älter werden, sich bei ihnen 
viel häufiger und viel intensiver hämorrhagische Blasen ein¬ 
stellen als in früher Jugend. An Wickelkindern wurden noch 
niemals bluthaltige Blasen beobachtet. An Handteller und 
Fusssohlen bilden die hämorrhagischen Blasen im Alter gerade 
zu die Regel. Zu den obigen acht Blasen zurückkehrend, so 
zeigte ihr Inhalt dieselben Reactionen und dieselben geformten 
und formlosen Bestandteile, wie sie früher beim Kinde des 
Patienten gemeldet wurden. 


Fall III. 

Andreas Durst, 53 Jahre, Feldarbeiter und Hausirer, 
Bruder von Joh. Jacob Durst, ist ebenfalls von Jugend auf 
mit diesem Hautleiden belastet. Von diesem und den folgenden 
Patienten besitze ich bis heute nur anamnestische Daten, 
welche hier angeführt werden mögen, weil fast jeder dieser 
Patienten, ohne vom Gros abzuweichen, doch wieder in manchen 
Punkten seine besonderen Beobachtungen angibt. 

Auch bei Andreas treten diese Blasen hauptsächlich im Frühjahr 
und im Sommer auf, namentlich häufig an den Händen, Füssen, Hals, 
um das Achselgelenk, wenn die Kleider daselbst etwas zu enge sind oder 
beim Arbeiten reiben. Auch die Hosenträger, hauptsächlich Schnallen, 
erzeugen ihm nicht selten Blasen, ebenso der Schaufelstiel am Ober¬ 
schenkel bei Erdarbeiten. Im Munde will Patient wiederholt Blasen be¬ 
kommen haben. Wenn er im Sommer an der Sonnenhitze arbeite, so 
können in einer Stunde schon reichlich Blasen auftreten. An der Yola 
der Hand, an der Planta der Füsse seien die Blasen meist roth, bläulich- 
roth, schwarzblauroth, also mit Blut gefüllt, auf dem Fussrücken, zwischen 
und auf den Zehen, zwischen und auf den Fingern fast stets mit klarer, 
oft wasserheller oder gelblicher oder weisslich eitriger Flüssigkeit. 
Werde eine Blase lädirt, so entzünde sie sich, bekomme einen eitrigen, 
schleimig eitrigen Inhalt. Andreas behauptet auch wieder, dass die 
Blasen brennen und jucken, am meisten fallen sie mit solchen Sen¬ 
sationen lästig, bis sie gewachsen seien, und ganz besonders seien jene 
schmerzhaft, welche zur blasigen Pustel heranwachsen. Auch er erzählt, 
dass bei reichlichen Blasenbildungen an den Füssen die Inguinaldrüsen 
schwellen und recht empfindlich werden. (Hier genannt „Schwenten“). 
Bei grösseren Blaseneruptionen oder knapp vor denselben bekomme er 
Ergänzungshefte z. Archiv f. Dermatol, u. Syphil. 1892. O 


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bei der Arbeit ein Hitzegefühl. Er fühle sich müde und matt, die be¬ 
treffenden Hautpartien werden heiss, röthen sich, schwellen auch etwas 
an und jucken und brennen. Die Grosse der Blasen wechsle zwischen 
Stecknadelkopf- und Zweifrancsstück-Grösse, die Blasen selbst seien bald 
rund, bald länglichrund, bald auf absolut gesunder Haut sitzend, 
bald sei ihre Umgebung etwas geröthet und geschwollen. Länglich, 
fast wurstförmig werden diese Blasen besonders gern in den Finger- und. 
Zehengelenken, überall aber treten sie bald flach, bald stark erhaben 
auf. Die stark erhabenen, prall gefüllten und die blutigen seien besonders 
schmerzhaft. Ueberlasse man die Blasen schonend sich selbst, so trocknen 
sie in circa 6 Tagen ein. Die Decke der eingetrockneteri Blasen dürfe 
er nicht zu früh entfernen, da er sonst bei der Beschäftigung im Nu 
wieder Blasen an der frisch überhäuteten Stelle bekomme. Auch er 
werde keinen Winter ganz von diesen Blaseneruptionen verschont und 
gerade in den kältesten Wintertagen nicht. Wenn er in strengster Winter¬ 
kälte eifrig arbeite und an die Hände frierend Handschuhe anziehe, so 
tauchen sehr bald aus der gesund aussehenden Haut Blasen auf und diese 
seien dann ganz besonders reichlich bluthaltig. Ferner wenn er im Winter 
tagsüber im Freien gearbeitet und Abends zu Hause in der warmen 
Stube sich noch beschäftige mit Ausbessern von Feldgeräthen, Schnitzen, 
Flechten etc., so treten auch dann wieder sehr rasch Blasen auf. Wieder- ‘ 
holt konnte er Blasen beobachten, die anfänglich klaren, durchsichtigen 
Inhalt gehabt, der erst später bei weiterem Arbeiten blutig geworden sei, 
meist aber seien diese blutigen Blasen, sobald sie eben entstanden* blut¬ 
haltig. Auch das Zusammenfliessen zweier oder mehrerer Blasen zu einer 
einzigen sei keine Seltenheit, doch wäre das nicht die Regel beim Ent¬ 
stehen einer grossen Blase, sondern dieselbe gehe meistens aus * einer 
kleineren hervor durch Wachsthum in ihrer Peripherie. Gegen Insecten-' 
stiche will D. sehr empfindlich sein, ein einziger solcher Stich könne 
ihm mehrere Quadeln verursachen. Zu Rhagadenbildungen bei den diversen 
Beschäftigungen neige seine Haut durchaus nicht. Im 16. Lebensjahre 
hatte A. D. die Masern durchzumachen, dieselben verliefen gut, er bekam 
aber während dieser Krankheit ein so heftiges Nasenbluten, dass das 
Blut kaum zum Stehen gebracht werden konnte, worauf Patient so 
schwach geworden, dass er sich nicht mehr sitzend halten konnte. Vor 
circa 2 Jahren liess sich Patient bei mir einen Zahn ziehen, das Bluten 
wollte nicht auf hören, ich tamponirte. D. erzählt, dass er überhaupt bei 
jeder Verwundung rasch und reichlich blute. Auf diese Blutungen bei 
5$ahnextractionen möchte ich nicht zu grosses Gewicht legen, dieselben 
kommen ja auch häufig vor bei Leuten, die nicht an einer ähnlichen 
Krankheit leiden oder zu Hämophilen gerechnet werden können. Bei 
der Recrutirung wurde dieser Dürst wegen Plattfuss und diesen Blasen¬ 
bildungen untauglich erklärt. An Schweissfuss leide Patient nicht, dagegen 
schwitze er bei der Arbeit ungemein rasch und reichlich, erkälte sich 
deshalb sehr leicht und sei schon seit Jahren rheumatoiden Schmerzen 
unterworfen. 


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Hereditäre Neig ing zu traumatischer Blasenbildung. 


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Fall IV. 

Elisabeth Dürst, 22 Jahre alt, Tochter von Andreas 
Dürst, seit der Geburt belastet, hauptsächlich im Frühjahr und Sommer 
leidend, bleibt auch im Winter nicht ganz verschont. Patientin be¬ 
schäftigt sich mit Hausindustrie (Seidenweben), und da kann es Vor¬ 
kommen, dass in den Handvolen Blasen sich einstellen, wenn sie zur 
Winterszeit in allzuwarmer Stube das Weberschiffchen und die Lade zu 
eifrig bewegt. Beim Strümpfestricken treten Blasen auf da, wo die Nadeln 
auf liegen, ferner stellen sich bei ihr Blasen ein um die Achselgelenke, 
um die Lenden, wenn die Gurtbänder zu straff oder ihrer Belastung 
entsprechend nicht richtig construirt sind. Beim Waschen von Kleidungs¬ 
stücken dürfe sie nicht zu warmes Wasser gebrauchen, auch dürfe sie 
weder stark reiben noch längere Zeit waschen, sonst bekomme sie sehr 
reichlich Blasen oder die Haut gehe förmlich weg, überhaupt sei sie für 
die Waschküche so zu sagen untauglich. Im Munde, auf der Zunge, am 
harten Gaumen, an der Wangenschleimhaut will sie wiederholt Blasen 
bekommen, häufiger aber als an all diesen Localitäten treten Blasen auf 
an den Füssen, und ihre Belastung empfindet sie besonders schmerzlich 
während des Kirchweihfestes, weil sie nur bei äusserster Reserve im 
Tanzen das Tanzlocal die beiden üblichen Abende besuchen kann. Auch 
sie sagt, die Blasen brennen und jucken und der Schmerz einer 
entzündeten Blase sei schlimmer als der Schmerz einer gleich 
grossen Brandblase. Auch sie beobachtet Blasen, die zuerst klares Con- 
tentum besessen und erst nach und nach blutig wurden. — Kurz bevor 
Menses eintreten, will Patientin mehr zu Blasen disponiren, dieses Erb¬ 
übel stecke eben im Blute. Schon seit früher Kindheit bekomme sie 
und ihr belasteter Bruder erbsen- bis fünffrankstückgrosse blaue bis 
schwarzblaue schmerzhafte Flecken auf der Haut des Unterschenkels 
vorn über dem Schienbein, seltener am Oberarm. In jüngeren Jahren 
seien diese Flecken häufiger aufgetreten als jetzt, wo sie sich jährlich 
noch ein- bis zweimal zeigen. Im Anfang hätten sich ihr Bruder und 
sie oft gewundert, wo sie sich wohl gequetscht haben möchten. Die 
Farbe dieser Flecken ändere sich nach und nach und schliesslich ver¬ 
schwinde die ganze Erscheinung spurlos. Ihre Haut sei sehr empfindlich 
gegen Insectenstiche, sie bekomme grosse, ausserordentlich stark juckende 
Quadeln, müsse kratzen, bis diese Beulen nässen, und in der Umgebung 
bilden sich nicht selten Blasen und Bläschen. 

Am 10. November dieses Jahres liess sich Patientin bei 
mir einen Eckzahn ziehen — Blutung gering — bei diesem 
Anlasse zeigte mir dieselbe ein wenig umfangreiches Exanthem 
in der linken Wange über dem Os zygomat., an dem sie fast 
beständig immer nur an dieser Gesichtshälfte leide. Mitunter 

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schiessen zwischen den Papeln helle stecknadelkopfgrosse 
Bläschen auf, ohne dass daselbst ein Trauma eingewirkt habe. 

Am 20. Jänner 1892 hatte ich Gelegenheit, diese Er¬ 
scheinungen bei der Patientin selbst zu sehen. Erst hätte die¬ 
selbe, wie gewohnt, ein heftiges Jucken empfunden, dann seien 
Bläschen aufgetreten und nun leide sie daselbst an sehr 
quälendem Brennen, es brenne heute so stark, als ob sie sich 
wirklich am Feuer gebrannt hätte und ich möchte ihr ein 
Mittel zur Erleichterung verschaffen. Man findet gegenwärtig 
6 gut stecknadelkopfgrosse helle bis hellgelbliche Bläschen 
auf rother, druckempfindlicher, quadelartig intumescirter Haut. 
Die Affection occupirt eine zweifrankstückgrosse Fläche. 

Fall V. 

Georg Durst, 11 Jahre alt, Sohn von Joh. Jakob Durst, 
leidet auf dieselbe Weise. Er befindet sich zur Zeit in einer Knaben¬ 
anstalt (Colonie in Eilten). Letzten Sommer trat derselbe, als bei land¬ 
wirtschaftlichen Beschäftigungen an den Händen reichlich Blasen sich 
einstellten, in Behandlung von Hrn. Dr. Streiff in Mollis. Nach dessen 
Mittheilungen leidet dieser Patient nur zur warmen Jahreszeit an dieser 
ererbten Hautkrankheit. Der Inhalt der Blasen sei nach Bericht des 
Patienten nie blutig. — Von des Knaben Vater erfahr ich, dass Georg 
am 21. Sept. 1890 (Eidg. Bettag) über den Kerenzerberg (circa 4 Std.) 
zu Fus8 nach Hause kam. In Folge starker Blaseneruptionen] an den 
Füssen blieb er aber unterwegs stecken zwischen Obstalden und Mühle¬ 
horn (resp. Wallenguflen und Geissegg). Von jener erhöhten Stelle aus 
rief er seinen Verwandten auf die Geissegg hinunter um Hilfe, er wurde 
abgeholt und verblieb dann für jenen Tag in deren Pflege, um Tags 
darauf nach Hause gebracht zu werden. Der Weg über den Kerenzerberg 
ist eine schöne, breite Landstrasse und nur eine kurze Strecke hatte der 
Knabe einen ordentlichen Fussweg zu begehen. 

Fall VI. 

Fridolin Dürst, 10 Jahre alt, der Bruder vom eben an¬ 
geführten Georg, ist auch belastet, bekommt hauptsächlich im Früh¬ 
ling und Sommer Blasen. Bis heute sind solche nur an Händen und 
Füssen aufgetreten, an den Händen hatten sich fast immer nur Blasen 
mit wasserhellem Contentum gezeigt, während an den Füssen öfters 
bluthaltige und eitrige Blasen sich emstellen. An sehr warmen Frühlings¬ 
und heissen Sommertagen kann der Knabe oft aus der Schule nicht mit 
seinen Nachbarskameraden nach Hause zum Mittagessen gehen, sondern 


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Hereditäre Neigung zu traumatischer Blasenbildung. 


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muss aus prophylaktischen Gründen unten in der Schule bleiben. Er 
bekommt dann von Hause Nahrungsmittel oder Geld zu deren An¬ 
schaffung mit. Sein väterliches Heim liegt circa V 2 Stunde vom Schul¬ 
hause entfernt auf einer Anhöhe. Trotz dieser Prophylaxe könne es pas- 
siren, dass er in den genannten Jahreszeiten ab und zu 2 bis 3 Tage 
an diesen Blasen leidend zu Hause liegen müsse. 

In den erkrankten Hautstellen empfinde er je nach der Beschaf¬ 
fenheit der Blasen ein Zucken, Klopfen, Brennen oder wenig Schmerzen, 
zum Kratzen werde er gar nie veranlasst. An den Händen treten Blasen 
auf, wenn er sich beschäftige mit Pfeifenschneiden, mit Sammeln und 
Heimziehen von Reisig, mit Arbeiten auf dem Felde. 


Fall VII. 


Fridol. Dürst, 11 Jahre alt, Sohn von Andreas Dürst, 
bekommt ebenfalls Blasen, hauptsächlich im Frühling und Sommer. 
Dieselben erschienen bei ihm bis jetzt an Füssen, Händen, am Halse 
und auf der Brust, am letzteren Orte erzeugt durch die Hosenträger 
namentlich durch deren Schnallen. Als erzeugende Ursachen nennt er 
Fusstouren, Schulgänge, Holz- und Pfeifenschnitzen, Spulraddrehen, 
Feldarbeiten, enge Kleider. Sehr begünstigend wirke Schwitzen. Auch 
bei ihm zeigen manche Blasen blutigen Inhalt. Am Halse leidet er fast 
das ganze Jahr hindurch an einem Ausschlag (impetiginöses Eczem), 
den Patient auf das ererbte Hautleiden, resp. die Blasenbildungen 
zurückfuhrt. Im Winter heile dieser Ausschlag fast ganz, um sich dann 
im folgenden Sommer wieder zu verschlimmern. Auch er bleibt während 
der wärmsten Tage aus prophylaktischen Gründen in der Nähe des 
Schulhauses und muss sich dann auch von den Spielen der Schuljugend 
fern halten. Auf meinen Wunsch, sich gelegentlich bei Blaseneruptionen 
bei mir einzufinden, zeigte er mir am 22. Feber 1891 eine zweifrank¬ 
stückgrosse, runde, schlaff gefüllte, sackartig hängende, blass gelblich 
klardurchscheinende Blase vorn unten am Achselgelenk über der Canda 
d. Muscul. pector., die er sich beim Schneeball werfen soeben acquirirt hatte. 

Die folgende Stammtafel meiner Patienten umfasst 16 Be¬ 
lastete und von diesen sind 5 weiblichen und 11 männlichen 
Geschlechts. Das männliche Geschlecht zeigt also eine grössere 
Neigung belastet zu werden, ähnlich wie bei Hämophilie, indessen 
ist nicht zu übersehen, dass der Stammbaum 24 männliche und nur 
12 weibliche Nachkommen aufweist, das männliche Geschlecht 
ist also überhaupt stark vorherrschend. Die Krankheit hat sich 
bis heute durch 4 folgende Generationen weiter vererbt und 
ist vom Geschlecht Amann auf 3 weitere Tischhauser, 
Dürst und Zeller übergegangen. Es ist zu fürchten, dass 


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dieses Leiden durch die vielen belasteten jugendlichen In¬ 
dividuen am Wallensee bald eine viel grössere Verbreitung 
finden werde. Die erbliche UebertraguDg ist keine transgressive, 
d. h. es findet kein Ueberspringen von Mitgliedern statt, welche 
die Rolle sog. Conductoren spielen, wie dies bei der Hämo¬ 
philie so oft der Fall ist, sondern die Krankheit vererbt sich 
immer direct weiter und der nicht Belastete scheint für alle 
Zukunft freie Nachkommen zu erzeugen. Väter und Mutter 
übertragen das Uebel mit derselben Präcision. Wie die Krank¬ 
heit in das erste Glied dieser Stammesreihe Eingang gefunden 
oder in demselben entstanden, ist nicht zu sagen. In den 
Familien dieser Patienten wird traditionell mitgetheilt, dass 
jene Tischhauser geh. Amann die erste gewesen sei, die 
daran litt und dass dieselbe sich das Leiden bei einer Cohabi- 
tation während der Menses acquirirt habe, sie hätte sich das 
Blut verderbt, diese Urahne, berichtet Andreas Dürst, welcher 
sich sehr oft und lange bei seinen Grosseltern Andreas Tisch¬ 
hauser in Sevelen Ct. St. Gallen aufhielt. Derselbe macht 
genaue und bestimmte Angaben über all’ diese Verhältnisse. 
Ob man an Lues denken darf? — ähnliche Erscheinungen bei 
derselben kenne ich nicht. Die Haut der nicht belasteten 
Glieder ist so resistent als diejenige irgend eines andern 
Menschen, dagegen scheint vielleicht auch auf die Abkömmlinge 
nicht belasteter Glieder eine gewisse hämorrhagische Diathese 
überzugehen, vielleicht sind solche Angaben der Patienten oder 
meine Beobachtungen zufälliger Natur oder können später eine 
Bestätigung finden. 

Vor zwei Jahren liess sich Peter Britt (vide Stammbaum), 
Sohn der nicht belasteten A. D., einen Backenzahn ziehen. 
Noch blutend entfernte er sich aus meinem Sprechzimmer und 
blutete nun den ganzen Tag und die ganze Nacht über reichlich. 
Am folgenden Morgen kam Britt wieder zu mir. Tamponade 
mit Salycilwatte wollte nicht helfen und erst auf wiederholtes 
Tamponiren mit Liq. Fer.-Charpie stand die Blutung. Ich weiss 
genau, dass etwas knöcherne Alviole mitkam, doch will Britt 
überhaupt leicht bluten, natürlich ein relativer Begriff. 

Am 29. Dec. dieses Jahres consultirte mich Fr. Britt- 
Stähelin wegen starkem Nasenbluten ihrer 15jährigen Tochter 


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Stamm-Tafel. 


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Barbara. Dieselbe blute schon seit 3 Tagen fast beständig 
und der Blutverlust betrage bisanbin wohl eine gute Kaffee¬ 
tasse. Ich vorschrieb Mxtr. Acid. sulfuric. und habe seither von 
dieser Blutung nichts mehr vernommen, die Patientin selbst 
habe ich damals nicht gesehen. Circa 4 Wochen vorher zog 
ich derselben einen Zahn — Blutung gering, kurzdauernd. 
Weitere Informationen oder Erfahrungen über hämorrhagische 
Diathese dieser Leute konnte ich bis heute nicht gewinnen. 

Wenn man diese Familien und Geschlechter mit dieser 
erblichen sehr eigenthümlichen und schweren Belastung be¬ 
trachtet, so wird man unwillkürlich zum Wunsche gedrängt, 
womöglich zu erfahren, welche Gebilde in der Haut, ob die 
Gefässe, ob die Nerven, ob die Zellen der Epidermis oder 
Drüsen die Hauptschuld an diesen Veränderungen tragen. 
Und so suchte ich dann durch einige kleine Experimente und 
Beobachtungen, die ich mit der Haut der kleinen Patientin 
Anna Dürst anstellte, einige Anhaltspunkte in dieser Richtung 
zu gewinnen. 

Es wurde an verschiedenen Stellen in einer grossen Zahl 
von Sitzungen mit der Fingerkuppe eine nicht zu umfangreiche 
Stelle der Haut mit etwas raschen Bewegungen ohne besonders 
starken Druck gerieben. Regelmässig nach circa 3 Minuten, oft 
auch schon früher, bekam man plötzlich unter der reibenden 
Fingerkuppe ein kaum spürbares, matsch feuchtklebriges Gefühl 
und sah man jetzt nach, so bemerkte man auf der geriebenen 
Fläche eine blasse, gefältelte Stelle, die im ersten Moment 
den Eindruck machte, als ob die Haut hier plötzlich aufgerieben 
worden wäre. Orientirt man sich genauer, so findet man, dass 
sich hier ein zartes Häutchen von der Unterfläche loslöste und 
in feine Falten legte. Diese feinen Fältelchen lassen sich mit 
der streichenden Fingerkuppe beliebig hin- und herwischen 
und das Häutchen selbst bleibt in bestem Contact mit der 
Umgebung. Die Stelle sich selbst überlassen, producirt nach 
circa einer Stunde, oft schon früher, oft auch später eine schöne 
helle Blase in Form und Grösse gleich dem gelösten, ge¬ 
fältelten Häutchen. Reibt man auf dieser Loslösung weiter, so 
entsteht viel früher eine Blase, als wenn man die Stelle sich 
selbst überlässt und am schnellsten aber bildet sich eine Vesicula, 


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Hereditäre Neigung zu traumatischer Blasenbildung. 


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wenn die betreffende Stelle recht warm gebadet wird. Ferner 
gab icb mir Mühe eine blutige Blase zu erzeugen, indem ich 
längere Zeit auf dieser akantholytischen Stelle sorgfältig weiter 
rieb. Zu blutigem Inhalt brachte ich es in dieser Zeit nicht. 
Hingegen bildeten sich unter dem Hautläppchen fühl- und 
sichtbare kleinstecknadelkopfgrosse, ziemlich harte Tumörchen, 
welche Coagula beim Eröflnen dieser jungen Blase makro¬ 
skopisch aussahen nach Consistenz und Farbe wie bröckeliger 
junger Käse. Bei diesen 10 bis 15 Minuten langem Keiben 
habe ich die Haut etwas eingepudert, um ein Zerreissen des 
losgelösten Häutchens zu verhindern. Wie schon bemerkt, 
konnte im Inhalt kein Blut constatirt werden, hingegen wurde 
die Blase immer grösser und umfangreicher. Für meine Ver¬ 
suche und Beobachtungen habe ich fast ausschliesslich den 
Fussrücken benutzt, weil die Haut hier die günstigste Resistenz 
zeigte; sie erschien nicht zu dünn, um jeden Moment zu zer- 
reissen, aber auch nicht zu dick, wie an den Fusssohlen 
und Handtellern. Im Anfang des Reibens wird die Haut meist 
etwas roth aber auch oft genug injicirt sie sich während dieser 
Proceduren in keiner Weise so, dass die Blase von Anfang 
bis Ende aus ganz normaler Haut hervor wächst. Während 
dieses Reibens und während dem Eintritt der Loslösung äussert 
das Kind gar keine Schmerzen, sondern spielt mit seiner Puppe 
ruhig weiter. Auch auf Befragen versichert die Kleine, dass 
ihr diese Experimente keinerlei Schmerzen verursuchen. Gele¬ 
gentlich wurden ihr auch etwa die Augen verbunden und sie 
sollte angeben, sobald die Loslösung beginne. Diese Angaben 
waren sehr schlecht, auch bei aufgezwungen grösster Auf¬ 
merksamkeit war die Akantholysis schon längst eingetreten 
wenn das Kind die Angabe machte oder es versicherte über¬ 
haupt nichts zu fühlen oder seine Angabe war viel zu früh, so 
dass man noch eine gute Weile weiter reiben konnte. Auch 
das Zeigen der betreffenden Stelle bei verbundenen Augen ge¬ 
lang ihm schlecht. 

Die Grösse, Stellung und Form dieser Lostrennungen 
lassen sich fast willkürlich bestimmen, je nachdem man mehr 
oder weniger ausgedehnt, längs, quer oder circulär reibt, 
grössere Schwierigkeiten macht eine genaue Localisation und öfters 


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erscheint die Blase nicht an dem Punkt, wo man sie erwartet 
hätte, etwa in der Mitte der geriebenen Fläche, sondern oft 
genug näher dem Rande. Es scheinen also auf diese Blasen¬ 
bildungen noch andere Dinge einzuwirken als nur der blosse, 
reibende Druck und namentlich sind in diesen Beziehungen 
zu beschuldigen Faltenbildungen und knöcherne Unterlagen. 
Diese zwei Momente wirken auch sehr günstig auf die Schnellig¬ 
keit des Entstehens, so dass, wenn Alles recht günstig liegt, 
man leicht in einer Minute schon schöne Akantholysis haben 
kann. Die Grösse des losgelösten Hautläppchens schwankt aus 
obigen Gründen natürlich sehr aber immer fiel sie viel kleiner aus, 
als Hautfläche gerieben wurde und zeigte meist Stecknadelknopf- 
bis Erbsengrösse. Reibt man in der Längsrichtung recht ausge¬ 
dehnt, so kann man eine ganze Reihe solcher Lysen hervorbringen 
aus denen dann später ebensoviele Blasen entstehen. Solche 
Hautläppchen wurden ab und zu sogleich nach ihrem Entstehen 
mit Scheere und Pinzette abgetragen und stets zeigte sich 
unter ihnen eine minimalste Menge klarer Flüssigkeit. Die 
excörirte Stelle selbst sah blass, feuchtglänzend, schillernd aus 
und zeigte in diesen ersten Momenten meist noch gar keine 
Injection der Gefässe. Spannte man die Umgebung mit Zeige¬ 
finger und Daumen etwas kräftig an, so quoll bald ziemlich 
reichlich bis zur Tropfenbildung eine absolut klare alkal. reagi- 
rende Flüssigkeit hervor. Zugleieh bemerkte man auf der 
ganzen Wundfläche eine hellrothe, feine Stichelung so dass 
man im ersten Moment versucht war zu glauben, es trete eine 
Blutung ein; lässt der Druck aber nach, so schwinden auch wieder 
die rothen Tüpfelchen. Diese rothe Stichelung, ist im ersten 
Moment nach der raschesten Entfernung des Hautläppchens 
gar nicht oder kaum zu sehen, während sie dann nach etwa 
7a Minute deutlich wird, auch ohne dass man anspannt. Nach 
dieser Zeit tritt deutlich warnehmbare Papillargefässreaction 
ein. Die Papillen auf der Excoriation werden höher und breiter 
und erscheinen als mattgrau, feuchtglänzende Granula. In 
manchen steigt jetzt nach 1 / ft bis 1 Minute ein vorher nicht 
oder kaum wahrnehmbares hellrothes Gefässchen empor. 
Manche Papillenspitze wird zum lebhaft hellrothen, glänzenden 
Knöpfchen, auch ein hellrothes, interpapilläres Gefassnetz wird 


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Hereditäre Neigung zu traumatischer Blasenbildung. 


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deutlich und eben tritt eine sehr lebhafte Exsudation ein. 
Reichlich fliesst eine klare, schillernde Flüssigkeit diese Hügel- 
chen herunter und sammelt sich in den interpapillären Furchen 
und Falten zu Bächelchen an. Dieser reactive Vorgang, be¬ 
sonders die Gefässinjection ist auf der dem Herzen näher ge¬ 
legenen Hälfte der Excoriation viel lebhafter als auf der ent¬ 
ferntem, nimmt an Intensität sehr deutlich successive ab gegen 
den vom Herzen entfernter gelegenen Rand der Abschürfung 
und ist an demselben oft kaum mehr recht deutlich. (Am 
Fussrücken beobachtet.) 

Abgetupft erscheint die hervorquellende Flüssigkeit immer 
wieder und sammelt sich, wenn die Verdunstung nicht zu gross 
ist, schliesslich zu Tropfen. Diese Vorgänge an den Papillen 
und ihren Gefässen wurden beobachtet mit Objectiv 3 Leitz 
als Lupe benutzt. Waren diese Hautläppchen entfernt, so 
klagte das Mädchen über leichtes Brennen. Wie schon bemerkt 
gelingt es an anderen Körpertheilen nur schwer, eine schöne 
Lösung ohne Zerreissung zu erzielen. Meist erfolgt diese ober¬ 
flächlichste Trennung der Epidermis noch rascher wie am Fuss, 
reisst indess meist gleich durch. Namentlich ist die Mund¬ 
schleimhaut gegen dieses Reiben ausserordentlich empfindlich, 
sehr bald sind hier die obersten Schichten in Form von ge¬ 
rollten Schuppen und Schüppchen weggerieben und sehr bald 
folgt dann eine diffuse Blutung. Die Excoriationen im Mund 
wurden recht schmerzhaft und ulcerirten längere Zeit. Auch 
auf der behaarten Kopfhaut bringt man es bei diesen Reibungen 
mit grösster Vorsicht nicht leich tzu einer Blasenbildung. Die Haut 
geht zwischen den einzelnen Haaren in Fetzchen weg. Weitere 
Reibeversuche wurden dann auch auf dem Rücken, Brust, Ab¬ 
domen, den obern Extremitäten mit Erfolg gemacht. 

Direct auf die Blutgefässe Bezug nehmend, wickelte ich 
eine untere Extremität mit einem Esmarch kräftig ein, um 
dieselbe so blutleer als möglich zu machen. Mit der centralen 
Binde versehen liess ich das Bein noch eine Weile liegen, bis 
es sich ordentlich kühl, anfühlte, dann wiederholte ich die 
obigen Reibeversuche, auf dessen Dorsum pedis. Mindestens 
ebenso rasch wie früher traten auch jetzt Epidermolysen ein, 
die rothe Stichelung jedoch war nicht zu sehen auch bei 


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starkem Anspannen. Jene minimalste Menge Flüssigkeit unter 
dem gelösten Häutchen war vorhanden, aber ein erhebliches 
Wachsen derselben zur Vesikelbildung fand nicht statt. Die 
Excoriationen sahen feucht aus wie früher, aber zur Tropfen¬ 
bildung kam es nicht und abgetrocknet befeuchteten sie sich 
relativ langsam. Nachdem die centrale Binde gelöst worden, 
erschienen erst allmälig die früheren Bilder wieder. 

Hierauf wendete ich mich zur Untersuchung der Haut- 
inervationen und hoffte von ihr etwelche neue Anhaltspunkte 
zu bekommen. In ganz befriedigender Weise waren die Sensi¬ 
bilitätsprüfungen weder beim Vater noch Töchterchen durch¬ 
führbar, da diese Dinge von Seite des Patienten grosse Auf¬ 
merksamkeit und das nöthige Geschick verlangen. Und so 
fiel mir ein bei der kleinen Patientin auf dem einen Fussrücken 
ein ziemlich umfangreiches Stückchen Haut mit Cocain zu 
anaesthesiren. Trotz vollständigster Empfindungslosigkeit der 
Haut trat die Epidermolysis in der angegebenen Zeit ein. In 
derselben Absicht wurden auch elektrische Ströme (faradischer 
und constanter) durch circumscripte Hautpartien geleitet. Ich 
benutzte hiezu die Knopfansätze eines Tasterzirkels mit iso- 
lirtem Griff. Die Ströme wählte ich so stark, als sie zur Noth 
vom Patientchen noch ordentlich ertragen wurden und liess sie quer 
durch Unterschenkel oder Fuss oder auf ein zwischen die 
beiden Zirkelknöpfchen eingeklemmtes Hautstückchen fünf bis 
fünfzehn Minuten lang einwirken, dabei trat nie eine Blasen¬ 
bildung auf, noch konnte ich bei der Anwendung dieser Ströme 
an der Haut irgend welche Besonderheiten constatiren. 

Die Hypnose wurde nicht unversucht gelassen. Sie gelang 
beim Patientchen leicht, dabei trat fast stets bedeutende Rigi¬ 
dität in den Extremitäten auf. Es wurde ihm absolute Empfin¬ 
dungslosigkeit an einem Unterschenkel, an einem FusBeetc. sug- 
gerirt. Auf kräftige Nadelstiche daselbst reagirte das Kind 
nicht mehr und nun wurden wieder durch Reiben beabsichtigte 
Epidermalysen erzeugt, was wie in früherer Weise gut gelang. 
Eine fernere diesbezügliche Suggeation lautete: „Du darfst und 
wirst beim Reiben keine Blasen mehr bekommen aber trotz¬ 
dem trat alsobald wieder die Loslösung ein. Auch in thera¬ 
peutischer Beziehung war das Hypnotisiren nicht von Erfolg 


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Hereditäre Neigung zu traumatischer Blasenbildung. 


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begleitet, dagegen will die Umgebung deutlichen Einfluss be¬ 
merkt haben auf das Zähneknirschen, so oft Abends dies¬ 
bezügliche Suggestionen stattfanden. 

Von ganz besonderem Interesse musste es auch sein 
zu prüfen, welche Arten von Traumen diese Erscheinungen 
hervorbringen. An verschiedenen Stellen der Haut, namentlich 
die Maleolen am Fussgelenk, wo sonst gern Blasen entstehen, 
wurden mit dem Percussionshammer ziemlich kräftig beklopft, 
wobei ich die einzelnen Schläge so rasch wie möglich einander 
folgen liess. Nach jeweilem 10 und mehr Minuten langem 
Klopfen war noch keine Lostrennung der obersten Epidermis- 
schichten sichtbar. Die beklopfte Stelle machte dann den Ein¬ 
druck einer grossen Urticariaquadel in Farbe, Schwellung und 
AnfUhlen. Bei gelegentlichem Nachsehen waren aber zuweilen diese 
Erscheinungen wieder gänzlich verschwunden. Bei diesen Klopf¬ 
versuchen bat man darauf zu achten, dass die Schläge genau 
senkrecht auf die Haut treffen, da sonst ein gewisses Gleiten 
und Reiben des Hammers entstehen würde. — Ein zweiter 
hier einschlägiger Versuch wurde bewerkstelligt, indem man 
die Epidermis kräftig zwischen den beiden Daumenfingernägeln 
presste, ohne sie natürlich excoriativ abzuquetschen. Diese 
Traumenqualität beförderte stets einige kleinste, kristallene 
Flüssigkeitstropfen zum Vorschein, ab und zu erschienen auch 
minimalste Blutpunkte in der Haut, ohne dass eine Blase 
hervorgebracht werden konnte. Auch gegen chemische Reize 
zeigte die Haut keine sonderliche Empfindlichkeit. Drei Tage 
lang wurden regelmässig an derselben Hautstelle kräftige oder 
schwächere Jodanstriche gemacht, ohne dass sich eine Blasen¬ 
bildung oder stärkere Reaction zeigte. Watte wurde mit 
Chloroform durchtränkt und so lange auf der Haut liegen 
gelassen, als das Mädchen den brennenden Schmerz ertrug. 
Lebhafte Röthung ohne Blasenbildung stellte sich ein, um bald 
wieder zu verschwinden. Dieselben Experimente wurden noch 
unternommen mit allerlei anderen Chemikalien wie Salmiak¬ 
geist, Säuren etc. ohne wesentliche Differenz der Wirkung bei 
anderen Leuten. Auch das Emplastrum cantharidum wurde 
nicht unversucht gelassen. Am linken Unterschenkel im oberen 
Drittel wurde ein halbes Vesicatoire d'Albespeyre aufgelegt. 


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Erst nach IO 1 /« Stunden trat Exsudation mit Blasenbildung 
auf. Die Blase hatte genau die Grösse und Form des Vesi- 
catoire ohne wesentliche Alteration der Umgebung. Der Inhalt 
dieser Blase war ein klares Serum, mehr geleeartig und nicht 
so dünnflüssig wie bei den oben beschriebenen traumatischen 
Blasen. Empfindlicher als gegen all diese Dinge scheint die 
Haut für die Wärmeeinwirkungen zu sein. In einem nur massig 
warmen Bade röthet sich die Haut rasch und ziemlich intensiv, 
und hatte man, wie schon früher bemerkt, absichtlich oder un¬ 
absichtlich eine solche Akantholysis erzeugt, so bildet sich 
ausserordentlich rasch eine pralle Blase und ältere füllen sich 
wieder gut an. Auch scheint im Bade die Haut an Resistenz 
zu verlieren, so dass es nach einem protrahirten warmen Bade 
schwierig wird, durch Reiben an geeigneter Stelle, (Fussrücken) 
eine Blase zu erhalten, meist reisst die Haut durch, ehe man 
sich versieht. Gegen plötzliche Hitzeeinwirkungen scheint die 
Haut nicht besonders empfindlich zu sein. Das Mädchen weiss zu 
berichten, dass es sich an heissem Kaffee schon wiederholt 
gebrannt habe, ohne dass dabei Blasenbildungen zum Vorschein 
gekommen wären. 

Kälteeinwirkungen, wie Aeterspray beeinflussen die Haut 
in folgender Weise. Zuerst liess ich den Spray auf die Haut 
einwirken, bis das Mädchen Kälte empfand, dann begann ich 
zu reiben unter Fortsetzung eines schwachen Sprays, natürlich 
ohne die Haut zum Gefrieren kommen zu lassen. In allen drei 
Sitzungen traten bei dem 3 bis 5 Minuten langen Reiben keine 
Lösungen noch Blasenbildungen ein. Nach dem Aussetzen des 
Experimentes röthete sich die besprayte Hautfläche sehr leb¬ 
haft und in der zweiten Sitzung, weniger deutlich in der 
dritten, wuchs nach und nach aus dem Cetttrum der Röthung 
eine grosse, schöne Quadel heraus. Es war das gerade jene 
Stelle, die gerieben wurde, welche jetzt blass, geschwellt, pal- 
pabel, resistenter sich zeigte. (Am linken Fussgelenk innerhalb 
des äusseren Knöchels). Jucken noch andere Sensationen 
bestanden nicht. Nach circa 3 / 4 Std. begann die Erscheinung zu 
schwinden. 

Diese experimentellen Beobachtungen abschliessend, will 
ich noch bemerken, dass sich auch in der Vola manus, an den 


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Hereditäre Neigung zu traumatischer Blasenbildung. 


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Fusssohlen in kürzester Zeit Blasen erzeugen lassen, nur 
genügt dazu nicht die Fingerkuppe, sondern man muss sich 
eines hartem, glatten Gegenstandes, am besten einer glatten 
Thermometerhülse bedienen; macht man damit einige rasche, 
sägende Stösse, so treten die oben beschriebenen Erscheinungen 
sehr bald ein, nur wirft die Haut hier keine Fältelung und ist 
nicht verschieblich wegen des dicken Stratum corneum. Aus 
diesem Grunde bleibt auch die absichtlich erzeugte Blase, wenn 
sie nicht weiter malträtirt wird, flach. 

Manche von diesen experimentellen Beobachtungen wurden 
auch sogleich mikroskopisch verwerthet. Das minimale Quantum 
von Flüssigkeit, das sich beim Lösen dieses oberflächlichen 
Häutchens unter demselben einstellt, wurde sofort, theils unge¬ 
färbt, frisch, theils auf einem Deckgläschen eingetrocknet tingirt 
untersucht. Man findet in diesen Präparaten fein körnige und 
krümelige Massen, freie, gut erhaltene Kerne von Retezellen, 
kleinere und grössere Trümmer von Zellplasma und Kernen, 
Schleimfäden, hingegen keine rothen Blutkörperchen oder 
granulirte Rundzellen. Auch sah ich in diesen Präparaten nie 
eine isolirte, gut erhaltene Zelle des Malpighischen Schleim¬ 
netzes • öder Gruppen von solchen, wie sie sich im Inhalt 
spontaner Blasen oft relativ reichlich finden. Bei diesem Process 
scheint also eine sehr rapide und gänzliche Zertrümmerung der 
Zellen, namentlich ihres Plasma stattzufinden. Die Kerne 
scheinen resistenter zu sein. 

Erzeugt man Abends beim Mädchen eine solche ober¬ 
flächlichste Hautablösung, so trifft man Morgens im Contentum 
der über Nacht entstandenen Blase ziemlich reichlich Eiter, 
oder nimmt das Mädchen nach einer solchen Manipulation 
ein warmes Bad, so füllt sich, wie schon gemeldet, die Blase 
nach circa 1 / 4 Stunde ziemlich prall und nun finden sich in 
deren Inhalt verworfene, isolirte, normal tingirte Riffelzellen. 
Bei den Querschnitten durch diese absichtlich erzeugten, also 
sehr jungen Blasen muss ich ja wieder auf deren Inhalt aus¬ 
führlicher zurückkommen, daher seien diese Befunde hier nur 
kurz erwähnt. Die Reaction dieser ersten Spur Flüssigkeit, 
die sich während der Lösung des Häutchens bildet, ist 
alkalisch. 


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Blum er. 


Aach das sich loslösende oberflächliche Hautläppchen 
wurde gelegentlich abgetragen und so in frischestem Zustande 
der mikroskopischen Untersuchung unterworfen. Für spätere 
Conservirung kamen manche Stücke sofort in Tinctionsflüssig- 
keiten, andere zur Isolirung der Zellen in Rauvier’s Drittel¬ 
alkohol nach vorhergehender Tinction. Zum weiteren mikro¬ 
skopischen Studium der Zellveränderungen versäumte ich auch 
nicht das Anlegen von Querschnitten durch diese losgeriebenen 
Hautläppchen, besonders pflegte ich diese Untersuchungen 
eifrig in der ersten Zeit, als mir noch jedes andere Haut¬ 
material von diesen Patienten mangelte. Da ich aber bei den 
Querschnitten durch diese Blasenbildungen wieder genau die¬ 
selben Wahrnehmungen anführen muss, so will ich mir jede 
histologische Beschreibung an dieser Stelle ersparen. 

Um Daten über die Constitution des Reticulums und 
seiner Zellen zu gewinnen, benutzte ich diese Hautläppchen 
ferner zu histochemischen Untersuchungen: ich prüfte die Zell- 
reactionen auf Säuren, Alkalien, Lugol’sche Lösung u. s. w., ohne 
ein anormales Verhalten der Zellen diesen Chemikalien gegen¬ 
über gesehen zu haben. Die Lösung dieser Aufgabe fand aber, 
offen gestanden, eine zu rasche Erledigung, schon für sich 
allein wäre dies eine mühevolle und schwierige Arbeit gewesen, 
hätte ich mich vergleichend zu sehr in’s Detail ergehen wollen. 
(Ich hielt mich an die Arbeit von Dr. P. G. Unna: „Zwei 
vergessene Arbeiten — 1889“). 

Die bei diesen Versuchen entstandenen Excoriationen 
verwendete ich gelegentlich zur Anfertigung von Radir-Prä- 
paraten. Entfernt man rasch das losgeriehene Häutchen und 
kratzt man nun mit einem Messerchen auf der excoriirten Stelle, 
so gewinnt man dadurch Zelldetritus, auch isolirte Retezellen, 
reichlicher aber ganze Haufen von solchen in Fetzen und 
Fetzchen noch zusammenhängend. Zu dieser Zeit scheinen diese 
Zellen noch ordentlich fest auf ihrem Standorte zu haften, 
denn, wenn man nicht relativ kräftig radirt, so ist ihre Zahl 
im gewonnenen Präparate gering. Geschieht das Aufträgen aufs 
Deckgläschen zur Anfertigung von tingirten Trockenpräparaten 
nicht schonend, so werden die Kerne und das Protoplasma ver¬ 
strichen, der Kern oft spermaartig geschwänzt oder zu langen 


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Fäden ausgezogen. Bei diesen Manipulationen erscheint das 
Zellprotoplasma resistenter als der Kern, ein Fingerzeig für 
die Consistenz etc. Ueberhaupt liefert die Haut dieser Patienten 
durch ihr eigentümliches Verhalten ein vorzügliches Material 
ztim mikroskopischen Studium der Riffelzellen. 

Der Heilungsverlauf dieser experimentell erzeugten Blasen 
und Excoriationen ist genau derselbe wie bei den spontan 
auftretenden. Die Blase bleibt durchscheinend hell ohne Re- 
action oder ihr Inhalt wird trübe und Erscheinungen von 
Entzündung können hinzutreten. Ueber kurz oder lang trocknen 
sie ein, die Blasendecke wird abgestossen und zum Vorschein 
kommt wieder jene ausserordentlich leicht lädirbare, junge, 
rothe, bräunlichrothe Epidermis, die aber bald einer Restitutio 
in Integrum Platz macht. Die junge Epidermis ist namentlich in 
ihrer ersten Zeit so leicht lädirbar, dass sie beim blossen un¬ 
vorsichtigen Festhalten des Fusses für die verschiedenen Ver¬ 
suchsmanipulationen weggewischt wird. Auch die excorirten 
Stellen heilen wie jede andere oberflächlichste Excoriation. Erst 
nässt die Stelle noch einige Zeit, sondert unter stärkerer oder 
schwächerer Reaction eitrige Flüssigkeit ab, bedeckt sich, dann 
trocknend mit einer Kruste und heilt. Oder sich selbst über¬ 
lassen, kann sie gelegentlich recht schmerzhaft werden, einen 
Monat und mehr ulceriren, sich in der Peripherie vergrössern, 
um dann erst ohne Narbenbildung oder Pigmentation zu heilen. 
Bei diesem Mädchen hinterliessen einige Excoriationen bräun¬ 
liche Pigmentirungen, welche heute nach 3 / 4 Jahren noch 
leicht sichtbar sind. Wenn ich mich recht besinne, so sind das 
jene Stellen, an denen gekrazt wurde zur Anfertigung von 
Präparaten. 

Bei all diesen kleinen Operationen waren Binden von 
Stärke-Gaze nicht zu verwenden. Die gesteiften Bindentouren 
erzeugten beim Herumgehen, namentlich an ihren rauhen 
Rändern bei warmer Witterung Blasen und rothe, brennende, 
druckempfindliche Flecken, immer musste weiches Verband¬ 
material angelegt werden. 

Zur Gewinnung von Querschnitten durch diese Efflores.- 
cenzen excidirte ich beim Mädchen Anna Dürst eine absichtlich 
erzeugte Blase. Nach etwa 3 Minuten langem Reiben pro- 

Ergänzungshefte z. Archiv f. Dermatol, u. Syphil. 1892. 


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ducirte ich zu diesem Zwecke am seitlichen, inneren Dorsum 
ped. über dem os scaphoid eine nach Form und Grösse ge¬ 
wünschte Epidermolysis. Für einen ungenirten Heilungsverlauf 
war die Stelle allerdings nicht gerade günstig, aber ich musste 
die Localität etwas eilig der gelegenen Zeit und den günstigen 
Eigenschaften des Objectes anpassen. Sogleich nachdem die 
oberflächliche Lösung eingetreten war, umgab ich dieselbe mit 
einem schützenden Gummiring und erzeugte mit einem Esmarch 
Blutleere des Fusses. Nachdem der centrale Schlauch angelegt 
und die periphere Binde entfernt worden, hatte sich bereits 
eine 1 Cm. lange und 0 6 Cm. breite Blase mit schlaffer, 
runzeliger Decke gebildet. Sofort wurden ein Hautoval mit 
Blase und Unterhautzellgewebe mit noch reichlich normaler 
Umgebung excidirt. Diese jüngste Blase schien auf absolut 
normaler Umgebung zu stehen. Vom Auftreten der Loslösung 
bis zur vollendeten Excision mochten etwa 3 weitere Minuten 
verstrichen sein. Das Hautstück wurde sofort in absoluten 
Alkohol gelegt. Dann folgte Naht, Verband, Ruhe. Bei der 
kleinen Operation war so gut wie gar keine Blutung aufge¬ 
treten. Nach 10 Tagen wechselte ich den Verband, die 
Wunde zeigte keinerlei Reaction, ebenso wenig die Umgehung 
auf Carbol oder Jodoform. Da die Wunde schon ordentlich 
fest erschien, wurden die Nadeln zum grössten Theil entfernt, 
das Mädchen sollte noch einige Zeit weiter zu Bette bleiben. 
In unbewachten Stunden aber gestand die Kleine herumge¬ 
gangen zu sein und so kam es, dass sich beim nächsten Ver¬ 
bandwechsel eine breite, offene Hautwunde zeigte mit reiner 
Granulationsfläche. Dieses kleine Missgeschick kam mir eigentlich 
nicht ungelegen, sofort versuchte ich Reverdin’sche Trans¬ 
plantation. Die Hautstückchen wurden einer 30jährigen Frauens¬ 
person über dem Ellenbogen entnommen (nach König Lehrbuch 
d. spec. Chirurg. 1886, Bd. III, pag. 335), leider sind mir die¬ 
selben aber nicht angewachsen, auch ein zweiter Versuch 
schlug fehl. Unterdessen hatte von den Wundrändem her die 
Epithel Wucherung grosse Fortschritte gemacht und nach circa 
2 Monaten war die ganze Wundfläche unter Borsäurebehandlung 
vollständig überhäutet. Heute nach 3 / 4 Jahren findet man an 
der betreffenden Stelle nur noch eine schmale bräunlich pig- 


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mentirte, empfindliche Narbe. Eine kleine Wahrnehmung mag 
hier noch rasch Erwähnung finden. Sobald nämlich die Los¬ 
lösung jenes epidermoidalen Hautläppchens eintritt, so findet 
man dasselbe, obwohl leicht hin und herverschieblich, an ein¬ 
zelnen Stellen adhärent, was namentlich beim allmäligen 
Füllen der Blase deutlich wird. Es hebt sich die Blasendecke 
nicht in gleichmässiger Rundung, sondern sie ist im Anfang oft 
buckelig, faltig, als ob ein Tackelwerk hindernd im Spiele 
wäre. 

Vom excidirten Hautoval wurden gut gehärtete Portionen 
in der üblichen Weise in ein Mikroton eingeschmolzen, in 
Querschnitte zerlegt und theils tingirt, theils ungefärbt unter¬ 
sucht. Zur Tinction verwendete ich mit Vorliebe Grenacher’s 
Alauncarmin und entwässerte die Schnitte zur Nachfärbung 
des Plasmas in absolutem Alkohol, dem eine Spur Pikrinsäure 
zugesetzt wurde. Gelegentlich fanden auch andere Tinctions- 
flüssigkeiten, Pikrocarmin, Gentianaviolett, Methylviolett, Häma- 
toxylin, Eosin Verwendung. Die Aufbewahrung der Präparate 
geschah meist in Canadabalsam, Glicerin oder Glicerin mit 
Aqua ää. Mir war das Alauncarmin eine ausserordentlich an¬ 
genehme Farbe, es überfärbt nicht leicht und ruhig kann der 
Landarzt seines Amtes walten, ohne dass die Präparate gleich 
ruinirt werden und so blieben dieselben meist zu ihrem Vor¬ 
theile 15, 24, 48 Stunden in der färbenden Lösung. 

Bei der Mikroskopie findet man das Strat. germinativ. 
durch diesen pathologischen Process in zwei Hälften gespalten. 
Die Spaltung findet meist in jenen oberen Schichten mit 
horizontal gelagerten Kernen statt, kann gelegentlich aber auch 
tiefer interpapillär einsetzen. Am Blasenboden lagert die breitere 
Schleimschichthälfte, das Stratum papillare noch solide be¬ 
deckend. Die Blasendecke wird gebildet vom unversehrten 
Strat. com., Strat. granoulos. und einer verschiedenen Anzahl 
Zellagen der Schleimschicht. Innen, den Blasenraum einfassend, 
sieht das Rete Malpighii zerklüftet und zernagt a.us. Von 
der Blasendecke herunter hängen in manchen Präparaten 
fransenartige Stränge degenerirender Zellen oder abgerissene 
Schweissdrüsenausführungsgänge. In den Blasenecken tragen 
oft noch Säulen von Riffelzellen die langsam abfallende Decke. 

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Der Blaseninhalt besteht aus einer feinkörnigen, auch 
krümeligen Masse, in der ab und zu ein freier, gut erhaltener, 
homogen gut tingirter oder blasser Kern oder ein zerfallender 
Trümmer eines solchen suspendirt liegt. Gelegentlich zieht 
auch ein Schleimfaden durch diesen Detritus, rotbe oder weisse 
Blutkörperchen finden sich unter diesen Zelltrümmern keine. 
Gewöhnlich trennt ein heller Saum diese Detritusmassen von 
der Blasenbasis als Zeichen einer bereits eingetretenen leb¬ 
haften Exsudation. 

Interessante Veränderungen gehen an den Retezellen 
selbst vor sich. Ihr Plasma quillt plötzlich stark auf, das 
Stratum Malpighii verbreitert sich bedeutend, diese Quellung 
scheint sehr rasch das ganze Protoplasma der Zelle zu be¬ 
fallen. Und so findet man denn relativ spärlich jene Zeichen 
partieller Protoplasmadegenerationen, wo ein gut erhaltener 
Kern mit einem hellen, hellgrauen ungefärbten Fleck oder Hof 
umgeben ist oder wo der Kern gleichsam in einem bellen, 
durchsichtigen Ringe steckt oder wo bei einer Zelle die 
ganze eine Protoplasmahälfte ungefärbt hell, hellgrau, fein¬ 
körnig trüb aussieht, während die andere Hälfte nicht alterirt 
erscheint. Alle diese Erscheinungen am Protoplasma sind hier 
deutlich zu beobachten und bedeuten das erste Stadium der 
Zellveränderung. Der Kern macht ähnliche Veränderungen 
durch, ist aber mit denselben dem Plasma gegenüber immer 
etwas zurück. Seine Quellung ist keine wesentliche, meist wird 
sein Plasma mit der zunehmenden Quellung des Protoplasma 
gleichmässig blass und blasser, so dass man an mancher Stelle 
nur noch seine feinkörnige Contour erkennt oder er ist vom 
Zellplasma gar nicht mehr zu differenziren. Wieder an anderer 
Stelle erscheint der Ort als ein helles Loch oder ein heller, 
grauer, feinstkörniger Fleck. Reichlicher als beim Zellproto¬ 
plasma findet man bei ihm die Vacuolenbildung, so kann der 
eine Pol oder die eine Hälfte verschwunden sein oder die 
eine Randzone ist in Form eines hellen Halbmondes unter¬ 
gegangen oder es hat sich um seine ganze Peripherie ein 
hellglänzender ungefärbter Ring gelegt, so dass der Kern selbst 
nur noch sehr klein erscheint und man dessen ehemalige Grösse 
nur noch durch jene fein punktirte Contour vom Zellpioto- 


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plasma differenziren kann, sein Plasmarest kann dabei schwach 
oder kräftig tingirt sein. Der Nucleolus oder die Nuclei sind 
im erblassten Kern oft noch deutlich vorhanden, doch gehen sie 
meist mit dem letzteren unter. Am Rande des zerfallenden Rete 
trifft man oft noch gut erhaltene, homogen gut tingirte Kerne, 
während das Zellprotoplasma um dieselben herum bereits 
partiell oder total auseinander gefahren ist. Oft sind diese 
Kerne, vielleicht noch mit einem schmalen Plasmafaden am 
Rete hängend, in feinkörnigem, fädigem oder krümeligem Zerfall. 

Im Allgemeinen trägt dieser ganze Zellverwüstungsprocess 
einen ungemein stürmischen Charakter; da, wo die Blase ent¬ 
standen, sieht es aus, als ob eine Bombe eingeschlagen hätte, 
die einzelnen Zellen sind entweder total zertrümmert oder an¬ 
gerissene Zellprotoplasmastücke, Kerne und Kerntrümmer 
liegen reichlich herum und was von Rete in nächster Um¬ 
gebung des Blasenraumes in Zusammenhang geblieben, ist 
entweder getödtet oder gelockert stark krank. 

Die dem Blasenraum entfernt gelegenen Retezellen sind 
nicht alterirt, an der Blasendecke ist das Stratum granulosum 
meist noch von mehreren absolut unveränderten Retezelllagen 
bedeckt und ebenso hat der Blasenraum nirgends das Stratum 
papillare erreicht, sondern Letzteres ist überall von der gut 
aussehenden Cylinderzellschicht plus meist noch vielen normal 
beschaffenen Schleimschichtlagen bedeckt. 

Beim Erzeugen dieser Blase war der reibende Druck 
natürlich nicht genau zu localisiren. Die nächste Umgebung 
der Blase hatte ebenfalls bald hier, bald da mehr oder weniger 
zu leiden, daher trifft man in der Umgebung der Blase in der 
Schleimschicht öfters bald kleinere, bald grössere, bald runde, 
bald eckige Lücken oder Löcher, welche quellendes oder ver¬ 
flüssigtes Protoplasma bedeuten. Hier bei den verschiedensten 
Stadien der Vacuolenbildungen im Rete Malpighii kann man 
am besten alle die oben beschriebenen Zellveränderungen ver¬ 
folgen. In allen Schichten des Stratum germ. kann, diese 
Vacuolenbildung eiusetzen, ausgenommen die Cylinderschicht, 
diese habe ich durch das Trauma primär nie verändert ge¬ 
funden. Wie schon bemerkt, beginnt das Schwellen der Zellen 
mit Vorliebe oder fast ausschliesslich in den oberen und 


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mittleren Zellagen und da wieder besonders oft zwischen den 
Papillen, so dass beim Wachsen der Vacuolen im Rete auf 
den Papillenspitzen in der ersten Zeit der Blasenbildung noch 
Säulen von Schleimschicht stehen bleiben, deren Zellen durch 
die sich hebende Blasendecke etwas in die Länge gezogen 
erscheinen. Diese Zellsäulen reissen durch und die fertige 
Blase ist einkammerig. 

Die Exsudation aus dem Stratum papillare in die Schleim¬ 
schicht hinein setzt mikroskopisch erkennbar schon sehr früh 
ein. Längs der Blasenbasis glaube ich in dünnen Schnitten 
deutlich da und dort eine Verbreiterung der Intercellularräume, 
namentlich der Cylinderschicht, wahrzunehmen. Die regel¬ 
mässige Stellung der Cylinderzellen hat manchenorts durch den 
Exsudatstrom deutlich gelitten. In mancher breiten Basis obiger 
Zellsäulen über den Papillenspitzen trifft man einen hellen 
Exsudatkeil in’s Rete hinein. In einem Schnitte fand ich sogar 
etwas seitlich vom Centrum des Blasenbodens die Cylinderzellen 
mit noch einigen Lagen Retezellen im ganzen Umfang einer 
Papillenspitze durch die Exsudation zu Grunde gerichtet (starke 
Quellung, feinkörnige Trübung des Protoplasmas, fast totale 
Erblassung des Kerns), so dass die Papillenspitze im ersten 
Moment nackt erschien. 

Die Epidermis dieser Leute zeigt in ihrem Bau, in Form 
und Grösse der einzelnen Zellen, in der Breite der verschiedenen 
Schichten keine erkennbaren Unterschiede von der Oberhaut 
anderer Menschen. 

Zur Cutis gelangend, machte mich hier mein ehemaliger, 
hochverehrter Lehrer, Herr Prof. Klebs in einer brieflichen 
Mittheilung auf einen sehr wichtigen Befund aufmerksam. 
Dieser Autor fand nämlich die Gefässe bis in die feinsten 
Capillaren hinein ausserordentlich zellenreich. Im Uebrigen 
lässt sich keine weitere Wahrnehmung am Stratum papillare 
oder reticulare noch an den darin vorhandenen Organen 
melden, namentlich sind die Papillen unter dem Blasengrunde 
nicht erkennbar verändert. 

Zur Illustrirung meiner histologischen Schilderungen 
mögen hier anschliessend noch einige Photographien ihren 
Platz finden. Mein Bruder Dr. med. Friedrich Blumer in 


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Wallenstadt macht sich ah und zu in Photographie zu schaffen 
und seinem Entgegenkommen habe ich den Besitz einiger 
photographischer Bilder von Blaseneruptionen beim Mädchen 
Anna Dürst zu verdanken. Gelegentlich versuchte sich derselbe 
auch, allerdings mit den denkbar einfachsten Mitteln, photo¬ 
graphisch an meinen histologischen Präparaten. Ein kleiner 
Hartnack aus Besorgniss für ein grosses System, eine kleine, 
gewöhnliche photographische Camera, ein Reflexspiegel für 
Sonnen- oder eine Sammellinse für Lampenlicht war der ganze 
Apparat, der, in horizontaler Lage auf einem Tische befestigt, 
zur Verwendung kam. Bei schwacher Vergrösserung wurden 
die Bilder ganz instructiv, so dass ich nicht anstehe, einige 
derselben mit verbindlichstem Danke hier folgen zu lassen, wohl 
bemerkend, dass dieselben durchaus keine Musterphotographien 
sein sollen, sondern nur die Dienste flüchtiger Skizzen ersetzen. 

Ein weiteres Untersuchungsobject bildete eine peripher 
fortschreitende, 20 Stunden alte, spontane Blase der Fusssohle. 
Der Blaseninhalt enthielt rothe Blutkörperchen und Eiterzellen. 
Meine Absicht war, mit einem Scalpel vom Rande her, mässig 
tiefgreifend, die ganze Blase abzutragen. Der Blasenraum 
hatte sich aber so kräftig in die Tiefe der Cutis gebohrt, dass 
der Versuch fehlschlug, dass ich nur Blasenumgebung und 
etwas randständigen Blasenboden bekam. Nichtsdestoweniger 
waren die Präparate sehr lehrreich. Tinctionen wurden ausge¬ 
führt wie früher, nur fand das Methyl und Gentianaviolett 
etwas reichlichere Verwendung, um die Rundzellen besser her¬ 
vorzuheben. In den Reihen der interpapillären Epithelfortsätze 
der Blasenumgebung findet man helle Lücken und Löcher, die 
wieder auf einer Schwellung und Trübung mit Vacuolen 
bildungen der Epithelzellen beruhen. Das Quellen des Proto¬ 
plasmas scheint hier ein besonders kräftiges actives 1 ) zu sein, 

') Anmerkung. Diese Ansicht activer Zellbetheiligung bei gewissen 
Blasenbildungen steht nicht vereinzelt da. „Klebs“ nimmt in seinem 
1876 erschienenen Lehrbuch der path. Anatomie als wahrscheinlich an, 
dass die direct dem Beize der Hitze ausgesetzten Epithelzellen sich activ 
bei der Blasenbildung betheiligen. Eine Reihe von späteren Forschern 
sind zu anderen Resultaten gelangt. A. v. Biesiadecki hatte früher dieselbe 
Ansicht, welche er später selbst widerlegte. (Sitzungsberichte der k. 
Akademie der Wissenschaft LVII. Bd., II. Abth., Heft 3. Wien 1868.) 


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denn die normalen Riffelzellen in der Umgebung dieser Vacuolen- 
bildungen sind förmlich zu einem Ringe gepresst und auch die 
entfernter stehenden werden stellenweise durch den Druck 
verdichtet. 

Gelegentlich drängen diese schwellenden Partien kräftig 
gegen die Papillen vor. Mitunter ist ein solcher Epithelzapfen 
schon entzweigegangen. Die Kraftentfaltung der quellenden 
Epithelzellen kommt hier wohl deshalb so schön zur Geltung, 
weil die Widerstände in Folge des dicken Strat. com. grösser 
sind wie bei der früheren Blase. Die Papillen in der Blasen¬ 
umgebung sind geschwellt und die Gefässe des ganzen Strat. 
papil. etwas erweitert. 

Am randständigen Blasengrunde sind die Papillen von 
Epithel entblösst und mit dem übrigen Strat. papil. reichlich 
mit Rundzellen infiltrirt. Die stark erweiterten Gefässe der 
Cutis aber, namentlich die des Papillarkörpers, sind mit Rund¬ 
zellen oft förmlich vollgestopft. Am Rande, da, wo noch Rete 
mit dem Papillarkörper in Zusammenhang steht, wandern Rund¬ 
zellen vom letzteren ins erstere hinein, kurz man hat hier 
das Bild einer acuten oberflächlichen Dermatitis. 

Mit den Schnitten und Text Fig. 7 u. 8 bin ich am Schlüsse 
meiner derzeitigen Beobachtungen angelangt und es wird sich nun 
tragen, wie diese seltsame Krankheit allgemein pathologisch 
aufzufassen ist, ob der zerstörende Dämon in den Schleim¬ 
schichtzellen selbst hausen mag, ob das Retezellplasma dieser 
Leute chemisch abnorm zusammengesetzt ist, so dass das¬ 
selbe eine gewisse Substanz enthält oder ein gewisses zuviel 
einer solchen besitzt, die sehr leicht quillt bei reibendem und 
knetendem Drucke. Oder wird den Retezellen eine gewisse 
Eigenschaft verloren gegangen sein, eine Substanz zu produ. 
ciren, welche ihnen normalerweise Resistenz verleiht, oder 
wird ihnen das Material fehlen oder kommt ihnen dieser Stoff 
einmal gebildet in den oberen so leicht quellenden Schichten 
bei den verschiedenen Altersmetamorphosen wieder abhanden, 
und hätten wir es hier mit einem Analogon zur Osteomalacie, 
mit einer Acanthomalacie (Stachelzellerweichung) zu thun, oder 
endlich wird es sich um eine ausserordentlich schlechte Cohäsion 
der Retezellen untereinander handeln? Von einer solchen Auf- 


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Hereditäre Neigung zu traumatischer Blasenbildung. 


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fassung dieser Krankheit als einer quasi angeborenen Acantho- 
debilitas bin ich abgekommen. 

Gelegentlich (18. Sept. 1891) übersandte ich ein Präparat 
der ersten sechs Minuten alten Blase mit einer kurzen Notiz 
Hr. Prof. Klebs in Zürich. In freundlichster Weise schrieb 
mir dieser in der Gefässpathologie so hocherfahrene Autor nach einer 
einleitenden Bemerkung Folgendes: „Die Sache ist von grosser 
allgemein-pathologischer Bedeutung, indem sie zum ersten Mal 
Licht wirft auf die ganze grosse Gruppe der Gefässneurosen. 
Aus eigener Anschauung habe ich bis jetzt nur diejenigen 
Formen gekannt, bei denen in Folge eines jeden leichten Reizes 
eine hyperämisch-ödematöse Schwellung eintritt, die also ge¬ 
stattet, Namen und Zeichen auf die Haut zu schreiben. Ihre 
Fälle haben das Charakteristische, dass bei denselben Exsudat 
in die Epidermis eindringt und das Strat. muc. spaltet. Sie 
meinen, dass die Ursache im letzteren hege, allein das möchte 
ich bezweifeln. Es genügt die Entstehung eines sehr starken 
Exsudates aus den Gefässen, um auch in sonst normaler Haut 
Blasenbildung hervorzubringen; ja ohne ein solches Exsudat 
kann Blasenbildung nicht stattfinden. In diesem letzteren liegt 
also das Wesentliche. Glücklicherweise finden wir nun in Ihrem 
Präparate eine Veränderung vor, welche namentlich im Vergleich mit 
d en Veränderungen eines anderen hereditären Processes der Hämo¬ 
philie ganz sicheren Aufschluss über die Ursachen dieser Er¬ 
scheinungen gibt. Es sind dies ganz ausserordentlich zellreiche 
Blutgefässe, deren Wandungen noch ganz den embryonalen 
Charakter besitzen bis in die feinen arteriellen Capillaren 
hinein. Einen ganz analogen Befund habe ich in einem Fall 
von Hämophilie constatiren können und denselben in meiner 
allgem. Pathologie Bd. I., Seite 30 angedeutet. Die histologi¬ 
schen Details sind in Demonstrationen und Vorlesungen mehr¬ 
fach von mir erwähnt worden; es handelt sich dabei um ganz 
ähnliche Verhältnisse an den Gefässen der Haut und der 
Muskeln wie in Ihren Fällen. Ich möchte vermuthen, dass ein 
und derselbe Process, der in beiden Fällen angeboren und 
ererbt ist und der als mangelhafte Ausbildung des definitiven 
Zustandes der Blutgefässe, als Dysplasia vasorun bezeichnet 
werden kann, in dem einen zur Blutung, in dem anderen zur 


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Exsudation führt. Traumen sind in beiden die Ursache der 
pathologischen Erscheinung des Symptoms. Es fragt sich, ob 
Sie in Ihren Fällen nicht eine Beziehung zu Blutungen finden 
können, ob nicht z. B. bei Zahnextractionen bei diesen Leuten 
heftigere Blutungen eintreten, welche durch die mangelhafte 
Contractilität der Blutgefässe bedingt sind? Vielleicht auch ist 
die Verschiedenheit der Symptome bedingt durch eine ver¬ 
schiedene Verbreitung des Processes innerhalb des Gefäss- 
systems. Wenn z. B. die Arterien nicht theilnehmen an der 
mangelhaften Ausbildung ihrer Wandungen, wird in der That 
bloss Exsudation, keine Blutung eintreten, indem der genügende 
Contractionsgrad derselben die Blutung hemmt.“ 

Diese Mittheilungen, für welche ich meinem hochverehrten 
Lehrer Hr. Prof. Dr. Edwin Klebs, Director des Patholog. 
Institutes in Zürich, bestens danke, haben mir in die patho¬ 
logisch • anatomische Beurtheilung dieser Krankheitsfälle voll¬ 
ständige Klarheit gebracht. Auch ich dachte gleich im An¬ 
fang meiner Beobachtungen an eine besondere Form abortiver 
Hämophilie oder eine nahe verwandte Krankheit. Zu dieser 
Diagnose wurde ich noch besondere gedrängt, weil ich bei 
meinen ersten Aufzeichnungen (Fall Joh. Jakob Dürst) stets nur 
exquisit hämorrhagische Blasen zu Gesichte bekam. Später 
gerieth ich wieder in Zweifel, ob wirklich diese ausserordentlich 
lebhafte und sehr früh einsetzende Exsudation aus den Ge- 
fässen die primäre Rolle spiele oder ob dieselbe secundär als 
Reaction gleich mit einer traumatischen Abtödtung der Zellen 
einsetze. Daten, welche die Krankheit in sehr nahe Beziehung 
zu den Gefässen brachten, fand ich reichlich. Solche fehlten 
auch in keiner Krankengeschichte der früheren Autoren, aber 
ich musste mich doch fragen, ob diese grosse Gefässempfind- 
lichkeit nicht gerade die Folge der fast beständigen Blasenbildung 
sein könnte ob nicht durch das fast fortwährende Gereizt¬ 
werden die Gefässe oder ihre Centren an Tonus und Wider¬ 
stand eingebüsst hätten und die Patienten so in Folge einer 
Resistenzlosigkeit der Epithelzellen, durch Erwerbung und An¬ 
züchtung secundär zu dieser exquisiten Angioneurose gekommen 
seien! Nun mit der Thatsache der Dysplasia vasorum fallen 
diese Bedenken dahin, diese Epidermolysis ist eine Angiopathie. 


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Hereditäre Neigung zu traumatischer Blasenbildung. 


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Nur beiläufig will ich noch rasch daran erinnern, dass 
auf der äusseren Haut Blasen Vorkommen, die histologisch einen 
ganz ähnlichen Charakter zeigen, die aber ganz unzweifelhaft 
auch nicht bedingt sind durch eine Resistenz oder Cohäsions- 
verminderung der Epithelzellen, sondern die ganz sicher aus 
einer primären Gefassaffection hervorgehen. Dies beweist mir ein 
Fall von rasch tödtlich endender acutester Purpura haemor- 
rhagica mit reichlicher Blasenbildung, den ich vor circa 2 Jahren 
bei einem 4 Jahre alten Mädchen Kamm zu beobachten Ge¬ 
legenheit hatte. Auch hier wurde das Rete bald von reinem 
Serum, bald von reinem Blut blink und blank, stellenweise vom 
Stratum papill. abgehoben, zum Theil auch gespalten oder 
dessen Zellen zertrümmert, ausgezogen etc. Leider habe ich 
damals das Material etwas unpassend aufbewahrt, so dass ich, 
soweit ich bis jetzt untersuchte, wohl alle Details der enormen 
Hämorrhagie, aber nicht mehr jene feinen Einzelheiten der 
Blasenbildungen mit ihren Zellveränderungen wahrnehmen kann. 

Hievon liegen zwei Schnitte aus einem mortificirenden Cen¬ 
trum einer umfangreichen Hämorrhagie am Hinterbacken vor. Die 
Blasen erschienen etwa 12 Stunden nach dem Eintreten der 
Hämorrhagie. Das Patientchen starb am dritten Krankheitstage. 
Ausser grösseren Blutungen am Hinterbacken, beiden Unter¬ 
schenkeln, an einem Oberarm war der Befund so gut wie negativ. 
Nebenbei bemerkt, steht dieses Mädchen in keinerlei verwandt¬ 
schaftlichen Beziehungen zu unseren Fällen von Epidermolysis, 
sondern ich erwähnte die Beobachtung nur, weil diese Purpur¬ 
blasen ätiologisch und wenigstens in ihrer gröberen histologischen 
Anatomie eine schönste Parallele zu diesen epidermolytischen 
Efflore8cenzen bilden. Allerdings bestand hier insofern ein Unter¬ 
schied, als bei dieser starken, umfangreichen Exsudation, Schwel¬ 
lung, blutigen Durchtränkung des ganzen Coriums und Strat. 
subcut. das Strat. corn. mit oder vor dem Strat. muc. zu recht 
grossen ßlasen abgehoben wurde, die einen nur kurzen Bestand 
hatten und nach */ 2 Tag sämmtlich geplatzt waren. 1 ) Eine tabel- 


') Nach Besichtigung der Präparate machte mir Herr Prof. K1 e b s die 
interessante Mittheilung: „Wahrscheinlich ist es primäre Capillar-Throm- 
bose, welcher sich dann Emigration weisser Blutkörperchen anschliesst.“ 


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larische Zusammenstellung des aufgefundenen Materials mag in 
mancher Beziehung erwünschten und raschen Aufschluss geben. 

Bei der Besprechung der Aetiologie, Symptomatologie, 
Wesen, Prognose, Therapie kann ich mich bei der grossen 
Einförmigkeit der Wahrnehmungen kurz fassen. 

In der Aetiologie spielt die Heredität die Hauptrolle. 
Die Epidermolysis bullosa hereditaria ist in der Regel ein er¬ 
erbtes oder doch ein congenitales Leiden. Dasselbe kann bei 
unzweifelhaft hereditärer Entstehung verschieden lange Zeit 
latent bleiben, was den Glauben erwecken kann, die Krankheit 
sei während des Lebens entstanden. Meist beobachtet man die 
ersten Blasenausbrüche im frühesten Kindesalter oder doch 
während der ersten Kindheit. Soweit bis jetzt bekannt, hat das 
Geburtstrauma noch nie Blasen erzeugt. Diese Traumen würden 
bei älteren Epidermolytikem unfehlbar Blasen erzeugen. (Dito 
Blutungen bei Hämophilie.) Das mag einen Fingerzeig ab¬ 
geben, dass sich die Dysplasia vasorum erst nach der Geburt 
entwickelt mit oder nach den grossen Umwandlungen im Re- 
spirations- und Circulationssystem des kleinen Kindes oder im 
späteren Leben. (Wechseljahre der Frau, wie vielleicht in 
meinem Falle.) Die Heredität ist nicht immer zu constatiren, 
die Eltern unserer Ahninen waren, soweit Nachrichten vor¬ 
handen sind, frei. Dieser Rückschlag im Zellplasma scheint 
also hier in der That spontan aufgetreten zu sein. Die Krank¬ 
heit scheint bei den Völkern germanischen Ursprungs mindestens 
viel häufiger zu sein als bei denen anderer Race, was aber 
vielleicht mit der grösseren Aufmerksamkeit deutscherseits in 
Zusammenhang steht. Das männliche Geschlecht zeigt grössere 
Disposition als das weibliche u. d. m. Ob hygienische Ver¬ 
hältnisse, psychische Eindrücke von Einfluss auf die Entstehung 
dieser Krankheit sind, ist nicht zu sagen. Aetiologisch von 
grossem Einfluss scheint das Geschlecht zu sein. Die Krank¬ 
heit wird, soweit bis jetzt genauer bekannt, stets durch eine 
weibliche Person in den Stamm eingeführt (vide Tabelle) und 
da ist hervorzuheben, dass gerade beim weiblichen Geschlecht 
die Hämophilie mit Vorliebe in rudimentärer Form vorkommt. 
Diese rudimentären Formen können sich dann als solche weiter 
vererben, wie ja nachgewiesenermassen Personen, ganze Fa- 


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Hereditäre Neigung zu traumatischer Blasenbildung. 


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milien, ganze Stämme mitunter ausschliesslich dieselbe Form 
von Hämophilie aufweisen. 

Damit, glaube ich, ist auch ätiologisch die Brücke 
zwischen der Epidermolysis und der Hämophilie geschlagen, 
bei beiden Krankheiten scheinen fast genau dieselben ätio¬ 
logischen Momente zu gelten und für mich besteht kein 
Zweifel mehr, dass wir es in der Epidermolysis mit einer 
rudimentären Form von Hämophilie zu thun haben. Das 
Wesen dieser Krankheit besteht in der von Herrn Prof. Klebs 
Vorgefundenen Dysplasia vasorum. 

Die aus dieser Auffassung sich ergebenden Consequenzen 
für die allgemeine Pathologie namentlich der Angioneurosen 
muss ich Berufenem überlassen. 

Symptom atologisch ist die Krankheit ausserordentlich 
eintönig, alle Fälle zeigen grosse Uebereinstimmung in ihren 
klinischen Symptomen. Mit den Worten, diese Leute leiden 
an einer exquisit erblichen, ausserordentlich grossen Neigung 
za traumatischen Blasenbildungen, ist die Krankheit charakte- 
risirt und die Diagnose fertig und man braucht sich nur noch 
zu erinnern, dass die Krankheit exacerbirt in gewissen Jahres¬ 
zeiten, weniger deutlich bei gewissem Alter der Patienten und 
dass nicht allein die äussere Haut von solchen Blasen befallen 
werden kann, sondern dass sich diese Eruptionen auch ein¬ 
stellen können auf der Mundschleimhaut, besonders bei zahn¬ 
losen Patienten. 

Die Krankheit begleiten oder hängen mit ihr zusammen 
Schwellung der Lymphgefässe, der Lymphdrüsen, Schwellung 
und Röthung der Haut um die Blasen herum, allgemeines Un¬ 
wohlsein bei grossen Eruptionen, Eiterungen, Hämorrhagien in 
die Blasen hinein, Purpuraflecken u. d. m. Fast constant scheint 
eine leichte Reizbarkeit der Hautgefässe diese Krankheit zu 
begleiten. 1 ) 


*) Das meist so exquisit Hämorrhagischwerden der Blasen an der 
Planta pedis und Yola manus mag noch besonders seinen Grund im 
histologischen Baue der Haut daselbst haben — reichliche und schlanke 
Gefässpapillen, Stauung bei starkem Geknicktwerden durch starke Wider¬ 
stände (dickes Strat. com.), lebhafte Eeaction u. dgl., daselbst auch meist 
intensiveres Trauma etc. 


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Hereditäre Neigung zu traumatischer Blasenbildung. 


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Ueber Sectionsbefunde an Leichen solcher Patienten wurde 
bis heute noch nichts mitgetheilt. Auch die mikroskopischen 
Untersuchungen der Eruptionen lassen sich nicht summarisch 
wiedergeben, da diesbezügliche Mittheilungen erst spärlich sich 
vorfinden und diese wenigen einander zum Theil widersprechen. 

Die Prognose ist quoad sanationem absolut schlecht. Bis 
heute ist noch keine spontane oder therap. Heilung bekannt 
geworden. Quoad vitam scheint die Krankheit den Belasteten 
keine erheblichen Nachtheile zu bringen, die Leute können alt 
werden, die schweren Folgen treffen das sociale Wohlbefinden 
und dieses kann allerdings die Lebensdauer stark beeinflussen. 

Die Therapie vermag sehr wenig zu leisten. Man kennt 
kein Mittel, um die Krankheit zu heilen oder um die Wieder¬ 
kehr von Eruptionen zu verhindern oder zu verringern. Pro¬ 
phylaktisch sicheren Erfolg hätte ein Verhindern von Heirathen 
Belasteter, Auswanderung nach kalten Gegenden würde das 
Leiden erträglicher machen. Wichtig ist, strenge Berück¬ 
sichtigung der Wahl eines Berufes, der Lebensweise, absolute 
Schonung, sobald Prodrome sich einstellen, peinlichste Reinlich¬ 
keit, um Infectionen zu verhüten. Betreff der Behandlung von 
aufgetretenen Eruptionen sei auf das oben Gesagte verwiesen. 

Am 26. März 1892 theilte ich meine Untersuchungen in 
der medic. Gesellschaft des Ct. Glarus mit. Eine Bemerkung 
von Hm. Dr. Fritzsche, Spitalarzt in Glarus, muss ich kurz 
erwähnen. Derselbe machte darauf aufmerksam, dass, wenn es 
sich in diesen Fällen wirklich um eine Form von Haemophilie 
handle, es doch sehr auffallend sei, dass gerade bei anerkannt 
Hämophilen noch niemals Epidermolysis beobachtet worden sei. 

Der Grund hievon könnte in der Eigenart der Haemo- 
philie, beziehungsweise in der Ausbreitung der Klebs’schen 
Dysplasia vasorum liegen. 


Zum Schlüsse mag noch kurz das Wesentlichste aus den frü¬ 
heren Veröffentlichungen über dieses Leiden hervorgehoben werden. 

Alfred Goldscheider berichtet unter dem Titel 
„Hereditäre Neigung zur Blasenbildung“') folgenden Fall: 

') Monatshefte iür prakt. Dermatologie. Bd. 6, Nr. 6. 1882. 


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Ein 22jähriger Musketier K. leidet an diesen Blasenbil¬ 
dungen. Die Eruptionen treten auf an den Füssen, in der Ge¬ 
gend des Coppels, an den Händen oder eben überall da, wo 
die Haut eine Reibung erfährt. Hieran litten der Vater, des 
Vaters Mutter, der Mutter Bruder, Bruder und Schwester des 
Patienten. Von den 4 Kindern der Schwester litten das erste 
und zweite. Im Uebrigen ist Anamnese und Status beim Patienten 
negativ. Rieb man 2 — 3 Minuten irgend eine Körperstelle 
mit dem Finger, so liess sich die Epidermis bald hin und her 
schieben oder es trat Excoriation mit späterer Ulceration oder 
nach Stunden Blasenbildung auf. Blosser Druck oder chemische 
Reize genügen zur Bildung einer Blase nicht. Die mikro¬ 
skopische Untersuchung ergab Spaltung(Auspitz’sche Akantholysis) 
der Schleimschicht. — Der Autor schliesst: „In einigen Worten 
zusammengefasst charakterisirt sich das geschilderte Leiden als 
eine exquisit hereditäre Leichtlöslichkeit der Stachelschicht 
mit nachfolgender entzündlicher Exsudation.“ 

Ad. Valentin in Bern „Ueber hereditäre Dermatitis 
bullosa und hereditäres, acutes Oedem“. 1 ) 

Mit diesem Namen bezeichnet der Autor eine Ilautaffec- 
tion, welche in einer in der Nähe Berns wohnenden Familie 
seit 4 Generationen erblich ist. Der 16jährige G. B. leidet seit 
frühester Kindheit besonders im Sommer an obengenannter 
Dermatitis. Die Blasen treten an den verschiedensten Haut¬ 
stellen auf, Händen, Füssen, Gesäss, Kreuzgegend. Strumpfbän¬ 
der und Hosenträger hinterlassen mit Blasen bedeckte Streifen. 
Nur anhaltender Druck, nicht aber Schläge und Stösse geben 
Blasen, diese Bulla hinterlassen nie Narben, ihr Inhalt reagirt 
schwach alkalisch. Patient leidet an Schweissfuss. Die Haut¬ 
sensibilität ist normal, die Hautcapillaren sind leicht erregbar, 
so dass man in rothen Buchstaben aut die Haut schreiben 
kann. Im Stammbaum sind die 11 Belasteten mit * bezeichnet. 


') Berliner klinische Wochenschrift. XXII. Nr. 10. 1886. 


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Ergänzungshefte z. Archiv f. Dermatol, u. Sypbil. 1892. 


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Blumer. 


Von den 11 Fällen sind nur 2 weiblichen Geschlechts, vor¬ 
wiegend wird das männliche betroffen, ähnlich wie bei Farbenblind¬ 
heit und Hämophilie. Nie wird eine Generation übersprungen. 
Die Affection trat hei allen schon in frühesten Kinderjahren 
auf. Alle leiden besonders zur Zeit der Sommerhitze, manche 
fühlen beim Entstehen der Blasen starkes Brennen und Zucken, 
das Leiden nimmt zur Pubertätszeit etwas ab, bleibt aber bis 
zum Tode bestehen. In der ganzen Familie besteht Disposition 
zu Schweissfuss. 

Am ungezwungensten, fährt Autor wörtlich fort, lassen 
sich diese Blasen den bei Rudern und Graben und anderen 
ungewohnten Arbeiten gesunder Menschen auftretenden Blasen¬ 
schwielen an die Seite stellen. Bei der hereditären Dermatitis 
bullosa ist eben die auf Druck auch bei normalen Menschen 
eintretende Reaction ausserordentlich gesteigert, so dass bei den 
Behafteten überall ein leichter, kurzdauernder Druck schon 
das zu Stande bringt, was bei Gesunden nur an gewissen prä- 
disponirten Hautstellen durch dauernde, stärkere Reibung be¬ 
wirkt wird. Man hat also eine geringe Widerstandsfähigkeit der Ge¬ 
webe der Haut gegen auf sie einwirkende Traumen als Ur¬ 
sache des Leidens anzunehmen. Diese Auffassung vertretend, 
verweist der Verfasser auf die ererbte Disposition zur Scro- 
phulose, Tuberculose. Ferner gedenkt er der neuropathischen 
Dermatosen Schwimmers, kann aber kein Moment finden, das 
auf eine besondere Erkrankung der Hautnerven schliessen 
liesse, vielmehr nehme die ganze Epidermis am Processe theil, 
es sei aber nicht zu leugnen, dass das Moment der Heredität 
gerade bei Angioneurosen häufig in den Vordergrund zu treten 
pflege und bekanntlich namentlich seine Rolle spiele bei Hemi- 
cranie und dem acuten (Q u i n c k’schen) Oedein. 

Gerade hier, wo Valentin nun zum acuten Oedem über¬ 
geht, möchte ich flüchtig noch jene Beobachtung einer nahen 
verwandten Erscheinung an meiner Patientin Elisabeth Dürst, 
jene periodische Urticaria im Gesicht besonders hervorheben 
und weiter noch verweisen auf die Prodrome grösserer Erup¬ 
tionen auf die Urticaria factitia, die dem Experiment entspre¬ 
chend bald als rother Strich oder Buchstabe, bald als umfang¬ 
reichere ödematöse Schwellung auftrat. 


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Hereditäre Neigung za traumatischer Blasenbildung. 


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Das Zusammentreffen dieser Erscheinungen mit Epidermo- 
lysis ist für die Auffassung der letzteren gewiss nicht ohne 
Bedeutung. 

Prof. H. Köbner in Berlin publicirte als „Hereditäre 
Anlage zur Blasenbildung“ 1 ) (Epidermolysis bullosa hereditaria) 
das Vorkommen solcher Fälle in einer Potsdamer Familie. 

Der 15jährige Max L. leidet seit Kindheit nur im Frühjahr bis 
Herbst an solohen Blasenausbrüchen am Fusse, zwischen den Zehen und 
unter den Strumpfbändern. Pat. ist schwächlich entwickelt, Haut zart und 
fettarm. Sein Bruder Harry L. leidet seit dem 2. Lebensjahre. Ein dritter 
an Scharlach verstorbener Knabe bekam schon in den Wickeln solche 
Blasen, besonders in den Genitocruralfalten. Der Scharlach verlief ohne 
Blasenbildung. Das jüngste Kind, ein 4jähriger, kräftiger Knabe ist frei. 
Die Mutter dieser Kinder ist unter 7 Geschwistern einzig belastet, auch 
ihre Eltern und ihre Grosseltern waren frei. In der Familie ist nichts 
von Hämophilie, Urticaria oder anderen Ängeoneurosen bekannt. Diese 
Mutter bekommt erst seit dem 4. Lebensjahre Blasen, namentlich unter 
den Strumpfbändern, an den Füssen und jetzt noch unter dem Corset. 
In der Jugend verursachte ihr das Stricken solche an den Händen. Die 
Blasen entleeren einen waBserklaren, an den Fusssohlen einen geleeartigen 
Inhalt, heilen ohne Narben, werden gelegentlich auch zur Pustel oder 
Ulceration. Als Mädchen musste diese Patientin dieser Belastung wegen 
zur Schule getragen werden. Einige Minuten langes Reiben hatte bei 
Mutter und Sohn Röthung der Haut, Abstossung der Epidermis resp. 
Blasenbildung zur Folge. Mutter und Kinder leiden nicht an Schweisv- 
fuss. Streichen mit dem Fingernagel über Rücken und Brust verursacht 
dem ältesten Knaben rothe, brennende Streifen, die nicht der Urticaria 
factitia glichen. 

Die mikroskopische Untersuchung der Blasendecke zeigte 
unter dem normalen Stratum corneum eine Reihe Zellschichten 
mit normalen Verhältnissen. 

Der Autor sucht mit Goldscheider diese geringe Wider¬ 
standsfähigkeit der Haut in einer hereditären, resp. conge¬ 
nitalen Leichtlöslichkeit der Stachelzellschicht und erkeunt 
darin einen Typus der Auspitz’schen Acantholyse. Gegen eine 
entzündliche Blasenbildung spreche die Art der Entstehung der 
leichten Abstossungsfähigkeit der oberflächlichen Epidermis- 
schichten, der Mangel von Entzündungserscheinungen in der 
Umgebung des Processes. Für eine primäre Schädigung und 
Lockerung des Zusammenhanges der Epidermis stimme das 

') Deutsche med. Wochenschrift. XII. Nr. 2, p. 21. 1886. 

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Auftreten der bullösen Affection zur warmen Jahreszeit wäh¬ 
rend den begünstigenden Materationseinwirkungen des Schweisses 
und es stimme ferner dafür, dass die Leute bei der Arbeit 
nicht in die Hände spucken dürfen. Für eine Annäherung die¬ 
ser Blasenbildungen an Reizungen von Gefässnerren der Haut, 
wie sie Valentin durch Exemplification des hereditären acu¬ 
ten Oedems im Auge zu haben scheint, liege kein An¬ 
haltspunkt vor. Dann fehlen diesen Blasen, histologisch be¬ 
trachtet, alle diejenigen Degenerationsvorgänge an den Zellen der 
Schleimschicht, welche wir mit H a i g t, Au s p i tz, T o u t o n und 
Anderen an entzündlichen Blasen theils als Vaeuolenbildung 
um die Kerne, theils als Bildung eines Maschen- und Fach¬ 
werkes im Innern dieser Blasen constant finden. Für die Krank¬ 
heit schlägt der Autor den Namen Epidermolysis bullosa here- 
ditaria vor. 

Die verschiedenen therapeutischen Versuche blieben er¬ 
folglos. 

Hinsichtlich der Publication „Hereditäre Neigung zur Bla¬ 
senbildung“ x ) von Dr. Max Joseph, Berlin, erklärt der Au¬ 
tor auf eine diesbezügliche RecLamation von Prof Dr. Kühner 
(Monatshefte für prakt. Dermatologie, 1886), dass dies diesel¬ 
ben Fälle seien, welche Prof. Köbner in der deutschen medic. 
Wochenschrift Nr. 2 d. J. publicirte, dass er dieselben in des¬ 
sen Poliklinik mitbeobachtet habe. 

Was die Deutung dieses Krankheitsprocesses betrifft, sagt 
Dr. M. J o s e ph, so glaube ich zunächst, dass, wie schon G a s p a r y 
(Vierteljahresschrift f. Dermat. u. Syph. 1885, 2. Heft, TT. Hälf te) 
in dem Referat über die Valentin’sche Arbeit betont, die Be¬ 
zeichnung einer Dermatitis für diese Fälle, nicht zutreffend ist. 
Es kann diese Erkrankung nicht als ein Entzündungsprocess, 
was unter dem Ausdruck Dermatitis immer zu verstehen ist, 
aufgefasst werden, denn es fehlen hier alle klinischen Symptome, 
welche wir als mit dem Wesen der Entzündung untrennbar 
verbunden zu betrachten gewohnt sind. Ich glaube, mich vielmehr 
der von Goldscheider und Caspary aufgestellten Ansicht 
anschliesaen zu müssen, wonach wir diesen äusserst merkwür- 


') Monatschrift für Dermatologie. Bd. V. Nr. I. 1886. 


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Hereditäre Neigung zu traumatischer Blasenbildung. 


165 


digen hereditären Entzündungsprocess unter die von Auspitz 
auigestellte 8. Familie der Acanthosen als eine persistente 
Form der Acantholysen zu subsumiren haben, bei denen es in 
Folge verminderter Resistenz der Stachelschicht bei den ge¬ 
ringsten Läsionen zum Austritt von Serum kommt. 

Hieher gehören auch Mittheilungen, die als erblicher Pem¬ 
phigus, traumatische Blasenbildungen bekannt gegeben wurden. 
Von diesen Fällen stehen mir nur folgende zur Verfügung. 
Lehrbuch der Hautkrankheiten Hebra- Kaposi I. Bd. 2. Aufl. 
1874 pag. 677, wo es heisst: In Bezug auf die Heredität 
des Pemphigus wäre zu constatiren, dass sie, wenn auch selten, 
unzweifelhaft nachgewiesen werden kann. Mir kam ein Fall zur 
Beobachtung, wo ein 22 Jahre alter, seit seiner ersten Jugend 
mit Pemphigus behafteter Mann angab, dass, sowohl seine Mutter 
als Schwester und der Bruder seiner Mutter, die Hälfte seiner 
Kinder an demselben Uebel leiden sollen. Aerztl. Bericht des 
k. k. Allg. Krankenhauses v. 1873 pag 363. Leider konnte ich 
in dem angegebenen Bande diese Fälle nicht wieder finden, es 
muss sich also ein Druckfehler eingeschlichen haben und wei¬ 
tere Berichte dieses Krankenhauses standen mir nicht zur Ver¬ 
fügung. 

In derselben Auflage dieses Lehrbuches ist mir eine kurze 
Notiz über traumatische Blasen aufgefallen, die passend hier an¬ 
geführt werden mag. Pag. 678 Anmerkung. Ich kenne eine 35 
Jahre alte Frau, Mutter eines 1 ljährigen Knaben, die seit ihrem 4. 
Jahre eine solche Empfindlichkeit an der Haut ihrer Fussohlen be¬ 
sitzt, dass sie jedesmal Blasen an denselben bekommt, wenn 
sie einen Weg von kaum tausend Schritte zurücklegt, sie ist des¬ 
halb gezwungen, stets in einem Rollwagen herumzufahren, ihr 
Aussehen ist dabei ein blühendes, etwas Fettleibigkeit und spär¬ 
liche Menstruation sind die einzigen Anomalien, über die sie 
sonst zu klagen hat. 

Nicht minder interessant als für den Militärarzt ist diese 
Krankheit für die gerichtliche Medicin. Ich fand in der Litera¬ 
tur einen diesbezüglichen Fall, bei dem ähnliche Erscheinun¬ 
gen zu Tage getreten wie bei meinen Patienten. Es betrifft 
einen Fall von Dr. Ed. Zillner, Wien. med. Wochenschrift XXX 
35, 36 aus Prof. Hoffmanns gerichtsärztlicher Praxis „Selbst- 


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B1 u m e r. 


mord durch Erdrosseln“. Als ein sehr seltenes Vorkommniss 
hebt Zillner die Bildung von Bläschen am Bande der Strang¬ 
rinne hervor. Zillner nimmt an, dass im Augenblicke, wo die 
Schwere des Körpers zu wirken beginnt, die Halshaut gegen 
den Strang seitlich verschoben, bez. in einzelnen Abschnitten 
gezerrt wird. In der Mitte des Stranges, wo die Gewalt am 
stärksten wirkt, wird die Epidermis abgeschürft, die Stellen 
sind im frischen Zustande wund, später blauroth vertrocknet. 
An den Rändern, wo die Verschiebung in kleinerer Ausdehnung 
und mit geringerer Gewalt vor sich gehen mag, wird die Ober¬ 
haut zwar von den unterliegenden Schichten abgezerrt, aber 
keine Zusammenhangstrennung der Epidermis herbeigeführt. In 
diese Hohlräume tritt Serum ein und dadurch werden Bläschen 
gebildet, für diese Erklärung spricht das Vorkommen von Bläs¬ 
chen am untern Bande der Strangrinne, wo Stauung doch nicht 
wohl Vorkommen kann. In den Bläschen und Blasen war blu¬ 
tiges Serum. Schmidts Jahrbücher 1881, Bd. 190 Nr. 1 pag. 184. 

Nach meinem Dafürhalten findet dieser Fall die einfachste 
Erklärung, wenn man denselben unter diese Akantholysen ein¬ 
reiht. Anamnestische Erhebungen in der Familie hätten viel¬ 
leicht genauen Aufschluss geben können. 

Von den zahlreichen Referaten über die Veröffentlichun¬ 
gen dieser Krankheit will ich nur dasjenige von Dr. Gustav 
Behrend in Berlin (Schmidts Jahrbücher 1886 Bd. 211 Nr. 1 
über seltene Erkrankungsformen der Haut) erwähnen. Behrend 
sagt: Die von Auspitz für derartige Blasenbildung gewählte Bezeich¬ 
nung der „Akantholysis“ (Ablösung der Epidermis im Bereich 
der Stachelzellenschicht) scheint ihm (Köbner) deshalb für 
Fälle der vorliegenden Art nicht geeignet zu sein, weil unter 
diesem Namen auch andere Erkrankungen, wie beispielsweise 
die Psoriasis unterzubringen seien, bei der es sich gleichfalls um 
Lockerung der Zellen im Stratum Malpighii handelt. Nach An¬ 
sicht des Ref. aber ist auch die Bezeichnung Köbners nicht 
vollkommen correct, da es sich nicht um eine Ablösung der 
Epidermis, sondern nur um eine Ablösung ihrer epidermidalen 
Hornschicht von der darunter liegenden Stachelzellenschicht 
handelt, die ja gleichfalls zur Epidermis gehört. Die von Köb¬ 
ner angedeuteten Schwierigkeiten in der Bezeichnung lassen 


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Hereditäre Neigung zu traumatischer Blasenbildung. 


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sich vollkommen vermeiden, wenn man dem A u s p i t z’schen 
Ausdruck Akantholysis nur das Epitheton bullosa hinzufügt. 

Weiter heisst es dort: Die Krankheit hat nichts mit Ur¬ 
ticaria zu thun, wir erwähnen dies ausdrücklich, weil Kaposi in 
der soeben erschienenen dritten Aufl. seiner Vorlesungen über 
Hautkrankheiten pag. 323 diese Fälle zur Urticaria rechnet 
wogegen schon das Fehlen von Jucken spricht. — Jedenfalls 
haben wir es hier mit abnormen Cohäsionsverhältnissen in der 
Epidermis zu thun. 


Erklärung der Abbildungen auf Taf. III—VI. 

Taf. III. Fig. 1 . 

Anna Dürst. Drei grössere Blasen sind deutlich zu sehen. Eine 
grosse Anzahl flache oder wenig erhabene, theils helle, theils hämorr¬ 
hagische Efflorescenzen sind bei der photographischen Aufnahme nicht 
zur deutlichen Perception gelangt. 

Taf. III. Fig. 2. Anna Dürst. Rechte Hand. Zwei Blasen, eine runde 
erhabene, eine längliche flache. 


Tafel IV. Fig. 3. 

Schnitt durch eine höchstens 6 Minuten alte Blase von hereditärer 
Epidermolysis bullosa. Die Blase wurde erzeugt durch circa 3 Minuten 
langes Reiben mit der Fingerkuppe auf dem inneren seitlichen Dorsum 
pedis und wurde dann sofort mit noch makrosk. normaler Umgebung 
excidirt. Zur Tinction lag dieser Schnitt 23 Stunden in Grenachers 
Alauncarmin und wurde in Canadabalsam conservirt. Vergr. Hart. Syst. 
4, Ocul. II. 

Das Stratum corneum und das Stratum granulosum sind intact 
und bilden zusammen mit einer wechselnden Anzahl haftengebliebener 
Retezellagen die Blasendecke. Die dem Strat. granul. zunächst an¬ 
liegenden Retezellen der Decke sind in wechselnder Breite gut erhalten, 
während die dem Blasenraum näher oder zunächst gelegenen verschiedene 
Stadien rapidesten Zerfalles zeigen. Das Blasencontentum, eingerahmt 
von flüssigem, klarem Exsudat, besteht aus einer feinkörnigen, auch etwa 
krümeligen Detritusmasse. In derselben findet man suspendirt meist 
etwas gequollene, gut erhaltene oder verschiedene Grade des Zerfalles 
zeigende freie Zellkerne, degenerirte oder zerfallene Retezellen oder 
Gruppen von solchen. In der Basis dieser Detritusmasse sieht man eine 


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Blu mer. 


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Anzahl Flüssigkeitsräume, eine Art Netzwerk imitiren. Bothe oder weisse 
Blutkörperchen trifft man in den Schnitten dieser Blase keine, auch bei 
diesbezüglich anderer Tinction. Ein breiter, geschlossener Rest Retezellen 
bedeckt das basale Strat. papil. Die Zellen der Cylinderschicht und auf 
derselben meist noch eine grössere Zahl Zellenreihen sind absolut intact; 
dann aber beginnt weiter aussen im Rete Schwellung, Zerklüftung und 
rapidester Zerfall. Die Cutis zeigt ausser dem grossen Zellreichthum 
ihrer Gefasse normales Verhalten u. s. w. 

Tafel IV. Fig. 4. Schnitt durch den Rand der Blase von Fig. 3. 

Tafel V. Fig. 5. 

Ein Schnitt durch den Rand derselben Blase. Derselbe lag zur 
Tinction 20 Stunden in Grenachers Alauncarmin und wurde zur 
besseren Plasmafärbung in absolutem Pikrinsäurealkohol entwässert, in 
Oleum cedri aufgehellt und in Canadabalsam eingeschlossen. Vergr. Hart. 
Syst. 4, Ocul. II. 

Immer schmaler werdend und schliesslich unterbrochen lauft der 
daselbst mit flüssigem, klarem Exsudat gefüllte Blasenrand in jenen 
Reteschichten mit horizontal gelagerten Kernen aus. In einiger Ent¬ 
fernung nach rechts gewahrt man zwei helle Lücken, den Beginn zweier 
Vacuolen im Rete, durch eine schmale, horizontale Brücke von einander 
getrennt. 

Bei stärkerer Vergrösserung (Leitz Syst. 8, Ocul. 0): Die nach 
aussen gelegene Vacuole zählt circa 8 Retezellen, deren Protoplasma 
ad maximum gequollen, ungleich stark, feinkörnig, trübe erscheint. Die 
Kerne dieser degenerirenden Zellen sind entweder ganz abgeblaast, feinst- 
körnig, hellgrau, getrübt, markirt durch die dunklere Contur oder es 
fehlt ihnen der hintere oder vordere Pol, die hintere oder vordere Hälfte, 
während der kleinere oder grössere Rest homogen, kräftig oder blass 
tingirt sein kann, oder der ganze Kern ist gleichmässig schwach 
gefärbt etc. 

„Die Gefässwandungen sind ausserordentlich zellenreich bis in die 
feinen arteriellen Capillaren hinein. 4 (Klebs.) 


Tafel V. Fig. 6. 

Schnitt durch die nächste Umgebung einer peripher fortschrei¬ 
tenden, spontanen, circa 20 Stunden alten, traumatischen Blase am Fusse 
von Anna Durst. Tinction Grenachers Alauncarmin 20 Stunden, Auf¬ 
hellung in 01. cedri, Conservirung in Canadabalsam. Verg. Hart. Syst. 
4, Oc. II. 

Die eigentliche Blase liegt nach links ganz ausserhalb des Ge¬ 
sichtsfeldes. Man beobachtet in etlichen, interpapillären Retezellfortsatzen 


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Hereditäre Neigung zu traumatischer Blasenbildung. 


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fertige oder in Entwicklung begriffene Vacnolenbildungen, d. h. Schwel¬ 
lung oder gänzlichen Zerfall der Strahlenzellen. Um die hellen, rund¬ 
lichen Lücken im Strat. germinat. sind die Epithelzellen stellenweise zu 
scharfer Umrahmung zusammengedrängt und auch entfernter davon 
stehen dieselben oft auf ziemliche Distanz dichter. Die ersten zwei nach 
links gelegenen Lücken drängen kräftig gegen die Papillen vor, besonders 
aber die rechte äusserste, fertige Vacuole bewirkt eine starke Verbreiterung 
des Retezellfortsatzes. Die Gefässe, besonders die des Strat. papil. sind 
in deutlicher Erweiterung begriffen. 

Bei stärkerer Vergrösserung Leitz, etwa Syst. 8, Ocul. 0, findet 
man die erste helle Lücke gleichmässig erfüllt von ganz dicht an ein¬ 
ander liegenden, zum Theil ad maxfmum gequollenen Retezellen, Manche 
von denselben sind gleichmässig, feinkörnig, grau, trübe, ohne unter¬ 
scheidbaren Kern; bei anderen Zellen daselbst ist der Kern von einem 
hellen, breiten Ring umgeben. Da und dort bemerkt man in erblassenden 
Kernen ein, zwei gut tingirte Kernkörperchen und neben diesen auch 
etwa hellere Flecken im Kernplasma etc. Die grösste, nach rechts ge¬ 
legene, fertige Vacuole ist erfüllt von zum Theil absolut klarem Con- 
tentum, zum Theil von körnig krümeligen Zelldetritusmassen, in welchen 
einige freie, zerfallende Zellkerne suspendirt liegen. 


Tafel VI. Fig. 7. 

Schnitt durch den Rand einer spontanen, linsengrossen Blase. 
Dieselbe stand bei Anna Durst an der Kuppe einer Zehe. Die Decke 
zeigte rothe Sprenkelung (nackter, injicirter, durchscheinender Papillar¬ 
körper). Vor einer Stunde fand ich an der betreffenden Stelle noch keine 
Effloresoeaz. Dieselbe ist wahrscheinlich nur wenige Minuten alt. Zur 
Tinction lag der Schnitt 18 Stunden in Grenachers Alauncarmin und 
wurde nachgefarbt mit Eosin, aufgehellt mit 01. caryoph., conservirt 
in Canadabalsam. VergrT Hart. Syst. 4, Ocul. 1L 

Eine kräftige Exsudation hebt das normale Rete über den Papillen 
gewölbeartig empor. Die Retezellfortsatze werden zu schmalen Brücken 
und die Zellen selbst oft zu Spindeln und Fäden ausgezogen. Die 
Papillen erlitten die verschiedensten Deformirungen wie: Verbreiterung, 
Abdachung, Knickung, Pressionen u. dgl. m. Das Exsudat ist ein klares 
Serum, in dem sporadisch ein rothes Blutkörperchen öfters deformirte 
Retezellen oder Conglomerate von solchen, keine Rundzellen sich finden. 

Die eigentliche Blase, nicht sichtbar, liegt auf dem Bilde nach 
links und zeigt genau dieselben Verhältnisse, nur in fortgeschrittenerem 
Grade. Die Scheidewände sind durchgerissen oder ausgehoben, die ge¬ 
schwellten Papillen stellenweise im ganzen Umfange nackt, auch inter¬ 
papillär wurde manchenorts der letzte Epithelrest weggeschwemmt; 
zuweilen wird der unterste Theil eines Epithelfortsatzes von geschwellten, 
niedergedrückten Papillen solide eingeklemmt erhalten. Die Gefässe der 


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B lu iner. 


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oberflächlicheren Cutisschichten sind in deutlicher Dilatation begriffen. 
Noch keine Emigration von Rundzellen ist zu entdecken etc. 

Tafel VI. Fig. 8. 

Schnitt durch die Basis und den basalen Rand einer circa 3 Tage 
alten, spontanen, hämorrhagischen Blase, welche bei Anna Durst zwischen 
zwei Zehen stand. Diese Blase war ein Recidiv. Die betreffende Haut¬ 
stelle war eben geheilt von einer umfangreichen, gleichartigen Affection. 
Vor Entnahme dieses Objectes wurde die Blasendecke entfernt, um den 
oberflächlichen Schnitt genau nach Wunsch führen zu können. Die Ab¬ 
sicht war, ohne das Schulmädchen zu sehr zu belästigen, von dem stets 
tiefliegenden Blasengrunde gerade nur eine nöthig dicke Schicht mit 
etwas Umgebung zu gewinnen. Zur Tinction lag das Schnittchen 18 
Stunden in Grenachers Alauncarmin, wurde in absolutem Alkohol, 
dem etwas Pikrinsäure zugesetzt war, entwässert, in Ol. caryoph. auf¬ 
gehellt und in Canadabalsam eingeschlossen. Verg. Hart. Syst. 4, Ocul. II. 

Links im Gesichtsfelde sieht man, wie durch eine kräftige Exsudation 
aus den Papillen das breite, junge, vor Kurzem erst gebildete Reticulum 
unter dem Blasenrande abgehoben wird. Durch das Exsudat wird die 
vergrösserte Papille seitlich heruntergedrückt, eine Spur geknickt, ihr 
Gefass ist erweitert und trägt an der Spitze eine kleine Ampulle. Drei 
nach rechts folgende Papillen sind verbreitert und verlängert, dann ver¬ 
schwindet das interpapillär gelegene Rete und mit ihm der papilläre 
Bau. Die geschwellten Papillen lagern sich hart an einander, da und 
dort noch gut gefärbte Reste eines Zellfortsatzes zwischen sich ein¬ 
klemmend. Die Gefässe, besonders die des Strat. papil. sind erweitert etc. 
Im Centrum der Blasenbasis ist das abermals neu gebildete Rete sehr 
dünn, in manchen Schnitten erst ein- bis zweischichtig, oft unterbrochen, 
so dass der Papillarkörper frei liegt. Ueber die ganze Blasenbasis lagert 
ein ansehnliches, fibrinös blutiges Exsudat und auf dasselbe hat man 
sich im ganzen Gesichtsfelde noch zu denken eiterig hämorrhagischen 
Blaseninhalt. Die Blasendecke wäre nicht zu sehen, sie fiele nach links ab. 

Durch das wiederholte Recidiviren (Jntussusception) entsteht 
gleichsam das Bild eines Pemphigus foliaceus. 


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Untersuchungen über die Resorption und 
Elimination des Quecksilbers. 

Von 

Dr. K. E. Linden, 

Chefarzt des Garnison-Krankenhauses in Helsingfors (Finnland). 


Da die Methode, unlösliche Quecksilbersalbe zu injiciren, 
bei Behandlung der Syphilis immer mehr in Gebrauch ge¬ 
kommen ist, so ist in den letzten Jahren durchgehend das 
Streben der Syphilidologen gewesen, ein Quecksilberpräparat 
zu finden, das bei Behandlung der erwähnten Krankheit alle 
guten Eigenschaften in sich vereinigte, d. h. bei der Injection 
die geringsten Schmerzen verursachte und mit der geringsten 
localen und allgemeinen Reaction die grösstmöglichste Garantie 
für eine schnelle und dauernde Heilung vereinigte, ohne 
schädliche Folgen für den Organismus hervorzurufen. Beim 
Suchen danach hat das eine Präparat dem anderen weichen 
müssen, ohne das bislang noch ein einziges alle Forderungen 
hat erfüllen und ausschliesslich dominirend bleiben können. 

Zu den vielen Präparaten, welche so in letzter Zeit zur 
Anwendung kamen, gehören auch Thymol. Hg. acet., besonders 
aber Hg. Salicyl. Obgleich auch gegen diese Präparate be¬ 
rechtigte Einwendungen gemacht werden können, so dürfte 
doch ein Fortschreiten der Syphilistherapie durch ihre Ein¬ 
führung nicht bestritten werden können und daher ein näheres 
Studium derselben wohl am Platze sein. 


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Linden. 


Bei der folgenden Untersuchung über die Aufnahme 
und Elimination des Quecksilbers sind die Analysen haupt¬ 
sächlich nach Injection von Hg. Salicyl. ausgeführt und habe 
ich dieses Präparat nicht nur aus dem schon angedeuteten 
Grunde gewählt, sondern auch, weil die nach Quecksilber 
injectionen gemachten Untersuchungen verhältnissmässig wenige 
sind. Inzwischen dürfte nicht bestritten werden können, 
dass eine sichere Kenntniss über die Aufnahme des Queck¬ 
silbers und Elimination desselben aus dem Körper nebst 
allen damit verbundenen Umständen sowohl in theoretischer 
als auch noch mehr in praktischer Beziehung von grosser 
Bedeutung ist. Nicht am unwichtigsten ist, sich bei der jetzt 
immer mehr zur Anwendung kommenden hypodermatischen 
Methode diese Umstände klarmachen und die für eine wirksame 
Behandlung nöthige Dosis näher feststellen zu können. 

Um zu versuchen, eine in dieser Beziehung bestehende 
Lücke einigermassen auszufüllen, habe ich aus hauptsächlich 
nach Injection von Hg. Salicyl. gemachten Analysen folgende 
Fragen zu beantworten gesucht: Wie schnell das Quecksilber 
nach einer oder mehreren Injectionen im Urine auftritt; wie 
lange es im Organismus verbleibt; ob bei Ausscheidung des¬ 
selben eine Regelmässigkeit existirt ? endlich, soweit es bei der 
angewandten Untersuchungsmethode möglich war, die ungefähre 
Menge des ausgeschiedenen Quecksilbers im Verhältniss zur 
angewandten. 

Bevor ich auf diese Untersuchung übergehe, werde ich 
aus der mir zugänglichen Literatur eine kurze Uebersicht der 
früher in dieser Richtung gemachten Untersuchungen geben 
und dabei zur Beleuchtung der Frage die Aufmerksamkeit 
ausschliesslich darauf richten, was sie mit Hinsicht auf die 
Zeit für die Resorption und Elimination des Quecksilbers aus 
dem Organismus an die Hand geben, die grössere oder ge¬ 
ringere Regelmässigkeit, mit welcher dieses vor sich geht, und 
die übrigen Umstände, welche diese Frage berühren. 

Schon bei den älteren Verfassern kommen in Betreff der 
Ausscheidung des Quecksilbers aus dem Organismus die wider- 
streitendsten Angaben vor, und wurde die Elimination des¬ 
selben oft mit der Darreichung von Jodkali in Zusammenhang 


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Untersuchungen über d. Resorption u. Eliminat. des Quecksilb. 17b 


gebracht. So hält nach Kussmaul 1 ) Lorinser dafür, dass 
das Quecksilber jahrelang im Körper verbleiben könne, sofern 
nicht Jodkali zur Anwendung käme. 

Michaelis erhielt noeh 2 Monate nach Quecksilber¬ 
gebrauch Quecksilberreaction aus dem Urin; hn dritte» Monat 
konnte er es nicht mehr nachweisen, trotzdem die Unter¬ 
suchungen an Urin gemacht wurden, der während dreier Tage 
gesammelt worden war; doch hat er derartige Untersuchungen 
nur einmal ausgefubrt. 

Kussmaul 2 ) gibt nur sehr spärliche Angaben über die 
Ausscheidung des Quecksilbers aus dem Organismus. Bei einem 
Gewerbemercurialismus fand er 8 Tage nach Aufhören der 
Arbeit nur wenig Quecksilber, trotzdem die Analyse aus einer 
grossen Urinmenge gemacht wurde. In einem anderen ähnlichen 
Falle konnte gar kein Quecksilber nachgewiesen werden, obgleich 
noch ein halbes Jahr später Niere und Leber bei der Obduction 
grosse Mengen davon enthielten. Er nimmt daher an, dass 
das Quecksilber nicht immer mit dem Urin abgeht, wenn es 
sich auch im Organismus findet. 

Derselben Ansicht ist auch Overbeck, 3 ) welcher dafür 
hält, dass die Quecksilberausscheidung aus dem Körper grossen 
Schwankungen unterworfen ist, einem Steigen und Fallen, ja 
mitunter iür eine Zeit ganz und gar verschwunden sein kann. 
In Hinsicht auf das Verharren des Hg. im Körper kommt er 
zu demselben Resultat wie Waller, dass die Quecksilber¬ 
ausscheidung aus dem Organismus langsam vor sich geht, 
jedenfalls Monate dauert, unter gewissen Umständen bis 7 
Monate und noch länger. Das Verweilen des Quecksilbers hängt 
nach ihm nicht davon ab, dass dem Körper eine grosse Menge 
desselben zugeführt wird, sondern von individuellen Verhältnissen. 

Nach Landsberg 4 ) hätte Schneider nach längerem 
Quecksdbergebraueh dasselbe stets auch nach Beendigung der 

') Kussmaul. Untersuchungen über den constitutionellen Mercu- 
rialismus. 1861. p. 411. 

*) 1. c. p. 418. 

*) Overbeck. Mercur und Syphilis. Berlin. 1861. p. 230. 

4 ) Landsberg. Ueber Ausscheidung des Quecksilbers aus dem 
Organismus. Breslau. 1886. p. 17. Inaug. Dissert. 


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Linden. 


Cur im (Jrine gefunden; so hat er es nach innerlicher Be¬ 
handlung constant während der ersten 8 Tage nachweisen 
können, in einem Falle noch 4 Wochen und in einem anderen 
Falle noch 6 Wochen nach beendeter Behandlung. Die Unter¬ 
suchungen wurden am Urin gemacht, der während 4 Tagen 
gesammelt war. Waren einige Monate seit der Cur verflossen, 
so suchte er vergebens Quecksilber im Urine. 

Hallopeau 1 ) bespricht von Mayengon und Bergeret 
gemachte Untersuchungen, wo nach einer einzigen Dosis Sub¬ 
limat 0*01 der Urin während der ersten 24 Stunden Queck¬ 
silber enthielt, aber später keine Spur mehr davon entdeckt 
werden konnte. Ebenso führt er an, dass Byosson bei einer 
subcutanen Injection von 0’02 Sublimat nach 2 Stunden Queck¬ 
silber im Urin fand, nach 4 Stunden im Speichel, nach 
24 Stunden aber die Ausscheidung abgeschlossen war. Währt 
die Behandlung dagegen längere Zeit und werden grössere 
Dosen dem Organismus zugeführt, so kann nach Hallopeau 
die Elimination des Quecksilbers auf mehrere Monate, ja mit¬ 
unter sogar auf Jahre verlängert werden. 

Schmidt, 2 ) der seine Untersuchungen an 14 Fällen 
machte, wovon 7 mit Sublimatinjectionen behandelt wurden, 
6 mit Einreibung von Ung. einer, und 1 mit Calomel innerlich, 
fand nach jeder Behandlung Quecksilber im Urin. Beim Ver¬ 
gleich der hypodermatischen und endermatischen Quecksilber¬ 
behandlung fand er, dass bei Sublimatinjectionen das Queck¬ 
silber viel schneller und in bedeutend grösserer Menge in den 
Organismus übergeht als nach der Inunctionscur. Calomel 
innerlich gegeben, sieht er, was Quantität und Zeit seines 
Auftretens im Urin betrifft, als zwischen beiden vorhergehenden 
Methoden stehend an. So fand er nach täglicher Injection von 
Vs Gr. Sublimat am nächsten Tage Quecksilber. Nach inner¬ 
licher Behandlung mit Calomel fand sich Hg. am 4. Tage im 
Urin und bei Anwendung von grauer Salbe 2—4 Gr. gaben 
die Analysen in einem Falle am 6. und 7. Tage ein negatives 

') Hallopeau. Du mercure action physiologique et therapeutique. 
Paris. 1878. pag. 59. 

*) Ein Beitrag zur Frage der Elimination des Quecksübers aus 
dem Körper. Inaug. Dissert. Dorpat. 1879. 


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Untersuchungen über d. Resorption u. Eliminat. des Quecksilb. 175 


Resultat, erst am 13. und 28. Tage ein positives. In einem 
anderen Falle fand sich am 8. Tage kein Quecksilber, konnte 
aber am 17. Tage im Speichel nachgewiesen werden; in einem 
3. Falle konnte noch am 5. Tage kein Quecksilber nachge¬ 
wiesen werden, wohl aber am 11. Vor. der Behandlung und in 
den Zwischenzeiten sind keine Untersuchungen gemacht worden, 
daher geht also aus diesen Fällen nicht hervor, wann die 
frühste Quecksilberausscheidung begann. Ebenso sind keine 
Untersuchungen über seine Remanenz gemacht worden. 

Im Jahre 1880 gaben Vajda und Paschkis 1 ) eine 
recht umfangreiche Arbeit, die Frucht mehrjähriger Studien, 
heraus. In derselben werden Quecksilberanalysen über 201 Fälle 
mitgetheilt; da aber in 160 Fällen nur eine einfache Analyse 
gemacht wurde, in 28 Fällen 2, in 6 Fällen 3 und in 7 Fällen 
4 oder mehrere Analysen so ist einzusehen, dass der Analysen, 
allzuwenige sind, um darauf sichere Schlusssätze aufbauen zu 
können, und die Resultate, zu denen V aj d a und Paschkis 
gelangen, nicht immer wohl begründet sind. So nehmen sie 
an, 2 ) dass das Quecksilber sich ebenso häufig im Urin findet, 
der mehrere Jahre nach der Behandlung untersucht wird, wie 
in dem in der ersten Woche nach derselben entnommenen, 
und dass das Quecksilber bis 13 Jahre nach abgeschlossener 
Behandlung im Organismus verbleiben könne. 

In Hinsicht auf die Aufnahme des Quecksilbers und seine 
Ausscheidung aus dem Körper ist nach ihnen die Qualität, 
von grösserer Bedeutung als die Quantität, da die leicht lös¬ 
lichen Verbindungen im Allgemeinen leichter durch das Gefäss- 
system passiren; demnächst wird die Bedeutung der Quantität 
hervorgehoben, doch hat kein directes Yerhältniss zwischen 
der angewandten Quecksilbermenge und seiner Remanenz nach¬ 
gewiesen werden können. In Uebereinstimmung mit früheren 
Verfassern, fanden sie, dass die Quecksilberausscheidung sehr 
unregelmässig vor sich geht. Von 68 während der Behandlung 
untersuchten Fällen . konnte nur in 39 Quecksilber im Harne 


') Ueber - den Einfluss des Quecksilbers auf den Syphilisprocess. 
Wien 1880. 

>) 1. c. p. 285. 


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Linden. 


nachgewiesen werden, und in den nach der Behandlung ge¬ 
machten Untersuchungen wurden in einem Theil der Fälle 
während der ersten Woche negative Resultate erzielt, während 
wieder noch 8, 12 und 13 Jahren nach abgeschlossener Be¬ 
handlung positive Resultate gezeigt werden konnten. 

Um den Einfluss der Qualität des Quecksilbers auf seine 
Ausscheidung zu prüfen, wurden die Quecksüberbestunmungen 
nach Anwendung der meist gebräuchlichen Präparate gemacht, 
und daraus der Schluss gezogen, dass das Quecksilber am 
frühsten nach Gebrauch von Decoet. Zittmanni ausgeschieden 
wird, nämlich schon am folgenden Tage. Dieser Schluss wird 
auf Grund zweier mit erwähntem Decoct behandelter Fälle, 
wobei nur zwei Untersuchungen gemacht wurden, und ans 3 
nach Sublimatmjectionen in dreien Fällen gemachten Analysen 
gezogen. In keinem Falle sind die Analysen indessen nach der 
ersten Injection gemacht, wo sich möglicher Weise schon 
Quecksilber im Urme fand, sondern frühestens nach der zweiten. 
Bei Untersuchungen, welche nach Calomehnjectionen, einmal 
in jedem Falle (ausser in einem, wo zwei Analysen ausgeführt 
wurden) gemacht wurden, wurde nur 5mal in 13 Fällen Queck¬ 
silber im Urine constatirt und dann frühestens 10 Tage nach 
der letzten Injection. Die Zahl der Injectionen betrug gewöhn¬ 
lich 3 und die Grösse der Dosis 0*3(5. Wo die Analyse ein 
negatives Resultat ergab, war es in den meisten Fällen zur 
Abscedirung gekommen, aber anch, wo kein Abscesa eintrat, 
wurde am 1. und 5. Tage nach der Injection ein negatives 
Resultat erhalten. Sie schliessen daraus, dam nach Calomel- 
injectionen das Quecksilber später im Harne auftritt als naeh 
den erstgenannten Präparaten. 

Nach innerem Gebrauch von Sublimat trat die Ausschei¬ 
dung erst nach 11 und 12 Tagen, nach Verb rauch von 11 Ccm. 
Sublimat auf. In anderen Fällen fand sich anch naeh ein- 
monatlichem Gebrauch desselben kein Quecksilber vor. 

Bei der Schmiercur mit Ung. hydrarg. konnte Quecksilber 
in zwei Fällen erst am 3. Tage nach der zweiten Einreibung 
entdeckt werden, in einem 3. Falle erst nach der 7. Einreibung. 

Bei Inunctionscur mit Ung. hydrarg. konnte Quecksilber 
während und nach der Behandlung häufiger nachgewiesen 


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UntersuchuDgen über d. Resorption u. Eliminat. des Quecksilb. 177 


werden als bei Anwendung anderer Präparate. Nach Sublimat- 
injectionen dagegen fand sich Quecksilber häufiger (als bei der 
Scbmiercur) während der Behandlung, dafür selten nach der 
Behandlung. 

Mit Bezug auf den chronischen Verlauf der Syphilis halten 
Vajda und Paschkis die Inunctionscur für die passendste 
Behandlungsmethode, da man von ihr die andauerndste Wir¬ 
kung erwarten kann, dagegen werde die Schmiercur von den 
leichtlöslichen Quecksilbersalzen übertroffen, wo es sich um 
Hervorrufung einer schnellen Wirkung handelt. 

Den Vergleich zwischen den verschiedenen Behandlungs¬ 
methoden gründen sie, wie oben ersichtlich, auf ein recht be¬ 
schränktes Material, speciell was die Quecksilberinjectionen 
betrifft. 

Oberländer 1 ) kommt in seinen Untersuchungen über 
die Ausscheidung und Remanenz des Quecksilbers zum Schluss, 
dass dasselbe sogar noch 190 Tage nach abgeschlossener 
Quecksilbercur im Urine nachzuweisen ist, und dass bei der 
Ausscheidung Exacerbationen und Remissionen sowie vollstän¬ 
dige Pausen Vorkommen. Diese können 8—10 Tage dauern, und 
in kürzeren Zeiträumen von 12 bis 24 Stunden. 

InUebereinstimmung mit Oberländer meint Schuster, 2 ) 
dass eine Regelmässigkeit in der Ausscheidung des Queck¬ 
silbers nicht nachzuweisen ist, sondern dass diese mit langen 
quecksilberfreien Pausen vor sich geht. Im Gegensatz zu V a j d a 
und Paschkis wieder fand er nicht so häufig Quecksilber 
im Harne, auch hat er keine so lange Remanenzzeit beob¬ 
achtet wie diese. Von 52 Urinuntersuchungen, hauptsächlich nach 
Inunctionen, gaben nur 20 ein positives Resultat, die übrigen 
ein negatives. Am frühsten wurde Quecksilber 7, 8 und 

12 Tage nach der Behandlung angetroffen. 

Die von Vajda und Paschkis beobachtete lange Re¬ 
manenzzeit beruht nach Schuster nicht auf dem Quecksilber, 
das vor Jahren während einer Cur dem Organismus zugeführt 
wurde, sondern auf dem durch die Respiration dem Patienten 


') Vierteljahrschrift für Dermatologie und Syphilis. 1880. p. 512. 
*) Vierteljahrschrift für Dermatologie und Syphilis. 1882. 

Ergänzungshefte z, Archiv f. Dermatl.o m Syphil. 1892. io 


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178 


Linden. 


zugeführten, der lange in einem syphilitischen Krankenhause 
gelegen habe. 

Gegen alle oben angeführten Untersuchungen kann jedoch 
mit N e g a *) der Einwand erhoben werden, dass in den meisten 
Fällen nur eine einzige Analyse gemacht worden ist, und dass 
also, wo ein negatives Resultat erzielt wurde, damit noch 
nicht gesagt ist, dass eine Analyse nach der Cur nicht ein 
positives Resultat hätte geben können. Nega hat auch im 
Gegensatz zu Schuster bei mercurialer Cur Quecksilber im 
Urine nachweisen können. Er hat nämlich bei allen Patienten, 
die einer längeren Behandlung unterlagen (12—24 Inunctionen), 
durch wiederholte Untersuchungen die Anwesenheit des Queck¬ 
silbers im Urine während der Behandlung dargelegt. Auch 
während der drei ersten Monate nach der Cur ist es ihm 
geglückt, Hg. im Urine nachzuweisen, vorausgesetzt freilich, 
dass grössere Mengen eingerieben waren. 

Seine Untersuchungen wurden hauptsächlich nach Einrei¬ 
bungen von sapo mercur., ung. ein. und Quecksilberoleat gemacht. 
Nach Einreibung von sap. mercurial. an 8 Patienten, gaben von 
66 Untersuchungen 18 ein negatives Resultat; in der Mehrzahl 
der Fälle trat das Quecksilber erst nach 2, 3 oder 5 Einrei¬ 
bungen auf. 

Nach Einreibung von grauer Salbe an 9 Patienten erhielt 
er in 47 Fällen ein positives und in 3 Fällen ein negatives 
Resultat. Von 10 einen Monat nach der Behandlung gemachten 
Analysen gaben 6 positive und 4 negative Resultate. 

Bei Einreibungen von Quecksilberoleat gaben von 210 
Analysen 124 positives und 86 ein negatives Resultat. 

Bei der cutanen Methode kann das Quecksilber ebenso 
wie nach der Injectionsmethode schon nach 24 Stunden im 
Harne gefunden werden, und geht also die Resorption durch 
die Haut recht schnell. Häufig hat es jedoch nicht vor der 
2., 3. oder 5. Einreibung nachgewiesen werden können, wahr¬ 
scheinlich weil die Resorption nach dieser Methode allmälig 


*) Vergleichende Untersuchungen über die Resorption und Wirkung- 
verschiedener zur cutanen Behandlung verwandter Quecksilberpräparate. 
1884. p. 66. 


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Untersuchungen über d. Resorption u. Eliminat. des Quecksilb. 179 


vor sich geht und die Quantitäten zu gering sind, um ent¬ 
deckt werden zu können, wogegen bei der Injection grössere 
Quantitäten schnell in die Circulation gebracht werden. 

Zu demselben Resultat wie letztgenannter Verfasser 
kommt mit Bezug auf Quecksilberaufnahme und -ausseheidung 
in der Hauptsache auch Welander 1 ) in seinen umfassenden 
und sorgfältig ausgeführten Untersuchungen 1886. Er hat das 
Quecksilber, in welcher Form es auch dem Körper zugeführt 
wurde, innerhalb des ersten Tages nachweisen können. Doch 
gab es auch Fälle, wo bei Einreibungen mit ung. Hg. bis zum 
4., ja sogar bis zum 8. Tage, trotz täglicher Einreibung, kein 
Quecksilber gefunden werden konnte. Dagegen wurde nach 
Quecksilberinjectionen mit Sublimat, sowie an 4 Patienten mit 
Hg. formamid. und an 1 Patienten mit Calomel schon nach 

1 und iy 2 Stunden in ganz beträchtlicher Menge Quecksilber 
ausgeschieden. Nach Calomelinjection, 020, wurde jedoch nach 
8 Stunden noch kein Quecksilber angetroffen, sondern erst 
nach ungefähr 18 bis 20 Stunden, und war die Menge nach 
6 Tagen sehr bedeutend. Bei allen späteren Untersuchungen 
zeigte sich, dass bei dieser Behandlung das Quecksilber sich 
in grösserer Menge vorfand als nach jeder anderen und noch 
einen Monat nach der letzten Injection auftrat. Auch nach 
Sublimatinjectionen kann das Quecksilber noch nach einem 
Monat nachgewiesen werden und nach Hg. formamid. nach 

2 Monaten. 

Auf Grund seiner Untersuchungen kommt Welander 
zu dem Schlüsse, dass das Quecksilber bei Injection in einer 
dieser Formen schnell und in grosser Menge absorbirt wird. 

Ko pp 2 ) dagegen hat, wenn 5 Wochen nach einer Be¬ 
handlung mit Hg. formamid. verflossen waren, kein Queck¬ 
silber mehr im Harne nachweisen können. 

Auch bei innerlichem Gebrauch fand Welander im 
Urine schon nach 4 und 7 Stunden Quecksilber. Obgleich er 


1 ) Nordiskt Medicinsut Arkiv. Band 18. 1886. Quicksilfrets uppta- 
gande och afskiljande ur menniskokroppen. 

2 ) Ueber Behandlung der Syphilis mit subcutanen Injectionen von 
Hg. Formamid. Yierteljahrschrift für Dermatologie und Syphilis. 1885. 

12 * 


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180 


Lin de ii. 


die Zahl seiner Untersuchungen für zu gering ansieht, uro zu 
sicheren Schlusssätzen zu berechtigen, so findet er doch, dass 
viel dafür spricht, dass die Quecksilberausscheidung aus dem 
Körper am schnellsten bei Einführung desselben in Form der 
subcutanen Injection beginnt, und ist daher nach ihm die In- 
jectionsmethode die sicherste, wo eine schnelle Wirkung des 
Quecksilbers bezweckt wird, denn die schnelle Elimination be¬ 
weist die schnelle Absorption. 

Die periodische oder unausgesetzte Ausscheidung des 
Quecksilbers betreffend, kommt er im Gegensatz zu den meisten 
früheren Verfassern zu der Ueberzeugung, dass es regelmässig 
ausgeschieden wird, so lange es sich im Körper findet, denn 
mit wenigen Ausnahmen hat er bei seinen Untersuchungen 
immer Quecksilber in solchen Fällen gefunden, wo man Grund 
hatte, das Vorhandensein desselben anzunehmen. Die wider¬ 
sprechenden Angaben betreffs der Absorption und Elimination 
des Quecksilbers beruhen nach ihm auf mangelhaften Unter¬ 
suchungsmethoden. 

Auch in Hinsicht auf die Quantität des ausgeschiedenen 
Quecksilbers will er eine gewisse Regelmässigkeit annehmen; 
denn obgleich mit der von ihm angewandten Untersuchungs¬ 
methode keine absoluten Bestimmungen in Frage kommen 
können, so hält er sich doch durch die angewendete approxi¬ 
mative Berechnung für berechtigt, den Schlusssatz zu ziehen, 
dass die Quantität des ausgeschiedenen Quecksilbers in directer 
Proportion zu der im Körper befindlichen steht. 

Je früher nach Schluss der Behandlung er die Analyse 
machte, desto grösser fand er stets die ausgeschiedene Queck¬ 
silbermenge. Dass das Quecksilber bisweilen schneller, bisweilen 
langsamer ausgeschieden wird, beruht nach Welander darauf, 
wie gross die dem Körper zugeführte Quantität gewesen ist. 
Eine kleinere Quantität wird schneller ausgeschieden, eine 
grössere langsamer und die Qualität dürfte dabei keine be¬ 
sondere Rolle spielen. 

In Hinsicht auf die Zeit, welche das Quecksilber im 
Körper verweilen kann, meint er, dass es in der Regel 4—6 
Monate verbleibt, in 2 Fällen hat er es noch nach 7 Monaten 
gefunden. 


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Untersuchungen über d. Resorption u. Eliminat. des Quecksilb. 181 


So übereinstimmend die früheren Verfasser in ihren das 
Unbeständige der Quecksilberausscheidung aus dem Körper 
betreffenden Angaben waren, ebenso übereinstimmend scheinen 
die in letzter Zeit in Hinsicht auf die Constanz und Remanenz 
derselben gemachten Untersuchungen zu sein. So sind auch 
Landsberg l ) und Wat ras zewski zu Resultaten gelangt, 
welche sich in der Hauptsache Nega und Weiander an- 
schliessen. 

Die Untersuchungen des ersteren, 160 Analysen in 
22 Fällen, meist nach Calomelinjectionen ausgeführt, zeigen, 
dass sich bei Behandlung mit den gewöhnlichen Dosen be¬ 
ständig Quecksilber findet, derart, dass 16—24 Stunden nach 
einer Injection von 0*20 Calomel im Urine Quecksilber nach¬ 
gewiesen werden kann, dessen Menge während des 3. und 
5. Tages ihr Maximum erreicht, auf welchem sie sich dann, 
mit kleinen Abweichungen, mehrere Wochen erhält. Dann wird 
die Quantität geringer mit grösseren Schwankungen, bis es 
nicht mehr nachgewiesen werden kann. Sollten, so meint er, 
erneuerte Injectionen gemacht werden, wenn die Ausscheidung 
noch constant ist, so üben sie keinen Einfluss auf das Ab- 
sonderungsverhältniss, sondern nur auf die Remanenz des 
Quecksilbers. Es wird eine längere Zeit beständig ausgeschieden; 
werden aber die Injectionen später gemacht, wenn die Queck¬ 
silberquantität schon geringer ist, so steigt sie wieder auf das 
Maximum. 

Mit Bezug auf die Remanenz fand er in einem Falle 
nach 6 Injectionen noch 2 Monate später Quecksilber, in 
einem anderen Falle noch nach 10 und 13 Monaten, wenngleich 
dann nur in geringer Menge; bei einigen Untersuchungen fehlte 
es ganz und gar. 

Was nun speciell Hg. salicyl., seine Resorption und Eli¬ 
mination betrifft, so habe ich in der Literatur nur eine Ver¬ 
öffentlichung von Lewi a ) gefunden, 31 Analysen an 5 Patienten 
umfassend, wo er nach Injection von 0*05 Hg. salicyl. innerhalb 


') 1. c. 

2 ) Ueber den Nachweis der Ausscheidung des Quecksilbers aus dem 
Organismus durch den Harn. Inaug. Dissertation. 1889. 


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182 


Linden. 


48 Stunden und bisweilen noch früher Quecksilber im Urin 
fand; die ersten Tage nur in geringer Menge, die später schnell 
zunimmt und dann einige Zeit (einige Tage) hindurch constant 
nachgewiesen werden kann. 

Auch Böhm 1 ) hat einige Untersuchungen über die Lös- 
lichkeits- und Resorptionsverhältnisse des Hg. salicyl. gemacht 
und gefunden, dass dasselbe in dieser Beziehung dem Calomel 
nahe steht. Bei Versuchen an Thieren constatirte er eine sehr 
reichliche Resorption von Hg. salicyl. und beim Vergleich mit 
von Schmidt und Winternitz an Calomel ausgeführten 
Untersuchungen kommt er zum Schluss, dass beim innerlichen 
Gebrauch von Hg. salicyl. die Resorption unvollständig, aber 
doch recht bedeutend ist, wahrscheinlich reichlicher als bei 
nicht giftigen Dosen von Calomel. Die letztgenannten Verfasser 
haben auch bei Einreibungen grosse Mengen von Quecksilber 
gefunden, aber erst nach längerem Gebrauch derselben. 


Die meisten Untersuchungen, welche zur Prüfung des 
Quecksilbergehaltes im Organismus gemacht wurden, sind mit 
einigen kleinen Aenderungen und Modificationen nach der 
Ludwig-Fürbringer’schen Methode ausgeführt; der Hauptgang 
ist für alle wesentlich derselbe gewesen. Die Analyse wird 
nach dieser Methode bekanntlich so ausgeführt, dass in 500 Ccm. 
Urin 0*25 Gr. Lametta hineingethan wird. Der Urin wird auf 
60—70° erwärmt und muss dann längere Zeit stehen. Darauf 
wird er abgegossen und die Lametta wird in heissem Wasser, 
Alkohol und Aether gewaschen, getrocknet und in ein Glasrohr 
gethan, dessen beide Enden zu Capillarröhren ausgezogen sind. 
Wird nun die die Lametta enthaltende Mittelpartie der Röhre 
erwärmt, so sublimirt das Quecksilber an den Wänden der 
Röhre. Ein kleines Korn Jod wird in die Capillarröhre gethan 
und nach vorsichtiger Erwärmung bildet sich an der Röhre 
ein rother Ring von Quecksilberjodid. 


’) Quantitative Untersuchungen über die Resorption und Ausschei¬ 
dung des Quecksilbers bei innerlicher Verabreichung von Hg. salicyl. 
Zeitschrift für Physiologische Chemie. Bd. XV. 1. Heft. 1891. 


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Untersuchungen über d. Resorption u. Eliminat. des Quecksilb. 183 


Schridde modificirt die Methode derart, dass er in 
einer gleich dicken, 12 Cm. langen und 1 Cm. breiten Röhre, 
deren eines Ende zugeschmolzen ist, die Röhre mit der dann¬ 
liegenden Lametta auf einem Bunsen’schen Brenner erwärmt, 
diese dann hinauswirft und auf den heissen Boden ein kleines 
Körnchen Jod hineinwirft. Diese auf Ueberführung des Queck¬ 
silbers in eine Jodverbindung hasirte Methode scheint sehr 
zarter Natur zu sein, denn wird zufälligerweise mehr Jod 
hineingethan als nöthig ist, so kann leicht, wie Nega erfuhr, 
bei Verflüchtigung des Ueberschusses auch das Quecksilber leicht 
entweichen und so die ganze Analyse riskirt werden. Ich habe 
daher für meine Untersuchungen die A11 m e n’sche von Schill¬ 
berg modificirte Methode gewählt, die auch von Welander 
befolgt und in den im Nordiskt Med. Arkiv 1886 Band 18 
veröffentlichten Untersuchungen beschrieben ist, und welche 
Methode von ihm für die beste und die sichersten Resultate 
gebende gehalten wird. 

Diese Methode hasirt wie die erste auf Fällung des 
Quecksilbers auf elektrolytischem Wege auf Metall, von welchem 
es dann durch Erwärmen freigemacht und darauf in eine ge¬ 
schlossene Glasröhre aufgenommen wird. Nach dieser Methode 
kann das Quecksilber nicht nur qualitativ, sondern auch an¬ 
näherungsweise quantitativ bestimmt werden, da vermittelst 
des Mikroskopes auch minimale Quantitäten nachgewiesen 
werden können. 

Ich werde nun eine kurze Darstellung der Methode geben, 
die Welander in oben erwähnter Arbeit beschreibt. 

- Die zur Untersuchung bestimmte Urinmenge, gewöhnlich 
300 Ccm., wird mit Natronlauge und etwas Honig versetzt, 
in einem Glaskolben erhitzt und muss */ 4 Stunde über einer 
Gasflamme kochen. Der Inhalt des Kolbens wird in ein De- 
cantirglas entleert. Nachdem sich die Fällung ahgesetzt, wird 
die klare Flüssigkeit ahgegossen und der Bodensatz in einen 
kleineren Kolben aufgenommen. Der grössere Kolben wird mit 
etwas Salzsäure nachgespült, um möglicherweise nachgebliebene 
Reste der Fällung aufzulösen, und die Spülflüssigkeit wird zum 
Niederschlage in den kleineren Kolben gegossen. In den Kolben 
wird ein vorher geglühter Kupferdraht von 3 Cm. Länge und 


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184 


Linden. 


5 Mm. Dicke gethan; der Inhalt wird bis zum Kochen erhitzt 
und der Kolben mit einem Kork verschlossen, in den der 
Länge nach eine feine Rinne geschnitten ist, und dann in eine 
Ofennische gesetzt, wo er l 1 /,* bis 2 Tage bei einer Temperatur 
von 45—65° C. stehen muss. Der Kupferdraht wird darauf 
herausgenommen und mit Wasser gespült; finden sich an ihm 
möglicherweise Urin- und Färbesubstanzen abgesetzt, so wird 
er, um ihn davon zu befreien, mit Natronlauge gekocht, worauf 
er vorsichtig an Fliesspapier abgetrocknet und in ein feines 
ausgezogenes Glasrohr mit für ihn abgepasstem Lumen gethan 
wird. Die Glasröhre wird aus grobkalibrigen Röhren, die aus 
leichtschmelzendem, gleichmässigem und blasenfreiem Stoff be¬ 
stehen, über einer Spiritus- oder Gasflamme ausgezogen, dann 
an beiden Enden zugeschmolzen und vorsichtig erwärmt, worauf 
das Quecksilber sublimirt und sich im Röhrchen dicht vor dem 
Ende des Metalldrahtes absetzt. Es zeigt sich hier unter dem 
Mikroskope als grössere und kleinere undurchsichtige Kugeln. 
Je kleiner die Kugel ist, desto dunkler erscheint sie und desto 
weniger tritt an ihr der Metallglanz hervor; an den grösseren 
Kugeln dagegen bemerkt man deutlich eine bleigraue Metall¬ 
farbe und einen Lichtreflex in der Mitte der Kugel und an 
ihrer vorderen Seite. Diese Quecksilberkugeln placiren sich 
häufig in den gelblichen Oeltropfen, die an der inneren Seite 
der Röhre zu sehen sind, wodurch ihre Conturen schärfer und 
also leichter zu entdecken sind; aber auch in den grösseren 
oder kleineren Wassertropfen sind oft kleine Quecksilber¬ 
kügelchen zu sehen. Eine Einstellung der vorderen Seite der 
Röhre erleichtert auch in gewissem Grade die Entdeckung 
derselben, da aber die Kügelchen bei Weitem nicht immer 
auf einer Stelle versammelt sind, sondern im Gegentheil an 
verschiedenen Stellen der Röhre verstreut, so ist es nothwendig, 
durch Verschiebung und Rotation der Röhre so viele verschiedene 
Theile derselben als möglich zur Beobachtung zu bringen. Durch 
diese Art der Arbeit kann nicht nur eine qualitative Bestimmung 
gemacht werden, sondern es kann auch durch die Grösse und 
Menge der Kugeln eine quantitative Abschätzung erhalten werden. 

Da die beiden Enden der Glasröhre gewöhnlich von ver¬ 
schiedener Dicke sind, so kann die Erwärmung vom schmäleren 


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Untersuchungen über d. Resorption u. Eliminat. des Quecksilb. 185 

Ende ausgehen zum dickeren hin, welches unerwärmt gelassen 
wird; ich fand dabei, dass die Kugeln gegen dieses Ende hin 
zusammengetrieben werden können und das Quecksilber also 
auf einem relativ beschränkten Raum zur Absetzung gebracht 
werden kann. 

Sollte Unsicherheit darüber herrschen, wie es häufig 
besonders bei Bildung sehr kleiner Kugeln geschieht, ob das 
Vorliegende Quecksilberkugeln oder Luftblasen sind, so hat 
man nach Welander in der Erwärmung ein gutes Mittel für 
die Differentialdiagnose; die Luftblase bleibt auf ihrem Platz, 
wogegen die Quecksilberkugel verschwindet und an einer anderen 
Stelle der Röhre sublimirt. 

Durch diese Methode können natürlich keine absolut 
sicheren Quantitätsbestimmungen gemacht werden, da ja die 
approximative Schätzung der Grösse und Menge der Kugeln 
vollständig subjectiv ist. Gleichwohl habe auch ich gleich 
Welander diese quantitative Schätzung bei meinen Unter¬ 
suchungen durchzuführen versucht und bin der Meinung, dass 
diese Abschätzung, da man nur den Vergleich zwischen den 
gemachten Analysen im Auge hat, vollständig ihren Platz 
ausfüllt, wenn nur beobachtet wird, dass stets dieselbe Urin¬ 
menge und dieselbe Vergrösserung zur Anwendung kommt und 
bei der Abschätzung Rücksicht auf das specifische Gewicht 
des Harnes genommen wird, denn bei niedrigem Gewicht kann 
nicht in demselben Verhältniss Quecksilber erwartet werden 
wie in Urin mit hohem specifischen Gewicht. 

Welander hat seine Untersuchungen mit Hinsicht auf 
die Menge und Grösse der Kugeln in sechs Abtheilungen 
gruppirt. Ich habe nur 4 Gruppen aufgestellt und die von mir 
untersuchten Fälle in diese einzufügen versucht und der Ueber- 
sichtlichkeit wegen die Gruppen je nach der Quecksilbermenge 
mit 1, 2, 3 und 4 bezeichnet. So bezeichnet Nr. 1 wenig 
Quecksilberkugeln, wenn nur eine oder einige sehr kleine 
Kugeln sich vorfanden; Nr. 2 eine mittlere Menge Kugeln, 
d. h. ziemlich viel kleinere oder einige grössere, Nr. 3 viel 
Kugeln, wenn mehrere grosse oder sehr viele kleine Kügelchen 
sich fanden; sowie Nr. 4 sehr viel, wenn eine grosse Menge 
grosser und kleiner Kugeln nachgewiesen werden können. 


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186 


Linden. 


Es kann wohl bisweilen Zweifel darüber entstehen, in 
welche der 4 Gruppen eine Analyse wirklich gehört; sind aber 
mehrere Analysen gemacht worden, so erleichtert die Ge¬ 
wohnheit eine approximative Bestimmung und die Analyse 
wird mit Leichtigkeit abgeschätzt, so dass sich keine wesent¬ 
lichen Unrichtigkeiten einschleichen können. 

Bei Ausführung der Analysen wurden alle denkbaren 
Yorsichtsmassregeln ergriffen, um mit Sicherheit Quecksilber 
aus anderen Quellen ausschliessen zu können. So wurde die 
grösste Sorgfalt der Reinigung aller Gefässe gewidmet, sowohl 
denen, in welchen der Urin erst aufgefangen wurde, wie allen 
Kolben, Decantirgläsern u. s. w., welche beim Kochen oder 
zur Aufbewahrung des Urins zur Anwendung kamen. Da auch 
die Salzsäure Quecksilber enthalten kann, so wurde sie stets 
vor der Anwendung untersucht. Ebenso können die vielen 
Analysen, welche vor Beginn der Behandlung an Patienten 
gemacht wurden, die früher keiner Quecksilberbehandlung 
unterworfen gewesen waren und die ein negatives Resultat 
ergaben, als Controlversuche dienen. 

Schliesslich mag erwähnt werden, dass sowohl Salicyl- 
quecksilher als auch Thymolquecksilberacetat in Mischungen 
von 0*1 auf 10 Paraffin in Dosen von 0*10 und 0*05 injicirt 
und dabei alle antiseptischen Yorsichtsmassregeln beobachtet 
wurden, um die Reaction möglichst einzuschränken. Das 
Paraffin wurde vor der Mischung gekocht, die Injectionsstelle 
desinficirt, ebenso die Spitze der Spritze durch Carbolsäure 
oder Erhitzen über einer Spiritusflamme. Die Injectionen 
wurden entweder in der Trochanterregion oder unter der 
Schulter gemacht. Dabei sind niemals Abscesse entstanden, 
aber bisweilen eine Infiltration um die Injectionsstelle, welche 
aber immer von geringer Bedeutung war. 

Dieselben Yorsichtsmassregeln wurden auch bei den 
wenigen Calomelinjectionen beobachtet; als Constituens für 
Calomel wurde Glycerin angewandt. Die Injectionen wurden 
subcutan, nicht in die Muskeln gemacht. 

Zusammen sind 305 Untersuchungen über Quecksilber im 
Harne gemacht worden. Davon 237 nach Injection von Hg. 
salicyl. oder Thym. acet. Hg., 8 nach Calomelinjectionen, 32 


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Untersuchungen über d. Resorption u. Eliminat. des Quecksilb. 187 


nach interner Behandlung, 19 nach Inunctions- und 9 nach 
gemischter Behandlung. Bei allen diesen Analysen habe ich 
ein Mikroskop von Verick angewandt mit Vergrösserung Ob- 
jectiv Nr. 2. Ocul. 1. 


Nr, 1. 


H. 22 Jahre. Papulae mucosae faucium. 


Datnm der 
Injection 

Tageszeit 

Quecksilber¬ 

menge 

Hg. salicyl. 

Urin 

entnommen 

Tageszeit 

© 

bß 

fl 

© 

S 

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Specifisches 

Gewicht 

Quecksilber- 
menge 
im Harne 


14./XII.—15./IV. 


— 

1,78 

28./Y. 

11 V.-M. 

300 

1,025 

1 


— 


— 

— 

5./YI. 

7 N.-M. 

300 

1,025 

0 


— 


— 

— 

6./VI. 

7 V.-M. 

300 

1,015 

0 


6./YI. 

V 4 iiy.-m. 

0,10 

7./VI. 

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300 

1,023 

4 


— 


— 

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7./VI. 

4% N.-M. 

300 

1,030 

3 


9./VI. 

li 

V.-M. 

0,10 

10./VI. 

7 V.-M. 

300 

1,023 

4 


13./VI. 

n 

» 

0,10 

19./VI. 

10% „ 

300 

1,024 

2 


19./VI. 

li 

V 

0,10 

2./VII. 

9 r 

300 

1,021 

2 


25./VI. 

11 

n 

0,10 

— 

— 

— 

— 

— 


2./VII. 

li 

j) 

0,10 

11./VII. 

11% V.-M. 

300 

1,010 

3 


— 


— 

— 

8./VIII. 

10% „ 

300 

1,015 

0 


— 


— 

— 

25./YIII. 

11 * 

300 

1,010, 

0 


— 


— 

— 

8./IX. 

11 „ 

300 

1,011 

0 


— 


— 

— 

12./IX. 

H% „ 

300 

1,020 

0 



6 Wochen nach Beendigung der Injectionen, wobei im Laufe von 
4 Monaten 1,78 Hg. salicyl. eingespritzt waren, enthielt der Urin eine 
geringe Menge Quecksilber, die eine Woche später verschwunden war; 
18 und 30 Stunden nach Injection von 010 viel Quecksilber. 6, 10 und 
14 Tage nach den Injectionen mittlere Menge Quecksilber. 6, 9, 9 ! / ? Wochen, 
nachdem 0*60 im Laufe eines Monats injicirt worden, wurde kein Queck¬ 
silber mehr im Harne angetroffen. 


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188 


Linden. 


Nr. 2. 

K. 22 Jahre. Papulae mucosae faucium. Laryngitis ehr. 

Pat. war 5 Wochen mit Quecksilber behandelt worden. Injection 
von Hg. Salicyl. 0*50, darauf 1 Monat Schmiercur. 15 Päckchen, 2, 5, 9 
Wochen später kein Quecksilber im Urine. 


Datum der 
Injection 

Tageszeit 

Quecksilber- 

menge 

Hg. salicyl. 

llrin 

entnommen 

Tageszeit 

© 

60 

C 

© 

s 

«4 

c0 

H 

Specifischos 

Gewicht 

Quecksilber¬ 
menge 
im Harne 

25./V. 

12% V.-M. 

0,10 

25./V. 

4% N.-M. 

300 

1,016 3 

— 

— 

— 

26./V. 

7 V.-M. 

300 

1,023 2 

29./V. 

11% V.-M. 

0,10 

3./VI. 

10% „ 

300 

1,021 0 

3./VI. 

117. * 

0,10 

13./VI. 

12% „ 

300 

1,016 3 

13./VI. 

— 

0,10 

19./VII. 

5 N.-M. 

250 

1,013 0 

— 


1 

12./IX. 

4% « 

300 

1,028 0 

i 


9 Wochen nach combinirter Quecksilberbehandlung kein Quecksilber 
im Urin. 4 und 18% Stunden nach der Injection recht viel Quecksilber; 
5 Tage nach der zweiten Injection keine Kügelchen? 10 Tage nach der 
3. Einspritzung wieder Quecksilber. 7 Wochen und 3 Monate nach den 
letzten Einspritzungen keine Quecksilberkügelchen. 


Nr. 3. 


H. 24. Jahre. Syphilides papulosae. Adenopathia inguinalis. 


Datum der 
Injection 

Tageszeit 

Quecksilber- 

menge 

Hg. salicyl. 

Urin 

entnommen 

Tageszeit 

Harnmenge 

Specifisches 

Gewicht 

Quecksilber- 

menge 
im Harne 

l./II.—12./IV. 

0,80 

_ 

_ 


_ . 

_ 

29./IV. 

0,10 

5./V. 

— 

— 

_ 

3 

5./V. 

11 V.-M. 0,10 

7./V. 

6 V.-M. 

130 

— 

3 


- - 

17./V. 

3% N.-M. 

300 

1,026 

2 


- - 

19./V. 

10 V.-M. 

300 

1,023 

2 

19./V. 

11 V.-M. 0,10 

24./V. 

10% „ 

300 

1,005 

0 

24./V. 

11 „ 0,10 

— 


— 

— 

— 

18./VI. 

11% * 0,10 

18./VI. 

12% N.-M. 

300 

1,014 

4 

— 


18./VI. 

9 n 

300 

1,020 

4 

— 

- - 

19./VI. 

2% n 

300 

1,025 

3 

— 

— — 

20./VI. 

qii 

a /« » 

300 

1,029 

3 

23./VI. 

11% V.-M. 0,10 

23./VI. 

7% „ 

300' 

1,022 

3 

28./VI. 

11% „ 0,10 

29./VI. 

9 „ 

300 

1,026 

4 

— 


9./VII. 

11% „ 

300 

1,016 

2 

9./VII. 

12 V.-M. , 0,10 

11. /VII. 

2% „ 

300 

1,013 

4 


Difitized by Gougle 


Original from 

THE OHIO STATE UNIVERSITY 




Untersuchungen über d. Resorption u. Eliminat. des Quecksilb. 189 

6 Tage nach Injection von 0*90 Hg. Salicyl. im Laufe von 2 l / 2 Mo¬ 
naten fand sich eine grosse Menge Quecksilber im Urin. Nach den darauf 
gemachten 7 Injectionen fand sich 1, 6, 8 und 9 Stunden, sowie die nächsten 
Tage nach den Injectionen Quecksilber in grosser Menge, verminderte sich 
aber constant am 11—14. Tage nach der Injection. Nur in einer Analyse, 
5 Tage nach der Injection, war der Harn quecksilberfrei; sein specifisches 
Gewicht betrug 1005. 

11 Tage nach der Injectionscur wurde mit einer Schmiercur be¬ 
gonnen und fand sich dann wahrscheinlich noch Quecksilber im Harne vor. 


Inunet. 

Quecksilbor- 

menge 

Urin 

entnommen 

Tageszeit 

Harnmenge 

Specifisches 

Gewicht 

Quecksilber¬ 
menge 
im Harne 

7 

2,5 

20./VII. 

11% V.-M. 

300 

1,025 

i 

30 

2,5 

12./VIII. 

3% N.-M. 

300 

1,024 

3 

45 

2,5 

26./VIII. 

10 „ 

300 

1,010 

1 

50 

2,5 

1./IX. 

4% „ 

300 

1,017 

1 

— 


18./IX. 

11 V.-M. 

300 

1,005 

0 

— 

— 

24./IX. 

11% „ 

300 

1,021 

4 

— 

— 

26./IX. 

12 N.-M. 

300 

1,014 

1 

1 

1 


Die ganze Zeit während der Schmiercur Quecksilber im Urin 
18 Tage nach Abschluss der Cur kein Quecksilber im Harn, wahrscheinlich 
beruhend auf dem niedrigen spec. Gewicht; dagegen am 24. und 26. Tage 
wieder Quecksilber nachzuweisen. 

Nr. 4. 

S. 22 Jahre. Papulae mucosae faucium. 

Patient 6 Monate früher mit Schmiercur behandelt, 73 Päckchen; 
ausserdem hat er damals Calomelinjectioneu, 0*30 erhalten. 


29./IV 


11 V.-M. 


29./Y. 
16./VII. 
7./IX. 
25./IX. 
7./X. 
28./X. 
5./XI. 


20./IX 


l 3 / 4 V.-M. 


3 y a N.-M. 


Ungefähr 6 Stunden nach Injection von 0*10 Hg. salicyl. etwas 
Quecksilber im Harne. 5 Tage nach täglichem Gebrauch von Quecksilber¬ 
pillen wenig Quecksilber. 4—5 Wochen nach Beendigung der Cur alles 
Quecksilber im Harn verschwunden. 


Digitized fr, 


Gck igle 


Original frnm 

THE OHIO STATE UNtVERSITY 





190 


Linden. 


Nr. 5. 


A. 21 Jahre. Ulcus induratum penis. Papulae mucosae scroti. 


Patient hatte vor etwas mehr als 2% Jahren Calomelinjectionen 
0*30 erhalten. 



Datum der 
Injection 

Tageszeit 

Quecksiiber- 

menge 

Urin 

entnommen 

Tageszeit 

Harnmenge 

0D 

1-8 

sT 

o 9 
0,0 

OQ 

lij 

o a 

I S 
o? - 



_ 



28./V. 


N.-M. 

300 

1,010 

0 


! 

— 


— 

28./VT. 

2 

V 

300 

1,012 

0 



— 

— 

— 

i6./vn. 

4 

1J 

300 

1,023 

0 



— 

— 

— 

19./VIII. 

8 

n 

300 

1,020 

0 






27./IX. 

ll'A V.-M. 

300 

1,006 

0 



2% Jahre nach Calomelinjectionen kein Quecksilber im Urin. Der 
Harn wurde einmal monatlich während 5 Monate entnommen. 


Nr. 0. 

F. 19 Jahre. Ulcus induratum penis. 



9—15 Wochen nach Beendigung einer vierwöchentlichen Injections- 
cur von 0*60 Hg. salicyl. kein Quecksilber im Urin. 


Digitized by 


Gck 'gle 


Original from 

THE OHIO STATE UNIVERSITY 



Untersuchungen über d. Resorption u. Eliminat. des Quecksilb. 191 


Nr. 7. 

L. Papulae mucosae faucium. Adoenopatia inguinalis. 


Vom 4. März bis 24. April Hg. salicyl. 0*80 in Dosen von 0*10. 



Datum der 
Injection 

*3 

M 

CG 

© 

eS 

Quecksilber¬ 

menge 

Hg. salicyl. 

Urin 

entnommen 

Tageszeit 

Harumenge 

ao 

22 

© 

oo .X 
« > 

© © 
v r- 
a w 

Quecksilber- | 
menge 

im Harne i 

; 


i 

_ 


17./V. 

6 N.-M. 

300 

i 

0 



17,/V. 

7 N.-M. 

0,10 

18/V. 

1 „ 

300 

— 

2 




— 


19./V. 

9 V.-M. 

300 

1,015 

2 




— 

— 

21./V. 

10 

300 

1,017 

3 



22.1V. 

11 V.-M. | 

0,10 

23./V. 

11 

300 

1,014 

4 



26. V/. 


0.10 

27./V. 

1 N.-M. 

300 

1,016 

4 



29./V. 


0,10 

2/VI. i 

9 V.-M. 

300 

1,010 

3 



2./VI. 

ny, v.-m. 

0,10 

3./VI. 

1 % N.-M. 

300 

1,011 

4 



— 

— 

— 

17./VI. 

9'/j V.-M. 

300 

1,023 

1 



17./VI. 

11 V.-M. 

0,10 

_ 

— 

— 

— 

— 



— 

— 

— 

31 VIII. 

3 N.-M. 

300 

1,021 

1 



2./IX. 

117, V.-M. 

0,10 


— 

— 

— 

— 



6./IX. 

ii v; . 

0,10 

8./IX. 

117, V.-M. 

300 

1,015 

3 



— 


: 

1 

25./IX. 

11 ' » 

300 

1,006 

1 



3% Wochen nach der Injectionscur kein Quecksilber. 18 Stunden 
nach Inject, von 010 Hg. salicyl. recht viel Quecksilber, das am 3. Tage 
zunahm und sich nach den späteren Injectionen, die mit Pausen von 
einigen Tagen stattfanden, stark vermehrte, aber 2 Wochen nach der 
letzten Injection stark abnahm. Nach interner Behandlung und Schmiercur 
etwas Quecksilber, das sich nach 2 Injectionen vermehrte, aber 19 Tage 
später stark abnahm. 

Nr. 8. 

J. 20 Jahre. Ulcera syphilitica faucium. 


Vom 10. Jänner bis 28. Febr. 1889 Calomel 0’20. 26. Oct. 1889 
0 20. 30. Oct. bis 8. Nov. 1889 Jod.-K. -f- Deutojod. hydrarg. 



Datum der 
Injection 1 

Tageszeit 

Quecksilber¬ 

menge 

Hg. salicyl. j 

Urin f 

entnommen 

Tageszeit i 

llarnmenge 

Specifisches 

Gewicht 

Quecksilber- j 

menge 
im Harne 



— 

— 

_ 

28./V. 90 

11 7, V.-M. 

300 

1,029 

0 



— 

— 

— 

5./VI. 

117a „ 

300 

1,024 

0 



— 

— 

— 

i./x. 

87a * 

300 

1,013 

0 



3./X. 1890. 

11 V.-M. 

0,10 

3./X. 

3 N.-M. 

300 

1,018 

3 



21./X. 

1174 n 

0,05 

22/.X. 

7 V.-M. 

200 

1,018 

4 



6% und 10% Monate nach Calomelinjectionen und interner Queck¬ 
silberbehandlung dieses aus dem Urin verschwunden. 4 Stunden nach der 
ersten Injection recht viel Quecksilber, das sich nach einer folgenden 
Injection vermehrte. 


1 


Digitized by Google 


Original from 

THE OHIO STATE UNIVERSITY 





192 


Linden. 


Digitized by 


Nr. 9. 

A. 23 Jahre. Ulcus induratum penis. Syphilis maculo- 
_papulosa. Adaenopat. inguinal._ 



Datum der 
Injection 

Tageszeit 

Quecksi lber- 
menge 
Calomel 

Urin 

entnommen 

Tageszeit 

© 

bß 

P 

03 

S 

S 

w 

Specifisches 

Gewicht 

Quecksilber 
menge 
im Harne 



ll./XII.— 7./I. 
1889 

— 

0,25 

3./VI. 

1890 

6 N.-M. 

00 

§ 

1,020 

0 



17 Monate nach Beendigung der Cur kein Quecksilber im Harne. 


Nr. 10. 


R. 23 Jahre. Syphilis maculo-papulosa. Angina syphilitica. 


Datum der 
Injection 

Tageszeit 

Quecksilber¬ 

menge 

Calomel 

Urin 

entnommen 

Tageszeit 

© 

bc 

a 

03 

s 

a 

u 

oö 

w 

Specifisches 

Gewicht 

Quecksilber¬ 
menge 
im Harne 

| 20./II. — 7./III. 

| 1888 

— 

0,20 

7./VI. 
1890 

6 N.-M. 

300 

1,011 

0 


26 Monate nach der letzten Injection kein Quecksilber im Harne. 


Nr. 11. 

U. 24 Jahre. Ulcus induratum penis. 


Datum der 
Injection 

Tageszeit 

Quecksilber¬ 

menge 

Calomel 

Urin 

entnommen 

Tageszeit 

Hammen ge 1 

Specifisches 

Gewicht 

Quecksilber¬ 
menge 
im Harne 

10./IX.—25./IX. 

— 

0,20 

7./VI. 

7 N.-M. 

200 


0 

1889. 



1890 



1,023| 

1 

8 Monate nach der letzten ] 

[njection 

sein Quecksilber im Harne. 


Nr. 12. 

A. 23 Jahre. Ulcus induratum penis. Roseola syphilitica. 
_Papulae mucosae faucium._ 


Datum der 
Injection 

Tageszeit 

Quecksilber- II 
menge 1 

Hg. salycil. || 

Urin 

entnommen 

Tageszeit 

Haromenge | 

Specifisches 

Gewicht 

Quecksilber- II 
menge 1 

im Harne || 


10./XH.—9./II. 
1890. 

— 

0,80 

l./VI. 

1890 

— 

300 

1,020 

0 


Nahezu d l / 2 Monate nach Schluss der Behandlung keine Kügelchen. 


Gck 'gle 


Original from 

THE OHIO STATE UNIVERSITY 



Untersuchungen über d. Resorption u. Eliminat. des Quecksilb. 193 


Nr. 13. 

S. 29 Jahre. Orchitis syphilitica. Syphilis gummosa. 


Datum der 
Injection 

Tageszeit 

Quecksilber- 

menge 

11g. salicyl. 

Urin 

entnommen 

Tageszeit 

Harn men ge 

Specifisches 

Gewicht 

Quecksilber¬ 
menge 
im Harne 

14./IV.-19./IV. 90 


0.15 

4./ VI. 

12‘/„ N.-M. 

300 

1,022 

0 

— 


— 

29./ VIII. 

1 

300 

1,012 

0 

30./VI1I. 

ll'/ 2 V.-M. 

0,10 

30./VIII. 

6 

300 

1,031 

3 

— 

— 


31,VIII. 

9 V.-M. 

300 

1,021 

3 

— 

— 

— 

31./VIII. 

9'/, N.-M. 

300 

1,020 

2 

— 

— 

— 

3./IX. 

6 

300 

1,028 

1 

4./IX. 

11'/, V.-M. 

0,10 

4./IX. 

sy, „ 

300 

1,021 

4 

9./IX. 

11 n 

0,10 

10./IX. 

1 

300 

1,021 

4 

16./IX. 

— 

0,10 

25./IX. 

3% „ 

300 

1,010 

4 

— 

_ 

— 

6./X. 

7 

300 

1,011 

0 

— 

— 

— \ 

16./X. 

11 V.-M. 

300 

1,014 

2 

— 

— 

_ 

4./XI. 

111V* » 

300 

1,013 

i 3 


6 Wochen und 4% Monate nachdem 0*15 Hg. salicyl. innerhalb 
5 Tagen injicirt worden, kein Quecksilber. 6% Stunden nach Injection von 
0*10 grosse Menge Quecksilber, die sich den folgenden Tag unverändert 
erhielt, aber 4 Tage später abnahm, um nach den folgenden, mit ungefähr 
einwöchentlichen Pausen gemachten Injectionen wieder stark zu steigen. 
4 und 7 Wochen hierauf war noch Quecksilber vorhanden, verschwand 
aber 3 Wochen nach der letzten Iujection. 

Nr. 14. 


H. 22 Jahre. Syphilis maculosa. Papulae mucosae faucium. 

Schmiercur mit Ung. Hg. 1*50, 5 Päckchen. 25. Oct. 1889. 


Datum der 
Injection 

Tageszeit 

Quecksilber¬ 

menge 

Calomel 

Urin 

entnommen 

Tageszeit 

1 lammen ge 

Specifisches 

Gewicht 

Quecksilber- 
mengc 
im Harne 

1./XI.-2./XII. 89. 

— 

1 0,30 

29./V.90 

7 V.-M. 

300 

1,017 

0 

— 

— 

Hg. s. 

11,/X. 

8 V* N.-M. 

300 

1,014 

0 

26./X. 

10 V.-M. 

0,10 

26./X. 

8 

300 

1,017 

4 

— 

— 

— 

27./X. 

7 

300 

1,030 

1 

1./XI. 

— 

0,10 

6./XI. 

87* V.-M. 

300 

1,015 

2 

7 ./XI. 

— 

0,10 

25./XI. 

6 N.-M. 

175 

1,018 

0 

— 

— 

— 

27./XI. 

8'/, V.-M. 

300 

1,022 

1 

— 


— 

14./XII. 

8 „ 

300 

1,017 

0 


6 und 10% Monate, nachdem im Laufe von 5 Wochen Einreibung 
von 7*50 grauer Salbe und Injection von Calomel 0*30 angewandt war, 
kein Quecksilber im Harne. 10 Stunden nach Injection von Hg. salicyl. 
0 10 viel Quecksilber, das schon am nächsten Tage bedeutend vermindert 
war. 5 Tage nach der zweiten Injection von 0*10 wieder stark vermehrt. 
20 Tage nach der 3. Einspritzung noch unbedeutend Quecksilber, ver¬ 
schwand ganz nach 5 Wochen. Dass am 18. Tage nach der 3. Inj. kein 
Quecks. zu finden war, beruhte wahrscheinlich auf der geringen Urinmeuge. 

Ergänzungshefte z. Archiv f. Dermatol, n. Syphil. 1892. lg 


□ igitized by Google 


Original frnm 

THE OHIO STATE UNIVERSITY 






r 


194 Linden. 

Nr. 15. 


W. Ulcus induratum penis. Roseola syphilitica. Papulae 
mucosae faucium. Adenopatia inguinalis. 






— 




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21./VII. 

8 % N.-M. 

300 

1,015 

0 

26./VII. 

11 Y.-M. 

0,10 

26./VII. 

1 * 

300 

1,010 

l 

— 

— 

— 

26./VII. 

9 „ 

300 

1,018 

4 

— 

— 

— 

27./VII. 

6 V.-M. 

300 

1,014 

4 

— 

— 

— 

27./VII. 

10 % N.-M. 

300 

1,025 

2 

— 

— 

— 

28./VII. 

10% „ 

300 

1,020 

1 

— 

— 

— 

30./VII. 

7 V.-M. 

300 

1,017 

2 

30./VTI. 

11 % Y.-M. 

0,10 

31. /VII. 

9 N.-M. 

300 

1,022 

2 

— 

— 

— 

1./VIII. 

10 „ 

300 

1,019 

1 

— 

— 

— 

4./VIII. 

9 V.-M. 

300 

1,026 

1 

5./Y1II. 

11 V.-M. 

0,10 

6./V1II. 

9 N.-M. 

300 

1,014 

? 

— 

— 

— 

9./VIII. 

6 V.-M. 

300 

1,013 

3 

9./YIII. 

ll l / 2 V.-M. 

0,10 

11./VIII. 

6 „ 

300 

1,014 

3—4 

— 

— 

— 

15./VIII. 

9 „ 

300 

1,010 

1 

— 

— 

— 

23./VIII. 

11 . 

300 

1,019 

2 

— 

— 

-- 

30./VIII. 

10% „ 

300 

1,019 

1 

— 

— 

— 

24./IX. 

6 N.-M. 

300 

1,026 

1 

— 

— 

— 

20./XI. 

11% V.-M. 

300 

1,018 

0 

23./XI. 

9 3 / 4 Y.-M. 

0,10 

24./XI. 

2% * 

300 

1,019 

4 

— 

— 

— 

24./XI. 

9 N.-M. 

300 

1,020 

3 

— 

— 

— 

26, XI. 

7 » 

300 

1,020 

1 

— 

— 

— 

28./XI. 

9% V.-M. 

300 

1,015 

0 

— 

— 

— 

1./XH. 

6 N.-M. 

300 

1,028 

1 

3./XII. 

— 

0,10 

5./XII. 

7% V.-M. 

300 

1,019 

2 

- 



12./XII. 

10% „ 

300 

1,011 

0 

1 


2 Stunden nach Injection von 0*10 geringe Menge Quecksilber; nach 
10 Stunden grosse Menge, die schon in der zweiten Hälfte des folgenden 
Tages und die nächsten 4 Tage abnimmt, um wieder 10 Stunden nach 
der nächsten Injection zuzunehmen und sich in den nächsten Tagen wieder 
zu vermindern; während dreier Wochen nach der 4. Injection schwan¬ 
kende Quantität, nach 6’/ 2 Wochen nur geringe Menge. 15 Wochen nach 
der 4. Injection von 0T0 kein Quecksilber. 16 Stunden nach erneuerter 
Inject, von 0T0 in der Urinprobe viel Quecksilber, das während der 
nächsten Tage abnimmt und 5 Tage darauf verschwunden ist. Nach einigen 
Tagen wieder nachweisbar. Nach der letzten Injection von 0*10 wieder 
Quecksilber, das 9 Tage später verschwunden ist. 


Difitized by Gougle 


Original from 

THE OHIO STATE UNIVERSITY 



Untersuchungen über d. Resorption u. Eliminat. des Quecksilb. 195 


Nr. 10. 


L. Roseola syphilitica. Papulae mucosae faucium. Adoenopatia 

inguinalis et cervicalis. 



Datum der 
Injection 

Tageszeit 

Quecksilber- 

menge 

Hg. salicyl. 

Urin 

entnommen 

Tageszeit 

llarnmenge 

Speciflsches 

Gewicht 

Quecksilber- 
menge 
im Harne 


— 

— 


l./XI. 

2 Y.-M. 

300 

1,013 

0 


2./XI. 

9'/ 4 Y.-M. 

0,05 

4./XI. 

4 

300 

1,016 

4 


— 

— 

— 

6./XI. 

5*/, N.-M. 

300 

1,027 

1 


6./XI. 

6 N.-M. 

0,05 

6./XI. 

10 „ 

300 

1,026 

4 


13/XI. 

11 «A V.-M. 

0,05 

13./XI. 

8 „ 

300 

1,024 

2 


— 

— 


18./XI. 

8 „ 

300 

1,022 

2 


18./XI. 

9 ’A N.-M. 

0,10 

19./XI. 

3 3 A V.-M. 

300 

1,022 

2 


23/XI. 

— 

0,10 

26./XI. 

6 „ 

300 

1,028 

2 


— 

— 

— 

1./XII. 

4'/ 2 N.-M. 

300 

1,021 

2 


7./xn. 

— 

0,10 

7./XII. 

4'A * 

300 

1,016 

2 


— 

— 

— 

8./XII. 

2'A » 

300 

1,010 

3 


— 

— 

— 

12./XII. 

6'A » 

300 

1,020 

2 


13./XII. 


0,10 

26./XII. 

4 V.-M. 

300 

1.020 

4 


26./XII. 

9 V.-M. 

0,10 

— 

— 

— 

— 

— 


31./XII. 

— 

0,10 

— 

— 

— 

— 

— 


7./I. 


0,05 

14./I. 

1 

8 V.-M. 

300 

. 1 

1,018 

0 

1 

1 


2 Tage nach Injection von 0*05 viel Quecksilber, das am 4. Tage 
abgenommen hat. 4 Stunden nach der nächsten Inject, von 0*05 starke 
Vermehrung. Nach Inject, von 0-05 und 0T0, die mit Pausen von einigen 
Tagen unternommen wurden, recht reichlich Quecksilber. 7 Tage nach 
der letzten Injection von 0 # 05 kein Quecksilber. 

13* 


Digitized by 


Gck .öle 


Original from 

THE OHIO STATE UNIVERSIiTY 





196 


Linden. 


Nr 17. 

T. 22 Jahre. Papulae mucosae ani. 


Datum der 
Injection 

. Tageszeit 

«L. 

I 

JSSi 
% B . 

a ** 

O* M 

a 

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o 

Tageszeit 

O 

tu 

p 

1 

1 

s 

ee 

Specifisches 

Gewicht 

Quecksilber- 1 
menge 
im Harne 

2.—11./XII. 

— 

— 

1./XII. 

7*/j N.-M. 

300 

1,018 

0 

— 

— 

0.060 

3./XII. 

— 

300 

1,016 

0 

— 

— 

— 

6./XII. 

9 N.-M. 

300 

1,020 

0 

— 

— 

| 

7./XII. 

8 * 

300 

1,014 

0 

— 

— 


8./XII. 

9 » 

300 

1,006 

1 

_ 

— 


9./XII. 

6 » 

300 

1,009 

2 


— 

— 

10./XII. 

6 , 

300 

1,009 

3 

11.—15./XII. 

— 

0,030 

11./XII. 

6 „ 

300 

1,010 

1 

— 


— 

12./XII. 

7 , 

300 

1,010 

1 

— 


— 

13./XII. 

8 , 

300 

1,011 

0 

— 

— 

— 

14./XII. 

7 , 

300 

1,009 

0 

— 

— 

— 

22./XII. 

11 V.-M. 

300 

1,010 

0 

— 


— 

29./XII. 

10% „ 

300 

1,012 

0 

29./XII. 

10 V» V.-M. 

0,10 

19./II. 91. 

11 » 

300 

1,018 

0 

l 


Nach interner Behandlung mit Hg. salicyl. 0*060 täglich, waren 
am 6. Tage Spuren von Quecksilber zu entdecken, das am 9. Tage etwas 
zunahm und wieder verschwand. Da am 5. Tage nur 0*030 eingenommen 
wurde, konnte 14 Tage nach Aufhören der internen Behandlung kein 
Quecksilber nachgewiesen werden. 7 Wochen nach einer Iniection von 
0*10 Hg. salicyl. kein Quecksilber. 


Difitized by Gougle 


Original fro-m 

THE OHIO STATE UNIVERS1TY 




Untersuchungen über d. Resorption u. Eliminat. des Quecksilb. 197 


Nr. 18. 

W. 31 Jahre. Iritis syphilitica. 



Datum der 
Injection 

Tageszeit 

Quecksilber- | 
menge 

Ilg. salicyl. 

P 

o 

fl § 
p 

£3 g 

p 

9 

Tageszeit 

Harn men ge 

Specifisches 

Gewicht 

Quecksilber- 
mengo 
im Harne 


10./VII. 1890. 


0,10 







14./VII. 

— 

0,10 

— 

— 

— 

— 

— 


18./VII. 

11 V.-M. 

0,10 

19./VII. 

4% N.-M. 

300 

1,016 

3 


23./VII. 

— 

0,10 

— 

— 

— 

— 

— 


27./YII. 

— 

0,10 

— 

— 

— 

— 

— 


30./VII. 

— 

0,10 

20./VIII. 

6 V.-M. 

300 

1,021 

1 





25./VIII. 

12 V, N.-M. 

300 

1,016 

1 


29 Stunden nach Injection von 030 innerhalb 8 Tagen, recht viel 
Quecksilber. Nach Injection von 0*60 innerhalb 3 Wochen wenig Queck¬ 
silber, das 8 Wochen nach der letzten Injection ganz verschwunden ist. 


Nr. 19. 

K. 22 Jahre. Ulcus induratum penis. Syphilides maculo- 
papulosae. Papulae mucosae faucium. 


Datum der 
Injection 

Tageszeit 

Quecksilber¬ 

menge 

Hg. salicyl. 

Urin 

entnommen 

Tageszeit 

Harnmenge 

Specifisches 

Gewicht 

Quecksilber- 
menge 
im Harne 

25./V.- 13./VI. 90. 


0,40 

l./XII. 90. 

10 V.-M. 

300 

1,020 

0 

— 

— 

— 

3/XII. 

— 

300 

1,022 

0 

Pili. Hg. salicyl. 

täglich 


— 

— 

— 

_ 

_ 

2./XII.—ll./XIl. 

— 

0,035 

5./XI1. 

11 N.-M. 

300 

1,022 

0 


— 

— 

6./XII. 

10 „ 

300 

1,015 

0 

_ 

— 

— 

7./XII. 

9 „ 

300 

1,018 

0 

_ 


— 

8./XII. 

io 1 /, „ 

300 

1,019 

2 

- - 


— 

9./XII. 

9'/, „ 

300 

1,027 

2 

_ 

— 

— 

10./XII. 

5'A V.-M. 

300 

1,027 

1 

_ 

— 

— 

11./XII. 

9 N.-M. 

300 

1,019 

0 

___ 

— 

— 

22./XII. 

ll'AV.-M. 

300 

1,020 

0 

— 



l./I. 91. 

3 3 / 4 N.-M. 

1 

300 

1 

1,020 

0 


5*/ 2 Monate nach Inject, von 0*40 Hg. salicyl. kein Quecksilber im 
Urine. Nach Einnahme von 0‘035 Hg. salicyl. in Pillen täglich tritt das 
Quecksiber im Mittel erst am G. Tage im Urine auf; am 11. und 20. Tage 
nach der Einnahme war kein Quecksilber mehr zu finden. 


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Original from 

THE OHIO STATE UNIVERSITY 




198 


Linden. 


Digitized by 


Nr. 20. 


Ö. 30 Jahre. Ulcus induratum penis. Adaenopatia inguinalis. 

Roseola syphilitica. 


Datum der 
Injection 

Tageszeit 

Quecksilber - 
menge 

Hg. salicyl. 

Urin 

entnommen 

Tageszeit 

llaromcnge 

Specifisches 

Gewicht 

Quecksilber¬ 
menge 
im Harne 


3./X.—7./X. 90. 

_ 


7./X. 90. 

7 N.-M. 

300 

1,013 

0 


— 

— 

— i 

11./X. 

9 * 

300 

1,012 

0 


15./X. 

11% V.-M. 

0,05 

15./X. 

3% „ 

300 

1,017 

1 


— ' 

— 

— 

17./X. 

10% * 

300 

1,019 

2 


20./X. 

11 V.-M. 

0,05 

20./X. 

6% „ 

300 

1,025 

3 


23./X. 

— 

0,05 

— 

— 

— 

— 

— 


27./X. 

11% V.-M. 

0,05 

28./X. 

5 V.-M. 

300 

1,019 

4 


— 

— 

— 

10./XI. 

IQ 1 / 2 n 

300 

1,026 

2 


10./XI. 

10% V.-M. 

0,05 

— 

— 

— 

— 

— 


18./XI. 

10% „ 

0,10 

25./XI. 

10'4 V.-M. 

300 

1,017 

3 


25./XI. 

10% „ 

0,10 

2./XI1. 

10% „ 

300 

1,023 

0 


2./XII. 

10% „ 

0,10 

— 

— 

— 

— 

— 


15./XII. 

— 

0,10 

— 

— 

— 

— 

— 


29./XII. 

— 

0,10 

— 

— 

— 

— 

— 


17./I. 91. 

— 

0,10 

2./II. 

10% V.-M. 

300 

1,018 

2 


2./II. 

10% V.-M. 

0,05 

10./II. 

8 „ 

300 

1,018 

0 


10./II. 

10% „ 

0,05 

17./H. 

10% „ 

300 

1,017 

2 


17./II. 

10% „ 

0,05 

13./HI. 

8 „ 

300 

1,015 

1 . 


— 



26./I1I. 

8 „ 

300 

1,028 

0 



Am letzten Tage eines 5tägigen innerlichen Gebrauchs von Queck¬ 
silber und 4 Tage später kein Quecksilber im Harne. Ung. 4% Stunden 
nach Inject, von 0*05 wenig Quecksilber, 2 Tage später etwas vermehrt. 
Nach der darauf folgenden Inject, von 0 05 starke Vermehrung; innerhalb 
7—15 Stunden später recht viel Quecksilber. 16 Tage, nachdem 0'85 in 
drei Monaten injicirt waren, grosse Menge Quecksilber. Nahezu 4 Wochen 
nach 3 Inject, von 0’05 innerhalb 15 Tagen, findet sich eine geringe Menge 
Quecksilber, die 5 Wochen später verschwunden war. 


Go igle 


Original from 

THE OHIO STATE UNIVERSITY 



Untersuchungen über d. Resorption u. Eliminat. des Quecksilb. 199 


Nr. 21. 

B. 21 Jahre. Adaenopatia inguinalis. Papulae mucosae faucium. 

Hatte während des Juni eine Calomelinjection erhalten und 14 

Päckchen mit 2*5 Ung. Hg._ 


Datum der 
Injection 

Tageszeit 

Quecksilber¬ 
menge 
im Harne 

Urin 

entnommen 

Tagoszeit 

Harnmenge 

Specifisches 

Gewicht 

Quecksilber¬ 
menge 
im Harne 

— 

— 

— 

9./ix. 

6'A Y.-M. 

300 

1,017 

0 

— 

— 

— 

12 ./ 1 X. 

ö 3 /« „ 

300 

1,020 

0 

17./IX. 

ll 3 / 4 v.-m. 

0,05 

17./IX. 

8 N.-M. 

300 

1,016 

4 

— 

— 

— 

18./IX. 

2 V, Y.-M. 

300 

1,017 

2 

— 

— 

— 

18./IX. 

9'A N.-M. 

300 

1,015 

4 

— 

— 

— 

19./IX. 

7 „ 

300 

1,017 

3 

— 

— 


21./IX. 

7 „ 

150 

1,020 

1 

— 

— 

— 

23./IX. 

6 s / 4 „ 

300 

1,026 

2 

— 

— 

— 

6./X. 

6'A N.-M. 

300 

1,016 

2 

— 

— 

— 

17./X. 

ö'AV.-M. 

300 

1,025 

0 

19./XI. 

— 

0,05 

2 7./XI. 

7 l A » 

300 

1,019 

0 

3./XII. 

— 

0,10 

15./XII. 

6'A N.-M. 

300 

1,020 

0 

— 

— 

— 

31./XII. 

1IV* V.-M. 

300 

1,021 

0 

31./XII. 

11 % v.-m. 

0,10 

14./I. 

6'A * 

300 

1,020 

0 

14./I. 

10% * 

0,10 

2./II. 

11 

300 

1,020 

0 

2./II. 

11V 4 » 

0,05 

10./I1. 

io 1 /, » 

300 

1,020 

0 

10./II. 

10% „ 

0,05 

17./II. 

io'A ,, 

300 

1,021 

1 

17./II. 

10% „ 

0,05 

13./III. 

io’A * 

300 

1,018 

3 

— 


— 

! 26./III. 

io'A » 

300 

1,015 

0 


Ungefähr 10 Wochen nach einer Calomelinjection und Inunctionscur 
(14 Päckchen) während 1 Monats, fand sich kein Quecksilber im Harne. 
8 Stunden nach Inject, von 0*05 viel Quecksilber, das sich bei wiederholten 
Untersuchungen noch 19 Tage darauf in ziemlicher Menge vorfand. Nur 
eine Analyse ergab eine geringe Menge, aber da wurde die Untersuchung 
an nur 150 Gramm Urin gemacht. Bei wiederholten Untersuchungen 8, 
12 , 14, 19 und 30 Tage nach Inject, von 0T0—0 05 fand sich kein Queck¬ 
silber. Es trat wieder am 7. und 24. Tage nach 2 Inject, von 0’05 auf 
und verschwand nach 5 Wochen. 

Nr. 22. 


S. 28 Jahre. Papulae mucosae faucium, scroti et aui. 



3./VIII.—13./IX. — 0,50 13./X. — 300 1,023 2 

— — — 22./X. — 300 1,020 0 

22./X. — 0,10 l./XI. — 300 1,025 2 

— — — 10./XI. — 300 1,016 0 

II 7 . J 

Noch 4 Wochen nach 6wöchentlicher Behandlung mit 0*50 Hg. 
salicyl. enthielt der Urin Quecksilber, das 9 Tage später verschwunden 
ist. Nach Inject, von (HO, anderthalb Wochen später, enthält der Urin 
recht viel Quecksilber, das 19 Tage darauf verschwunden ist. 


Digitized 


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Original from 

THE OHIO STATE UNtVERSITY 





200 


Linden. 


Nr. 28. 

B. 21 Jahre. Lichen syphiliticus. Adaenopatia inguinalis cubi- 
talis et cervicalis. Papulae mucosae faucium. Syphilis 

gummosae. 

Vom 10. Jänner bis 21. April mit Hg. salicyl. 1*15 und Calomel 
0-10 behandelt. 


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8 ./Y- 

12 V.-M. 

0,10 

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9./V. 

11 Y.-M. 

0,10 

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15./V. 

11 V.-M. 

0,10 

16./V. 

11 V.-M. 

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1,025 

4 

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— 

— 

19./V. 

10 % „ 

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19./V. 

12'/, V.-M. 

0,10 

24./V. 

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24./V. 

11 V.-M. 

0,10 

3./VI. 

10 „ 

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8 ./VI. 

11'/ 4 V.-M. 

0,10 

20./VJ. 

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1,005 

2 

20 /VI. 

10 % V.-M. 

0,10 

23./VI. 

10 % * 

300 

1,008 

4 

23./VI. 

11'/, V.-M. 

0,10 

28./VI. 

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1,005 

3 

28./VI. 

ny 4 v.-m. 

0,10 

5./VII. 

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300 

1,015 

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5./VII. 

11 V.-M. 

0,10 

14./VII. 

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1,020 

2 

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— 

— 

19./VII. 

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19./VII. 

11 V.-M. 

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13./VIII. 

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15./IX. 

4 N.-M. 

300 

1,018 

0 

— 

— 

— 

3./X. 

7% V.-M. 

300 

1,023 

0 

12./X. 

9 V.-M. 

0,10 

12 ./X. 

11 * 

300 

1,016 

1 

— 

— 

— 

21 ./X. 

6 % N.-M. 

300 

1,027 

3 

— 

— 

— 

26./X. 

8 % V.-M. 

300 

1,023 

0 

— 

— 

— 

5./XI. 

7 „ 

300 

1,017 

0 

— 

— 


19./XI. 

9% » 

300 

1,020 

1 

— 

— 

— 

28./XI. 

8 „ 

300 

1,020 

o 

11 ./XII. -23./XII. 

Inunetion 
Nr. X. 

2,0 

19./XII. 

o » 

300 

1,021 

' 0 




6/1- 

9% „ 

300 

1,024 

1 1 


Im Laufe von 4% Monaten war 010 Calomel und 1*15 Hg. salicyl. 
injicirt worden. Einen Tag nach der letzten Injection von 0*10 viel Queck¬ 
silber; nach wiederholten Injectionen von 0*10 constant Quecksilber bis 
zum 14. und 17. Tage. Nach Pausen] von 3%, 8 und 10 Wochen kein 
Quecksilber. 2 Stunden nach Injection von 0*10 wieder etwas Quecksilber, 
das sich 9 Tage später vermehrt hat, aber nach dem 14. Tage so gut wie 
verschwunden war. Drei spätere Untersuchungen gaben unsichere und 
negative Resultate. 8 Tage nach Beginn einer Schmiercur kein Queck¬ 
silber, 14 Tage nach Einreibung von 10 Päckchen geringe Menge 
Kügelchen. 


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Original from 

THE OHIO STATE UNIVERSITY 



Untersuchungen über d. Resorption u. Eliminat. des Quecksilb. 201 


Nr. 24. 

F. 23 Jahre. Ulcus induratum penis. Papulae mucosae faucium 
et labii et Adaenopatia inguinalis. 


Hat vom 22. Nov. bis 18. Dec. 0*30 Hg. sal. in Dosen von 0 # 05 
erhalten. 


Datum der 
Injection 

Tageszeit 

Quecksilber¬ 

menge 

Hg. salicyl. 

Urin 

entnommen 

Tageszeit 

Ilarnmenge 

Specifisches 

Gewicht 

Quecksilber- 1 
menge 

im Harne | 


_ 

_ 

_ 

8 ./I. 


200 

1,019 

0 


10 ./I. 

— 

0,05 

18./I. 

— 

300 

1,019 

0 


19./I. 

— 

0,05 

21 ./I. 

— 

300 

1,017 

0 


26./I. 

— 

0,05 

— 

— 

— 

— 

— 


31./I. 

— 

0,05 

5./n. 

— 

300 

1,017 

0 


11./IV. 

— 

0,10 

— 

— 

— 

— 

— 


18./IV. 

— 

0,05 

— 

— 

— 

— 

— 


23 /IV. 

— 

0,05 

4./V. 

— 

300 

1,017 

1 





5./Y. 

1 

200 

1,015 

I 

1 



3 Wochen, nachdem innerhalb 4 Wochen 6 Injectionen von je 0 05 
gemacht worden, keine Kügelchen. Ebenso konnte 2—5 und 8 Tage nach 
Inject, von 0*05 kein Quecksilber entdeckt werden. Nachdem im Laufe 
von 12 Tagen 3 Injectionen von zusammen 0*20 Hg. salicyl. gemacht 
worden, 11 bis 12 Tage nach der letzten Injection wenig Quecksilber. 


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Original from 

THE OHIO STATE UNIVERSITY 



202 


Linden. 


Difitized by 


Nr. 25. 

A. 20 Jahre. Ulcus induratum penis. Adaenopatia inguinalis. 
Roseola syphilitica. Papulae mucosae faucium. Psoriasis. 


Inject. 29. Jänner bis 23. Mai. Hg. salicyl 1*35. Innerliche Behand¬ 
lung im Juli und August. Deutojod. Hg. 



Datum der 
Injection 

Tageszeit 

Quecksilber¬ 

menge 

Hg. salicyl. 

Urin 

entnommen 

’S 

N 

CO 

© 

m 

ci 

Harnmenge 

Speciflsches 

Gewicht 

Quecksilber¬ 
menge 
im Harne 


20 ./VIII. 

— 

0,10 

— 

— 

— 

— 

— 


6 ./IX. 

— 

0,10 

5./X. 

— 

300 

1,030 

2 


15./X. 

— 

0,05 

— 


— 

— 

— 


11./XL 

— 

0,10 

18./XI. 

— 

300 

1,019 

2 


18./XI. 

— 

0,10 

— 

— 

— 

— 

— 


22 ./XI. 

— 

0,10 

— 

— 

— 

' - 

— 


2./XII. 

Pli. Hg. sal. 

— 

— 

— 

— 

— 

— 


81./XII. 

— 

0,05 

— 

— 

— 

— 

— 


5./II. 

— 

0,05 

— 

— 

— 

— 

— 


10 ./II. 

— 

0,05 


— 

— 

— 

— 


16./II. 

— 

0,05 

— 


— 

— 

— 


21 ./II. 

— 

0,05 

US. III. 


300 

1,020 

0 


23./III. 

— 

0,05 

31./III. 

— 

300 

1,025 

0 





2 ./VI. 

- 

300 

1,018 

0 


Hat ungefähr 2 Monate Deutojod. Hg. innerlich gebraucht und 2 
Injectionen zu 0*10 Hg. salicyl. erhalten. 4 Wochen nach der letzten In- 
jection recht grosse Menge Quecksilber. Eine Woche nach späterer Inject, 
recht viel. 3 Wochen nach 4 Injectionen von je 0*05 innerhalb 18 Tagen 
kein Quecksilber. Am 8. Tage und 10 Wochen nach der letzten Injection 
ebenfalls negatives Resultat. 


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Original from 

THE OHIO STATE UNIVERSITY 




Untersuchungen über d. Resorption u. Eliminat. des Quecksilb. 203 


Nr. 26. 

S. 30 Jahre. Ulcus induratum penis. Adaenopatia inguinalis. 

Rosela syphilitica. 


Datum der 
Injection 

Tageszeit 

Quecksilber¬ 

menge 

Hg. salicyl. 

Urin 

entnommen 

Tageszeit 

o 

Sb 

A 

I 

fl 

E 

i 

w 

Specifisches 

Gewicht 

Quecksilber- 
mengo 
im Harne 

28./III.—5./VI. 

— 

1,00 
k d. 
0,10 

12./VI. 


200 

1,015 

2 

12./YI. 

— 

0,10 

— 

— 

— 

— 

— 

1 ./VII. 

— 

0,05 

2./VII. 

— 

200 

1,015 

2 

9./VII. 

— 

0,10 

— 

— 

— 

— 


— 

— 

— 

10./VII. 

— 

225 

1,025 

3 

— 

— 

— 

1./VIII. 

— 

200 

1,025 

1 

— 

— 

— 

14./VIII. 

— 

225 

1,014 

0 

— 

— 

— 

8./IX. 

— 

225 

1,025 

2 

— 

— 

— 

17./X. 

— 

250 

1,020 

0 

7./XI. 

— 

0,05 

— 

— 

— 

— 

— 

21./XI. 

— 

0,05 

2./XII. 

— 

300 

1,018 

3 

2./XU. 

— 

0,05 

— 

— 

— 

— 

— 

15./XII. 

— 

0,05 

24./XII. 

— 

250 

1,027 

0 

24./XII. 

— 

0,05 

6./II. 

— 

300 

1,025 

0 

— 

— 

— 

7./II. 

— 

200 

1,020 

0 




21./II. 


300 

1,017 

0 


7 Tage nach Inject, von 1*00 innerhalb 10 Wochen ziemlich viel 
Quecksilber. Einen Tag nach der nächsten Inject, recht viel; 3 Wochen 
nach einer Inject, von 0-10 wenig Quecksilber, das 5 Wochen später ver¬ 
schwunden war, aber 2 Monate nach der letzten Inject, wieder auftrat. 
3V 2 Monate nach der letzten Injection keine Kügelchen. I 1 /* Wochen nach 
2 Inject, von 0*05 viel Quecksilber, aber 9 Tage nach 4 Inject, von 0*05 
innerhalb 6 Wochen keine Kügelchen. 


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THE OHIO STATE UNIVERSITY 




204 


Linden. 


Nr. 27. 

H. 28 Jahre. Ulcus induratum penis. Roseola syphilitica. 
Papulae mucosae faucium. 


Inject. 15. Aug. bis 28. Aug. Hg. salicyl. 0*30. 9. Sept. bis 15. Oct. 
Pillul. täglich 0*05. Nr. 120._ 


Datum der 
Injection 

Tageszeit 

ü 

« >> 

rr hc~ 

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Urin 

entnommen 

Tageszeit 

Harnmenge 1 

Specifisches 

Gewicht 

Quecksilber- 1 
menge 
im Harne 


— 

— 

— 

20./X. 

— 

200 

1,018 

0 


5./XI. 

— 

0,05 

— 

— 

— 

— 

— 


8./XI.—4./XII. 

— 

Pil. 

Hg. 

oxyd. 

4,0 


täglich 

0,12 




— 

— 

— 

23./XII. 

— 

300 

1,025 

2 


— 

— 

— 

13./I. 

— 

300 

1,025 

0 


1 



26./II. 

1 


300 

1,021 

0 

1 

1 


Ungefähr 1 Woche nach beendigter innerlicher Behandlung kein 
Quecksilber (nur 200 Gramm Urin). 19 Tage nach ebensolcher Behandlung 
recht viel Quecksilber im Urine; 6 Wochen nach der Behandlung Queck¬ 
silber verschwunden; ebenso bei einer späteren Untersuchung, 11 Wochen 
darauf. 


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THE OHIO STATE UNIVERSITY 



Untersuchungen über d. Resorption u. Eliminat. des Quecksilb. 205 


Nr. 28. 

R. 24 Jahre. Ulcus induratum penis. Adaenopatia inguinalis. 

Papulae mucosae faucium. Syphilis papulosa. 


Datum der 
lujection 

Tageszeit 

Quecksilber- 1 
menge 

Ilg. salicyl. 

Urin 

entnommen 

Tageszeit 

Harn me n ge 

Specifisches 

Gewicht 

kt 

o> s 

Xi o a 
ZZ ** 

* fl * 

^ 1 HH 

o a 

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G? 


16./VII. — 10./IX. 

_ 

1,10 

13./X. 


300 

1,016 

1 


— 

— 

1 — 

21./X. 

— 

300 

1,028 

1 


21./X. 

— 

0,05 

25./X. 

— 

300 

1,017 

0 . 


25/X. 

— 

0,05 

— 

— 

— 

— 

— 


30./X. 

— 

0,05 

— 

— 

— 

— 

— 


1./XI. 

— 

0,05 


— 

— 

— 

— 


8./XI. 

— 

0,05 


— 

— 


— 


12./XI. 

— 

0,05 


— 

— 

— 

— 


19./XI. 

— 

0,10 

— 

— 

— 

— 

— 


24./XI. 

— 

0.05 

l./XII. 

— 

300 

1,019 

1 


9./XII. 

— 

0,05 

— 

— 

— 

— 

— 


29./XII. 

— 

0,10 

— 

— 

— 

— 

— 


3./I. 

— 

0,10 

31./I. 


300 

1,025 

0 


Ung. mercurial. 



7./II. 


300 

1,030 

3 


— 

— 

— 

18./IT. 

— 

300 

1,025 

0 


— 

— 

— 

23./II. 

— 

300 

1,016 

0 


6./III. 

— 

0,05 

— 

— 

— 


— 


13./III. 

— 

0,05 

— 

— 

— 

— 

— 


18./1II. 

— 

0.05 

2./IY. 

— 

.300 

1,020 

1 


1 



29./IV. 


300 

1.020 

1 

2 



4—5 Wochen nach einer 7wöchentlichen Injectionscur mit zusammen 
1*10 Hg. salicyl. wenig Quecksilber im Harne. 4 Tage nach einer Inject, 
von 0*05 kein Quecksilber. 1 Woche, nachdem 6 Inject, zu 0*05 und 

1 Injection zu 0*10 gemacht worden, kein Quecksilber. 4 Wochen nach 

2 Inject, zu 0*10 im Laufe von 5 Tagen keine Kügelchen. 2 Wochen 
nachdem 3 Inject, zu 0-05 innerhalb 2 Wochen gemacht worden, wenig 
Quecksilber; nach 6 Wochen ziemlich viel. 


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Original from 

THE OHIO STATE UNIVERS1TY 




206 


Linden. 


Nr. 29. 

L. 23 Jahre. Ulcus induratum penis. Adaenopatia inguinalis. 
Roseola syphilitica. Alopaecia. 


Datum der 
Injection 

Tageszeit 

Quecksilber¬ 

menge 

Ilg. salicyl. 

Urin 

entnommen 

Tageszeit 

Harnmenge 

Specifisches 

Gewicht 

Quecksilber¬ 
menge 
im Harne 


4./X. 

— 

0,05 

— 

— 

— 

— 



14./X. 

— 

0,05 

20./X. 

— 

300 

1,027 

1 


— 

— 

— 

25./X. 

— 

300 

1,020 

0 


25./X. 

— 

0,05 

— 

— 

— 


— 


4./XII. 

— 

0,05 

_ 


— 

— 

— 


11./XII. 

— 

0,05 

— 


— 

— 

— 


19./XII. 

— 

0,05 

— 

— 

— 


— 


23,/XII. 

— 

0,05 


— 

— 

* _ 

— 


2./I. 

— 

0,05 

17./I. 

— 

300 

1,019 

0 


17./I. 

— 

0,05 

24/11. 

— 

200 

1,018 

0 


24./II. 


0,05 

10./IH. 

— 

300 

1,020 

1 


3./III. 


0,05 

— 

— 

— 

— 

— 


10./III. 

— 

0,05 

— 

— 

— 

— 

— 


19./III. 

— 

0,05 

8./IV. 

— 

300 

1,022 

1 


— 

— 

— 

4./V. 

— 

250 

1,018 

0 


4./V. 


M.O") 





i 



6 Tage, nachdem innerhalb 10 Tagen 2 Inject, zu 0*05 gemacht 
worden, wenig Quecksilber im Harne, das 11 Tage später verschwunden 
war. 2 Wochen nach 5 Inject, zu 0*05 innerhalb 1 Monats kein Quecksilber, 
ebenso 1 Woche nach einer darauf folgenden Injection. Spuren von Queck¬ 
silber fanden sich 2 Wochen nach 2 innerhalb 1 Woche gemachten In- 
jectionen und ebenso 3 Wochen nach 3 innerhalb 16 Tagen gemachten 
Inject, zu 0*05 Nach 6V 2 Wochen war das Quecksilber verschwunden. 


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Original from 

THE OHIO STATE UNIVERSITY 



Untersuchungen über d. Resorption u. Eliminat. des Quecksilb. 207 


Nr. 30. 

S. 28 Jahre. Laryngitis chronica ulcerosa. Ulcera nasi et 

capitis. 



ö'A Standen nach Inject, von Hg. salicyl. 0-10 viel Quecksilber im 
Harne, das sich noch 10 Tage später vorfand; nach darauf folgender In- 
jection von Thym. acet. Hg. 0’05, sowohl 11 Stunden wie 6 Tage später 
kein Quecksilber (möglicherweise auf einer nach der Inject, entstandenen 
Induration beruhend). Drei und fünf Tage nach darauf folgenden gleichen 
Injectdonen wieder recht viel Quecksilber. 1 Monat nach der letzten In- 
jection Spuren von Quecksilber. 


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Go^ 'gle 


Original from 

THE OHIO STATE UNIVERSITY 





208 


Linden, 


Nr. 31. 



Vor der Cur kein Quecksilber im Harne. 19 Tage nach Beginn der 
Schmiercur in Dosen von 2*0 Ung. Hg^ kein Quecksilber. Am 23. Tage 
grosse Menge Kügelchen im Urin. 9 Tage nach beendigter Schmiercur 
kein Quecksilber. Nach einer Pause von 2 Wochen und nachdem wieder 
4 Päckchen zu 2-0 eingerieben worden, zeigte sich am 4. Tage noch kein 
Quecksilber. Am 11. Tage nach beendeter Cur wieder Quecksilber, das 
am 20. Tage verschwunden ist. 


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Original from 

THE OHIO STATE UNIVERSITY 



Untersuchungen über d. Resorption u. Eliminat. des Quecksilb. 209 


Nr. 32. 


N. 23 Jahre. Papulae mucosae faucium scroti et ani. 
Adadenopatia inguinalis. Laryngitis. 


Datum der 
Injection 

Tageszeit 

Quecksilber¬ 

menge 

Hg. salicyl. ] 

Urin 

entnommen 

Tageszeit 

© 

bO 

fl 

© 

fl 

u 

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90 

Ja- 

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5 




ln./iir. 

2'/, N.-M. 

300 | 

1.013 

0 

7./m. 

11'/, V.-M. 

0,10 

17,111. 

2 

300 < 

1,010 

3 

— 

— 

— 

17,111. 

8 

: 00 

1,011 

4 

— 

— 

— 

18./III. 

6'A „ 

300 

1,012 

4 

— 

— 

— 

20./III. 

5 r> 

300 

1,014 

1 

— 


— 

2 Will. 

6 

300 1 

1.012 

0 

— 

— 

— 

22./III. 

6 „ 

300 

1,010 

1 

— 

_ 

— 

23./III. 

Ö fl 

300 

1,010, 

0 

— 

— 

— 

25./1II. 

9 

300 

1,011 

1 

— 

— 

— 

26,111. 

7 

300 j 

1.010 

0 

— 

— 

— 

27./III. 

5 

300 ; 

1.012 

0 



Thym- 

acet. 

Hg. 

28./III. 

6 « 

300 

1.012 

0 

29./III. 

ioy 2 v.-m. 

0,05 

29./JII. 

n 

300 

1,012 

1 

— 

— 

3./IV. 

6 

300 

1,010 

0 

4./IV. 

— 

0,05 

6/IV. 

6 

300 

1,025 

2 

— 

— 

— 

11. /IV. 

ll'A V.-M. 

300 

1,019 

0 

— 

— 

— 

13./IV. 

107, , 

300 

1.017 

2 

13./IV. 

11 V.-M. 

0,05 

12./V. 


250 

1,021 

1,017 

4 




24./V. 

6'A V.-M. 

300 

0 


Vor der Einspritzung kein Quecksilber im Urine. 2% und 8 l / 2 Stunden 
nach Inject, von 0-10 grosse Menge Quecksilber, ebenso 1 und 3 Tage 
später; während der 4 darauf folgenden Tage theils wenig, theils ver¬ 
schwunden, bis zum 9., 10. und 11. Tage. 11'/ 2 Stunden nach der nächsten 
Injection von 0*05 wieder wenig Quecksilber, das 5 Tage darauf verschwand, 
um 2 Tage nach der folgenden Injection wieder aufzutreten und 7 Tage 
später zu verschwinden. Am 9. Tage wieder Quecksilber und 1 Monat 
nach der letzten Inject, viel Quecksilber, das 6 Wochen später verschwand. 
Dass nach der 2. und 3. Einspritzung kein Quecksilber anzutreften war, 
beruhte vielleicht auf der nach denselben eingetretenen Infiltration. 


Der grösseren Uebersicht wegen in Betreff des mehr oder 
weniger schnellen Auftretens des Quecksilbers im Urin nach 
der Injection, wie seiner Permanenz, habe ich ausserdem die 
Analysen so gruppirt, dass alle Fälle, in denen nur eine 
Injection gemacht worden, in eine Gruppe zusammengestellt 
sind und alle übrigen in die zweite. 

Ergänzungshefte z. Archiv f. Dermatol, u. Syphil. 1892. 24 


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Original from 

THE OHIO STATE UNIVERSITY 





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210 


Linden. 


Analysen mit positivem Besultat nach einer einzigen 

Injection. 


Nr. 

15. 

2 

Std. 

nach Inject. 

von 

Hg. 

sal. 0,10. 

Quecks.-Menge 1 

P 

23. 

2 

P 

p 

p 

p 

P 

P 

0,10. 

P 

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p 

32. 

27, 

P 

p 

p 

p 

P 

P 

0,10. 

P 

3 

P 

2. 

4 

P 

p 

p 

77 

P 

P 

0,10. 

P 

3 

P 

8. 

4 

P 

p 

p 

P 

P 

P 

0,10. 

P 

3 

p 

20. 

4 

P 

p 

p 

P 

P 

P 

0,05. 

P 

1 

p 

30. 

5 7, 

P 

p 

p 

P 

P 

P 

0,19. 

P 

4 

77 

4. 

6 

P 

p 

p 

77 

P 

P 

0,10. 

P 

1 

77 

13. 

6% 

P 

p 

p 

P 

P 

P 

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17 

21. 

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P 

p 

p 

P 

P 

P 

0,05. 

P 

4 

77 

32. 

87, 

P 

p 

p 

P 

P 

P 

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P 

4 

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14. 

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P 

p 

p 

P 

P 

P 

0,10. 

P 

4 

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P 

p 

p 

P 

P 

P 

0,10. 

P 

4 

77 

21. 

14% 

P 

p 

p 

P 

P 

P 

0,05. 

P 

2 

77 

15. 

16 

P 

p 

p 

P 

P 

P 

0,10. 

P 

4 

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18 

P 

p 

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P 

P 

P 

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P 

4 

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7. 

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P 

p 

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P 

P 

P 

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P 

2 

77 

2. 

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P 

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P 

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P 

0,10. 

P 

2 

77 

15. 

19 

P 

p 

p 

P 

P 

P 

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P 

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13. 

21% 

P 

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P 

P 

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P 

3 

P 

30. 

26 

P 

p 

p 

P 

P 

P 

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P 

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P 

14. 

29 

P 

p 

p 

P 

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P 

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P 

1. 

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P 

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P 

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P 

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P 

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P 

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15. 

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P 

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p 

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p 

16. 

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P 

p 

p 

P 

P 

P 

0,05. 

p 

1 


Gck igle 


Original from 

THE OHIO STATE UNIVERSITY 



Untersuchungen über d. Resorption u. Elimins.t des Quecksilb. 211 


Nr. 32. 


n 

77 

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77 


71 


77 

77 


21 . 


15. 

32. 

23. 

30. 

20 . 

23. 


Std. nach Inject, von Hg. sal. 0,10. 
n n n n n 0,05. 

rt n n n n 0,10. 

n n » » n 0,10. 

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Quecks.-Menge 1 


n 


1 


77 

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1 

3 


77 

77 

77 


2 

2 

1 


Analysen mit negativem Resultat nach einer einfachen 

Injection. 


Nr. 

32. 

4 

Tage nach Inject. 

von 

Hg. 

sal. 

0,10. 

Kein Quecksilber. 

77 

15. 

5 

77 

77 

77 

77 

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77 

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77 

77 

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19 

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77 

77 

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77 

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77 

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Wochen 

77 

77 

77 

77 

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77 

77 

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77 

77 


Aus 

dieser Zusammenstellung geht hervor, dass 48 Queck 


silberanalysen nach einer einmaligen Injection von Hg. salicyl. 
gemacht worden sind, in 37 Fällen in einer Dosis von 0*10 


und in 11 Fällen 0 # 05 und zwar an Harn von Patienten, die 
früher in keiner Form Quecksilber erhalten hatten oder solchen, 
die vor längerer Zeit dasselbe gebraucht hatten, deren Harh 
sich aber bei der Untersuchung als ganz quecksilberfrei er¬ 
wiesen hatte. 

14* 


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Original from 

THE OHIO STATE UNIVERSITY 



212 


Linden. 


Der früheste Termin, in dem nach einer einfachen In- 
jection von Hg. salicyl. 0*10 Quecksilber im Harne nachge¬ 
wiesen werden konnte, war in 3 Fällen 2—2*/ 2 Stunden der 
kürzeste Zeitraum, in dem eine Harnmenge von 300 Ccm. zu 
erhalten war, nachdem die Blase vor der Injection entleert 
worden. In den beiden ersten Fällen enthielt der Harn nur 
eine geringe Menge, im 3. eine grössere Menge Quecksilber. 
Innerhalb der nächsten 10 Stunden nach der Injection zeigte 
sich die Quecksilberquantität im Urin in starkem Steigen, so 
dass dieselbe, von 10 Untersuchungen an 10 verschiedenen 
Patienten, in 8 Fällen als sehr hoch bezeichnet werden muss, 
nur in 2 Fällen war sie gering. In einem dieser Fälle wurde 
nur eine Injection von 0*05 gemacht; in einem anderen Falle 
enthielt der Urin 8 Stunden nach der Injection eine sehr 
grosse Menge Quecksilber, trotzdem nur 0*05 injicirt wurden. 
In den darauf gemachten Untersuchungen, 14—21 Stunden 
nach der Injection, war die Quecksilberquantität hoch, nur in 
3 Fällen war sie niedrig. 

Während des zweiten Tages hielt sich die Quecksilber¬ 
menge, wenngleich etwas im Abnehmen, doch noch hoch: von 
13 Untersuchungen an 11 Fällen war die Quecksilbermenge in 
7 Fällen hoch in 6 Fällen niedrig. 

Innerhalb des 3., 4., 5. und 6. Tages zeigt das Queck¬ 
silber starke Abnahme: von 9 Untersuchungen an ebenso vielen 
Fällen konnte in 6 Fällen nur eine geringe Menge Quecksilber 
nachgewiesen werden und in 3 Fällen eine höhere. 

Wo Quecksilber angetroffen werden konnte, nachdem 
längere Zeit seit den Injectionen verflossen war, war die 
Quantität auch gering. Die längste Zeit in der nach einer 
einfachen Injection mit Sicherheit Quecksilber nachzuweisen 
war, betrug 19 Tage in 1 Falle; in den übrigen 5 Fällen 
variirte die Zeit zwischen 8—10 Tagen und war die Quantität 
nur einmal über Mittelmenge. 

Auch in allen den Fällen, wo die Analyse nach einer 
einfachen Injection negative Resultate ergab, war der Urin 
durch vorherige Untersuchung als quecksilberfrei constatirt 
worden. Die Zahl der Analysen in dieser Gruppe betrug 21 
und die Dosis Hg. salicyl. 0*10 oder 0*05. 


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Go^ 'gle 


Original frorn 

THE OHIO STATE UNIVERSITY 



Untersuchungen über d. Resorption u. Eliminat. des Quecksilb. 213 


In zwei Fällen, Nr. 15 und 32, wo 3 Analysen gemacht 
wurden, war das Quecksilber schon am 4., ft. und 6. Tage 
nach Injection von O’IO verschwunden; in Nr. 15 konnte dieser 
Umstand vielleicht mit dem niedrigen spec. Gewicht des Harnes 
in Zusammenhang stehen. In Nr. 32 trat das Quecksilber sehr 
schnell und in grosser Menge im Urin auf, was aus der Zu¬ 
sammenstellung der positiven Analysen hervorgeht, nahm am 
3. Tage schnell wieder ab, so dass es vom 3. bis 9. Tage 
entweder in geringer Menge sich zeigte oder fehlte; am 9., 
10. und 11. Tage war es ganz verschwunden. Innerhalb der 
zweiten Woche nach der Injection sind 8 Analysen gemacht 
worden; in 4 Fällen betrug die Dosis (HO und in ebenso vielen 
Fällen 0*05; in keinem Falle wurde Quecksilber gefunden. 

5 Analysen sind nach Verlauf von 3 und 4 Wochen ge¬ 
macht worden und ebenso 5 Analysen, nachdem 10 und 16 
Wochen seit der Injection verflossen, und in keinem dieser 
Fälle konnte Quecksilber nachgewiesen werden. 

Hieraus würde also hervorgehen, dass das Quecksilber 
nach einer einfachen Injection von 0*10 oder 0*05 Hg. salicyl. 
sehr schnell resorbirt wird, so dass es schon nach einigen 
Stunden im Harne anzutreflen ist; die Quecksilbermenge steigt 
dann innerhalb der ersten 12 Stunden sehr schnell, so dass 
grosse Quantitäten davon anzutreffen sind, hält sich während 
des ersten und zweiten Tages recht hoch, nimmt dann während 
der folgenden Tage wieder schnell ab, so dass es im Harn 
nur in Mittelmenge nachzuweisen oder bisweilen auch schon 
ganz verschwunden ist. Obgleich das Quecksilber bisweilen 
auch später nachgewiesen werden kann, dürfte es nach einer 
einfachen Injection gewöhnlich am Schluss der ersten oder im 
Beginn der zweiten Woche aus dem Körper ausgeschieden sein. 

Analysen mit positivem Resultat nach mehreren 
Injectionen. 

3. 1 Std. n. Inj. v. Hg. sal. 1,30 innerh. 4 1 /, Mon. in Dos. 0,10. Q.-M. 4 


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2 

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Original from 

THE OHiO STATE UN1VERSITY 



214 


Linden. 


Nr. 

16. 6 

Std. n. 

Inj. v. Hg. aal. 0,45 innert. 86 

Tag. in Dos 

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77 

77 

« 0,20 

77 

10 

77 77 

0 ,10. 

77 

2 

32. 2 

77 ?! 

77 

Th. ac. 

Hg. 0,10 

77 

18 

77 77 

0,05. 

77 

2 

15. 2% 

?! 77 

77 

v. Hg. sal. 0,20 

77 

4 

77 >? 

0 ,10. 

77 

1 

16. 3 

?! 7! 

77 

77 

» 0,85 

7? 

21 

7» 77 

0 ,10. 

77 

2 

23. 3 

?! 77 

77 

77 

« 1,85 

77 

21 

Woch. „ 

0 ,10. 

77 

4 

30. 3 

77 ?! 

77 

77 

« 0,10 










Th. ac. Hr. 0,10 

77 

16 

Tag. „ 

0,05. 

77 

2 

15. 4 

77 ?) 

77 

v. Hg. sal. 0,30 

77 

10 

77 77 

0 ,10. 

77 

3 

7. 4 

77 77 

77 

77 

» 0,40 

77 

12 

77 77 

0 ,10. 

77 

3 

23. 4 

77 77 

71 

77 

» 1,45 

77 

4 

Mon. „ 

0 ,10. 

77 

1 

14. 5 

?! 77 

77 

77 

„ 0,20 

77 

6 

Tag. „ 

0 ,10. 

77 

2 

15. 5 

7? ?! 

77 

77 

« 0,20 

77 

6 

77 7? 

0 ,10. 

77 

1 

16. 5 

77 7? 

71 

77 

« 0,45 

77 

36 

77 77 

0,10. 

77 

2 

23. 5 

77 ?! 

77 

r 

« 1,55 

77 

4% Mon. „ 

0 ,10. 

71 

3 

23. 5 

7? 77 

77 

r 

» 1,05 

77 

21 

Woch. „ 

0 ,10. 

77 

3 

16. 5% 

77 77 

•7 

77 

« 0,15 

77 

11 

Tag. „ 

0,05. 

77 

2 

1 . 6 

77 ?! 

77 

77 

« 0,30 

77 

7 

77 77 

0 ,10. 

77 

2 

3. 6 

77 77 

77 

77 

„ 0,90 

77 

13 

Woch. „ 

0 ,10. 

77 

3 

15. 6 

77 77 

7? 

77 

„ 0,40 

77 

14 

Tag. „ 

0 ,10. 

7? 

1 


Digitized by »oie 


Original from 

THE OHIO STATE UNtVERSITY 



Untersuchungen über d. Resorption u. Eliminat. des Quecksilb. 215 


Nr. 

29. 

6 

Tag. 

n. 

Inj 

• v. Hg. 

sal. 

0,10 innerh. 10 

Tag. in 

Dos 

i. 0,05. Q 

.-M. 

1 

30. 

6 

n 

77 

77 

77 

T 

0,10 













Th. ac. 

Hg. 

.0,15 

77 

19 

77 

77 

0,05. 

77 

3 

20 . 

7 

n 

77 

n 

v. Hg. 

sal. 

0,35 

77 

4 

Woeh. 

77 

0,05—0,10 

77 

3 

20. 

7 

77 

T 

T 

T 

T 

0,95 

V 

»7, 

Mon. 

77 

0,05-0,10 

77 

2 

25. 

7 

n 

n 

T 

77 

T 

0,25 

77 

11 

Woch. 

77 

0,05—0,10 

77 

2 

21 . 

7 

» 

T 

T 

77 

77 

0,40 

77 

5 

Mon. 

77 

0,05-0,10 

77 

1 

23. 

7 

n 

T 

77 

77 

77 

2,05 

77 

5% 

77 

77 

0,05—0,10 

77 

2 

26. 

7 

77 

n 

T 

T 

77 

1,00 

T 

9 

Woch. 

77 

0,10 

77 

2 

28. 

7 

77 

77 

T 

77 

T 

1,55 

77 

15 

77 

77 

0,05-0,10 

77 

1 

16. 

8 

77 

77 

T 

n 

T 

0,35 

T 

21 

Tag. 

77 

0,05-0,10 

77 

2 

13. 

9 

77 

77 

V 

T 

T 

0,40 

n 

17 

77 

77 

0 ,10. 

77 

4 

23. 

9 

7 ? 

T 

T 

77 

T 

2,15 

n 

24 

Woch. 

77 

0 ,10. 

77 

2 

32. 

9 

77 

77 

T 

77 

77 

0,10 












u. Th. ac. 1 

Hg. 

0,10 

77 

18 

Tag. 

77 

0,05—0,10 

77 

2 

1 . 

9 

n 

77 

T 

v. Hg. 

sal. 

0,60 

T 

4 

Woch. 

77 

0 ,10. 

77 

3 

2. 

10 

77 

77 

T 

77 

77 

0,30 

T 

9 

Tag. 

77 

0 ,10. 

77 

3 

22 . 

10 

77 

T 

77 

77 

n 

0,60 

17 

9 

Woch. 

77 

0 ,10. 

77 

2 

23. 

10 

77 

T 

77 

77 

n 

1,65 

77 

47 

, Mon. 

77 

0,05—0,10 

7? 

3 

3. 

11 

77 

77 

77 

T 

77 

1,50 

17 

5 

» 

77 

0 ,10. 

77 

2 

24. 

11 

7? 

T 

T 

79 

T 

0,20 

77 

12 

Woch. 

77 

0,05-0,10 

77 

1 

26. 

11 

77 

T 

T 

T 

T 

0,10 

77 

2 

Woch. 

77 

0,05. 

7? 

3 

3. 

12 

V 

T 

77 

77 

77 

1,00 

77 

13 

77 

77 

0 ,10. 

77 

2 

24. 

12 

T 

T 

77 

T 

T 

0,20 

77 

12 

Tag. 

77 

0,05—0,10 

77 

1 

16. 

13 

77 

T 

T 

77 

T 

0,55 

77 

41 

77 

77 

0,05—0,10 

77 

4 

1 . 

13 

77 

V 

T 

T 

T 

0,40 

77 

2 

Woch. 

77 

0 ,10. 

77 

2 

3. 

14 

7? 

77 

77 

T 

T 

1,00 

77 

13 

» 

77 

0 ,10. 

77 

2 

15. 

14 

T 

77 

T 

77 

T 

0,40 

77 

14 

Tag. 

77 

0 ,10. 

77 

2 

92. 

13 

V 

T 

7) 

77 

T 

0,35 

77 

3 

Mon. 

7? 

0,05. 

77 

1 

20 . 

14 

77 

77 

77 

77 

77 

0,15 

77 

12 

Tag. 

77 

0,05. 

77 

2 

23. 

14 

77 

T 

77 

T 

T 

2,15 

77 

24 

Woch. 

77 

0 ,10. 

77 

2 

28. 

14 

T 

77 

77 

n 

77 

0,15 

77 

2 

Tag. 

77 

0,05. 

77 

1 

7. 

15 

77 

T 

T 

77 

T 

0,50 

77 

16 

77 

77 

0 ,10. 

7? 

1 

20 . 

16 

77 

n 

T 

77 

77 

0,85 

77 

3 

Mon. 

77 

0 ,10. 

77 

2 

23. 

17 

77 

77 

T 

77 

T 

1,75 

77 

19 

Woch. 

77 

0,05—0,10 

77 

2 

7. 

19 

7t 

T 

T 

n 

T 

0,20 

77 

4 

Tag. 

77 

0 ,10. 

77 

1 

14. 

20 

T 

V 

77 

77 

77 

0,80 

77 

12 

77 

77 

0 ,10l 

7? 

1 

15. 

3 Woch. 

n 

77 

T 

T 

0,40 

77 

14 

7? 

77 

0 ,10. 

77 

1 

15. 

3 

r> 

77 

T 

T 

T 

1,25 

77 

13 

Woch. 

77 

0,06—0,10 

77 

1 

29. 

3 

T 

T 

77 

T 

T 

0,50 

77 

15 

77 

77 

0,05. 

77 

1 

18. 

3 

V 

T 

77 

V 

77 

0,60 

77 

3 

77 

77 

0 ,10. 

77 

1 

13. 

4 

T 

T 

T 

77 

T 

0,40 

77 

17 

Tag. 

77 

0 ,10. 

77 

2 

20 . 

4 

77 

77 

T 

T 

T 

1,00 

77 

4 

Mon. 

77 

0,05—0,10 

77 

1 

21 . 

4 

V 

T 

T 

T 

T 

0,50 

77 

3 

77 

77 

0,05—0,10 

77 

3 

22 . 

4 

77 

T 

T 

T 

V 

0,50 

77 

6 

Woch. 

77 

0,05—0,10 

77 

2 

28. 

4 

T 

77 

T 

77 

T 

1,10 

77 

7 

» 

77 

0,05. 

77 

1 


Digitized by »oie 


Original from 

THE OHIO STATE UNtVERSITY 



216 ’ 


Linden. 


Nr. 

32. 4 Woch. n. Inj. v.Hg. sal. 0,10 

u. Th. ac. Hg. 0,15 innerh. 4 Woch. inDos. 0,05-0,10Q.-M. 4 


30. 

4 

77 

n 

n 

77 

77 

0,20 

77 

3'A 

77 

77 

0,05. 

77 

1 

28. 

6 

n 

n 

»5 

77 

77 

1,10 

77 

7 

77 

77 

— 

V 

1 

28. 

6 

r, 

77 

77 

77 

77 

0,15 

77 

12 

Tag. 

77 

0,05. 

1» 

2 

1. 

6 

77 

n 

77 

77 

77 

1,78 

77 

4 

Mon. 

77 

0,10. 

77 

1 

15. 

6'A 

79 

77 

77 

77 

77 

0,40 

77 

14 

Tag. 

77 

0,10. 

77 

1 

13. 

7 

r> 

77 

77 

77 

77 

0,40 

» 

17 

fl 

77 

0,10. 

V 

2 

26. 

8 

n 

77 

n 

77 

77 

1,25 

77 

13 

Woch. 

77 

0,05-0,10 

77 

2 


Analysen mit negativem Resultat nach, mehreren 
Injectionen. 


30.11 

Std. n. 


. v. Hg. sal. 0,10 








u.' 

Th. ac. 

Hg. 0,05 innerh. 10 

Tag. in Dos. 0,05. Kein 1 

24. 2 

77 77 

7) 

v. Hg. eal. 0,40 

77 

2 

Mon. „ 

. 0,05. 

77 

28. 4 

V 77 

77 

77 

» 1,15 

77 

11 

Woch. „ 

0,05—0,10 

77 

21. 5 

77 77 

77 

77 

» 0,20 

77 

4 

Tag. „ 

0,10. 

77 

3. 5 

77 77 

77 

77 

» 1,10 

71 

15 

Woch. * 

0,10. 

V 

24. 5 

fl n 

77 

77 

„ 0,50 

77 

9 

n n 

0,05. 

77 

32. 5 

77 77 

77 

77 

„ 0,10 








Th. ac. Hg. 0,05 

77 

12 

T ft g- „ 

0,05. 

77 

30. 6 

77 77 

79 

v. Hg. sal. 0,10 









Th. ac. 

Hg. 0,05 

77 

10 

77 77 

0,05. 

77 

16. 7 

77 77 

n 

v. Hg. sal. 0,75 

77 

2 

Mon. „ 

0,05—0,10 

77 

20. 7 

77 77 

77 

77 

» 0,45 

77 

5'A Woch. „ 

0,05-0,10 

77 

32. 7 

77 77 

77 

77 

„ 0,10 









Th. ac. 

.Hg. 0,10 

77 

18 

Tag. „ 

0,05. 

77 

20. 8 

7) 77 

7} 

v. Hg. sal. 0,90 

77 

3'A Mon. „ 

0,05 - 0,10 

77 

20. 8 

77 77 

77 

77 

„ 0,45 

77 

4'A 

77 77 

0,05—0,10 

77 

24. .8 

77 77 

77 

77 

» 0,35 

77 

7 

Woch. „ 

Q,0ö. 

r 

25. 8 

77 77 

77 

n 

„ 0,25 

77 

6'A 

77 77 

0,05. 

T) 

15. 9 

77 77 

77 

77 

n 0,20 

79 

10 

Tag. „ 

0,10, 

77 

26. 9 

77 77 

77 

77 

„ 0,20 

77 

5 

V 77 

0,05. 

77 

29.11 

77 77 

77 

77 

„ 0,10 

79 

10 

77 79 

0,05. 

77 

29.14 

77 77 

77 

77 

„ 0,25 

77 

4 

Woch. „ 

0,05. 

77 

14.18 

77 77 

77 

n 

* 0,30 

77 

12 

Tag. „ 

0,10. 

77 

13. 3 

77 77 

77 

77 

„ 0,40 

79 

17 

77 77 

0,10. 

T> 

24. 3 

77 77 

77 

77 

„ 0,30 

79 

4 

Woch. „ 

0,05. 

77 

25. 3 Woch. „ 

77 

77 

„ 0,20 

79 

16 

Tag. „ 

0,05, 

77 

7. 3% 

77 77 

77 

77 

» 0,80 

77 

7 

Woch. „ 

0,10. 

77 

23. 3'A 

77 77 

77 

77 

» 2,25 

77 

6 'A Mon. „ 

0,10. 

77 

28. 4 

77 77 

77 

77 

„ 1,80 

77 

Ö'A 

79 79 

0,05-0,10 

77 

14. 5 

77 77 

77 

77 

„ 0,30 

77 

12 

Tag. „ 

0,10. 

77 


Digitized fr, 


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Original fro-m 

THE OHtO STATE UNSVERS1TY 



Untersuchungen über d. Resorption u. Eliminat. des Quecksilb. 217 

Nr* 

20 . 5 Woch. n. Inj. v. Hg. sal. 1,00 innerh. 4 Mon. in Dos. 0,05-0,10 Kein Q. 


21. 5 

55 

79 

79 

79 

79 

0,10 

» 

1 

Woch. „ 

0,05. 

77 

22. 5 

n 

79 

79 

79 

79 

0,50 

55 

6 

75 55 

— 

77 

2. 5 

r> 

r> 

99 

79 

79 

0,40 

75 

3 

75 75 

0 ,10. 

77 

29. 5 

n 

» 

99 

99 

79 

0,30 

75 

1 1 / 2 Mon. 

0,05. 

75 

26. 5 

n 

i) 

79 

79 

75 

1,25 

55 

13 

Woch. „ 

0,05—0,10 

77 

1. 5'/. 

79 

T) 

79 

79 

79 

0,60 

75 

4 

55 77 

0 ,10. 

77 

1 . 6 

55 

n 

79 

79 

79 

0,60 

75 

4 

75 55 

0 ,10. 

*7 

13. 6 

» 

n 

79 

79 

79 

0,15 

75 

5 

Tag. „ 

0,05—0,10 

77 

26. 6 

77 

n 

79 

79 

99 

0,25 

55 

6 

Woch. „ 

0,05. 

77 

28. 6 

r> 

99 

79 

79 

79 

1,80 

55 

5 'A Mon. „ 

0,05—0,10 

77 

32. 6 

n 

n 

79 

79 

75 

0,10 









U. 

Th. ac. Hg. 0,15 

79 

4 

Woch. „ 

0,05. 

77 

29. 6'A 

n 

r> 

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v. Hg. sal. 

0,50 

79 

15 

55 75 

0,05. 

77 

1. 7 

79 

r> 

79 

79 

75 

1,78 

75 

4 

Mon. „ 

0 ,10. 

77 

28. 7 

n 

n 

79 

79 

75 

1,80 

55 

5'A 

75 75 

0,05—0,10 

77 

18. 8 

n 

n 

79 

79 

75 

0,60 

75 

3 

Woch. „ 

0 ,10. 

77 

23. 8 

n 

n 

79 

79 

., 

2,25 

55 

6 y a Mon. „ 

0 ,10. 

77 

26. 8 

n 

?? 

99 

79 

75 

0,25 

77 

6 

Woch. „ 

0,05. 

77 

1. 9 

r> 

n 

79 

79 

75 

0,60 

55 

4 

77 77 

0 ,10. 

77 

6 . 9 

n 

» 

79 

79 

75 

0,60 

55 

4 

75 77 

0 ,10. 

77 

25. 9 

n 

n 

79 

79 

75 

0,25 

77 

6 'A 

75 77 

0,05. 

77 

1 . 9'A 

99 

77 

79 

79 

75 

0,60 

55 

4 

75 75 

0 ,10. 

57 

23.10 

n 

n 

79 

79 

75 

2,25 

75 

6 l / 2 M° n « „ 

0 ,10. 

77 

2.12 

n 

n 

99 

79 

75 

0,40 

75 

3 

Woch. „ 

0 ,10. 

77 

26.13 

j) 

r> 

V 

79 

55 

1,25 

55 

13 

75 75 

0,05-0,10 

75 

15.15 

n 

79 

79 

79 

75 

0,40 

75 

14 

Tag. „ 

0 ,10. 

75 

12 . 3'A Mon 


99 

99 

75 

0,80 

55 

8 

Woch. „ 

0 ,10. 

77 

13. 4'A 

n 

99 

79 

99 

75 

0,15 

55 

5 

Tag. „ 

0,05- 0,10 

77 

19. 5'A 

rt 

79 

M 

79 

75 

0,40 

75 

3 

Woch. „ 

0 ,10. 

77 

11 . 8 

79 

79 

79 

79 

75 

0,20 

77 

2 

Mon. „ 

0 ,10. 

77 

9.17 

n 

79 

79 

79 

55 

0,25 

75 

4 

Woch. „ 

— 

77 

10.26 

r> 

79 

99 

79 

55 

0,20 

75 

2 

55 75 

— 

77 

5. 2‘AJahr. 

79 

79 

99 

75 

0,30 

75 

1 

Mon. „ 

— 

77 


Quecksilberanalysen an Harn, mit positivem 
Resultat, nach mehreren Injectionen, sind an Zahl 
100. In dieselben sind 7 Untersuchungen nach Injection von 
Thymol, acet. Hg. eingeschlossen; ich habe nicht gezögert sie 
mit den übrigen zusammenzustellen, um so mehr, als kein 
wesentlicher Unterschied in diesen Analysen im Vergleich zu 
den nach Hg.-salicyl. zu bemerken ist. 


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218 


Linden. 


In 2 Analysen, die eine 1 Stunde, die zweite 4 Stunden 
nach der letzten Injection ausgeführt, fand sich Quecksilber 
in sehr grosser Menge und das obgleich in einem Falle die 
Dosis nur 0*05 betrug. 

In 10 Analysen, an 6 Fällen innerhalb 12 Stunden nach 
der letzten Injection gemacht, war in 6 Fällen die Quecksilber¬ 
menge hoch, in 4 Fällen niedrig. Wo die Quecksilbermenge 
geringer war, hatte die Dosis in 3 Fällen nur 0*05 betragen. 

12—24 Stunden nach der letzten Injection sind 9 Analysen 
an 8 Patienten gemacht worden und war die Quecksilbermenge 
nur in einer Analyse, in welchem Falle die letzte Injection 
0*05 betragen hatte, gering, in allen anderen Fällen sehr hoch. 

Am 2. Tage nach der letzten Injection gaben 13 Ana¬ 
lysen aus 5 Fällen eine hohe Quecksilbermenge; in 4 Analysen 
war sie gering. Von diesen letzteren waren 3 an demselben 
Falle ausgeführt und die 4. nach einer Injection von 0 05, 
wobei die nächst vorhergehende Injection 12 Tage früher ge¬ 
macht worden war. 

Harnuntersuchungen während des 5. bis 7. Tages incl. 
nach der letzten Injection sind 18 an Zahl. Von diesen 
ergaben 13 Analysen geringe Quecksilbermenge und 5 Ana¬ 
lysen hohe. 

Innerhalb der zweiten Woche nach der letzten Injection 
sind 21 Analysen gemacht worden und von diesen war in 
6 Fällen die Quecksilbermenge hoch und in 15 Fällen niedrig; 
von 9 Injectionen zu 0*05 haben nur 2 eine grössere Queck¬ 
silbermenge zur Folge gehabt. 

In der 3. und 4. Woche nach der letzten Injection haben 
von 16 Analysen nur 2 hohe Quecksilbermenge erwiesen, 14 
dagegen geringe. 

Während der 6. und 7. Woche nach der letzten Injection 
sind 5 Untersuchungen ausgefuhrt worden; in diesen konnte 
Quecksilber in geringerer Menge nachgewiesen werden, ebenso 
bei einer Untersuchung nach 8 Wochen. In Fällen, wo das 
Quecksilber noch längere Zeit nach der letzten Injection im 
Urine anzutreflfen war, war gewöhnlich eine grössere Quantität 
in verhältnissmässig kurzer Zeit injicirt worden. 


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Untersuchungen über d. Resorption u. Eliminat. des Quecksilb. 219 


In 60 Analysen, wo mehrere Injectionen derselben voraus- 
gegangen waren, konnte kein Quecksilber im Harne nach¬ 
gewiesen werden. 

Die Analysen waren in diesen Fällen gemacht: in 
1 Falle innerhalb 11 Stunden nach der letzten Injection, 


1 

77 

r> 

des 2. Tages 

77 

77 

77 

77 

9 Fällen 

n 

* 4. 

7 ? 

r 

77 

77 

77 

00 

77 

r> 

1 

00 

77 

77 

77 

77 

77 

7 

n 

» 

3—4 Wochen 

77 

77 

7 ? 

7 ? 

13 

77 


5—6 

n 

7 ’ 

77 

77 

77 

6 

n 

77 

00 

1 

r> 

71 

77 

77 

77 

00 

n 

77 

9—15 

77 

77 

77 

77 

77 

7 

n 

7 ? 

3 Mon. bis 

IO 

M 

Jahre 

77 

77 

77 


Aus diesen Fällen ist ersichtlich, dass während der 

7 ersten Tage nach der letzten Injection, wo das Quecksilber 
mit grösster Wahrscheinlichkeit im Harne noch hätte müssen 
angetroffen werden können, dasselbe in 11 Fällen fehlte. 

Prüft man diese Fälle aber näher, so ergibt sich, dass 
im ersten Falle, der sich auf Nr. 30 bezieht, eine 6V 2 Stunden 
früher gemachte Analyse positive Resultate ergab und also 
anzunehmen ist, dass das Quecksilber sich auch bei der spä¬ 
teren Analyse vorfand, aber aus irgend einer Veranlassung im 
Harne nicht nachzuweisen war. 

In Nr. 3, wo das Quecksilber 5 Tage nach der Injection 
verschwunden war, ist die Erklärung vielleicht im niedrigen 
spec. Gewicht 1*005 des Urines zu suchen. 

In 6 Fällen betrug die Dosis nicht nur in der letzten 
Injection, sondern auch bei der überwiegenden Zahl der frü¬ 
heren nur 0*05, oder auch wurden die Injectionen mit langen 
Zwischenräumen gemacht. 

In Nr. 20, wo das Quecksilber 7 Tage nach der Injection 
verschwunden war, war der Zeitraum 5V a Wochen, in dem 0*45 
injicirt wurden, verhältnissmässig lang, auch war ausser bei 
den beiden letzten Injectionen die kleinere Dosis angewandt 
worden. 

Innerhalb der zweiten Woche, wo man füglich auch er¬ 
warten konnte, Quecksilber im Harne zu finden, fehlte es in 

8 Analysen. Von diesen betrug in 7 Fällen die letzte Injection 


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220 


Linden. 


0*05 und wurden die vorhergehenden Injectionen mit langen 
Zwischenräumen gemacht, und war überhaupt die Totalquan* 
tität des Injectionsstoffes klein im Vergleich zur Zeit, in der 
die Injectionen gemacht wurden. In Fall 15, dem einzigen, 
wo eine Menge von 0*10 injicirt wurde und der Urin 9 Tage 
nach der Injection quecksilberfrei war, kann dieses auf dem 
geringen spec. Gewicht 1*011 des Urines beruhen. 

Während der 3. und 4. Woche nach der Injection wurden 
7 Analysen ausgeführt und gaben ein negatives Resultat. Von 
diesen wurde in Nr. 14 die Untersuchung an nur 175 Grm. 
Urin gemacht; in Nr. 13 war 3 Wochen nach der Injection 
kein Quecksilber anzutreffen, doch beruhte dieses wohl auf 
irgend einem Zufall, denn sowohl 4 als 6'/ 2 Wochen nach der 
Injection konnte bei derselben Person Quecksilber nachge¬ 
wiesen werden. In den beiden anderen Fällen Nr. 24 und 25. 
die 3 Wochen nach der Injection untersucht wurden, war eine 
Einspritzung von nur 0*05 gemacht worden. In 3 Fällen fehlte 
das Quecksilber 3*/ 2 und 4 Wochen nach der Injection. 

Während der 5. und 6. Woche nach der letzten Injection 
wurden 13 Analysen gemacht und während der 7. und 
8. Woche 7, ohne dass Quecksilber im Urine anzutreffen war. 
Dasselbe war der Fall in 15 Analysen, die 9 Wochen bis 
87 2 Monat nach der letzten Injection gemacht wurden. 

Fasst man die Resultate der positiven sowohl wie auch 
der negativen Analysen zusammen, so findet man, dass das 
Quecksilber, wo es sich nach einer vorhergehenden Injection 
schon zu vermindern begann, einige Stunden nach erneuerter 
Injection wieder in sehr grosser Menge im Harne auftritt, sich 
dann während des ersten und zweiten Tages recht hoch erhält 
und dass gewöhnlich nur nach Injection der kleineren Dosis 
von 0*05 die Quecksilbermenge gering war. So hat von 20 
während des ersten Tages nach der letzten Injection gemachten 
Analysen nur eine negatives Resultat gegeben. Auch während 
des zweiten Tages hielt sich die Quecksilberquantität hoch; 
von sämmtlichen in dieser Zeit gemachten Analysen, 14 an der 
Zahl, hat nur eine Untersuchung nach Injection von 0*05 
negatives Resultat gegeben. Während des 3. und 4. Tages 
zeigt das Quecksilber die Tendenz abzunehmen, hält sich aber 


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Untersuchungen über d. Resorption u. Eliminat. des Quecksilb. 221 


doch noch verhältnissmässig hoch; von 8 Analysen aus diesen 
Tagen ist nur eine mit negativem Resultat vorgekommen. 
Erst am Schluss der ersten Woche tritt eine bestimmte Ver¬ 
minderung ein und in dieser Zeit gaben schon 8 Analysen von 
26 ein negatives Resultat. Auch während der zweiten Woche 
wurde in 29 Analysen 8mal negativer Befund erhalten. Die 
negativen Resultate ergaben sich im Allgemeinen nach Injection 
der kleineren Dosis von 0*05, in einigen Fällen hat möglicher¬ 
weise auch das niedrige spec. Gewicht des Harnes dazu bei¬ 
getragen. 

In der dritten und vierten Woche nach der letzten In¬ 
jection ergaben die Analysen in der überwiegenden Anzahl 
Fälle, nämlich 16 von 23, ein positives Resultat, wenn auch 
die Quecksilbermenge hauptsächlich gering war; nur in 2 Fällen 
war sie hoch. 

Auch von den während der 5. bis 8. Woche ausgeführten 
Untersuchungen, 25 an der Zahl, gaben 6 Analysen ein posi¬ 
tives Resultat mit geringem Quecksilbergehalt im Harne, 19 
Analysen dagegen ein negatives. Die übrigen 15 Analysen, 
9 Wochen bis 2'/ 2 Jahre nach der letzten Injection ausgeführt, 
gaben alle ein negatives Resultat. 

Vergleicht man die Resultate dieser letztgenannten Ana¬ 
lysen mit den nach nur einmaliger Injection erhaltenen, so 
findet man während der ersten und auch im Beginn der zweiten 
Woche eine unverkennbare Uebereinstimmung. Nach der letzten 
Injection steigt die Quecksilberquantität im Harne recht schnell 
bis zum 3. und 4. Tage, wo sie abzunehmen beginnt; diese 
Verminderung zeigt sich am Ende der ersten und während der 
zweiten Woche deutlich fortschreitend. Erst während der 3. 
und 4. Woche, wo das Quecksilber nach einer einfachen In¬ 
jection verschwunden ist, tritt der Unterschied am auffallendsten 
hervor, da es dann, wenn auch in geringer Menge, gewöhnlich 
noch vorkommt und noch während der 6., 7. und 8. Woche 
nach beendigter Injectionscur anzutreffen ist. 

Wo also eine grössere Menge Hg. salicyl. in verhältniss¬ 
mässig kurzer Zeit dem Körper zugeführt ist, bleibt es im 
Vergleich zu seiner Remanenz nach einer einfachen Injection 


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222 


Linden. 


viel längere Zeit zurück und kann bisweilen sogar noch am 
Ende des zweiten Monates im Harne nachgewiesen werden. 

Ich gebe hier eine Uebersicht über das Veihältniss der 
positiven und negativen Analysen zu einander während der 
verschiedenen Perioden nach Abschluss der Injectionen. 


Anzahl der 
Analysen 

Zeit 

nach der 
letzten 
Injection 

Anzahl der Fälle, 
in denen 

der Harn Quecksilber 
enthielt 

Anzahl der Analysen 
mit 

quecksilberfreiem Urin 

68 

1 Woche 

57 

= 83,8% 

11') = 16,2% 

29 

2 Wochen 

21 

= 72,4% 

8 a ) = 27,6% 

13 

3 * 

9 

= 69,2% 

4 l * 3 ) ZZ 80,8% 

10 

4 „ 

7 

= 70,0% 

3 

= 30,0% 

5 

5 „ 

0| 


7i 


9 

6 „ 

3 


6 


7 

7 „ 

2 

|= 24% 

3 

= 76% 

4 

8 „ 

1 


3 


15 

9 „ 






bis 






2 ] / 2 Jahre 

0 

1 

15 

= 100% 


Bei Beantwortung der Frage, ob das Quecksilber nach 
Injection von Hg. salicyl. constant eliminirt wird oder ob die 
Ausscheidung mit längeren oder kürzeren Intervallen vor sich 
geht, so kann nach dem schon Erwähnten und bei einem Blick 
auf die Analysen unbedingt gesagt werden, dass dasselbe im 
Verhältniss zur zugeführten Menge und ununterbrochen ausge¬ 
schieden wird, so lange noch etwas im Organismus vorhanden ist. 


l ) In 8 Fällen betrug die Injectionsdosis nur 0,05; in 1 Falle war 
das spec. Gewicht des Harnes ungewöhnlich niedrig, 1,005; in 1 Falle 
war in langer Zeit nur eine geringe Quecksilbermenge injicirt und 1 Fall 
enthielt wahrscheinlich, wie schon hervorgehoben, Quecksilber wenn es 
auch nicht nachgewiesen war. 

a ) In 7 Fällen letzte Injection nur 0,05, und im 1 Falle spec. 
Gewicht des Harnes 1,011. 

3 ) Izl 2 Fällen letzte Injeotion nur 0,05, und in 1 Fall wurde die 
Analyse mit nur 175 Cm. Urin gemacht. 


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Untersuchungen über d. Resorption u. Eliminat. des Quecksilb. 223 


Die 6 Fälle Nr. 13, 14, 15, 23, 26 und 32, wo nach 
einer negativen Analyse später wieder Quecksilber im Urine 
anzutreffen war, sind an Zahl zu gering, um eine Bedeutung 
zu haben; es fand sich wahrscheinlich auch in diesen Analysen 
Quecksilber, jedoch in so minimaler Quantität, dass es durch 
das Mikroskop nicht nach zu weisen war. 

Nur 8 Untersuchungen an 4 Fällen sind nach C a 1 o m e 1- 
injectionen gemacht worden und zwar alle erst lange Zeit 
nach Injection einer relativ geringen Quantität, weshalb auch 
bestimmte Schlusssätze mit Bezug auf diese Fälle nicht zu 
ziehen waren. So ergaben in Nr. 5, 2 , / 2 Jahre nach Injection 
von zusammen 0*30, in Nr. 9, 17 Monate nach Injection von 
025, in Nr. 10, 26 Monate nach Injection von 0*20, und in 
Nr. 11, 8 Monate nach Abschluss der Cur, alle Analysen ein 
negatives Resultat. 

Nach Inunctionscur sind 21 Analysen an 3 Fällen aus- 
geführt worden. In Nr. 3 begann das Schmieren nur 11 Tage 
nach einer recht energischen Injectionscur und fand sich dann 
wahrscheinlich noch Quecksilber im Harne vor, da die Analyse 
9 Tage früher ein positives Resultat ergeben hatte. Es wurden 
7 Analysen gemacht und während der ganzen Zeit der Schmie¬ 
rungen positive Resultate erhalten. 18 Tage nach Einreibung 
von 50 Päckchen war das Quecksilber aus dem Harne ver¬ 
schwunden. Dieses negative Resultat beruhte wohl auf dem 
niedrigen spec. Gewicht 1*005 des Harnes, zumal da noch 24 
und 26 Tage nach beendigter Schmiercur Quecksilber aus¬ 
geschieden wurde. 

Aus Nr. 23 geht hervor, dass nach Einreibung von 
7 Päckchen noch kein Quecksilber im Urine nachzuweisen 
war, und 14 Tage nachdem 10 Päckchen eingerieben waren, 
nur eine geringe Menge angetroffen werden konnte. 

In Nr. 31 waren 12 Analysen gemacht worden, nach Ein¬ 
reibung von 2, 4, 6, 8, 13 und 16 Päckchen, alle mit nega¬ 
tivem Resultat; erst nach Einreibung von 19 Päckchen, oder 
23 Tage nach Beginn der Cur war Quecksilber im Urin anzu¬ 
treffen ; 9 Tage nach Beendigung der Behandlung war es 
wieder verschwunden. Nach einer Pause von 2 Wochen wurden 
wieder 4 Einreibungen gemacht und 11 Tage darauf fand sich viel 


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224 


Linden. 


Quecksilber; 20 Tage nach abgeschlossener Behandlung war er 
wieder verschwunden. Hieraus ist ersichtlich, dass nach der 
Schmiercur das Quecksilber viel später im Harne auftritt als 
nach der Injectionscur. Wie viel Quecksilber durch die Haut 
resorbirt wird, beruht natürlich zum grossen Theil darauf, wie 
die Einreibung ausgeführt wird; da diese nun im erwähnten 
Falle sehr sorgfältig während einer halben Stunde gemacht 
wurde, so dürfte die Ursache für das langsame Auftreten und 
schnelle Verschwinden des Quecksilbers nicht daran liegen, 
sondern würde ich eher mit N e g a annehmen, dass dasselbe 
durch die Haut ungleichmässig und langsam aufgenommen und 
ausgeschieden wird. 

Obgleich die Anzahl dieser Analysen zu gering ist, um 
in Bezug auf die Resorption und Elimination des Quecksilbers 
eineu Vergleich mit den Untersuchungen nach der Injectionscur 
zu rechtfertigen, so sind sie doch nicht ohne eine gewisse Be¬ 
deutung beim Constatiren des Zeitpunktes für das erste Auf¬ 
treten des Quecksilbers im Harne nach der Inunctionsbehand- 
lung; in dieser Hinsicht liegen auch relativ mehr Analysen 
vor, welche mit früheren Untersuchungen darin übereinstimmen, 
dass das Quecksilber nach der Inunctionscur weit später im 
Urin auftritt als nach der Injectionsbehandlung. Was die Re¬ 
manenz des Quecksilbers betrifft, so hat dasselbe, wenn es erst 
einmal im Harne auftrat, während der ganzen Behandlung 
und nach einer kräftigeren Cur wenigstens noch 4 Wochen 
später nachgewiesen werden können. 

Nach interner Behandlung sind 30 Analysen an 5 
Fällen gemacht worden. Die zur Anwendung gekommenen 
Präparate waren Hg. salicyl., Pil. Hg. oxydul. oder Pil. protojod. 
Hg. In einem Theil Fälle, wie Nr. 19 und Nr. 20, war die 
Behandlungszeit recht kurz, nur 5 und 10 Tage, was wohl 
auch der Grund dafür war, dass schon 4 und 11 Tage nach 
Schluss der Behandlung das Quecksilber nicht mehr anzu¬ 
treffen war; auch in Nr. 4, wo die Analysen 4 und 5 Wochen 
nach beendigter Cur ein negatives Resultat gaben, dauerte die 
Behandlung nur 7 Tage. In diesem Falle fand sich doch trotz 
der kurzen Behandlungszeit noch 9 Tage nach Schluss der¬ 
selben Quecksilber im Urine. In Nr. 17, wo die Behandlung 


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Untersuchungen über d. Resorption u. Eliminat. des Quecksilb. 225 


2 Wochen dauerte, war das Quecksilber schon 1 und 2 Wochen 
nach Beendigung der Cur verschwunden, doch war auch die 
angewandte Quecksilberquantität in der letzten Zeit der Be¬ 
handlung ganz gering, nur 0*03 Hg. salicyl. 

Der Fall Nr. 27, wo die Behandlung am längsten währte, 

I Monat, zeigte noch 19 Tage nach abgeschlossener Behand¬ 
lung Quecksilber im Harn, das jedoch nach 6 und 11 Wochen 
verschwunden war. 

Was nun den frühesten Zeitraum für das Auftreten des 
Quecksilbers im Urine nach interner Behandlung betrifft, so 
zeigen die Fälle Nr. 17 und 19 ganz übereinstimmende Re¬ 
sultate. In beiden Fällen hatten die Analysen die 5 ersten 
Tage negative Resultate ergeben, erst am 6. und den darauf 
folgenden Tagen positive; auch die in Nr. 4 am 5. Tage nach 
Beginn der Behandlung gemachte Analyse lieferte ein positives 
Resultat. In Nr. 17 und 19 gaben die während der Behandlung 
selbst gemachten Analysen negative Resultate, trotzdem schon 
einige Male Quecksilber im Harne hätte nachgewiesen werden 
können. 

Nach combinirter Quecksilberbehandluug 1 ) sind nur 

II Analysen an 7 Fällen gemacht worden und sind die Re¬ 
sultate derselben in der Hauptsache mit denen der Analysen nach 
einfacher Quecksilberbehandlung übereinstimmend. So wurden 
nur in zwei Fällen, Nr. 7 und 25, positive Resultate erhalten, 
im ersten Falle ungefähr 2 Wochen nach einer 2wöchentlichen 
Inunctions- und internen Behandlung und im zweiten Falle 
4 Wochen nach einer 2monatlichen Cur von Deutojod. Hg. 
innerlich und darauf folgender Injection von Hg. salicyl. 0 20. 

In den 9 Fällen, wo die Analysen negative Resultate 
gaben, war eine längere Zeit seit dem Abschluss der Behand¬ 
lung verstrichen, nämlich von 9 Wochen bis 10 Monaten. Nur 
in Nr. 27 war das Resultat der Analysen negativ, trotzdem 
nur 1 Woche seit der Behandlung verflossen war. Hierbei ist 
zu bemerken, dass die Injectionen von Hg. salicyl. 0*30 zuerst 


*) Injection von Calomel oder Hg. salicyl. combinirt mit Inunctions- 
oder interner Behandlung. 

Ergänzungshefte z. Archiv f. Dermatol, u. Syphil. 1892. 25 


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226 


Linden. 


innerhalb 2 Wochen gemacht und in den letzten Wochen die 
Pillen genommen wurden. 


Aus dem Gesagten können folgende Schlüsse gezogen 
werden: 

Bei einer Quecksilbercur wird das Quecksilber so. lange 
regelmässig ausgeschieden, als es sich im Organismus vorfindet. 

Die Menge des ausgeschiedenen Quecksilbers hängt von 
der zugeführten Quecksilbermenge und der kürzeren oder 
längeren Zeit, die seit Abschluss der Behandlung vergangen 
ist, ab. 

Nach einer einmaligen Injection von Hg. salicyl. 
tritt das Quecksilber sehr schnell, schon nach einigen Stunden, 
im Harne auf, findet sich dann während des ersten und zweiten 
Tages in grosser Menge vor, nimmt wieder schnell ab und ist 
gewöhnlich schon am Anfang der zweiten Woche aus dem 
Harne verschwunden. 

Nach einer Injectionscur, oder wenn eine grössere 
Menge Hg. salicyl. in verhältnissmässig kurzer Zeit injicirt 
wurde, kann Quecksilber bedeutend längere Zeit im Harne 
nachgewiesen werden als nach einer * einfachen Injection; die 
Quecksilbermenge hält sich hoch bis Ende der ersten Woche, 
wo sie abzunehmen beginnt, wo sie aber auch bisweilen nach 
Injection der kleineren Dosis von 0 05 schon fehlen kann* 
Während der darauf folgenden Wochen schreitet die Vermin¬ 
derung fort, doch kann noch in 70°/ o während der 4. Woche 
Quecksilber angetroffen werden, im zweiten Monate hingegen 
nur in 24°/ 0 aller Analysen. 

Nach einer Inunctionscur tritt das Quecksilber viel 
später im Harne auf als nach einer Injectionscur, erst nach 
1- bis 2wöchentlicher Behandlung, fand sich aber nach seinem 
Auftreten während der ganzen Behandlungszeit und konnte 
noch wenigstens 4 Wochen nach der Behandlung nachgewiesen 
werden. 


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Untersuchungen über d. Resorption u. Eliminat. des Quecksilb. 227 

• 

Nach interner Behandlung trat das Quecksilber auch be¬ 
deutend später im Harne auf als nach Injectionscur, erst am 
5. und 6. Tage und in bedeutend geringerer Menge und konnte 
noch 19 Tage nach Abschluss der Behandlung angetroffen 
werden. 

Da die meisten Quecksilberpräparate bei Injection in die 
Gewebe duich die Eiweisscoagulation, welche sie verursachen, 
eine bedeutende Reizung hervorrufen, woraus dann grössere 
oder geringere Infiltrationen und oft genug ausgebreitete Ab- 
scesse entstehen können, so betont Liebreich 1 ) die Noth- 
wendigkeit bei Quecksilberinjectionen nur solche Präparate zu 
wählen, die in den Geweben keine Verbindungen eingehen, 
oder nur leicht lösliche. Diese Eigenschaft, die Leichtlöslichkeit, 
scheint das Hg. salicyl. vor anderen Präparaten zu besitzen, 
denn durch Experimente ist dargelegt, dass es in keiner Con- 
centration Eiweiss zum Coaguliren brachte, wogegen es sich 
in Kochsalzlösung aufgelöst hält. Da sich nun überall im 
Organismus Chlornatrium findet, wird das Hg. salicyl. durch 
dasselbe wahrscheinlich in Lösung gebracht und kommt dadurch 
schnell zur Resorption. 

Die klinische Erfahrung hat auch zur Genüge die 
Richtigkeit dessen bestätigt, dass wir im Hg. salicyl. ein 
werthvolles Präparat besitzen, welches ebenso schnell wie 
die löslichen Präparate resorbirt wird, ohne jedoch eine 
wesentliche Reizung in den Geweben hervorzurufen. Die 
Reizung war nämlich in den meisten Fällen minimal, wo Infil¬ 
trationen auftraten, waren sie von geringer Bedeutung und nie 
von Abscessen gefolgt. Die schnelle Resorption gab sich durch 
Salivation zu erkennen, die häufig schon 1 Stunde nach der 
Injection auftreten konnte und durch die schnelle Veränderung 
der Symptome, welche manchmal schon am zweiten Tage 
deutlich sichtbar war. Wenn sich auch verschiedene Ansichten 
über den Vortheil einer schnelleren oder langsameren Aus¬ 
scheidung des Quecksilbers geltend gemacht haben, so dürfte 
doch die schnelle Absorption und darauf folgende schnelle 


') Die Behandlung der Syphilis mit mercurialen Injectionen. Viertel- 
juhresschrift f. Derm. und Syphilis. 1884. 

15* 


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Ausscheidung wahrscheinlich Ursache dafür sein, dass mir nie 
Symptome von Hydrargyrose zur Beobachtung kamen, unge¬ 
achtet recht langer Injectionscuren mit Dosen von 0*10. 

Um eine möglichst schnelle und dauernde Wirkung zu 
erhalten, ohne eine Hydrargyrose hervorzurufen, habe ich es 
am vorteilhaftesten gefunden, das Hg. salicyl. in Dosen von 
(MO anzuwenden und die ersten 3—4 Injectionen mit Pausen 
von 4—5 Tagen zu machen, die späteren mit Intervallen von 
7—9 Tagen. 

Helsingfors, im December 1891. 


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Die Vereiterung der Lederhaut. 

Von 

Or. Louis Heitzmann, 

Arzt am deutschen Dispensary in New-York. 

(Mit 6 Abbildungen im Texte.) 


Wer es heute unternimmt, über die Geschichte der Eiter¬ 
bildung zu schreiben, kann sich im Wesentlichen auf die 
Betrachtung von drei Theorien beschränken; eigentlich nur von 
zweien, indem die Cohn heim*sehe Auswanderungstheorie als 
endgiltig abgethan angesehen werden kann. 

Die Lehre von der Eiterung beginnt eigentlich erst mit 
Rudolph Virchow im Jahre 1852. Dieser Forscher wies 
zuerst nach, dass eine Neubildung von Eiterkörperchen aus 
einem Blastem nicht existire, sondern jedes Eiterkörperchen 
ein Product der Proliferation von Gewebszellen, oder ein 
Product der Theilung früherer Eiterkörperchen sei. Für 
Yirchow’s Anschauung ist folgender Satz 1 ) bezeichnend: 
„Es gibt eine entzündliche Osteoporose, welche nur darin be¬ 
ruht, dass eine vermehrte Markraumbildung eintritt und der 
Process, welcher an der Markhöhle ganz normal ist, sich 
auch aussen in der compacten Rinde findet. Diese Osteoporose 
(Osteomalacie) unterscheidet sich von der granulirenden Caries 
peripherica nur durch ihren Sitz. Geht man einen Schritt 
weiter und lässt man die Zellen, welche bei der Osteoporose 

*) Die Cellularpathologie, 4. Aufl. 1871, p. 523. 


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230 


Heitzmann. 


in massiger Menge vorhanden sind, reichlicher und reichlicher 
werden, während die Grundsubstanz dazwischen immer weicher 
und spärlicher wird, so haben wir Eiter. Dieser entsteht 
nicht aus einem Blastem durch einen besonderen Act, nicht 
durch eine Schöpfung de novo, sondern er entwickelt sich 
regelrecht von Generation zu Generation nach vollkommen 
legitimer Art, gleichviel, ob seine Elemente aus den Elementen 
des früheren Gewebes hervorgehen, oder ob sie direct aus 
dem Blute in das Gewebe einwandern ... Der fertige rahmige 
Eiter der Oberfläche geht gegen die Tiefe hin nach und nach 
über in das Pus crudum, den schleimigen, zähen nicht matu- 
rirten Eiter der tieferen Lagen, und was wir Maturation 
nennen, beruht nur darauf, dass die schleimige Grundsubstanz 
des ursprünglich zähen Eiters, welcher sich seiner Structur 
nach der Granulation anschliesst, allmälig in die vollkommen 
flüssige, albuminöse Zwischensubstanz des reinen Eiters über¬ 
geht. Der Schleim löst sich auf und die rahmige Flüssigkeit 
entsteht. Die Reifung ist also im Wesentlichen eine 
Erweichung und Verflüssigung der Intercellula- 
substanz.“ 

H. Cohnheim hat im Jahre 1867 die Lehre von der 
Proliferation der Gewebszellen zu erschüttern versucht, indem 
er auf die Möglichkeit hinwies, dass die Eiterkörperchen nichts 
seien als aus Capillaren und kleinen Venen herausgewanderte 
farblose Blutkörperchen. Er *) kommt zu dem Schlüsse, dass 
progressive Veränderungen der Gewebszellen eines entzündeten 
Körpertheiles zwar möglich, aber bislang nicht über jeden 
Zweifel festgestellt sind. Für ihn gelten die Experimente mit 
todter, ausgeschnittener Cornea, mit [Holundermark und mit 
Ziegler’s Glasplättchen als massgebend für den Beweis einer 
Einwanderung von farblosen Blutkörperchen, die er sofort mit 
Eiterkörperchen identificirt. Gegen S. Stricker erhebt er den 
Einwand, dass die grossen, contractilen, mehrkörnigen Proto¬ 
plasma-Klumpen aus den Eiterkörperchen, vermuthlich durch 
Verschmelzung mehrerer, hervorgegangen sind, und gar nichts 
mit den Homhautkörperchen zu thun haben. 


l ) Vorlesungen über allgemeine Pathologie. 1877, p. 236. 


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Die Vereiterung der Oberhaut. 


231 


Es hat eine Reihe von enthusiastischen Verehrern Cohn- 
heim’s gegeben, die einfach an eine Verschmelzung der Leuco¬ 
cyten dachten, um hieraus neue Gewebe entstehen zu lassen, 
trotzdem die vorsichtigeren, wie Ziegler selbst, nur eine 
Verschmelzung der Leucocyten zu vielkernigen Protoplasma- 
körpem (Riesenzellen) Zugaben, ohne die Neubildung von Ge¬ 
weben aus diesen Riesenzellen zuzugestehen. 

Wie schlimm es jetzt schon mit der Theorie von Cohn¬ 
heim steht, beweist der Aufsatz, mit dem R. Virchow 1 ) 
den 126. Band seines Archivs 1891 einleitet. Er sagt: „Woher 
kommen nun aber die neuen Zellen? Als ich mich an die 
Untersuchung der sogenannten Organisation der Exsudate 
machte, erkannte ich dass die Zellen, welche man aus dem 
Exsudate neu entstehen liess, abgesehen von denen, die aus 
dem Blute mit ausgetreten waren, von den Zellen der Gewebe 
herstammen. Das nannte ich Proliferation und die be¬ 
treffenden Processe proliferirende. Gegen keinen Punkt 
meiner Aufstellungen ist mit grösserer Hartnäckigkeit ge¬ 
kämpft worden, als gegen diese. Vorzugsweise ist von Denen, 
welche mit mir eine Epigenese von Zellen aus Blastemen ver¬ 
werfen, auf die farblosen Elemente des Blutes (Leucocyten) 
und der Lymphe zurückgegangen worden. Jahrelang habe ich 
mich darauf beschränkt, der Entwicklung dieser Lehre zuzu¬ 
sehen und nur den Gegensatz zwischen der Emigration farb¬ 
loser Elemente aus den Gefässen, welchen Vorgang ich vom 
Anfang an nach den Entdeckungen von Cohn heim und so¬ 
gar schon vorher anerkannt hatte, und der Entstehung neuer. 
Zellen zu betonen. Lange vergeblich! Auch hier hat der Inter¬ 
nationale Congress endlich Hilfe gebracht. Ein entsprechendes, 
durch ausführliche Referate der bedeutendsten Autoritäten 
erläutertes Thema wurde in der pathologischen Section zur 
Discussion gestellt, und ohne Widersprach sind die Leuco¬ 
cyten auf ihr Nichts zurückgeführt worden.“ Bekanntlich 
war es das Studium der Mitosen in den sogenannten fixen 
Gewebszellen, welches der Cohnheim’schen Theorie den Boden 
entzogen hat. In dem reichen und wunderbar complicirten 
Vorgänge bei der Entzündung und Eiterung ist die Mitose 

') Der Stand der Cellularpathologie. 


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232 


Heitzmann. 


der Kerne ein wahrhaft winziger Antheil und dennoch müssen 
wir das Studium dieses Antheiles mit Freuden begrüssen, da 
es endlich, nach 25jährigem Kampfe, den tödtlichen Schlag 
auf die Emigrations-Theorie ermöglicht hat. 

C. Heitzmann 1 ) hat gegenüber der cellularen An¬ 
schauung vom Baue der Gewebe neue Standpunkte aufgestellt. 
"Während bis dahin die Gewebe aus individuellen und nur 
gelegentlich unter einander verbundenen Zellen aufgebaut sein 
sollten, wurde von ihm nachgewiesen, dass in den Geweben, 
wozu Blut, Lymphe und andere Flüssigkeiten nicht gezählt 
werden können, sämmtliche „Zellen“ unter einander verbunden 

sind. Während früher die Intercellular-oder Grund-und 

Kittsubstanzen als inerte Massen galten, wurde jetzt gezeigt, 
dass diese Substanzen nicht nur lebend, sondern auch proli¬ 
ferationsfähig sind, indem sie von einem zarten Netze, bei den 
Epithelien und Endothelien von zarten Fädchen lebender 
Materie durchzogen sind, welche diesen Substanzen die Proli- 
ferationsfahigkeit verleiht. Nicht die leimgebende, verkalkte 
oder hornige Grund- oder Kittsubstanz ist proliferationsfähig, 
sondern der in denselben eingelagerte Antheil der lebenden 
Materie, welche proliferirt nach vorausgegangener Verflüssigung 
der Grundsubstanzen und deren Rückkehr zum Zustande des 
halbweichen oder gallertartigen Protoplasmas. Diese Anschauung 
über welche ich schon in früheren Aufsätzen®) berichtete, hat 
in letzter Zeit auch durch Arbeiten der Phyto-Anatomen, ins¬ 
besondere von Walter Gardiner 3 ) an Boden gewonnen, 
indem bei zahlreichen Pflanzen eine ununterbrochene Ver¬ 
bindung des Protoplasmas mittelst feiner, die Cementsubstanzen 
durchbrechender Fädchen nachgewiesen wurde. 

S. Stricker, der bis zum Jahre 1880 die Anschauungen 
Virchow’s gegen die Emigrationstheorie vertheidigte, ist seit¬ 
dem zu den Anschauungen C. Heitzmann’s bekehrt, indem 
er die Proliferationsfähigkeit der Grundsubstanzen zugegeben 
hat und die Quelle der Eiterkörperchen nicht nur in den 
Zellen, sondern auch in der Grundsubstanz findet. 


') Untersuchungen über das Protoplasma, 1873. 
5 ) Dieses Archiv 1890—1891. 

3 ) Philosophical Transactions. 1883. 


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Die Vereiterung der Oberhaut. 


233 


Die Frage nach der Herkunft der Eiterkörperchen hat 
sich demnach heute zu folgenden zwei Thesen zugespitzt: 
a) die Eiterkörperchen entstehen durch Proliferation der Gewebs¬ 
zellen allein; und b) die Eiterkörperchen stammen sowohl aus 
dem freien Protoplasma der Gewebe, wie aus den Grund- und 
Kittsubstanzen derselben, nachdem letztere zu Protoplasma 
geworden sind. 

Wer in Alkohol gehärtete Präparate schneidet und mit 
Hämatoxylin oder mit Anilinfarben färbt, wird zwar die Kerne 
mit grosser Schärfe und tiefgefärbt beobachten können, jedoch 
nicht was ausserhalb der Kerne vorgeht. Es ist schon seit 
dem Jahre 1861 durch E. Brücke, ja seit 1839 durch Th. 
Schwann anerkannt worden, dass die Kerne secundäre und 
nicht wesentliche Bestandtheile der Zelle, respective des Proto¬ 
plasmas sind. Wird man hingegen die Präparate in 1 / 2 pctiger 
Chromsäurelösung härten, von welcher wir seit 30 Jahren durch 
Alex. Roll et t wissen, dass sie die Gewebe nicht wesentlich 
verändert, färbt man die Schnitte mit nichts weiterem, als 
einer Lösung von ammoniakalischem Carmin und montirt in 
chemisch reinem Glycerin statt in dem gewöhnlich gebrauchten 
Canadabalsam, dann erhält man Schnitte, in welchen man ohne 
Schwierigkeit mittelst guter Immersion-Linsen dasjenige contro- 
liren kann, was ich über die Entzündung der Lederhaut schon 
früher ausgesagt habe und jetzt über die Vereiterung auszu¬ 
sagen gedenke. 

Wie ein Abscess des Derma unter dem Mikroskope bei 
schwacher Vergrösserung aussieht, zeigt Fig. 1. Dieses Präparat 
ist in Canadabalsam montirt und stammt von der Kopfhaut 
eines an Rotz Verstorbenen. 

Die Lederhaut ist in grossen Strecken entzündet und viel¬ 
fach eiterig zerstört. Die eiterige Zerstörung ist entweder 
diffus, bis an die Oberfläche heranreichend, oder tritt in Ge¬ 
stalt von scharf begrenzten Abscessen wechselnder Grösse auf. 
Da der Process in diesem Falle sich auf mehrere Monate er¬ 
streckt hatte, bietet derselbe Gelegenheit, die Abscessbildung 
in ihrer chronischen Form za studiren, einer Form, bei welcher 
der zerstörende Eiterungsprocess mit dem reparirenden Neu- 
bildungsprocess in der Umgebung der Eiterherde mannigfaltig 


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234 


H e i t z in a n n. 


combinirt erscheint. An der zur Abbildung gewählten Stelle 
befindet sich ein kleiner, sogenannter miliarer Abscess in der 
Lederbaut in der Nähe des subcutanen Gewebes, wie zahlreich 



Fig. I Abscess des Derma bei chronischem Rotz der Kopfhaut. 
Vergrösserung I50fach. 

A — Abscess. K — Bindegewebskapsel (Membrana pyogena). D ~ 
Wenig entzündetes Derma. EE ~ Stark entzündetes Derma. G ~ Arte- 
riole, in intensiver Entzündung. F~ Stark entzündetes Fettgewebe. 

vorhandene Fettkugeln beweisen. Der Inhalt des Abscesses, Eiter, 
ist erhalten, wahrscheinlich in Folge der Einbettung in Cel- 
loidin. In der Regel trifft man die Abscesshöhle unter dem 
Mikroskope leer, da ja der Eiter eine Flüssigkeit und dem- 


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Die Vereiterung der Oberhaut. 


235 


nach zur Schnittführung nicht geeignet ist. Die Peripherie 
des Abscesses zeigt eine Zone von Eiterkörperchen und diese 
ist von einer Zone fibrillären Bindegewebes umgeben, der so¬ 
genannten Membrana pyogena, welche selbst wieder verschie¬ 
dene Stadien der Entzündung aufweist. Der stärkste Grad 
von Entzündung der Ahscesskapsel befindet sich am oberen 
Abschnitte des Abscesses, wo die Vereiterungszone in die Ent¬ 
zündungszone der Kapsel ohne scharfe Grenze übergeht. Das 
Bindegewebe der Ahscesskapsel ist neugebildet, indem es sich 
concentrisch um den Abscess gelagert hat und einen von dem 
der Lederhaut auffällig verschiedenen Bau zeigt. In der Peri¬ 
pherie der Kapsel begegnen wir abermals diffusen, aber noch 
nicht zur Vereiterung gelangten Entzündungsherden und ausser¬ 
halb dieser treffen wir auf verhältnissmässig wenig veränderte 
Lagen von Bindegewebsbündeln der Lederhaut. 

Was ist hier vorgegangen? Wie ist der Eiter entstanden? 
Das sind Fragen, welche sich nur an in Chromsäure gehärteten 
und in Glycerin montirten Präparaten entscheiden lassen. Ich 
wähle hiezu ein Stück des Derma in unmittelbarer Nähe einer 
grossen Variolapustel. (Siehe Fig. 2.) 

Wir sehen das Bild einer acuten Dermatitis von hoher 
Intensität, welche ich in einem früheren Aufsatze als den dritten 
Grad bezeichnet hatte. Von den ursprünglichen Bindegewebs¬ 
bündeln des Derma sind nurmehr spärliche Ueberreste vor¬ 
handen und selbst diese zeigen schon eine ausgesprochene 
Structur des Protoplasmas gegen die Herde der Entzündung, 
was nur dadurch möglich wurde, dass die leimgebende Grund¬ 
substanz schon einen gewissen Grad von Verflüssigung erreicht 
hat. Die Mehrzahl der Bündel sind zu sogenannten Entzündungs¬ 
körpern umgewandelt, welche alle Stadien der Entwicklung 
der lebenden Materie aufweisen. Wir sehen homogene, dann 
vacuolirte Klümpchen lebender Materie von verschiedener 
Grösse. Wir sehen kernhaltige Klümpchen von Protoplasma 
mit netzförmiger Anordnung der lebenden Materie. Die Kerne 
selbst sind entweder homogen oder vacuolirt oder reticulirt. 
Vielfach begegnet man Bildern von Theilung und Zerklüftung 
und in Anbetracht des Reichthums solcher Zerklüftungsbilder 
kann man kaum darauf Gewicht legen, ob die Theilung eine 


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Heitzmaun. 



Fig. 2. Vereiterung der Lederhaut bei pustulöser Variola. 
Vergrösserung lOOOfach. 


BB — Ueberreste von Bindegewebsbündeln der Lederhant. JJ ~ 
Entzündungskörpereben in verschiedenen Phasen der Entwicklung. CC ~ 
Capillaren mit proliferirenden Endothelien. 

indirecte, vom Kerne ausgegangene, oder aber eine directe, 
das Protoplasma selbst betreffende sei. Jedes Stückchen der 
lebenden Materie, im Protoplasma sowohl wie im Kerne, besitzt 
eben die Fähigkeit anzuwachsen und zu kleineren Stückchen 
zu zersplittern. Auch die Endothelien der in ihrem Caliber 
namhaft reducirten Capillaren zeigen die Theilungsbilder 
ebenso schön, wie die als Markgewebe bezeichneten Klümpchen 
überhaupt. 

Wenn man dieses Bild mit einer guten Immersionslinse 
betrachtet, fällt sofort in die Augen, dass sämmtliohe 
Klümpchen untereinander durch zarte Fädchen der lebenden 
Materie verbunden sind, Fädchen, die nicht nur von den 
Kernen und Körnern der Protoplasma - Klümpchen, sondern 


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Die Vereiterung der Oberhaut. 


237 


auch von der Peripherie der letzteren ausziehen, die um¬ 
gebenden hellen Säume durchbrechen und sämmtliclie Nachbar¬ 
bildungen zu einem lebenden Continuum vereinigen. Das ist 
intensive Entzündung, aber noch keineswegs Eiterung. Rücken 
wir nur eine kurze Strecke gegen die Pustel, so sehen wir 
plötzlich eine Anzahl isolirter Protoplasmakörper auftauchen, 
deren Aussehen ziemlich gleichförmig ist, indem sie grössten- 
theils aus kernhaltigen Protoplasmakörpem bestehen. Die 
Eiterung ist demnach dadurch entstanden, dass im entzündeten 
Gewebe die früheren Entzündungs- oder Embryonalkörperchen 
auseinander gerissen und demnach isolirt wurden. Dass dieses 
Auseinanderreissen der Entzündungskörperchen auf einfach 
mechanische Weise erfolgt ist, etwa unter einem stärkeren 
Zufluss von Exsudat, ist wohl im hohen Grade wahrscheinlich. 
Welchen Antheil hierbei die Mikroorganismen oder deren 
chemische Producte, Ptomaine und Proteine haben, lässt sich 
heute nicht entscheiden. Thatsächlich ist die Vereiterung nur 
der Ausgang einer intensiven acuten Entzündung, wie das die 
Kliniker schon längst gewusst haben. 

Der Eiter ist demnach ein durch Entzündung 
zu Mark- oder Embryonalgewebe umgewandeltes 
Bindegewebe nach erfolgter Zerreissung der 
früher verbundenen Markelemente. Er ist ein 
disintegrirtes, aber keineswegs todtes Gewebe, wie einige ame¬ 
rikanische Pathologen behauptet haben. Das entzündete Binde¬ 
gewebe, obgleich zu Embryonalgewebe umgewandelt, bleibt 
lebend, und nach erfolgter Disintegrirung bleibt jedes Eiter¬ 
körperchen lebend, wie die amöboiden Bewegungen frischer 
Eiterkörperchen zu Genüge beweisen. 

Betrachten wir ein Präparat von intensiver Mastitis in 
der Umgebung eines kürzlich enstandenen Abscesses. Auch hier 
sehen wir den Zerfall der Bindegewebsbündel zu herdweise 
angeordneten Entzündungskörperchen bis an die Randzone 
des Abscesses untereinander verbunden. In den Massen von 
Entzündungskörpern begegnen wir Ueberresten der Milchdrüse, 
die Acini, stark auseinander gedrängt, sind vielfach in der 
Bildung von Entzündungskörperchen untergegangen. Die Ueber- 
reste sind durch Verflüssigung der Kittsubstanz zwischen den 


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238 


Heitzmann. 


Epithelien zunächst zu vielkernigen Protoplasmaklumpen um¬ 
gewandelt, eine allerdings schon längst bekannte Thatsache. 
Dann wächst die lebende Materie im Protoplasma der Epithelien 
an, genau so, wie in den Entzündungsherden des Bindegewebes, 
und schliesslich zerfällt der Acinus zu einem Haufen von 
indifferenten Elementen, den aus Bindegewebe hervorgegangenen 
so ähnlich, dass ein Unterscheidungsmerkmal nicht aufzufinden 
ist. Selbstverständlich zerfallen die aus Epithelien hervorge¬ 
gangenen Entzündungskörperchen in genau derselben Weise, 
wie jene, welche ihren Ursprung früherem Bindegewebe ver¬ 
danken. 

Von besonderem Interesse ist die Bildung einer Binde- 
gewebskapsel um einen Abscess. (Siehe Fig. 3.). 



Fig. 3- Chronischer Abscess der Haut des Oberschenkels. Bildung der 
Abscesswand (Membrana pyogena). 

Vergrösserung 500fach. 


M — Myxomatöses Gewebe in der Nähe des Abscesses. MF — Myxo- 
fibröses Gewebe. FF — Fibröses Gewebe. C ~ Capillarrohr. 


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Die Vereiterung der^Oberhaut. 


239 


Dass die Kapsel neu gebildet ist, muss schon deshalb 
zugegeben werden, weil deren Bau und Anordnung von dem 
ursprünglichen Bindegewebe der Lederhaut wesentlich ver¬ 
schieden ist Wir sehen zunächst indifferentes oder embryonales 
Gewebe nahe der Vereiterungszone. Hierauf folgt eine Zone 
von ausgesprochen myxomatösem Bau mit spärlicher blass¬ 
kerniger Grundsubstanz und einem protoplasmatischen Netz¬ 
werke zwischen gewissen Gruppen von Markelementen. Das 
Netzwerk wird allmälig reichlicher, breiter, bei gleichzeitiger 
Vermehrung der myxomatösen Grundsubstanz. Letztere ist 
sicherlich ein Umwandlungsproduct der reticulirt gewordenen 
Protoplasmakörper. Weiter weg hat das Gewebe den Charakter 
eines mixotibrösen angenommen, indem sich zwischen Gruppen 
von Protoplasmakörpern ein aus Spindeln zusammengesetztes 
Balkenwerk etablirt hat, welches schon einen gewissen Grad 
einer Infiltration mit leimgebender Grundsubstanz aufweist. Mit 
zunehmender Vermehrung der Spindeln und zunehmender In¬ 
filtration mit leimgebender Grundsubstanz hat sich schliesslich 
ein sogenanntes „zart fibrilläres“ Bindegewebe entwickelt, 
zwischen dessen Bündeln verhältnissmässig wenige Protoplasma¬ 
körper übrig geblieben sind. Somit ist eine mit Blutgefässen 
in wechselnder Menge versehene Kapsel, die Membrana pyogena 
der alten Autoren, hergestellt. Der Vorgang ist genau derselbe, 
wie bei der normalen Entwicklung der Lederhaut, von welcher 
ich schon früher nachgewiesen habe, dass aus dem indifferenten 
oder embryonalen Gewebe zuerst myxomatöses, dann myxo- 
fibröses, schliesslich fibröses Gewebe entsteht. 

Was Virchow schleimigen Eiter nennt, ist überhaupt 
kein Eiter, sondern myxomatöses Gewebe von gallertartiger 
Consistenz. In diesem Gewebe sind sämmtliche Protoplasma¬ 
körper verbunden; im Eiter hingegen sind sämmtliche Proto¬ 
plasmakörper auseinandergerissen. Eiter ist- eine rahmartige 
Flüssigkeit, aber kein Gewebe, und nicht mehr befähigt ein 
Gewebe zu erzeugen. 

Nachdem der Abscess geborsten oder eröffnet wurde, 
erfolgt die Heilung im Wege der Granulationsbildung per 
secundam intentionem, wie sich die alten Chirurgen ausgedrückt 
haben. Die Granulationsbildung erfolgt rapid, unter Abnahme 


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Heitz mann. 


der Eiterbildung nach Eröffnung des Abscesses bei sonst ge¬ 
sunden Menschen. Bei Geschwürsbildung hingegen ist der 
Process der Eiterung und Granulationsbildung bekanntlich 
ein schleppender oder chronischer. Im Wesentlichen ist der 
Vorgang im beiden Fällen identisch. Ich habe zum Studium der 
Granulationsbildung ein lupöses Geschwür der Wange gewählt. 
(Siehe Fig. 4.) 



Fig. 4. Granulom von einem lupösen Geschwür der Wange. 

Vergrösserung 500fach. 

E — Zone der eitrigen Entzündung. V — Zone obliterirender 
Capillaren. M — Myxomatöses Granulationsgewebe. B — Bündel fibrösen 
Bindegewebes. CC ~ Capillare Blutgefässe. 

Die Oberfläche des Granuloms ist von einer Zone von 
Eiter gebildet. Wir sehen eine Anzahl Eiterkörperchen isolirt 
in feinkörniger Zwischensubstanz eingelagert, welch’ letztere 
augenscheinlich zerfallenes, disintegrirtes Protoplasma bildet. 
Ganz allmälig gelangen wir in eine Zone, welche den Typus 
von Mark- oder Embryonalgewebe trägt, und von spärlichen, 


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.J 


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Die Vereiterung der Oberhaut. 


241 


zarten Bindegewebsfibrillen durchzogen erscheint. In dieser 
Zone sind die Markkörperchen nicht isolirt, sondern miteinander 
verbunden. Hierauf folgt eine Lage myxomatösen Gewebes mit 
deutlich ausgesprochener Grundsubstanz und einem aus zarten 
Fibrillen gebildetem Netzwerke zwischen den Gruppen von in 
myxomatöser Grundsubstanz eingebetteten Markelementen. Durch 
Vermehrung der Bindegewebebündel wird das myxomatöse 
Gewebe zu eiuem myxofibrösen umgewandelt. Dass Granula¬ 
tionsgewebe lediglich aus neugebildetem myxomatösem Binde¬ 
gewebe besteht, ist längst anerkannt, nur hat man übersehen, 
dass gegen die Peripherie des Granuloms reichlich Mark¬ 
gewebe vorhanden ist, dessen Zerfall eben das Auftreten von 
Eiter an der Oberfläche verursacht. Durch diese Thatsache 
ist der Emigrationstheorie Cohnheim’s auch für das Granu¬ 
lationsgewebe der Boden entzogen. 

Das Granulationsgewebe ist reichlich von capillaren und 
möglicherweise kleinen venösen Blutgefässen durchzogen, in 
deren Umgebung stets eine gewisse Menge von indifferentem 
oder Markgewebe aufgefunden wird. Auch dieser Befund wurde 
früher als Stütze der Emigrationstheorie angeführt. Indessen 
lässt derselbe nur die Deutung zu, dass in der Umgebung von 
Blutgefässen sich weniger Grundsubstanz bildet als in einiger 
Entfernung von ihnen. Dass wir es nicht mit Leucocyten zu 
thun haben, wird erwiesen, indem wir die Markkörperchen 
untereinander verbunden sehen. Von den der Peripherie zu¬ 
nächst verlaufenden Blutgefässen gehen zahlreiche nach der 
Oberfläche gerichtete Capillaren hervor, wahrscheinlich capillare 
Schlingen, worauf die etwas keulenförmige Gestalt der Durch¬ 
schnitte hinweist. Während bei kräftiger Granulationsbildung, 
wie sie dem ausheilenden Abscesse eines gesunden Menschen 
zukommt, die Neubildung von Capillargefässen eine äusserst 
lebhafte ist, wie ja schon die tiefrothe Farbe der Granulome 
beweist, ist bei Verschwärungen der Lederhaut nicht nur die 
Neubildung von Blutgefässen eine verzögerte, spärliche, sondern 
gehen auch zahlreiche Blutgefässe zu Grunde, indem sie solid, 
zu Markgewebe umgewandelt werden, um schliesslich zu Eiter¬ 
körperchen zu zerfallen. Der Unterschied zwischen der ,granu- 
lirenden Oberfläche eines heilenden Abscesses und eines zur 

Ergänzungshefte z. Archiv f. Dermatol, u. Syphil. 1892. iß 


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242 


H e i t z m a n u. 


Heilung wenig neigenden Geschwürs beruht einfach in der Menge 
und Qualität der neugebildeten Capillargefässe an der Ober¬ 
fläche. Dass letztere Eigenthümlicbkeit wieder von constitutio- 
nellen Eigenschaften des Individuums und von der Anwesenheit 
reizender Mikroorganismen (Lupus, Tuberculose, Syphilis, Rotz 
etc.) abhängt, ist bekannt. Auch können statische Verhältnisse 
die Neubildung von Gefässen verhüten, wie an den Unter¬ 
schenkelgeschwüren, die bekanntlich unter einem Druckverbande 
viel rascher heilen als ohne denselben. 

Die Neu- und Rückbildung von Gelassen ist im Granu¬ 
lationsgewebe von besonderer Wichtigkeit. Die Neubildung 



Fig. 5. Granulom von einem lupösen Geschwür der Wange. 

Vergrösserung lOOOfach. 

C ~ Capillares Blutgefäss mit Sprossen von in Neubildung begrif¬ 
fenen Capillaren. MM ~ Myxomatöse Grundsubstauz von deutlich netz¬ 
förmigem Bau. FF ~ Zarte Faserzüge au der Grenze der Territorien des 
myxomatösen Gewebes. 


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Die Vereiterung der Oberhaut. 


243 


habe ich in einem Granulom von einem lupösen Geschwür recht 
befriedigend verfolgen können. (Siehe Fig. 5.) 

Wie jetzt wohl allgemein zugegeben wird, beruht die 
Neubildung von Capillaren auf einer Sprossenbildung (Th. 
Schwann und S. Stricker). Die Sprosse ist ursprünglich 
solid, fadenförmig und im innigen Zusammenhänge mit der aus 
Endothelien hergestellten Wand des fertigen Gefässrohres. 
Die anfangs solide Sprosse ist jedoch keineswegs ein Product 
der Endothelwand allein, sondern es können irgend welche 
Protoplasmazüge ausserhalb der Gefässe anwachsen, und mit 
der Gefasswand später in Verbindung treten. Die ursprünglich 
solide, aus compacter lebender Materie gebildete Gefässsprosse 
wird zunächst vacuolirt, indem innerhalb der lebenden Materie 
eine Ansammlung von Flüssigkeit erfolgt. Durch Zusammen- 
fliessen der Vacuolen entsteht die centrale Höhle, wobei die 
Höhlenwand entweder homogen oder schon zu netzförmigem 
Protoplasma umgewandelt erscheint. Erst hinterher theilt sich 
die Gefasswand in einzelne kernhaltige Protoplasmastücke ab, 
die wir als Gefässendothelien bezeichnen. Die zwischen den 
Endothelien aufgetretene Kittsubstanz führt keineswegs zur 
Isolirung der Endothelien, indem die Kittsubstanz von zarten 
Speichen lebender Materie durchzogen bleibt. Gleichzeitig mit 
der Gefässbildung erfolgt auch Neubildung von rothen Blut¬ 
körperchen aus einzelnen isolirten Stückchen lebender Materie. 
Ja, die Neubildung rother Blutkörperchen kann der Neubildung 
von Blutgefässen sogar vorausgehen. 

In Figur 5 sind noch drei Dinge besonders hervorzuheben. 
Erstens sehen wir die myxomatöse Grundsubstanz des Granu¬ 
lation sgewebes fast noch im protoplasmatischen Stadium, indem 
wir den netzförmigen Bau in der Grundsubstanz leicht erkennen 
können. Zweitens stellt sich heraus, dass die Grundsubstanz 
aus mehreren Klümpchen von Pratoplasma hergestellt wird, die 
untereinander durch feine Fädchen verbunden sind. Bei völlig 
entwickelter myxomatöser Grundsubstanz ist die Protoplasma- 
structur nur andeutungsweise, der Ursprung aus mehreren 
Protoplasmaklümpchen gar nicht zu erkennen. Drittens möchte 
ich auf die rothen Blutkörperchen innerhalb der Gefässhöhle 
C hinweisen. Sie zeigen eine netzförmige Structur, indem das 

16 * 


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244 


Heitzmann. 


Hämoglobin durch die zur Härtung benutzte 1 / 2 P rocen ^ig e Lö¬ 
sung von Cbromsäure ausgezogen worden ist, während das Netz 
der lebenden Materie erhalten blieb. Die Chromsäure wirkt 
in dieser Beziehung genau so wie Lösungen von chromsaurem 
Kali (L. Eisberg). 

Den Untergang von Blutgefässen habe ich in Figur 6 aus 
demselben Präparate dargestellt. 

Hier sehen wir wie durch Proliferation der Endothelien 
das Lumen des Capillarrohres verschlossen wird. Die aus Endo¬ 
thelien hervorgegangenen indifferenten oder Markelemente ver- 



Fig. 6. Vereiterungszone eines Granuloms von einem lupösen Geschwür 

der Wange. 

Vergrösserung lOOOfach. 

C ~ Capillares Blutgefäss iu Obliteration begriffen. M ~ Myxo- 
matöses Gewebe. F ~ Faserzug in cb'r myxomatöseu Grundsubstauz. 
F ~ Zone der beginnenden Vereiterung. 


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Die Vereiterung der Oberhaut. 


245 


halten sich genau so, wie die Protoplasmakörper des myxoma- 
tösen Gewebes. In der Verlängerung des obliterirten Blutgefässes 
ist häufig ein spitz ausgezogenes Feld von myxomatöser Grund¬ 
substanz sichtbar, welches auf den ehemaligen Verlauf des 
Blutgefässes hinweist. W ährend also die Neubildung eines Blut¬ 
gefässes durch Ausspriessen von lebender Materie erfolgt, ge¬ 
schieht die Obliteration umgekehrt durch Auftreten von Grund¬ 
substanz. In der Umgebung des obsolet gewordenen Blutgefässes 
ist auch eine Rückkehr des myxomatösen zu embryonalem 
Gewebe erfolgt, welches kurz darauf vereitert dadurch, dass die 
Protoplasmaklümpchen aus dem Zusammenhänge gerissen werden. 

Zur leichteren Uebersicht will ich meine Beobachtungen 
über die Vereiterung der Lederhaut in folgenden Sätzen zu¬ 
sammenfassen : 

1. Die Eiterung ist der Ausgang einer intensiven acuten 
oder chronischen Dermatitis. 

2. Das in Folge der Entzündung zu embryonalem oder Mark¬ 
gewebe reducirte Bindegewebe der Lederhaut bleibt ein Gewebe 
so lange, als die Elemente untereinander durch zarte Fädchen 
lebender Materie verbunden bleiben. 

3. Zerreissen die Fädchen, dann ist Eiterung eingetreten 
und das entzündete Gewebe hat damit aufgehört ein Gewebe 
zu sein. 

4. Eiterkörperchen sind demnach isolirt gewordene Mark- 
körperchen; sie bleiben unter günstigen Bedingungen lebend 
und amoehoid. 

5. Eiter ist das Product des entzündeten und zum Em¬ 
bryonalzustande zurückgekehrten Bindegewebes der Lederhaut, 
nach erfolgter Isolirung der Embryonalkörperchen. 

6. In der Umgebung des Eiterherdes erfolgt die Neubildung 
aus dem Mark- oder Embryonalgewebe zunächst von myxo- 
matösem, hierauf myxo-fibrösem und schliesslich fibrösem 
Bindegewebe, durch welches die NeubilduDg einer Kapsel der 
sogenannten Membrana pyogena erfolgt. 

7. Nach Entleerung des Eiters tritt eine lebhafte Neu¬ 
bildung von myxomatösem Granulationsgewebe auf, welches 
schliesslich zur Bildung einer Narbe führt. 


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8. Das myxomatöse Granulationsgewebe ist reichlich 
mit capillaren Blutgefässen versehen. Die äussere Peripherie 
des Granuloms bleibt im Zustande der Indifferenz und durch 
den Zerfall dieses Embryonalgewebes und Isolirung zu einzelnen 
Protoplasmaklümpchen kommt es zu Eiterbildung an der Ober¬ 
fläche der Granulationen. 

9. Ist die Neubildung von Blutgefässen bei gleichzeitiger 
Neubildung von myxomatösem Gewebe reichlich, dann erfolgt 
rasche Heilung mit dem Ausgange in Narbenbildung. 

10. Ist hingegen die Neubildung von Blutgefässen eine 
spärliche, kehren die schon gebildeten Gefässe wieder in den 
Zustand des Markgewebes zurück, dann ist der Verlauf ein 
chronischer, nur langsam zur Heilung führender, und wird als 
Geschwürsbildung bezeichnet. 


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Casuistische Beiträge 
zu den Entzündungen der Sehnenscheiden, 
Schleimbeuteln, Muskeln und peripher. 
Nerven im Verlaufe der Gonorrhoe. 

Von 

Dr. S. Röna. 

Docent an der Universität Budapest. 


Die Seltenheit dieser Entzündungen im Verlaufe einer 
Gonorrhoe bei sonst gesunden und früher nie an Rheumatismus 
erkrankten Individuen entschuldigen diese casuistische Mitthei¬ 
lung ohne Commentar. 


a) Tendovaginitis gonorrhoica. 

1. Fall. Urethrocystitis gonorrhoica acuta. Entzündung 
der Sehnenscheide des linken extensor pollicis brevis. 

H., 22j., ledig, kam 28. Sept. 1890 in meine Hausordination. Pat. 
gibt an, am 11. Sept. zuletzt coitirt zu haben und seinen er st en Tripper 
geholt zu haben. Schon am 25. wurde er durch einen Wiener Collegen 
gegen Urethrocystitis behandelt. 

St. praes.: Urethrocystitis acuta. 

Therapie: Thee, Blasen- und Harnröhrenauspülungen. 

Verlauf. Im Anfänge wurden zweitäglich Zinc. sulf. Resorcin- 
Lösungen durchgespritzt, später Instillationen mit 2% argent. nitr. Lö¬ 
sung gemacht. Am 18. Oct. trat ohne Fieber, der Sehne des linken m. 
extensorpoll. brevis entsprechend, mässige Anschwellung und Schmerz 
auf. Der linke Daumen war in fortwährender Halbbeugestellung und konnte 
spontan nicht gestreckt werden. Bis 24. October vergrösserten sich An* 


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248 


Röna. 


Schwellung und Schmerz — trotz den angewandten kalten Umschlägen. 
Von diesem Tage an stellte sich spontan progressive Besserung und in 
einer Woche Heilung ein. 

Die Urethro-cystitis heilte erst Ende November. 

2. Fall. Urethritis totalis acuta, Epididymitis. Entzün¬ 
dung der Sehnenscheiden des rechten m. ulnar, externus 
und des rechten m. extensor digit. minimi. 

H., 21j. Agent, kam am 15. Mai auf meine Poliklinik. Vor 3 Jahren 
acquirirte Pat. seinen ersten, vor einem halben Jahre seinen zweiten und 
vor einigen Tagen seinen angeblich dritten Tripper. 

Zu dem vor einem halben Jahre acquirirten Tripper gesellte sich 
beiderseitige Nebenhodenentzündung. Pat. klagt jetzt über stündlichen 
Harndrang. 

St. praesens. Urethritis totalis acuta. 

Der linke Nebenhoden ist neuerdings massig angeschwollen, hart 
und schmerzhaft. Patient fiebert. 

Verlauf. Bis zum 30. Juni bildete sich die Epididymitis zurück. 
Am selben Tage klagte der neuerdings fiebernde Patient zuerst über 
Schmerzen im rechten Handgelenke, wo aber eine Anschwellung nicht zu 
constatjren war. 

Therapie: Innerlich Salol. 

Verlauf. Am 2. Juli war die äussere Hälfte des rechten 
Handgelenkes geschwollen, ebenso war die Haut im untern Drittel 
des rechten Vorderarmes, dem ulnaren Rande entsprechend, geschwollen 
und roth. Pat. klagt über grosse Schmerzen in diesen Partien. Die Hand 
war fortwährend in Beugestellung und konnte nicht recht gestreckt und 
abducirt werden. 

Am 3. Juli ist die Gegend des rechten processus styloi- 
deus am schmerzhaftesten. Die Haut über dem rechten Handgelenke, 
am rechten Handrücken ist dunkelroth, oedematös. Die Beweglichkeit des 
Handgelenkes ist fast intact, nicht schmerzhaft. Nur auf Druck ist die 
äussere Hälfte und der processus styloid. schmerzhaft. 

Am 4. Juli ist der Schmerz und die Geschwulst, nachweisbar der 
Sehne des m. extensor carpi ulnaris und der Sehne des m. 
digiti minimi entlang, am grössten, überhaupt aber an der Insertions¬ 
stelle des ersteren. 

Urethritis totalis dauert an. Da Pat. fortwährend fiebert, schickte 
ich ihn ins Spital. 

Am 16. Juli kam er aus dem Spitale, wo er gegen sein Uebel 
Natr. salicyl. und kalte Umschläge bekam, wieder zu mir. Der grösste 
Theil der Geschwulst schwand, nur die Gegend des rechten Processus 
styloideus und die äussere Hälfte des rechten Handgelenkes ist noch mässig 
geschwollen, oedematös. Die Hand ist andauernd in flectirter Stellung. 
Patient ist fieberfrei. 


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Ca8ui8tische Beiträge zu den Entzünd, der Sehnenscheiden. 249 


Am 24. Juli war Pat. soweit hergestellt, dass er seiner Beschäfti¬ 
gung nachgehen konnte. 

Am 4. August wurde er gesund entlassen. 

b) Bursitis gonorrhoica. 

1. Fall. Urethritis total, gonorrhoica acuta. Prostatitis 
suppurativa. Entzündung der beiderseitigen bursae sub- 
cutaneae calcanei. Polyarthritis. 

X., 24j. Techniker, kam am 5. April 1890 in meine Hausordination. 
Pat. gibt an> vor 2 Jahren den 1. Tripper gehabt zu haben, zu welchem 
sich linksseitige Nebenhodenentzündung gesellte. Seit 5 Tagen dauert 
sein 2. Tripper, welcher beim Uriniren und bei Erection grosse Schmerzen 
verursacht. 

St. praes. Urethritis totalis acuta. 

Verlauf. Bis Anfang Mai sah ich Pat. nur selten. Am 6. Mai 
klagte er wie folgt: Seit einigen Tagen plagt ihn constantes Fieber, 
häufiger (stündlich) schmerzhafter Harndrang; der Harn geht tropfen¬ 
weise und nur nach starkem Pressen ab. Die Rectaluntersuchung consta- 
tirt, dass die Prostata circa 4mal grösser, sehr schmerzhaft ist und dass 
der rechte Lappen in toto, der linke nur stellenweise knorpelhart ist. 
Den unteren Theil des linken angeschwollenen Samenbläschen kann man 
schwer, aber deutlich palpiren. Auf Druck auf die geschwollenen Partien 
entleert sich 12—15 Tropfen dicker, mit Sperma gemengter Eiter durch 
die Harnröhre. Im Mastdarm verspürt der Pat. keine Schmerzen, kann 
gehen und sitzen. Hochgradige Anämie. 

Therapie: Tägliches Ausdrücken des Prostata-Abscesses. Das 
Fieber, welches remittirenden Typus zeigte, nahm stetig ab und der Zu¬ 
stand besserte sich. 

Am 10. Mai trat neuerdings heftiges Fieber auf und Pat. klagte 
über heftige Schmerzen an der unteren Fläche beider Fer¬ 
sen, welche ihn am Auftreten und Gehen hindern. Eine Anschwellung 
dieser Partien ist nicht constatirbar — aber Schmerz auf Druck. 

Der fieberhafte Zustand dauerte an und der Schmerz wuchs trotz 
der Bettruhe und kalten Umschlägen in einigen Tagen derart, dass Pat. 
den Anblick eines Schwerkranken bot. Damals war die Plantar fläche 
beider Fersen an thalergrossen Stelle mässig geschwol¬ 
len, auf Druck sehr schmerzhaft. Die bedeckende Haut aber sah 
normal aus. Ich fasste diese Complication zuerst, da ich in einigen mir 
zu Gebote gestandenen anatomischen Lehrbüchern von einer bursa mu- 
cosa dieser Gegend keine Erwähnung fand, als Periostitis auf. Nur 
als ich durch Mihälkovics, M der angibt, an diesen Stellen beständig 
einen Schleimbeutel (bursasubcutaneacalcanei) gefunden zu haben, 


*) Mihälkovics. Lehrbuch der descriptiven und topographischen 
Anatomie des Menschen. (1888. Ungarisch.) 


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250 


Rona. 


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eines bessern belehrt wurde, nahm ich hier die häufigere Schleim¬ 
beutel-Entzündung an. Auf Salol wichen innerhalb 3 Wochen alle 
diese Symptome und selbst die Urethritis besserte sich alhnälig. 

Von der Zeit seiner Besserung, also von Ende Mai, sah ich den 
Patienten lange nicht. 

Erst am 14. October besuchte er mich wieder und erzählte mir, 
dass er im Juni an Entzündungen beider Knie- und Fussge- 
lenke erkrankte und drei Wochen hindurch bettlägerig war und erst 
auf Natr. salicyl. und warmen Bädern genas. Am selben Tage untersuchte 
ich seine Harnröhre und fand eine geringfügige chronische Urethritis 
vor. Der Urin zeigte nur einzelne Fädchen. Die Prostata war grösser, 
als sie normal zu sein pflegt, war aber elastisch. Von den Schleim¬ 
beutel- und Gelenksentzündungen war keine Spur vorhanden. 

c) Myositis gonorrhoica. 

Ich habe in zwei Fällen ausgesprochene Fas eien- und Muskel¬ 
entzündung im Verlaufe der Gonorrhoe constatiren können. 

1. Fall. Urethritis chronica. Entzündung der Fascia lata 
und des m. rectus cruris rechterseits. 

Diesen Fall, den ich im Jahre 1886 beobachtete, kann ich nur aus 
dem Gedächtniss schildern, da ich mir nur spärliche Notizen machte. Es 
betraf einen 27j. Kaufmann, den ich gegen chronischer Gonorrhoe behan¬ 
delte und der über in derMitte dervorderenFläche des recht. 
Oberschenkels auftretende, anhaltende, hie und da heftiger werdende 
Schmerzen klagte. Genau an der bezeiebneten Stelle fand ich eine 
halergrosse, derbe, bei Druck mässig schmerzhafte, scharf¬ 
begrenzte Infiltration unter der Haut, in der Fascia lata ein¬ 
gebettet, über welche die Haut fast normal, verschiebbar und faltbar 
war. Diese Infiltration trotzte wochenlang den Priesnitz-Umschlägen, 
warmen Bädern, der Massage. 

2. Fall. Urethritis chronica. Circumscripta Entzündung 
der Fascia lata und des m. rectus cruris linkerseits. Poly¬ 
arthritis. 

P., 27j. Beamter, kam im Monate März 1890 mit seinem vierten 
Tripper zu mir. Auch seine früheren drei Tripper (den 1. im Jahre 1883, 
den 2. im Jahre 1886, den 3. 1887) behandelte ich selbst. 

Diesen letzten Tripper anbelangend, gibt Pat. an, dass er ihn 1889 
December geholt hatte und mittelst Einspritzungen 14 Tage hindurch 
selbst behandelte. Da verspürte er in der Mitte der vorderen Fläche des 
linken Oberschenkels einen Schmerz, welcher in 4 Tagen derartig zunahm, 
dass er am 5. Tage vom Bureau nur mittelst Wagen nach Hause gehen 
konnte. 10 Tage hindurch war er bettlägerig, und machte sich auf An¬ 
ordnung des Hausarztes, der die Erkrankung für Entzündung des sub- 
cutanen Gewebes erklärte, Umschläge mit kaltem Goulardwasser. Fieber 
war nicht vorhanden. Pat. erwähnt, an dieser Stelle eine circumscripte, 


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Casuistische Beiträge zu den Entzünd, der Sehnenscheiden. 251 


8ubcutane, flache Verdickung constatirt zu haben, welche auch später, 
lange nach Aufhören der acuten Symptome empfindlich war. Zu mir kam 
er, wie erwähnt, im März 1890. 

Status praes.: Urethritis chronica subacuta. Infiltra¬ 
tion in der p. bulbosa und p. pendula. 

In der Mitte des linken Oberschenkels an der ange¬ 
gebenen Stelle, wo Pat. zuweilen eine grössere Empfindlichkeit ver¬ 
spürt, fand ich subcutan, aber nicht im Fettgewebe, sondern 
in derFasciaund in demMuskel eine kleinhandtellergrosse, 
consistente, flache Infiltration, welche auf Druck empfindlich 
war. Die Haut an dieser Stelle war normal, leicht faltbar, nicht infiltrirt. 

Verlauf. Pat. stand monatelang unter meiner Behandlung und so 
konnte ich beobachten, dass trotz der abendlichen Priesnitz-Umschläge 
und warmen Bädern die Infiltration nur sehr langsam wich und selbst 
im nächsten Jahre stellte sich an dieser Stelle zeitweise Empfindlich¬ 
keit ein. 

Im October 1891 trat Rheumatismus in den verschiedensten Ge¬ 
lenken auf, so zuerst in den beiden Fussgelenken, dann in beiden Schulter¬ 
gelenken, und zuletzt in beiden Handgelenken, welche ihn später ab¬ 
wechselnd behelligten. Am 30. Jänner 1892 holte sich Pat. einen neuen 
Tripper und kam mit einem ganz frischen gonococcus-reichen Ausflusse 
wieder zu mir. 

d) Perineuritis gonorrhoica. 

1. Fall. Urethritis total, acut. Ischias utriusque lateris. 

L., 21j. Schuster, kam am 9. October 1890 mit acuter 8—9tägiger 
Gonorrhoe auf die Poliklinik. Erste Infection. 

Stat. praes. Profuser Ausfluss. Schmerz beim Uriniren. 

Hydrarg. salicyl. - Einspritzungen. 

Verlauf. Am 22. Oct. ist die 2. Portion des Harnes sehr trübe. 

Therapie: Thee. 

Am 26. October klagt Patient über beständige, reissende 
Schmerzen den beiden Foramina Ischiadica majora entspre¬ 
chend, welche in die Oberschenkel ausstrahlen und welche linkerseits 
seit 3 Tagen und rechterseits seit gestern bestehen sollen. Der auf die 
angegebenen Stellen (entsprechend dem Anfangsgebiete beider Ischiadici) 
ausgeübte Druck erhöht die geklagten Schmerzen, aber im Verlaufe der 
Nerven selbst sind keine Druckpunkte zu eruiren. Pat. ist fieberfrei, 
klagt aber über Schmerzen in der Magengegend. 

Therapie: Natr. salicyl. täglich 2 Gramm. 

Seit obigem Datum sah ich Pat. erst am 12. Nov. Er gibt an ? 
einige Tage Natr. salicyl. genommen zu haben und die besagten Schmerzen 
blieben aus. 

Von nun an klagte er nie mehr über derartige Symptome. Seine 
Urethritis totalis wurde mittelst Durchspritzungen geheilt. 


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Röna. 


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2. Fall. Urethritis totalis chronica. Epididymitis 1. d. Pro¬ 
statitis follicularis. Ischias utr. lat. 

S. L., 27j. Uhrmacher, kam am 7. März 1890 auf die Poliklinik mit 
seinem ersten, seit 2 Jahren dauernden Tripper. Im Anfänge der Krank¬ 
heit gesellte sich linksseitige Nebenhodenentzündung hinzu. Seit 7 Tagen 
verspürt er Schmerz und Tenesmus im Mastdarm und seitdem kann er 
nur an der linken Gesässhälfte sitzen. 

Stat. praes. Urethritis totalis recidiv. Die Prostata ist bedeutend 
angeschwollen und mit dem Finger kaum zu umgehen. 

11. März. Seit 2 Tagen rechtsseit. Nebenhodenentzündung. Gegen 
seine Urethritis postica wurde Pat. bisher nicht behandelt; er spritzte 
aber selbst eine adstringente Lösung in die vordere Harnröhre. 

10. September. Seit vorigem Datum sah ich Pat. nicht. Jetzt be¬ 
steht noch die Urethritis totalis. Er klagt nebstbei über Schmerzen, 
entsprechend dem Ursprünge beider Ischiadici, welche längs 
der hinteren Fläche der Oberschenkel ausstrahlen. Der angewandte 
Druck auf die Gegend der foramina ischiadica provocirt erhöhten 
Schmerz, so dass, obzwar keine Druckpunkte im weiteren Verlaufe der 
Ischiadici nachweisbar sind, die Diagnose doch auf Entzündung der 
Anfangstheile beider Ischiadici gestellt werden musste. 

Therap.: Natr. salicyl. 

Am 19. November konnte ich das Nachlassen, aber nicht das voll¬ 
ständige Ausbleiben der Schmerzen constatiren. 


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Seit vier Jahren bestehender Pruritus 
universalis bei einem 6jähr. Knaben. 

Yon 

Dr. S. Röna, 

Docent an der Universität Budapest. 


Den 6jährigen Sohn eines Fleischhauers brachte man 
wegen eines seit 4 Jahren bestehenden Hautjuckens (am 
23. März) auf meine Poliklinik. Das Jucken befällt die ganze 
Hautoberfläche und nur die Schleimhäute sind verschont. Auf 
der Flachhand und auf der Fusssohle ist nach Angabe der 
Angehörigen fast beständig Hyperidrosis vorhanden. Das 
Jucken besteht den ganzen Tag, tritt aber in der Nacht hef¬ 
tiger auf. Der Knabe leidet ungemein viel, er wetzt sich an 
harten Gegenständen, reibt sich am Fussboden etc. 

Anamnese. Anlässlich der Circumcision stellte sich eine kaum 
stillbare Blutung ein. Yon da an war das Kind bis zu seinem V/ 2 Jahre 
gesund, dann litt es 2—3 Monate an Darmcatarrh. 

In seinem 2. Lebensjahre trat zuerst das Jucken auf, und 
zwar an Handflächen und Fusssohlen und breitete sich allmälig yon hier 
aus auf den ganzen Körper. Weder die Eltern, noch der Hausarzt (Herr 
Dr. Pi ekler aus Igal), welcher das Kind seit einem Jahre behandelt, 
konnten die geringste Spur eines Hautausschlages (Flecke, Knötchen oder 
Quaddel) wahrnehmen. Yor zwei Jahren fiel sein Kopfhaar in Form von 
runden Scheiben aus, ist aber seitdem schon grösstentheils wieder ge¬ 
wachsen. Im November 1891 litt es 5 Tage an Wechselfieber. In der 
letzten Zeit wollen seine Eltern ein Verschlimmern des Gehörs wahrge¬ 
nommen haben. Icterus, Helminthiasis war nicht vorhanden. Das 
Kind urinirt nicht öfters und nicht mehr, als ein anderes Kind in seinem 
Alter. Stuhl, Appetit ist normal. Die Eltern leben, sind gesund. Von 7 
Geschwistern starben 4 (ein llmonatliches Kind an Diphtherie, die 3 
übrigen im 3—4. Monate an unbekannter Todesursache). Das vorgestellte 
Kind ist das dritte; seine 9- und 11jährigen Geschwister leben, sind ge- 


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254 


Röna. 


sund. In der ganzen Familie ist angeblich kein Haut- oder Nervenleiden 
oder Tuberculose vorhanden. 

Stat. praes. Die körperliche Entwicklung des Kindes ist im Ver- 
hältniss zu seinem Alter eine zurückgebliebene; die Schädelbildung ist 
eine rhachitische, die Gesichtszüge haben einen greisenhaften Ausdruck, 
die Geistesfähigkeiten sind normal. Die Zähne sind defect, von abnor¬ 
maler Bildung. Die ganze Hautfläche ist schmutzig-braun aber nirgends 
die Spur eines Ausschlages, eines Prurigo-Knötchens oder 
einer Quaddel; nur sehr spärlich sieht man Abschürfungen. Auf der 
inneren und äusseren Fläche der unteren Extremitäten sieht man sehr 
spärlich den Haarfollikeln entsprechend secundäre, von Kratzen herrüh¬ 
rende hirsekorngrosse lichenoide Knötchen. Die Haut an den Dorsalflächen 
der Füsse, der Hände, der Finger ist mächtig verdickt, wie die eines 
Taglöhners. Die ganze Haut ist glatt, trocken, nur Handteller und 
Fusssohlen sind feucht klebrig von Schweiss. Dem linken Os pariteale 
entsprechend befindet sich eine pfenniggrosse kahle Stelle. Die Leisten¬ 
drüsen sind kaum merklich geschwollen, bei weitem nicht so wie bei 
Prurigo. Die Cervicaldrüsen aber sind mässig geschwollen. 

Der untere Theil der Wirbelsäule zeigt eine Skoliose nach links. 
Der Bauch ist aufgetrieben. Die Brust und Bauchorgane sind laut Unter¬ 
suchung des Doc. Dr. Stern ganz normal. Der Harn reagirt sauer; sein 
specifisches Gewicht beträgt 1020, enthält keinen Zucker, kein Ei- 
weiss. Die Untersuchung des Ohres durch Dr. Purjesz ergab nur 
accumulatio ceruminis. 

Ein Hautleiden speciell Prurigo oder Urticaria 
konnte ausgeschlossen werden, Hautparasiten konnten ausser 
Acht gelassen werden. Ich hatte mit einem Pruritus cuta- 
neus universalis zu thun, welches Leiden ich bei Kindern 
noch nicht observirt habe. In der mir zu Gebote stehenden 
Literatur fand ich auch nichts über einen derartigen Fall. 

Ich stellte den Fall dem ärztl. Vereine zu Budapest vor 
und suchte das aetiologische Moment des Pruritus festzustellen, 
wie wir es bei Erwachsenen zu thun pflegen. Diabetes mel¬ 
litus et insipidus, eine Nephritis und Albuminurie, 
chronischen Magen- oder Darmcatarrh, ein Car ein om innerer 
Organe, einen Reflexpruritus (Helminthiasis war nicht 
vorhanden) konnte ich ganz positiv ausschliessen und so musste 
ich annehmen, dass hier der Pruritus höchstwahrscheinlich 
von der Rhachitis und von einer unbestimmbaren 
Laesion des Centralnervensystems abhängt. 


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II. Internat, dermatologischer Congress in Wien. 1892. Da um die 

Mitte Juli die erste Liste der definitiv angemeldeten und eingeschriebenen 
Mitglieder und Vorträge veröffentlicht werden soll und auch Mit¬ 
gliedskarten bereits verabfolgt werden, so werden die Herren Collegen 
höfliebst eingeladen, schon jetzt ihre bezügliche Anmeldung an den Unter¬ 
zeichneten Generalsecretär zu machen. 

Für das Organisations-Comite: 

Der Generalsecretär: Der Präsident: 

G. Riehl, Kaposi. 

I./20. Bellariastrasse 12. 

Auf die Ausstellung bezügliche Anmeldungen werden unter der 
Adresse Dr. Hans Heger, I. Stefansplatz 8 erbeten. 


Breslau. Am 1. August verlässt die Kgl. Klinik für Hautkrank¬ 
heiten das städtische Allerheiligen-Hospital, in welchem sie seit 
1877 untergebracht war und bezieht das neue, bei den übrigen Kliniken 
im Maxgarten errichtete Gebäude. Die neue Klinik gewährt vorderhand 
für 74 Kranke Platz und ist, wie wir hören, mit allen Räumen und Vor¬ 
richtungen für wissenschaftliche Zwecke versehen. Es wird in ihr ein 
Ambulatorium errichtet werden; neben demselben bleibt jedoch im Aller¬ 
heiligen-Hospital eine Universitäts-Poliklinik für Hautkrankheiten 
bestehen; Klinik wie Poliklinik unter der Direction von Prof. Neisser. 
Die grosse Entfernung der neuen Klinik vom Centrum der Stadt macht 
es nothwendig, eine Poliklinik in dem seit Jahrzehnten von den Be¬ 
wohnern der Stadt und Provinz aufgesuchten Allerheil.-Hospital bestehen 
zu lassen, um der neuen Klinik das bekanntlich ausgezeichnete Material 
zu erhalten. 

Für die aus dem Hospital scheidende Klinik wird nun seitens der 
Stadt eine eigene Abtheilung für Haut- und venerische Kranke 


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geschaffen, welcher auch die bisher auf der chirurgischen Station ver¬ 
pflegten Unterschenkelgeschwüre, Erysipele etc. zugetheilt werden, so dass 
auch weiterhin etwa 150 Betten für diese Abtheilung zur Verfügung stehen. 
Zum Primararzt derselben ist der langjährige Assistent von Prof. Neisser, 
Dr. J. Jadassohn, ernannt worden. 


Berichtigung. Bei einer gewissen Anzahl von Exemplaren der zu 
meinem Vortrag gehörenden Tafel IV D (Verhandl. des dritten Congr. 
der Deutschen dermatologischen Gesellschaft, Ergänzungshefte z. Archiv 
f. Dermat. u. Syph. 1892. I.) ist durch ein Versehen des Druckers Fig. 1 
mit Fig. 3 vertauscht worden, so dass irrthümlicher Weise die Abbildung 
des Ringelhaares (Fall Reder-Karsch) als Fig. 1, die Abbildung des 
Spindelhaares (Fall Pilz) als Fig. 3 gedruckt ist. Dr. E. Lesser. 


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Ergänzunushetle zum A rchio f'Dermatologie uSyphilJs 1892 TL 


Taf.I. 




Gerber: Syphilis des Nasenrachenraumes. 


Kai kHoF,uh.AHaase.?i a£. 


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Taf. II. 


Eiyänzungshetle zum Archiv fCDermatologieitSyphüislSDZ.Il. 


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Kr*eftint|: Die Mikrobe; des ulous molle. 


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Taf. VJ. 


Ergmy.unysheiflr /um Archiv t 'DermatologieuSyphilis /S92 fl. 

J^f.7. 



Fiy.8. 



ÄglffzSte'ß Neigung zu trannmt-Blasenbildung 


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