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Full text of "Archiv Für Dermatologie Und Syphilis. V. 37.1896"

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THE OHIO STATE UNIVERSITY 



Begründet von H. Auspitz und F. J. Pick. 


ARCHIV 

für 

Dermatologie und Syphilis. 

Unter Mitwirkung von 

Prof. M’CALL ANDERSON, Dr. AUNING, Dr. BEUREN D, Dr. BESNIER, Prof. BEKGH, Prof. HOECK,' 
Prof. DOUTRELEPONT, Prof. D Uli RING, Prof. v. DÜRING, Dr. Eil KM A NN, Dr. ELSENBERG, 
Prof. EPSTEIN, Dr. FABRY, Prof. FINGER, Dr. J. GRÜNFELD. Prof. HASLUND, Prof. v. HEBRA, 
Dr. C. HERX1IEIMEK, Dr. HOCHSINGER. Dr. HOROVITZ, Prof. JADASSOI1N, Prof. JANOVSKY, 
Prof. JAKISCII, Dr. JOSEPH, Prof. KÖRNER, Dr. KOPP, Prof. LANG, Dr. LEDERMANN, 
Prof. RESSER, Prof. LUKASIKWICZ, Dr. LUSTGARTEN, Dr. du MESNIL, Prof. MRAOEK, Prof. 
NEUMANN, Dr. OBERLÄNDER. Prof. PETERS EN, Prof. POSPELOW. J. K. PROKSCH, Prof. 
REDER, Prof. RIEHL, Dr. RÖNA, Dr. O. ROSENTHAL, Dr. SCHU F, I)r. SCHÜTZ, Dr. SCHUSTER, 
Prof. SCHWIMMER, Prof. STUKOWENKOW, Dr. SZADEK, Prof. TARNOWSKY, Dr. TO Li TON, 
Dr. ULLMANN, Dr. VEIEL, Dr. v. WATRASZEWSKI, Prof. W EL ANDER, Dr. WINTERNITZ, 

Prof. WOLFE, Dr. v. ZEISSL 

und in Gemeinschaft mit 

Prof. Caspary, Prof. Kaposi, Prof. Lewin, Prof. Neisser, 

Königsberg Wien Berlin Breslun 

herausgegeben von 

Prof. F. J. Pick in Prag. 


Siebenunddreissigster Band. 



Mit eilf Tafeln. 


Wien und Leipzig. 
Wilhelm B r a u m fl 1 1 e r, 

k. u. k. Hof- und Universitätsbuchhändlcr 

1896. 


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K. u. k. H fTnichrlnickcirp i A. Ilaano, lYa 


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Inhalt. 


Georg Lewin f. I 

Original-Abhandlungen. 

Pag. 

Au8 der k. k. dermatolog. Universitätsklinik von Prof. F. J. Pick 
in Prag. Ueber die Mannigfaltigkeit der Wachsthumsformen („cul- 
turoller“ Pleomorphismus) der pathogenen Schimmelpilze, inshe- 
sonders des Pilzes des Fczema marginatum. Von J)r. Ludwig 
Waelseh, I. Assistent der Klinik. (Hierzu Taf. I und II) . . . 3 

Beitrag zur Lehre vom acuten erythematdsen Lupus. Von Dr. Franz 

Koch in Berlin. (Hierzu Taf. III—V) . 39 

Aus der k. k. dermatolog. Universitätsklinik von Prof. F. J. Pick 
in Prag. Untersuchungen über das Mikrosporon furfur. Von Priv.- 
Doc. Hr. Th. Spietschka, früherem Assistenten der Klinik. 

(Hierzu Taf. VI). 05 

Klinische Studien über Nierenatfectionen bei Syphilis. Von Dr. Fd- 

vard Welander in Stockholm.01, 323 

Aus der k. k. dermatolog. Universitätsklinik des Prof. F. J. Pick 
in Prag. Ueber Pityriasis rosea (Gibcrt). Von Dr. Gustav T a n d 1 c r, 

II. Assistent der Klinik.127 

Ueber das erste und zweite Stadium der Alibert'sclien Dermatose 
(Mycosis fungoides). Von Prof. Lukasiewicz in Innsbruck. 

(Hierzu Taf. VII). 141 

Aus dem Privat-Laboratorium des Herrn Docenten Dr. Ebrmann 
in Wien. Beiträge zur Kenntniss des Molluscum contagiosum. Von 
Dr. Corncl Beck, d. Z. in Wien, gew. Assistent am pathol -liistol. 
Institute der Universität zu Budapest. (Hierzu Taf. VIH u. IX) . 107 
Ans dem Institut für pathologische Histologie und Bakteriologie des 
Prof. Paltauf in Wien. Ein Beitrag zur Kenntniss des Bhinophyma. 
(Histologische und klinische Studie.) Von Dr. Do hi aus Japan, 
Hospitant an der dermatolog. Klinik Prof. KaposPs in Wien. 

(Hierzu Taf. X.).301 

Aus der dermatolog. Abtheilung des städtischen Krankenhauses zu 
Frankfurt a. M. Ueber multiple subcutane Gummen im Frühsta¬ 
dium der Syphilis nebst Mittlieilungen über den diagnostischen 
Werth des miliaren Tuberkels. Von Dr. Karl Herxheim er, 
Oberarzt.379 


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IV 


Inhal t. 


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Pag. 

Ucber Lungenembolien bei Injection von unlöslichen Quecksilber¬ 
präparaten. Von I)r. Magnus Möller, Brivatdocent der Syphil. 
und Denn, in Stockholm. (Hierzu Taf. XI.).305 

Aus der klinischen Universitäts-Abtheilung für Dermatologie und 
Syphilis in Charkow. Zur Frage von «1er Behandlung der Haut¬ 
krankheiten mit Sehilddrüsenpniparaten. Von Dt*. Valentin Za- 

rubin .421 

Anhang. 

Die mikroskopische Technik im Dienste der Dermatologie. Kin 
Rückblick auf das Jahr 1834. (II. Nachtrag.) Von Dr. U. Leder¬ 
mann, Arzt für Hautkrankheiten und Dr. Ratkowski, prakt. 

Arzt in Berlin. (Schluss).187 

Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete der Dermatologie 


und Syphilis. 

Verhandlungen der Berliner dermatologischen Vereinigung . . . 223 

Verhandlungen der Wiener dermatologischen Uesollsehaft.433 

Verhandlungen des Vereines Ungarischer Dermatologen und Urologen 413 
Bericht über den 3. internationalen dermatologischen Congress, ge¬ 
halten zu London vom 4.—8. August 18% . ..227 

Verhandlungen der t>8. Versammlung deutscher Naturforscher und 

Aerzte in Frankfurt a/M. lS!Mj .233 

Hautkrankheiten.303 

Venerische Krankheiten.435 

Buchanzeigen und Besprechungen.473 

Nekrolog. 3.18 

Varia.170 


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Georg Lewin -J*. 

Die Redaction dieses Archivs hat einen schweren 
Verlast erlitten. Ihr geschätztes Mitglied, der officielle 
Vertreter derselben in der Hauptstadt des Deutschen 
Reiches, Georg Lewin, ist ihr durch den Tod entrissen 
worden. 

Noch vor wenigen Monaten beglückwünschte ihn 
das Archiv anlässlich seines fünfzigjährigen Doctor-Ju- 
biläums und bewunderte die Frische des Geistes, mit derer 
diese Feier beging. ^ 

Von langwieriger, schwerer Krankheit genesen, er¬ 
griff ihn in den letzten Jahren ein förmlicher Schaffens¬ 
drang, der ausgezeichnete literarische Früchte und eine 
eifrige Betheiligung an den Arbeiten medicinischer Ge¬ 
sellschaften zeitigte. 

Inmitten dieser Thätigkeit hat ein gütiges Geschick 
Georg Lewin ein sanftes Ende bereitet 

Am Schlüsse dieses Heftes wird i h m von be¬ 
rufenste! Seite, von seinem Nachfolger im Leliramte, ein 
warmer Nachruf gowidmet. 

Das Archiv wird Georg Lewin stets ein ehrenvolles 
Andenken bewahren. 

Er ruhe in Frieden! 


PRAG, November 1896. 


P ick. 


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Originalabhandlu ugen 


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Archiv f. Dermatol, u. »Syplul. Band X.WVII, 


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Aus der k. k. dermatologischen Universitätsklinik von Prof. 

F. J. Pick in Prag. 

Ueber die Mannigfaltigkeit der Wachs- 
thumsformen („cultureller“ Pleomorphis- 
mus) der pathogenen Schimmelpilze, 

insbesonders des Pilzes des Eczema marginatum. 

Von 

Dr. Ludwig Waelseli, 

I. Assistent der Klinik. 

(Hierzu Taf. I und II.) 


Der mycotische Ursprung des Eczema marginatum 
wurde durch die Untersuchungen von Kühner 1 ) und Pick'-) 
durch die Beobachtung an einer grösseren Zahl von Fällen 
mit positivem Pilzbefund sichergestellt. Ivöbner gelang 
es durch die Aussaat von Schuppen eines Eczema margi¬ 
natum auf die Haut des Vorderarmes einen Herpes tonsurans 
vesiculosus zu erzeugen, während Pick durch Impfung mit 
Schuppenmaterial an der Oberschenkelinnenfläche, dort, wo sie 
vom Scrotum gedeckt wird, ein typisches Eczema marginatum 
hervorrufen konnte, in dessen Schuppen sich w iederum der Pilz 
naehweisen liess. 

Nach Pick ist das Eczema marginatum U e- 
hrae „eine parasitäre Hautaffection, welche die 
Symptome ein es Herpes tonsurans vesiculosus mit 
jenen eines Ecze m a i n t e r t r i g o c o m b i n i r t dar- 
bietet. Ein Herpes tonsurans vesiculosus an anderen Stellen 
des Körpers, an denen kein bleibender, oder wenigstens kein 
sehr häufiger Contact zweier Hautflächen stattfindet, ist nicht 

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4 Wadsch. 

im Stande alle jene Kraukheitsbilder hervorzurufen, welche 
dem Eczema marginatnm zukonnnen. Ebensowenig genügen 
die Charaktere des Eczems. in specic des Eczema intertrigo. 
um, auch abgesehen von dem mikroskopischen Befund, alle 
Krankheitserscheinungen des Eczema marginatum in sich zu 
fassen“. 

In Uebereinstimmung mit vorstehender Definition dieses 
Krankheitsbildes hat Pick zuerst Eczema marginatum auch 
unter Hängebrüsten, in den Achselhöhlen, in der Kniekehle nach 
Amputation des Unterschenkels beobachtet und beschrieben. 

Durch die erfolgreiche Impfung mit den Schuppen hat 
aber Pick auch gleichzeitig die Richtigkeit seiner Definition 
bezüglich des Zusammenhanges zwischen Eczema marginatum 
und Herpes tonsurans vesiculosus bewiesen, indem er, unab¬ 
hängig von dem durch die Impfung erzeugten Eczema margi¬ 
natum, Herpes tonsurans vesiculosus-Kreise durch Autointec- 
tion zwischen den Haaren der Symphysengegend entste¬ 
hen sah. 

Während also nur kurze Zeit nach der Beschreibung des 
Eczema marginatum durch llebra die mycotische Natur dieser 
Erkrankung bewiesen war, gelang es erst Kral 3 ) (lSstt) in 
unserem Laboratorium den Pilz des Eczema marginatum rein 
darzustellen. 

Er züchtete aus drei Fällen von Eczema marginatum 
unserer Klinik drei verschiedene Pilze, von denen zwei grosse 
Aehnlichkeit mit einander aufwiesen. 

Der erste dieser Pilze verflüssigte die Gelatine nicht, 
wuchs bei Zimmertemperatur sehr mangelhaft und bildete auf 
Kartotfel- und Reisscheiben chromgelbe oder goldgelbe ( 1 n 1 - 
tuien. Der zweite veriliissigt die Gelatine mit ungefähr der 
gleichen Energie wie Achorion, ohne sie zu verfärben, und 
bildet langsam wachsende, von schneewoissen Luftmyeolien be¬ 
deckte flottirende Rasen mit ungefärbter l'nterlliehe. ln 
Agar-Dauerplatten erreicht der mit kurzen dichten, gelbgrauen 
Luftmycelien bedeckte Rasen in 10—12 Tagen einen Durchmesser 
von 20 Mm.; die Unterlläehe ist strohgelb oder schwefelgelb, 
der centrale Theil orangengelb, später roth verfärbt. Auf Hübe 
bildet er schmutziggelbe broiubcerühnlicho, gewellte, Hache Basen. 


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Mannigfaltigk. dur Wacbsthumsforraen der pathog. Schimmelpilze. 


ö 


Der dritte Pilz zeigt in Agar grüngelbe mit staubartigem Luft- 
mycel bedeckte Rasen mit intensiv verfärbter grünlichgelber 
im Centrum bis orangegelber Unterfläche. Auf Rüben wächst 
er ähnlich wie 2., nur haben die Rasen etwas längere und 
grauweisse Luftmycelien. Auf Reis bildet sich in acht Tagen 
ein bräunlichgelber Rasen. 

Meine Untersuchungen erstreckten sich auf zwei Fälle von 
typischem Eczema marginatum an der linken Oberschenkel¬ 
innenfläche im Bereiche jener Partie, welcher das Scrotum an¬ 
liegt. Während in dem ersten Falle der Kranke schon mit 
der vollständig entwickelten Eruption unsere Klinik aufsuchte, 
war ich bei dem zweiten in der Lage, das Krankheitsbild von 
allem Anfänge an beobachten zu können. 

Es entwickelte sich iu diesem Falle unter leichtem Jucken an der 
Stelle des Oberschenkels, welcher der untere lland des Hodensackes an¬ 
liegt, ein stark gorütheter, massig infiltrirter, im Oentrum leicht schup¬ 
pender Herd, der bei genauem Zusehen einen Kranz von kleinsten Knöt¬ 
chen und Bläschen an der Peripherie erkennen Hess. Unter allmäligem 
Vorschreiten dieses immer deutlicheren Saumes kroch der Process gegen 
die 1. Genitocruralfalte hinauf, zog daun über die linke Hodensackhälfte, 
an der schon frülier Köthung und Schuppung bestand, und grenzte sich 
scharf einerseits ungefähr in der Mitte der Pars pendula penis durch 
einen Bläschensaum gegen die normale Haut ab und reichte andererseits 
bis gegen die Mitte des Perineum. 

In den abgekratzteu Schuppen fanden sich langgestreckte 
Fäden und kurze Conidienketten. 

Die Züchtung ergab in beiden Fällen ein übereinstimmen¬ 
des Resultat, indem es mir gelang einen Pilz in Reincultur 
darzustellen, dessen Beschreibung in Folgendem gegeben werden 
soll; derselbe stimmt vollständig überein mit Pilz Ö der von 
Kral gezüchteten. 


Methodik. 

Zur Herstellung der Culturen verwendete ich ausschliess¬ 
lich und mit bestem Erfolge Kräl’s Methode, die Verreibung 
der Schuppen mit steriler Kieselguhr. Auch bei Züchtung von 
Pilzen aus den Haaren hat sie mir, entgegen der Anschauung 
Krösings, 4 ) sehr gute Dienste geleistet und nie versagt. 
Nach Krösing und Sabouraud 5 ) werden durch das 
energische Verreiben die in den Haaren und Schuppen ent- 


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f> Wae] sch. 

haltenen Mycelpartikclchen abgetödtet. Ich kann mich aber 
dieser Ansicht nicht anschliessen, da ja ein sehr energisches 
Verreiben zur mechanischen Trennung gar nicht nnthwendig 
ist, indem durch leises, dafür aber länger dauerndes Ver¬ 
reiben derselbe Zweck erreicht wird. Dabei ist diese Methode, 
die Sabouraud, welcher sie ausführlich beschreibt, sehr 
complicirt erscheint, ungemein einfach und rasch durchführbar; 
sie ist, was Sabouraud selbst zugesteht, genauer (1. c. S. 4f> 
cette methode est plus rigoureuso que n'importe quelle 
autre), und verlangt er auch, dass es gegebenen Falles 
nothwendig sei, die eventuellen, durch andere Methoden ge¬ 
wonnenen Resultate, mit Krühs Methode, die absolut genau, 
zu vergleichen. Auch Rose nbac h‘q kann Sabourauds 
Bedenken gegen die Brauchbarkeit mechanischer Trennungs¬ 
methoden durch isolirtes Auskeimen in erstarrenden Medien 
nicht thcilen. 

Durch die Einfachheit ihrer Ausführung und durch ihre 
grössere Einwurfsfreiheit, unterscheidet sich Kr als Methode 
auch wesentlich von der Krüsing’s. Letzterer lässt aus zer¬ 
stückelten Ilaarstümpfchen den Pilz bis zur makroskopischen 
Sichtbarkeit auswachsen, und trennt dann durch Schütteln 
mit sterilem Wasser die einzelnen Myeelglieder von einander, 
wornach durch angelegte Verdünnungen in erstarrenden Me¬ 
dien die isolirte Entwicklung der l’ilze ermöglicht wird. Diese 
Methode ist entschieden umständlicher, und wird, wenn neben 
dem Filze im oder am Haar noch Schistoinyceten vorhanden 
sind, wohl oft zu keinem Resultate führen. — Kr;il‘s Methode 
trennt durch die grobe, mechanische Zertheilung des pilzhäl- 
tigen Materiales die verhältnissmässig grossen Filzconidien von 
einander, lässt aber die kleinsten Schistomyeetoncolonien bei¬ 
sammen, so dass in der Platte verhältnissmässig wenige (’olo- 
nieu der letzteren aufgehen: bei Krösing's Methode aber 
dürfte durch das Schütteln mit Wasser gerade das Umgekehrte 
eintreten. Auch Roscnbach’s Methode (Abnehmen von Luft- 
mycel der aus dem Krankheitsmaterial gewonnenen Culturen, 
Vertheilung desselben in Wasser, eventuell nach Befeuchtung 
mit etwas Alkohol, Eiltriren, Anlegen von Verdünnungen) ist 
bedeutend umständlicher. 


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Mannigfaltigk. der Wachsthumsformen der patliog. Schimmelpilze. 7 

Am wenigsten einwurfsfrei geht Sabouraud vor, da er 
die Grundbedingung der Heinzüchtung, nämlich das Auswachsen 
des Rasens aus einer Spore, ganz ausser Acht lässt. 

Ausserdem lässt sich gegenüber den drei letzteren Me¬ 
thoden, und ganz besonders der Sabouraud’s vom streng 
bakteriologischen Standpunkte aus einwenden, dass sie die 
eigentlich erste Generation des Pilzes nicht zur Darstellung 
bringen, und dass das Culturbild ihrer ersten, streng genommen 
aber zweiten Generation, schon Veränderungen der Waclisthums- 
form durch später noch zu erörternde Momente erfahren 
haben kann. 

Die durch Kräl’s Methode aus den Schuppen des Eczema 
marginatum gewonnenen, aus einer Spore ausgewachsenen Mycel- 
chen wurden nun auf die verschiedenen Nährböden übertragen. 

Als Nährböden verwendete ich Bouillon, Trauben¬ 
zuckerbouillon, Milch, Gelatine, schräg erstarrtes 
menschliches und thierisches Blutserum, 2 °/ 0 
P e p t o n- G1 y c e r i n- und Z u c k e r - A g a r, B1 u t s e r u m a g a r, 
Kartoffeln, gelbe Rüben, Reis- und Reis-Weizen- 
mehlscheiben (nach Kral), Dotter, Eiweiss. 

Die Culturen wurden mit Ausnahme der auf Gelatine, 
welche bei Zimmertemperatur gehalten wurden, im Brutofen 
hei einer Temperatur von 37°—37 o ü gezüchtet, und zeigten 
hier sehr rasches Wachsthum und charakteristisches Aus¬ 
sehen. 


Charakteristik des Pilzes. 

Das Bild der Culturen auf den verschiedenen Nährböden 
sei nun in Folgendem geschildert: 

In Gelatine, an die Oberfläche derselben übertragen, 
findet zuerst allseits kugeliges Wachsthum statt; nach 8—10 
Tagen Beginn der Verflüssigung. Nach 17 Tagen ist die Ober¬ 
fläche der Gelatine vollständig überzogen von einem Rasen, 
der, von kurzen schneeweissen Luftmycelien bedeckt, an der 
Innenseite des Glases feinste, kurze Mycelverzweigungen, die 
sich moossartig verästeln, hinauf entsendet, und mit denselben 
an der Innenwand derart festhaftet, dass beim Stürzen des 
Röhrchens die unter dem Rasen befindliche verflüssigte Gela- 


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Waelscb. 


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tine nicht ausfliesst. An seiner Unterflache zeigt der Rasen 
gelbliche Farbe, und erscheint dadurch, dass diclrt aneinander¬ 
gelagerte kurze Mycelchen in die verflüssigte Gelatine hinein¬ 
ragen, von einem wolkigen Saume umgehen. Der Rasen selbst 
ist vielfach gefaltet, gebuckelt, oder trichterförmig eingesenkt. 
Die verflüssigte Gelatine setzt sich durch eine horizontale 
Fläche scharf gegen die nicht verflüssigte ab. Der Oberfläche 
der nicht verflüssigten Gelatine liegen feine, gell dich weisse 
Brüekelchen auf. die sich offenbar von dem oberflächlichen 
Rasen abgelöst haben, und ihrerseits wieder feinste Mycel- 
biiscliel nach aufwärts in die verflüssigte Gelatine entsenden. 
Die mikroskopische Untersuchung dieser Brockel ergab neben 
nicht näher ditferenzirbaren Massen isolirte Sporen, aus welchen 
feine Mycelclien auswachsen. 

Durch die Uebertragung derselben auf andere Nährsub¬ 
strate lässt sich wieder der Pilz, aber schon in etwas variirter 
Wachsthumsform, erzielen. In den späteren Generationen 
konnte ich diese bröckeligen Massen an der Oberfläche der nicht 
verflüssigten Gelatine nicht mehr beobachten; sie fehlten auch 
dem Pilze des 2. Falles, der sich sonst ganz gleich verhielt, 
schon von allem Anfänge an. Die verflüssigte Gelatine nimmt 
einen grünlich-gelben, Farbenton an. 

Auf Z u ek e r- G ly ceri n- und gewöhnlichem A gar 
zeigte der Pilz ziemlich übereinstimmende Wachsthumsl'orm. 

Nach einer Woche war ein flacher Rasen von unge¬ 
fähr 10 Mm. Durchmesser entstanden, im Centrum mit einer 
leichten knopfartigen Erhebung versehen, die, stecknadelknopf¬ 
gross, dicht graurosa bestaubt ist. Der übrige Theil des Rasens 
weist gelblich grüne Farbe auf, ist ziemlich stark gramveiss 
bestaubt und umgeben von einem 1—2 Mm. breitem lichten 
Saum, der sich zusammensetzt aus dicht aneinandergelagerten 
Fäden. Gegen das Centrum zu liegen die Fäden viel dichter 
aneinander. Die Unterseite des Centrums ist dunkelbraungelb, 
pei ipherwärts überwiegt die gelbe Nuance, welche gegen die 
Randpartien hin citronengelbe Farbe annimmt. 

Nach 4— tiwöchentlichem Waelisthum hat der Rasen fast 
die ganze Oberfläche des Nährbodens überzogen (die Schilde¬ 
rung der Agar-Culturen bezieht sich ausschliesslich auf in 


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Mannigfaltigk. der Waclisthuiusformen der i'atliog. Schimmelpilze. 


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Kräl’s Plattendosen angelegte Culturen) und einen Durch¬ 
messer von 40—50 Mm. erreicht, und zeigt folgendes Bild: 
Im Centrum die vorherbeschriebene knopfartige Erhebung, stark 
grauweiss bestaubt; um dieselbe ein sehr wenig bestaubter, 

4—5 Mm. breiter Kreis von graubrauner Farbe; jenseits des¬ 
selben bekommt die Cultur dadurch, dass stark bestaubte, grau- 
oder braungelbe mit weniger bestaubten grünlichgelben Kreis¬ 
ringen abwechseln, ein sehr zierliches Aussehen. Auch in durch¬ 
fallendem Lichte zeigt der Rasen concentrische Kreiszeichnung, 
was dadurch zu Stande kommt, dass aus dicht verflochtenen 
Mycelien bestehende, weniger durchscheinende, dunklere, mit 
lockerer verflochtenen, durchscheinenderen, lichten Kreisringen 
abwechseln. Der peripherste Kreisring, der sich bei manchen, 
besonders älteren Culturen durch einen auffallend lichten King 
gegen den übrigen compacteren Rasen absetzt, weist feinste, 
strahleuartige oder moosartige Verzweigungen auf. 

Hat der Rasen die vorbeschriebene Grösse erreicht (in 
den späteren Generationen auch früher), so kommt es an um¬ 
schriebenen Stellen, zumeist in der Nähe des Centrums, seltener 
gegen die Peripherie zu zur Bildung umschriebener Luftmy- 
celien, wodurch schneeweisse, wattaartige, zumeist kreisrunde, 
dem Rasen breit aufsitzende, scharfumschriebene, hohe Luftmy- 
eelrasen entstehen. 

Auf schrägem Agar wird eine Verfärbung des Nährbodens 
in Folge des Pilzwachsthums hervorgerufen, und erhält er einen 
grünlichen Stich. 

Auf schräg erstarrtem menschlichem Blutserum bildet 
sich nach einer Woche ein von zartem, wattaartigem Lui'tmycel 
bedeckter schneeweisser Rasen von ungefähr 8 Mm. Durch¬ 
messer. Der Rasen selbst ist vielfach gefaltet, was besonders 
an seiner gelblichen Unterseite deutlich wird. In der Nachbar¬ 
schaft des Rasens wird das wenig durchscheinende Blutserum 
allmälig aufgehellt, und nimmt unter langsam erfolgender Ver¬ 
flüssigung eine licht bernsteingelbe Farbe an. 

In Milch (mit neutraler Lakmustinctur versetzt): Nach 
8 Tagen erfolgt die Gerinnung ohne Farbenveränderung der 
Lakmustinctur. An der Oberfläche der Milch bildet sich inner¬ 
halb der ersten zwei Wochen ein der Wand des Glases überall 


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W a e 1 s r h. 


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anhaftender, vielfach gebuckelter, oder sich trichterförmig im 
Centrum vertiefender Rasen, von kurzen Luftmycelien bedeckt, 
von grauweisser Farbe, an seiner Unterseite grünlichgelb. Die 
ziemlich klare Molke im durchfallenden Liebte grünlich, die 
ausgefällte Caseinmenge, welche sich langsam setzt, dunkelblau- 
violett. Die Reaction der Milch auch nach der Gerinnung nicht 
verändert. Im weiteren Verlaufe des Wachsthums wuchert der 
Rasen auf kurze Strecken an der Innenwand des Glases hin¬ 
auf und erscheint daselbst schmutzig gelbgrün, die Molke rauch- 
braun, durchscheinend, das Casein tief dunkelblau, mit schwaeh- 
rüthlichem Stich. 

In Bouillon: Nach einer Woche annähernd rundliche 
Cultur von ungefähr 10 Mm. Durchmesser. Bei weiterem raschen 
Wachsthum wird die ganze Bouillon vom Rasen ausgefüllt, der. 
sobald er an die Oberfläche der Flüssigkeit gelangt, einen im 
Flüssigkeitsniveau gelegenen, Hachen Rasen von gelblichgrauer 
Farbe mit mehr weniger starker Bestaubung bildet. Allmiilig 
erreicht dann der Rasen die Wand des Glases, und haftet der¬ 
selben, indem er auf eine kurze Strecke über das Flüssigkeits¬ 
niveau hinauswächst, sehr fest an. An den Randpartien des 
Rasens tritt seine gelblichgrüne Farbe besonders deutlich her¬ 
vor. In dem Masse, als erweiterwächst, beginnt sich das Centrum 
zu erheben, und setzt sich durch eine seichte Furche gegen 
die der Glaswand zunächst gelegenen Theile ab. An umschrie¬ 
benen Stellen der Rasenoberfläehe kommt es in den späteren 
Wachsthumsstadien zu starker Luftmyeelhildung. Die Farbe 
der Bouillon selbst erhält einen grünlichgellten Ton. 

Auf Kartoffel: Nach 40 Tagen hat sich ein Rasen 
von 1Cm. Durchmesser gebildet, der sich kegelstutzförmig 
oder halbkugelig, breit aufsitzend, über das Niveau auf unge¬ 
fähr 7—8 Mm. erhebt, von radiär verlaufenden, oder sich viel¬ 
fach durchkreuzenden und verschlungene Wülste umschliessen- 
den Furchen durchzogen ist. Dadurch erhält die Oberfläche 
der Cultur, besonders an der Basis ein grobhöckeriges Aussehen. 
Andere Kartoffelculturen lassen diese höckerige Oberfläche nicht 
so deutlich hervortreten, da sie besonders an den centralen 
Theilen dicht grauweiss bestaubt sind. Dadurch wird auch die 
schmutziggraubraune Farbe des Rasens, die oft einen grünlichen 


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Mannigfaltigk. der Wachsthumsformen der patbog. Schimmelpilze. 11 


Stich zeigt, mehr weniger stark verdeckt, und tritt nur an der 
spärlich bestaubten Peripherie des Rasens deutlich hervor. Um 
den Rasen herum, in einer Breite von '/ a —®/ 4 Cm. ist die 
Kartoffel schiefergrau oder tiefdunkelbraun verfärbt. Diese Ver¬ 
färbung grenzt sich entweder scharf gegen den Nährboden ab, 
oder geht allmälig in die etwas nachgedunkelte Farbe des 
Nährbodens über. (S. Fig. 11.) 

Auf gelber Rübe: Nach 40 Tagen kreisruude Cultur 
von 1 Cm. Durchmesser, w r elche an der Peripherie einen 2 Mm. 
breiten, stark weiss bestaubten Saum zeigt, von dem aus feine 
Fortsätze verscliieden weit in den Nährboden ausstrahlen. Der 
Rasen hat sonst graubraune Farbe, und ist von seichten, radiä¬ 
ren und queren Furchen durchzogen, sein Centrum erhebt sich 
steil auf 4—5 Mm., zeigt etwas lichtere Farbe, in Folge dichter 
grauweisser Bestaubung. In den späteren Wachsthumsstadien 
kommt es an umschriebenen Stellen zur Bildung hoher Lui't- 
mycelien. 

Auf Reisscheiben (Kral): Nach 20 Tagen flacher Rasen 
von ungefähr 20 Mm. Durchmesser von intensiv citronengelber 
Farbe, der sich nicht scharf vom Nährboden abgrenzen lässt, 
da seine Farbe allmälig in die des Nährbodens übergeht. Der 
Rasen selbst erscheint spärlich feinst bestaubt. 

Bei weiterem Wachsthum wird die weisse Bestaubung 
dichter und deutlicher (manchmal in Form concentrischer Ringe, 
indem stärker und schwächer bestaubte Partien abwechseln), 
so dass die centralen Theile des Rasens sich scharf von der 
citronen- bis goldgelben Peripherie abheben. An umschriebenen 
Stellen kommt es dann zur Bildung hoher, wattaartiger Lutt- 
mycelien. Allmälig nimmt dann der Rasen schmutziggelbbraune 
Farbe an; die hohen Luftmycelien breiten sich mehr und mehr 
aus, so dass dann ein schmutzigweisser, wattaartiger Rasen 
entsteht, der nur an den periphersten Theilen seine ursprüng¬ 
liche gelbe oder gelbbraune Farbe erkennen lässt. 

Ich will aber gleich hier ausdrücklich hervorheben, dass 
das geschilderte Culturbild auf den vorerwähnten Nährböden 
nur den ersten Generationen des Eczema marginatum-Pilzes 
entspricht, indem bei weiteren Ueberimpfungen von den ver- 



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Wae 1 sch. 


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schiedensten Nährböden und auf dieselben, vermöge der grossen 
Variabilität der Wachstbumsform dieses Pilzes, ganz differente 
Culturbilder sich entwickelten. 

Es gelang also durch die Züchtung einen wohl charakterisirten 
Pilz aus den Krankheitsprodueten zu isoliren, welcher mit einem 
der seinerzeit von Ivräl beschriebenen vollständig überein¬ 
stimmt. 

Es wäre nun die Frage zu beantworten, ob wir es hier 
mit einer besonderen Pilzspecies zu thun haben, das heisst mit 
einem nur dem Eczema marginatum zukommenden Krank¬ 
heitserreger, oder aber, um eine Varietät des Trichophyton, 
welches durch später noch zu erörternde Umstände Modirica- 
tionen seiner Wachsthumsform erfahren hat. 

Wollen wir die erste Frage bejahend beantworten, so 
müssen wir in allen Fällen von Eczema marginatum den gleichen 
Pilz finden und reinzüchten können, aber nicht auch bei anders¬ 
artigen vesiculös-circinären Trichophytose», wir müssen ferner 
durch die Impfung mit der Reincultur den gleichen I'roeess 
hervorzurufen im Stande sein, und aus den durch die Impfung 
hervorgerufenen Krankheitsprodueten den gleichen Pilz zuriiek- 
cultiviren können. 

Ich halte nun in zwei Fällen den gleichen Pilz erhalten, 
der identisch ist mit einem der von Kral gefundenen, und 
mit einem zweiten desselben Forschers grosse Aehnlichkeit 
aufweist. Dagegen gelang es mir aber nicht, weder durch Im¬ 
pfung an die Oberschenkelinnenfiäche ein Eczema marginatum, 
noch durch Impfung auf eine andere Ilautpartie einen Herpes 
tonsurans zu erzeugen. 

Weiters haben wir aber noch die Frage zu beantworten, 
ob der gezüchtete Pilz insofern als ein specitischer anzusehen 
ist, als er ausschliesslich dem Eczema marginatum zukommt, 
oder ob wir nicht aus anderen mvcotischen Krankheitsproduc- 
ten denselben, oder einen ihm sehr nahestehenden Pilz zu 
züchten in der Lage sind, der geradezu eine Uebergangsform 
zu den anderen aus den verschiedenen Trichophvtosisformen 
züchtbaren Pilzvarietäten derselben Art darstellt. 

Einen solchen Pilz konnte ich nun bei einem sehr aus¬ 
gebreiteten Herpes tonsurans vesiculosus cireinatns nachweisen, 


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Mannigfaltig]*, der Wachstbumsfonnen der patbog. Schimmelpilze. 13 

wo er sich in den Schuppen in geradezu ungeheuerer Menge 
vorfand. 

Es handelte sich hier um ein drei Monate altes Kind, das am ganzen 
Stamme, übergreifend auf die Extremitäten, eine Anzahl von Bläschen- 
und Schuppenkreisen darbot, die theils concentrisch angeordnet waren, 
theils nahe aneinanderstehend an den Berührungspunkten zu Achter- oder 
unregelmässigen Figuren confluirten. 

Die Erkrankung bestand über eine Woche und hatte sich im An¬ 
schlüsse an eine leichte eczematöse Reizung der Haut entwickelt, die 
unter, dem Kinde wegen eines Bronchialcatarrhs durch längere Zeit appli- 
cirten feuchten Umschlägen entstanden war. 

Die Züchtung des Pilzes wurde auf allen vorerwähnten 
Nährböden unternommen, und ergab, um mich kurz zu fassen, 
einen Pilz, der sich in Bouillon geradeso verhielt, wie der 
Eczema marginatum-Pilz, in Gelatine, wie die späteren Genera¬ 
tionen des Pilzes vom Falle I meiner Eczema marginatum- 
Fälle, sowie Pilz II, auf Agar in derselben Weise auswuchs, 
nur hier, ebensowenig wie in Bouillon und Gelatine, den eigen- 
thümlich grüngelben Farbenton aufwies, wie ihn der Pilz des 
Eczema marginatum constant zeigte, sondern mehr schmutzig 
gelbbraun gefärbt war. Auch die grünliche Verfärbung der 
durchsichtigen flüssigen und starren Nährboden war entweder 
gar nicht vorhanden, oder nur leise angedeutet. Er stimmt also 
mehr weniger vollständig mit Pilz 2 der von Kral bei Eczema 
marginatum gefundenen überein. 

Auch auf Kartoffeln und gelben Rüben zeigten die Culturen 
sehr grosse Aehnlichkeit mit der von Eczema marginatum stam¬ 
menden. Nur waren sie nicht so grobhöckerig und wiesen 
schmutzigbraune Farbe auf, welche durch grauweisse Bestau¬ 
bung mehr weniger gedämpft erschien. Der Farbe der Kartoffel- 
culturen war zumeist eine deutliche dunkelgrüne Nuance bei¬ 
gemischt, der Nährboden in der Nachbarschaft des Rasens war 
ebenfalls tiefbrauu, oder graubraun verfärbt. Bei den Culturen 
auf gelben Rüben kam es, ebenso wie bei denen auf Agar, in 
den späteren Wachstliumsstadien zur umschriebenen Bildung 
hoher, wattaartiger sekneeweisser Luftmycelien. 

Es ist mir also gelungen, aus einem Herpes tonsurans 
vesiculosus, welchem, abgesehen von der fehlenden Localisation 
an sich deckenden Hautflächen, auch die stärkeren Entzündungs¬ 
erscheinungen, wie sie dem Eczema marginatum zukommen, 


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mangelten, einen Pilz zu züchten, welcher dem Eczema margi- 
natum-Pilz sehr ähnlich ist, sich aber von demselben doch 
soweit unterscheidet, dass er geradezu als eine Uebergangs- 
form zu anderen Pilzvarietäten angesehen werden kann, die 
ich bei vom Eczema marginatum klinisch noch differenteren 
Krankheitsbildern reinzüchten konnte. 

Die Vergleichung dieser unter gleichen Bedingungen ge¬ 
züchteten Pilze hat mir gezeigt, dass wir durch (’ultivirung 
der Trichophytonpilze verschiedener Abstammung eine Stufen¬ 
leiter von Culturbildern erhalten können, in deren Verfolgung 
wir sehr differente Wachsthumsformen in ungezwungene Ver¬ 
bindung bringen können, Wachsthumsformen, deren Eigenthiim- 
lichkeiten scheinbar zur strengen Trennung der Pilze in mehrere 
Unterarten berechtigt hätten. 

Es ist aber das Ergebniss der Züchtung dieses Pilzes 
aus der Affeetion des Kindes auch deswegen von besonderem 
Interesse, weil es uns gleichzeitig einen Fingerzeig gibt, in 
welcher Weise wir die Differenzen der Culturbilder bei Eczema 
marginatum und den anderen Formen des Herpes tonsurans 
vesiculosus erklären könnten. 

Die zarte Haut des Kindes wurde durch lange fortge¬ 
setzte feuchte Einpackungen, wenn auch in nicht sehr hohem 
Grade, eczematös. es wurden also Bedingungen geschaffen, wie 
wir sie nach Pick für das Zustandekommen des Eczema margi¬ 
natum in Folge der Deckung zweier Ilauttliichen kennen gelernt 
haben. Und der, auf einem so veränderten Nährboden ge¬ 
wachsene Pilz erwies sich bei der Züchtung dem des Eczema 
marginatum sehr ähnlich. 

1 c h g 1 a u b e d a h e r n i c h t z u w eit zu geh e n. w e n n 
ich vermuthe, dass, ebenso wie das Eczema margi- 
n a t u m, n a c h P i c k, e i n II e r p e s tons u r a ns v e s i e ulosus 
sei, v a r i i r t d u r c h d i e E r s c h e i n u n g c n eines gl e i c h- 
zeitigen Eczema intertrigo. auch der die Krank¬ 
heit erregende Trichophitonpilz bei seinem Wach s- 
t li u in a u f d e r a r t v e r ä n d e r t e r II a u t v a r i i r t we r d e, 
so dass er ein von dem gewöhnlichen versc h Je¬ 
de n e s \\ a c h s t h u m zeigt e. 


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Mannigfaltig!*, der Wachstkumsfbrrnen der palbog. Schimmelpilze. 1 5 


Cultureller Pleomorphismus. 

Es fragt sich nun, was sich zur Stütze dieser Vermuthung 
ins Feld führen lässt, und ob wir vielleicht im Stande sind, 
durch das Experiment den Nachweis zu liefern, dass thatsäch- 
lich eine solche Wandelbarkeit, die Möglichkeit einer Varia¬ 
tion der Pilzwachsthumsform besteht. Es ist das unbestreit¬ 
bare Verdienst Marianelli’s 7 ) und ganz besonders Kräl’s 8 ) 
auf diesen „culturellen“ Pleomorphismus aufmerksam gemacht 
zu haben. 

Es ist mir nun geglückt, durch die Impfung von Mensch 
zu Mensch eine wohlcharakterisirte Trichopliytonform zu variiren. 

Ich erzeugte mit der Reincultur des Pilzes einer Haar¬ 
trichophytie, deren genauer Beschreibung mich die Zeichnung 
— Fig. 1 — überhebt, am Vorderarm eines Lupösen mit 
ziemlich trockener und spröder Haut einen typischen Tonsurans¬ 
kreis. Aus den Schuppen dieser Affection züchtete ich einen 
Pilz, der sich von der Stammcultur wesentlich unterschied und 
dessen genaue Beschreibung ich mir umso leichter ersparen 
zu können glaube, da die wesentliche Wachsthumsdifferenz 
bei Betrachtung seiner Abbildung (Fig. 2) in die Augen springt. 
(Auf die mikroskopischen Differenzen will ich später noch 
zurückkommen.) Dabei bestand diese Waclisthumsverschieden- 
heit nicht nur auf Agar, sondern auf allen anderen künstlichen 
Nährböden, die ich verwendete. — Durch diese Impfung wurde 
nun eine Variirung des Pilzwachsthums herbeigeführt, gleich¬ 
zeitig aber auch eine geringere Beständigkeit der Wachsthums¬ 
form, eine grössere Labilität derselben, was die weitere Züch¬ 
tung des aus den Impfherden gewonnenen Pilzes ergab, indem 
die, auf den gleichen Nährböden und unter sonst gleichen Be¬ 
dingungen gezüchteten späteren Generationen sich wieder 
wesentlich von ihrer Muttercultur, sowie der zur Impfung ver¬ 
wendeten Cultur unterschieden. (S. Fig. 2, 3.) 

Ich möchte aber hier gleich hervorheben, dass nicht allen 
Pilzen die Eigenschalt zuzukommen scheint, ihr Wachsthum 
durch Impfungen variiren zu lassen. 

So erzielte ich durch Impfung mit einem aus den Haaren 
einer Sycosis parasitaria gewonnenen Trychophyton auf den 
anderen Arm desselben Lupösen ebenfalls eine mit Bläschen- 


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und Pustelbildung, starker Schuppung einhergehemle Entzündung 
der Haut, aus deren Schuppen ich wieder denselben, wohl- 
charakterisirten Pilz erhielt. Es scheint demnach, worauf ich 
später noch zuriiekkommen will, variable und wachs¬ 
thumsbeständigere Pilze zu geben. 

Worauf aber diese Variabilität und Variation der Wachs- 
thumsform der Pilze beruht, entzieht sich, was die letztere 
betrifft, vollständig unserer Beobachtung; es erscheint jedoch 
nicht ausgeschlossen, dass die individuell verschiedene Durch¬ 
feuchtung und Einfettung der Haut, welche ihrerseits wieder be¬ 
dingt ist durch die verschieden starke Sehweiss- und Talgsecretion. 
und noch andere Umstände mehr, als Ursachen für diese Ver¬ 
änderung der Wachsthumsform durch das Impfexperiment 
herangezogen werden können. 

Auch hier ergibt uns die Züchtung auf den künstlichen 
Nährböden Analogieschlüsse. Es kommen hier mehrere Mo¬ 
mente in Betracht, auf welche schon von anderer Seite (Kral, 
Mariane Ui, Sabouraud) hingewiesen wurde, wie der Was- 
serreichtlmm des Nährbodens, sein Salz-, Eiweiss- und Kohle¬ 
hydratgehalt, seine Keaction u. s. w. 

Ich war besonders durch V e r w e n düng w assora r m e r 
Nährböden in den Stand gesetzt. Variationen der Wachs¬ 
thumsform meiner Pilze zu erzielen. Ich verwendete dazu einen 
Peptonagar, der lange Zeit an unserer Klinik unbeniitzt ge¬ 
standen und stark eingetrocknet war. — Wahrend auf frisch 
bereitetem, wasserreichem Agar die Culturen des Eczema 
marginat.-Pilzes das früher geschilderte Aussehen zeigten, fanden 
sich auf dem trockenen Agar sich charakteristisch vielfach moos- 
artig verästelnde, wenig bestaubte Basem von gelblicher Farbe, 
die im Centruin eine knopfartige, gelbliche oder stark weiss 
bestaubte Erhebung aufwiesen, eine Wachst hu insform, deren 
Eigentümlichkeiten Fig. H wiedergibt. 

Auch die später noch zu beschreihenden LuftmycUrasen 
erscheinen auf dem trockenen Nährboden nicht glatt, sondern 
vielfach gefaltet, was besonders an der Unterseite deutlich 
wird. (iS. Fig. 7.) 

Das aus den Schuppen bei der circinärcn AtVcction des 
Kindes gezüchtete und dem Eczema marginatum-Piiz sehr nahe- 


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Mannigfaltigk. der Waclistliurasformen der puthog. Schimmelpilze. 1 ^ 


stehende Trichophyton bildet auf diesem Nährboden einen 
vielfach gefalteten und gebuckelten, unregelmässig begrenzten, 
gelbbraunröthlichen dichten Rasen, der im Centrum eine geringe 
Erhebung aufweist, und sich scharf absetzt gegen die locker¬ 
verflochtene Peripherie, welche sich in moosartige Verzweigungen 
auflöst. (S. Fig. 9.) 

Jedoch auch noch in anderer Beziehung erscheint mil¬ 
der Wassergehalt des Nährhodens von besonderer Wichtigkeit 
für das Aussehen der Culturen. Die Rasen des Trichophyton 
zeigen nämlich unter Umständen ein rosa- bis braunrothes oder 
violettes, manchmal fast schwarzes Pigment. Dasselbe geht, wie 
es auch Kral erwähnt, bei der Weiterzüchtung des Pilzes 
allinälig verloren, und der Rasen zeigt daun ein mehr weniger 
reinweisses, lederartiges, glattes Aussehen. 

Ich war aber bei Culturen, welche von einer rothen Stamm- 
cultur herrührten, im Stande, das Pigment wie der sichtha r 
zu machen, wenn ich den Pilz schlechten Lebensbedingungen 
aussetzte, wenn ich ihn austrocknen liess. So z. B. wurde der 
Theil des Rasens einer ursprünglich gelhlichweissen schrägen 
Blutserumcultur allmälig roth, welcher sich auf der am stärksten 
und frühesten austrocknenden Spitze des Nährbodens entwickelt 
hatte, und schritt diese Rothfärbung langsam nach abwärts, 
während die tiefer gelegenen Culturen weiss blichen; so wurde 
der gelbliehweisse Rasen einer verflüssigten Gelatinecultur roth, 
wenn ich ihn heraushob, und an den Band des Glases legte, 
so zwar, dass seine unteren Partien noch in die Nährflüssigkeit 
eintauchten. Dabei begann die Rothfärbung in den obersten 
Theilen und ergriff allmälig den ganzen Rasen bis auf die dem 
Flüssigkeitsniveau zunächst oder noch unter demselben gelegenen 
Partien, welche ihre gelbliehweisse Farbe beibehielten. Der Rasen 
wurde dann zwar noch ernährt, aber sehr mangelhaft und 
wuchs langsam weiter. Konnte ich also nun willkürlich den 
weisseu, in früheren Generationen aber rothen Pilz, diesen 
Farbstoff wieder produciren lassen, so war ich andererseits 
aber auch wieder in der Lage, den einmal gebildeten Farbstoff 
wieder zum Verschwinden zu bringen. So wuchsen der Platte 
entnommene kleine Culturen, welche deutlich rothes Pigment 
producirten, auf wasserreichen Nährboden (Agar) übertragen, 

Archiv f. Dermatol. u. Syphil. Bami XXXVII. 2 


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als weisse Rasen aus, welche in (lein Masse, als der Nahrhoden 
langsam austrocknete, allmälig wieder roth wurden. So verlor 
der durch Herausheben aus der Nährflüssigkeit rothgewordenc 
Pilz den Farbstoff wieder, wenn er neuerdings in die Flüssig¬ 
keit zurückgestossen wurde. — Auf dieses eigentlüimliche 
Vermögen weisser Pilze, rothon Farbstoff zu bilden, hat Win- 
ternitz 5 ') aufmerksam gemacht, und diese Farhstoflbildung 
als vom reichlichen Luftzutritt (Sauerstoff) abhängig bezeichnet. 
Ich kann mich aber dieser Ansicht nicht anschliessen, nachdem 
ja die späteren weissen Generationen einer ursprünglichen rothen 
Cultur dem Sauerstoff der Luit auf Agar, Kartoffeln u. s. w. 
gerade so ausgesetzt sind, wie die ersten Generationen, aber 
trotzdem bei der Weiterzüchtung ihr Pigment mehr weniger 
rasch verlieren. Fs hat mir auch die Züchtung derartiger 
weisser, von rothen herstammenden Culturen unter reinem 0 
ein negatives Resultat geliefert. 

Der Verlust des Pigmentes bei den weiteren Züchtungen 
geschieht nun in vielen Fällen in ganz charakteristischer Weise. 
Während die ersten Generationen einen rothen Rasen zeigen, 
umgeben von einem mehr weniger breiten Strahlenkranz gelb- 
lichweisser, dicht aneinander gelagerter Mycelien, wird bei den 
späteren Generationen der centrale rothe Tlieil immer blässer 
und zumeist auch kleiner, während die weisse und weissbleibende 
Peripherie sich immer mehr verbreitert, l'eberimpft man von dem 
erstcren, so erhält man fast immer eine rothe, wenn auch viel 
blässere Cultur, wenn von der letzteren einen weissen Rasen. 
Auf Kartoffeln und gelben Rüben bilden sich innerhalb des 
verschieden nuancirten rothen Rasens central gelegene, gclblieh- 
weisse, knopfartige Krhebungen, welche nach ihrer Feberimpfung 
wieder weisse Culturen ergeben. Auf Agar bilden sich diese 
centralen Knöpfe von weisser Farbe nur in seltenen Fällen. 

Zur Ilervorrufung des Pigmentes haben sich mir als be¬ 
sonders günstig stärkereiche Nährböden erwiesen. Ich konnte 
so das Pigment bei Culturen, welche auf Agar pigmentlos wuchsen, 
erzielen, wenn ich sie auf Kartoffeln. Reisscheiben nach Kral 
oder Reis-Weizen meldscheiben züchtete. 

Weiters will ich noch erwähnen, dass die durch starke 
Pigmentbildung ausgezeichneten Trichophytonpilze fast aus- 


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Mannijjlaltiifk. d< r Wachstbumsformen der puthog. Schimmelpilze. 19 


schliesslich aus den Haaren von Trichophytia capillitii-Fällen 
gezüchtet wurden. 

Wir können aber noch auf andere Weise Veränderungen 
der Wachsthumsform der Pilze erzielen, welche sich zwar alle 
von mir daraufhin untersuchten Pilze, aber in verschieden 
hohem Grade unterworfen zeigten, was wieder darauf zu 
beruhen scheint, dass es, wie früher erwähnt, wachsthums¬ 
beständigere und variirbare Pilze gibt; letztere sind solche, 
welche sowohl bei der Impfung, als auch bei der Züchtung 
exquisit pleomorph sind. 

Die Wachsthumsbeständigkeit kann nun einem Pilze über¬ 
haupt zukommen, oder einem ursprünglich variirbaren l’ilze 
durch die künstliche Züchtung mitgetheilt werden. — Die 
erstere Form der Wachsthumsbeständigkeit dürfte dann bestehen, 
wenn der Pilz in mehreren Generationen auf demselben Wirtlie 
oder derselben Localität des Wirthes, kurz unter denselben 
Lebensbedingungen gewachsen war. So fanden wir bei Tricho¬ 
phytia capillitii, welche zumeist durch Ansteckung von Kopf 
zu Kopf auf dem Wege unreiner Bürsten und Kämme entsteht, 
eine Spielart von Trichophyton, welche bis auf manchmal vor¬ 
handene geringfügige Differenzen ganz gleichartige Wachsthums¬ 
form zeigte; so fanden wir bei Ilerpes tonsurans vesiculosus, 
dessen Entstehung sich auf Infection vom Kopfe eines anderen 
Individuums zurückführen liess, trotz der veränderten Localität 
der Pilzentwicklung zumeist dieselbe Pilzform. 

Es erklärt dieser Umstand, dass wir aus kli¬ 
nisch gleichartigen aber auch klinisch differen¬ 
ten Processen dieselbe Pilz Varietät zu züchten in 
der Lage sind. 

Diese Constanz der Wachsthumsform kommt entweder 
dem ganzen Rasen zu, oder aber, was von ganz besonderem 
Interesse ist, nur einem Theile desselben. Es verhalten sich 
nämlich die einzelnen, verschiedenen Theile eines und des¬ 
selben Rasens mancher Pilze bei der Weiterzüchtung nicht 
gleichartig. 

So konnte ich bei meinen Eczema marginatum-Culturen in 
den späteren Wachsthumsstadien, oft erst in der 5.—ß. Woche 
das Auftreten hoher, wattaartiger Luftmvcelien an umschrie- 

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benen Stellen beobachten, deren selmeeweisse Rasen, besonders 
auf Agar, sich sehr effectvoll von der gelbgriinen Unterlage 
der übrigen Cultur abhoben. (S. Fig. 5, (>.) 

Ich habe das Auftreten dieser Luftmycelien im Anfänge 
des Wachsthums meiner Culturen nie beobachtet, vielmehr 
entsendet der Pilz erst dann, wenn der Nährboden sich schon 
zu erschöpfen begann, was auch Winternitz hervorhebt, die 
in Sauerstoff reicher Atmosphäre besonders gut gedeihenden 
Luftmycelien in die Höhe. Dass thatsächlich diese Luftmycelien 
ein hohes Sauerstoffbediirfniss haben, konnte ich dadurch 
beweisen, dass ich sie einerseits in sehr 0 reicher, andererseits 
in sehr C<J t > reicher Atmosphäre züchtete. In den ersteren 
Röhrchen fand sich ungemein üppiges Wadisthum, in den 
letzteren keine Spur desselben. 

Diese Luftmycelien zeigten nun bei ihrer Uebepmpfiing 
auf die gebräuchlichen Nährböden Wachst hum>besonderl lei teil, 
die ich mit dem Namen einer specitischen Wachstlmmslbrm 
(N\achsthumsbestiindigkeit) und Waclisthumsenergie bezeichnen 
möchte. 

Ueberträgt man nämlich ausschliesslich diese hohen Luft- 
inycelien auf die gebräuchlichen Nährböden, so erhält man auf 
denselben glatte, selmeeweisse. wattaartige Luftmycelrasmi. die 
sich scharf vom Nährboden abgrenzen und an der Peripherie 
bäufig concentiiscbe Ringbildung erkennen lassen. Man ist dann 
bei der Weiterziiehtung nicht mehr im Stande jene NN ;u li^thiuns- 
form des Pilzrasens zu erzielen, innerhalb weldier sidi die 
Luftmycelien in den späterem Stadien des Wachst bums cut- 
wickeltcn; man erhält z. B. auf Agar nie mehr griiulidigelbo 
Rasen aus im Agar weiter wachsenden Mycelelien, wie wir sie 
früher als charakteristisch beschrieben, sondern immer nur 
wieder Luftmycelrasen. 

In den flüssigen Nährböden bildet sich in kurzer /eit ein 
die ganze Oberfläche überziehender flottirender, von dichten, 
schnoewoisseii Luftmycelien bedeckter Rasen. Sinkt das über¬ 
tragene Partikelchen unter, so wächst cs in der Flüssigkeit, wie 
andersartige Mycclien, zu kugeligen Uultuivn aus; sobald aber 
der Rasen die Oberfläche des Nährbodens erreicht hat. bildet, 
er rasch einen von hoben Luftmycelien bedeckten Rasen. Lben- 


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Mannigfiiltigk. der Wuehstlnunsforinen der patliog. Schimiirdpilze. 21 


solche Rasen entstehen auch an der Oberfläche der Gelatine, 
unter rascher Verflüssigung der letzteren. Ueberträgt man Luft- 
mycelpartikelchen an die Oberfläche der Gelatine, und schichtet 
dann den Inhalt eines zweiten Röhrchens darüber, so erfolgt 
langsames Wachsthum der Mycelchen gegen die freie Ober¬ 
fläche zu. Dieselbe sinkt allmälig ein, und wird der noch zu 
durchwachsende Raum zwischen ihr und den in die Höhe stre¬ 
benden Mycelchen dadurch immer kleiner, ohne dass die Gelatine 
verflüssigt würde. Ist endlich die freie Oberfläche erreicht, so 
bildet sich in kurzer Zeit unter sehr rascher Verflüssigung der 
durchwachsenen Gelatinepartien ein flottirender, schneeweisser, 
von hohen Luftmycelien bedeckter Rasen. — Während nun auf 
allen Nährböden, wie Agar, gelber Rübe, Reisscheiben. Dotter, 
Eiweiss die übertragenen Luftmycelien wieder als solche aus- 
wachsen, konnte ich nach ihrer (Jebertragung auf Kartoffeln 
keine derarligen Rasen erzielen. Es entstanden hier vielmehr 
mehr weniger über das Niveau erhabene, kegelstutzförmige oder 
halbkugelige Rasen, die, breit aufsitzend, von sich vielfach 
durchkreuzenden Furchen durchzogen waren, so dass eine grob¬ 
höckerige Form zu Stande kommt. Sie sind von gelblichweisser 
Farbe, stark gelblich weiss oder schneeweiss bestaubt, oder 
entbehren dieser Bestaubung mehr weniger vollständig. Der 
Nährboden in der Nachbarschaft des Rasens ist 
nicht verfärbt. 

Die Uebertragung kleiner Brückel dieser Kartoffelculturen 
auf jene vorerwähnten Nährböden, auf welchen die Luftmycelien 
wieder als solche ausgewachsen waren, ergab wieder constant 
das Auftreten von Luftmycelrasen. Nur die Kartofl'elcultur zeigte 
wieder das charakteristische differirende Aussehen, und hat 
dasselbe bei der Weiterzüchtung in allen Generationen bewahrt, 
ebenso wie die Fähigkeit, bei Abimpfung auf die anderen Nähr¬ 
böden wieder nur Luftmycelien zu bilden. Und wenn ich auch 
in vielen Generationen hintereinander ausschliesslich auf Kar¬ 
toffeln weiterzüchtete, in der Hoffnung, dadurch bei nachheriger 
Weiterimpfung ein mit dem Wachsthum auf Kartoffeln über¬ 
einstimmendes Culturbild auf den anderen Nährböden zu er¬ 
zielen, so erhielt ich dann doch immer ausschliesslich Luft- 
mycclrasen. 


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Die Ursache dieses eigenthümlichen Verhaltens der Lui’t- 
mycelien meiner Pilze konnte ich nicht eruiren: sie ist umso 
merkwürdiger, nachdem ich seihst schon Luftmycelculturen von 
Trichophyton anderer Provenienz auf Kartoffel gezüchtet habe, 
und derartige Culturen auch von Krösing und Kosenhach 
beschrieben werden. 

Gegenüber diesen Luftmycelien zeigen die in Agar weiter 
wachsenden Mycelchen, die ich kurz als Agarmycel bezeichnen 
will, aut den verschiedensten, aber gleichartigen Nährböden und 
unter später noch zu erörternden Bedingungen ziemlich gleich¬ 
artiges Wachsthum. Ich konnte* durch Uebertragung derselben 
wieder jene Formen des Pilxwachsthums erzielen, welche in der 
Stammcultur beobachtet wurden. Auch hier kommt es dann 
nach einiger Zeit wieder zur umschriebenen Luitmycelbildung. 

In manchen Fällen bekam ich aber auch bei der Ueber¬ 
tragung der Agarmycelien charakteristische Uui’tmvcelrasen, was 
dann der Fall war, wenn ich stärker bestaubte Agarmycelien 
übertragen batte; in wieder anderen Fällen entwickelten sich 
charakteristische grüngelbe Basen, welche aber schon sehr früh¬ 
zeitig Luftmycel auftreten Hessen, das dann vermöge* seiner 
grossen Wachsthumsenergie* in kurzer Ze*it den ganzen Base n 
überwucherte, und so wieder schneeweisse. wattaartige Uulturen 
entstehen lie*ss. 

Haben wir nun in Vorstehendem jene Wachstlium>l>o*tän- 
digkeit der Pilze erörtert, we*lcbe ihnen von allem Anfänge an 
überhaupt zukommt, so wollen wir uns in folgendem mit der 
Wachsthumsbeständigkeit d<*r Pilze in ihrer künstlich variirten 
Wachsthumsform beschäftigen. 

Die letztere können wir daraus erschlossen, dass wir durch 
lange fortgesetzte Züchtung auf einem Nährboden, auf welchem 
der Pilz eine charakteristische Culturfonu angenommen bat, 
bewirken können, dass er auf einem andersartigen Nährboden 
in der gleichen Form auswächst, welche er auf dem früheren 
Nährboden gezeigt hat. 

In seiner Arbeit „Leber den Pleomorphisinus pathogener 
Ilyphomyceten“ hat lvräl auf den Fintluss des Nährbodens 
und des Alters der zur Weiterimpfling verwendeten Uultur auf 
das spätere Wachsthumsbild aufmerksam gemacht. Ich mu^s 


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Mannigfaitigk. der WaelistkuLusformeu der patliog. Schimmelpilze. 21> 


gegenüber Krösing, der Krdl's Untersuchungsergebnisse nicht 
bestätigen konnte, hier betonen, dass ich bei meinen Experi¬ 
menten zu denselben Resultaten kam wie Kral. 

Am Grazer Dermatologencongresse konnte ich eine Acho- 
rioncultur auf Glycerin-Agar demonstriren, die von einer fast 
ein Jahr alten ßlutserumcultur herstammte. Dieselbe zeigte 
eine Wachsthumsform, die sich von dein auf Agar gewöhn¬ 
lichen Wachsthum wesentlich unterschied, und fast vollständig 
das für Blutserum charakteristische Wachstlmm imitirte. 

Ebenso zeigte ich Culturen des aus Eczema marginatum 
gezüchteten Pilzes auf Agar, welche von Gelatineculturen her¬ 
stammten, und auf ersterem Nährboden gefaltete runde Rasen 
bildeten, wie man sie auf Gelatine entstehen sieht. 

Andererseits wird aber auch die spätere Wachsthumsform 
eines Pilzes durch den Nährboden, auf welchem er bisher 
gewachsen, in der Weise beeinflusst, dass er nun, nach seiner 
Uebertragung auf einen andersartigen Nährboden, in ganz 
unberechenbarer, von der, für das letztere Nährsubstrat ge¬ 
wohnten ganz abweichenden Weise auswächst, dass aber dann 
immer wieder bei vorheriger Verwendung des gleichen, das 
spätere Culturbild variirenden Nährbodens, die gleiche Wachs¬ 
thumsvariation sich beobachten lässt. 

Ich hatte am Grazer Congresse die Ehre auch derartige 
Culturen des Eczema marginatum-Pilzes zu demonstriren. Ueber- 
impfte ich nämlich von Agar auf Kartoffel oder gelbe Rübe, 
liess dann den Pilz längere Zeit auf diesem Nährboden aus- 
wachsen, und impfte ich dann wieder auf Agar zurück, so 
erhielt ich constant Wachsthumsformen, die an und für sich 
charakteristisch, sich wesentlich unterschieden von dem auf 
Kartoffel oder gelber Rübe gewöhnlichen, aber auch von dem 
vorher auf Agar beobachteten Wachsthum. Es wiesen diese 
Culturen ein Bild auf, das Fig. 0 zeigt. Der Pilz bildet 
dann runde flache Rasen, welchen das grüngelbe Pigment 
vollständig fehlt, und die nur noch im Centrum ihrer Unter- 
tläche eine Andeutung von Gelbfärbung erkennen lassen. Au 
der Oberfläche ist der Rasen feinst weiss bestaubt, und folgt 
die Bestaubung nur den gröberen, im Centrum dicht verfloch¬ 
tenen, an der Peripherie lockerer und radiär sich ausbreitenden 


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Mycelverzweigungen. Aeltere Culturen lassen dann an ihrer 
Oberfläche umschriebene hohe Luftmycelrasen entstehen. 

Diese durch die künstliche Züchtung erst erworbene 
Wachstliumsform behält der Pilz eventuell noch durch mehrere 
Generationen bei, wie mir von Kartoffeln und gelben Hüben 
stammende Culturen auf Agar bewiesen haben, die in eh r 2. 
und 3. Generation doch noch immer das oben beschriebene 
Culturbild zeigten. 

Es kann also die Wachstliumsform eines Pilzes durch 
länger dauernde Züchtung auf verschiedenartigen natürlichen 
oder künstlichen Nährböden in verschiedenartiger Weise variirt 
werden, und so eine Wachstliumsform zu Stande kommen, die 
er auch in späteren Generationen festhält, so zu sagen vererbt 
(wachsthumsbeständigere Varietät), oder aber allmälig wieder 
verliert (variable Varietät). 

Es erscheint demnach sehr wahrscheinlich, dass der Pilz 
des Eczema marginatum thatsächlich ein in seiner Wachsthums- 
form variirtes Trichophyton darstellt, und demnach kein Anlass 
vorliegt, ihn als eine besondere Pilz^pecies anzusehen. 

Die Mannigfaltigkeit seiner Wachsthumsformen und deren 
leichte Veränderlichkeit durch äussere Momente lassen ihn als 
eine variable Trichophytonvarietät erkennen. 

Wir wollen nun noch erörtern, ob wir auf Grund der 
künstlichen Züchtung der Pilze auf den verschiedenen Nähr¬ 
böden berechtigt sind, Artunterschiede in der grossen Gruppe 
„Trichophyton* aufzustellen, und vor Allein, ob wir es bei den 
aus den verschiedenen Krankheitsproducten gezüchteten Pilzen 
mit verschiedenen Arten oder nur mit Varietäten eines und 
desselben Pilzes zu tliun haben. 

Wollen wir mit Berechtigung Arten aufge¬ 
stellt wissen, so müssen wirConstanz des Vorkommens der¬ 
selben Art bei derselben Krankheitsform der Trichophytosis 
fordern, wir müssen ferner unter sonst gleichen Bedingungen 
aus den gleichartigen Krankheitsproducten denselben, in seinem 
Wachsthum constanten und auch constant bleibenden Pilz zu 
züchten in der Lage sein, und müssen endlich mit diesem Pilz 
dieselbe Krankheitsform und nicht auch vielleicht eine durch 
eine andere Art hervorgerufene zu erzeugen im Stande sein. 


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Mannigfaltigk. der Waclistliumsforinen der pathog. Schimmelpilze. 25 


Vermögen wir dies aber nicht, finden wir bei kli¬ 
nisch gleichen Processen verschiedene, und umgekelirt bei klinisch 
verschiedenen Formen von Trichophytosis denselben Pilz, wie 
es Sabouraud, Rosenbach und Krösing ergangen, sind 
wir ferner im Stande die für eine Art charakteristische Wachs¬ 
thumsform in eine andere, angeblich ebenso charakteri¬ 
stische zu überführen, und können wir endlich mit einem 
bestimmten Pilz, z. B. von Trichophytia capillitii, einem 
typischen Sahouraud’schen Endothrix einen Herpes ton- 
surans vesiculosus erzeugen, bei dem sich der Pilz nur ausser¬ 
halb der Haare vorfindet, wie es mir gelungen, so können 
wir nicht von verschiedenen Arten sprechen. 

Wir sind dann nur berechtigt, Varietäten anzunehmen, 
deren Unterscheidungsmerkmale von den anderen Individuen 
derselben Gruppe sich bei der Weiterzüchtung nicht erhalten. 
Dass wir diese Merkmale nicht heranziehen können zur Unter¬ 
scheidung der Pilze ergibt sich auch schon daraus, dass wir 
einen und denselben Pilz durch die künstliche Züchtung mit 
diesen, von den Autoren als charakteristisch angesehenen Merk¬ 
malen ausstatten können (s. die folgende Besprechung der Unter¬ 
suchungsergebnisse Sabouraud’SjRosenbach’sundKrösing's). 

Das einzige, was wir noch mit Berechtigung vertreten 
können, ist, dass wir wachsthumsbeständigerc den variablen 
Pilzen gegenüberstellen, dabei aber immer noch im Auge 
behalten, dass wir es auch bei den ersteren noch mit Varie¬ 
täten zu thun haben, deren unterscheidende Charaktere einer¬ 
seits nicht sehr tiefgreifend sind, andererseits sich noch nicht 
so gefestigt haben, dass wir sie zur Trennung in Arten ver¬ 
wenden könnten. 

Ob es überhaupt „Arten“ von Trichophyton im botani¬ 
schen Sinne gibt, erscheint auch Krösing sehr fraglich. 
Leider unterlässt dieser Autor an anderen Stellen seiner Arbeit 
die strenge Trennung zwischen „Art“ und „Varietät“, indem 
er von „verschiedenen Arten, respective Varietäten“ und an 
einem anderen Orte von „Arten oder besser Varietäten“ spricht. 

Auch Sabouraud scheint diese beiden Begriffe nicht 
strenge zu trennen, indem er (1. c. p. 31) sagt: „Enfin il 
existe dans la meme groupe des especes ou varietes“. 


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Wollen diese Autoren ihre verschiedenen Pilzformen als 
„Arten“ angesehen wissen, so ist dies, wie wir später noch 
sehen werden, nicht berechtigt; sollen es aber „Varietäten“ 
eines und desselben Pilzes sein, so ist die von ihnen beobachtete 
Zahl viel zu gering, denn wie Kral treffend hervorhebt, sind 
„die durch die saprophytische Anpassung bewirkten culturellen 
und morphologischen Verschiedenheiten des Pilzes ebenso 
zahllos, wie die mögliche Variabilität der snprophytischen 
Lebensbedingungen, unter welche man die Entwickelung des 
Pilzes zu setzen im Stande ist“, d. h. wir können bei der 
künstlichen Züchtung soviel Varietäten von Trichophytonpilzen 
erzeugen, als wir gerade wollen. 

Und sehen wir auch ganz davon ab, ob wir auf Grund 
obiger Erwägungen überhaupt berechtigt sind, verschiedene 
Arten zu unterscheiden, so ergibt sich die Unhaltbarkeit der 
Trennung in Unterarten beim Trichophyton aus folgenden 
Ueberlegungen. 

Wir haben im Vorstehenden gezeigt, wie labil die Wachs¬ 
thumsform der Pilze ist, und wie sie abhängt von den zur 
Züchtung verwendeten Nährböden. Constante Wachsthumsformen 
lassen sich unter sonst gleichen Umständen (abgesehen von 
dem früher auseinandergesetzten Einfluss des Nährbodens, auf 
welchem der Pilz bisher gewachsen war) nur durch Züchtung 
des Pilzes auf chemisch constauten Nährböden erzielen. 

Haben nun die Autoren, welche auf Grund der künstlichen 
Züchtung Artunterschiede aufstellen, auch chemisch constante 
Nährböden verwendet ? 

Kr ö sing nennt Sabouraud's Nährböden chemisch 
ebenso inconstnnt, wie diejenigen, welche Letzterer als chemisch 
inconstant verwirft. Denselben Einwand kann ich Krösing 
gegenüber bezüglich der von ihm als besonders zur Differen- 
zirung der Pilze verwendbaren Kartoffel machen. Es ist nämlich 
die Menge des Hauptbestandtheiles der Kartoffel, V) des Stärke¬ 
mehls, sehr variabel je nach der Varietät, Art der Cultur, 

’) Ich entnehme die folgenden Daten dem „Handbuch der Spiritus¬ 
fabrikation“ von Dr. Max Maercker. Herlin 1SS0 bei Wiegandt, 
Hempel tV I’arey. 


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I 



Mannigfaltig]*, der Wachsthumsformen der patliog. Schimmelpilze. 2 7 


Düngung und Klima. Ei- schwankt bei verschiedenen Sorten, 
auch derselben Ernte, von 9—25%; bei Kartoffeln derselben 
Sorte ist er abhängig von der Grösse derselben. Ebenso unter¬ 
liegen auch die N-hältigen Bestandtheile, sowie die in den 
Kartoffeln enthaltenen Mineralstoffe grossen Schwankungen, und 
ist endlich auch ihr Wassergehalt ein sehr verschiedener. 

Ausserdem erleiden die Kartoffeln beim Autbewahren 
einen sehr erheblichen Wasserverlust, und werden dadurch 
relativ an Trockensubstanz und entsprechend auch an Stärke¬ 
mehl reicher. Ausser durch das Austrocknen erfahren aber 
die Kartoffeln auch einen directen Verlust durch die Zersetzung 
des Stärkemehls, bei welcher CO a gebildet wird. 

Es ergibt sich also aus Vorstehendem, dass wir auch 
bei Verwendung von Kartoffeln derselben Ernte, 
ja sogar derselben Sorte es immer mit einem 
chemisch sehr inconstanten Nährboden zu tliun 
haben, dass also Krösing die auch von ihm beson¬ 
ders hervorgehobene Forderung, man müsse für 
alle Pilze chemisch constante Nährböden ver¬ 
wenden, nicht erfüllt hat. In Uebereinstimmung mit 
dieser Ueberlegung fand ich auch, dass die Trennung der 
Trichophytonpilze in drei Arten auf Grund iliter Wachsthums¬ 
form auf Kartoffel nicht gerechtfertigt ist. 

Krösing unterscheidet nämlich 3 Arten: 

Die erste stellt dar eine flach hingestreckte, weder central 
noch sonst deutlich prominirende, mit zunehmendem Alter 
durch die Vermehrung des pulverförmigen Belages und dessen 
leistenförmige Vertheilung leicht gerunzelte, unregelmässige, 
doch im Allgemeinen rundlich begrenzte, ganz trockene, mit 
grauweissem bis graugelblichem feinstem, körnigem Pulver 
ziemlich reichlich (mit Verschonung einer schmalen rostbraunen 
Zone) bestreute Cultur ohne Luftlager. 

Bei der zweiten Gruppe entwickelt sich eine plane, kaum 
über das Niveau prominente, trockene Cultur, die wie bei der 
1. Gruppe mit einem Pulver bedeckt ist. Das Pulver ist trocken, 
locker, weiss, oder fein, dicht und grau, oder auch schwach 
gelb; die braune Randzone mangelt dieser Gruppe. 


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l)io dritte Gruppe zeigt sammetartige. mehr minder dicht 
verfilzte, schneeweisse Luitlager. 

Dass das Trichophyton thaisächlich auf Kartoffeln diese 
3 Formen des Wachsthums aulweist, kann ich nur bestätigen; 
dagegen kann ich aber nicht, wie schon oben erwähnt, mit 
Krösing darin iibereinstimmen, dass diese angeblich charak¬ 
teristische Wachsthumsform immer nur einem bestimmten 
Pilze constant zukommt, und daher als differentialdiagnostisches 
Moment, zur Aufstellung von Arten, herangezogen werden kann. 

Ich konnte am Grazer Dermatologencongress Kartotfel- 
cultureu des Pilzes von Kczema marginatum demonstriren, 
welche sichere, von einem und demselben Pilze herstammende 
Reineulturen, die Unrichtigkeit der Anschauung Krösing's 
ergaben. 

Vergleichen wir die erste Gruppe Krösing’s mit meinen 
Culturen des obigen Pilzes, so entspricht derselben die Wachs¬ 
thumsform seiner ersten Generationen, auf deren, im Anfänge 
dieser Arbeit gegebene Schilderung ich verweise. Das Einzige 
was sie von der Gruppe I unterscheidet, ist, dass ich nur bei 
jungen Culturen (30—40 Tage alt), und auch da nicht immer, 
Hache Rasen entstehen sah, dass aber ältere Culturen halb¬ 
kugelige oder unregelmässig geformte, sich mehr weniger steil 
erhebende Rasen bildeten. Es legt aber Krüsing selbst einer¬ 
seits das Hauptgewicht bei der Unterscheidung der 1. und 
2. Gruppe auf das Vorhandensein oder Fehlen der Verfärbung 
des Nährbodens in der Nachbarschaft des Rasens, andererseits 
legt er bei Vergleichung seiner Culturorgebnis.se mit denen 
Rosenbach’s kein besonderes Gewicht auf die Gestaltung 
der Oberfläche, da ihm, wie er selbst hervorhebt, die Wulstung 
des Rasens nicht genügend erscheint, um bei Mangel ander¬ 
weitiger unterscheidender Merkmale einen Pilz aus einer Gruppe, 
der er angehört, herauszunehmen, und als einen besonderen 
hinzustellen. (Vielleicht beruht diese WachsthumsditVerenz auf 
der Verschiedenheit der von Kr ö sing und mir bei der 
Züchtung verwendeten Temperaturen (23° und 37 o°). P»ei 
letzterer Temperatur lassen sich nach Krösing nur sehr 
schwer Kartotfelculturen erzielen, was ich nicht bestätigen 
kann.) 


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Maunigfaltigk. der Wachsthumsformen der pathog. Schimmelpilze. 29 


Eine 31 und 39 Tage alte Kartoffelcultur aus Eczema 
marginatum zeigt dasselbe Bild, wie es K r ö s i n g beschreibt; 
eine 85 Tage alte von einem Gelatinerasen desselben Pilzes 
herstammende, beginnt sich im Centrum zu erheben, während 
eine 113 Tage alte Cultur von einer Glycerin-Agar-Cultur abgc- 
impft, im Centrum halbkugelig erhabene, grobhöckerige Ober¬ 
fläche zeigt und einen schmutzig gelblich weissen trockenen 
pulverförmigen Belag aufweist, der nur die tiefbraune Randzone 
frei lässt. (S. Fig. 11.) Andere Culturen entbehren wieder fast 
vollständig dieses pulverförmigen Belages, so dass die rost¬ 
braune Farbe des Rasens deutlich zu Tage tritt. 

Die zweite Gruppe Krösing's gibt derselbe Pilz bei 
Uebertragung seiner Luftmycelien auf Kartoffel. Es entsteht 
ein vielfach gebuckelter, grobhöckeriger oder gewulsteter Rasen, 
von einem trockenen, lockeren, schneeweissen, feinen, oder grauen, 
oder gelblichweissen Pulver bedeckt, ohne die geringste Spur 
von Verfärbung des Nährbodens in der Nachbarschaft des 
Rasens. (S. Fig. 12.) 

Die dritte Gruppe konnte ich in der Art wie sie Ivrösing 
beschreibt, nicht beobachten, weil ich überhaupt nicht im 
Stande war, Luftmycelrasen des Eczema marginatum-Pilzes 
auf Kartoffeln zu erzielen. Ich züchtete aber Culturen, bei 
welchen die schneeweisse Bestaubung eine sehr dichte und auch 
ziemlich hohe war. wenn vielleicht auch nicht 1 Mm., wodurch 
die Cultur thatsächlich ein sammetartiges Aussehen erhielt, so 
dass ich sie als der 3. Gruppe Krösing’s sehr nahestehend 
bezeichnen muss. Gleichzeitig zeigt aber auch diese Cultur, 
dass man durch Uebertragung von einer sicheren Reincultur 
zwei ganz verschiedene Wachsthumsformen innerhalb eines und 
desselben Rasens entstehen sehen kann. (S. Fig. 10.) 

Auch Rosenbach hat als Nährboden Kartoffeln empfohlen, 
und die darauf gewonnenen Wachsthumsformen zur Differential- 
Diagnose benützt. Es lassen sich daher seiner Eintheilung der 
Trichophytonpilze gegenüber dieselben Einwände machen, wie 
gegenüber der Krösing’s. 

Ich konnte auch durch Ueberimpfung verschieden alter 
Reinculturen von den verschiedensten Nährböden auf Kartoffel 
fünf, der von ihm als charakteristisch angegebenen sieben 


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Trichophytonarten aus einem und demselben Pilze (des Kezema 
marginatum) erzielen. So erwies sieh sein Tr ie h o p li y t o n 
holosericum «album als ziemlich identisch mit der auf 
Fig. 10 abgebildeten Cultur, welche von einer gellten Rüben- 
cultur herstammt. (Dieselbe ist ähnlich Krösing's Gruppe 
III, mit der dieser Autor auch das Trieh. holoser. alb. identi- 
ticirt.) 

Das Bild des Trichophyton fuscuiu tardum liess 
eine 118 Tage alte, von einem Glycerin-Agar-Kasen stammende 
Cultur erkennen. (S. Fig. 11 = Gruppe I Krösing's.) 

T r i c h o p h y t o n ]) 1 a n u m f u s o 1 a r g u m zeigte wieder 
grosse Aehnliehkeit mit einer 58 Tage alten, von einer Zucker- 
Agarcultur abgeimpften Kartoffeleultur. Dieselbe bot folgendes 
Bild: Ein glatter, leicht gefalteter Käsen, von graugelblichem 
pulverförmigen Luftmycel bedeckt, mit einem blass dunklen 
King im Umkreis der Cultur. Die eoncentrischen Hinge, welche 
Kosenbach mit als charakteristisches Merkmal dieser Gruppe 
beschreibt, liess dieser Käsen zwar nicht erkennen; ich kann 
aber dem Vorhandensein desselben eine wesentliche diagno¬ 
stische Bedeutung nicht zuschreiben, da ich sie bei anderen, 
von Luftmycelien desselben Pilzes herstammenden Culturen 
beobachten konnte. 

Trichophyton plieans fusisporum zeigt Ueber- 
einstimmung mit einer 44 Tage alten, von einem Gelatinerasen 
abstammenden Cultur. Es fand sich hier ein Käsen, welcher 
„bald den Beginn einer eigenthüuilichen Faltenbildung zeigte, 
welche im späteren Wachsthum sehr erheblich und charak¬ 
teristisch wurde“. Das Brechen der Falten auf der Höhe der 
Faltenkämme konnte ich, da die Cultur noch zu jung war. 
nicht beobachten, jedoch zeigte sich schon überall eine An¬ 
deutung desselben. 

Trichophyton farinaceum alb um poly sporuni 
ist sehr ähnlich einer 38 Tage alten Cultur, die von einer 
Agarcultur stammt. Dieselbe wuchs rasch und sah, wie Kosen¬ 
bach es beschreibt, «aus wie «auf eine nasse Unterlage ge¬ 
streutes Mehl. Es bildeten sich hier auch „um den ersten, 
ziemlich prominenten Rasen concentrische, aus weissen Pünkt¬ 
chen bestehende Ringe, aus denen dann in grösseren Stadien 


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Mannigfaltigk. der Waclisthuiusformen der pathog. Schimmelpilz«*. 


31 


noch mehrere solcher Ringe folgten“. Allmälig füllten sich auch 
hier „die Zwischenräume mit derselben weissen Masse aus“. 
Es zeigte diese Cultur nur eine Abweichung von der Schilde¬ 
rung Rosenbach’s, indem der Rasen durch den weissen, 
an seiner Oberfläche ausgestreuten pulverigen Belag seine braune 
Eigenfarbe durchschimmern liess, ohne aber, dass es zu einer 
Verfärbung des Nährbodens in der Nachbarschaft gekommen 
wäre. 

Trichophyton ca n di dum endosporuin, das auch 
Krösing seiner Gruppe III zuzählen möchte, ist dem auf 
Fig. 10 abgebildeten Pilze sehr ähnlich, den ich schon mit 
Trichoph. holoseric. alb. identificirte, und gilt bezüglich dieser 
Pilzform das bei Besprechung der Gruppe III Krüsing’s 
Gesagte. 

Ein Trichophyton propelleus leptum konnte ich 
bei meinen Culturen nicht beobachten. 

W ir haben uns nun noch mit den Ergebnissen der Unter¬ 
suchungen Sabouraud's zu beschäftigen. 

in seinem Werke hebt Sabouraud vor Allem den Ein¬ 
fluss der chemischen Zusammensetzung des Nährbodens auf 
die Wachsthumsform der Pilze hervor, und zeigt sehr schön 
die Veränderungen des Pilzwachsthums, wie sie bedingt sind 
durch Veränderungen des Nährbodens. 

Mit Rücksicht auf diese WachsthumsdifTerenzen, bei deren 
Ausserachtlassung Irrthümer unausbleiblich sind, gibt Sabou¬ 
raud in ungemein genauerWeise die Zusammensetzung seiner 
Nährböden an, bei deren Herstellung und den damit verbun¬ 
denen Manipulationen er alle erdenklichen Vorsichtsmassregeln 
ergreift, so dass dieselben thatsächlich als chemisch constant 
betrachtet werden dürften. 

Lässt sich nun gegenüber der Constanz der Nährböden 
nichts einwendeu, so erscheinen dagegen die auf diesen con- 
stanten Nährböden gewonnenen Culturen nicht einwandsfrei. 
Sabouraud verwendet nämlich zu seinen Untersuchungen 
Culturen, welche nicht aus einer Spore ausgewachsen sind, 
also einer strengen Kritik gegenüber nicht als Reinculturen 
anzusehen sind. Es ist dies bei einem Forscher von der 
Gründlichkeit und Sachkenntnis Sabouraud’s umsomehr zu 


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verwundern, nachdem er, wie schon vorher erwähnt bei Bespre¬ 
chung der zur Herstellung von Reinculturen zu verwendenden 
Methoden, speciell der K r ä l’schen Isolirungsniethode, selbst 
die Forderung aufstellt, dass es gegebenen Falls absolut notli- 
wendig sei, die mit einer anderen Methode gewonnenen Resul¬ 
tate mit jenen zu vergleichen, welche eine zwar schwierige, 
aber absolut genaue Methode (i. e. Kräl's) gibt. 

Kin weiterer Fanwand, der sich gegen das von Sabou- 
raud aufgestellte System der Trichupliytonpilze erheben hisst, 
ist die schon von mehreren Autoren bestrittene Berechtigung 
der Eintheilung der Trichophytonpilze in solche mit grossen 
und kleinen Sporen. Nach meinen Untersuchungen kann ich 
mich dem Einsprüche dieser Autoren nur anschliessen. 

Abgesehen davon, dass, wie Rosenbach treffend her¬ 
vorhebt, die parasitäre Form der Filze nicht die normale ist, 
sondern abnorme Wach sthunis Verhältnisse bietet, findet man 
oft an verschiedenen Haaren derselben Trichophytosis-I h’kran- 
kung verschieden grosse Sporen, wie es Kaposi, Maiocchi 
und Marian elli u. v. A. gesehen haben; ebenso kann ich 
nur bestätigen, dass, wie lvräl gezeigt hat, die (irosse der 
Sporen nach dem Alter der Culturen und nach dem Nähr¬ 
boden, auf dem sie gezüchtet wurden, wechselt, und sogar 
auch innerhalb desselben Rasens innerhalb weiter (Grenzen 
schwankt, was Krösing ebenfalls beobachtet hat. 

Ich konnte auch durch die schon früher erwähnte Im¬ 
pfung mit der Reincultur eines aus einer Kindertrichophytie 
gewonnenen Pilzes, dessen Sporen ungefähr i u im 1 Durch¬ 
messer hatten, auf den Vorderarm einen Herpes tonsurans 
vesiculosus erzeugen, und aus dessen Schuppen und Krusten 
einen Pilz züchten, dessen Diameter bloss 1\S —2* u ! ) be¬ 
trug. So grosse Sporen , wie sie S a b o u r a u d bei seinem 
Megalosporen beobachtet hat, konnte ich. ebensowenig wie 
Krösing, weder in den kranken Haaren z. li. bei Sycosis, 
noch in den daraus hergestcllton Reinculturon finden, abge- 

’) I)ic ^lessungen wurden mit Oeular II, Ohjeotiv l / }1 “ O» linnner- 
sion (Reichert) vorgemmimen und entspricht dabei ein Thei Ist rieh d«*s 
.Mikrometers 1*8 ß. 


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Mannigfaltigk. der Wachstbumsformen der pathog. Schimnmlpil/.e. 33 

sehen von sehr spärlichen, exorbitant grossen Sporen von 
7—9 //. Die Hauptmasse der Sporen schwankte bezüglich 
ihrer Grösse zwischen 3 1 / 2 und ö 1 /* //. 

Ich habe auch, um einen Irrthum bei der Messung der 
Sporengrösse zu vermeiden, auf denKrösing aufmerksam ge¬ 
macht hat, dass man nämlich Gemmen für Sporen ansehen 
und messen könne, die Messungen an gefärbten Präparaten 
wiederholt, und dieselben Resultate bezüglich der wechselnden 
Sporengrösse erhalten. 

Auch nach der Localisation im Haar lassen sich die Pilze 
nicht so streng in Endothrix und Ectothrix trennen, wie 
es Sabouraud angibt. Ich habe mehr wie einmal bei der 
Untersuchung epilirter und gefärbter Haare von Trichophytia 
capillitii neben die ganze Haarrinde erfüllenden Pilzfäden, 
auch zierliche Geflechte um das Haar herumgesehen, welche 
den extrafolliculären Theil umgaben, und im Schnitte sich 
zwischen innerer Wurzelscheide und Cuticula nach abwärts 
verfolgen liessen. 

So konnte ich auch durch die obenerwähnte Impfung mit 
einem angeblichen Endothrixpilz einen Herpes tonsuranskreis 
erzeugen, wo sich der Pilz ausser in den Schuppen nur ausser¬ 
halb der Lanugobaare in Form feinei*, dieselben umspinnender 
Geflechte odei’, als Sporenhaufen denselben angelageit, vorfand. 
Ob aber hier nicht auch die Beschaffenheit der Lanugobaare 
an und für sich insofern eine Rolle spielt, als der sonst endo- 
trichal wachsende Pilz hier nur ectotrichal zu wachsen im Stande 
ist, muss ich umsomehr dahingestellt sein lassen, nachdem ich, 
wie aus meinen anatomischen Untei’suchungen über Trichophy- 
tosis vesiculosa (D. Arch. Bd. XXXV) ersichtlich ist, das Ti-ichophy- 
ton fast ausschliesslich an mit Lanugo bekleideten Hautpartien, 
ausserhalb der Haare beobachten konnte, und nur in seltenen 
Fällen, und da nur bei dickeren Lanugohaaren, zwischen Cuti¬ 
cula und Rinde in Fonn kurzer, feiner Fäden fand. 

Auch die Trennung der Endothrixpilze in solche mit 
fragilem und resistentem Mycel kann ich nicht anerkennen. 
Abgesehen davon, dass Sabouraud es untei’lässt die Zeit 
genau anzugeben, durch welche man die 40°/ o Kalilauge cin- 
wirken lassen soll (1. c. p. 20. Si on pousse un peu loin la 

Archiv f. Dermatol, u. Syphil. Band XXXVII. o 


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dissolution de cheveu dans la solution potassique . . .), konnte 
ich bei endemischer Trichopliytia capillitii sowohl bei von ver¬ 
schiedenen erkrankten Personen, als auch bei von einem und 
demselben Kopfe stammenden Haaren unter sonst gleichen Ver¬ 
hältnissen einerseits Zerfall, andererseits Intactbleiben der 
Sporenfäden nach Einwirkung der Kalilauge beobachten. 

Es erscheint mir ferner auch die Sonderstellung, welche 
Sabouraud seinen Ketothrixpilzen einräumt, nicht gerecht¬ 
fertigt. 

I>ei meinen histologischen Untersuchungen über Sycosis 
parasitaria (T). Arch. Bd. XXXV) konnte ich zwar in der überwie¬ 
genden Zahl der Schnitte die Pilze nur ausserhalb der Haare vor¬ 
finden, ich sah sie aber auch bei im Längsschnitt getrödenen 
Follikeln innerhalb der Haarrinde in Form gegliederter Fäden 
bis zum Bulbus des Haares herabziehen, jedoch niemals zwi¬ 
schen die epidermoidalen Elemente des Follikels eindringen 
und dieselben auseinanderdrängen, wie es Sabouraud und 
später Ullmann beschreiben und abbilden. 

Auch der Trennung dieses E e t o t h r i x p i 1 z e s in 
mehrere Unterarten je nach dem thierischen Wirtli. auf 
dem er bisher gewachsen (Trichophyton ectothrix du cliat, du 
cheval, du veau u. s. w.), kann ich nicht beistimmen, 
da ja, wie aus dem früher Gesagten ersichtlich, der Nähr¬ 
boden, auf welchem ein Pilz bisher gewachsen, seine spätere 
Wachsthumsform zu variiren imstande ist, und daher diese 
Pilzformen nicht als Unterarten angesehen werden können. 
Hass endlich die Pyogcnität ausschliesslich diesen von Filieren 
stammenden Pilzen zukommt, kann ich nicht anerkennen; da¬ 
gegen stimme ich gerne dem bei, dass diese Pilze eine be¬ 
sonders starke Virulenz besitzen, und thatsiichlieh die Erreger 
der tiefen eitrigen Formen der Trichoplntosis darstellen. Die 
Pyogcnität jedoch, die Fähigkeit Eiterung hervorzurufen, kommt 
nach meinen Untersuchungen dem Trichophyton überhaupt zu. 

Es gelang mir zwar nicht durch suhcutane Injection ver¬ 
riebener Beinculturen der aus Trichopliytia capillitii oder Her¬ 
pes tonsurans vesiculosus gewonnenen Pilze bei Versuchst liieren 
(Meerschweinchen) Eiterung zu erzielen, ich war aber ebenso- 


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Mannigfaltigk. der Wachsthumsformen der pathog. Schimmelpilze. 35 


wenig wie Krösing im Stande, auch mit dem nach Sabou- 
raud exquisit pyogenen Sycosispilz Abseesse zu erzeugen. 

Dagegen konnte ich durch Injection derartiger Culturen 
aus den vorerwähnten Krankheitsprocessen in die vordere Kam¬ 
mer und den Glaskörper der Augen von Kaninchen und Meer¬ 
schweinchen einerseits heftige Iridocyclitis, andererseits Glas¬ 
körpervereiterung erzielen. Bei der Untersuchung dieser Bulbi 
fand ich in den Schnitten im Eiter keine Eitererreger z. B. 
Staphylococcen, aber auch keine Pilze mehr. Dieselben scheinen 
hei der eintretenden Vereiterung zu Grunde zu gehen, eine 
Analogie zu den Befunden hei der knotigen Sycosis. 

Es erweisen sich also die Ergebnisse der Sabouraud- 
sclien Untersuchungen, deren allgemeiner Wert damit nicht 
bestritten werden soll, als fragwürdige, welche wir mit aller 
lieserve aufnehmen müssen. 

Wir haben im Vorstehenden alle jene Momente erörtert, 
welche man zur Dißorenciruug des Trichophyton in mehrere 
Unterarten verwendet hat, dieselben aber nicht genügend be¬ 
funden, um mit Berechtigung ein System der Trichophytonpilze 
aufzubauen. 

Wir sind demnach derzeit nicht in der Lage die Multi- 
plicität des Trichophyton anzuerkennen. 

Zum Schlüsse fühle ich mich verpflichtet, meinem hochver¬ 
ehrten Lehrer, Herrn Professor Pick für die vielfache 
Unterstützung und Förderung hei dieser Arbeit meinen herz¬ 
lichsten Dank auszusprechen. 


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Literatur. 


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1. Köbner. Klinisch»} und experimentelle Mittheilungen. Enke 
Erlangen 1864 p. 10. 

2. Pick, F. J. Ibis Eczema marginatum. Eine Sttulie über »las 
Wesen und die Natur dieser Krankheit. Arehiv f. Dcrmat. und Syphilis. 
Rand I. 1869 p. ßl. — Zur Verständigung über das sogenannte Eczema 
marginatum Ilebrae. Ibidem p. 4-IG. 

3. Ivräl, F. Mittheilungen über Hautmikrophvten. Verhandlung-n 
des ersten (Kongresses der deutschen dermal. Ges»*lDeh. in Prag. 1889. 

4. Krösing, R. Weitere Studien über Ti ichophytonpilze. Archiv 
lur Dermatol, u. Svpli. Rd. XXXV. 1806. 

5. Sabouraud, R. Le t.richophytms hmnaines. Paris 1894. — La 
teigne trichopliytique et la teigne speciale de Gruhy. Paris 1804. 

6. Rosenhach, F. J. lieber die tieferen eiternden Schiinmeler- 
krankungen der Haut und über deren Ursache. Wiesbaden 1804. 

7. Marianelli. Sul triehopliyton tonsurans. Siena 1803. 

8. Kral, F. Ueber den Pleomorphismus pathogener Uyphomyeeten. 
Archiv f. Dermatol, u. Svph. Rd. XXVII. 1804. 

9. Winternitz, R. Demonstration von Herpes toiisurans-Culturen. 
Verhandl. des IV. Congr. der deutschen denn. Ges. in Rrcshiu. 1804. 

10. Kaposi, M. Pathologie und Therapie der Hautkrankheiten, 
p. 052. Wien 1803. 

11. M aiocchi. Ricerche sul triehopliyton tonsurans delP liomo. 
(V. il resoeonto della seduta delle seiet» medic. Chirurg, di Rologna nell 
Rolletino delle scienze mediehe di Bologna. Marzo 1803. 

12. Ul 1 manu, C. Zur Aetiologie und Histologie der Trichomycosis 
tonsurans (Sycosis parasitaria Razinj. Wiener klinische Wochenschrift. 
1806. Nr. 18—20. 


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Mannigfaltigk. der Wachsthumsformen der pathog. Schimmelpilze. 


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O i 


Erklärung der Abbildungen auf Taf. I u. II. 

Fig. 1. Trichophyton tonsurans. 30 Tage alte Cultur aus 
den Haaren einer Trichophytia capillitii bei einem 14 Tage alten Kinde 
auf Glycerin-Agar. 

Fig. 2. Trichophyton tonsurans. 28 Tage alte Cultur aus 
den Schuppen eines Herpes tonsurans vesiculosus, der durch 
Impfung mit dem in Fig. 1 ahgebildeten Pilz am Vorderarm eines Lu¬ 
issen erzeugt wurde. Nährboden: Glycerin-Agar. 

Fig. 3. Trichophyton tonsurans. Zweite Generation des in 
Fig. 2 abgebildeten Pilzes. HO Tage alte Cultur auf Pepton-Agar. 

Fig. 4. Pilz aus den Schuppen eines Eczema marginatum. 
21 Tage alte Cultur auf Pepton-Agar. Bei a Beginn umschriebener Luft- 
mycelbildimg. 

Fig. 5. Derselbe Pilz wie Fig. 4. 34 Tage alle Cultur auf Glycerin- 
Agar. Au mehreren Stellen scharf umschriebene wattaartige Luftmycel- 
bi klung. 

Fig. 0. Derselbe Pilz wie Fig. 4. 2b Tage alte Cultur auf Gly¬ 
cerin-Agar von einer 30 Tage alten Pepton-Agarcuitur, die ihrerseits 
wieder von einer 10 Tage alten Kartotlelcullur abgeimpft wurde. Jm 
Centrum besteht hohe Luftmycelbildung, die feine Bestaubung folgt den 
groben Mycelverzwcigungen, wodurch die Oberfläche des Rasens ein radiär 
gestreiftes Aussehen erhält ; eine Wachsthumsform, die sich regelmässig 
bei Culturen beobachten Hess, welche von Kartoffeln- oder gelben Rüben- 
culturen abgeimpft worden wären. 

Fig. 7. Derselbe Pilz wie Fig. 4. 45 Tage alte Cultur auf aus ge¬ 
trocknetem Pepton-Agar aus einer Gelatinecultur. 

Fig. 8. Derselbe Pilz wie Fig. 4. 40 Tage alte Cultur auf ausge¬ 
trocknetem Pepton-Agar von einer Glycerin-Agarcultur (Unterfläche). 
Es wurden neben Agarmycelicn auch Luftmvcelien übertragen. Die Agar- 
mycelien zeigen dieselbe Wachsthumsform wie in Fig. 7. Die Duft- 
mycelien bilden einen vielfach gefalteten, an der Oberfläche schneeweissen 
Rasen, dessen dunkel-citronen-gelbe Unterfläche die Faltung besonders 
schön erkennen lässt (bei a). 

Fig. 0. Trichophyton tonsurans, aus den Schuppen eines 
ungemein ausgebreiteten Herpes tonsurans vesiculosus bei einem 
11 Monate alten Kinde. 44 Tage alte Cultur auf ausgetrocknetem 
Pepton-Agar. 

Die auf frischem Agar der des Eczema marginatum-Pilzes sehr 
ähnliche Wachsthumsform dieses Pilzes zeigt auf dem ausgetrockneten 


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W a e 1 s c h. 


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Nahrb<den eine wesentliche Differenz sowuhl gegenüber der eigenen 
Wacbsthum>forra auf den Irischen Agar^orten. als auch gegenüber der 
des Erzürnt marginatum-Pilzes auf trockenem Pepton-Agar. 

F i g. io. l*i lz aus d* n Schuppen eines F c z e tu a inarginatum. 
105 Tage alte Cuitnr auf Kartoffel. abgeimpft von einer gelben Küben- 
cultur. D« r Rasen zeigt nebeneinander drei verschiedene Wachsthuins“ 
formen. Bei a ist er vielfach gewulstet, gmbldckerig, nackt, schmutzig- 
graubraun. ilaeh hingestreckt, kreisrund. hei h vielfach gefaltet, besonders 
e rfcet jt sich das <'entrinn knoplartig. mehlig beraubt. sehncowoFs, unregel¬ 
mässig rundlich begrenzt, bei r i<t er Hach. iin Niveau gelogen, nur durch 
die weisse Bestaubung keniiTlirh, und geht ailm.iiig, indem die Bestaubung 
langsam abnimmt. in d**n bmiaehharten, nicht verlVirbten Nährboden über. 

F i g. 11. Der-lbe Pilz wie Fig. 10. 11.‘5 Tage alte Kart < »ffelcult ur 

von Olyeerin-Agarcultur stammend, (Fs wurden Agarmycelien iiberf ragen.) 
In der midisten Nachbarschaft- des vielfach gefalteten, dunkelbraunen, 
und sich halbkugelig erhebenden Rasens ist «Irr Nährboden dunkelbraun 
verfärbt. 

Fig. 12. Derselbe Pilz wie Fig. 10. 10 Tage alte KartotVelcultur 

von Luftinyeclion einer Auarcultur stammend. D-u* Nährboden in der 
Nachbarschaft des gewulsteteu. sehneew-'Fs betäubten Rasens Ft nicht 
verbii’bt. 


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Beitrag* zur Lehre vom acuten erythema- 
tösen Lupus.') 

Von 

Dr. FrailZ Koch in Berlin. 

(Hierzu Taf. III—V.) 


Seit Kaposi’s 2 ) grundlegender Arbeit über den Lupus 
erythematosus unterscheiden wir bekanntlich zwei Formen 
dieser Affection, die discoide und die aggregirte. Während 
nun die erstere, bei weitem häufigere und einen ausgesprochen 
chronischen Verlauf nehmende, zwar allen therapeutischen 
Versuchen zu trotzen pflegt, verläuft sie doch im allgemeinen 
fieberlos und bedroht das Leben in keiner Weise. Auch 
die zweite seltenere Form, bei der es zum Auftreten zahl¬ 
reicher disseminirter Efflorescenzen kommt, kann, wenn sie 
nicht zu sehr ausgebreitet ist, einen derartigen fieberlosen, 
nur zeitweilig durch kleinere fieberhafte, subacute Eruptionen 
unterbrochenen Verlauf nehmen. 

In sehr seltenen Füllen erreichen nun aber diese Erup¬ 
tionen eine gefahrdrohende Hohe, oder aber die Affection 
setzt plötzlich acut ein, so zwar, dass von vornherein zahl¬ 
reiche disseminirte Efllorescenzen entstehen, oder dass sich 
diese an einen schon bestehenden chronischen discoiden Lupus 
anscbliessen. Es entwickelt sich dann in diesen hochgradigsten 
lallen ein ganz typisches, schweres Krankheitsbild, welches 

J ) Vgl. Archiv für Derru. und Syph. Verhandl. der Berl. dermatol. 
Vereinigung. Bd. 84. lieft 8. 

*) Kaposi. Neue Beiträge zur Kenntniss des Lupus erythematosus. 
Archiv f. Dermatol, und Syph. 1872. 


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4‘) 


K och. 


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zum Glück zwar sehr selten ist, um>o unvergesslicher aber 
hieb dem Beobachter in das Gedächtnis einprägt. Es entstellen, 
und zwar fast ausschliesslich bei jungen Mädchen oder Frauen, 
sehr zahlreiche Eltlorescenzen besonders im (Besicht, auf den 
Extremitäten, vorzüglich den Händen und Füssen, aller auch 
auf dem übrigen Körper, — die im Gesicht bald conlluir» n 
und durch die mit ihnen einhergehende seröse Burchtränkung 
der Gewebe, unter intensiver Bildung schmieriger Krusten, zu 
einer hochgradigen Schwellung und dunklen Üüthung desselben 
führen, die von Kaposi als „Ervsipelas perstans faciei“ be¬ 
schrieben worden ist. Auf den Händen und Fingern kommt 
es zur Entstehung zahlreicher blauruther. bald contluireiider 
und sich mit Krusten bedeckender, derber, sehr schmerzhafter 
Efflorescenzen resp. Knoten, so dass sie. wie die Fussriickmi, 
wie mit Frostbeulen bedeckt aussehen: bisweilen gelangen sie 
im Verlauf der Erkrankung unter Bildung von Fhlyctänon und 
Blasen zur Vereiterung, so dass Hache, manchmal tiefer gehende, 
eiternde oder hämorrhagische isub>tan/v»-rlu-t**, die in narbige 
Atrophie ausgehen, resultiren. Hie Kraiike hat hohes Fieber, 
unregelmässigen, beschleunigten Fuls; es kommt zur Entwicklung 
eines schweren typhoiden Zustandes, zu Delirien und (Anna; 
sie unterliegt schliesslich einer Bronchopneunionie im ler einer 
tuherculösen Eungenromplication etc. — oder aber sie erholt 
sieh langsam, um früher oder später wieder einen ähnlichen 
acuten Anfall ihres Leidens durchzumaeheu. 

Kaposi hat in seiner schon erwähnten Arbeit 11 Fälle 
veröffentlicht, in welchen die eben skizzirten Erscheinungen 
mehr oder weniger ausgesprochen waren und von welchen drei 
tödtlich endigten. Seit dieser Zeit sind nur relativ wenige ein¬ 
schlägige Fälle veröffentlicht worden, und besonders iindet sieh 
in der Literatur ein tüdtlicher Ausgang seit Kaposis Fu- 
blication, also seit 2ö Jahren, wenigstens nicht ausdrücklich 
wieder erwähnt. 1 ) Es erscheint au> diesem Grunde wohl ge- 


J j I)ie VI‘"»u 1 iclik**it eine'» t-altlielieu Au>ganges 1 ulirt daliingerych im 
Allgemeinen Besnier an. Vgl. Traduetion de» leeuiis de Kaposi. Bd. II. 
]». 2a0. — I)rr von Betrini (II. Internat, dennat. (oniuv*^) erw.d i.te 
n'idtliclie Fall war durch ein'* Iniluenza cornj-iieirt. 


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Beitrag zur Lehre vom acuten erythematösen Lupus. 


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rechtfertigt, einen derartigen von mir beobachteten perniciösen 
Fall von exanthematiscliem Lupus erythematosus ausführlicher 
zu schildern, umsomehr, als das Krankheitsbild selbst in 
Fachkreisen nicht genügend bekannt und Kaposis Arbeit fast 
in Vergessenheit gerathen zu sein scheint. 

Krankengeschichte: 

Es handelte sieh um eine 18jährige Frau, welche in der Mitte des 
Novembers vorigen Jahre» in meine Poliklinik kam mit der Angabe, dass 
sie sich seit 14 Tagen schlecht fühle, an hartnäckiger Stuhl Verstopfung 
und abendlichem Frösteln und Kopfschmerz litte und dass sich seit der¬ 
selben Zeit ein Ausschlag gezeigt hätte, der, wie die Inspection ergab, 
im Gesicht und auf beiden Handrücken localisirt war. 

Im Gesicht fand sich eine vom Nasenrücken aus sich flügelförmig 
und in völlig symmetrischer 'Weise über den grössten Theil der Wangen 
erstreckende, ziemlich derb inflltrirte, flach scheibenförmige, violettrothe 
und mit scharfen Rändern gegen die umgebende gesunde Ilatit sich ab¬ 
setzende Eftlorescenz von ausgesprochener Sehnicltcrlingsibrm, welche 
spontan, besonders aber auf Berührung, ziemlich schmerzhaft war. Ferner 
zeigten sich auf beiden Handrücken zahlreiche linsen- bis zehnpfennig- 
stüekgrosse, theils rein ervthematöse, grüsstentheils aber derb inflltrirte 
dunkelblauruthc bis blaue, vielfach mit fest anhaftenden Schuppen be¬ 
deckte, an einzelnen Stellen, so den dorsalen Flächen der ersten Pha¬ 
langen fast sämmtliehen Finger, zu grösseren Plaque confluirte und hier 
mit Krusten versehene Efflorescenzen, welche an Zahl und Grösse sowohl 
nach den Fingerspitzen, wie im unteren Drittel der Unterarme allmälig 
abnahmen. Zwischen diesen derben Efflorescenzen war eine diifuse dunkle 
Röthung ausgebreitet, mit welcher eine beträchtliche Schwellung beider 
Hände einherging, so dass diese geradezu unförmlich entstellt waren* 
Die Hände waren spontan, noch mehr auf Berührung, äusserst schmerz¬ 
haft. Da die Kranke fieberte, zu Hause keine Pflege hatte, da ich ferner 
die Diagnose auf einen acuten disseminirten Lupus erythematosus stellte 
und demgemäss die Prognose als eine sehr ernste ansah, veranlagte ich 
die Patientin, sich in das Moabiten-Krankenhaus aufnehmen zu lassen. 

Durch die Liebenswürdigkeit des II. Prof. Goldscheider, dem 
ich auch an dieser Stelle meinen verbindlichsten Dank ausspreche, war 
es mir ermöglicht, die Kranke fast täglich zu beobachten. Es machten 
sich nun in der nächsten Zeit Veränderungen insofern geltend, als die 
derbe Schwellung der scbmetterlingsförmigen Plaque im Gesicht allmälig 
abnahm, und sich die Röthung in mehr diffuser Weise über den ursprüng¬ 
lichen Rand hinaus fortsetzte, wenngleich immer noch eine deutliche 


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guirlandenförmige Begrenzung zu erkennen war. Zugleich traten neue 
kleinere und grossere, rein erythematose, dunkelrothe, leielit schuppende 
zum Theil annuläre resp. serpigiimse EfHore^cenzen in der 1 hngebung der 
grossen Gesichtsphnpie auf, welche deutliebe Neigung zur Confluenz zeigten 
so dass es zum Beispiel am Kinn bald zur Ausbildung grösserer Plaques 
kam, während die Stirn wahrend des ganzen Krankheitsverlaufes frei 
blieb. Ferner wurde die Schwellung und die Schmerzhaftigkeit der Hände 
etwas geringer; zugleich kam es aber zum Auftreten eines neuen Schubes 
auf beiden Fiisstiicken, nämlich zur Entstehung theils rein ervthematöser, 
theils derb inriltrirter, eljenlälls schmerzhafter dunkelbniunrothor, bis 
blaurotlier El florescenzen resp. Knüteheu, ferner zur Fntstehung gelb¬ 
brauner leicht schuppender, ein ervthematöser Stellen auf der linken 
Mamma, und endlich zu einem Schul» dunkelrotleT, erythematüs«*r, theil- 
weise annuläre Anordnung zeigender Ettl» »rescenzen auf beiden Hand¬ 
tellern, welche den bei Erytlmma multitbrine vorkommenden ausseror¬ 
dentlich ähnelten. Endlich erfolgte noch ein Schub auf dem barten 
Gaumen, im Hachen und im Larynx, wo sich zahlreiche linsen- 1»is fünf¬ 
pfennigstückgrosse Flflorescenzen zeigten, welche theils als livide Ero¬ 
sionen, theils als mit schmierigem, grauweissem Belag bedeckte, ober¬ 
flächliche Substanzverluste imp«uiirten. 

Trotz aller dieser Schube war das Allgemeinbefinden der Bat. ein 
leidlich befriedigendes, insofern die Bat. für einige Tag’«* fiele rtrei wurde, 
und die Schmerzen nacbliessen. So ward ich in dieser Zeit in meiner ur¬ 
sprünglichen Diagnose etwas schwankend und geneigt, mich der Diagnose 
eines Erythema muitifnrme anzusehiies<en, die von anderer Seite gestellt 
wurde. Der f» rnere Verlauf der Allee tioii >ollte mir indess sehr bald Hecht geben. 

Fs erfolgte nämlich jetzt eine intensive sern-e Durchfränkung und 
dadurch bedingte Schwellung 1 der betroffenen Gewebe, mit welcher eine 
erneute intensive Schmerzhaftigkeit einlicrging. Im Verein mit der zu¬ 
nehmenden Neigung der Eftlorescen/en, sieh peripher ausziidelmen und 
zu cuniluiren, kam es hierdurch im Gesicht zur Ausbildung eines ty¬ 
pischen, nach Kaposi für die acuten Formen des Lupus **r\ i leunatosus 
charakteristischen „persGtirenden Erysipels^, durch weiches das Gesicht 
hochgradig gedunsen und unförmlich entstellt erseliicn. Die betroffenen 
Partien desselben bekamen eine tief brauniothe Dis hliiniich-violette Farbe 
und bedeckten sich fheilweis*» mit reichlichen schmierigen, gelhhriiun- 
lichen Krusten; es machte in der That den Findruck, als *>b es sich um 
ein sehr acutes Fkzem oder ein in der IiiV'duiion belindliehes Frysipel 
handelte. »Kaposi.) I)urch diese hochgradig»* ddcmat"se Durchtränkung 
kam es auch auf beiden Handrücken zu r'dchiicln-r Bildung vmi <ehmie- 
rigen Krusten, zwischen denen ein zuerst s er-*<«*<. später eitriges Seer»t, 
hervorsickerte. Nach Entfernung d» j r Borken, welehe th.-ils spontan er- 


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Beitrag zur Lehre vom acuten erytheinatösen Lupus. 


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folgte, tlieils durch die Salbenverbände bedingt war, lag der erodirte, 
leicht blutende Papillarkörper entweder bloss zu Tage, oder er war mit 
schmierigem, anscheinend au9 macerirtem Epithel bestehendem Belag be¬ 
deckt. Zu gleicher Zeit machte sich diese erneute Schwellung und seröse 
Durchtrünkung auf den befallenen Schleimhäuten geltend, so dass in 
Folge der Schmerzhaftigkeit das Schlucken erschwert und sehr bald fast 
unmöglich gemacht wurde. Der geringe Appetit der Patienten lag bald 
völlig darnieder, und die künstliche Ernährung musste eingeleitet werden. 
Mit der erneuten Transsudation in die Gewebe war auch das Fieber 
— nach sechstägiger Pause — wieder angestiegen, um sich bis zum Tode 
mit geringen Uriterbreitungeii auf der Höhe von etwa 40° zu halten. 

Die durch die intensive Trans- und Exsudation bedingte Abhebung 
und Maceratiuii des Epithels trat nun allinälig mehr in den Vordergrund, 
so dass dadurch der Eindruck der Phlykfäniisation, resp. au anderen 
Stellen, wo es durch Coiiliuenz zur Entstehung grösserer Plaques ge¬ 
kommen war, z. B. auf den Fingerrücken, dem rechten Vorderarm und 
auf dem linken Fussriickeu zeitweilig der Eindruck einer Bullenbildung, 
zum Theil hämorrhagischen Charakters, hervorgerufen wurde. Zur Ent- 
stehung wirklicher Blasen kam es indess selten; vielmehr wurde die Epi¬ 
dermis in kleineren und grösseren unregelmässigen Fetzen abgestosseu. 
Allinälig und ganz continuirlieh ging diese Zerstörung in die Tiefe weiter. 
Es kam zur Blosslegung des Papillarkörpers und endlich zur Zerstörung 
desselben, wie der oberflächlichen Schichten des Coriums, so dass un¬ 
regelmässig begrenzte, llacbe Substauzverluste, von lOptennig- bis Mark¬ 
stückgrösse entstanden, die eitrigen resp. hämorrhagischen Grund hatten, 
sich zum Theil im Verlauf der Krankheit etwas reinigten und vorüber¬ 
gehend sogar centrale Epidermisneubildung aufwiesen. An einzelnen 
Stellen, wo das subcutane Fettgewebe gering entwickelt war, so auf dem 
linken Fussrüeken und auf den dorsalen Flächen der ersten Phalangen 
fast säinintlieber Finger, kam es sogar zur Zerstörung des ganzen Coriums, 
so dass hier schliesslich die Fascie resp. die Musculatur entblösst zu 
Tage lag. Ferner trat in dieser Zeit ein stinkender Ausfluss aus der 
Scheide auf, der, wie später die Section ergab, auf zahlreiche Llceratiuneii 
derselben zunickzuführen war. 

Hand in Hand mit diesen schweren Veränderungen auf der Haut 
und den Schleimhäuten ging eine rapide Verschlimmerung des Allgemein¬ 
befindens. Die Drüsen schwollen zu grösseren schmerzhaften Packet eil 
an, besonders am Halse; ebenso schienen die Schmerzen in den Knochen 
und Gelenkem besonders der Finger noch zuzunehmen. Die Kranke ver¬ 
weigerte die Nahrungsaufnahme, sie fing an zu deliriren, sie wurde 
schliesslich komatös und war die letzten 8 Tage ihres Lebens fast mori¬ 
bund. Stuhl- und Harnentleerung erfolgten unfreiwillig. Der Verbaml- 


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K o e li. 


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Wechsel konnte schliesslich nur noch im Wa>scrbade \ orgenommmi werden: 
aber auch jetzt noch liess das unaufhörliche Wimmern der Patientin auf 
die heftigen Schmerzen sehliessen, welche sie trotz ihres Komas empfand. 
Schliesslich trat noch ein Pecubitalgeschwür am rechten Ellenbogen 
hinzu, die Kranke ac<juirirte eine Bronchopneumonie und starb, nach¬ 
dem das 14tägige hohe Kicher am vorletzten Tage die oxoessive Hohe 
von 4T<i° erreicht hatte, unter den Erscheinungen einer in acute^ter 
Weise verlaufenen schweren Infeetiomkrankheit ; — nach 2-Mägigeiu Auf¬ 
enthalt im Krankenhaus und G Wochen, nachdem sie an sich selbst die 
ersten Erscheinungen auf der Haut beobaehtet hatte. 

Die Seetiou (II. Prof. Langer ha ns) ergab au>x*r der ana¬ 
tomischen Diagnose einer Dermatitis papulü-ulcomsn das Vor¬ 
handensein von zahlreichen Ulcerationen im Pharynx, Larvnx, 
der Trachea und der Vagina, ferner das Vorhandensein inner 
frischen Pronchopneunionie, cijies Irischen Milztumors und zahl¬ 
reicher kleiner Verfettungen und Trübungen im Parenchym 
der Nieren. der Leber und des llerzfloischos, also von Verän¬ 
derungen, wie sie ganz im Allgemeinen auf die schwere Infec- 
tion bzw. auf das langdauernde hohe lieber und die intensive 
Prostration bezogen werden müssen, die aber in keiner WYDe 
irgend einen Schluss auf ein bestimmtes pathogenes Agens 
gestatteten. — Nirgends (‘ine Spur von Tubcrcub^e. 

Die mikroskopische Untersuchung- ox'ddirter und in Alkohol ge¬ 
härteter Ilautstüekchen zeigte, dass es sich um einen Iniiltrationsproeess 
handelte, der in erster Linie die oberflächlichen Schichten des ( orium, 
bez. den Papillarkörper hotruf und sieh zuerst in der Umgehung der 
Gefässc vorfand, das Lumen derselben stellenweise vnilig oblitcrireud. 
Diese Iniiltration betraf in geringerem Grade die Umgebung der Loilikel, 
der Talgdrüsen und der Ausführung^gänge der Schweißdrüsen. An 
anderen Orten gebt der Brucess in die 'liefe bis in d;is subentane Fett¬ 
gewebe, localidrt sich hier ausschliesslich in der Umgebung der GefÜße 
und bringt hier dieselben Veränderungen an ihnen hervor. Mit dn-.M-r 
Peri- und Kndova^culitis gellt eine sehr starke Transsudat i<-n der Epi¬ 
dermis und der oberen Coriumschichten einher. Sie hat zur Aul’ijuellung 
und Abhebung der Ilornschicht und zur Lockerung der Ib-trzellen ge¬ 
führt. An anderen Stellen ist es zur BJo>>legimg und zum Schwund 
auch der Stachelzellenschicht gekommen, ferner sueeexive, durch Etabli- 
rung theiis oberflächlicher, theils tieferer Ulcerationen, zum Schwund des 
Papillarkörpers und der oberen Schichten der Lutis, so dass diese erhehiieh 
verschmälert ersclieint. Schliesslich ist nur noch ein schmaler atrophischer 
Uutisrcst übrig geblieben, in dessen obersten Schichten zahlreiche, sein- 
stark dilatirte, mit zu Grunde gegangenen i-othen BIutk<»rj m*i clc-n voll- 
gestopfte Gefässc, zum Theil auch Haniorrbagi»*n zu erblicken s : nd. 


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Beitrag zur Lehre vom acuten erythematösen Lupus. 

Ehe ich diesen kurz skizzirten mikroskopischen Befund 
eingehender würdige, möchte ich die klinischen Eigen- 
thümlichkeiten des Falles besprechen, der sich, um das vor¬ 
weg zu nehmen, nach jeder Richtung hin als ein im K a p o s i- 
schen Sinne „gewissermassen typischer“ und sehr charakteri¬ 
stischer erweist. Ich bespreche zunächst die localen Ver¬ 
änderungen mit ihren Begleiterscheinungen, später die 
Störungen des Allgemeinbefindens. 

Während sich auf den Händen vor vornherein die aggre- 
girte Form der Affection entwickelte, fing sie im Gesicht als 
typischer, fast violetter, schmetterlingsförmiger *) Diskus an, in 
dessen Umgebung sich später zahlreiche disseminirte El'flores- 
cenzen entwickelten. Es hat sich also im Anfang wenigstens 
um eine Mischform zwischen den beiden Varietäten Kaposi's 
gehandelt, während später allein der aggregirte Typus bestand. 
Durch derartige Uebergänge der einen Form in die andere 
wird die Zusammengehörigkeit der in ihren Extremen anschei¬ 
nend gänzlich differenten Krankheitsbilder zur Evidenz er¬ 
wiesen. 

Die Entwicklung der einzelnen Efflorescenz erfolgte, 
soweit ich sie im Verlauf der Krankheit beobachten konnte, 
in doppelter Weise. Einmal entstanden rein erythematüse. oft 
ringförmige, dunkelrothe Effioresconzen, die ausgesprochene 
Neigung zeigten, stationär zu bleiben, sich überhaupt durch 
ihre Stabilität auszeichneten, und erst im weiteren Verlauf 
sich mit schmierigen Schuppen bedeckten; andererseits ent¬ 
wickelten sich stecknadelkopfgrosse, sich rasch vergrüssernde, 
ödematöse und sich bald mit einer Schuppe oder Kruste be¬ 
deckende gelbbraune bis blaurothe Knötchen, die an den 
Stellen, wo sie spärlicher waren, ebenfalls sehr stabil blieben, 
während sie dort, wo sie dichter standen, bald confiuirten 
und zur Bildung grösserer mit schmierigen Borken bedeckten 

') Ich lege nicht etwa besonderes Gewicht auf die Schmetterlings- 
form, als vielmehr auf die sonstigen Eigenthümlichkeiten dieses primären 
Diskus (siebe oben). Die schmetterlingsförmige Anordnung ist wohl durch 
locale Momente, wahrscheinlich durch die Vertheilung der Gefässe, bedingt 
und kommt jedenfalls sicher auch bei anderen Affeetionen z. B. Rosacea 
und Erythema multiforme vor. 


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riaques Veranlassung gaben. Jedes Knötchen war von einem 
erythematösen helleren Hof umgeben; in Ueberein>timmuiig mit 
Boeck 1 ) beobachtete ich später ein alliniiliges Kinsinken der 
Knötchen, nachdem vielfach die Bildung einer kleinen Phlyetäne 
vorangegangen war. 2 ) — Die von Kaposi für einzelne Fälle 
beschriebenen, nussgrossen, bis in's subcutane Bindegewebe 
reichenden, von normaler Haut überzogenen, teigigen schmerz¬ 
haften Knoten habe ich nicht beobachtet. a ) 

I m so grösser ist dagegen die Uebereinstiimnung mit 
dem von Kaposi geschilderten Krankheitsbilde, welche durch 
die ödomatöse Durehtriinkung der befallenen Gewebe hervorge¬ 
rufen wird. Durch diese kommt es im Verein mit der zu¬ 
nehmenden Confluenz der Knötchen, wie der eircumpapulösen 
Böthung. zur unförmlichen Anschwellung der Iliinde und Finger, 
an der auch das subcutane Bindegewebe und die Gelenke be¬ 
theiligt erscheinen. Fs entwickelt sich in ausgesprochener 
Weise das Bild einer localen Asphyxie, eines Lupus erythe- 
mateux aspbyxique der Franzosen. Der gleic he Proress spielt 
indes auch im Gesicht; hier wird er dadurch etwas modifieirt, 
dass der asphyctische Charakter der Schwellung in den Hinter¬ 
grund tritt, res}>. dass hier die Stauung in den Gebissen ge¬ 
ringer Dt. 

Es kommt liier, sowohl durch Yerirrossoning des primären 
Eisens als durch Neuentwicklun.tr und Confluenz in der Peri¬ 
pherie entstehender aggrejrirter Elllorescenzen und die damit 


’) Bo eck. Zwei eigenthiimliche Fälle von Lupus ervthem. dissem. 
Kor.sk magazin iör Laegovidenskaben. lSHo. 

r ) Die von Kaposi beschriebene, mich Ablösung der Kruste zti 
'Lage liegende delligo Vertiefung und den dieser entsprechenden Zapfen 
halte ich wohl für charakteristisch, nicht aber gerade für pat hognomoniscdi ; 
diese Eigenheiten finden sich wohl bei jedem mit einer Kurbe ausheilen¬ 
den Substanzverlust der Haut. Sind die Follikel, was häutig der Fall ist, 
betheiligt, resp. dilatirt, so wird natürlich leicht der Follikelpiropf an der 
Kruste haften bleihen. 

3 ) Wenigstens nicht klinisch, da der schwere Zustand der Patientin 
eine eingehende Betastung der ausserst schmerzhaften erkrankten Partien 
verbot; mikroskopisch habe ich dagegen ziemlich umfangreiche, wohl 
diesen gleichwertige (ieiassintiltrate im subcutaneii Fettgewebe gefunden. 
'Vgl. Fig. f>.) 


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Beitrag zur Lehre vom acuten erythematoden Lupus. 


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einhei'gebentle intensive Transsudation der Gewebe zur Ent¬ 
wicklung einer braunrotben, von guirlandenformigen Rändern 
begrenzten, mit schmierigen Borken bedeckten Riesenplaque, 
durch welche das Gesiebt unförmlich gedunsen erscheint und 
die lebhaft an ein in der Rückbildung begriffenes Erysipel er¬ 
innert. 1 ) Dass es sich hierbei, wie Kaposi meint, um wirk¬ 
lichen Rothlauf handelt, kann ich nicht zugeben, wenigstens 
nicht für die von mir beobachteten zwei Fälle, dass heisst für 
den hier vorliegenden und einen zweiten, den ich in der Privat¬ 
praxis meines verehrten früheren Chefs, des Herrn Dr. Jadas- 
sohn, zu sehen Gelegenheit hatte. 2 ) 

Vielmehr war in diesen Fällen die Entstehung des P Ery- 
sipelas perstans“ auf die eben geschilderte Weise deutlich zu 
beobachten. Pie Röthung ist ausserdem für ein Erysipel von 
Anfang an zu dunkel — in meinem Fall sah das Gesicht ge¬ 
radezu violett-roth aus — und die Transsudation und Krusten¬ 
bildung eine zu intensive. Ferner spricht gegen ein Ery¬ 
sipel die stabile guirlandenartige Begrenzung und die inner¬ 
halb der Plaque befindlichen ausgesparten rundlichen, weissen 
Stellen, sowie überhaupt die Stabilität des ganzen l’rocesses 
der in fast unveränderter Intensität mehrere Wochen lang sich 
auf denselben Partien hält. 3 ) Nach meiner Auffassung, die 
übrigens, wie mir bekannt ist, von Jadassohn getheilt wird, 
handelt es sich hier vielmehr um denselben Proccss, wie an den 
Händen, d. h. um eine acute und sich durch die intensive 
seröse Durchtränkung der Gewebe als solche kennzeichnende 
locale Exacerbation des aggregirten Lupus erythematosus. 4 ) 

’) Vgl. die meisten der 11 Falle Kaposi’s, ferner ein Fall von 
Lassar resp. Ros ent lial, Berl. dermal. Vereinigung, 5. Nov. 183'j, die 
beiden Fälle Boeck’s (1. c.). 

2 ) Auch in diesem Fall, der dem ineinigen in Bezug auf Morpho¬ 
logie und Localisation der Eftiorcscenzen ganz ausserordentlich glich , 
handelte es sich um eine junge weibliche Person, die bald ins Kranken¬ 
haus verlegt werden musste, wo sie nach einigen Wochen elend zu Grunde 
ging (Bronchopneumonie). 

3 ) Fine Ausnahme scheinen der 3. und 10. Fall Kaposi’s zu bilden, 
in denen von einer Wanderung des Erysipels berichtet wird. 

4 ) Es wird also das Bild eines Erysipels nur vorgetauscht, so dass 
der Name r Pseudoerysipel u vielleicht passender sein dürfte. — Interessant 


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K och. 


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4s 


Die Uebereinstimmung mit Kaposis Fällen geht noch 
■weiter. Wie in seinem <». und 9. Fall kommt es in dem meinen 
zur Entwicklung von lMilyctänen, stellenweise von Blasen, deren 
zerklüftete Decke aus maeerirtem Epithel bestellt. Der Inhalt 
der nur kurze Zeit bestehenden Wasen ') ist anfänglich serös, 
später eitrig, zum Theil hämorrhagisch. 2 ) Nach Abhebung des 
Epithels liegt der leicht blutende, erodirte, resp. exculcerirte 
Papillarkörper zu Tage, der bald mit den oberflächlichen 
Schichten der Cutis gänzlich verschwindet, so dass vielfach un¬ 
regelmässige, Hache, bisweilen tiefer greifende Substanzverluste 
resultiren. Diese scheinen mit Vorliebe an den Extremitäten, bei 
den sogenannten asphyctischen Formen des generalisirten erythe- 
matösen Lupus vorzukommen („Lupus erythematosus pernio -1 
Besnier.) •'*) 

Ferner finden sich in meinem Fall sehr zahlreiche, übrigens 
wenig eharaeteristische. flache Ulcerationen auf den Schleim¬ 
häuten, und zwar auf dem harten Gaumen, im Pharynx. Larynx, 
in der Trachea und Vagina. Sie entwickeln sich aus oberfläch¬ 
lichen lividen, von schmalem rothem Band umgebenen Erosionen 
und geben Anlass zu intensiven Schmerzen, resp. Schluckbe- 


war die Entstehungsw r eisc dieses Pseudoerysipels in meinem im Crgensatz 
zu dem oben erwähnten Breslauer Falle. Im letzteren entstanden von 
vornherein aggregirte Effloreseenzen, die allmälig mit scharfem rothem 
Band in der Peripherie vorwärtsschritten, wahrend das Centrum der 
Etllorescenzen vielfach abblasste, so dass ein Herpes iris v<>rgetäu$cht 
wurde oder vielmehr das klinische Bild eines „Lupus erythematosus iris a 
(Besnier) vorlag. (Vgl. Fall 7 von Kaposi.) Frst später kam es durch 
die acute Steigerung des IYocesses zur Ausbildung eines typischen persi- 
stirenden Pseudoerysipels. In meinem Fall schloss sieh das letztere un¬ 
mittelbar an die blaurothe schmetterlingsfbrmige Primäreftloroscenz des 
Gesichts an, während neue, in der Peripherie entstehende Fflbuvseenzcn 
mit ihr allmälig zu einer einheitlichen Biesenplaque verschmelzen. (Vgl. 
Fall 6 von Kaposi.) 

*) Vgl. die „pemphigusartige“ Eruption im Fall von l'etrini. (1. e.) 

2 ) Entsprechend findet sich im (-entmin einzelner Knbtchen später 
oft ein schwärzlich blauer Punkt, anscheinend eine centrale Hämorrhagie. 

3 ) Vgl. Besnier. Trad. des leruns de Kaposi. Bd. II p. 2bO. 
[„II se produisent des points de necrose aux quels correspondent des exulce- 
rations bourgeonnantes, superficielles, croüteuses, a. la repetition desquellos 
succedent des veri tables pertes de substanco, sur le dos des mains 
avec lividite plus acCentime.**) 


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Beitrag zur Lehre vom acuten erytbematüsen Lupus. 


49 


schwerden, zu Foetor ex ore und zustinkendem Ausfluss aus der 
Scheide. Auf beiden Stimmbändern fand sieb je ein derartiges 
flaches Ulcus vor. Es gehört meines Wissens zu den grössten 
Seltenheiten, dass Efflorescenzen des acuten Lupus erythematosus 
im Kehlkopf 1 ) und in der Vagina beobachtet worden sind. 

Zu den Begleiterscheinungen der localen Verände¬ 
rungen rechne ich die Drüsen- und Gelenkschwellungen und 
die Schmerzen. Drüsentumoren fanden sich im Fall 1, 6, 7 
Kaposi’s, den beiden Fällen Boecks, dem Fall von Hallo- 
peau.und le Damany, 2 ) von Arning 3 ) und Leredde 4 ) 
in dem schon erwähnten Jadassohn’schen Fall; wie in dem 
letzteren, so ist auch in verschiedenen anderen ihre tuberculöse 
Natur mit Sicherheit nachgewiesen. 5 ) Die Schwellungen der 
Gelenke sind besonders an den Händen und Füssen, bezw. 
Fingern und Zehen ausgeprägt. Iu einzelnen Fällen, so in denen 
von Stern, 6 ) Philippson 7 ) und dem meinigen, hat früher 
ein acuter Gelenkrheumatismus bestanden. ®) — Die Schmerzen 
sind wohl in allen acuteren Fällen vorhanden, und zwar werden 
sie anscheinend am intensivsten in den Extremitäten, speciell 
den Fingern, empfunden, wo sie häufig in die Knochen und 
Gelenke verlegt werden; etwas weniger schmerzhaft scheint die 
pseudoerysipelatöse Anschwellung des Gesichtes zu sein. Diese 
Knochenschmerzen lassen darauf schliessen, dass wahrscheinlich 

*) Eine Angabe über Lupus erythem. des Larynx habe ich nur bei 
Besnier (1. c. p. 263) gefunden. 

2 ) Ha 11 opeau et 1 e Daman y. Lup. erytli. ou Fulliclis. Societe 
frane. de denn, et syph. 20. Apr. 1895. 

3 ) Arning. Mittheilungen über Versuche mit der Kochschen 
Iujectionsflüssigkeit bei Lepra und Lup. ervth. Deutsche med. Wochen¬ 
schrift Nr. 50, 1890. 

4 ) Leredde. Adenopathie suppuree au cours dam lupus erythem. 
Presence du bacille de Koch dans le pus. Annal de Derm. de Syph. 
1894. p. 658. 

5 ) Jadassohn. Lup. ervth. Allgem. Pathologie von Lu barsch 
und Oster tag, III. Abtheilung, Bd. II, 32. Nr. 10. 

6 ) Stern. Wiener med. Woehensehr. 1876. Nr. 38. 

7 ) Philippson. Berl. kliu. Wochenschr. 1892. Nr. 35. 

*) In einem Fall Kaposi’s (Verhandl. der Wiener dermatol. Ges. 
18. Juni 1890), der ein lüjähriges Mädchen betraf, war eine Purpura vor¬ 
ausgegangen. 

Archiv f. Dermatol, u. Svphil. Band XXXVII. ^ 


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K o eh. 


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auch in diesen tieferen Partien sich der gleiche Process, wie 
in der Haut, abspielt. 

Wenn ich mich schliesslich zu den Allgemeiner- 
scheinungen wende, so ist auch nach dieser Eichtling hin der 
von mir beobachtete Pall in jeder Hinsicht ein typischer ge¬ 
wesen. Das Fieber war iin Anfang unregelmässig remittirend, 
fiel dann vorübergehend mit dem Nachlassen der Transsudations¬ 
erscheinungen zur Norm, um sich darauf mit Ausbildung des 
Pseudoerysipels und der asphvctischen Schwellung der Hände 
fast contiiiuirlich auf der Hübe von 40° zu halten. M Auch die 
Entwicklung des typhoiden Zustandes, die intensive Prostration, 
die Bewusstseinsstörungen mit Ausgang in Delirien und Coma, 
der schliessliche Exitus letalis, der durch eine zuletzt sich 
entwickelnde Pironchopneumonie, vielleicht auch durch das 
accidentelle Decubitalgeschwiir am rechten Ellenbogen be¬ 
schleunigt wurde, ist ein so typischer, dass nach dieser Pichtung 
hin mein Fall den analogen Fällen Kaposi's resp. der Schilde¬ 
rung BesnierV 2 ) in jeder Einzelheit getreulich entspricht. 

Schliesslich hat es sich auch in meinem Fall, wie in fast 
allen anderen, um eine Person weiblichen Geschlechtes in dem 
Pubertätsalter gehandelt. Eine Ausnahme bilden nur der 
(i. Fall Kaposis, ein Fall von Jamiesoir 1 ) und die beiden 
Fälle Boeck's, die jüngere Männer betraten. 

In mikroskopischer Hinsicht stimmt der von mir 
beobachtete Fall völlig mit den Ergebnissen der neueren 


*) Eine Ausnahmestellung nimmt ein zweiter Fall Eassar's (Herl, 
dermat. Vereinigung. 7. Febr. 1SU;J) ein, in dem es zu sehr regelmässigen 
febrilen Anfällen kam. 

0 Vgl. dieselbe, wie fulgt (Bd. II p. 2.“9): „I/aufre ivarirfe), propre 
aux adultes, rare, quelquefois subaigue, avec ou san^ arthmpathies, eneore 
curable. mais d’autres Ibis, aiguf*, galopante, inleetieuse, maligne, menant, 
avec ou sans remissions, ä hi terminaison funeste, avec Ifsions pulmo- 
naires tuberculeuses, nephrite albumineuse, etc. Fans ces fornies maligne*. 
Faflectiun peut encore presenter des remissions a<sez prononcees pour 
faire prendre le elmnge; mais des poussees noiivelles se manife*1ent ; des 
stasos circulatoii'es con.dderubles apparabsent aux extrrmites. qui “ont 
dans un veiitable etat dasphvxic locale; des eumplications pulmonaires. 
eardiaques, et renales, se manifestent, et la inort survimt rapidemeiit". 

3 ) Jamieson. Edinbourgh med. Journ. Mai l^TS. 


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IM trag zur Lehre vom acuten erythematösen Lupus. 


51 


Untersuclier überein. Die Veränderungen sind sogar, wenn 
man ihre chronologische Reihenfolge und besonders ihr End- 
ergebtiiss im Auge behält, recht charakteristische, so dass die 
klinische Diagnose durch die mikroskopische Untersuchung 
nach meiner Ansicht ganz erheblich gestützt wird. 

Wie ist nun der oben kurz skizzirte mikroskopische Be¬ 
fund im Einzelnen zu deuten, in welcher Weise folgen die 
Veränderungen aufeinander, und wie stimmen dieselben über 
ein mit den klinischen Erscheinungen? 

Die früher ’) verbreitete Ansicht, dass es sich bei dem 
Lupus erythematosus vorwiegend um eine Erkrankung der 
drüsigen Theile der Ilaut handle, ist bekanntlich verlassen; 
vielmehr stimmen die meisten neueren Autoren *) darin über¬ 
ein, dass die primäre Erkrankung die Gefässe betrifft und 
dass die Drüsen nur insofern betheiligt erscheinen, als in ihrer 
Umgebung auch die Gefässe reichlicher zu sein pflegen. 

Meine Untersuchungen stimmen im Grossen und Ganzen 
mit den Ergebnissen von Leloir 3 », Schütz 4 ) und theihveise, 
auch von Unna 5 ) überein.' 1 ) Die Erkrankung beginnt an den 
Gefässen des Papillarkörpers und gibt hier zur Infiltration und 


*) Vgl. Hebra. Versuch einer auf pathol. Anatomie gegründeten 
Eintheilung der Hautkrankheiten. Zeitschrift der k. k. Hes. der A**rzte. 
1845; ferner Gazen ave. Annal. des maladies de la peau et de la syph. 
1850—51; Xc*u mann. Beiträge zur Kenntnis des Lupus erytli. Wiener 
nied. Wochenschrift. 18bo: Geddings. Sitzungsbericht der kaiserlichen 
Akad. der A\ issensch. 1SÜS; Kaposi 1. c. und Stroganow. Zur pathid. 
Histologie des Lup. eryth. Centralbl. f. d. nied. Wis>en<ch. 1877. 

2 ) Vgl. Geber. Zur Anatomie des Lup. erytli. Archiv für Denn, 
und Syph. 187(i; ferner Neumann. Lehrbuch der Hautkrankheiten. 18M). 
Thin. Lancet 1875 und Malcolm Morris. Lupus eryth. The Ilritish 
Journ. of derinat. Nov. lsD2. 

3 ) Leloir et Vid al. Sur Tanatomie pathologhjuc du lupus. Comptes 
rendus de la societe de 1 biologie. 18<2. Vgl. Besnier 1. c. 

*) Schütz. Mittheilungon über mikroskop. Präparate von Lupus 
eryth. Archiv f. Denn, und Syph. ]M)0. 

* r ’) l nna. Histopathologie der Hautkrankheiten. 1804. 

6 ) Abweichungen im Einzelnen finden vielleicht dadurch ihre Erklä¬ 
rung. dass meine ITitersuchungen einen acut<*n exanthematischen Fall 
betretlen, während sich z. B. die Darstellung ( nna's nur auf die chro¬ 
nischen Formen bezieht. 

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Ivocfc. 


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Wucherung der Gefäßwände Veranlassung. Dieses kleinzellige 
Infiltrat durchsetzt nun tlieils zieudich gleichiuässig. theils in 
unregelmässigen kleinen Herden, die obersten Schichten der Cutis, 
um nach unten rasch auf/.uhüren (Fig. ].); am reichlichsten 
findet es sich nächst der Umgehung der Gelasse, um die 
Wandungen der Talgdrüsen und Follikel, welche letztere häufig 
dilatirt und mit verfetteten Zellen angefüllt erscheinen, resp. als 
Comedonen imponiren(Beginnende Atrophie Unna.) Fbenso j»Hc‘gt 
die Umgehung der Ausfiihrungsgiinge der Schweissdriisen stärker 
infiltrirt zu sein. Zu gleicher Zeit kommt es, offenbar in Folge des 
durch die Gelasse vermittelten Reizes, zu intensiver seröser, resp. 
fibrinöser Durchtränkung des Coriums, besonders aber der 
Kpidermis, zur Aufquellung und Auseinandcrdrängung der ein¬ 
zelnen Epithelschichten, und schliesslich stellenweise zur Ab¬ 
hebung der Hornschicht durch das Exsudat. (Fig. 1, 3 und (>.> 
Die Zellen des Stratum granulosum erscheinen gequollen, seine 
obersten Lagen stellenweise auseinandergedrängt, die Kerne 
häufig bläschenförmig. — Diese Veränderungen entsprechen 
dem ersten Stadium des I'roeesses, welches klinisch durch das 
Auftreten oberflächlicher ödematöser Knötchen resp. ervthema- 
tüser Eftloresceiizen und miissiger seröser Durchtriinkung der 
Gewebe gekennzeichnet ist. 

An verschiedenen, mehr umschriebenen Stellen geht nun 
der Process in die Tiefe, zugleich an Intensität gewinnend. 
(Fig. 2 und 3.) Auch hier ist anscheinend die Getä>sinfiltration 
das Primäre und am meisten m die Augen Fallende; die Ge¬ 
lasse sind in den tieferen Coriumschichten, wie im subcutanea 
Fettgewebe vielfach von sehr reichlichem Infiltrat umgehen, so 
dass sie bis zur Unkenntlichkeit verhüllt und stellenweise gänz¬ 
lich obliterirt sind. (Fig. 8.) An anderen Stellen, wo das Lumen 
erhalten ist, ist dieses häufig dicht vollgestopft mit rothen 
Pdutkorperchen. Wo die Gefässe zahlreicher sind, finden sie 
sich durch einzelne Stränge von Infiltrationszoneu vereinigt; 
sind Schweissdriisentubuli in der Nähe, so ist ihre Umgehung 
manchmal in mässigetn Grade infiltrirt, meist aber fiei. 

Diesen hochgradigen, durch die Gefäs>e vermittelten Er¬ 
nährungsstörungen entspricht eine sehr intensive üdematö^e 
Durchtränkung. Die Pindegewebsbalken des Coriums werden 


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Beitrag zur Lehre vom acuten erytheinatösen Lupus. 


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auseinandergedrängt, so dass es durch die vielfach entstehen¬ 
den, mit den Lymphspalten communicirenden „Lymphseen“ 
(Unna) eine ödematöse, salzige Beschaffenheit gewinnt. 1 ) Die 
Epithelzapfen, wie die denselben entsprechenden Papillen, sind 
anscheinend verlängert und verbreitert, das Exsudat hat zur 
Durchbrechung der oberen Epithelschichten, resp. zur Ab- 
stossung derselben geführt, so dass an vielen Stellen die 
tieferen Schichten des Stratum granulosum zu Tage liegen. 
An anderen Stellen sieht man Durchschnitte von Krusten über 
dem zum Theil nach aussen durchgesickerten Exsudat liegen, 
an anderen finden sich ausserhalb dieses Exsudats, über den 
schon halb zu Grunde gegangenen basalen Stachelzellen, Hau¬ 
fen von dichtgedrängten Rundzellen, resp. Eiterkörperchen. 
(Eig. 4.) — Dieser Zustand entspricht dem Höhepunkt des Pro- 
cesses, auf dem man derbe, ziemlich tief reichende, papulöse 
Eftlorescenzen vor sich hat, die in Folge der localen Circulations- 
störungen einen ausgesprochen asphyktischen Charakter haben 
und theilweise unter intensiver Transsudation und Borkenbil¬ 
dung der Maceration resp. der Umwandlung in Phlyctänen und 
eiternde oder hämorrhagische Substanzverluste (Ulcerationen) 
anheim gefallen sind. 

Im weiteren Verlaufe nun kommt es zur Resorption des 
Exsudats. Die Stachelzellenschicht wird gänzlich blossgelegt, 
indem alle übrigen Bestandtbeile der Epidermis zur Abstossung 
gelangen; die vordem stark gewellte Grenzlinie zwischen 
Cutis und Epithel ward, da der Papillarkörper gänzlich zu¬ 
grunde geht, zu einer fast geraden Linie verstrichen. Von dem 
Epithel bleibt schliesslich nur die unterste Zellreihe erhalten, 
bis auch diese endlich verloren geht. (Eig. 3 und 5.) Zugleich 
verschwindet das Oedem der Cutis, die Bindegewebsfasern er¬ 
scheinen zusammengedrängt und verschmälert, die Kerne da¬ 
durch vermehrt; letztere sind sehr klein, atrophisch, ge¬ 
schrumpft, eckig. (Eig. 7.) Das ganze Corium ist sehr ver¬ 
schmälert, wie zusammengesintert; an einzelnen Stellen sind 


') Pagegen bube ich, in Uebcrcinstimmung mit Jadassolin, fl. e.) 
von einer centralen Kanalidrung der Zellenbeerde und der Ausbildung 
eines Röhrensystems, wie sie Unna beschreibt, nichts entdecken können. 


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f)4 


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mir der Papillarkörper, re^p. die oberen Schichten der Cutis 
zugrunde gegangen. an anderen hat hie schliesslich gänzlich 
gefehlt, wie das Xutageliegen der Eascien der Finger bewies. 
In den oberen Schichten dieser atrophischen. einer Narbe 
gleichenden Cutis finden sieh sehr zahlreiche, ausserordentlich 
stark dilatirte. meist venöse Befasse. dit* vollgestopft sind mit. 
zugrunde gegangenen rotlien Blutkörperchen, während die tie- 
lasse in der Tiefe, bezw. im subcutanen Fettgewebe. den oben 
geschilderten Zustand aufweisen. «Eig. 5 und S.) Vielfach finden 
sieh in der Umgebung dieser dilatirten Venen auch Hämor¬ 
rhagica. Die drüsigen Elemente sind, ebenso wie die Follikel, 
in diesem Endstadium völlig zugrunde gegangen. 

Diese tiefgreifenden Ernährungsstörungen sind wohl — 
abgesehen von dem zu supponironden specitischen, durch die 
Befasse vermittelten und direct die (iewebo tretenden 
Krankheitsvirus — auf die Intiltration und Obliteration der 
Blut zufiihrenden Belasse, dann aber auch vielleicht auf die 
von Unna 1 ) angenommene, durch den Evinphstrom statttindende 
F'ortspülung des Zellmaterials, resp. die Ilineinbeziehung 
desselben in das Exsudat — zurückzufiihren. Auf diese Weise 
würde sich die venöse Stauung, wie die schliesslich eintretende 
Atrophie am besten erklären lassen. — ln klinischer IIinsieht 
entspricht dieser zuletzt geschilderte mikroskopische Befund 
dem 3. resp. Eiidstadiuin, in dem es unter dem Bilde von 
flachen, in der Peripherie vorwärNschreiteiiden. manchmal 
tiefer gehenden Ulcerationen zur Etahlirung von zum Theil 
sich allmälig reinigenden Substanzverhisten gekommen ist. 

Eerner noch einige Worte üh(*r die Natur der Zellen, 
welche das „kleinzellige Infiltrat-* 4 zusammensetzen. Sie ge- 
höreii — abgesehen von den zahlreich zu heohachtendeii Fibro¬ 
blasten — grösstentlieils den protoplasmaarmen llundzellen 
an. hei denen ein schmaler ITotophtsmarand einen grossen 
centralen Kern umgibt. (Eig. 0.) Zwischen ihnen linden sich 
ziemlich zahlreiche epithelioidc Zellen, und ferner häufige Mast¬ 
zellen. (Eig. S.) Eigentliche Plasmazellen lUnnai habe ich nicht 
gefunden, auch nicht im allerersten Stadium der Erkrankung. 

1 1 Vgl. r tihu l. r. 


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Keitrntf zur Lehre vom acuten erytheinatösen Lupus. 


0 0 


in welchem dieselben nach Unna vorübergehend zu finden 
sind. Riesenzellen waren nirgends zu sehen, wie es bei der 
acuten entzündlichen Natur des Processes nicht anders zu er¬ 
warten w r ar. 

Pie Rundzellen lassen nun ebenfalls schliesslich eine tief¬ 
gehende Ernährungsstörung erkennen; sie betheiligen sich an 
der zuletzt eintretenden Atrophie, indem sie eckig, geschrumpft 
und sehr verkleinert erscheinen. Epithelioidzellen sind in 
diesem Stadium nicht mehr zu erkennen; dagegen sieht man 
hin und wieder Trümmer von Mastzellen in dem Gewebe ver¬ 
streut liegen. (Fig. 7). 

Schliesslich verdient noch das Verhalten der elastischen 
Fasern Beachtung. Diese sind (Orceinfärbung) im ödematösen 
Anfangsstadium wohl erhalten, später gehen sie in den am 
stärksten infiltrirten Partien, resp. den oberen Schichten des 
Coriums, durch körnigen Zerfall zu Grunde. Im atrophischen 
Endstadium endlich bestellt der schmale Cutisrest — abgesehen 
von den dilatirten Gefässen — grossontheils aus elastischem 
Gewebe, dessen erhaltene grobe Fasern erheblich zusammen¬ 
gedrängt erscheinen. 

Demnach handelt es sich bei der in Rede ste¬ 
henden Erkrankung um einen, wahrscheinlich 
durch die Gefässe vermittelten, entzündlichen 
Process, der zu theils diffuser, theils heerdweiser 
Infiltration und zu starker ödematöser Durch¬ 
tränkung der Gewebe führt, und mit Schwund 
des Epithels und Papillarkörpers und narbiger 
Atrophie der Cutis endigt. 

Nachdem ich so auf Grund der Besprechung der klinischen, 
wie der pathologisch anatomischen Besonderheiten des vorlie¬ 
genden Falles und auf Grund der Vergleichung mit den in der 
Literatur niedergelegten und nach jeder Richtung hin mit den 
mehligen übereinstimmenden Fällen von acutem erythematösem 
Lupus den vollgiltigen BeAveis geführt zu haben glaube, dass 
es sich hier in der That um einen entsprechenden Krankheits¬ 
fall gehandelt hat, wende ich mich zur Besprechung der 
Differentialdiagnose. 


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K och. 


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Eine Besprechung der different ialdiagnostischen Merk¬ 
male gegenüber dem seborrhoischen Ekzem, den Brom- und 
Jodexanthemen, den Frostbeulen etc. glaube ich mir ersparen 
zu können, da die Ausscheidung dieser Affectionen keine 
Schwierigkeiten machte, resp. da die Anamnese gegen ein Arznei¬ 
exanthem oder eine Erfrierung sprach.') 

Dagegen bestand zeitweilig, zumal in der Zeit der vor¬ 
übergehenden Besserung des Betindens der Kranken, eine 
grosse Aelmlichkeit mit einem Erythema exsudativum multiforme. 
so dass in dieser Periode die Diagnose in der Thal zweifelhaft 
sein konnte. Für ein Erythem schien das symmetrische Befallen¬ 
sein der Hand- und Fussriickeu zu sprechen, die von blaurothen, 
asphyktischen, oft annularen Eftlorescenz.cn bedeckt waren, 
ferner das schubweise Auftreten derselben, die vorhandenen 
Gelenkschmerzen, das Fieber der Patientin und der früher 
vorhanden gewesene Gelenkrheumatismus. Alle diese Momente 
können sich imless auch bei dem generalisirten erythematösen 
Lupus finden. Was specicll den annularen resp. serpiginüsen 
Charakter einzelner Eftlorescenzen anlangt, so erwähnt Bes¬ 
nier (1. c.) ausdrücklich, dass man sich nach dieser Lichtung 
hin vor Täuschungen hüten muss, da bei dem ,.Lupus ery¬ 
thematosus iris“ die zierlichsten guirlandenartigen Zeichnungen 
Vorkommen können. Diese weitgehende Aelmlichkeit zwischen 
beiden Krankheitsbildern beweist eben nur, dass man in der 
Diagnose vorsichtig sein muss, dass man diese nicht auf eine 
einmalige Inspection gründen darf, sondern dass man besser 
timt, die Gesamtentwicklung des Krankheitsbildes abzuwarten. 

Gegen ein Erythema multiforme sprach entschieden die 
Stabilität der einzelnen Eftlorescenzen, die nicht etwa ver¬ 
schwanden, um durch andere ersetzt zu werden, sondern, 
sobald sie einmal entstanden waren, während des ganzen 
Krankheitsverlaufes, von Anfang bis z u E n d e. sich 
entweder auf der alten Höhe hielten resp. erst sj>ät* r 


') Selbstverständlich war auch einer der amten Schube von Le|»ra. 
die, wie ich aus eigner Anschauung bestätigen kann, eine au>serordent lieh 
grosse Aelmlichkeit mit acutem hup. eryth. darhiet« n können, der ganzen 
Sachlage nach völlig- ausgeschlossen. Vul. Jadassuhu, 1. c. 


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Beitrag zur Lehre vom acuten erytliematüsen Lupus. 


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im Centrum etwas einsanken, oder aber der Ulceration 
mit nachfolgender Atrophie anheimfielen, den ephemeren 
Character der Efflorescenzen eines Erythema exsudativum 
multiforme aber durchaus vermissen Hessen. Der Fall begann 
ferner im Gesicht von Vornherein als ein typischer discoider 
Lupus erythematosus, sodass sich schon im Beginn der Er¬ 
krankung die Diagnose eines solchen mit ziemlicher Sicherheit 
stellen liess. Die weitere Entwicklung schliesslich, nämlich die 
hochgradige Schwellung der Hände und des Gesichts, die auf 
letzterem zu einem 3 Wochen lang persistirenden Pseudoery¬ 
sipel führte, die ulcerativen Vorgänge im Papillarkörper mit 
nachfolgender Atrophie der Cutis und Schwund des Epithels, 
die Drüsenschwellungen, der schwere, fieberhafte, comatöse Zu¬ 
stand, kurz die Ausbildung des ganzen von Kaposi geschil¬ 
derten typischen Symptomencomplexes — brachten jeden 
Zweifel, dass es sich hier um einen aggregirten erythematösen 
Lupus im Sinne Kaposi’s handelte, zum Schwinden, umso¬ 
mehr, als auch die mikroskopische Untersuchung eine völlige 
Uebereinstimmuug mit den Befunden der Mehrzahl der neueren 
Untersucher ergeben hat. 

Eine gesonderte Besprechung erfordert schliesslich das 
Capitel des sogenannten „Erythema multiforme gravis“ (Lewin). 

In letzter Zeit ist durch die Arbeit v. Düring’s 1 ) das 
bisher auf dem Gebiet der „Erytheme“ lastende Dunkel erheblich 
gelichtet worden; ihm gebührt das Verdienst, aus der Fülie 
verwirrender Angaben und späterer Zusätze wieder das classi- 
sche Bild des Erythema multiforme exsudativum H e b r a e 
als einer Infectionskrankheit sui generis herausgeschält zu 
haben. Mit Recht wendet sich v. Düring vornehmlich gegen 
Le win, *) der durch die Aufstellung des „Erythema multiforme 
gravis“ viel zu der auf diesem Gebiet herrschenden Ver¬ 
wirrung beigetragen hat. Wenn nun auch selbstverständlich das 
Auftreten schwerer febriler Erscheinungen beim Erythema 
exsudativum multiforme keineswegs geleugnet werden soll, so 

l ) v. Düring. Beitrag zur Lehre von den polymorphen Erythemen. 
Archiv für Denn. u. Syph. Bd. XXXV. 3. p. 345. 

*) Le win. Erythema exsudativum multiforme. Charite-Annalen. 
1376 und Deutsche med. Wochenschrift. 1379. Xr. 24. 


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K "di. 


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scheinen doch in der That, wie eine Durchsicht der einschlä¬ 
gigen Literatur helehrt, unter dem letzteren Namen mannig¬ 
fache septische und emholische I’rocesse hcscliriehon zu sein, 
die mit dem H e b r a'sclien Typus nicht das mindeste zu tlmn 
haben, die vielmehr „maligne polymorphe Erytheme“ 
meist secundiirer Natur sind und jedenfalls eine ganz ge¬ 
sonderte klinische und pathologisch - anatoinFche Stellung 
beanspruchen. 1 ) Ein typisches Ileispiel für diese toxischen 
Erytheme stellt anscheinend das sogenannte, zuerst eingehender 
von Huet 3 ) geschilderte, hei der 11 right'sehen Nierenkrankheit 
vorkommende „Erythema unternimm“ dar. ferner Exantheme, wie 
sie hei Sepsis, Miliartubereulose etc. beobachtet werden. — Trotz¬ 
dem hält es hei der Spärlichkeit und I’nsicherheit einschlägiger 
Deohachtungen. hei der Differenz der Angaben der einzelnen 
Autoren und hei dem offenbar sehr vielgestaltigen Verlauf im 
Einzelnen natürlich bis jetzt noch schwer, eine zusammenfassende 
Charakteristik dieser noch recht wenig gekannten, metastatisehen 
resp. toxischen, Formen zu geben, zumal fälschlich hierher 
anscheinend auch Fidle von dem uns hier beschäftigenden ..Ery¬ 
thema atrophicans disseminatum“ (siehe unten) gerechnet sind. 
Vgl. die Fälle von Jamieson. ;l ) Ilardy 4 ) und l’urdoir’), 
(vielleicht sogar auch einzelne Fälle Lewin's, die er als chro¬ 
nische Formen bezeichnet, und die bis zu 5 Jahren bestanden 
haben sollen). 

') Sie bilden einen Theil «ler „seeundaren Infei*ti«»nsexantheme w 
Xeumanus. Vgl. Neumann, ..U'ber die Beziehungen «ler Hautkrank¬ 
heiten zum OesammtortraniMinis und über toxLeho Exantheme“, ferner 
die bi«*r amjegehrue Literatur über septische Exantheme. «Archiv für 1). 
u. S. Bd. XXXVI, Heft d.) 

2 J II in t. Erythema papulatum uraemieum. Xederlendseh TipDchrift 
voor Genecskunde. 1870 und T>^2, ferner Bruzelius. Erythema urae- 
micum. Nordisk medicinsk Arkiv. 1881. Nr. 4. 

') Jamieson. A ca<e of erytlmrua perstans. Edinbour«_di nmdie. 
Journal. August 1807». 

4 ) Cit irt bei Lew in. Bei Hardv heisst es: v .T'ai vu «juohpiefois 
les toumeurs lioueuses des jainbes se prolon^er, so ramollir et s*u leerer; 
ces ulcerations sont. arroiniies, tailles a pie et ont un fond ^risfttre; olles 
simuleut des ulceres syphilitiipie-.** — Sollte es sieh hier wohl um ein 
Erythema multiforme gehandelt haben?! 

: ’) Purdon. The Dublin Journal of nj«*d. seience. 1872. 


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Ileitrag zur Lehre vom acuten erythematösen Lupus. 


59 


So leicht demnach auch meist die Unterscheidung der 
uns beschäftigenden Affection von einem einfachen Erythema 
exsudativum multiforme im Sinne H e b r a’s und v. D ü r i n g’s 
sein dürfte, so schwierig kann sich die Differentialdiagnose 
gegenüber diesen septischen und toxischen secundären Erythemen 
gestalten. Entscheidend ist auch hier der häufiger zu beobach¬ 
tende Uebergang der chronischen Form des Lupus erythema¬ 
tosus in die acute ’), die Persistenz der einzelnen Efflorescenzen 
und die ulcerativen Veränderungen derselben, welche mit der 
charakteristischen Atrophie der Cutis endigen. 

Nun muss man ja zugestehen, dass diese seltenen, acuten, 
exantheiuatischen Formen des Lupus erythematosus sich sehr 
weit von der gewöhnlich zur Beobachtung kommenden discoiden 
Form entfernen, und dass sie auf den ersten Blick einen ganz 
anderen Krankheitstypus darzustellen scheinen, insofern sie 
eben, wie schon hervorgehoben, entschieden den Eindruck 
einer infectiösen, bezw. septischen oder toxischen Er¬ 
krankung -) machen. Von dieser Erwägung aus hat die 
Eintheilung Ilrocq's 1 2 3 ) in zwei Gruppen, von denen die 
eine die — angeblich zur Tuberculose zu rechnenden — 
„fixen“ Formen umfasst (Lupus erythematosus circumscriptus, 
Lup. erytli. acneiformis und der Herpes cretace von De vergiej, 
während er in die andere die symmetrischen, recidivircnden 
rein erythematösen Formen, die „centrifugen, symrne tri sehen 
Erytheme“ rechnet, die sich mit Vorliebe auf scrophulös-tuber- 
culösem Boden entwickeln sollen — a priori viel für sich. 
Nach meiner Ansicht ist indessen eine solche stricte Zweithei¬ 
lung wegen der zur Beobachtung gelangenden Uebergangsformen 
doch nicht durchführbar. Man wird sich vielleicht vielmehr 
vorzustellen haben, dass diese weitgehenden klinischen Diffe¬ 
renzen durch die verschiedene Qualität und Quantität des 
zu supponirenden, in den Körper gelangten Krankheitsvirus zu 
erklären sind, und dass wir es in der einen Gruppe mit einer 

1 ) Auch der umgekehrte Vorgang*, dass sich an eine acute Eruption 
die gewöhnliche chronische Form anschliesst, ist öfter beobachtet wordeu. 

2 ) Vgl. G a uche r. I)u lupus erythemateux. La sein. med. 1893. Nr. ö7. 

3 ) Brocq. Verh. des TT. internat. dermat. Congresses. 1892. 


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Ueberscliwemmung der ganzen Blutbahn, die zu einer ausge¬ 
dehnten, acuten exantheniatiscben Eruption führt, zu tliun 
haben, während in der anderen der Proccss localisirt bleibt 
und mehr chronisch verläuft, so dass wir häufig genug nur mehr 
die narbigen Residuen der fast oder gänzlich abgelaufenen 
Atfection vor uns sehen. Aehnlichcn Verhältnissen zwischen 
chronischen localisirten und acuten generalisirten Können der¬ 
selben Atfection begegnen wir ja auch bei anderen Infections- 
krankheiten, so bei der Syphilis, Lepra, der Tuberculose. 
Wenn wir demnach auch an der Kntität des gesummten 
Krankheitsbildes festhalten müssen, dürfen wir uns auf der 
anderen Seite, vorzüglich auf Grund der histologischen l'nter- 
sucliungsergebnisse, doch nicht verhehlen, dass die Atfection 
ihren Namen „Lupus“ sehr zu Lnrecht führt und dass die von 
Unna 1 ) geübte Bezeichnung „Ulcrythema centrifugum“ oder 
vielleicht noch besser der von Malcolm Morris 2 ) vorge¬ 
schlagene Name „Erythema atrophicans“ glücklicher gewählt 
sind, und dass die allgemeine Annahme entweder des einen 
oder anderen Namens entschieden einen Fortschritt in der 
Nomeuclatur der Hautkrankheiten bedeuten würde. ;J ) 

Was die A e t i o 1 og i e des Lupus erythematosus anlangt, so 
sind wir ja bekanntlich über dieselbe noch völlig im Unklaren. 
In meinem Falle hatten dahingehende bei Lebzeiten der Pa¬ 
tientin von Hern Prof. Gold sch ei der vorgenommene mikro¬ 
skopische und bakteriologische Rluluntersuchungen ein nega¬ 
tives Resultat. Ich habe zwar im mikroskopischen Präparate 
in einzelnen tiefen grösseren Gelassen, zum Tlieil sehr zahl¬ 
reiche, Stäbchen angetrotfen, möchte ihnen natürlich aber in 
keiner Weise eine sichere ätiologische Bedeutung zuer¬ 
kennen, vielmehr sie eher für Saprophyten halten. 


') U n n a 1. c. 

’) Malcolm Morris. Verhandl. dos intornut. denn. C<>ngr. ls'.ig. 

3 j .Tadassohn M. c.i, dessen ausführliche Arbeit mir leider erst 
bei Abschluss der mehligen bekannt geworden ist, sehlnut den vielleicht 
noch passenden Namen „Granuloma erythemutosum“ vor. Indessen Krauchen 
wir ja die Bezeichnung „Krythem“ auch sonst schon cum gnmo salis, wenn 
wir niimlich von einem „Krytliema" luultiiörme und einem „Krythema“ 
nodosum sprechen. 


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Beitrag zur Lehre vom acuten ervthematüsen Lupus. 


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Die in Frankreich, hauptsächlich durch Besnier, ver¬ 
tretene Anschauung, dass es sich hei dem Lupus erythematosus 
um eine besondere Form der Tuberculose handle, hat, und 
wohl mit Recht, in Deutschland keine Anhänger gefunden. 
Weder der klinische Symptomencomplex, noch die angeblich 
vorwiegende Erkrankung phthisischer, resp. scrophulöser Per¬ 
sonen, noch endlich der mikroskopische Befund rechtfertigen 
eine derartige Annahme. *) 

Immerhin gestatten diese acuten generalisirten Formen 
des Lupus erythematosus wegen des symmetrischen und in 
Schüben erfolgenden Auftretens der Efflorescenzen, wegen der 
Gelenkerscheinungen und wegen des schweren Allgemein¬ 
zustandes mit grösster Wahrscheinlichkeit wenigstens den 
Schluss, dass es sich um einen durch die Blutbahn vermittel¬ 
ten infectiösen Process handelt. Hierzu stimmen sowohl die 
Sectionsbefunde, als auch die mikroskopisch nachweisbare, 
vorwiegende Betheiligung der Gefässe. Demzufolge hätte man 
sich, abgesehen von der verschiedenen Empfänglichkeit der er¬ 
krankten Individuen, vielleicht vorzustellen, dass es sich bei den 
gewöhnlichen localisirten Formen entweder um eine abgeschwächte 
Infection handelt, insofern nur geringe Mengen des vielleicht 
abgeschwächten — Virus dem Organismus einverleibt wurden, 
oder vielleicht auch, dass hier die Infection von aussen her 
stattgefunden hat und der Process deshalb local bleibt. 

Welcher Art nun dies supponirte Virus ist, bleibt vor¬ 
läufig in Dunkel gehüllt, und wir sind, solange nicht exacte 
bacteriologische etc. Thatsachen vorliegen, auf blosse Ver¬ 
muthungen angewiesen. Immerhin ist die Aehnlichkeit auf der 
einen Seite mit einem septischen Process, resp. einem acuten 
Exanthem oder einem ausgedehnten Erythema exsudativum 
multiforme, auf der anderen mit gewissen Arzneiexanthemen eine 
so sinnfällige, dass wir kraft dieser Analogien schliessen dür¬ 
fen, dass es sich hier vielleicht um ähnliche unbekannte Krank¬ 
heitserreger, wie bei den acuten Exanthemen, oder um eine 

') Vgl. Ve i e 1. Verb, des II. internat. dermatol. Congresses 1802 ; ferner 
Schütz und X e i s s e r, 02. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte. 
Ausführlich und objectiv wird diese Frage von Jadassohn (1. c.) er¬ 
örtert. 


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b2 

Intoxication des Organismus mit den Toxinen dieser supponirten 
unbekannten Erreger handelt. Zur letzteren Annahme würden 
die fast durcbgehemls negativen Mnkterienbefunde , l ) sowie die 
schweren (iehirn - Erscheinungen, die bei den gcmralisirten 
Formen stets beobachtet werden, gut stimmen. Vielleicht ist in 
diesem Sinne der schwere Darmkatarrh, der in meinem Falle 
bestand, zu verwerthen. insofern hier eine Intoxication vom Darm 
aus stattgefunden haben mag. Jedenfalls sind es diese seltenen 
acuten exan thematischen Formen des Lupus erythematosus, 
welche in Zukunft noch am ehesten (‘ine Aufklärung der bis¬ 
her noch völlig dunklen Aetiologie der räthsolhaften Erkran¬ 
kung erhollen lassen. 

Die oft ungünstige, mindestens zweifelhafte Prognose 
habe ich schon oben gekennzeichnet. Die Therapie endlich 
hat sich in allen bis jetzt beobachteten Fallen vollkommen 
machtlos erwiesen. 

Anmerkung narb Abschluss der Arbeit. Inzwischen hat 
Hallopeau in einem sehr interessanten Vorträge: „lö b.-r die Bezie¬ 
hungen der Tubereulose zu den nicht 1 11 j»• »>«*n I laut kränklichen“ (III. in- 
ternat. (’ongivss zu London) neue Beweise für die tuherculosc Natur des 
Lupus erythematosus zu erbringen versucht. 11 ;i 11 * * ] > * • ;i u, der übrigens 
zugestellt, (hiss es sieh r init grosser Wal ir^di'dnlirhkeit um Llementc 
handelt, die mit dem Tuberkelbacillus nicht identisch sind“, glaubt an 
das Zustandekommen des Lupus erythematosus durch eine andere Form 
des 1 ub<TC*ulo>ckcinis, die Zoogloea tuberculosN, re^p. durch die Toxine 
derselben. Fs lasst sieh nicht leugnen, da-> diese Annahme etwas Beste¬ 
chendes hat, wenngleich seihst II. zugestehen wird, dass wir uns hier 
noch völlig aut dem Gebiet der Ilvpothes»' ln-wencn: auf d»*r anderen 
»Seite kann bei der Häufigkeit der „haeillaren Tuberculo"**“ ein olter be¬ 
obachtetes Zusammentreffen des Lupus erythematosus mit anderen im 
eigentlichen Sinne tubereulüsen Veränderungen ja nicht autlailig erschei¬ 
nen. Immerhin befinde ich mich mit dein iranz«*siseln-n Forscher in einer 
Ihr mich erlreulichen Lehereinstimmung insofern, als auch er ein spe- 
eiti-ch giftiges, zur Gewebszerstörung führendes unbekanntes Toxin, das 
durch den Stoffwechsel einer bis jetzt ebenfalls unbekannten Mikrobe 
gebildet wird, lur die wahrscheinlichste Krankheitsursache halt. 

*) Positive Angaben über Bakterien rr>p. ( oeeenhetunde linden sieh 
nur bei Bavogli. Internat. Fotigress zu Washington 1>^7 und Bis so. 
(•iorn. ital. delle mal. ven. c della pelle. 1>S7. 


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Beitrag zur Lehre vom acuten erythematosen Lupus. 


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Erklärung der Abbildungen auf Tafel III—V. 

Fig. 1—3. Schwache (Lupen-) Yergrösserung (Thionitifärbung). 

Fig. 1. Erstes Stadium. Infiltration des Papillarkörpers, seröse 
Durchtränkung vorzüglich der Epidermis, beginnender Schwund derselben. 

Fig. 2. Zweites Stadium. Völlig entwickeltes Ficus; Epithel und 
Papillarkörper hier gänzlich geschwunden, Corium an einer Stelle schon 
beträchtlich verdünnt. 

Fig. 3. Endstadium (links). Gänzliche Atrophie der Cutis; in der¬ 
selben zahlreiche mit Blut gefüllte, sehr stark erweiterte Gefässe; auf 
der Uebergangstelle zum ödematösen Stadium (rechts) Krustenbildung; 
in der Tiefe heerdweise Infiltration, besonders um die Gefässe. 

Fig. 4 und 5. Etwas stärkere Yergrösserung. (Seibert Nr. I.) 

Fig. 4. Mit Eiterkörperchen bedecktes Ficus. 

Fig. 5. Endatrophie; im subcut. Fettgewebe starke Gefässinfiltrate. 

Fig. G—8. Starke Vergrösserung. (Seibert Nr. V, Ocul. I.) 

Fig. G. Oedem der oberflächlichen Schichten des Coriurus und 
der Epidermis. Abhebung der Hornschicht durch das Exsudat, Mastzellen 
im Papillarkörper. 

Fig. 7. Atrophischer Cutisrest. Zellen sehr stark geschrumpft und 
verkleinert, dazwischen (bei «) atrophische Mastzellentrümmer. In der 
Umgebung des mit zu Grunde gegangenen rotlien Blutkörperchen er¬ 
füllten Gefässes halb resorbirte Hämorrhagien. 

Fig. 8. Obliterirtes Gefäss aus dem subcutanen Fettgewebe. In 
der Umgebung Mastzellen und Epithelioidzellen. 


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1 



Ans der k. k. dermatologischen Universitätsklinik von Prof. 

P. J. Pick in Prag. 


Untersuchungen über das Mikrosporon 

furfur. 


Von 

Priv.-Doc. Dr. Th. Spietschka, 

früherem Assistenten der Klinik. 

(Hierzu Taf. VI.) 


Am IV. Congresse der deutschen dermatologischen Ge¬ 
sellschatt in Breslau, 1894, hat Herr Prof. Pick in seiner zu¬ 
sammenfassenden Darstellung des augenblicklichen Standes der 
Dermatomycosenlehre ') auf Untersuchungen über den Pilz bei 
Pityriasis versicolor hingewiesen, die zur Zeit an seiner Klinik 
angestellt wurden. 

Die nachfolgende Publication ist die Frucht dieser bis in 
die letzte Zeit fortgesetzten Untersuchungen, welche nunmehr 
zu einem gewissen Abschlüsse gekommen sind. Sie bildet zu¬ 
gleich eine Ergänzung der vorher von unserer Klinik ausge¬ 
gangenen Arbeiten über die klinischen, bakteriologischen und 
pathologisch-histologischen Verhältnisse bei den anderen Der- 
matomycosen des Menschen. 

Bakteriologische Arbeiten über das Mikrosporon fur¬ 
fur sind in der Literatur nur spärlich vorhanden. 

v. Sehlen und Unna 2 ) haben mitgetheilt, dass es ihnen 
gelungen sei, aus den Schuppen der Pityriasis oder Mycosis 

*) F. J. Piek: Der augenblickliche Stand der Dcrmatomycosen- 
lehre. Verhandlungen der deutschen dermatolog. Gesellschaft. IV. Congr. 
1894. 'Wilhelm Braumüller. 

*) v. Sclilen. Ueber die Züchtung von Pityriasis versicolor. Tage¬ 
blatt der 62. Vers, deutscher Naturforscher und Aerzte. Heidelberg 1880 
p. 600 und 1890. 

Archiv f. Dermatol. u. Syphil. Band XXXVII. 5 


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G(J S p i e t s c li k a. 

versicolor einen Ihrer Ansicht nach für diese Hautkrankheit 
])athugenen Ilyphornyceten zu züchten. Ihr Pilz entwickelt auf den 
bekannten künstlichen Nährböden Befruchtungsorgane, wie wir sie 
wohl von sehr vielen Schimmelpilzen kennen, aber noch von keinem 
einzigen der als pathogen erkannten Ilyphornyceten. Der Pilz 
besitzt septirte und verzweigte, an den Enden sich verschmacii- 
tigende Hyphen, verflüssigt Gelatine u. s. w.; von einer gelun¬ 
genen experimentellen Erzeugung der Krankheit durch (/(Über¬ 
tragung dieses Pilzes auf den Menschen wissen die Verfasser 
nichts zu melden. Die Eigenschaft des Pilzes, eine braune, 
mit dem Nährboden wechselnde Farbe zu erzeugen, welche 
der Farbe der an Pityriasis ver>icolor erkrankten Haut ähnelt, 
genügt ihnen, diesen Pilz als den pathogenen zu bezeichnen. 

Diese Arbeit von v. Sehlen und En na wurde von Kot 1- 
j a r 1 ) einer äussorst herben Kritik unterworfen. K o 11 j a r selb>t. 
welcher im botanischen Cabinete des Prof. A. Th. Batalin 
arbeitete, gelang es, aus den Schuppen der Mjcoms versicolor 
(‘inen Mikroorganismus zu züchten, w(dchcr auf die Haut eines 
Kaninchens übertragen, bräunt», etwas erhabene Eiecke erzeugte, 
worin ein Pilz in derselben charakteristischen Anordnung wie das 
Mikrosporon furfur in den Schuppen der menschlichen Ilaut nach- 
gewiesen werden konnte; die von diesem künstlich erzeugten 
Herde gewonnenen Gulturen zeigten die Eigenschaften der frü¬ 
heren wieder. Der Pilz KotljaFs verflüssigt G(datine nicht; 
er hat die Eigenschaft, auf künstlichem Nährboden, namentlich 
auf Kühe und Kartoffel, verschiedene Karben zu erzeugen, und 
zwar nicht nur auf verschiedenen Nährböden verschiedene 
Farben, sondern es entstehen in ein und derselben Kolonie 
verschiedene halben nebeneinander, darunter vornehmlich matt- 
orange, weiss, schwärzlich, braun, grau. 

Dieser Pilz entwickelt aut den künstlichen Nährböden 
keine Befruchtungsorgane, und zeigt unpräparirt keine Srpta; 
jedoch können solche durch Behandlung mit Ghlorzink sichtbar 
gemacht werden; die Hyphen desselben sind farblos, durch¬ 
kreuzen sich mannigfaltig und bilden eine dünne Membran auf 

dem Nährboden. Die KortpHanzung geht auf dem Wege des 

* 

’) Kotljar. Morphologie des Mikrosporon furfur. WiaNeli ls!‘2. 
Nr. 42, 4U. (liussiseh.) liefenrt dies. Arcli. IM. XXVI, pair. Ul2. 


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Untersuchungen über das Mikrosporon furfur. 


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Zerfalles der Hyphen in Conidien vor sich; die Conidien sind 
Anfangs zu Ketten vereint, besitzen zumeist runde, seltener 
eiförmige Gestalt. Später wurden von zwei anderen Fällen die¬ 
selben Colonien erhalten. 

Kotljar’s Arbeit fand bis jetzt keine Bestätigung. 

Unsere ersten Versuche, das Mikrosporon furfur rein zu 
züchten, ergaben kein Resultat. Diese Versuche wurden in 
gleicher Weise ausgefiihrt, wie hei der Züchtung des Tricho¬ 
phyton tonsurans. Die befallene Hautstelle wurde flüchtig mit 
Aether gereinigt, die Schuppen wurden dann mit einem aus¬ 
geglühten scharfen Löffel abgekratzt und mit sterilisirtem Kie- 
selgubr verrieben. F.ine kleine Quantität, etwa 2—3 Platinösen 
voll, dieses Pulvers wurde in dem verflüssigten Nährboden vor¬ 
schüttelt; von dieser Mischung wurden 2—3 (lesen in eine 
zweite Eprouvette mit verflüssigtem Nährboden übertragen, 
um eine Verdünnungsplatte zu erhalten, und von dieser wurde 
noch eine zweite Verdünnung angefertigt. In allen diesen 
Platten gingen allerdings eine grosse Zahl von Colonien auf, 
welche aber hauptsächlich aus verschiedenen Coccen bestan¬ 
den; auch Bacillen traten darin des öfteren auf, Hypho- 
myceten gediehen gleichfalls recht häutig in diesen Platten, und 
überwucherten dieselben in kurzer Zeit vollständig, erwiesen 
sich jedoch stets als Verunreinigungen; namentlich vom Peni- 
sillium glaucum hatten die Platten viel zu leiden. Ein Hypho- 
mycet jedoch, in welchem man den Krankheitserreger hätte 
vermuthen können, war darin nicht zu finden. 

Da lag nun die Vermuthung nahe, dass das Mikrosporon 
furfur auf den verwendeten Nährböden nicht gedeihe; diese 
waren Pepton-Agar, Glycerin-Agar, Zucker-Agar. 

Ausgehend von der Beobachtung, dass Menschen, welche 
stark schwitzen, häufiger von Pityriasis versicolor befallen sind 
als solche, welche stets eine trockene Haut haben, und dass 
bei einem Menschen, welcher mit dieser Krankheit behaftet ist, 
die Flecken im Sommer intensiver sind, als im W'inter, wo sie 
oft ganz verschwinden, und dass nach langen heftigen Schwitzen 
sich Intensität und Ausbreitung der Mycosis vei'sicolor bedeutend 
steigern, glaubten wir durch Aenderung der Beschaffenheit des 
Nährbodens den Pilz zum Wachsen bringen zu können, indem 

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wir, gemäss der gewöhnlichen Beaction dos frischen Schweisses, 
denselben sauer machte. 

Diese Versuche wurden in der zweiten Hälfte des Jahres 
1894 in der Weise ausgeführt, dass den Nährböden organische 
Säuren zugesetzt wurden, u. zw. Essigsäure, Weinsäure, Citronen- 
säure und Buttersäure. Die Mengen der den Nährböden, Glycerin- 
Agar, Pepton-Agar, Zucker-Agar, zugesetzten Säuren schwankten 
von 1 Tropfen einer 1% wässrigen Lösung auf 10 Ccm. des 
Nährbodens, also ungefähr einer Concentration 1:10000 bis zu 
Conccntrationen von 10 Tropfen unverdünnter Säure auf 10 Ccm. 
Nährboden, also 1:10. Auf den äussersten Verdünnungen wuchs 
genau dasselbe, wie auf den nicht ungesäuertem Nährböden und mit 
steigender Concentration hörte zunächst bei der Buttersäure 
dann auch hei den übrigen allmälig das üppige Wachsthum 
der verschiedenen Mikroorganismen auf, aber wir erhielten auch 
keinen anderen charakteristischen Pilz. 

Nicht genau dasselbe, aber ein ähnliches Hesultat ergaben 
die Versuche mit Harn-Agar; sterilisirter Harn wurde im Ver¬ 
hältnisse 1 : 50, 1:10, 1:5 dem Agar zugesetzt; auf diesem 
Nährboden wuchsen dieselben Mikroorganismen wie auf den 
trüberen, nur dass sich überdies aus grossen Cocccn bestehende 
Colonien in besonderer Ceppigkcit entwickelten. 

Da zu vermuthen war, dass, wenn das Mikrosporon furfur 
auf unseren Nährböden überhaupt wächst, es gewiss äusserst 
langsam und schwach gedeiht, mussten alle Colonien. die 
sich nur einigermassen von einander unterschieden, aus der 
ursprünglichen mit verriebenen Schuppen beschickten Platte 
isolirt und weitergezüchtet werden. 

Zu diesem Behüte wurden nun wieder von verriebenen 
Schuppen der Pityriasis versicolor auf verschiedenen Nährböden 
Culturversuche gemacht und besonders auch Verdünnungs- 
Platten angelegt. Bei der Weitcrziiehtung der verschiedenen in 
den beschickten Platten aufgegangenen Colonien konnte natürlich 
sehr bald die grösste Zahl der verschiedenartigen Mikroorga¬ 
nismen eliminirt werden, da sie sich unzweifelhaft als Staphylo- 
coccen, in einem Falle auch als Streptococcen mit festgestellten 
Charakteren zu erkennen gaben. Dergleichen gelang es auf diese 


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Untersuchungen über das Mikrosporon furfur. 


GO 


Weise eine Anzahl von Bacillen, Sarcineu und Hyphomyccten 
auszuscheiden. 

In vier Fällen, welche damals zu den Versuchen ver¬ 
wendet wurden, gingen in den Platten, sämmtliche anderen 
Colonien an Zahl bei weitem überwiegend, grob granulirte, 
grau-weissliche oder auch gelblich weisse Colonien auf, welche 
namentlich auf den Schuppenresten wucherten und aus den¬ 
selben förmlich herauswuchsen. Unter dem Mikroskop betrachtet 
bestanden sie aus verhältnissmässig sehr grossen Coccen; am 
gefärbten Deckglaspräparate erwiesen sie sich gleichfalls als 
kugelförmige Organismen, welche oft nach Art der Strepto¬ 
coccen reihenweise beisammen standen, meist jedoch sehr dicht, 
in fast regelmässiger, reihenweiser Anordnung bei einander 
lagen. Durch ihre Grösse waren sie von den Eitercoccen wohl 
zu unterscheiden. 

Diese Colonien wuchsen in den ersten zwei Tagen ziemlich 
rasch, so dass sie die Grenzen der Schuppeni este überschritten, 
hielten jedoch dann in ihrem Wachsthume inne, während die 
Platten entweder von den übrigen Organismen überwuchert 
wurden oder eintrockneten. 

Von einem dieser vier Fälle erhielt ich gleich in den 
ersten, nicht verdünnten Platten eine förmliche Reincultur 
dieses eben genannten Mikroorganismus, indem neben zahl¬ 
reichen solchen nur ganz vereinzelte andere Colonien aufgingen, 
wogegen ein anderer Fall so reich an Staphylococcus piogenes 
aureus und albus war, dass selbst noch in der zweiten Ver¬ 
dünnung die fein granulirten Colonien dieser Coccen so dicht 
neben den grob granulirten Colonien vorkamen, dass eine isolirte 
Uebertragung der grobgranulirten Colonien zu wiederholten 
Malen misslang, ehe ich eine lteincultur der letzteren erhielt. 

Bei einem Falle waren die erst beschickten und auch die 
ersten Verdünnungsplatten schon am nächsten Tage von einem 
feinen Häutchen überzogen, unter welchem man die kleinen 
Colonien von besprochenem Charakter im Nährboden gleich¬ 
falls entdecken konnte. In der zweiten Verdünnung war dieses 
Häutchen nicht vorhanden, und neben zwei gewöhnlichen Coccen- 
Colonien auch drei grobkörnige zu finden, welche zur Weiter¬ 
züchtung benutzt wurden. 


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S p i e t s c li k a. 


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Im .Iahte 1 h!) 5 wurden 5 weitere Fälle von Pityriasis ver- 
sicolor der gleichen Untersuchung unterworfen; wir erhielten die¬ 
selben Colonien, und versuchten auch die Fntwickelung derselben 
in den Schuppen zu beobachten. Zu diesem Zwecke wurde eine 
kleine zarte Schuppe in einen Tropfen Nähr-Agar in der Kammer 
eines Objectträgers auf den heizbaren Objecttisch unter das 
Mikroskop gebracht; zur Beobachtung wurde dasstdbe mit 
einem Zeiss’schen Apochromat-Objective IG Mm. Ap. 0*30 
und dem Compensationsocculare Nr. 1 2 armirt, wodurch man 
bei genügender Brennweite des Objectivs auch eine hinlängliche 
Yergrüsserung erzielt. 

In den Schuppen sieht man die Pil/.fäden ziemlich deut¬ 
lich, ebenso die zwischen ihnen befindlichen Sporenhäufchen, 
welche in leicht gelblicher oder bräunlicher Farbe erscheinen, 
namentlich dort, wo sie sich dichter gehäuft finden. Die Ver¬ 
änderungen nun, welche weiterhin auf dem geheizten Object¬ 
tische stattfinden, gehen so langsam vor sich, dass man Finzel- 
beiten nicht wahrnehmen kann; jedoch sieht man. wie die 
Sporenhäufi hon allmälig grösser werden; dabei wird ihre Fär¬ 
bung, die Anfangs nur angedeutet war, allmälig deutlicher, und 
es stellt sich in ihnen jenes grob granulirte Aussehen ein, welches 
wir von unseren Colonien her kennen. An den Pilzfäden selbst 
kann man aber kein weiteres Wachsthum wahrnehmen, wohl 
aber sahen wir einen kurzen Faden sich in eine Sporenkette 
von 4 Sporen gliedern. 

Nach 24 Stunden haben sich die Sporenhäufchen bisweilen 
um die Hälfte, oft aber nur um viel weniger vergrüssert; eine 
weitere Fntwickelung konnte dann nicht mehr wahrgenommen 
werden. 

ln der Petri’schen Schale werden diese granulirten Herde 
in den Schuppen viel grösser und dichter (Fig. 1). wohl weil ihnen 
reichlicheres Nährmaleriale zur Verfügung steht, und wachsen 
in 2 —3 Tagen bisweilen beträchtlich über die Schuppen hinaus; 
das weitere Wachsthum geschieht jedoch iiussorst langsam, und 
dort, wo sie nicht von anderen Pilzen überwuchert werden, 
bilden sie in den nächsten Wochen bisweilen kleine charakte¬ 
ristische Colonien, welche sich bei den in Keincultur über¬ 
tragenen viel schöner entwickeln. 


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Untersuchungen über da9 Mikrosporon furfur. 


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Die Reinculturen. 

Da die Entwicklung der Reinculturen zumeist eine sehr 
langsame ist, wobei das Nährmedium in den Petri’schen Schalen 
stark austrocknet und Krystalle ausscheidet, und weil, wenn 
man die Petri’schen Schalen, um dies zu verhindern, in eine 
feuchte Kammer bringt, sehr leicht Verunreinigungen, darunter 
namentlich Schimmelpilze in die Platten gelangen, züchteten wir 
unseren Mikroorganismus zumeist in den Kräl’schen Platten¬ 
dosen weiter, bei welchen, wenn sie einmal mit einem Watta- 
pfropfen verschlossen sind, ein Eindringen von Verunreinigungen 
nicht Vorkommen kann, während die Austrocknung des Nähr¬ 
bodens nur ausserordentlich langsam stattfindet. 

Die Uebertragung in diese Dosen wurde in der Weise 
vorgenommen, dass mit dem ausgeglühten, von einer isolirten 
Colonie beschickten Platindrahte eine Strichcultur auf dem in 
der Dose flächenförmig erstarrten Nährboden angelegt wurde, 
oder dass nur ein Punkt im Centrum der Platte mit dem Pilze 
beschickt wurde. 

Bereits nach 24 Stunden ist makroskopisch eine mehr 
weniger grosse Anzahl kleiner Colonien zu erkennen, deren 
Grösse von der eines kaum mit freiem Auge sichtbaren Pünkt¬ 
chens bis % Mm. Durchmesser schwankt. Ihre Farbe ist bei 
auffallendem Lichte mattweiss, bei durchscheinendem leicht in s 
Gelbe oder Braune spielend. 

War der Agar bei der Uebertragung noch nicht vollständig 
erstarrt, dann entwickeln sich auch im inneren desselben 
Colonien und auch an die Glasfläche gelangen Keime. Die in¬ 
mitten des Agars schwebenden Colonien erscheinen rundlich, 
scharf begrenzt, dichter. Die an der Oberfläche befindlichen, 
sowohl an der Luftoberfläche als auch an der Glasoberfläche 
des Agars sind, je nach der Reichlichkeit der darauf gelangten 
Keime und der Feuchtigkeit dei Oberfläche verschieden. Sind 
die Keime sehr zahlreich gewesen und konnten sie sich wegen 
Feuchtigkeit der Oberfläche leicht zerstreuen, dann verschwim¬ 
men die einzelnen Colonien mit einander zu einer leichten 
Trübung der Oberfläche. Konnten sich die Keime jedoch nur 
wenig zerstreuen, daun bilden sich einzelne kleine Colonien. 
Diese zeigen im Centrum ein dichteres Pünktchen, welches bei 


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auffallendem Lichte hell, weis-dich. hei durchscheinendem gelb¬ 
lich oder braun erscheint; dieses ist von einem minder dichten 
Hofe umgeben, welcher sich nicht scharf gegen die Nachbar¬ 
schatt abgrenzt. 

Nach 48 Stunden sind die inmitten des Agar gelegenen 
Colonien kaum noch gewachsen; die Trübung an der überdache 
jedoch ist dichter geworden und die einzelnen Oberflächen - 
Culturen haben sich etwas vergrössert; die Verdichtung im 
Centrum ist deutlicher geworden, der Hof, welcher ausgezackt, 
aber nicht scharf gegen die Nachbarschaft abgegrenzt erscheint, 
hat sich vergrössert. 

Das weitere Wachsthum erfolgt verhältnismässig sehr 
langsam. Die Colonien in der Mitte des Agar*, die Tiefenoolonien 
vergrössern sich kaum noch; ihre Begrenzung wird jedoch un¬ 
regelmässiger, da sie kurze, höckerige Ausläufer in den Agar 
senden. Dabei wird ihre Färbung intensiver, so dass sie bei 
durchscheinendem Lichte dunkel erscheinen. 

Die Obertläehcncolonieii werden im Laufe der nächsten 
Wochen etwas dichter. In der gleichmässigen Trübung der 
Oberfläche entstehen winzige dichtere Pünktchen. Von ihren 
Rändern, sowie von den isolirten Colonien, sowie auch von jenen 
Tiefencolonien, welche bei ihrem langsamen Waehsthume die 
Oberfläche des Agar erreicht haben, wachsen strahlenförmig 
kleine moosartige Ausläufer aus. Diese bilden ungemein zierliche 
Verzweigungen, deren Gesammthild dem Arbor vitae des Klein¬ 
hirnes oder einem Thujaästchen ähnlich sieht. Inmitten einer 
isolirt entstandenen Colonie, welche im Laufe von 8—lü Wochen 
bisweilen einen Durchmesser von 6 —f' Mm. erreichten, sieht 
man ein oder mehrere dichte Pünktchen, welche, wie auch die 
dichteren Stellen in den Verästelungen bei auffallendem Lichte 
heller weiss, bei durchscheinendem lebhaft braun gefärbt sind, 
um sie findet sich ein weniger dichter Hof, welcher niattweiss. 
resp. heller braun erscheint; an diesen Schlüssen sich nach 
aussen die Ausläufer an, welche wieder dichter sind, und scharfe, 
feingezackte Grenzen besitzen. 

Stehen mehrere isolirte Colonien in einer Gruppe bei¬ 
sammen, dann erfolgt das stärkste Wachsthum der Zweiglein 
nach der gemeinsamen Peripherie. Ist an der Oberfläche des 


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Untersuchungen über das Mikrosporon furfur. 


Agar ein mehr weniger grosser Theil von einer gleichmässigen 
Trübung bedeckt, entstanden aus der Confluenz unzähliger 
kleinster Colonien, dann erfolgt vom zweiten oder dritten Tage 
ab kein diffuses Wachsthum in die Fläche mehr; in ihr bilden 
sich dichtere, mehr weniger deutliche Pünktchen; der Rand, 
Anfangs undeutlich und verschwommen, wird allinälig deut¬ 
licher, und von ihm wachsen die kleinen moosartigen Zweiglein 
aus, deren Färbung heller weiss, respective intensiver braun 
ist als die von ihnen umgebene Fläche. 

Betrachten wir diese Colonien unter dem Mikroskope, 
dann erscheinen sie dicht granulirt. Die einzelnen Granula sind 
bedeutend grösser als die, welche einer Eitercoccen-Colonie 
entsprechen. Diese Granulirung bedeckt die ganze Oberfläche, 
welche von der Colonie eingenommen wird, in verschiedener Dichte. 
Der Punkt im Centrum ist von einem dichten, unregelmässig 
begrenzten Haufen solcher Granula gebildet; der ihn um¬ 
gebende Hof scheint gleichfalls nur aus solchen Granulis ge¬ 
bildet zu sein, welche ihn gewöhnlich auch nicht gleichmässig 
bedecken, sondern zahlreiche ganz kleine dichtere Häufchen 
bilden, die oft so dicht bei einander liegen, dass sie nur durch 
schmale hellere Zonen getrennt sind. Ebenso scheinen die 
moosartigen Ausläufer aus nichts anderem als auch dicht bei 
einander liegender Häufchen derartiger Körnchen zu be¬ 
stehen. 

Auch die Colonien inmitten des Agar bilden derartige 
Anhäufungen kleiner Granula; in diesen Tiefcncolonien liegen 
sie so dicht bei einander, dass die Colonien fast undurchschei¬ 
nend sind, nach aussen hin höckerig und den Granulis ent¬ 
sprechend uneben und rauh erscheinen. 

An den moosartigen Ausläufern finden sich die dichteren 
Häufchen ungemein zahlreich, und man bekommt den Eindruck, 
wie wenn man die Unterseite eines gefiederten Blattes gewisser 
Farren oder Moose betrachtete, an welchen sich zahlreiche 
Sporenhäufchen befinden. 

Je älter die Colonien, desto dichter sind sie. Die jüngsten 
l Tag alten zeigen in der Mitte eine Anhäufung von Körnchen, 
während der Hof noch aus zerstreuten Körnchen besteht, die 
nach der Peripherie zu spärlicher werden. Erst bei den älteren 


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findet man eine dichte Granuliruug mit Hiiufchenbildung und 
scharfen Rändern. 

Durchsucht man eine solche Colonie genau, dann findet 
man, dass diese Körnchen nicht immer regellos zerstreut um¬ 
herliegen, sondern man sieht sie bisweilen in Form einer Perl¬ 
schnur aneinander gereiht. Aus einer dichten Colonie ragt oft 
deutlich eine Reihe von 3, 4 und mehr Kügelchen als feinste 
Verzweigung heraus; bisweilen sieht man auch einen kurzen 
Faden, der über die Grenze der Colonie hinausragt. Auch sieht 
man Fäden mit Seitenästchen, oder man sieht kurze keulen¬ 
förmige Gebilde aus den Granulis hervorkommen. 

Gibt man auf die Oberfläche etwas älterer Colonien, 
welche durchwegs granulirtes Aussehen zeigen, etwas Flüssig¬ 
keit, wozu oft das in der Dose sich bildende Condenswasser 
genügt, so werden eine grosse Zahl der Granula weggeschwemmt; 
auch jetzt noch erscheint die Colonie granulirt. man erkennt 
jedoch mehr weniger lange Fäden, welche mannigfaltig neben 
und übereinander liegen. 

Die Ausbildung dieser Fäden ist in den verschiedenen Colo¬ 
nien sehr verschieden. Namentlich in den ersten Generationen 
sieht man nur kurze, dem 3—4lachen Durchmesser der Kügelchen 
entsprechende Fäden, welche oft winkelig von einander ab- 
zweigen, bisweilen am Ende keulenförmig angeschwollen sind. 
An der Stelle, wo sie sich verzweigen, sieht man in der Regel 
einen stärker lichtbrechenden Punkt (Fig.4). Oft sieht man dagegen 
bedeutend längere Fäden, welche gestreckt oder leicht gebogen, 
bisweilen geschlängelt, verlaufen, deren Anordnung eine ganz 
charakteristische und besonders in ausgedehnten dünnbewach¬ 
senen Oberflächen-Colonien gut ausgeprägte ist. Man sieht da 
aus einem kleinen, aus Granulis bestehenden Haufen, an dessen 
Peripherie mehrere derartige Fäden strahlenförmig Auswachsen, 
von denen winkelige Aestchen und Zweiglein ausgehen, häufig mit 
leichter keulenförmiger Anschwellung am Ende. Wo die Ver¬ 
zweigungen abgehen, sieht man oft wieder ein kleineres Häuf¬ 
chen von Granulis, oft stehen die benachbarten Häufchen durch 
Fäden mit einander in Verbindung, so dass wir in toto ein 
reichliches, aus kurzen Fäden bestehendes Netz vor uns haben, 
um und neben welchem sich die Kugelhäufchen befinden. 


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Im gefärbten Deckglaspräparate aus einer solchen Colonie 
sieht man zahlreiche runde sporenartige Gebilde von sehr ver¬ 
schiedener Grösse; die kleinsten wenig grösser als ein Eiter- 
coccus, die grossen 8—lOmal so gross im Durchmesser; daneben 
ungegliederte kurze Fäden, die häufig winkelig von einander 
abgehen, und Fäden mit kolbigen Endverdickungen, welche 
eine deutliche Gliederung nach Art einer Sporenkette erkennen 
lassen. 

Ueberimpft man von einer solchen langsam wachsenden Cul- 
tur auf einen gleichen oder auf einen anderen Nährboden, so ent¬ 
steht in der Regel wieder eine langsam wachsende Colonie. Legt 
man die Tochtercultur in der Weise an, dass man Keime in flüs¬ 
sigen Agar überträgt, verschüttelt und dann zur Platte erstarren 
lässt, so erhält man zumeist nur Tiefencolonien, welche kleinen 
grobkörnigen Coccencolonien ähnlich sind, kaum zur Grösse 
eines halben Millimeters heran wachsen, und nur kurze, keulen¬ 
förmige Ausläufer treiben, ohne deutliche Fäden zu entwickeln. 

Die Entwickelung der Fäden findet nicht nur bei den 
verschiedenen Fällen mit verschiedener Energie statt, sondern hängt 
auch vom Nährboden ab, und erscheint endlich durch Umstände 
bedingt, welche ich noch nicht mit Sicherheit zu erkennen 
vermag. Schon bei der ersten Aussaat der Schuppen findet 
man bisweilen Colonien, in welchen die Fadenbildung deutlich 
zu erkennen ist. 

Ueberträgt man eine solche Colonie, so erhält man in 
der Regel in den folgenden Reinculturen sehr schöne und lange 
Fäden. Colonien dagegen, welche Anfangs nur aus Sporen be¬ 
stehen, müssen oft durch mehrere Generationen weiter ge¬ 
züchtet werden, ehe sich ein deutliches Fadenwachsthum 
einstellt. 

Bisweilen geschieht es w’ieder, dass eine von einer lange 
Fäden bildende Colonie abstammenden Cultur nur sehr langsam 
weiterwächst, ohne deutliche Fäden zu treiben, und ebenso 
findet das Umgekehrte statt, ohne dass man eine Ursache da¬ 
für angeben könnte. 

Ich habe schon erwähnt, dass bei einem der ersten vier 
Fälle die erste Platte und die erste Verdünnungsplatte schon 
nach 24 Stunden vollständig von einem feinen Häutchen über- 


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wachsen waren, unter welchem man in der Tiefe des Agars 
die granulirten Colonien sehen konnte. Beim 3. Fall des Jahres 
1895 war dies gleichfalls der Fall und nur in der zweiten Ver¬ 
dünnungsplatte befanden sich mehrere granulirte Colonien, ohne 
dass ein Häutchen die ganze Oberfläche bedeckt hätte. Von 
diesen Colonien zeigte eine bereits deutliches Fadenwachsthum. 
Von dieser Colonie wurden auf drei Platten-Uebertragungen 
gemacht; in zwei Ton diesen Platten waren nach 24 Stunden 
die charakteristischen Colonien vorhanden, die dritte war fast 
vollständig von einem zarten Häutchen bedeckt; die davon 
angelegten Colonien zeigten ein aussergewöhnlich rasches 
Wachsthum, indem sie bereits nach 48 Stunden einen Durch¬ 
messer von 3—4 Mm. erreichten und entwickelten ungemein 
lange Fäden, welche ein Geflecht bildeten, das wie ein zartes 
milchweisses Häutchen die Oberfläche bedeckte. 

Die Schuppen, aus welchen diese Colonien gewonnen 
worden waren, entstammten einer Pityriasis versicolor, welche 
in ausserordentlicher Ueppigkeit in Form eines Halsbandes an 
der oberen Brust localisirt war. 

Ein ähnliches energisches Wachsthum erhielt ich in den 
Culturcn von zwei Fällen ausserordentlich üppiger Pityriasis 
versicolor des Stammes, deren eine, zahlreiche kleine, oft voll¬ 
ständig ringförmige Herde bildete, im Jahre 1896, während 
ein 3. Fall in diesem Jahre wieder nur langsamer wachsende 
Colonien mit kürzerer Fadenbildung ergab. 

Das Wachsthum dieser rasch wachsenden Colonien war 
oft so energisch, dass in 24 Stunden fast die ganze Oberfläche 
des Nährbodens in der Plattendose überwuchert wurde. Nament¬ 
lich wenn man am 2. oder 3. Tage von solchen Culturcn 
weiterimpft, kann man den Colonien längere Zeit diese Wachs¬ 
thumsenergie bewahren. In der 6. —10. Generation wird sie 
jedoch geringer und wenn man die Platten älter werden lässt, 
dass sie mehr austrocknen und überträgt erst nach 6—8 
Wochen, dann erhält man wieder viel schwächer wachsende 
Colonien. 

Ueberimpft man von einer rasch wachsenden Cultur, so 
zeigen die Colonien nach 24 Stunden makroskopisch das Aus¬ 
sehen eines milchweissen Häutchens, dessen Form davon ab- 


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Untersuchungen über das Mikrosporon furfur. 


77 


hängt, ob die Uebertragung als Strich- oder als Punkt-Cultur 
ausgeführt wurde und ob Condenswasser Keime verschleppen 
konnte. Ihre Ränder sind glatt, jedoch verschwommen. 

Unter dem Mikroskop gewahrt man, dass das Häutchen 
aus einem dichten Netze, ausserordentlich langer, geschlungener 
und gewundener Fäden besteht, welche im Inneren der Colonie 
sich so dicht durchkreuzen und durchflechten, dass die Colonie 
ein grobgranulirtes Aussehen erhält; am Rande dagegen ist 
das Geflecht weniger dicht, und löst sich in einzelne Faden¬ 
bündel und Gewirre auf, welche mit einem Haargeflecht, 
einer Locke oder einem Zopfe verglichen werden können; 
diese Fäden zeigen keine Gliederung, sind ungemein lang, 
ziemlich gleichmässig dick, ohne Verzweigungen und farblos 
(Fig. 2). 

Diese Fäden entwickeln sich nicht nur an der Luftober¬ 
fläche des Agar, sondern auch an der GlasoberHäche desselben. 
Hier wuchern sie jedoch in der Regel nicht so dicht, sondern 
bilden nur eine dem freien Auge oft kaum wahrnehmbare 
Trübung an der Glasoberfläche. An diesen schütteren und 
zarten Geflechten kann man die Anordnung der Fäden sein- 
gut studiren. Man erkennt daran, dass ihre Dicke nicht 1 ii 
erreicht, dass sie in leicht welligem oder geschlungenem Laufe 
kreuz und quer durcheinander ziehen, und im ganzen Verlaufe 
ziemlich dieselbe Dicke behalten. Stellenweise sieht man in 
ihnen in regelmässiger Anordnung etwas stärker lichtbrechende 
Körnchen eingelagert (Fig. 3). Oft sieht man auch Verzweigungen, 
die im rechten oder spitzen Winkel von einander abgehen. Am 
Ende zerfallen sie bisweilen in Sporenreihen. An etwas älteren 
Colonien sieht man zwischen ihnen mehr weniger grosse Sporen¬ 
häufchen gelagert. 

24—48 Stunden nach der Uebertragung der Colonie ist 
ihr rasches Flächenwachsthum beendet. Jetzt bilden sich 
Sporenhaufen in dem Fadengeflecht, wobei die Fäden perlschnur¬ 
artig zerfallen (Fig. 5). Aus den dichten Knäuel schiessen ein¬ 
zelne lange Fäden weit in die Nachbarschaft, verschlingen sich 
vielfach unter einander, zerfallen in Körnchen, bilden reichlich 
Abzweigungen und Sporenhaufen und werden dadurch zu den 
bekannten moosartigen Ausläufern. Wie sich aber ihre Bildung 


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78 Spietschka. 

an einen rasch ausgewachsenen Faden anschliesst, so wachsen 
sie auch wiederum ganz langsam vom Rande des Fadenknäuels 
in die Nachbarschaft, wie dies schon früher bei den Colonien 
mit langsamem Wachsthmn beschrieben wurde. Sie bestehen 
dann aus kürzeren, an den Rändern radiär angeordneten Fäden 
mit reichlichen winkeligen Abzweigungen. 

Die Länge der Fäden ist nicht nur bei den verschiedenen 
Colonien derselben Platte, sondern auch an verschiedenen 
Stellen einer und derselben Colonie sehr verschieden; so sieht 
man an einer Stelle dichte Knäuel langer Fäden, an einer 
anderen ein Geflecht kurzer Fäden mit Sporenhäufchen 
dazwischen, und endlich die moosartigen Ausläufer. 

Auch die von solchen rasch wachsenden l'ulturen in 
der Tiefe des Agars angelegten Colonien erreichen eine be¬ 
deutendere Grösse (4—»> Mm.). Sie sind sehr dicht, von gelb¬ 
licher Farbe, senden aus kürzeren und dickeren Fäden und 
reichlichen Sporen bestehende moosartige Aestchen in die 
Nachbarschaft, welche aber nie die Ausdehnung der oberfläch¬ 
lichen erreichen. Kommen sie bis an die Oberfläche, dann wird 
ihr Wachsthum energischer, und bisweilen sind sie dann mit 
einer doppelten Zone moosartiger Ausläufer versehen. 

Auch die Dauerhaftigkeit der Fäden ist nicht gleich. Rei 
sehr raschen Wachsthume der Colonie, wo in 24 Stunden eine 
Plattendose vollständig überwuchert wird, wenn dieselbe auch 
nur an einem Punkte der Oberfläche beschickt worden war, 
zerfallen auch die Fäden ungemein rasch, so dass man fast gar 
keine glatten Fäden, sondern nur in Theilung und Zerfall be¬ 
griffene vorlindet. 

Am Deckglaspräparate erhält man davon starke gut färb¬ 
bare Fäden, welche eiförmige nicht gefärbte Stellen, abwech¬ 
selnd mit runden dunkelgefärbten Sporen enthalten (Fig. 7). 

Die Fäden der Fadenknäuel und Gellechte sind dauer¬ 
haften’, ja die kurzen Fäden der langsam wachsenden Colonien 
bleiben monatelang unverändert. An den längeren Fäden rasch 
wachsender Colonien kann man jedoch stets in einigen Tagen 
Sporenbildung wahrnehmen. Diese bilden sich in den Fäden 
von verschiedenster Dicke oft in regelmässigen Abständen (Fig. (1); 
die Spore ist oft von grösserem Durchmesser als der Faden. 


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Untersuchungen über das Mikrosporon furfur. 


7!) 


in welchem sie entsteht, so dass dieser rosenkranzartige An¬ 
schwellungen zeigt. Daneben findet man einzelne Sporen und 
aus zahlreichen Sporen zusammengefügte Haufen. 

Verhalten des Pilzes auf den verschiedenen Nährböden. 

Agar. Am üppigsten gediehen die Colonien auf Harn¬ 
agar 1: 10; auch Glvcerin-Zucker-Agar und Glycerin- 
Pepton-Agar, welche sich recht lange feucht erhalten, sind 
gut zu den Culturen zu verwenden, und die im Vorhergehenden 
gegebenen Schilderungen vom Wachsthume des Pilzes an 
Plattendosen ist von Culturen auf diesen 3 Nährböden gewonnen. 

Auf Pepton-Agar gedeiht der Pilz nicht so gut; des¬ 
gleichen bietet mit Pflanzensäuren versetzter Agar keine gün¬ 
stigeren Wachsthumsbedingungen. 

Auch auf Schweiss-Agar wurde die Cultur des Pilzes 
versucht. Der bei Entblössung des Körpers in den Achselhöhlen 
entstehende Schweiss wurde von mehreren Personen gesammelt, 
und im Verhältnisse 1 :10 einem Pepton-Agar zugesetzt, und 
der Nährboden gut sterilisirt. Das Wachsthum des Pilzes war 
jedoch gleich dem auf einem feuchten Pepton-Agar 

Schräg erstarrter Agar: An der Oberfläche bieten 
die Colonien dasselbe Aussehen wie in den Platten; entweder 
bildet sich vom Striche aus wuchernd in 48 Stunden ein grau- 
oder gelblichweisses Häutchen aus, oder es entstehen längs des 
Striches mehrere mattweisse, rundliche Colonien; das Wachsthum 
in der Tiefe ist sehr gering; Anfangs sieht man Tiefenwachsthum 
nur dort, wo Keime bei der Ausführung des Striches direct in 
den Agar hineingedrückt wurden. Später sieht man an Colonien 
mit dunklerem Centrum, lichterem Hofe und moosartigen Aus¬ 
läufern ein geringes Tiefenwachsthum in der Mitte, von der 
dichtesten Stelle ausgehend in Form einer kleinen, matten 
Halbkugel oder eines kleinen Kegels. Bei sehr energischem 
Wachsthume dringen auch die moosartigen Ausläufer ein wenig 
unter die Oberfläche ein. 

Dagegen findet sich häufig ein anderes Tiefenwachsthum, 
nämlich an der Fläche des Agars, welche dem Glase anliegt. 
Hier bilden sich äusserst zarte Fadengeflechte mit zahlreichen 
kleinen Sporenhäufchen. 



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Spietschka. 


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Die Farbe der Colonien ist auf Agar Anfangs immer matt- 
weiss, später gelblichweiss. Bei durchscheinendem Lichte er¬ 
scheinen die Sporenhäufchen gelblich bis braungelb. Alte, üppige 
Colonien, die nur noch Sporen enthalten, sind auch bei auf¬ 
fallendem Lichte braungelb. 

Nähr-Gelatine. Auf diesem Nährboden ist das Wachs¬ 
thum ungemein träge. An der Oberfläche bildet sich wohl inner¬ 
halb der ersten Tage ein kleines weissliches Häutchen in der 
Umgebung der Einstichstelle. Allein längs des Stiches in der 
Tiefe geht das Wachsthum nur ausserordentlich langsam vor 
sich. Erst in einer Woche kann man einzelne, winzige, punkt¬ 
förmige Colonien von unregelmässiger Gestalt erkennen. Diese 
wachsen sehr langsam, kaum merklich weiter. Im Sommer, wo 
die Gelatine sehr weich ist, verschwimmen diese Colonien zu 
leichten wolkigen Trübungen der Gelatine. Eine Verflüssigung 
derselben findet auch nach vielen Wochen nicht statt. 

In Bouillon wächst der Pilz langsam. Am Boden des 
liührchens entwickelt sich eine mattweisse Wolke; die Colonie 
ist locker, einer feinen Baumwollflocke ähnlich, nur sind die 
Fäden viel feiner. Das Grössenwachstlmm der Colonie ist ver¬ 
schieden, je nach der Stammcultur, von welcher in Bouillone 
übertragen wurde. Das schnellste Wachsthum erhielt ich von 
einer Harn-Agar-Cultur, welche rasch lange Fadenconvolute 
entwickelt hatte; hier erreichte die Flocke in vier Wochen eine 
solche Grösse, dass sie vom Boden aus die llältte der Bouillon 
durchsetzte, also ungefähr 2 Cm. emporreichte. Andere Cul- 
turen erreichen dagegen in acht Wochen die Grösse einer 
Erbse, andere werden überhaupt nicht einmal so gross, wenn 
man auch wartet, bis die Bouillon ganz vertrocknet. 

Schüttelt man die Colonie, so geht, sie nicht auseinander, 
sondern bleibt beisammen, sich im Wirbel mannigfach ver¬ 
ziehend. Versucht man sie mit der Platinöse herauszuheben, so 
gleitet sie herunter, ohne zu zerreissen. Erst bei energischem 
Schütteln oder raschem Bühren mit dem Platindrahte gelingt 
es die Colonie auseinander zu bringen. 

Bisweilen entwickeln sich neben dieser grossen Colonie 
am Grunde der Eprouvette noch mehrere kleine, welche an der 
Stitenwand des Glases hängen, von hier aber durch geringes 


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Schütteln abgelöst werden und sieh mit der am Boden befind- 
1 eben vereinigen. Die Oberfläche der Bouillon bleibt in der 
Begel frei; nur bei einer Cultur entstanden an der Stelle, wo 
die Flüssigkeit sich durch die Adhäsion am Glase emporzieht, 
flockige Colonien in Form eines Binges, von dichterer Be¬ 
schaffenheit als die Colonie am Grunde. 

Farbenveränderung der Bouillon oder Färbung der Co¬ 
lonie tritt nicht ein, ausser dem Dunklerwerden alter Culturen 
in Folge von Verdunstung. 

Unter dem Mikroskop am gefärbten Präparate — die 
Färbung gelingt sehr schön mit L ö f fl e r'schem Methylenblau 
— erweist sich die Colonie aus sehr langen Fäden von ver¬ 
schiedener Dicke bestehend. Nur wenige Fäden sind in der 
ganzen Länge gleichmässig, die meisten zeigen regelmässige 
(Bieder, die bei den verschiedenen Fäden sehr verschiedene 
Länge besitzen. Zwischen den Gliedern befindet sich eine leere 
Stelle, die oft so kurz ist, dass sich die etwas abgerundeten 
Enden der Glieder fast berühren; oft aber ist sie so lang 
wie ein Glied selbst, und man sieht hier nur die Conturen 
der Hyphe schwach angedeutet; es macht den Eindruck, als 
ob sie ihren Inhalt verloren hätte. Die Fäden besitzen sehr 
verschiedene Länge; man findet ganz kurze, ein oder wenige 
Glieder umfassende, und ausserordentlich lange, welche Go und 
mehr Glieder zählen. Verzweigungen finden sich sowohl an 
ungegliederten wie bei gegliederten Hyphen; bei letzteren stets 
an der Stelle, wo sich die Glieder absetzen. Sie gleichen voll¬ 
ständig der Gliederung und Verzweigung des Pilzes in der 
Haut, nur dass sie nicht dieselbe Grösse erreichen. Die Zweige 
gehen winkelig von der Haupthyphe ab, oft im rechten Winkel, 
ja selbst in stumpfen Winkeln, wobei das oberhalb der Abzwei¬ 
gung befindliche Stück der Haupthyphe gleichfalls nach der ent¬ 
gegengesetzten Seite aus seiner Dichtung gedrängt erscheint. 
Auch sieht man von einer längeren Hyphe kurze Seitenzweige aus¬ 
gehen,'welche ungefähr rechtwinkelig abzweigen; ihr Ende ist etwas 
keulenförmig verdickt, und sie zeigen eine kurze Gliederung. 

Neben den Hyphen finden sich theils zerstreute, theils in 
Haufen und Klumpen beisammen liegende Sporen; die Sporen¬ 
haufen erreichen oft bedeutende Grösse. 

Archiv f. Dermatol, u. SypLil. Baud XXX\ II 6 


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Spietschk a. 


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Die Sporen selbst erscheinen zumeist kugelig und gleich- 
massig gefärbt; ihre Grösse ist recht verschieden und über¬ 
trifft oft die Dicke der Hyphen bei weitem. Oft sieht man die 
Sporen noch in den Hyphen, in ziemlich regelmässigen Ab¬ 
ständen; die Hyphen sind, wenn sie sehr grosse Sporen ent¬ 
halten, an diesen Stellen rosenkranzartig verdickt. Es hat den 
Anschein, dass sich diese .Sporen durch Zusammenziehung des 
Protoplasmas in den Fäden bilden, und dann aus der Hyplie 
hinausschlüpfen, worauf ein leerer Schlauch zurückbleibt. 

Man findet aber auch Sporen von länglicher Gestalt, 
welche zu Sporenketten angeordnet sind, und ähnlich aussehen 
wie die oben von Agar-Culturen beschriebenen. 

In Milch wächst der Pilz noch viel langsamer als in 
Bouillon; in 3 Monaten gelingt es kaum eine stecknadelkopf- 
giosse Flocke in derselben zu finden. 

Lakmus-Milch bietet ihm keine besseren Verhältnisse, 
und wird auch nach vielen Monaten nicht in ihrer Färbung ver¬ 
ändert. 

Auf erstarrtem Blutserum entwickeln sich sehr lang¬ 
sam Colonien in Form eines mattweissen, unregelmässig be¬ 
grenzten Häutchens. 

Kartoffel sind für die ganz langsam wachsenden Colonien 
mit kurzer Fadenbildung ein so schlechter Nährboden, dass 
man darauf erst nach 2—3 Monaten weissliehe matte Colonien 
von der Grösse eines Stecknadelkopfes findet. Uebertriigt man 
jedoch von einer rascher wachsenden Agar-Cultur oder auch 
Bouillon-Cultur, dann entwickeln sich in 3—4 Tagen weissliche 
oder grauweissliche Häutchen, welche feucht und dick schleimig 
aussehen; im Laufe von 3-4 Wochen überwachsen sie fast 
die ganze Kartoffelscheibe. Ihre Oberfläche ist glatt, glänzend, 
eben oder sanft höckerig; die Farbe matt oder gelblichweiss. 
bisweilen mit helleren Flecken oder Punkten. Bei älteren 
Colonien von ti—8 Wochen sifdit man matte Färbungen auf- 
treten; es bilden sich in’s Graue oder Bräunliche, selbst in's 
Violette spielende Fleckungen aus. 

Auf B übe ähnliches Wachsthum wie auf der Kartoffel, 
rur etwas langsamer. 


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Untersuchungen ü! er das Mikrosporon furt'ur. 


83 


Auf erstarrtem Eiweiss erfolgt das Wachsthum ein¬ 
mal in Form eines glänzenden, dicken, feuchten Häutchens, 
welches sich in 14 Tagen bis 3 Wochen über die ganze Ober¬ 
fläche des Nährbodens ausbreitet. Seine Dicke ist jedoch nicht 
gleichmässig, sondern es bilden sich neben Stellen, die wie von 
einer zarten feuchten Schicht bedeckt erscheinen, dickere 
Häufchen und Klümpchen aus. Die jungen Colonien sind matt- 
oder grauweiss; bei älteren tritt vornehmlich in der Mitte der 
Häufchen Färbung auf, zumeist grau oder graubraun. Das Ei¬ 
weiss selbst nimmt eine gelbbraune Färbung an und hellt sich 
auf, es wird durchscheinend; bei einer 4Monate alten Cultur 
ist dasselbe dunkel schwarzbraun geworden. Die Begrenzung der 
Colonien ist oft unregelmässig und besonders von langsamer 
wachsenden oder älteren Colonien entstehen ähnliche moos¬ 
artige Ausläufer wie auf den Agarplatten, nur sind sie auf dem 
Eiweiss nicht so fein und zart ausgebildet wie auf jenen. 

Ein anderes Mal entstehen Colonien in Form dünner 
trockener Häutchen, welche sehr langsam wachsen und in 
Gestalt und Anordnung denen auf Agarplatten ähneln. Dabei 
entwickelte sich in einer Dose an den Colonien ein 
prachtvolles braunes Pigment, welches vollstän¬ 
dig der durch den Pilz bedingten B r a u n f ä r b u n g 
auf der Menschenhaut glich. 

Auf erstarrtem Eigelb wächst der Pilz ähnlich wie 
auf Eiweiss. Einmal in rasch wachsenden Colonien, die als 
feuchtes, dickes Häutchen den Nährboden überwachsen, ein 
anderesmal langsam wachsend als zartes trockenes Häutchen. 
Bei ersteren tritt nach 2—4 Wochen eine dunklere Färbung 
des ganzen Nährbodens ein. wobei er sich etwas aufhellt und 
durchscheinend wird ; die Farbe dieser Colonien gleicht denen 
auf Eiweiss. An letzteren, den langsam wachsenden Colonien. 
entsteht im Bereiche des Häutchens eine Einsenkung des Nähr¬ 
bodens, während in der Mitte jeder Colonie eine kleine hügel- 
artige Emporhebung sichtbar wurde, an welcher sich ein pracht¬ 
volles Orange-Pigment ausbildete. 

Der Pleomorphismus des Pilzes. 

Aus den im Vorhergehenden gegebenen Schilderungen 
ersehen wir, dass zwischen den verschiedenen Culturen des 

(!* 


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£ Spiels c li k :i. 

Pilzes sehr bedeutende Verschiedenheiten bestehen, und zwar 
nicht nur im makroskopischen Aussehen, sondern ebenso in den 
mikroskopischen Poldern. Namentlich der rnterschied zwischen 
den rasch wachsenden Culturen und den langsam wachsenden 
ist in jeder Beziehung ein aullallender. Diese Verschiedenheit 
im Wachsthum des Pilzes ist aber nicht in der Weise aui’/u- 
lassen, als ob man von dein einen Falle nur Culturen der 
einen Art, von einem andern nur solche der anderen Art er¬ 
halten wurde, um etwa an mehrere Arten des Pilzes denken zu 
können, sondern man erhält oft von einem und demselben 
Falle schon in der ersten Aussaat recht verschiedene Bilder, 
und dasselbe geschieht, wenn man von einer und derselben 
Ileincultur verschiedene neue Culturen anlegt. Dabei muss her¬ 
vorgehoben werden, dass der Uebergang der schnell wachsen¬ 
den in die langsam wachsenden Culturen viel häufiger erfolgt, 
als das Gegentheil der Fall ist. So hatte sich eine ausser¬ 
ordentlich rasch wachsende Cultur bei der Febertragung auf 
demselben Nährboden, nämlich auf Harnagar, in jeder folgen¬ 
den Generation langsamer entwickelt und hatte in der 9. Ge¬ 
neration schon ganz den Charakter der langsam wachsenden 
Colonien angenommen. 

Der Charakter der Colonien als schnell wachsende erhalt 
sich in der Pegel besser, wenn man immer von jungen Culturen 
abimpft, nämlich die Febertragung schon nach FS Stunden 
vornimmt. Die Culturen biissen jedoch auch nach \‘ q Jahn» 
noch nicht vollständig ihren Charakter ein, sondern lassen sich 
noch leicht übertragen und wachsen ziemlich lebhaft. 

Die langsam wachsenden dagegen verlieren ihre Ent¬ 
wicklungsfähigkeit früher; von *1 Monate alten Culturen sind mir 
noch Uebeitrnguiigeii gelungen, welche ein recht langsames 
Wachsthum und elende Entwickelung zeigten; bei Jahre 
alten Culturen fielen die Uebergangsversuche negativ aus. 

Den Grund für diese Verschiedenheiten in der Waclis- 
thums- und Lebensenergie des Pilzes vermag ich nicht anzu¬ 
geben; sicher hängt dieselbe vom jeweiligen Falle ab und ist 
bei verschiedenen Fällen verschieden, was man an der ersten 
Entwicklung in den mit Schuppen beschickten Platten erkennt; 
ebenso sicher ist es aber auch, dass die Verschiedenheit der 


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Untersuchungen über das Milu-osporon furfur. 


85 

Quelle nicht die einzige Ursache der Verschiedenheit der Ent¬ 
wicklung, wie das schon obeu betont wurde. 

Nach Kotljar geht der Pilz in den Platten nicht auf, 
wenn man die Haut erst mit Aether und Alkohol reinigt und 
dann erst die Schuppen sammelt. Da ich dies hei meinen 
ersten Versuchen gethan hatte, glaube ich die geringe Ent¬ 
wicklungsfähigkeit auf diesen Umstand zurückführen zu kön¬ 
nen. Allein später wiederholt ausgeführte Versuche lehrten 
mich, dass man trotz energischer Behandlung der Haut mit 
Aether oder Alkohol energisch wachsende Culturen erhalten 
kann, und umgekehrt trotz Vermeidung einer jeden Waschung 
der Pilz den Schuppen nur recht kümmerlich entwachsen kann. 

Wohl spielt die Beschaffenheit des Nährbodens dabei 
eine Rolle, aber sicher nicht die wichtigste; denn der Ueber- 
gang findet, statt, gleichviel oh man die Uebertragung immer 
auf demselben Nährboden vornimmt oder oh man den Nähr¬ 
boden variirt. Ja, in derselben Platte, ja sogar an ein und 
derselben Colonie sind die verschiedensten Formen neben ein¬ 
ander zu finden. 

Ebenso merkwürdig wie die Verschiedenheit in der Ent¬ 
wicklung der Formen ist die Mannigfaltigkeit in der Bildung 
von Farben. Wir erwähnten schon anlässlich der Beschreibung 
der Colonien auf Kartoffeln, dass sich hier auf derselben Colonie 
verschiedene Sehattirungen und Färbungen entwickeln können ; 
diese sind jedoch matt. Am schönsten waren die Farben auf 
erstarrtem Eiweiss öder Eigelb ausgeprägt. Bei Uebertragungen 
dieser farbigen Colonien beobachteten wir nun ein äusserst 
wechselvolles Verhalten des Pilzes. Wir wollen als Beispiel 
anführen: Vom Falle III 1 805 erhielt ich ein prachtvoll orange 
farbiges Pigment bei Uebertragung von Harn-Agar auf Eigelb 
und ein ebenso lebhaft braunes auf Eiweiss. Von der 14 'l äge 
alten Eigelb-Cultur wurde gleichzeitig von den gefärbten Stel¬ 
len auf Eigelb, Eiweiss und Kartoffel übertragen. Auf einem 
Eigelb entwickelte sich wieder orangefarbenes Pigment, und 
bei abermaliger Uebertragung auf Eigelb von letzterem bildete 
sich eine graubraune Färbung aus; auf Eiweiss entstand grau¬ 
braune, auf Kartoffel gaue Farbe. 


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8G Spietsclika. 

Von der ebenso alten lebhaft braunen Eiweiss-Cultur ent¬ 
stand auf Eigelb ein graubraunes Pigment, auf Eiweiss grau, 
wogegen sieli auf Kartoffel ein helles Orange ausbildete. Dabei 
muss noch erwähnt werden, dass die braune Eiweiss-Cultur 
Form und Anordnung der langsam wachsenden Agar-Colonien 
zeigte, während die davon erhaltenen jüngeren Eiweiss-C'olonien 
ganz den rasch wachsenden Kartoffel-Colonien mit grauer Pigment¬ 
bildung glichen. 

Wir finden demnach bei unserem Pilze einen Reichtlmm 
an Formen und Farben, eine Inconstanz in seiner Entwicklung, 
die wir als ausgezeichneten Pleomorphismus bezeichnen müssen. 
Er kann sich dem für das Trichophyton tonsurans (Mibelli, 
Kral, Wälsch) Gefundenen würdig an die Seite stellen. 

Impfungen auf den Menschen. 

Die Febertragbarkeit der Pityriasis versicolor vou Mensch 
zu Mensch ist bekanntlich eine sehr geringe. In der Literatur 
finden wir derartige P.eobachtungen sehr selten (II üble) an¬ 
geführt. Koch spärlicher lauten die Nachrichten über gelungene 
experimentelle L'ebertragung mittels pilzhältiger Schuppen 
(II üble). Deshalb spannten wir unsere Erwartungen auf das 
Gelingen derartiger Versuche nicht zu hoch. 

Dieselben wurden in folgender Weise ausgeführt: Die 
Haut an Vorder- und Innenseite beider Oberarme wurde mit 
Seife und Sublimat gereinigt, mit reichlich destillirtem Wasser, 
Alkohol und Aether abgespült. Dann wurde mit einem ausge¬ 
glühten scharfen Löffel die oberste Ilornschichte etwas ab¬ 
geschabt. 

Zur Uebertragung benützten wir zwei üppig gewachsene 
Ilarn-Agar-Colonien, Fall III 18 !b">, und Fall I 1S!M>. Von 
diesen Culturen wurden kleine dicht bewachsene Stückchen, 
etwa von der Grösse eines Ilanfkornes abgenommen und auf 
einer ungefähr kreuzerstückgrossen Fläche des Armes verrieben, 
so dass rechts drei mit Culturen vom Jahre lsüö. links drei mit 
Culturen von 1S!H> inficirtc Ilautstellen vorhanden waren; 
darüber wurde ein dünnes Kautschukpapier gegeben und ein 
ganz leichter Verband angelegt. Ich selbst impfte mich in 


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Cntorsuclmngen über tlas Mikrosporon furfur. 


s; 


gleiclier Weise an der Haut des linken Oberarmes und inmitten 
der Brust. 

Die sechs zu diesem Versuche verwendeten Patienten 
litten einer an Ilhinosklerom, fünf an Lupus tub. des Gesichtes, 
und standen im Alter von 46, 22, 17, 17, 16, 14 Jahren; alle 
wurden genau auf das Vorhandensein einer Mycosis versicolor 
angesehen und davon frei befunden. Nach 2 Tagen wurde das 
Guttaperchapapier ahgenommen, und die Haut nur mit einem 
leichten Tricotverhande bedeckt. 

Bei sämmtlichen Patienten und auch hei mir war unter 
dem Guttaperchapapier eine leichte Maceration der Haut einge¬ 
treten, und bei allen fanden sich an jenen Stellen, wo die 
Colonien eingerieben worden waren, leichte Reizerscheinungen 
eczematöser Natur. Diese Erscheinungen: Rüthung der Haut 
Bildung kleiner rother Knötchen und Pustelchen war hei 2 
Patienten und mir ziemlich lebhaft entwickelt, bei 4 Patienten 
aber nur schwach. Bei fünf Patienten und bei mir waren diese 
Erscheinungen in 7—10 Tagen unter leichter Abschuppung 
vollständig verschwunden, der Befund in den Schuppen negativ. 

Nur bei einem 22jährigen mit Lupus faciei behafteten 
Patienten war der Verlauf anders. Gleich die anfänglichen 
Reizerscheinungen entwickelten sich bei ihm recht bedeutend; 
sie heilten ah und am 9. Tage war keine Spur einer Rüthung 
mehr vorhanden; jedoch bestand eine sehr lebhafte Ab¬ 
schuppung und deutliche graubraune Verfärbung 
der Haut, namentlich an der unteren und mittleren Stelle des 
linken Oberarmes. 

Die Schuppen wurden am 12. Tage ahgenommen und 
theils gefärbt, theils zur Cultur verwendet. In den Schup¬ 
pen fand sich Mikrosporon furfur und zwar in ein¬ 
zelnen Schuppen so schon und charakteristisch, wie man es 
selten zu sehen bekommt. 

In den Culturen erhielten wir Colonien mit 
raschem Wachst h u m e. welche weitergezüchtet wurden und 
vollständig den früher erhaltenen glichen. 

Wenn diese Versuche auch nur bei einem Falle ein posi¬ 
tives Resultat ergaben, so ist dies doch ganz unzweifelhaft, 


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8 i> i e t sc L k a. 


8 « 

und genügt, im Hinblick auf die bekannte klinische Er¬ 
fahrung, dass die Disposition für die Erkrankung an Mycosis 
versicolor beim Menschen eine sehr geringe ist, vollkommen, 
um diesen Pilz als pathogen für die Mycosis versicolor zu 
bezeichnen. 

Der von v. Sehlen und Unna als für diese Erkrankung 
pathogen beschriebene Pilz unterscheidet sich sehr wesentlich 
von unserem Pilze, namentlich ist die Erzeugung von Be- 
fruchtungsorj anen auf künstlichen Nährböden eine Eigenschaft, 
welche den bisher bekannten pathogenen Oberlmutpilzen über¬ 
haupt nicht zukommt, und auch an unserem Pilze nicht beob¬ 
achtet wurde. Die Verflüssigung der Gelatine, das Vorhandensein 
septirter, an den Enden sich versclnnächtigender Ilyphen sind 
weitere wichtige Unterscheidungsmerkmale. 

Anders verhalt es sich mit dem von Kotljar gezüch¬ 
teten Pilze. Unsere rasch wachsenden Culturen zeigen Eigen¬ 
schaften, welche mit denen des Iv o 11 ja Eschen Pilzes in 
manchen Punkten übereinstimmen; es sind dies besonders: 
Nichtverflüssigung der Gelatine; Bildung einer Membran an 
der Oberfläche des Nährbodens, von welcher niemals Sprossen 
oder Ausläufer in die Eul't emporsteigen; der vollständige 
Mangel an höheren Befruchtungsorganen; ferner die Zusammen¬ 
setzung des Häutchens aus farblosen Hyphen, deren Grösse, 
Anordnung etc., sowie auch die Bildung der Conidien. Form 
derselben, ferner Bildung von farbigem Pigment auf Kartoffeln 
und die Inconstanz dieser Farbenbildung manche Ueberein- 
stimmung zeigen. Doch müssen wir hinzufügen, dass das Wachs¬ 
thum unseres Pilzes auf Gelatine wesentlich von dem des 
Iv o t lj a Eschen abweicht, ebenso bestehen in den Colonien auf 
Hübe und Kartoffel wesentliche Unterschiede; so z. B. dass 
Kotljar die Gliederung der Hyphen nur mit Chlorzink- 
behandlung nachweisen konnte, während sich in unseren Colo¬ 
nien neben vollständig ungegliederten l aden auch solche mit 
deutlicher Gliederung sowohl in u n g e f ii r b t e n als in gefärbten 
Präparaten vorfanden, endlich, dass unser Pilz in der Mehrzahl 
der Fälle nicht in dieser Form sondern in der mit langsamem 
Wachsthume sich entwickelt, die dem Pilze Kotljar's über¬ 
haupt abgebt. In Hinblick auf diese Umstände, und in Bück- 


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Untersuchungen über das Mikrosporon furfur. 


8') 


sicht darauf, dass wir über das Impfresultat Kotljar’s am 
Kaninchen nicht im Klaren sind, Impfversuche am Menschen 
überhaupt nicht gemacht wurden, erscheint es uns mehr als 
zweifelhaft, dass diese Pilze identisch sind. 

Die Untersuchung der Bedingungen für ein rasches oder 
langsames Wachsthum des Pilzes auf künstlichen Nährböden 
muss den Gegenstand weiterer Studien bilden. 

Besinne. 

Es gelang uns, aus den Schuppen der Mycosis versicolor 
einen Pilz zu züchten, über welchen wir folgende Aussagen 
machen können: 

1. Aus 12 verschiedenen Fällen von Pityria¬ 
sis versicolor, welche von uns zu Cu 11urversuchen 
verwendet wurden, erhielten wir einen und den¬ 
selben Fadenpilz. 

2. Dieser Pilz differenzirt sich durch seine 
culturellen Eigenschaften sehr wohl von den 
anderen pathogenen Fadenpilzen und nicht pa¬ 
thogenen Schimmelpilzen. 

3. Bei äusserst zahlreichen Culturversuchen, 
welche mit Hautschuppen von den verschiedensten 
Erkrankungen als Herpes tonsurans, Eczema 
marg., Favus, Pityriasis rosea, Psoriasis und an¬ 
deren v o r g e n o m m e n wurden, wurde dieser Pilz 
niemals gefunden. 

4. Es gelingt durch Ueberimpfung von Piein- 
culturen dieses Pilzes auf den Menschen eine 
Erkrankung der Haut zu erzeugen, welche in der 
Bildung brauner Flecken ohne Entzündungser¬ 
scheinungen besteht und mit lebhafter Abschup¬ 
pung einher geht. 

5. In diesen künstlich erzeugten Schuppen 
lässt sich das Mikrosporon furfur in seiner typi¬ 
schen Anordnung nachweisen, und aus denselben 
Schuppen wieder der Pilz mit den oben beschrie¬ 
benen Eigenschaften züchten. 


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00 


S p i e t s c h k a. 


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6. Demnach ist der von uns reingezüchtete 
Pilz als Erreger der Pityriasis versico 1 or zu be¬ 
trachten. 

Zum Schlüsse gestatte ich mir, meinem hochverehrten 
Lehrer, Herrn Professor Pick, für die freundliche Ueberlas- 
sung dieser Arbeit, sowie für die vielfache Unterstützung und 
Berathung auch an dieser Stelle meinen verbindlichsten Dank 
auszusprechen. 


Erklärung der Abbildungen auf Tafel VI. 

1. Schuppe mit umschriebenen granulirten Haufen, welche aus 
Sporen bestehen, 12 Stunden nach der Aussaat. 

2. Pilzfädeneonvolut aus einer rasch wachsenden Cultur; glatte, 
vielfach parallel verlaufende Faden. 

3. Fadengeflecht von der Glasnberfliiche des Agar, von derselben 
Cultur wie 2; einige Sporcnliaufen zwischen den vielfach sich durch¬ 
kreuzenden Fäden; die Fäden enthalten stärker lichtbrechende Punkte. 

4. Fäden und Sporenhäufchen aus einer langsam wachsenden Colonie. 

5. Sporenketten aus einer rasch wachsenden Colonie. 

C>. bilden aus der Cultur von Abbildung 3 im gefärbten Deckglas¬ 
präparate. 

7. Fäden aus der Cultur von Abbildung 5 im gefärbten Deckglas¬ 
präparate. 

Abbildung 1—5 direct von der Cultur abgezeichnet mit Zeiss Apo- 
chromat. Object lf> Min. Ap. UoO. Oecular Nr. 12. 

Abbild. (> u. 7. lteiebert. lloiung. Immersion '/ l2 . Occul. Nr. 4. 


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Klinische Studien über Nierenaffectionen 

bei Syphilis. 

Von 

Dr. Edvard Welander in Stockholm. 


Wenn auch schon Ray er (1840) die Albuminurie in 
Causalzusammenhang mit der Syphilis gebracht hat, so gehört 
das nähere Studium dieser Nierenaffectionen doch hauptsäch¬ 
lich den beiden letzten Decennien an. Nierengummata werden 
von Key, Lancereaux und Cornil 1877 beschrieben. Im 
Jahre 1880 tritt Wagner, der diese syphilitischen Nieren¬ 
leiden in acuten Morbus Brightii, gewöhnliche chronische Ne¬ 
phritis, granulirte Niere, Atrophie nur einer Niere, Amyloid¬ 
niere und Syphiloma in den Nieren eintheilt, mit seiner Arbeit 
über die Nierensyphilis auf. Seit dieser Zeit sind theils eine 
Menge Beschreibungen einzelner Fälle von Nierensyphilis, theils 
Zusammenstellungen von solchen Fällen erschienen. Auch in 
Lehrbüchern werden diese Nierenaffectionen besprochen. Fs 
würde mich allzuweit führen, wollte ich hier von allen hier¬ 
hergehörigen Arbeiten und Aufsätzen eine geschichtliche Dar¬ 
stellung geben. 

Nach diesen Beschreibungen zu urtheilen. scheint Albu¬ 
minurie in allen Perioden der Syphilis auftreteu zu können, 
sowohl in den allerersten Wochen der Krankheit, wie mehrere 
Jahrzehnte nach der Infeetion. Aber nicht genug hiermit; die 
syphilitische Nierenaffection scheint alle die Formen von Nieren¬ 
leiden annehmen zu können, die wir kennen, und ausserdem 
können rein specifische syphilitische Veränderungen (Gummata) 
in den Nieren entstehen. Die granulirte Niere sollte zwar, 
gleichwie die Amyloidniere, einem mehr avanc-irten Stadium 


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< 12 Welan o c r. 

der Krankheit angehören, die acute (parenchymatöse) und die 
(sub-) chronische Nephritis aber dagegen in allen möglichen 
Stadien der Krankheit auftreten können. 

Fragt man sich: können auf dem Obductionstisch diese 
syphilitischen Nierenaffectionen von anderen, nicht in der Sy¬ 
philis ihren Grund hallenden entsprechenden Nierenleiden 
unterschieden werden, so scheinen die pathologischen Anatomen, 
wenn man von den rein specitisehen gummösen Veränderungen 
ahsieht, mit nein antworten zu können. Beschreihungen gibt 
es wohl von pathologisch-anatomischen Veränderungen, z. B. 
bei syphilitischer parenchymatöser Nephritis u. s. w., aber in 
mehr als einem der Fälle, auf welche sich diese Beschreibungen 
gründen, ist der Beweis dafür nicht erbracht worden, dass 
wirklich eine syphilitische Nierenaffeetion Vorgelegen hat, auch 
fallen ausserdem die beschriebenen pathologischen anatomischen 
Veränderungen so nahe mit den nicht durch Syphilis hervor¬ 
gerufenen entsprechenden Nierenveränderungen zusammen, dass 
wohl kaum ein Pathologe nur auf Grund der Beschaffenheit 
einer solchen Niere zu entscheiden vermag, ob in dem einen 
Falle eine auf Syphilis beruhende, in dem anderen eine nicht 
auf Syphilis beruhende Nephritis, z. B. eine parenchymatöse 
Nephritis, vorliegt. Unsere Kenntniss hiervon ist in der Tliat 
eine sehr geringe. 

Kommen wir sodann zu der Frage von dem klinischen 
Bilde einer auf Syphilis beruhenden Nierenaffeetion. so ist 
leider unsere Kenntnis auch hiervon ziemlich gering, unge¬ 
achtet wir viele Beschreibungen der Symptome, des Verlaufes 
u. s. w. dieser Nierenaffectionen haben. Dieses hat seinen 
Grund hauptsächlich darin, dass man, merkwürdig genug, so 
selten gesucht hat, volle Klarheit darüber zu erhalten, ob eine 
syphilitische, d. h. eine durch Syphilis verursachte, oder eine 
gewöhnliche, mit der Syphilis des Patienten nicht in Causal- 
zusammenhang stehende Nierenaffeetion vorlag. Es ist ja selbst¬ 
verständlich, dass eine Nephritis eben so gut wie eine Pneu¬ 
monie oder eine andere Krankheit bei einem Individuum auf¬ 
treten kann, das an Syphilis leidet oder an dieser Krankheit 
gelitten hat, ebensowohl wie Syphilis bei einer Person entstehen 
kann, die schon eine Nierenaffeetion hat, ohne dass sich der 


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Kl'nische Studien über Nieruiaffeetioiien bei Syphilis 


93 

geringste ursächliche Zusamraenliang zwischen diesen Krank¬ 
heiten finden lässt. Dieses hat man allzusehr übersehen, 
und man findet in der Literatur eine Menge von Fällen, wo 
zufällig Anasarea und Albuminurie bei einem Individuum ent¬ 
deckt worden sind, welches Syphilis hatte oder gehabt hatte, 
und sofort hat man da den Schluss gezogen, dass es eine 
syphilitische Albuminurie (Nephritis) war. Begnügt man sich 
für das ursächliche Verhältnis zwischen Nierenleiden und 
Syphilis mit so geringen Beweisen, so ist es nicht schwer, eine 
Menge syphilitischer Nierenleiden zu erhalten. In einer bedeu¬ 
tenden Zahl der beschriebenen Fälle von syphilitischen Nieren- 
affectionen ist auch in keiner Weise der Beweis dafür erbracht 
worden, dass das Nierenleiden wirklich seine Ursache in der 
Syphilis gehabt hat. 

Seit mehreren Jahren habe ich mich mit der Frage von 
dem Auftreten der Albuminurie bei syphilitischen Personen 
beschäftigt, und im Nord. Med. Archiv. B. XX11I, Nr. 29 (lt'91) 1 

habe ich in einem Aufsatz: „Leber Albuminurie und Cylin- 
drurie durch Syphilis und Quecksilber", über meine damals 
angestellten Untersuchungen hierüber berichtet. Der einzige 
Schluss, den ich damals glaubte ziehen zu können, war folgen¬ 
der: Cylindrurie und Albuminurie, durch Syphilis verursacht, 
sind selten in einem frühen Stadium dieser Krankheit: in 
einem späteren Stadium der syphilitischen Krankheit tritt in 
einzelnen Fällen ohne entdeckbare Ursache eine besondere 
Form von Nephritis mit Blutcylindern, Fettkorncylindern, De¬ 
tritus u. s. w. zusammen mit Papulo-Tuberkeln, Guminata etc. 
an anderen Körportheilen auf und verschwindet dann zugleich 
mit diesen anderen syphilitischen Symptomen bei specitischer 
Behandlung (möglicherweise können im Zerfall begriffene Nieren- 
gummata diese Formen hervorgerufen haben). 

Ueber den Zusammenhang zwischen anderen Formen von 
Nierenleiden und Syphilis, die ich bei syphilitischen Personen 
beobachtet habe, wagte ich mich nicht zu äussern; Se ite HO 
und 31 sage ich: „Was die übrigen Formen von syphilitischer 
Nephritis anbetrifft, sind die Voraussetzungen, um sich über die¬ 
selben äussern zu können, allzu gering ; es ist unbedingt nothwen- 
dig, dass man erst eine Menge genauer Urinuntersuchungen in allen 


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94 


W eiander. 


Stadien der Syphilis vornimmt, ehe man sich als zu einem 
Urtheil über diese Formen berechtigt ansieht.“ In demselben 
Aufsatz habe ich auch Seite 7 hervorgehoben: „welche grosse 
Schwierigkeiten es hat, nur zu einer Wahrscheinlichkeitsdiagnose 
zu kommen, und wie wichtig, ja nothwendig es ist, genaue 
und dicht aufeinanderfolgende Untersuchungen des Urins der 
syphilitischen Patienten vom Beginn der Sclerose an vorzu¬ 
nehmen ; denn nur durch ein reiches Material an derartigen 
Untersuchungen ist es uns möglich, die wirkliche syphilitische 
Nephritis von der nur zufällig bei einer mit Syphilis behafteten 
oder behaftet gewesenen Person auftretenden unterscheiden zu 
lernen.“ 

Es ist ja selbstverständlich, dass ich unter solchen Um¬ 
ständen das Studium über das Verhältniss, in welchem Albu¬ 
minurie zur Syphilis steht, fortgesetzt habe, um so mehr, als 
wir in Stenbeck’s Separator (Centrifuge) ein unschätzbares 
Mittel erhalten haben, auch feinere Veränderungen in den 
Nieren zu studiren. In einer bedeutenden Anzahl von Fällen 
(ungefähr 1,400) habe ich in den letzten vier Jahren nach 
dem Vorkommen von Albuminurie bei syphilitischen Personen 
geforscht, und ich will nun hier, auch wenn das Schlussurtlieil, 
das ich auf Grund dieser meiner Untersuchungen fällen muss, 
eigentlich kein anderes ist als dasjenige, welches ich in meinem 
früheren Aufsatz gefällt habe, in Kürze über diese meine For¬ 
schungen berichten. 

Eine Frage muss ich jedoch sofort zu beantworten suchen: 
Was gibt uns das liecht, eine Nierenaffection zu diagnosticiren? 
Können wir dieses nur durch Nachweisung von Eiweiss im 
Harne tliuu V 

In den letzten Jahren hat man einige Mittel, das eine 
empfindlicher als das andere, angegeben, Albumin im Harne 
nachzuweisen. Man kann jetzt bald in jedem Harne Eiweiss¬ 
stoffe nachweisen, daher man auch gesagt hat, dass die Ei¬ 
weissstoffe einen normalen Bestandtheil des Harnes bilden. 
Her Unterschied zwischen normaler und pathologischer Albu¬ 
minurie würde demnach zum grossen Theile nur ein quantita¬ 
tiver sein. 


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Klinische Studien über Nierenaftectionen bei Syphilis. <)5 

In praktischer Hinsicht sind diese so empfindlichen Rea- 
gentien ganz sicher nicht anwendbar; im praktischen Leben sind 
wir eines Reagens henöthigt, welches das Eiweiss angibt, wenn 
seine Menge so gross ist, dass es nicht länger als normaler 
Bestandtheil rubricirt werden kann. In der Salpetersäure 
haben wir ein solches Mittel, und in der Regel können wir 
sagen, dass, wenn die Salpetersäure in 2—3 Minuten keine 
deutliche Reaction gibt, keine nennenswerthe patholo¬ 
gische Veränderung in den Nieren vorliegt. Dass sich trotz¬ 
dem eine minimale Veränderung in den Nieren finden kann, 
zeigt uns eine Untersuchung des Harnes z. B. mit Triclilor- 
essigsäure, die viel empfindlicher als die Salpetersäure, ja so 
empfindlich ist, dass man, namentlich im Sonnenlicht, oft eine 
kleine leichte Wolke oberhalb der Trichloressigsäureschicht 
auch im Harn sehen kann, der als völlig gesund betrachtet 
werden muss und in dem bei wiederholten Untersuchungen 
sogar bei Anwendung der Centrifuge nicht ein einziger Cylinder 
nachzuweisen ist. Wenn man Trichloressigsäure *) zur Unter¬ 
suchung anwendet, braucht man daher solche Spuren von Al¬ 
bumin nicht zu beachten und Albuminurie nur dann anzu¬ 
geben, wenn sich sofort ein deutlicher Albuminring bildet; 
aber auch wenn sich sofort ein solcher obschon unbedeutender, 
dünner, durchsichtiger Ring bildet, glaube ich doch, dass diese 
minimale Albuminurie nicht als eigentlich pathologisch aufzu¬ 
fassen ist, sofern sich nicht auch Cylinder (in nicht zu gerin¬ 
ger Anzahl) nachweissen lassen. 2 ) 

Bei meinen Untersuchungen habe ich theils Salpetersäure, 
theils, aber nur dann wenn ich den Harn auch auf Cylinder 
untersuchte, T. C. Ae. angewandt. Bei der Beurtheilung der 
normalen oder abnormen Beschaffenheit des Harnes bin ich in 


') Der Kürze wegen bezeichne ich Trichloressigsäure hiernach nur 
mit T. C. Ae. 

a ) Zwei, drei Cylinder kann man oft im Harn von Menschen finden, 
die als vollkommen gesund betrachtet werden müssen; dass ich also auch 
bei syphilitischen Personen ein paar Cylinder ohne die geringste Albu¬ 
minurie gefunden habe, was in 34 Fällen geschehen ist, kann daher nicht 
Wunder nehmen. 


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W e 1 an der. 


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»c 


Uebereinstimmung mit den liier angeführten Gründen zu Wege 
gegangen. 

Was die verschiedenen Eiweissstoffe anbetrifft, so scheint 
mir die Frage von ihnen so wenig klar gelegt und das, was 
wir von ihnen wissen, praktisch so schwer zu verwerthen zu 
sein, dass ich bei diesen Untersuchungen auf sie keine Rück¬ 
sicht genommen habe. 

Von allergrösstem Gewicht bei den Untersuchungen über 
Nierenaffectionen ist es natürlicherweise, dass man sich davon 
überzeugt, ob auch das Albumin, das mau findet, wirklich von 
den Nieren herrührt und nicht erst in den von den Nieren 
abgesonderten, vielleicht eiweissfreien Harn eingemischt worden 
ist. Ziemlich oft ist dieses der Fall, und ich will hier ein 
paar der gewöhnlichen Quellen der Einmischung von Bestand¬ 
teilen in den Ilarn, die Eiweissreaction geben und, wenn mau 
nicht genau ist. das Urtheil über den Zustand der Nieren 
der untersuchten Person trüben können, nennen. Ich meine 
die Einmischung von Eiterzellen und Sperma. Kommt der 
Eiter aus der Blase oder dem Nierenbecken, so kann es bis¬ 
weilen beinahe unmöglich sein zu entscheiden, ob nicht auch 
eine minimale renale Albuminurie vorliegt, zumal es mitunter 
schwer sein kann, zwischen den Eiterzellen, wenn sie zahlreich 
sind, (Nierenepithel) Cylmder zu entdecken, besonders wenn 
es hyaline Cylinder sind und sie sich nur in geringer Menge 
finden. Es ist jedoch viel ungewöhnlicher, dass die Eiterzellen 
aus der Blase und dem Nierenbecken, als dass sie aus der Ure¬ 
thra stammen. 

Sehr oft finden sich im Harn Reste einer Gonorrhoe, 
zwar nicht in hinreichender Menge, um ihn so zu trüben, dass 
man die Albuminreaction sofort auf Rechnung in ihm vor¬ 
handener Eiterzellen schreiben muss, doch aber reichlich ge¬ 
nug, um, zumal bei Anwendung empfindlicher Reagentien, z. B. 
T. C. Ae., eine deutliche Albuminreaction zu geben, obschon 
der Harn so gut wie völlig klar aussieht. In solchen Fällen 
kann man nur durch Sedimentirung und Untersuchung des 
Sedimentes Klarheit erhalten. In einer nicht geringen Zahl, 
in f'l der von mir untersuchten Fälle hat der Harn solche 
Albuminreaction gegeben, die auf eingemischten Eiterzellen 


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Klinische Studien über Nierenaffectionen bei Syphilis. 


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beruhend gewesen ist; oft findet man in solchen Fällen den 
sedimentirten Harn nicht oder in einem viel geringeren Grade 
als den nicht sedimentirten alb um inhaltig. Stammt die Bei¬ 
mischung von Eiterzellen aus der Urethra, so kann man sich 
ja zum Theil von ihr befreien, indem man zur Untersuchung 
nicht den zuerst gelassenen Harn nimmt; kommen die Eiter¬ 
zellen hingegen aus der Blase oder dem Nierenbecken, so ist 
eine solche Procedur selbstverständlich ohne Nutzen. 

In den Harn eingemischtes Sperma kann ebenfalls mit¬ 
unter Anlass zu einer Albuminreaction geben, die um so viel 
mehr irreführend ist, als der Harn unter diesen Verhältnissen 
oft vollkommen klar aussieht. Auch eine sehr geringe Menge 
in den Harn eingemischtes Sperma kann deutliche Albumin¬ 
reaction geben. Da ich wenigstens einmal in dieser Hinsicht 
in meinem Urtheil irregeführt worden bin (und da dieses wohl 
auch anderen als mir geschehen ist), habe ich in dieser Rich¬ 
tung einige Untersuchungen ausgefülirt, die hier mitzutheilen 
möglicherweise angemessen sein dürfte, ungeachtet sie nicht 
so zahlreich sind, dass sie völlig beweisend sein können. 

Bei den von mir angestellten Versuchen hat es sich ge¬ 
zeigt, dass ein Theil Sperma, in fünfzig Theile gesunden Harn 
eingemischt, in der Regel starke Albuminreaction mit T. C. Ae., 
deutliche Albuminreaction mit Salpetersäure und oft, nicht 
immer, Biuretreaction, nach Possner (Archiv für Anat. und 
Physiol., 1877, p. 495) ausgeführt, in hundert Theile gesunden 
Harn eingemischt, schwache Reaction mit Salpetersäure, starke 
mit T. C. Ae. und keine Biuretreaction, und in zweihundert 
Theile gesunden Harn eingemischt, mitunter, doch dann nur 
sehr schwach, Reaction mit Salpetersäure, und constant deut¬ 
liche Reaction mit T. C. Ae. gibt; schwache Reaction mit T. C. Ae. 
wird in der Regel bei Einmischung von einem Theil Sperma 
in drei- bis vierhundert Theile gesunden Harn bemerkt. Bei 
der Sedimentirung solchen mit Sperma untermischten Harnes 
habe ich bei Anwendung der Centrifuge im Sediment Spermato- 
zoen, wenn ein Theil Sperma in zweihundert Theile Harn ein¬ 
gemischt war, in reichlicher, und wenn ein Theil Sperma in 
vierhundert Theile Harn eingemischt war, in mehr oder weniger 
geringer Menge angetroffen. Hieraus geht hervor, dass bei 

Archiv f. Dermatol, u. Syphil. Band XXXVII, 7 


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f)S 


W e 1 a n d e r. 


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Einmischung von Sperma in den Harn die Biuretprobe zur 
Nachweisung von Spermaturie in der Regel nicht ausreicht, 
sondern dazu Sedimentirung und mikroskopische Untersuchung 
erforderlich ist. 

Man kann nun eimvenden, dass eine solche Einmischung 
von Sperma in den Harn nur sehr selten vorkommt; dieses ist 
aber nicht der Fall. Mehr als einmal bin ich überrascht ge¬ 
wesen, bei einer Untersuchung in einem Falle, wo der Ham 
sow r ohl vorher, wie nachher frei von Albumin gewesen ist, eine 
kräftige Albuminreaetion zu finden. Sedimentirung und mi¬ 
kroskopische Untersuchung haben dargethan, dass die Ursache 
dieser Albuminreaetion in den Harn eingemischtes Sperma ge¬ 
wesen ist. Diese Einmischung von Sperma in den Harn kann 
ja in einer mehr oder weniger oft vorkommenden Spermator- 
rlioe (Spermaturie, Grünfeld, Fürbringer) ihren Grund 
haben. In solchen Fällen kann es der Zufall geben, dass es 
den Anschein gewinnt, als ob eine (wenn auch unregelmässig) 
cyclische Albuminurie vorläge, so z. B. in folgendem Falle: 


Fall: I. J., 41 .Fahre. 


Am 2U./1II. 
„ -7./IIT. 
„ 28./III. 

» oO.'III. 

1./IV. 
» 3,'IV. 

b 5./IV. 
» 7./IV. 

» ^/>v- 


18!)4. Alt). (Sulp.), 0 Cyl., bedeut. Menge Sperrnatozoen. 

„ 0 Alb. (Sulp., T. C. Ae.), 0 Cyl., 0 Sperrnatozoen. 

„ Spur v. Alb. (T. C. Ae., 0 Salp.), 0 Cyl., Sperrnatozoen 

in spärlicher Menge. 

r 0 Alb. (T. (C. Ae.), 0 Cyl., 0 Sperniatozoen. 

„ Alb. (Sal|>), 0 Cyl., Sperrnatozoen in kolossaler Menge. 
„ Alb. (Salp.j, 0 Cyl., Sperrnatozoen in kolossaler Menge* 
„ 0 Alb. (T. C. Ae.), 0 Cyl., 0 Sperrnatozoen. 

»nun n n 

„ Alb. in spärlicher Menge (T. C. Ae.), 0 Cyl., Sperroato- 

zoen in spärlicher Menge. 


Es ist aber nicht nur bei der Snerniatorrhoe, wo wir 
Sperma in den Harn eingemischt finden. Bei jeder Ejaculation, 
mag sie beim Coitus, bei einer Pollution oder Onanie geschehen, 
bleibt ein Theil des Sperma an der Wand der Urethra haften, 
von wo es dann beim nächsten Harnlassen vom Harne wegge¬ 
spült wird, der in dieser Weise albuminhaltig werden kann. 
Ob der Harn durch das Wegspülen an der Wand der Urethra 
haftenden Spermas albuminhaltig wird oder nicht, beruht auf 
der Menge des Harnes, der nach der Ejaculation gelassen wird; 


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Klinische Studien über Niereuafleetionen bei Syphilis. 


99 


ist dieselbe gering, d. h. weniger als 40—50 Gramm, so gibt 
der Harn Albuminreaction mit T. C, Ae., vielleicht auch mit 
Salpetersäure; ist die Menge des gelassenen Harnes gross, so 
ist die Menge des eingemischten Spermas im Verhältnis zur 
Harnmenge so gering, dass in der Regel keine deutliche 
Albuminreaction erhalten wird. Wird der Harn dagegen in 
zwei oder drei Gläser gelassen, so zeigt sich in dem Glase, 
das die zuerst gelassenen 40—50 Gramm Harn enthält, eine 
deutliche, in den übrigen Gläsern keine Albuminreaction. Hier¬ 
aus ergibt sich die praktische Regel, zu der Untersuchung von 
Morgenharn, namentlich wenn es der Harn junger Männer ist, 
nicht die zuerst gelassenen 40—50 Gramm anzuwenden (weil 
es sonst leicht geschehen kann, dass man renale Albuminurie 
nufzeichnet, wo sich nur Spermaturie findet). 

Nun will es aber das Unglück, dass es nicht die Sperma¬ 
tozoon sind, die bei einer Spermaturie für das Auftreten der 
Albuminreaction den Ausschlag geben; in solchem Falle würde 
es ja leicht sein, sie bei der Sedimentirung und mikroskopischen 
Untersuchung als die Ursache der Albuminurie nachzuweisen. 
Bei Gonorrhoe, Syphilis u. s. w. können ja in den Testes und 
den Epididymides solche Veränderungen entstehen, dass keine 
Spermatozoen mehr gebildet werden oder doch wenigstens bei 
den Ejaculationen keine mehr hervorzutreten vermögen. Dieses 
hindert jedoch nicht, dass (sowohl beim Coitus, wie auch bei 
der Pollution und der Onanie) Ejaculationen Vorkommen kön¬ 
nen, bei denen dann eine Art Sperma, zwar oline Spermatozoen, 
an der Wand der Harnröhre haften bleibt, das beim nächsten 
Harnen in den Harn gelangt, wo es Albuminreaction wie bei 
einer normalen Sperma-Ejaculation an der Wand der Harnröhre 
haften gebliebenes Sperma geben kann. Ich habe Gelegenheit 
gehabt, bei zwei solchen Patienten Untersuchungen anzustcllen, 
und will hier über einen dieser Fälle Folgendes berichten: 
L., 27 Jahre alt, hat grosse Verhärtungen in beiden Epididy¬ 
mides (keine Tuberculose). Am 24./IV. 1894 Pollution, keine 
Spermatozoen; bei Mischung von 1 Theil dieses Spermas mit 
100 Theilen gesunden Harn deutliche, obschon schwache 
Albuminreaction mit Salpetersäure, mit 200 Theilen gesunden 
Harn kaum eine Spur von einer Albuminreaction mit Salpeter- 


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W t* 1 a ml e i\ 


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säure, aber deutliche Albuminreaction mit T. C. Ae.; bei Mischung 
von 1 : 10 kaum eine Spur von Biuretreaction. Am 8./V. 1894 
Pollution, keine Spermatozoen; in 100 Gramm unmittelbar 
nach der Pollution gelassenen Harnes starke Albuminreaction 
mit T. C. Ae., äusserst schwache Spuren eiuer Albuminreaction 
mit Salpetersäure, keine Biuretreaction. 

In solchen, glücklicherweise sehr seltenen Fällen kann es 
trotz der Sedimentirung und mikroskopischen Untersuchung 
schwer sein, die Quelle der Albuminurie nachzuweisen. 

Als allgemeine Regel kann gelten, dass man die Fehler¬ 
quellen in der Urethra vermeidet, wenn man die zuerst ge¬ 
lassenen 50 Gramm Harn nicht zur Untersuchung auwendet. 
Dann ist aber die Frage die: ist der Albumingehalt, ist der 
Cylindergehalt gleich gross in allem Harn, der auf einmal ge¬ 
lassen wird, oder kann nicht die erste Portion mein* Albumin 
und mehr Cylinder als die andere enthalten. Man ist be¬ 
rechtigt, diese Frage aufzustellen, da man weiss, dass die 
Albuminmenge in einem bestimmten Quantum Harn im Laufe 
des Tages bei einer Person oft wechselt, bisweilen je nachdem 
der Harn mehr oder weniger reich an Wasser ist; ausserdem 
habe ich mehrmals gesellen, dass bei ein und derselben Person 
die Cylindermenge, welche man in der stets gleich grossen 
Quantiät Harn, die man zur Sedimentirung anwendet, findet, 
grösser sein kann, wenn der Harn concentrirt ist, als dann, 
wenn die Person viel Wasser getrunken und ihr Harn dadurch 
eine starke Verdünnung erlitten hat. Noch mehr ist eine 
solche Frage berechtigt, da sich Angaben finden, dass das 
speeifische Gewicht des auf ein Mal gelassenen Harnes in der 
zuerst und der zuletzt gelassenen Portion höchst verschieden 
sein kann. Edlefsen hat dieses gezeigt, und bei den Unter¬ 
suchungen, die P o s n e r angestellt hat, um F d 1 e f s e n's Angaben 
zu controliren, bat er z. B. bei sich selbst folgende Verhält¬ 
nisse gefunden: 

Am 17./VI. um 7 Uhr 30 Min. Vorm, war das speci- 
fisclie Gewicht 

in der ersten Portion des gelassenen Harnes 1,020, 

„ „ zweiten „ „ „ 1,018 und 

„ „ dritten „ „ „ „ 1,01 o; 


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Klinische Studien über Xierenaffcctionen bei Syphilis. 


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am 26./VI. um 8 Uhr Vorm, war das specifische Gewicht 
in der ersten Portion des gelassenen Harnes 1,023, 

„ „ zweiten „ * * » 1,022 und 

„ „ dritten „ „ 1,011. 

Possner hatte am Abend vorher viel Bier getrunken; bei 
den übrigen Untersuchungen, wo er am Abend vorher nur 
wenig Bier getrunken hatte, war der Unterschied im speci- 
fischen Gewicht der drei verschiedenen Portionen unbedeutend 
oder keiner. 

Da sich nun ein so grosser Unterschied in dem speci- 
fischen Gewicht der verschiedenen Portionen des auf ein Mal 
gelassenen Harnes finden kann, lässt es sich ja auch denken, 
dass die verschiedenen Portionen eine verschieden grosse Menge 
Albumin und eine verschieden grosse Menge Cylinder enthalten 
können. Ich habe einige wenige Untersuchungen in dieser 
Richtung angestellt, aber wenn ich auch das specifische Ge¬ 
wicht der letzten Portion einige Male etwas, doch nur unbe¬ 
deutend, kleiner als das der ersten gefunden habe, so ist der 
Cylindergebalt der zweiten und dritten Portion gleichwohl 
niemals geringer als derjenige der ersten gewesen. Was die 
Albuminmenge anbetrifft, so zeigte sich dieselbe bei der ein¬ 
zigen Untersuchung, die ich betreffs ihrer angestellt habe, in 
allen drei Portionen gleich gross. Ich glaube daher, dass man 
die zuerst gelassene Portion Harn ohne Schaden weggiessen 
kann, ja sogar dass man sie weggiessen muss. 

Bei Frauen darf man, wie ich in meinem vorigen Aufsatz 
hervorgehoben habe, nur solchen Harn zur Untersuchung an¬ 
wenden, der mit dem Katheter genommen ist. 

Bei aller Untersuchung der Albuminurie syphilitischer 
Personen darf nie vergessen werden, dass die Albuminurie 
und Cylindrurie bei diesen Personen ihre Quelle ganz wo 
anders als in der syphilitischen Krankheit, nämlich in 
dem gegen dieselbe angewendeten Quecksilber haben kön¬ 
nen. Ich habe in meinem vorigen Aufsatz und auch in einem 
anderen: „Kann die Behandlung mit Quecksilber Cylin- 
drurie und Albuminurie hervorrufen ? a (Archiv für Derma¬ 
tologie und Syphilis 1894, B. 2b) den eigenthümlichen Cha¬ 
rakter der Hg-Albuminurie und Hg-Cylindrurie hervorgehoben, j 


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W e 1 a n d (* r. 


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und ich will hier daher nur darauf hinweisen, dass diese Al¬ 
buminurie und Cylindrurie ganz unabhängig von den syphiliti¬ 
schen Symptomen auftreten und nur in der Elimination des 
gegebenen Quecksilbers ihren Grund haben. In mehr als 70% 
der Fälle tritt eine mehr oder weniger bedeutende Cylindrurie 
auf, zu der sich in dem einen oder anderen Falle auch Albu¬ 
minurie gesellt. Zuerst tritt die Cylindrurie auf, die mehr 
und mehr zunimmt, worauf dann Albuminurie hinzukommt, die 
anfangs so unbedeutend ist, dass sie sich nur mit T. C. Ae. 
naehweisen lässt, sich aber immer mehr vermehrt, bis sich 
Albuminrcaction auch mit Salpetersäure zeigt, während gleich¬ 
zeitig der Cylindergehalt wächst und bedeutend wird. Diese 
Albuminreaction zeigt sich noch eine kurze Zeit nach Schluss 
der Behandlung, so lange, als noch eine bedeutende Menge 
Ilg eliminirt wird, worauf sie mehr und mehr abnimmt, bis 
man sie nur noch mit T. C. Ae. erhält und sie dann schliess¬ 
lich, gewöhnlich nach 2—4 Wochen, ganz verschwindet. Als 
charakteristisch für die Hg-Elimination kann, wie ich schon 
früher hervorgehoben habe, das grosse Missverhältniss zwischen 
der kleinen Albuminmenge und dem grossen Cylindergehalt be 
zeichnet werden. J ) 


') Mau Lat angegeben, dass die llg-Behandlung nicht die Ursache 
dieser Cylindrurie und Albuminurie sei, und unter anderem die Ver- 
muthung ausgesprochen, dass die Veranlassung zur Albuminurie das bei 
der llg-Behandlung angewandte chlorsaure Kali sein könnte. Wäre dieses 
der Ball, so sollte wohl eine Hämoglobinurie auftreten ; eine solche habe 
ich aber, von zwei Fällen von paroxysmatischer Hämoglobinurie bei sy¬ 
philitischen Personen abgesehen, die sich in meinem Aufsatz über Albu¬ 
minurie; bei Syphilis angeführt finden, niemals gesehen. Ich habe in¬ 
dessen eine Anzahl Versuche angestellt, um in Erfahrung zu bringen, 
welche Einwirkung eine kleine, doch viel grossen; Menge chlorsaures 
Kali als diejenige, welche möglicherweise bei und nach dem Gurgeln mit 
diesem Mittel verschluckt werden kann, auf gesunde Personen auszuüben 
vermag, leb habe einige Personen 1—4 Woehen hindurch täglich 1—2 
Gr. chlorsaures Kali einnehmen lassen, habe aber bei keiner Cylindrurie 
und Albuminurie zu entdecken vermocht. Ausserdem habe ich Patienten, 
die eine Hg-Behandlung durchmaehten, zum Gurgeln andere Mittel als 
chlorsaures Kali anwenden lassen und gleichwohl hat bei ihnen Cylin¬ 
drurie und Albuminurie entstehen können, wodurch wohl deutlich erwiesen 
ist, dass das zum Gurgeln angewandte chlorsaure Kali an dem Auftreten 


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Klinische Studien über Nierenaftectionen bei Syphilis. 


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Es kann ja als überflüssig erscheinen, ja vielleicht gar 
nicht einmal als hierhergehörend betrachtet werden, über diese 
unbedeutende Albuminurie zu berichten, die im Eiter oder 
Sperma im Ham und zuweilen in der Behandlung mit Hg 
ihren Grund hat, ich bin aber der Ansicht, dass es unbedingt 
nothwendig ist, sie in Erinnerung zu haben, weil es sonst leicht 
geschehen kann, dass man eine solche Albuminurie wie eine 
durch Syphilis verursachte beurtheilt und vielleicht auch so 
behandelt. Ausserdem kann nur die Kenntniss von ihr das 
Auftreten einer Albuminurie erklären, die sonst ganz unregel¬ 
mässig erscheinen und die sehr schwer zu begreifen sein würde. 

So z. B. im folgenden Fall: 

Fall II. H., batte am 

7. /VI. mucöse Papeln und heftige Kopfschmerzen, 

8. /VI. Albuminurie (Salp.), 1.027 spec. Gew., einzelne Cylinder, 

1S./VI. „ (T. C. Ae., 0 Salp.) 0 Cylinder, 

18./VI. 0 „ (T. C. Ae.), 3.023 spec. Gew., 1 Cylinder, 

26./VI. Spuren v. Alb. (T. C. Ae.), 1.021 „ „ einzelne Cylinder. 

7./VII. „ „ „ (Salp.) 1.017 „ „ sehr viel Cylinder. 

Der Patient erhielt in dieser Zeit 30 Ueberstreichungen. Bei seiner 
Aufnahme in das Krankenhaus hatte er Albuminurie, die möglicherweise 
durch seine Syphilis verursacht war. Vielleicht durch die angewandte 
Behandlung, vielleicht aber auch in Folge von Diät und hygienischen 
Lebensverhältnissen vermindert sich die Albuminurie, bis sie nach 10 Tagen 
ganz verschwunden ist; Cylinder, die sich von Anfang an nur in geringer 
Zahl gefunden haben, finden sich jetzt beinahe gar keine mehr. Nach 
ferneren 10 Tagen hat indessen die Hg-Elirnination angefangen, ihre 
Wirkung zu tliun, und wir finden jetzt Spuren von Albumin (T. C. Ae.) 
und einen vermehrten Cylindergehalt; nach noch 10 Tagen erhalten wir 
eine schwache Albuminreaction (Salp.) und Cylinder in grosser Menge — eine 
Folge der vermehrten Hg-Elimination; der Patient hat jetzt 30 Ueber¬ 
streichungen erhalten. 

Solche Fälle zeigen, dass es nicht überflüssig ist, die Hg 
Albuminurie zu kennen; dasselbe gilt auch von der Albumi¬ 
nurie, die auf Sperma oder einer geringen Quantität Eiter 
beruht. 

Finden wir nun bei einer syphilitischen Person Albumi¬ 
nurie und können wir die obengenannten und andere derartige 

der Cylindrurie und Albuminurie bei Behandlung mit Hg keinen 
Tb eil hat. 


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W e 1 a n tl c r. 


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Fehlerquellen ausschliessen, so erübrigt es uns gleichwohl, Be¬ 
weise, wenigstens einen Wahrscheinlichkeitsbeweis dafür beizu¬ 
bringen, dass es eine Albuminuria syphilitica ist und dass sich 
zwischen der Albuminurie und der syphilitischen Krankheit 
ein Causalzusammenhang findet. Es ist aber gerade dieses, 
was so oft grosse Schwierigkeiten bereitet. 

Die erste Bedingung scheint wohl die Erbringung des 
bestimmten Beweises zu sein, dass die Person, die an Albu- 
minuria syphilitica leiden soll, wirklich Syphilis hat oder ge¬ 
habt hat; trotzdem dieses selbstverständlich zu sein scheint, 
bildet man doch mehr als einen Fall beschrieben, wo dieser 
Beweis nicht erbracht worden ist. Als Beispiel will ich hier 
folgenden, von einem so hervorragenden Forscher, wie E. 
Wagne r beschriebenen Fall anführen. Die Beschreibung 
dieses seines Falles II von acuten Morbus Briglitii lautet, was 
die Syphilis betrifft, wie folgt: 

„18j;ihriger Mann, bisher gesund, intieirtc sich am 9. October 1880. 
Am 11. Schwellung der Vorhaut. Am lo. Geschwür, welches fast die 
pmze Peripherie am hinteren Endo der Eichel und Vorhaut einnahm. 
Ende October reinigte sich das Geschwür, am 10. Xov. war es vernarbt. 
Am 25. Nov. eine leichte fieberhafte, nicht specitbcho Tonsi)hirangina. tt 
— Auf Grund dieser Symptome wird nun Syphilis diagno>ticirt und 
nachher auf Rechnung’ dieser Syphilis des Patienten eine Nierenatlcction 
geschrieben, die sich schon am 18. October angedeutet findet und in lk- 
treh* deren am 22. October ge>agt wird: „Gesicht- leicht gedunsen, sonst 
kein Oedem. M Abo sollte die NiercnaflVctioii spätestens 4 Tage nach 
iler angenommenen syphilitischen Infection aufgetreten sein. 

Es scheint mir, als ob sich durch diese Beschreibung 
nur wenige Personen davon überzeugt fühlen können, dass hier 
ein Fall von auf Syphilis beruhendem acuten Morbus Briglitii 
Vorgelegen hat. 

Findet man auch nicht oft Fälle von syphilitischem Nieren¬ 
leiden beschrieben, wo es sich nicht beweisen lässt, dass der 
Patient wirklich Syphilis gehabt bat, so ist es um so allge¬ 
meiner, ja beinahe eine geltende Begeh völlig die Erwähnung 
eines Umstandes ausser Acht zu lassen, der nicht allein von 
dem grössten Gewicht ist, sondern den man geradezu kennen 
muss, um behaupten zu können, dass ein Fall von Albu- 
ininuria syphilitica vorliegt, nämlich wie lange der Patient 


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Klinische Studieu über Nierenaffectionen bei Syphilis. 


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Syphilis, wie lange er sein Nierenleiden gehabt hat und ob 
das letztere aufgetreten ist, nachdem die Syphilis erworben 
war. Trotzdem es selbstverständlich zu sein scheint, dass 
man hierüber Klarheit zu erhalten suchen muss, gibt es doch 
nur recht wenig Fälle, wo man sich die Mühe gemacht 
haben dürfte dieses zu ermitteln, wenigstens hat man nichts 
davon gesagt. Das Gewöhnlichste ist, dass man bei einem 
Syphilispatienten zufällig Anasarca findet, auf Grund hiervon 
Albuminurie entdeckt und dieses dann als syphilitisches Nieren¬ 
leiden bezeichnet. Alle wissen wir ja aber, dass eine Ne¬ 
phritis Monate, ja Jahre hindurch bestehen kann, ohne eine 
Anasarca hervorzurufen und das Auftreten einer Anasarca durch¬ 
aus nicht gleichbedeutend damit ist, dass der Patient gleich¬ 
zeitig, ja nicht einmal, dass er in der letztvorhergegangenen 
Zeit angefangen hat, an Nephritis zu leiden. 

Als Beispiel will ich hier ein paar Fälle von Mauriac 
anführen, der in seinem Buche: „Syphilis tertiäre 1890“ eine 
Beschreibung von „Nephropathies syphilitiques precoces“ gibt. 

Fall II. Inficirt im Sept. 1868, wurde am 15./I. 1869 wegen mucösen 
Papeln in das Krankenhaus aufgenommen. Am 20. oder 21. Jänner Anasarca, 
worauf Albuminurie constatirt wurde. Unter Schwankungen verschlechterte 
sich der Zustand des Patienten so, dass derselbe am 15. oder 16. April 
starb. Keine Obduction. (Der Patient hatte das Krankenhaus 3—4 Tage 
vor seinem Tode verlassen.) 

Fall IV. Infection in den ersten Tagen des März 1870. Wurde am 
9. April wegen Sklerose in das Krankenhaus aufgenommen. Ungefähr am 
15. oder 20. April Syphilide erythemateuse; keine Angabe, ob sich damals 
Albuminurie fand. Am 25./4. Oedeme des extremites inferieures et des 
parois abdominales. Forte proportion d’albumine dans les urines (meine 
etat quelques semaines apres). w 

Fall V. Behandelt im Krankenhause Ende December 1876 und 
Januar 1877 wegen des ersten Ausbruchs der Syphilis. Keine Angaben, 
ob der Harn damals untersucht worden ist. Am 28./IV. 1877 fing Anasarca 
an aufzutreten. Wurde am 2./V. 1877 wegen Anasarca und Albuminurie 
wieder in das Krankenhaus aufgenommen. Nach Verlauf eines Jahres mit 
Albumin im Harn wieder aus dem Krankenhause entlassen. Bei einer 
Untersuchung am 5./7. 1880 hatte er „encore un peu d’albuminurie.“ 

Ich brauche keine Beispiele weiter anzuführen, dass es 
die Anasarca gewesen ist, welche zur Untersuchung des Harnes 
Anlass gegeben hat. Es kann sich ja wohl kaum Jemand 
davon überzeugt fühlen, dass die Albuminurie in diesen Fällen 


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ungefähr gleichzeitig mit der syphilitischen Infection aufge¬ 
treten und durch sie hervorgerufen gewesen ist, im Gegentheil, 
es spricht viel, ja alles dafür, dass sich hier schon vorher eine 
Nephritis gefunden hat; eine Untersuchung des Harnes auf 
Albumin würde sie ganz sicher, schon lange vor dem Auftreten 
der Anasarca nachgewiesen haben. 

In der Literatur finden sich nun eine Menge Fälle, die 
den oben angeführten ähnlich sind. In einer grossen Zahl 
dieser Fälle, namentlich bei allen Recidiven, wo man auch den 
ersten Ausbruch der Syphilis oder ein vorhergegangenes Re- 
cidiv behandelt hat, sollte man sich ja davon haben über¬ 
zeugen können, ob sich damals Albuminurie gefunden hat 
oder nicht und man würde es dann nicht nöthig gehabt haben, 
die Albuminurie erst nach dem Auftreten der Anasarca zu 
entdecken und sie nachher mit ihr gleich zu stellen. 

Es gibt aber leider eine ganze Menge von Fällen, wo wir 
auf nahezu unüberwindliche Schwierigkeiten stossen, den Zu¬ 
sammenhang zwischen der Albuminurie und der Syphilis klar¬ 
zulegen; es sind dies die Fälle, wo wir erst nach dem 
Auftreten des ersten Ausbruches der Syphilis Gelegenheit er¬ 
halten, den Patienten zu untersuchen und wo wir dann gleich 
Albuminurie finden. Namentlich in die Krankenhäuser kommen 
die Patienten ott nicht eher, als bis die allgemeinen Symptome 
aufgetreten sind und wenn man dann Albuminurie findet und 
der Patient — was, wie man sagen kann, so gut wie stets der 
Fall ist — keine Angaben darüber zu machen vermag, ob er 
schon früher Albuminurie gehabt hat, so ist es ja oft vielleicht 
unmöglich, bestimmt zu entscheiden, ob diese Albuminurie in 
der Syphilis ihre Ursache hat oder nicht, obschon wir anderer¬ 
seits zuweilen aus der Beschaffenheit der Nephritis mit ziem¬ 
licher Sicherheit schliessen können, dass sie älteren Datums 
als die neu erworbene syphilitische Krankheit sein muss und 
mit ihr daher in keinem Causalzusammenhaug stehen kann. 
In der privaten Praxis kommt es öfterer vor, dass die Pa¬ 
tienten für die Beurtheilung dieser Frage eine Leitung geben 
können. Der eine und der andere weiss, dass er vor der Er¬ 
werbung der Syphilis Albuminurie gehabt hat und der eine 
und der andere berichtet, dass er vor so und so langer Zeit 


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Klinische Studien über Nierenaflectionen bei Syphilis. 


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«ine Lebensversicherung genommen habe und zu dieser Zeit 
frei von Albuminurie gewesen sei. Oft bekommen wir aber 
auch hier keine sicheren Anhaltspunkte für unser Urtheil. 

Interessant wäre es, bei Soldaten und Prostituirten, die 
man das eine und das andere Jahr beobachten kann, Unter¬ 
suchungen über Albuminurie anzustellen und in den Fällen, 
wo sie sich Syphilis zuziehen, nachzuforschen, ob hochgradige 
Albuminurie (parenchymatöse Nephritis) wirklich beim ersten 
Ausbruch oder auch bei Recidiven von Syphilis unter solchen 
Verhältnissen auftreten können, dass wir die syphilitische Krank¬ 
heit als ihre Ursache betrachten müssen. Wie aus dem Vor¬ 
hergehenden hervorgeht, müssen wir uns leider noch bei den 
meisten, um nicht zu sagen allen frühen syphilitischen Nieren- 
affectionen damit begnügen, auf Grund unserer klinischen Be¬ 
obachtungen eine Wahrscheinlichkeitsdiagnose zu stellen. 

Wir kennen wohl einen Theil der Ursachen des Auftretens 
der Nierenaft'ection, aber doch nicht alle und zuweilen, um 
nicht zu sagen ziemlich oft, ist es uns nicht möglich, bei einer 
Person, die nicht Syphilis gehabt und sich doch eine Ne¬ 
phritis zugezogen hat, eine annehmbare Ursache dieses ihres 
Leidens zu finden. Natürlicherweise kann eine Person, die 
Syphilis hat oder gehabt hat, auch eine Nephritis bekommen, 
ohne dass wir irgend einen Anlass dazu zu entdecken ver¬ 
mögen, doch liegt darin kein Beweis dafür, dass die Syphilis, 
die diese Person hat oder gehabt hat, die Ursache der Ne¬ 
phritis ist, auch wenn wir es unter solchen Verhältnissen oft 
für möglich, ja, das eine und das anderemal sogar für wahr¬ 
scheinlich ansehen müssen. Nothwendig ist es indessen, nach¬ 
zuforschen, ob sich nicht andere Ursachen zum Auftreten der 
Nephritis finden, denn obschon eine Person Syphilis hat, können 
gleichwohl andere Umstände, z. B. starke Erkältung, feuchte 
und kalte Wohnungen u. s. w. zum Entstehen einer Nephritis 
bei ihr Anlass geben, die, unabhängig von der Syphilis und 
deren Symptom, ganz wie eine Nephritis bei einer Person ver¬ 
läuft, die niemals Syphilis gehabt hat. 

Dieses geschah z. B. in folgendem Fall: 

Fall III. B. Ara 16./II. 1892 Excision einer verdächtigen Sklerose. 
Am 19./III. Roseola. Ara 7./X. raueöse Papeln; gleichwie früher, auch an 


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diesem Tage frei von Albuminurie. Am 16./XI. zeigte sich der Patient 
wieder; er war jetzt erkältet, er fröstelte und hatte acute Nephritis. Er 
war Ingenieur und hielt sieh, da er eine Eisenbahn baute, bei jedem 
Wetter den ganzen Tag über im Freien auf, dazu wohnte er 
in einem neugebauten, dunklen und feuchten Hause. Trotzdem ich ihm 
dazu rieth, veränderte er seine Lebensverhältnisse nicht, und am 2./XII. 
musste er wegen einer schweren acuten Nephritis das Bett hüten und 
sich in das Krankenhaus St. Görau aufnehmen lassen. Am 10./III. 1803 
wurde er aus dem Krankenhause frei von Albuminurie und Cylindrurie ent¬ 
lassen. Am 15. IV. bekam er einen Rückfall von Syphilis (Roseola), doch war 
er damals und auch später frei von Albuminurie. Am 6./1. 1800 unter¬ 
suchte ich ihn das letzte Mal. Hier haben wir also eine Nephritis bei einer 
syphilitischen Person, bei der sich syphilitische Symptome kurz vor dem 
Auftreten und gleich nach dem Verschwinden der Nephritis zeigten, bei 
der diese Krankheit aber eine ganz andere Aetiologie als die Syphilis hat 
und bei der wir sie auch einen von ihr ganz unabhängigen Verlauf 
nehmen sehen. 

Auch wenn wir nun für eine Wahrscheinlichkeitsdiagnose 
auf syphilitische Albuminurie andere wahrscheinliche Ursachen 
der Nephritis müssen eliminiren können, so haben wir doch, 
obschon wir eine solche acceptable Ursache linden, gleichwohl 
nicht das Recht, die Möglichkeit auszuschliessen, dass die 
Syphilis zum Auftreten z. B. einer granulirten Niere beigetragen 
hat oder dass sich nicht auch z. B. specitische syphilitische 
Veränderungen vorgefunden haben können. Als Beispiel will 
ich folgenden Fall anführen. 

Fall IV. L. Missbrauchte seit vielen Jahren in hohem Grade 
Spirituosa und war seit mehreren Jahren syphilitisch. Im Jahre 1880 
bekam crAnasarca; er hatte eine bedeutende Albuminurie, deren Ursache 
ich in seinem Alkoholismus zu finden glaubte, bedeutendes Fettherz und 
sehr schlechte Herzthatigkeit. Als er im März 1800 an Pneumonie starb, 
hatte er ein bedeutendes Fettherz und interstitielle Nephritis, ausserdem 
aber auch Narbenbildungen in den Nieren, die von Professor Key als 
durch Nierengumma ta verursachte, bestehenbleibende Veränderungen 
aufgefasst wurden. 

Vielleicht hatte er diese Nierengummata 1886, als er 
Anasarca bekam, und es ist ja möglich, dass durch eine genaue 
mikroskopische Untersuchung des Harnes Wahrscheinlichkeits¬ 
gründe würden gefunden worden sein, dass diese Gummata 
nebst dem Fettherzen znm Auftreten der Anasarca beigetragen 
haben. Wir sehen hier, wie nothwendig es ist, genau allen Ver¬ 
hältnissen nachzuforschen, die möglicherweise mehr oder weniger 


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Klinische Studien über Niereuaffeetionen bei Syphilis. 


10 !) 

zum Auftreten der Albuminurie beigetragen haben können, und 
alles genau zu beurtheilen; mit welcher Genauigkeit man dieses 
aber auch thun mag, so ist man doch nicht sicher, dass man 
keinen Irrthum begeht. 

Die syphilitische Krankheit kann ganz sicher Niereu- 
affectionen theils durch directe Einwirkung der Syphilismikroben, 
theils durch die Toxine dieser Mikroben hervorrufen. Entsteht 
eine Nierenaffection durch die Toxine, so dürfte sie sowohl 
zu gleicher Zeit mit den anderen Syphilissymptomen, wie auch 
nachher, ja vielleicht lange nachher auftreten können, ganz wie 
wir annehmen, dass durch diese Toxine lange nach dem Ver¬ 
schwinden der anderen Symptome~~tabetische Symptome her¬ 
vorgerufen werden. Beruht die Nierenaffection auf der directen 
Einwirkung der Mikroben, so dürfte sie in einem gewissen Ein¬ 
klang mit den übrigen auftretenden Symptomen stehen, gleich¬ 
förmig mit ihnen verlaufen und ungefähr gleichzeitig mit ihnen 
verschwinden u. s. w. Unter solchen Verhältnissen können uns 
concomitirende Symptome mitunter eine sehr gute'Wahrschein- 
lichkeitsstütze für die Annahme sein, dass die Nierenaffection 
mit der Syphilis in Causalzusammenhang gestanden hat. 

Aber obschon sich concomitirende Symptome finden und 
sie in voller Uebereinstimmung mit einer gleichzeitigen Nieren¬ 
affection verlaufen und verschwinden, so sind wir doch auf 
Grund hiervon nicht berechtigt zu behaupten, dass die Nieren¬ 
affection syphilitisch gewesen ist; sie kann zwar indirect mit 
den anderen syphilitischen Symptomen in Zusammenhang ge¬ 
standen und in ihnen ihre Ursache gehabt haben, doch braucht 
deshalb nicht das geringste syphilitische Nierenleiden vorhanden 
gewesen zu sein. Die Nierenaffection kann — um Fournier's 
Ausdruck von Gehirnerweichung bei syphilitischer Gehirngefäss- 
veränderung zu gebrauchen — banal sein. Dieses war sie sicher 
in folgendem Fall. 

Fall V. R. Syphilis 1888. Das letzte Symptom im August 1889. 
Rei repetirter Untersuchung im Jahre 1891 keine Albuminurie. Zog sich im 
Deeember 1894 Gonorrhoe zu; trotzdem exccdirte er in den letzten Tagen 
des Deeember und den ersten Tagen des Januar 1895 stark. Am 28./XII. 
1894 erkältete er sich stark; er bekam Magenbeschwerden und iing an 
gelb zu werden. Am 4.1. 1S95 kam er nach Stockholm, hatte Gonorrhoe 
und, wie ich glaubte, Icterus catarrhalis. Am 14.1. war die Gonorrhoe 



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durch Behandlung nach J anet's Methode verschwunden. Fortdauernder 
Icterus; reiste von Stockholm ab. In den folgenden Wochen strengte er 
sich sehr mit Reiten an, die Gelbsucht nahm zu und er Hel bedeutend 
ab. Am 18. II. sah ich ihn wieder; er war jetzt sehr abgemagert, sah schwer 
leidend aus und hatte eine braungelbe Farbe, doch fühlte er sich ziemlich 
wohl und ass mit gutem Appetit. Die Leber war etwas, doch nicht sehr 
vergrößert, fühlte sich nicht uneben au und war nicht schmerzhaft, nicht 
.empfindlich für Druck. Der Harn war braun wie Porter und etwas albumin¬ 
haltig; Cylinder, zumeist hyalin und farblos und mit scharf gelb gefärbten 
Fpitheizellcn besetzt, fanden sich in sehr reichlicher Menge. In Betreff 
der übrigen Organe war nichts Krankhaftes zu entdecken. Ord. Jodkalium. 
G Gr. (er hatte vorher zum Versuch kleine Dosen von Jodkalium genom¬ 
men). Am 27./1I. die Gelbsucht sehr vermindert, doch noch immer 
bedeutend; Albumin in geringer Menge, farblose Cylinder mit gelb¬ 
farbigen Zellen in spärlicher Menge. Das Allgemeinbefinden gut, guten 
Appetit, die Faeces fangen an gefärbt auszusehen. Am 3. 111. bedeutend 
besser; Spuren von Albuminurie, einige Cylinder, ord. Soz.-llg-Ein- 
spritzungeii.’) Am 9./.II1 die Leber kleiner, unbedeutender Icterus, gefärbte 
Excremente, Spuren von Albuminurie. Am 16. 111. fünf Einspritzungen be¬ 
kommen, fühlt sich gesund, der allgemeine Zustand gut, die Leber seheint 
von normaler Grösse zu sein, der Harn ist. gelb, enthält kein Albumin 
und keine Cylinder; Patient reist ab. — Am 3./VIII. sah ich ihn wieder; er 
fühlte sich vollständig gesund, war wohlbeleibt und hatte keine Albu¬ 
minurie und keine Cylinder. 

Es ist wolil ziemlich sicher, dass liier ein syphilitisches 
Leberleiden Vorgelegen hat — Gummata, die einen so bedeu¬ 
tenden und langwierigen Icterus verursacht haben. Es könnte 
ja dann nahe zur Hand liegen, solche oder andere durch 
Syphilis hervorgerutene Veränderungen in den Nieren zu ver- 
inuthen, um so mehr, als wir das Nierenleiden gleichzeitig mit 
dem Leberleiden abnehmen und verschwinden sehen. Ich bin 
jedoch davon überzeugt, dass sich keine solchen Veränderungen 
in den Nieren gefunden haben. Die Granulär- und Amyloid¬ 
niere können wir ja sicher aus vielen Gründen, namentlich aber 
deshalb ausschliessen, weil die Albuminurie und die Cylindrurie 
so bald verschwunden und weggeblieben sind. Gummata in den 
Nieren haben wir in Anbetracht der Beschaffenheit des Sedi¬ 
mentes ebenfalls allen Grund auszuschliessen (mehr hierüber 
weiter unten). Die Erklärung dieser Albuminurie ist wahr¬ 
scheinlich dieselbe wie die der Albuminurie bei Icterus catar- 

*) Sozojodol«[uecksilbereinspritziuig (S c h w i in m e r). 


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Klinische Studien über Nierenaffeetionen bei Syphilis. 


111 


rhalis (wo ich mehr als ein Mal Albuminurie, im Harn farb¬ 
lose hyaline, mit gelbfarbigen Zellen besetzte Cylinder ge¬ 
sehen habe), nämlich die Reizung, welche die Elimination von 
Gallenfarbstoffen und anderen Eestandtheilen der Galle in den 
Nieren verursacht. Wir sehen sie ja auch mit einer grösseren 
oder kleineren Menge eliminirter Gallenfarbstoffe (und höchst 
wahrscheinlich auch anderer Bestandtheile der Galle) in vollem 
Einklang stehen. 

Es scheint mir also, dass man nicht allzu grosses Gewicht 
auf concomitirende Symptome legen darf, sondern hier, wie bei 
anderen Gelegenheiten auch, suchen muss, mit Unterscheidung 
zu urtheilen. 

Wenn nun eine Nierenaffection in directem Verhältnis zu der 
syphilitischen Affection steht, so sollten wir ja erwarten können, 
dass die Symptome in den Nieren ebensowohl wie die übrigen 
Symptome der Syphilis bei specifischer Behandlung verschwin¬ 
den. Bisweilen sehen wir auch, dass dieses der Fall ist, und 
selbstverständlich kann dieser Umstand eine sehr kräftige Stütze 
für unsere Vermuthung sein, dass das Nierenleiden durch die 
Syphilis verursacht gewesen ist. Deshalb dürfen wir aber, wenn 
nun eine Nierenaffection durch die specifische Behandlung keine 
Einwirkung erfährt, doch nicht den Schluss ziehen, dass sie 
nicht durch die Syphilis hervorgerufen ist, denn eine granuläre 
Nephritis oder eine Amyloidniere dürfte durch die specifische 
Behandlung nur wenig beeinflusst werden, obschon sie ziemlich 
sicher mit der Syphilis in Causalzusammenhang steht. Auf der 
anderen Seite dürfen wir in unseren Schlüssen nicht zu rasch 
sein und ein Nierenleiden als syphilitisch bezeichnen, weil es 
sich bei specifischer Behandlung vermindert oder bei ihr ver¬ 
schwindet. Dieses kann ebenso gut trotz einer specifischen Be¬ 
handlung geschehen; wir wissen ja alle, welchen wohlthuenden 
Einfluss gut geordnete hygienische Verhältnisse, Milchdiät, 
Bäder u. s. w. auf eine an den Nieren leidende Person aus¬ 
üben können, zumal wenn sich die Krankheit in einem frühen 
Stadium befindet. Für viele ist es unmöglich, ausserhalb des 
Krankenhauses nach solchen sanitären Regeln zu leben; lässt 
sich nun eine solche Person in das Krankenhaus aufnehmen, 
so wird ihr dieses möglich, und es ist ja denkbar, dass dieses 


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dann an und für sich ein gelindes Nierenleiden heben kann, 
das sich zwar bei einer syphilitischen Person findet, das aber 
deshalb kein syphilitisches Nierenleiden ist. In einem solchen 
Falle sollte man ja der Vermuthung Raum geben können, 
dass die Ursache des Verschwindens des Nierenleidens die an¬ 
gewendete specifische Behandlung gewesen ist, und daraus dann 
den Schluss ziehen, dass das Nierenleiden in der Syphilis seine 
Ursache gehabt hat. 

Ich habe absichtlich alles dieses hervorgehoben, um zu 
zeigen, welche grosse Schwierigkeiten es bereitet, Sicherheit zu 
erhalten, dass ein Nierenleiden wirklich durch Syphilis her¬ 
vorgerufen ist. Bei Betrachtung aller dieser Schwierigkeiten 
erstaunt man über die Leichtigkeit, mit welcher diese Affec- 
tionen so oft diagnosticirt werden. 

Wenn ich deshalb jetzt zu meinen eigenen Fällen über¬ 
gehe, will ich sofort hervorheben, dass ich es, wie der Titel 
des Aufsatzes angibt, nicht gewagt habe, alle meine Fälle 
syphilitisches Nierenleiden zu nennen, sondern allzu oft genöthigt 
gewesen bin, sie als Nierenleiden bei Syphilis zu bezeichnen. 

Als Material habe ich theils die von mir im Kranken¬ 
hause St. Göran seit dem Jahre 1893 behandelten Fälle von 
Syphilis, theils die Fälle benutzt, die ich seit September 1891 
in meiner privaten Praxis beobachtet und über die ich in 
meinem vorigen Aufsatz nicht berichtet habe. 

Bei allen Fällen im Krankenhause ist wenigstens einmal 
in der Woche eine Untersuchung mit '1'. C. Ae. und, wenn sich 
dabei Allmniinreaction gezeigt hat, auch mit Salpetersäure an¬ 
gestellt worden, ln 494 Fällen habe ich wenigstens hin und 
wieder die Centrifuge angewandt und eine Untersuchung auf 
Cylinder ausgeführt, und in mehr als der Ilälfte dieser Fälle 
habe ich consequent ungefähr jeden fünften Tag eine solche 
mikroskopische Untersuchung vorgenommen. 

ln den Fällen aus meiner privaten Praxis sind die Unter¬ 
suchungen auf Albumin sehr oft, doch in der Regel nur mit 
Salpetersäure ausgeführt worden. Nur in einer geringen 
Zahl dieser Fälle habe ich die Centrifuge in Anwendung ge¬ 
bracht und eine mikroskopische Untersuchung vorgenommen. 
Wenn also diese Untersuchungen sich in Genauigkeit nicht mit 


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Klinische Studien über Nierenaffeetioneu bei Syphilis. 


113 


den im Krankenhause ausgefiihrten messen können, so zeichnen 
sie sich doch vor diesen durch einen ziemlich hohen Werth in 
anderer Hinsicht aus. Eine Menge dieser Fälle habe ich nämlich 
Jahre hindurch beobachten können, während die Fälle im 
Krankenhause in der Regel nur einmal und nur in geringer 
Zahl und bei eingetroffenem Rückfall zwei- oder dreimal unter 
meine Beobachtung gekommen sind. Ich kann daher sagen, 
dass sich dieses verschiedene Untersuchungsmaterial gewisser- 
massen gegenseitig ergänzt, und dieses ist der Grund, weshalb 
ich beide Arten der Fälle angewandt habe, ungeachtet sie so 
verschieden untersucht sind. 

Ich will nun erst eine Uebersicht tlieils von der Anzahl 
der untersuchten Fälle, tlieils von den Fällen gehen, wo ich 
Albuminurie gefunden habe, nachher alle die Fälle, wo ich mit 
Sicherheit oder doch wenigstens mit der allergrössten Wahr¬ 
scheinlichkeit die Syphilis als die Ursache der Albuminurie 
ausschliessen konnte zu eliminiren und schliesslich eine Zu¬ 
sammenstellung der übrigen Fälle zu geben suchen, in denen 
sich, wenn auch keine Gewissheit, so doch grosse Wahrschein¬ 
lichkeit findet, dass wirklich ein syphilitisches Nierenleiden 
Vorgelegen hat. Selbstverständlich habe ich sofort alle Fälle aus¬ 
geschlossen, wo Eiter, Sperma oder dergl. die Ursache der 
Albuminreaction gewesen ist, ebenso auch alle Fälle von Ilg- 
Albuminurie. Dieses lässt sich ziemlich leicht ausführen, bei 
dem Ausschluss der übrigen Fälle aber macht sich der Mangel 
an Angaben, ob der Patient vorher Albuminurie gehabt hat 
oder nicht, in einer höchst bedenklichen Weise geltend, und 
wie genau man auch sein mag, so ist es doch mehr als einmal 
sehr zweifelhaft, ob mau einen Fall auszuschliessen hat oder 
nicht. Ich werde deshalb in den verschiedenen Fällen darzulegen 
suchen, 'weshalb ich den einen Fall ausgeschlossen, den anderen 
aber behalten habe. 

Folgende Tabelle zeigt uns die im Krankenhause St. Görau 
behandelten Fälle: 


Archiv f. Dermatol, u. Syphil. Band XXXVII. 


8 


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W eiander. 


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302 
197 
32 
70 
601 

Wir finden also, dass 33 Patienten Spuren von Albumin 
gehabt haben, die nur mit T. C. Ae. nachweisbar waren. Es fragt 
sich nun, welcher Werth diesem geringen Albumingehalt beizu¬ 
messen ist. In Uebereinstimmung mit dem, was ich hier oben 
gesagt habe, kann ich ihm nur dann einige Bedeutung bei- 
messen, w r enn sich zugleich eine nicht unbedeutende Cylindrurie 
gefunden hat. Es zeigt sich da, dass in 22 dieser 33 Fälle bei 
der Aufnahme des Patienten in das Krankenhaus keine, in 
2 Fällen nur ein paar, in 8 Fällen einzelne und in einem Fall 
Cylinder in reichlicher Menge nachgewiesen werden konnten. 
Dieser letzte Fall war höchstwahrscheinlich eine beginnende 
Hg-Albuminurie; der Patient hatte uämlich vor seiner Auf¬ 
nahme in das Krankenhaus Hg bekommen, doch weiss ich nicht 
wie viel; während der Behandlung vermehrte sich der Cylinder- 
gebalt, und es fanden sich schliesslich eine höchst bedeutende 
Menge Cylinder bei bestehen bleibender, mit T. C. Ae. nach¬ 
weisbarer Albuminurie. Dieser Fall ist ganz sicher auszuschliessen. 
Die 22 Fälle, wo sich keine Cylinder fanden, und die zwei, wo 
nur ein paar Cylinder zu finden waren, können nicht zu den 
Fällen von Nierenaffection gerechnet werden. In 5 von diesen 
24 Fällen war indessen diese minimale Albuminmenge bei der 
Entlassung des Patienten aus dem Krankenhause nicht mehr 
nachweisbar, während sich in 16 Fällen bei der Entlassung des 


Erster Ausbruch der 
Syphilis 

Recidiv (secundäres 
Stadium) 

14 

9 

5 

4 

4 

2 

3 

1 

2 

28 

16 

i 

218 

147 

56 

34 1 

|| 

Recidiv (reberRantrsfonn 
zum tertiären Stadium) 

3 

2 

— 

— 

— 

5 

24 

3 1 

Recidiv (tertiäres 
Stadium) 

7 

4 

1 5 

1 

2 

— 

18 

38 

14 

Summa 

33 

15 

i 11 

6 

i 2 

i 

67 

427 

107 1 

ll 


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Klinische Studien über Kierenaffectioncn bei Syphilis. 


115 


Patienten aus dem Krankenhause noch dieselbe minimale Albu¬ 
minurie wie bei seiner Aufnahme in dasselbe fand, was möglicher¬ 
weise zu einem geringen Theil auf Rechnung der Hg-Behand- 
lung zu setzen ist, da wir finden, dass in 12 von diesen 
16 Fällen der Cylindergehalt mehr oder weniger bedeutend 
gestiegen war und sich nur in 4 Fällen die Patienten bei der 
Entlassung aus dem Krankenhause frei von Cylindern zeigten; 
in den drei übrigen dieser 24 Fälle hatte sich der Albumin¬ 
gehalt so vermehrt, dass Albuminreaction mit Salpetersäure 
erhalten wurde, was unzweifelhaft der Hg-Behandlung zuzu¬ 
schreiben ist, denn bei allen drei Patienten fanden sich bei 
der Entlassung aus dem Krankenhause Cylinder in sehr reich¬ 
licher Menge. 


Acht Patienten hatten bei ihrer Aufnahme in das Kranken¬ 
haus einzelne Cylinder; zwei waren Alkoholisten, und die 
geringe Albuminurie mit Cylindern, die sich bei ihnen zeigte, 
dürfte hierin ihren Grund gehabt haben; bei beiden stieg der 
Cylindergehalt während der Hg-Behandlung sehr bedeutend, 
was man oft hei Personen sieht, welche die Spirituosen miss¬ 
brauchen. Ein Patient hatte ansehnliche ulcerirte Gummata, 
aber er hatte auch eine bedeutende Leukoplakia, die möglicher¬ 
weise schon damals mit beginnender Cancerbilduug vereinigt 
war, denn ungefähr ein Jahr nachher sah ich ihn mit in Zer¬ 
fall begriffenen Cancerbildungen in den beiden Mund¬ 
winkeln, anderlnnenseite der Backen und auf der 
Zunge, an welchen alle Stellen seine Leukoplakia ihren Sitz 
gehabt hatte, wieder; er starb kurze Zeit nach der Operation 
dieser Cancer (im Seraphinenlazaretb). Es ist wohl wahrschein¬ 
lich, dass die geringe Albuminurie und die Cylindrurie in seinem 
schlechten allgemeinen Zustand ihren Grund hatten, welcher 
gewiss eine Folge seines schon damals begonnenen Cancers 
war. Von den übrigen fünf Patienten mit einzelnen Cylindern 
wurden zwei von der Albuminurie frei, bei zweien blieb die 
mit T. C. Ae. nachweisbare Albuminurie bestehen und beim 
fünften traten vermehrte Hg-Albuminurie, mit Salpetersäure 
nachweisbar, und eine Menge Cylinder, einige mit Zellen (Hg- 
Wirkung) auf. 

8 * 


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116 


\Y i.‘ 1 a n it c r. 


Bei der Entlasming siimmtliclier dieser 33 Patienten aus 
dem Krankenliause konnte also bei 7 keine Albuminurie mit 
T. C. Ae. nachgewiesen werden. Fünf von diesen Patienten hatten 
bei ihrer Aufnahme in das Krankenhaus Cylinder; eine Ursache 
der geringen Albuminurie derselben liess sich nicht entdecken. 
Wenigstens in einem oder in einigen dieser Fälle kann ja 
deshalb die Möglichkeit nicht bestritten werden, dass wirklich 
eine minimale, in der Syphilis ihre Ursache habende Reizung 
in den Nieren Vorgelegen hat, doch von so geringer Bedeutung, 
dass sie in praktischer Hinsicht nicht mit in die Rechnung auf¬ 
genommen werden kann oder nicht mit in sie aufgenommen zu 
werden braucht. 

Ich gehe nun zu den Fällen über, wo die Albuminmenge 
grösser gewesen ist, so dass sie mit Salpetersäure nachgewiesen 
werden konnte. 

Wir linden hier 34 Fälle, von denen 17 sicher ausge¬ 
schlossen werden müssen. 

Einer derselben, wo der Patient bei dem ersten Aus¬ 
bruch der Syphilis in das Krankenhaus aufgenommen wurde, 
ist sofort auszuschliessen, da dieser Patient 2 Jahre vorher 
in einem Krankenhause wegen Nephritis behandelt worden war. 
Ebenso ist ein zweiter Fall, ein Reeidiv von Syphdis ^secuiuläres 
Stadium), wo sich Albuminurie seit einer vorhergegangenen 
Scarlatina fand, und auch ein dritter auszuschliessen, wo der 
Patient ein schweres Lungenleiden hatte, das höchst wahr¬ 
scheinlich die Ursache seiner unbedeutenden Nephritis gewesen 
war, welche die ganze Zeit über, die sich der Patient im 
Krankeidmuse aufhielt, bestehen blieb, obschon sie sich ver¬ 
minderte, während die Cylindrurie zunahm. 

Wenn man bei einem Patienten, der sich die Syphilis 
eben erst zugezogen hat, bei wiederholter Untersuchung des 
Harnes zu verschiedener Zeit und unabhängig von den auf- 
tretenden syphilitischen Symptomen Albumin in ungefähr gleicher 
Menge findet, so muss dieses ja dafür sprechen, dass diese 
Albuminurie wahrscheinlich auch vor der Erwerbung der Syphilis 
vorhanden gewesen ist; wenigstens muss man schliesseu können, 
dass diese Albuminurie nicht mit der Syphilis m Causalzusam- 
menhang steht. 


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Klinische Studien über Niereuaftectionen bei Syphilis. 


117 


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Wir können daher ganz sicher folgende Fälle ausschliessen: 
einen, wo der Patient wegen pustulöser Syphilis von mir zuerst 
in meiner privaten Praxis behandelt worden ist und die ganze 
Zeit über und auch während er nachher im Krankenhause ge¬ 
pflegt wurde, mit Salpetersäure nachweisbares Albumin gehabt 
hat, einen, wo der Patient im Laufe von 2 Jahren viermal im 
Krankenhause gepflegt worden ist (das erste Mal wegen Sclerose 
und Roseola), und wo sich bei allen Untersuchungen mit 
Salpetersäure nachweisbares Albumin gefunden (und sich der 
Cylindergehalt während der Behandlung mit Hg bedeutend 
vermehrt hat) sowie schliesslich drei, wo die Patienten zwei¬ 
mal (das erste Mal wegen Sclerose und Roseola) behandelt 
worden sind, wo mit Salpetersäure nachweisbares Albumin sich 
bei jeder Untersuchung gefunden und sich auch der Cylinder¬ 
gehalt während der Behandlung mit Hg sehr vermehrt hat. 
Ganz sicher ist noch ein Fall auszuschliessen, obgleich der 
Patient hier nur einmal (wegen Sclerose und Roseola) behandelt 
worden ist, wo sich aber bei jeder Untersuchung Albumin 
(Salpetersäure), spec. Gew. ungefähr 1.016, nachweiseu liess und 
wo sich bei der Aufnahme des Patienten in das Krankenhaus 
keine, bei seiner Entlassung aus ihm aber Cylinder in reich¬ 
licher Menge gefunden haben. Bekam 6 Soz.-Hg-Inj. 

Aus den obigen Gründen sind von den Fällen, wo die 
Patienten eine grössere Menge Albumin gehabt haben, auch 
folgende auszuschliessen: 

F all VI. E. Hatte seit Innererer Zeit Geschwüre am Penis, seit 
einem Monat Ausschlag und litt an allgemeinem Unwohlsein und des Abends 
an bedeutendem Kopfschmerz. Wurde am 21. /XL 1893 wegen Sclerose, 
Roseola und Psoriasis palmaris in das Krankenhaus auf genommen. Am 
22./XI. hatte er Albumin, 0.06 Proc., eine ziemlich reichliche Menge 
Cylinder, mit Zellen besetzt, spec. Gew. 1.020. Per Albumingehalt wechselte 
zwischen 0.07 und 0.03 ; bei der Entlassung des Patienten aus dem Kraukeu- 
hause am 29./XH. nach 30 Ueberstreichungen ') war er geringer als 0.03; 
Cylinder, einige mit Zellen, fanden sieh in höchst bedeutender Menge. 
Der Patient wurde am 31./VII1. 1894 wegen Roseola und mucösen Papeln 
wieder in das Krankenhaus aufgenommen; es fanden sich bei ihm jetzt 
Spuren von Albumin, mit Salpetersäure nachweisbar, und einzelne Cylinder; 


') Ucberstreiehung ~ Ueberstreichung (nicht Einreibung) von 6 Gr. 
Ung.-Hg (1 Hg, 2 Fett). 


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W e 1 a n d e r. 


1 IS 

während seines ganzes Aufenthaltes im Krankenhause verblieb die Albumin¬ 
menge unverändert, bei seiner Entlassung’ aus demselben hatte er aber 
eine höchst bedeutende Menge Cvlinder; das Hämoglobin war im Mittel 
(0 Untersuchungen) 71 Proc.; Blutkörperchen fanden sich im Mittel 
4.080.000. 

Fall VII. D., 17 Jahre alt, hatte 3 Jahre vor seiner Aufnahme 
in das Krankenhaus Searlatina gehabt; er weiss nicht, ob er damals 
Albuminurie hatte. Kr wurde in das Krankenhaus am 2S./VIIL wegen Sclerose 
und Adenitis aufgenommen; Albumin weniger als 0.03 Proc., einzelne 
Cvlinder. Ord. Soz.-IIg-Einspritzungen. Am 3./IX. 0.06 Proc. Albumin ; 
am 8./IX. Spuren von Albumin, mit Salpetersäure nachweisbar. Vom 
13./IX. bis zum 30./IX., wo der Patient nach Empfang von 7 Soz.-ITg.- 
Einspritzungen symptomfrei aus dem Krankenhause entlassen wurde, zeigte 
sich kein Albumin, obschon sieh der Cylimlergehalt vermehrte, sodass sich 
schliesslich Cvlinder in reichlicher Menge fanden. Am 20/1. 1804 wurde 
der Patient wegen mueösen Papeln wieder in das Krankenhaus ausge¬ 
nommen; er hatte nun bei jeder Untersuchung Spuren von Albumin (theils 
mit T. C. Ae., theils mit Salpetersäure nachweisbar). Da die Albuminurie 
bei seiner ersten Behandlung verschwand, so konnte man ja denken, dass 
sie eine Albuminuria syphilitica gewesen war, da wir aber, als er wegen 
einigen mueösen Papeln wieder im Krankenhause gepflegt wurde, bei 
jeder Untersuchung Albumin fanden, so ist es wohl höchst wahrscheinlich 
dass er seit seiner Searlatina eine gelinde NierenatTection gehabt hat, die 
dann mit grösserer oder geringerer Stärke aufgetreten ist. 

Obschon folgende beide Frauen, die, eigenthünilich genug, 
beide Hebammen waren, nicht mehr als einmal behandelt 
worden sind, so scheint mir die Jlescliatfenheit ihrer Albumin¬ 
urie doch darauf hinzudeuten, dass sie ihrer Syphilis voran¬ 
gegangen ist. 

Fall VIII. A., 20 J. alt, wurde am Mittelfinger Mitte April 
angesteckt und hatte Ausschlag Ende Juni. Wurde am 31. VIII. mit ge¬ 
heilter Sclerose, reichlicher Roseola und mueösen Papeln in das Kranken¬ 
haus aufgenommen. Hatte bedeutende Albuminurie. Am 1 ./IX. wurden 
Ueberstreichungen ordinirt. Am 4. IX. Albumin 0*2 und den ein und 
den anderen Cvlinder, spec. Gew. 1*020, Hämoglobin So, Blutkörperchen 
5,100.000, Harnmenge 1,100 CC. 

Am O./IX. Alb. 0*1, wenig Cvlinder, spec. Cew. 1*010, Ilämogl. 90, 
Blutkörperchen 5,200*000, Harnmenge 000. 

Am 14./IX. Alh. 0*05, der ein und der ande re Cvlinder, spec. Gew. 
1*015, Hämogl. 00, Blutkörp. 5,100.000. Harnmenge 1.500. 

Am 1 O./IX. Alb. 0*1, der ein und der andere Cvlinder. Hämogl. 00, 
Blutkörp. 5.000.000, Harnmenge 1*700. 

Am 25. IX. Alb. 0*1, Cyl. in ziemlich reichlicher Menge, Hämogl. 95, 
Blutkörp. 5,200.01 M), Harnmenge 1*000. 


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Klinische Studien über Nierenaftectionen bei Syphilis. 


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Am 30./IX. Alb. 0*07, Cylinder in reichlicher Menge, Hämogl. 95, 
Blutkörp. 4,850.000, Harnmenge 1*500. 

Am 5./X. Alb. 0*1, Cylinder in reichlicher Menge, spec. Gew. 1*014, 
Hämogl. 95, Blutkörp. 4,900.000, Harnmenge 1*8()0. 

Wurde nach 35 Ueberstreichungen frei von Symptomen aus dem 
Krankenhause entlassen. 

Fall IX. W., 60 Jahre alt, angesteckt vom Manne zur Weihnachts¬ 
zeit. Im Februar Geschwüre an der Scham, allgemeines Unwohlsein, 
nachher Ausschlag. Wurde am 27./IY. 1896 wegen Boseola und Syphilide 
erosive in das Krankenhaus aufgenoramen. Ord. Einreibung von 3 Gr. 
Ung.-Hg. Am 27./IV. Album. 0*08, eine höchst bedeutende Menge Cylinder 
mit Fettkornzellen, spec. Gew. 1*013, Hämogl. 55, Blutkörp. 4,200.000. 
Am 2./V. Alb. 0*07, eine höchst bedeutende Menge Cylinder mit Zellen, 
spec. Gew. 1011, Hämogl. 55, Blutkörp. 3,860.000. Am 6./V. bedeutender 
Tenesmus, Diarrhoe mit blutigem Schleim, hört mit den Einreibungen 
bis auf weiteres auf; Alb. 0*07, eine kolossale Menge Cylinder, spec. Gew. 
1*013, Hämogl. 55, Blutkörperchen 4,160.000, Harn 750 Gr. Den 10. V. 
seit dem vorhergehenden Tage feste Oeflhungen; nimmt die Einreibungen 
wieder auf: Alb. 0 06, eine höchst bedeutende Menge Cylinder, spec. Gew. 
T012. Am 12./V. Alb. 0*08, eine höchst bedeutende Menge Cylinder, 
spec. Gew. 1*012, Hämogl. 55, Blutkörp. 3,170.000. Am 16./V. Alb. 0*09, 
eine höchst bedeutende Menge Cylinder, spec. Gew. T012, Hämogl. 55, 
Blutkörp. 3,190.000. Am 20./V. Alb. 0*07, eine höchst bedeutende Menge 
Cylinder, spec. Gew. 1*011, Hämogl. 60, Blutkörperchen 3,420.000. Am 
27./V. Alb. 0*07, eine höchst bedeutende Menge Cylinder, spec. Gew. 1*012, 
Hämogl. 55, Blutkörp. 3,416.000. Die Harnmenge war in den ersten 
Tagen 750 CC., vermehrte sich dann mehr und mehr und war in der 
letzten Zeit im Mittel 1.500 CC. 

In beiden Fällen finden wir eine bedeutende Albumin¬ 
menge, die sich von den syphilitischen Symptomen unabhängig 
zeigend, bestehen bleibt, und eine bedeutende Menge Cylinder 
mit Epithelzellen, Fettkügelchen u. s. w. Wir können nicht 
das Hecht haben, alles auf Rechnung der Syphilis zu schreiben, 
die ja in beiden Fällen mit sehr milden Symptomen aufgetreten 
ist (siehe mehr hierüber weiter unten). 

In einem Falle war sicher Alkoholismus im Verein mit 
schlechter Herzthätigkeit die Ursache der Nephritis. 

Fall X. W., wurde am 7./I. 1896 wegen Sclerose und Roseola in 
das Krankenhaus aufgenommen. Am ll./I. Alb. 0.2, eine reichliche Menge 
feinkörniger Cylinder; nach 6 Th.-Hg-Einspritzungen*) fanden sich nur 
O.05 Proc. Albumin, Cylinder aber in reichlicher Menge. Die Ursache 


') Th-Hg-Einspritzuog z= essigsaure Thymolquecksilbereinspritzung. 


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120 


AY e 1 a 11 d c r. 


der Verminderung des Albumingehaltes waren ganz sicher Milchdiät, hygie¬ 
nische Verhältnisse, Enthaltung von Spirituosa (siehe Näheres über diesen 
Fall weiter hinten). 

In einem Fall (siehe Fall XLII) hat ganz sicher die Behandlung: mit 
Hg zum Auftreten und (zusammen mit anderen Umständen, über welche 
der Patient aber keinen Aufschluss zu geben vermochte) zum Bestehen¬ 
bleiben der Albuminurie beigetragen; in diesem Falle wissen wir wenig¬ 
stens, dass der Patient vorher keine Albuminurie hatte. 

Besonders schwer zu erklären ist folgender Fall: Fall XI. A. y 
34 Jahre alt, wurde am 13./VI. wegen Sclerose, Roseola, mucösen Papeln, 
Alopecia, allgemeines Unwohlsein und Kopfschmerzen in das Kranken¬ 
haus aufgenommen. Kein Albumin, einzelne Cylinder, 1.026 spec. Gew. 
Bei der Untersuchung am 18./VI., 24./VJ. und 2!f/VI. keine Albuminurie 
(nur ein paar Cylinder). Am 4./Y1I. war er frei von Symptomen; er hatte 
damals Spuren von Albumin (Salpetersäure) und einzelne Cylinder, 1*016 
spec. Gew. Bei der Untersuchung am O./Yil., 14./YII. und 17./VII. Spuren 
von Albumin (Salpetersäure) und hier und da Cylinder; der Patient hatte 
jetzt 7 Soz.-lIg-Einspritzungcn erhalten. Im September bekam er mucöse 
Papeln, und am IG./XII. wurde er wegen Roseola und Pap. rniie. wieder 
in das Krankenhaus aufgenommen. Er hatte dann Albumin, 0*05, keine 
Cylinder, spec. Gew. 1*025. Bekam 7 Soz.-llg-Einspritzungen; der Albumin¬ 
gehalt verminderte sich von Untersuchung zu Untersuchung; bei der Ent¬ 
lassung des Patienten aus dem Krankenhaust 1 fanden sich nur Spuren von 
Albumin, mit Salpeter nachweisbar, Cylinder in ziemlich reichlicher 
Menge. 

Man könnte ja hier den Verdacht hegen, dass das Hg 
zum Auftreten der Albuminurie bei der ersten Behandlung 
Anlass gegeben habe, doch spricht der unbedeutende Cylinder- 
gehalt dagegen. Da der Patient zwischen den beiden Malen, wo 
er im Krankenhause behandelt worden ist, kein Hg bekommen 
hat, so kann die ziemlich bedeutende Albuminurie, 0.05, die er 
bei seiner zweiten Aufnahme in das Krankenhaus hatte, selbst¬ 
verständlich nicht durch Behandlung mit Hg hervorgerufen 
sein. Es muss sich also eine andere Ursache gefunden haben; 
obschon man die Möglichkeit, dass die Syphilis die Ursache 
der Albuminurie gewesen ist, nicht verneinen kann, so habe 
ich doch den Verdacht, dass eine geringe, von der Syphilis 
unabhängige Nephritis in ungefähr derselben Weise wie in 
Fall III aufgetreten ist. 

In einem Falle war eine bedeutende Albuminurie vor dein 
Auftreten der Syphilis vorhanden; siehe Näheres hierüber in 
Fall XLIV. 


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Klinische Studien über Nierenaffectionen bei Syphilis. 

In der folgenden Tabelle habe ich die in meiner privaten 
Praxis untersuchten Fälle zusammengestellt. 



Anzahl der Jahre, welche die letzte Untersuchung auf Al¬ 
bumin nach der Erwerbung der Syphilis ausgeführt worden ist. 

CD 

M 

£h 

Cd 

u 



Nicht 

1 Jahr 

1—2 

Jahre 

2—3 

Jahre 

S—4 

Jahre 

4—5 
Jahre 

5-9 

Jahre 

10—14 

Jahre 

15—19 

Jahre 

20 Jahre 
u. Uber 

Summa 

Erster Ausbruch der 

Kein 

Alb. 

82 - 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

1 82 

Z) 

© 

Syphilis 

Alb. 

6 — 

— 

— 

_ 

— 

— 

— 

— 

6 

i 

s 

o 

+-> 

P* 

Reeidiv, secundäres 

! Kein 
Alb. 

98 

78 

73 

50 

33 

99 

31 

3 

1 

460 

s 

CO 

Stadium 

Alb. 


6 

7 

6 

3 

2 

2 

— 

— 

i 2Ü 

p 

© 

© 

p 

Reeidiv, Uebergangs- 

iKeiu 

Alb. 

— 

5 

3 

8 


42 

20 

8 

3 

104 

-Q 

.2 

© 

N 

© 

s 

Stadium 

Alb. 

— 

— 

1 

— 

1 

2 

— 

— 


1 4 

Reeidiv, tertiäres 

Kein 
Alb. 1 


1 

2 

5 

4 

30 

40 

27 

24 

133 

cS 

P 

© 

Stadium 

Alb. 

— 

— 

— ; 

— 

— 

3 

2 

2 

— 1 

1, 7 

N 

£ 

Summa 

Kein j 
Alb. 

ISO 

84 

78 

03 

_l 

40 

17t 

97 

38 

28 1 

785 

© | 
s 

Alb. | 

6 

6 

8 

0 

4 

. 

7 

4 

2 

— | 

![f 


Totalsumme 


180 

90 

86 ; 

09 

50 

1 

178 

i 

101 

i 

40 

28 

■ 

828! 

Ii 1 


Von diesen 43 Fällen von Albuminurie sind 33 auszu- 
schliessen. 

Wir müssen sofort 10 Fälle ausschliessen, wo es constatirt 
ist, dass sich vor der Erwerbung der Syphilis Albuminurie 
gefunden hat. 

Ausserdem haben wir folgende 4 Fälle auszuschliesseu, 
wo sich, unabhängig von den Symptomen und der Behandlung 
der Syphilis, Albuminurie bei jeder Untersuchung gezeigt hat 
und wo ganz sicher die Nephritis der syphilitischen Infection 
vorhergegangen ist. 

Fall XII. K., 41 Jahre, hatte am 23./VII. 1894 grosse Sclerose, 
reichliches Erythema, Papeln, Psoriasis palmaris et plantaris, Albumin 
0*08, Cylinder in ziemlich reichlicher Menge, spec. Gew. 1*028, Hämo- 


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globin 90, Blutkörperchen 5,000.000. Ord. Ueberstreiehungen. Am 27./VIII. 
30 Ueberstreiehungen erhalten; Hämoglob. 85, Blutkörperchen 5,200.000; 
das Albumin, das zwischen 0 08 und 005 gewechselt hat, ist heute 0 06; 
eine höchst bedeutende Menge Cylinder. Der Patient, der intermittirend 
bis zum Februar 1896 behandelt worden ist, hat nur einmal syphilitische 
Symptome (Pap. muc.) gehabt. Die Albuminmenge war im Mittel bis zum 
März 1895 0.05, worauf sie sich verminderte Am 22./VI. fand sich deut¬ 
liche Albuminurie (Salp.) mit einzelnen Cylindern. 

Fall XIII. H., 22 Jahre, Syphilis im März 1891, bekam damals 
Ilg-Pillen. Am 22. X. 1891 besuchte er mich; er hatte jetzt Roseola, 
Pap. muc. und eine nicht unbedeutende Albuminurie; bekam bis zum 
12./XI. 4 Th-IIg-Einspritzungen Am 11 ./III. 1892 geringelte Roseol (R. 
anulata), bekam bis zum 27./IV. 150 Hg-Pillen. Bei wiederholten Unter¬ 
suchungen vom 22./X. 1891 bis 30./Y. 1892 jedesmal Albumin (Salp.). 

Fall XIV. E., 26 Jahre. Am 9./III. 1896 bedeutende Sclerose, keine 
allgemeinen Symptome. Bis zum 16./IV. 30 Ueberstreiehungen. Bei wieder¬ 
holter Untersuchung bis zum 25./V. jedesmal Albuminurie (Salp.). Der 
Patient hat die Nephritis sicher schon seit dem Sommer des Jahres 1895, 
wo er sich schwer erkältete und seit welcher Zeit er sich schlaft' und un¬ 
lustig gefühlt hat. 

Fall XV. J., 21 Jahre, Sclerose, Roseola; Albuminurie (Salp.) bei 
allen Untersuchungen vom 27./VI. bis 21./VIII. 

In den folgenden Fällen findet sich eine andere annehm¬ 
bare Ursache der Albuminurie als die Syphilis. In allen diesen 
Fällen ist die Albuminurie längere oder kürzere Zeit nach der 
Erwerbung der Syphilis aufgetreten. 

Wir wissen zwar nicht, wie Erkältungen auf die Nieren 
einwirken können, haben aber wohl alle nach wiederholter Er¬ 
kältung das Auftreten einer Nephritis beobachtet, ohne dass 
wir für ihr Entstehen eine andere plausible Erklärung zu 
finden vermocht hätten. In den folgenden S Fällen sind sicher 
diese wiederholten Erkältungen die Ursache der Nephritis 
gewesen. 

Fall XVI. G., Syphilis Ende des Jahres 1890; hatte 1891 kein 
Albumin Am 20./III. 1892 zeigte sich bei ihm, unabhängig von den syphili¬ 
tischen Symptomen und ihrer Behandlung, zum ersten Male Albumin, das 
sicli nach wiederholter Erkältung (der Patient hatte seine Beschäftigung 
in einem kalten und zugigen Kaufladen) mehr und mehr vermehrte, bis 
es am 8. VI. 0*04 betrug (während dieser Zeit keine Hg-Behandlung). 
Der Patient hatte jetzt neue Symptome der Syphilis, weshalb er Th-Hg- 
Einspritzungcn bekam, was an den Tagen geschah, für welche die Albu- 
lninmenge angegeben ist. Am 12./VI. Albumin, 004. am 19./VI. 0*03, 
am *28./VI. 015. am 8. VII. 0,07 und am 19./VII. 0*35, hierauf frei von 


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Klinische Studien über Nierenaflectionen bei Syphilis. 


123 


Symptomen. Den August über war der Alburaingehalt bedeutend, doch 
fing er nachher an abzunehmen, so dass er sich am 15./I. 1893 als sehr 
unbedeutend erwies. Vom 26./II. an war der Patient frei von Albumin. 
Ich beobachtete ihn bis zum 18./VI., wo er, ungeachtet er dann 150 Hg- 
Pillen eingenommen hatte, noch immer albuminfrei war. 

Hierher gehört der Fall III, wo der Patient ebenfalls von seiner 
Nephritis frei wurde. 

Fall XVII. B., 25 Jahre, Syphilis im Mai 1893, war albuminfrei 
bis zum 10./VII. 1894, wo bei ihm nach einer starken Erkältung Albu¬ 
minurie auftrat, die nach einiger Zeit verschwand, um nach einer neuen 
Erkältung wieder zu kommen, was seitdem mehrere Male geschehen ist. 
Bei der letzten Untersuchung im Mai 1896 war kein Albumin zu ent¬ 
decken. 

Fall XVIII. N., 50 Jahre alt, Syphilis im Mai 1892, periodische 
Behandlung. Am 6./III. 1893 begann er Hg-Pillen einzunehmen; bis zu 
dieser Zeit hatte er nie Albuminurie gehabt. Am 28./III. klagte er, dass 
er sich erkältet habe und allgemeines Unwohlsein fühle; es zeigten sich 
bei ihm jetzt Spuren von einer Albuminurie, die bis zum 17./IV., bis zu 
welchem Tage der Patient 150 Pillen eingenommen hatte, zunahm. Am 
27./IV. fanden sich nur Spuren von Albumin. Ich sah den Patienten nach¬ 
her nicht eher als am 29./VI. wieder, wo er dann albuminfrei war, aber 
gruppirte Papeln hatte. Seitdem habe ich ihn viele Male untersucht, das 
letzte Mal am 22./II. 1896, aber niemals Albumin bei ihm gefunden- 
Man würde ja hier glauben können, dass die Albuminurie mercurial war 
aber sowohl vor, wie nach derselben hat der Patient kräftige mercuriale 
Behandlung bekommen, ohne dass sich die geringste Spur einer Albu¬ 
minurie gezeigt hätte. Es ist deshalb im höchsten Grade wahrscheinlich, 
dass die Albuminurie, die hier bei einer schwachen Pillenbehandlung auf¬ 
trat, ihre Ursache nicht in dieser Behandlung, sondern in der Erkältung 
gehabt hat, die der Patient sich zugezogen hatte, obschon es nicht un¬ 
möglich ist, dass die fortgesetzte Hg-Behandlung zum Bestehen der Al¬ 
buminurie bis nach Schluss der Behandlung, wo sie anfing, sich zu ver¬ 
mindern, um schliesslich ganz zu verschwinden, beigetragen hat. 

ln den soeben angeführten Fällen ist die Albuminurie 
verschwunden; dieses ist dagegen nicht in den folgenden Fällen 
geschehen, wenigstens nicht in der Zeit, während welcher ich 
sie zu beobachten Gelegenheit gehabt habe. 

Fall XIX. H., 48 Jahre, Syphilis im November 1890. Hatte seit 
dieser Zeit keine Albuminurie vor dem 29./VI. 1891, wo er sich erkältete, 
Fieberschauer u. s. w. bekam und wo dann bei ihm am 2./XI. eine nicht 
unbedeutende Albuminurie aufgetreten war. Seitdem hat er, unabhängig 
von den syphilitischen Symptomen und von der Hg-Behandlung, stets Al¬ 
buminurie in wechselnder Stärke gehabt ; das letzte Mal, wo ich ihn unter¬ 
suchte, am 8. XI. 1895. hatte er eine sehr reichliche Albuminurie. 


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Fall XX. C., 40 Jahre alt, bekam Syphilis im Jahre 1800 und war 
frei von Albuminurie bis zum 29./VI. 1892, wo er sieh stark erkältet hatte 
und wo sieh bei ihm allgemeines Unwohlsein und Albuminurie einstellten, 
woran er seitdem ununterbrochen gelitten hat. Im März 1893 bekam er 
gruppirte Papeln, für welche er 3 Th-Hg-Einspritzungen erhielt, wobei 
sieh der Albumingehalt bedeutend vermehrte. Am I5./IV. hatte er eine 
bedeutende Albuminurie und eine bedeutende Menge Cylinder (auch Blut- 
und Epitheleylinder). Der Patient befindet sieh viel auf Reisen und ist dabei 
oft Erkältungen ausgesetzt. Seit April 1893 hat er Albumin in wech¬ 
selnder Menge gehabt, so dass ich mitunter viel, mitunter wenig bei 
ihm fand. 

Fall XXI. II., 36 Jahre. Syphilis im April 1894, seitdem inter- 
mittent behandelt, hat niemals Albuminurie vor Juli 1895 gehabt. Der 
Patient, welcher Capitün eines Dampfschiffes ist, hatte sieh damals stark 
erkältet, fühlte sich unwohl und hatte Albumin im Harn. Seitdem die 
eine Erkältung nach der andern; der Albumingehalt allmälig gewachsen, 
war am 6./1V. 1896 0*45 Pme.; Cylinder in reichlicher Menge. 

Fall XXII. B., 35 Jahre. Am 18./II1. 3894 Scdcrosc, Roseola, keine 
Albuminurie; bekam bis zum 23./IV. 8 Soc.-Hg-Einspritzungen; war an 
diesem Tage frei von Albuminurie. Am 5 /VI. keine Albuminurie. Am 
13./VI. klagte er, dass er sich erkältet habe; er hatte Schmerzen in den 
Gelenken, Angina, bedeutende Albuminurie und Massen von Cylindern. 
Am 30./VI. Albuminurie mul Cylinder in reichlicher Menge. Seitdem 
habe ich ihn nicht untersucht. 

Alkoholismus mit Fettherz ist höchst wahrscheinlich die 
Ursache der Albuminurie im folgenden Falle gewesen. 

Fall XXIII. B., 46 Jahre. Syphilis im Jahre 1890; das letzte 
Symptom 1892. Das eine nach dem anderen Mal sowohl während, wie 
nach dieser Zeit untersucht, hat der Patient niemals Albuminurie gehabt ; 
er hat im letzten Jahre bedeutend getrunken ; war am 3./IF. 1896 sehr tremu- 
lirend, hatte Spuren von Albuminurie, auch eine geringelte Roseola, be¬ 
kam von 8. II. — 8./1II. 6 Soc.-Hg-Einspritzungen; war dann frei von 
syphilitischen Symptomen; hatte am 1/IV. noch Spuren von Albumin im 
Harn, war am 22.IV. frei von Albuminurie; lebt jetzt ordentlich und 
tremulirt nicht. 

Zweimal hat Icterus die Albuminurie verursacht, die höchst 
wahrscheinlich durch die Elimination von Gallenfarbstoffen und 
anderen Gallenbestandtheilen durch die Nieren hervorgerufen 
worden ist. 

Fall XXIV.R., bei welchem am 29./X. 1891 eine Exeision der Selerose 
gemacht wurde, bekam später allgemeine Symptome und auch ein Recidiv; 
hatte während dieser Zeit keine Albuminurie. Er zeigt sich am 2./VI. 
1892 mit Icterus catarrhalis und auch Spuren von Albuminurie, die bis 
zum I4./VI. bestehen blieb. Am 18./VI. war er gesund, auch frei von 


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Klinische Studien über Kierenaffectionen bei Syphilis. 


125 


Albumin. Es traten später neue Symptome auf, aber weder damals, noch 
bei der das eine nach dem anderen Mal ausgeführten Untersuchung bis 
zum 17./1V. 1894, wo ich ihn zum letzten Male sah, waren bei ihm Spuren 
von Albumin zu entdecken. *) 

In dem anderen Falle (Nr. 5), den ich schon beschrieben 
habe, war die Albuminurie indirect zwar durch die Syphilis 
hervorgerufen, doch fand sich ganz sicher kein syphilitisches 
Nierenleiden. 

Indirect hat die Syphilis in drei anderen Fällen Albu¬ 
minurie verursacht; in allen drei Fällen, noch ziemlich junge 
Männer, ist Arteriosklerose aufgetreten und dieser dann gelinde 
Albuminurie gefolgt (Stauungs-Niere.) 

ln fünf Fällen hat sich mitunter Albuminurie gefunden, 
mitunter ist sie verschwunden gewesen, ohne dass ich dafür 
eine Erklärung zu finden vermocht habe; sicher ist es, dass 
die syphilitischen Symptome und die Hg-Behandlung auf das 
Auftreten der Albuminurie ohne allen Einfluss gewesen sind. 
Vier von diesen fünf Fällen scheinen mir kein Interesse dar¬ 
zubieten, weshalb ich über sie nicht näher berichte; in zweien 
dieser Fälle fand sich Albuminurie bei der ersten Unter¬ 
suchung, in den zwei anderen trat sie aber erst nach einiger 
Zeit auf. 

In dem erübrigenden fünften Falle lässt sich eine beginnende 
interstitelle Nephritis nicht ausschliessen, und ebensowenig kann 
die Möglichkeit verneint werden, dass sie durch die Syphilis 
verursacht ist, obschon man mit vollem Grunde eine andere 
Ursache argwöhnen kann. 

Fall XXV. E., 30 Jahre. Syphilis im Mai 1S92, hatte bis zum 
13./IV. 1893, an welchem Tage er eine Hg-Iiehaudlung beendete, keine 
Albuminurie; an diesem und an einem folgenden Tage ergab die Unter¬ 
suchung bei ihm Spuren von Albumin, die sich im Laufe des April ver¬ 
minderten und am 9./V. verschwunden waren (ganz sicher Hg-Albuminurie). 
Jetzt war der Patient frei von Albumin bis zum 9./I. 1895, wo bei ihm, 

') Gerade in diesen Tagen (Ende Mai) ist ein derartiger Fall in 
das Krankenhaus aufgenommen worden. Die Patientin, die im December 
1895 und Januar 1896 wegen dem ersten Ausbruch der Syphilis behandelt 
worden war, hatte damals keine Albuminurie. Ende Mai ist sie wegen 
grossfleckiger Roseola, Icterus catarrhalis und Albuminurie mit einer 
Menge farbloser, mit gelbfarbigen Epithelzellen besetzter Cvlinder in das 
Krankenhaus aufgeuomraen worden. 


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120 W eiander. 

unabhängig von den syphilitischen Symptomen und der Hg-Behandlung. 
von neuem Albuminurie auftrat und von wo an bei ihm bei allen Unter¬ 
suchungen, ausser bei einer einzigen, Spuren von Albumin gefunden 
wurden. Am 28./IV. 1896 hatte er Spuren von Albumin (T. C. Ae.). Der 
Patient hat seine Beschäftigung in einem feuchten Weinkeller, und es 
kann ja seine Albuminurie in diesem Umstande eben so gut ihre Er¬ 
klärung finden, wie in der Syphilis (keine Symptome seit December 1892). 

Ich gehe nun zu der Beschreibung der Falle über, in 
denen es sich mit mehr oder weniger grosser Wahrscheinlich¬ 
keit annehmen lässt, dass die Albuminurie durch Syphilis her¬ 
vorgerufen ist. 

Vorerst will ich jedoch die Frage zu beantworten suchen : 
Welche Formen von Nierenleiden haben wir a priori Aussicht, 
bei der Syphilis anzutretlen? 


(Fortsetzung folgt.) 


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Aus der k. k. dermatolog. Universitätsklinik des Prof. F. J. Pick 

in Prag. 


Ueber Pityriasis rosea (Gibert.) 

Von 

Dr. Gustav Tandler, 

II. Assistent der Klinik. 

Im Laufe der letzten neun Monate waren auf unserer 
Klinik 14 Fälle von Pityriasis rosea, fälschlich auch Mycosis 
rosea genannt, zur Beobachtung gekommen, darunter 10 bei 
Männern, 4 bei Weibern, durchwegs gesunden Individuen im 
Alter von 9—49 Jahren. Nicht nur bei dieser Beobachtungs¬ 
reihe, sondern auch schon bei früheren Fällen konnte die 
Wahrnehmung gemacht werden, dass sich im Frühjahr und 
Herbst die Krankheitsfälle von Pityriasis rosea häuften, obzwar 
sie zu den anderen Jahreszeiten wohl auch, aber in auffallend 
geringerer Menge vorkamen. 

Anamnestisch Hess sich in den meisten Fällen nur so 
viel erheben, dass die Hautaffection gewöhnlich einige Tage vor 
Aufnahme in die Klinik ohne besondere subjective Beschwer¬ 
den, höchstens mit einem geringen Juckreize verbunden, be¬ 
merkt worden sei, und dass sich seitdem die Flecke am Körper 
vermehrt und vergrössert hätten und auch noch in Vermehrung 
begriffen seien. Die Angabe, dass ein bestimmter, an Grösse 
alle übrigen Herde übertreffender Fleck, der sogen. Primitiv 
Plaque Brocq’s, von dem noch später die Rede sein soll, 
der erste gewesen sei, konnte nur bei einzelnen Patienten mit 
voller Gewissheit erhoben werden, gewöhnlich nur dann, wenn 
dieser besagte Fleck an einer dem Gesichtssinne des Kranken 
leicht zugänglichen Körperstelle gelegen war, während Fälle, bei 
denen nach der Grösse der Efflorescenzen zu scliliessen, der 


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128 


Tandler. 


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erste Herd am Nacken oder Rücken localisirt war, immer erst 
dann zur Beobachtung kamen, wenn bereits sehr zahlreiche, 
disseminirte Krankheitsherde aufgetreten waren, ein Umstand, 
der sicherlich für das Fehlen erheblicher subjectiver Beschwerden 
spricht, unter denen die Affection einsetzt und sich weiter 
ausbreitet. 

Das klinische Bild, das die Fülle bei ihrer Aufnahme 
darboten, ist kurz folgendes: Am Stamme, seltener an den 
Extremitäten finden sich, je nach der verschiedenen Dauer der 
Erkrankung, mehr weniger zahlreiche in verschiedenen Stadien 
der Entwicklung befindliche, rosarothe, scharf umschriebene, 
oberflächliche Infiltrate von verschiedener Grösse, Form und 
Anordnung. 

Die'Grösse variirt ausserordentlich; man findet Herde 
von Hanfkorn- bis zu solchen von Thalergrüsse und noch dar¬ 
über. Sehr oft, aber nicht immer kann man an irgend einer 
Kürperregion einen alle übrigen Herde an Grösse überragenden 
llerd constatircn, der schon oben erwähnte Primitivplaque, 
auf dessen Details später noch näher eingegangen werden soll. 
Was die Form der Efflorescenzen betrifft, so muss man unter¬ 
scheiden zwischen den kleinen, eben erst im Entstehen be¬ 
griffenen und den grösseren Herden, die bereits einige Tage 
liindurch sich entwickelt haben; ein solcher im Entstehen be¬ 
griffener Herd stellt sich nach Besnier und Doyon 1 ) dar 
als ein miliärcr, erythematüser, leicht hervortretender und 
unter Fingerdruck erblassender Fleck, der gewöhnlich die 
Stelle eines Talg- oder Schweissdrüsenfollikels einnelimen 
soll. Die Röthung und Infiltration schreitet nun beim Wachsen 
des Herdes nach der Peripherie circulär weiter, ohne dass es 
dabei jedoch zu stärkerer Exsudation und Bläschenbildung 
kommen würde, während das Centrum leicht einsinkt, blass¬ 
braun pigmentirt und mit feinen Schuppen bedeckt erscheint. 
Aus dem miliären rothen zarten Knötchen ist ein orbiculärer 
Herd geworden, der, am Rande leicht infiltrirt und geröthet, 
nach aussen von dem leichten Infiltrationswalle einen mehr 
weniger deutlichen rothen Hof erkennen lässt, während das 
Centrum die eben geschilderten Eigenschaften aufweist. Diese 
Herde sind anfangs gewöhnlich kreisrund, mit zunehmendem 
Wachstlium nehmen dieselben dann eine mehr elliptische Form 


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Ueber Pityriasis rosea (Gibert). 


129 


an und können schliesslich auch, wenn der Process genug 
lange andauert, ■vielfach mitsammen confluiren, wodurch ver¬ 
schieden geformte, nicht mehr so scharf wie früher begrenzte 
Gyri zu Stande kommen. 

Bezüglich der Localisation der Efflorescenzen gilt 
Folgendes: am dichtesten besäet erscheinen gewöhnlich die in- 
fraclavicularen und subaxillaren Partien des Thorax, ferner 
die Region über dem Sternum, der Rücken und die seitlichen 
Rauchgegenden; in vorgeschrittenen Fällen finden sich dann 
auch Herde am Hals, Nacken und den Extremitäten, an den 
oberen zahlreicher als an den unteren, Beuge- und Streck¬ 
seiten ziemlich gleichmässig befallend. Die Haut des Gesichtes 
wird sehr selten ergriffen, Hände und Füsse haben wir über¬ 
haupt nie afficirt gefunden. 

Alle unsere Fälle waren bereits im secundären Stadium 
gekommen, d. h. es hatten sich bei ihnen durchwegs ausser 
dem Primitivplaque schon zahlreiche Efflorescenzen secundärer 
Natur gebildet; der Primitivplaque selbst war entweder gar 
nicht mehr mit Sicherheit als solcher zu constatiren, weil 
unterdessen andere secundäre Efflorescenzen zu derselben 
Grösse herangewachsen waren, oder er war wohl noch zu 
finden, war aber in Folge der längeren Dauer des Processes 
schon im Rückgänge begriffen. Brocq' J ), der 1887 im Höpital 
St. Louis zahlreiche Fälle von P. r. in einem relativ frühen 
Stadium — allerdings auch schon im Beginne des Auftretens 
secundärer Efflorescenzen — zu beobachten Gelegenheit hatte, 
kommt bezüglich des von ihm zuerst beschriebenen Plaque 
primitive zu Ergebnissen, die sich kurz in folgendem zu¬ 
sammenfassen lassen. Nach ihm zeigt sich der Primitivplaque 
gewöhnlich am Stamme, besonders in der Gürtelgegend, auf 
der Brust, seltener am Hals und den Armen, hat eine ellip¬ 
tische Form und vergrössert sich durch peripheres Wachsthum, 
während er im Centrum zur Abheilung kommt. Die Grösse 
seines Durchmessers schwankt von einigen Millimetern bis zu 
einigen Centimetern, welch letztere Grösse die häufiger anzu¬ 
treffende sein soll. Nachdem er, ohne irgend wie subjective 
Beschwerden, höchstens ein leichtes Jucken hervorzurufen, 
einige Zeit, durchschnittlich 4—14 Tage, allein bestanden, 

Archiv {• Dermat. u. Syphil. Baad XXXVII. g 


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130 


Tändle r. 


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trete» dann plötzlich neue Herde auf. die bedeutend kleiner 
sind als ersterer und nicht so scharf begrenzt sein sollen, wie 
der primäre Herd. Im weiteren Verlaufe schwindet dieser Herd 
früher als die anderen, wodurch es kommt, dass, wie ich schon 
oben hervorgehoben, Fälle zu finden seien, bei welchen der 
■Primitivplaque ganz fehle. 

Das subjective Befinden der mit P. r. Behafteten 
ist weder unmittelbar vor, noch auch während der Krankheit 
wesentlich alterirt, der Juckreiz sehr gering, auch ganz fehlend, 
woraus es sich erklären lässt, dass die Fälle uns so spät zu 
Gesichte kommen. Störungen des Allgemeinbefindens scheinen 
dabei nicht vorzukommen, Krscheinungen von seiten des Ver- 
dauungstractes, dilatatio ventriculi, deseensus ventriculi, w’e sie 
von Feulard 3 ) und Besnier 4 ) bei der Pityriasis rosea be¬ 
schrieben wurden, waren wir nicht in der Lage zu constatiren; 
unseres Erachtens scheint dies nur ein zufälliges Zusammen¬ 
treffen zu sein, wie das übrigens Besnier selbst zugesteht. 

Der Verlauf der Pityriasis rosea gestaltet sich nach 
dem Geschilderten derartig, dass zunächst an irgend einer 
Körperstelle ein Herd auftritt, der sich successive vergrössert; 
nach einer unbestimmt langen Dauer desselben — wie schon 
oben erwähnt, schwankt dieselbe zwischen 4 —14 Tagen — kommt 
es dann plötzlich zur Eruption neuer, bedeutend kleinerer Ef- 
florescenze», die sich nun in der schon beschriebenen Weise 
vergrössern, während noch immer neue Nachschübe stattfinden. 
Diese secundäre Eruption dauert nun durch einige Zeit, nach 
Besnier und Doyon durch ö —10 Wochen an, innerhalb 
welcher Frist die EfHorescenzen au Grösse zunehmen, stellen¬ 
weise mitsammen confiuiren und neue Herde von der oben ge¬ 
schilderten Beschaffenheit hinzukommen. Endlich tritt, nachdem 
fast die Haut des ganzen Körpers ergriffen worden, ein Still¬ 
stand ein, es bilden sich keine neuen Herde mehr, die alten 
aber beginnen abzublassen, die Infiltration des Walles schwindet, 
während Schuppung und Pigmentation noch an dauern. Bald 
jedoch zeigt nur eine zarte Fältelung der Epidermis mit blass 
gelblichbrauner Färbung daselbst die Stellen an, wo einst die 
Herde gesessen, und in kurzer Zeit sind auch diese Reste 


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l'ober Pityriasis rosen (fiibert). 


1 y i 

vollständig geschwunden, die Haut ist wieder zu ihrer nor¬ 
malen Beschaffenheit zurückgekehrt. 

Die ganze Verlaufsweise erinnert an die einer luetischen 
Infection, worauf I! r o c q •) als der erste und meines Wissens 
auch einzige aufmerksam gemacht hat. Zunächst tritt ein 
primärer Herd auf, nach der Meinung Broeqs ein rein lo¬ 
caler Process als Resultat einer Einimpfung und dann nach 
einer gewissen Zeit eine Allgemcin-Infection, mit der Roseola 
syphilitica vergleichbar. Diese secundäre Eruption entsteht, wie 
Brocq annimmt, auf dem Wege einer inneren Uebertragung. 
eine Vorstellung, die naturgemäss von principieller Bedeutung 
für die Auffassung des ganzen Krankheitsprocesses sein muss. 
Doch davon noch später. 

Recidiven der Erkrankung haben wir bisher nicht beob¬ 
achten können, desgleichen waren wir nicht in der Lage, 
gewisse prädisponirende Momente für das Entstehen der 
Krankheit aufzufinden, wie solche von Lassar 5 ) angegeben 
wurden. Derselbe konnte sehr oft die Wahrnehmung machen, 
dass Leute, die mit der in Rede stehenden Hautallection be¬ 
haftet waren, Baumwollwäsche trugen, und vindicirt be¬ 
kanntlich dem Tragen von entweder noch nie gewaschener 
oder nach dem Waschen längere Zeit im Schranke auf be¬ 
wahrter Wollwäsche einen gewissen, nicht näher bekannten 
Einfluss auf das Entstehen der Pityriasis rosea und sonstiger 
Hautkrankheiten überhaupt. Wir konnten uns von dieser Tliat- 
sache nicht überzeugen; in einzelnen wenigen Fällen traf dies 
zwar zu, in vielen anderen wieder nicht, so dass dieser Um¬ 
stand vcrmuthlich ebenso ein zufälliges Zusammentreffen dar 
stellt, wie das vorhin erwähnte gleichzeitige Vorkommen von 
Pityriasis rosea mit Dilatatio ventriculi. 

Die Diagnose war bei unseren Fällen, die sämmtlieh 
mit ausgebreiteten Krankheitserscheinungen in Beobachtung 
kamen, leicht zu stellen. Differenzialdiagnostisch kämen unter 
Umständen in Betracht luetische Exantheme maculo-papulöser 
Natur, gewisse Formen des Eczems und eventuell auch Psoriasis. 
Bezüglich des Primitivplaque ist es wohl übeiflüssig, sich in 
differentielle diagnostische Einzelheiten einzulassen, da derselbe 
für sich allein allerdings besteht, die Träger desselben jedoch 

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T a n <1 1 e r. 


entweder überhaupt gar keine Kenntniss davon haben, oder 
damit erst zum Arzte kommen, wenn bereits die secundäre 
Eruption sich angeschlossen hat. Uns wenigstens ist noch 
niemals ein Fall mit solitärem Primitivplaque vorgekommen. 
Ob derselbe einige Zeit allein vorhanden sein kann, um dann 
zu schwinden, ohne dass secundäre Effloreseenzen hinzugetreten 
sind, bleibe dahingestellt. 

Die Prognose ist günstig, indem in der überwiegenden 
Mehrzahl der Fälle nach mehnvücheutlieher Dauer restitutio 
ad integrum eintritt. Von Besnier und Dojou ’) wird be¬ 
richtet, dass hie und da auch ein Fall „rebellisch“, sehr hart¬ 
näckig und schleppend verlaufe. Uns ist ein derartiger Fall 
nicht vorgekommen, wohl aber konnten wir vereinzelt die Wahr¬ 
nehmung machen, dass der Verlauf durch Anwendung unzweck- 
müssiger, stark macerirender Mittel, deren Gebrauche in diesem 
Falle eine falsche Auffassung des Krankheitsprocesses zu Grunde 
lag, ungünstig beeinflusst wurde, indem eine mehr weniger 
intensive acute Dermatitis das Krankheitsbild complicirte. 

Unsere Therapie besteht dementsprechend nur in der 
Abhaltung jedes irgendwie schädigend wirkenden Einflusses auf 
die Haut; womit man dies erzielt, ist ganz irrelevant, bei der 
Wahl des Mittels werden dann andere Momente, Einfachheit 
der Application mit möglichster geringer Belästigung für den 
Kranken, Peinlichkeit des Verfahrens u. s. w. massgebend sein. 

Nun noch einiges über das Wesen des Krankheits- 
Processes bei der Pityriasis rosea. Bekanntlich beschrieb 
Gibert 6 ) die später nach ihm benannte llautaffection im 
Jahre lf-üiO zum ersten Male. Die Schilderung, die er von 
der Krankheit entwirft, lautet folgendermassen: Die Allection 
ist eliaraktorisirt durch kleine, schuppende, leicht gefärbte, 
juckende, unregelmässige Flecke, welche die Grösse eines 
Fingernagels nicht überschreiten, sehr zahlreich und dicht 
beisammenstehen, jedoch stets durch eit» Intervall gesunder 
llaut von einander geschieden sind. Er spricht dann von 
der Ausbreitung des Proeessos, von dessen Dauer, und 
meint, dass die Krankheit häufig in der warmen Jahres¬ 
zeit zu beobachten sei und hauptsächlich bei Weibern und 


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lieber Pityriasis rosea (Gibert). 


133 

jungen Individuen, die eine weisse, feine, zarte Haut haben, 
vorkomme. 

Von französischer Seite mehrten sich in der Folgezeit 
sehr rasch die Mittheilungen über diese Krankheit, und 
zugleich wurde, da unterdessen Kaposi sich für die Identität 
der Pityriasis rosea mit Herpes tonsurans maculosus (Hebra) 
ausgesprochen hatte, von den französielien Autoren mit Nach¬ 
druck betont, dass man es bei dieser Affection mit keinem 
Parasiten, am allerwenigsten aber mit Trichophyton tonsurans 
zu thun habe. So leugnet Vi d a 1 7 ) die parasitär Natur, indem 
er die Affection für einen erythematösen Proeess erklärt, ebenso 
Chapart, 1 ’) der den Namen roseola squamosa in Vorschlag 
bringt, Fournier,' J ) der gelegentlich einer Krankendemonstra¬ 
tion den Zusammenhang von P. r. mit Herpes tonsurans macu¬ 
losus in Abrede stellt; ihm ist bisher kein Parasit als Erreger 
bekannt, er hält die Krankheit für ein nicht contagiöses 
Erythem. Ebenso konnte Moingard 10 ) keinen Parasiten als 
Ursache auffinden, nach ihm ist die Erkrankung ein wirkliches 
acutes Exanthem, das plötzlich ohne bekannte Ursache auftritt, 
nicht recidivirt und einen cyklischen Ablauf zeigt; von den ge¬ 
wöhnlich als acute Exantheme bezeichneten Affectionen unter¬ 
scheide sich die P. r. durch ihre relativ sehr geringe Allge- 
meinreaction und durch die günstige Prognose. B r o c q a ) be¬ 
hauptet mit Bestimmtheit, dass, wenn bei der P. r. überhaupt 
ein Parasit als Erreger in Frage komme, derselbe sicher nicht 
das Trichophyton tonsurans sein könne. Besnier und D o y o n 1 ) 
bezweifeln gleichfalls die parasitäre Natur und schliessen das 
Trichophyton als Krankheitserreger mit voller Gewissheit aus. 

Dem gegenüber behauptet Kaposi ,l ) auch noch in der 
letzten Auflage seines Lehrbuches, dass P. r. und Herpes 
tonsurans maculosus identische Processe seien, und dass es nur 
an der „Schwierigkeit des Nachweises der Pilze“ gelegen sei, 
dass die Autoren noch immer nicht von der mycotischen 
Natur des Leidens überzeugt seien. 

Da die neue Pilzfärbungs-Methode von Waelsch 12 ) be¬ 
züglich des Favus und Herpes tonsurans so ausserordentlich 
deutliche Bilder geliefert hatte, so lag es nahe, diese Methode 


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T and! <_• r. 


i:'»4 


auch bei der Pityriasis rosea beliuts eventuellen Pilz nach weises 
zu verwenden. 

Ehe ich aber auf meine in dieser Richtung angestellten 
Untersuchungen des Näheren eingehe, möchte ich noch einige 
einschlägige Literaturangaben anführen, die sämmtlich gegen 
die Anschauung von Kaposi sprechen. 

Von italienischen Autoren haben weder Barduzzi ia ) 
noch M. Oro und L. Mosca 14 ) Trichophytonpilze in den 
Herden nachweisen können, beide halten vielmehr die Erkran¬ 
kung für keine Pilzatfection, sondern für einen erytliematösen 
Proccss, für welchen Barduzzi la ) den Namen roseola pityriaca 
vorschlägt. 

Von deutschen Forschern sei erwähnt, dass Bohrend 1 -’) 
bei der P. r., die er für einen von dem llerpes tonsurans 
maculosus (Hebra) ganz verschiedenen Proccss hält, und den 
er als Roseola furfuracea herpetiformis l)ezeiclinen möchte, 
niemals Pilze gefunden hat, ebenso Köbner, ir, j der in einer 
Sitzung der Berliner dermatologischen Vereinigung im 
Jahre LSäO auf seine stets negativen Resultate betreffs 
Pilzuntersuchungen bei P. r. hinweist, welche Angaben 
B ehrend in derselben Sitzung abermals nur bestätigen 
kann. Ben gleichen Standpunkt vertreten dann auch noch 
Unna, 17 ) lsaac 1s ) und Lassaiy’) welch" letzterer sich folgen- 
dermassen äussert: „Während bei der Pityriasis versicolor und 
beim Herpes tonsurans die mikroskopische Untersuchung niemals 
im Stiche lässt, ist in den Schuppen der Pityriasis rosea mit 
den üblichen Methoden kein charakteristischer Eadenpilz zu 
entdecken. Banz pilzfrei ist die erkrankte Hautoberflache ebenso 
wenig wie die gesunde*; einzelne Sporen, Pilzfäden und Coccen 
werden stets anzutreffen sein.“ 

Am 4. deutschen Bermatologen - Uongresse wurde von 
Pick 10 ) gelegentlich seines Vortrages „Heber den augenbbek- 
lichen Stand der Dermatomyeosen-Lolire“ auch der Pityriasis 
rosea Erwähnung gethan, und von ihm dabei die ganz bestimmte 
Meinung ausgesprochen, dass letztere Erkrankung nicht identisch 
sei mit Herpes tonsurans maculosus, dass vielmehr beide ge¬ 
trennte Krankheitsformen darstellen, und dass bei der P. r. 
der Pilznachweis niemals gelinge. Dieser Auffassung Picks 


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Uebcr Pityriasis rosea (Gibert). 


135 

schlossen sich in der nachfolgenden Discussion auch N e i s s e r 
und Jadassoh n 21 ) an, die beide hei der P. r. stets vergeb¬ 
lich nach Pilzen gesucht haben. 

Wenn ich nun, trotzdem so ziemlich alle Autoren gegen¬ 
wärtig darüber einig sind, dass die Pityriasis rosea nicht durch 
das Trichophyton hervorgerufen werde, und ihre parasitäre Natur 
überhaupt noch zweifelhaft sei, meine eigenen, zu demselben 
Resultate gelangenden Untersuchungen der Oetfentlichkeit über¬ 
gebe, so geschah dies aus dem Grunde, weil mittlerweile auf 
unserer Klinik von Waelsch ,3 j eine Färbemethode ausge¬ 
bildet wurde, die bezüglich Pilzfärbung so klare Bilder lieferte, 
dass ein Uebersehen des Pilzes, sei es in Schilpen oder inGe- 
websschnitten, geradezu als unmöglich bezeichnet werden muss, 
wovon wir uns bei der Untersuchung verschiedener, unzweifel¬ 
haft mycotiseher Processe vielfach überzeugen konnten. 

In sämmllichen 11 zuletzt beobachteten Fällen von P. r., 
sowie auch schon bei früheren Gelegenheiten, im ganzen dem¬ 
nach bei etwa 20 Fällen, wurden die mittelst scharfen Löffel 
von den einzelnen Efflorcseenzen abgelösten Schuppen nach 
der oben erwähnten Methode gefärbt, in den meisten der Fälle 
von den Schuppen Culturen angelegt, und in 5 Fällen je eine 
typische Efflorescenz excidirt und zu weiteren histologischen 
und bakteriologischen Zwecken verarbeitet. 

Die Ergebnisse dieser Untersuchungen sind folgende.: 

A. Untersuchung der Schuppen. 

Dieselben wurden bei deutlich ausgebildeten Efflores- 
eenzen verschiedener Dauer mit dem scharfen Löffel von ihrer 
Unterlage abgelöst, wobei man eine auffallende Feinheit der 
Schuppen constatiren konnte, und nach der oben genannten 
Art und Weise gefärbt. In den gefärbten Schuppen fanden sich 
in vielen gar keine Pilzelemente vor, in manchen nebst Staphylo- 
coccen vereinzelte Sporen-Häufchen, sowie auch einzelne Sporen, 
ein Befund, wie man ihn auch normaler Weise zu machen öfter 
Gelegenheit hat. Niemals aber sahen wir in den Schuppen 
typische Fäden des Trichophyton - Pilzes. Der Forderung 
Kaposi's, 11 ) dass man die 2.—3. Woche des Verlaufes ab- 
warten müsse, um Pilze zu finden, war dadurch von uns Rech- 


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Tändle r. 


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nung getragen worden, dass erstens ven Herden, die sich in 
verschiedenen Stadien der Entwicklung befanden, Schuppen ab¬ 
genommen wurden, und dass zweitens diese Procedur des 
öfteren während des Krankheitsverlaufes vorgenommen wurde, 
stets mit demselben negativen Resultate der Untersuchung. 

Uebrigens berichtet Riehl, 22 ) dass es ihm während seiner 
Assistentenzeit bei Kaposi bei den zahlreichen Fällen von 
Herpes tonsurans maculosus, den er für identisch mit der P. r. 
hält, niemals gelungen sei, Pilze aufzufinden. 

B. Bakteriologische Untersuchung der Schuppen. 

Mit einer genügenden Menge derselben wurden in den 
meisten Fällen von P. r. nach dem Verfahren von Kral mittelst 
der üblichen Nährböden Cultnren angelegt und diese im Brut¬ 
schränke stehen gelassen. Während nun in einem jeden bak¬ 
teriologisch untersuchten Falle von Herpes tonsurans nach etwa 
3—4 Tagen in den Plattenculturen charakteristische, gegliederte 
Fäden zu sehen sind, die deutlich ihre Entstehung aus einer 
Spore erkennen lassen, blieben die mit P. r.-Schuppen be¬ 
schickten Platten — abgesehen von vereinzelten Staphylocoecen- 
Colonien — stets steril. Die vorher bei der mikroskopischen 
Untersuchung der Schuppen erwähnten Sporen gingen weder 
in Agar- noch in Gelatineplatten auf. 

C. Untersuchung der excidirten Hautstückchen. 

In fünf klinisch vollständig sichergestellten Fällen wurde je 
eine typische Efflorescenz unter Cocainanästhesie excidirt; die 
Anwendung des Aethers als locales Anaestheticum wurde ab¬ 
sichtlich vermieden, um nicht irgendwie störend oder schädigend 
auf die Oberfläche der zu excidirenden Efflorescenz einzu¬ 
wirken. Die excidirten Hautstückchen wurden theils in Alkohol, 
theils in 10°| 0 Formol-Alkohol fixirt und gehärtet, die zu 
histologischer Untersuchung bestimmten Schnitte mit Häniato- 
xylin und verschiedenen Carmin-Farbstoffen gefärbt, während 
ein anderer Theil der Schnitte, immer etwa 20—40 derselben 
zum Nachweis eventuell vorhandener Pilze nach der Methode 
von W a e 1 s c h weiter behandelt wurde. 


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Feber Pityriasis rosea (Gibert). 


137 


Die histologische Untersuchung der Schnitte ergab: Die 
Hornschichte intact, hie und da eine leichte Aufblätterung der 
einzelnen Lagen, niemals jedoch eine bläschenförmige Abhebung 
oder Rundzellen-Ansammlung an irgend einem Punkte des 
Stratum corneum. 

Das Stratum granulosum überall deutlich sichtbar, nichts 
abnormes zeigend. 

Das Rete Malpiglii von gewöhnlichen Dimensionen, 
die Kerne der Epithelien in allen Zellagen gut gefärbt, die 
Zellen selbst nicht verändert, zwischen denselben spärliche 
Leukocyten, die sich nur an den der Peripherie des Herdes 
entsprechenden Stellen etwas dichter angehäuft finden, doch 
weist diese Ansammlung nirgends erheblichere Grade auf. 

In der Cutis finden sich im oberen Theile derselben 
deutliche Entzündungserscheinungen: Erweiterung der Gefässe, 
dieselben dicht angefüllt mit Blutkörperchen, was besonders 
schön an den in Formol-Alkohol fixirten Präparaten zu sehen 
ist, ferner reichliche Ansammlung von Rundzellen um die 
Gefässe, sowie auch in den Gewebsspalten der Cutis, deren 
Faserzüge aufgelockert erscheinen. Obzwar diese entzündlichen 
Erscheinungen ganz besonders in der Pars papillaris am 
stärksten entwickelt sind, so sind doch auch die tieferen 
Partien des Derma, wenn auch in geringerem Grade, an der 
Entzündung betheiligt, indem auch hier noch die Lymphgefäss- 
spalten mit Leukocyten erfüllt erscheinen. Die übrigen Gebilde 
der Cutis zeigen keine Veränderung gegenüber der Norm. 

In den nach oben erwähnter Methode behufs Pilz-Nach¬ 
weis gefärbten Schnitten finden sich in den meisten derselben 
überhaupt keine Pilzelemente vor, in einigen wenigen Schnitten 
erscheinen einzelne Haarfollikel, manche derselben sogar sehr 
dicht erfüllt mit Häufchen eng beisammen liegender Pilzsporen, 
welche durchschnittlich ‘2.6—3.6 Mikron im Durchmesser betragen, 
und von denen die meisten Kreisform aufweisen. Ob diese 
Sporen mit den in den Schuppen gefundenen identisch sind, 
will ich nicht entscheiden, letztere scheinen mir nämlich etwas 
kleiner zu sein. Desgleichen lasse ich es dahingestellt, ob die von 
Met ton 23 ) in Schuppen von P. r. beschriebenen Sporen ohne 
Mycelien dieselben sind wie die von mir gefundenen. 


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T a n d 1 u r. 


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Obgleich nun an einzelnen Stellen diese Sporen längs 
des Haares ziemlich tief in den Haarfollikel herabreichen, so 
ist doch nichtsdestoweniger die entzündliche Reaction von Seiten 
des Nachbargewebes eine sehr geringe; man vergleiche damit 
nur die mächtige folliculäre und pcrifolliculäre Infiltration beim 
Herpes tonsurans, dessen Pilze in Schnittpräparaten auch ein 
ganz anderes Aussehen haben, als die oben erwähnten Sporen. 

Ausserdem ist dieser Sporenbefimd kein constanter; in 
den 5 fallen, bei denen Klflorescenzen excidirt wurden, fanden 
sich viermal solche Sporen vor, und da nur in verhältniss- 
miissig wenigen Schnitten; in dem fünften Falle fanden sich 
dagegen, auch sehr spärlich, hie und da im Stratum corneuin 
liegende kurze, spindelförmige Anschwellungen zeigende Pilz- 
fäden. 

Daraus geht unzweifelhaft hervor, dass es sieh bei beiden 
Pilzarten, die sieh da in den Schnitten bilden, um einen ganz 
bedeutungslosen Xebenbefund handelt, und, dass man diesem 
so spärlich, und nicht einmal in einem jeden Falb' nachweis¬ 
baren Pilze keine ätiologische Reden tu ng zuzu schreiben ver¬ 
mag, liegt wohl auf der Hand. 

Aus diesen Untersuchungen resultirt also, dass die P. r. 
durch das Trichophyton tonsurans nicht hervorgerufen ist, 
mithin beide Krankheiten nicht identische Proeesse darstellen 
können, wie dies bereits Pick 11 *) hervorgehoben hat. Fs 
gibt einen Herpes tonsurans maculusus (llebra), durch 
das Trichophyton erzeugt, das man in den Herden auch 
deutlich naehzuweisen in der Lage i>t. Wir selbst konnten erst 
vor nicht gar langer /eit einen solchen Fall bei einem jugend- 
lieben weil)liehen Individuum beobachten, welches an beiden 
Händen eine auf Pilze sehr verdächtige Nagelaffection auf¬ 
wies. Ehe noch die Untersuchung der abgelösten Nagelparti¬ 
kelchen abgeschlossen war, entwickelten sich bei der Patientin 
mehrere linsen- bis hellergrosse, blassrothe. sehr gering in- 
tlltrirte. kreisförmige Fflloresceiizen in den oberen Rücken¬ 
partien, welche Herde nach kurzem Restande leichte Schuppung 
im ('entmin zeigten. Sowohl in diesen Schuppen als auch in 
den Nägeln wurde typischen Trichophyton tonsurans-Pilze ge¬ 
funden. 


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Original ftom 

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Leber Pityriasis rosea (Gibert). 


131) 


Andererseits existirt aber auch die Pityriasis rosea 
( 0 i b e r t) als selbständige Krankheitsform, für deren myko¬ 
tischen Ursprung wir bisher keinen Anhaltspunkt haben; der 
ganze Krankheitsproeess scheint vielmehr ein erythematöser zu 
sein, der Weg der Uebertragung ist demnach kein ectogener 
wie bei einer Mycose, sondern ein innerer, worüber wir freilich 
bisher nichts Genaueres wissen. 

Da die Erkrankung also keine Pilzatl'ection darstellt, 
wäre es wünschenswert!!, den Ausdruck Mycosis rosea für diese 
Krankheit ganz fallen zu lassen und bei dem von Gibert 
gewählten Namen Pityriasis rosea zu bleiben. 

Zum Schlüsse erfülle ich die angenehme Pflicht, meinem 
hochverehrten Lehrer Herrn Professor P i c k, für die Anregung 
zu dieser Arbeit sowie für die freundliche Unterstützung 
während derselben meinen wärmsten Dank auszusprechen. 


Literatur. 

1. E. Besnier, A. Do von. Pathologie et traitement des rnaladies 
de la peau par le proT. Kaposi: appendice des traducteurs. Paris 1891. 

2. Broeq. Note sur la plaque primitive du Pityriasis rose de Gibert. 
Annales de Dermatologie et de Syphiligraphie. 1887 p. <115. 

3. Feulard. Bulletin de la societe Trane. de Dermatologie et de 
Syphiligr. Sitz. v. 12. März 1891. Anu. de dermat. et de syphiligr. 1889. 

4. Besnier. Ibidem. 

5. Lassar. Ueber die Natur der Pityriasis rosea. Deutsche medic. 
'Woehenschr. 1892. Nr. 21. 

G. Gibert. Traite pratique des rnaladies de la peau. Paris 1860. 

7. Vidal. Du pityriasis. Legon recuuiliie et redigee par de Beur- 
mann. 1877. 

8. Cb apart. La roseole squameuse dans ses diverses Torraes. These 
de Paris. 1885. 

9. Fon r ui er. Pityriasis rose. Bulletin de la soc. Trane, de derma- 
tologie ct de syphiligr. Sitzung vom 29. Nov. 1888. Annales de dermat. 
et de syphiligr. 1889. 

10. Moingeard. Bulletin de la soc. Trane, de denn, et de sypliil. 
Sitz. v. 12. März 1891. Ann. de denn, et de syphiligr. 1889. 

11. Kaposi. Pathologie u. Tlier. der llautkrankh. Wien 1693. 

12. W aelsch. Zur Anatomie des Favus. Archiv T. Dermatol, und 
Syphilis. 1895. Bd. 81. 


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140 


Tandler. 


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13. Barduzzi. Roseola pitiriaca (Pityriasis rosea di Gibert). Giorn. 
ital. delle mal. ven. e della pelle 1889, 1. Refer. im Archiv f. Dermal, 
u. Syphilis. 1890. Bd. 22. 

14. M. Oro e L. Mos ca. Sulla Pityriasis rosea de Gibert. Siena 1891. 

15. Behrend. Ueber Pityriasis rosea (Gibert), maculata et circin- 
nata (Bazin). Berl. klin. Wochenschrift. 1881. Nr. 38. 

16. Ivöbner. Ueber P. r. in der Berliner dermatol. Vereinigung. 
Sitz. v. 6. Mai 1890. Refer. im Archiv f. Dermat. u. Syph. 1891. 

17. Unna. Histopathologie der Hautkrankheiten. Berlin 1894. 

18. Isaac. Ueber P. r. in der Berl. derm. Vereinigung. Sitzung 
vom 2. Feber 1892. Refer. im Archiv f. Derm. u. Syph. 1892. Bd. 24. 

19. Pick. Der augenblickliche Stand der Dermatomycosenlehre. 
Verhandl. der deutschen derm. Ges. IV. Congress in Breslau. 1895 p. 57. 

20. Neisser. Discussion zu obigem Vortrag. Verhandl. des IV. 
deutschen Dermatologen-Congresses in Breslau. 1895. 

21. Jadassohn. Ibidem. 

22. Riehl. Ibidem. 

23. Met ton. Pityriasis rose. These de Paris. 1878. 


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Ueber das erste und zweite Stadium der 
Alibert’schen Dermatose (Mycosis fun- 

goides). 

Von 

Prof. Xillkasiewicz in Innsbruck. 

(Hierzu Taf. VII.) 


Die zuerst von Alibert 1 ) in den dreissiger Jahren bei 
einem Fall mit rundlichen knolligen Geschwülsten der Haut 
(vorwiegend des Gesichtes) beschriebene Erkrankung wurde 
von demselben wegen des pilzartigen Aussehens der Tumoren 
„Mycosis fungoides“ genannt. 

Dieser Name steht mit unseren gegenwärtigen patholo¬ 
gischen Begriffen im Widerspruche. Er ist sogar geeignet zu 
Missverständnissen Anlass zu geben, weil er die parasitäre 
Natur der Erkrankung voraussetzt. Dadurch würde sich diese 
Affection an andere Dermatosen mit bereits erforschter Aetio- 
logie anreihen. Aus dem Grunde haben verschiedene Autoren 
die Krankheit mit verschiedenen Namen belegt. (Beerschwamm¬ 
ähnliche multiple Papillargeschwülste, K ö b n e r, 2 ) entzündlich 
fungöse Geschwulstform, Geber. 3 ) Lymphadenie cutanee, G i 1- 

*) Monographie des Dermatoses. Paris 1832 p. 425. 

2 ) Klinische und experimentelle Mittheilungen aus der Dermatologie 
und Syphilidologie. Erlangen 18(54 p. 37. 

s ) Ueber eine entzündliche fungöse Geschwulstform der Haut. Arch. 
f. klin. Med. XXI. 1878 p. 290. 


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lot-Ilanvier, 1 ') Granuloma fungoides, Auspitz). 2 ) Es wurde 
auch auf dem 2. internationalen Dermatologen-Congresse 3 ) die 
Aenderung der Bezeichnung „Mycosis fungoides“ 1 angeregt 
(Paltauf), ohne dass irgend ein diesheziiglichor Vorschlag ge¬ 
macht worden wäre. Die Bezeichnung „Alibert'sche Der¬ 
matose“ erscheint nun. um allen Missverständnissen vorzu¬ 
beugen und um das Prioritätsrecht des ersten Bearbeiters der Er¬ 
krankung zu wahren, am meisten geeignet. Es wäre erwünscht, 
dass dieser Name von den Fachautoren allgemein angenommen 
werde. 

Die Geschichte und Literatur dieser Dermatose ist be¬ 
reits in den einschlägigen Publicationen so oft ausführlich er¬ 
örtert worden, dass auf dieselbe noch einmal einzugehen über¬ 
flüssig erscheint. 

Das Wesen der Erkrankung ist, obwohl sie Gegenstand 
so zahlreicher Bearbeitungen gewesen ist. noch nicht genügend 
aufgeklärt. Das klinische Bild wurde festgestellt, die Kennt - 
niss der anatomischen Beschaffenheit zwar erweitert, jedoch 
lange noch nicht erschöpft. 

Man hält gegenwärtig, von der ohne jedes Vorstadium 
sich entwickelnden Tumorenform 'd'embleo Vidal) abgesehen, 
an den vier Stadien der Alibert'schen Krankheit fest. Das 
erste Stadium entspricht den eczemartigen Herden (I. St, Ka¬ 
po si's), das zweite den knoten- und buckelförmigen Infiltraten 
(II. St. Kapo si's, St. infiltrationis Köhner's, Periode liche¬ 
noide Bazin's), das dritte den rasch wachsenden Tumoren (III. 
St. Kaposis, l'loritionsstadium) und der vierte der Cacliexie 
(IV. St. der Autoren). 

In den meisten Publicationen haben die frühen (I und II) 
Stadien der Krankheit wenig Würdigung, besonders in ana¬ 
tomischer Beziehung erfahren. Am ausführlichsten wurde 


‘) Gillot. Etüde 8ur une atfeetion de la peau deerite sous le nont 
de mycosis fungoide (Lympliadenie cutanee). l’aris 1800. These d. doctorat. 

5 ) System der Hautkrankheiten. Wien 1881. — Z i e m ss en s Haudb. 
XIV. Bd. Allgem. Nosologie der Haut p 217. — Ein Fall von Granuloma 
fung. Vierteljahrschrift f. Denn. u. Svph. 1885. 

*) Bericht über die Verhandlungen des II. intern. Derm.-Congr. — 
Paltauf. Ueber lymphatische Neubildungen der Haut p. 150. 


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Ueher das erste u. zweite Stadium der Alibert’sclien Dermatose. ] 43 


bisher das Gescliwulststadium bearbeitet. Auch die mir be¬ 
kannten, von Pal tauf (1. c. p. 114—15(i) auf dem genannten 
Congresse erörterten Wiener Fälle kamen mit vorgeschrittenen 
Geschwulsterscheinungen zur Beobachtung. Unter den neueren 
Arbeiten über diesen Gegenstand enthält bloss die von P li i- 
lippson 1 ) Angaben über die anatomischen Befunde der frühen 
Krankheitsveränderungen. 

Ich habe in Innsbruck gleichfalls Gelegenheit gehabt, 
einen typischen Fall von A1 i b e rt’scher Krankheit mit den, 
zwei ersten Stadien entsprechenden, Erscheinungen zu be¬ 
obachten und eingehend zu untersuchen. Es ist der erste in 
Tvrol beobachtete Fall. Es soll vor Allem berichtet werden: 

ft/ 

über die Krankheitsgeschichte und den klinischen Verlauf des 
Falles, wobei sich bereits unter Zuhilfenahme des Sectionsbe- 
fundes Gelegenheit bieten wird, die Diagnose des Falles als 
einer Alibert’schen Dermatose festzustellen. In einem zweiten 
Abschnitte werde ich dann über die Ergebnisse der mikrosko¬ 
pischen Untersuchung, über das Verhalten der Haut in den 
frühen Stadien der Erkrankung berichten, um schliesslich die 
Eigenart des bei der Alibert’schen Dermatose sich in der 
Haut abspielenden Proccsses darzulegen. 

J. L., 46 J. alt, Taglöhner aus Flaas bei Bozen, Witwer, kinderlos, 
gibt, an, aus einer gesunden Familie zu stammen und als Kind Blattern und 
Masern Überstunden zu haben. Er soll sonst immer gesund gewesen sein ; 
erst vor 6 Jahren fiel ihm auf, dass an den Fingern und Vorderarmen 
Hautaufsehürfüngen und Pusteln rceht oft auftraten. Er führte dies auf die 
Läsionen der Haut bei der Arbeit zurück. Später entwickelten sich diese 
Erscheinungen spontan unter Kurunkelbildung am Halse und Rücken. Zu 
dieser Zeit fühlte sich der Patient matt und abgeschlagen. Nach Heilung 
der Furunkeln soll der Gesundheitszustand ein Jahr hindurch ganz normal 
gewesen sein. Vor drei Jahren trat am Halse ein stark juckender Knöt¬ 
chenausschlag auf, welcher sich später über Rücken, Brust und Bauch 
ausdehnte. Trotzdem der Kranke ärztliche Hilfe gesucht hatte, besserte 
sicii sein Zustand nicht, ja es bildeten sich im Gegentheile immer mehr 
juckende Knötchen, welche mit der Zeit nässten und sich mit Krusten 
bedeckten. 

Vor 2 Jahren wurden ebenfalls die bis dahin freien Ober-Arme und 
Schenkel befallen. Die Anfangs kleinen Knoten vergrösserten sich peripher 


*) Zwei Fälle von Mvcosis fungoides. Berl. klin. Wochenschr. 1892 
p. 975. Nr. 39. 


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und confluirten mit einander. Dabei stellte sieh ein Schwächezustand ein, 
den der Patient mit Nacbtschweissen in ursächlichen Zusammenhang brachte. 
Vor etwa einem Jahre erkrankte auch die Haut der Unterschenkel. Nach 
einer „14wöcheiitliehen Kneippeur“ verschlechterte sich der Zustand des 
Patienten dermassen, dass derselbe gezwungen war, die Klinik aufzusu- 
chen. Bei der Aufnahme constatirte ich folgenden Zustand: 

Der grosse, schlanke, gealterte Mann von gebeugter Haltung ist 
stark abgemagert. Die normale Haut ist (besonders im Gesiebte) auffal¬ 
lend blass. Uebcr der Stirne und den Schläfen befinden sich ausgedehnte, 
unregelmässig begrenzte, nur wenig normale Haut lassende, rötbliche, 
leicht über das Niveau erhabene, teigig derbe Plaques. Ihre Oberliäclie 
ist theils abschilfernd, tlieils nässend und mit weissgelbliehen Krusten 
bedeckt. Hie und da erscheinen sie von blutigen Khagaden durchzogen. 
Wangen und Kinn sind fast ganz frei. In der Mitte des Nasenrückens 
und an der linken Nasolabialfalte sieht man etwa kreuzergrosse, flachere 
Herde von beschriebener Beschaffenheit. Uebcr den Jochbeinen und der 
Parotis sitzen derartige kleine Plaques zerstreut. 

Im Bereiche der behaarten Kopfhaut, besonders in ihrem hinteren 
Theile, sitzen halbkugelförmige, stellenweise nässende, hie und da mit 
dünnen Krusten versehene, mit der Haut verschiebbare, recht derbe Vor¬ 
wölbungen dicht nebeneinander. »Sie sind erbsen- bis taubeneigross und 
zum grössten Theil mit Haaren so vollkommen bedeckt, dass sie erst bei 
der manuellen Untersuchung als Knollen und Hügel in der Kopfhaut auf¬ 
fallen. An den Ohren befinden sich ausgedehnte, rotlie, nässende Flecke. 
An dem breiten und dicken Halse findet inan beiderseits zerstreute, circa 
halbkreuzergrosse, rüthliehe, deckenartige Infiltrate mit zumeist normaler 
Oberhaut. Einzelne unter ihnen sind nässend oder mit zarten Krüstchen 
bedeckt. Weiter fallen die geschwellten, durch die dünne Haut vorra- 
genden, bis bohnengrussen ziemlich derben Lymphdnisen der seitlichen 
und hinteren Halsgegend auf. Noch grössere solche Drüsenschwellungen 
befinden sieh in der Fussa siipraclavicularis. Brust und Bauch sind mit 
blassrothen, wenig erhabenen, hulbkreuzer- bis kruiiensiüekgrossen, massig 
derben Plaques besäet. Dieselben sitzen entweder zerstreut oder con- 
Huiren. Die meisten schuppen, nur wenige nässen, oder sind mit Krusten 
bedeckt. 

Beide Brustwarzen sind vergrössert, ähnlich wie ihre nächste Um¬ 
gebung von derber (.'unsistenz und mit dicken Krusten besetzt. Nach 
Entfernung der letzteren tritt eine rotlie, nässende, stellenweise drüsige 
Fläche zum Vorschein, welche sich derb anfühlt und von Einspringen 
durchsetzt erscheint. 

Der Nabel zeigt ähnliche Veränderungen und erscheint dadurch 
vorgetrieben. 

Am Kücken befinden sich in der Scnpulargegend beiderseits etwa 
flaehhandgros.se, mehr erhabene, vorwiegend trockene Infiltrate. Stellen¬ 
weise sind sie mit Krusten bedeckt und von Kliagaden durchsetzt. Von 
diesen Infiltraten nach abwärts sitzen zahlreiche kleinere und grössere 


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Ueber das erste u. zweite Stadium der AliberCschen Dermatose. 145 


zerstreute Plaques. Dagegen ist das Lenden- und Kreuzbeingebiet wie 
von einer einzigen mächtigen Kruste bedeckt. Die Haut unter derselben 
erscheint roth, nässend und diffus teigig-derb infiltrirt. 

Neben den beschriebenen Erscheinungen findet man am Stamme 
(besonders unterhalb der Brustwarzen) mehrere, leicht schuppende, dunkel 
pigmentirte Hautstellen vor, von denen einzelne blassweisse, glänzende, 
unter dem Niveau sitzende, flache Hautpartien (Narben) einschliessen. 
Dieses Symptom entspricht (wie das auch während der weiteren Beobach¬ 
tung constatirt werden konnte) der Rückbildung von Tlaques und ist 
über beiden Thoraxseiten besonders stark ausgeprägt. 

Des Weiteren sind vielfach, parallel nebeneinander laufende, ältere 
(pigmentirte) und frische Kratzeffecte am Stamme wahrzunehmen, welche 
das Vorhandensein des Juckgefühles beweisen. 

Ueber den oberen Extremitäten sind die meisten Erkrankungsherde 
an der Streckseite und zwar am mächtigsten in der Ellbogengegend ent¬ 
wickelt. Nur “wenige Plaques findet man an der Beugeseite und den 
Fingerrücken vor. 

Die Scrotalhaut ist ziemlich gleichmässig verdickt und wulstig 
gefaltet. Die Penishaut bietet kleine, unregelmässige, rothe, nässende 
Hautstellen dar. 

Die Vorderfläche der Oberschenkel ist mit diffusen Erkrankungs¬ 
herden beetartig so besetzt, dass nur kleine Inseln von normaler Haut 
'wahrzunehmen sind. Diese Herde sind meistentheils mit dicken Krusten 
bedeckt, stellenweise nässend und roth. Die mächtigsten Krusten sitzen 
über der diffus derb infiltrirt en, höckerigen Haut beider lvniee. Im Gegen¬ 
satz dazu ist die Haut der Kniekehlen normal. Ziemlich diffus, wenn 
auch nicht in so hohem Grade wie die Haut der Kniee ist jene der Unter¬ 
schenkel ergriffen. Sie ist zumeist mit Krusten und Borken bedeckt, 
steilenweise roth, nässend und im Ganzen nur massig infiltrirt. Ueber 
den Fussriieken sitzen vereinzelte Plaques. Die Beugeseiten der unteren 
Extremitäten zeigen durchwegs kleinere, den am Stamme beschriebenen 
ähnlich veränderte Hautstellen. 

Die Cutis kann allenthalben normal verschoben werden. 

In beiden Leisten sind durch die normale Haut hindurch ver¬ 
schiebbare, bis haselnussgrosse, derbe Lymphdrüsen durchzufühlen. Die 
zugänglichen Schleimhäute sind blass, sonst aber normal. Die Knochen 
auf Druck nicht empfindlich. 

Die Untersuchung der inneren Organe ergibt eine Dämpfung mit 
tympanitischem Beiklang, abgeschwächtes AtInnen und feuchte Rassel- 
geräüsche über der rechten Lungenspitze (in den oberen vorderen Inter- 
costalräumen am deutlichsten wahrnehmbar); sonst nichts Auffallendes 
über den Lungen. Herzdämpfung klein, Herztöne dumpf. Milzdämpfung 
im 9. Intercostalraume nur angedeutet überschreitet nach vorne die 
Linea costoarticularis nicht. Sonst ist in den inneren Organen nichts 
Abnormes nachzuw T eisen. 

Archiv f. Dormaiol. u. Syphil. Band XXXVII. io 


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Das unter gewöhnlichen Cautelen dem Ohrläppchen entnommene 
Blut erscheint blässer. Der mittels des Fleischlichen Hämometers be¬ 
stimmte Hämoglobingehalt z: 60. Die Untersuchung der nach Ehrlich 
gefärbten Deckgläschenpräparate (Aurantia Eosin Indulin) ergab fol¬ 
gende Veränderungen der morphologischen Bestandteile: 

Rothe Blutkörperchen: Auffallend viele schattenförmige, die 
fast gar keinen Farbstoff* angenommen hatten. Verschiedenheit in der 
Grösse u. zw. viele Zwergblutkörperchen. Diese letzteren sind tlieils wohl¬ 
geformt, theils sehen sie nur Bruchstücken rother Blutkörperchen 
(Schystocyten) ähnlich aus. Ausserdem ist eine geringgradige Poikylo- 
cytose zu constatiren. 

Dabei bemerke ich, dass ich nur hier diejenigen Stellen der Prä¬ 
parate berücksichtige, welche tadellos ausgestrichen sind und an denen 
die erwähnten Veränderungen mitten unter wohlgeformten Erytrocyten 
sich vortinden. 

Weisse Blut körperchen: Eine mässige Leukoeytose, bedingt 
durch die Vermehrung der polvnueleären Leukoeyten. Sehr wenige Ueber- 
gangsformcn, sehr wenige mononucleiiro Leukocyten, dagegen sind eosino¬ 
phile Zellen gegenüber dem gewöhnlichen Blutbefunde etwas vermehrt, 
Diese letzteren sind ausschliesslich polynucleär. 

Dieser Blutbefund entspricht dem einer secundären Anämie mas¬ 
sigen Grades. 

Im Sputum wurden spärliche Tuherkelbacillen liachgowiesen 
was die Diagnose einer rechtzeitigen tubercu lösen Spitzenatfect ion be¬ 
stätigte. Die llarn-Untersuchung ergab nichts Besonderes. Die Unter¬ 
suchung des Auges mit dem Augenspiegel (Prof. Czermak) constatirte 
eine normale Retina. 

I)cr Kranke verblieb durch ein halbes Jahr in meiner Beobach¬ 
tung. Die Behandlung bestand in einer möglichst roborirenden Diät, in 
der vorsichtigen Darreichung von Arsenik- und Eisenpräparaten (Roncegno¬ 
wasser, Asiatische Pillen, Ferr. oxaliej und in localer Anwendung erwei¬ 
chender, deckender und dabei schonender Sa henverbände (Bor-, Dyachy- 
lotisalbe, Zinkpast i). Durch die letzteren wurden Schuppen und Krusten 
beseitigt. J>arauf traten diffuse rotlio, zumeist nässende, massig bis derb 
intiltrirte Hautpartien zum Vorschein. Y r iele Platjues bildeten sich mit 
der Zeit unter Hinterlassung glatter, atrophischer, weisser Stellen mit 
dunkel pigmentirter Umgebung zurück. Nichtsdestoweniger kamen aber 
auch neue Nachschübe. Dieselben boten rothe, recht bald nach ihrer 
Entwickelung nässende, llerkenartige, immerhin aber massig intiltrirte 
Plaques dar. Die anfangs normale Temperatur stieg oftmals in den letzten 
Monaten vor dem Tode des Kranken an. Es stellte sich ein mitunter 
mehrere Tage anhaltendes, remittirendes Fieber t. bis 69*7) ein. Gerade 
während des Bestandes des letzteren konnte man eine bedeutende Rück¬ 
bildung der Infiltrate beobachten. Inzwischen kamen wieder wochenlange 
Intervallen mit normaler Temperatur vor. Während derselben fühlte sich 
der Kranke relativ wohl und hatte einen guten Appetit. Trotzdem nahmen 


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Abmagerung und Schwäche immer mehr zu. Während dieser Zeit war 
keine bedeutende Zunahme der Leukoevtose zu constatiren. Iu den letzten 
Wochen der Beobachtung stellten sich profuse Diarrhöen ein. Ueberdios 
entwickelte sich an der linken Halsseite ein Hautabscess, der eröffnet 
werden musste. Unter Fortschreiten der Kachexie, Kommen und Gehen 
der erwähnten Symptome trat Kxitus laetalis ein. 

Ehe ich auf die Mittheilung des Sectionsbefundes eingehe, 
stelle ich fest, dass es für mich gleich nach der ersten Unter¬ 
suchung des Kranken wohl keinem Zweifel unterlag, dass die 
beschriebene Hautaffection der A1 iberEschen Dermatose 
angehöre, wenn auch auffällige Geschwulstbildungen vollkommen 
fehlten. Sowohl das chronische Eczem, als auch Pemphigus ve¬ 
getans, die auf den ersten Blick unserem Falle ähnlichsten 
Erkrankungen, waren besonders in Anbetracht der derben halb¬ 
kugeligen Infiltrate der Kopfhaut auszuschliessen. Dagegen 
entsprachen die nässenden und eczemartigen Plaques weder 
dem Bilde einer allgemeinen Hautsarcomatose, noch jenem 
einer Actynomykose oder Lepra, an welche Processe unsere 
Dermatose sonst in mancher Richtung erinnerte. 

Der angeführte Krankheitsbefund weist tlieils eczem artige, 
rothe, schuppende und nässende infiltrirte Plaques, tlieils vor¬ 
springende buckelartige Knoten auf. Die ersteren sind vor¬ 
wiegend im Gesichte, an dem Stamme und den Extremitäten 
localisirt. Sie erinnern an das Eczem bleichsüchtiger Indivi¬ 
duen derart lebhaft, dass man es begreiflich findet, wenn unser 
Altmeister H e b r a bei einem ähnlichen Befunde zu Beginn der 
Erkrankung im A u sp i t z’sehen Falle die Diagnose „Eczema 
papulosum antibrachiorum et faciei cum Anaemia“ gestellt') und 
auf diese Weise dieses Symptom zu einem die Alibert’sche 
Krankheit einleitenden unwillkürlich gestempelt hat. Ich 
möchte hervorheben, dass die von mir beobachteten eczem¬ 
artigen Plaques schon bei ihrer Ent wickelung eine teigig- 
derbe, sie zur Genüge von Eczem unterscheidende Consistenz 
darboten. Sie wichen weiter bei einer Behandlung, welche Ec¬ 
zema zur Rückbildung bringt, gar nicht. Dagegen involvirton 
sie sich spontan mit Hinterlassung von atrophischen, peripher 
pigmentirten Stellen. Nach diesen Erscheinungen ist es richtig, 


’) Auspitz. Kin Fall von Granuloma fun^uides. Vierteljabrsscliriit 
f. Denn. u. Sypli. 1S85 p. 121. 


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das erste Stadium der Krankheit als eczemartig (eczemati- 
forme) zu bezeichnen, da die Plaques ihrem Aussehen nach 
ganz dem Eczema rubrum madidans ähnlich sind. Aus dem 
Grunde erscheint es mir unpassend die Bezeichnung, Stadium 
erythematosum oder Erythrodermie (der französischen Autoren), 
welche nur die rothe Farbe der erkrankten Haut ausdrückt, 
ohne zu berücksichtigen, dass sich vom Anfang an nicht eigent¬ 
liche Flecke, sondern Hach prominirende Infiltrate mit einer 
bald nässenden Oberfläche entwickeln. 

Die vorwiegend im Bereiche der behaarten Kopfhaut vor¬ 
bildlichen, knotenförmigen, recht derben Infiltrate meines Falles 
entsprechen dem zweiten Stadium der Affection. Die auffallend 
derbe Consistenz der, mehr über das Hautniveau erhabenen 
Knoten, rechtfertigt die Köbner’sche Bezeichnung „Stadium 
infiltrationis“, obgleich ja auch nach meiner Beobachtung schon 
im ersten Stadium eine Infiltration massigen Grades allent¬ 
halben vorhanden war. Die letztere hat jedoch bei weitem 
nicht jene Derbheit erlangt, wie sie für das zweite Stadium 
charakteristisch ist. Es waren somit in unserem Falle bloss 
die zwei ersten Stadien der Krankheit vertreten. Stellenweise 
aber gingen sie so ineinander über, dass sie nicht mehr genau 
qualificirbar waren. Dies war besonders in der Brustwarzen- 
und Kniegegend zu sehen. 

Die hochgradige, zum Tode führende Cacliexie (viertes 
Stadium) stellte sich bei unserem Kranken, ohne Vorangehen 
des dritten Stadiums (der eigentlichen Geschwülste) ein. Mög¬ 
licherweise ist diese rasche Entwickelung der Cacliexie auf die, 
nebenbei bestehende tubereulöse Erkrankung, zuriickzuführen. 
Diese Complieation verdient insoferne beachtet zu werden, als 
es selten verkommt, dass sich irgend eine andere Krankheit 
zu der A 1 i herrschen Dermatose gesellt. Im l ebrigen halte 
ich die Tubereulöse in unserem Falle, für eine ganz zufällige 
Nebenerkrankung, welche unabhängig von den Hautverände¬ 
rungen aufgetreten ist. Die vielfachen stationären Lymphdrüsen- 
schwellungen führe ich umsomehr auf die schweren langdau¬ 
ernden Hautläsionen zurück, als diese Schwellungen gerade 
den, am meisten aflieirten Ilautpartien entsprechen. Ich glaube, 
dass ähnlich wie in meinem Falle und in anderen Fällen 


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Ueber das erste u. zweite Stadium der Alibcrt’sclien Dermatose. 149 


(Auspitz 1. c., Geber 1. c., Yidal-Brocq, *) Besnier- 
Hallopeau, 2 ) Amieis, 3 ) Hammer 4 ) u. s. w.) auch bei 
allen Kranken mit lang dauernden und ausgedehnten eczem- 
artigen Veränderungen die Lymphdrüsenschwellungen nicht ver¬ 
misst werden. Das Fehlen des Milztumors und der Schleim¬ 
hautveränderungen vor allem aber die secundäre, auf chronische 
kachectische Störung zurückzuführende Anämie meines Falles 
unterscheidet ihn von der Leukämie und Pseudoleukämie. Aus 
dem Grunde können die Hautveränderungen, wenn sie auch 
den bei Leukämie zuerst von Biesiadecki 5 ) beschriebenen 
nicht unähnlich sind, und mit massigen Lymphdrüsenschwel- 
lungen verbunden waren, als leukämisch nicht aufgefasst werden. 
Gerade so wird keinem Dermatologen einfallen, die oft enorm 
entwickelten Lymphdrüsenschwellungen bei einem Eczema ca¬ 
pitis e pediculis oder die Drüsenpackete bei den Pruriginösen, 
für Erscheinungen einer lymphatischen Leukämie zu halten. 

Von der entschieden als eine selbständige Krankheitsform 
aufzufassenden, von Kaposi 0 ) so scharf präcisirten „Lympho- 
dermia perniciosa“ unterscheidet sich mein Fall schon in kli¬ 
nischer Beziehung deutlich. Es fehlten in demselben, die für 
Lymphodermie charakteristische diffuse teigige Schwellung und 
Verdickung der Haut, sowie des subcutanen Gewebes. 

Die vom Herrn Prof. Dr. Pommer vorgenommene Sec- 
tion ergab folgenden Befund: 

Körper gross, ziemlich kräftig gebaut, in hohem Grade abgemagert. 
Die allgemeine Decke auffällig scheckig, namentlich an den unteren und 
oberen Extremitäten, an der vorderen Brustfläche, in geringerem Grade 
an den seitlichen Flächen des Thorax, am Unterleib und an der Kücken¬ 
fläche, in ziemlich beträchtlichem Grade jedoch auch im Gesichte und 
zwar durch das Vorhandensein von Flecken, welche theils regelmässig 
gestaltet stecknadelkopf- bis hanfkorngross, vielfach linsen- bis bohnen¬ 
gross sind, theils zu buchtigen, unregelmässigen Bildungen von fast Thaler- 

J ) Etüde sur le Mycosis fongoide. France med. 1885. Nr. 79—85. 

'*) Sur les erythrodermies du Mycosis fongoide. Bericht des II. Denn.- 
Congr. Wien 1893 p. 161 — 179. 

*) Contribuzione clin. e anat.-patb. allo st.ud. del. Dermo-Limfo- 
Adenoma fung. Napoli 1882. 

4 ) Mitteilungen aus der Würzburger med. Klinik. 1886. 

Ä ) Leuk. Tumoren d. Haut u. d. Darmes. Med. Jahrb. Wien 1876 p. 233. 

ö ) Med. Jahrb. Wien 1885 p. 129. 


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grosse zusammenfliessen. Im Bereiche dieser Flecken liegt das Corinm 
blutig roth, und gelbbräunlich gefärbt, vertrocknet frei. An zahlreichen 
Punkten betreffen diese Flecken in flacher Ausdehnung nur den Papillar¬ 
körper. Sie sind, durchwegs geglättet, zeigen fast nirgends scharf ab¬ 
fallende Ränder, erscheinen vielfach von Borken bedeckt, so besonders 
an den Unterschenkeln und an den Knien; ferner an den Streckseiten 
der Vorderarme, an den Seitentheilen der Oberarme und der Achselhöhle, 
sowie an der Stirne, wobei auffällt, dass die benachbarte übrige Haut¬ 
decke an den angegebenen Partien ebenfalls in reichlichem Masse mit 
vielfach ziemlich leicht loslösbaren, im Uebrigen jedoch auch festhaftenden 
Schuppenfeldern bedeckt ist. Letztere sind theils dünn, zart und bestehen 
nur aus Epidermis, theils erscheinen sie durch eingetrocknetes Secret 
massig borkig. Am linken I nterschenkel, sowie entsprechend der Hypo¬ 
stase am Rücken ist die Haut diffus blauröthlich gefärbt, während an den 
Streckseiten der Oberschenkel, dann namentlich an der Brust und auch 
am Unterleib auffallt, dass die Haut zwischen den Flecken blass und 
glänzend, geglättet erscheint. In diesem Bereiche lässt sich bei seitlicher 
Verschiebung der Haut eine grobe Faltung des glänzenden Oberhäutchens 
hervorrufen, während an manchen Punkten hingegen: so an der Spina 
ossis il. sup. ant. dextr. ferner auch im Bereiche der massig vorsprin¬ 
genden im Allgemeinen infiltrirtcn Brustilrüsengegend, dann beiläufig in 
der Mitte der vorderen OberschenkelHächc die Haut bei seitlicher Ver¬ 
schiebung eine geringere Faltung ermöglicht, nder in ihr deutlich über 
die Oberfläche beziehungsweise über die benachbarten eingesunkenen 
Flecken hei vorspringende, ziemlich derb anzufühlende Erhebungen auf¬ 
fallen. Der tastende Finger hat vielfach auch an der Stirne, ferner, wie 
.schon angegeben, am Unterleibe, dann in der Hegend d. Mm. peetorales 
das Gefühl, dass in der Haut linsen- bis kreuzergrosse, Hache Einlage¬ 
rungen von derber Consistenz vorhanden sind. In den Seitentheilen und 
an der Hinteriläche des ganzen Körpers rnässige Leichonverlarbungen. 
Die Todtenstarre ziemlich stark entwickelt. Geringe Decubitusverände- 
rungen finden sich in der Steissbeingegeml und in der Gegend beider 
Trocliant ereil. Die Kopfhaare sind graubraun, in dem hinteren Schädel- 
theil beiläufig 5 Utm. lang, in den vorderen Partien spärlicher und kürzer. 
Besonders in den hinteren Theilcn der Kopfhaut- sind knotige Verdickun¬ 
gen fühlbar, dabei dieselben mit zu Feldern zusammentliessenden Borken 
bedeckt. Die Augen tief zurückge>unken, die Pupillen missig und gleich 
erweitert. Der Schnurrbart braunroth, Kinn und Wangen mit spärlichen 
grauschwarzen kurzen Bart haaren besetzt. An den Ohren nebst livider 
Verfärbung ausgedehnte Defecte der Epidennis bemerkbar, denen ent¬ 
sprechend dasUorium freiliegt. Linkerseits, von der Mittellinie des Unter¬ 
kiefers l Cm. entfernt, ist eine etwa 1 '/, Cm. lange, schräge, von unten aussen 
nach oben innen zackig verlaufende, rissige Cuntinuitätsläsioii vorhanden, 
welche durch die ganze Cutis bis in^ Unterhautzoilgewebe durch greift und 
letzteres froilcgt. Am breiten dicken Halse sind wenige I laut Veränderun¬ 
gen bemerkbar. Am gewölbten und dabei ziemlich schmalen Thorax lallt 


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lieber das erste u. zweite Stadium der Alibert’sclien Dermatose. ] 5 J 


besonders der Glanz der Haut in grosser Ausdehnung auf. Der Unterleib 
kahnförmig eingezogen, gespannt. Die dunklen Scharakaare spärlich 
Das Präputium livid-bläulicli gefärbt, etwas geschwollen. An dem fast 
ganz haarlosen Scrotum nebst bläulicher hypostatischer Verfärbung eine 
ziemlich gleichmässige Verdickung der Haut bemerkbar, welche dicke, 
wulstige Falten bildet. Am Penis finden sich in der Haut einzelne kleine, 
theils noch nässende, theils mit Schuppen bedeckte, oberflächliche Sub¬ 
stanzverluste. Unterhalb beider Ligamenta Poupartii, beiläufig in der 
Mitte derselben sind durch die Haut hindurch verschiebbare, etwa halbhasel ■ 
missgrosse, derbe Lymphdriisen durchzufühlen. Die Fusssohlen und Hand¬ 
teller sind frei von den erwähnten Hautveränderungen. Die weichen 
Schädeldecken sind blass, das Schädeldach ist ziemlich geräumig, leicht 
asymmetrisch, indem es von rechts vorne nach links hinten 15 Cm., im 
entsprechenden anderen schrägen Durchmesser 10 V 2 Cm. misst. Seine 
Dicke beträgt vorne 5 Mm., hinten 4 Mm., in den seitlichen Partien 
2 — 3 Mm. Seine Knochensubstanz ziemlich compact; die Nähte noch 
erhalten. Der grosse Sichelblutleiter leer, die Dura mater verdickt; die 
weichen Hirnhäute stark serös durchfeuchtet, von geringem Blutgehalte, 
und an der Convexität, den grösseren Pia-Venen entsprechend verdickt. 
Die Gelasse an der Basis zart ; die Gehirnsubstanz stark durchfeuchtet, 
derb teigig; auf der Schnittfläche sind ziemlich reichliche blutgefüllte 
Venendurelischnitte sichtbar. Die Gehirnrinde sowie die centralen Gang¬ 
lien bis auf leichte graurötkliche Fleekung blass. Sinus transversalis 
leer. Bei Eröffnung der Körperhöhlen zeigt sieh die Haut am Durch¬ 
schnitte sehr trocken, ihre Schnittränder rollen sich ein. Die Musculatur 
blass und mager. Die Brustdrüse auffallend stark entwickelt bis fast 
wallnus gross, weiss, markig. Im kleinen Becken beiläufig 20 Gr. blutig, 
imbibirter seröser Flüssigkeit. Das Zwerchfell steht beiderseits am unteren 
Bande der 5. Rippe. I 11 den Brust räumen SO —100 Grm. einer klaren, 
serösen Flüssigkeit. Die Lungen frei. Im Herzbeutel nur eine geringe 
Menge einer klaren serösen Flüssigkeit. Im Rachen- und Kehlkopfein¬ 
gange in massiger Menge grauweisslicher zäher Schleim angesammelt. 
The Schleimhaut des Kuchens blass über der Uvula und an den Tonsillen 
verdickt. Letztere sind etwa bohnengross, die rechte bindegewebig ver¬ 
dickt, die linke blassroth. Im Oesophagus wenig wässerig-schleimiger 
Inhalt-, seine Schleimhaut im Allgemeinen blass, in den unteren Partien 
leicht geröthet und verdickt. Die Schleimhaut des Kehlkopfes und der 
grossen Bronchien blass. Die Lungen ziemlich gross, die Pleura glatt¬ 
glänzend. Die linke Lunge zeigt starken Blutgehalt und seröse Duivh- 
tränkung und entleert von ihrer Schnittiiäclie reichliche Mengen einer 
feinschaumigen Flüssigkeit, besonders in den hinteren Partien, während 
die vorderen Antheile mehr blass und trocken erscheinen. Ein ähnliches 
Verhalten zeigt die rechte Lunge, in deren Unterluppen der Luftgehalt 
vermindert erscheint; in ihrer Spitze ein beiläufig wallnussgrosser, central 
verkäster Knoten, der von seiner Umgehung durch bindegewebige Ver¬ 
dichtung ziemlich abgegrenzt ist und in seinem unteren Theile eiue Höhle 


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füllrt, die in einen Bronchus ausmündet. Nach abwärts von der Höhle 
finden sich einzelne und gruppenweise zerstreute, kleine Knötchen und 
feinkörnige, prrauröthliche Infiltrate, welche einige stecknadelkopfgrosse 
käsige Knötchen in sich schliessen. In dem Gebiete des Knotens die 
Lungenspitze schwielig eingezogen. Etwas unter ihm ein kleinerer, über 
erbsengrosser, scharf umgrenzter, graugelblicher, ziemlich derber Knoten, 
umgeben von einem grauschwärzlichen, dichten Schwielengewebe. Das 
Herz in beiden Ventrikeln contrahirt, misst 10 Cm. in der Länge und 
Breite, 5 1 /, Cm. in der Dicke. Die Klappenapparate und Ostien 
zeigen bis auf eine knotige Verdickung des freien Randes der Bicuspidal- 
klappe keinerlei Veränderungen. Der Herzmuskel ist im linken Ventrikel 
1 Cm. dick, im rechten 6—8 Mm., braunroth, ziemlich derb und nur 
schwer zerreisslich. Die Intima der Aorta zeigt zwischen den beiden 
Aa. coron. und auch in diese hinein sieh erstreckende endarteritische 
Fleckung. Auch im Brusttheile der Aorta kleine, stecknadelkopfgrosse 
endarteritische Flecken. 

Die Lyniphdrüsen über der Bifurcation der Trachea sind über 
bohnengross und schwielig verdichtet. Die Schilddrüse in beiden Lappen 
etwa hühnereigross von kleinen Adenomknoten eingenommen. In den 
dünnen Gedärmen tinden sieh nebst Gas gallig gefärbte, mit chymösen 
Stoffen vermengte Schleimmassen, die Schleimhaut blass. Im untersten 
Ileum in ihr stecknadelkopf- bis linsengrosse Knötchen, von denen 
einige central verkäst sind. Im Dickdarm knollige, graugrünliche Fäka¬ 
lien angehiiuft, die Schleimhaut ist blass. Im Duodenum gallig gefärbte, 
mit Schleim vermengte Speisereste. Im Magen wässerig-schleimiger 
Inh dt. Die Schleimhaut liier, wie dort blass und mit zähe haftenden 
glasigem Schleim bedeckt, hie und da gewulstet und besonders am Py- 
lorus verdickt. 

Die Milz 13 : 7 : / 2 : 3'/-, Gm. gross, zeigt, eine leichte Verdickung 
und Kunzolung der Kapsel, enthält wenig lichtrothbraune Pulpa. Das 
Pankreas im Schwanztheil leicht geröthet, im Kopftheil blass, groblappig. 
Die Leber im linken Lappen etwas verkleinert, die Ränder scharf, sub¬ 
stanzarm, ebenso die Gegend des Gallenblasenbettes. Die Kapsel ent¬ 
sprechend einer Sehnürfurclie verdickt. Das Leberparenchym ist dunkel- 
braunroth gefärbt, seine Cohiirenz vermindert; in den Gallengängen der 
Leber grünliche Galle, in der Gallenblase braunrothe, dunkelflüssige Galle 
in reichlicher Menge. Die Nebennieren von gewöhnlicher Grösse, dunkel¬ 
braun. Die Nieren entsprechend gross, die Fettkapsel ist völlig geschwun¬ 
den, die fibröse Kapsel von der glatten Oberlläehe leicht ablösbar. Die 
Schnittfläche ist glatt, das Paranchym der rechten Niere blass, die Rinde 
graugelblich, das der linken Niere blauroth. Die Harnblase contrahirt, 
enthält wenig trüben Harn, die Schleimhaut blass, zeigt erweiterte Venen, 
die Blasenwand verdickt. Die Schleimhaut der Urethra blass. Im Rectum 
geballte Fäkalien. Die Lyrnplelrüsen an der Aorta abdom. linsen- bis 
bohnengross, dunkelbläulichroth, ziemlich derb, ihre körnige Schnitt¬ 
fläche an einzelnen Stellen grauwcisslieh, schwielig. Die Inguinaldrüsen 


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Ueber das erste u. zweite Stadium der Alibert’schen Dermatose. 1 53 


im Bereiche der Vena saphena beiderseits auffallend gross, markig, nicht 
verkäst: 1 1 / 2 —4 Cm. lang, 2 Cm. breit, 1 Cm. dick. Durch ihre glatte 
Kapsel schimmert das markig wulstige Gewebe graugelblich durch. In 
fast allen finden sich zerstreute und auch confluirende braunrothe 
Fleckungen, welche hie und da wirklich wie schwielig umrahmt er¬ 
scheinen. Die Lymphdrüsen der seitlichen und hinteren Halsgegend sind 
klein, kaum bohnengross, die der Fossa supraclavicularis jedoch bis halb¬ 
kastaniengross. Ihr Parenchym zeigt ähnliches Verhalten wie die Ingui¬ 
naldrüsen. Auch die Lymphdrüsen am Eingänge des Schenkelcanals und 
an der Innenseite der Art. iliaca stark geschwollen bis kastaniengross, 
grauschwarz, ihr Parenchym am Durchschnitt weich, dunkelblauroth, gegen 
den Hilus blass ; die Kapsel cadaverös geschwärzt. 

Das Knochenmark im unteren Viertel des rechten Femurschaft es 
gelatinös, saftreich und gelbbräunlich gefärbt; von da herauf, anfänglich 
in Form eines Streifens, weiterhin in ganzer Breitenausdehnung von him- 
beerrother Farbe, ziemlich starkem Blutgehalt und fettfrei. Die Rücken¬ 
markshäute sind zart, blass, die Venen in ihren unterenTheilen erweitert. 
Das Rückenmark ist im Allgemeinen etwas weicher. Im Halsgcbiete, in 
der Gegend des 3. Cervicalnerven bis in die Gegend des 0. Cervical- 
nerven herab ist die Grenze zwischen den Goirschen und Burdach’sclien 
Strängen ziemlich scharf ausgeprägt in Form einer grauen Linie. Im 
Uebrigen lässt sich an ihm nur Blässe der peripheren, über die Schnitt- 
Hache etwas vorquellenden Substanz und Köthung der centralen Substanz 
gegen das Lendenmark hin bemerken. 

Diagnose: Kachexie in Fo 1 ge allgemein verbreiteter 
Mycosis fung., Tuberculosis der rechten Lungenspitze m. 
Phthise, Subacute Tbc. Infiltrate im rechten Oberlappen. 
Beginnende Tbc. Phthise des Ile um, Chron. Lymphadenitis 
am Halse und in beiden Leistengegenden mit Hyperplasie 
und Anaemie. 

Dieser Sectionsbefund bestätigt meine Auffassung des 
Ialles als Alibert’sche Dermatose mit dem Endausgang in 
Kachesie. Für dieses Ende in Kachesie finden wir ausser dem 
Zustande der ausgedehnten Dermatose noch ein weiteres Er- 
kläruugsmoment in der chronischen und subacut exacerbiren- 
deu Tuberculose der Lunge und des Darmes. Wie ich bereits 
oben angedeutet habe, möchte ich geradezu diese Nebener¬ 
krankung dafür verantwortlich machen dürfen, dass in diesem 
Falle das sogenannte Geschwulststadium der Alibert’schen 
Dermatose nicht zur Entwickelung kam. Ich denke mir dabei, 
wofür der Befund der evident chronischen Tuberculose in der 
rechten Lunge zusammengebalten mit der Zeitdauer der Der- 


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matose spricht, dass letztere in dem bereits tuberculösen In¬ 
dividuum zum Ausbruch kam. 

Die Lymphdrüsenaffection lässt sich befriedigend durch 
die, lange Zeit bestehende Ilautaffection erklären, in deren 
Gebieten es daher zu regionärer Lymphadenitis mit Hyperplasie 
kommen musste. Für die Deutung der Lymphdriisenschwellung 
im Sinne derjenigen Autoren, welche bei Alibert’scher Der¬ 
matose pseudo-leukämische Befunde notirten (s. d. histol. Theil), 
liegt keinerlei Nöthigung vor, ja es wird dieselbe durch die be¬ 
treffenden Ergebnisse des Sectionsbefundes zur Ausschliessung 
gebracht. Dieselben Gründe machen auch von vorneherein die 
Annahme eines leukämischen Charakters des Erkrankungsfalles 
unmöglich. 

Behufs histologischer Untersuchung entnahm ich dem 
Kranken zur Lebzeit eczemartig veränderte Hautpartien nebst 
weiter vorgeschrittenen derben Infiltraten vom Halse, Stamme 
und von den Extremitäten, schliesslich Lymphdrüsen von der 
Ilals- und Leistengegend. Ich verdanke weiter dem äusserst 
liebenswürdigen Entgegenkommen des Herrn Prof. Pommer 
eine grosse Zahl von allerlei Haut- und Drüsenpräparaten des 
Falles, welche er mir theils Lei der Nekroskopie, tlieils nach¬ 
träglich aus seiner reichhaltigen Sammlung zur Verfügung 
gestellt hat. 

Die Stücke wurden theils in Alkohol, theils in Formalin 
fixirt, weiter im Celloidin, vorwiegend aber im überhitzten Pa¬ 
raffin eingebettet. Sie wurden mit Picrocarmin, Hämatoxylin- 
Eosin, nach Giesson, Gram, Löffler und Kühne gefärbt. 
Die schönsten Bilder von electiver Färbung erhielt ich in den 
äusserst dünnen Paraffinschnitten mittels G i e s s o n'scher Me¬ 
thode. 

Tn den Präparaten von der ekzemartig veränderten Haut (Fig. 1) 
sind Epidermis, Papillarkörper und Stratum snlipapillare die am meisten 
betroffenen Partien. Dementsprechend bildet die Ilornsehiclit stellen¬ 
weise Krusten (Fig. 2a). Viele von denselben sind abgehoben. Das Rete 
Malpighii (b) ist allenthalben erhalten, die Retezapfen sind gewuchert. 
Sie nehmen nicht nur au Lange und Breite zu, sondern senken sieh auch 
an vielen Stellen tief in die Lederhaut ein und verzweigen sieh daselbst 
(Fig. 2i. Dabei behalten sie eine scharfe Abgrenzung gegenüber dem 
C'utisgewebe. Man findet in den Retezapfen hie und da Anhäufungen 
von Leukocytcn neben einer ödematosen Durchtränkung, welch letztere 


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Ueber das erste u. zweite Stadium der Alibert’schen Dermatose. ] 55 


kleine Hohlraume zwischen den Retezellen hervorbringt (Fig. 3). An 
mehreren Stellen erscheint die Membrana propria unter den tiefsten 
Basalzellen schwerer nachweisbar insoferne, als nämlich bei tangentialer 
Durchschneidung der Papillenoberfläche das rothgefärbte, bindegewebige 
Reticulum derselben zu Tage tritt und an der Grenze scheinbar zwischen 
«die tiefsten Epithelzellen vorgreift. Auch durch örtliche stärkere An¬ 
häufung von Flüssigkeit kommt es zu einer Lockerung des subepithe¬ 
lialen Papillengewebes, welche den Eindruck einer nicht scharfen Ab¬ 
grenzung mit sich bringt. Es entstehen auch Abhebungen der Stachel¬ 
schicht von dem Papillarkörper. In letzterem Falle werden kleine Spalt¬ 
räume zwischen Epidermis und Lederhaut gebildet, welche Leukocyten 
oder krümmlige Massen enthalten (Fig. Id). Die Hautpapillen (c) sind 
-dem gewucherten Rete entsprechend in die Länge gezogen und reichen 
vielfach in höchst auffälliger Weise bis knapp an die dünne verhornte 
Epidermisschichte heran. Sie sind ähnlich, wie das Stratum subpapillare 
durch ein ziemlich locker gefügtes, zellreiches Gewebe ersetzt. In Folge 
von bedeutender Retewucherung sieht man in den Präparaten theil* 
innerhalb der Retezapfen, theils zwischen denselben wie abgeschnürte 
Bindegewebsnester, welche den quer oder schräg getroffenen Theilen der 
Papillen entsprechen (Fig. 2 c). Das erwähnte substituirende Gewebe zeigt 
folgenden Bau (Fig. 1, 2, 3). Die überall deutlich erkennbaren, jedoch 
zarten Bindegewebsbündel desselben bilden ein netzartiges Maschenwerk. 
Dieses enthält theils durch Oedem (Lymphstauung) erzeugte Spalträume, 
theils Zellen und Gefässe. Die Zellen liegen vielfach in kleinen Prolife¬ 
rationsgruppen in den Maschen des Netzwerkes angehäuft neben einander 
und zeigen plumpe, ovale Formen (Fig. 3/). In den ödematösen Theilen 
•sind am reichlichsten spindel- und sternförmige Zellen vertreten. Sie 
zeigen Fortsätze, zartes Protoplasma und ovale, helle, bläschenförmige 
Iveme und auch solche mit netzartig angeordneter Chromatinsubstanz, 
nicht jedoch Kerne in Stadien der Mytose, wofür wohl die angewendete 
Präparationsmethode verantwortlich gemacht werden kann. Achnliche 
und auch grössere, platte, lichter tingirbare Zellen mit körnigem Proto¬ 
plasma und blassen Kernen kommen nicht nur vereinzelt, vor, sie zeigen 
sich auch der Länge nach aneinander gereiht oder in Halbbögen oder auch 
in geschlossenen Ringen aneinander geordnet, also als Endothelien von 
Lyrapbbahnen und Capillaren charakterisirt. 

Es fallen ferner besonders in den nach Löffler gefärbten Prä¬ 
paraten in den ödematösen Gewebsgebieten laiigspindclige, stern- und 
spinnenförmige Mastzellen auf (Fig. og) y deren Protoplasma bis in die 
feinsten Fortsätze hinein mehr oder weniger dicht angehäufte dunkelblau 
gefärbte Granula enthält. 

In deu nicht ödematösen Gebieten in der Tiefe der Cutis befinden 
sich Mastzellen von der gewöhnlichen Form. Besonders im Kuppenge¬ 
biete gewisser Papillen befinden sich Anhäufungen von kleinen, proto- 
1 iasniaarnien Bundzellen mit kleinen, dunkel gefärbten, häufig gelappten 


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und vielgestaltigen Kernen (Leukocyten Fig. 8 Ji), während solche ira All¬ 
gemeinen nur in spärlicher Anzahl in die Gewebsmaschen eingelagert sind- 

Die recht zahlreichen, erweiterten Blutgefässe (?) weisen an vielen 
Stellen ihrer Umgebung Zellenanhäufungen auf. Die verdickten Gefäss- 
wände setzen sich jedoch von denselben scharf ab. Sogar die Capillaren 
zeigen dicke Wände nebst Schwellung und Vermehrung des Endothels. 
Im Allgemeinen ist keine auffällige Rundzelleninfiltration der Gefässwände 
zu sehen, jedoch im Inneren mancher Capillaren Anhäufungen von Leu¬ 
kozyten. 

An der unteren Partie dieser Veränderungen findet man deutlich 
erkennbare Schläuche der Knäueldrüsen vor (Fig. 2k). Sie sind in ver¬ 
schiedenen Richtungen getroffen und vom Infiltrationsgewebe, welches sie 
umscheidet, auseinandergedrängt. Viel öfter noch sieht man im Bereiche 
der Herde Längs- und .Schrägschnitte der Drüseuausführungsgänge mit 
verdickter Wandung und anliegendem Infiltrat. Dieselben sind erweitert, 
ihr Epithel ist abgehoben und in eine schmutzig sich färbende Masse 
verwandelt, in der mail einzelne Epithelzellen noch unterscheiden kann. 
Des Weiteren fällt die Zunahme des Muskelgewebes der Arrectores pi- 
lorum auf. Es kommt mitunter in den obersten Theilen der Herde zum 
Zerfall. Die durch Abstossen der Epidermis und sogar von Gebieten des 
Papillarkörpers selbst entstandenen Defecte sind verhültnissmässig klein 
und bestehen in ihrem Grunde aus zellrcichein, wie granulirendem Binde¬ 
gewebe ohne auffällige Leukocyteninfiltratiou. 

Die beschriebenen Herde des substituirenden Gewebes eonfluiren 
nun und bilden eine ziemlich diffuse, wenn auch eine ungleichmässige 
Infiltration der vergrösserten Papillen und des Stratum subpapillare. 
(Fig. 1 u. 2 A.) Dieses veränderte Gewebe geht allmälig in die tieferen 
Lederhaulschichten über, in welchen bedeutend erweiterte, zumeist ge¬ 
lullte und von einem Rundzellemnantel umgebene Blutgefässe (i) wahr¬ 
zunehmen sind. 

Die tieferen Cutispartien bestehen aus dicken, welligen Bündeln, 
welche von den, den Gelassen entsprechenden Zellsträngen netzförmig 
durchsetzt erscheinen (Fig. 1 u. 2 B). Sonst bieten hier noch die Knäuel¬ 
drüsen (k) auffallendere Veränderungen dar. Ihre recht weiten Canäle 
enthalten von feinfädigen Massen eingeschlossene Fpithelansammlungen. 
Die Epithelien sind gross, dunkel und liegen ungeordnet. Die Wände 
der Schläuche sind verdickt, vom zarten peritubulöseu Bindegewebe um¬ 
geben. Das letztere bietet eine massige, rundzeilige Infiltration dar. 
Die Erweiterung der Blutgefässe nimmt in den tieferen Partien noch 
zu (t), Die Arterien werden daselbst dickwandig, ihre Muscularis hyper- 
trophirt. Das Unterhautzellgewebe bleibt in dem ekzemartigen Stadium 
an der Erkrankung unbetheiligt. 

Ich habe Gelegenheit- gehabt, die weiter vorgeschrittene Affection 
an den Präparaten von der die Veränderungen des II. Stadiums am deut¬ 
lichsten darbietenden Kopfhaut zu studiren (Fig. 2 ). Dementsprechend 
war der Process um die IIaarbälge (C) herum, welche von dem veränderten 


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Ueber das erste u. zweite Stadium der Alibert'sehen Dermatose. 157 


Gewebe förmlich umscheidet erscheinen, am intensivsten entwickelt. Dieses 
Gewebe ist viel mächtiger als im ersten Stadium und reicht viel 
tiefer in die Cutis hinein, deren Bestandteile trotz des grösseren 
Zellenreichthums allenthalben erkennbar sind. Die Haarbälge bleiben 
erhalten und zeigen recht oft ganz unveränderte Haare. Von der 
Epidermis erscheint das Rete Malpighii ( b ) wiederum am meisten 
verändert. Die Epithel leisten und die suprapapillare Stachelschicht 
desselben sind sehr bedeutend vergrÖssert. An vielen Stellen liegen 
Krusten dem eingeschmolzenen, entblässten, dichten Cutisgewebe auf. 
Die zellreichen Infiltrate erstrecken sich längs der Ilaarbälge oder 
auch längs der Ausführungsgänge von Knäueldrüsen oftmals bis in die 
Subcutis. Die Talgdrüsen sind vergrÖssert mit Beibehaltung ihrer Form. 
Sie sind durchwegs von einem mächtigen, dichten Bindegewebe einge¬ 
schlossen. Die Arrectores pilorum erscheinen hier gleichfalls stark hyper¬ 
trophisch. Die tiefen Infiltrate zeigen den grössten Zelienreichthum, vor¬ 
zugsweise in der Umgebung der Knäueldrüsen. An den meisten Stellen 
sind Drüsenelemente ganz deutlich zu unterscheiden. Die bereits be¬ 
schriebenen Zellenarten sind in diesem Stadium ebenfalls vertreten. Die 
Gelasse sind recht zahlreich und weit. Ihre verdickten mit langen Kernen 
versehenen Wände gehen in das Bindegewebsstroina über, das ein Netz¬ 
werk für die Zellenelemente abgibt. Die Herde sind jetzt verschieden 
gross und durch mächtige Gewebs-ßündel (/>) von einander getrennt. 
Gegen das Unterhautzellgewebe hin nimmt das Bindegewebe der Cutis 
sichtlich an Mächtigkeit zu. Die Herde werden hier kleiner und seltener. 
Von der Epidermis ist das Rete Malpighii immer noch stark gewuchert 
und von Wanderzellen durchsetzt. Seine Basalschicht erscheint ziemlich 
pigmentreich. Die Öedemerscheinungen haben an Intensität zugenommen. 

In den Hautpartien mit den am meisten vorgeschrittenen Verände¬ 
rungen des Infiltrationsstadiums halten sich die Herden und Nester des 
zellreichen Gewebes immer an Haarbälge und Knäueldrüsen. Nimmt der 
Zellreichthum dementsprechend noch mehr zu, so lassen sich trotzdem 
Bestandtheile der Lederhaut allenthalben ganz deutlich erkennen. Wir 
begegnen wiederum den beschriebenen Zellenarten, welche in dem binde¬ 
gewebigen Maschenwerk liegen. Das zellreiche Bindegewebe setzt die 
mächtigen, wenig zellreichen Cutisbündeln durch und drängt dieselben 
noch mehr auseinander. Hinsichtlich der anderen Einzelheiten der Bilder 
kann ich füglich auf das früher beschriebene verweisen. 

Dagegen fällt unter den Haarbälgen eine Verdichtung des Cutis¬ 
gewebes auf; die Bündeln desselben zeigen in den Schnitten nicht die 
gewöhnliche lockere Anordnung, sondern nehmen unter Anhäufung pro- 
liferirter Bindegewebszellen in den Gewebsspalten und unter Vergrößerung 
der innerhalb der Bündeln gelagerten Zellen das Aussehen eines ziemlich 
gleichmässig zellreichen Bindegewebes an. Dasselbe erscheint auch da¬ 
durch noch dichter, dass sich in ihm sehr zahlreiche polymorph-kernige 
Leukoeyten zerstreut eingelagert finden. 


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Ausserdem ist in diesem Gebiete der Verdichtung in der Cutis ein 
beiläufig linsengrosser Lymphfollikel gelagert (Fig. 2 D), Derselbe zeigt 
in seinen grössten Durchschnitten ein ziemlich lockeres, von Oedem- 
fliissigkeit durchsetztes Gefüge und lässt im umgebenden Bindegewebe 
in diesem Bereiche keine besonders auffälligen Veränderungen bemerken. 
Die einen schmäleren Poltbeil des Follikels treffenden Schnitte jedoch 
lassen erkennen, dass seine Umgebung, welche von einer Arterie getrennt 
ist und knapp an den Grund einiger Ilaarbälge heranreicht, von einem 
Cutisgewebe gebildet ist, das sich im Zustande der Proliferation seiner 
Zellen befindet und auch reich an eingelagerten Rundzellen ist. Das fa¬ 
serige Kapselgewebe (E) des Follikels ist bei alledem scharf ausgeprägt 
und ziemlich dick. Der adenoide Gewebsinhalt desselben ist in diesem 
Polgebiete abgesehen von einigen durch die Präparation entstandenen 
Schrumpfungsspalten und Rissen, sehr dicht gebaut und zeigt einen auf¬ 
fälligen Reichthum an grosskernigen Gerüstzellen. Das Unterhautzell¬ 
gewebe bietet um die Knäueldrusen herum kleinere Zellherde von be¬ 
schriebener Beschaffenheit dar. Im Uebrigen ist in demselben eine Zu¬ 
nahme des Bindegewebes und Hypertrophie der Blutgefässe wahrzunehmen. 

Die Lymphdrüsen der Inguinal- und Cervicalgegend, welche sich 
markig anfühlen und eine graugelbliche Schnittfläche haben, zeigen bei 
mikroskop. Untersuchung vor allem eine fibröse Verdickung ihrer Kapsel. 
Man sieht weiter eine bedeutende Vermehrung der lymphoiden Zellen¬ 
elemente in den Follikeln und den Follikularsträngen. Die zahlreichen 
Gefässe sind erweitert, ihre Wände infiltrirt, ihr Epithel ist in Wucherung 
begriffen. Das eigentliche Reticulum ist stellenweise rareticirl. 

Die post mortem von dem Falle gewonnenen Hautstücke ergaben 
überwiegend die von zweitem Stadium dos Processes geschilderten Be¬ 
funde. Speciell wurden dieselben hiebei in der behaarten Kopfhaut ein¬ 
gehend sicliergestellt und auch hinsichtlich der Lymphdrüsen der Leiste 
das bei der früheren Schilderung des Lvmphfollikels der Kopfhaut dar¬ 
gelegte Bild einer hvpcrplasirenden Lymphadenitis gewonnen. Es ist 
mir nicht gelungen, mittelst angeführter Methoden irgend welche Mikro¬ 
organismen in den Präparaten zu sehen. 

Ueberblicken wir jetzt die dargelegten Befunde, so ergibt 
sieb, dass dieselben eine Hyperplasie des Epithels, vor Allem 
aber eine Proliferation der Bindegewebszellen im Papillarkörper 
und Stratum subpapillare aufweisen. In Folge dieser Prolife¬ 
ration des Bindegewebes entwickelt sich nun ein substituireu- 
des, junges, locker gefügtes, zellreiches Gewebe, welches im 
zweiten Stadium noch massiger auftritt und seine Ausläufer 
tiefer, ja sogar bis in die Subcutis abgibt. Trotz alledem bleibt 
die Structur der Lederhaut erhalten, indem ihre Elemente 
bloss auseinander gedrängt werden. 


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Ueber das erste u. zweite Stadium der Alibert’selien Dermatose. ] 59 

Die gewucherten Bindegewebszellen bilden in sämmtlichen 
Präparaten meiner Beobachtung das Gros der Zellenelemente. 
Recht zahlreich sind weiter die Mastzellen vertreten. Das reichliche 
Vorkommen dieser Zellen hat auch L e r e d d e *) bei der A1 i b e r t- 
schen Dermatose vorgefunden. Wenn man dieser Erscheinung auch 
keine besondere Bedeutung 2 ) beimessen kann, so ist die grosse 
Zahl dieser Elemente in unserer Affection auffallend. Dagegen 
habe ich von Philippson (1. c.) im Friistadium Vorgefundenen 
Riesenzellen in allen meinen Präparaten vermisst. Das im All¬ 
gemeinen geringe Mass der Leukocytenanhäufungen zeigt, dass 
bei dem Processe der Emigrationsvorgang im Hintergründe 
steht und darf auch nicht im entgegengesetzten Sinne über¬ 
schätzt werden, weil wir es mit einem Falle von ausgeprägter 
secundärer Anämie zu thun haben, in welchem auch der Blut¬ 
befund Leukocytose ergab. Die beschriebenen Veränderungen 
localisiren sich, wie dies von anderen Autoren auch für das 
Geschwulststadium hervorgehoben wurde, in der Umgebung der 
Blutgefässe. Aus dem Grunde finden wir die beschriebenen 
Wucherungen um die gefässreichen Haarbälge und Drüsen am 
intensivsten entwickelt. Sehr auffällig erscheint mir das Heran¬ 
reichen vieler Cutispapillen knapp an die dünne verhornte 
Oberhaut (besonders im ersten St.). Der Umstand, dass im 
Verhältnisse zu den geringgradigen Emigrationserscheimmgen 
namentlich in den Papillen die ödematöse Durchtränkung des 
Gewebes so auffällig entwickelt ist, könnte, wenn darin nicht 
eine Eigenthümlichkeit der entzündlichen Vorgänge bei der 
untersuchten Affection gesehen werden soll, wohl auch dahin 
gedeutet werden, dass die Gewebsproliferation im Grunde der 
Papillen zu einer Lymphstauung in diesen selbst Veranlassung 
gibt. Nicht darf überdies die Erwägung ausser Acht gelassen 
werden, dass bei der Erklärung der oberflächlich im Epithel 
und in den Papillen zu Tage tretenden Symptome der Leukocyten- 
emigration und der ödematösen Durchtränkung örtliche irri- 


') Contribution a l’etude liistologique du mycosis fongoide. Ann. 
de Demi, et de Syph. 1894. V. p. 509—515. 

’ J ) Siehe: Ch. Au dry: Sur les cellules isoplastiques (Mastzellen). 
Ann. de Derm. et de Syph. 1896. Nr. 1 p. 9. 


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KjO Lukasicwicz. 

tirende Einwirkungen auf die erkrankten Hautgebiete, als secun- 
däre Beeinflussungen auch in Betracht zu ziehen sind. 

Die angeführten Lymphdrüsenveränderungen entsprechen 
einer chronischen Entzündung und werden durch die diffuse 
lang dauernde Erkrankung der allgemeinen Decke hervorgerufen. 
Wenn man diese Befunde mit jenen bei anderen Dermatosen 
vergleicht, so findet man, dass schon in den zwei ersten Stadien 
der Alibert’schen Krankheit Veränderungen vorliegen, wie 
sie sonst in gleichem Masse bei keiner anderen Dermatose 
vorgefunden werden. Selbstverständlich wird der Unterschied 
noch grösser, wenn man bei unserer Affection die Möglichkeit 
der Geschwulstbildung, also das dritte Stadium in Betracht zieht. 

Es lässt sich den früheren Stadien unserer Dermatose 
eine gewisse Aehnlichkeit in klinischer Richtung mit Pemphigus 
vegetans und langwierigem Eczema chronicum madidans nicht 
wohl absprechen. In den Pemphigusvegetationen entwickeln 
sich jedoch bei Ueberhäutung des deutlich exsudativ entzünd¬ 
lich veränderten zellig infiltrirten Blasengrundes förmliche Pa¬ 
pillome in Folge von zapfenförmiger Rete-Wucherung und Ver¬ 
größerung der Cutispapillen. 

Bei der erwähnten Eczemform consolidirt sich das ge- 
fässreiche, aus einer exsudativen Entzündung hervorgehende 
Proliferationsgewebe zu einem fibrösen Bindegewebe. Dieses 
Proliferationsgewebe kann aber, bevor es fibrös wird, mitunter 
so ausarten, dass es förmliche Auflagerungen auf der Haut 
bildet und an das erste Stadium der Alibert’schen Derma¬ 
tose lebhaft erinnert. Ich führe hier nur das den Dermatologen 
allgemein bekannte, inveterirte Eczema madidans der Brust¬ 
warzengegend an, welches in Folge seiner excessivcn Wucherung 
von nichtfachmännischer Seite oft für eine Neubildung gehalten 
wird. 

Diese beiden Processe werden im Gegensätze zu den dar¬ 
gelegten Befunden meines Falles von A li b ert'scher Krank¬ 
heit durch eine exsudative, mit hochgradiger Zellenemigration 
verbundene Entzündung eingeleitet. 

Man kann somit für die in Rede stehende Affection kein 
Analogon in anatomischer Beziehung unter den ihr klinisch 
ähnlichsten Dermatosen vorlinden. Dieser Umstand spricht zu 


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lieber das erste u. zweite Stadium der Alibert’schen Dermatose. 1 ß l 


Gunsten der Auffassung des Processes als eine eigenartige Er¬ 
krankung. (Entite speciale B a z i n, 1 ) V i d a 1-B roc q. 2 ) 

Wenn ich meine Befunde vom anatomischen Standpunkte 
aus weiter betrachte, so erinnern sie am meisten doch an 
eine productive Entzündung resp. an eine entzündliche Ge- 
websbildung. Es treten in denselben die Erscheinungen einer 
exsudativen Entzündung wie Emigration und Anhäufung von 
Leukocyten in den Hintergrund und überwiegen die progres¬ 
siven Veränderungen an den fixen Gewebselementen, im Ver¬ 
eine mit den Erscheinungen von Oedexn. Die Localisation der 
Proliferationsgruppen um die Gelasse spricht nicht minder zu 
Gunsten einer productiven Entzündung, als der Gefässreich- 
thum, welcher auf eine entzündliche Gefässneubildung zurück¬ 
zuführen ist. Der im ersten Stadium beschriebene örtliche 
Zerfall der obersten Schichten (des Papillarkörpers) mit Hin¬ 
terlassung eines zellreichen wie granulirenden Biudegewebs- 
grundes (ohne auffällige Leukocyteniniiltration) lässt sich auf 
die Lockerung und Widerstandslosigkeit des proliferirten Zell¬ 
gewebes zurückführen. Weiter hebe ich die bereits im kli¬ 
nischen Verlaufe unseres Falles beschriebene, deutlich wahr¬ 
nehmbare Narbenbildung au Stelle der Erkrankungsherde, als 
Zeichen der Entzündung hervor. Alle diese Grande sprechen 
für die Auffassung des Processes als eine productive herd- 
förmige Dermatitis. Es erwächst jedenfalls die Schwierigkeit, 
die Ursache dieser primären, von fixen Zellen ausgehenden, 
entzündlichen Neubildung zu ermitteln. Es ist bisher Nie¬ 
mandem gelungen für die Alibert’sche Erkrankung pathogene 
Mikroorganismen nachzuweisen. Die von Rindfleisch, 3 ) 
Hammer, 4 ) H o c h s i n g e r - S c h i ff, r> ) Stukoweuko ff, ,; ) 


*) Le^ons sur les aftections cut. artif. et sur la lepre. Paris 1862 p. 375. 

2 ) Etüde sur le Mycosis tongoi'de. La France med.1885. II. Nr. 75—85. 

3 ) Myeosis fang. Deutsche med. Wochunscbr, 9. April 1885. 

4 ) Mittbeilungen aus der Würzburger med. Klinik. 1886. 

3 ) Zur Lehre vom Granuloma f'ungoides. Wien 1886. 

6 ) M ycosis fung. Aliberti, s. Granuloma fung. Auspizii s. Lympbo- 
dermia cutis. Transact. of the Third. Gen. Meeting of Rusban Med. Mer. 
at St. Petersburg. 1881). Nr. 10 p. 511. 

Archiv f. Dormatol. u. Syphil. Band XXXVII. ]_]_ 


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L u k a s i e \v i c z. 


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k ;*2 


T a 11 a u f (1. e.)> Breda 1 ) u. A. vorliegenden Coccen- 
befunde sind auf secundäre Invasion in die bereits exulcerirten 
Knoten zurückzuführen. Dieselben sind demnach nicht geignet 
für parasitäre Natur der Krankheit einen Beweis zu liefern. 
Robert Wernicke’s 2 ) Protozoenbefund (Coccidien) kann 
schon wegen des vom Autor selbst gestellten Fragezeichens 
bei Mycosis fungoides nicht in Betracht kommen. 

Die Ansicht, dass die Geschwülste bei der Alibert’schen 
Dermatose als Product der Entzündung aufzufassen sind, ver¬ 
trat bereits Kühner (1. c.), indem er dieselben unter Granu- 
lationsgeschwiilste im Sinne Virchow’s einreihte. Die Ivüb- 
n e Esche Ansicht wird auch von Gebe r (1. c.) und A u s p i t z 
(1. c.) angenommen, indem der erste mehr die entzündliche 
Natur des Leidens hervorhebt und dasselbe als „entzündlich 
fungöse Geschwulstformbezeichnet, der letztere wegen der 
histologischen Beschaffenheit der Affection den Namen „Gra¬ 
nuloma fungoides“ wählt und dieselbe zu den Chorioblasten 
(inlectiüse Granulationsgeschwülste) einreiht. Ich halte diese 
auf histologischer Beschaffenheit allein basirende Einreihung 
unter die infectiosen Granulationsgeschwülste für nicht ent- 
sprechend, weil sich, wie dies aus den dargelegten und an¬ 
deren bis jetzt veröffentlichten diesbezüglichen Befunden er- 
si chtl ich, grosse Differenzen zwischen der Alibert’schen 
Dermatose und jener Gruppe ergeben. Es wäre geradeso 
unrichtig, als wenn Jemand den Pemphigus vegetans und das 
erwähnte chronische Eczema madidans wegen des bei den¬ 
selben in gewissen Stadien vorhandenen Proliferationsgewebes 
zu den infectiosen Granulationsgeschwülsten rechnen wollte. 

Die angeführte Iv üb ner’sche Auffassung hat auch Neis- 
ser 3 ) angenommen. Er hat aber wegen der klinischen Er- 


') Kritemi e Mioroorgaiiismi nella Mieosi 1 'ungoiJc. Bericht des 
II. intern. Derm.-Conpr. p. 180. 

*) Uebor einen Protoznenbefund hoi Mycosis fungoides (?) von K. 
Wurnic ke, Prof, der alltrem. Patli. in Buenos Avros. Ontralbl. f. Bukt, 
und Parasitenkuude. XII. Bd. p. 859. 

3 j A.Ziomssen’s Handbuch der Hautkrankh. 1884.1. Bd. p. 720 b. 
Debatte über Mve. funpf. 59. Xutnrf-Versanmil. Berlin 188(5. Vierteljahr- 
schrift 1’. I)erni. u. Syph. 1887. 


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Ueber das erste u. zweite Stadium der Alibert’schen Dermatose. K;3 


scheinungen der Krankheit eine pai*asitäre Natur beigemessen 
und daraufhin dieselbe unter infectiöse Granulationsgeschwülste 
eingereiht. Dem schlossen sich neben den angeführten Autoren, 
welche bei der Erkrankung Mikroorganismen vorfanden, neuer¬ 
dings Kö b n e r, •) Tilden, 2 ) Doutrelepont, 3 ) IIa 11 opeau, 4 ) 
Ledermann 5 ) u. A. 

Unser Fall bietet gar keinen Anhaltspunkt für diese An¬ 
nahme. Gegen so eine, durch positive Befunde nicht bewie¬ 
sene Ansicht sprechen weiter klinische Thatsachen und zwar 
das äusserst seltene und nur sporadische Auftreten der Krank¬ 
heit sowie der Umstand, dass kein Fall vorliegt, bei welchem 
nur eine wahrscheinliche Infection beobachtet worden wäre. 
Die Thierversuche und Impfungen auf den Träger der Krank¬ 
heit sind bis jetzt nie vom Erfolg gekrönt worden. 

Gegen der weiteren zuerst von Gillot 6 ) und Itan- 
vier 7 ) aufgestellten und von vielen französischen und italie¬ 
nischen Autoren angenommenen Ansicht, dass die Alibert- 
sche Krankheit eine Lymphadenie (Pseudoleukämie) sei, 
sprechen meine Befunde ebenso, wie jene vieler anderen 
Autoren. Die angeführten Zellwucherungen mit Auseinander- 
drängung der Lederhautbündeln in den Frühstadien entsprechen 
gerade so wenig, wie die bei dem Geschwulststadium beschrie¬ 
benen Befunde (K ö b n e r 1. c., Ziegler, 8 ) Philipp so n 1. c., 
Pal tauf 1. c.) einem pseudoleukämischen Gewebe. Mein Fall 
zeigt in dieser Beziehung weiter, dass sich zu der Alibert- 
schen Dermatose chronisch entzündliche Lymphdrüsenschwcl- 
lungen ohne Aft'ection der Milz und anderer inneren Organe 

') Mycosis fung. (Alibert). Deutsche med. Wochonschr. 1880. Nr* 
59—40. — Histologisches und Bakteriologisches über .Myc. l’uug. (Alibert.). 
fort sehr, der Med. 1887. Nr. 17. 

’) Myc. fung. Boston rned. a. surg. Jouru. 1885. Oet. 

3 ) Granuloma fung. Klin. Jahrb. Bonn. I. II. 

4 ) Mycosis fong. Kev. d. Sciences med. 1885 p. 747. 

■’j Zwei Falle von Myc. fung. Arch. f. Demi. u. Sypli. 1839 p. 085. 

6 ) Etüde sur unc Aifection de la peau decrite sous le nom de Mv- 
cosis fungoide (Lymphadenie cutanee). Paris 1809. 

') Manuel d’histol. patb. I. p. 301. II. p. 805. 

8 ) Veiel. Mittheilung eines Falles von Mycosis fung. Vcrhandl. d. 
deutschen dermat. Ges. 1889. (Anat. Bef. Ziegler.) 

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1 G 4 


L u k as ie w i c z. 


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gesellen können. Wenn mich die halle von Gill ot- Kan vier 
(1. c.), Landouzy, *) Gaillard, 1 2 ) Amicis, 3 ) Paltauf 
(3. Fall 1. c.) und letzter Fall von Philippson 4 ) entweder 
Erscheinungen einer Pseudoleukämie wirklich darboten odei 
sich dieser Erkrankung ähnlich verhielten, so sind sie trotzdem 
nicht beweisend für die Zusammengehörigkeit dieser beiden 
Processe. Die grösste Zahl vorliegender einschlägiger Beob¬ 
achtungen, welche ohne pseudoleukämische Symptome ja sogar 
ohne jede Drüsenschwellung verliefen, demonstrirt neben den 
anatomischen Befunden zur Genüge die Unrichtigkeit der 
G i 11 ot- llan vie r’schen Auffassung, dass die Alibert’sche 
Dermatose eine Lymphadenie (Pseudoleukämie) sei. 

Es dürfte sich höchstens in den angeführten I'allen um 
eine zufällige unabhängige Complication dieser beiden von ein¬ 
ander unabhängigen Processe handeln, ähnlich wie dies in 
meinem Falle für die compliciremie Tuberculose gilt. Anderer¬ 
seits ist die Pseudoleukämie vom pathologischen Standpunkte 
ein heute noch ziemlich dunkler Begriff und es würde selbst 
der, keineswegs erbrachte positive Nachweis einer Affinität un¬ 
serer Dermatose mit diesem Leiden nicht viel zur Klärung der 
Natur der ersteren beitragen. Von diesem Gesichtspunkte be¬ 
trachtet, erscheint die von Paltauf (1. c.) durchgetuhrte Ein¬ 
reihung der Al ib er Eschen Dermatose wegen ihrer angeblichen 
Verwandtschaft mit Pseudoleukämie und gewissen Formen des 
Eymphosarcoms unter Vegetationsstörungen im Sinne Kun¬ 
drats') auch nicht besonders aufklärend. Wenn eine „Störung 
welche nicht in directer Abhängigkeit von der Ursache steht, 
ihre Entwicklung nicht einer speciellen Ursache allein, sondern 
einer abnormen Ileaction des Individuums, beruhend auf ab- 

1 ) Memoire* de la Societe du liiolojj'io. Dee. 1871. 

2 ) Annales de denn, et sypli. 1 8^2. 

,1 ) Contribuzionu (din. c anat. patol. all«.» studio de Dermo-Lyiupho- 
Adenoma lang. Nayudi 1"82. 

4 ) I/uigi Philippson. Di im easo di mieosi iungoide tipica con 
locaiizzazioni interne. (0 con Pseudo Leucemia delle glandole lini*. del. 
tonsille d. legato et del. milza. Giorn. it.il. del. mal. von. e del. pelle. 
Die. 1895 p. 445. 

Ä ) Vortrag, gehalten in der Wiener k. k. Gas. d. Aer/.te. 19. März 
1892. Wiener klin. Wochenschrift. 


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Ueber das erste u. zweite Stadium der Alibert’schen Dermatose. \ fj5 


normer Vegetation verdankt“ (1. c. p. 150). bezeichnet die Natur 
und das Wesen der Erkrankung keineswegs näher. 

Noch sind die Ansichten Kaposi’s in Betracht zu ziehen; 
die eine, dass die Dermatose eine Abart von multipler Hautsarco¬ 
matose sei, 1 ) zählt viele Anhänger (Port,-) Duhring, 
Naether, 4 ) Hy de, 5 ) Funk' 1 ) neulich Volcker’s 7 ) S. 10$ 
u. A.). Gegen diese Auffassung sprechen, die sowohl in frühen 
Stadien, als auch in den Geschwülsten der A1 i b e r Eschen Er¬ 
krankung erhalten bleibende Hautstructur, sowie die Möglichkeit 
rascher und vollständiger Rückbildung der Veränderungen bei 
dieser Affection. Die multiple idiopathische Hautsarcomatose K a- 
posi tritt zwar gleichfalls in vielen Herden diffus und infiltrirend 
auf. Ich habe oftmals Gelegenheit gehabt ganz frische, kauin in 
Entwicklung begriffene solche Sarcomherde zu untersuchen, konnte 
dabei aber immer vom ersten Beginn des Leidens au typisches 
Spindelzellensarcomgewebenaclnveisen, im Gegensatz zu den von 
mir oben dargelegten Befunden der A li b e r Eschen Dermatose. 
Vor Kurzem hat Völckers (1. c.) einen Fall veröffentlicht, bei 
welchem durch mikroskopische Untersuchung Ruudzelleusarcom 
festgestellt wurde. Nun sowohl in diesem Falle, als auch in 
anderen Fällen, in welchen typisches Sarcomgewebe gefunden 
wird, handelt es sich entweder um wahre Hautsarcomatose, 
dann gehören diese Fälle nicht zu der A1 i b e r t’schen Derma¬ 
tose oder es handelt sich um Täuschung durch ein besonders 
stark entwickeltes Proliferationsgewebe der A li b er t’schen Der¬ 
matose, dann aber haben sie mit der Hautsarcomatose nichts Ge¬ 
meinsames, wie dies auch für den vorgeschrittenen Process von 
Pal tauf (1. c.) nachgewiesen wurde. 

‘) Kaposi. Patliol. u. Ther. der Hautkrankli. III. Aufl. p. 4(18. — 
Ueber Mycosis fung. Wiener med. Wochenschrift. Nr. 21 u. 22. 

2 ) Port. Ein Fall von multipler Sarcombildung der Haut unter d. 
Bilde der Mycosis fung. Deutsches Archiv f. klin. Med. 1874. XII. p. 134. 

3 ) A case of inflammat. fung. neopl. Areh. of Denn. 1879—SO. 

4 ) Granuloma sarcom. cut. Deutsches Archivf. klin. Med. 1883 p. 470. 

5 ) Study of a case of multipl. Sarcom of the <kin. (Myeloma, Mycosis 
fung. Fungoid. inll. neoplasm.) Edinburgh. Med. Journ. 1884 p. 591. 

6 ) Klin. Studien über Sarkome der Haut. V111. Ikl. Monatshefte f. 
prakt. Dermatol. 1889 p. (>0. 

7 ) A. Völckers. Ueber Granuloma fung. (Mycosis fung.) der Haut. 
Münchn. med. Abhandl. Erste Reihe. 14. Huft. 1893. 


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i r.G 


I'iiikasiewipz. 


Auch in dem Falle von Völckers ist aus dem ange¬ 
führten histologischen Befunde (1. c. p. 10) eine sarcomatöse 
Natur des Processes nicht ersichtlich. 

Die andere in der letzten Zeit von Kaposi 1 ) vorgeschla¬ 
gene Einreihung der Alibertschen Krankheit unter seine sar- 
coiden Geschwülste schafft einen neuen pathologischen Begriff. 
Meine und andere Befunde wider sprechen diesem Begriffe, 
indem unter dieser Bezeichnung von der Klinik Kaposi’s Ge¬ 
schwülste beschrieben wurden, in welchen es sich um „ein 
kleinzelliges Infiltrat in das Maschenwerk der Cutis mit nahezu 
intacter Erhaltung der Structur dieser letzteren handelt“ 
(S p i e g 1 e r. ") 

Aus diesen Auseinandersetzungen geht hervor, dass keine 
von verschiedenen bisher aufgestellten Theorien die Natur 
dieses Leidens wirklich zu erklären im Stande ist. 

Ich will nicht versuchen eine neue Erklärung aufzustellen. 
Ich constatire nur. dass ich auf Grund meiner bisherigen Be¬ 
obachtungen die Affection als eine productive Dermatitis auf¬ 
fasse, welche bis zur „Geschwulstbildung“ sich steigern kann 
und deren Ursache ganz unbekannt ist. Möge es gelingen mit 
dem Fortschreiten unserer pathologischen Kenntnisse aut Grund 
weiterer gründlicher Beobachtungen und Untersuchungen dieses 
Problem zu lösen. 


') l’ath. u. Tb er. der llautkrankh. 4. Anfl. 8<!8. 

1 ) Lieber die sog. Sarcomatosis cutis. An b. f. Perm. u. Syph. 1894. 


Erklärung der Abbildungen auf Taf. VII. 

F i g. 1. Purehsclmitt einer ekzemartig veränderten Haut. Merker. 
()hj. III. Ocul. 3. Tubl. lliö Mm. « llornscliicht. A llete Malpiirhii. c 11 mit - 
papillen. d Spaltruum mit Leukoeyteu. t Blutgefässe. .4 Verändertes Ge- 
webe. Jt Wellige Lederhautbündelu. 

l'*i g. 2. Piirrhselmitt der knpfhaut. Merker. Obj. 2. Oeul. 3. Tubus- 
liingo ISö Min. a Ilornseliielit. h Bete Malpighii. r I luutpapillen. d Spalt- 
raum mit Leukoeyteu. e Quer oder schräg getrolVene l’apilleu. i Blutgefässe. 
/, Kniineldriisen. A Verändertes Gewebe. Ü Wellige Legcrhautbündeln. C 
llaarhalge. D Lyniphfollikel. E. Kapsel. 

F i g. 3. Purebsfbnitt zweier Papillen mit zellreichein, locker ge¬ 
fügtem ödematösen Bindegewebe. Färbung n. Löffler. Xeiss. Apocbr. 
Olij. 4‘0 mm Oe. 8. a Hnrn^eliiebt. b Itete Malpigbii. t' Proliferationsgruppen 
von Zellen. </ Ma-tzellen. A Bundzellen, i Blutgefässe. 


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Ans dem Privat-Laboratorium des Ern. Doc. Er. Ehrmann in Wien. 


Beiträge zur Kenutniss des Molluscum 

contagiosum. 

Von 

Dr. Cornel Beck, d. Z. in Wien, 

gow. Assistent am pathol -histologischen Institute der Universität zu Budapest 

(Hierzu Taf. VIII. u. IX.) 

Die Untersuchungen, über welche hier berichtet wird, 
habe ich im Privatlaborator in in des Hm. Docenten 
Dr. Ehrmann durchgefiihrt. Ich hatte ursprünglich nicht 
die Absicht nach der Aetiologie dieses kleinen Neugebildes zu 
forschen. Es ist ja allgemein bekannt, dass seit Pate man 
die hervorragendsten Dermatologen und Histologen sich mit 
der Entscheidung dieser Frage beschäftigt haben und dass 
noch heute der Streit, wie das mikroskopische Bild des 
Molluscum contagiosum und die Contngiositiit zu erklären wäre, 
nicht allseitig entschieden ist. Es wird ja die endgiltige Ent¬ 
scheidung so lange nicht fallen, als wir nicht einerseits über 
genauere biologisch-bakteriologische und experimental-patho¬ 
logische Beobachtungen, andererseits über praecisere mikro¬ 
chemische Methoden für diesen Gegenstand verfügen werden. 
Der unmittelbare Zweck dieser Untersuchungen war vielmehr 
festzustellen, wie sich das Hautpigment gegenüber den sich 
entwickelnden und den schon ausgebildeten Elementen des 
Molluscum contagiosum verhält, ob von den pathologisch proli- 
ferirenden Epithelzellen des Molluscum contagiosum auch 
Pigment aufgenommen wird, wie von den normalen Epitlielien, 
oder ob dieser Process irgend welche Veränderungen erleidet. 
Kurz, ich wollte nur die Kenntnis der Histologie des Molluscum 
contagiosum mit einem Beitrage fördern. Aber um diesen 
Zweck zu erreichen, war es selbstverständlich meine erste 
Aufgabe, die mannigfaltigen und eigenthümlichen Formen der 
das Molluscum bildenden Elemente kennen zu lernen, und bei 


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Rock. 


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ms 

diesen Untersuchungen machte ich auch einige nicht uninter¬ 
essante Beobachtungen bezüglich der Z'llformen, respective 
der mikrochemischen Reaction des Zellinhaltes, die ich nun 
ebenfalls hier mitverötfentliche. 

Zur Untersuchung dienten Mollusca contagiosa von zwei 
verschiedenen Individuen, welche vom Hrn. Doccnteu Dr. F. h r- 
in ann bereits vor zwei Jahren excidirt, grüsstentheils in Alkohol 
absok, tlieils in Sublimatlösung, theils in Pikrinsäure-Platinchlorid 
fixirtund in steigendem Alkohol nachgehärtet wurden. Die meisten 
von uns aufgearbeiteten Mollusca stammen von einem Individuum, 
dessen Krankengeschichte wir in Folgendem kurz wiedergeben: 

Der Fall betraf einen 24jährigen, dem Kaufmannsstande 
ungehörigen Mann, der mit Blenorrhoe in die Behandlung des 
Herrn Docenten Dr. Ehr mann getreten ist. dann 3 Monate 
später mit Morpionen und einem Molluscum contag. am Mons 
veneris in die Behandlung kam und nach weiteren 2 Monaten 
sich in der Ambulanz wiederum vorstellte, diesmal mit einer 
ungewöhnlich grossen Menge von Mollusca contag.. welche die 
ganze Wurzel des Penis und die angrenzende Partie des Mons 
veneris bedeckte, in der Regel in Reihen von 3—4 dicht 
beisammen stehender oder selbst conlluirender Kinzel-Efllores- 
cenzen angeordnet.') 

W ie ersichtlich, sassen aber die Mollusca aut einer 
normalerweise stark pigmentirteu Stelle der Haut, welcher 
Umstand zum Studium etwaiger Veränderungen derPigment- 
aui’iiahme des Epithels eine besonders günstige Gele¬ 
genheit bot. — Eiir die in Pikrinsäure-Platinchlorid tixirten 
Stücke eignete sich besonders gut eine schwache SatlVaninfärbung. 
Die Pigmentkörnchen erhielten dadurch eine braunrothe Färbung, 
während andere (iewebselemente verschiedene Nuancen einer 
hell-rosarothen Tinction annahmen. Auch verdünnte Methylen- 

') Herr Docent Dr. Eli r mann theilte mir anlässlich dieses Falles 
seine Verniutliung bezüglich der Aetiologie der Moll. cont. mit. Der Um¬ 
stand, dass Moll. eont. so besonders häutig bei Leuten Vorkommen, die 
Morpiones hatten oder die mit solchen Individuen den Coitus ausübten, 
die früher Morpiones gehabt hatten, lässt ihn vermuthen, dass die Mor¬ 
piones die Zwischenträger resp. die Zwischenwirthe der Mikroorganismen 
des Moll, cont ig sind, von wo sie möglicherweise durch den Biss ans dem 
Darmcanal übertiagen werden. 


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Beiträge zur Ivenntniss des Molluscum contagiosum. 


IGO 

blaulösungen geben gute Resultate ; bei dieser Färbung scheinen 
die Pigmentkörner grün. Um die Veränderungen, welche der 
Process der Pigmentaufnahme durch die Epithelien aus den 
Melanoblasten (Ehrmann) erfahren, zu verstehen, müssen 
wir vor Allem diesen Vorgang, wie er sich unter physiolo¬ 
gischen Verhältnissen abspielt, betrachten. 

Ueber die Herkunft des Pigmentes in gewissen Cutiszellen 
und in den Epithelzellen, besonders der untersten Lagen des 
Stratum mucosum wurde in den letzten Jahren vielfach dis- 
cutirt. An der Discussion haben sich besonders C a s p a r v, 
E h r m a n n, J ar i s c h, Riehl, Kölliker, Schwalbe, 
Blascliko, Unnaetc. betheiligt. Wir möchten nur die wich¬ 
tigsten einander widersprechenden Theorien kurz wiedergeben. 
Nach der einen soll Pigment nicht nur in den Pigmentzellen 
des Bindegewebes, sondern auch in den Epithelien selbständig 
gebildet und von hier aus in die Cutis verschleppt werden. 
Hauptvertreter dieser Ansicht sind J a r i s c li, ’) Caspar y 2 ) 
und Schwalbe. Dagegen hat Ehr mann, ;l ) der sich beinahe 
zwei Jahrzehnte hindurch mit der Frage der Pigmentbildung 
befasste, ursprünglich an Embryonen niedriger Wirbelthiere 
(Salamander. Triton, Schlange) bewiesen, dass das Pigment 
schon sehr früh in gewissen Zellen des Mesoderms gebildet 
wird und dass diese Zellen sich ebenso aus dem Mesoderm 
differenziren, um sogenannte Melanoblasten zu 
werdeu, wie z. B. die Knorpel- oder Muskelzelle. Zuerst treten sie 
immer an der dorsalen Seite des Embryos, beiderseits des Medul- 
larrolires, unmittelbar unter dem höchstens nur noch aus 
zwei Schichten bestehenden Epithellager der Haut auf. Sie 
vermehren sich durch Theilung, sind vielgestaltig und wachsen 
zwischen die Epithelzellen ein. Einzelne Ausläufer benachbarter 
Zellen anastomosiren miteinander. Die Fortsätze treten mit 

*) Jarisch. Zur Anatomie und Herkunft des Oberhautpigmentes 
etc. Arcb. f. Denn. u. Svpli. 181)1. 13d. XXIII. 

a ) Ca spar y. Ueber die Bildung des Hautpigmentes. Arch f. Denn, 
u. Sypb. 1891. Bd. XXIII. p. 1. Siebe auch die Discussion in den Ver¬ 
bandlungen der dermat. Section beim X. internat. Congress in Berlin. — 
Schwalbe. Morpholog. Arbeiten. II. Bd. 

3 ) Ehr mann. Verbandl. des II. internat. Dermatol.-Congress. 1893* 
Verhandl. des Wr. physiolog. Club. Pbysiolog. Centralbl. 1895. 



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170 


Beck. 


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den Epithelzellen in Verbindung und geben einen Theil ihres 
Pigmentes in Form kleiner Körnchen denselben ab. Die 
pigmenthaltigen Epithelien werden später successive abgestossen 
und die neugebildeten Rete-Zellen nehmen von Neuem Pigment 
auf. Nie wird in den Epithelien selbst Pigment ge¬ 
bildet; dasselbe wird immer nur aus Melanoblasten durch 
dieselben aufgenommen. Dieser Ansicht haben sich heute schon 
die meisten Autoren angeschlossen, Kölliker, Karg, Ray- 
m on d, 1 ) (über Morbus Addisoni.) In letzter Zeit hat Ehr mann 
das gleiche Verhalten auch für die Haut der höheren Wirbel- 
thiere, der Vögel, Säugethiore und des Menschen nachgewiesen. 2 ) 

In der ziemlich ausgedehnten Literatur betreffend des 
Mollusc. eontag. habe ich nur in Gehe r's 3 ) Abhandlung eine 
kurze, aber treffende Bemerkung über das Verhalten des 

Pigmentes gefunden; „.es füllt uns gleich an der Ueber- 

gangsstelle zum normalen Zapfen das Fehlen des Pigmentes 
auf, womit die Marke durch eine lichtere Stelle gegeben ist.“ 
Im Allgemeinen ist diese Bemerkung ganz richtig. Bevor wir 
aber auf die Einzelheiten des Verhaltens des Pigmentes näher 
eingehen, erlauben wir uns ganz kurz den histologischen Bau 
des Mollusc. contag. nach eigenen Beobachtungen zu beschreiben, 
da diese in manchen Punkten von den bisherigen Beschrei¬ 
bungen abweicht und die Kenntniss dieser besonders für die 
später zu beschreibende Einzelheiten der Molluscumzellen sehr 
wichtig ist. 

Das lappige, mit einer Delle versehene Neugebilde besteht 
aus Epithelzollen, welche an der Peripherie, durch ungefähr 
2—3 Reihen, relativ normal, d. h. mehr oder weniger cylinder- 
förmig sind, aber etwa zweimal so gross als die normalen 
Rete-Zellen. Ziemlich häufig sind hier Mitosen in allen Stadien 
— am häufigsten in der äussersten Schichte — zu beobachten. 
Die innerhalb dieser Schichten liegenden Zellen zeigen he- 


1 ) Raymond Arcli. de phvsiol. normale et pat. 1893. 

2 ) Ehr mann. Bibliotheea medie. Abtheilung für Denn. und Syph. 
Das mcdanot. Pigment und die Pigment bildenden Zellen der Wirbelthiere 
u. des Menschen etc. 

■’) Geber. Leber einen Fall von Epithelioma molluscum (Yirchow) 
universale etc. Yierteljahrschrift für Denn. u. Syph. 1HS2. Bd. IX p. 404. 


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Beiträge zur Kenntniss des Molluscum contagiosum. 


171 


züglich ihrer Formen und ihres Inhaltes die verschiedensten 
Veränderungen, welche jedoch mit einander in genetischem 
Zusammenhänge stehen und welche in ein und derselben Höhe 
ungefähr dieselben sind. Als die ersten Zeichen der Verände¬ 
rungen zeigen die Durchschnitte der Zellen ein oder mehrere 
kleine, helle, mit dem gewöhnlichen Verfahren nicht färbbare, 
homogene, scharf begrenzte Fleckchen.') Gleichzeitig wird der 
übrige Zellinhalt feinkörnig getrübt. Der Zellkern wird meistens 
gegen den Rand des oval gewordenen Zelleibes gedrängt, wo 
er sich einer neugebildeten Zellmembran anschmiegt. Der fein¬ 
gekörnte Zelleih, welcher den von den „Fleckchen“ freigelas- 
senen Zellraum ausfüllte, vermehrt sich, zugleich aber zer¬ 
klüftet er sich in verschieden grosse Klümpchen. Ihre Körnung 
nimmt je weiter nach oben immer mehr ab und zuletzt werden 
sie ganz homogen und confluiren zu fertigen Molluscumkör¬ 
perchen. Zwischen diesen Klümpchen findet man Spalten, in 
welchen dann später dieselbe Substanz auftritt, aus welchen die 
Fleckchen bestehen. Auch die Zellmembran, welche anfangs 
durch den Zellinhalt nur gedehnt wurde, verdickt sich später. 
Der Zellkern präsentirt sich in diesem Stadium als ein schmales, 
auf dem Querschnitte hie und da von einem Fleckchen insel¬ 
förmig comprimirtes oder unregelmässig geformtes, der Zell- 
membram angedrücktes Gebilde, welches durch stärkere Tingi- 
bilität hervortritt. 

Die runden Fleckchen, welche das erste Zeichen der 
beginnenden Zellveränderung bilden und sich beinahe bis zur 
gänzlichen Entwickelung der Molluscumkörperchen erhalten, 
w r erden von dem massigen Zellinhalte allmiilig verdrängt und 
zum Schwinden gebracht. Es treten nur noch einige zerstreute 
Körnchen und unregelmässige, stabförmige Striche zwischen den 
Protoplasma-Klumpen auf und finden sich wenn diese im Mollus¬ 
cum zu einem einzigen confluirt sind, noch zwischen Zellmembran 
und Zellinhalt desselben. Die Spuren des Zellkernes sind sehr 

') Mit Absicht haben wir die durch andere Autoren benützten Aus¬ 
drücke wie Körperchen, Vacunlen etc. vermieden und den in che¬ 
mischer und physikalischer Hinsicht nichts voraussetzendeu Ausdruck: 
Fleckchen gewählt, da eben aus unserer Arbeit hervorgehen wird, 
wofür diese Körperchen oder Vacuolen gelten müssen. 


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Beck. 


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oft aucli hier noch sichtbar. Ibis Molluscum-Körperchen hat 
hiermit die letzte Stufe seiner Entwickelung erreicht. Es ist 
wohl allgemein bekannt, dass nicht alle Epithelzellen i m 
Bereiche des Molluscum diese charakteristischen Veränderungen 
erleiden, es bleiben vielmehr zwischen den so veränderten 
Epithelzellen und von ihnen zusammengedrückt, normale Epi- 
dermiszellen, welche die normale Verhornung durchmachen 
und Anfangs durch ihren besonders mittels Anilinfarben und 
Hämatoxylin schön tingirbaren Inhalt von Keratohyalin auf¬ 
fallen. 

Die einzelnen Käppchen des Neugebildes sind durch 
spärliches, kleine Gelasse tragendes faseriges Bindegewebe 
von einander getrennt. Dasselbe enthält Eli rli ch'sche Mast¬ 
zellen, ebenso wie das das Molluscum umgebende Cutisgewebe, 
in reichlicher Menge. 

Wie sich nun das Pigment, resp. die Melanoblasten zu 
diesem Ncugebilde verhalten, erfahren wir am besten, wenn 
wir einen Schnitt aus einem von einer dunkeln Hautpartie 
stammenden Molluscum unter das Mikroskop bringen. An dem 
mit Saffranin leicht gefärbten Schnitte fällt uns vor Allein 
auf, dass die Epithelzellen des Molluscum selbst nirgends, 
nicht einmal in ihrer äussersten Zellschichte, wo die prolife- 
rirten Epitlielien doch noch relativ normal sind, Pigment- 
körnchen enthalten, während im umgrenzenden Bindegewebe, 
in einiger Entfernung von der äussersten Epithelschichte 
Melanoblasten (M. Eig. E) in gleich grosser Zahl, wie in der 
umgrenzenden Haut, vorhanden sind, ja dass dieselben hie und 
da sogar ungewöhnlich gross erscheinen. Die proliferirten und 
vergrösserten Epithelzellen besitzen also nicht mehr die 
Eiihigkeit, die Piguientkörnchen aus den vorhandenen Melano¬ 
blasten aufzunehmen. Noch interessanter sind die Verände¬ 
rungen der Pigmentaufnahme in den untersten Zellschichten 
der Epidcrmispartie, welche das Molluscum-Knötchen bedeckt 
(v. Eig. 1). Hier fällt bei schwacher Vcrgrösserung auf, dass 
dort, wo die das Molluscum-Knötchen bedeckende Haut in das 
Normale übergeht (B. Eig. I), die Epitlielien der untersten 
Zellreihe des Rete Malpighi mit dunkeln Pigmentkörnchen bei¬ 
nahe ganz ausgefüllt sind, so dass dieselben oft sogar den 


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Beiträge zur Kenntniss des Molluscum contagiosum. 


173 


Kern unsichtbar machen, während dieselben Zellen der 
das Molluscum unmittelbar deckenden Haut ganz 
hell, pigmentfrei sind (s. Fig. 1). Der Uebergang von 
der normalen, stark pigmentirten Epidermispartie in die 
pigmentfreie ist ein allmähliger. Von der Basis des Molluscums 
(B Fig. 1) aufwärts, d. h. von der Stelle, wo die normale 
Haut sich als Bedeckung des Neugebildchens emporzuwölben 
beginnt, sind Anfangs noch Gruppen von pigmenthaltigen Epi- 
thelien sichtbar (starke Vergrösserung Fig. 2); noch weiter 
oben gegen die centrale Delle des Molluscums sind nur noch 
einzelne und nur spärliche Pigmentkörnchen enthaltende Epi- 
thelzellen wahrnehmbar. Nirgends aber fehlen sie gänzlich. 
Sie kommen sogar, allerdings sehr vereinzelt, in der Epi¬ 
thelpartie vor, welche die Molluscumdelle umgibt und das 
Molluscum mit der Obertlächen-Epidermis verbindet, so zu 
sagen den Halstheil des Molluscum — oder richtiger gesagt — eine 
schmale Uebergangszone zwischen normalem Deckepithel und 
Molluscum-Epithel darstellt. (R. Fig. 1.) Und doch sind die 
Melanoblasten im Deckepithel überall gut erhalten. Auch an 
den Stellen, wo die Epithelien schon pigmentfrei sind, sind 
sowohl in dem die Epidermis begrenzenden Cutisgewebe, in 
den Papillen hart an der Grenze zwischen Cutis und Epidermis 
(in. E. Fig. 1) wie auch in den tieferen Schichten verzweigte 
Melanoblasten sichtbar. Die in der Epidermis sind sogar ver- 
grössert und senden feine Ausläufer zwischen die Epithelzellen. 
Die letzteren sind jedoch pigmentfrei, weil sie nicht im Stande 
sind, Pigmentkörnchen aufzunehmen. (Fig. 2.) Da aber vor 
der Entwicklung des Molluscum contagiosum diese Stellen der 
Epidermis auch ganz gewiss, so wie die der normal geblie¬ 
benen Hautstellen zwischen den einzelnen Mollusca reichlich 
Pigment enthielten, so müssen wir diesen Zustand der Zellen, 
in welchem sie Pigment aufzunehmen nicht mehr im Stande 
sind, als pathologisch bezeichnen. Wir hatten auch Gelegenheit 
zwei ganz junge makroskopisch kaum wahrnehmbare Mollusca 
contag. in Serienschnitten zu verarbeiten. Trotz ihrer Kleinheit 
waren doch schon in beiden entwickelte Molluscumkörperchen, 
allerdings in geringer Zahl vorhanden. Das Verhalten des Pig¬ 
mentes hat nichts Abweichendes von dem bei grösseren Mol¬ 
lusca geboten. 


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Beck. 


Uebrigens gibt es auch noch mehrere Zeichen, die darauf 
himveisen, dass das Molluscum bedeckende Epithel nicht nor¬ 
mal ist. Durch die Spannung, welches das wachsende Mollus¬ 
cum contagiosum hervorruft, wird die bedeckende Epidermis 
und Cutisschichte gespannt und gedehnt, so dass die Papillen in 
diesem Gebiete viel niedriger werden, ja auch ganz verstrichen 
sind. Es sind aber auch die Proliferationsvorgänge der Epi¬ 
dermis viel reger, als in der normalen Haut. Man sieht reich¬ 
lich die verschiedensten Stadien der Mitose nicht nur in Zellen 
der untersten Schichte des Rete Malpighii sondern auch im 
Stratum spinosuin desselben; es fallen nicht selten 0 — 7 Zoll - 
theilungsfiguren in ein Gesichtsfeld. •) Auch die das Molluscum 
contagiosum bedeckende Epidermis erleidet also Veränderungen, 
welche allerdings nur bei genauer Beobachtung und zum Theile 
mittels starker Yergrüsserungen bemerkbar sind. Das oben ge¬ 
schilderte Verhalten des Pigmentes zur Epidermis ist besonders 
gut an solchen Stellen sichtbar, wo zwischen zwei mhen einander 
stehenden Mollusca sich auch noch normale Haut befindet, 
welche sich dann meistens als eine kleine Einsenkung zwischen 
den zwei erhabenen Stellen darstellt. (Fig. 3.) An dieser nor¬ 
malen Hautstelle ist das Epithel in normaler Weise pigmentirt, 
während beiderseits, wo sich die Haut zur Decke des Mollus¬ 
cum erhebt, der Pigmentgehalt abnimmt. An solchen Stellen 
nämlich, an den Einsenkungen normaler Haut zwischen zwei 
Mollusca, habe ich übrigens öfters Bilder gesehen, wie sie auf 
Eig. 3 dargestellt sind. Zwiscnen den Lamellen und Fasern 
der sich abstossenden Hornschichte fallen Gebilde auf, die 
ganz den ausgebildeten Molluscumkörperchen ähnlich sind, 
ohne dass jedoch irgend welche Zwischenstadien, welche beim 
Molluscum contagiosum der Entwickelung des Molluscumkörper¬ 
chens aus Epithelien immer vorangeht, sichtbar wären. Dass 
diese Gebilde nicht zufälligerweise ans den danebenstehenden 
Molluscum hingelangt sind, ist dadurch genügend bewiesen, dass 
sie inmitten des von der Hornschichte gebildeten Gerüstes 


') Die widersprechenden Angaben der Autoren bezüglich der 
Hecidiven, dürften auf die Präparation, besonders die Art und Zeit der 
Fixirung zurückzufübren sein. 


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Beiträge zur Kenntniss des Molluscum contagiosum. 


175 


liegen und von Hornzellen allseits eingeschlossen werden. 
Diese Beobachtung ist nicht die einzige in der Literatur. 
Mehrere Autoren haben zumeist bei verschiedenen pathologi¬ 
schen Processen Aehnliches gesehen. Ich erwähne nur die Be¬ 
funde von Török 1 ) bei Lichen planus, und Tommasoli 2 ) bei 
Pityriasis rubra und Epithelioma verrucosum abortivum, wo 
die genannten Autoren den Molluscumkörperchen sehr ähnliche 
Gebilde vorfanden, nur waren sie viel kleiner und sind wahr¬ 
scheinlich aus Umwandlung von Epithelzellen entstanden. Die 
Molluscumkörperchen werden meistens als Product einer speci- 
fischen Zell Veränderung betrachtet, welches bei keiner anderen 
Erkrankung der Haut vorkommt. Zwar scheint so manches 
gegen diese Auffassung zu sprechen, doch möchten wir die 
Frage vorläufig unentschieden lassen, da die Befunde von den 
Molluscumkörperchen ähnlichen Gebilden ausserhalb des Mol¬ 
luscum contagiosum sehr selten sind. 

Kehren wir nun zu unserer obigen Beschreibung der Zell¬ 
veränderungen, welche im Molluscum contagiosum stattfinden, 
zurück. Hier möchten wir besonders eine Thatsache hervor¬ 
heben, nämlich die, dass das Aussehen jenes homogenen, nicht 
färbbaren Fleckchens, deren Auftreten innerhalb der Epithel¬ 
zellen das erste Zeichen der beginnenden Zellveränderung 
ist, sehr lange unverändert besteht, höchstens dass die Gestalt 
oder die Grösse sich verändert. Ihr Auftreten und Verschwinden 
geschieht ganz unabhängig von den im Zellinneren sich abspie¬ 
lenden Veränderungen, nämlich von der Bildung und Zerklüftung 
der feingekörnten Substanz und deren Umwandlung in homo¬ 
gene Segmente. Damit wollen wir sagen, dass diese hellen, 
homogenen, anfangs meistens kugeligen Gebilde, 
sich nie in die feingekörnte Substanz um wandeln, 
welche in die zuerst fe i n g e kör n te n, später homogen 
werdenden Segmente sich zerklüftet, sondern ihre 
ursprünglichen Eigenschaften solange behalten, bis sie durch 

1 ) Török. Anatomie des Lichen planus. Ziegler’s Beiträge zur 
pathologischen Anatomie. 1890. Bd. VII p. 441. 

2 ) Tommasoli. Beiträge zur Histologie der Pityriasis rubra. Mo¬ 
natshefte für prakt. Dermatologie. 188!). IX. p. 250 und Leber Fpithelioma 
verrucosum abortivum. Archiv für Denn. u. Svph. 1804. Bd. XXVI p. 40. 


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den Druck der sie umgebenden, segmentirten Protoplasma- 
Massen zuerst ihre ursprüngliche Form verlieren, indem sie 
von einer oder mehreren Seiten Eindrücke erhalten, und end¬ 
lich kurz vor der vollständigen Entwickelung des Molluscum¬ 
körperchens zum grössten Tlieile oder gänzlich verschwinden. 
Mittels der sogleich zu beschreibenden Färbung bleibt oft 
rings um das entwickelte Molluscumkörperchen zwischen der 
Zellsubstanz desselben und seiner Zellmembran eine verschieden 
breite Zone nachweisbar, die eine ähnliche Reaction gibt, wie 
diese helle Fleckchen und so wäre es nun denkbar, dass diese 
Substanz selbst nicht zu Grunde gehe, sondern zugleich 
mit dem aus derselben Substanz bestehenden Inhalte der die 
homogenen Schollen trennenden Spalten (welche dieselbe färbe¬ 
rische Keaction gibt — siche unten) ganz an die Peripherie 
gedrängt wird und nach innen von der Membran eine umhüllende 
Schichte um den Inhalt der Molluscumkörperchen bildet. (Fig. 
o n.) Da aber sicher auch die Lamellen der Ilornschielite sehr 
leicht eine ähnliche Färbung anmdnnen, so wäre es möglich, 
dass dieser (üirtel der llornsubstauz der Epidermis angehört 
Auf welche Weise jene Gebilde verschwinden, wissen wir nicht, 
und wir wollen uns auch nicht diesbezüglich in Theorien ein¬ 
lassen; wir beschränken uns nur auf die Beschreibung des 
Gesehenen, welche jedoch, was die homogenen, hellen Fleckchen 
anbelangt, von der der meisten Autoren abweicht. 

Fine beträchtliche Zahl der Autoren hat diese Fleckchen für Va- 
cuolrn angesehen (Fasparv, Tliin, Türük und Tom masoli); andere 
wieder und zwar zuerst. Neisser und Touton hielten sie für Körper¬ 
chen. Neisser 1 ) beschreibt in seiner ersten Abhandlung über dieses 
Thema genau das Auftreten und Aussehen dieser Gebild-* tp. 5dO): „ . . . 
in einer Anzahl derselben (Zellen) linden sich helle wie kleinste Tröpfchen 
ausgehende Stellen meist in der Nähe des Kernes ; a und später: « . . . . 
bei geeigneterem Präparat iunsverfahrmi (frische Untersuchung, Sublimat 
oder Osmiumhürtung) sind sie als isolirte Körperchen erkennbar.“ Die¬ 
selben Körperehen sieht Verfasser in einem späteren Stadium der Zell- 
veranderung von Neuem auftreten, d. b. aus der den ganzen Zellinhalt 


’) Neisser: Feber das Fpitlieüoma contagiosum. Archiv für 
Dermatologie und Syphilis 1 HHS p. In dieser Arbeit ist auch die 

Literatur bis zu dieser Zeit sehr übersieht lieh und genau zusammen¬ 
gestellt. 


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Beiträge zur Kenntniss des Molluscum contagiosum. 


177 


bildenden körnigen Substanz der Ne i s s er’schen Gregarine sich entwickeln. 
Verfasser hält dieselben für eine weitere Entwickelungsstufe der Gregarin- 
susporen. Neisser glaubt also, dass die zuallererst auftretenden hellen 
Körperchen später gekörnt werden und an Grösse zunehmend, die die 
ganze Zelle ausfüllende hypothetische Gregarine bilden, aus deren Sporen 
sich von Neuem die hellen Körperchen entwickeln. 

In einer späteren Arbeit, 1 ) in welcher er seinen früheren Standpunkt 
vertheidigt, beschreibt er noch eingehender den oben geschilderten Ent¬ 
wicklungsgang seiner Gregarinen. 

Doch müssen wir bemerken, dass einige seiner schönen Abbildungen 
nicht für die Neisser’sche Erklärung zu sprechen scheinen. So z. B. 
Abb. K. auf Tafel XXV, wo doch die homogenen Körperchen beinahe in 
jedem Stadium der den Zellinhalt bildenden Masse sichtbar sind. Dieser 
Umstand — meinen wir — möchte vielleicht mehr für die Ansicht sprechen, 
dass die körnige Substanz und homogene Körperchen nicht in genetischem 
Verhältnisse mit einander stehen. 

Török und Tommasoli' 2 ) halten diese Gebilde für bläschenför¬ 
mige Vacuolen und meinen, dass sie durch Fixirung und Härtung ent¬ 
standene Kunstproducte seien. lieber den Ort ihres Vorkommens sagen 
die Verfasser: „Man findet dieselben ebenso in Zellen, welche die Para¬ 
siten nicht enthalten, wie auch in der zuerst granulirten, später homo¬ 
genen Substanz, welche diese scheinbaren Parasiten ausmachen wollen. 

Török und Tommasoli scheiden also die hellen homogenen 
Gebilde scharf von dem übrigen Zellinhalte ab und fanden jene wie auch 
wir — in jedem beliebigen Stadium der Zellverändorung. Nur halten wir 
sie aus später zu erörternden Gründen für keine Kunstproducte. Trotz¬ 
dem haben spätere Autoren jene Gebilde in genetischen Zusammenhang 
mit dem übrigen Zellinhalte gebracht, indem sie behaupteten, dass die 
hellen Fleckchen für das Anfangsstadium der körnigen Umwandlung des 
Zellprotoplasmas zu betrachten seien, oder sie seien ein Entwickelungs¬ 
stadium der Sporen des hypothetischen Parasiten, oder sie seien Kerne 
der Parasiten etc. 

Nach March and 3 ) sollen sic von Neisser für Parasiten ange¬ 
sehenen Gebilde aus kleinen glänzenden Körperchen entstehen, welche 
sich im Zellprotoplasma neben dem Kerne entwickeln und durch Confluenz 
die grösseren Körper bilden. 


*) Neisser: lieber Molluscum contagiosum. Verhandlungen der 
deutschen dermatologischen Gesellschaft. Vierter Congress p. 58b. 

*) Török und Tommasoli: lieber das Wesen des Epithelioma 
contagiosum. Monatshefte für praktische Dermatologie 1890, S. 149. 

3 ) March and: Verhandlung des X. internationalen medicinischen 
Congresses 1890, Berlin, Bd. II, Abtheilung III p. 117. 

Archiv f. Dermatol, u. Syphil. Band XXXVII. ]2 


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Touton 1 ) bii.lt diese Gebilde, welche er in den tiefsten Lagen des 
Epithels findet, für den Kern des Parasiten und glaubt durch diesen Befund 
einen neuen Beweis für die Bollinger-Nei ss er’sche Ansicht geliefert 
zu haben. Hansemann beschreibt folgendermassen die erste Verän¬ 
derung in den Molluscumzellen:*) . . . „es tritt eine kleine diffuse trübe 
Verdichtung des Protoplasmas ein, neben dem Kerne der Zelle.“ Zweifel¬ 
los ist diese „Verdichtung des Protoplasmas“ mit den von uns auch 
beschriebenen hellen Fleckchen identisch. Aber auch Han sein ann meint, 
dass diese „diffuse Verdichtung“ an Grösse zunehmend zuletzt zu der 
die ganze Zelle ausfüllende und die Substanz des Molluscumkörperchens 
bildende Masse wird. 

K u zni tz k v’s *) Beschreibung stobt etwas in ihren wesentlichen 
Punkten der unserigen nahe. Nur sollen nach dem Verfasser die ersten 
Veränderungen, welche zur Bildung der hellen Fleckchen führen, im 
Kerne erscheinen. Dieser Ansicht können wir uns durchaus nicht 
anschliessen, vielmehr müssen wir ganz entschieden behaupten, dass in 
allen unseren Präparatem, mit welcher Methode* sie auch behandelt waren, 
die homogenen Gebilde zwar zumeist in der unmittelbaren Nabe des 
Ke rnes auftraten, so dass sie demselben entweder von einer Seite zu eine 
sichelte innige, oder von mehreren Seiten zu einer unregelmäßig geformten 
Gestalt comprimirtem, aber doch immer z w i s c h e n K e r n u n d P r o t o- 
plasma ihren Sitz hatten. Innen sassen sie ausserhalb eleu* geschlossen 
in sieh zurückhaltenden Kernmembran. Wir werden übrigens auf die K uz- 
n i t z k v'scbe Arbeit noedi zurückkommen. 

Benda, 4 ) eler sich Anfangs — wie er selber sagt — der B o 11 i n g e r- 
N e i s s e Eschen Ansicht angeschlossim hat te, hält, naclulem er sich ein¬ 
gehend mit der Frage beschäftigte, die Molluseumkörperehen für das 
Product einer regressiven Metamorphose, doch hält er es für möglich, 
dass die in den Fpitheüen zuerst auftretenden „Initalkörper“ der spater 
zu Grunde gehende Parasit sind. Durch Behandlung mit Sulpetersäure-Kali- 
bieiiromat Gemisch und Färben mit Anilinwassergentianaviolott und 
Vesuvin ist dem Verfasser eine isolirte Färbung dieser „Initialkörperchen“ 
gelungen. 

Wir müssen uns nun etwas eingehender mit den verschie¬ 
denen Ansichten belassen, welche die Autoren über diese bellen 
homogenen Gebilde ausserten, theils weil meine Beschreibung 

*) Touton: Verhandlungen der deutschen dermat. Gesellschaft. 
Dritter Congress Leipzig l^Ul, auch am vierten Congress. 

2 ) Hanseinan u: Kritisch*.* Bemerkungen über die Aetiologie des 
Carcinoma. Berlin, Klin. Wochenschrift lslM, p. 14. 

3 ) Kuznitzky: Beiträge zur Contreverse etc. Arch. f. Demi. u. 
Svph. 18Uö, Bd. III, p. (i5. 

4 j Benda: ( ntcrsucliungen über die Klemente des Molluscum con¬ 
tagiosum. Dermatologische Zeitschrift. 1SU5, Bd. 11., p. 105. 


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Beiträge zur Kenntniss des Molluscum contagiosum. 


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von der der anderen Autoren abweicht, theils aber, weil ich im 
Stande war, in jenen Fleckchen mit der in den nächstfolgenden 
Zeilen zu beschreibenden Methode die bereits erwähnte in¬ 
teressante Farbenreaction hervorzurufen. 

Die frisch excidirten Mollusca contagiosa bringt man für 
24 Stunden behufs Fixirung und Härtung in eine concentrirte, 
wässerige Pikrinsäurelösung. Das von uns aufgearbeitete Ma¬ 
terial war in einem Gemisch von Pikrinsäure und Platinchlorid¬ 
lösung fixirt und sofort in steigendem Alkohol gehärtet. Es hat 
sich jedoch später gezeigt, dass Pikrinsäure allein dieselben 
Dienste leistet; nur das Vorhandensein der Pikrinsäure ist 
Bedingung des Gelingens des weiteren Verfahrens, ft ach 
24 Stunden werden die Stücke in Wasser oberflächlich ausge¬ 
waschen und behufs weiterer Härtung in 95% absoluten 
Alkohol übertragen. Der Alkohol wird während 2—3 Tage 
zwei bis dreimal gewechselt, bis er aus dem Stückchen die 
Pikrinsäure grösstentheils, aber nicht ganz extrahirt hat. 
Dann wird in Paraffin eingebettet, 1 ) die Schnitte in alkali¬ 
scher Methylenblaulösung gefärbt und in Wasser gut 
ausgewaschen. Aus Wasser werden die gefärbten Schnitte in 
eine helle strohgelb gefärbte alkoholische Lösung von Pikrin¬ 
säure übertragen, welche so bereitet wird, dass man zu einem 
Uhrschälchen Alkohol 3—4 Tropfen einer concentrirten wässe¬ 
rigen Pikrinsäurelösung hinzufügt. Statt der Pikrinsäure haben 
wir Anfangs verdünnte Essigsäure angewendet, wir fanden jedoch 
die Pikrinsäure zweckmässiger. In dieser Lösung werden die 
blau gefärbten Schnitte selbstverständlich grün und zum grossen 
Theile auch decolorirt. Nach einiger Zeit aber erhalten die 
Schnitte, besonders in der Umgebung der Molluscumdelle, eine 
leicht roth-violette Färbung. Wenn diese Färbung eingetreten 
ist, dann überträgt man sie auf kurze Zeit in absoluten Alkohol, 
um die überflüssige Pikrinsäure aus den Schnitten zu extra- 
hiren, hellt in Xylol auf und schliesst in Canada-Balsam ein, 
oder man untersucht gleich nach der Einwirkung der Pikrin- 


') Einbettung in Celloidin ist nicht anwendbar, da das Aether- 
Alkohoigeinisch, das Lösungsmittel des Celloidius, wie auch der zur Auf¬ 
nahme der Schnitte dienende 70% Alkohol, die Pikrinsäure ganz extrahirt. 

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I! e e k. 


säure in Glycerin. Das Färbuiigsprineip ist also eine Vorbe¬ 
handlung in Pikrinsäurelösung, dann Färbung mit alkalischem 
Methylenblau und Nachbehandlung mit verdünnter Säure. An 
den so behandelten Präparaten ist die Hornschichte sehr oft 
roth-violett gefärbt, besonders jene Lamellen derselben, welche 
die ganz ausgebildeten Molluscumkörperchen umgehen, die 
Molluscumkörperchen glänzend dunkelgrün mit einer unregel¬ 
mässig zerstreuten Körnung unmittelbar unter der Zellmembran; 
die Keratohyalinschollen oft ebenfalls rotli-violett, jedoch etwas 
dünkler, mit einem Stich in’s Braune. In den Epithelzellen, unter¬ 
halb der ausgebildeten Molluscumkörperchen, bis zu den das 
Neugebilde begrenzenden, die charakteristischen Veränderungen 
nicht mehr aufweisenden Basalzellen, sind die oben beschrie¬ 
benen homogenen hellen F1 eckche n sehr sc h ön 
roth-violett gefärbt ohne die geringste Spur einer Körnung. 
(Fig. 4.) ') Die Färbung dieser Gebilde ist jedoch in den Zellen 
der oberen Schichte intensiver als in denen der tieferen, u. zw. 
deshalb, weil das tiefere, saftreiche Gewebe die während der 
Fixirung in sich aufgenouimene Pikrinsäure bei der Nachhärtung 
in Alkohol und während der nachfolgenden Behandlung sehr 
leicht abgibt, während die mehr obertiächlichen mit einem Ke- 


') Wir wollen nicht unerwähnt lassen, dass Neisser im Anhänge 
«einer ersten Abhandlung über Mollusr. eontag., wo er uns eine ausführ¬ 
liche und lehrreiche Zusammenstellung jener Fixirungs- und Färbungs- 
verfalnvn gibt, welelie er bei seinen Forschungen angewendet hat, ii 1 »or 
eine Methode berichtet, die der unserigen vielleicht einigermassen ähnlich 
ist. Ich gehe Wort; für Wort die N e i s s e r’sche Beschreibung wieder: 
„Härtung in MülleFscher Flüssigkeit. 1. Wässeriges Methylenblau. 2. 
Lö t’fl c r’sclies Methylenblau. '/.>% Schwefel wasser. 3. Löffl er’sches 
Methylenblau, essigsaures Wasser, Eo>in, Alkohol. Die Molluscumkörper 
in den oberen (bereits verhornten) Schichten schön rofh, Kern daneben 
in der Zelle deutlich blau; auch in den tieferen Schichten setzt sich die 
(parasitäre) Einlagerung als eine rüthlhdie Zone in der sonst bläulich 
gefärbten Zelle ab. Die Aehnlirhkeit ist jedoch eine nur oberflächliche. 
Mit Neisser’s Verfahren färbt sich nämlich der ganze „Parasit“, also 
in einem etwas mehr fortgeschrittenem Stadium dm* ganze Zellinhalt-, ja 
die Molluseumkörper selbst röthlich, während bei uns nur geringer Tlieil 
des Zellinhaltes sich roth färbt. Aus Neisser’s obiger Beschreibung 
sehen wir auch nicht genau, ob er nur bei Doppolfärhung mit Fosin oder 
mit der unter 1. und 2. beschriebenen Färbungen jene Bi hier bekommen hat. 


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Beitrüge zur Kenntnis» des Molluscum contagiosum. 


181 


ratohyalin- und Keratingeriist so zu sagen umsponnenen Zellen 
die einmal aufgenommene Flüssigkeit besser behalten. Die 
grösseren dieser roth gefärbten Gebilde sind in ihrer Mitte oft 
heller als an ihrer Peripherie und enthalten nicht selten ein 
bis zwei ganz helle Streifen. (Fig. 4.) Das sind offenbar Proto¬ 
plasmastreifen, welche in die Gebilde eiuschneiden. Die letzteren 
sind gegen den übrigen grün gefärbten Zellinhalt scharf abge¬ 
grenzt und zumeist mit einem von dem übrigen Zellinhalte sich 
deutlich abhebenden, homogenen, glänzend grünen Ring umsäumt. 
Dieselbe roth-violette Färbung nimmt auch der lu¬ 
ll altjener Spalten an, welche die gekörnten, später 
(u. zw. unmittelbar vor der Vollendung des Mol¬ 
luscumkörperchens) mehr homogenen Zellsegmente 
im Zellinneren von einander trennen. (Abb. 5.) Im 
Uebrigen zeigt der grün gefärbte Theil des Zellinhaltes einen 
sehr verschiedenen Grad einer etwas rüthliehen Körnung, je 
nachdem wir zum Hervorbringen der obigen Reaction eine mehr 
diluirte oder concentrirte Pikrinsäurelösung angewendet haben. 
In erstem Falle sind die Zellen weniger und fein, in letzterem 
Falle mehr und grob gekörnt. Ja bei Anwendung zu starker 
Lösungen von Pikrinsäure und ohne genügendes vorhergehendes 
Auswaschen der gefärbten Schnitte in Wasser, ist der ganze 
Schnitt wie mit einem Schleier überzogen. Aber auch in diesem 
Falle ist die Körnung innerhalb der Zellgrenzen der veränderten 
Zellen ganz deutlich von den übrigen Niederschlägen zu unter¬ 
scheiden, so dass wir dies als eine chemische Reaction des ver¬ 
änderten Zellinhaltes betrachten können. 

Für welche Substanz sollen wir nun auf Grund dieser 
Farbenreaction jene sich roth tingirenden Fleckchen und den 
mit ihnen wahrscheinlich identischen Inhalt der Spalten zwischen 
den Plasmasegmenten betrachten V Vor Allem wäre zu ent¬ 
scheiden, ob dies präformirte Gebilde oder Kunstproducte 
sind. (Törok und Tommasoli etc.) Jener Umstand, dass wir sie 
weder an Schnitten der mit Alkohol, noch der mit Sublimat 
oder Pikrinsäure fixirten Stückchen vermisst haben, und dass 
viele Autoren sie auch an frischem und an mit den bisher 
bekannten besten Protoplasma Fixirungsmitteln behandelten Prä¬ 
paraten beobachtet haben, gibt uns das Recht, mit den meisten 


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Bock. 


1n2 

Autoren anzunehmen, dass sie während des pathologischen Pro- 
cesses in vivo entstanden sind, also kein Kunstproduct dar¬ 
stellen. Sie wurden an Alkoholpräparaten wahrscheinlich nur 
deshalb für künstlich entstandene Vacuolen gehalten, weil die 
Eigenschaft des Alkohols. Protoplasma zum Schrumpfen zu 
bringen, dies plausibel machte. Kuznitzky aber tritt ganz 
entschieden für den Alkohol als für ein zur Fixirung besonders 
geeignetes Mittel ein. Was besonders N e i s s e r für eine durch 
Alkohol hervorgerufene Schrumpfung des Zellkernes hält, das 
betrachtet Kuznitzky für kein Kunstproduct, sondern für 
einen im Lebenden entstandenen pathologischen Zustand der 
Epithelzelle, welcher bei den verschiedensten Hautaffectionen 
vorkommt, und zerstreut auch in der normalen Epidermis. 

„Relativ am zahlreichsten sind sie vertreten (nämlich die 
Kernschrumpfung zeigenden Zellen) — sagt K u z ni t z ky — bei 
Condyloma acuminatum, bei syphilitischen Schwielen, bei Hyper- 
keratosen und dann eben bei Mo 11asc. contag.“ Um diese 
Frage zu entscheiden, wären vergleichende Untersuchungen 
mittelst der verschiedenen Fixationsverfahren nöthig und solche 
haben wir nicht angestellt. Doch glauben wir selber, auf Grund 
unserer eigenen allerdings nur bescheidenen histologischen Er¬ 
fahrungen, dass der Alkohol auf die Zellstructur schädigend 
einwirkt. Wir müssen jedoch erwähnen, dass wir — uns auf 
obige Behauptung Kuznitzky’s stützend — von einem labium 
maius frisch excidirte Condylomata aeuminata in Pikrinsäure¬ 
lösung fixirten und in Alkohol nachhärteten. Kuznitzky’s Be¬ 
hauptung fand insofern eine Bestätigung, dass auch in den 
Schnitten so behandelter Präparate ein grosser Theil der Epithel¬ 
zellen meist in Gruppen geordnet, jene Erscheinung darbot, die 
wir gewöhnlich als Kernschrumptung oder Protoplasmaretraction 
zu bezeichnen pflegen: das heisst, es war scheinbar rings herum 
oder an einer Seite des Kernes eine kreisrunde oder unregel¬ 
mässige Lücke sichtbar. Allerdings könnte man hierauf ent¬ 
gegnen, dass Pikrinsäure auch schrumpfend wirkt, Kuznitzky 
behauptet aber, dass auch in dem aus Irischem Material mittelst 
Gefriermikrotom erhaltenen Schnitten dieselben Zellformen und 
in derselben Menge Vorkommen. Die Frage lassen wir vorläufig 
dahingestellt. Von besonderer Wichtigkeit scheint uns aber der 


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Beiträge zur Kenntniss des Molluscum contagiosum. 1S3 

Umstand zu sein, dass während sich diese wie „Lücken“ aussehen- 
den Flecke zwischen Kern und Protoplasma mit dem gewöhnlichen 
Verfahren nicht färben, werden sie bei Anwendung unserer 
Tinctionsmethode ebenso roth-violett gefärbt, w r ie 
die in den Molluscumzellen beschriebenen Ge¬ 
bilde. (Vergleiche mit Abb. Die Färbung ist also eine 
specifische Reaction dieser Gebilde. Ja, es nehmen sogar ausser 
den erwähnten noch die folgenden Substanzen eine ähnliche 
Tinction an: die seröse Flüssigkeit, welche im Fibringerinnsel 
zwischen den Fibrinfäden enthalten ist, der Inhalt der inter- 
spinalen Räume zwischen den Stachelzellen der Malpighi- 
schen Schichte und das Serum, welches in den Blutgefässen 
oft zwischen den Blutzellen zurückbleibt. Wir glauben daraus 
mit Recht den Schluss ziehen zu dürfen, dass die Substanz 
jener homogenen, hellen Gebilde, welche in den veränderten 
Epithelzellen des Moll, contag. Vorkommen, diesen Flüssigkeiten 
chemisch nahestehen. Keratin und Keratohyalin färben sich 
zwar oft ebenfalls in ähnlicher Weise, doch bei Weitem nicht 
so constant und dann auch — wie schon erwähnt wurde — 
in einem anderen, mehr bräunlichen Farbentone. Wir glauben 
also, dass der Process mit Verhornung nichts zu thun hat. 

Was nun das eigentliche Wesen und besonders den 
Grund des Vorganges im Zellinneren betrifft, so müssen wir 
zugeben, dass wir oft Bilder gesehen haben, die manchen Ab¬ 
bildungen Neisser’s sehr ähnlich sind, wo die Vertheilung 
des gekörnten Zellinhaltes in Segmente wohl geeignet ist, die 
Annahme, wir hätten es hier mit in Sporulation begriffenen 
Parasiten zu thun, plausibel zu machen (Fig. 5 «6), umsomehr, 
da ja durch diese Annahme auch der Grund der Contagiosität 
nicht mehr dunkel wäre. Wenn aber auch die einzelnen Phasen 
der Morphologie dieser Gebilde die Bollinger-Neisser’sche 
Ansicht zu unterstützen scheinen, so steht vorläufig noch sehr 
Vieles dieser Ansicht entgegen; das Misslingen der Züchtungs¬ 
versuche, das Fehlen einzelner Phasen im Entwickelungsgange des 
hypothetischen Parasiten etc. etc., deren ausführliche Bespre¬ 
chung ja den Hauptgegenstand aller jener Abhandlungen bildet, 
welche gegen die Bollinger-Neisser’sche Ansicht Stellung 
nehmen; deswegen verzichten wir auch hierauf näher einzu- 


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Beck. 


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gehen. Solange jene Annahme, dass die in der veränderten 
Zelle befindliche Substanz irgend ein Parasit sei, sich nur auf 
einige morphologische Aehnlichkeiten stützen kann, müssen wir, 
die letzten Gründe bei Seite lassend, annehmen, dass die Vor¬ 
gänge im Zellinneren eine regressive Metamorphose 
sind, deren Ursache vielleicht in einem Contagium gelegen ist, 
welches wir aber nicht genau kennen. Wahrscheinlich tritt eine 
Disgregation des Zellprotoplasmas ein, der zufolge sich aus 
dem Protoplasma von demselben differente Substanzen ab¬ 
scheiden (die roth-violetten Gebilde, die gekörnten, später 
homogenen Schollen etc.). 

Nach Schluss dieses Manuscriptes erschien eine neue Arbeit Kuz- 
nitzky’s: „Fin Fall von A^anthosis nigricans^ (Arch. f. Demi. u. Sypli. 
Bd. 35, Heft 1), in welcher er wieder die von ihm angenommene Verän¬ 
derung als im Kerne der Kpithelzellen selbst sitzend, beschreibt. Dem 
gegenüber müssen wir noch einmal hervorheben, dass die Masse, durch 
deren Druck die Kernsubstanz deformirt wird, an unseren Präparaten 
von spitzen Condylomen und vom Molluscum ganz bestimmt ausserhalb 
d* r Kernmeinbran entsteht und es wird nicht ein Re*t der Ivernsubstanz, 
sondern der ganze Kern, inclusive Kernmembran comprimirt. Dies lässt 
sich durch die von uns beschriebene Färbung, welche Kuznitzkv noch 
nicht zur Verfügung stand, auf das Sicherste beweisen, ist aber auch an 
unseren Sahraninpräparaten ganz deutlich zu sehen. Dort, wo es scheint, 
dass der Kern mitten in der violett gefärbten Masse abgeschlossen ist, 
kann man sich durch Verstellen der Mikrometerschraube überzeugen, 
dass der Kern höher oder tiefer der Masse bloss anliegt. Ueber die Natur 
der sieb violett färbenden Substanz müssen weitere Untersuchungen Auf¬ 
schluss geben. 

Indem ich die Arbeit schliesse, kann ich es nicht unter¬ 
lassen, an dieser Stelle meinen besten Dank dem Herrn Doc. 
Dr. S. Ehr mann dafür auszusprechen, dass er mir mit grösster 
Zuvorkommenheit das Material übergab, Platz zum Arbeiten 
in seinem Privat-Laboratorium gewährte und mir während der 
Arbeit oft mit gutem Ratli behilflich war. 


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Beiträge zur Kenntniss des Molluscum contagiosum. 


185 


Erklärung der Abbildungen auf Tafel VIII u. IX. 

Fig. 1. Uebersichtsbild bei schwacher Yergrösserung eines Mollusc. 
contag. von der Genitalgegend. Reichert. Obj. 3, Ocul. IV. (Fall I.) Fixirt 
in Pikrin-Platinchlorid, gefärbt mit Saffranin. Die das Molluscum deckende 
Epidermis ist pigmentfrei; an der Uebergangsstelle in die normale Haut 
die Basalzellen sehr pigmentreich. Im Cutisgewebe Melanoblasten. 

Fig. 2. Ein Theil der das Molluscum deckenden Epidermis bei 
starker Vergr., Reich. Obj. 8, Oc. H. Fixirung, Färbung wie oben. An 
der Grenze zwischen Epidermis und Cutis eine ganze Reihe von Melano- 
blasten, die ihre Ausläufer zwischen die Epithelzellen senden und anasto- 
mosiren. Die Epithelzellen sind nicht im Stande Pigment aufzunehmen. 
(Nur rechts noch zwei pigmenthaltige Basalzellen.) 

Fig. 3. Einsenkung der normalen Epidermis zwischen zwei Mol¬ 
lusca. Fixirung, Färbung wie oben. Vergr. Reich. Obj. 4, Oc. IV. Basal¬ 
zellen der normalen Epidermis stark pigmentirt. Zwischen den Lamellen 
der Hornschichte Molluscumkörperchen ähnliche Gebilde. 

Fig. 4. Der gänzlichen Ausbildung nahe stehende Molluscumzellen. 
Reich. Hom. Imm. y, a . Oc. II. Fixirung wie oben. Färbung alkal. Methy¬ 
lenblau, decolorirt in Pikrinsäure. Grösster Theil des Zellinhaltes grün, 
mit violetter Körnung, in einigen Zellen auch eine roth-violett gefärbte 
homogene Substanz. Näheres siehe im Text. Das zwischen den Zellen 
liegende Gewebe ist nicht gezeichnet. 

Fig. 5. Mehrere Zellen aus einem Molluscum. Vergr. Reich. Hom. 
Imm. Oc. IV. Fixirung, Färbung wie voriges Präparat. Die Zellen 
zeigen einen verschiedenen Grad ihrer Entwickelung zum Molluscum¬ 
körperchen. Bei a der Zellinhalt mit vielen rothen Spalten durchsetzt 
(in einer Zelle ein homogenes, roth gefärbtes Gebilde) zi Zellen aus den 
tieferen Schichten; Zelle b ist nur mehr in vier Theile getheilt, Zell¬ 
inhalt etwas homogener m Zelle aus einer höheren Schichte. 

Fig. 6. Zellen vom Rande des Molluscum ganz nahe zur Ueber¬ 
gangsstelle ins deckende Epithel.* Vergr. Reich. Hom. Imm. '/ l2 . Oc. IV. 
Fixirung, Färbung wie voriges Präparat. Kern geschrumpft, rings um 
denselben ein breiter Hof, dessen Inhalt sich ebenso tingirt wie die ho¬ 
mogenen Gebilde der Molluscumzeilen. Erstes Stadium der Zellverände¬ 
rung. Siehe Näheres im Text. 


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Die mikroskopische Technik im Dienste 
der Dermatologie. 1} 

Ein EUckblick auf das Jahr 1894. 

Von 

Dr. R. Ledermann, un(i Dr. Ratkowski, 

Arzt für Hautkrankheiten prakt. Arzt 

in Berlin. 


(Fortsetzung.) 


2. Cutis und Subcutis. 

Protoplasmafärbung, Bindegewebszellen. 

Die von Unna angegebene Doppelfärbung auf Protoplasma und Col¬ 
lagen mittels polychromen Methylenblaus und neutralen Orceins (Grübler) 
reicht nicht nur für eine orientirende Uebersicht aus, sondern ist auch 
mittels gewisser Modificationen nach demselben Autor für das Studium 
der Genese der Bindegewebszellen unter pathologischen Verhältnissen ge¬ 
eignet. Während nun die sonst gebräuchlichen Härtungsmethoden nach 
seiner Erfahrung die tinetorielle Differencirung der beiden Substanzen 
durch die polychrome Methylenblaulösung vollständig verhindern, erhält 
die einfache und rasche Härtung mit absolutem Alkohol allein das Proto¬ 
plasma in einem für diese tingiblen Zustande. Die polychrome Methylen¬ 
blaulösung erscheint am rationellsten, weil sie in den drei sie zusaminen- 
aetzenden Stoßen, dem Methylenblau, Methylenviolett und Methylenroth, 
eine Stufenleiter von ausgesprochener Basophilie bis ausgesprochener 
Acidophilie zeigt; denn das Protoplasma ist im allgemeinen sehr wenig 
basophil, also mit den basischen Kernfärbungen kaum zu färben, anderer¬ 
seits aber sind die Cutiszellen so dicht von eollagcner und elastischer, 
also acidophiler Substanz umgeben, dass auch die sauren Farben sich 
schlecht für eine specitische Protoplasmafärbung eignen; man kaun daher 
nur quantitative Unterschiede in ihrer Acidophilie für die Trennung von 


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Ledermann und Ratkowski. 


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Collagen und Protoplasma verwerthen, zu welchem Zwecke sich die poly¬ 
chrome Methylenblaulösung besonders eignet. 

Das Protoplasma ist nun bekanntlich keine einheitliche Substanz. 
Alle seine Constituentien mittels einer einzigen Färhungsmethode tineto- 
riell zu difiereneiren, wäre zu viel verlangt, sondern der complexen 
chemischen Zusammensetzung entspricht auch ein Coraplex von Färbungs¬ 
methoden. Unna bringt nun mittels seiner „Protoplasmafarbungen - einen 
Theil der morphologischen Erscheinungen, und zwar gerade die wesentlich 
formgebenden Substanzen, des Zelleibes zur Anschauung. Die Auslese, 
welche die polychrome Methylenblaulösung bei entsprechender Entfärbung 
trifft, zeigt hauptsächlich zwei Grundsubstanzen, eine homogene und eine 
körnige. Die homogene, sich mit dem Methylviolett färbend, stellt netz¬ 
förmige Flächen oder schwammartig durchbrochene Körper dar: Unnas 
,,Spongioplasma w . Das körnige, sich mit Methylenblau färbende, tritt in 
gröberen Brocken oder feineren Körnern auf, von Unna Granoplasma 
genannt. Letzteres hat nichts mit den specitisehen Granulationen von 
Altmann und Ehrlich zu thun, es gehört vielmehr wie das Spongio- 
plasma zur Grundsubstanz und findet sich in geringerem oder höherem 
Grade bei jeder grosseren Cutiszelle, in die Maschen des Spongioplasmas 
eingelagert. Bei extremer Ausbildung des Granoplasmas verwandelt sich 
die Cutiszelle in eine „Plasmazelle“. 

Das Granoplasma ist wesentlich leichter darstellbar als das Spongio- 
plasma, am leichtesten ist daher die Plasmazelle sichtbar zu machen. 
Unna hat mit Van der Spek zusammen bereits früher eine Anzahl 
Entfärbungsmethoden für die mit polychromem Methylenblau gefärbten 
Schnitte mitgetheilt, bei welchen das Protoplasma der Plasmazeilen stark 
hervortritt. In seiner zweiten Arbeit über Plasmazellen bat Unna zwei 
allgemein brauchbare und besonders einfache Methoden angegeben (Ent¬ 
färbung mit Glycerinntberinisclmng und mit neutraler spirituöser Orcein- 
lösung. Die Methode ist am Schluss des Referats zusammengestellt. Ausser¬ 
dem s. unsern Rückblick 1883—02). Schwieriger ist das Spongioplasma 
der Bindegewebszellen darzustellen. Die Entfärbungen, welche eine be¬ 
sondere Verwandtschaft zum Collagen zeigen (so auch die Glycerinäther¬ 
losung, die neutrale Orceinlösung), greifen zu leicht die feinen Spongio- 
plasmaausläufer an. Dagegen begünstigen ge wisse Salze (rothes Blutlaugen- 
salz, Borax, Soda, Schwefelleber, Baryt) die Färbung, ebenso wie auch 
schon der Fortfall reiner Alkohollösung sehr viel zur Fixirung des Me¬ 
thylenvioletts auf dem Spongioplasma beiträgt. Von einer sehr grossen Anzahl 
durchprobirter Methoden theilt Verf. zwei als einfachste und universell 
brauchbare mit. Die erste beruht darauf, dass schon der Zusatz von 
Xylol zum Alkohol beim Entwässern genügt, um den liaupttheil des Spongio¬ 
plasmas gefärbt zu erhalten: Man überfärbt die Schnitte stark in der 
polychromen Methylenblaulösung (eine halbe Stunde bis eine Nacht), spült 
sie nur schwach in mit Wasser stark verdünnter Glycerinäthermischung, 
dann in Wasser ab, und bringt sie, noch ziemlich stark gefärbt, in eine 
Mischung von Alcohol absolutus 20 Theile und Xylol 30 Theile, in der sie 


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Die mikroskop. Technik im Dienste der Dermatologie. 


189 


etwa */ 4 Stunde bleiben (feinste Entfärbung). Abspülen in Xylol, Einschluss 
in Balsam. Eine Entfärbung allein in der Alkoholxylolraischung wirkt 
zu langsam und unvollkommen, die kurze Abspülung in der verdünnten 
Glycerinäthermischung wirkt in dieser Beziehung praktischer, man hat 
aber darauf zu sehen, dass die letztere durch reichliches Abspülen in 
Wasser wieder gut entfernt wird, da sie sonst, wenn noch Spuren in die 
Alkoholxylolmischung übertragen würden, eine starke nachträgliche Ent¬ 
färbung bewirken würde. Bei der zweiten Methode werden die Schnitte 
wieder in polychromer Methylenblaulösung stark überfärbt (meist eine 
halbe Stunde), dann Abspülen in Wasser, Uebertrngen in eine Mischung 
von Alkohol 10, Xylol 15, Anilinöl 25 zur gleichzeitigen Entwässerung 
und Differencirung (3 bis 5 Minuten), dann reiner Xylol-Balsam. Bei 
dieser Methode entfärbt hauptsächlich das Anilinöl. Bei der ersten Me¬ 
thode sind die Schnitte heller, daher passt sie besser für zellenreiche 
Gewebe, in denen man einen Ueberblick über die verschiedenen hyper¬ 
trophischen Formen der Bindegewebszellen (Plasmazellcn und Chorioplaxen 
einerseits, Flügelzellen, Korbzellen, Plattenzellen anderseits) gewinnen will 
(Granulationsgewebe, Furunkel, Akne, Ulcus molle, Lupus etc). Bei der 
zweiten Methode bleibt alles dunkler, und auch die feinsten Ausläufer 
des Spongioplasmas erscheinen scharf contourirt in violetter Farbe. Sie 
ist daher vorzuziehen bei zellenärmeren und collagenreicheren Geweben, 
wo es auf eine genauere Abgrenzung der Fibroplasien (Spindel-, Flügel-, 
Plattenzelien) vom Collagen ankommt (Karben, Initialsclerose, Lupus- 
sclerose, Fibrome, Sarkome etc.). Bei einem Zusatz einer sauren Farbe 
(Pikrinsäure, Orange, Eosin) zu der Alkoliolanilinxylolmischung werden 
die zarten Ausläufer des Spongioplasmas zu leieht umgefärbt. Die erste 
Methode kann man auch iu Verbindung mit einer Orcüinvorfarbung an¬ 
wenden: etwa 3 Stunden in der starken einprocentigen Spirituosen Orcäin- 
lösung, dann eine Nacht in der Methylenblaulösung, dann Glycerinäther¬ 
mischung etc. Bei den im Vorhergehenden beschriebenen Proceduren ist 
es von Vortheil, wenn der raethylenblaue, in Wasser abgespülte Schnitt, 
ehe er in die Alkohol-Xylol- oder Alkohol-Anilin-Xylol-Mischung übertragen 
wird, durch Berührung mit Löschpapier auf dem Spatel möglichst ent¬ 
wässert wird. 

Auf diesem Princip, nämlich der Trennung der Entfärbung von 
der Entwässerung beruht die dritte vom Yerf. angegebene Methode, welche 
noch bessere Resultate liefern soll: Die Schnitte werden sehr stark (die 
ganze Nacht) in polychromem Methylenblau überfärbt, kurz in Wasser 
abgespült, auf dem Spatel vom überschüssigen Wasser befreit, in ein 
Schälchen mit 2ü Theilen Alcohol absolutes und 30 Theilen Xylol gebracht-, 
worin sie sehr wenig Farbe verlieren, aber nach ‘/ 2 bis 1 Minute voll¬ 
ständig entwässert sind, dann reines Xylol (1 Minute oder länger). Jetzt 
gelangen die Schnitte in die DitVerencirungsmischung von Anilin und 
Alaun: in ein mit Anilin gefülltes 20 Gr. Fläschchen schüttet man so 
viel Alauupulver, dass der Boden etwa 1 Cm. hoch bedeckt ist, schüttelt 
das Fläschchen öfters um und lässt es dann stehen. Zum Gebrauch wird 


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l!)0 Ledormaun und Ilatkowski. 

von der nochmals geschüttelten Mischung etwas in ein Schälchen abfil- 
trirt. Hierin werden die Schnitte kräftig entfärbt (6 bis 10 Minuten). 
Eine Ueberentfärbung, wie bei der Behandlung wasserfeuchter Schuitte 
mit derselben Mischung tritt bei den entwässerten nicht ein, auch wenn 
man sie 15 Minuten und länger darin verweilen lässt. Dann Abspülen 
in Xylol, Balsam. Für sehr collagenreiche Schnitte empfiehlt Verf. statt 
der An linalaunmisehung eine auf gleiche Weise hergestellte Anilinkoch¬ 
salzmischung, welche die collagene Substanz rascher und gründlicher als 
jene entfärbt. I)a diese Färbung speciell die feinsten Ausläufer des Spongio- 
plasmas darstellen soll, so unterlässt man besser jede Verfärbung der 
Schnitte auch mit Orcein, da jene sich am besten von einem hellen un¬ 
gefärbten Hintergründe abheben. Erst mit dieser Methode ist es Unna 
gelungen, die Spindelzellen der normalen Cutis in ihrer ganzen Ausdeh¬ 
nung kennen zu lernen. Bei allen zur Uebereriiährung der Cutis führenden 
Processen nimmt zunächst der spougioplasmatische Tbeil der Zellenleiber 
an Ausdehnung und Complication zu (Flügelzellen, Plattenzellen, Spinnen¬ 
zellen, Korbzellen. Man vergl. die Histopathologie der Ilaut des Verf.) 
Die Zellen mit hypertrophischem Spongioplasma enthalten relativ wenig 
Granoplasma. Tn diesen hypertrophischen Zeitformen finden sich auch 
hauptsächlich die im Cutisgewebe zu beobachtenden Mitosen. Ob in den 
Plasinazellen Mitosen Vorkommen, erscheint Verf. noch nicht ganz sicher, 
der Nachweis derselben in diesen Zellen i*t jedenfalls sehr schwierig. 

1. Methoden zum Nachweise des Granoplasmas (der 
llasmaz e 11 e n i n c b e n M a s t z e 11 e n. 

a) 1. Färbung in polychromer Mcthylenblaulösung (Grübler) 
r 4 Stunde bis eine Nacht. 

2. Vollkommene Entfärbung in einigen Tropfen Glycerinäther- 
misebung in einem Schälchen Wasser. 

3. Abspülen in Wasser. 

4. Alcohol absolutus, Bergamottöl, Balsam. 

Die Plasmazellen sind blau, die Mastzellen roth, beide Arten schön 
ditferencirt. 

b) 1. Färbung in polycliromer Mcthylenblaulösung 5 Min. bis 
1 4 Stunde. 

2. Abspülung in Wasser. (Event. Löschpapier!) 

3. Vollkommene Entfärbung und Entwässerung in ‘/ 4 ° 0 iger, spiri- 
tuöser, neutraler Orceinlösung ca. ’/ 4 Stunde. 

4. Alcoliol absolutus, Bergamottöl, Balsam. 

Plasmazellen blau, Mastzellen roth, Collagen oreeinroth. 

II. M e t h o d e n zum Na c liweis des 8 p o n g i o p 1 a s m a 8 (d e r 
Flügel-, Platten-, K o r b- u n d S p i n n e n z e 11 e n) n e b e n Plasma¬ 
zellen u n d M a s t z e 11 e n. 

a) 1. Färbung in polychromem Methylenblau '/ 4 Stunde bis 
eine Nacht. 

2. Unvollkommene Anfangsentfärbung in mit Wasser stark ver¬ 
dünnter Glycerinäthermiscbung. 


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Die mikroskop. Technik im Dienste der Dermatologie. 


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3. Abspülung in Wasser. (Event. Löschpapier!) 

4. Schlussentfärbung und Entwässerung in Alkohol 20 + Xylol 30, 
V 4 Stunde. 

5. Xylol, Balsam. 

b) 1. Färbung in polychromer Methylenblaulösung ’/ 2 Stunde. 

2. Abspülung in Wasser. (Event. Löschpapier!) 

3. Entfärbung und Entwässerung in Alcohol absolutus 10 + Xy¬ 
lol 15 •+- Anilin 25, ca. 3—5 Min. 

4. Xylol, Balsam. 

III. Methode zum Nachweis der feinsten Ausläufer 
des Spongioplasmas (der normalen Spindelzellcn) neben 
Plasmazellen und Mastzellen. 

1. Färbung in polychromem Methylenblau eine Nacht. 

2. Abspülung in Wasser. 

3. Entwässerung des nur wenig feuchten Schnittes in Alcohol ab¬ 
solutus 20 -f Xylol 30, l / 2 —1 Minute. 

4. Entfernung des Alkohols in reinem Xylol, eine Minute. 

5. Entfärbung in der Anilin-Alaun-Mischung (resp. Anilin-Koch- 
salzmisclnmg) 5—10 Minuten. 

G. Xylol, Balsam, 

Elastische Fasern, Elastin und Elacin. 

Unna weist darauf hin, dass die Färbungen in spirituösen Lösungen 
weit energischer vor sich gehen, wenn man für eine langsame Abdunstung 
des Spiritus Sorge trägt, indem hierdurch nicht nur die Lösung höher 
procentuirt wird, sondern auch die ausfallenden Farbenmoleeüle sich um 
so intensiver auf die Schnitte absetzen. Von diesem Gesichtspunkte aus¬ 
gehend, gibt er eine Verbesserung der Elastinfärüung mittels sauren Or- 
ccins an. Man hält folgende Farblösung vorräthig: 

Orcüin (Grübler) 1*0 

Acid. hydrochl. 1*0 

Alcohol absol. 100*0 

Man bringt eine beliebige Anzahl von Schnitten mit oder ohne 
Celloidin in ein Porzellanschälchen, übergiesst sie mit soviel Farblösung, 
dass sie von derselben eben bedeckt sind, und bringt das Schälchen ollen 
an einen warmen Ort. In Ermangelung eines warmen Ofens zünde man 
etwa eine Hand breit unter dem auf einem Stativ ruhenden Schälchen 
eine kleine Spiritustlamme an. Die Wärme der Flüssigkeit in dem Schälchen 
darf höchstens einige 30° betragen. In 10 bis 15 Minuten, je mich der 
Menge der Farblösung und dem Wärmgrade ist die erstere so weit ab¬ 

gedampft, dass sie als eine schwer bewegliche, aber noch durchaus flüssige 
Masse, die Schnitte einhüllt. Jetzt muss man die Procedur unterbrechen. 
Alles Elastin ist in maximaler und sehr dauerhafter Weise specifisch ge¬ 
färbt. Man spüle die Schnitte dann in verdünntem Alkohol tüchtig ab, 
übertrage sie in ein Schälchen mit Wasser, wo sie beliebig lange ver¬ 
weilen können, dann Alcohol absolutus, Oel, Balsam. Man kann auch die 


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Ledermann und Jvatkowski. 


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Schnitte über Nacht in der Farblösung lassen und muss dann durch un¬ 
genügenden Verschluss des Farbstoffschälchens für eine langsame Ver¬ 
dunstung des Alkohols sorgen. Bei dieser Färbung erhält das Collagen 
einen schwach bräunlichen, mit dem Schwarzbraun des Elastins angenehm 
contrastirenden Ton. Will man das Elastin ganz allein auf hellem Hinter¬ 
grund gefärbt haben, so bringt man die Schnitte aus dem Spiritus dilutus 
und vor dem Wasserbade einige Secunden in salzsauren Alkohol. 

Elacin nennt nun Unna die Substanz solcher Fasern, welche 
den elastischen Fasern äusserliek ähnlich sehen, aber chemisch derartig 
verändert sind, dass sie basische Farbstoffe aus alkalischen Lösungen an 
.sich ziehen. l)as Orcein in sauer Lösung ist ein so vortreffliches Färbungs¬ 
mittel des elastischen Gewebes, dass es selbst diese chemisch veränderten 
Fasern, allerdings schwächer, mitfärbt. Den positiven Nachweis des Kla- 
cins vermag zunächst schon die zur Ditferencirung von Protoplasma und 
Collagen bereits bekannte Methylenblau-(Neutral-) Orceinfarbung zu liefern. 
Durch die polychrome Methylenbhiulösuug wird nämlich das basophile 
Elacin stark mitgefärbt, (das neutrale Orcein färbt hier nur wenig mit) 
und es treten blau gefärbte, stielrunde, geschwungene Fasern auf, welche 
wie elastische Aussehen, in Wirklichkeit, aber Elacinfasern sind. Doch 
genügt diese Methode nicht sie in voller Schärfe naehzuweisen, sondern 
hierzu gibt Unna folgende zwei Methoden au: 

A. Polychromes Methylenblau - Tannin. Die Schnitte 
bleiben zehn Minuten in polychromer Mcthylenblaulüsung (Grübler), 
werden dann sorgfältig in Wasser abgespült und für 15 bis 20 Minuten 
in eine concentrirte (ÖÖprocentige), wässerige Tanninlosung übertragen. 
Dann kommen sie auf längere Zeit in Wasser, um jede Spur eines Tannin¬ 
niederschlages fortzuspüleii, dann in Alcohol absolutus zur Entwässerung, 
dann liergamottöl, Balsam: die Elacinfasern heben sich dunkelblau und 
sehr scharf von dem hellblauen Hintergründe dos Collagens ab, elastische 
Fasern treten bei dieser Methode überhaupt nicht hervor, ferner ist noch 
das Nuclein gefärbt (theils blau, tlieils violett), das Keratin (violett), die 
Mastzellenkörnung (violett) und eine Anzahl Organismen. 

B. W as se rb 1 au - Saffran i n - M et h od e. Elacinfasern roth auf 
blauem Hintergründe. Die Schnitte kommen für 2—5 Minuten in eine ein- 
proccutige wässerige Lösung von Wasserblau, werden in Wasser abge¬ 
spült und kommen dann für Ö Minuten in eine wässerige einprocentige 
SaHraninlösung, die inan zweckmässig vorher mit etwas Anilin schütt-fit 
und liltrirt. Dann werden sie in verdünntem Alkohol mit Zusatz von 
einem Tropfen salzsaureu Alkohols zum Schälchen in einigen Secunden 
von dem überflüssigen Satfranin befreit, in Alcohol absol. entwässert; 
Oel, Balsam. Die Elacinfasern erscheinen vom SatlVanin roth. ebenso 
wieder die Kerne, die Hornschicht, die Ma^tzcllenkörnung und verschiedene 
Bakterien. Hin und wieder sind auch einige Kasern des Elastins schwach 
angedeutet, aber dann in Blau wie die Umgebung. 

Will mau Elast in und Elacin im selben Schnitte nebeneinander 
färben, so empfiehlt Unna mit saurer ürecinlösung vorgefärbte Schnitte 


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Die rnikroskop. Technik im Dienste der Dermatologie. 


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mit Methylenblau nachzufärben und das Blau mittels Tanningerbung auf 
dem Elacin zu fixiren. Hasche Vorfärbung mit saurer Orceinlösuug wie 
oben angegeben, polychrome Methylenblaulösung */ 4 Stunde, Abspülen 
in Wasser, concentrirte (33procentige) wässerige Tanninlösung 10 Minuten, 
gründliches Auswaschen in Wasser, Aleohol absoh, Oel, Balsam. Eiastin 
braun, Elacin dunkelblau. 

Einfacher ist die Nachfärbung mittels SafTranins, da hier die Tannin¬ 
beize unnüthig ist, also: Hasche Vorfärbung mit saurer Orceinlösuug 
(s. ob.), Abspülen in Wasser, Alcoh. absoh, Oel, Balsam. Elacin roth, 
Elastin braun. Als Material zum Studium des Elacins empfiehlt Verf. 
euile Haut von Gesicht oder Hals älterer, der Witterung vielfach aus¬ 
gesetzt gewesener Personen, und zwar achte man zunächst auf die starken 
Elacinfasern der untersten Cutisschicht, oberhalb und zwischen den 
Knäueldrüsen, da in den oberen Cutisschichten complicirtere Verhältnisse 
vorliegen durch gleichzeitig eingetretene Veränderung des Colingens. 
Verf. macht zum Schluss darauf aufmerksam, dass es jetzt nötliig sei, 
die bisherigen Angaben über Elastin noch einmal wieder durchzuprüfen, 
um das Elacin von dem Elastin dabei genau zu trennen, da unter den 
14 ihm bekannt gewordenen Methoden für Elastinfärbung mehrere sind 
(die von Manch ot, Mi belli und Schütz), bei denen basische Farb¬ 
stoffe in neutraler Lösung benutzt werden. 

Passarge hat zur Untersuchung auf elastische Fasern haupt¬ 
sächlich die Methode von Manchot (Virch. Arch. Bd. 121, pag. 124) 
angewendet, nach welcher die Präparate in concentrirter wässeriger Fuch¬ 
sinlösung gefärbt, in angesäuerter Zuckerlösung ditferencirt und in reiner 
Zuckerlösung untersucht und aulbewahrt werden. Ferner wurde die 
Tänzersche (Unna, Notiz betreffend die Tänzer’sche <)rccinfärbung des 
elastischen Gewebes. Monatsch. Bd. XI., p. 394) Orcein- und die U nna’sche 
Säurefuchsinfärbung (Kahlden, Ilistolog. Technik 1892, p. 84) benutzt. 
Die beiden letzten Methoden sind einfacher und geben haltbarere Prä¬ 
parate; wo es sich jedoch um die Beobachtung feinerer histologischer 
Vorgänge handelt, ist die Methode Manchot’s deshalb mehr zu em¬ 
pfehlen, weil sie einmal schon Veränderungen der Fasern anzeigt, wo die 
andern Darstellungsweisen solche noch nicht erkennen lassen, und weil 
zweitens die in Zuckerlösung aufbewahrten Schnitte weit schärfere Bilder 
geben, als solche in Balsam. Es erwies sich ferner praktisch, nach 
Manchot gefärbte Schnitte nach der Durchmusterung mit Kalilauge 
und Eosin zu behandeln (nach Balz er, Hecherches teehniques sur le 
tissu elastique. Arch. de Physiol.-Annce 14, t. X. 1882, p. 314); die Kali¬ 
lauge zerstört alles übrige Gewebe, so dass nur das roth gefärbte elastische 
zurückbleibt und sehr deutlich auch da hervortritt, wo es früher tbeils 
durch degenerative Veränderung unkenntlich war, theils durch patholo¬ 
gische Processc in der Haut verdeckt wurde. Zum Studium der Degeneration 
dienten ausser mehreren leichteren Atfectionen (Scharlacherytheme und 
ödematüse Durchtränkungen des Bindegewebes der Haut) Abscesse, Phleg¬ 
monen, Gangrän, Granulations Vorgänge, Tumoren, Striae gravidarum, 
Archiv f. Dermatol, u. Syphil. Band XXXVII. io 


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194 Ledermann und Ratkowski. 

Altersveränderungen. Die Regeneration wurde untersucht bei Operations¬ 
narben, luetischen Geschwürsnarben und künstlich erzeugten Thiernarben. 

Betreffs der Tänzerischen Orceinlarbungsmethode der elastischen 
Fasern erwähnt Reizenstein, dass nach seinen Untersuchungen 
auch eine kurze, etwa halbstündige Färbung der in Müller’scher 
Lösung oder in Alkohol gehärteten und dann mit der Unna’sehen, 
in der Notiz betreffend die Tänzer’sehe Orceinfärbung des elastischen 
Gewebes, angegebenen Säuremischung entfärbten Präparate (immer nur 
Orcein Grübler) vollständig genügte, um eine sichere elective Färbung der 
elastischen Fasern hervorzurufen. Durch Nachfärben in L ö ffl er’schera 
Methylenblau (10—15 Secunden) kann man eine prächtige Doppelfärbung 
erzielen. 

Da in der dermatologischen Literatur über das Verhalten von 
elastischen Fasern in Narben wenig publicirt ist, so hat Guttentag auf 
Anregung von Dr. Jadassohn (Breslau) diesbezügliche Untersuchungen 
angestellt. Er hat hierzu die Haut verschiedener Narben (Vaccinenarben, 
Lupusnarben, syphilitische Narben verschiedener Stadien) mikroskopisch 
untersucht. Benutzt wurde die nui> unwesentlich veränderte Tänze Fache 
Orceinmethode: 

Die Schnitte des in Alkohol gehärteten und in Celloidin eingebet¬ 
teten Materials wurden gefärbt in: 

Orcein 01 

Spiritus (95% 2<>*0 

Aq. (b'st. 50 

das zu gleichen Theilen mit 

Acid. muriat. 01 
Spirit. 95% 20*0 

A«|. dest. 5 0 

verdünnt war. Nach mehrstündigem Aufenthalt in der Färbeffüssigkeit 
wurden die Schnitte in Wasser abgespiiit und einige Minuten in dem 
sauren Alkohol von der eben beschriebenen Zusammensetzung entfärbt, 
sodann mit wässeriger MethylcnblaulÖMing nachgefärbt. 

Hansen bat seine Untersuchungen über Bildung und Rückbildung 
elastischer Fasern an der Haut von Hunden, Menschen und Kaninchen 
angestellt und zunächst die Saffraninfarbung mit und ohne Pikrinsäure 
angewandt. Die so gewonnenen Resultate wurden sowohl durch die von 
Heller benutzte Färbungsmethode mit Alauncarmin-Dahlia-Alauncarmin, 
wie auch durch das U nn a-Tän z er’schen Orcein sowie durch Reaction 
mit Natronlauge controlirt. Die Alauncarmin-Methode ist folgende: Le¬ 
benswarme Objecte, Fixirung in F 1 e m m i n g’sclier Lösung, Nachhärtung 
in Alkohol, 24stündige Totallarbung in Alaunearmin, Auswaschen, Ent¬ 
wässern durch Alkohol, Paraffineinbettung. Die möglichst feinen Schnitte 
kommen für etwa ob Stunden in U nna’sche Lösung (Dahlia oder Methylviolett 
0*2 ; Aq. dest. und Alkohol 9öprocentig aa. KM) M, S. A. Acid. nitric. 
20; Aq. dest. 180, Alkohol (95proccntig) 10*0), dann Wasser, Alkohol, 
Nachfärbung für etwa 13 Stunden in Alauncarmio. 


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Die mikroskop. Technik ini Dienste der Dermatologie. ]|J5 

Elastische Fasern blau, Kerne blassroth, Grundsubstanz fast unge¬ 
färbt. Die Unna-Tänze r’sche Orceinfarbung: im allgemeinen Hartung 
in Alkohol; eine kurze Fixirung in F1 em m i ng’scher Lösung mit nach¬ 
folgender tüchtiger Auswässerung schadet nicht, bei längerem Aufenthalt 
bis zu 24 Stunden in der Lösung bekommt man keine guten Bilder mehr, 
auch ist dann eine Gegenfärbung mit Hämatoxylin nicht mehr möglich. 
(Farblösung und Säurelösung mit empirischer Mischung angewendet.) 
Gegeniarbung mit Hämatoxylin: elastische Fasern braunroth, Kerne blau. 

Bei der Veränderung der Substanz der elastischen Fasern zeigt 
sich Folgendes: nach Safiraninfärbung erscheinen die Fasern dicker wie 
gewöhnlich, gequollen, roth bis blaugrau gefärbt. Diese Aufquellung tritt 
besonders dann ein, wenn eine Umwandlung von Elastin in Protoplasma 
erfolgt, und die Verschiedenheit der Färbung kann als Massstab dienen, 
wie weit der Umwandlungsprocess vorgeschritten ist. Während also das 
Saflranin sich ausgezeichnet für die Darstellung der pathologischen Rück¬ 
bildung eignet, können die electiven Färbungsmethoden (Alauncarmin- 
Dahlia-Alauncarmin und Orcein) nur für durchaus normale elastische 
Fasern verwendet werden, da die Farbstoffe nur von solchen aufgenom¬ 
men werden. Sie dienen daher zum Nachweis der normalen elastischen 
Substanz. 

Collagen, Collastin, Collain. 

Nachdem Unna das Elacin von dem Elastin trennen gelernt hatte, 
versuchte er auch eine eventuelle Basophilie von Collagenfasern bei Ver¬ 
änderungen der Degeneration und Regeneration in der Haut mittels Dif- 
ferentialfarbung nachzuweisen. Er fand nun, dass, wenn man andere event. 
vorhandene störende Factoren ausscldiesst, die unter Umständen ein 
grösseres Festhalten der basischen Farben bewirken, wie z. B. die Ein¬ 
trocknung, die Basophilie von Collagenfasern keineswegs sehr verbreitet 
ist oder wenigstens sich in grösserer Ausdehnung nachweisen lässt. U n n a 
weist das basophile Collagen gewöhnlich vermittels einer Carbolfuchsin- 
Wasserblaufarbung nach: der Schnitt kommt auf 5 Minuten in die ge¬ 
wöhnliche zur Bakterienfarbung dienende Carbolfuchsinlösung, Abspülen 
in Wasser, für 30 Secunden in eine concentrirte wässerige (33procentige) 
Tanninlösung zur Fixation des Fuchsins, Abspülen in Wasser, für eine 
Minute in einprocentige Wasserblaulösung, kurzes etwa 10 Secunden 
dauerndes Eintauchen in den gewöhnlichen salzsauren einprocentigeu 
Alkohol, absoluter Alkohol, Gel, Balsam. Das normale Collagen zeigt die 
Wasserblaufarbung, das pathologisch veränderte ist fuchsinirt. Es sind 
hauptsächlich ganz grobe collagene Bündel roth gefärbt, und zwar zunächst 
im centralen Theil, die Basophilie scheint also im Innern der Bündel 
zu beginnen. Verf. nennt diese veränderte Substanz basophiles Col¬ 
lagen und nicht Collacin, weil sie bei ihrer geringen Verbreitung der 
Wichtigkeit des Elacins nicht entspricht, und weil er den überraschenden 
Fund gemacht hat, dass Verbindungen der elastischen Substanz mit der 
eollagenen in weiter Verbreitung Vorkommen, für welche er die kurzen 
Bezeichnungen reservirt hat. 

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L e d e r m a n u und Rat k o w s k i. 


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Col lastin nennt er „eine Substanz, welche sich tinetoriell wie 
Flastin verhalt und speciell die hervorragende Affinität des Elastins für 
saures Orcein theilt, der Structur nach aber dera collagenen Gewebe 
gleicht oder seine Herkunft aus demselben durch analoge Structur oder 
stofflichen Zusammenhang mit demselben documentirt“. 

Dieser Definition zufolge wird das Collastin durch dieselben Me¬ 
thoden deutlich gemacht werden wie das Elastin, und es wird darauf 
ankommen, die beiden durch besondere Methoden zu trennen Verf. hat 
Collastin bisher bei der senilen und der colloiden Degeneration der Haut, 
sowie beim Myxödem nachgewiesen. Es tritt unter dem Aussehen von 
groben, gequollenen, unförmlichen Massen, von unregelmässigen Blöcken, 
von Krümeln, Körnern, als dichter Faserfilz auf oder behält auch die 
Structur fibrillärer Bündel bei und ist von gewöhnlichen Collagenbündeln 
nur durch seine Elast in färbe unterschieden. Das Hervorgehen dieser 
Collastinmassen aus collagenen Bündeln ist von den reichlich vorhandenen 
Uebergangsbildern leicht nachzuweisen, wird aber besonders deutlich 
gemacht durch die Färbemethoden, welche neben dem Elastin und Collastin 
das normale collagcne Gewebe in Contrastfarbe zeigen. Dann zeigen 
nämlich die Collastinmassen in ihrem Innern meistens noch Cullagen- 
farben und jene Gullastinbalken, welche noch die Structur fibrillärer 
Bündel besitzen, zeigen die Elastinfarbe nur als einen Niederschlag auf 
der äusseren Fläche und in den gröberen Spalten in ihrem Innern. Um 
das zu zeigen, muss man die Säurefuchsin - Pikrinmethode für Collagen 
mit der sauren Oreüinfürbuug iu folgender Weise corabiniren : die Schnitte 
werden mittels sauren Orcöins sehr kräftig auf Elastin gefärbt, in Alkohol 
ausgewaschen und in Wasser gebracht. Sie kommen dann für einige Mi¬ 
nuten in eine 2procentige wässerige Lösung von Säurefuchsin, werden 
in sehr schwach angesäuertem Wasser ausgewaschen, dann für eine halbe 
Minute in die concentrirte wässerige Pikrinsäurcdösung zur Entfärbung 
und für eine Minute in die concentrirte Spirituose Pikrinsäun hisung zur 
Entwässerung gebracht, dann in absolutem Alkohol rasch von überschüs¬ 
siger Pikrinsäure befreit, Del, Balsam. Als Material empfiehlt Verf. die 
senile Gesichts haut, besonders Wangenhaut von Personen zwischen 30 und 
80 Jahren, welche sieh viel der Witterung ausgesetzt haben. Um eine 
Uebersicht zu erhalten, färbt man die Schnitte solcher Haut erst mittels 
der sauren Orcrinmethode auf Elastin (und Eiacin). dann mittels der 
Säurefucbsin-Pikrin-Met hode auf (lollagen und macht schliesslich die eben 
angegebene Doppelfärbung. Bei den höheren Graden von Degeneration 
g<‘ht in dem Collastinfilz die Bildung von Collaein vor sich. 

Collacin nennt Unna „diejenige Substanz, welche zwar die 
1 ingibilität des Flacins (schwache Färbung mit saurem Orcein, starke 
mit basischen färben), dabei jedoch einen structurellen Zusammenhang 
mit präexistenten collagenen f aserbündeln zeigt. 

In stark verwitterter Haut bemerkt man schon bei Anwendung der 
sauren (frcein-Säureluchsin-Pikrin-Metliode hin und wieder, dass die 


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Die mikroskop. Technik im Dienste der Dermatologie. 


197 


Centren der Collastinmassen in den oberen zwei Dritteln der Cutis die 
Orceinfarbe wiederum schwächer annehmen, etwa so wie die Elacinfasern 
im unteren Cutisdrittel. Um einer etwaigen Umwandlung des Collastins 
in Collacin nach Analogie jener Elacinfasern auf die Spur zu kommen, 
bedarf es einer specitischen Färbung des Collacins, und dazu dient A. die 
Methyl enblau-Tanninsäurefuchsinmethode: Die Schnitte werden 
in der polychromen Methylenblaulösung 10 Minuten stark gefärbt, in 
Wasser abgespült, in der concentrirten wässerigen (33procentigen) Tannin¬ 
lösung eine Minute oder auch länger fixirt, wiederum und zwar sehr 
sorgfältig in Wasser abgespült, dann auf 2 Minuten in eine 2procentige 
Säurefuchsinlösung gebracht, dann kommen sie direct zur Dilferencirung 
für etwa 10 Secunden in den gewöhnlichen salzsauren Alkohol (1 Procent 
Salzsäure). Dann Abspülung in absolutem Alkohol, Oel, Balsam. Ela ein, 
Collacin und basophiles Collagen blau, normales Collagen und 
die Innenschichten von Collacin und Elacin rotii. Man tindet bei 
dieser Färbung innerhalb der zwei oberen Cutisdrittel einen continuirlichen 
Uebergang von frisch säurefuchsinroth gefärbten normalen Collagenbündeln 
zu klumpig degenerirten, rosa gefärbten Collastingebildeu, weiter zur 
Auflösung dieser in Bündel stielrunder, feinerer geschwungener, rosa 
gefärbter Fasern mit feinen, blauen Contouren bis zu dunkelblauen 
Klumpen und Fasern von Collacin im Centrum der ältesten Herde. Ob die 
zu Collacin degenerirten Producte des Collagens immer die Zwischenstufe 
des Collastins durchmachen, oder ob sie auch direct aus Collagen ent¬ 
stehen können, muss noch weiter untersucht werden. Im Einzelfall lässt 
sich dieses stets durch Anwendung der sauren Orcein - Säurefuchsin - 
Pikrinmethode leicht entscheiden. — B. Die Carbolfuchsin-Tannin-Wasser- 
blau-Methode: Carboifuchsin 5 Minuten, Abspülen in Wasser, concentrirte 
w r ässerige Tanninlösung (33procentig) eine halbe Minute, Abspülen in 
Wasser, cinprocentige Wasserblaulösung eine Minute, Salzsäure - Alkohol 
10 Secunden, Alcohol absolutus, Oel, Balsam. Elacin, Collacin und 
hasoph iles Collagen roth, Collagen, Co Hast in und Elast in 
blau. Diese Methode gibt also eine Farbenumkehrung gegen über der 
vorigen, ist aber nach Verf. auch sonst nicht mit ihr identisch, denn 
bei ihr treten hauptsächlich nur die grösseren Klumpen von Collacin 
zu Tage, in ihrem Zusammenhänge mit dem w'asserblauen Collagenbündel, 
dagegen ist die weitere Umwandlung in Knäuel stielrunder Fasern nur 
angedeutet. Aus diesem Grunde gerade zieht Verf. diese Methode vor, 
wo es gilt, überhaupt nur einmal die Existenz der grossen Klumpen und 
ihre Herkunft aus Collagen deutlich nachzuweisen. Es wäre nun sehr 
überzeugend, wenn man an dem einzelnen Schnitte durch Gegenfärbung 
die theils collagene, theils elastische Natur des Collastins und Collacins 
nachzuweisen vermöchte. Hierzu sind dreifach Färbungen — Dreifachen - 
Methoden — nothwendig. A. Saure Orcein-Carbolfuchsin-Tannin-Wasser- 
blaumetbode: Man bringt die Schnitte in die cinprocentige spirituöse mit 
1% Salzsäure versetzte kalte Orceinlösung (Vergl. Monutsh. f. prakt. Denn. 
Bd. IX. 1S92. pag. 01 . 500 und unseren Belicht 1SS3 — 1HU2J für 10 bis 15 


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Le der mann und Ratkowski. 


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Minuten, dann zur Entfärbung des mitgefarbten Collagens in BOprocentigen 
Alkohol, dann Carbolfucbsinlösung 5 Minuten, Abspülen in Wasser, con- 
ecntrirte wässerige Tanninlösung (38j»rocentig) eine halbe Minute, Abspülen 
in Wasser, einproeentigc Wasserblaulösung eine Minute, Salzsäure-Alkohol 
10 Secunden, Alcohol absolutus, Oel, Balsam. Elastin und Collas tin 
braun, basophiles Collagen, Ela ein, Collacin und Kerne rotb, 
Collagen blau. B. Saure Orecin-Methylenblau-Tannin-Säurefuchsin-Mot- 
hode: Saure OrceirilÖsung in der Kälte 10 Minuten, BOprocentigen Alkohol, 
polychrome Methylenblaulosung 5 Minuten, Abspülen in Wasser, concentrirte 
wässerige (oBprocentige) Tanninlösung eine Minute oder länger, Abspülen 
in Wasser, 2proccntige Säureiüchsinlösung 2 Minuten, salzsaurer Alkohol 
10 Secunden, Alcohol absolutus, Oel, Balsam. Elastin und Collastin 
braun, basophiles Collagen, Elacin, Collacin und Kerne blau, 
Co llagen rotli. 

Liese beiden Metlioden sind überall dort anzuwenden, wo die Gegen¬ 
wart von Elacin und Collacin in einer an Collastin reichen Umgebung 
fest/ustellcn ist. Es gibt dagegen Fälle, in denen auch einfachere Methoden 
schon eine scharfe Definition des Elaeins und Collacins ergeben, so bei 
der colloiden Degeneration der Haut. Färbt man Schnitte von solcher 
Haut mit der Süurefuchsin-Pikrinmethode, so färbt sich das Colloid so 
stark mit Pikrinsäure, dass die eingeschlossenen Elacin- und Collacinfasern 
roth auf gelbem Grunde erscheinen (ebenso wie das normal gebliebene 
Collagen), obgleich sie sonst das Säurefuchsin nur schlecht und bei Gegen¬ 
wart basischer Farben gar nicht aimehmen. 

Tn seinem Aufsatze „die speeitische Färbung des Collagens“ hebt 
Unna hervor, dass bei den üblichen Contrastfärbungen kerngefärbter 
Präparate mit sauren Farbstoffen (Kosin, Pikrinsäure) zugleich eine Mit- 
färbung des collagencn Gewebtes erzielt wird, dass dieselbe jedoch für 
das Studium feinerer Fragen wie z. B. der Grenzen des ColIngens oder 
der partiellen Degeneration nicht genügen. Für diese Fälle bespricht er 
zwei von ihm selbst und (‘ine von Be ne ko angegebene «Jodmethode. 

I. Die einfachste ist die () r c ö i n - M e t h o d e. 

Verfärbung mit polychromem Methylenblau und ditferenciremle 
Nachfärbung mittels einer neutralen Orcrinlüsung (Gr übler). Und zwar 
benützte Unna für eine speeitische Collagenfärhung das Grüblerische 
Orcein unter Fortlassung der Säure in einproeentiger dunkelroth- 
brauner Lösung in Alkohol, welche sehr rasch eine reine Färbung des 
collagencn Gewebes ohne Hervortreten der elastischen Fasern bewirkt. 
BH nicht zu langer Einwirkung behält, auch das Protoplasma und 
Nuklein die ihnen vorher gegebene Methylenblaufärbung, so dass durch diese 
bequeme Doppelfarbung überhaupt ein sehr gutes Uebcrsichtsbild erzielt wird. 

Die aus alkoholgehärtetem Material gefertigten Schnitte lässt man 
fünf Minuten in einem Schälchen der Gr ü b le Eschen Lösung des poly¬ 
chromen Methylenblaus, spült dieselben in Wasser ab und überträgt sie 
direct — etwa 15 Minuten lang — in die neutrale, spirituüse Orci inlösung, 


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Die mikroskop. Technik im Dienste der Dermatologie. 


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in welcher sie gleichzeitig umgefärbt, differencirt und entwässert werden. 
Nachdem sie noch einmal in absolutem Alkohol abgespült sind, kommen 
sie in Bergamottöl und Balsam. 

Man findet dann alle Kerne des Epithels und Bindegewebes noch 
dunkelblau gefärbt, das Protoplasma der Epithelien und gewöhnlichen 
Bindegewebszellen hellblau und bei etwas längerer Einwirkung des 0rcein9 
bläulich mit einer leichten Beimischung von Orceinfarbe. In starkem 
Gegensatz hierzu ist das collagene Gewebe tief orceinrotk gefärbt. Die 
elastischen Fasern sind auch vom Orcein gefärbt, heben sich aber nicht 
scharf vom collagenen Gewebe ab. Im vorzüglichen Gegensätze zum 
Bindegewebe dagegen sind die Hautmuskeln bläulich mit einer leichten 
Beimischung von Orceinfarbe gefärbt. 

Auch für die Mastzellen ist das Orcein ein vorzügliches Entfärbungs¬ 
mittel. Die tief carminrothe Körnung derselben, den methylenblauen Kern 
einhüllend, hebt sich äusserst scharf von dem umgebenden orceinrothen 
Bindegewebe ab. Die Methode liefert eine der bequemsten und schönsten 
Darstellungen der Mastzellen überhaupt. 

Alles stark körnige Protoplasma, speciell das der Plasmazellen, 
bleibt bei der angegebenen Entfärbung stark methylenblau gefärbt. Daher 
lassen sich auch die riasmazellen besonders leicht mittels dieser Methode 
darstellen. 

Alle pathologischen Veränderungen des Collagens kündigen sich 
durch eine geringere Neigung an, die Orceinfarbe anzunehmen, und die 
Grenze zwischen normalem und abnormem Collagen tritt mit wünschens¬ 
werter Schärfe hervor. Weniger gut ist die Charakteristik des platten- 
und schleierförmigen Bindegewebes. Diese Formen des Collagens behalten 
gewöhnlich einen Best des Methylenblaus und erscheinen dann in einer 
Mischfarbe, welche besonders die Abgrenzung gegen das Zellprotoplasma 
erschwert. — Die Entfärbung der lockeren, mittleren Ilornschicht lässt 
die durch basisches Methylenblau gut färbbaren Hornorganismen sehr gut 
hervortreten. -- Die Methylenblau-Orcrinfärbung empfiehlt sich also durch 
folgende Momente: 

1. Sie ist leicht und rasch auszufübren. 

2. Sie gibt ein vorzügliches Uebersichtsbild des Collagens mit 
gleichzeitiger Kernfärbung und massig guter Protoplasmafärbung. 

3. Sie gibt eine ausgezeichnete Mastzellenfärbung. 

4. Sie ist eine der vielen, guten Methoden, um Plasmazelleu dar¬ 
zustellen. 

5. Die glatten Muskeln heben sich scharf vom Bindegewebe ab. 

6. Pathologische Veränderungen des collagenen Gewebes geben sich 
durch Aenderung der Farbenreaction zu erkennen. 

7. Viele Hornorganismen werden gleichzeitig dargestellt. 

Die Grenze ihrer Anwendung findet diese Methode dort, wo es auf 
Untersuchung des nicht fibrillären Bindegewebes und auf scharfe Unter¬ 
scheidung des nicht körnigen Protoplasmas vom collagenen Gewebe 
ankommt. 


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II. Methode der Sulfosalze. 

a) Säiirefuchsin-Pikrin-Methode. 

Man bringt die aus alkoholgehärtetem Gewebe stammenden Schnitte 
5 bis 10 Minuten in ein Schälchen mit 2%igcr wässeriger Säurefuchsin¬ 
lösung, spült sie darauf in Wasser ab und überträgt sie in ein Schälchen 
mit gesättigter wässeriger Lösung von Pikrinsäure. 

Hier findet Umfärbung des Protoplasmas statt, eine rothe Wolke 
verlässt den Schnitt, welcher 1 bis 2 Minuten in der Lösung verweilt. 
Derselbe kommt darauf zuerst in absoluten Alkohol, welcher mit Pikrin¬ 
säure gesättigt ist, zur Entwässerung. Auch hier gibt er im ersten 
Augenblicke noch etwas Säurefuchsiu ab, doch bald nicht mehr und kann 
eigentlich beliebig lange ohne weitere Veränderung in dieser Flüssigkeit 
bleiben; es genügen aber zwei Minuten. Sodann wird er zur Entfernung 
der überschüssigen Pikrinsäure in absolutem Alkohol abgespült und kommt 
sodann in Oel und Balsam. — Der grosse Spielraum, der für den Auf¬ 
enthalt der Schnitte in den drei Flüssigkeiten vorhanden ist, macht die 
Methode bequem und sicher. 

Mit Ausnahme der Hornschicht und Kerne, welche eine Zinnober¬ 
farbe aufweisen, ist der Hautschnitt im ganzen dunkelenrminroth gefärbt. 
Nur die Orte der protoplasinatischen Einsprengungen (Deckepithel, 
Knäuel, Follikel, Gelasse) heben sich als gelbe Inseln von der rothen 
Fläche ab. Bei stärkerer Vergrößerung gewahrt man allerdings, dass 
auch die collagenen Massen von zahlreichen kleinen, gelben Klumpen 
durchsetzt sind, den Bindegcwebszelleu, in denen wieder ein rother Kreis 
den Kern andeutet Die Scheidung zwischen Collagen und Protoplasma 
ist sehr exact, gegen das Deckepithel und die epithelialen Anhangsorgane 
ebenso. Das Elastin theilt die Färbung des Collagens uud ist daher nicht 
gut zu verfolgen. 

Vortheile der Methode: 

1. Intensive Färbung der collagenen Be-tandtheile. 

2. Scharfe Abgrenzung des Collagens vorn Protoplasma. 

3. Tinctorielle Differenz zwischen Collagen und glatter Musculatur. 

4. Die auch theoretisch interessante Kernfärbung trotz der Tinction 
mit lediglich sauren Farben. 

Zur Gesammtiibersicht eignet sie sich weniger gut als die Methy- 
lenblau-Orcein-Färbung; sie zeigt keine riusma- und Mastzellen, wie 
überhaupt die gleichzeitige Delinirung der Zellen und Kerne viel zu 
wünschen übrig lässt; sie ist nicht zur Bakterienfärbung brauchbar. — 
Sie kommt also erst in zweiter Linie in Betracht. 

h) Was serb lau - S a ffr aii i n - Me t h ode. 

Alan lässt die Schnitte 20 Secunden in einer I%igon Lösung von 
Wasserblau im Wasser (ohne Säurezusatz), spült sie in Wasser ab und 
bringt sie auf 5 Minuten in eine 1 %ige neutrale wä sserige Saffraninlösung. 
Sodann kommen die Schnitte in Wasser und weite in absoluten Alkohol, 
bis sie wieder die blaue Farbe angenommen haben, sodann in Berga¬ 
mottöl und Balsam. 


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Die mikroskop. Technik im Dienste der Dermatologie. 201 

Die Schnitte zeigen ein gutes Ucbersichtsbild, die collagene Sub¬ 
stanz himmelblau gefärbt, alle protoplasmatischen Theile hellviolett mit 
carminrothen Kernen, sowohl im Epithel, wie in den Bindegewebszellen, 
die Hornschicht und Wurzelscheide dunkelroth. 

Die collagenen Fasern sind bei dieser Methode hell und zart ge¬ 
färbt, alle Moditicationen behufs intensiverer Collagenfärbung färben das 
Protoplasma mit. Pikrinsäure ist bei dieser Methode nicht zu gebrauchen. 
— Der Vortheil dieser Methode liegt darin, dass gegenüber der schwachen 
Vorfärbung mit dem sehr echt färbenden sauren Wasserblau die nach¬ 
folgende basische Färbung sehr genau die basophilen Orte des Gewebes 
angibt. Jede einzelne basophile Faser von verändertem, z. B. somit 
degenerirtem Collagen tritt scharf hervor. In dieser Empfindlichkeit, 
für die Reaction des collagenen Gewebes liegt die Bedeutung dieser 
Methode, die mit einer gleichfalls von Unna zum Nachweis des Klacins 
angegebenen zusammenfällt. 

III. Jod-Methode. 

Diese von Beneke angegebene Methode ergänzt die bisher ange¬ 
gebenen einfacheren durch die vorzügliche, tinctorielle Auflösung der 
Bündel in einzelne Fibrillen. 

Die von Beneke erzielten Färbungseffecte wurden nur an in Al¬ 
kohol fixirten Präparaten gewonnen. Die Färbung der ohne besondere 
Bindemittel einfach durch An.>chinelzen auf dem Objectträger fixirten 
Paraffinschnitte geschah mit Anilinwasser-Gentianaviolett (10 Theile Anilin 
mit 100 Theilen Wasser zur feinen Emulsion geschüttelt, zum Filtrat 
5—10 Theile conccntrirtes Gentianaviolett (oder Methvlviulett III B.) 
Lösung, 10—20 Minuten lang; nachher Behandlung mit bis zur Port¬ 
weinfarbe vermischter Lugo Fächer Lösung (1 Minute) und sorgfältiges 
Abtrocknen. Uebertragung in Anilinxylol (2 Anilin, 3 Xylol). Diese 
Mischung muss bei verschiedenen Präparaten ganz verschieden lang eiu- 
wirken; so dürfen z. B. Gehirnschnitte nur gerade so lange entfärbt 
werden, bis die Wasserentziehung fertig und der Schnitt mithin aufge¬ 
hellt ist; bei festeren Geweben, Bindegewebe, Knochen u. s. w., ist es 
Sache der Uebung, den richtigen Moment zur Uebertragung des Schnittes 
in reines Xylol zu treffen; hierauf kommt alles an; eine Secunde zu spät 
und die gewünschte Färbung kann bereits hochgradig abgeschwächt sein. 
Im Xylol gibt der Schnitt keine Farbe mehr ab; es empfiehlt sich daher, 
bei schwierigen Präparaten zur Controle bisweilen durch Eintauchen in 
Xylol zu unterbrechen. Die Färbung hält sich weiterhin in C'anada- 
balsam vollkommen beständig. — Bindegewebe zeigt die Färbung in den 
verschiedensten Abstufungen, geradeso wie das Fibrin; der Farbenton 
ist tiefblau-violett oder etwas mehr röthlich-violett, und zwar erscheinen 
die dickeren Stämme tief-blau, die letzten zarten Ausläufer z. B. die 
Fibrillenendigungen am Epithel der Haut matter. — Bisweilen sieht man 
die Querschnitte der Fibrillen farblos oder schwach gefärbt, während die 
längs verlaufenden Fasern scharfe Färbung zeigen. Nicht so einfach 
scheint es aber mit den Differenzen der Färbung einzelner Bindegewebs- 


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Le der mann und Ratkowski. 


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formen zu sein; offenbar kommen hier auch chemisch-physikalische 
Unterschiede zum Ausdruck. Die schönste Färbung erhielt der Autor 
am normalen, festen, fibrillären Bindegewebe, z. B. der Cutis, des Pe¬ 
riostes, der Sehnen; wo das Gewebe sich mehr der Form hyaliner Mem¬ 
branen nähert oder gar unter Verlust der fibrillären Structur in die Form 
des pathologischen „sklerotischen“ Bindegewebes übergeht, versagt die 
Färbung mehr und mehr, ebenso dort, wo ein normales, fibrilläres Ge¬ 
webe im Anschluss an einen pathologischen Proeess (Entzündung, Ge¬ 
schwulstbildung) aufgelöst, bezw. in junges Granulationsgewebe umge¬ 
wandelt wird. Durch diese Differenz ergeben sich bei vorsehreitender 
Tubereulose oder Careinom instructive Uebersichtsbilder. 

Auch das elastische Gewebe tritt bei der angewandten Methode zu 
Tage, und zwar meistens leuchtend roth gefärbt, im scharfen Gegensatz 
zu den dunkelblauen Bindegewebsfibrillen; der Farbenton entspricht etwa 
den bekannten, durch Jodgrün, Gentianaviolett etc. zu erzielenden rothen 
Amyloidfärbungen. So erhält man bisweilen sehr schöne Bilder, wie 
Yerf. sie auch bei der Tänzer’schen Orceinfarbung nicht, gesehen hat; 
geht das Bindegewebe uleerös an einer Stelle zu Grunde und verliert 
es somit seine Färbung, so bleibt das rothe elastische Netz noch in voller 
Klarheit bestehen; wird auch das elastische Gewebe zerstört, so sieht 
man dichte, feine unentwirrbare, rothe Knäuel entstehen, welche weiter¬ 
hin in kleine Körnchen zerfallen. So bekommt man auch deutliche Gegen¬ 
sätze an Gelasswänden: die Adveutitia erscheint blau, die Media röthlich. 
Indessen gelingt diese Färbung schwer; überhaupt scheint die Rothfärbung 
der elastischen Fasern nicht ganz zuverlässig: bisweilen finden sie sich 
auch blassblau-violett. 

Für die Ausführung der Jodmethode ist es einerlei, oh die Schnitte 
in Paraffin oder Celloidin eingebettet waren. Um die Ungleiehmässig- 
keiton in der Färbung zu vermeiden, empfiehlt Unna statt der Gentiana- 
Anilin-Lösung seine Gentiana-Alaun-Lösung (cf. Artikel Fibrin). Die Jod¬ 
lösung improvisirte Unna auch hier, indem er ein Jodkrvstall in ein 
Schälchen mit 5%ig‘m’ Jodkaliumlösung brachte. — In der Gentiana- 
Alaunlösung muss der Schnitt weit länger bleiben, als in der Gentiana- 
Anilinlösung, etwa 1 Stunde oder mehr (er kann in derselben auch eine 
Nacht oder 24 Stunden bleiben), wird alsdann in Wasser abgespült und 
in das Schälchen mit frischer Jodlösung gebracht, woselbst er I bis 
2 Minuten verbleibt. Sodann wird er wieder in Wasser abgespült, auf 
einen Object träger gebracht und hier abgetrocknet. Darauf folgt die 
Entfärbung auf dem Object träger mittels der von Beneke angegebenen 
Mischung von 2 Theilen Anilin und 3 Theilen Xylol. Dieselbe geht sehr 
langsam vor sich und ist meistens erst in 10 bis 15 Minuten beendigt 
Nachdem die Schnitte ca. 10 Minuten in der Mischung verweilt haben, 
empfiehlt es sich, um eine starke Entfärbung zu vermeiden, dieselben 
hin und wieder in Xylol ahzuspülen und atizusehen. — Die so gewon¬ 
nenen Präparate zeigen zum Unterschied von den nach der Be ne be¬ 
sehen Vorschrift gewonnenen keine violette, sondern eine rein blaue 


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Die mikroskop. Technik im Dienste der Dermatologie. 


203 


Färbung, die nichtfaserige, collagene Intercellularsubstanz ist stärker 
mitgefarbt. Die Schnitte sind in allen ihren Theilen gleichraässig durch- 
iärbt und das Färberesultat ist ein absolut constantes. Während bei der 
Anilinbeize die Fibrillenbündel in der Mitte und am Schnittende fast 
immer verschieden stark gefärbt sind, ist bei der Alaunbeize die Collagen- 
farbung zwar schwächer, aber bis zu den feinsten Fasern des Papillar¬ 
körpers gleicbmässig gut; die Kerne sind stets schwach gefärbt und die 
Epithelfaserung tritt in allen Theilen des Schnittes prächtig hervor. 
Ausserdem ist das Arbeiten mit der Gentiana-Alaunlösung angenehmer 
als mit der Gentiana-Anilinlösung. — Die Beneke T sche Originalvor- 
schrift empfiehlt Unna dort, wo es hauptsächlich auf eine Darstellung 
der collagenen Fibrillen ankommt, seine Modification der Alaunbeize 
dagegen, wo nebenbei die Epithelfaserung untersucht werden soll. 

Was das elastische Gewebe anbetritft, das nach Beneke eine 
leuchtend rothe, selten blauviolette Tinction annehmen soll, so ist Unna 
eine ordentliche, rothe Gegenfarbung des Elastins weder mit der Beneke- 
schen noch mit der eigenen Vorschrift geglückt. Bei ersterer treten 
allerdings hier und da rothgefärbte Fasern, welche man als elastische 
deuten muss, immer aber gemischt mit ebenso roth gefärbten collagenen 
Fasern. Von einer Darstellung der feineren elastischen Fasern und des 
ganzen elastischen Systems kann nach Unna keine Bede sein. Möglich 
dass die verschiedenen Arten vom Gentianaviolett des Handels den rothen 
Farbstoff, welcher diese Gegenfärbung veranlasst, in verschiedener Quan¬ 
tität enthalten. 

Specifische Färbung der Mastzellenkörnung. 

Unna schildert eine Methode, um mittels des polychromen Me¬ 
thylenblaus auch eine ganz isolirte Färbung der einzelnen Körner der 
Mastzellen zur Feststellung ihrer topographischen Vertheilung zu er¬ 
zielen. Man kann zu diesem Zwecke entweder in abgeschwächten Lö¬ 
sungen langsam färben oder die überfärbten Schnitte in Glycerinäther¬ 
mischung oder Mineralsäuren entfärben, a) Man lässt die Schnitte 3 Stun¬ 
den bis eine Nacht- in einem Schälchen mit polychromer Methylenblau¬ 
lösung, nachdem mau eine Messerspitze Alaun zugesetzt hat, dann Abspülen 
in Wasser, Alcohol absolutus, Oel, Balsam. Die Mastzellenkörnung ist 
dunkel kirsebroth, das übrige Gewebe blassblau, Kernfärbung kaum ange¬ 
deutet. £) Färbung in polychromer Methylenblaulösung l /, Stunde, Ab¬ 
spülen in Wasser, Entfärbung in Glycerinäthermischung 5 bis 10 Minuten, 
längeres Auswaschen in Wasser, Alcohol absolutus, Oel, Balsam; c) Auch 
mittels der Mineralsäuren kann man hier die Entfärbung bewirken, am 
besten durch Cornbination von Salpetersäure und Salzsäure, die Schnitte 
kommen erst für 20 bis 30 Seeunden in eine 5%ige Salpetersäure, dann 
für 10 bis 20 Seeunden in ein Schälchen mit Wasser, welches mit einigen 
Tropfen salzsauren Alkohols augesäuert ist, dann Alcohol, Oel, Balsam. 
Die Entfärbung in nur einer dieser Säuren lässt gewöhnlich noch etwas 
Blau in den Körnern zurück. 


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Lederm ann und I\at ko w s k i. 


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Nerven. 

So brauchbar die Golgi’sche Methode zur Untersuchung nervöser 
Elemente ist, so haften derselben doch manche Mangel an. So kommt 
es nicht selten vor, dass Blutgefässe und Ausführungsgänge von Drüsen 
sich mitfarben. Diese Mängel beseitigt Dogiel bis zu einem gewissen 
Grade, indem er die Blutgefässe des betreffenden Organes mit der blauen 
Leimmasse injicirt, welche nach Ran vier aus einer gesättigten Lösung 
von Berlinerblau und Gelatine bereitet wird. Er lässt darauf das betref¬ 
fende Organ während 20—30 Minuten im Schnee oder einfach im Körper 
des Thieres erkalten. Sobald die Masse genügend steif ist, schneidet er 
Stücke von der erforderlichen Grösse ab, welche er entweder nach Golgi 
mit einer Kalibichrom.-Lösung oder nach Kämony Ca.jal mit der 
osimo-biehromischen Mischung behandelt. Weitere Behandlung wie sonst. 
— Statt der blauen kann man auch eine rothe Leimmasse benützen, nur 
muss man dann statt in doppoltehromsaurer Kalilösung in osmio-biehro- 
mischer Mischung erhärten lassen. Die Farben der Injectionsmassen ver¬ 
ändern sich im allgemeinen nur bei längerem Aufenthalt (über 4 resp. 
ti—10 Tage) in der Silbernilratlösung. Die durchsichtige Injectionsmasse 
erschwert es nicht, die Nerven zu sehen. Auch die Ausfülirungsgänge 
der Drüsen kann man mit diesen Injectionsmassen anfüllen. Um bequemer 
injiciren zu können, ist es gut, den Gelatinegehalt zu verringern. 

Smirnow stellte seine Untersuchungen fast ausschliesslich mit 
der schnellen G o 1 g i’schen Methode an. Methylenblau (Ehrlich) wandte 
er weniger an und zwar dann in einer Lösung von 0'02% in 0*5% 
C’LYn-Lösung. S. bemerkt, dass die GolgTsclio Methode bei richtiger 
Anwendung (mit der Oertliclikcit und der Thierspecies entsprechender 
Moditication i ebenso beweisende Resultate bietet, wie die Methode Ehr li e h's. 
In vielen Fällen ist nach seiner Erfahrung die erstere Methode sogar 
vorzuziehen. In Anwendung auf den Lumbricus und speciell auf dessen 
peripherisches Nervensystem empfiehlt er folgende Moditication der Golgi- 
schen Methode. Stücke des Regenwurms, di*. 1 1.5—2 Cm. messen, werden 
in eine Mischung gelegt, die aus eitler 5°,, Lösung von Kali bichrom. und 
eitler 1% Osmiumlösung zu gleichen Theilcn besteht. Nach 5—28 Tagen 
werden die Stücke herausgoinnnmen und auf 24—of> Stunden in eine 
0*75 bis 1% Lösung von salpetcrsaureni Silber übertragen. Die so be¬ 
arbeiteten Stücke wurden in 70° 0 Alkohol abgespült und in Hollunder- 
mark geschnitten, die Schnitte entwässert, in Terpentin aufgehrllt und 
in Dam mar eingebettet. Die so hergestellten Präparate zeigten mit über¬ 
raschender Deutlichkeit, die äusserst feinen, vnricösen, frei endigenden 
Nervenfäden, die in Bezug auf Eleganz und Schärfe den durch Methylen¬ 
blau gefärbten Nervenfäden nichts nacligaben. Leider gelang ihm die 
Methylenblaufärbung bei Würmern verhältnissmässig selten. 

Zur Prüfung der Neurome auf das Vorkommen von Nervenfasern 
machte Brigidi zahlreiche mikroskopische Untersuchungen an multiplen 
Neurofibromen der peripherischen Haut- und Muskelnerven. Die ausge¬ 
schnittenen Tumoren und Hautläppchen wurden in Alkohol, Müllerscher 


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Flüssigkeit und Sublimat nach Vorschrift gehärtet. Dann wurden die 
Hautläppchen mit Neoplasmen kleinsten Volumens vorerst mit Chrom¬ 
säure behandelt und dann bis zur vollkommenen Härtung in Alkohol ge¬ 
legt. Gleicher Behandlung wurden einige grössere Hauttumoren und auch 
Stückchen von gestielten Tumoren unterworfen. Diese wurden viele Stunden 
lang in l%iger Osmiumsäure belassen, so lange, bis sie die schwarze 
Farbe angenommen hatten: wenn sie früher herausgenommen wurden, 
constatirte man, dass das Reagens nicht in die centralen Theile des Neo¬ 
plasmas eingedrungen war, dagegen nach 16 bis 24stündigem Verbleiben 
in der Säure zeigten sich die pathologischen Stücke auch im Innern so 
gleichmässig geschwärzt, dass man befürchten musste, sie würden für die 
histologische Untersuchung nicht mehr verwendbar *ein. Verf. erhielt 
jedoch von solchen Stücken die besten Präparate nach Entfärbung mit 
Kal. permanganieum, da nur die Nerven schwarz blieben, das übrige Ge¬ 
webe dagegen farblos wurde und daher in anderer Weise gefärbt werden 
konnte. Einige Stücke wurden auch nach Uanvier’s Verfahren mit 
Chlorgold behandelt. 

Die Stücke wurden in Celloidiu eingehüllt und mit Schanzes 
Mikrotom zerschnitten. Die Färbung geschah mit: Boraxcarmin, Gre- 
na ch e r ’schem Alauncarmin, Fikrocarmin, Orth ’schein Lithionpikrocarmin 
und Hämatoxylin. Verf. unterzog die dünnen Schnitte auch Doppel¬ 
färbungen, mit Hämatoxylin und neutralem Carmin, mit flämatoxylin 
und Eosin, mit Gentianaviolett und Eosin, mit Anilinblau und Saffranin. 
Zur Untersuchung der kleinen Muskeltumoren bediente sich Verf. auch 
folgenden Färbungsverfahrens: Die Schnitte wurden mittels Hämatoxylins 
gefärbt und dann in Pikrinsäure gelegt. Diese entfärbt das Hämatoxylin 
nur langsam, so dass in einem gegebenen Augenblicke nur die Kerne vio¬ 
lett gefärbt bleiben, während der Rest des Präparates eine gelbgrüne 
Farbe annimmt. Die violett gefärbten Kerne treten vom gelben Grunde 
deutlich hervor und können sehr gut mittels des Mikroskopes analysirt 
w r erden. Ein anderes Mal mengte er Hämatoxylin zu gleichen Theilen 
mit Alauncarmin, verdünnte die Mischung mit dem zehnfachen Volumen 
destillirten Wassers und tiltrirte. In diese Färbeflotte gelegt, nehmen 
die Präparate eine bläulichrothe Farbe an, die dann, nach Eintauchen 
in Pikrinsäure, auf die Kerne beschränkt bleibt. 

Die meisten dieser Präparate wurden nach voraufgegangener An- 
hvdrirung trocken verschlossen. 

Die mit Chlorgold behandelten wurden in Glycerin conservirt und 
mittels judäischen Peches abgeschlossen. 

Die ausgezeichnet schöne, specilische Rothfärbung, welche alle 
muciuartigen Bestandteile der Haut (Mastzclleu, mucinöse Umwandlung 
des Collagens und der Epitlmlien) bei der Färbung mit dem polychromen 
Methylenblau (Grübler) und geeigneter Entfärbung annehmen, hat 
Unna zu einigen neuen Funden geführt, welche er in dem Artikel über 
mucinartige Bestandteile der Neurofibrome und des Centralnervensystems 
in seinen Monatsheften von 1804 veröffentlicht hat. Bei dieser Gelegen- 


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2 o G Leder in a n n und K a t k o w s k i. 

beit weist er auf einige Färbemethodon bin, welche zwar besonders durch 
die Darstellung der Bestandtlieile des Rückenmarks von allgemeinerem 
Interesse sind, sieb jedoch wohl auch einmal für die Untersuchung von 
Neurofibromen in der Haut eignen dürften. Die Methoden tbeilt er nach 
den Haupttypen des Mucins ein und betrachtet als ersten Typus die Dar¬ 
stellung mittels der GlycOrinäthenuischung. Der zweite Typus umfasst 
in ebenfalls isolirter Darstellung hauptsächlich jene schalenförmigen 
Körper, welche meist entfernt von den Achsencylindern die Nervencanäle 
auskleiden. Der dritte Typus soll das Muein neben den Aehsencylindern 
und der mehr oder weniger vollständig gefärbten blauen Markscheide 
sichtbar machen. Der vierte Typus begreift die Methoden in sich, bei 
welchen das amorphe Muein hauptsächlich hervortritt. 

Alle Färbungen sind mit der stark metkylcnroth- und methylen¬ 
violetthaltigen, polychromen Methylenblaulösung erhalten worden. Beim 
Bezüge der letzteren von Herrn Dr. Grübler lLeipzig) ist zu empfehlen, 
dass man sich eine concentrirte Lösung dieses Farbstotles kommen lässt 
und diese aus ökonomischen Gründen mit etwas ('/^—V% Volumen) Gly¬ 
cerin versetzt. In dieser etwas abgeschwächten, aber besser ausnutzbaren 
Mischung färben sich die Präparate gut in einer Stunde, so dass sic* allen 
Entfärbmigsproceduren trotzen. Man kann sie übrigens auch eine ganze 
Nacht in der Lösung lassen. In der folgenden Lei »ersieht beziehen sich 
die genannten Entfärbungen stets auf derartig überfärbte, dunkelblaue 
Schnitte aus in absolutem Alkohol rasch gehärtetem Rückenmark. Mau 
spült dieselben in Wasser etwas ab und bringt sie in die verschiedenen 
Fixirungs- und Entfärbungsflüssigkeiten, wo die „rotlie“ Substanz eine vom 
Violett, Blaurotb, Carminroth, Zinnoberroth, Orange, Gelbrüth, Braunroth, 
Mahagonibraun bis Braunviolett nuancirte, metachromatische Färbung 
je nach der Methode annimmt. Nach der Entfärbung kommen gewöhn¬ 
lich die Schnitte aus dem Alkohol in Bergamottöl und Balsam. 

Typus I. 

1. Glycerinäthermisehung (von Schuchardt oder Grübler), am 
besten mit Wasser stark verdünnt; Wasser ziemlich lange; absolut. 
Alkoh. kurz. 

2. Essigwasser (3 — 5 Tropfen Essigsäure auf ein Schälchen Wasser i; 
Wasser; Alkohol. 

3. Alaunwasser (eine Messerspitze Alaun auf ein Schälchen Wasser,; 
Wasser; Alkohol. 

4. Wässerige Tanninlüsung (33%); Wasser; Alkohol. 

5. Eisenchloridwasser (3 — 5 Tropfen ofticinelle Eisenchloridlösung 
auf ein Schälchen Wasser); Wasser; Alkohol. 

6. Salpetersäurewasser (3—5 Tropfen Salpetersäure auf eiu Schäl¬ 
chen Wasser); Wasser; Alkohol. 

7. Salzsäurewasser, ebenso. 

8. Lösung von Kal. bichromic. (10%); Wasser; käufliche Losung 
von II 2 0,; Alaunwasser (wie in 3); auf dem Objectträger abtrockneu; 
Anilinöl; Xylol; Balsam. 


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Die mikroskop. Technik ira Dienste der Dermatologie. 


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9. Lösung von Kal. bichromic. (1%); Wasser; auf dem Objectträger 
abtrocknen; Anilinöl; Xylol; Balsam. 

10 . Auf dem Objectträger abtrocknen; filtrirte Mischung von Ani¬ 
linöl mit überschüssigem Alaun; Xylol; Balsam. 

11 . Glycinlösung (eine Messerspitze auf ein Schälchen mit Wasser ; 
Wasser; Glycerinäthermischung mit Wasser verdünnt; Wasser; Alkohol. 

12. Lösung von Kal. bichromic. (10%); Wasser; Glycerinäther¬ 
mischung; Wasser; Alkohol. 

13. Karbolwasser (1—2%); Wasser; Alkohol. 

Typus II. 

1-1. Filtrirte Mischung von absolutem Alkohol mit überschüssigem 
Zucker; Alkohol. 

15. Filtrirte Mischung von absolutem Alkohol mit überschüssigem 
Schwefelbarium; Alkohol. 

16. Wässerige Lösung von Tannin (33%); Alkohol mit 3 — 5 Tropfen 
Essigsäure; Alkohol. 

17. Filtrirte Mischung von absolutem Alkohol mit überschüssiger 
Schwelleber; Alkohol. 

Typus III. 

l p . Schnitt auf dem Objectträger abtrocknen; filtrirte Lösung von 
überschüssigem Glycin in Anilinöl; Xylol; Balsam. 

19. Lösung von Glycin (eine Messerspitze auf ein Schälchen Wasser j; 
Schnitt auf dem Objectträger abtrocknen; Anilinöl; Xylol; Balsam. 

20. Wässerige Lösung von Tannin (33%); Wasser; Schnitt auf dem 
Objectträger abtrocknen; Mischung von 2 Tropfen Salpetersäure auf ein 
Schälchen Anilinöl; Xylol; Balsam. 

21. Lösung von Kal. bichromic. (10%); Wasser; Schnitt auf dem 
Objectträger abtrocknen; Anilinöl; Xylol; Balsam. 

Typus IV. (Amorphe, mucinartige Substanz.) 

Besonders gut bei den Methoden 2 und 8; sodann auch bei den 
Methoden 3, 4, 6, 7, 9, lu, 11, 14, 18. 

Achsencylinder zeigen sich gefärbt bei den Methoden 18 bis 21 und 

4, 10, 16. 

Ganglien finden sich besonders gut gefärbt bei den Methoden 8, 
9, 14, 15, 18, 19; gut bei den Methoden 2, 5, 10, 11, 20, 21. 

Reisner hat auf Anregung von Prof. Wolff die spitzen Condy¬ 
lome auf das Vorhandensein resp. Nichtvorhandensein von Nerven unter¬ 
sucht. Dabei bediente er sich des sog. „schnellen Verfahrens“ von Ra¬ 
ni ony Cayal. Die operativ mit Messer, Scheere oder galvanocaustischer 
Schlinge entfernten Condylome wurden rasch in destillirtem Wasser ab¬ 
gewaschen und kamen dann in eine Lösung von 1 Theil l%ig er Osmium- 
saure und 4 Theilen 3'5%igem Kaliumbichromatum, worin sie 5—7 Tage 
im Dunkeln bei einer Temperatur von 25—35° blieben. Dann wurden sie 
in0*25%ig er Argentum nitricum-Lösung abgespült, hierauf in eine 0‘75%ige 
Lösung gebracht und bei Zimmertemperatur 24 Stunden lang dem Lichte 


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Ledermaun und 1! a tko wski. 


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ausgesetzt. Das letztere kann noch längere Zeit geschehen, wenn nur 
darauf gesehen wird, dass die Flüssigkeit nicht verdunstet. Die Schnitte 
kamen in Nelkenöl, Xylol und Canadabalsam. Nach den Angaben aller 
Autoren werden sie ohne Deckgläschen aufbewahrt, weil sie unter den¬ 
selben nicht selten vollständig trübe, undurchsichtig und schwarz werden. 

Da die Osmiurnsäure bei Zusatz von Gallussäure, Tannin, Pyro- 
gallussäure, Hydrochinon, Eicouogen eine tiefblau violette oder braun¬ 
schwarze Färbung gibt, so hat Azoulay diese den Chemikern bekannte 
und von den Botanikern für die Erkennung der Tannine angewandte Re- 
aetion für die thierische Histologie verwerthen zu können geglaubt. Er 
stellte sich daher die Aufgabe, Osmiumsäure auf das Myelin der nervösen 
Gewebe zu fixiren und sie dann sogleich durch Tannin oder seine Ana¬ 
loge zu reduciren. Die angestellten Untersuchungen erstreck len sich auf 
die Medulla, den Bulbus und die Nerven. Die Methoden sind folgende: 

A. Die in Müllerscher Flüssigkeit fixirten Präparate werden 
1—2 Tage entwässert und in Celloidiu oder Collodiuin montirt. Ein 
sehr langes Verweilen in Alkohol schadet den Stücken nichts. Die 
sehr feinen Schnitte werden in 90° Alkohol aufgefangen, dann durch 
waschen vom Alkohol befreit und in eine schwache Osmumisäurelösung 
(1:500—1000) 5—10—15 Minuten lang, je nach der Concentration der Lö¬ 
sung oder der Dicke des Schnittes eingelegt; dann wieder leichtes Ent¬ 
wässern und Einbringen der Schnitte in eine 5—10% Tanninlösung und 
Erhitzen derselben, bis Dampfe steigen, oder im Brutofen bis zu 50 — 55°, 
2 — 3 — 5 Minuten, je nach dem Farbeuton, den man zu erhalten wünscht, 
im Durchschnitt 5 Minuten; dann wieder gründliches Entwässern und 
Doppeliärbung mit Carmin und wässriger Eosinlösung. Schliesslich Mon- 
tiren in Alkohol, Phenolxylol und Canadabalsam. 

Die Schnitte sind braun oder schwarz, die weisse Substanz ist sehr 
braun oder schwarz, die graue Substanz grau. Gefärbt wird nur das Myelin. 
Die Methode ist also gleichzeitig topographisch und mikroskopisch. Jedoch 
müssen die Schnitte sehr fein sein. Bei dicken oder sehr grossen Schnitten 
enipliehlt sich noch Entfärbung nach der PaPschen oder Weigert- 
PaTschen Methode. Nachdem die Schnitte von dem Tanninbade entwässert 
sind, könn en sie m V 4 % Kaliumpermanganatlösung, werden wieder aus¬ 
gewaschen und in eine frisch zubereitete Mischung von Kaliumsulphat 
(1%) und Oxalsäure (1° 0 ) oder in eine Aullösung von Extractum aquae 
de Javel in 50 Wasser gebracht. Dann wieder langes Entwässern, Doppel¬ 
färbung mit Carmin oder Eosin. 

B. Die Stücke iGohirn, Rückenmark, Nerven) werden in einer 
Flüssigkeit, die Osmiumsäure enthält, lixirt. Man schneidet sie eutweder 
ohne Einbettung oder, wenn sie in Celloidiu eingebettet sind, dürfen sie 
nur wenige Tage in einer schwachen Alkohollösung ( s 80—90°) verweilen. 
Der Vorgang der Präparation ist folgender. 

1. Leichtes Entwässern der sehr feinen, in Alkohol aufgefaugenen 
Sch nitte. 

2. Einbringen in ein 5 - 10°/ 0 Taiminbad, unter Erhitzung 3—10 Mm. 


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3. Entwässern. 

4. Entfärbung, wie oben angegeben. 

6, Protrahirtes Entwässern. 

6. Doppelfärbung oder nicht. 

7. Gewöhnliche Montirung. 

Diese Methode eignet sich auch für die Farbung des Fettes in den 
Geweben. 

Glatte Muskelfasern. 

Fixirt man nach Färbung mit Methylenblau dieses im Gewebe 
durch rothes Blutlaugensalz, so verwandelt es sich in Violett und haftet 
so fest an Protoplasma und Muskelsubstanz, dass man mit salzsaurem 
Alkohol entfärben kann. Unna beschreibt diese Methode als Methylenblau- 
Blutlaugensalzmethode, wie folgt: Die Schnitte kommen für 10 Minuten 
in polychrome Methylenblaulösung, Abspülen in Wasser, 10 Minuten 
Fixirung in einer einprocentigen Lösung von rothem Blutlaugensalz, 
Abspülen in Wasser, Differeucirung in salzsaurem Alkohol (einprocentigc 
Salzsäure) etwa 10 Minuten, bis der collagene Grund weiss hervortritt. 
Dann Alcohol absolutus, Oel, Balsam. Man darf bei dieser Methode nur 
Nadeln aus Platin anwenden. . Alle zelligen Substanzen treten auf hellem 
Untergrund violett hervor. Oberhaut und Mastzeilen sind zu stark gefärbt 
für feinere Structur, aber die Knäueldrüsen, die Blutgefässe, Capillaren, 
die Bindegewebszellen und Muskeln heben sieh scharf ab, die Kerne treten 
gut hervor und die Contouren der Muskelfasern. Die elastischen Fasern 
erscheinen hierbei in der Färbung des Collagens. Will man sie deutlich 
machen, so färbt man am besten vorher mit der Schnellfärbung in saurer 
Orceinlösung (vergleiche Elastin und Elacin). Eine andere Methode mit 
4 Farben ist die: Saure Orcein-IIämatein-Säurefuchsin-Pikrinraethode. 
Saure Orceinlösung 10 Minuten in der Wärme, Abspülen in SOproccntigem 
Alkohol, starke Hämateinlösung 10 Minuten, Entfärbung des Collagens 
in salzsaurem Alkohol (1 Procent Salzsäure) einige Secunden, Abspülen 
in Wasser, 2procentige Säurefuchsinlösung 5 Minuten, eonceutrirte wässerige 
Pikrinsäurelösung 2 Minuten, Alcohol absolutus, Oel, Balsam. Elastiu 
orceinbraun, Collagen säurefuchsinroth, Muskeln, Protoplasma gelb, Kerne 
grauviolett. 

3. Dermatosen und Tumoren. 

Dr. Thomas Savills epidemische Hautkrankheit. 

Die histologischen Untersuchungen über die im Jahre 1801 in 
London aufgetretene und von Dr. Thomas Savill beschriebene epide¬ 
mische Hautkrankheit stellte Echeverria an Hautstücken von zwei 
tödtlich verlaufenen Fällen an, welche post mortem excidirt und in 
mehrfach erneuertem Methylalkohol so lange aufbewahrt waren. 

Die Schnitte, in der üblichen Weise angefertigt, wurden nach fol¬ 
genden Methoden gefärbt: 

Archiv f. Dermatol, u. Syphil. Band XXXVII. 14 


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Lederinann und Ratkowski. 


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a) Methylenblau-Orcein. 

1. Man legt den Schnitt direct aus dem Alkohol in Unna’s poly¬ 
chromes Methylenblau und lässt ihn darin 2—5 Minuten liegen. 

2. Mit Wasser gründlich auswaschen. 

3. Der Schnitt kommt in ('/,%) neutrale Orceinlösung (Grübler), 
in absoluten Alkohol auf 2—5 Minuten. 

4. Abspülen in 80procentigem Alkohol, dem man zur Beseitigung 
eines etwaigen Ueberschusses an Celloidin auch gleiche Theile Aether 
zusetzen kann. 

5. Aufhellen in Bergamottöl und Einlegen in Xylolbalsam. 

b) Die Hämatoxylin- (saures) Orcein-Methode. 

1. Die Schnitte kommen in eine kleine Schale, die genug von der 
sauren Orceinlösung enthält, um dieselben zu bedecken. Diese Flüssigkeit 
ist eine lproeentige Lösung in absolutem Alkohol mit 1% HCl. 

2. Man stellt diese Schale auf einen erwärmten Objecttrager und 
erhitzt das Ganze vorsichtig, indem man es in einer Entfernung von 
etwa 4 Zoll über eine Spiritusharnme hält und dies fortsetzt, bis die 
Lösung von dick gallertiger Consistenz. 

3. Gut auswaschen mit <50 - SOprocentigem Alkohol. 

4. In Wasser abwasehen. 

5. Einlegen in eine wässerige Lösung von Hämatoxylin 10 bis 15 
Minuten lang. 

6. Abspülen in Wasser. 

7. Abspülen mit SOprocentigem Alkohol oder lieber in lproeentigem 
II Cl-Alkohol. Dann Bergamottö] und Balsam. 

r) Die Cochcnille-Gentiana-Jodmethode. 

1. Entfernung des Alkohols durch Einlegen in Wasser. 

2. Einlegen in eine 2procontige Alaun-Cochenillelösung auf zwei 
bis fünf Minuten. 

3. Abwaschen mit Wasser. 

4. In der Gentianalösung fünf Minuten liegen lassen. Wasser und 
Anilinöl worden hierzu bis zur Erzeugung einer milchigen Suspension 
miteinander geschüttelt, dann durch zuvor angefeuchtetes Fliesspapier 
hltrirt und mit gleichen Theilen einer concentrirten, filtrirten Gentiana¬ 
lösung vermischt. 

5. Abspülen mit Wasser. 

6. Man legt den Schnitt auf den Object träger und breitet ihn 
gleichmässig darauf aus. 

7. Man bedeckt den Schnitt mit einer lprocentigen wässerigen 
JK-Lösung, welcher man IJ^0 2 bis zur Erzeugung einer gesättigten, 
citronengelben Farbe zugesetzt hat und lässt die Lösung 2—3 Minuten 
cinwirken. 

8. Man entfernt den Ueberschuss und trocknet den Schnitt durch 
Aufdrücken von Fliesspapier so gründlich wie möglich. 

0. Entfärben mit Anilinöl. 

10. Abwaschen mit Xylol und Einlegen in Kanadabalsam. 


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Die mikroskop. Technik im Dienste der Dermatologie. 211 

Diese Methoden bewährten sich sehr gut zur Färbung der Zell¬ 
körper, des Elastins u. s. w.; aber die Kerne lieferten kein befriedigendes 
Bild und es erwies sich als empfehlenswerth, dieselben mittels der so¬ 
genannten A. Methylenblau - Säurefuchsin - Tannin - Methode und B. der 
Was8erblau-Saffranin-Methoden zu färben. 

Die Technik ist hierbei folgende: 

A. 1 . Man nimmt den Schnitt aus dem Alkohol und legt ihn 15 Min. 
in die polychrome Metbyienblaulösung. 

2. Abwaschen in Wasser. 

3. Einlegen in eine 337 3 procentige wässerige Tanninsäurelösung; 
nach ein bis zwei Minuten Abwaschen mit Wasser und 

4. Einlegen in eine zweiprocentige wässerige Säurefuchsinlösung, 
worin die Schnitte 2—3 Minuten bleiben, dann Abwaschen mit Wasser; 
Alkohol, Bergamottöl, Einlegen in Balsam. 

B . 1. Schnitte werden in Wasser ausgewaschen. 

2. Sie kommen auf 1—3 Minuten in eine 2procentige wässerige 
Lösung von Wasserblau. 

3. Abwaschen mit Wasser. 

4. In einer lprocentigen wässerigen Saffrauinlösung fünf Minuten 
liegen lassen, dann Alkohol, Bergamottöl und Balsam. 

Wenn man nach den hier angegebenen Methoden untersucht, so 
erhält man einen recht guten Begriff von den pathologischen Ver¬ 
änderungen an der Haut; denn jede einzelne Methode dient dazu, speciell 
den einen oder den anderen histologischen Bestandtheil derselben deutlich 
hervorzuheben, was mit einer einzigen Färbemethode nicht zu erzielen 
sein würde. 

Carcinom. 

Ribbert hat seine Untersuchungen über die Ilistogenese des 
Carcinoma an durch Operation gewonnenen Hautkrebsen gemacht, die 
in verschiedener Weise nach den gebräuchlichen Methoden, abgesehen 
vom Alkohol, gehärtet wurden. Die Schnitte wurden zunächst mit Häma- 
toxylin gefärbt, dann einer Ueberfarbung mit Säuerfuchsin-Pikrinsäure 
nach van Giesen-Ernst (Zieglers Beiträge Bd. XI. S. 234) und darauf 
vorteilhaft noch einer Ueberfarbung mit Orange unterworfen. Die Kerne 
wurden blau, die hyalinen Bestandtheile, die Fasern des Bindegewebes 
roth, das Protoplasma, besonders der Epithelzellen und der grösseren 
Bindegewebszellen dunkelgelb, das Blut hellgell). Die Körnung der Mast¬ 
zellen und der polynucleären Leukoeyten zeigte einen gelben oder gelb- 
rothen Ton. Untersuchung in Canadabalsam und vielfach mit besonderem 
Vortheil (besonders für die Verhältnisse des Zellprotoplasmas) in Glycerin. 

Acne. 

EinerAnregung Unna’s folgend hat Menahem IIo dara die mikrosko¬ 
pische Untersuchung von Coraedonen auf ihren Bakteriengehalt in folgender 
Weise gehandhabt: Man legt den Comedo 4—5 Stunden in absoluten 
Alkohol, alsdann tkut man einige Tropfen Aet-her hinzu, und nach weiteren 

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Le der man ii und Ratkowski. 


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1 —2 Stunden legt man das Präparat in Celioidin, woselbst es 12 Stunden 
bis zur völligen Erhärtung bleibt. Schneller kommt man noch zum Ziele, 
wenn man die ausgedrückten Comedonen zuerst in verdünntes und dann 
nach einer Stunde in reines Celioidin legt. Man erhält auf diese Weise 
schon nach 2—3 Stunden lehrreiche Präparate. 

Färbung. Verfahren mit Methylenblau. 

Man färbt die Comedoschnitte, indem man sie einige Minuten in 
dem Unna’schen Methylenblau polychromicum liegen lässt; die Färbung 
wird bei stundenlangem Verweilen in der Lösung natürlich viel kräftiger. 
Man entfärbt darauf mit einem Glycerinäther-Gemisch, oder besser noch 
mit einer neutralen Alkohollosung von Oreein, darauf Aufhellen in Ber- 
gamottöl und Verschluss mit Kamidabalsam. 

Verfahren mit Jod; in o d i ti c i r t von D r. Unna. 

Man färbt die Schnitte zuerst oberflächlich mit einer schwachen 
Eosinlösung, färbt darauf mit einer alkoholischen Lösung von Gentiana- 
violett plus Anilinwasser, fixirt mit einer Lösung von Jodkali plus Wasser¬ 
stoffsuperoxyd und entfärbt mit Anilinöl. Setzt man dem letzteren noch 
einige Körnchen Pikrinsäure hinzu, so erhält man prächtige Präparate, 
in denen die Mikroorganismen des Acne-Comedo leicht und deutlich von 
dem Stratum corneum zu unterscheiden sind. 

V e r fa h ron mit M e t h y 1 e n b 1 a u u n d Tannin. 

Man lässt die Schnitte 12 Stunden lang im Unna’schen Methylen¬ 
blau polychromicum liegen, thut sie alsdann zur Entfärbung eine Viertel¬ 
stunde lang in eine 33 7j%^ e Tannin-Wasserlösung, wäscht darauf 10 
Minuten in verdünntem Alkohol, dann in Wasser und absolutem Alkohol, 
hellt in Bergamottöl auf und verschliesst das Präparat mit Kanadabalsam. 

4. Parasitäre Erkrankungen der Haut. 

Psorospermien. 

Molluscum contagiosum. 

Gehärtete Präparate eignen sich nach Campana zum Studium 
der iMolluscumkörperchen nicht, weil man die charakteristischen Formen 
nicht erkennen kann, nur die Kapseln und einige Körper im Innern 
sieht. Dieses lehrte den Verf. der Vergleich mit so behandelten Präpa¬ 
raten von Kaninchengregarinen. Die Untersuchung frischer, aus dem 
Molluscumbrei bereiteter Präparate gab identische Bilder mit der Gre- 
garinose der Kaninchen. Man sieht rundliche Gebilde mit Kapseln und 
perlenartigem Inhalte, mitunter mit doppeltem Contour und kleinen, 
unregelmässig rundlichen Körperchen im Innern. Dennoch will Verf. es 
dahingestellt sein lassen, oh es sieh beim Molluscum contagiosum um 
eine echte Gregarinose handelt. 

Pflanzliche Parasiten. 

Favus. 

Bodin hat hei seinen Favusstudien Augenblirksprüpiirate von 
Haaren und JScutalae in der allgemein üblichen Weise angefertigt. Ein 


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Die mikroskop. Technik im Dienste der Dermatologie. 


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Fragment der Scutula wird in einem Tropfen Kalilauge (40 : 100) 
auf einem Objectträger leicht erhitzt, mit dem Deckglas bedeckt und 
untersucht. 

Für Dauerpräparate empfiehlt er das Verfahren von Malassez : 

1. 24stündiges Verweilen der Haare in Alkohol und Aether. 

2. 12 Stunden in absolut. Alkohol. 

3. Einwirkung 40procentiger Kalilauge in der Kälte bis zur voll¬ 
ständigen Aufhellung. 

4. Man wäscht in Wasser ab und nimmt die überschüssige Kali¬ 
lauge durch eine (acide d’acetate de potasBe) saure Lösung von 
Kali aceticum fort. 

5. Färbung mit Eosin. 

6. Montirung in Glycerin. 

Bei der mikroskopischen Untersuchung muss man stets das Prä¬ 
parat bei schwacher Beleuchtung untersuchen, etwa mit einem Diaphragma 
von 1—2 Mm. Lochweite, bei grösserer OelVnung sind die Pilzelementc 
nicht zu unterscheiden. 

Für alle diese Untersuchungen genügt die Vergrösserung mittels 
Leitz Ocular 1 und Objectiv 7. 

Trichorrhexis nodosa. 

Bei seinen histologischen und bakteriologischen Untersuchungen 
der Trichorrhexis bediente sich Menahem Hodara im Beginn aus¬ 
schliesslich der Jodmethode zur Färbung der Haare. Später machte er 
verschiedene Verfahren ausfindig, die noch praktischer sind, indem sie 
schneller zu einem eindeutigen Krgebniss führen. 

Das Verfahren mit Lö f fl er’s ehern Methylenblau. 

a) Man lässt die Haare drei Minuten lang in dem L öff 1 er'schen 
Methylenblau liegen, wäscht alsdann einige Secunden mit Wasser, bringt 
sie in eine lprocentigo alkoholische (absoluter Alkohol) Pyrogallollösung, 
worin man sie 1—2 Minuten lässt, bis sie genügend entfärbt sind, spült 
in absolutem Alkohol ab und hellt sie schliesslich in Bergamottöl auf. 

b) Man lässt die Haare drei Minuten in Lö ffler’schem Methylen¬ 
blau, bringt sie darauf in eine öprocentige wässerige Resorcinlösung, 
trocknet, entfärbt mit Anilinöl, wäscht in Xylol und kann sie nun noch, 
wenn man will, in Bergamottöl auf hellen. 

c) Man färbt die Haare zuerst wieder drei Minuten lang mit 
Löffler’schem Methylenblau, bringt sie dann in eine lprocentige Lösung 
von Kalium bioxalicum, spült in Wasser und dann in absolutem Alkohol 
ab und hellt sie schliesslich in Bergamott öl auf. 

Durch die Färbung der Haare mittels dieser drei Methoden wird 
der Bacillus multiformis der Trichorrhexis sehr schön erkennbar, nur 
wolle man nicht vergessen, dass hierbei die Zonen, welche die ver¬ 
schiedenen Formen des Bacillus umhüllen, ungefärbt bleiben, so dass 
beträchtliche Abweichungen von den Bildern entstehen, wie man sie bei 
der Färbung mit Gentianaviolett erhält. 


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L v d e r m a n n und R a t k o \v s k i. 


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Bakterien. 

Gonococcen. 

Hasse hat das Vorkommen des Gonococcus Neisser bei Urethritis 
und Bartholinitis in 625 Präparaten des Secretes studiert; er machte mit 
vielen Farbstoffen Versuche und kommt zur Empfehlung’ folgenden Ver¬ 
fahrens, um die Coccen sichtbar zu machen : 

1. Das Deckglaspräparat wird leicht einmal durch die Flamme 
gezogen. 

2. Färben '/, Minute lang in gesättigter öproc. Kal. hypermanga- 
nicum-Metbylenblaiilösung. 

3. Abwaschen in Wasser und Entfärben in beliebig hergestellter 
dünner Essigsäure, bis die blaue Farbe verschwindet und ein Violett 
erscheint. 

4. Eutsäuren in Wasser. 

5. Färben in vorzüglichster Picrocarminlösung, bis auf weissera 
Grunde rosarothe Färbung eintritt, was nach 5—8 Minuten der Fall ist, 
ev. auch leichtes Erwärmen. 

6. Abwaschen in Wasser nur ganz knapp. 

7. Trocknen, Untersuchen in Glycerin oder Canadabalsam, wobei 
die Coccen leicht blau erscheinen, Zellkerne roth sind, das Plasma ganz 
schwach lachsfarben ist, und das der Epithelien deutlicher und mit einem 
Stich ins Gelbe gesehen wird. 

Nach der Methode von Lanz wird das zur Untersuchung bestimmte 
Secret in der üblichen Weise am Deckglast? angetrocknet. Letzteres 
kommt darauf für l /. 2 —2 Minuten in 20proeentiger Trichloressigsäure, 
wird demnächst in Wasser abgespült, mit der beschickten Fläche mit 
Methylenblaulösung (30 Ccm. Wasser, 1-—2 Tropfen öproc. KIlO-Lösung, 
gesättigte alkoholische Farblösung bis zum Eintritte dunkelblauer Farbe) 
gelegt, nach 3 — 5 Minuten wieder mit Wasser gespült, getrocknet und 
mit (-anadabalsam auf dem Objectträger befestigt. Die Gonococcen sollen 
bei diesem Verfahren besonders scharf hervortreten und sieb von den 
Zellen deutlich abheben, da die letzteren durch die Einwirkung der 
Trichloressigsäure auffallend durchsichtig werden. Sehr schöne Ergebnisse 
soll nach Beendigung der Methylenblaufärbung eine Contrastlarbung mit 
Bisinarckbraun (‘/ 4 — l / 2 Minute) liefern. 

Ulcus molie-Bacillen. 

C hei n i sso hat mit dem Eiter des weichen Schankers Impfungen 
gemacht und das ursprüngliche Geschwür, wie die inoeulirten untersucht, 
indem er nach dem Rathsclilage Nie oll es den Eiter so sammelte, dass 
er die Oberfläche des Geschwürs leicht alwhahte, um die gewöhnlichen 
Bacillen möglichst, zu vermeiden. Von dem Eiter wurden stets mindestens 
4 Präparate gemacht und nach verschiedenen Methoden gefärbt, um auf 
diese Meist» möglichst- viel Chancen für die Auffindung der Bacillen zu 
haben. D.e Präparate liess man entweder an der Luft trocknen, oder 


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Die mikroskop. Technik im Dienste der Dermatologie. 


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indem man sie mehrmals durch die Flamme zog, oder indem man sie auf 
1—2 Minuten in eine concentrirte Sublimatlösung brachte (Mayer’sche, 
Roule’sche Flüssigkeit). Zur Färbung benutzte man das Ziehl’sche 
Fuchsin, oder das Anilin-Gentianaviolett, welches Nicolle mit destillirtem 
Wasser zu gleichen Theilen empfiehlt: Gentianaviolett 1 Gr., Alkoh. 
absolut. 10 Gramm, Anilinw’asser 100 Gramm. Um den Ducrey’schen 
Bacillus zu differenciren, ist es wichtig zu wissen, dass derselbe sich 
durch die Gram’sche Methode entfärbt, und dass bei Vornahme einer 
Doppelfarbung mittels Gentianaviolett und Ziehl’schem Fuchsin die 
übrigen Mikroben und Coccen, welche die Gram’sche Färbung annehmen, 
violett bleiben, die Ducrey’schen Bacillen aber sich rosaroth färben. Zum 
Studium des Bacillus bedarf man starker Vergrösserungen, er ge¬ 
brauchte: Ocular 4 und Objectiv mit homogener Immersion von 
Z eiss. 

Rhinosclerombacillen. 

Mi belli färbt zum Nachweis von Rhinosclerombacillen die Schnitte 
eine Stunde lang mit 4% Grenacher’schen Alaunearmin, dann Ab¬ 
spülung in Wasser und Entwässerung in Alkohol; Einschluss in Damar- 
harz. Nach dieser Methode gefärbte Schnitte zeigen mehr und besser 
gefärbte Bacillen, als nach allen anderen Methoden. Die Bacillen liegen 
in hydropischen Zellen oft so dicht, dass diese wie ein grosser Bacillen¬ 
haufen aussehen. Daneben sieht man zahlreiche Bacillen in Lymph¬ 
spalten, andere zerstreut. Die histologischen Details treten daneben schon 
hervor. 

Milzbrandbacillen. 

Johne empfiehlt zur Färbung der Milzbrandbacillen folgende 
Methode: Das lege artis hergestellte, gut lufttrockene Deckglaspräparat wird 
mit der Pincette gefasst und in üblicher Weise dreimal durch die Flamme 
gezogen ; dann in einer zweiprocentigen wässerigen Anilinfarbstofflösung 
(am besten Gentianaviolett) betropft: hierauf so lange durch die Flamme 
gezogen oder etwas über derselben gehalten, bis aus der Farblösung 
leichter Dampf aufsteigt; Abspülen in Wasser, dann 8—10 Secunden in 
zweiprocentiger Essigsäure, sodann nochmaliges sorgfältiges Abspülen in 
Wasser; Auflegen auf den Objectträger, Entfernung des W r assers von der 
Oberseite des Deckglases durch Fliesspapier, Ansehen des Präparates 
(direct im Wasser) bei mindestens 400facher Vergrösserung, beziehungs¬ 
weise in Olimmersion. — Die Wirkung, welche die vorsichtige Erwärmung 
der Deckglaspräparate auf die Gallertkapsel der Milzbrandbacillen ausübt, 
besteht wohl darin, dass unter ihrem Einfluss das W’asser (oder die 
wässerige Farbstofflösung), in dem sich die Bacillen zur Zeit der Er¬ 
wärmung am Deckglas hängend befinden, leichter in die Gallerthülle 
derselben eindringt und diese rascher und intensiver zum Quellen bringt, 
als dies bei der gewöhnlichen Herstellung der Deckglaspräparate ohne 
Erwärmung derselben der Fall ist. Die Quellung der Gallerthülle dürfte 
nicht durch die Essigsäure bewirkt werden, sondern durch reichliche 
Aufnahme von Wasser unter dem Einfluss der W^ärme. 


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Ledermann und R a t k o w s k i. 


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Johne hat in seiner Beschreibung das von ihm stets geübte 
Erwärmen der Präparate mit der Farblösung anzugeben vergessen. Er 
vervollständigt seine Vorschrift zur Färbung der Milzbrandbacillenkapsel, 
wie folgt: 1. Erwärmen des mit 2perc. wässeriger Gentianaviolettlösung 
betropften lufttrockenen Deckglases bis zur leichten Rauchbildung; 2. Ab¬ 
spülen in Wasser; 3. Abspülen i\ —10 Secunden lang in 2% Essigsäure; 
4. Abspülen in Wasser. 

Alexander Lewin hat 9 Fälle von Milzbrand beim Menschen 
untersucht und zwar sowohl die Pustula maligna, das Hautgeschwür, als 
die inneren Organe. Das ganze pathologisch-anatomische Material wurde 
in Alkohol gehärtet und mit Paraffin durchtränkt. Die Schnitte wurden 
auf dem Objectträger gefärbt, und zwar meistens mit Carholmethylenblau 
nach Kühne mit dem einzigen Unterschiede, dass der Ueberschuss der 
Farbe ohne Säure lediglich mit Wasser und Alkohol entfernt wurde. 
Nach vielen Versuchen überzeugte er sich, dass diese Methode entschieden 
den Vorzug vor allen übrigen, auch vor der Gram-Weigert’schen 
verdient. 

Tuberkelbacillen. 

Prosner und Nastnikow geben folgende Methode der Tuber¬ 
kelbacillenfärbung an : Eine Sublimatlösung (1 : 2000) wird mit einigen 
Tropfen Anilinöl geschüttelt, tiltrirt und auf 10 Ccm. dieser Flüssig¬ 
keit 1 Ccm. einer lOperc. Gentianaviolettlösung in absolutem Alkohol 
liinzugesetzt; auch Methylviolett und Fuchsin sind geeignet. Färbung 
5 Minuten, Abspülen mit Wasser, Entfärben mit verdünnter Salzsäure, 
AI »spülen mit Wasser, Kachfärhen 1—2 Stunden mit Malachitgrün oder 
Eosin in Sublimat lösung (O'Ofi Farbstoff auf 00*0 einer 0*5° 00 Sublimat- 
lösung). Um die Bacillen in den Geweben zu färben, wird das Unter- 
sucliungsobject zwei Tage im wasserfreien Alkohol entwässert und darauf 
in Paraffin eingebettet, wofür die Verfasser genaue Vorschriften geben. 

Cirineionc bringt das in Alkohol absolutus entwässerte Schnitt- 
material auf 12 Stunden in Bergamottöl, auf 21 Stunden in ge¬ 
schmolzene Caeaobutter bei 37 u , bettet in dieser unter Abkühlung durch 
einen Wasserstrahl ein und schneidet darin (im Sommer danach sofort). 
Pie Schnitte werden in Bergamottöl eingetragen, welches die Caeaobutter 
schnell bist, kommen dann in absoluten Alkohol und danach in die be¬ 
treffenden Farbstoffe. Tuberkelbacillen und andere Mikrobien lassen sich 
bei dieser schonenden Einbettungsmethode gut darstellen, ebenso, wie 
Verfasser hervorhebt, auch die Mastzellen. 


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Die mikroskop. Technik im Dienste der Dermatologie. 


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220 


Ledermann und Ratkowski. 


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Bericht über die Leistungen 


auf dem 


Gebiete der Dermatologie und Syphilis. 


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Verhandlungen der Berliner dermatologischen 

Vereinigung. 

Sitzung vom 7. Juli 1896. 

Vorsitzender: Lewiu. Schriftführer: Rosenthal. 

I. Palm stellt einen Fall von Sklerodermie ira ersten Studium vor. 
Der Pat. ist 56 Jahre alt und hat sein Leiden seit 8 Wochen. Dasselbe 
erstreckt sich hauptsächlich auf die unteren Extremitäten und hat jetzt 
auch die Vorderarme ergriffen. An diesen Theilen ist die Haut stark 
geröthet und zeigt den charakteristischen lividen Rand. Pat. klagt über 
ein Gefühl der Spannung. Die Bewegung der Glieder ist noch nicht 
behindert. Ueber die Aetiologie lässt sich nichts sagen. Von Seiten des 
Centralnervensystems ist nichts zu eruiren. Auch die Schilddrüse ist ganz 
normal. Der Sitz des Leidens ist symmetrisch. 

Lassar würde ratlien, die mikroskopische Untersuchung vorzu¬ 
nehmen, so lange das entzündliche Stadium noch besteht. L. hat in 
letzter Zeit eine Zunahme der Sclerodcrmie beobachtet und frägt, ob die 
Collegen eine gleiche Erfahrung gemacht haben. Dann möchte L. wissen, 
ob in der Literatur Angaben vorliegen, dass man in einem Falle von 
umschriebener Sklerodermie die erkrankte Stelle excidiren könnte, um 
event. eine Transplantation nachfolgen zu lassen. Es wäre denkbar, dass 
die Exstirpation des primären Herdes einen günstigen Einfluss auf den 
weiteren Verlauf ausübt. 

Lewin bat in einzelnen Fällen Excisionen ohne Nachtheil vor¬ 
genommen. Selbst in denjenigen Fällen, wo zur gleichen Zeit eine 
Affection des Syrapathicus vorlag, ist die Heilung ohne Zwischenfall er¬ 
folgt. Was die Behandlung anlangt, so kommt man am weitesten mit einer 
einfachen Medication. Häufig tritt auch spontane Heilung ein. 

Lassar hat mehrfach Thyreoidin ohne Erfolg angewendet. 

Heller glaubt, dass in den letzten Jahren die Zunahme der Sklero¬ 
dermie eine ganz erhebliche ist. Wahrscheinlich hängt dieser Umstand mit 
der Vermehrung der Nervenkrankheiten zusammen. Betrachtet man die 
Sklerodermie als eine Erkrankung, die vom Ceutralnervensystem ausgeht, 
dann wird man sich zur Exstirpation isolirter Plaques schwer entschliessen 
können. Was die Heilung der Wunden bei Sklerodermie anlangt, so hat 
H. einen Fall beobachtet, in welchem ein Hautstück am Fuss excidirt 


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Verhandlungen 


worden und die Heilung nach 3 Monaten noch nicht vollständig einge¬ 
treten war. 

Gebert hat in einem Fall Thyreoidin, in einem andern Fall 
Cantharidin ohne Erfolg, aber mit nachfolgender Albuminurie gegeben. 
Nach Massage und Schwitzbädern hat er Heilung eintreten sehen. 

Mankiewicz erwähnt einen Fall, in welchem nach sehr ener¬ 
gischer, stundenlanger Massage unter gleichzeitiger Anwendung von 
grauer Salbe nach langjährigem Bestehen der Affection Heilung eintrat. 

Lassar macht darauf aufmerksam, dass spontan Wunden bei 
Sklerodermie Vorkommen, welche unter Umständen sehr schwer heilen. 
Bei der Excision einer circumscripten Sklerodermie w T ürde man im ge¬ 
sunden operiren und der schlimmste Fall würde sein, dass der betref¬ 
fende Patient wieder Sklerodermie bekommt, die er so wie so schon ge¬ 
habt hat. 

II. Joseph stellt einen Patienten mit Lichen ruber verru¬ 
cosus vor, der mit starkem Jucken einhergeht; an der Peripherie sind 
viele neue EfHorescenzen aufgetreten. 

III Palm stellt ebenfalls einen Fall von Lichen ruber verru¬ 
cosus vor, der seit 24 Jahren besteht. In beiden Fällen ist der Sitz des 
Leidens der Unterschenkel. 

IV. Heller. Ueber Dactylitis syphilitica. Es ist auf¬ 
fallend, dass die syphilitischen Erscheinungen an den Fiügern so ausser¬ 
ordentlich selten sind, trotzdem an diesen Stellen die Beizungen che¬ 
mischer, mechanischer und thermischer Natur zu den häufigsten gehören, 
in den letzten 5 Jahren ist auf der syphilitischen Klinik der Charite 
unter 8000 Fällen kein Fall von Dacty litis vorgekommen. H. selbst hat 
in der letzten Zeit zwei derartige Fälle beobachtet. Ueber dasselbe 
Thema hat bereits G. Lewin eine ausführliche Arbeit unter dem Titel 
Phalangitis syphilitica veröffentlicht. II. aber meint, dass der Name 
Dactylitis vorzuziehen sei, weil es sich in diesen Fällen nicht immer um 
eine Affection des Knochens allein handle. Was die verschiedenen Formen 
der Dactylitis anlangt, so muss man zunächst die D. der Erwachsenen 
und die D. der Kinder unterscheiden. Bei den Erwachsenen kann es sich 
um eine diffuse Schwellung der Weichtheile handeln, welche an eine 
Phlegmone erinnert und sich nur durch die geringe Schmerzhaftigkeit 
von derselben unterscheidet. Hieraus kann sich auch eine erhebliche 
Vergrösserung des erkrankten Gliedes entwickeln, welche mit Elephan¬ 
tiasis grosse Aehnlichkeit zeigt. Die zweite Form ist diejenige, welche 
den Knochen selbst betrifft, wobei entweder guiumöso Processe im Knochen¬ 
mai k oder im Periost bestehen, die unter Umständen zu einer Caries 
sicca führen. Die Deformitäten, die diesen Vorgängen folgen, können 
zu Veränderungen in den Gelenken führen, welche leicht mit arthri- 
tisclien Gelenkaffectionen zu verwechseln sind. Anderweitige Symptome 
arthritischer Natur sichern vor Irrthiimern. Bei kleinen Kindern ist die 
Diagnose unter Umständen sehr schwierig, da differentiell eine tuberku¬ 
löse Osteomyelitis in Frage kommt; die richtige Diagnose kann in diesen 


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der Berliner dermatologischen Vereinigung. 


225 


Fällen das betreffende Kind vor einer Anzahl verstümmelnder Operationen 
schützen. Ein sicheres Kriterium, welches erlaubt, die beiden Affectionen 
zu unterscheiden, gibt es nicht. H. berichtet dann über 2 einschlägige 
Fälle. Der eine betraf ein 49 Jahre altes Fräulein, welches aus einer 
hereditär belasteten Familie stammt und die an Krämpfen litt. Neben 
Geschwüren an den Füssen bestand eine Daetvlitis der Hand. Ausser¬ 
dem war eine starke Hyperästhesie beider Tibiae und eine Atrophie des 
Zungengrundes vorhanden. Später traten noch anderweitige cerebrale Er¬ 
scheinungen hinzu und der Tod erfolgte unter Lähmungserscheinungen. 
Der andere Fall betraf ein Kind, welches nach vorangegangenem syphili- 
theben Exanthem eine P>krankung der Finger bekam, die an ein 
Panaritium erinnerte. Durch eine Quecksilbercur trat Heilung ein. II. 
glaubt, dass es vielleicht gelingen wird, durch Anwendung der Röntgen¬ 
strahlen die syphilitischen Knochenerkrankungen des Genaueren zu studiren. 

Rosenthal führt die Krankengeschichte eines einschlägigen Falles 
an, bei welchem es sich um eine Dactylitis der 2. Zehe des rechten 
Fusses handelte und zeigt das betreffende Stereophotogramm. Die weitere 
Discussion wird vertagt. 

V. Joseph. Feber Lichen ruber planus und acuminatus. 

Der Lichen ruber ist eine grosse einheitliche Krankheitsform, bei 
welcher man drei verschiedene Gruppen unterscheiden kann: Lichen ruber 
planus, acuminatus und verrucosus. Auf die klinischen Differenzen will 
Joseph nicht näher eingelien. 

Bei Lichen planus spielt eine Hauptrolle eine Lückenbildung, 
welche durch Abhebung des Epithels vom Chorium zu Stande kommt. 
Der einzige, der diesen Befund erwähnt, ist Kaposi. Man könnte sich 
die Frage vorlegen, ob es sich dabei nicht um ein Kunstproduet handelt, 
allein der Befund scheint J o se p h ein absolut constanter zu sein. Schwerer 
ist schon die Deutung, ob diese Lückenbildung primär oder secundär 
vor sich geht. Nach seiner Ansicht geht der Proeess vom Chorium aus. 
Später können sich diese Lücken mit tibrinähnlichen Massen ausfüllen. 
Der Lichen ruber acuminatus zeigt diese Erscheinung in geringerem 
Grade. Was den Lichen ruber verrucosus betrifft, so kann man bei dem¬ 
selben ebenso wie beim acuminatus eine Infiltration zwischen der inneren 
und der äusseren Wurzclscheide erkennen. Auch hier besteht nocli eine 
Abhebung der Epidermis vom Chorium, indessen dieselbe ist hier nur 
angedeutet. Das Infiltrat setzt sich aus Rundzellen, Leukoeyten, Mast- 
und Riesenzellen zusammen. J. ist. der Ansicht, dass die Mastzellen nicht 
nur unterhalb des Infiltrats, sondern auch innerhalb der Infiltrationszone 
zu finden sind. Später folgt oft eine kolossale Pigmcntirung. Bei un¬ 
gefärbten Präparaten erhält man den Eindruck, als ob es sich um eine 
Negerhaut bandelt. Auch eine Affeetion der Sehweissdrüsen gehört zu 
einem gemeinsamen Attribut aller drei Krankheitsformen. Jedenfalls 
lässt sich anatomisch eine Zusammengehörigkeit dieser Gruppen nach- 
weisen. (Demonstration einschlägiger mikroskopischer Präparate.) 

Archiv f. Dermatol, u. Syphll. Band XXXVII. 15 


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Verhandlungen 


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Koebner geht auf seine ira April 1887 veröffentlichte Arbeit: 
Zur Pathologie des Lichen ruber des Näheren ein und legt 2 Zeichnungen 
von Lichen ruber planus und acuminatus vor. Nach seiner Ansicht be¬ 
ginnt der ganze Process im Gefassbezirk der obersten Cutislage und er¬ 
streckt sich von da aus nach abwärts. Alle Veränderungen der Epi¬ 
dermis sind secundärer Natur. Was die Lückenbildung betrifft, so hat 
sich K. nicht davon überzeugen können, dass es sich dabei um einen con- 
stanten histologischen Befund beim Lichen planus handelt. Mit Bezug 
auf die neuropathische Genese, auf die K. seiner Zeit aufmerksam gemacht 
hat, möchte derselbe an den Vortragenden die Frage richten, ob es ihm 
gelungen sei, durch Färbungs- oder Präparirungsmethoden Veränderungen 
der Nerven im Bereich der erkrankten Bezirke nachzuweisen. Ist das 
nicht der Fall, so könnte man immer noch an centrale, trophische Einflüsse 
denken. Ferner möchte K. wissen, ob der Vortragende jemals Bakterien 
mit Sicherheit in grösserer Menge in den Präparaten gesehen hat. 

Leder mann ist zur Zeit mit Untersuchungen über Lichen planus 
beschäftigt. Auch nach seiner Ueberzcugung handelt es sich bei dem 
Vorgänge um eine Erweiterung der Gefässe in den oberen Schichten der 
Cutis mit nachfolgendem Infiltrat und leichtem Oedem. Die Retezellen 
vergrößern sich und schwellen an. Das Infiltrat hat seinen Sitz in den 
oberen Schichten der Cutis, wo Riesen-, Spindel- und zahlreiche Mast¬ 
zellen Vorkommen. Auch L. hat die Abhebung der oberen Schichten 
beobachtet und glaubt, dass dieselbe von einer starken serösen Durch- 
triinkiing des Epithels herrührt. Veränderungen an den Nervenfasern 
hat L. nicht gesehen. 

Joseph erwidert, dass er die Lückenbildung in seinen sämmtlichen 
Präparaten gesehen hat und ist der Ansicht, dass dieselbe mit dem pa¬ 
thologischen Process an sich zu thun hat. Um eine Affection der Haut¬ 
nerven mikroskopisch nachzuweisen, fehlt es bis jetzt noch an den ent¬ 
sprechenden Färbungsmethoden. Bakterien hat J. nie in grosser Anzahl 
gefunden. Der neuropathischen Genese der Affection schliesst auch er 
sich an. 0. Rosenthal. 


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Bericht über den 3. internationalen dermatologischen 
Congress, gehalten zu London vom 4—8. August 1896. 


I. Charakter und Verlauf des Congresses. 

Ein Stimmungsbild 
von Prof. A. Neisser. 


Lieber Freund und sehr verehrter Herr Redaeteur! 

Sie wünschen von mir als Einleitung zu den Referaten einen Be¬ 
richt über den allgemeinen Verlauf des Londoner Congresses, so zu sagen 
„ein Stimmungsbild“. Diesem Wunsche komme ich mit grössestem Ver¬ 
gnügen und mit aufrichtiger Freude nach, denn ich brauche mich nur an 
den Londoner Congress zu erinnern, um „in Stimmung“ zu kommen und 
es freut mich eine Gelegenheit zu haben, um meinen freudigen und dank¬ 
baren Erinnerungen an den nach jeder Richtung hin gelungenen Congress 
Ausdruck geben zu können. 

Dass wir von unseren englischen College» auf das Freundschaftlichste 
aufgenomraen wurden, dass wir eine ebenso grossartige wie in behaglichster 
Form gebotene Gastfreundschaft genossen — das ist für Jeden, der unsere 
englischen Collegen kennt, viel zu selbst verständlich, als dass es weiterer 
Worte darüber bedürfte. Hervorheben will ich hier nur den Ernpfangs- 
abend, den auf Veranlassung des Comites der Lord Mayor den Congress- 
mitgliedern bot und das in dem imposanten Festsaale des Cecil-Hötels 
seitens der Engländer veranstaltete Banquett. 

Nicht weniger befriedigt war sicherlich Jeder über das wissen¬ 
schaftliche Ergebniss des Congresses und zwar nicht nur wegen des positiv 
Gebotenen, sondern auch wegen der für jeden späteren Congress gewonne¬ 
nen Erfahrungen. 

Der wissenschaftliche Erfolg war von vornherein gesichert durch 
die Anwesenheit einer so grossen Anzahl allseitig geschätzter und ver- 

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22S Bericht über «len o. internationalen dermatolog. Congress, 


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ehrt er Coli egen aller Nationen. Ein Blick auf das Programm und auf 
die nachstehenden Referate wird genügen, um diese meine Behauptung zu 
rechtfertigen. Die Themata, die auf die Tagesordnung gesetzt, worden 
waren, waren zumeist von actueller Bedeutung und die Fülle der Vorträge 
war derart, dass, wer sich Belehrung holen wollte, sie auf allen möglichen 
Gebieten unseres Faches reichlich finden konnte. Bedauerlich war nur 
die Trennung in zwei Sectionen für Dermatologie einer-, für Syphilido- 
logie andererseits. Sicherlich hat der Zwiespalt, welche Sectionen man 
aufsuchen solle, Viele dazu geführt, keiner der beiden Sitzungen beizu¬ 
wohnen. Freilich hielten sich die Meisten durch den Besuch der nicht 
sehr umfangreichen aber lehrreichen Ausstellung schadlos. 

Dort fand man überall, namentlich vor der Ausstellung des Ho¬ 
spital St. Louis, kleinere und grössere Gruppen, die in lebhafter Discussion 
kleine Privatcongresse veranstalteten. Für mikroskopische Demonstrationen 
war in denkbar ausgiebigster Weise gesorgt und sicherlich ist noch nir¬ 
gends eine solche Collection von Trichophvton-Culturen zusammen ge¬ 
wesen wie im Jahre ISfif» in der Examination-IIail zu London. Ieh wäre 
gewiss dafür, bei allen späteren Congressen den Mitgliedern für den Be¬ 
such solcher Ausstellungen viel mehr Zeit frei zu lassen; schade war es 
nur, dass auf diesem Congress die leidige Zweitheilung es war, welche 
dazu Gelegenheit bot. 

Eine ganz neue Perspective für alle späteren Congresse wurde aber 
eröifnet durch die geradezu wunderbaren Krankendemonstrationen, die 
jeden Tag brüh und Nachmittag vor den Redesitzungen statt fanden. Man 
konnte den englischen Collegen, die seit Monaten diese Demonstrationen 
vorbereitet hatten, für diesen ebenso lehrreichen wie interessanten Theil 
des Programmes nicht dankbar genug sein. Ja man kann wohl sagen: 
Hätte die ganze Congressveranstaltung nur in diesen Demonstrationen 
bestanden, wobei natürlich dann dafür Sorge hätte getragen werden 
müssen, dass sich denselben öffentliche, allen Congressmitglicdern zugäng¬ 
liche Discussionen augeschlossen hätten, so wäre der Congress ein geradezu 
idealer zu nennen gewesen. Nicht in der öffentlichen Sitzung, wo über 
Prurigo viel geredet und viel geschwiegen wurde — unser verehrter 
Freund Kaposi verzichtete aufs Wort! — wurde diese strittige inter¬ 
nationale Frage gefördert, sondern der nächste Morgen, wo an so und so 
viel Fällen die ganze Unklarheit darüber, was jeder Einzelne unter Pru¬ 
rigo verstand zu Tage trat, brachte Klärung und Forderung. Und habe 
ich den verehrten Führer der französischen Schule, Besnier, richtig 
verstanden, so werden wir auf dem nächsten Pariser Congress weniger 
reden und reden hören, aber dafür mehr sehen als bisher und uns ange¬ 
sichts der Krankheitsfälle aussprechen und — wo die Ansichten ansein- 
amlergvhen — uns hotfentlieh einigen. 

Der ausführliche Congres*d)pricht wird Jeden, der nicht selbst diese 
Demonstrationen zu sehen Gelegenheit hatte, erkennen lassen, wie gerecht¬ 
fertigt unser Aller Befriedigung über diese quantitativ wie qualitativ 
gleich grossartigen Veranstaltungen war. 


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gehalten zu London vom 4.-8. August 1896. 029 

Zum Schluss will ich nur noch ein sehr erfreuliches Moment her- 
voiheben: die wahrhaft collcgiale Art, in der alle Nationen mit einander 
verkehrten und die ihren äusseren Ausdruck in dem einstimmigen Be¬ 
schlüsse fand, den nächsten Congress im Jahre 1900 in Paris zu halten. 

Wem aber verdanken wir diesen schönen Erfolg? Sie, verehrter 
Freund, wie jeder Andere, der die Veranstaltung von Congresscn auf 
seinen Schultern gefühlt hat, weiss, dass Einer allein etwas derartiges 
nicht zu Stande bringt und dass nur durch das collcgiale Zusammen¬ 
arbeiten Vieler die Fülle von Arbeit, die die Vorbereitung eines solchen 
Congresses erfordert, bewältigt werden kann. So müsste ich denn auch 
thatsächlich eine lange Reihe von Namen aufzählen, wenn ich Jeden, der 
sich um den Erfolg verdient gemacht hat, einzeln nennen wollte. Aber 
wir alle wissen ebenso, dass alle die vielen Fäden der Mitarbeit in einem 
Centrum zusammenlaufen müssen, und so w r ar es bogreiliieh, dass denje¬ 
nigen Männern, welche als Präsident und als Generalsecretär an der Spitze 
standen, Hutchinson und Pringle, mit besonderer Begeisterung der 
Dank des Congresses votirt wurde. Mir persönlich ist es die liebste Er¬ 
innerung an diesen so schön gelungenen Londoner Congress, dass mir die 
Ehre zu Theil wurde, diesem Dank in Aller Namen ötfentlich Ausdruck 
geben zu dürfen. Uns beiden aber, lieber Freund, wünsche ich, dass 
w T enn wir wieder einmal einen Congress veranstalten, er so gelingen 
möge, wie der dritte internationale dermatologische Congress in London 


II. Referat über die Verhandlungen. 

Von Dr. L. Eikind (London). 

Die officielle Eröffnung des 3. internationalen Dermatologen - 
Congresses fand am Vormittage des 4. August im grossen Auditorium 
der Examination-Hali statt. Dr. J. J. Pringle, der ftecretary General 
des Congresses entbietet zunächst den auswärtigen Collegen den formellen 
Willkommensgruss und weist in gewählter, prägnanter Form auf die Thä- 
tigkeit des Organisations-Comites hin. Hierauf verlas J. Hutchinson 
F.R. S., Präsident des Congresses, seine „Presidential-Adross“. In der Ein¬ 
leitung begrüsste er ebenfalls die Mitglieder des Congresses, die von Nah und 
Fern herbeigeeilt sind, um an den Wissenschaft liehen Verhandlungen activen 
Antheii zu nehmen. Keine Mühe, so fährt er fort, habe dasComite des Con¬ 
gresses gescheut, um den Empfang der auswärtigen Mitglieder und ihren 
weiteren Aufenthalt in London während der Congresszeit möglichst angenehm 
zu gestalten. Der weitere Vortrag handelt, im Ganzen genommen, von den 
Beziehungen der Hauterkrankungen zu der gesummten Medicin. Die 
Entdeckung des Tuberkel-Bacillus hat das Verständniss und das that- 


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230 Bericht über den 3. internationalen dermatolog. Congress, 


sächliche Wissen in Bezug auf diejenigen Krankheiten, die als ßcrophulös 
bekannt waren, weit gefördert. Der wiederholte Nachweis dieses eben ge¬ 
nannten Bacillus in lupus vulgaris, lupus necrogenicus und in anderen 
scropliulösen Neubildungen berechtigt uns zu der Annahme, dass diese Er¬ 
krankungen nur verschiedene Moditicationen des tuberculösen Processes 
sind. Wenn auch hie und da in den eben erwähnten Erkrankungen 
der Tuberkelbacillus nicht nachgewiesen werden kann, so darf dies nicht 
als Beweis für seine völlige Abwesenheit genommen werden. Bleiben 
wir dabei, dass die ebengenannten Lupusformen tubereulöser Natur sind, 
so wollen wir jetzt dazu übergehen, aus den Erfahrungen und Beobach¬ 
tungen, die wir an ihnen gemacht haben, allgemeine Gesetze in Bezug 
auf den tuberculösen Process zu ziehen. 

I. Da ein tubereulöser Process für viele Jahre, ja selbst das ganze 
Leben hindurch, an einem umschriebenen Körpertlieile beschränkt bleiben 
könne, erfahren wir täglich in derjenigen Form des Lupus, die als vul¬ 
garis solitarius bekannt ist. 

II. Vom Lupus vulgaris multiplex lernen wir wiederum, dass selbst, 
wenn viele Erkrankungsherde an der Ilauptoberfläche zugegen sind, 
jeder dieser Herde keine Tendenz zur Ausdehnung in das benachbarte 
Gewebe zeigt, und somit dem Gesetze des Beschräntkbleibens an einer 
eircumseripten Stelle gehorcht. Freilich kommt eine Multiplicität der er¬ 
krankten Partien vor und in einem so ausgedehnten Grade, dass die 
ganze Hauttläche mit Lupusflecken besäet sein kann aber diese Eigenschaft 
des Lupus gehört ganz und gar lediglich der ersten Periode seiner Ent¬ 
wickelung an. 

III. Obwohl wir nun mit Sicherheit wissen, dass der Lupus vul¬ 
garis durch Invasion von Tuberkejbariilen bedingt wird, so liegt uns 
doch ferne, auf Grund der hichergehörigen vielfach bestätigten Erfah¬ 
rungen zu befürchten, dass von einer lupösen Stelle aus eine weitere 
Infection z. B. der Lungen, Knochen etc. ausgehen müsste. 

IV. Die Möglichkeit einer Latenzperiode bactericider Elemente 
im thierischen Organismus spricht sich wiederum am besten beim Lupus aus. 
Der Vortragende erwähnt zwei Fälle aus seiner jüngsten Beobachtung, bei 
beiden handelte es sich um Lupus der Nase, der lupöse Process 
heilte und sLtirte vollständig für dreissig Jahre, um nach dieser Periode, 
im hohem Alter der beiden Patienten, unter schweren Erscheinungen 
wieder zum Ausbruch zu gelangen. 

Auf den Lupus erythematosus übergehend, bemerkt II.. dass hier 
noch eine grössere klinische Wahrscheinlichkeit, wie beim Lupus vulgaris, 
vurlicge, ihn zu den tuberculösen Erkrankungen zu zählen. Hierher 
würde auch der von den alten Aerztm benannte Lupus sebaceus ge¬ 
hören. Der weitere Vortrag handelt von den Beziehungen der Ilaut- 
aflectioneii zu internen Erkrankungen, die Abhängigkeit verschiedener 
IlautläsioiHMi in Bezug auf ihre ätiologische Bedeutung vom Nerven¬ 
system (Herpes zoster) etc. gestreift, eine bessere ('las>itication der 


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gehalten zu London vom 4.-8. August 1S96. 


231 

Nomenclatur in der Dermatologie an der Hand eigener und fremder 
Erfahrungen ausführlich besprochen und eingehend empfohlen. 

Nachdem dieser mit vielem Beifall aufgenommene Vortrag zu 
Ende war, sprachen noch Kaposi und Besnier. Beide dankten den 
Mitgliedern des englischen Comites für die schönen Vorbereitungen zum 
Empfange der auswärtigen Mitglieder. Darauf folgte eine zweistündige 
Pause und um 3 Uhr Nachmittag wurden die Verhandlungen wieder auf¬ 
genommen und die Discussion über Prurigo füllte die für die Nachmittags- 
Sitzung bestimmten Stunden der beiden Sectionen. 

Besnier (Paris). Strophulus und Lichen, die Willan zur Gruppe 
der papulösen Aftectionen zählte, bilden gewisse Unterarten der Prurigo, 
die demnach besser als pruriginöse Erkrankungen bezeichnet werden 
können, wobei ein einheitlicher Begriff und Verständniss für den patho¬ 
logischen Process, der diesen Affectionen zu Grunde liegt, gewonnen wird. 

Pruritus ist nur ein Symptom, das in mannigfachen und unter sich 
ganz verschiedenen krankhaften Zuständen sich zeigt. Pruritus als eine 
Krankheit sui generis aufzufassen, oder ihm gar die Bedeutung eines 
Collectiv-Narnens zu geben, hat keine Berechtigung. 

„Prurigo Willani“ und alle Formen des „Strophulus“ und „Liehen” 
zählt der Redner zur PrurigQ-Classe und bestreitet die He brauche Auf¬ 
fassung, wonach dieselben in das Gebiet der Ervthemata, Eczema und 
Urticarien gehören sollen. 

Aetiologisch spielen in gewissen, wohl charakterisirton Prurigo¬ 
formen die physiologischen Ernährungsvorgänge eine grosse Rolle, und 
bei solchen Individuen, die im Allgemeinen diathetisehe Eigenthümlich- 
kciten aufweisen, ist man berechtigt, von „Prurigo diatheticus“ zu reden. 
Die neurologischen Forschungen auf dermatologischem Gebiete sind leider 
noch nicht, so weit gediehen, um sie für die Eorniulirung und Beantwortung 
der Frage, in wie weit eine Gefässneurose, Neurodermien und Neuroder- 
mitiden in der Prurigo eine Rolle spielen, zu verwerthen. 

Abgesehen von der essentiellen Ursache, die in der jeweiligen 
Prurigoform sieh geltend macht, ist die Wahrscheinlichkeit nicht 
von der Hand zu weisen, dass eine chemische Blut Veränderung, und zwar 
buchst complicirter Natur, im Verlaufe der Krankheit sieh ausbildet, und 
man würde demnach bei allen Prurigoartcn Toxidermien oder Auto- 
Toxidermicn, bedingt durch ein toxisches Agens zu berücksichtigen 
haben. 

Es ist ferner Thatsache, dass in allen Prurigofällen die Hautläsionen 
durch den Pruritus bedingt werden. Dafür spricht der Umstand, dass 
nach Verschwinden und Zurückbildung der Papel der Pruritus unver¬ 
ändert fortbesteht, während das Umgekehrte — dass der Pruritus zurück¬ 
geht und die Papel sich noch erhält — bis jetzt noch nie beobachtet 
worden ist. 

J. C. White (Boston U. S. A.) macht darauf aufmerksam, dass die 
von Ilebra beschriebene, echte Prurigoform in Amerika ausserordentlich 
selten beobachtet wird. Während die wirklichen pathologischen Vorgänge 


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232 Bericht über den 3. internationalen dermatolog. Congress, 


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bei der Prurigo noch nicht ganz aufgeklärt sind, so steht ätiologisch fest, 
dass schlechte Ernährungsverhältnisse, mangelhafte Wohnungseinrich¬ 
tungen, Vernachlässigung der Haut etc. etc. ihren Ausbruch begünstigen 
resp. herbeiführen. 

J. F. PaynO (London). Bei der echten Prurigo, meint der Redner, 
finden wir grobe anatomische Veränderungen der Haut, dabei besteht 
auch eine Herabsetzung des Pereeptionsgcfühles; letztere ist wohl die 
Folge eines chronisch-krankhaften Zustandes, in dem sich die sensiblen 
Nerven — central wie peripher — bei der Prurigo befinden. 

Er ditinirt Pruritus, der von Prurigo gänzlich verschieden ist, als 
eine functionelle Störung der Ilautnervcn. Die schwere Form der Prurigo 
(Hcbra) ist in England eine seltene Erscheinung. Zur Prurigogruppe 
zählt er noch Prurigo mitis, simplex und Lichen urtieatus. 

Neisser (Breslau). 1. Jede moderne Discussion über Prurigo 
muss ausgehen von dem von Hebra beschriebenen Krankheitsbilde: 
„Prurigo Hebra*. Sie ist die typische Form der Prurigo und ist charakterisirt: 

1. durch eine eigentliümliche Haut Veränderung mit intensivem 
Jucken; 

2 . durch eine typische Localisation; 

3. durch einen cigenart igen Verlauf. Beginn der Erkrankung in 
früher Jugend, Dauer der Erkrankung viele Jahre, meist das ganze Leben 
hindurch. 

II. Die. Haut Veränderung bei typischer Prurigo besteht in einer 

a) diffus teigig ödematösen Durchtränkung des gesummten Bindegewebes, 

b) in kleinen ganz oberflächlichen Effloresccnzen minimalster Urticaria¬ 
eruptionen, zu denen sich kleinste Vesiculationen in der obersten Epithel¬ 
schichte gesellen. 

Alle Pustulutinnen, Excoriationen, Impetigoforrnen, Hornschieht- 
venlichtungen, alle Lielienificationen, Eczematisationen, sowie die Drüsen- 
schwellungen, Verhärtungen der Haut sind urtitieielle und seeundäro 
Erscheinungen. Die Verdickung des Bindegewebes kommt nicht durch 
ein zcllig, entzündliches Infiltrat, sondern durch eine transudative 
ödernatöse, urticarielle Durchtränkung zu Stande. Der vasomotorisch- 
transudative Vorgang Ut analog dem der Urticaria und besteht in einer 
durch Reizung vasoililatorisclicr Nerven bedingten arteriellen Hy, »erämie 
und in einer vermehrten Lymphproduction resp. Lymphsecrction. 

III. Zur Erklärung der Thatsache, dass die Localisation der 
typischen Prurigo Ilehrae an den Extremitäten der Vcrthcilung der Haare 
entspricht, kann die besonders reichliche Gcfässversorgung der Haarwurzel 
herangezogen werden. Vielleicht spielt auch eine Gontraction der arre- 
clores mit. 

IV. Die sogenannten „Eezeme* des Gesichts mit ihrer Abgrenzung 
auf die Seitentheile desselben hält N. auch für Prurigoeruptionen und 
die meist bei Prurigo „llebrae* vorhandene Trockenheit, der Haut- 


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fläche, die Thatsache, dass durch alle erweichenden Methoden (Bäder, 
Salben, Seifen, Schwitzen) in kurzer Zeit erhebliche Besserung erzielt, 
und die objectiven Erscheinungen zum Verschwinden gebracht werden 
können, deute darauf hin, dass vielleicht auch Functionsstörungen der 
Drüsen, speciell der Schweissdrüsen am Krankheitsbilde betheiligt sind. 

V. Knötchenbildung und Juckreiz sind gleichzeitige und untrenn¬ 
bare Erscheinungen. Das Kratzen, die Folge des Juckreizes, verstärkt die 
örtlichen Vorgänge, ruft vielleicht auch neue Eruptionen in der zur ur- 
ticariellen Reaction veranlagten Haut hervor. 

VI. Zur Prurigo darf man als atypische Formen (neben die typische 
Form Hebrae) nur diejenigen Hautleiden stellen, bei denen die oben ge¬ 
schilderte Art der Efflorescenzenbihlung vorhanden ist, während die Locali- 
sation, der Gesammtverlauf und die Efflorescenzenbildung gewisse Modifiea- 
tionen aufweisen können. — Als atypische Prurigoformen fasst N. daher auf: 

c) Prurigoerkrankungen, die nur durch Beginn im späteren Kindes¬ 
oder Jugendalter sich von typischer Hebra’seher Prurigo unterscheiden; 
6 ) die acute temporäre Form (Brocq, Tommasoli, Mibelli), die freilich 
durch Jahre lang anhaltende Recidive auch einen chronischen Verlauf 
nehmen kann. (Diese Form entspricht dem „Lichen acutus“ Vidal); 
c) einzelne Fälle der von Vidal als Lichen polymorphe mitis und ferox, von 
Besnier als Prurigo diathesique bezeichneten Gruppen. In ihrer Totalität 
freilich vermag der Redner nicht diese Gruppen als Prurigo aufzufassen, 
denn in ihnen finden sich Krankheitsformen vereinigt: 

1 . echte Hebra’sche Prurigo mit stark ausgeprägter Lichenisation 
und Eczematisation. 

2 . atypische Prurigo mit starker Lichenisation und Eczematisation 
von der Wiener Schule als „Eczema prurigonosum“ beschrieben; 

8 . Fälle mit (aus irgend einer Ursache entstandener) Eczematisation 
und Lichenisation, die aber nichts specifisch-pruriginöses (ausser dem 
Jucken) aufweisen. 

Wie verhält sich unsere eben dargelegte Auflassung zu der der 
Wiener und Pariser Schule? 

1 . Wir anerkennen eine atypische Prurigoform neben der typischen 
Form Hebra’s (mit der französischen Schule, mit Tomiuasoli gegen 
Kaposi). 

2 . Wir stellen die typische Prurigo Hebrae und die atypischen 
Formen nebeneinander als Schwestern derselben Familie hin, während 
die französischen Autoren auch die typische Prurigo Ilebrac nur als einen 
sehr hohen (besonders durch Liclienificatiun und Eczematisation zu Stande 
kommenden) Grad der anderen Prurigoformen auflässen. 

Während die französischen Autoren geneigt sind, jeden Fall mit 
hochgradiger und verbreiteter Lichenifieation und Eczematisation als Prurigo 
zu bezeichnen, nennt N. den Fall Prurigo (typiea oder atypiea) nur 
dann, wenn in bestimmter Loealisation angeordnete specifisch-pruriginö^e 
Efflorescenzen den Ausgangspunkt bilden. Für uns ist Lichenisation und 


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234 Bericht über den 3. internationalen dermatolog. Congress, 


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Eczematisation stets etwas nebensächliches; sie können bei Prurigo als 
seeundüre Erscheinungen stark oder schwach ausgeprägt vorhanden sein. 
I>io französischen Autoren fassen den Prurigo-Begriff zu weit, die Wiener¬ 
schule zu eng. Letztere thut Unrecht, wenn sie beim Eczema prurigo- 
nosum z. B. das Hauptgewicht auf die eezematösen Eruptionen statt auf 
die pruriginöse Grundlage legt, oder als „Eczema papulosum“ bezeichnet, 
was vollkommen der typisch-pruriginösen Eruptionsform entspricht. 

VII. Zur Prurigo-Gruppe wird auch gezählt die bei Kindern als 
Strophulus beschriebene Atfcetion (Urticaria papulosa, Lichen urticatus). 

Wie unterscheidet sich der Strophulus von der Prurigo? 

1 . Durch eine ganz andere Localisafion. 2. Durch ein ganz regel¬ 
mässiges Abheilen. 3. Durch das absolute Fehlen jeder Mitbetheiligung der 
tieferen bindegewebigen Ilautschichten. 

Unter allen Umständen aber, mag man den Strophulus in nähere 
oder weitere Beziehung zur Prurigo bringen, gehört diese Erkrankung, 
wie überhaupt die Urticaria zusammen mit Prurigo zu einer Classe der 
vasomotorischen Dennatoneurosen. 

VIII. Vollkommen zu trennen von der Prurigo und den pruriginösen 
Formen sind die als Lichen chronicus simples, Pseudolichen, primäre 
Lichenitication hezeichneten Eruptionen. 

In reiner Form ist die>e Dermatose eine tlieils in papulöser, theils 
in flächenhafter Form auftretende oberflächliche Hautentzündung (mit 
geringer Transndationstemlcnz und unhedcufcmlcr Epithelaltoration), meist 
verbunden mit einem an Intensität sehr wechselnden Juckreiz uml ver¬ 
stärkt durch andauernde mechanische Blähung. Es kann auch ein chro¬ 
nischer Juckreiz resp. durch ihn hervorgerufenes Kratzen Ursache der 
Dermatose sein. Je nach der Stärke und Dauer der mechanischen Irri¬ 
tation, die sich mit dem im Laufe der Erkrankung immer stärker wer¬ 
denden Juckreiz steigert, wird diese anfangs trockene squamöse, lichcni- 
ticirfe Dermatitis durch Steigerung der entzündlichen Erscheinungen 
und Zunahme der Epithelalteration zu einer eezematösen. Das Jucken, 
meist stark ausgesprochen, kann unter Umstünden, wie es heim Fichen 
ruber beobachtet wird, fehlen; jedenfalls, meint N., ist es unerwiesen, 
dass das Jucken das Primäre sei. 

XI. Es gibt Mischformen und Ucbergänge aller der oben genannten 
Typen, sowie „neue Formen“, deren Systemafisirung im einzelnen Falle 
schwierig und strittig, zur Zeit sogar ganz unmöglich ist. (S. These 
XIV. aus: '„Feber den gegenwärtigen Stand der Lichenl’rage“, Archiv 
XXVIII. 180.1.) 

Als Grundlage für die Systematidrung solcher Eruptionen ist fest- 
zustellen: 1. Welche spielt im Auftreten und Ablauf der Krankheit, wie 
im klinischen Bilde überhaupt der Juckreiz (Sensibilitäts-Neurose?) 
2 . Ist eine urticariaartige vasomotorische Transsmlation charakteristisch 
für die Art. Form und Schnelligkeit des Auftretens, sowohl der Einzel - 
etllorescenzen wie der gesummten Iluutveründerung? 3. Sind entzünd- 


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liehe Processe vorhanden und — wenn das der Fall ist — sind sie 
wesentlich und primär für die Entwicklung wie für den Ablauf der Einzel- 
efflorescenzen, oder sind die im Verlauf der Hautaffection eventuell sich 
einstellenden entzündlichen Vorgänge secundär, namentlich in Folge des 
Kratzens aufgetreten? 

X. Es ist nicht richtig, die Prurigo typiea Hebra als eine unheil¬ 
bare Krankheit zu bezeichnen. Bei energischer, lange fortgesetzter Haut¬ 
pflege gelangen die milderen Formen der Kinder meist- zur Heilung. 

XI. Meist sind die Prurigo-Kranken schwache, im Wachsthum auf¬ 
fallend zurückgebliebene Menschen, doch hält N. den schlechten Status 
nicht für die Ursache der Prurigo, sondern er ist umgekehrt die Folge 
der Schlaflosigkeit etc. oder die Folge der allgemeinen schlechten Lebens¬ 
verhältnisse. Die Tuberculose ist weder die Ursache noch die Folge der 
Prurigo und ist nur deshalb häufig bei Pruriginösen zu finden, weil beide 
Krankheiten in den schlecht situirten Volkselassen sich häufiger zeigen. 

Professor ianovsky (Prag), ist für die Beibehaltung des Typus 
Hebra auf Grund von C>00 genau beobachteten Fällen. Alle Fälle 
datirten aus der frühesten Kindheit: in den meisten Fällen zeigten sich 
bestimmte Prodrome zu Anfang. Von den beobachteten Fällen heilten 7. 
Der Pruritus ging nicht voran, entwickelte sich erst mit den ersten 
Knötchen. Was die von Besnier beschriebene Toxidermie anbelangt, so 
wurde dieselbe in 2 genau in Bezug auf den Stoffwechsel untersuchten 
Fällen nicht nachgewiesen Die Besultate der Harn-Untersuchung (Jndol, 
Scatol, gepaarte Schwefelsäure, Harnstoffbestimmungen) waren negativ. 
Ebenso enthielt der Urin keine toxischen Substanzen, weder Hessen sich 
darin Eosinzellen nach weisen noch irgend andere pathologisch-chemische 
Veränderungen. 

J&dassohn (Breslau). 1. Nicht bloss mit allen möglichen, indifferenten 
Behandlungsmethoden, sondern auch ohne alle Behandlung werden selbst 
schwerere Prurigofallo im Hospital geheilt; d. h. die Hauterscheinungen 
schwinden spontan, recidiviren aber — ebenso wie nach localer Behandlung — 
meist sehr schnell. Diese Thatsache scheint in der That zu beweisen, dass Er- 
nährungs- oder andere äussere Verhältnisse eine grosse Bedeutung für die 
Aetiologie der Prurigo haben. 

2. Untersuchungen von Dr. Pinn er über eosinophile Zellen 
beweisen, dass diese in der That häufig, wenn nicht regelmässig, im Blut 
vermehrt sind. In pruriginöser Haut sind sie häufig in grosser Zahl vor¬ 
handen, doch ist weder hier noch im Blut ihre Frequenz proportional 
der Schwere oder dem Stadium der Erkrankung. Eine specifische Bedeu¬ 
tung also haben die eosinophilen Zellen bei der Prurigo wohl ebensowenig 
wie bei der Dermatitis herpetiformis. 

3. Ein Fall von typischem Lichen chronicus circumscriptus (Vidal) 
mit Localisatiuu am Nacken aus J.’s Beobachtung verlief ohne jedes 
Jucken und wies nie Kratzeffecte auf. Solche Beobachtungen beweisen 
wold, dass diese sehr charakteristische Ilauterkrankung, in welcher das 


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236 Bericht über den 3. internationalen dermatolog. Congress, 


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Jucken fast immer eine das Bild beherrschende Rolle spielt, ganz wie 
der Lichen ruber in seltenen Fällen auch ohne Jucken vorkommt, dass 
also das letztere nicht das eigentlich Primäre sein kann. 

M i 11 w o c h, 5. A u g u s t. 

A. Cooper. Discussion über syphilitische R e i n f e c t i on. 

Da Fournier (Paris) abwesend war, so leiteten A. Cooper und 
E. Cotterell die Discussion über dieses Thema ein. Zunächst wollen 
die Vortragenden beweisen, dass obzwar die erste Infection mit syphilitischem 
Virus in dem iidicirten Idividuum die Immunität gegen weitere Infection 
mit, demselben Virus herstellt, so ist doch eine Reinfection der Syphilis, 
wenn auch ein seltenes Ereigniss, doch keineswegs ausgeschlossen. Dasselbe 
gilt von der sogenannten congenitalen Syphilis, auch hier ist das Indi¬ 
viduum vor einer weiteren Infection geschützt, aber auch hier wiederum 
zeigen sich Abweichungen von der eben erwähnten Regel. Grosse Vorsicht, 
meinen die Autoren, müsse in Bezug auf diejenigen Fülle geübt werden, 
die gewöhnlich als syphilitische Manifestationen secuudärer Natur auf¬ 
gefasst werden. Aus dem Umstand, dass eine vernünftige und regelrecht 
ausgeführte Hg. Behandlung die Syphilis vollständig zum Heilen bringt, 
wollen noch die Autoren einen Beweis für die Möglichkeit der Reinfec¬ 
tion ziehen. Ri cord soll die Möglichkeit der Reinfection nicht in Ab¬ 
rede gestellt haben. Einer der Redner (Cotterell) hat viele Fälle ge¬ 
sammelt, in denen eine wirkliche Reintection angeblich nachgewiesen war. 
Nicht durch bestimmte Symptome, wohl aber durch ein streng locali- 
sirtes, hartes Geschwür ist die Reinfection charakterisirt. Dass die Syphilis, 
wie er nebenbei bemerkt, das Zustandekommen anderer Infectionen 
nicht aussehliesst, beweist der von Hutchinson berichtete Fall, in 
dem Syphilis und Variola zu gleicher Zeit zum Ausbruche gelangten. 

H. Fitz Gibbon (Dublin). Wie alle anderen Erkrankungen, die von 
grossen Exanthemen begleitet, sind, ein specitisches Fieber erzeugen, so lässt 
sich auch dasselbe von der Syphilis sagen, die, wenn keine Complieationen 
sich einstellou, einen zeitlich wohl begrenzten Verlauf beobachtet. Gleich 
andern Infectionskranklioiten, wie z. B. Variola, Kuhpoeken etc. folgt auf 
das erste Stadium eine Periode, während welcher das inficirte Indivi¬ 
duum einer Reinfection unzugänglich ist, und während welcher wiederum 
diejenigen Elemente des Körpers, die das syphilitische Virus, so zu sagen, 
aufnahmen, entweder ganz zu Grunde gehen oder grosse Widerstands¬ 
fähigkeit gewinnen. Wie alle anderen exantliematischcn Erkrankungen der 
Rückbildung vollständig fällig sind, so gilt dasselbe von der Syphilis, 
nur ist liier der Process langwieriger, zu Stillständen und Wiederausbrüchen 
geneigt. Bei der grösseren Majorität der syphilitisch inticirten Individuen 
ist vollständige Heilung die Regel, dafür liegen zahlreiche Erfahrungen 
und Beweise vor. Man kann im allgemeinen sagen, dass nach einer fünf¬ 
jährigen Periode die Krankheit vollständig ausheilt und dass auch nach 
dieser Zeit die Immunität sieh verlieren kann. Die Reinfection, meint F., 


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gehalten zu London vom 4.—S. August 1896. 


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erfolge eher auf dem Wege der Einimpfung syphilitischen Virus unreinen 
septischen Ursprunges, als bei gewöhnlichem Contact mit reinem syphiliti • 
sehen Gifte. Dafür sprechen die gesammelten Erfahrungen, dass wenn 
eine secundäre Infection mit dem in Rede stehenden Virus zu Stande 
kommt, die Krankheit einen viel schwierigeren Verlauf, als es sonst der 
Fall ist, annimmt. Hierbei erwähnt der Vortragende einen Fall aus 
seiner eigenen Beobachtung und die von Taylor aus N.-Y. beschriebenen 
Fälle, von denen zwei, wie Taylor sich ausdrückte, ,,ganz schnell mit 
dem Tode endeten“. 

Wickham (Paris) bezieht sich auf Fourliier, der noch nie bis jetzt 
in seiner langjährigen und ausgedehnten Praxis einen unzweifelhaften 
Fall von Reinfection beobachtet hatte, Namentlich lässt sich das am 
besten an Kranken vom „Höpital St. Louis“ verfolgen. An der Abtheilung, 
die unter Fourniers Leitung steht, wird schon seit über 20 Jahren in 
der Weise verfahren, dass jeder syphilitische Kranke in eine bestimmte 
Rubrik der Krankenbücher eingetragen und jedesmal bei seiner Repräsen¬ 
tation von Neuem Notizen gemacht werden. Diese Krankengeschichten, 
die also als zuverlässig erachtet werden dürfen, weiten keinen einzigen 
Fall von Reinfection auf. 

Von den weiteren Rednern, die an der Discussion sich betheiligten, 
sei noch erwähnt Petrini de Galatz (Bucharest), der die Möglichkeit der Rein¬ 
fection bezweifelt. Drysdale (London) bemerkt, dass er einen unzweifelhaften 
Fall von Reinfection noch nicht beobachtet habe. Wickham (Paris) be¬ 
zweifelt ebenfalls die Möglichkeit der Reinfection. Ogilvie gibt die 
Möglichkeit der Reinfection zu und bezieht sich auf einen Fall, der sich 
1876 syphilitisch inticirte und nach einer Periode von 15 Jahren, näm¬ 
lich 1891, sich von Neuem mit Syphilis infieirtc und die Erscheinungen 
eines primären Affectes hot. Mehrere der von Hutchinson vergangenes 
Jahr beschriebenen Fälle scheinen unzweifelhaft für die Möglichkeit der 
Reinfection zu sprechen. Prof. Pellizzari scldiesst- sich den Ausführungen 
des Vorredners an und meint, dass das Vorkommen von Keinfection nicht 
bezweifelt werden kann. Dr. Vermois erwähnt eine eigene und die von 
Trousseau gemachte Beobachtung, dass bei einer und derselben Person 
Variola zum dritten Mal auftrat. Zambaco Pasha meint, da Variola 
zum öfteren dasselbe Individuum befallen kann, so darf daraus eine Ana¬ 
logie auf andere Krankheiten gezogen werden, doch licsse sich 
keineswegs daraus mit Sicherheit ein Beweis für die Reinfection ziehen, 
viel mehr sprechen alle andern Erfahrungen dagegen. Giintz (Dresden) 
citirt die Hebräische Bemerkung, dass 8% von Variola-Ivranken diese 
Infection zweimal durchmachen. 

Hutchinson verweist darauf, dass es sieh vornehmlich um die 
Frage dreht, ob Reinfection überhaupt möglich ist, nicht etwa ob ein 
Individuum zwei vollständige Attaquen von Syphilis erfahren könne 
Hier müssen die Erfahrungen entscheiden. II. selbst hat während seiner 
vierzigjährigen Praxis viele hierhergehörige unzweifelhafte Fälle gesehen. 
Man müsse einen Unterschied zwischen Spital- und Privat-Praxis machen. 


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2oS Bericht über den 3. internationalen dermatoh»g. (Vngress, 

Patienten aus der Privat-Praxis lassen sich sehr lange hindurch verfolgen 
und beobachten, während es bei Spital-Patienten nicht der Fall ist. Er 
kritisirtPetrini deGalatz’ Scepticismus und meint, dass die Fälle von 
Fitz, Gibbon und Ogilvie viel Beweisendes für sich haben. 

GrOnfeld (Wien) meint, dass so lange als eine secundäre Infection 
auf dem Wege des Experimentes nicht nachgewiesen worden ist, auch die 
Möglichkeit einer Reinfection bezweifelt werden müsse. 

Am Nachmittag des zweiten Verhandlungstages wurden 

in der Seciion für Syphilis 

folgende Vorträge gehalten: 

ZambaCO-Paseha (Constantinopel) hielt seinen angekündigten Vor¬ 
trag (Leprosy and Syphilis), der eine interessante Discussion hervoiTief. 
Geschichtlich sucht der Redner nachzuweisen, dass Syphilis bereits zu 
Zeiten Christoph Colurnbus bekannt war. Er weist ferner auf die Con- 
fusion hin, die in früheren Zeiten zwischen Syphilis und Lepra, die un¬ 
unterbrochen mit einander verwechselt worden sind, existirte. Welches 
Resultat hatte die Erkenntnis», dass diese Krankheiten in keinem Zu¬ 
sammenhang mit einander stehen ? Sobald der ( ntersehied zwischen diesen 
beiden AHectionen ermittelt worden ist., wurde den syphilitischen Kranken 
freier Lauf gelassen, während die armen, an Lepra leidenden Patienten so 
zu sagen eingekerkert worden sind. Auf die Frage, ob Lepra contagiös 
ist, übergehend, drückt sieh Redner ganz entschieden gegen die Annahme 
einer Contagiosität der Lepra aus. Er selber, so fügt der Redner hinzu, 
hat hunderte von Lepra-Kranken beobachtet und nie die contagiöse 
Natur feststellen können. In Pariser Spitiilern wurden Lepra-Kranke mit 
anderen Krankem in einem und demselben Raum behandelt, und nie ist 
bis jetzt noch eine Erfahrung von da ausgegangen, dass Lepra übertragen 
wurde. Ja, und noch mehr, einen innigeren Contact, als den zwischen Mann 
und Weib könne man sich doch nicht vorstellen, und er suchte vergebens 
nach Daten, wo ein leprakranker Ehegatte sein Weib mit dieser Krank¬ 
heit ansteckte. Die Bacillenlehre bei der Lepra ist sehr schön, hat aber 
nur theoretischen Werth. 

Als zweiten Redner über diesen Gegenstand haben wir Prof. Cam- 
pana (Rom) zu nennen. Er hält vor Allem fest an der hacillärcn Natur 
der Lepra. Die Bacillen, also die wirklichen Krankheitserreger der in 
Bede stehenden Aftcction, halten sich vornehmlich in leprös-erkranktein 
Gewebe auf. Sie sind Anaeroben, und die Gesetze ihrer Ueberlragung richten 
sieh nach diesem ihren biologischen Zustande. Die mikroskopische Er¬ 
mittlung dieser Bacillen erleichtert erstlich die Diagnose, und unterscheidet 
sie welche Formen sie auch annnohme, von der Syphilis. Bei der Be¬ 
handlung müsse die Lepra zuerst als solche in Angriff genommen werden, 
unbekümmert, um septische oder andere Proresse, die sich ihr zuge- 
seilen. Die Errichtung von spccirllen Spitälern für solche Kranke hat 
sicli als ein Segen erwiesen. 


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gehalten zu London vom 4.—8. August lStM». 


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V. Petersen (Petersburg) leugnet die autochthone Entstehung der 
Lepra und nimmt mit Campana die contagiöse Natur derselben an. Seine 
weiteren Ausführungen über diesen Gegenstand findet der Leser in der 
Sonnabend-Verhandlung des Congresses. 

Drysdalo (London) bestreitet entschieden die negative Haltung 
Zambaco Pascha’s in Bezug auf die Contagiösität der Lepra und be¬ 
merkt, dass in der Praxis eine grosse Gefahr darin liege, Lepra-Kranke 
als uncontagiös hinzustellen. Er erwähnt ein ganz interessantes Beispiel. 
In London hat sich eine Zeit lang die Ansicht erhalten, dass Phthisis 
nicht contagiös sei, unangenehme Erfahrungen jedoch haben diese Theorie 
mit der Zeit vernichtet, und nun erkennen alle Aerzte hier die contagiöse 
Natur der Phthisis an. Das würde sich auch nach einer gewissen Periode 
in Bezug auf die Anschauung über die ätiologische Natur der Lepra heraus¬ 
bilden. Was das Auftreten von SypLilis in Europa geschichtlich anbe¬ 
langt, so glaubt D. an die Worte eines Schriftstellers am Ende des 15. 
Jahrhunderts, der von der Syphilis sagt: „Novum genug morbi incubuit 
terras.“ 

Blaschko (Berlin) meint, dass Lepra ebensowenig in Ost-Preusscn 
als anderswo autochthon entsteht. In den erstgenannten Ort wurde sie 
vielmehr durch den menschlichen Verkehr von Russland aus einge- 
sehleppt. (Vide Sonnabend-Verhandlung.) 

JadaSSOhn (Breslau) hält einen Vortrag über einige seltenere Haut¬ 
syphilide und bringt Folgendes vor: 1. Unter den verschiedenen Gruppirungs- 
formen der syphilitischen Exantheme sind die centralen Eftlorescenzen zu 
wenig beachtet worden. Ihre Characteristica, wie sie sich vor Allem bei 
der: „Syphilis corvmbosa“ zeigen, sind: 

a) Die centrale Efflorescenz ist die älteste; die peripheren erreichen 
nicht den Grad der Entwicklung wie die centralen. 

b) Diese Form kommt schon bei der Roseola vor, sie bedingt 
gruppirte, maculöse Syphilide in der Frühperiode. 

c) In der Spätperiode ist sie selten. 

d) Die Form ist diagnostisch wichtig, da sie bei anderen Dermatosen 
nur ganz ausnahmsweise verkommt. 

2. Der Ansicht von Lang, wonach die von ihm beschriebenen 
„lupoiden“ Herde bei Spätlues auf eine Mischinfection mit Tuberkel- 
Bacillen zurückzuführen sind, schliesst sich J. vollkommen an und fügt 
noch dazu, dass dasselbe auch bei allerdings sehr seltenen, schweren, papu¬ 
lösen Formen der Fall sein kann. 

8. Die Differential-Diagnose zwischen secundärer und tertiärer Lues 
ist bei vielen Formen morphologisch ganz sicherzustellen. Jodkalium hält 
der Redner für ein ausgezeichnetes differential-diagnostisches Mittel — 
insofern als die Patienten auf die Verabreichung desselben reagiren oder 
nicht — zwischen Früh- und Spät-Syphilis. 

Ernest Lane (London). 0n the treatment of syphilis bv I n- 
t ravenous In j ections of Mercury. (Die Behandlung der Syphilis 
mittelst intravenöser Mercur-Injectionen.) 


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240 Bericht über den 3. internationalen dermatolog. Coiigrcss 


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Bacelli hatte diese Behandlungsmethode 1S93 empfohlen. Seit¬ 
dem wurde dieselbe von verschiedenen Autoren geprüft. Um dieser Me¬ 
thode genügend Kenntniss und Erfahrung abzugewinnen, hatte sie Laue 
während der letzten 9 Monate bei syphilitischen Patienten, die das London 
Lock Hospital aufsuchten, angewendet. Diese Behandlungsmethode, so 
bemerkt L., kann unzweifelhaft mit allen bis jetzt in der Syphilis-Be¬ 
handlung bewährten Methoden — z. B. Inunctionen, intrarnusculäre 
Injeetionen. interne Verabreichung — wohl wetteifern: der Vortheil aber 
der intravenösen Injeetionen geht all den übrigen ab, nämlich dass die 
Patienten dadurch sehr schnell dom Einflüsse des Mereurs ausgesetzt 
werden. Die Technik der Methode, der er sich bedient, ist kurz 
folgende: Eine Ligatur wird rings um den Vorderarm gelegt; die In- 
jectionsnadel wird dann sofort in eine der meist hervortretenden Venen in 
der Nähe des Ellenbogen-Gelenkes eingeführt. In diesem Moment wird 
die Ligatur entfernt und die Injection ausgeführt. Nach Entfernung der 
Nadel wird die* Punctionsstelle für einige Momente mit dem Finger zu- 
gedrüekt.; (dne vorhergehende, gewöhnliche, antiseptische Reinigung des 
OperationMWdes ist rath<am. Es s<*i nicht nothwendig, für Ausführung der 
Inject ion einige Bluttropfen aus den angestochenen Venen emponpiellen zu 
lassen, da durch das Hin- und Herbewegen der Nadel beurtheilt werden 
kann, ob die letztere in das Immen der Gebisse eingedrungen ist oder 
nicht. Ferner haben wir an der der Inject ion folgenden Schwellung. 
Schmerzen etc. einen guten Anhaltspunkt der Selbst Versicherung, ob die 
Injection in die Venen hinein oder in das benachbarte Gewebe gemacht 
worden ist. da nur im letzteren Falle solche Erscheinungen aufzutreten 
i’fl egen. In die Vena mediania basilica wurde für gewöhnlich injicirt; 
we«ler eine Thrombosis. noch irgend welche Alteration der Gefässwandung 
wurde beobachtet. Die Methode wurde ausschließlich an weiblichen 
Patienten geübt. Ihre Zahl betrug 7b und die ausgelührten Injeetionen 
zählen über Von Gomplicaf ionen erwähnt L. Polyurie und eine 

sehr leichte Albuminurie, die bei einigen Patienten unmittelbar nach der 
ersten re>p. zweiten Injection auftraten. Eine besondere resp. eine Unter¬ 
brechung der Behandlung erforderten sie nicht, weil sie sieh von seihst 
bald wieder verloren. Eine andere Erscheinung, über die viele der Patienten 
klagten, war metallischer Mundgeschmuek, der sieh gleich nach der In- 
jeetion einstcllto. Die Kranken, die L. auf die eben geschilderte Weise 
behandelte, befanden sieh, wie wir uns aus den hermngereiehlen Listen 
überzeugen konnten, in allen möglichen Stadien und zeigten alle mög¬ 
lichen syphilitischen Erkrankungs-Formen. 

Justus (Buda-Pe^t i hat in «len letzten zwei Jahren circa 70 Kranke 
mit Injection von Sublimat behandelt; die angewandten Dosen variirten 
zwischen \ 2 und 20 mg. Die Resultate waren keineswegs ermuthigend. 
Lang fortgesetzte Behandlung hatte kaum sichtbaren Einfluß auf die 
vorhandenen Symptome. Dagegen war es späterhin nicht mehr möglich, 
eine Vene zu finden, die noch nicht- olditerirt war und ganz oberflächlich 
verlieb Eiweiss im Urin war nach der Injection nicht zu finden. Dagegen 


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Original ffom 

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gehalten zu London vom 4.—3. August 1896. 


241 


war nach Verlauf von 24 Stunden der Urobilin-Gehalt bedeutend ver¬ 
mehrt. 

Blaschko (Berlin) hatte sich gelegentlich der Versammlung deutscher 
Naturforscher und Aerzte in Wien dahin ausgesprochen, dass diese Me¬ 
thode praktisch wenig brauchbar ist und zwar wegen des Umstandes, 
dass die Venen allmälig durch Phlebitis oder wandständige Thrombosen 
veröden. An diesen Bemerkungen hält B. noch jetzt fest, und seine Er¬ 
fahrungen belehrten ihn dahin, dass man oft nach 10—12 Injectionen 
keine Venen mehr findet, die sich dafür eigneten. 

Augustus Ravogli (Cincinnati- Ohio, U. S. A.) macht mit Recht 
darauf aufmerksam, dass gerade bei Syphilis jeder Fall individuell be¬ 
handelt werden müsse. R. sagt, dass kein Grund vorliege, bei anämischen 
und hysterischen weiblichen Individuen durch zahlreiche Injectionen die 
bereits vorhandenen nervösen Erscheinungen zu steigern. Während ihm 
sechs bis acht intramusculäre Injectionen günstige Resultate geben, so ist 
doch wahrlich kein Grund vorhanden, die intravenöse Methode anzuwenden, 
die ungefähr 40 Injectionen erfordert. 

Feibes (Aachen) empfiehlt, wenn rasches Eingreifen erforderlich, 
Calomel - Injectionen, die für ihn viel energischer und rascher 
wirken und deswegen zuverlässiger sind, als die eben von Lane vorge¬ 
tragene Methode. Ist die Wirkung erzielt,-so sind Einreibungen dann 
am Platze. 

Jullien weist auf die Schwierigkeit dieser Methode hin und speciell 
bei Frauen, wo man die Haut-Venen nicht leicht findet. 

Mi11woch, 5. August 1806. 2. Verliand 1 ungstag. 

Die Vormittagssitzung des zweiten Verhandlungstages in der Section 
für Dermatologie war der folgenden Discussion gewidmet: 

Aetiologie und Varietäten der Keratosis. (The Etiology and Varieties 
of Keratosis.) 

Unna (Hamburg). Ueber das Wesen der normalen und 
pathologischen Verhornung. 

Während noch vor einem Decennium die Ansichten über den 
normalen Verhornungsprocess weit auseinander gingen, hat sich jetzt 
eine Einigung der Ansichten darüber ausgebildet. Dies spricht noch 
nicht dafür, dass auch über den hier zu besprechenden pathologischen 
Process Einigung herrscht. Redner behandelt das Thema nach den drei 
folgenden Seiten: 1. Von der mikroskopisch-klinischen Seite, 2. niikro- 
skopisch-histiologischen, 3. chemischen. 

Die Resultate der Forschungen, die auf dem Wege der Mikroskopie 
und Mikrochemie erzielt worden sind, lassen die folgende Definition der 
normalen Hornzellen zu: Horazellen sind Oberhautzellen (Zellen der 
äusseren Keimblätter), welche ein hartes, trockenes, mehr oder weniger 
Archiv f. Dermatol, u. Syphil. Banl XXXVII. 16 


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242 Bericht über den 3. internationalen dermatolog. Congress, 


transparentes Gewebe darstellen und sich durch Verdauungs-Fermente 
nicht auflösen lassen. Die bisherigen Theorien über den normalen, 
histologischen Process der Verhornung zerfielen in drei Gruppen: 

1. Die erste Theorie war, dass das Innere der Zellen zunächst 
diesen Process eingehe; 2. dass der Mantel der Zelle zuerst in Verhor¬ 
nung übergeht, und 3. dass beide Theile daran gleichmässig participiren. 

Was den Verhornungsprocess im Innern der Zelle betrifft, so glaubte 
Sabludowski fertiges Keratin im Centrum der verhornten Zellen des 
Vogelschnabels beobachtet zu haben. Waldeyer erklärte es als Kerato- 
hyalin, schrieb demselben die Eigenschaft zu, sieh mit gewissen Theilen 
des Zollprotoplasmas zur Bildung von Keratin zu vereinigen, und sprach 
sich weiter noch dahin aus, dass das erstere verdaulich ist. Rein icke 
hat im Innern der Zellen eine durch basische Farben färbbare Substanz 
gefunden, die er Pro-Keratin nennt. Die beiden letzteren, von Waldeyer 
und R einicke aufgestellten Theorien sind in vollem Widerspruche zu den 
jüngst auf dem Wege der Pepsin-Verdauung gewonnenen Tbatsachen, 
nämlich, dass der gesummte Inhalt der Hornzelle der normalen Oberhaut 
„mit grosser Leichtigkeit uml Vollständigkeit verdaulich ist. u 

Nach Caj al spielt sich der Verhornungsprocess im Zellmantel ah und 
die innere Substanz der Zelle und selbst der Kern nehmen erst consecutiv 
an diesem Process Antheil. Vortragender hat bekanntlich 1832 auf Grund 
von Verdauungsversuehen die Theorie aufgestellt, dass der Verhornungs- 
pmccss lediglich im Zellenmantel stattfindet und zwar betrifft er zunächst 
die äusserste Peripherie der Zelle, das heisst in der Breite von kaum 1 Mm 
Freilich treten auch im Inneren der Zellen Verhornungen auf, aber diese 
sind nun nach dein Redner als Folge- resp. Begleiterscheinungen des 
in der Peripherie der Zelle vor sich gehenden Verhornungsprocesses zu 
verstehen, stofflich aber tragen die letzteren nichts zu der Verhornung 
bei. Die Definition der verhornten Oberhautzelle müsste jetzt nach Unna 
in folgender Weise lauten: Ilornzellen sind Oberhautzellen, welche 
mikroskopisch ein hartes, trockenes, mehr oder weniger transparentes 
Gewebe darstellen und in Verdauungssäften sich nicht autlösen, sondern 
dabei eine unverdauliche, aus Keratin bestehende llüllmembran zurück- 
lassen. 

Soviel was den histologischen Standpunkt der Frage der Verhor¬ 
nung anbelangt, die Chemie dieses Capitel, die die histologischen Erfor¬ 
schungen ergänzen und vervollkommnen soll, hat mit den letzteren bis 
jetzt in keiner Weise gleichen Schritt gehalten. Es ist für den Chemiker, 
der an die Bearbeitung und Erforschung dieses Themas herangeht, not In¬ 
wendig, folgendes nicht, ausser Acht zu lassen: 1. Dass in den normalen 
Ilornzellen die Verhornung sich nur auf den äussersten Zellensaum be- 
M'brünkt. 2. Die Kerne, das Keratohyalin und das Eleidin haben mit dem 
Process der Verhornung nichts zu thun. 3. Dass da^ Keratin ein einfach 
chemischer Körper ist, der vielleicht dem Protoplasma in gewissen Be¬ 
ziehung sehr nahe steht. 4. Ferner ist es nicht richtig, in der normalen 


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gehalten zu London vom 4.—S. August 1890. 


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Hornsubstanz der Deckepithelien Kernsubstanz oder etwaige Abkömmlinge 
derselben zu suchen. 

Was den Status nascendi des Keratins anbelangt, so sprechen die 
chemisch gewonnenen Erfahrungen dafür, dass es sieh vom Eiweiss, was 
seine qualitative wie quantitative chemische Zusammenstellung betrifft, nur 
sehr wenig unterscheidet, und wenn ein chemisch nachweisbarer Unter¬ 
schied zwischen den beiden Körpern bestünde, so wäre dies in dem grösseren 
Gehalt des Keratins an Schwefel zu suchen. Noch ein weiterer chemischer 
Unterschied lässt sich zwischen den beiden Körpern beobachten und verdient 
besonders hervorgehoben zu werden, dass nämlich, während Eiweiss bei der 
Zersetzung viel Leucin liefert, aus der Zersetzung des Keratins mehr Ty¬ 
rosin als Leucin resultirt. Die Wasserabgabe des Keratins darf nicht als beson¬ 
deres Charakteristicum des letzteren dargestellt werden. Die letzten drei 
erwähnten Eigenschaften des Keratins führen kurz zu folgenden Schlüssen : 
1. Keratin ist Protoplasma mit für die Structur und Constitution un¬ 
wesentlichen Veränderungen. 2. Es ist ferner, im Ganzen genommen, 
schwerlich anzunehmen, was von verschiedener Seite behauptet worden 
ist, „dass eine tiefgehende Zersetzung im Eiweiss der Bildung von Keratin 
vorhergeht.“ 

Wie geschieht die Verhornung des Protoplasma? Es ist sehr wahr¬ 
scheinlich und theoretisch w r ohl denkbar, dass die auf dem Lymphwege 
den Oberhautzellen zugeführten Stoffe, wie Schwefel und Phenol, auf da* 
Protoplasma einen gewissen Einfluss üben und den Frocess der Verhornung 
hervorrufen. Zwar stellt der Redner das Letztere als für vollständig nach¬ 
gewiesen hin. Indess wir können uns dieser Auffassung nicht ganz an- 
sehliessen, und wir wollen dieselbe nicht mehr und nicht weniger als eine 
wahrscheinliche, viel für sich habende Hypothese hinstellen. Während 
man heim Studium des normalen Verhornungsprocesscs auf viele Schwierig¬ 
keiten stösst, bieten sich dieselben in einem noch viel grösseren Massstabe 
beim Studium des pathologischen Verhornungsprocesses, dessen Uauptre- 
präsentanten, wie wür hier gleich bemerken wollen, Unna, „den Clavus, 
die Psoriasis und die Ichthyosis“ nennt. 

Auf die Technik der Methode übergehend, empfiehlt der Vortragende 
die Anlegung feiner Schnitte, die Beobachtung einer gleiehmässiuen 
Temperatur von etwas über 40°. Wenn auch eine vorhergehende Entfettung 
nicht absolut nothwendig ist, so beschleunigt sie doch die nachfolgende 
Verdauung. Von allen Verdauungsfermenten, wie Pepsin, Tripsin, Pancrcatin 
etc. ist dasjenige, bestehend aus Pepsin und Salzsäure doch noch am besten 
zu empfehlen und zwar etw*a in der folgenden Form: Aqua 100*0, Acid. 
hydroclilor. 1*0, Pepsin 0*5. 

Aus seinen Untersuchungen, die ihn vornehmlich das letzte Jahr 
beschäftigten, lassen sich noch folgende Schlüsse ziehen: 

1. Reichthum an Keratin und die klinischen Erscheinungen der Ilaut- 
härte gehen nicht immer einander parallel ; 

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244 Rd’icht über «Ion 3. internationalen dermatolog. Congross, 


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2. dass auch die pathologische Verhornung eine Randverhornung 
ist. und 


3. dass die Differenzen bei den verschiedenen Formen der Keratose 
auf die Dicke der Ralken und Weite der Maschen des Hornnetzes Bich 
beschränken. In Weiterem empfiehlt Unna das Studium des Hornzellen- 
lieliofs für die Pathogenese der Hypo-Keratosen. 


Brooke (Manchester) entwirft ein Schema für die Classification der 
llyperkeratosen. Um aber die Uebersicht mit Rezug auf die verschiedenen 
Formen, wie sie sich ätiologisch von einander unterscheiden, zu erleich¬ 
tern, scheidet er aus diesem Schema die sogenannten secundären Hyper- 
keratosen, die sicli auf dem Roden maligner und granulöser Geschwülste, 
wie Carcinom, Lupus, Svphilis entwickeln, aus. Um es noch anschaulicher 
zu machen, tlieilt. er die Atfoctioncn, je nachdem sie die Tendenz be¬ 
sitzen, sich auszubreiten, oder stationär zu bleiben, in regionäre und 
allgemeine ein. Dabei berücksichtigt er noch den anatomischen Umstand, 
nämlich ob die Atfection sümmtliehe Hautelemente oder nur einige 
derselben ergreift. Auf diesem Wege gelang es ihm folgende Cla^sifi- 
eat i on au fzus t e 11 en. 


Pri mä re 1 lyperkcrat osen. 


Allgemeine. 

Ichthyosis. 

Acrokeratoma. 

Pityriasis rubra pilaris. 

Ilypcrkeratosis universalis 

congenita. 

Lichen pilaris. 

Kerntosis pilaris. 

Keratosis follicularis, contagiosa. 

., . \ Acne com cd o 

( omedo ) 

' t oniciio atrophicans. 
Liclien planus. 

Keratosis multiplex congenita. 


Regionäre. 

Keratoderm i e sy mmötrique 
des extremites. 
Frythema keratodes. 
Keratoma palmare et plantare 
herrditarium. 
Multiplex. 

Lichen spinulosus. 
Verruca. 

Callus. C'lavus. 
Keratosis arsenicalis. 
Keratoderrnie des extremitees 
en foyers. 

Ilypcrkeratosis subungualis. 
Angiokeratoma. 
Onychogryphosis. 

Uornu cutaneum. 
Naevus keratodes linearis. 


\ortragender weist noch auf die Thatsaehe hin, dass die regionäre 
difiuse Gruppe die einzige ist 7 deren Mitglieder eine wirkliche Verwandt¬ 
schaft und eiue reale Aehnlichkeit, zu einander besitzen. Sie sind meist 
auf ('ine bestimmte U lache beschränkt, d. h. auf die palmare Fläche der 
Hände und küsse. Fs unterliegt ferner keinem Zweifil, dass sie trophi- 
schen und es ist sehr unwahrscheinlich, dass sie trophoneurotisehen Ur¬ 
sprunges sind. Seine Argumente, die gegen ihren trophisch-neurotischen 


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gehalten zu London vom 4.—8. August 18%. 


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Ursprung sprechen, sind, dass sie sieh auf Theile des Körpers beschränken, 
welche schon in normaler Weise zu Hyperkeratosis Veranlagung zeigen. 

Pityriasis rubra pilaris, fasst er als eine Krankheit infectiösen Ur¬ 
sprunges auf, wozu ihn der Umstand veranlasst, dass diese Affection in 
bestimmten Gegenden häufiger resp. seltener zur Beobachtung gelangt. 

Acne Comedo. Keratosis pilaris, Liehen pilaris, Keratosis follicularis 
contagiosa (die drei zuletzt genannten Formen der Keratosen unter¬ 
scheiden sich nach B. von der lehtliyosis durch die zwei folgenden Merk¬ 
male: 1. Sie bleiben strict begrenzt an einer Stelle; 2. sie zeigen ganz 
andere horn-histologische Veränderungen auf), und auch wohl Lichen 
planus fasst der Redner als contagiös auf. Bei Iclithvosis und Aero- 
keratoma lassen sich die anatomischen Veränderungen vielleicht auf 
einen trophischen, möglicher Weise auf einen toxischen Ursprung zurück 
führen. In der Aetiologie von Gallus und Clavus spielt mechanischer 
Druck (Anaemie?) die Hauptrolle. Keratosis arsenicalis ist sicherlich 
toxischer Natur; bei vielen anderen sind natürlich Ursache wie Aetiologie 
noch nicht aufgeklärt. Infectiöser Natur sind nach B. Verruca, wahr¬ 
scheinlich auch die Hyperkeratosis subungualis, möglich auch der Lichen 
spinulosus. 

W. Dubreuilh (Bordeaux) gibt eine Classification an, die namentlich 
der Aetiologie der verschiedenen Keratosen-Formcn entspricht. 

Am Nachmittage des zweiten Verhandlungstages wurden folgende 
Vorträge gehalten: 

Prof. Schwimmer (Budapest) hält einen Vortrag über Sarcoin 
der Haut und einige verwandte Affectionen. Das Sarcom zeigt 
sich in zwei Formen: die eine Form ist das sogenannte chirurgische 
Sarcom, das oft durch locale Reizung entsteht, die andere Form ist das 
von Kaposi vor mehr als zwanzig Jahren beschriebene Pigmentsarcom. 
Bei der letzteren bilden die Extremitäten — z. B. die Finger der Hände 
oder der Füsse, Vorderarm, Unterschenkel und, wie jüngst vom Vor¬ 
tragenden beobachtet, auch der Oberschenkel — den Ausgangspunkt für 
diese Affection. Von besonderem Interesse sind die vom Autor mitge- 
theilten Autopsiebefunde. Es bandelte sich dabei um zwei Kranke, die 
an typischen Formen der eben beschriebenen Affection litten. Die Ob- 
duction ergab Sarcom-Neubildungen im Dick- und Dünndarm und na¬ 
mentlich im Magen. Im Gegensatz zu anderen Dermatologen trennt 
S. die Mycosis fungoides von den Saivomerkraiikungen und will die 
erstere als eine selbständige Krankheit betrachtet wissen. Dies erörtert 
er an der Hand der von ihm ausgeführten, hierhergcliörigen, histo¬ 
logischen Untersuchungen, dass, wiewohl beide Affectionen von den 
Bindegewebszelien ausgehen, im Sarcom hauptsächlich Spindelzellen, da¬ 
gegen in der Mycosis fungoides Rundzellen Vorkommen. Ein weiterer Un¬ 
terschied zwischen beiden Krankheitsformen besteht noch darin, dass bei 
der letzteren die Lymph-, bei der ersteren die Blutgefässe afficirt sind. 


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24(i Bericht über den 8. internationalen dermatolog. Congress, 

Der Vortragende zeigt noch zum Schlüsse eine gelungene Abbildung 
von einem Falle, der zuerst die klinischen Erscheinungen einer Myeosis 
fungoides bot, später aber, namentlich durch histologische Untersuchungen, 
als ein Fall von einfacher Granulom-Bildung sich herausstellte. 

M. Joseph (Berlin). Lieber Lichen ruber planus, acumi- 
n atus un d v e r r u co s u s. 

Um seinen Vortrag noch anschauliclier zu machen, veranstaltete 
J o s e ph eine ausgedehnte mikroskopische Demomtration, die dem 
Vorfrage vorausgiug und bereits am ersten Sitzungstage im Museum des 
Gongresses abgehalten worden war. Der Kern des Vortrages besteht 
darin, dass der Redner an der Hand vielfacher, histolologiseher Unter¬ 
suchungen zu zeigen sich bemüht, dass der Liehen ruber planus, accu- 
minatus, verrucosus und die Pityriasis rubra zu einander in einem sein* 
engen Zusammenhänge stehen. (Die ausführliche Arbeit erscheint dem¬ 
nächst in diesem Archiv.) 

Gaucher (Paris). B e h a n d 1 u n g v o n H a u t - E p i t h e 1 i o m e n. 

In diesem seinen Vortrage stellt G. die Gauterisation an die Spitze 
der hier in Betracht kommenden Behandlung und verwirft alle anderen Me¬ 
thoden, die nicht direct das neugebildete, krankhafte Gewebe zerstören, 
sondern womöglich durch eine unvermeidliche Eröffnung kleinerer Gelasse 
die Ausdehnung der Geschwülste in das benachbarte Gewebe und die 
Bildung von Metastasen zu Wege bringen. 

ZefaririO Falcao (Lisbon) berichtet über 4 von ihm beobachtete Fälle 
M>n Xeroderma pigmentosum, das ältere Individuen betraf, und in 
allen waren die von Kaposi beschriebenen Symptome dieser Krankheit 
zugegen. Das Xeroderma pigmentosum kommt in jedem Alter vor, bei 
ganz jugendlichen Individuen ist der Pigmentationsprocess stärker ausge¬ 
sprochen wie bei älteren; bei letzteren, und namentlich wenn es in 
einem höheren Alter auftritt-, ist der Atrophie- und Verhärtungsproecss 
stärker entwickelt. 

Wickham (Paris) trägt über einen Fall von Rh i n osc 1 ero m vor, 
in dem — Vortragender versuchte zuerst alle anderen dafür empfohlenen 
Mittel, wie z. B. Arson-Tnjectionen, Verabreichung von Jodkalium, locale. 
Gauterisation etc., ohne jeden Erfolg — die von französischen Autoren ge¬ 
nannte ,.gründe Operation“ ausgeführt war. Die dadurch erzielten er¬ 
freulichen Resultate ermuntern \\\, sieh dahin zu äussern, dass in schweren 
Fällen dieser Erkrankung keine Zeit mit anderen therapeutischen Maass¬ 
regeln verloren gehen, und sofort zur Operation geschritten werden soll. 

0- Rosenthal (Berlin). Lieber Heiss Wasserbehandlung bei 
II a u t kra nkh ei t en. 

Zunächst gibt der Autor einen kurzen, geschichtlichen Uebcrblick 
über die Anwendung des Wassers in dermatologischen Fällen. Er weist 
zunächst, auf die physiologische Wirkung des heissen Wassers (von 40° R. 
“ 50°C. und darüber) auf den thierisdien Organismus hin und unterscheidet 


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gehalten zu London vom 4.—8. August 1890. 


247 


dabei eine locale und eine allgemeine Wirkung, letztere mit Bezug auf 
Circulation und Nervensystem. Der Einfluss auf die Hautoberfläche be¬ 
steht darin, dass die Perspiration vermehrt wird; es folgt darauf eine 
Beschleunigung des Stoffwechsels, und der Gasaustausch geht schneller 
vor sich. Er gibt verschiedene Formen, in denen das Heisswasser zur 
eventuellen Anwendung gelangen könnte an (Stirn-, Hand-, Fuss- und 
Unterschenkelbäder). Redner streift nun die Frage, ob Herzaflfectioncn 
eine Contraindication für Heisswasserbehandlung abgeben, und meint, dass 
nur directe Erkrankungen der Gefasswandungen, wie die Atheromatosis 
etc., eine solche dagegen bieten. In der Dermatologie wird das heisse 
Wasser zu einemTheil als directes Heilmittel herangezogen, andererseits 
wird es auch zur Erfüllung und Unterstützung anderer Indieationen ge¬ 
braucht. Ob diesem Verfahren und speciell in der besprochenen Form 
eine antispecifische Wirkung zukommt, ist eine weitere Frage; R. aller¬ 
dings scheint es für erledigt zu halten, und meint, dass diese Behand¬ 
lung eben wegen ihrer „bactericiden“ Wirkung bei Ulcus molle, Gonor¬ 
rhoe, Favus und zerfallenen Ulcerationen, specifischer oder nicht speci- 
fischer Natur, empfohlen werden darf. Bei Eczema scroti und Vulvae, 
bei chronischen circumscripten Hautläsionen leistet nach R. die locale 
Heiss Wasserbehandlung „treffliche Dienste“. 

Bei der Syphilis würde die Heisswasserbehandlung die Hg.-Wirkung 
unterstützen und die Ausscheidung des Hg. beschleunigen. 

V. Petersen (St. Petersburg) bemerkt, dass wir noch immer unter 
den Dermatologen Hydrophoben haben, d. h. Collegen, die sich vor 
Wasserbehandlung in Hautkrankheiten fürchten. Er äussert sich noch 
dahin, dass in St. Petersburg jetzt immer häufiger locale Wärme ange¬ 
wandt wird (trockene Wärme [Leiters Apparat] oder in Form von heissen 
Compressen). — Dr. Ussas soll, wie P. hervorhebt, schon seit Jahren mit 
vielem Erfolg schwere und hartnäckige Syphilis-Eruptionen mit heissen 
Compressen behandelt haben. 

E. Schiff ;Wien). U ebc r ein neues Veh i ke 1 zur A pp 1 i ca t ion 
von therapeutischen Substanzen, die in der Dermatologie 
gebraucht werden. 

Die Vorzüge des von S. hergestellten Präparates, das er mit 
dem Namen „Filmogen“ belegt, schildert der Vortragende in folgender 
Weise: 1. Es bildet eine Art Oberhaut über die ergriffene Hautpartie. 
2. Da die erstere von elastischer Beschaffenheit ist, so folgt sie allen 
Verschiebungen und Bewegungen der Haut. 3. Ein Auf brechen des so 
künstlich gemachten Ueberzuges der Haut ist daher ausgeschlossen, und 
4. was in therapeutischer Hinsicht für S. die Hauptsache ist, die auf die 
Haut zu applicirenden, medicamentösen Substanzen können nach Belieben 
lange zur Entfaltung ihres heilenden Einflusses auf die afficirten Partien 
erhalten bleibeu. 5. Die so mit dem Präparate bestrichenen Stellen können, 
ohne irgendwelchen Nachtheil zu erfahren, gewaschen werden, da das 
Präparat in Wasser unlöslich ist. 


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248 Bericht über den 3. internationalen dermatolog. Congress, 


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Donnerstag, 6. August. 3. Sitzungstag. 

Section für Dermatologie. 

Der Zusammenhang von Tuberculosis mit HautafTeetionen mit 
Ausschluss von Lupus vulgaris. (The Connection of tuberculosis with 
diseases of the skin other than lupus vulgaris.) 

Als officielle Referenten über dieses Thema haben wir zu nennen: 

1. Dr. Nevins Hyde (Chicago). 2. Dr. Hallopeau (Baris). 3. Dr. Rad* 
cliffe Crocker (London;. 

N. Hyde glaubt, dass eine primäre und secundäre Infection der Haut 
mit Tuberkelbaeillen allgemein angenommen wird. Zu inneren tuber- 
culdsen Erkrankungen kann secundar eine Dermalitis hinzutreten, die 
aber keine Tuberkelbarillen zu enthalten braucht. Freilich bietet die 
Haut-Tuberculosis kein einheitliches klinisches Bild, aber dies lässt sich 
durch den Umstand erklären, dass nicht in jedem Falle die Tuberkel¬ 
bacillen allein die krankhaften Erscheinungen hervorrufen, sondern, dass 
noch zu denselben andere Mikroorganismen gelangen, die dann die ge¬ 
setzten Erscheinungen nach der einen oder der anderen Richtung hin 
ändern. Ein anderer ('instand für die Multiplicität des Krankheitsbildes 
kommt noch in Betracht, nämlich die anatomische Lage und die histo¬ 
logischen Substrate desjenigen Kürpertlicilcs, der von den Tuberkelbaeillen 
invadirt wird. II. entwirft noch eine Fh^sitieation der Symptome der 
Ilaut-TubcrculoMs — Lupus vulgaris ist natürlich dabei ausgeschlossen — 
die sich etwa in die drei folgende (iruppen imterhringm lässt: 

1. IlautläMonen, die durch eine primäre oder secundäre Infection 
mit tuberculösem Virus bedingt sind. 

2. Hautläsionen, in denen die Anwesenheit des Tuberkelbacillus bis 
jetzt noch nicht erbracht worden ist, wohl aber sich vielleicht bei weiteren 
Untersuchungen als der wirkliche Krankheitserreger herausstellen wird. 

3. Tuberculosis der Haut, die etwa auf metastatischein Wege zu¬ 
stande kommt. 

In die erste Kategorie stellt der Vortragende die folgenden klinisch 
bezeichneten Krankheitsformen der Haut: 

1. Verruca liecrogeuica. 2. Tuberculosis verrucosa cutis (Riehl und 
Raltaufj. 3. Tuberculosis j apillmuatosa cutis (Morrow's Typus). 4. Ei- 
bromatosis cutis (Riehl). 5. Elephantiasis tuberculosa cutis. 6. Tuber¬ 
culosis cutis ulcerativa (Chiari). 7. Tuberculosis gummatosa ulccrativa. 
8. Lympliangitis tuberculosa cutanea (Besnier). 9. Tuberculosis cutis 
serpiginosa ulcerativa. 10. Tuberculosis cutis lüngosa. 11. Tuberculosis 
nodosa atropbica (lupoide Form). 

In die zweite: 

1. Lupus erythematosus. Dazu müsse noch bemerkt werden, dass 
diese Form bei nicht tuberculosen Individuen beobachtet wird; die Natur 


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gehalten zu London vom 4.—8. August 1890. 


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ihres Entstehens sei allerdings noch nicht aufgeklärt. Lupus eryth. kommt 
freilich bei tuberculösen Individuen vor, und die Wahrscheinlichkeit, dass 
hier zwischen allgemeiner Tuberculosis und Lupus eryth. ein engerer Zu¬ 
sammenhang besteht, sei eine sehr grosse. 

2. Erythema induratum scrofulosorum (Bazin). 3. Lichen scrofulo- 
sorum. 4. Tuberculosis suppurativa et bullosa acuta (Hallopeau). 

In der dritten endlich nennt H.: 

1. Eczem - Affectionen (Neurodermitiden). 2. Erythema pernio. 
3. Seltene Fälle von Erythema multiforme. 4. Einige Fälle von Melano- 
derma. 5. Die sogenannte Purpura cacheeticum, und 6. medikamentöse 
Dermatosen. 

H. Hallopeau (Paris). Ob ein Hautleiden tuberculöser Natur ist oder 
nicht, kann durch die folgenden Punkte entschieden werden: 

I. Durch den Nachweis typischer Bacillen; 

2. Durch das Resultat der Inoculation im Allgemeinen und der weiteren 
Fortimpfung im Besonderen. Von der Virulenz der Tuberkelbacillen hängt es 
ab, ob sich eine ulcerative, supurative, ulceröse Läsion der Haut entwickelt; die 
Form der Erkrankung wiederum hängt davon ab, in welchen Elementen 
der Haut die ebengenannten Bacillen sich ansiedeln. Es wird natürlich ein 
ganz anderes klinisches Bild auftreten, wenn die Tuberkelbacillen zuerst in 
den Papillarkörper, die Lymphdrüssen etc. gerathen. So entsteht der Lupus 
verrucosus, w T enn die Papillarkörper der Haut tuberculös erkranken, so 
entwickeln sich die gummösen Geschwüre, w T enn das Lymphsystem zuerst 
von den Bacillen durchsetzt wird. Verschiedene Krankheitsbilder der 
Haut, die durch Knötchenbildung sich auszeichnen und demnach in ihren 
äusseren, wie inneren histologischen Erscheinungen der Tuberculosis nahe¬ 
stehen werden aus der letzteren nur aus dem Grunde getrennt, weil man in 
denselben bis jetzt noch keine Tuberkelbacillen gefunden hat. Dies scheint 
aber nicht ganz richtig zu sein und die Thatsache, da«s solche Kranke 
auf Tuberculin-Injectionen zu reagiren pflegen, ferner, dass der Verlauf dieser 
Krankheitsformen an den Lupus verrucosus erinnert, die serpiginöse Form 
des Hautleidens, die solche Patienten aufweisen, spricht doch sehr dafür, 
auch bei ihnen einen einheitlichen tuberculösen Process anzunehmen. Lichen 
scrofulosorum, Acne cacheeticum sind für H. der Ausdruck einer Tuber¬ 
culosis. Mit Vidal, Paltauf und Riehl zählt noch H. zu den Haut-Tuber- 
culosen die sogenannte sclerotische (Vidal) und die vermoose Form 
(Riehl und Paltauf). Die tuberculöse Natur der Impetigo rodens ist durch 
Gaucher nachgewiesen worden. Es hat sich gezeigt, dass die sogenannte 
supurative Folliculitis iu Tuberculosis entarten kann. Hallopeau und 
Roger bedienten sich einiger Experimente, die darin bestanden, Strepto- 
coccen-Culturen aus Erysipelas gezüchtet, auflupöse Herde zu übertragen. 
Aber in Anbetracht der geringen Anzahl der von H. und R. damit auss 
geführten Untersuchungen, verzichtet der Redner vorderhand Bestimmtes 
über diese Behandlungsmethode auszusagen. 


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250 Bericht über den 3. internationalen dermatolog. Congress, 


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Crocker, der über einschlägige Krankheitsfälle refenrt und hierher 
gehörige, interessante Abbildungen vorlegt, meint, dass eine Reihe von 
Ilautläsionen vorkommt, deren Entstehung auf eine directe, unzweifelhafte 
Invasion von Tuberkelbacillen zurückzufübren sei. 

Jadossohn (Breslau). Lichen scrofulosorum. 

Die auffallend häutige Combination von Pityriasis rubra Hebrae 
mit Tuberculose wird von J. betont, dagegen der Zusammenhang von 
Lupus ervth. mit Tuberculosis bezweifelt ; eher würde der Vortragende 
den Lichen scrofulosorum in die Kategorie der letzteren bringen, da es 
ihm in 19 Fällen gelungen ist, vierzehnmal sichere Tuberculose und 
viermal andere scrofulose Zeichen nachzuweisen, und nur in einem Falle 
aus dieser Gruppe war nichts von Tuberculose vorhanden. J. drückt sich 
daher dahin aus, dass der Lichen scrof. eine Krankheit der Tuberculösen 
und nicht der Cachectischen ist. 

Campana (Rom). The mode of action of Tuberculin 
(Wirkungsweise des Tuberculins). 

Die vieljährigen Erfahrungen Campana’s mit Tuberculin bei tuber¬ 
culösen Hauterkrankungen lassen sich kurz in folgender Weise zusammen- 
fassen: 

1. Das Tubirculin hat die Eigenschaft eines localen chemischen 
Irritans und setzt an die Stelle der chronischen, tuberculösen Entzündung 
eine acute. Letztere erinnert an diejenige Dermatitis, wie sie durch 
(’hrysarobin hervorgerufen wird. 

2. Tuberculin-Injectiouen bringen lupöse Infiltrate zum Verschwinden, 
verhindern allerdings nicht weitere Reeidive. 

Wickham (Paris), lieber Lupus erythematosus und Tuber¬ 
culosis. 

Gewisse Erytheme, die einen stationären Charakter aufweisen, 
werden bei tuberculösen Individuen beobachtet. W. machte jüngst eine 
Beobachtung, die für den ätiologischen Zusammenhang von Lupus ervth. 
mit Tuberculosis spricht. Der Fall betraf eine 48jälirige Dame, die an 
Lupus erythematosus litt. Die Frau ging an diesem Leiden zugrunde,und 
die Autopsie ergab eine ausgebreitete Miliar-Tuberculose. 

In einem weiteren Vortrag, betitelt: The vnluc of multiple scarilica- 
tion in Eryth. Lupus (der Werth multipler Searitication in Lupus ervth.) 
demonstrirt Wickham ein praktisch brauchbares Instrument für diesen 
Zweck. 

Audry (Toulouse) berichtet über einen Fall von „Eczeme elephan- 
tiastique chez une tubcrculeuse. 

(Donnerstag, G. August, Nachmittag im grossen Auditorium 
d e r E x a m i n a t i o n - II all). 

D i s c u s s i o n o n R i n g w o r m and t h e T r i c h o p h y t o ii s. 

Sabouraud (Paris). I >ie Discussion über Ringwurm-Erkrankungen leitete 
Sabouraud ein. Seine Fntersuehungen über diesen Gegenstand sind 
bekannt. 


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Original frnm 

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gehalten zu London vom 4.—8. August 1890. 


251 


Dasselbe gilt von dem Vorträge Rosenbaeh (Gottingen). 

Malcolm Morris (London). Zunächst geht der Redner auf die hieher 
gehörigen Arbeiten von ein und beschreibt ausführlich die Methode, 
deren er sich bei den Untersuchungen und Anfertigung der Präpa¬ 
rate bediente. Wir wollen gleich hier bemerken, dass Malcolm 
Morris ganz besonderen Werth auf die sogenannte Farbe-Methode legt. 
Auch das wollen wir hier hervorheben, dass seine Untersuchungen sich 
auf die grosse Zahl von 126 Kranken erstrecken, und dass in nicht weniger 
als 116 Fällen (zur Untersuchung diente vornehmlich das Kopfhaar von 
Kindern), d. h. in 92% der gefundene Parasit derjenigen Species an¬ 
gehörte, die sich durch kleine Sporen auszeichnet, bei den übrigen zehn 
Kranken jener der grossen Sporen. Nach dieser Richtung hin steht Morris’ 
Statistik, die also das Vorkommen der zuerst genannten Parasiten in 
dieser Erkrankungsform auf 92% veranschlagt, im Gegensatz zu Sabou- 
rauds Statistik, der sie mit 60% angibt. Morris’ Statistik wiederum, die er 
für London entwirft, steht aber dafür in vollem Einklänge mit den Be¬ 
rechnungen für Edinburgh, wie sie Jamieson, Adamson und C. Fox auf¬ 
gestellt haben. Tn Italien und Deutschland, fährt M. fort, scheint das Vor¬ 
kommen dieses Parasiten noch seltener als in Frankreich zu sein. Dafür 
sprechen eben die Beobachtungen von Mibelli und Krösing. Culturen der 
ersteren unterscheiden sich wesentlich von der der letzteren Species, und 
als besonders differentielles Mittel zwischen den beiden Specien betont 
M. das verschiedene Aussehen derselben. Die erstere Species bietet eine 
weisse, die letztere eine braunrothe Farbe. Obwohl der Autor Sabouraud’s 
Doctrine, die das Vorkommen der ersteren Species von Parasiten auf 
die Kopfhaut allein verlegt, beipHichtet, so bestreitet er doch wiederum die 
von S. aufgestellte Multiplicität der der letzteren Species angehörigen 
Parasiten. 

D o n u e r s t a g, 6. August. 3. V e r h a n d 1 u n g s t a g. 

Section für Syphilis. 

Die Dauer der Ansteckungsperiode der Syphilis bildete das Thema 
in der Vormittagssitzung. (The Duration of the Period of contagion of 
Syphilis.) J. Hutchinson (London), Campana (Rom), Lassar (Berlin). 
Foulard (Paris) waren als ofticielle Referenten für diese Discussion ge¬ 
wonnen. Der erste Redner, J. Hutchinson, hält es für ein ausgemachtes 
Factum, dass sowohl während des primären wie seeundären Stadiums, 
<1. h. während das inffeirte Individuum primäre oder secundäre Symp¬ 
tome der Syphilis bietet, das Blut und alle anderen Secrrtionselemente 
das specifisch syphilitische Virus enthalten, und werden die genannten 
Stoffe auf andere Personen überimpft oder übertragen, so würde daraus 
eine eventuelle syphilitische Infection resultiren. Was die Dauer der 
Ansteckungsperiode der Syphilis anbelangt, d. h. die Zeit betreffend, wo 
das syphilitische Virus aus dem Gewebe und Findigkeiten des infieirten 
Individiums schwindet lind somit die Gefahr der Uebertragung vorüber 


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Original frum 

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252 Bericht über den 3. internationalen dermalolog. Congress, 


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ist, so setzt der Redner die Dauer von zwei Jahren fest. Nach dieser 
Periode, aNo zwei Jahre nach Auftreten des Primär-AfTectes, gestattet H. 
inficirten Patienten zu heiraten, und nimmt in der Regel von nach dieser 
Periode sich zeigenden massigen Recidiven keine besondere Notiz. Von 
einem oder zwei fällen abgesehen, hat II. während seiner vierzig¬ 
jährigen Praxis keine unangenehmen Resultate gesehen. Er ist im 
allgemeinen geneigt denjenigen Beobachtungen mit Misstrauen zu 
begegnen, die dahin gehen, dass ein Mann zehn oder noch mehrere 
Jahre nach der ersten specitisclien Infection seine krau noch nachträg¬ 
lich syphilitisch inticirte. Seine Erfahrungen gehen ferner dahin, dass die 
zeitliche Dauer der hereditären l ebertragung länger bei Weibern als 
bei Männern anhält, und im allgemeinen scheint die zeitliche Dauer der 
syphilitischen Infection beim Weibe länger als beim Manne anzuhalten. So 
kann z. H. eine Krau noch vier Jahre nach der ersten Infection ihren 
Mann speeifisch inticiren. Ein weiteres Gesetz für die Ansteckungs- 
fähigkeit der Syphilis druckt der Redner in der Weise aus, dass mit der 
Zeitdauer das syphilitische Virus in toto sieh so zu sagen abschwächt 
oder eine Reduction seiner contagiösen Elemente sieh herausbildet und 
die Folge davon würde sein, was übrigens für II. sicher ist, dass ein 
inticirtes Individuum am Anfänge des zweiten Stadiums eher eine zweite 
Person inticiren würde als am Ende desselben. Eine hereditäre oder 
allgemeine Uebertragung während der tertiären Periode — nach H. be¬ 
ginnt die tertiäre Periode unmittelbar nach Ablauf des secundären 
Stadiums — ist, von ausserordentlich seltenen Fällen abgesehen, ganz 
ausgeschlossen. Die Wirkung des Hg. scheint darin zu bestehen, dass es 
direct das syphilitische Virus angreift und zerstört; die Fortsetzung 
des Gebrauchs des Ilg. scheint das Auftreten der secundären Symptome 
hintanzuhalten, denn letztere treten auf, sobald die Anwendung des Ilg. 
unterbrochen wird. Ein hereditär inlicirtes Kind soll nach II. die Ansteckungs¬ 
keime auf andere Personen zwar übertragen können, aber diese Ansteckungs- 
fähigkeit dauert gewöhnlich nur ein, selten mehr als zwei Jahre. 

Campana (Rom) berechnet die Zeitdauer der Ansteckungslahigkeit 
eines syphilitisch intieirteii Individuums auf drei Jahre, nach dieser Zeit 
soll nach C., wenn eine genügende antisyphilitische Behandlung voraus¬ 
gegangen ist, die Gefahr der hereditären wie der allgemeinen Leber¬ 
tragung des syphilitischen Virus schwinden. 

Lassar (Berlin;. Das frühere Bestreben, bestimmte Gesetze und 
Regeln auch für solche Erscheinungen, die nicht genügend erforscht 
und geklärt waren, einzuführen, hat den Forschern in der allgemeinen 
Pathologin und speciell in der Syphilis grosse Schwierigkeiten auferlegt. Ge¬ 
rade bei Syphilis rächt sich die Uebertragung einzelner Erfahrungen auf die 
Allgemeinheit. Hier sind Conclusioncn und Suppositionen wohl weniger, 
als wo anders, am Tlatze. Man hat einen allgemeinen Fehler dadurch be¬ 
gangen, dass man hierbei die Contagiosität von der Infectiösität 
nicht scharf genug trennte. Mag dies vielleicht durch den Umstand 
zu erklären sein, dass wir uns, so zu ' sagen, gewöhnt haben, die 


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gehalten zu London vom 4.—8- August 1896. 


253 


beiden ebengenannten Erscheinungen mit einander zu identificiren. 
Bei verschiedenen anderen Krankheiten und besonders bei der Syphilis 
erfahren wir oft genug, dass die Contagiösität sich verliere, ohne eine 
Rückwirkung auf die Infeetiosität zu haben, die also demnach fortbesteht, 
während das Umgekehrte, dass ein krankhafter Zustand seine Contagiö¬ 
sität beibehält, dagegen seine Infeetiosität sich verliert, schwerlich beob¬ 
achtet wird. Und weiter, diejenige Erscheinung, welche darin besteht, 
dass von einer einzigen Papula unbegrenzt ausgedehnte Infiltrationen 
ausgehen, d. h. die sogenannte progressive Multiplieität oder Expansion 
der Krankeitsheerde könnte wohl kaum anders als durch die Wirkung 
der Infection zu Stande kommen. In vielen syphilitischen Krankheitsformen 
ist es beinahe unmöglich, wenn wir den ganzen Zusammenhang nicht 
verfolgten, zu entscheiden, in welchem Stadium der betreibende Patient 
sich befindet. Hg. bietet uns in seinen Effecten leider kein Unter¬ 
scheidungsmittel dafür. Dass die Infeetiosität gleich dauernd der Krank¬ 
heit selbst ist, scheint viel für sich zu haben, obwohl anderseits nicht 
geleugnet werden kann, dass mit der Dauer der Krankheit, die Gefahr 
der Contagiösität abnimmt. Dass die üebertragung von Syphilis in ihrem 
.späteren Stadium zu den grössten Seltenheiten gehört, ist über jeden 
Zweifel erhaben, dass sie aber doch vorkommt, scheinen die von L. 
bei dieser Gelegenheit vorgetragenen Fälle, wo eine syphilitische Ueber- 
tragung 10, 12, 15 resp. 16 Jahre nach der ersten Infection erfolgte, zu 
sprechen. Das Räthsel in Bezug auf die Frage der Ansteckungsfähigkeit 
der Syphilis ist noch keineswegs gelöst. Die Erfahrung lässt uns hier im 
Stiche, das Experiment sagt nur: „qtiod non“; die klinische Beobachtung 
gibt nur eine ganz unbestimmte Antwort, daher meint L. dass wir 
recht thun, wenn wir sagen: „Ignoramus“. 

H. Feulard (Paris) meint, dass man in der Dauer der Ansteckungs- 
fähigkeit der Syphilis einen individuellen Unterschied machen müsse. Kr 
würde einem syphilitisch inHcirten Patienten nicht vor Ablauf des vierten 
Jahres das Heiratlien anrathen, da die ersten vier Jahre durch das Wieder¬ 
auftreten und Wiederverschwinden von syphilitischen Manifestationen 
charakterisirt sind. Glücklicherweise selten, aber doch sicher kommen 
Fälle vor, in denen hereditäre Üebertragung selbst zehn Jahre nach der 
ersten specifischen Erscheinung beobachtet worden ist. Die lange Dauer 
der Syphilis hängt noch von anderen üblen Gewohnheiten (z. B. Rauchen) 
und anderen Umständen beim inficirten Individuum ab. Dass die Einlei¬ 
tung einer frühzeitigen Behandlung die Virulenz und die Dauer der An¬ 
steckungsfähigkeit des Syphilis-Virus wesentlich abkürze, möchte F. sehr 
bezweifeln. Er theilt im weiteren eine Reihe für ihn unzweifelhafter Fälle 
mit, in denen eine specifisch hereditäre Üebertragung 4, 6, 7, 10, 18, 
20 Jahre nach dem ersten Primär-Afiect zu verzeichnen war. 

Wickham (Paris) lässt die Dauer der Ansteckungsfähigkeit der 
Syphilis von ihrer Loealisatiou abhängen, z. B. scheinen diese Fälle von 
längerer Datier und somit von längerer Ansteckungsfähigkeit zu sein, 
wenn Mund-Ulcerationen sich entwickeln. 


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254 Bericht üb-r den o. internationalen dermatolog. Kongress, 

Tarnoviky (Petersburg) berichtet über 1000 hierhergehörige Fälle, 
Während der ersten fünf Jahre nach der specitischen Infection zeigten 
802 Patienten eondyloinatose Erscheinungen, nach dieser Periode, d. b. 
nachdem die ersten fünf Jahre verstrichen waren, fanden sich syphili¬ 
tische Zeichen bei 170 Kranken, nach zehn Jahren, von der Zeit der 
ersten Infection gerechnet, liess sicli bei 20 Kranken und nach 15 Jahren 
bei 5 Kranken typische syphilitische Symptome nachweisen. Daher stellt 
T. den Satz auf, 1. dass ein syph. Individuum während der ersten 
15 Jahre, von dem Auftreten der ersten Erscheinungen an gerechnet, die 
Krankheit übertragen könne. 2. So lange die secundären Erscheinungen 
dauern, so lange ist ein Patient der weiteren Verbreitung der Krankheit 
fähig. Blaschko (Berlin) hat in einem Falle erfahren, dass ein Ehegatte 
wohl 5'/. 2 Jahre nach der Primär-AfVeetion noch nachträglich seine 
Frau speeifiscb inticirte. Schwimmer (Budapest) zieht die Verabreichung 
grösserer llg-Dosen den längere Zeit fortgesetzten kleineren vor. DrySdale 
(London) hält sehr viel von der Jodkalium-Behandlung in tertiärem Sta¬ 
dium. Fitz Gibbon erwähnt einen Fall, der zeigen soll, wie unvorsichtig 
manche Aerzte mit dem Anrathen von Heiraten bei syphilitischen Personen 
Vorgehen. Baizar nennt die Behandlung mit Hg. dann eine günstige, wenn 
letzteres in den Harn übergeht. Jullien empfiehlt, die Einleitung der Hg. 
Behandlung, sobald die syphilit. Natur des Leidens iestgestellt worden ist. 
Sofiantini verabreicht nur ganz minimale Dosen. Petsrs^fl meint, 
dass nicht nur Kau eben allein, sondern noch andere Irritantien 
denselben Effect auf die Dauer der Syphilis haben können. 

F r e i t a g, 7. August. 4. Sitzung st a g. 

Veiel (Canstatt). Feber die Natur und die Beziehungen 
d e r Erythema e x s u <1 a t i v u m m u 11 i fo r in e - G r u pp e. 

Redner erklärt das Eryth. mult. Hebrae für eine selbständige, 
nicht contagiöse, vielleicht miasmatische Infectionskrankheit. Es tritt 
manchmal epidemisch auf, gehört aber nicht zu den bösartigen Coropli- 
cationen wie das Eryth. nodosum. Durch äussere Reize lässt sich das¬ 
selbe niclit hervorrufen; den von Kaposi erwähnten Fall, wo nach Ein¬ 
reibungen von grauer Salbe Eryth. mult. exsud. auftrat, vermag der 
Vortragende nicht dem Eryth. exsud. mult. Hebrae zuzurechnen. Ebenso 
wenig die Erytheme, welche Lewin nach Reizung von Urethralero¬ 
sionen beobachtet hat. Im Weiteren spricht sieh V. dahin aus, dass das 
Eryth. nodosum streng von Eryth. exsud. mult. Hebrae zu trennen ist. 
Es ist eine selbständige, zu schweren Complicationcu führende Infektions¬ 
krankheit, die besonders bei mit Tubereulose hereditär belasteten und 
bei körperlich heruntergekommenen Individuen auftritt. Ganz entschieden 
bestreitet V. den Zusammenhang von Eryth. exsud. mult. Hebrae mit 
Rheumatismus, während letzterer nach ihm bei Eryth. nodosum wirklich 
eine ätiologische Rolle zu spielen scheint. Indess nimmt V. an, dass das 
Eryth. nodosum und der Rheumatismus arthrieulorum acutus nicht iden- 


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gehalten zu London vom 4.—8. August 1806. 255 

tisch, sondern nur mit einander verwandt seien. Streng zu trennen 
seien noch ferner vom Eryth. exsud. mult. Hebrae jene Erythemformen, 
welche im Verlaufe verschiedener Infectionskrankbeiten — wie Cholera, 
Diphtherie, Typhus, Scharlach, Masern, Angina, Sepsis, Pyämie — auf- 
treten. Diese sind wohl alle embolischer Natur und Folgen des Reizens 
der Bakterien, oder ihrer Toxine. Emboiien ungiftiger Substanzen rufen 
keine Erytheme der Haut, sondern umschriebene weisse Flecken hervor, 
welche von einem schmalen, bläulichen, hämorrhagischen Rande um¬ 
geben sind. 

Dr. Stephen Mackenzie (London). Ueber die Erythema multi- 
forme-Gruppe. 

Der Vortrag Mackenzies enthält eine Analysis von 1(57 Fällen, 
die er am „London Hospital“ beobachtet hatte. Aus seinem Vortrag 
möchten wir zunächst hier hervorheben, dass die in Rede stehende 
Aftection viel häutiger das weibliche als das männliche Geschlecht befällt. 
Nach der von M. entworfenen Statistik kommen auf 4 weibliche 1 männ¬ 
liches Individuum, und beim Erythema nodosum ist das Verhältnis« des 
weiblichen zum männlichen Geschlecht 5 zu 1. Was das Alter an- 
b< langt, so befand sich die Majorität der Patienten zwischen dem 10. und 
80. Lebensjahre. Indess kommt die Krankheit bei Kindern unter zehn 
Jahren häufiger als bei Erwachsenen über 30 Jahren vor. Wenn je ein 
prädisponirendes Moment für die Erythema-Gruppen von Belang und 
Bedeutung ist, so wären es die verschiedenen rheumatischen Erkran¬ 
kungen; so gelang es M. in 2*2%> d. h. in 26 von 115 Erythema no- 
dosum-Kranken mit Sicherheit einen vorhergegangenen acuten oder sub¬ 
acuten Gelenksrheumatismus nachzuweisen. Bei anderen Gelegenheiten 
hatte M. 108 Fälle von Erythema nodosum beschrieben und dabei 
gezeigt, dass bei 17 von diesen Kranken ein ausgesprochener articu- 
lärer Rheumatismus vorhergegangen ist. Rechnen wir also die letzteren 
Fälle, in denen nach M. der Rheumatismus als ein prädisponirtes Moment 
vorhanden war, zu den ersteren hinzu, so ergibt sich, dass in 43 von 
233 Erythemata nodosum-Fällen eine rheumatische Aftection vorlag, d. h. 
mit anderen Worten in 19%. Natürlich führt M. noch andere Fälle 
an, in denen vorhergegangene rheumatische Erkrankung angenommen 
werden könnte, aber nicht mit der in den vorhergehenden Fällen erwähnten 
Sicherheit. Als andere prädisponirende Momente nennt M. noch : 
1. Aftectionen des Herzens — in 9 Fällen; 2- Gicht — in 2 Fällen; 3. Tu¬ 
berculosis — in 2 Fällen; 4. Epilepsie — in 2 Fällen; 5. Hysterie — 

1 Fall; 6. Melancholie — 1 hall; 7. uterine Erkrankungen — in 3 Fällen. 
8. Kopfschmerz — 1 Fall; 9. acute Nephritis — 1 Fall und 10. in 
einem Fall Hess sich der Ausbruch der Krankheit auf Unbilde des Wetters 
zurückführen. Beim Erythema multiforme scheint der Rheumatismus nicht 
eine so grosse prädisponirende Rolle, wie beim Erythema nodosum zu 
spielen. Wiewohl Erythema fugax congestiver und nicht entzündlicher 
Natur ist, so würde es M. doch zu der Gruppe der Erythemata rechnen aus 
dem Grunde, dass bei ihm, wie bei den anderen Erythema-Formen eine 


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256 Bericht über den 3. internationalen dermatolog. Congress, 

rheumatische Erkrankung vorherzugehen pflegt. Die Frequenz des 
Vorkommens von Rheumatismus bei Erythema multiforme würde der Vor¬ 
tragende auf 50% berechnen. Dass die verschiedenen Erythema-Erkran¬ 
kungen gleich Rheumatismus mit besonderer Vorliebe das weibliche Ge¬ 
schlecht befallen und häutiger in der ersten Hälfte des Lebens Vorkommen, 
dürfe viel für den ätiologischen Zusammenhang beider Aflectionen sprechen. 
Die pathologisch-anatomischen Forschungen auf dem Gebiete der Ery- 
themata-Gruppe Hessen sich auf den Rheumatismus bis zu einem grossen 
Grade übertragen, dessen Pathogenese bis jetzt noch nicht klargelegt 
worden ist. Hier wie bei Rheumatismus würden wir die „materia morbi“ 
in Form eines toxischen Agens im Blute zu suchen haben. Wie sich 
Mackenzies Fälle mit Bezug auf das Alter vertheilen, geht am besten 
aus der folgenden Statistik hervor: 


Fä'le von Erythema. 









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Eryth. nodosum . . 

. M. 

4 

11 

1 

0 

i 

0 

17i 


W. 







J115 


13 

33 

29 

9 

10 

4 

98/ 

Eryth. marginatum . 

. M. 

1 

2 

0 

0 

0 

0 

3* 


W. 

0 

3 

0 

0 

0 

0 

Eryth. papulaium . 

. M. 

W. 

0 

0 

1 0 

1 1 1 

1 

0 

1 

! 1 

i 

0 

0 

0 

1 

2 i 

J 6 j 

Eryth. tuberculatum 

. M. 

0 

1 3 1 

0 

0 

0 

0 

3 i 3 : 


W. 

0 

1 ° ! 

0 

0 

0 

0 

oj 

Eryth. multiforme , 

. M. 

W. 

2 

2 

3 

1 5 

3 

8 

2 

3 

0 ' 

1 

1 1 

2 

2 

1 2 1 1 
2 ,} 33 ; 

Eryth. fugax . . . 

. M. 

0 

0 

2 

0 

0 j 

0 

2 1 J 


W. 

0 

0 

* 1 

1 

1 ! 

0 

3| 6 , 


Total 


22 01 


45 


17 


13 


107 


G. Boeck (Christiania) tritt den Anschauungen von Stephen Macken¬ 
zie vollständig bei und möchte noch einen Schritt weiter gehen und 
die Purpura rheumatica in die Erythema-Gruppe einreichen. Für ihn 
sind Rheumatismus articulorum acutus, Eryth. inult., Eryth. nodosum, Herpes 
iris, Purpura rheumatica eine und dieselbe Krankheit; d^r Unterschied 
zwischen denselben besteht nur in der Verschiedenheit der Localisation 


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gehalten zu London vom 4.—8. August 1896. 


257 


der Affection und des Grades der Erkrankung. Die ätiologischen Momente, 
soweit sie bis jetzt bekannt sind, sind bei den ebengenannten Affectionen 
dieselben und auch die Therapie, wenn sie von Erfolg begleitet sein soll, 
muss bei denselben die gleiche sein. In allen ebengenannten Affectionen 
wandte B. früher mit einem gewissen Erfolge das salicylsäure Natrium 
an, jetzt und namentlich in schweren acuten Fällen, ging der Redner 
zur Verabreichung von Antifibrin über, dessen energischere Wirkung 
als die des salicylsauren Natrium in den ebengenannten Erkrankungen 
er hervorhebt. Aber auch in den Fällen von Eryth. mult., wo kein 
Fieber besteht, ist die Wirkung des Antifibrins sehr schnell und auffallend. 
Dies beziehe sich, wie ausdrücklich von B. betont wird, auf die „ordinären 
Fälle“ dieser Affection. Zum Schlüsse seiner interessanten Ausführungen 
meint noch B: „Es ist meine Ueberzeugung, dass die Auflassung dieser 
Affectionen als ein rheumatisches Leiden zum grossen Vortheil für unsere 
Patienten gereichen wird.“ 

Prof. Janowski (Prag) meint, dass der Typus des Eryth. mult. 
Hebrae aufrecht erhalten und scharf von den übrigen Gruppen, besonders 
von Eryth. nodosum und Eryth. grave getrennt werden muss. Mit Eryth. 
nodosum können Cornbinationen Vorkommen: der Typus Eryth. grave 
(Lewin) gehört nicht zum Eryth. mult. Es handelt sich dabei, wie J. 
durch bakteriologische Untersuchungen bewiesen hat, um eine Strepto- 
coccen-Invasion. Bei der Obduction konnten an Purpura Flecken, die 
während des Erythems entstanden waren, Streptococcen Embolien in den 
Capillaren nachgewiesen werden. 

Öabouraud (Paris). Uebcr den Ursprung der Alopecie. (Sur 
l’origine de la Pelade.) 

In diesem Vortrage gibt S. die Resultate der Forschungen von 
300 hierhergehörigen Patienten. Dieselbe lassen sich kurz wie folgt 
zusammenfassen. 

I. Im Anfangsstadium der Krankheit lassen sich Mikroben — ein 
schmaler Bacillus */ 3 n breit und l / 2 —1 « lang — nach weisen. 

II. Wenn dieses Anfangsstadium vorüber ist, so lässt er sich nirgends, 
weder in der Haut noch in den Follikeln ctc. finden. 

Natali Amici (Rom). Aus Amici’s Vortrag. „Sopra un methodo 
speciale di cura locale delP Erisipela“ möchten wir Folgendes hervor- 
heben. Bei dem Erysipel der Extremitäten finden sich bisweilen 
Zeichen einer latenten Infeetion, bestehend in Oedem und Schmerz auf 
digitalen Druck, hei ziemlicher Entfernung von dem eigentlichen Er¬ 
krankungsherde. Dieses Bild der latenten Infeetion lässt sich in zwei 
bis drei Tagen wegbringen, w r enn Sublimat und Oel im Verhältniss von 
1 : 100 zweistündlich zur Application gelangt. Auf Grund klinischer Er¬ 
fahrung behauptet A., dass Carbulsäure und Sublimat keineswegs durch 
das Hinzufügen von Oel ihre antiseptische Eigenschaften verlieren. 

Perrin (Marseilles). Traitement Surgical des Leucokeratoses buccales. 
Bei 7 hierhergehörigen Patienten wandte P. mit grossem Erfolg den 
Galvano- resp. Thermo-Cauter an. Die Heiluug blieb permanent. Zur 
Archir f. Dermutol. u . Syphil. Band XXXVII. 17 


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25S Bericht über den 3. internationalen dermatolog. Congress, 


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Ausführung dieser einfachen Methode genügt eine locale Anästhesie. 
Heilung soll nach 3 bis 4 Wochen erfolgen. 

6. Giarrochi (Rom) berichtet über eine Beobachtung von 550 Alo- 
pecie-Fällen. Er weist zunächst auf die Thatsache, dass die Erkrankung 
in Rom von Jahr zu Jahr zunehme und proeentuarisch gerechnet, etwas 
um 5*23 alle anderen Hauterkrankungen übertrifft, hin. Die Krankheit hält G. 
für nicht contagiös, da er bis jetzt noch nicht eine epidemische Ausbreitung 
beobachtet hatte. In dem Entstehen der sogenannten Alopecie-Flccken 
scheint ein bestimmtes Gesetz zu walten, das sich in dem symmetrischen 
Auftreten derselben und in der Vorliebe bestimmter Körperregionen — 
Nacken, Hinterkopf, temperale Gegend und die Wangen — zu befallen, 
sich äussert. Was den anatomischen Sitz dieser Alopecieläsionen anbe¬ 
langt, so meint G., dass sie hauptsächlich in den Gegenden Vorkommen, 
die vom Nervus trigeminus versorgt werden. G. hebt noch die interes¬ 
sante Beschreibung von A. C. Celsus in dem Abschnitte „De Areis“ über 
diesen Gegenstand hervor. 

Petrini de Galatz. Une non veile variete d’Acne. (Acne rubra 
Seborrhoica). 

Bei zwei weiblichen Patienten im Alter von 30 resp. 35 Jahren 
beobachtete P. d. G. folgendes Bild. Bei der einen Patientin trat im 
Alter von 15 Jahren im Gesicht ein papulöser Ausschlag, der jeden 
Sommer verschwand, um im Winter wieder zu erscheinen. Ohne we¬ 
sentliche Aenderung hielt der ebengeschilderte Zustand 15 Jahre an, und 
erst im Winter dieses Jahres (1830) bedeckten sieh diese papulösen Ef- 
florescenzen mit starken Schuppen. 

Bei der zweiten Patientin trat das gleiche Bild etwa zwei Jahre 
zurück auf (1804), nur sind bei derselben die Schuppen reichlicher, etwa 
das ganze Gesicht einnehmend, dabei sind die Uppen geschwollen, ver¬ 
dickt und weisen einen desquamativen Process auf. Neben diesem papulösen 
Ausschlag bestehen noch kleine, von einem engen Saum umgebene 
Bläschen. Das ganze Bild würde zunächst an Lupus Eryth. oder ein 
trockenes, squamösos Ekzem denken lassen. Der weitere Verlauf jedoch 
zeigte, dass es sich um eine Acne-Form handelt, die bis jetzt noch 
nicht genügend studirt worden ist. Ichthyol in Form von Salben oder 
Kapseln wurde verabreicht, ebenso Schwefel-Pulver, und in beiden Fällen 
trat der gewünschte Erfolg ein. 

P. G. Unna (Hamburg) trägt über Paraplaste, eine neue Form me- 
dicamentöser Pflaster, das unter LTs. Anweisung von der Firma P. Beiers¬ 
dorf & Co. hergestellt ist, vor. 

Freitag, 7. August. 4. Verband lun gstag. 

Section für Syphilis. 

Discussion über maligne Syphilis (Syphilis maligna). 

A. Haslund (Kopenhagen). Die Sypli. mal. gehört dem secunduren 
und nicht dem tertiären Stadium an. Der Ausdruck „Svph. mal.“ ist 


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gehalten zu London vom 4.—8. August 18 !M>. 25!) 

nicht glücklich, weil man gewöhnlich in der Medicin unter Malignität 
ganz andere Bedingungen und Erscheinungen versteht. Die Behandlung 
muss eine rein individuelle sein und sich nach der jeweiligen Schwere 
der Symptome und der Berücksichtigung des ganzen Krankheitsbildes 
richten. Die AtVection ist im (ranzen selten; auf 8<>91 syph. Kranke, 
die während der letzten 14 Jahre in dem Kopenhagener Municipal-Hospital 
behandelt worden sind, kamen 39 S. m. Fälle vor. Die Prognose ist 
relativ gut. 

Prof. Tanovsky (Petersburg) hält eine Miscli-Infeetion — Stapln 
pyog. aureus und albus, bisweilen auch unter Mitwirkung einer besonderen 
Form von Bacillen — als Grundbedingung für das Zustandekommen der 
Syph. mal. Demnach sind die Haut-Eruptionen dieser AtVection pye- 
syphilitischer Natur. Zu den pyo-syphilitisehen Formen zählt eben T. 
Ecthyma profund um rupiaelbrme, impetigo profünda, rodens, rupia, Syphi- 
lide-pustulo-crustacee etc. Diese eben beschriebenen Charaktere der S. m. 
treten zu gleicher Zeit mit den anderen secundären Symptomen der S. 
auf. Dabei besteht zugleich als besonderes Characteristicum der Misch- 
infection eine purulente Entzündung der in der Gegend der Initial-Sclerose 
gelegenen Drüsen. Freilich hängt noch der weitere Grad der Malignität 
der Syphil. von der Ausdehnung und Multiplicität der Erscheinungen ab. 
Sehr selten in dem tertiären, meistens im secundären Stadium wird die 
S. m. beobachtet. 

Prof. Neisser (Breslau) versteht unter Syph. maligna eine qualitativ 
eigenartige Form bösartiger Syphilis, während er mit Syph. gravis jede 
durch die Localisation der Syph. in lebenswichtigen Organen oder durch 
etwaige Complicationen mit anderen Dyserasien und Krankheiten gefahr¬ 
bringende, eventuell todtlicho syphilitische Erkrankung bezeichnet. Die 
Bezeichnung „Syphilis anomale grave u bedeutet die Verschiebung der 
ulcerösen Formen in die Friihperinde. Die S. m., die jetzt eine seltene 
Krankheitsform ist, ist charakterisirt: durch ihre hochgradigen, von der 
Intoxication herstammendeu Allgenieinerscheinungen; dahin gehören: 
Fieber, Anämie, Cachexie, Abmagerung, Schlaflosigkeit, Kopf-, Gelenk-, 
Muskel-Schmerzen, und was allerdings selten der Fall ist, epilepti- 
forrae Anfälle, Coma, vorübergehende Bewegungs- und Coordinations- 
Störungen; durch ihr frühes Auftreten, nämlich 8 bis 0 Monate nach 
der Infection; durch ihre Neigung zu Rccidiven; durch ihre zahlreiche, 
unregelmässige, gross-pustulöse Form und Ulcerationen (Rupia- oder 
Ecthyma-Formen). 

Die hämorrhagischen Formen gehören an sieh nicht zum Bilde der 
Malignität; sie können aber die letzteren compliciren und so als ein 
Symptom derselben auftreten. In demselben Sinne ist auch Scorbut aufzu¬ 
fassen, wenn er zu einer bereits vorhandenen Syph. sich hinzugesellt* 
Die Syph. mal. ist sowohl durch ihre Multiplicität und reichliche Ver¬ 
theihing der Eruption, wie durch die Zeit ihres Auftretens als 
eine Frühform aufzufassen. Von den maculösen und papulösen Frühformen 

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260 Bericht über den o. internationalen dcnuatolog. Congress, 


unterscheidet sie sich wesentlich durch den Zerfall des Ulcerationsvor- 
ganges. 

Von der tertiär-gummösen Form, mit der sie hinsichtlich ihrer 
ulcerativcn Vorgänge Aehnlichkeit hat, unterscheidet sie sich: durch die 
ungemein schnelle Fntwicklung des Ulcerations-Processes; Abwesenheit 
eines serpiginösen Charakters; durch den Mangel der vielen Spätformen; 
durch die ganz unregelmässige Wirkung der Jodsalze auf diesen Process. 

Gegen die Auffassung der S. m. als einer tertiären form sprechen 
die folgenden Punkte: 

1. Das gleichzeitige Bestehen von Eruptionen, die den Frühformen 
angehören, neben ltupia und Ecthyema der Haut. 

2. Die Tliatsaehe, dass den ulcerösen Eruptionen bisweilen typische, 
inaculöse und papulöse Ausschläge nachfolgeu können. 

N. bezeichnet den Ausdruck „gallopirende Syphilis“ und „Syphilis 
maligne preeoce“ als unpasseud. Auch bekämpft N. die Neigung mancher 
Sypliilidologen, alle visceralen Formen der Syphilis als tertiäre Erschei¬ 
nungen hinzustellen. Das hat zur Folge, dass die Quecksilber-Behand¬ 
lung vernachlässigt wird, dass das nur für das tertiäre Stadium 
bestimmte Jodkalium allein zur Anwendung gelangt, wodurch bei der 
visceralen, wie cerebralen Syphilis — da sie seeundären Ursprunges 
sind — das Krankheitsbild verschleppt wird. Die S. m. wiederum 

kann sowohl ac<juirirt, wie hereditär sein. Speciell kann man die 

bei schwerer hereditärer Syph. vorhandenen Erscheinung»- und Ver- 
tdleruugs-Processe der malignen Form zurechnen. Bei der Fntwicklung 
des ulcerösen Gewebszerfalles i-t Misch-Infection (Stapliylococcen) vor¬ 
handen. Sie ist aber nicht nach N. die Ursache, sondern viel mehr eine 
Uomplieation des Ulcerations-Processes. Die Hypothese, wonach eine reich¬ 
liche Quantität von Syphilis-Virus die Ursache der Malignität sei, hat 
gar keine Unterlage. Auf die Frage übergehend, warum seit den letzten 
400 Jahren die S. m. immer seltener sich zeigt, meint N., dass dies zur 

Zeit nicht, mit Bestimmtheit beantwortet werden könne. Es lässt sich 

wohl denken, dass die Resistenz gegen das Virus im Allgemeinen grösser 
und zugleich die Bösartigkeit des Virus abgenommen habe. Auch N. 
bestätigt die Erfahrung, dass Quecksilber von Kranken mit Syph. mal. 
häufig schlecht oder gar nicht vertragen werde. Er hält es nicht für 
nothwendig. die Quecksilber Therapie bei dieser Form ganz zu streichen, 
sondern empfiehlt im Anfang der Behandlung mit Hg. mit grosser 
Vorsicht zu verwenden und verwirft die sogenannten Ibrcirlcn Curen. Der 
Priinäratfect. in Bezug auf seinen Sitz, Verlauf und sonstige Beschaffen¬ 
heit hat mit der Entstehung der S. in. nichts zu tlnin. Die Prognose, 
meint N. gleich Hast und, ist im Allgemeinen gut. 

Magnus Möller nimmt in der Syph. mal. eine secimdfire Mischinlection 
an. Er belichtet über seine hierher gehörigen Untersuchungen in folgender 
Weise: Iimciilation. mikroskopische Unfermclmng. ('ulturvcroiche mit 
dem Inhalte von jungen zwei bis drei Tage alten Pusteln erwiesen sie 


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gehalten zu London vom L—8. August 1800. 261 

als bakterienfrei; wurde dagegen der Inhalt von älteren Efflorescenzcn, 
in denen bereits nekrotische Zerstörungen deutlich waren, untersucht, so 
Hessen sich darin eonstaut Stapkylococcen und Streptococcen nachweisen. 
Daher stellt M. den folgenden Satz auf: Das syphilitische Virus selbst 
ruft die pustulösen Eftiorescenzen hervor, später, secundär, kommt auch 
eine Mischinfection hinzu. 

Brandfe nimmt ebenfalls auf Grund seiner hierhergehörigen Er¬ 
fahrungen eine Misch-Infection an. 

Güfltz (Dresden). Syph. mal., meint G., heilt meistentheils und 
fügt noch hinzu, dass wir nicht im Stande sind, eine allgemeine, patho¬ 
logische, anatomische Definition zu geben, weil wir unter S. m. solche 
Störungen verstehen, welchen ganz verschiedene Ursachen — z. B. 
Tuberculose, Diabetes, Carcinom, Diathesis, Intermittens, Rheumatismus, 
Einfluss der Tropen, Anämie (perniciosa und simplex) etc. etc. etc. — zu 
Grunde liegen. Mit Rücksicht darauf, meint noch G., dass die Behandlung 
nicht iu allen Fällen dieselbe sein kann. Deshalb solle in Fällen schwerer 
syphilitischer Formen, in denen das Quecksilber erfahruugsgemäss nicht 
angewendet werden darf, ein anderes Mittel, z. B. das Kalium Jodatum, 
in Anwendung gezogen werden. 

Fitz Gibbon (Dublin) versteht unter „Malignant Syphilis“ eine 
Krankheitsform, die sich von der gewöhnlichen dadurch abhebt, dass 
noch septische Processe zu ihr hinzutreten. Inoculation mit dem Inhalte 
eines gangränösen, phagedänischen oder eiternden Chancres würde die 
septische Form dieser Krankheit zustande bringen, während die Ueber- 
impfung von gewöhnlichem Virus nur die milde Form hervorbringen wird. 

Arning (Hamburg) meint, es sei auffallend, dass die alte Lehre von 
der schlechten Wirkung des Mercurs in den Anfangsstadien der Syph. 
mal. gelegentlich dieser Discussion Angriffe erfahren hat. A. hatte im 
vorigen Jahre Gelegenheit gehabt, sich zu überzeugen, dass das Queck¬ 
silber in manchen Fällen, local und allgemein, gradezu schädlich wirken 
kann. In einem Falle, einen 35jährigen Mann betreffend, der mit einem 
phagedänischen Ulcus in A’s. Behandlung kam und bald darauf zahlreiche 
andere phagedänisebe Ulcerationen an anderen Körperstellen zeigte, 
war die Verabreichung von Quecksilber von Fieber begleitet, und erst 
nach % Jahren konnte der Patient Quecksilber vertragen. Zur Reinigung 
der Geschwüre erwies sich in diesen Fällen eine 10% Lösung von Wasser¬ 
stoff-Superoxyd am zweckmässigsten. 

Prof. Schwimmer (Budapest) spricht, sich auf Grund seiner Erfahr¬ 
ungen dahinaus, dass das Quecksilber bei Syph. mal. den Krankheitszustand 
entschieden erschwere. Die Berücksichtigung der Verhältnisse des ge- 
8ammten Organismus ist bei der Syph. mal. eine Haupt-Indication, daher 
wendet S. Chinin und Eisen an und empfiehlt zu weiteren Versuchen die 
organische Therapie, lieber die Prognose lässt sich kein einheitlichs Gesetz 
aufstellcn. 


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*262 Bericht über (len 3. internationalen dermatolog. Congress, 

Drysdale (London). In unserer Zeit kommt Syph. mal. selten vor, 
vielleicht Einer auf 200 Fälle. Bei Syph. mal. und speciell in ihren 
confluirenden Formen ist der krankhafte Verlauf an keine Gesetze und 
Perioden gebunden. Wann die S. m. zum Ausbruch gelangt, lässt sich 
nicht mit Sicherheit festsetzen. Es sind Fälle bekannt, wo sie bereits wenige 
Monate nach Erscheinen des PrirnäralTeetes sich zeigte; es bildet sich dann 
ein ausserordentlich schweres Krankheitsbild aus, auf das selbst die sorg¬ 
fältigste Behandlung keinen Einfluss erlangt. Zu den anderen Symptomen, 
die die S. ra. begleiten, rechnet D. Albuminurie und ausgedehnte Ulcc- 
rationen, die, wie er an seinem hier mitgetheilten Patienten (bei einem 
Falle mit Prof. Bo eck aus Christiania beobachtet ) deiuonstrirt, die ganze 
Hautfläche des Körpers einnahmen. In S. m., meint I)., ist die An¬ 
wendung von Mereur conlraindicirt, dagegen ist Jod-Kalium in grösseren 
Losen am Platze. 

Loewenhardt theilt mit, dass er mehrere Fälle von acuter ulcera- 
tiver Syphilis beobachtete, bei welchen die Prognose schlecht zu sein 
schien, doch gingen die schworen Erscheinungen auf Anwendung einer 
Salbe von Hg oxyd. flav. in Heilung über. 

Feulard (Paris) schreibt den Serum-Injcctiouen eine toxische 
Wirkung zu und hält für das Zustandekommen des Krankheitsbildes 
•.Syph. mal.“ eine Mischinfection für nothwendig. 

Alldry (Toulouse). Gleich Feulard billigt A. die von Prof. 
Schwimmer empfohlene Behandlungsmethode der S. m. 

Jullien (Paris). Note sur lhilceration blennorrhagique. Aus dem 
interessanten Vortrage Jullien’s möchten wir hervorhoben, dass die 
mikroskopische Untersuchung des Inhaltes dieser Aflection die Anwesen¬ 
heit- von zahlreichen Mikrococeen, Staphvlocoeceu und in manchen Fällen 
von Gonococccn ergeben hat. 

Prof. Janovski (Prag bemerkt in der LLeussion zu diesem Vor¬ 
trage Folgendes: Bei Männern findet man ebenso Ulcerationen: 1. bei 
peri-löllieulären Infiltrationen, 2. nach lang torfgesetztem Gebrauch von 
starken Argentmn-Xitricum-Lösungen; manchmal bei Frethr. granulosa 
circumscripta bei Weibern. 

Freitag 7. August, Nachmittagssitzung (im grossen Auditorium). 

Lassar (Berlin) demonstrirt eine elektrische Lampe zur Beleuchtung 
der Vaginalspecula. An derselben ist noch eine weitere Vorriehtimg an¬ 
gebracht, die zur Vergrößerung dient. Prof. Lassar zeigt noch u. A. 
eine Reihe Leprafälle, ferner Abbildungen von Psoriasis, Lues etc. etc. 
vor, die in Bezug auf Naturtreue in Wiedergabe der Farben nichts zu 
wünschen übrig lassen. 

Justus (Budapest). U eher Blut v e r ä n d e r u n g dar c h S y- 
p h i 1 i s. Unbehandelte Syph. vermindert den Hümogl.-Gehalt des 
Blutes. Wird ein syphilitischer Patient einer Cur unterworfen, so sinkt 


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gehalten zu London vom 4.—S. August 1896. 


263 


bei der ersten Einreibung oder bei der ersten intramusculären oder 
intravenösen Injection der Häraogl.-Gehalt des Blutes ganz bedeutend, 
um bei fortgesetzter Behandlung allraälig wieder in die Höhe zu gehen. 
Der charakteristische Abfall bei Beginn der Hg.-Cur ist bei allen For¬ 
men (secundär, tertiär) der Syphilis zu beobachten, nur bei Primär-Affec- 
tionen, die noch keine Schwellung der Drüsen nach sich zogen, wurde 
er vermisst. Bei Gesunden oder anderweitigen Kranken bewirkt Hg. 
kein Sinken des Hämoglobin-Gehaltes. Dieser Umstand, meint J., könnte 
diagnostisch verwerthet werden. 

Feibes (Aachen). Zur Diagnose der extragenitalen S y- 
philis-Infection. F. gibt eine Statistik von 45 Fällen, an der Hand 
deren er die folgenden Punkte zu illustriren sucht. Die Prognose dieser 
Form ist nicht schlechter, wie die der genitalen Syphilis. Das Gleiche 
gilt von dem Vorkommen tertiärer Erscheinungen und Recidive, die 
nicht häufiger sind, wie bei der genitalen Infcction. 

Loewenhardt spricht sich ebenfalls dahin aus, dass die Prognose 
bei der extra-genitalen, wie genitalen Syphilis die gleiche ist. Auffallend 
ist allerdings die kolossale Drüsen-Induration. 

Drysdale beobachtete mehrere Fälle extra-genitaler Syphilis. Der 
Verlauf und die weiteren Symptome derselben scheinen wenig Abwei¬ 
chungen von der genitalen Syphilis zu zeigen. 

Grünfeldt (Wien). In Bezug auf die extra-genitalen Fälle von Syph.- 
Infection ist das Auftreten intensiver Erscheinungen gewiss zu bestätigen. 
Solche werden an verschiedenen Körperstellen beobachtet. G. erwähnt 
einen Fall von Sclerose der Tonsilen, in dem nicht nur die localen Be¬ 
schwerden gross waren, sondern auch heftiger einseitiger Kopfschmerz 
bedeutender als in gewöhnlichen Syphilis-Fällen zugegen war. 

Bertarelli (Mailand), Soffian ti (Pavia), Bai z er (Paris) stellen die 
extra-genitale Infcction mit Bezug auf Prognose und Schwere der Er¬ 
scheinungen der genitalen gleich. Der letztere Redner (Balzer) verweist 
auf die von Fournier in la „Medecine Moderne* 1895 veröffentlichte 
Statistik extra-genitaler Infcction. Er st*lher allerdings beobachtete, dass 
in zwei Fällen von Lippen-Chanere das Bild der sogenannten Syph. mal. 
sich entwickelte. 

Samstag, 8. August. 5. Sitzungstag. 

A. Blasctlko (Berlin). F eher Lepra in Deutschland. 

Von Livland und Curland wurde die Lepra durch Menschen verkehr 
in Preussen eingeschleppt. Speciell ist der Kreis Memel von dieser 
Seuche heimgesucht worden, die daselbst seit 15 oder 20 Jahren anhält. 
Die Ausbreitungsweise der Lepra spricht für ihren contagiösen Charakter 
und gegen die Annahme einer autoclithonen Entstehung. Kur Isolation 
allein, meint B., vermag die weitere Ausdehnung der Lepra in Deutsch¬ 
land zurückzuhalten resp. zu verhindern. Dass die Krankheit im Ganzen nicht 
so rapiden Fortschritt nehme, hängt erstlich von der |lmmunität der 
meisten Menschen gegen die Lepra-Erkrankung und von der biologischen 


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20 Ir Bericht, über den 3. internationalen dermatolog. Congress, 


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Natur der Bacillen — sie verlassen nur selten den inficirten Organismus 
— ab. Die Leprabacillen befinden sich nach B. innerhalb der Zellen. 
Die Syringomyelie und die sogenannte Lepra anaesthetica sind in 
ätiologischer wie pathologischer Beziehung zwei grundveischiedene 
Krankheiten; bei der ersteren ist immer und primär das Rückenmark 
ergriffen, bei der letzteren selten und dann auch nur secundär. 

v. Petersen (St. Petersburg). Die Verbreitung der Lepra in 
R u s sl and. 

P. befürwortet energisch die Isolirung der Lepra-Kranken, wa9 
nur durch Einrichtung von Asylen oder Stiftung von Colonien zu erreichen 
ist. Derartige Einrichtungen, nämlich 5 Asyle und 2 Colonien bestehen 
bereits in Russland und man ist nun dabei, ihre Zahl zu vermehren. Die 
Zahl der zu errichtenden Asyle, resp. Colonien würde sich natürlich 
nach der Zahl der vorhandenen Lepra-Fälle richten, und um letztere zu 
eruircn, hat die kaiserliche russische Negierung im Juli 1S95 durch Er¬ 
lass eingeführt, dass jeder Lepra-Fall polizeilich angemeldet werden soll. 
Diese Vornahme ergab nach einem Jahre — Juli 1S9G — die Zahl von 
wirklichen Lepra-Kranken in der Höhe von 894 und den grössten Procent¬ 
satz, 63*3°/o, bildete darunter die sogenannte Lepra nodosa. 

Was das Alter der Leprösen betrifft, so befanden sich unter 5 Jahren 
3%, von da bis zu 20 Jahren 14'42%, über 50 Jahre 28*2% und über 
70 Jahre PI 0 /,,. In 18 Fällen wurde die Lepra von einem Gatten auf den 
anderen übertragen. Dies meint P., spricht, doch gewiss für den conta- 
giösen Charakter der Lepra. In allen Ländern sollte die Anmeldepflicht 
und das Asyl- resp. Colonie-System eingeführt werden. 

Neisser (Breslau) vertritt mit aller Energie die Auffassung, dass 
die Lepra contagiös sei. Die Bacillen sind zweifellos die einzige Ur¬ 
sache der Erkrankung. Dieselbe kann nur entstehen, wenn die Bacillen 
auf irgend eine Weise in den Organismus eindringen. Daraus folgt noch 
nicht, dass jeder Lepröse seine Umgebung anstecken muss, weil Disposi¬ 
tion und andere Momente zugegen sein müssen. Die Verbreitung der 
Bacillen gebt von den Krankheitsherden der Haut, Mund und Nasenhöhle 
aus. Die chirurgische Behandlung Ca mp an a hält N. für überflüssig. Es 
genügen verschiedene antiseptische Maassnahmen, um die oberflächliche 
Leprose zu beseitigen, resp. geschlossen zu erhalten. 

Campana (Rom). Lepra; Vorschläge zur Verminderung der Ausbrei¬ 
tung dieser Krankheit. C. weist zunächst auf die Nothwendigkeit einer 
internationalen Verständigung in Bezug auf die Behandlung der Lepra 
hin. Die locale Behandlung der Lepra kommt namentlich in ihren ersten 
Stadien in Betracht. Sie sei eine radikale, chirurgische, verbunden mit 
nachfolgender Cauterisation. Im Verlaufe der Lepra können sich hohes 
Fieber und andere schwere Erscheinungen geltend machen; dies ist der 
Ausdruck eines septischen Processes, der, durch den Ulcerationsprocess 
bedingt, das Krankheitsbild complicirt und die allgemein übliche Be¬ 
handlung erfordert. 


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gehalten zu London vom 4.—8. August 1890. 


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Feibes (Aachen). Ueber eine längere Zeit hindurch fortgesetzte 
Mercur-Bebandlung. 

Idiosyncrasie gegen Mercur kommt allerdings vor; ist aber ira 
Ganzen genommen ausserordentlich selten. Dasselbe gilt von der soge¬ 
nannten mercuriellen Polyneuritis. Welches sind die Grundbedingungen, 
um für längere Zeit eine Mercur-Bebandlung fortsetzen zu dürfen? 
Lungen und Nieren müssen sich in einem normalen Zustande befinden, 
es ist ferner rathsam, das Körper-Gewicht des Patienten, etwa zweimal 
wöchentlich, zu controliren. Gewichtsverlust würde eine Contraindication 
gegen die Fortsetzung der Behandlung abgeben. Blutuntersuchungen 
müssen von Zeit zu Zeit ausgeführt werden. Eine Alteration der Blut- 
bestandtheile würde die weitere Mercur-Behandlung contraindiciren. 
Auch bei den syphilitischen Augen-Affectionen hat sich die lange 
Zeit fortgesetzte Mercur-Behandlungen vortheilhaft erwiesen (Alexander). 
Von Gehirn-Affectionen würden Meningitis und Meningo-Encephalitis — 
F. hat einen hierhergehörigen Fall durch 3 Monate fortgesetzte Mercur- 
Verabreichung erfolgreich behandelt — für diese Behandlung in Betracht 
kommen. Auch für die sogenannte Erb’sche syphilitische Spinal-Paralysis 
empfiehlt sich diese Behandlungs-Methode. Mercur-Einreibungen eignen 
sich am besten für diese Medication. 


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Verhandlungen der 68. Versammlung deutscher Natur¬ 
forscher und Aerzte in Frankfurt a/M. 1896. 


I. Section für Dermatologie und Syphilis. 

Referent: Meissner. 

4 

Sitzung vom 21. September 1896. 

I. Berliner (Aachen): Morbus Basedowii und totale Alo- 
p e c i e. 

In den letzten Jahren hat sich das Bestreben gezeigt, den neuro¬ 
tischen Charakter der Alopecia areata zu leugnen. Vortragender giebt 
in kurzen Zügen eine Uebersicht über die Argumente, welche in den letzten 
Jahren zu Gunsten einer parasitäten Theorie angeführt worden sind. Die 
Argumente sind jedoch nicht in allen Fällen stichhältig zumal dann wenn 
die Alopecia areata in Verbindung mit ausgesprochen nervösen Krank¬ 
heiten auftrat. Kein einziger Fall von totaler Alopecie, welcher in den 
letzten Jahren publiciert worden ist, lässt das nervöse Moment vermissen. 
Vortragender beschreibt 2 Fälle von denen der zweite wegen der Com- 
bination der Alopecie mit Basedowischer Krankheit auch deshalb grosses 
Interesse erheischt, weil er zu den sehr wenigen Fällen gehört die mit 
Heilung des Morbus Basedowii einen günstigen Abschluss gefunden haben. 
Die totale Kahlheit ist jedoch bestehen geblieben. Zum Schluss erwähnt 
Vortragender den in der Literatur beschriebenen Uebergang von Base¬ 
dowischer Krankheit in Myxoedem. 

D i 8 c u s s i o n. 

Rille (Wien): In den letzten Jahren sind Fälle publicirt worden, 
wo Sclerodermien und morbus Basedowii gleichzeitig an demselben Indi¬ 
viduum gesehen wurden, so von Singer und Grünfeld (Wien). Ein 
von mir beobachteter Fall zeigte Sclerodermie und daneben eine fast gc- 
neralisirte Alopecie. Nach Kaposi ist die Ursache der beiden letzten 
Alfectionen in einer vom Centralnervensystem infiuencirten trophischen 
Störung bedingt. 

Caspar y (Königsberg) hat gerade in den letzten Jahren nicht 
selten aus typischer Alopecia areata die maligne, sämmtliche Haare befal¬ 
lende Form sich entwickeln sehen, die aller Behandlung trotzte. Er hat 


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der 68. Yersamml. deutscher Naturf. u. Aerzte in Frankfurt a/M. . 207 


Anämie und Nervosität dem Leiden eher folgen als vorhergehen gesehen. 
Ganz räthselhaft und aller Beachtung werth ist der Unterschied, dass 
Deutsche und Oesterreicher nur die nervöse Form der A. a. beobachten 
konnten, die Franzosen dagegen zahlreiche locale Herde in Haus und 
Kaserne constatierten. 

Galewsky (Dresden): Meine Herren, gestatten Sie mir ganz kurz 
über den Fall zu berichten, den ich im vorigen Jahre in Graz demon- 
8trirt habe. Es handelt sich um eine höchst maligne A. a. bei einem 
kräftigen Manne, die in ganz kurzer Zeit den ganzen Körper ergriffen 
hatte. Ich habe den Patienten sehr lange mit allen möglichen Mitteln 
erfolglos behandelt, erst als ich ihn halbseitig mit Chrysarobin behandelte 
wuchsen halbseitig die Haare, dasselbe wiederholte sich auf der anderen 
Seite. Jedoch nach halbjährigem Bestehen [fielen alle Haare wieder aus, 
vielleicht deutet auch diese Wirkung des Cbrysarobins auf die parasitäre 
Natur der A. hin. 

Köbner (Berlin) hat zu Beginn der 70er Jahre in einer Taubstummen- 
Anstalt eine Haus-Epidemie von Dermatomycosis tonsurans bei etwa 
40 Insassen und bei einigen Pflegerinen beobachtet und darunter neben 
dem gewöhnlichen Bilde der D. t. bei Wenigen auch völlig glatte, von 
allen Haarstümpfen freie, scharfe runde Flecke am Kopfe gefunden, 
welche mit Ausnahme einer geringen Röthe — als deutlicher Rest einer 
Entzündung — völlig der Area Celsi glichen, und so den Redner an die 
Identität, beziehentlich Abstammung der schon in der damaligen englischen 
und französischen Literatur behaupteten Pilze glauben Hessen. Seitdem 
hat er nie, so oft er auch mikroskopisch untersuchte, Pilze darin 
gefunden. Er glaubt daher an die parasitäre Natur in einigen Fällen. 
Zweifellos existirt auch die nervöse Form, wofür das Auftreten bei Neu¬ 
ralgien spricht. In einem Falle konnte K. eine Heilung in Folge Klima¬ 
wechsels beachten. 

Kohn (Frankfurt): Ich erlaube mir an den Vortrag des Hrn. Berli¬ 
ner eine klinische Vorstellung einer totalen Alopecie mit Morbus Basedowii 
anzuschliessen. Es handelt sich um einen 26jährigen Maler, dessen Krank¬ 
heit vor zwei Jahren mit einem typischen Fleck von A. a. im Nacken 
begann, in einem Zeiträume von dreiviertel Jahren sind die Haare an 
allen behaarten Stellen ausgefallen. Es besteht ein Tremor faciei be¬ 
sonders der Lippen und Zunge, Puls 96, starker Spitzenstoss in der Ma- 
millarlinie, systolisches Blasen leise au der Spitze, laut und rauh über der 
zweiten Rippe, nicht auf dem Sternum. Ziemlich erhebliche Struma, 
Gefässschwirren. Therapie: Thyreoideatabletten. 

Thien (London; glaubt nach seinen Erfahrungen lediglich die 
parasitäre Natur des Leidens annehmen zu müssen. 

Unna (Hamburg) weist auf den Bacillenbefund in der Umgebung 
der Area-Stellen von Sebourand hin und auf dessen pelaoide Form 
der Trichophytie. 

II. A. Sack (Heidelberg): U e b e r die Löslichkeit des Stein- 
kohlentheers in verschiedenen Flüssigkeiten und über die 


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Verhandlungen 


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therapeutische Verwerthung dieser Lösung. Er theilt die Re¬ 
sultate seiner Versuche mit, die darin gipfeln, dass unter allen von ihm 
versuchten, den Steinkohlentheer lösenden Flüssigkeiten das in der In¬ 
dustrie häutig gebräuliche Aceton es ist, welches die meisten Mengen von 
Steinkoldentheer zu lösen vermag. So hinterlässt eine spirituöse Lösung 
nicht weniger als 88’6% Trocken-Substanz, eine Acetonlösung dagegen 
nur 33° 0 . Wenn auch die Benzol-Lösung z. B. denselben Rückstand er¬ 
gibt, so ändert sich immerhin bei Benzol-Aceton-Gemischen das Ergebniss 
stets noch zu Gunsten des Acetons, insofern als bei überwiegenden Mengen 
von Aceton [in dem Gemisch sich immer entsprechend mehr von Stein¬ 
kohlentheer löst. So hinterbleibt z. B. bei Lösung von 10 Theilen Theer 
in 20 Theilen Benzol und 77 Theilen Aceton nur 28°/ 0 Rückstand, während 
die V is c h e l’sche Lösung (Liq.-Anthracis sirnpl.) vielmehr 40° 0 hinterlässt. 
Der Vortragende hat eine Aceton-Benzol-Lösung durch den Apotheker 
I)r. G lassner in Heidelberg herstellen lassen, die allen Anforderun¬ 
gen genügt, welche an eine reine aromatische, gut vertheilbare, billige 
und vor allem sehr wirksame Steinkuhlen-Lösung gestellt werden können. 

D i s e u s s i on. 

S c hi ff (Wien): Ich begrüsse freudig die Mittheilung des Vor¬ 
tragenden, weil sie das Thema, das ich auf dem internationalen Derma- 
tologcn-Congress besprochen habe und über welches ich auch hier in der 
morgigen Sitzung berichten werde, innig berühren. Aceton, welches in 
Frankreich schon lange als Vehikel in der Dermatotherapie ange¬ 
wendet wird, bietet auch bei den von mir im Laboratorium von Prof. 
Ludwig zuerst dargestellten Präparat. — Filmogen — einen integrirenden 
Bestandtheil, aber nur als Lösungsmittel von nitrirtcr Cellulose. In Ver¬ 
bindung mit dieser bildet es ein vorzügliches Vehikel für die verschie¬ 
densten Arznei Stoffe. 

Unna (Hamburg) : In der Solut lithanthracis spirito-aet. haerea 
Lei st iko w befinden sich hauptsächlich grosse Mengen Naphtalin. Der 
Carbol- und Kresol-Gebalt des Steinkohlentheers und damit die giftige 
Beschaffenheit wechselt nach der Herkunft des Theers. 

III. Josef Schütz (Frankfurt) a. M. : Mittheilung über eine 
neue Behandlung^ weise des Lupus erythematosus. 

Schütz bemerkt einleitend, dass die bisherige Therapie dem Lupus 
erythematosus gegenüber unsicher und oft machtlos sei. Namentlich 
stärker reizende Medikationen erscheinen ihm direct schädlich. Er 
stellt nach seinen Erfahrungen den Satz auf: dass die Ueberschreitung 
eines individuellen Masses von Intensität oder Dauer bei jedweder The¬ 
rapie dieser Krankheit direct das Leiden verschlimmern könne. 

Es gelang ihm nun, ein Mittel zu linden, welches gerade in grosser 
Verdünnung die Krankheit günstig beeinflusst. Arsenlösung 1 : 40’.)—600 
resp. eine 4—6facli verdünnte Solutio Fowleri zweimal täglich aulgepinselt, er¬ 
zeugen innerhalb 6 Tagen eine Reaction unter Schwellung und geringer 
Schmerzhaftigkeit des kranken Gebietes, welche, ohne dass es zu serösen 
Ausschwitzungen kommt, unter milden Deckpasten in weiteren 8 Tagen 


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der 68. Versamml. deutscher Naturf. u. Aerzte in Frankfurt a/M. 209 


wieder rückgängig wird. Die Wirkung verschont das gesunde Gewebe. 
In 11 Wochen durchschnittlich ist durch wechselweise Anwendung von 
Arsen und indifferenten Pasten Heilung erzielt. Bisher sind 9 Fälle so 
behandelt und geheilt worden. 

Den Erfolg findet Schütz in der Binz’schen Theorie der Arsen¬ 
wirkung vollkommen erklärt, so: 1. der relativ bedeutende Effect der 
schwachen Lösungen, 2. die elective Wirkung und Heilung ohne Narben, 
3. das proportionale Verhalten von Reaction und Krankheitsintensität. 
Im Uebrigen scheint ihm die Histologie des Lupus erythematosus, welcher 
ausschliesslich oberflächliche Herde bildet, die an den jüngsten Stellen 
der Ausbreitung gerade am besten zugänglich sind, den definitiven Er¬ 
folg bei dieser Hautkrankheit durch genanntes Mittel klarzulegen. 

Discussion. 

Köbner (Berlin) widerräth örtliche Pinselung von Solut-. arsenical 
Fowleri bei Lupus vulg. Das in früheren Zeiten empfohlene Quecksilber- 
Pflaster fand er oft ohne Nutzen. Zum Beweis für die entzündliche 
Natur des L. e. führt er einen Fall an, wo die Krankheit durch Jod¬ 
pinselung an der Wange entstanden war. Er empfiehlt bei geheilten 
Fällen die Patienten darauf aufmerksam zu machen, dass starke Kälte 
und Sonnenhitze ihnen durchaus schädlich sind. 

Neisser (Breslau) hat seit Jahren sich zur Gewohnheit gemacht, 
die L. e. Fälle von vornherein zu scheiden in solche, die torpide ohne 
frisch entzündliche, namentlich am Rande deutliche Reizerscheinung in 
Behandlung treten und in solche, die frische Entzündungs-Processe auf¬ 
weisen. Nur letztere kann man mit ätzenden etc. Stoffen behandeln, 
z. B. Sclrwefel-Naphtol-Pasten. Die ersteren kann man nicht vorsichtig 
genug mit den indifferentesten Salben behandeln. Hitze und Kälte 
scheinen N. directe Ursachen des L. e. zu sein. Fälle, die monatelang 
als einfache Rosacea imponirten, entwickelten sich zum typischen L. e. 

Kromayer (Halle) fragt an, ob die verdünnte Sol. Fowleri auch 
bei anderen oberflächlichen Hauterkrankungeu, etwa der Psoriasis, die 
mit dem L. e. verwandt ist, sich von Wirksamkeit erwiesen hat? 

Schütz (Frankfurt) a. M: Es verschlimmert den Lupus vulgaris, 
ebenso das Eczema seborrhoicum, während Psoriasis ziemlich unbeein¬ 
flusst bleiben. 

Vollmer (Kreuznach) Ueber die Wirkungsweise der Schälpaste 
bei L. e. ist von mir im September 1895 in der deutschen medicinisehen 
Wochenschrift berichtet. Die günstige Wirkung in dem dort veröffent¬ 
lichten Falle war auffallend, leider ist ein zweiter Full diesen Sommer 
bei einer Dame nicht so günstig verlaufen, so dass wenngleich indivi¬ 
duelle Verhältnisse mitspielen bei frischen Fällen, wie Neisser betonte, 
die Schälpaste contraindh irt ist. 

IV. Schütz demonstrirt verschiedene neue Instrumente zum 

* 

dermatologischen und mikroskopischen Gebrauch. (Verfer¬ 
tiger H. Härtel, Breslau, Weidenstrasse Nr. 33). 


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1. den bei seiner Behandlung des Lupus vulgaris (Archiv für Der¬ 
matologie und Syphilis. XXVI. 1894) benutzten Scarifi cator. Derselbe 
ist ganz zerlegbar und besteht in allen seinen Theilen nur aus Metall. 
Die zugehörigen 6 Klingen — einfache Stahlplatten mit zweischneidiger 
Spitze, ohne Bohrungen, Einschnitte u. dergl. — liegen in einem Ein¬ 
lasse und werden durch ein Klemmfutter und eine einfache ringförmige 
Klemmschraube festgeklemmt. Es können viele und wenige Klingen, in 
engen oder weiten Abständen — in letztem Falle nach Zwischenlegen 
kleiner Durchschüsse — je nach Bedarf verwendet werden. Nach theil- 
wciser Abnutzung lassen sich die Spitzen gleich richten. Zum Transport 
wird eine Schutzkappe aulgeschraubt. 

2. Eine Klemmzange — modilicirte M a th i e u'selie Zungenzange 
— welche zum Sticheln auf der beweglichen Wangenhaut gebraucht 
wird und künstliche Blutleere schafft. 

3. Eine zerlegbare aseptische Salbcnspri tz e. Das ge¬ 
krümmte Schnabelende zerfällt beim Abschraubeu vom geraden Schaft 
in 2 Längshälften, welche in der Spitze mit dreieckigem Einschnitt in¬ 
einander greifen. Bemerkenswerth ist der leichte Gang des Stempels, 
Hauptvorzug, dass alle Theile unter Controle des Auges mit Fürste sich 
reinigen lassen. 

4. Eine D e c k g 1 a s k 1 e m in p i n c e 11 e aus N i c k e 1 i n. Sie lässt 
sich mit dem bei den Kanten gefassten Deckglas als Bodenfläclie auf¬ 
recht hinstellen, so dass sie beim Färben nicht abgenommen zu werden 
braucht. Besonders angenehm ist das bei aufgeklebten raraffinschnitten, 
welche vorsichtig viele Lösungen passiren müssen. 

5. I) e c k g 1 ä s e rge s t e 11 e für 12 Deckgläser und G 1 a s t rog, 
worin sich dieselben mit 10 Ce. Farbflüssigkeit färben lassen. 

D i s c u s s i o n. 

K ö b n e r (Berlin) zeichnet und bespricht eine andere Salbenspritze 
Urethralpistole, dieselbe besteht aus einem englischen Katheter mit ein- 
geiührtem Sa 1 benst i ft. 

V. Unna (Hamburg). Ueber rcducirende Heilmittel. 

Unna hat vor längeren Jahren auf eine Gruppe von Medieamenten 
hingewiesen, bei welchen die rcducirende Wirkung ihm das massgebende 
zu sein schien. 

Alle diese Substanzen haben neben der reducircnden Wirkung noch 
eine individuelle Bedeutung und damit ein eng umschriebenes Wirkungsgebiet. 

Bei reducircnden Heilmitteln kann nun sowohl die Substanz vor 
der Beduction während und nach der Keduction wirksam sein. Zum 
Beispiel wirkt das Pyrogallol, entweder als solches oder durch seine Oxy¬ 
dation oder als Oxydationsproduct. Um dies zu erforschen, müssen wir 
das ausser dem Körper oxidyrte Pyrogallol mit dem Pyrogallol vergleichen. 

Es wurdo also Pyrogallol in Ammoniakdäiupfen und an der Luft 
^oxydirt und der gewonnene schwarze, chemisch noch nicht genau be¬ 
kannte Körper Salben incorpirt. Die hiermit augestellten Versuche zeigten, 
dass das Pyrogallolum oxydatum im Gegensatz zum Pyrogallol auf der 


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der 68. Versamml. deutscher Naturf. u. Aerzte in Frankfurt a/M. 271 


gesunden Haut kaum eine Wirkung ausübt, sondern nur die erkrankten 
Partien beeinflusst, auch bei dauerndem Gebrauch zeigten sich gar keine 
toxischen Wirkungen, so dass die bisher bekannte deletäre Wirkung des 
Pyrogallols beim Pyrogallolum oxydatum völlig fortfällt. Versuche mit 
innerer Darreichung zeigten, dass beim P. o. durchaus keine Wirkung 
auf den Kreislauf zu verzeichnen ist. Ein grosser Vorteil des P. o. gegen¬ 
über dem P. besteht darin, dass die erstere Substanz viel stabiler ist wie 
das Pyrogallol. Diese Versuche fordern zu weiteren Untersuchungen bei 
anderen Reducentien auf. 

Zum Schlüsse sei noch bemerkt; dass van Niessen (Wiesbaden) 
vor Beginn der Versammlung die von ihm gezüchteten Syphiliserreger 
in einem Schnitt durch eine Sklerose nach Gram gefärbt, sowie die 
Reinculturen auf verschiedenen Nährböden und im gefärbten mikrosko¬ 
pischen Präparat demonstrirte. 



Sitzung vom 22. September 1896. 

I. Kuznitzky berichtet über einen Fall von streng halb¬ 
seitig localisirter Psoriasis nummularis, die im Anschluss an 
ein Trauma (tiefe Schnitt Verletzung durch ein Wiegemesser) an der Ober¬ 
extremität derselben Seite sich bei einem 20jährigen Patienten im Laufe 
von 2 1 /, Monaten ausbildete. In der Familie des Patienten war Psoriasis 
bisher nicht vorgekommen. Bei der Mutter besteht hingegen hochgradige 
Nervosität. K. ist der Ansicht, dass die parasitäre Theorie, die überhaupt 
auf schwachen Füssen stehe und gegenüber einer solchen Kranken¬ 
geschichte völlig versage, nicht mehr aufrecht erhalten werden könne. Er 
tritt vielmehr für die ncuropathische Theorie der Psoriasis ein, die er 
gestützt auf die Goltz’schen Versuche über Gefässtonus dahin präcisirt: 
dass das Einwirken von irgend wie gearteten, wenn auch geringfügigen 
Hautreizen auf Gefassgebiete, deren Tonus in Folge chronischen Reiz¬ 
zustandes der zugehörigen spinalen Ganglien sich bereits in labilem 
Gleichgewicht befindet, zum Zustandekommen der Eruptionen erforderlich 
sei. In dem mitgetkeilten Falle sei demnach anzunehmen, dass das Trauma 
der rechten Ober-Extremität bei dem nervös belasteten Patienten refiec- 
torisch als Reiz auf ausschliesslich gleichseitig gelegene spinale vaso¬ 
motorische Centren gewirkt habe. Dadurch wurde dann der Tonus zugei 
höriger Gefassgebiete in ein labiles Gleichgewicht gebracht, so dass Haut¬ 
reize, wie sie das tägliche Leben mit sich bringt, welche normaler Weise 
keine dauernde Schädigung bedingen, an den betroffenen Parfien zu 
der chronischen Hyperämie führten, welche der Psoriasisefflorescenz 
zu Grunde liegt. Diese Psoriasis-Hyperämie sei weder entzündlicher noch 
paretischer Natur, sondern werde durch Reizung der Vasodilatatoren 
bedingt. K. möchte sie deshalb der Kürze halber als angioerethischen 
Vorgang bezeichnen. 

Discussion: 

Ko ebner (Berlin) demonstrirt Tafeln bezgl. der artiticiellen Erzeu¬ 
gung vom Psoriasis z. B. durch Tätovage, enbenso bespricht er die 


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Loealisation an Wunden und die von ihm in dieser Beziehung angestellte 
Untersuchungen und Experimente. 

Wolters (Bonn) hat 2 Fälle beobachtet, in denen nach der Impfung 
Psoriasis zuerst an den Impfstellen und dann am ganzen Körper auftrat 
in beiden Fällen war Psoriasis in der Familie vorhanden in auf¬ 
steigender Linie. 

Unna (Hamburg). Alle Thatsachen über neuropathologische Aetio- 
logie der Psoriasis lassen auch eine parasitologisebe Erklärung zu. Die 
positiven Ritzungserlolge steigern sieh nach Koebner unverhältniss- 
mässig, wenn sich ein acuter Ausbruch vorbereitet, was sicher für die 
parasitäre Theorie spricht. 

Neisscr (Breslau) schliesst sich dem von Unna betreffs der 
parasitären Aetiologie ausgesprochenen Anschauung vollkommen an, die 
parasitäre Theorie sei jedenfalls die einfachste, ungezwungenste von allen. 

Kromayer (Halle) hält die Thatsacho, dass bei localer Psoriasis, 
die durch starke Behandlung mittels redueirender Mittel gereizt wird, 
gelegentlich eine totale Psoriasis entsteht, nur auf reflectorischem neu¬ 
rotischem Wege erklärbar. 

Unna (Hamburg). Die Psoriasisausbrüche nach Chruesarobinreizung 
sprechen für eine Verbesserung des Bodens für den Parasiten durch die 
Chruesarobinreizung. 

Kutznitzky (Strassburg) möchte fragen, wie die Anhänger der 
parasitären Theorie gerade diesen von Kromayer erwähnten Fall 
erklären? Sic führen doch gerade die Wirksamkeit des Chmesarobins als 
eines stark antiparasitären Mittels für ihre Ansicht in‘s Feld, während 
doch bei fortwährender Anwendung dieses Mittels die Psoriasis an Stellen 
erschien, die vorher ganz frei waren. 

II. Wolff (Strassburg) berichtet über das Resu 11 at seiner Unter¬ 
such un ge n, die er an 2 Füllen von Lepra in Strassburg Gelegenheit 
hatte, längere Zeit hindurch zu machen. In dem einen Fall handelte es 
sich um eine reine Nerven-Lepra, in dein anderen um Lepra inixta. Der 
erste Patient hatte seine Lepra in Brasilien erworben, wohin er im 15. 
Lebensjahr übergesiedelt war. Neun Jahre später bemerkte er die ersten 
Erscheinungen, die darin bestanden, dass seine Fusssohlen nicht mehr so 
ernplindlich waren wie früher; bei genauer Untersuchung des Körpers 
fand er hier nnd da weisse und braune Flecken, sowie auch, dass die 
Empfindlichkeit an verschiedenen Stellen des Körpers verschwunden war. 
Bei der ersten l ntersuclmng constatirte ich Pigment flecken mit centralen, 
vitiliginosen Stellen an beiden Armen, Thorax und an beiden Unter¬ 
schenkeln. Die oberflächlich tastbaren Nerven sind verdickt, ferner ist 
vollständige Anästhesie der weissen Flecke vorhanden. Irgendwelche 
\erdickung oder umschriebene Infiltrationen der Haut ist an keiner Stelle 
nachweisbar. Alle diese Erscheinungen hatten sich zugleich mit subjectiven 
Erscheinungen, die in Mattigkeits-Gefühl, Fieberanfällcn etc. bestanden, 
eingestellt. Im Januar lrtifo waren die Erscheinungen verschwunden, Patient 
fühlte sieh kräftiger, nahm zu, hatte kein Fieber, so dass in der Zeit, 


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der 08 . Yersamml. deutscher Naturf. u. Aerzte in Frankfurt a/M. 273 


wo die Blutuntersuckungen begannen anzunelimen war, dass keine Schübe 
der Krankheit bestanden. Bei diesem Patienten wurde nun zu verschiedenen 
Malen circa 150 Blutpräparate entnommen und zwar sowohl au fleckigen 
wie an normalen, an anästhetischen wie an gesunden Körperstellen, die 
Scarification der Haut wurde mit einer Fl eise h el’schen Nadel, ohne 
Auspressen etc., kurz unter allen Cautelen sorgfältigst ausgeführt. In 
sämmtlichen Präparaten ohne Ausnahme waren Leprabacillen und in 
reichlicher Anzahl vorhanden. 

Der zweite Fall betraf einen jungen Mann, der 1884 nach China 
gereist war, und bei welchem sich im Jahre 1890 bereits Erscheinungen 
von Fleckenlepra zeigten; 1893, als er sich bei mir in die Klinik auf¬ 
nehmen Hess, konnte ich eine ausgesprochene tuberöse Lepra constatiren, 
ferner Verdickungen der Nerven und vollständige Anästhesie der Hände 
und Füsse von da nach oben zu sich verlierend. Die Untersuchung 
excidirter Knoten, sowie das Secret exulcerirter Knoten ergaben die 
charakteristischen Bilder der Lepra tuberosa. 

Blutpräparate, die an normalen Stellen entnommen wurden, lieferten 
alle ein negatives Resultat, obwohl dieselbe Färbungsmethode angewendet 
wurde, wie für die Untersuchung des Blutes von Lepra nervorum. E« 
liegt also hier ein auffälliger Gegensatz vor, der allen hypothetischen 
Voraussetzungen nicht entspricht, leb erinnere nur an die Discussion, die 
in der Naturforschcrversainmlung zu Heidelberg und in der Breslauer 
Sitzung der deutschen dermatologischen Gesellschaft über diese Frage 
stattfand und in welcher Arning den Beobachtungen Petrin is gegen¬ 
über sagte, dass dieser Befund ihm nicht befremdend erscheine, weil es 
sich wahrscheinlich um Fälle gemischter Lepra handle. 

Nun wurde dem Patienten Jodkalium innerlich gereicht. Jodkalium 
ist bekanntlich, wie Danielsen nachgewiesen hat, ein Medicament, das 
auf lepröse und besonders bei Lepra tuberosa eine ganz eigenartige Wirkung 
hat, eine specilische Wirkung möchte ich sagen, die vollständig mit der 
Wirkung des Tubereulins auf Tuberculose sich vergleichen lässt. Der Patient 
reagirte auch in bekannter Weise, zeigte Temperaturerhöhungen, die um 
so grösser waren, je höher die verabreichte Dosis war, litt an heftigen 
Schmerzen im Kopf und an den Gliedern, es zeigten sich neue Knoten 
und alte ulcerirten. 

Nun liess sich aber die auffällige Tkatsacke constatiren, dass während 
dieser Periode das Blut, welches vorher keine Bacillen zeigte, sich bacillen¬ 
haltig erwies. Ich möchte aus diesen Beobachtungen schliessen, dass die 
Untersuchung des Blutes bei Lepra anästhetica im Stande ist, die Diagnose 
zu bestätigen, ja in zweifelhaften Fällen festzustellen, dass ferner das Jod¬ 
kalium ein Prüfungsmittel zur Diagnose der Lepra darstellt, welches auch 
im Stande ist, Bacillen im Blute hervorzurufen. 

Discussion. 

Unna (Hamburg) warnt vor Vebertreibung des Jodkaliexperimentes, 
«la Jodkali schädlich auf die Lepra wirkt. 

Archiv, f. Dermatol, u. Syphil. Band XXXVII. lg 


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Joseph (Berlin) stimmt mit der Ausführung Wolff’s überein 
bezüglich des Jodkali auf die Lepra tuberosa, dagegen sah er einen sehr 
guten Erfolg von Natrium salieylicura, unter welchem die Patienten, die 
vorher nur noch liegen konnten, im Stande waren, wieder aufzustehen. 

Neisser (Breslau) hat in einigen Fällen auch die febrile Reaction 
nach Jodkali beobachtet. Quecksilber wird dagegen sehr gut vertragen. 

Wo 1 ff (Strassburg). Zu der Bemerkung Unna ’s, dass das Jodkalium 
und das Quecksilber nicht zusammengegeben werden dürfen. Jodkali hat 
eine specifische und schädliche Wirkung, Quecksilber dagegen eine bei 
Weitem nicht so schädigende, wie bei Scrophulosen. Natrium salicylicum 
habe ich als das Wirksamste der angewandten Mittel gefunden. 

Unna (Hamburg) fragt, ob Jemand gute Resultate von grossen 
Dosen Chaulmoograöl gesehen habe; er hätte bisher keine beobachtet, 
doch gute Resultate von subcutaneu ln jectionen des verdünnten Oeles. 

Th in (London) macht eine vorläufige Mittheiluug über einen von 
ihm durch Chaulmoograöl vollständig geheilten Fall von Lepra anästhetica, 
welcher demnächst in eingehender Weise veröffentlicht werden soll. 

Ko ebner (Berlin) hat früher ebenfalls den Bacillenbefund im Blute 
gehabt, jedoch scheint ihm derselbe für Lepra anästhetica vollkommen neu. 

Wolters (Bonn) bemerkt zu den Worten Koebuers, dass Dou- 
trelepont nach Injection von Tuberculin in der Bonner Klinik die Lepra¬ 
bacillen im Blute gefunden habe. 

Rille (Wien). Demonstration von Photographien der Lepra tuberosa 
der Fusssohlcn. Danielssen und Beck, auch Hansen 'leugnen das 
Vorkommen von Knotenlepra am behaarten Kopf, der Glans, den Hand¬ 
tellern und Fusssohlcn, dagegen sprechen aber vereinzelte gegentheiligo 
Angaben vereinzelter Beobachter. Gegen die etwaige Annahme einer Pso¬ 
riasis plantaris syphilitica spricht das Aussehen der Knoten, der lan^e 
Bestand und das Wachsthum derselben seit nahezu Jahresfrist. Ausserdem 
zeigen dieselben den typischen Bau des Lepraknotens und die typischen 
Bacillen in grosser Menge. 

III. Karfunkel (Kutuwa). Beit l äge zur Kataphorese. 

Nach einem Ueberblick über di«* Literatur, insbesondere die phy¬ 
sikalischen grundlegenden Vorarbeiten, berichtet der Vortragende über 
kataphorische Versuche, in denen namentlich die Ergebnisse Munk’seiuer 
Nachprüfung unterliegen. Es gelang Strychnin hei Thieren, Chinin, Lithion 
und Jodkalium bei Menschen durch den constanten Strom vermittelst 
localer Kataphorese überzuleilen, und zwar sowohl in concentrierten 
Lösungen als auch 10—5 undl%- Vom gesunden Menschen wurden nicht 
mehr als 10 Mill. Ampere vertragen, zur Verwendung gelangten durch¬ 
gängig Ströme von 5 Mill. Ampere. Die Stromdauer betrug 15—45 Minuten. 
Als Elektoden dienten zwei du Bois'sehe Zuleitungsröhren mit Pfropfen 
von plastischem Thon. 

Ferner gelang es eine Argonfaminlösung von 1 : 2»H)0 der Kaninchen¬ 
haut einzuverleiben. Jm mikroskopischen Schnitte sieht man die mit 
verdünnter Schwefelammoniumlösung fixirten Niederschläge von raetal- 


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der 68. Versamml. deutscher Naturf. u. Aerzte in Frankfurt a,M. 275 

lischem Silber. Eine Erklärung der localen Vorgänge und Reizerscheinungeu 
an der Haut, besonders an der Anodenstelle ist durch die Messungen von 
Munk und Pascheies gegeben. Zu therapeutischen Versuchen ist die 
Einschaltung mehrerer Elektroden von ca. 3 Ctrn. mittlerem Durchschnitt 
erforderlich. Endlich hat der Autor die Gärt n er-Eh rin an ns’chen 
Versuche nachgeprüft und nach dem vierzehnten elektrischen Sublimatbade 
4 Gr. im Urin vermittelst SchwefelwasserstotVgas - Durchleitung nach- 
weisen können. 

I) i s v u s s i o n. 

Meis sner (Berlin). Da ich mich seit einem grösseren Zeiträume 
im Laboratorium von Munk mit der Nachprüfung der von dem Vorredner 
erwähnten Arbeiten befasst habe, gestatte ich mir, demselben einen Wink 
zu geben bezüglich der Aufklärung der hier so merkwürdigen Vorgänge. 
Wenn man einen Gelatinecylinder, welcher in der Mitte eine gefärbte 
Zone enthält, zwischen die Elektroden bringt, so gelingt es, durch 
Wechseln des Stromes die farbige Partie des Cylinders zum Hin- und 
Herwandern zu bringen, ein Versuch, welcher in Frankreich zuerst aus¬ 
geführt wurde. Bezüglich der Bahn, welche die einzuführende Flüssigkeit 
einschlägt, sei bemerkt, dass der Versuch mit einem Eiweisscylinder als 
der einfachste, zunächst Aufklärung geben dürfte. 

Wolff (Strassburg). Ich möchte bemerken, dass ich dieselben 
Experimente 1890 auf der Klinik vorgenommen habe. Das Resultat ist 
in einer Dissertation von einem meiner Schüler 'Kahn aus Pirmasenz) 
veröffentlicht worden. 

IV. Schiff (Wien). Ein neues Vehikel zu r A ppl icat ion von 
A r 7 n e i s t o f f e n auf die Haut. 

Der so oft von jedem Dermatologen tief empfundene Mangel, wel¬ 
cher in der Anwendung von Salben und Pflastern liegt, hat den Vortra¬ 
genden veranlasst, nach einem Vehikel zu suchen, welches möglichst den 
gewünschten Forderungen entspricht. Die Arbeiten, welche im Labora¬ 
torium von Ludwig in Wien gemacht wurden, haben das Resultat 
eines Präparates „Filmogen“ gehabt, welches in der Weise dargestellt 
wird, dass eine entsprechende Menge nitrirter Cellulose in Aceton gelöst 
wird und ein kleiner Zusatz eines fetten Oeles zugeiügt wird. Diesem 
Gemenge, welches auf die Haut applieirt, ein dünnes Häutchen bildet, das 
unzerreisslich allen Bewegungen der Haut sich fügt und im Wasser un¬ 
löslich ist, lassen sich fast alle jene Arzneistolfe entweder in Lösung oder 
suspendirt einverleiben, welche wir in der Dermatuthcrapie anwenden. 
Die Vortheile dieser Applicatiunsmethode sind in die Augen springend. 

1. Das Vehikel bildet ein Häutchen und schützt daher an und für 
sich die erkrankte Hautpartio. 

2. Durch seine Geschmeidigkeit undUnzerreisslichkeit gibt es dem darin 
incorporirten MittelGelegenlieit, beständiger und daher ausgiebiger zu wirken. 

3. Dadurch, dass das Vehikel nur in Alkohol und Aetlier löslich, in 
Wasser aber unlöslich ist, kann die Hautpartie, auf welcher dasselbe; 
applieirt ist, beliebig mit Wasser gewaschen werden. 

IS* 


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4. Da das Vehikel unmittelbar nach der Application ein trocknes 
und dünnes Häutchen bildet, so beschmutzt es weder Wäsche und Klei¬ 
dungsstücke, noch Verbandmaterial. 

5. Das Vehikel, welches angenehm nach Irischem Obst riecht, irritirt 
in keiner Weise die Haut und verursacht nur ein leichtes Brennen auf 
exeoriirten Stellen, bis das Häutchen in wenigen Minuten gebildet ist. 
Auch dieses geringe schmerzhafte Gefühl kann durch Anblasen wesentlich 
gemildert werden. 

V. Wolters (Bonn). Heber M vcosi s fungoides. 

Er berichtet über 7 Fälle von M. f., von denen 5 genau klinisch, 
pathologisch-anatomisch und bakteriologisch untersucht und in Bezug auf 
die Blutbeschaflenheit geprüft worden. Kr fand in 5 Fällen multiple 
Drüsentumoren, die unter Arsenbehandlung schwanden und bei Recidiven 
wiederkchrten. Das Blut zeigte Leukocytose 1:100—200—300, in den 
Tumoren, erweichten wie nicht erweichten, fanden sich Coccen: Staphvlo- 
coeeus pyogenes aureus, citreus, albus, deren Impfungen auf Tliiere keinen 
Erfolg hatten. W. hält, da im Blute Mikroorganismen fehlten, die Coccen 
für secuudüre Infectionen und neigt zu der Ansicht, dass die M. f. mit 
Leukämie in Zusammenhang stehe, obwohl ein Lebertumor fehlte. Als 
Behandlung, die stets zu einem Resultat führt, empfiehlt W. Acidum arceni- 
cosum oder besser Natrium arseuieosum in hohen Dosen von 30 Mg. pro die. 
Recidive treten nach Monaten auf, weichen aber der Arsenbehandlung. 
Die Patienten sind zum Theil seit 1S84 in intermittirender Behandlung. 

Karl Herxheimer (Frankfurt a. M.) bestätigt die Erfahrungen 
von W. bezüglich der Wirkung des Arsens bei einem Fall von Mycosis 
fungoides d’emblee, sowie bezüglich des Recidivs in diesem Falle. 

Sitzung vom 23. September 1896 

im städtischen Kranken hause auf der A1 > t h e i 1 u n g 
für Hautkrank h eite n. 

I Karl Herxheimer, Oberarzt der Abtheilung, stellt eine Reihe von 
Kranken vor: 

1. Ein Kind von 10 Jahren mit. einer seit der frühesten Kindheit 
bestehenden Keratose fulliculaire cicatricienne. 

2. Zwei erwachsene Männer mit Selerodermie, Der eine zugleich 
mit der AlTection an der Lippe, der andere mit einem früher aufgetretenen 
Gumma des Corpus eavernosum. 

3. Ein Knnbe und ein f>3j. Manu mit Dermatitis herpetiformis Dhuringii. 

4. Ein zweiter Fall von Keratose pilaire cicatricienne. 

5. Müller stellt zwei Fälle von Lupus vulgaris durch Excision 
und K rau ss e’seher Transplantation geheilt vor. 

6. Karl Herxheimer. Ein Fall von Glossitis intcrstitialis luetica 
mit einer gleichen Aftectiun am Gaumensegel. 

7. Ihnen Patienten mit zahlreichen Gummata der Haut ' und dem 
mikroskopischen Befund der Miliartuberkel, welche auf intesive antiluetischo 
Cur zurückging. 


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der GS. VersammJ. deutscher Naturf. u. Aerzte in Frankfurt a M. 277 


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8. Es wird ein Fall zur Diagnose gestellt, der dem Aussehen nach 
etwas an Psoriasis erinuert und vielleicht als lichenoides psoriatiformes 
Reizexanthem unbekannter Natur bezeichnet werden kann. Aehnliche 
Fälle haben Neisser und Jadassohn beobachtet und beschrieben. 

9. Xanthoma tuberosum multiplex. 

10. Syringo cyst adenoma multiplex. 

11. Linearer juckender Nävus verrucosus von der Geburt an be¬ 
stehend und stellenweise an Lichen ruber erinnernd. 

12. Ein 72jähriger Patient, welcher seit 5 Jahren einen nur auf 
den Larynx und das Membrum beschränkten Pemphigus zeigt. 

13. Ein Fall von multiplen Tumoren am Stamme, welche sich bei 
mikroskopischer Untersuchung als Haemangioendotkelionie heraussteilen. 

14. Eine seit Geburt bestehende Urticaria pigmentosa, bei der sich 
die Pigmentirung nur auf die Quaddeln beschränkt. 

Es folgt jetzt die Besichtigung eiuiger mikroskopischer Präparate 
und der Abtheilung des hervoragend eingerichteten Krankenhauses. 

II. Cohnheim (Dresden) demonstrirt mit dem Projectionsapparat 
eine grosse Reihe von Diapositiven, welche seine Forschungen über Lepra 
auf Island illustriren. 

Meissner (Berlin) zeigt Präparate von elastischen Fasern in 
gesunder und kranker Haut, betont deren physiologische Bedeutung bei 
den Spürhaaren der Allen und zeigt an Präparaten von Lupus Tuberculose 
und Fibrom den wesentlichen Unterschied bezüglich der Wucherung 
frischen Bindegewebes und beispielsweise tuberculösen Granulationsgewebes 
in Bezug auf die elastischen Fasern. Zum Schluss betont er noch die 
Nützlichkeit der von ihm stets angewandten Orceiniärbung bei der Unter¬ 
suchung exstirpirter Hautkrebse. 

Unna (Hamburg) bestätigt die Befunde Meissners und ergänzt 
sie dahin, dass er bei den Augenwimpern des Menschen ähnliche Be¬ 
ziehungen zu den elastischen Fasern gefunden hat, wie Meissner bei 
den Spürhaaren der Affen. 

III. Schulze (Duisburg). Die chirurgische Behandlung des 
Gesichtslupus. 

Zunächst bedarf es einer Präparation des ganzen Operationsfeldes. 
Beseitigung der Entzündung durch Bleiumschläge, sodann erfolgt die 
Exstirpation des Lupus, nachdem vorher eine Sondirung der ulcerirten 
Partien stattgefunden hat. Es ist sehr wichtig, sehr weit in der Peripherie, 
sowie auch sehr tief zu arbeiten. Die Schnittführung soll, wenn möglich 
parallel der Hautobertläclie geführt werden. Eine durchaus nicht leichte 
Aufgabe, die aber nächst der Erhaltung der Fettschicht die Hauptläctoren 
bildet für die Erreichung der erwünschten Kosmetik. Es erfolgt dann die 
Transplantation. Es werden grosse Lappen von irgendwie verfügbarer 
Gegend her durch langsames Verschieben mittelst Abtragung und An¬ 
heilung zur Deckung der Defecte benutzt: Plastik des Ohres, Auges, 
Mundes und der Nase, Beseitigung des Ectropiums der Nasenlochstenosen, 
bei letzteren durch den angegebenen Extensionsverband. Rezidive werden 


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V erhandlungen 


27s 

niemals ganz vermieden, zumal, wenn Schleimhaut erkrankt war. Die chirur¬ 
gische Behandlung ist entschieden die bei Weitem sicherste und einfachste. 
Allerdings ist es erwünscht, frischen Lupus möglichst früh zu exstirpiren. 

Di sc ussion. 

Schütz (Frankfurt a. M.) bemerkt bezüglich der Indication der 
Transplantationen, dass man die Fälle, bei welchen gleichzeitig und 
continuirlich die Schleimhaut mit erkrankt ist, nicht ohne Weiteres für 
die Transplantation reif erklären kann, namentlich an der Nase ist die 
Schleimhaut des Septums und des Thränennasenganges sehr häutig mit 
erkrankt, ohne dass man auch nur annähernd diagnosticiren kann, wie 
weit der Lupus geht. 

Behrend (Berlin), spricht sich gegen die Fxstirpation des Lupus 
in allen Fällen aus, er macht auf das eigenthiimliche Wachsthum des 
Lupus aufmerksam und glaubt in vielen Fällen durch medicamentöse 
Behandlung zu besseren Resultaten zu kommen. 

Neisser (Breslau) erklärt sieh namentlich zur Behandlung kleiner 
beginnender Herde für die Exstirpation. Kr verweist auf eine dem¬ 
nächst- aus der Breslauer Hautklinik erscheinenden Arbeit von Busch ke, 
welche wesentlich die Krausse ? sohe Methode empfiehlt. Kr bespricht 
die primäre Sehleimhautinfection, die Wirkung des permanenten Bades 
mit Aethylendiamin-Crosol bei Kxtreniitätenlupus. Die Grenzen der Exstir¬ 
pation werden durch die Grenzen der localen Tubereulinreaction bestimmt. 

S cli u 1 ze (Duisburg). Die Narbenbildung verschwindet nach Monaten 
und die Narbe wird absolut glatt, die Grundbedingung ist ein horizontales 
Operationsfeld, grosse Lappen, welche von einem Wundrand zum anderen 
spannen, Erhaltung der Fettschicht. Lupus der Nasenschleiinhaut ist 
möglichst zu exstirpiren und zu transphmfiren. Was die Tiefe des Lupus 
angelit, so hat man auf glatter Wundllächo die denkbar beste Aussicht, 
alles lupöse zu entfernen Bei uleerirendem Lupus muss man vorher 
sondiren, um sich über die Lage der Lupusknöfeben zu informiren. 

Buer (Frankfurt a. M.>. Auch wir haben auf der Hautabtheilung 
des städtischen Krankenhauses mit der von Neisser angegebenen 
Aethylrndiamin-Cresolbeliaiidlmig Verbuche ungestillt und zwar mit pro- 
taliirlen Bädern in den Goncentrationell von 1 : öOOO bis 500D. Wir 
schritten dann zur Application von Einschlägen derselben Concentrution 
bei (jesichfslupus. Ich betone be<nnd»*rs die ungeheuer ausgeprägte über- 
häiitende Wirkung des Mittels. Dasselbe wurde dementsprechend nach 
erfolgter energischer Auskratzung angewandt. 

Rille (Wien) knüpft an die Ausfnhrungen N e i s > e l*'s die Bemerkung, 
«lass der scharfe LöilV-1 ausgezeichnete Resultate für den Gesichtslupus 
liefert, besonders bezüglich der Narbenbildung im Gegensatz zu den oft 
keloidartigen Narben bei Totaloxstirpat ion. Das massgebende in der 
Bciirtlr-ilung der Methode ist freilich die Rccidivirfäliigkcit. 

IV. Rille (Wien;. E ehe r A ca n t h os i s nigricans und Darier’- 
sclie V s u r o s p <* r m o * e «mit Dciuoih t r a t i o n e n v o n A b b i 1 d ungc n 
u n d M o u 1 i\ g c n). 


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der 68. Yersamral. deutscher Naturf. u. Aerzte in Frankfurt a/M. 271) 


Es scheint, dass zwischen diesen beiden nur besondere Formen der 
Keratosis vorstellenden Atfectionen (Kaposi) mannigfache Uebergangs- 
formen sich befinden; die einzelnen Etappen werden gebildet: 

1. Durch die Fälle, wo die Krankheit allein an die Follikel gebun¬ 
den erscheint, und der Nachweis der sog. Psorospermien immer und 
leicht gelingt. 

2. Die Kalle von Schweninger und Buzzi, wo die Knötchen 
nicht jedesmal den Follikeln entsprechen, dieselben mehr flach und leicht 
ablösbar erscheinen, blassgrau; auch hier die eigenartigen Befunde in 
der Epidermis. 

3. Der Fall von Schwimmer, wo die Primärefflorescenzen sowohl 
Haar- und Talgfollikeln entsprechen, jedoch auch an follikelfreien Haut¬ 
partien Vorkommen. Von Bedeutung sind hier auch die papillomatösen 
Wucherungen, welche schon zur Acanthosis nigricans hinüberleiten. Auch 
hier der Befund der Darier’sclien Körperchen. 

4. Der Fall von de Amicis. Bei diesem fehlt die Betheiligung 
der Follikel gänzlich. Die Aelmlichkeit mit Acanthosis und speciell mit 
dem Fall der Klinik von Neu mann ist ausserordentlich gross, jedoch 
auch hier Psorospermien. An dieser Stelle müsste auch der Fall Jarisch 
seinen Platz finden. Bei dem mitgetheilten Krankheitsfall waren Psoro¬ 
spermien ähnliche Gebilde niemals nachzuweisen, doch fand sich hier 
auffällig häufig ein bereits von Bo eck uad Buzzi bei der echten 
D ar ier’schen Dermatose beschriebene Lückenbildung in den Retezellen 
neben oder um den Zellkern: derlei wäre nichts besonderes und hat R. 
ähnliches oftmals bei anderen pathologischen Zuständen der Haut gesehen, 
namentlich beim Lupus vulgaris papillaris hypertrophieus, bei der Greisen- 
warze, beim ulcerösen Syphilid, bei Leucoplacia mucosae oris u. s. w., 
jedoch auch in einem f alle von sogen. Paget'scher Erkrankung der Brust¬ 
drüse, was auch die der ausführlichen Monographie von Wickham über 
diese Atfection beigegebenen Abbildungen ersichtlich machen. Diese 
Lückenbildung im Rete scheint eine Art Vorstufe der fälschlich als 
Psorospermien bezeichneteu endogenen Zellbildung zu sein ; von weiteren 
histologischen Veränderungen wären noch die hochgradige Verlängerung 
der vielfach verzweigten und zerklüfteten Papillen zu erwähnen. 

V. Karl Herxheimer (Frankfurt) macht einige Mittheilungen über 
das Protogen und seine Verwendung bei Ernährung kachektischer Indi¬ 
viduen. 

VI. Joseph (Berlin). Leber Porokeratosi s. 

Unsere Kenntnisse über die Betheiligung der Sehweissdrüsenaus- 
l'uhrungsgänge an keratotischen Processen rühren erst aus der jüngsten 
Zeit her. Mi belli gebührt das Verdienst als der erste daraufhinge¬ 
wiesen zu haben, dass zuweilen von dem Ausführungsgange der Schweiss- 
drüsen aus ein Verhornungsprocess entsteht, welcher über die Oberfläche 
der Epidermis warzenförmig hervorragt und sich von hier aus excentrisch 
ausdehnt. Für diesen Vorgang schlug er den Kamen Porokeratosis vor. 
Vortragender hatte nun Gelegenheit zwei einschlägige Fälle dieser seltenen 


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Verhandlung!! 


und von Deutschland bisher noch nicht beschriebenen Affection in seiner 
Klinik zu beobachten. Es handelt sich das einemal um einen 14jährigen 
Knaben, der das Leiden seit seinem 3. Lebensjahre hatte, das anderemal 
um einen 12jährigen Knaben der angeblich seit 8 Jahren erkrankt war. 
Bei beiden Patienten war der rechte Handrücken afticirt, eine Prädilections- 
stelle dieser Affection. Klinisch zeigte sich die Erkrankung in Form 
kleiner warzenartiger Erhabenheiten, welche aber aus dem Centrum einer 
der rautenförmigem Figuren hervorgingen, wie sie aus der Kreuzungsstelle 
der normal an den DorsalHächen der Finger besonders deutlichen Haut¬ 
furchen gebildet werden. Sie scheinen somit den Schweissdrüsenaus- 
führungsgängen zu entsprechen. Ausser diesen isolirten Hornkegeln 
zeigten sich noch mehrere der von 31 i belli als typisch beschriebenen 
Plaques. An diesen hei der geschlängelte, erhabene, mit den Schweiss- 
drüsenporen zusammenhängende rauhe Wall auf, während im Centrum 
die Haut atrophisch war und nur einige spitze, kleine Hornkegel zu 
sehen waren. Es bestand weder Jucken noch irgend eine Spur von Ent¬ 
zündung oder Schuppung. Besonders charakteristisch war das histolo¬ 
gische Bild: das Stratum corneum ist im ganzen stark verdickt und ragt 
an vielen Stellen proptärtig nach aussen hervor. An diesen Stellen be¬ 
steht auch eine ausserordentliche Zunahme des Bete, welche sich hügel- 
förmig weit nach oben erstreckt. Die interpapillären Zapfen sind be¬ 
deutend verbreitet und in die Tiefe gewuchert. Im Papillarkörper be¬ 
finden sich ganz reichlich lang ausgezogene und verbreiterte Papillen, 
welche von einem breiten Infiltrate umgeben sind. Dieses besteht aus 
Leukocyten und Spindelzellen, während Mastzellen nur sehr spärlich an- 
zutretten sind. Diese letztere nehmen in der Tiefe zu und finden sich 
besonders zahlreich in den Schweissdrüscnglomeruli. In den hyperkera- 
totischen Stellen sieht man Hornkegel, welche in den Schweissdrüsen- 
ausführungsgang eingekeilt sind und über die Oberfläche an einzelnen 
Stellen hervorragen, an anderen ausgefallen sind. Zu beiden Seiten be¬ 
stehen warzenförmige Erhabenheiten, welche sich excentrisch ausbreiten 
und von den kleinsten Anfängen an allrnälig grosse Dimensionen annehmen. 
In diesen Excrescenzen finden sich eine grosse Zahl Schweissdriisenaus- 
fiihrungsgänge und in der Epidermis eine grosse Menge gut Färbbarer 
Gänge. Die Schweissdriisen sind in einer auffällig grossen Anzahl vor¬ 
handen und in den Glomeruli zeigen sich sehr viele Kerntheilungsfiguren. 
Die Haarfollikel fand ich an einigen, wenn auch wenigen Stellen eben¬ 
falls an dem Verhornungsproccss betheiligt. Die f rage, ob es sich hier 
um eine besondere Form der Keratosebihhmg handle, glaubt Vortragender 
mit Mi belli bejahen zu können. Dafür spricht nicht nur das klinische 
Aussehen, sondern auch der histologische Befund. 

VII. Kulisch (Halle). Demonstration mikroskopischer Prä¬ 
parate über die W i r k u n g d e s C r o t o n ö 1 e s. 

Die demonstrirten Präparate stammen von der Haut des Meer¬ 
schweinchens, des Kaninchens, der Katze, des afrikanischen nackten 
Hundes und des Menschen. Das Oel kam sowohl rein als auch in Ver- 


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der 68. Ycrsamml. deutscher Naturf. u. Aerzte in Frankfurt a M. 281 


dünnung im Olivenöl (1 : 10, 1: 100) zur Application und zwar bei den 
ersten drei Versuchsobjecten am Ohr, beim Hund auf der Rückenhaut, 
beim Menschen am Vorderarm. Nach den am Ohr wahrnehmbaren Er¬ 
scheinungen besteht bei den genannten drei Thieren die Wirkung des 
Crotonöles darin, dass — abgesehen von Hyperämie und Oedem — bei 
intacten Oberhautepithel primär eine starke Leukocyten-Auswanderung 
bezüglich Anlockung stattfindet, secundär es zur Bildung einer resp. 
mehrerer seröser fibrinhaltiger von Leukocyten absolut freier Blasen in 
der Oberhaut kommt. Beim Hund ruft das Oel bei einmaliger Anwendung 
neben geringer Röthung und Schwellung der behandelten Stelle zunächst 
Leukocytenansammlung in der Umgebung der um den Follikelausführungs¬ 
gang kranzförmig angeordneten Talgdrüsenläppchen und der zugehörigen 
Gefasse hervor. Das Endresultat ist entweder eine circumscriptc Impe¬ 
tigo in der Stachelschicht oder eine flächenhafte Eiterung, die sowohl in 
der Oberhaut, als auch zwischen ihr und Cutis ihren Sitz haben kann. 
Bei mehrere Tage hintereinander wiederholter Application des Oeles 
tritt immer wieder die leukocytenlockende Eigenschaft des Giftes zu 
Tage und es resultiren hier stets circumscripte hoch in der Oberhaut 
gelegene Impetigines, von denen die grosse Mehrzahl entweder einen 
directen Zusammenhang mit einem Haar oder doch in der nächsten Nähe 
ein solches aufweist. Der Mensch reagirt auf das Crotonöl in der Weise, 
dass zunächst Papeln auftreten, die sehr bald in Pusteln sich verwandeln. 
Dem ersteren entspricht im mikroskopischen Bilde immer eine Anschwellung 
der Umgebung des Lanugohaares und seiner Talgdrüse, das Oberhaut¬ 
epithel ist dabei intact, hingegen findet sich eine perifoliculäre aus kleinen 
grosskernigen Spindelzellen bestehende Infiltration. Gleichzeitig beginnt 
nach dem Follikelhalse hin eine Emigration von Leukocyten, die erst 
einzeln, dann in grösserer Menge das Epithel des Haarbalges durchsetzen. 
Es entsteht schliesslich eine Pustel, welche das Haar concentrisch um¬ 
gibt und unter Emporwölbung der Hornschicht und Abwärtsdrängung 
der Stachelschicht des Follikels in eine supra, resp. endofolliculäre Im¬ 
petigo übergeht. Degenerative und proliferative Processe in der Oberhaut 
fehlen, die Crotonefflorescenz ähnelt, falls man sie mit einer Hautkrank- 
keit vergleichen will, einzig der Impetigo staphylogenes Bockhardt. 

Sitzung am 24. September 1896, Nachmittags. 

I. Caspary (Königsberg). Ueber bleibende Zeichen heredi¬ 
tärer Lues. 

Vortragender spricht über verbreitete lineare Narben im Gesichte 
eines Knaben, dessen Bild er zeigt, auf dem zugleich eine Form der 
Hutch inson’schen Zähne zu sehen war, die C. für pathognomonisch 
hält und für hereditäre Zeichen gleich den erwähnten Narben. Als 3. 
von ihm beobachtetes Zeichen fasst er eine Tibiaaffection auf; der histo¬ 
logische Befund einer Narbe von dem genannten Knaben zeigt deutliche 
Narbenbildung (contra Silex) und als auffälligstes starke Zellhaufen, 


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die offenbar seit vielen Jahren bestehen, daraufhin vorgenommene Unter¬ 
suchungen zeigten auch an anderen Narben ähnliche Befunde. Deshalb 
hält C. die wichtigen Untersuchungen N eumann’s von Zellresiduen nach 
syphilitischen Producten iür der Controle bedürftig, da solche Residuen 
nach so langer Zeit von vornherein nicht recht glaublich sind. 

D i s c u s s i on. 

Ga 1 ewsky (Dresden) bemerkt Caspary gegenüber, dass die Neu* 
mann’sche Ansicht von der Persistenz des Virus in alten Narben we¬ 
sentlich gestützt wird durch das jetzt allseitig anerkannte Auftreten von 
Späterscheinungen in alten Narben speeiell an der Stelle des Priraär- 
afi'ectes. 

Rille (Wien). Prof. Neu mann ist in erster Linie von der kli¬ 
nischen Erfahrung ausgegangen, nach welcher tertiäre Veränderungen 
häutig an Stellen dort auftreten, wo in der irritativen Periode specifische 
Manifestationen vorhanden waren. Neu mann hat auch nicht bloss vom 
Pharynx und vom Perineum, also Oertlichkeiten, die so oft Läsionen 
ausgesetzt sind, anatomische Untersuchungen angestellt, sondern auch 
von der Haut des Stammes, so in einem Falle, welcher vor etwa 6 Jahren 
zur Beobachtung gelangte, wegen eines eigenartigen Syphilids. Als er 
neulich wegen einer anderweitigen gleichgiltigen Affection zur Aufnahme 
gelangte, wurde von einer Stelle, die einer früheren Effloroscenz ent¬ 
sprach, excidirt und es fanden sich die in Rede stehenden Veränderungen. 
Ganz besondere Bedeutung kommt, in dieser Beziehung der Sklerosis 
redux zu; so sind Kranke mit syphilitischen Primäraffecten an der Lippe 
beobachtet worden, die mit glatter Narbe heilten, nach 5 oder 6 Jahren 
rothbraune, knorpelharte Verdickungen an derselben Stelle wieder be¬ 
kamen. Ebenso verhält es sieh mit dem sogenannten Ulcus cronieum 
olefantiasticum vulvae, für dessen luetische Actiologie R. gegenüber 
Jadassohn und Koch entschieden ein treten muss. 

Meissner (Berlin) erwähnt im Anschluss an die Beobachtungen 
(■ aspary’s, dass bei luetischer Infection kurz nach Auftreten der Scle- 
rose vor Auftreten der Roseola die Gelasse in Ilautstellen, welche von 
der Selerose weit entfernt liegen, sich bereits verändert zeigen, eine Ver¬ 
änderung, die nach beendeter antibiotischer Behandlung schwindet. 

Jadassohn (Breslau) betont, dass die Annahme von Residuen 
zur Erklärung localer Recidive nicht nothwendig sei, sondern dass die 
bekannten Thatsachen der Provocation vollständig dazu genügen. Auch 
die Narben sind eben leichter durch Reize zu beeinflussen und können 
direct zur Provocation Anlass geben. Zellhaufen in alten Narben bat 
Jadassohn sehr oft gefunden, er betont aber, dass wir für gewöhnlich 
kein Mass der auch in normaler Haut vorkommenden Zellcninfiltra- 
tionen haben. 

Koch (Berlin) hält die operative Entfernung des PriinäralTectes 
für durchaus ungezeigt und von Erfolg begleitet. Gegenüber R i 11 e betont 
er den nicht syphilitischen Charakter des Ulcus chronicum elefuntiastieum. 


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der 68. Versamml. deutscher Naturf. u. Aerzte in Frankfurt a/M. 2S3 


Behrend (Berlin) ist der Ansicht, dass durch die Excision der 
Initialsclerose eine Cupirung der Syphilis nicht erzielt würde und führt 
dafür einen Fall an, wo nach einer früher erfolgten Totalexcision der 
Sclerose an der Unterlippe nach langen Jahren absoluter Latenz eine 
vollständige Zerstörung der Knochen der Nasenhöhle aufweist. Andrer¬ 
seits beobachtet er einen Fall von Initialsclerose am Membrum, in welchem 
sich mehrere Monate lang keine constitutionellen Erscheinungen zeigten, 
obwohl keine Excision vorgenommen wurde. 

Kollmann (Leipzig) glaubt, dass Fälle, in denen nach excidirter 
Sclerose die Erscheinungen ausbleiben, durchaus nicht beweisend seien 
für die Cupirung der Lues. Er hat folgende eigene Beobachtung; eine 
secundär luetische Puella hatte vor ihrer Ueberführung in das Kranken¬ 
haus mehrere Männer mit Lues inficirt. Bei einem dieser Patienten 
blieb es lediglich bei der Initialsclerose; allgemeine Erscheinungen konnten 
iü einer 2jährigen Beobachtungszeit nicht festgestellt werden. 

Hammer (Stuttgart). Ein Mann mit indurirtem Ulcus hat sich bei 
einer von mir mit Lues behandelten Prostituirten inficirt, bekam aber 
weder Drüsenschwellung noch Secundärerscheinungen; allerdings stellte 
sich später heraus, dass derselbe bereits früher an Lues behandelt 
worden war. 

Caspary (Königsberg). Durch die Angaben Galewsky’s und 
R i 11 e’s erscheint ihm die Thatsache der Residuen nicht erklärt. Meissner’s 
Angaben erscheinen sehr beachtenswerth und C. hat stets die Absicht ge¬ 
habt, zur Controle seiner Befunde gesunde Hautstellen zu untersuchen, 
ist aber bisher nicht dazu gekommen. 

Volmar (Kreuznach). Auf Grund von physikalischen Experimenten 
und Beobachtungen an Patienten kommt Volmar zu der Ansicht, dass 
für Luespatienten neben einer Q uecksilbercur besonders wanne Soolbäder 
geeignet sind und zwar zunächst 1. für Patienten schwächlicher Constitu¬ 
tion, 2. für Patienten mit starker Roseola und Condylomeruption, 3. für 
Patienten mit starker Adenitis. 

Gleichzeitig deraonstrirt Volmar das in der dermatologischen Zeit¬ 
schrift mitgetheilte Experiment über die pharmacodynamische Kraft der 
Kreuznacher Mutterlauge. 

II. Rille (Wien). Ueber den syphilitischen Primäraffect 
in der Vagina. 

Die erfahrensten Syphiliologen erwähnen die ausserordentliche 
Seltenheit des syphilitischen Primäraffect es in der Vagina. In einer Sta¬ 
tistik von Fournier findet sich unter 249 Sclerosen bei Frauen bloss 
ein Fall an der Vagina. Martineau sah unter 128 Sclerosen im Laufe 
von 4 Jahren bloss 2 Fälle. In Neumann’s Klinik konnten während 
der letzten 2 Jahre 9 Fälle constatirt werden, dabei war bloss zweimal 
der initiale Affect in der Vagina allein constatirt; in anderen bestand er 
neben solchen an der Vulva und Vaginalportion. Von Wichtigkeit, ist das 
Verhalten der Leistendrüsen. Diese sind bei alleinigem Sitz der Sclerose 
in der Vagina nur dann geschwollen, wenn das Geschwür im unteren 


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Drittel derselben sitzt, während in den oberen Abschnitten oder an der 
Portio befindliche, ohne äusserlich nachweisbare Drüsenschwellung viel¬ 
mehr mit solcher der abdominalen Lymphdrüsen einhergeht. Der initiale 
Affect an der Vagina hat meist den Charakter der lamelleren pergament- 
artigen Sclerose, ein kreisrunder oder länglich ovaler rothbraunglänzender 
oder matter Substanzverlust ohne unterminirtem Rand häufig mit einem 
dünnen pseudomembranösen weisslieh gelben nicht abstreifbaren Belag 
versehen. Die Ditforenzialdiagnose gegenüber weichem Geschwür aphtösen 
Eftlorescenzen oder herpetischen Erosionen ist leicht namentlich gegenüber 
den beiden ersteren. Besondere Bedeutung bat der PrimäratVeet in der 
Vagina noch mit Rücksicht auf die sehr grosse Seltenheit auch sonst für 
Manifestationen der Syphilis, insbesondere seeundärer. Möglicherweise 
handelt es sich um Sclerose in der Vagina bei der Kurzlebigkeit der 
Pergamentsclerose bei Frauen gerade in jenen nicht seltenen hallen von 
recenter Syphilis, wu man ein erst zur Eruption gelangtes, den Spalt¬ 
richtungen der Haut gemäss ungeordnetes Exanthem ohne nachweisbaren 
PrimäratVeet aber auch ohne Skleradcnitis inguinalis findet. Jedenfalls ist 
die in Rede stehende Localisation des PrimäratVectes nicht so selten, wie 
man bisher angenommen hat. 

III. Müller t Frankfurt). Untersuchungen über toxische 
Wirkung des C h r y s a r o b i n s. 

Dieselben wurden zuerst angenommen von Levin und Rosenthal. 
Mach ihren Thierexperimenten besteht doch immer vielfach Besorgniss, 
dass auch bei der Chrysarobinbehandlung grosser Körperfläehen beim 
Menschen Vergiftungen zu befürchten seien. Es wurden nun, um hier 
vielleicht Aufklärung zu schaffen, im Thierexperiment festgestellt: 

1. Die Hohe der toxischen, bezüglich tödtlichen, Dosis. Meer¬ 
schweinchen wurden subcutan mit Chrysarobinparaffin Emulsionen injicirt. 
Berechnung pro 1 Kilo Thier ergab: 0*5 Uhrysarobin gab bisweilen leichte 
Albuminurie, TO Uhrysarobin ergab schwere Albuminurie, Hämaturie 
und Exitus letalis. 

2. Die Art der Mierenläsion. Untersuchung bei weissen Mäusen: 

a) gewöhnliche Neer ose der Epithelien der gewundenen Harn- 
canälchen wie bei Chromsäure Vergiftung, 

b) Glomerulonephritis (selten). 

Derartige Intoxicationen sind nach Berechnung der Dosis auf das 
Gewicht des Menscheu bei äusserer therapeutischer Anwendung nicht 
zu befürchten. 

IV. Baer (Frankfurt a. M.). Aethylendiamincresol. 

Das von Schäfer experimentell untersuchte Aethylendiamincresol 
wurde seit ca. einem Jahre in der Hautkrankenabtheilung des städtischen 
Krankenhauses in Frankfurt a. M. geprüft, nachdem Redner dasselbe 
schon an der Noisser'sehen Klinik kennen gelernt hatte. Das Aethylen¬ 
diamincresol ist eine wasserklare farblose Flüssigkeit, fast ungiftig aus¬ 
gezeichnet durch die Fähigkeit tief in die Haut eiuzudringen uud das 
Cresol an stärkerer Desinfectionskraft übertretend. Das Mittel wurde 


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der 68. Versamml. deutscher Naturf. u. Aerzte in Frankfurt a/M. 283 


angewandt bei den verschiedensten ulcerirenden Processen. An den 
Extremitäten in Form von protahirten Bädern. Am Rumpf in Form von 
Umschlägen. Ulcera curis zeigten Heilung. Besonders zu empfehlen ist 
es für die Nachbehandlung von Höhlenwunden, z. B. Drüseneiterung, 
lupösen Erkrankungen. Besonders bei Extremitätenlupus zeigt sich die 
überhäutende Eigenschaft in hervorragendem Masse. Nach Vergleichen 
mit Jodoform, essigsaurer Thonerde Argentum nitricum, Salbe etc. ist 
der Schluss zu ziehen, dass das Aethylendiamincresol in seiner über¬ 
häutenden Wirkung den genannten Mitteln zum Mindesten gleichkommt, 
ja sie oft übertrifft. Bei Gonorrhoe ist es wie bei Eczem und Psoriasis 
ziemlich unwirksam. 

V. Karl Herxheimer (Frankfurt a. M.). Impetigo contagiosa 
vegetans. 

Nach i. c. kommen wie bei Pemphigus und anderen Blasen- und 
Pustelerkrankungen Wucherungen als Complieationen vor, von denen H. 
3 Fälle im Spital, 2 ambulant beobachtet hat; histologisch fand er mitten 
in der Epidermis eine Zone, in welcher durch das Oedem das Protoplasma 
derart verändert war, dass es sich färberisch nicht darstellen liess. 
Bezüglich der näheren Details verweist H. auf seine ausführliche Arbeit 
im Archiv für Dermatologie. Da inzwischen sich diese Zoue auch in 
einer Wucherung nach Pemphigus gefunden hat, so glaubt H., dass die 
Anwesenheit derselben im Stande wäre, eine Wucherung nach Blasen¬ 
erkrankung der Haut zu diagnostieiren. 

Hammer (Stuttgart) fragt den Vortragenden nach der Localisation 
der Impetigo contagiosa vegetans. 

Karl Herxhe im er (Frankfurt a. M.) erwähnt, dass die Localisation 
nicht nur im Gesicht, sondern auch auf Beinen und Armen auftrete, 

II. Gemeinsame Sitzung mit der gynäkologischen Section. 

Dienstag den 22. Sept. 1896. Vormittags. 

Der heutige Stand der Gonorrhoefrage. 

Ref.: Ernst R. W. Frank (Berlin) und Gottschalk (Berlin). 

I. Neisser (Breslau). I. Die Gonococcen-Untersuchung bezweckt: 

1. sichere Feststellung der gonorrhoischen Infection als Ursache 
klinischer Symptome und pathologischer Veränderungen. 

2. Feststellung noch bestehender oder 9chon beseitigter Infectio- 
sität bei den, der Gonorrhoe verdächtiger Personen. 

II. Die erste Aufgabe ist wesentlich eine wissenschaftliche. Je mehr 
(besonders im Laufe der letzten Jahre) die wissenschaftliche Gynäkologie 
den früher auf unsicherer (anamnestischer etc.) Basis aufgebauten Syrap- 
tomencomplex der weiblichen Gonorrhoe, speciell der ascendirenden und 
residualen Processe, durch den Nachweis, wie weit die Gonococcen allein 
oder in Verbindung mit anderen Krankheitserregern die einzelnen Er- 


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'2bü 


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krankungsformen zu erzeugen vermögen, geprüft und als wirklich gonor¬ 
rhoische bewiesen hat, um so eher kann bei den genannten Adnex¬ 
erkrankungen die klinische Untersuchung und Diagnostik auskommen, 
ohne den in jedem einzelnen Falle wieder neu zu erbringenden ätiolo¬ 
gischen, d. h. Gonococcen-Nachweis. Es ist demgemäss (namentlich für 
den Symptoineneomplex der ascendirenden und residualen Gonorrhoe) der 
Gonococcen-Nachweis zwar stets eine erwünschte Stütze der Diagnose,, 
aber nicht ein unbedingtes Erforderniss, um so weniger je mehr Anam¬ 
nese und eine Anzahl von bekannten, auf Gonococcen-Infection zurück¬ 
zuführenden Symptomen vorliegen. 

Bei diesen Formen der Gonorrhoe ist der Gonococcen-Nachweis 
um so weniger nothwendig, je mehr das ärztliche (sehr häutig operative) 
Handeln durch die vorhandenen schweren Erkrankungsformen selbst, 
und nicht durch die Aetiologie bestimmt wird — wenn auch für das 
Verhalten des Operateurs (nach Schauta) es nicht gleichgiltig ist, ob 
Gonococcen oder andere Bakterienarten die Ursache der zu beseitigenden 
Eiterungen u. s. w. abgeben. 

III. ( lanz anders liegt es bei der Gonorrhoe der externen Schleim¬ 
häute und bei der Beurtheilung aller nach Aussen hervortretenden Se- 
crete. Hier ist durch klinische Erfahrung festgestellt, dass die makro¬ 
skopische Untersuchung weder der Schleim haut Veränderungen noch der 
Secrete nach keiner Bichtung hin genügt zur Diagnose der Gonorrhoe 
d. h. einer, durch Gonococcen entstandenen Erkrankung mit noch beste¬ 
hender, durch Gonococcen-Anwesenheit bedingter Infectiosität. 

Klinische Erscheinungen können in deutlichster Weise vorhanden 
sein, theils hervorgerufen durch andere Ursachen als Gonorrhoe, theils 
als Resterscheinungen nach längst erfolgter Beseitigung der Gonococcen. 

Klinische Erscheinungen können vollkommen fehlen trotz Anwe¬ 
senheit der Gonococcen, also: nur die Gonococcen-Untersuchung kann dio 
Diagnose und damit zugleich die Bedeutung eines Falles als eventuelle 
Infectionsque 11 e feststellcn. 

Klinische Erscheinungen, besonders weun sie zum Sänger’schen 
Symptomen-Uomplcx vereinigt sind, werden selbstverständlich ganz be¬ 
sonderen Verdacht auf etwaige Gonorrhoe erwecken und damit die Noth- 
wendigkeit besonders sorgfältiger Gonococcen-Untersuchung ergeben. 

Mangel klinischer Symptome ist keinerlei Unterlage für die Aus¬ 
schliessung einer Gonorrhoe-Diagnose. 

IV. Es ist demgemäss bei jeder, der Gonorrhoe verdächtigen Person 
zu untersuchen 1. die Urethra, 2. die, die Urethralmündung umgebenden 
Buchten und Falten, 3. der Cervical-Canal und 4. die Ausführungsgänge, 
resp. das Secret der B a r th o 1 i n i’schen Drüsen. 

Viel grössere Aufmerksamkeit als bisher ist der Rectal-Untersuchung 
zuzu weisen. 

Vulva und Vagina sind bei älteren Personen und nach häutigerer 
Cohabitation fast nie Sitz der Gonorrhoe. Dagegen ist die übrigens meist 


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der 68. Versamral. deutscher Nuturf. u. Aerzte in Frankfurt a/M. 287 


durch indirecte Infection zu Stande kommende Vulvovaginitis gonorrhoica 
sehr häufig bei Kindern. 

V. Für Gonorrhoe charakteristische und durch Gonococcen hervor¬ 
gerufene Veränderungen der Vulvar- und Urethral-Schleimhäute gibt es 
nicht. Papillome, Carunkeln, Erosionen u. s. w. sind nur als Fingerzeig 
zu besonders sorgfältiger Untersuchung für die Diagnose von Bedeutung. 

VI. Trotz der ungeheuren Dienste, welche das (Bumm-Werthheim- 
sche) Culturverfahren für die Gonorrhoe-Lehre geleistet hat, ist für die 
diagnostischen Zwecke die mikroskopische Secret-Untersuchung fast in 
allen Fällen die allein brauchbare. Ein geübter Untersucher ist. bis auf 
verschwindende Ausnahmefälle im Staude, Gonococcen von anderen Diplo- 
coccenarten zu unterscheiden. 

VII. Die Annahme, dass die sogenannte „schleichende“ Gonorrhoe 
der Weiber von Gonococcen mit verminderter Virulenz herrühre, ist eine 
vollkommen unerwiesene. Auch die von ganz chronischen Fällen herrüh¬ 
renden Gonococcen sind voll-virulent. 

Eine erworbene Immunität gegen Gonococcen gibt es nicht, da¬ 
gegen eine Angewöhnung an die auf der Schleimhaut gewucherten. 

VIII. Der unbedingte Wert positiver Gonococcen-Befunde ist selbst¬ 
verständlich zuzugeben. 

Negative Gonococcen-Befunde gestatten nicht ohne Weiteres den 
Schluss, dass Gonococcen auch wirklich fehlen, da wir wissen, dass sie 
theils in tiefen Epithel-Lagen, theils in Buchten und Falten der Schleim¬ 
haut verborgen sein können. Es bedarf daher in solchen Fällen stets 

1. häufig wiederholter Untersuchungen 

2. der Zuhilfenahme provocatorischer (chemischer oder mecha¬ 
nischer) Irritationen. 

Die Gonococcen-Untersuchungen werden um so sorgsamer gemacht 
werden müssen, je deutlichere klinische Merkmale (eventuell endoskopisch) 
fcstgestellt und die eitrige Beschaffenheit der Secrete sowie ein auffallend 
leichtes Recrudesciren des Entzündungsprocesses vorhanden ist. 

IX. Die Gonococcen-Untersuchung ist aber nicht nur nothwendig 
zur ersten Diagnose in allen Fällen, sondern sie stellt auch die einzig 
brauchbare und daher unentbehrliche Controle für den durch die Be¬ 
handlung erzielten Erfolg dar. Aus der Thatsache, dass trotz vollkommenen 
Schwindens aller subjectiven Beschwerden und aller makroskopisch wahr¬ 
nehmbaren Erscheinungen Gonococcen Zurückbleiben können, geht hervor, 
dass ohne Gonococcen-Untersuchung eine Unzahl von Fälleu ungeheilt 
aus der Behandlung entlassen wurde. 

Diese ungeheilten Fälle aber sind 

1. die Hauptmasse der chronischen Jnfectionsquellen und 

2. der Ausgangspunkt für die ascendirenden Formen (und Meta¬ 
stasen) der weiblichen Gonorrhoe. 

X. Das Princip der Therapie darf daher nicht gerichtet sein nur 
auf die Beseitigung der subjectiven Beschwerden und der klinisch wahr- 


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nehmbaren Entzündungserscbcinungen, sondern auf die Beseitigung der 
Gonococcen. 

XI. Dieses Ziel erreichen wir: 

1. Durch Anwendung solcher Medicamente, welche 

a ) schon in so schwachen Cencentrationen angewendet werden 
können, dass die Schleimhaut dadurch nicht irritirt und 
lädirt wird, 

b) Gonococcen tödten, 

c) dabei durch chemische Bindungen mit Eiweiss und Mucin- 
körpern ihre baktericide Eigenschaft nicht verlieren. 

Solche Mittel sind in erster lleihe: Silbersalze (Argentamin, Ar¬ 
gonin, Argentum nitrieum, Actol, Itrol) ferner das Hydrargyrum oxy- 
cyanatum und das Ichthyol. 

2. Indem wir diese Medicamente durch geeignete Methoden und 
Apparate mit allen Theilen der (möglicherweise inficirten) Schleimhaut 
in Verbindung bringen. 

8. Indern wir die Behandlung so zeitig wie irgend möglich be¬ 
ginnen. Nur die Anwendung der oben genannten Gonococcen tödtenden 
Mittel gestattet die Behandlung in so frühem Stadium, weil nur durch 
sie die Gefahr einer Verschleppung auf noch nicht inficirte Theile aus¬ 
geschlossen ist. 

Beseitigung der Gonococcen vor dem Asceudiren derselben muss 
das Hauptziel der Behandlung der weiblichen Gonorrhoe sein. 

XII. Die Gonorrhoe-Prophylaxe besteht: 

1. In einer sorgfältigeren, nach denselben Principien mit Zuhilfe¬ 
nahme der Gonococcen-! Intersuchung vorzunehmenden Gontrole der 
Männer vor der Verheiratung. 

2. ln einer sorgfältigeren die Gonorrhoe berücksichtigenden Gontrole 
der Prostimirten; denn diese sind es, welche ihrerseits die Hauptquelle 
der Infection für die Männer darstellen. 

8. In einer allgemeineren und besseren Ausbildung aller Aerzte 
auf dem Gebiete der venerischen, also auch gonorrhoischen Erkrankungen 
durch Errichtung von Kliniken auf allen Universitäten und durch Ein¬ 
führung dieser Disciplin in die staatliche Prüfungsordnung. 

Ref. Frank. 

II. Sänger (Leipzig). lieber residuale Gonorrhoe. 

Die durch die Gonococcen gesetzten entzündlichen Processe können 
nach dem Verschwinden der Gonococcen aus Secreten und Geweben fort- 
bestehen a) als chronische, b) als scheinbar recidivirende, c) als persisti- 
ronde Entzündungsprocesse. Diese pathologischen Zustände im Gefolge 
der gonorrhoischen Infection bezeichnet 8. als residuale Gonorrhoe. 

Der Unterschied zwischen der acuten und chronischen Gonorrhoe 
liege oft mehr in dem Zeitmass seit der stattgehabten Infection als in 
einer für das acute Stadium stärkeren Intensität oder einer gleich von 
Anbeginn höchsten Extensität ihres Auftretens. Nur in klinischer Be¬ 
ziehung könne man eine typische und eine atypische Verlaufsform der 


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der 68. Yersamral. deutscher Naturf. u. Aerzte in Frankfurt a/M. 289 


acuten Gonorrhoe unterscheiden, die erstere verlaufe unter dem Bilde 
der acuten Gonorrhoe des Mannes, die letztere dem Gynäkologen mehr 
begegnend als dem Dermatologen, mehr schleichend und subjectiv symptom- 
los. Scharfe Uebergänge in das chronische Stadium lassen sich für keine 
dieser beiden Formen herleiten. Grundbedingung für die Annahme beider 
Stadien, der acuten und chronischen, sei neben den klinischen Erschei¬ 
nungen der positive Nachweis von Gonococcen. 

Der Begriff der „latenten“ Gonorrhoe sei endgiltig fallen zu lassen, 
auch in der Deutung „Latenz der Gonococcen“ lasse er sich nicht auf¬ 
recht erhalten. Die sog. „latente“ Gonorrhoe sei entweder eine Exacer¬ 
bation einer chronischen Gonorrhoe oder eine Neuinfection, oder eine 
chronische oder endlich das, was S. als residuale Gonorrhoe definirt. 

lieber die Lebensdauer des Gonococcus sei noch nichts Sicheres 
bekannt. Der negative Gonococcenbefund in relativ frischen Tubensäcken 
und Ovarialabscessen spreche dafür, dass wenigstens in diesen geschlos¬ 
senen Organtheilen sich seine Lebens- und Vermehrungsfähigkeit in kurzer 
Zeit erschöpfe. Aber auch an den nach Aussen offenen Abschnitten des 
Sexualapparats kommen auf ursprünglicher gonorrhoischer Infection be¬ 
ruhende chronische Erkrankungen bei negativem Gonococcenbefund vor, 
die also nicht auf der Gegenwart und Wirksamkeit von Gonococcen be¬ 
ruhen, sondern auf den durch diese primär gesetzten gewebl. Verände¬ 
rungen z: residuale Gonorrhoe. Vortr. geht dann unter Vorlage von Ab¬ 
bildungen speciell auf die Formen und Zeichen der residualen Gonorrhoe 
ein, den Genitaltractus von der Vulva aufwärts verfolgend. Als solche 
bezeichnet er: 

1. An der Vulva a) die Vulvitis maculosa (persistens) flohstichartige 
Maculae rings um die Mündungen der Bartholin’schen Drüsen und um¬ 
schriebene, dunkelrothe Flecken ringsum der paraurethralen Gänge; hi¬ 
stologisch: tiefgreifende Entzündung des Papillarkörpers und starke Ver¬ 
dünnung des Epithels, b) Die Adenitis glandulae Bartliolini scleroticans 
Defecte aussen und unten von der Drüsenmündung, sowie die Mehrzahl 
von Cysten der Gl. Bartholini. 

2. An der Urethra: Urethritis maculosa externa (persistens) ver¬ 
schiedene Formen der chronischen Urethritis, Stricturen (Tenesraus!), 
letztere oft mit chron. Urethritis combinirt; Periurethritis chron., dabei 
ist die ganze Urethra in starres Rohr verwandedt. 

3. An der Vagina: Colpitis maculosa (persistens) und granularis 
persistens (papullosa Naumann). Colpitis maculosa und granularis kommen 
sehr gewöhnlich neben einander vor und stellen sich bei der Behandlung 
mit 50°/ 0 Chlorzinklösung in Gestalt eines schneeweissen Sternhimmels 
im Fergusson'schen Speculum dar. Einzelne Fälle vpn Colpitis atro¬ 
phicans (obliterans), von Colpitis senilis hämorrhagica, viele Fälle von 
Pruritus vulvae beruhen sicher auf gonorrhoischer Grundlage. 

4. Am Uterus: a) Endometritis und Metro-Endometritis chron. 
postgonorrhoica residualis, hierher gehören zahlreiche Fälle von Endo¬ 
metritis, welche bisher entweder der chronischen Gonorrhoe zugetheilt 

Archiv f. Dermatol, u. Syphil. Band XXXVII. 29 


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\ erhandlungen 


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wurden, oder welchen man einen Zusammenhang mit Gonorrhoe abstritt. 
h) Perimetritis chronica postgonorrhoica, keine Theilerscheinung einer 
Pelioperitonitis diffusa. 

6. Adnexa uteri und Beckenbauchfell: Salpingitis, Peri-Salpingitis 
Oophoritis, Peri-Oopboritis, Pelioperitonitis chron. residualis. Dahin sind 
ursprünglich eitrige Erkrankungen der Adnexa und des Beckenbauchfells 
zu rechnen, wo die Eiteransammlung serösen Ergüssen, bindegewebigen 
Verdichtungen, Strängen, cystischen und pseudoeystischen Bildungen 
(Follicularcy8ten des Ovariura, Cysten des Mesosalpingium, Lymphocelen, 
Hydrosalpinxsäcken), die als Retentionscysten zu deuten sind, Platz ge¬ 
macht hat. Entzündliche Nachschübe können Vorkommen. Frische Ent¬ 
zündung kommt bei residualen Adnexerkrankungen nur selten vor: eine 
recidivirende Perimetritis im Sinne Noeggeraths lässt, sich heute nicht 
mehr aufrecht erhalten. Ob die so häutigen, narbigen Residuen einer 
früheren Parametritis puerperalis auch gonorrhoischen Ursprungs sein 
können, hängt von dem noch ausstehenden Nachweis des Gonococcus im 
acuten pararaefritischen Exsudat ab. 

6. Rectum: Ein grosser Tlieil der Mastdarmstricturen ist hochwahr¬ 
scheinlich gonorrhoischen Ursprunges. Auf gonorrhoische Residuen an 
Herz und den Gelenken geht S. nicht weiter ein. 

S. gesteht zu, dass einzelne der vorstehend beschriebenen Formen 
wie die Vulvitis maculosa, Colpitis maculosa und granularis, Endometritis 
noch zum Gebiet der chron. Gonorrhoe gehören können, wenn auch in 
der grossen Mehrzahl der Fälle Gonococcen bestimmt fehlen und damit 
die Gonorrhoe ein>e residuale geworden ist. 

Gerade darauf, dass diese Befunde auch bei chronischer Gonorrhoe 
mit positivem Gonococcennachweis vorhanden sein können, stützt sich 
zum Theil die klinische Diagnose der residualen Gonorrhoe wie anderen- 
theils auf die charakteristische Anamnese, sowie die als specifisch go¬ 
norrhoisch bekannten krankheitlichen Veränderungen am Sexualschlauche. 
Also auch ohne Gonoeoccenbefund lässt sich an der Hand der geschil¬ 
derten Zeichen auf den gonorrhoischen Ursprung gewisser krankhafter 
Veränderungen am Sexualschlauch zuriickschliessen, das ist auch für eine 
erfolgreiche Behandlung von Belang. Ref. Gottschalk. 

III. Bumm (Basel) stimmt N e i s ser bei, bezüglich seiner Bemerkungen 
zur Diagnose des Trippers. So lange noch acute Erscheinungen besonders 
an der Harnröhre bestehen, könne man allerdings auch allein aus kli¬ 
nischen Symptomen die Gonorrhoe diagnosticiren nicht aber in Fällen 
chronischer Gonorrhoe der Cervix und des Uterus; hier sei die mikro¬ 
skopische Untersuchung der Secrete, der sichere Nachweis des Gonococcus 
unerlässlich. Gegenüber Sänger kann sich B. nicht zur Annahme einer 
schleichenden Entwicklung der Gonorrhoe bei der Frau verstehen: der 
in oder auf der menschlichen Schleimhaut vegetirende Gonococcus be¬ 
halte seine volle Virulenz für gesunde Schleimhäute bei und mache hier 
stets, gleichgiltig ob Mann oder Frau betroffen, acute Entzündungen. 
(Beweis: die acute Ophthalmoblennorrhoe des Neugeborenen in Folge von 


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der 68. Versamml. deutscher Naturf. u. Aerzte in Frankfurt a/M. 291 

chronischer Gonorrhoe der Mutter und die acute Harnröhrengonorrhoe, 
welche die Männer sich bei Frauen mit ganz chronischer, symptomlos 
bestehender Gonorrhoe der Harnröhre und der Cervix holen). Der Go- 
nococcus könne bei chronischer Gonorrhoe unbegrenzte Zeit 5, 10 und 
mehr Jahre virulent bleiben. 

Den TVerth der von Sänger angeführten Zeichen der residualen 
Gonorrhoe möchte B. nicht zu hoch anschlagen, nur den Eitertropfen, 
der sich aus der Mündung der Bartholin’schen Drüsen oder der Drüsen 
um die Harnröhre etc. herausdrüeken lasse, sei beweisend, nicht aber 
harbe, Sitz oder Form einer Macula. Die Papillome der äusseren Geni¬ 
talien und die papilläre Vaginitis halte er mit Keisser für nicht gonor¬ 
rhoisch. Wie nach dem Absterben der Cocctn ein actives Fortschreiten 
des Processes bei residualer Gonorrhoe hervorgerufen werden könne, sei 
ihm durch die Ausführungen Sängers nicht klar genug geworden. Habe 
man früher die Bedeutung der gonorrhoischen Infection unterschätzt, so 
neige man jetzt zum entgegengesetzten Fehler und führe alles Mögliche 
auf sie zurück. Demgegenüber muss B. auch heute noch daran festhalten, 
dass der Gonococcus ein reiner Schleimhautparasit ist und — von 
besonders disponirenden, sehr seltenen Umständen abgesehen — über die 
Schleimhaut nicht hinausgeht, hier sich, besonders in den chronischen 
Stadien, ganz oberflächlich auf dem Epithel ansiedelt, chronischen Reiz¬ 
zustand und Absonderung unterhält. Die vereinzelten entgegenstehenden 
Beobachtungen, welche ein tieferes Eindringen der Gonococcen nach Art 
der septischen Mikroorganismen in das Bindegewebe darthun sollten 
(Dinkler, Wertheim, Jadassohn), erklären sich durch accidentello 
Schädigung der Gewebe, welche in diesen vereinzelten Fällen gonor¬ 
rhoischen Eiter in das Bindegewebe austreten Hessen. Wenn M ad lener 
gemäss der Vermuthung von Wertheim in einem Falle Gonococcen bis 
in die Uterus muskulatur und durch sie hindurch verfolgt haben will, so 
habe B. an dem ihm von Mad lener übersandten Präparat nichts von 
Gonococcen gesehen. Auch die Untersuchung 6 eigener gonorrhoischen 
Uteri nach der Exstirpation und an gonorrhoischen Schleirahautpartikeln 
liess ein tieferes Vordringen der Gonococcen ins Gewebe vermissen. 
Seine frühere Mittheilung, dass Gonococcen ins subcutane Gewebe ohne 
Beaction injicirt werden können, sei von Sch äff er und Steinschneider 
neuerdings bestätigt worden. 

Die Gesammtprognose der Infection beim Weibe hänge davon ab, 
wie häufig Endometrium und Tube mitergriffen werde. Dies sei nur an 
einem von Anfang an zweckentsprechend behandelten und bis zur völligen 
Heilung ununterbrochen sachverständig beobachteten Krankenmaterial 
zu eruiren. B. verfügt über 74 solcher Fälle, davon hatten 69 “93% 
Harnröhrentripper, 53 “ 70% Cervixtripper, IG “23% Corpus- und 
7 “ 10% Tubengonorrhoe. Doch seien die Zahlen noch zu klein, die 
Fälle zum Theil noch zu jungen Datums, um anzunehmen, dass sie der 
Wirklichkeit entsprächen, zumal das Fehlen der Corpusgonorrhoe le¬ 
diglich aus der Abwesenheit dai aufhinziclender Symptome festgestellt wurde. 

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Doch gehe aus diesen Zahlen hervor, dass die Prognose bei ent¬ 
sprechender Behandlung keine allzuschlimrue sei. Vernachlässigung der 
Krankheit, fortgesetzter Verkehr mit dem gonorrhoisch kranken Mann, 
Geburten und Wochenbetten verschlimmerten die Prognose bedeutend. 

Durch geeignetes diätetisches Verfahren gelinge es, die ascendirende 
Gonorrhoe hintanzuhalten. Bei Infeetion der Tuben soll man nicht ohne 
weiteres zum Messer greifen, vielmehr möglichst conservativ verfahren. 
Setze die Behandlung möglichst frühzeitig ein, gleich beim ersten Anfall, 
90 könne man durch wochenlange Buhe und resorbirende Behandlung die 
grösste Mehrzahl der Tubeninfection heilen, allerdings gehöre Geduld 
dazu. Nur solche Fälle, wo die Tube zu einem grossen Eitersack mit 
papierdünnen Wandungen ausgedehnt ist, müssen operirt werden und 
zwar nach der Ansicht von B. nicht mittelst der Salpingotomic, sondern 
durch die vaginale Exstirpation von Uterus mit sammt der Tubensäcke. 

Ref. Gottschalk. 

IV. Touton (Wiesbaden), lieber Provocation latenter Gono- 
eoccen b eim Mann e. 

Die Diagnose der Nichtübertragbarkeit einer Gonorrhoe bei noch 
vorhandenen catarrhalischen Erscheinungen kann erst dann als gesichert 
gelten, wenn es auch durch sogenannte „provoeatorische“ Massnahmen 
nicht gelingt, Gonococcen in dem vorher davon frei befundenen Secrete 
zum Erscheinen zu bringen. 

Als „Provocationsmittel u können in Anwendung kommen: reich¬ 
liches Trinkenlassen von Bier oder Sect, Injectioneu von Argentum nitrieum 
oder Argentarnin, womöglich in Form Diday’scher Spülungen der ganzen 
Urethra, Einführen von Bougies, vorzugsweise der Sondes ä boule und 
Auswischen der Urethra mit denselben, Ausdrücken der Drüsen und 
Follikel über dem eingeführten Bougies, Dehnungen, Ausdrücken der 
Prostata und Samenblasen. 

Die im Laufe desselben oder des folgendem Tages im Secrete 
erscheinenden Gonococcen und die gewöhnlich damit Hand in Hand 
gehende Eiterbildung schwinden in der überwiegenden Mehrzahl der Palle 
unter geeigneter Behandlung auffallend rasch, wahrscheinlich wegen der 
relativen Immunität der Urethraloberdäche gegen die eigenen Gonococcen. 

Ausnahmsweise geschieht dies aber nicht, sondern es kann sich an 
ein solches „artificielles Reeidiv“ ein länger dauernder gonococcenhaltiger 
Eiterausfluss mit allen Gefahren einer frischen Infeetion oder eines natür¬ 
lichen Recidives, besonders Epididvmitis anschliessen. Dieses Verhalten 
ist wahrscheinlich begründet in dem Verluste der Immunität seitens der 
Urethra gegen die eigenen Gonococcen während der Zeit des Ein¬ 
schlusses in dem Versteck. 

Mit Rücksicht hierauf müssen wir die Patienten vorher auf diese 
Chancen aufmerksam machen mit besonderer Betonung des Umstandes, 
dass, wenn wir di e vermut beten latenten Gonococcen ruhig sitzen lassen, 
dieselben doch eher oder später hervorkommen und event. zur sofortigen 
Infeetion der Frau nach der Heirat Veranlassung geben können. Dies 


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der t>8. Versamml. deutscher Naturf. u. Aerzte in Frankfurt a/M. 293 


umsomehr, als wir durchaus keinen sicheren Anhaltspunkt haben, in wie 
viel Zeit Gonococcen in ihren Schlupfwinkeln spontan zu Grunde gehen 
resp. ihre Infectionskraft verlieren. 

Wenn in einem zweifelhaften Falle nach zehnmaliger Auspülung 
der Urethra totalis nach Diday mit Argentum nitricum oder Argentamin 
(0*05—0’1: 200*0) im Laufe von 20 Tagen, nach Untersuchung der Urethra 
mit einer dicken Sonde ä boule (21—25 Charr.) und nach mehrfachem 
Ausdrucken der Prostata resp. Samenblasen keine Gonococcen im Secrel 
erschienen und letzters eher ab- als zunahm oder ganz schwand, so kann 
man den Patienten als gefahrlos betrachten, wenn man ihm auch in 
seinem eigenen Interesse zu einer Behandlung eines event. Restcatarrhes, 
Infiltraten und Verengungen, Knotenbildungcn in der Prostata etc. 
rathen muss. 

Discussion. 

Kie fer (Berlin) berichtet über die praktischen Conscquenz* n seiner 
bakteriologischen Untersuchungen an der A. Martin'sehen Klinik. Es 
kam zur genauen mikroskopischen und culturellen Verarbeitung einer Serie 
von 40 Pyosalpingitiden und Ovarialabscessen, bei welchen durchweg das 
Peritoneum mit Eiter verunreinigt wurde. Keine von diesen Patientinen 
ist der Jnfection des Peritoneums durch ihren eigenen Eiter erlegen, viel¬ 
mehr war glatte Heilung die Regel. Die Ursachen sind darin zu suchen, 
dass in abgeschlossenen Eitersacken sämmtliche Bakterien — 
ohne Ausnahme — der Dauereinwirkung ihrer eigenen überproducirteu 
Toxine erliegen. Es wurde dafür ein Mittel etwa 3 / 4 Jahr — vom Beginn 
der Peritonealaffection an gerechnet — gefunden. In mit der Oberfläche 
communicirenden Höhlen dagegen hält sich die Virulenz lange. Ausserdem 
ergab sich, dass die culturelle Untersuchung die mikroskopische an prak¬ 
tischer Verwerthbarkeit um */ 4 —übertraf. 

B a c r (Frankfurt) theilteinige Angaben aus dem städtischen Kranken¬ 
haus mit, bezügl. der Verhältnisse der von Aerzten als gonorrhoisch 
eingelieferten und darauf als solchen bestätigten Fälle. 

Neuberger (Nürnberg) wendet sich gegen die von Sänger 
angeführten Zeichen der Gonorrhoe. Er hält die in Präparaten hier und 
da auffindbaren Ausgüsse der Drüsenalveolen für die Diagnose der chroni¬ 
schen Gonorrhoe für beachtenswerth und glaubt auf deren Vorhandensein 
in allen Fällen achten zu müssen. Ref. Frank. 

Sänger weist die Kritik Neubergers zurück und bekennt 
sich als Märtyrer der klinischen Gonorrhoelehre, welche suchen 
müsse ohne Gonococcen auszukommen, wo ßie ganz einfach nicht 
mehr da seien, obgleich die durch sie gesetzte Erkrankung noch 
fortbestehe bezw. ihre sicheren Spuren hinterlassen habe. Er sei auf den 
Widerspruch derer, welche in dem positiven Nachweis von Gonococcen 
das A und 0 jeder Gonorrhoe-Diagnose, ja jeder Gonococcenforschung 
erblicken, gefasst gewesen. Wenn Bumm meine, dass die „Maculae 4 * 
auch ohne gonorrhoische Infection vorkäme z. B. bei jung verheirateten 
Frauen, so unterscheiden sich diese rasch heilenden Formen von den 


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294 Verhandlungen 

echten und bleibenden Maculae postgonorrhoicae, bei denen es sich um 
eine schwere chronische Entzündung handelt. Zwischen dem Verhalten 
der gonorrhoischen Infection bei Prostituirten und den Frauen der ge¬ 
wöhnlichen, gynäkologischen Praxis bestehe ein wesentlicher Unterschied. 
Die postgonorrh. Entzündung der Adnexa erlösche doch nicht gleich mit 
dem Schwinden der Gonococccn; frische entzündliche Nachschübe ohne 
neue Infection seien möglich, aber gewiss selten. Wenn Buram bei sorg¬ 
fältiger Behandlung seiner ausgewählten Fälle von Anbeginn noch 10% 
Tubenerkrankung erlebt habe, so spräche das nicht für die von letzterem 
befürwortete mildere Auflassung der Gonorrhoe. Auch sei es ein Wider¬ 
spruch, wenn Bumm einerseits einer weitgehenden, abwartenden Be¬ 
handlung der eiterigen Adnexerkrankungen, andererseits der vaginalen 
Radiealoperation das Wort geredet habe. lief. Gottschalk. 

Klein (München) betont die Wichtigkeit der culturellen Prüfung. 

Gas pari (Königsberg) glaubt Fälle annehmen zu dürfen, wo Gouo- 
coreen vorhanden sind, aber dem Individuum selbst keine Erscheinungen 
machen. Sollten diese auch für andere Menschen infectiös sein? 

Neisser (Breslau) vertheidigt in seinem Schlussworte zunächst 
Neuberger gegen Sänger und betont, dass die Maculae und sonstigen 
von Sänger angegebenen Symptome zwar klinisches Interesse darbieten, 
für die Diagnose aber ganz werthlos sind. Er muss sich mit B u ra ru 
gegen die Aufstellung der sogenannten „atypischen, schleichenden“ Infec- 
tionen erklären. Diese Infectionen kommen ganz typisch zu Stande, 
einfach durch direct« Cervix-Infectinnen; sie rühren in der That häutig 
her von sogenannten chronischen Gonorrhoen der Männer, aber nicht weil 
etwa die Conococcen weniger virulent wären, sondern weil ganz natür¬ 
licher Weise die spärlichen Secretmengen und die spärlichen Oonococcen, 
wie sie bei einer chronischen Gonorrhoe vorhanden sind, bei der Coha- 
bitation gar keine Gelegenheit haben, die Urethra direct zu inliciren; sie 
werden sehr häutig erst mit der Kjaculation herausbefördert und können 
auf diese Weise nur den Cervix inliciren. So fehlen dann die alarmi- 
renden Zeichen der Urethraleiterung. Uobrigens beruhe auch die Ansicht, 
dass derartige Verhältnisse bei Prostitutionsmaterial sich anders abspielen 
wie bei anderen Frauen auf ganz willkürlicher Annahme. Es sei dann 
die Bede gewesen von der Lebensdauer der Gonococccn und im Verlaufe 
der Discussion gesagt worden, dass Erfahrungen vorliegen, wonach die 
Gonococccn viele Jahre lang ihre Virulenz behalten. Diese Thatsache 
aber müsse dazu führen, in jedem Fall, in dem Gonococcen nachweisbar 
sind, eine energische antibacterielle Therapie einzuleiten. Man darf nicht, 
wie Caspary, auf glückliche Zufälle rechnen, dass von solchen „harm¬ 
losen 4 Menschen keine weitere Uebertragung stattfinden würde. N. hebt 
hervor, dass die von B u m m betonte Eigenthümliehkeit der reinen Epithel¬ 
erkrankung von grosser Bedeutung sei, ohne besondere Veranlassung gehen 
die Gonococcen auf keinen Fall in andere Gewebe. Schliesslich wendet 
er sich gegen die in der Discussion mehrfach aufgetretene Behauptung 
von der Gefährlichkeit, mehrfacher Gonoeoccen-Infectionen während der- 


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der 68. Versamml. deutscher Naturf. u. Aerzte in Frankfurt a/M. 21)5 


selben Erkrankung. Er kann sich nicht vorstellen, dass in diesem Hinzu¬ 
treten einiger neuer Gonococcen zu den schon einmal deponirten und 
noch anwesenden eine besondere Gefahr liegen solle. Was gewöhnlich 
als „neue Infection“ bezeichnet wird, wird richtiger zu bezeichnen sein 
als Hinzutreten aller der, durch ungeeigneten Lebenswandel, durch Excesse 
in Baccho etVenere geschaffenen Schädlichkeiten, welche Verschlimmerun¬ 
gen und Verschleppungen des Leidens verursachen. Ref. Frank. 


III. Weitere Gonorrhoe-Verhandlungen. 

Ref.: Ernst R. W. Frank (Berlin). 

I. Goldberg (Köln). Albuminurie bei Gonorrhoe. Die mit 
etwas verbesserten Methoden angestellten Untersuchungen haben ergeben, 
dass in etwa */ 7 der Fälle von Gonorrhoe wahre Albuminurie vorkommt. Die¬ 
selbe ist selten durch örtliche aufsteigeude Ausbreitung der Entzündung, 
Öfter durch metastatische Infection oder Intoxication bedingt. Dafür 
spricht ihre Unabhängigkeit vom Harndrang, ihre Häufigkeit, ihre Ent¬ 
stehungszeit auf der Höhe der Infection, ihr Zusammenfallen mit anderen 
gonorrhoischen Metastasen, ihre Beeinflussung durch antigonorrhoische 
Behandlung, endlich der von Goldberg in einem Falle geführte Nach¬ 
weis epithelialer Niereneylinder, ohne die Erscheinung von Pyelitis. 

Dis cussion. 

Mankiewicz (Berlin) fand bei der Untersuchung über Albumi¬ 
nurie bei ersten acuten unbehandelten Gonorrhoen bei 44 Fällen 14 Mal 
Albuinen. Er untersuchte erst die zweite Portion nach Entleerung von 
150 Ccm. Als Reagenz benutzte er die Sulfosalicvlsäure; die Ursache 
der Albuminurie ist theilweise reflectorischer, theilweise febriler Natur. 

Jadassohn (Berlin) ist erstaunt, wie gross der Procentsatz der 
■wahren Albuminurie der Untersuchungen des Vorredners ist. Zum Theil 
liegt das gewiss an den Differenzen des Materials, zum Theil auch an 
den Untersuchungsmethoden. Er ist überzeugt, dass eine einheitliche Er¬ 
klärung für alle Fälle nicht zu geben ist und dass in vielen Fällen der 
Harndrang als die directe Ursache der Albuminurie anzusehen ist, da 
die letztere manchmal unmittelbar nach der Auwendung der Narcoticis 
verschwindet. 

Kulisch (Halle) fragt den Vortragenden, bei wieviel der von ihm 
mitgetheilten Fälle von Albuminurie gleichzeitig eine Cystitis gonor- 
rhoiaca bestand, da Englisch in den von ihm vor zwei Jahren publi- 
cirten Arbeiten über Behandlung des Blasencatarrhs angibt, dass bei 
gonorrhoischer Cystitis fast immer eine Nephritis sich findet. 

Goldberg (Köln) beantwortet die Frage, ob bei der Albuminurie 
Complicationen der Gonorrhoe vorhanden gewesen wären, dahin, dass 
Complicationen fast stets, Cystitis selten vorhanden gewesen ist, den 
Harndrang hat er nur sehr selten in Zusammenhang mit der Albuminurie 
gesehen. Harndrang und aufsteigende resp. metastatische Infection als 


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Ursache einer Albuminurie auseinanderzuhalten ist bei anderen Cystitiden 
noch viel schwieriger: bei klarem Urin, bei Prostatahypertrophie habe 
ich kein Albumen bei Harndrang gefunden. 

Caspary (Königsberg) hat gar nicht selten geringe und schnell 
vorübergehende Eiweissausscheidungen bei Gonorrhoe gesehen. Soviel 
er sich erinnert, handelt es sich dabei gewöhnlich um Verschlimmerung 
im Allgemeinbefinden. An metastatische Erklärung bisher zu denken, hat 
er keinen Grund gehabt. 

Unna (Hamburg) fragt, ob transitorische Albuminurie auch bei 
anderen Arten von Harndrang (Steine, Nervenleiden) vorkoramt. 

II. Galewsky (Dresden). Die Frühbehandlung der Gonorrhoe 
mit Argenturaspülungen. 

Seit dem Bekannt werden der JaneFsehen Methode hat sich das 
Hauptinteresse der Dermato- und Urologen darauf beschränkt, diese Me¬ 
thode nachzuprüfen. Vortragender hat nun versucht, mit Argentumspü¬ 
lungen in schwacher Concentration ebenfalls eine Abortivbehandlung der 
Gonorrhoe durchzuführen. Behandelt wurden nur frische Fälle, die spä¬ 
testens 4 Tage nach dem Auftreten der Erscheinung zur Behandlung 
kamen und bei welchem mit Sicherheit eine frische Affection angenommen 
werden durfte. Die Spülungen wurden mit Argentum (1:1000 bis 1 : 2000 
steigend) mit weichem Katheter (10—14 Char.) gemacht. Trat Reizung 
ein. so wurde 1 — 2mal mit schwachen Lösungen gespritzt, bis die Reizung 
vorüber. Im Allgemeinen wurden 5 Fälle täglich 2roal, 15 einmal aus- 
gespült, von diesen 20 Fällen heilten 2 in 0, 8 in 12, 1 in lo, 1 in 14, 
5 in 16, 1 in 17, 1 in 18, 3 in 20, 30, 32, 46 Tagen, ein Patient entzog 
sich der Behandlung. Es wurden also von 2o Fallen 16 innerhalb 12 Tagen 
geheilt, ein Procentsatz der noch wesentlich besser werden würde, wenn 
bei allen die Ausspülungen zweimal täglich gemacht werden könnte. 
Unter den 20 Fällen trat in einem Falle Cystitis, in einem andern Falle 
Cystitis und Prostatitis ein. Vortragender bittet daher, diese Methode, 
die noch sehr verbesserungsfähig erscheint, nackzuprüfen, da er über¬ 
zeugt ist, dass die Spülbehandlungen bei acuter Gonorrhoe im Stande ist, 
die Heilung wesentlich zu beschleunigen. 

Di s c u s s i o n. 

Hammer (Stuttgart). Hat ebenfalls seit länger als 3 Jahren Abortiv- 
enr mit argentum nitrieura 1 : 1000 gemacht und in Fällen, wo die Pa¬ 
tienten ganz früh zur Behandlung kamen, absolute Heilung erlangt. Als 
Heilung kann aber nur angesehen werden, wenn jede Seeretion ver¬ 
schwunden ist. Trat dies nicht schon am ersten Tage ein, so war der 
Erfolg unsicher, und die Heilung machte besondere Schwierigkeit. 

Jadassohn (Breslau) betont, dass die Abortivbeliandlung immer 
sehr gefährlich ist, weil auch lange Zeit nach dom Verschwinden der 
Gonococcen Recidive auftraten, auch bei chronischen Fällen ist die Be¬ 
handlung gestattet und oft von Erfolg begleitet. Er empfiehlt die An¬ 
wendung besonders hohen Druckes je nach der Toleranz des Patienten, 


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da erst bei maximalerer Ausdehnung der Urethra das Epithel so verdünnt 
wird, dass die verfügbaren Mittel tief genug eindringen. 

Kromayer (Halle) fragt an, ob die Heilung, welche Galewsky 
verlangt, bedeutet Gonococcenfrei! oder Morgenurinefrei von Fäden und 
warnt eindringlich eine Heilung anzunehmen, selbst wenn bei häufigen 
Untersuchungen Gonococcen nicht gefunden werden. 

Galewsky (Dresden) bemerkt kurz gegen Kromayer, dass er 
nicht allein Freisein von Gonococcen, sondern Freisein von entzündlichen 
Erscheinungen als Heilung ansehe. Gegenüber Hammer bemerke er, dass 
er weniger Werth auf die Stärke wie auf die Häufigkeit der Spülungen lege. 

Goldberg (Köln) hat bei 14 Abortivbehandlungen nach Janet 
bei ganz frühen Fällen (1—2 Tage nach dem Erscheinen der ersten 
Symptome bei Fehlen entzündlicher Erscheinungen) siebenmal in weniger 
als einer Woche sechsmal in 1—2 Wochen Heilung gesehen, ein Misserfolg. 

Touton (Wiesbaden). Wissenschaftlich kann man natürlich nur 
dann von einer Heilung der Gonorrhoe sprechen, wenn alle Symptome 
geschwunden sind. Leider ist dieses Ziel aber nicht immer erreichbar. 
Deshalb ist es praktisch richtiger, die Ungefahrliehkeit des Patienten in 
den Vordergrund zu stellen. Ich halte dieselben für erwiesen, wenn durch 
Provocation kein Gonococcenbefund zu erzielen ist. 

Baer (Frankfurt) hält die Janet’sche Behandlung für sehr vortheil- 
haft. Er nimmt schwache. Lösungen und steigert je nach der erfolgten 
Reaction. Es ist nicht möglich, direct ein Verschwinden der Fäden zu 
erlangen, jedenfalls verschwinden aber die Gonococcen in kurzer Zeit. 
Das Auftreten gonocoecenfreier Fäden im Urin hängt von der Beschaffen¬ 
heit der Harnröhrenschleimhaut ab. 

• Unna (Hamburg) betont, man solle die Gonorrhoe nicht chronisch 
werden lassen, er hält es für den grössten Fehler, dieselbe sich erst 
14 Tage entwickeln zu lassen und danu die Behandlung zu beginnen. 
Der Patient soll nicht nur am Tage, sondern Tag und Nacht spritzen. 
Bei der Janet’schen Methode ist vor allen Dingen das Princip der 
Umkehrung des Secretionsstroraes die Hauptsache. 

Kohn (Frankfurt). Ich muss im Gegentheil zu Galewsky betonen, 
dass neben der Spülwirkung es doch mehr auf die chemische Wirkung 
ankommt. Wir haben in Strassburg in der Klinik von Wolffs Spülungen 
mit Cincum sulfocarbolicum 1 :200 und selbst mit warmen destillirtem 
Wasser angestellt und sind zu keinem günstigen Resultate gekommen. 
Von allen Methoden der medicamentösen Spülung nehme ich keinen 
Anstand, die Janet’sche als die beste zu erklären, bei gewissenhafter 
Beobachtung des technischen Verfahrens. 

Galewsky (Dresden) bemerkt, dass er durch seine Mittheilung in 
erster Reihe die Anregung habe geben wollen, die Methode nachzuprüfen 
und eine weitere Verwendung der Spülmethode zu veranlassen. 

HI. Kollmann (Leipzig) zeigt mehrere neueFormen von vierthei- 
ligen Dilatatoren, unter ihnen zunächst eine gerade Form mit ganz 
kurzer Dehnfläche. Eine andere Form dehnt, in der Biegung einer Guy on- 


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sehen Sonde ausgeführt, nur an ihrem gebogenen Theil; zwei andere Formen 
viertheiliger Dilatatoren dehnen die hinteren und vorderen Hamröhren- 
abschnitte zu gleicher Zeit. Ausserdem demonstrirt Kollmann noch 
ein vierblättriges Urethrometer; dies lässt Bich sehr gut auch als Dilatator 
für kurze Strecken verwenden, denn dasselbe ist sehr widerstandsfähig. 
Die Instrumente sind gebaut vom Mechaniker Heynemann in Leipzig. 

Touton (Wiesbaden) fragt nach der Behandlung der Instrumente 
und der dazu gehörigen Gummiüberzüge. 

Kollmann (Leipzig). Die Reinigung der über die Dilatatoren 
gespannten Gummiüberzüge geschieht am besten, ehe die an diesen 
haftenden Secrete Zeit haben anzutfocknen und zwar zunächst mittelst 
Wasser und Seife. Man muss zunächst aber das Instrument vollständig 
aufschrauben, damit das Gummi überall gespannt ist. Danach wäscht man 
mit einer Sublimatlösung und trocknet dann, eine sichere Desinfection 
kann man danach noch durch strömenden Wasserdampf erreichen. Ich 
bediene mich hierzu eines sehr einfachen billigen Apparates von 
Ilevnemann in Leipzig. Vor dem Ueberziehen des Gummis über das 
Metall empfiehlt es sich, das Metallinstrument an der Spitze mit einem 
Tropfen Glycerin zu benetzen. Ehe man das von dem Gummi befreite 
Metallinstrument weglegt, empfiehlt es sich, dasselbe mit einem harten 
Pinsel und Benzin zu reinigen. 

Galewsky (Dresden) schliesst sich bezüglich der Desinfection 
völlig den Worten Kollman n’s an. Es genügt zur Desinfection ein gründ¬ 
liches Waschen mit Seife und Eiufetten mit Paraffin, alles andere ist 
überflüssig. 

IV. Epstein (N iirnberg). Ueber die Behandlung der acuten 
G o norrhoe mit A i r o 1. 

Epstein hat seit März dieses Jahres 21 Fälle acuter und 
subacuter Gonorrhoe mit 10 °/ 0 igrr Airolemulsion behandelt. Die Inject innen 
werden meist recht gut vertragen, nur die erste hat häutig subjective 
Beschwerden zur Folge. Unter den Fällen waren 10 von Urethritis totalis. 
Bei diesen war die Airolinjeetion gänzlich wirkungslos nicht blos wie 
selbstverständlich, auf die Urethritis posterior, sondern auch auf die 
Menge des Secretes aus der U. a. und den Gonococcengehalt derselben. 
In 2 Fällen von Urethritis anterior versagte das Airol vollständig, in 
11 anderen gab es günstige Resultate, aber nicht gerade wesentlich 
andere als die sonst üblichen Methoden; zweimal jedoch gelang es eine 
vollständige Cupirung des acuten gonorrhoischen Processus zu erreichen. 
Auf Grund dieser zwei durchaus sicheren Fälle glaubt Epstein weitere 
Versuche mit diesem Mittel aurathen zu dürfen. 

Baer (Frankfurt) hat 3 Fälle mit Airol behandelt. In einem Falle 
sind in überraschend schneller Weise alle Symptome der Gonorrhoe 
geschwunden. Nach der dritten Einspritzung schon verschwanden die 
Gonocoecen, ohne trotz sorgfältiger Prüfung später wieder nachweisbar 
zu sein. 


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IV. Gemeinsame Sitzung mit der Abtheilung für pathologische 

Anatomie. 

I. Ernst (Heidelberg), lieber pathologische Verhornung 
und die Gram’sche Methode. 

Ernst demonstrirt an der Hand mehrerer Abbildungen den Werth 
der Gram’schen Methode für die Untersuchung der Hornsubstanz, als 
Beispiele werden erwähnt Hautkrebse, Hauthörner auf carcinomatöser 
Grundlage, Keratome, Akanthome, Psoriasis, Dermoidysten des Ovariums, 
epidermoidales Kystom des Hodens, Atherom Pemphigusblase. Allerdings 
gibt auch Cholesteatom des Nierenbeckens und epidermisirte Blasen¬ 
schleimhaut die positive Iteaction, so dass also die Methode keine Unter¬ 
scheidung trifft zwischen ectodermalem Horn und ähnlichen Producten 
anderer Keimblätter. 

Ueberall wird eine feine Granularstructur durch die Methode auf¬ 
gedeckt, die wohl eine besondere Bedeutung hat und mit Keratohyalin 
nichts zu thun habe. 

Ha nsemann (Berlin) empfiehlt die Ernst’sche Methode besonders 
für das Studium der verschiedenen Verhornungen bei Cancroiden, bei 
denen ausserordentlich schöne Bilder entstehen. Auch bei einem Krebs 
der Gallenblase fand er unregelmässig gelegene reagirende Partien, die 
deutlich zeigen, dass die Verhornungen des äusseren Keimblattes nicht 
allein reagiren. 

Unna (Hamburg) fragt an, ob die Horngranula etwas anderes wie 
Keratohyalin sind? Sind dieselben in Salzsäure-Pepsin verdaulich? 

Ernst (Heidelberg) beantwortet die erste Frage Unna’s dahin, 
dass die Granula nicht Keratohyalin zu sein scheinen, ob die Hornnatur 
der Granula feststehe, könne er noch nicht sagen. 

Karl Herxheim er (Frankfurt) keunt die Ernst’schen Körner¬ 
bildungen auch und glaubt, dass sie in den Zellen liegen und empfiehlt 
zu ihrem Studium die Weigert’sche Fibrinmethode. 

II. Kromayer (Halle), lieber Metaplasie des Epithels zu 
Bindegewebe in den weichen Hautnaevi. 

Vortragender stellt sich zunächst auf den Standpunkt von Ribbert, 
nach dessen Mittheilungen sich Bindegewebe in den weichen Hautnaevi 
neu bildet und beschränkt sich im Vorträge und in der Demonstration 
der mikroskopischen Präparate darauf, nachzuweisen, dass in den ersten 
Wachsthumsstadien der weichen Naevi, welche als Linsenflecken beginnen, 
thatsächlich Vorgänge stattfinden, welche von ihm in einer Arbeit über 
diesen Gegenstand eingehend beschrieben sind. Im Epithel bilden sich 
durch Verlust der Protoplasmafaserung Herde von stachelloseu Epithel¬ 
stellen, die sich allmälig vom umgebenden stacheltragenden Epithelge¬ 
webe loslösen und in das Bindegewebe verlagert werden und die fragli¬ 
chen Zellcomplexe in den weichen Hautnaevi bilden. 

Sobald diese dem Vortragenden ganz eindeutig und sicherstehenden 
Vorgänge als sicher anerkannt sind, ist bei den gemachten Voraussetzungen, 


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dass sieh Bindegewebe in den Zellcomplexen tliatsächlich bilden, der 
Zirkel geschlossen: Das in die Cutis verlagerte Epithel wird zu Bindegewebe. 

Ribbert (Zürich) erklärt die von Kroroayer beschriebenen 
Bilder aus einem Wachsthum d» j r Zellen im Bindegewebe und einem An¬ 
drängen derselben gegen die Epidermis. 

Karl Herxheim er (Frankfurt) hält die Zellen Kromayer's 
im Bindegewebe nach K’s. Arbeit (an seinen Präparaten kann er zu 
wenig sehen) für Endothelien. Er macht darauf aufmerksam, dass sich 
mit Weigert’s Fibrinmethode die elastischen Fasern nicht färben, wie 
Kromayer unrichtig angibt. 

Lu barsch (Rostock) glaubt, dass die Naevuszellen nach Unna 
noch Epithelform haben. 

Unna (Hamburg) liebt hervor, dass seine Theorie der Epithelab¬ 
schnürung der Naevuszellen sich nicht, wie Ribbert gesagt hat, auf 
diejenigen Bilder bezieht, in denen die Naevuszellen sich scharf abheben, 
sondern im Gegentheil auf diejenigen, in denen dieselben ganz allmälig 
aus dem Epithel hervorgehen. Unna berichtigt die Meinung von Lu- 
barsch, nach welcher die Naevuszellen noch Epithelform (nach Unna) 
haben sollten; ira Gegentheil beginnt der Process der Epithelabschnürung 
mit einem allmäligen Schwinden der Epithelfaserung der Zellen. 

V. Gemeinsame Sitzung aller medicinischen Sectionen. 

Ref.: Albu (Berlin). 

Rosenberg (Berlin). Ueber Conservirung, Desinfection 
u n d B e h a n d 1 u n g von I n f e c t i o n s k r a n k h e i t e n mittelst F o r- 
maldeliyd in neuen Lösungen. 

Das Formalin ist eine ca. 40° 0 ige wä s s e r i ge For maldehydlösung, 
während das Dr 0 pp er in ann’sche Holzin, eine ca. 6o%ige alkoho¬ 
lische, und zwar mcthylalkoholische Lösung ist. Die alkoholische Lösung 
biete wesentliche Vortheile. Lässt man nämlich das Formalin verdunsten, 
so verflüchtigt sich das darin enthaltene Formaldehyd nur zum Theil, 
zum anderen Theil erhält man einen durch Polymerisation entstandenen 
Rückstand, das Paraformaldehyd, welches zur Verdunstung absolut werth¬ 
los ist. Demgegenüber verdunstet das llolzin derart, dass keine Spur 
eines Rückstandes zu finden ist und der gesammte Formaldehydgehalt 
der Flüssigkeit in Wirkung tritt. 

Fs kommt in Anwendung in Form eines kleinen Apparates. Das 
wurde erreicht durch Zusatz geringer Mengen Menthol, welches in dem 
Verhältnis von 1 : 1 leicht löslich in Methylalkohol ist. Durch diesen 
Zusatz beschränkt man nicht nur deu durch Formaldehyd per se hervor- 
geruienen Schleimhautreiz beträchtlich, sondern übe auch direct einen 
günstigen Einfluss auf die Schleimhäute, namentlich der Respirations¬ 
organe aus. 

Das Holzin bewirkt eine Luftreinigung und Desinfection von Räumen 
und Gegenständen so vollkommen, dass selbst Milzbrandbacillen und-Sporen 
mit Sicherheit getödtet werden. 


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In derselben Weise ist man im Stande, Nahrungsmittel jeder Art 
sicher zu sterilisiren. Der Werth, den eine derartige Sterilisation von 
Nahrungsmitteln besitzt, ist aber erst ein praktischer geworden dadurch, 
dass mittels eines sofort zur Erhärtung gebrachten Gelatineüberzuges, 
dem durch und durch sterilisierten Nahrungsmittel, z. B. Fleisch, ein 
absolut luftdichter Abschluss gegeben wird. Dazu kommt, dass die Ge¬ 
latine den etwa noch am Fleische haftenden Formaldehydgeruch oder 
-Geschmack sofort beseitigt, weil die Gelatine mit Formaldehyd eine 
durchaus geschmacklose Verbindung eingeht. 

Von grosser Bedeutung ist fernerhin die Wirkung des Holzinols 
in der Behandlung des Keuchhustens. In einer Anzahl von Fällen, 
wo Kinder in einem mit Keuchhusten verseuchten Hause zu husten be¬ 
gannen und schon die Schwellung der Augenlider als erste erkennbare 
Symptome vorhanden waren, wurde in wenigen Tagen eine Beseitigung 
des Hustens erreicht, selbst bei Kindern, deren Geschwister, mit denen 
sie im selben Zimmer schliefen, schon im hohen Stadium den Keuch¬ 
husten hatten. In diesen weiteren Stadien ist die Beeinflussung derart, 
dass die Kinder von 18—20 nächtlichen Anfällen auf 4—5, auf 3—2 An¬ 
fälle herunterkommen und den Husten dann in ausserordentlich kurzer 
Zeit ganz verlieren. Es wird jener kleine Verdunstungsapparat mit 5—10 
Ccm. de9 Holzinols (je nach Grösse des Zimmers) in Thätigkeit und 
mitten ins Zimmer an die Erde gesetzt. Thüre und Fenster bleiben ge¬ 
schlossen. Die aufsteigenden Dämpfe schwängern die Zimmerluft derart 
mit Menthol und in geringem Masse mit Formaldehyd, dass die in dem 
Raume schlafenden Patienten unbedingt die medicamentöse Luft ein- 
athmen müssen. 

Da das Formaldehyd nicht nur in Lösungen von 1 : 10.000 ent¬ 
wicklungshemmend auf pathogene Keime wirkt, sondern schon in Lö¬ 
sungen von 1 : 100.000, so bietet das Holzin in einer Lösung von zwei 
Esslöffeln auf 10 Liter Wasser (also 3% 0 ) eine Flüssigkeit, mit der man 
durch einfaches Aufwischen der Fussbödeu in Kranken- und Schulzimmern 
in leichtester Weise im Stande ist, die Fussböden zu sterilisiren. 

Schliesslich hat Vortr. auch die interne Verabreichung des Formal¬ 
dehyd in Form einer Milchzuckerlösung, die er zum Unterschied von 
Holzinol Sterisol nennt, versucht. Er begann mit 0*015 Formaldehyd pro 
die und stieg bis 0*06 in vier Dosen genommen. Das Allgemeinbefinden 
blieb dauernd gut. Die mikroskopische Untersuchung des Blutes ergab 
absolut keine Beeinflussung desselben. Der Harn blieb dauernd frei von 
Albumen, war klar und zeigte nach längerem Stehen auffallend geringen 
Niederschlag. Dagegen waren mit ammoniakalischer Argentum-Nitricum- 
Lösung verhältnissmässig grosse Mengen Formaldehyd im Harn durch 
Silberspiegel nachzuweisen. Derselbe Harn peptonisirt, zum Nährboden 
gemacht, dann mit Typhusbacillen reichlich versetzt, blieb dauernd steril; 
auch Plattenculturen und Impfversuche ergaben durchaus negative Re¬ 
sultate. Hiernach war die Schlussfolgerung berechtigt, dass das Formal¬ 
dehyd vom Blute aufgenommen und durch die Nieren wieder ausge- 


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schieden wurde. Daraufhin hat R. das Sterisol bei Tuberculose, bei Ery¬ 
sipel, bei Diphtherie angewandt und ausnahmslos mehr oder minder gute 
Erfolge erzielt. 

Discussion: 

Blum (Frankfurt a. M.) äussert Bedenken gegen die Zuverlässig¬ 
keit der vom Vortragenden angewandten Untersuchungsmethoden, da 
dessen Resultate im Widerspruch mit allen bisherigen Forschungen auf 
diesem Gebiete, die durch B. selbst sehr eifrig- betrieben worden sind, 
stehen. Redner weist auf die einzelnen auffälligen Angaben des Vor¬ 
tragenden hin, wie z. B. über die desinficirende Kraft des Formaldehyds, 
die Ausscheidung desselben bei interner Verabreichung u. a. m. Der 
Vortragende hat wahrscheinlich Versuchsfehler gemacht. 

Albu (Berlin) empfiehlt für Desinfectionszwecke die Anwendung 
des Formaldehyds in Form des neuen Tri 11 at'schen Apparates, welcher 
viele Vorzüge bietet. Aber auch bei diesem übt das Gas eine ungemein 
reizende Wirkung aus, die wohl seine praktische Verwerthung beeinträch* 
tigen wird. In der Verwendung des Formaldehyds für Heilzwecke müssen 
wir sehr zurückhaltend sein. Die Angabe des Vortragenden, dass das 
Formaldehyd im Harn zur Ausscheidung kommt, ist schon theoretisch 
undenkbar, da es im Körper unbedingt verbrannt werden muss. Durch 
Oxydation bildet sich die reducirende Eigenschaften besitzende Ameisensäure. 

E. R. Frank (Berlin) macht auf Mängel bei der Kathetersterili¬ 
sation mittels Formalin aufmerksam. 

Rosenberg (Berlin) sucht die Einwände der Vorredner zu wider¬ 
legen. Seine Angaben bezogen sich nicht auf das Formaliu, sondern auf 
das Holzin. 


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Hautkrankheiten. 

(Redigirt von Prof. Kaposi in Wien.) 


1. N£kam. Einige Betrachtungen über die Vertheilung und die Function 
der elastischen Fasern der Haut. (Annal. de Dermat. et de Syphil. 
1895, S. 109—111.)' 

2 . Menahem Hodara (Constantinopel). Histologie der Varicen. (Jouni. 
de malad, cutan. et syph. 1895, Nr. 2 und 3). 

(1) Nach dem Vorgang von Be dard, Todd und Bowman hat 
man sich gewöhnt, den sogenannten elastischen Fasern Elasticität zuzu¬ 
schreiben, die ungefähr jener des Kautschuks, des federnden Stahles oder 
der Billardkugel entsprechen soll. Dem gegenüber macht N e k a in aufmerk¬ 
sam, dass histologische Gründe für eine bedeutende Starrheit dieser 
Fasern sprechen; so 1. die Anheftung der Muse, erect. pil. mit sehr 
langen elastischen Fasern. Eine Wirkung der Muskel wäre illusorisch, 
wenn die Fasern elastisch wären. 2. Das reichliche Vorhandensein von 
elastischen Fasern an Theilen, wo Haut und tiefere Theile innigst Zu¬ 
sammenhängen, wie beispielsweise zwischen Haut und Nagel oder zwischen 
Haut und Periost. 3. Die Zusammensetzung harter und sehr wenig 
dehnbarer Bänder, wie des Ligam. nuchae, einzig aus elastischen Fasern. 
4. Die Anwesenheit von Muskeln bei jenen röhrenförmigen Gebilden 
Blutgefässen, Schweissdrüsen), bei denen elastische Fasern sich vorfinden. 
Letztere stellen nur ein starres Netz als Angriffspunkte für die Muskel¬ 
action dar. Die Ausdehnbarkeit der Haut hängt vielmehr von dem wel¬ 
ligen, in Netzen angeordneten Bindegewebe ab. Dagegen verleihen die 
elastischen Fasern der Haut die Festigkeit gegen Risse. N. macht darauf 
aufmerksam, dass die von Todd und Bo wm an sog. baseraent-membrane, 
welche mit der Epidermis innigst verbunden ist, durch bogenförmige 
Ausläufer mit den elastischen Fasernetzen des Dermas zusammenhängt. 

Winternitz (Prag). 

(2) Dem Druck der Blutsäule folgt eine mehr oder weniger bedeu¬ 
tende Dilatation der subcutanen und cutanen Venen bei gleichzeitiger 
Hypertrophie des elastischen Gewebes. Es entstehen die ectasirten Venen 
mit dünner Wand. Allmälig wandeln sich diese Gelasse durch die Hyper- 


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Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete 


plasie des Muskel- und Bindegewebes der Media und Intima in mehr oder 
weniger dickwandige Venen um. H o d a r a unterscheidet eine Hypertropbia in¬ 
terna und externa, je nachdem das elastische Gewebe der Intima oder der 
Muscularis und Adventitia hypertrophirt erscheint. Bei Fortwirken des 
Blutdrucks tritt entweder Thrombose oder Ruptur der Venen ein. 

Winternitz (Prag). 


1 . Wersilow, N. M. Zur Frage über die Charakteristik der Exantheme 
bei acuten fieberhaften nicht exanthematischen Krankheiten. Bol- 
nitschnaja Gazeta Botkina 1805, Nr. 12. lief. Jeszeniedjelnik 1895, 
p. 3G1. Russisch. 

2 . Rosenthal, 0. Ueber mercurielle Exantheme. Berl. klin. Woehenschr. 
1805 Nr. 23. 

3. Dubreuilh, Les exanthemes scro-therapiques 2. franz. Congress für 
innere Mediein. Bordeaux 8.—15. August 1895. Ref. La Mcdecine 
moderne G. Jabrg. Nr. 4G. 24. August 1805. 

4. Raynaud (Algier;. Jodoformexanthcm bei einem Eingeborenen. Soc. 
fr. de derm. et de sypli. Annal. 1805 p. 227. 

5. Du Castel. Jodexanthem. Soc. fr. de derraat. et de syph. Annales 
1895, p. 211. 

6 . Roelton, Erythema nodosum et tuberculosum. Med. mod. 1805. Nr. 90, 
p. G01. 

7. Hutchinson, Flea-Bites, Flea-Bite Urticaria, and Urticaria Pigmen¬ 
tosa. Archives of Surgery. April 1805. Ref. Edinburgh Medical Jour¬ 
nal. September 1805. 

8 . Saint-Philippe. De Fimpetigo des enfants et de son traitement par 
la liqueur Donoan. 2. franz. Congress für innere Mediein. Bordeaux 
8.—15. August 1805. Ref. La Medecino moderne 6. Jahrg. Nr. G8. 
24. August 1805. 

0 . Eiliot, A. Eurther Study of Alopecia Praematura or Praescnilis, and 
Its Most Frequent Canse-Eezerna Seborrhoicum. 

Merrill, A Prel iminary Baeteriological Deport on Eczema Seborr¬ 
hoicum, for the First Time Suceessful Production of the Disease, 
by Inoculation of Pure Culturcs of Certuin Dijdococci. The New-York 
Medical Journal. Vol. LX11. Nr. 17. 2G. O(*tobor 1805. 

10. Bruhns, C. Mehrere Fälle von acuter Nephritis bei Eczem. Berl. 
klin. Woehenschr. 1805, Nr. 28. 

11. Du Castel. Eczem nach Application von Ilaartineturen. Soc. de 
derraat. et de syphil. Annal. 1805 p. 112. 

12. Carri£re, Zona femoro-cutane dans un cas de cancer de Futerus 
2. franz. Congress f<ir innere Mediein. Bordeaux 8. —15. August 18?>5. 
Ref. La Mcdecine moderne 6. Jahrg. Nr. 68. 24. August 1805. 

13. Folkiuer. Case of hvdroa gestationis. The Dublin Journal of medical 
Science, Oct. 1805. 


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der Dermatologie. 


305 


14. Leredde und Perrin. Pathologische Histologie des Herpes gesta¬ 
tionis. Soc. fr. de derm. et de syph. Annales 1895 p. 222. 

15. Tenneson. Ueber eine noch nicht beschriebene Varietät von Acne. 
Soc. frane. de dermat. et de syph. Ann. 1895 p. 218. 

16. Magnus Möller. Eine ungewöhnliche Form von Acne (acne tele- 
angiectodes exulcerans) Hygiea, 1895. I., p. 191. 

17. Thiele, W. A. Ueber Behandlung der Sykosis. Wratsch 1895, Nr. 21 
und 22, p. 590—592 und 617—620. Russisch. 

18. Eger, Ueber das Verhältniss von Schuppenflechte zu Gelenkerkran¬ 
kungen. Berl. klin. Wochenschr. 1895 Nr. 27. 

19. Meneau, quelques mots sur la medication du psoriasis au moyen 
de l’extrait de corps thyroide puis ä l’interieur. Le mercredi medical 
8 . Aug. 1894 Nr. 32. 

20 . Hallopeau. Lichen planus mit Hyperkeratosis palmaris et plantaris. 
Soc. de dermat. et de syphil. Annales 1895, p. 121. 

21 . Trouillet, Pemphigus infectieux. Dermatite ulcereuse infectieuse. 
La Medecine moderne Nr. 70. 1894. 

22 . Mc Cormiek, J. H. — Inoculability of Ecthyma. — Medical News. 
Aug. 11, 1894. 

23. Hallopeau und Le Damany. Dritter Bericht über einen Fall von 
nekrotisch gangränöser Affection des Kopfes. Soc. fr. de dermat. 
et de syph. Anuales 1895, p. 213. 

24. Danlos. Ein Fall von Morvan’scher Erkrankung. Soc. de dermat. et 
de syph. Annales 1895, p. 120. 

(1) Wersilow beobachtete ein vesiculöses Exanthem in einem 
Falle von croupöser Pneumonie und zwei Fällen von Abdominaltyphus. 
Bei den Patienten beobachtete W. nervöse Anfälle und meint, dass 
das Exanthem angioneurothischen Ursprungs sei, da beim Verschwinden 
der Nervosität auch das Exanthem sich nicht mehr zeigte. 

A. Grünfeld (Rostow). 

(2) Rosenthal bespricht an der Hand eigner, ausführlich ange¬ 
führter Beobachtungen die verschiedenen Formen der mercuriellen 
Exantheme und zwar: die Folliculitis, das Erythem, das Eczem, das 
Erythem mit centraler Hämorrhagie, die Purpura, eine noch nicht be¬ 
schriebene Art von Hauthäraorrhagien, das Erythema exsudativum 
multiforme und die Dermatitis bullosa mit den Charakteren des Pem¬ 
phigus. — Die Art und Weise der Einverleibung, ob innerlich, subcutan 
oder percutan, sowie die Form, in welcher das Quecksilber eingeführt 
wird, sind nach R. für da9 Auftreten eines Exanthems nicht ausschlag¬ 
gebend, und wird im Allgemeinen ein merkwürdiges Missverhältniss zwi¬ 
schen den Exanthemen und den übrigen Intoxitationserscheinungen des 
Quecksilbers beobachtet. Massgebend allein ist eine angeborne oder 
zeitlich erworbene Idiosynkrasie des betr. Individuums, wobei als Neben- 
factoren die Dosis, die Zeit der Anwendung sowie die Art der Einver¬ 
leibung in Betracht kommen. Aetiologisch handelt es sich dabei um 
eine chemische Beeinflussung der Centra und der Endigungen des vaso- 

Archiv f. Dermatol, u. Syphil. Band XXXV U. 20 


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306 


Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete 


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motorischen Nervenapparates, welches dabei einer localen Einwirkung oder 
einer reflectorischen Beeinflussung unterworfen ist. Autoreferat. 

(3) Besonders häufig hat Dubreuilh — entsprechend der ausge¬ 
dehnten Anwendung — bei der Serumtherapie der Diphtheritis Exan¬ 
theme beobachtet. Es kommen die verschiedensten Formen vor; nach 
ihrer Häufigkeit geordnet: Urticaria, Scarlatinöse Exantheme, Rubeolen¬ 
artige, oder dem Erythema multiforme d. h. in vereinzelten Efflorescenzen 
auftretende, dann auch papulöse oder auch nur Infiltrate. Entweder sind 
diese Exantheme generalisirt, oder localisirt und zwar dann vorzugs¬ 
weise am Nacken und den Beugeseiten der Extremitäten. Sie können 
ihren Ausgangspunkt von der Injectionsstelle nehmen. Selten besteht 
das Exanthem aus einer der oben geschilderten Arten; meistens sind es 
Mischformen z. B. Scarlatinös und Rubeolenartig oder beides mit Urti¬ 
caria gemischt. Oefters ist es juckend. Manchmal tritt das Exanthem 
von Anfang an auf, meistens ist es tardiv und zeigt sich zwischen der ersten 
und zweiten Woche nach der Injection, dauert 3 bis 4 Tage und ver¬ 
schwindet unter leichter Schuppung. Im allgemeinen konnte D. be¬ 
obachten, dass die früh auftretenden Exantheme urtieariell, die tardiven 
rubeoliform sind. Doch existiren hiervon Ausnahmen. Zumeist treten 
sie mit Fieber, Muskel- und Gelenkschmerzen und Durchfall auf. Die 
Häufigkeit beträgt im Durchschnitt 14°| 0 . Da man bei den meisten Krank¬ 
heiten, bei denen man Serum von imrnunisirten oder nicht immunisirten 
Thioren eingespritzt hat und auch bei gesunden in diesem Falle analoge 
Eruptionen beobachtet hat, schliesst D., dass sie eine Folgeerscheinung 
der Einverleibung fremden Serums in den menschlichen Organismus dar¬ 
stellen. Bei menschlichem Serum ist es noch nicht beobachtet, am öftesten 
bei Pferde-, Esel- und Maultliierserura. Abhängig scheint die Häufigkeit 
ihres Auftretens auch von der Art der Serumzubereitung zu sein. 

0 ppler (Breslau). 

(4) Raynaud berichtet über eine Eingeborene, bei der nach 

Application von Jodoform auf Geschwürs- und Wundflächen, auf die 
Scheidensehleimhaut, aber auch auf die unversehrte Haut ein allgemeines 
Exanthem mit Bläschen und folgender Schuppenbildung, heftigem Jucken, 
Schlaflosigkeit, Fieber, Herzschwäche und schlechtem Aussehen der je¬ 
weiligen Wundflächen auftraten. R. verzeichnet den Fall als unter den 
Eingeborenen ganz vereinzelt. Winternitz. 

(5) Bei einem Kranken mit gummösen Ulcera'ioncn des Scrotums 
und des Präputiums traten nach einmonatlichem Gebrauch von Jodkalium 
zuerst im Gesichte Blasen auf, die auf entzündlichem Grunde sassen und 
von grossen entzündlichen Kreisen umgeben w y aren. Die Blasen bedeckten 
sich allmälig mit einer geschichteten Borke, nach deren Entfernung 
eine unregelmässige siebförmig durchlöcherte oder wuchernde Ge¬ 
schwürsfläche zu Tage lag. Auf dem behaarten Kopfe sind die Efflores¬ 
cenzen zu allgemeiner Krustenbildung zusammengeflossen, der Harn ent¬ 
hält 50 Ctgr. Albumin pro Liter. Castel schreibt dieses Exanthem der 
schlechten Nierenfunction bei dem Patienten zu. Jacjuet erwähnt im 


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der Dermatologie. 


307 


Anschluss einen Kranken, bei dem fungöse Ulcerationen nach längerem 
Gebrauch von Jod aufgetreten waren, welche die behandelnden Aerzte 
nnd den Patienten trotz nie vorhanden gewesener Syphilis zu immer 
weiterem Jodgenuss veranlassten. Hallopeau citirt einen Fall, bei dem 
durch rasch auftretende Blasenbildung an der Cornea nach Jodgenuss 
Erblindung herbeigefiilirt wurde. Winternitz. 

(6) Hoc hon unterscheidet die symptomatische und die idiopathische 

Form des Erythema nodosum; die letztere ist eine specifische Infections- 
krankheit, die erstere — meist mehr dem Erythema exsudat ähnelnd — 
ist toxisch, nervös oder kommt bei anderen Infectionskrankheiten vor 
und ist dann entweder „thrombotisch“ (soll wohl heissen embolisch? Ref.) 
oder angioneurotisch. Was den viel besprochenen Zusammenhang von 
Erythema nodosum mit Tuberculose betrifft, so behauptet Rochon, dass 
in allen Fällen erst das Erythema nodosum aufgetreten sei und dass 
sich erst im Anschluss an diese idiopathische Erkrankung, welche na¬ 
mentlich bei jugendlichen Individuen „das Terrain präparirt“, die ersten 
Zeichen der Tuberculose entwickeln. Einige Krankengeschichten aus der 
Literatur und eine eigene Beobachtung sollen zur Stütze dieser An¬ 
schauung dienen. Jadassohn (Breslau). 

(7) Hutchinson hat eine Reihe von Fällen beobachtet, bei denen 

Urticaria, Eczem und Urticaria pigmentosa in Folge von Flohbissen 
auftraten. Die Afiection findet sich im Sommer häufiger als im Winter: 
und ihre an und für sich leicht zu entdeckende Ursache wird in Fällen, 
die einmal chronisch geworden sind, niemals von den Patienten gefunden, 
H. betont die Schwierigkeit, derartigen Patienten die Art ihrer Krankheit 
plausibel zu machen. 0 ppler. 

(8) Saint-Philipp verwendet mit gutem Erfolge den „liqueur 

Donovan“ gegen jene Impetigoformen, wie sie bei schlecht genährten, 
skrophulösen Kindern Vorkommen. Die genannte Solution enthält Jod, 
Arsenik und Hg aa 10 auf 100*0. Das Mittel wird ausgezeichnet ver¬ 
tragen; Kinder unter einem Jahre erhalten täglich zweimal 5—6 Tropfen, 
von 1 — 3 Jahren 2mal 10—15 Tropfen. Schnelle Heilung der Local- 
affection und Besserung des Allgemeinbetindens. Oppler. 

([)) Elliot hat schon im Jahre 18112 234 Fälle von Alopecia prae¬ 
matura veröffentlicht, von denen 207 (88'4°durch Eczema seborrhoicum 
(Seborrhoea sicca, pityriasis capitis) veranlasst waren. 'Damals wurde in 
der Debatte die Wichtigkeit der Vererbung der Alopecia praematura be¬ 
tont und daher hat E. seit dieser Zeit darauf geachtet. Er veröffentlicht 
neuerdings wiederum 344 Fälle, von diesen sind 316 durch Seborrhoe 
verursacht. Von den übrigen 28 sind nur 4 hereditär. Aus seiner Statistik 
sei noch hervorgehoben, dass das weibliche Geschlecht viel öfter davon 
befallen wird als das männliche und dass die grösste Zahl der Erkran¬ 
kungen in die Lebensjahre zwischen 20 und 30, und darnach zwischen 
80 und 40 fallt. 

Merrill berichtet über seine an einer grossen Zahl von Fälllen 
vorgenonimenen bakteriologischen Untersuchungen. Es ist ihm gelungen 

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;i08 Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete 

3 Varietäten von Bakterien rein zu züchten, 2 Diplococcenarten und 
einen Bacillus. Näheres über ihre Wachsthumsbedingungen etc. sowie 
über seine erfolgreichen Inoculationsresultate mit den Reinculturen 
muss im Originale nachgelesen werden. Oppler. 

(10) Br uh ns berichtet über 7 Fälle von acuter Nephritis bei Eczem, 

von denen zwei aus der Privatpraxis Braschmann’s, die übrigen aus 
der Leipziger mcdicinischen Klinik stammen. Die Entstehung führt er 
mit grösster Wahrscheinlichkeit auf die Hautaffect.ion an sich und nicht 
auf dabei verwendete Medicamente zurück, allerdings setzt er eine ge¬ 
wisse Disposition des Individuums zur Nierenerkrankung voraus. Welches 
Moment als Ursache mitspricht, lässt B. dahingestellt; eine in Folge der 
Hautveränderung bestehende Unterdrückung der normalen Hautthätigkeit 
ist aber jedenfalls auszuschliessen. 0. Rosenthal (Berlin). 

(11) Von zwei Haartincturen, welche Eczem hervorgerufen hatten, 

enthielt die eine Wasserstoffsuperoxyd, die andere ein Gemenge von Kali¬ 
lauge und Pyrogallussäure. Winternitz. 

(12) Ziemlich häufig sind nervöse Erscheinungen bei Krebskranken 

beobachtet worden, selten der Zoster. Carriere hat eineu solchen bei 
einer 45jährigen Frau mit inoperablem Uteruscareinome im Bereiche des 
Nervus cutaneus femoris externus beobachtet. Er ging mit heftigen 
prodromalen Schmerzen, einer vollständigen Anästhesie auf den erkrankten 
und Hyperästhesie auf den dazwischen gelegenen gesunden Hautpartien 
einher. Die Kranke starb einen Monat darauf. Die Untersuchung des 
Nervensystems ergab vollkommen normale Verhältnisse; nur an dem be¬ 
treffenden Nervus cutan. ext. fand sich eine sehr vorgeschrittene Neuritis 
parenchymatosa. Carcinomatöse Infiltration war weder am Nerven noch in 
der Umgebung zu finden. C. fasst diese periphere Neuritis als direct 
durch Carcinomtoxine verursacht auf. Oppler. 

(13) Folkiner stellt in der kgl. med. Akademie Irlands eine Frau 

vor, die sich ira 3. Monat ihrer 7. Schwangerschaft befand und zum 
dritten Mal an demselben Leiden erkrankt war, das als „Hydro gestationis“ 
gedeutet wurde. Die Eruption begann im 3. Monat auf den Handrücken, 
um sich allmälig über den ganzen Körper zu verbreiten und 6 Wochen 
nach der Entbindung zu verschwinden. Eine nähere Beschreibung der 
Alfection fehlt. Koch (Berlin). 

(14) Die Autoren fanden Haufen von perivasculärem, embryonalem 

Bindegewebe, in der Umgebung derselben reichlieh eosinophile Zellen, 
das Derma entfernt von den Gelassen intiltrirt. Auch die mikroskopischen 
Bläschen sind mit denselben Elementen erfüllt. Winternitz. 

(15) Tenneson beschreibt ein Exanthem, das neben gewöhnlichen 
Acneknoten in Gestalt von kleinen verhornten Effiorescenzen im Gesichte, 
am Stamme und namentlich auf der Hinterseite der Schulter in polycy¬ 
clischen Herden auftrat. Diese Knötchen glichen in vielen Punkten jenen 
der Keratosis oder Xerodermia pilaris. Le red de fand anatomisch 
Folliculitis und Perifolliculitis um einen Horncornedo. Winternitz. 


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der Dermatologie. 


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(16) Der Verfasser theilt die Krankheitsgeschichte von einer 
53 Jahre alten Frau mit, bei der sich, ohne entdeckbare Ursache, vom 
Februar bis Mai 1894 eine ungewöhnlich schwere Form von Acne ent¬ 
wickelte. Diese Acne ging von den Nasenlöchern aus, wo sie mit Ge¬ 
schwüren und Krustabildungen begann, und von wo sie sich dann, mit 
einem Ausläufer auf die Oberlippe an der Mitte derselben und einigen 
zerstreuten Efflorescenzen an anderen Theilen des Gesichtes, über die 
Haut des weichen Theiles der Nase ausdehnte. Die Haut ist an den an¬ 
gegriffenen Stellen stark cyanotisch geröthet mit dünner Epidermis; ihre 
Oberfläche ist uneben und aus hanfkorngrossen und kleineren platten 
Knötchen zusammengesetzt, die hier und da mit wachsgelben Krusten 
bedeckt sind, unter denen man entweder die dünne, nässende Epidermis, 
oberflächliche Excoriationen, oder tiefere, scharfrandige Ulcerationen an¬ 
trifft. Die Ulcerationen heilen langsam mit oberflächlicher Narbenbildnng. 
Der hauptsächliche Sitz des Processes sind die Haarfollikel, die. der eine 
nach dem andern, in Gruppen angegriffen werden, etw T as erhabene, rothe, 
empfindliche Höckerchen bildend und sich nur selten in ihrem Aussehen 
zu gewöhnlichen Acnepusteln entwickeln. Die Schleimhaut ist bis in 
eine Entfernung von 1 Cm. von den Nasenlöchern geröthet und erodirt, 
mit Rhagaden am Rande. Nachdem der Verfasser auf Grund des Ver¬ 
laufes und des Aussehens Lupus und Syphilis ausgeschlossen hat, kommt 
er zu dem Schlüsse, dass die Krankheit eine ungewöhnliche Form von 
Acne ist, die er als Acne teleangiectodes exulcerans bezeichnet. 

E. Welander (Stockholm). 

(17) Auf Grund von 5 beobachteten Fällen (der eine betrifft den 
Autor selbst), welche mit glänzendem Erfolge geheilt wurden, empfiehlt 
Thiele folgende Methode der Behandlung der Sykosis parasitaria sowio 
non parasitaria. Die Haare dürfen weder rasirt noch epilirt zu werden, 
sondern die Pusteln oder Knötchen unmittelbar um den Haaren herum 
eröffnet. Unmittelbar darauf soll die afficirte Stelle mit alkoholischer 
Sublimatlösung (Th. Sublimat auf 100 Theile 95° Alkohol) gewaschen 
werden. Diese Procedur ist folgendermassen auszuführen: Mit einem 
kleinen Wattetampon, durch tränkt von der genannten Lösung, werden 
zuerst die benachbarten gesunden Hautstellen abgewaschen und später 
die von Sycosis befallenen; darauf wird ein jedes Pustelchen für sich ge¬ 
öffnet, leicht ausgedrückt und sofort mit der Sublimatlösung ausgewaschen. 
Nachdem alle Pustelchen so eröffnet sind, wird von Neuem mit einen 
durchtränkten Tampon die befallene Stelle gewaschen. In der ersten 
Zeit wird diese Procedur täglich 2—3mal, je nach der Verbreitung der 
Affection, später lmal täglich, jeden 2. 3. u. s. w. Tag und schliesslich 
vollständig aufgehört, aber nur in dem Falle, wo im Laufe von Vf % Mo¬ 
naten keine Syptome der Erkrankung zu constatiren sind. In gleicher 
Zeit wird für die Nacht die afficirte Stelle mit Unguent. Diachyl. Hebrae 
gedeckt und nur in seltenen Fällen mit der Rosenthal’schen Paste 
(Tannin 2 0, sulfur. sublim. 40, Zinc. oxydatum und Amylum aa 7’0 und 
Vaselini flavi 20 0). Am nächsten Morgen Waschung mit gewöhnlicher 


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Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete 


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Seife und darauf von Neuem mit der Sublimatlösung. — Die Krankheit 
soll nach der genannten Behandlungsmethode in 1—3 Monaten schwinden. 
Die beobachteten Fälle haben keine Recidive gehabt: der 1. schon seit 
2 '/, Jahren, 2 seit 1 % und 2 seit % Jahre. A. Grünfeld. 

(18) Eg er macht auf Grund dreier von ihm beobachteter Fälle 

auf das eigenthümliche Zusammentreffen von Psoriasis, Gelenkerkran¬ 
kungen — die letzteren bei dem Kranken selbst oder bei den Eltern 
desselben — und nervöser Anlage aufmerksam und neigt, in Folge dessen 
zu der B o u r d i 1 loirschen Anschauung über die Psoriasis als einer vom 
Centrum vermittelten Trophoneurose, vielleicht auf einer noch zu er¬ 
weisenden parasitären Grundlage. 0. Rosenthal. 

(19) Nachdem Daries und Bram well über die therapeutischen 

Erfolge berichteten, welche sie bei der Behandlung der Psoriasis mit 
Schilddnisenextract vom Hammel erzielten, wurde dieselbe Modication 
bei 4 Kranken der Klinik von Dubreuilh versucht. Der Erfolg war 
jedoch völlig negativ. Raff (Augsburg). 

(20) Bei einem sonst typischen Falle von Lichen planus, der 6 Mo¬ 
nate dauerte und von den Handtellern ausgegangen war, war die Epi¬ 
dermis der Handteller und Fusssohlen überall verdickt und iudurirt und 
schilferte in grossen Fetzen ab. Die indurirten und schuppenden Partien 
waren von einer ervthematösen Zone umgehen und juckten heftig. 

W i n t e r n i t z. 

(21) Trouillet beobachtete einen Fall von infectiösem Pemphigus. 

Zuerst traten erythernatöse Flecke auf, über welche sich die Haut bullös 
abhob; nach Bersten der Blasen starke Lymphorragie. Der Infections- 
erreger war ein sehr langer, beweglicher, sporenhaltiger Bacillus; die 
Impfung in die Haut eines Kaninchens erzeugt starke Schwellung ohne 
Blasenbildung. Der Bacillus liess sich mit keinem der bekannten iden- 
tificircn. — In einem zweiten Falle beobachtete er im Anschluss an 
einen Menschenbiss reichliche Pustelbildung und Ulceration mit Diphtho- 
ritischem Belage. Verf. züchtete hb*r einen sehr dicken, beweglichen 
Micrococcus, der auf Kaninchen verimpft, dieselben Erscheinungen hervorrief. 
Auch er liess sieh mit keinem der bisher näher studirten Mikroben 
identiticiren. Pinner (Breslau). 

(22) Mc. Cormick bestreitet 1. dass, wie die meisten Autoren au- 
nohinen, Ekthyma nicht speciHsch und nicht infectiös sei. 2. dass Ek¬ 
thyma, wie in Deutschland gelehrt wurde, keine Krankheit sui generis 
sei. Er hält diese Ansicht durch folgende Beobachtung für erwiesen: 
35jähriger Mann behandelt mehrere „Wunden“ am Bein eines Pferdes 
mit Carhol Waschungen. Nach einer Woche bemerkt er an seinem eigenen 
rechten Bein einige Pusteln mit rothem Hofe. Dieselben collabiren und 
die Stellen bedecken sich mit dunkelrothen bis braunen Krusten. Da¬ 
neben bestellt starkes Juckgefiihl. — Stat. präs. Eine Anzahl breiter, 
fingernagelgrosser, erhabener, harter, braunrot her Krusten, ziemlich weit 
in die Tiefe gehend, erscheint von einem dunkelrothen Hofe umgeben. 
Unter den Krusten dünner, gelblicher Eiter. Starke Schmerzhaftigkeit 


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der Dermatologie. 


311 


und Jucken bilden die subjectiven Symptome. — Impfung auf die Hin¬ 
terseite des Beines war von Efflorescenzen gleichen Charakters gefolgt. 
Mit demselben Erfolge wurden zwei andere Individuen inoculirt, dann 
einer dieser beiden mit dem Blaseninhalte des anderen, schliesslich wieder 
won diesem eine Impfung auf den ursprünglichen Kranken vorgenommen, 
stets mit positivem Erfolg. — Eine bakteriologische Prüfung konnte aus 
äusseren Ursachen nicht vorgenommen werden. — Aus diesen Untersu¬ 
chungen zieht Mc. Corraick den Schluss: Ekthyma ist autoinoculirbar, 
interinoculirbar und infectiös. Günsburg. 

(23) Das Resume ihrer ausführlichen und im Original einzusehen¬ 
den Krankendemonstration geben die Autoren in folgenden Sätzen: Es 
besteht eine Hauterkrankung, die durch die Entwicklung von rothen Knoten 
gekennzeichnet ist, in deren Centren sich nach Abgang der Epidermis 
eine bräunliche Kruste bildet. Eine unter letzterer liegende scharf- 
randige Geschwürsfläche, die mit eitrigem, graulichem Detritus bedeckt 
ist, vergrössert sich excentrisch bis zu dem Augenblicke, wo sie nach 
Elimination der abgestorbenen Partien langsam vernarbt. Die Knoten 
können mehrere Entwicklungsarten durchmachen. Die einen bleiben ober¬ 
flächlich und vernarben rasch. Die anderen werden Sitz eines trockenen 
und schwarzen Schorfes. Andere wachsen in die Tiefe und induriren. 
Noch andere sind von einem indurirenden Erythem begleitet, das zur 
hauptsächlichen Krankheitserscheinung werden und in Mortification über¬ 
gehen kann. Es kommt zu Drüsenschwellungcn, die vereitern und zu 
necrotisirenden Geschwürsflächen führen können. Die Knoten betreffen 
zumeist (den Kopf, können jedoch auch vorn auf der Brust und um den 
Anus erscheinen. Die Mundschleimhaut zeigt ähnliche Veränderungen. 
Die wahrscheinlichste Ursache ist eine bisher unbekannte Infection, die 
durch Autoinoculation zur Weiterverbreitung führt. Winternitz. 

(24) Typischer Fall von Morvan’scher Erkrankung bei einem 

34jährigen Manne, seit 18 Jahren bestehend, der zu den charakteristischen 
Verstümmelungen der Finger geführt hatte. Von dermatologischem In¬ 
teresse waren Trockenheit, Hyperkeratose der Hände und die allgemeine 
Verletzlichkeit der Hautdecken. In einem Hautknoten des rechten Vor¬ 
derarmes waren nach Darier’s Untersuchungen keine Leprabacillen 
vorhanden. Winternitz. 


1. Hulot. Infection d’origine cutanee chez les enfants. La medccine 
moderne. 7. Sept. 1895. Nr. 72. 

2 . Le Dautec. Microbes secondaires de la vaccine. 2. Franz. Congress 
für innere Medicin. Bordeaux. 8.—15. August 1895. Ref. La Me- 
decine moderne. 6. Jahrg. Nr. 68. 24. August 1895. 

.3. Wischpolsky, W. Zwölf Fälle von Erysipelas faciei et capillitii, 
behandelt mit Ichthyol. Woenno-medicinskii Journal. 1895 Mai. Ref. 
Jeszeniedjelnik 1895. Nr. 34, p. 496. Russisch. 


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312- 


Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete 


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4. Moseato. Infezione palustre cronica, melanodermia neurotica parziale 
consecutiva d’origine centrale. II Morgagni. Novembre 1895, Nr. 11. 

5. Dardign&C, J. J. A. Un cas de tuberculome lingual. Absces froid 
tuberculeux de la langue. Gazette Hedomadaire de Med. et de 
Chir. 25. August 1894. 

6 . Liebreich, 0. lieber Lupusheilung durch Cantharidin und über 
Tuberculoöe (Vortr. geh. in der Berl. medic. Gesellschaft Berl. kliu. 
Wochenschr. 1895. Nr. 14, 15). 

7. Discussion über den Vortrag des Herrn Liebreich. Ueber Lupus¬ 
heilung durch Cantharidin und über Tuberculose. Sitzung d. Berl. 
medic. Gesellschaft vom 27. Februar 1895. Berl. klin. Wochenschr. 
1895, Nr. 11. 

8 . Köbner, Heinrich. Zur Kritik der Lupusheilung durch Cantharidin. 
(Berl. klin. Wochenschrift 1895, Nr. 11.; 

9. Saalfeld, E. Bemerkungen zu Herrn Prof. Köbner’s Aufsatz: „Zur 
Kritik der Lupusheilung durch Cantharidin“. Berl. klin. Wochen¬ 
schrift 1895, Nr. 14. H. Köbner. Erklärung Berl. klin. Wochen¬ 
schrift 1895, Nr. 20. E. Saalfeld. Erklärung Berl. klin. Wochen¬ 
schrift 1895, Nr. 24. 

10 . Treitel. Primärer Lupus des weichen Gaumens (Verhandl. der laryn- 
gologischen Gesellschaft. Berl. klin. Wochenschr. 1895, Nr. 45. 

11. Keisser, Paul. Ueber Lupus vulgaris des behaarten Kopfes. Berl. 
klin. Wochenschrift 1895, Nr. 3. 

12 . Hallopeau und Jeauselme. Ein Fall von ulcerösem und wuchern¬ 
dem Lupus mit rüsselförmiger Verunstaltung des Gesichtes. Soc. fr. 
de derm. et de syph. Annal. 1895, p. 222. 

13. Chatini£re, H. Erfahrungen über die Giftigkeit des Harns von an 
tuberöser Lepra Erkrankten. Annal. de dermat. et de syph. 1895 p.203. 

14. Hallopeau und Jeanselme. Ein Fall von Nervenlepra mit sehr 
heftiger Eruption von Erythrodermie und Kückenmarksstörungen. 
Soc. de derm. et de syphil. Annal. 1895, p. 113. 

15. Lagrange. Leprome de la conjonctivc bulbaire. 2. Franz. Congress 
für innere Medicin. Bordeaux. 8.—15. August 1895. Ref. La Medecine 
moderne. 6. Jahrg. Nr. 68. 24. August 1895. 

(1) Hulot studirte bei Kindern die verschiedenen Infectionen, 

welche durch die Haut bei solcheu Krankheiten zustande kommen, die 
Desquamation der Epidermis herbeiführen. An Schnitten konnte Verf. 
Eitererreger in allen Schichten der Haut nachweisen, oft weit entfernt 
von der Eintrittsstelle. Des Oefteren dringen die Mikroorganismen auch 
in die Blut- und Lymphbahnen und können auf diese Weise tödtlich ver¬ 
laufende allgemeine Infection hervorrufen, oder auch localisirte, Phlebitis etc. 
Als Prophylaxe empfiehlt H. strengste Antisepsis in den Krankensälen; 
jedes Kind, das eine Eiterung zeigt, muss sorgfältig verbunden und von 
den anderen isolirt werden. Dreyael (Breslau). 

(2) Nach Le Dautec finden sich Staphylococcen immer in der 
Lymphe, in der animalen, wie in der humanisirten. Zum Zustande- 


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der Dermatologie. 


313 


kommen der Pustel sind sie nicht erforderlich. Die Staphylococcen des 
Menschen verflüssigen Serum, die des Kalbes nicht. Oppler. 

(3) Wischpolsky will auf Grund der 12 von ihm beobachteten 
Fälle das Ichthyol als Specificum für die Erysipelas-Behandlung ansehen. 

Grün fei d (Rostow). 

(4) Moscato beschreibt einen Fall von merkwürdiger partieller 
Tigmentirung der Haut in Folge einer schweren Malaria. Es handelte 
sich um ein 4jähriges Kind mit allen Zeichen einer schweren lange be¬ 
stehenden Intermittens. Im zweiten Lebensjahr begann die Pigmentirung 
an den unteren Extremitäten, Nates und befiel dann Scrotum, Penis und 
die oberen Extremitäten. Der übrige Körper blieb verschont. Sie zeigte 
je nach ihrem Sitz Verschiedenheiten. Am Oberschenkel -war sie netz¬ 
artig, wie ein Erythema caloris, an den Nates fleckenförmig, in den 
Kniekehlen und Ellenbeugen zeigte sie Bronzefärbung. An den Geni¬ 
talien war sie punktförmig. Die Pigmentirung schwand auf Druck nicht, 
und verursachte kein Jucken. Das Pigment liegt hier nach M. in der 
Gefasswand und im Rete Malpighi. Es folgt dann eine ganz kurze Lite¬ 
raturübersicht über die bei Malaria beschriebenen Fälle von Pigmentirung. 

Raff (Augsburg). 

(5) Dardignac beschreibt folgenden Fall: Ein mit Bureauarbeiten 
in einem schlecht ventilirten Raume beschäftigter Soldat, starker Raucher, 
bekommt an der rechten vorderen Zungenhälfte, der Stelle, an welcher 
er die Pfeife zu halten pflegt, eine eigenartige Geschwulst. Zunge normal 
beweglich, ohne Neigung vorzufällen. Färbung des Epithels auf der 
Oberfläche des Tumors vom Aussehen normalen Zungenepithels, Uuter- 
fläche grau, weinfarben in Folge diffuser Vascularisation, durch die die 
Ven. ranina verdeckt wird. Keine Ulceration oder gelbe Knötchen. Der 
Tumor hat Form und Umfang eines grossen Taubeneis und wird durch 
den rechten Zungenrand in seiner Längsaxe in zwei ziemlich genau 
gleiche Theile geschieden. Unvermittelter Uebergang in das normale 
Gewebe der Umgebung. Oberfläche glatt, nicht gelappt, Consistenz 
ähnlich weichem Kautschuck, etwas elastisch, Fluctuation nicht wahr¬ 
zunehmen, Druck nicht schmerzhaft, nirgends Drüsenschwellung, Schmerz 
nur beim Reiben gegen die Zähne. Die Anamnese ergibt keinen sicheren 
Anhalt für Tuberculose. Vor ca. 4 Monaten erbsengrosser Tumor ohne 
jede Erosion. Nach 7— öwöchentlichem Bestehen starkes Wachsthum 
nach oben und unten, gleichzeitig schlechter Schlaf und abendliches 
Fieber. Appetit nicht gestört. In letzter Zeit lancinirende Schmerzen 
und grosse Empfindlichkeit bei Berührung durch die Zähne. Zur Zeit 
der Untersuchung normale Temperatur, Jodkali ohne Einfluss auf das 
Wachsthum. Tuberculose nicht nachweisbar. Auszuschliessen: Syphilis, 
ein vasculärer Tumor, Lipom, Fibrom, Dermoidcyste, Carcinom, Sarcora, 
Retentionscyste. Diagnose per exclusionen: Abscess. — Während der Be¬ 
obachtungszeit traten Abends massige Fieberbewegungen und nächtliche 
Schweisse auf. Punction durch die dünne Cystenwand ergab einen muco- 
purulenten, grünlichen, syrupdicken, geruchlosen Inhalt, der keine 


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314 Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete 

Speichel- oder Schleim-Reaction gab und mikroskopisch Fett, Eiter, 
körperchen, einige Krystalle und keine Bakterien zeigte. Subjective Be¬ 
schwerden nach der Punction gebessert. Nach vier Tagen Aspiration 
des Gesammtinhaltes, der diesmal cohärent, gelbgrün, eitrig war. Zur 
bakteriologischen Untersuchung fehlte die Gelegenheit, Impfung von 
Thieren verlief resultatlos. Die Höhlung füllte sich rasch wieder. Wegen 
Mangels einer selbständigen Wand wurde von Exstirpationsversuchen ab¬ 
gesehen und nur Incision und Auskratzung vorgenommen. Letztere ent¬ 
leerte fungöse Massen, die genau denen glichen, die in tuberculösen Ge¬ 
lenken gefunden werden und mikroskopisch Kiesenzellen und wahrschein¬ 
lich Tuberkelbacillen aufwiesen. Nach der Operation heilte die Wunde 
ohne Zwischenfall, das Allgemeinbefinden aber verschlechterte sich zu¬ 
sehends. Die Schweisse dauerten Tag und Nacht fort, und ein blutiges, 
schleimiges Sputum wurde expectorirt. Durch Auscultation wurde Phthise 
der Lungenspitzen festgestellt, die bald auf den ganzen Oberlappen Über¬ 
griff. Im Sputum wurden Tuberkelbacillen nachgewiesen. Trotz des auf¬ 
fallenden Verlaufes hält Dar di gnac die Lungentuberkulose für das pri¬ 
märe Leiden, das nach Analogie ähnlicher Fälle durch den localen Ein¬ 
griff eine acute Verschlimmerung erfahren habe. Zur Stütze der Dia¬ 
gnose dient die Abwesenheit der für primäre Lungentuberculose charak¬ 
teristischen Ulcerationen, und das Freibleiben der Lymphwege. 

G ü n s b u r g. 

(6) Liebreich erkennt die contagionistische Anschauung der 
Bakteriologen über die Tuberculose nicht an und sucht nachzuweisen, 
dass sich der Tuberkelbacillus nur an denjenigen Stelleu entwickeln 
kann, wo die Zellen vorher erkrankt waren. Derselbe ist mithin kein 
wahrer Parasit, sondern ein Nosoparasit. In ähnlicher Weise gehören 
auch die angeblichen Krankheitserreger der Lepra, der Cholera, des 
Typhus, der Diphtherie, der Pneumonie und der senilen Gangrän zu den 
Nosoparasiten. Therapeutisch wird es sich also darum handeln, die vitale 
Kraft der Zelle zu heben. L. hat nun gefunden, dass das Cantharidin 
bei jungen Thieren eine Wachsthumszunahme bedingt und dass bei 
Menschen eine Zunahme d**s Appetits eintritt. Nephritis entwickelt sieh 
nach L. nicht bei Anwendung in richtiger Dosis; die Wirkung besteht 
lediglich in einem vermehrten Austritt von Serum aus den Capillaren. 
In den letzteren Jahren hat L. das reine Cantharidin innerlich angewandt 
und zwar wurden 0*1 Cantharidin in 50() Ccm. Tinct. Corticis Aurantii 
gelöst. Hiervon wurden jedesmal */ I0 einer Pravaz'schen Spritze - ; / l0 
Decimilligramm in Wasser verdünnt gegeben. Durch die fortgesetzte 
Behandlung ist ein heilender Einfluss beim Lupus wie bei der Kelilkopf- 
tuberculose nicht, zu verkennen. Vorgestellt als geheilt wird nur ein Fall. 
Derselbe betrifft eine 21jährige, vorher noch nicht behandelte Dame, 
welche im August 1893 einige Knötchen auf der linken Wange und auf 
der rechten oberen Nasenseite bemerkte. Im Januar 1894 begann die Be¬ 
handlung. Nach der 42. Verabreichung von Cantharidin bis zu einer Dosis 
von 1*6 Decimilligramm war der Lupus geheilt. Eine Narbe ist nicht 


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der Dermatologie. 


315 


-sichtbar. Ferner wird ein Fall von Sclerodermie vorgestellt, der schon 
8 Tage nach Beginn der Cur eine grössere Beweglichkeit zeigte. 0, R. 

(7) Grabower berichtet eingehend über 10 Fälle von Kehi- 

kopftuberculose, die im Krankenhause Moabit seiner Zeit mit Cantharidin 
behandelt worden waren. Bei dreien dieser Patienten musste die Be¬ 
handlung wegen schwerer Alteration der Nierenthätigkeit aufgegeben 
werden. G. kömmt zu dem Schluss, dass das Cantharidin für die Func¬ 
tion der Nieren nicht ohne Gefahr ist und dass dasselbe irgendwelche 
Einwirkung auf tuberculös erkranktes Schleimhautgewebe auszuüben völlig 
ausser Stande ist. Edmund Meyer hat bei 48 Fällen von Larynx- 
tuberculose, die in der königl. Univers.-Poliklinik mit Cantharidin be¬ 
handelt wurden, eine entschiedene Einwirkung auf die Erkrankungen im 
Kehlkopfe constatiren können; von der weiteren Anwendung wurde aber 
Abstand genommen, darunter 18 in Betracht kommenden Fällen — 10 
scheiden wegen zu kurzer Beobachtungszeit aus — 14mal Albuminurie, 
auch länger anhaltend, gesehen wurde. Blaschko betrachtet jeden 
Lupus als Inoculationslupus, erwähnt die mit Thionsinamin, Teucrin und 
vielen anderen Stoffen gemachten Erfahrungen, welche dem Cantharidin 
gleiche Wirkungen hervorriefen und verlangt eine genaue Statistik der 
bisher von Liebreich behandelten Fälle. Isaac glaubt nur an 
die Heilung des Lupus durch Narbenbildung und hält den einen vorge¬ 
stellten Fall nicht für beweiskräftig. Hanse mann hat bei einem zur 
Section gekommenen Kinde eine Stelle, die früher lupös erkrankt war, 
mikroskopisch untersucht und vollständig normale Haut gefunden. 
Freudenberg hat Cantharidin innerlich mit gutem Erfolge bei Cystitis 
gegeben. Saalfeld berichtet, dass unter 4798 Verabreichungen von 
Cantharidin nur 53mal das Mittel wegen Trübung des Urins beim 
Kochen mit Salpetersäure vorübergehend nicht gegeben wurde. Nur 
2 mal konnte eine blutige Beimengung constatirt werden. Bei 2 hierzu 
geeigneten Patienten hat er Cantharidin mit Quecksilber, resp. Arsen 
zugleich mit besonders gutem Erfolge gegeben. Liebreich sucht 
in seinem ausführlichen Schlusswort die gemachten Einwendungen zu 
entkräften. 0. Rosenthal. 

(8) Köbner bespricht auf Grund der wenigen bekannten, Jahre 

lang mit Cantharidin behandelten Fälle von Lupus, sowie besonders eines 
Falles, der ihm zur persönlichen Cognition gekommen war, diese Be¬ 
handlungsmethode, um die Werthlosigkeit der theoretischen Begründung 
und der angeblichen Heilungserfolge hervorzuheben. 0. Rosenthal. 

(9) Der Inhalt der Bemerkungen und Erklärungen von Köbner 

und Saalfeld sind rein polemischer Natur. 0. Rosenthal. 

(10) Tr eitel stellt ein kleines Mädchen mit primärem Lupus des 

weichen Gaumens vor, dem 3 Jahre früher Drüsen am Kieferwinkel ent¬ 
fernt worden waren. Fränkel spricht in der Discussion den Fall für 
Tuberculose an. 0. Rosenthal. 

(11) Paul Neisser berichtet aus der Breslauer Klinik über einen 
Fall von Lupus vulgaris des behaarten Kopfes. Derselbe betraf einen 


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310 Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete 

40jährigen Patienten und hatte sich auf einer 30 Jahre früher nach einer 
Verletzung entstandenen Narbe entwickelt. Zugleich bestand aber ein 
älterer, lupöser Herd am rechten Oberarm. Auf Grund des mikroskopischen 
Befundes — einzelne spindelförmige Herde und dichte Anlagerung des lu- 
pösen Intiltrats an die Epidermis — nimmt N. an, dass es sich um einen 
Inoculationslupus gehandelt habe. Ob das Haarkleid allein genügt, um 
die Immunität des Kopfes gegen Lupus im Allgemeinen zu erklären oder 
ob noch anatomische Bedingungen daneben mitwirken, will N. nicht ent¬ 
scheiden. 0. Rosenthal. 

(12) Dauer des Leidens 21 Jahre. Beginn an den Extremitäten 

mit Bildung von begrenzten Schwellungen, die exulcerirten und ver¬ 
narbten. Auftreten von Geschwüren am Gaumen, dem Larynx und der 
Nase. Von letzterer übergreift die Affection auf die Lippen und gibt all- 
mälig dem Gesichte ein rüsselförmiges Aussehen. Der Fall war einige 
male von bedeutenden Autoren als Lues aufgefasst worden. H. konnte 
nach Ausschliessung von Syphilis, Lepra, Rotz und Epitheliom die Dia¬ 
gnose Lupus als wahrscheinlichste aufstellen. Winternitz. 

(13) Chatiliiere lindet im Gegensätze zu Fisichella, dass der 
Urin der Leprösen weniger giftig sei, als der normale. Zu den ersten 
Erscheinungen, welche nach intravenöser Injection des Harns bei Ka¬ 
ninchen auftraten, gehören: Rascher, fortschreitender Temperaturabfall. 
Starre und Stupidität der Thiere. Ch. hält es für verfrüht, einen Zusammen¬ 
hang zwischen der Toxicität des Harns und dem Grade der Erkrankung, 
resp. der eingeleiteten Behandlung lcststellen zu wollen. Winternitz. 

(14) Der von Hallopeau und Jeanselme demonstrirte Pat., ein 
32jähriger auf der Insel Guadelope gebürtiger Mann, hatte vor 12 und 
vor 2 Jahren Geschwüre auf der Eichel ohne syphilitische Folgeerschei¬ 
nungen. Ein halbes Jahr vor der letzten GenitalafTeetion erschienen 
zuerst auf dem Rücken, später auf den übrigen Körpert heilen rothe 
Eiecken; allmälig trat Empfindungslosigkeit der Hände gegen Berührung 
und Schmerz auf. Seit einem Monat unter heftigen Schmerz- und Juck- 
gefühlen neuerliche Eruption von ebensolchen gerötlieten, leicht er¬ 
habenen Efflorescenzen, deren Grösse von der einer Linse bis zu der 
einer Bohne wechselt. Im Gesichte feine, kleienförmige Abschuppung, 
am Stamme, wo die Flecke grösser, polycyclisch sind, ringförmige Ab¬ 
schuppung. Verbreitung über den ganzen Körper. Lähmung des Muse, 
orb. palpeb. sin., Anästhesie, resp. Eraptindungsherabsetzung für die ver¬ 
schiedenen Emptindung8(]ualitäten an verschiedenen Theilen der Hand 
und der Streckseite des Vorderarms, des Eusses und des Unterschenkels. 
Plantar- und Patellarrctiexe gesteigert. Stetiges Erbrechen, grosse Pro¬ 
stration. Erythem der Mundschleimhaut. Oedematöse Schwellungen der 
Extremitäten. Allmälig auftretende Besserung sämmtlieher Erscheinungen 
unter Abblassen und Abschilfern des Exanthems. Aus dem Resume der 
Autoren sei hervorgehoben, dass dieselben die Magenstörungen auf ein 
Exanthem beziehen und die Steigerung der Plantar- und Patellarreflexc, 


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der Dermatologie. 


317 


sowie die Steigerung des Schmerzgefühls an den Füssen auf eine Störung 
der spinalen Innervation zurückführen. Winternitz. 

(15) Lepröse Erkrankungen der Cornea sind häufiger, als die der 
Conjunctiva. Lagrange hat einen Fall beobachtet, dessen Cornea nicht 
erkrankt war, bei dem sich jedoch um dieselbe herum auf der Conjunctiva 
ein Kranz von Lepraknoten fand. Daneben bestand eine adhärirende, 
subacute, plastische Iritis. Mikroskopisch Hessen sich eine Unmenge von 
Leprabacillen, in Conjunctivalzellen eingeschlossen, nach weisen. Inocu- 
lationen in die vordere Kammer eines Kaninchenauges blieben erfolglos. 
Abtragung und Cautherisation der erkrankten Partien führte zur Heilung. 
Sabrazes bemerkt in der Debatte, dass bei der reinen Nervenlepra sich 
in den anästhetischen Stellen keine Bacillen fanden. Petrini’s Fall 
wäre kein solcher gewesen. Oppler. 


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Nekrolog. 


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Georg Lewin -J-. 

Ein Nachruf von Prof. E. Lesser in Berlin. 

Am Morgen des 1. November starb plötzlich und 
unerwartet Georg Lewin, der Senior der deutschen 
Dermatologen. 

Er hatte sich ursprünglich nicht der Dermatologie 
zugewandt, sondern hatte sich nach anfänglicher einge¬ 
hender Beschäftigung mit der pathologischen Ana¬ 
tomie und gerichtlichen Medicin der Laryngologie ge¬ 
widmet, zu der Zeit, als diese Disciplin durch die Ein¬ 
führung des Kehlkopfspiegels eben sich zu entwickeln be¬ 
gann. Er hat sich um die Anwendung und Verbreitung 
der Laryngoskopie die wesentlichsten Verdienste erworben 
und eine Reihe werthvoller Arbeiten auf diesem Gebiete 
rühren von ihm her. 

Im Jahre 18G3 wurde er als Nachfolger v. Bären- 
sprung’s zum dirigirenden Arzte der Abtheilung für 
Syphilis und Hautkrankheiten in der Charitö berufen und 
18G8 zum ausserordentlichen Professor ernannt. 

Dieser Entwicklungsgang erklärt uns eine der her¬ 
vorragendsten Eigenschaften L e w i n s, die Vielseitigkeit. 
Beim Durchblättern der Sitzungsberichte der Berliner ärzt¬ 
lichen Gesellschaften sieht man, wie Lewin bei Gegen¬ 
ständen aus den verschiedensten Zweigen der Medicin in 
die Debatte eingriff; und was er sagte, hatte immer Hand 
und Fuss. 

Aber auch für unser specielles Fach hat diese Viel¬ 
seitigkeit ihre guten Früchte getragen. Seine Arbeiten 
über die Syphilis des Kehlkopfes, zu denen er wie kein 


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Nekrolog. 


319 



Anderer befähigt war, da er beide Disciplinen, die Laryn- 
gologie und die Syphilidologie beherrschte, sind von fun¬ 
damentaler Bedeutung für dieses Gebiet geworden. 

Seine wichtigste Leistung ist aber natürlich die systema¬ 
tische Durchführung der Behandlung der Syphilis mit sub- 
cutanen Sublimatinjectionen. Er hat mit dieser Methode im An¬ 
fang seiner Thätigkeit an der Charite begonnen und sie 
hier und ebenso in seiner ausgedehnten Privatpraxis durch 
mehr als drei Jahrzehnte consequent fortgefükrt. 

Lewin hat die Quecksilberinjectionen zwar nicht 
als erster gegen die Syphilis angewandt, aber es gebührt 
ihm das unbestrittene Verdienst, diese Behandlung zur 
Methode durchgearbeitet zu haben, im Anfang gewiss nicht 
ohne Widerspruch und Schwierigkeiten, besonders von 
Seiten der Patienten. 

Lewin gebührt das Verdienst, den alten Methoden 
der Inunctionen und der internen Verabreichung des Queck¬ 
silbers die subcutane Behandlung als neue Methode an die 
Seite gestellt zu haben. Die Methode ist überall aufge¬ 
nommen worden, sie ist in der mannigfachsten Weise mo- 
dificirt worden, es gibt kaum ein Quecksilberpräparat, 
welches nicht von Diesem oder Jenem eingespritzt wäre, 
aber den Anstoss zu allen diesen weiteren Versuchen hat 
doch eben Lew’in gegeben. Und übrigens — wenn wir 
von den unlöslichen Quecksilberverbindungen absehen wollen 
— von den löslichen Quecksilbersalzen hat sich in der 
That das Sublimat doch als das beste erwiesen, zu dem 
schliesslich ein Jeder wieder znriickkelirt. 

Es ist unnöthig, die zahlreichen syphilidologischen 
und dermatologischen Arbeiten Lewin’s einzeln anzu¬ 
führen, den Lesern dieses Archivs sind dieselben bekannt. 
Aber die Art seines Arbeitens bedarf noch einer beson¬ 
deren Erwähnung. 

Lewin war ein medicinischer „Sammler“ in des 
Wortes wahrer Bedeutung. Das bezeugen alle seine grösseren 


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Nekrolog. 


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Arbeiten, so die Uber den Morbus Addisonii, die Selerodermie, 
den Cysticercus cellulosae, die Kehlkopfsyphilis. 

Alles, was er von Veröffentlichungen finden 
konnte, wurde gesammelt, geordnet, in Tabellen gebracht 
und zwar nach allen nur in Betracht kommenden Gesichts¬ 
punkten. Er ging hierbei von der Erwägung aus, dass 
besonders bei seltenen Krankheiten die Erfahrung des 
Einzelnen nicht ausreicht, sich ein richtiges Bild der 
Krankheit zu verschaffen, sondern dass die Beobachtungen 
Aller dazu herangezogen werden müssen. Unter seiner 
ordnenden Hand wurde somit auch die kleinste casui- 
stische Mittheilung nutzbringend als Theil des Ganzen. 

Seine Arbeiten sind eine literarische Fundgrube für Alle, 
die sich mit den von ihm behandelten Krankheiten be¬ 
schäftigen. Aber diese Arbeiten waren auch nur möglich 
für jemand, der sein ganzes Leben lang gesammelt und 
gearbeitet hatte, wie Lewin es gethan hat! 


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Originalabhandliingen. 


Archiv f. Dermatol, u. Sypliil. Band XXXVII. 


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Klinische Studien über Nierenaffectionen 

bei Syphilis. 

Von 

Dr. Edvard Welandci* in Stockholm. 


i Schluss). 


Da wir nun sehen, dass in den meisten Fällen die ersten 
allgemeinen syphilitischen Symptome unter gelinder Form, 
ohne locale inflammatorische Heizung auf’treten, dürfen wir 
wohl erwarten, dass die Veränderungen, welche die vorhandenen 
syphilitischen Bakterien in den Nieren hervorrufen können, 
ebenfalls gelinde, nicht inflammatorisch, höchst wahrscheinlich 
nur zerstreute hyperiimische Flecken (mit unbedeutenden Zell¬ 
infiltrationen) sind, die kaum Veränderungen in der Beschaffen¬ 
heit des Harnes, höchstens das Auftreten einer minimalen Al¬ 
buminurie mit einigen (."Mindern zu verursachen vermögen. Aber 
gleichwie die Ilautatfection von sehr verschiedener Beschaffenheit 
sein kann, muss es auch die Nierenaffection sein können; wir haben 
ja in einem frühen Stadium der Syphilis ein papulöses, aber 
auch ein papulo-pustulöses Syphilid, und es ist daher wohl 
wahrscheinlich, dass entsprechende schwere Formen, sich durch 
einen etwas grösseren Albumingehalt und verschiedene Formen 
der Cylinder zu erkennen gebend, auch in den Nieren aufzu¬ 
treten vermögen. Diese Nierenaffectionen dürften länger als die 
leichtere hyperiimische Form bestehen bleiben können, gleich¬ 
wie auch die papulo-pustulösen HautefHorescenzen länger als 
die einfache Roseola bestehen bleiben. Da wir nun aber, ausser 
bei zufälliger Einwirkung von fremden Bakterien, keine wirk¬ 
lichen inflammatorischen Symptome auf der Haut (oder an 
anderen Stellen) auftreten sehen, so dürfen sich wohl auch 
keine solchen Symptome in den Nieren erwarten lassen, daher 

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es mir auch sehr wahrscheinlich zu sein scheint, dass bei der 
Syphilis, namentlich wenn sie sich in einem frühen Stadium 
befindet und sofern sich keine Complicationen finden, keine 
acute inflammatorische Nephritis entstehen kann, die ausschliess¬ 
lich durch diese Krankheit verursacht wäre. Die Fälle von 
acuter (hämorrhagischer') parenchymatöser Nephritis, die ich 
veröffentlicht gesehen habe, scheinen mir ebenfalls von ziemlich 
zweifelhafter Natur zu sein. 

Je älter die syphilitische Krankheit wird, desto grössere 
infiltrirte Herde (Papulo-Tubcrkel, Gummata) bildet sie in der 
Haut und in anderen Organen, und wir haben ja dann volle 
Berechtigung, die Bildung solcher Herde auch in den Nieren 
zu erwarten. 

Ausserdem sind wir berechtigt eine Einwirkung der 
Toxine zu erwarten, die sich theils in einem frühen Stadium 
der Syphilis, theils erst nach längerer Zeit zu erkennen geben 
dürfte, und so entstehen wohl dann in den Nieren theils paren¬ 
chymatöse Veränderungen, theils andere denen entsprechend, 
die wir z. B. bei Tabes finden, d. h. interstitielle, zum Theil 
das (Nieren-)Gewebe zerstörende Veränderungen. 

Diese Nierenaffectionen, die wir a priori zu erwarten das 
liecht haben, sind auch die, welche wir eigentlich als syphili¬ 
tische Nierenaffectionen beschriehen finden. 

Da wir nun bei einem gelinden ersten Ausbruch der 
Syphilis und bei einem Becidiv nur eine sehr unbedeutende 
Beizung in den Nieren und somit nur eine höchst unbedeu¬ 
tende Albuminurie und Cylindrurie zu erwarten haben, kann 
ja leicht der Argwohn entstehen, dass die Albuminurie in den¬ 
jenigen der von mir voraus angeführten Fälle, wo sie nur mit 
T. C. Ae. nachzuweisen war, namentlich aber da, wo wir sehen, 
dass diese geringe Albuminmenge während der Behandlung 
verschwunden ist, in der syphilitischen Infcction ihre Ursache 
gehabt haben könnte. Ich habe schon hervorgehoben, dass sich 
die Möglichkeit hiervon nicht verneinen lässt, obschon sich Be¬ 
weise dafür nicht finden, da wir in keinem dieser Fälle wissen, 
ob diese geringe Albuminurie nach der Erwerbung der Syphilis 
enstanden ist. — Dasselbe ist von Fall II und dem fol¬ 
genden zu sagen. 


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Klinische Studien über Xierenatlectionen bei Syphilis. 


325 


Fall XXVI. N., 2G Jahre, wurde wegen Solerose und Roseola in 
das Krankenhaus ausgenommen, hatte Spuren von Albumin (Salp.) und 
hier und da feinkörnige und hyaline Cylinder; keine annehmbare Ursache 
der Albuminurie zu entdecken. Im Laufe der Behandlung verminderten 
sieh die Albuminurie und Cylindrurie und hörten schliesslich ganz auf, 
«loch zeigte sich in den letzten Tagen der Behandlung, wahrscheinlich in 
Folge der Wirkung des Hg, wieder eine minimale Albuminurie (T. C. Ae.) 
mit Cylindern. 

Auch wenn man nun diese Fülle als Albuminuria syphili¬ 
tica aufstellt, so ist das Procent der Fälle, wo sich eine solche 
gelinde Albuminurie gefunden hat, äusserst gering, denn die 
Anzahl der in St. Göran untersuchten Fälle des ersten Aus¬ 
bruchs der Syphilis beläuft sich auf 302 und die Anzahl der 
Ilecidive im seenndären Stadium auf 137. 

Dasselbe zeigen auch die Untersuchungen in meiner pri¬ 
vaten Praxis. 

Ich habe in diesen Jahren nur drei Fälle gesehen, die 
ich hierher zählen könnte: 

Fall XXVII. L., 25 Jahre, hatte eine bedeutende Seleruse, pap. 
Syphilis, heftige Kopfschmerzen, allgemeines Unwohlsein und Spuren von 
Albumin (Salp.); war nach zwei Th-Hg-Finspritzungon frei von Albu¬ 
minurie. Bekam 7 Th-IIg-Einspritzungen und wurde intermittent ein 
Jahr lang behandelt; während dieser ganzen Zeit frei von syphilitischen 
Symptomen und von Albuminurie. 

Fall XXVIIU L., öS Jahre. Am 21./XII. 1899 eine grosse Scle- 
r-ise an der Unterlippe 1 , eine im linken Mundwinkel, Anschwellung der 
linken Snbinaxillardriise, papulöses Syphilid und nicht unbedeutende Al¬ 
buminurie; bekam bis zum 4., II. 189 [ 40 Uebcrstreicliimgen, wobei der Albu. 
mingebalt sieh allmälig verminderte, so dass sieh am 4. II. nur noch 
Spuren von Albumin fanden. Am 29./III. war der Patient frei von Al¬ 
bumin, ebenso am 90./VI., wo ich ihn das letzte Mal sab. 

Fall XXIX. X., 92 Jahre. Syphilis im Herbst 1899. Am IG. XL 
geheilte Selerose, reichliches Krythema papulatum und nicht unbedeu¬ 
tende Albuminurie; bekam bis zum 19./X1L H Soz.-Hg-Einspritzungen, 
wobei die Symptome verschwanden und sieh der Albumingehalt mehr 
und mehr verminderte, so dass an diesem Tage nur noch schwache Spuren 
von Albumin zu entdecken waren. Aber schon am 3./L 1894 trat ein 
papuIo-piMulöses Syphilid auf, gleichzeitig vermehrte sich die Albumin¬ 
menge und es fanden sich an diesem Tage Cylinder in reichlicher Meng«;. 
Am G./IL 1894 hatte der Patient 95 Ucberstrcichungen erhalten und er 
war nun frei von Symptomen; auch bei dieser Behandlung hatte sich die 
Albuminurie allmälig vermindert, so dass jetzt nur noch Spuren von 
Albumin und ziemlich zahlreiche Cylinder zu entdecken waren. Am 


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17./IV. waren einige kleine papulo-Pusteln entstanden; der Patient war 
trei von Albumin. Nach 0 Soz.-II<r-Einspritzungcn war er frei von 
Symptomen, und er wurde nun intenuittirend bis zum P2./XI. 1SP4 be¬ 
handelt. ohne dass sieli bei ihm in dieser Zeit Symptome oder Albumin 
zeigten. 

Leider sali ich in diesen Fällen die Patienten nicht eher, 
als bis sich die allgemeinen Symptome eingestellt hatten und 
auch die Albuminurie schon aufgetreten war, daher ich nicht 
weiss, ob sie vorher albuminfrei gewesen sind oder nicht, doch 
spricht vieles dafür, dass wenigstens der letzte Fall ein Fall 
von Albumimiria syphilitica gewesen ist. 

Fs ist jedoch eine verschwindend kleine Zahl von Fällen, 
besonders da ich in diesen Jahren mehrere Fälle eine längere 
Zeit hindurch genau verfolgt habe (die meisten von dem ersten 
Ausbruch der Krankheit an;; 1855 Fälle habe ich zwar nur 
einige Monate verfolgen können, dahingegen i>t es mir aber 
möglich gewesen, 81 Falle zwischen 1 und 2 Jahren. 45 Fälle 
zwischen 2 und 5 Jahren, öl Fälle zwischen Ö und 4 Jahren 
und 20 Fälle zwischen 4 und 5 Jahren zu verfolgen. 

Mail könnte einwenden, dass der Zeitpunkt, wo die Hg- 
Beliandlung ihren Anfang genommen hat, seinen Einfluss auf 
das Auftreten der Albuminurie insofern habe ausiiben können, 
als die Syphilsbakterien und ihre Toxine desto grössere he- 
legenlieit erhalten haben, eine Heizung in den Nieren hervor- 
zurufen, je länger damit gewartet worden ist. Hg zu gehen, 
und dass also in meiner privaten Praxis, wo ich mit der 11g- 
Behandlung beginne, sobald ich mit Sicherheit Sklerosis 
diagnosticiren kann, diese so früh begonnene llg-Behandlung 
dazu beigetragen habe, dass ich nie einen sicheren Fall von 
Albuminuri;i syphilitica, in einem frühen Stadium der Syphilis 
habe auftreten sehen, gleichwie auch die intermitiirende Ilg-Be- 
handlung, die ich in der Regel amvemle, die Ursache sein 
könne, dass sich hei den in der Regel gelinden Reeidiven, die 
vorgekommen sind, nie Albuminurie gefunden hat. ln meiner 
privaten Praxis bekomme ich aber das eine oder das andere* 
Mal Fälle zu sehen, wo secundäre Symptome lange ohne* 
Behandlung geblieben sind und wo gleichwohl keine Albumi¬ 
nurie zu linden ist, und in noch grösserer Ausdehnung ist 
dieses im Krankenhause der Fall. 


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Klinische Studien über Juerenaffeet-ionen bei Syphilis. '.Yll 

Zwar bekamen im Krankenltause vier von den Patienten, 
welche beim ersten Ausbruch der Syphilis mit T. C. Ae. und 
Salpetersäure nachweisbare Albuminurie hatten, ihre erste Hg- 
Behandlung erst 4 — 6 Monate und einer mehr als 6 Monate 
nach der Erwerbung der Syphilis, anf der anderen Seite habe 
ich aber gefunden, dass 36 wegen dem ersten Ausbruch der 
Syphilis in das Krankenhaus Aufgenommene ihre Behandlung 
4—6 und 8 mehr als 6 Monate nach der Erwerbung der Sy¬ 
philis bekommen haben, ohne dass sich bei ihnen Albuminurie 
eingestellt gehabt hätte, gleichwie von denjenigen, welche 
wegen Recidiv (secundäres Stadium) in das Krankenhaus auf¬ 
genommen worden sind, 12 ihre erste Behandlung ungefähr 
6 Monate, 46 7—0 Monate, 33 10—12 Monate und 49 mehr 
als ein Jahr nach der Erwerbung der Syphilis bekommen, 
gleichwohl aber keine Albuminurie, nicht einmal mit T. C. Ae. 
nachweisbar, gehabt haben, was wohl andeutet, dass eine frühe 
Albuminuria syphilitica sehr selten ist — gleichviel ob Hg 
früh gegeben wird oder nicht. 

Neu mann hebt die Möglichkeit hervor, dass die rothen 
Blutkörperchen durch ein vor und während dem ersten Aus¬ 
bruch der Syphilis stattfindendes Zerfallen an Zahl abnehmen 
und die Elimination der „Zerfallproducte der farbigen Blut¬ 
körperchen. namentlich des Hämoglobins“ sowohl Albuminurie, 
wie auch Nephritis verursachen könne. Ich habe 29 Fälle, in 
denen die Untersuchung des Blutes zu anderen Zwecken aus¬ 
geführt worden ist, zur Beleuchtung dieser Frage zusammen¬ 
gestellt. (Die Untersuchungen des Blutes auf Blutkörperchen 
sind von den Doctoren Ekelund und Hedborg ausgeführt 
worden.) Von den Patienten hatten 4 nur Sklerose, die übrigen 
25 auch allgemeine Symptome bekommen. Bei 18 Patienten 
wurden mehr als 5,000.000 Blutkörperchen und bei 1 von 
diesen 18 Albuminurie angetrofi'en, 8 Patienten hatten zwischen 
4—5,000.000 rothe Blutkörperchen und 2 von diesen 8 Albu¬ 
minurie, bei 3 Patienten fanden sich weniger als 4—5,000.000 
Blutkörperchen, und bei keinem von diesen 3 zeigte sich Albu¬ 
minurie. Diese meine Fälle sprechen nicht sehr für die von 
Neumann hervorgehobene Ansicht. 


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Von diesen 29 Patienten hatten 7 einen Hämoglobingehalt 
von mehr als 90 Proc., 12 von 80—89 Proc., 6 von 70—79 Proc. 
und 4 unter 70 Proc. Also findet sich in der Mehrzahl der 
Fälle ein nicht unbedeutend verminderter Hämoglobingehalt. 
P.ei den Patienten, die Albuminurie hatten, war der Hämoglobin¬ 
gehalt resp. 69, 71 und 73 Procent, also bei allen sehr niedrig, 
doch habe ich keinerlei Berechtigung, diesen niedrigen Hämo¬ 
globingehalt und die Albuminurie mit einander in Zusammen¬ 
hang zu bringen. 

Aus dieser meiner Zusammenstellung einer grossen An¬ 
zahl von Fällen scheint sich mir die Möglichkeit und vielleicht 
auch die Wahrscheinlichkeit dafür zu ergeben, dass sowohl 
der erste Ausbruch, wie auch ein Reeidiv der Syphilis (secun- 
däres Stadium) zwar eine sehr gelinde Reizung in den Nieren, 
eine sehr unbedeutende Albuminurie, hervorrufen kann, dass 
dieses aber nur sehr selten eintrifft. 

Die Frage ist nun die, ob in einem früheren Stadium 
der Syphilis eine acute, parenchymatöse Nephritis, durch die 
syphilitische Krankheit verursacht, auftreten kann. 

Niemals habe ich in meiner privaten Praxis einen solchen 
Fall angetroffen, und im Krankenhause habe ich nur zwei 
Fälle gesehen, die man möglicherweise unter dieser Benennung 
rubriciren könnte, obschon sich durchaus keine Beweise dafür 
finden, dass die Nephritis hier nach der syphilitischen Krank¬ 
heit aufgetreten ist (ich bin nun überzeugt davon, dass es sich 
nicht so verhält). 

Dass ich diese Fälle gleichwohl hier aufgenommen habe, 
geschah, theils weil sich in der Literatur gerade solche Fälle 
als syphilitische acute parenchymatöse Nephritis beschrieben 
finden, theils weil während der llg-Behandlung eine höchst 
bedeutende Verminderung der Albuminmenge eingetreten ist. 

Fall XXX. A., 35 J., hat seit länger als zwei Monaten Ge¬ 
schwüre am Penis gehabt mul in der letzten Zeit des Abends und des 
Nachts «in heftigen Kopfschmerzen gelitten. Wurde am lit./XI. 1SU4 wegen 
geheilter Sclerose, reichlicher Roseola, mucösen l’apeln im Halse, einer 
Periostitis am rechten Parietalbein und einer an der rechten Cla- 
vicula, sowie schwerem nächtlichen Kopfschmerz in das Krankenhaus auf¬ 
genommen. (Keine Ursache der Nephritis war zu entdecken). Ord. Ueber- 
streiehungen. 


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Klinische Studien über NierenatTectionen bei Syphilis. 325) 

Am 20/XI. Alb. 035, Cylinder in ziemlich reichlicher Menge, 
Hämoglobin 09, Blutkörp. 4,800 000. 

Am 26./X1. Alb. (Salp.), einzelne Cylinder, Hämoglobin 68, Blut¬ 
körp. 5,200.000. 

Am 30./XI. wenig Alb. (Salp.), Cylinder in recht reichlicher Menge 
(ein paar mit Zellen), Hämoglobin 71, Blutkörp. 4,970.000. 

Am 5./XII. wenig Alb., Hämoglobin 82, Blutkörp. 5,000.000. 

Am 10. XII. wenig Alb., Cylinder in reichlicher Menge, Hämo¬ 
globin SO, Blutkörp. 5,000.000. 

Am 15./XII. wenig Alb., Cylinder in reichlicher Menge (einige mit 
Zellen), Hämoglobin 87, Blutkörp. 5,000 000. 

Am 20/XII. wenig Alb., Cylinder in reichlicher Menge (einige mit 
Zellen), Hämoglobin 89, Blutkörp. 4,900.000. 

Am 22./XII. wurde der Patient symptomfrei nach 30 Ueberdrei- 
clmngen aus dem Krankenhause entlassen. 

Hier liegt ja eine sehr schwere allgemeine Infection (reich¬ 
licher Hautausschlag, Sehleimhautaftection, Periostiten und heftige 
Kopfschmerzen) vor, und gerade deshalb ist es denkbar, dass 
die Nephritis durch die syphilitische Infection verursacht sein 
könnte, um so mehr, als wir die Nephritis sowohl wie die 
übrigen Symptome sich bei der Hg-Behandlung bedeutend ver¬ 
mindern sehen. Diese Verminderung des Albumingehaltes fand 
aber allzu schnell statt, um nur der Hg-Behandlung zuge- 
sehrieben werden zu können, denn nach (! Ueberstreichungen 
findet sich in der Regel keine so kräftige Hg-Absorption, dass 
dadurch das Verschwinden der syphilitischen Symptome her¬ 
beigeführt werden kann, und auch in diesem Palle hatte sie 
auf die übrigen, ohne Zweifel syphilitischen Symptome noch 
nicht so einzuwirken vermocht. Wir sehen auch, dass die 
Albuminurie nicht, wie die anderen syphilitischen Symptome, 
verschwand; hierauf glaube ich jedoch nicht allzu grosses 
Gewicht legen zu dürfen, denn die Hg-Behandlung kann sehr 
gut die Ursache hiervon gewesen sein. Leider hatte ich keine 
Gelegenheit, den Patienten später untersuchen und daduch 
kontroliren zu können, oh diese sich noch vorfindende Albu¬ 
minurie in demselben Verhältniss verschwand, in welchem die 
Menge des eliminirten Hg abnahm, was mich in dem Gedanken 
bestärkt haben würde, dass es wirklich eine syphilitische Nephritis 
gewesen ist, gegen Schluss der Behandlung alter eine mercuriale 
Albuminurie entstanden war. 


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330 


Wehm d c r. 


Fall XXXI. J., 21 J., gibt an, >cir zwei Molinien Aufschlag ander 
Scham und seit einer Woche an dem übrigen Körper gehabt zu hüben, 
ebenso seit einer Woche an Vnlu>t, F.kel vor der Speise und Schlaflosigkeit 
gelitten zu lia^en. Wurde am 21.,-VIII. 1S!>5 wegen Seiende an dem linken 
Labium majus in das Krankenhaus aufgenommen; diese und in gerin¬ 
gerem Krade auch die rechte Kippe rotli, hart und nngoehwollen (Oedema 
durum), mit Jvxeoriatinnen hier und da. Am Kumpf, an den Schenkeln 
und im Gesicht einen reichlichen, an den Armen und den Unterschenkeln 
einen leichten papulo-pustulösen Aus-chlag und im Schlunde mucöse 
Kapeln. Allgemeines Unwohlsein. kein Fieber. Kedeiitendes Oedeui an 
den l ntersclienkeln. Ketleulende Albuminurie, 3 Kroc., fettkörnige und 
hyaline Cvlinder in sehr reichlicher Menge. Ord. U( k berstreichungen. 

Am oO./VIII. vermehrtes Oedeni, Alb. 2*o Kroc., zahlreiche Cvlinder, 
mehrere Epitheleylinder, spec. Gew. l*opj, llarmnenge 1'COO CC., Ilämo- 
ghd)in <)0 Kroc, Klmknrperelien o.soo.oOO. 

Am 4./IX. vermindertes Hedem, Alb. 10 Kroc., wenig C>linder, 
spec. Gew. l’Oll, Ilarninenge l'öoo CC.. Hämoglobin <50 Kroc.. Blutkörp. 
3,r»(M).00(). 

Am 0. IX. unheil. Oedem, Alb. 00Ö Kmc., keine Cvlinder, spec. 
Gew. 1*010, llarmnenge K7oo CC., Hämoglobin 7ö Kroc., Blutkörperchen 
3,020.000. 

Am 11. IX. kein Oedem. Spuren von Alb., keine G\linder, spec. 
Gew. l-ol2, Harnmenge 1 *700 CG.. Hämoglobin 7ö Kroc., Blutkörp. 3,000.000. 

Am 10./IX. kein Oedem, Spuren \on Albumin., ein paar hyaline 
Cvlinder, Ilarninenge höUO CC., Hämoglobin So Kmc., Blut korj>. 4.oou.000. 

Am 24/IX. kein Oedem, unbed. Spuren von Albumin T. C. 'Ae., 
nicht mit Salp.j. ein paar li\aline Cvlinder, llarmnenge 1*700 C(\, Hämo¬ 
globin SO Kroc., Blutkörperchen 1.02'M)0(). 

Am 30 . IX. kein Oedem, Spuren von Album. (Sulp.), spärliche 
hyaline Cvlinder. llarmnenge l'7oo CC., Hämoglobin SO Kroc., Blutkör¬ 
perchen 4, Iii0*oo0. 

Hier hüben wir ebenfalls eine sehr schwere syphilitische 
Infeetion; die Albuminmenge \v;tr anfangs kolossal, sank aber 
schnell, so dass sieh am 21. und 23. September wirklich kein 
Albumin <T. C. Ae.) angegeben findet, oltschon nachher wieder 
Albumin in geringer Menge auftrat, was ganz sicher in der 
Ilg*Behandlung seinen (irund hatte. Hier finden sich ja Um¬ 
stünde, die da.für sprechen können, dass die Syphilis die 
Ursache des Auftretens der Albuminurie gewesen ist. 

Aber wenn dieses nun der Fall sein sollte, so muss man 
sich doch fragen: ist die Syphilis die alleinige Ursache gewesen, 
oder kann es sich hier nicht um eine Mischinfection. eine Eiter- 
coeeeninfeetioii handeln V Campana und Andere sagen ja. 


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Klinische Studien über Nicrcuußecfinnen bei Syphilis. 


331 


dass es keinen pustulösen Ausschlag gebe, der allein auf Syphilis 
beruht; Eitercoccen seien immer dabei und verursachen die 
Pustelbildungen. Dieses glaube ich jedoch nicht, denn theils 
habe ich vielmals solchen Pustelinhalt untersucht, ohne in ihm, 
oder in der Cultur Eitercoccen zu finden, theils spricht der 
Verlauf eines solchen allgemeinen (klein-) pustulösen Syphilids 
dagegen, dass es sich hier um Eitercoccen handelt. Vor allen 
Dingen sehen wir dieses klein-pustulöse Syphilid an beinahe 
allen Stellen so gut wie gleichzeitig entstehen und treffen bei 
ihm nahezu überall dasselbe Entwickelungsstadium; wenn sich 
dagegen Eitercoccen finden, entstehen ja immerfort neue solche 
Pusteln; dieselben haben eine mehr oder weniger inflamma¬ 
torische Zone uni sich herum, was wir bei dem allgemeinen 
klein-pustulösen Syphilid nicht finden; bei diesem sind, im 
Degensatz zu den von Eitercoccen hervorgerufenen Pusteln, 
alle Etflorescenzen beinahe gleich gross, und ausserdem ver¬ 
schwinden sie nahezu gleichzeitig mit anderen syphilitischen 
Symptomen (Papeln, mucösen Papeln) und, unabhängig von 
localer, die Eitercoccen tödtender Behandlung, gleich wie diese 
bei jeder Art von llg-Behandlung (z. B. Einspritzungen). So 
verhielt sich in Allem dieser Eall, und ich glaube daher, dass 
wir eine solche Misehinfeetion als die Ursache der Nephritis ganz 
ausschliessen können ; die Pat. hatte ja ausserdem auch kein Fieber. 

Nun hat aber Finger in solchem Oedema durum Strepto¬ 
coccen gefunden, und auch ich habe in zwei Fällen von kleinen 
partiellen Abseessbildungen in einer solchen ödematös ange- 
schwollenen Schamlippe Streptococcen gesehen. Man könnte ja 
an eine solche Misehinfeetion denken, doch spricht dagegen 
ganz und gar der Umstand, dass sich nicht das geringste Fieber, 
nur unbedeutendes allgemeines Unwohlsein vorgefunden hat. 

Wir müssen deshalb eine syphilitische oder auch eine 
schon vorher vorhanden gewesene Nephritis annclnnen, obschon 
dieselbe möglicherweise durch die syphilitische Infeetion ver¬ 
schlimmertworden sein kann. Keine andere Ursache der Nephritis 
war nachzuweisen. 

Ob eine auf Syphilis beruhende chronische parenchymatöse 
Nephritis vorkommt, darüber kann ich mich nicht auf Grund 
eigener Untersuchungen äussern. 


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W e 1 a n d e r. 


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Audi wenn es am Obductionstisdi nicht mit Sicherheit ent¬ 
schieden werden kann, ob eine interstitielle Nephritis durch 
Syphilis verursacht ist oder nicht, so kann doch darüber kein 
Zweitel herrschen, dass die Syphilis ein solches Nierenleiden 
hervorrufen kann. Da ein solches sich ziemlich langsam ent¬ 
wickelt. so ist es ja natürlich, dass die Symptome, die es her- 
verrufen kann, in den verschiedenen Stadien des Nierenleidens 
verschieden sein können. Im Antange, wo diese Veränderungen 
sehr unbedeutend sind, können wir ja kaum andere Symptome 
als möglicherweise eine minimale Albuminurie erwarten, die 
wahrscheinlich gerade deshalb nur mitunter naehzuweisen ist. 
Kin paar solche Fälle, wo eine gelinde Albuminurie sieh zeit¬ 
weise gezeigt hat, zeitweise verschwunden gewesen ist, um dann 
schliesslich constant aufzutreten, habe ich gesehen. Solche 
Fälle sind die Folgenden. 

Full XXXII. A., Syph. im Juli 1888. Bekam gelinde* Albuminurie 
im September IsbO. War nachher frei von Albumin bi* zum März 1S01. 
März, April und Mai halte er bei wiederholter Untersuchung unbedeu¬ 
tende Albuminurie. Nachher frei von Albuminurie bis zum l)ee. 18‘dl. 
Nach dieser Zeit sah ich ihn nicht vor denn August ls*J4, wo er Sarco- 
cele und unbedeutende Albuminurie hatte. Kr bekam 0 Soc.-Hg-Fin- 
spritzungen, worauf die Sareocele und die Albuminurie verschwanden. 
In den Jahren lK)o und lsbo habt; ich iim hin und wieder untersucht 
und dann bei ihm constant. Albuminurie gefunden. Am 1G./IV. IsOG un¬ 
bedeutende Albuminurie; nur ein Cylinder zu entdecken. Ich kann diesen 
Fall nicht, gut als etwas Anderes, als eine sieh langsam entwickelnde 
inteivtiiielle Nephritis deuten. 

Fall XXXIII. M., 50 Jahre, Sypli. 181)0, unregelmässige Behandlung 
IHK) und 1H)1; hatte damals kein Albumin. Am 8./III. 1802 kehrte er 
von einer Reise in das Ausland zurück; er hatte jetzt ein Uautgumma, 
ein Gumma am weichen Gaumen, Ulcerationen in der Nase und Albu¬ 
minurie. Nach 40 Finivihungcn verschwanden die Symptome mit Aus¬ 
nahme der Ulcerationen in der Nase und der Albuminurie, die sieb etwas 
vermehrte. Seitdem nachlässige Behandlung; die Fleeraiionen in der 
Nase sind bestehen geblieben und kleine nekrotische Kuocbenstiiekeben 
Imrausgekonirneii; Albuminurie hat sich stets bis in die letzten Monate 
hinein gefunden. Im letzten Jahre hat er sieh nämlich ordentlich mit 11g 
und Jodkaliuni behandelt, wobei die Albuminurie versehwunden ist und 
die Symptome in der Nase sieh bedeutend verbessert, haben; im Mai 
ISIHi. wo ich von neuem Gelegenheit hatte, ihn zu untersuchen, hatte .er 
aber neue Ulcerationen in der Na>e. und wieder Albuminurie. 

Auch Fall XXXIV ist sicher hierher zu zählen. A., Syphilis 1S1M), 
schwere Recidivc 181)1, batte in dieser Zeit bei keiner einzigen Unter- 


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Klinisch*? Stadien über Nieivnalfcction en bei Syphilis. 


333 


Buchung Albuminurie. War frei von Symptomen bis 18%, doch fand 
icli am 8./VII. 1805 Album, in geringer Menge bei ihm. Am 24. II. 18% 
sah ich ihn wieder; seine Kräfte waren jetzt herabgesetzt, er fühlte sieh 
nicht wohl und hatte Albumin. 0*05, mit feinkörnigen und hyalinen Cy- 
lindern; das letzte Mal, wo ich ihn sah, im Anfänge des März, hatte er 
Albuminurie. Er wohnt in einer Provinzstadt und sein Arzt hat mir 
mitgetheilt, dass er am 80. III. einen epileptiformen Anfall mit Erschlaffung 
in der einen Seite gehabt habe; hatte Albuminurie; bei kräftiger Be¬ 
handlung mit Hg und Jod verschwanden sowohl die Gehiru^ymptume, 
wie auch die Albuminurie. Am 4./VI. sah ich ihn wieder; er hatte jetzt 
von neuem Albuminurie (Sulp.; und liier und da hyaline und körnige 
Cylinder, spee. Gew. 1*011. 

Kann nun die Albuminurie für eine kürzere Zeit verschwinden, so 
liegt es ja innerhalb der Grenzen der Möglichkeit, dass sie es auch für 
eine längere Zeit, ja vielleicht für immer tliun kann. Dieses geschah 
z. B. in folgendem Kall. 

Fall XXXV. G., Syph. 1884, die letzte Behandlung 18>8. Im Mai 
1802 consultirt er mich wegen Symptomen im Gehirn, „glosMte sclercuse” 
und möglicherweise vergrösserter Leber und Milz ; batte Albuminurie(Salp ) 
Durch kräftige Hg-Beliaiidlung wurden säinmtliclie Symptome gehoben; 
im August war er frei von Albuminurie und dies ist er bei allen seitdem 
vorgenommenen Untersuchungen (die letzte gesc hah am S./I V. lSOb) gewesen. 

Fall XXXVI. Oe., Syph. 1881. Im Sommer 1801 Papulo-Tuberkel 
und Albuminurie (Salp.); bekam 5 Einspritzungen von Oleum cinereum 
(Lang); die syphilitischen Symptome verschwanden und die Albuminurie 
nahm ab, bis sie nach einiger Zeit auch verschwand. Seit Anfang des 
Jahres 1802 hat er bei keiner Untersuchung Albuminurie gehabt. 

Eine bei kräftiger Hg-Beliaiidlung eingetretene Verbesserung in 
einem solchen Nierenleiden kann ja in einem nicht geringen Grade für 
seine specitische Natur sprechen. 

ln Fall XXXVII. G., Hess sich keine Ursache der Album, entdecken; 
bei der Behandlung mit Hg trat eine bedeutende Verbesserung ein; [der 
Patient hatte vor 7 Jahren Syphilis gehabt und da 83 Einreibungen be¬ 
kommen, seit dieser Zeit war er nie wieder wegen syphilitischen Symp¬ 
tomen behandelt worden. Die letzten zwei Jahre hat er sich ohne ent¬ 
deckbare Ursache matt und unlustig gefühlt und zwei Wochen vor 
seiner Aufnahme in das Krankenhaus fingen seine Beine an zu schwellen. 
Wurde in das Krankenhaus St. Göran am O./XII. 1S05 au (genommen; 
keine Symptome von Syphilis waren zu entdecken, ebenso kein Herzfehler; 
bedeutendes Oedem in den Küssen und den unteren Beinen. 

Am 6./XII. Alb., 0*15, zahlreiche körnige Cylinder, Harnmenge 550 CC., 
(Diarrhoe), Sublimateinspritzungen ä 4 Cgr. I. 

Am 11 -/XII. Alb., 0*04, zahlreiche körnige Cylinder, Harnmenge 
1000 CC., Oedema verschwunden. Einspritzungen 11. 

Am 16./XIL Alb., 0*05,' zahlreiche körnige Cylinder, Harnmenge 
1750 CC., Oedema verschwunden. Einspritz. 111. 


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Am 22./XII. Alb., 002, zahlreiche körnige Cylinder, Harnmenge 
1500 CG., Oedema verschwunden. Einspritz. IV. 

Wurde auf eigenes Verlangen am 2H./XII. aus dem Krankenhause 
entlassen, kam aber am 1 G./I. 1890 mit dein Ersuchen wieder, seine Behand¬ 
lung fortsetzen zu dürfen ; kein Oedema; ord. Heberst reichungen. 

Am 17./I. Alb. (Sulp.) nach einer Weile; Cylinder in ziemlich 
reichlicher Menge. 

Am 2C./I. Album., kaum merkbar mit Salp., Cylinder in ziemlich 
reichlicher Menge 

Am 30./I. Alb. nicht mit Salp., Spuren mit T. C. Ae.; in ziemlich 
reichlicher Menge. 

Am 15./II. All), nicht mit Salp., Spuren mit T. C. Ae.; spär¬ 
liche Cylinder. 00 Ueberstreichungen, wurde aus dem Krankenhause 
entlassen. 

(Am 27./VI. Alb. (T. C. Ae.), einzelne Cylinder.) 

Wahrscheinlich handelt es sich hier um eine durch Syphilis 
hervorgerufene interstitielle Nephritis. Dass Milchdiät, Bäder 
und gute hygienische Verhältnisse im Krankenhause zur Ver¬ 
besserung des Leidens beigetragen haben, ist wohl ziemlich 
sicher, obschon wahrscheinlich auch die Ilg-Behandlung einen 
guten Einfluss auf dasselbe ausgeübt hat. Wir haben liier 
nicht einmal eine Iig-Cylindrurie gehabt. 

Die übrigen 12 Fälle will ich nicht im Detail durchgehen ; 
in allen ist die Albuminurie bestehen geblieben. In vier Fällen 
hat sie 3, in einem 6, in einem 8, in einem 10, in einem 11, 
in einem 12, in einem 16, in einem 20 und in einem vielleicht 
40 Jahre nach der Erwerbung der Syphilis begonnen. In zwei 
von diesen Fällen landen sich keine concomittirenden Symptome, 
in zwei anderen hatten die Patienten Papulo-Tuberkel, in zweien 
Ulcerationen nach syphilitischen Pusteln, in dreien ulcerirte 
Hautgummata, und in dreien Hehirnsyphilis. In keinem aller 
dieser Fälle habe ich gegründeten Anlass, die Ursache des 
Nierenleidens wo anders als in der syphilitischen Infection 
zu suchen. 

Ne um an n sagt: „Fälle von drei- bis siebenjähriger Dauer 
findet man bei der syphilitischen (interstitiellen) Nierenatiection 
nicht verzeichnet.“ Dass diese Nierenaffeetionen eine lange Dauer 
haben können, zeigt einer von meinen ballen. 

Fall XXXVIII. J., Syphilis 1878. Gunimata an den Beinen im An¬ 
fänge der achtziger Jahre. Im Jahre 18s 5 bekam der Patient Albuminurie; 
1890 zeigten sich hei ihm zum ersten Mal Gehirnsymptome; hatte un- 


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Klinische Studien über NiercnatVeotioiien bei Syphilis. 


335 

unterbrochen Albuminurie, bis er 1S94 an Geliirnsyphilis starb. Bei der 
Obduction wurde in beiden Nieren interstitielle Nephritis, doch nicht in 
besonders hohem Grade, gefunden. 

Mail hat gesagt, dass bei der syphilitischen interstitiellen 
Nephritis die pathologisch-anatomischen Veränderungen mehr 
als bei der anderen in Herden auf’treten; dieses war liier, 
wenigstens so weit man makroskopisch urthcilen kann, aber nicht 
der Fall. 

Der Fall, wo die Albuminurie vielleicht- 40 Jahre nach 
Erwerbung der Syphilis aufgetreten ist, kann in vieler Hinsicht 
erwahnenswerth sein, wenn auch die Nephritis nichts von eigent¬ 
lichem Interesse darbietet. 

Fall XXXlX. II., 47 J.. angesteckt bei der Urnscbneidimg, hat in 
seiner Jugend tertiäre Symptome gehabt.; 21 Jahn* alt, wurde er an dem 
einen Auge blind und im Alter von 25 Jahren bekam er eine Perforation 
in dem harten Gaumen. Allmälig wurde ein gros>er Tlieil seines Gesichte» 
von der Syphilis zerstört, und es sind ihm die Ohren, die Augenlider, 
Augen, die ganze Na>e, die Ober- und Unterlippe, der vordere Tlieil des 
Oberkiefers und der ganze harte und weiche Gaumen weggefault. Die 
Intelligenz ist vollkommen normal. In Betreff der inneren Organe findet 
sich, von den Nieren abgesehen, nichts anzumerken. Wurde am 18. XI. 1894 
in das Krankenhaus St. Göran aufgenommen. Ord. Ueherslreiehungen. 

Am 18/XI. Alb. (Sulp.), (Zylinder in sehr reichlicher Menge, Hämo¬ 
globin (»5, Blutkörperchen 5,010 000. 

Am 17./XII. All). 0*5. (\linder in sehr reichlicher Menge, Hämo¬ 
globin 72, Blutkörperchen 4.700.000. 

Ain 28. 12. Alb. 0.45, Uvlinder in kolossaler Menge, Hämoglobin 
60, Blutkörperchen 4,570 000. 

Am 26/1. All). O'tf, Cylinder in kolossaler Menge, Hämoglobin 52. 
Blutkörperchen 4.4S0.OOO. 

Wurde aus dem Krunkenhuusc entlassen; beinahe alle Geschwüre 
geheilt; hat mit Unterbrechungen 40 Ucber-treiehungcn erhalten. 

Seitdem hahen sich neue Symptome gezeigt; die Albuminurie Dt 
bestehen geblieben. 

Auch wenn man keinen wissenschaftlieh geltenden Beweis 
beibringeu kann, hat man doch wohl so ziemlich das Recht, 
auf Rechnung der Syphilis, wenn nicht alle, so doch die aller¬ 
meisten der oben angeführten, in einem älteren Stadium dieser 
Krankheit auftretenden Nierenleiden zu schreiben. 

Im Jahre 1881 beschrieb Seiler einen höchst interes¬ 
santen Fall, in wehdien im Leben Nierengummata diagnosticirt 
worden waren, welche Diagnose dann am Obductionstische ihre 


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33fi 

Bestätigung fand. In meinem Aufsatz über die Albuminurie 
1801 sind ein paar Fälle erwähnt, die möglicherweise als zer¬ 
fallende Nierengummata gedeutet werden könnten. Die Patien¬ 
ten hatten, gleichzeitig mit zerfallenden Ilautsyphiliden, ein 
Nierenleiden, von welchem sie selbst nichts ahnten, waren frei 
von Fieber, fühlten kein allgemeines Unwohlsein, hatten schmutzig 
gefärbten Harn und im Sediment Blut, Blutcvlinder, Epithel- 
cylinder, Fettkörner, Detritus u. s. w. Mein Gedanke, dass ihr 
Nierenleiden mit ihrer Syphilis in Zusammenhang stehen könne, 
wurde dadurch gestützt, dass das Nierenleiden gleichzeitig mit 
den anderen syphilitischen Syptomen bei der Behandlung mit 
Hg verschwand. Ich sprach damals die Yermuthung aus, dass 
solche Fälle vielleicht nicht so selten seien, wie man glaubt. 
Da der Harn bei den verschiedenen syphilitischen Aftectionen 
nur selten untersucht worden ist, könnte es ja möglich sein, 
dass man durch Untersuchung des Harnes in jedem Falle von 
Syphilis das eine und das andere Mal solche Nierenleiden linden 
würde. Es zeigt sich jedoch, dass diese Nierenleiden wirklich 
äussert selten sind, denn in allen diesen Jahren habe ich nicht 
mehr als zwei Fälle gefunden, die hierher gezählt werden können. 

Fall X. X., 33 Jahre, ist niemals wegen Syphilis mit Hg be¬ 
handelt worden; im Jahre 1890 begannen bei ihm die Testes ohne Schmerzen 
anzusehwellen und ball darauf fingen übelriechende Klumpen an, aus 
der Nase zu kommen, weicht* ein^ank ; hierzu gesellte sieh in der letzten 
Zeit Schwierigkeit, beim Schlucken, so dass die Speise in die Xase hin¬ 
aufging. bei seiner Aufnahme in das Krankenhaus St. Göran am 12. XII* 
1895 hatte der Patient doppelseitige Sarcocele, Nekrose im Nasenbein, im 
Septum und in den Gonchac, grosse gummöse Geschwüre an der hinteren 
Pharynxwand; die Uvula und ein Tlieil der Gaumenbögen wegulcerirt ; 
kein Fieber, kein allgemeines Unwohlsein. Am 14./XI1. der Ilarn schmutzig 
braun gefärbt, und unklar, Alb., 0*05, im Sediment zahlreiche Cylinder, 
darunter einige mit Zellen, Fpithelcylindcr, ein paar waehsähnliehe Cy- 
lindcr, Fettkörner und eine Menge Detritus. Ord. I eherstreichungen. 
Am 20./X1J. Alb. 0 04. Am 24./XII. Alb. nach einer Weile mit Salp., 
der Cylindergebult vermindert. Am 28 XII. die Geschwüre im Schlunde 
und in der Nase gereinigt; Alb. nach einer Weile mit Salp.; eine ziemlich 
grosse Menge Cylinder darunter einige mit Zellen; Detritus. Am 3./1. 
aus der Naseneavität ein neerotisehes Knochenstück lierausgekommen; 
der Harn klar, beinahe nicht missfarbig, enthält nur Spuren von All», 
und liier und da hyaline, aber keine wachsähnlichen Cylinder und keinen 
Detritus. Am 25/I. der Harn ganz klar, hellgelb, enthält Spuren von 
Albumin und Cylinder in ziemlich reichlicher Menge; die Geschwüre in 


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Klinische Studien über Nierenaftectionen bei Syphilis. 


337 


der Nase im Heilen begriffen, die im Schlunde geheilt; beide Testes, 
namentlich der an der linken Seite, bedeutend vermindert. 40 Ueber- 
streichungen. 

Der Albumingehalt verminderte sich mehr und mehr; am 23./Ii. 
wurde z. B. aufgezeichnet: Der Harn klar, hellgelb, spec. Dew. 1,0IS, 
geringere Spuren-von Albumin (T. C. Ae.); nur ein paar hyaline Cylinder 
zu entdecken. Zwischen dem 2./III. und 2./'IV. bekam der Patient 30 
Ueberst reichurig eil. Während dieser ganzen Zeit Spuren von Albumin, 
das jedoch bei Schluss der Hg-Behandlung vermehrt war; auch der Cy- 
lindergehalt war vermehrt. Am 2./IV. Spuren von Albumin (Salp.), eine 
ziemlich reichliche Menge von hyalinen Cylindern, darunter ein paar mit 
Zellen, kein Detritus. Nach Schluss der Behandlung verminderte sich 
die Albuminurie und Cylindrurie und am 20./1V., wo der Patient, frei von 
syphilitischen Symptomen, aus dem Krankenhause entlassen wurde, hatte 
er nur noch Spuren von Albumin (F. 0. Ae.) und einzelne hyaline Cy¬ 
linder. ') 

Es erscheint mir als wahrscheinlich, dass wir es hier mit 
einer beginnenden, unbedeutenden interstitiellen Nephritis, 
ausserdem aber auch mit zerfallende Gummata in den Nieren 
zu thun gehabt haben. Bei der Behandlung mit Hg verschwan¬ 
den die gummösen Geschwüre in der Nase und im Schlunde, 
und ebenso auch die Sarkocele; in völliger Uebereinstimmung 
hiermit gingen auch alle Syptome zurück, die als Symptome 
der zerfallenden Nierengummata gedeutet werden konnten. 

Die Wachscylinder könnten ja als Zeichen einer begin¬ 
nenden Amyloidniere angesehen werden, doch findet sich für 
eine solche Diagnose keine Stütze, zumal diese Cylinder bald 
verschwanden, um nicht wiederzukommen. (Einen Fall von 
wirklicher Amyloidniere habe ich in den letzten Jahren nicht 
gesehen.) 

Gleichwie sich in der Leber, der Zunge u. s. w. Gummata 
ohne erwähnenswerthe interstitielle Veränderungen um sie 
herum oder an anderen Stellen dieser Organe finden können, 
so kann dieses wrohl auch in den Nieren der Fall sein. In 
einem solchen Falle sind wir berechtigt zu erwarten, dass die 
Albuminurie bei specifischer Behandlung vollständig verschw indet. 
Ich glaube, dass folgender Fall als Beispiel dienen kann. 

Fall XLI. J., 11 Jahre, angesteckt im Alter von zwei Jahren 
und damals mit Hg cum Creta behandelt. Vor zwei Jahren Schmerzen. 


*) Am 30./YI. Spuren von Alb. (T. C. Ae.), einzelne Cylinder. 
Archiv f. Dormatol. u. Syphil. Band XXXVII. 9*2 


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W t'laudc r. 


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33s 

in den Schienbeinen; welche Schmerzen durch innere Medicin (Jodkaliuiu) 
behoben wurden. Vor einem halben Jahre Schmerzen im Halse, schwer 
zu essen: keine Hehandlung hierfür an «re wendet. Wurde in das Kranken¬ 
haus St. G<»ran am o. III. 1805 aufgenommen; ^aLt ziemlich gesund aus, 
fühlte sich wohl, hatte kein Kicher; gummöse Ulcerationen an den Gaumen¬ 
bögen und der hinteren Pharynxwand; Uvula wegulcerirt; Auftreibung 
beider Tibiae an der vorderen Seite; der Harn von sekmutzigbrauner Farbe 
und etwas trübe, nach der Sedimentirung aber beinahe klar; unbedeutender 
Albumingehalt; eine Menge Mut- und Epitlielcylinder, Epithel, Kett¬ 
körner und eine Menge Uefritus. Ord. Ueberstn*iehungen und Jodkalium. 
Der Harn, der beinahe täglich untersucht wurde, enthielt weniger Uy- 
linder und Detritus bis zum 17./III.; am 18./III. war er mehr mKsgeiarbt 
und enthielt mehr Albumin, Uvlinder und Detritus: Patient frei von 
Kicher. Am 20. III. der Harn besser. Am 22. III. nicht missfarbig, ent¬ 
hält kein Albumin (Salp.); im Sediment Uvlinder in spärliciier Menge, 
wenig Epithelzcdlen und Detritus; die Geschwüre im Gaumen geheilt; 
der allgemeine Zustand gut. Der Harn enthielt noch ein paarmal eine 
Andeutung von Missfärbung mit Detritus und vermehrtem Gylindergehalt, 
so am 27./III. und am l.'IV, war nachher aber stets klar und frei von 
Detritus; der Albumingelialt wurde geringer und bei der Entlassung des 
Patienten aus dem Krankenliause am 10. IV. war Albumin nielit enmal 
mit T. U. Ae. zu entdecken. Der Patient war jetzt, nach MO Leberstrei¬ 
chungen, geheilt; in seinem Harn fanden sich jedoch noch mehrere hya¬ 
line Uvlinder, deren Zahl sich aber mehr und mehr verminderte, so dass 
nach Wochen ebenso wenig Uylindrurie, wie Albuminurie zu ent¬ 
decken war. Vom 1S./YI. bis zum 10./VII. untersuchte ich den Patienten 
7mal: kein einzigesmal hatte er Albumin (T. U. Ae.) und nur 2mal war 
ein Uvlinder anzutretb n. Er war fort fahrend frei von syphilit ischen 
Symptom on. 

Da wir sehen, dass diese eigenthiiniliche N(‘phritis total 
verschwindet, sind wir wohl berechtigt, eine entwickeltere 
interstitielle Nephritis neben den Nierenguminata, die sich 
wahrscheinlich gefunden haben, auszuschliessen. 1 ) 

Vergleichen wir nun diese beiden Falle mit Fall V, so 
finden wir einen wesentlichen Unterschied in Hezug auf das 
Sediment; in diesen beiden hallen Mut- und Kpithelcylinder, 
Fettkörner und vor allem eine Menge Detritus, aber von allem 

*) Von einem der Kalle von Nierengummafa, die ich 1801 beschrieb, 
habe ich den Katheten neulich wiedergeselen ; er hatte auch jetzt zer¬ 
fallende. Syphilide in der Haut, war aber ganz frei von Albumin (T. C. Ae.); 
als er vorigesrnal aus denn Krankenliause entlassen wurde, batte er noch 
Spuren von Albumin. 


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Kl in isi'li«; Stiulieu über Nierenatloctinnen bei Syphilis. 


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diesen nichts in Fall V, wo wir nur hyaline, mit gelbfarbigen 
Epithelzellen besetzte Cylinder antreffen, daher ich auch nicht 
das Recht zu haben glaubte, in diesem Falle Nierengummata. 
zu diagnosticiren. 

Es ist natürlicherweise bedenklich, eine Diagnose auf 
Kierengummata zu stellen, und man hat hervorgehoben, 
wie schwer es ist. zu beurtheilen, welche Symptome diesen 
Gummata, und welche einer gleichzeitig vorhandenen paren¬ 
chymatösen Nephritis, interstitiellen Nephritis oder Amyloid¬ 
niere angehören. Ich habe jedoch niemals angegeben gefunden, 
dass eine allein vorhandene interstitielle oder eine allein vor¬ 
handene Amyloidniere mit solchen Symptomen im Harn, wie 
z. B. die in Fall 41 beobachteten, auftreten, die offenbar weder 
dem einen, noch dem anderen dieser Nierenleiden zuzuschreiben 
sind. Was die acute parenchymatöse Nephritis betrifft, so findet 
man hei derselben zwar sowohl Blut, wie Epitheleylinder 
u. s. w., Detritus, Missl'ärbung und Trübung des Harns u. s. w., 
aber theils kann sie ja in jedem beliebigen Stadium der Syphilis 
auftreten, theils ist sie von den syphilitischen Symptomen und 
der Hg-Behandlung ganz unabhängig, theils findet sich bei ihr 
Fieber und allgemeines Unwohlsein. 

Dieses war z. B. der Fall bei folgenden Patienten: 

Fall XLII. K., L’O Jahre, wurde in das Krankenhaus St. Göran am 
7./I. 1896 wegen Boseola, mueösou Papeln an den Labia majora, im Halse 
und Leukoderma uufgenommen; war nie vorher mit Hg behandelt worden. 
Sie hatte in ihrer Kindheit Searlatiua und seit der Searlatina Albumi¬ 
nurie gehabt. So lange sie im Krankenhause war, hat sie bei jeder Unter¬ 
suchung Albumin (Salp.) gehabt. Sie wurde aus demselben am ld. II. frei 
von Symptomen, aber mit der Leukoderma und der Albuminurie ent¬ 
lassen. Seit dieser Zeit hat sie kein syphilitisches Symptom mehr ge¬ 
habt. Anfang Mai erkältete sie sieh, wurde krank und unlustig und er¬ 
hielt wieder Aufnahme in das Krankenhaus St. Göran ; sio hatte keine 
syphilitischen Symptome, wohl aber war die Leukoderma noch vorhanden. 
Ausserdem litt sie an acuter parenchymatöser Nephritis, einer Temp. von 
69°, Erbrechen und allgemeinem Unwohlsein. Her Harn, von schmutziger 
und bräunlicher Färbung, enthielt viel Albumin, eine bedeutende Menge 
Blut- und Epitheleylinder, eine bedeutende Menge Hitritus u. s. w. 

Dieses ist ja ein ganz anderes Bild als dasjenige, welches 
die Nierengummata darbieten, bei denen die Nierenaffection 
schleichend aul'tritt — was wenigstens in den Fällen geschehen 

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ist, die ich gesehen zu haben glaube — und von den Patienten 
selbst nicht beobachtet wird; in allen Fällen haben meine 
Patienten nichts von ihr gewusst, bevor ich ihren Harn unter¬ 
sucht und sie auf die fehlerhafte Beschaffenheit derselben auf¬ 
merksam gemacht hatte. 

Wenn man nun, wie in Fall XUI, tertiäre Ulcerationen im 
Halse und an anderen Körpertheilen bei specifischer Behand¬ 
lung rein werden und verschwinden sieht und findet, dass eine 
Nierenatfection von mehr ungewöhnlicher Beschaffenheit sich 
bei derselben Behandlung vermindert und ebenfalls verschwindet, 
so kann man es wohl kaum unterlassen, daran zu denken, 
inwiefern sich nicht vielleicht eine Möglichkeit, um nicht zu 
sagen Wahrscheinlichkeit findet, dass der Anlass zu dieser un¬ 
gewöhnlichen Nierenatfection, für die man keine plausible 
Ursache aufzuweisen vermag, gleichartige Veränderungen wie 
die an anderen Körpertheilen angetrotfenen. d. h. zerfallende 
(lummata gewesen seien, dieses um so mehr, al* gerade diese 
Veränderungen eine Erklärung dieses ungewöhnlichen Nieren¬ 
leidens geben können. Hätte man also gesucht, gleich grosse 
Wahrscheinlichkeitsgründe für die Diagnose von anderen syphili¬ 
tischen Nierenaffectionen, z. B. den acuten parenchymatösen 
syphilitischen Nephriten zu erhalten, so würde man es ganz sicher 
unterlassen haben, als Beispiele für syphilitisches Nierenleiden 
mehr als eine Krankheitsgeschichte, wo sich nicht die geringste 
Wahrscheinlichkeit dafür findet, dass die Syphilis m irgend 
einer Weise zum Entstehen des Nierenleidens beigetragen hat. 
zu veröffentlichen — und doch sind es eigentlich solche Krank¬ 
heitsgeschichten und keine Detailuntersuchungen, aus denen 
man alle möglichen syphilitischen Nephriten mit ihren patho¬ 
logisch-anatomischen und klinischen Charakteren — ich kann 
sagen — zusammengebaut hat. 

Ich will nun eine kurze Zusammenfassung der Resultate 
geben, zu denen ich durch meine Untersuchungen gelangt bin. 
Trotz der grossen Zahl von Patienten, die beim ersten Aus¬ 
bruch der Syphilis und bei Recidiven derselben (secundäres 
Stadium) untersucht worden sind, finden sich nur 5 Fälle, wo 
die Patienten mit Salpetersäure nachweisbare Albuminurie, d. h. 
eine so grosse Menge Albumin im Harn hatten, dass, praktisch 


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Klinische Studien über Xierenaffectionen bei Syphilis. 


341 


gesehen, von einer Niereuatfection die Rede sein kann, und wo 
sich wenigstens eine Wahrscheinlichkeit für die Verursachung 
der Albuminurie durch die Syphilis fand. In zwei Fällen mit 
grösserem Albumingehalt ist es denkbar, doch kaum wahr¬ 
scheinlich, dass die Nephritis durch die Syphilis hervorgerufen, 
also eine syphilitische parenchymatöse Nephritis gewesen ist. 
Dagegen findet sich recht grosse Wahrscheinlichkeit, dass in 
18 Fällen, die theils im Uebergangsstadium, theils im tertiären 
Stadium waren, eine interstitielle Nephritis Vorgelegen hat, 
deren Ursache in der syphilitischen Infection gesucht werden 
muss. Im allerhöchsten Grade wahrscheinlich ist es in zwei 
Fällen, die beide dem tertiären Stadium angehört und wo die 
Patienten zerfallende Gummata an anderen Körpertheilen gehabt 
haben, dass solche Veränderungen auch in den Nieren vorhanden 
gewesen sind. 

Aber wenn nun die Syphilis auch nicht oft Nierenleiden 
verursacht, so kann man sich doch leicht denken, dass eine 
vorhandene, solche Nierenaffection durch eine derartige allge¬ 
meine Inl'ection verschlimmert werden kann. Sogar wenn ein 
paar Fälle, z. B. Fall VI und Fall XXX und XXXI. in welchen Fällen 
die syphilitische Infection eine sehr schwere gewesen ist, in 
dieser Richtung gedeutet werden könnten (unter der Voraus¬ 
setzung natürlich, dass sich in diesen beiden letzten Fällen 
das Nierenleiden schon hei der Erwerbung der Syphilis gefunden 
hat i, so findet sich doch in allen den übrigen Fällen nichts, 
was bei ihnen zu einer solchen Annahme berechtigte. Ebenso 
wenig findet sich etwas derartiges in den Fällen, wo es 
vollkommen constatirt ist, dass sich das Nierenleiden bei der 
Erwerbung der Syphilis vorgefunden hat (welche Fälle übrigens 
kein solches Interesse darbieten, dass ich hier im Detail über 
sie berichten will). 

Man könnte ja die Frage umkehren und sagen: wenn 
wir wissen, dass Malaria, Tubcrculose und Alkoholismus einen 
ungünstigen Einfluss auf den Verlauf der Syphilis ausüben und 
dass sie beitragende Momente zum Auftreten tertiärer syphili¬ 
tischer Affectionen sein können, sollte da dasselbe nicht auch 
von einem vorher vorhandenen Nierenleiden zu erwarten sein ? 
Mein Material ist viel zu gering, um diese Frage in irgend 


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einer Weise beantworten zu können. Ich will deshalb nur be¬ 
merken, dass ich weder in den Fällen, wo das Vorhandensein 
eines Nierenleidens vor der Erwerbung der Syphilis mit Sicher¬ 
heit constatirt werden konnte, noch in denen, wo ich allen 
Grund gehabt habe anzunehmen, dass sich das Nierenleiden 
schon vor der Erwerbung der Syphilis gefunden hat, in der 
Regel, sei es bei dem ersten Ausbruch der Syphilis oder beim 
Auftreten eines Ilecidives derselben (secundäres Stadium) keine 
schwereren Symptome als die gefunden habe, welche man ge¬ 
wöhnlich antritft. Nur in einem der Fälle, die ich von den¬ 
jenigen, wo sich die Nephritis vor der Syphilis gefunden hat, 
zu verfolgen Gelegenheit gehabt habe, sind tertiäre syphilitische 
Symptome aufgetreten, und nur in einem der Fälle, wo der 
Patient die Nephritis nach der Erwerbung der Syphilis bekom¬ 
men hat, haben sich tertiäre oder, richtiger gesagt, Ueber- 
gangssymptome — Papulo-Tuborkel — eingestellt. (Natürlicher¬ 
weise sind die Fälle nicht einberechnet, wo ich geglaubt habe, 
das Nierenleiden auf Rechnung der Syphilis schreiben zu 
müssen.) 

Eine viel wichtigere Frage ist die: wie ist eine Nephritis 
bei Syphilis zu behandeln V hat man das Recht, in solchen 
l allen (Quecksilber in kräftigen Dosen zu geben V Ja! wenn die 
Niercnaffection in der Syphilis (Syphilisbacillen) ihre Ursache 
hat; sollten eine wirkliche Albuminuria syphilitica oder Gummata 
in den Nieren bestehen, so sind diese syphilitischen Symptome 
selbstverständlich in ganz derselben Weise wie andere syphili¬ 
tische Symptome, gleichviel, wo dieselben ihren Sitz haben, 
zu behandeln, und es ist deshalb hier eine kräftige Ilg-ße¬ 
handlung. weit entfernt davon, contraindicirt zu sein, vollkommen 
am Platze. Wir sehen ja auch, dass z. ß. in den Fällen XL und 
XLI das Ergebniss der Ilg-ßehandlung ein besonders günstiges 
gewesen ist. Handelt es sich um eine beginnende interstitielle 
Nephritis, so ist es ja auch hier denkbar, dass durch eine 
kräftige Ilg-ßehandlung die Entwickelung des Leidens gehemmt 
werden kann. Argwöhnt man hinwieder das Vorhandensein 
einer entwickelten Schrumpfniere, so kann man sich hier, 
obschon sich die grösste Wahrscheinlichkeit dafür finden mag, 
dass diese Nierenatfection ilne Ursache in der Syphilis hat, 


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Klinische Studien über Nierenaftectinnen bei Syphilis. 


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selbstverständlich ebensowenig Nutzen von der Hg-Behandlung 
versprechen, wie man eine Einwirkung der Hg-Behandlung auf 
alte syphilitische Narhenbildungen in der Haut erwarten kann. 
Im Gegentheil, es ist zu erwarten, dass eine in dieser Weise 
veränderte Niere durch die Elimination des Quecksilbers, die trotz 
der krankhaften Veränderungen der Niere in grösserem oder 
geringerem Grade durch sie geschehen muss, leiden kann. 

Ich habe sowohl in früheren Aufsätzen, wie auch in diesem 
mehrfach hervorgehoben, dass die Elimination von Ilg viele 
Male in vorher ganz gesunden Nieren eine Heizung, sehr oft 
Cvlindrurie, mitunter Albuminurie hervorrufen kann. Es liegt 
dann ja nahe zur Hand, sich zu fragen: können nicht kräftige 
Ilg-Behaudlungen, vor allem die intermittirende, oft jahrelange 
Hg-Behandlung eine beitragende Ursache zum Auftreten einer 
Anzahl Nephriten hei Syphilis, namentlich derjenigen sein, die 
wir bereits glauben, auf Rechnung der syphilitischen Krankheit 
schreiben zu dürfen V 

Ich glaube auf Grund meiner Erfahrung, dass, wenn es 
wirklich einmal Vorkommen sollte, dass die Hg-Behandlung als 
ein zum Entstehen einer bestehen bleibenden (oder vielleicht 
richtiger gesagt, langwierigen) Niercnaffection beitragendes 
Moment betrachtet werden muss, dies doch nur äusserst selten 
eintrifft. Das eine nach dem andern Mal habe ich gesehen, 
dass eine Person, die bei ihrer ersten Hg-Behandlung Albuminurie 
bekommen hat, Albuminurie auch bei ihrer zweiten, ja dritten 
und sogar vierten Quecksilberbehandlung hat bekommen können. 
Die Albuminurie hat sich dann aber nach Abschluss einer jeder 
dieser Behandlungen mehr und mehr vermindert und ist, ebenso¬ 
wohl wie bei der ersten llg-Behandlung, 2, 3 bis 4 Wochen 
darnach verschwunden gewesen; nur ein paar Mal ist sie eine 
längere Zeit (einige Wochen) bestehen geblieben. 

Dass eine Hg-Behandlung das Verschwinden einer durch 
eine andere Ursache als diese Behandlung hervorgerufenen 
Albuminurie für eine kürzere Zeit verzögern kann, betrachte 
ich als wahrscheinlich, und ich habe auch Beispiele angeführt, 
die dafür sprechen können. 

Betrachten wir nun die oben angeführten Fälle, wo die 
Albuminurie nach Erwerbung der Syphilis aufgetreten ist und 


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wo sich eine ziemlich grosse, andere Wahrschoinlichkeitsursache 
derselben als die Syphilis findet, so sehen wir, dass das 
Nierenleiden nur in 4 von diesen Fällen während oder un¬ 
mittelbar nach Abschluss der Hg-Behandlung aufgetreten ist und 
dass sich also nur in diesen 4 Fällen die Möglichkeit eines 
unmittelbaren Zusammenhanges zwischen der Quecksilberbehand¬ 
lung und dem Nierenleiden denken Hesse. Aber in dreien dieser 
4 Fälle entwickelte sich und verschwand die Albuminurie ohne 
den geringsten Zusammenhang mit der Hg-Behandlung und 
trat, nachdem sie einmal verschwunden war. nie mehr, selbst 
nicht einmal bei nachfolgender, kräftiger Ilg-Behandlung auf, 
was wohl ziemlich bestimmt dafür spricht, dass die Hg-Behand¬ 
lung. welche zufälligerweise stattfand, als die Albuminurie auf¬ 
trat, oder kurz vorher stattgefunden hatte, in diesen Fällen 
mit ihr in keinem Causalzusammenhang gestanden hat. In 
derselben Weise muss ich über den vierten Fall urtheilen. wo 
nach einer starken Erkältung Albuminurie zwar während der 
Hg-Behandlung aufgetreten ist und wo sie sich auch nachher, 
in Folge wiederholter Erkältungen, vermehrt, sich von der 
wiederholten Hg-Behandlung aber unbeeinflusst gezeigt hat. 

Was nun die intermittirende Ilg-Behandlung betritft, so 
hat sie ja die Schuld für vieles erhalten, und man könnte ihr 
auch den Vorwurf machen, dass sie Anlass zur Nierenatfection 
geben könne. Ich habe nun die Fälle zusammengestellt, die 
ich fortfahre intermittirend zu behandeln, ebenso diejenigen, die 
ich nach beendigter solcher Ilg-Behandlung eine kürzere oder 
längere Zeit habe beobachten können. In allen diesen Fällen 
habe ich Gelegenheit gehabt, oft Untersuchungen aut Albumin 
anzustellen. 

Aus dieser Zusammenstellung ergibt sich nun, dass von 
öl Personen, die ich x j , t —1 Jahr intermittirend behandelt habe, 
keine eine Nierenatfection bekommen hat, dass von 137 Fersonen, 
die 1—2 Jahre behandelt worden sind, 2 eine Nierenatfection 
bekommen haben, dass von 77 Personen, die 2 — 3 Jahre unter 
Behandlung gewesen sind, bei 2 eine Nierenatfection aufgetreten 
ist und dass von 21 Personen, die 3—4 Jahre behandelt 
werden mussten, keine ein Nierenleiden befallen hat. Also ist 
in 4 Fällen von 2läi ein bestehen bleibendes Nierenleiden auf- 


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Klinische Studien über NieremilVectionoii bei Syphilis. ;4f> 

getreten; diese 4 Fälle sind aber gerade die Fälle 10, 20. 21 
und 25, tvo ich schon hervorgehoben habe, dass in den drei 
ersten sicher und in dem vierten höchst wahrscheinlich wieder¬ 
holte Erkältungen die Ursache der resp. Nierenatfectionen 
gewesen sind. 

Aber es zeigt sich auch, dass von 12 Personen, die ich 
kein volles Jahr nach beendigter internuttirender Hg Behandlung 
zu beobachten vermochte. 1 eine Nierenaffeetion, von 38, die 
ich 1—2 Jahre und von 33, die ich 2—3 Jahre beobachten 
konnte, sowie von 115, die ich hin und wieder, auch nach mehr 
als 3 Jahren nach Abschluss der intermittirenden Behandlung, 
zu untersuchen Gelegenheit hatte, keine einzige eine Nieren- 
affection bekommen hat. Die einzige von diesen 108 Personen, 
die Albuminurie bekam, war ein Manu, der zwi| Jahre lang 
kräftige intermittirende llg-Behandlung erhielt, ohne dass hei 
ihm Albuminurie auftrat, bei dem sich aller nach beendigter 
Behandlung Symptome entstellten, die als beginnende inter¬ 
stitielle Nephritis gedeutet werden können. I)a sich keine andere 
Ursache dieser Nephritis entdecken liess, habe ich den Fall 
unter diejenigen aufgenommen, wo syphilitische interstitielle Ne¬ 
phritis 3 Jahre nach der Erwerbung der Syphilis aufgetreten ist. 

Mit vollem Grunde können wir wohl in Anbetracht dieser 
Angaben zu behaupten wagen, dass nicht einmal eine kräftige 
intermittirende Hg Behandlung für ein bestehen bleibendes Nieren¬ 
leiden prädisponirt. Dieses stimmt vollkommen mit dem Urtheil 
überein, das ich in meinem vorigen Aufsatz auf Grund meiner 
damals angestellten Untersuchungen über die llg-Behandlung 
als Ursache künftiger Nierenatfectionen gefällt habe. 

Ich habe eigentlich nicht mehr als einen Fall angetrotfen, 
wo ich die Hg-Behandlung als die Ursache eines langwierigen 
Nierenleidens ansehen muss, obschon ich argwöhne, dass sich 
noch eine andere Ursache vorgefunden hat, die ich aber nicht 
habe nachweisen können. 

Fall XLII. J.. 2b Jahre, wurde im Krankenhause St. fiöran 
vom 1 ./XI. —9 /XI I. ]S!)3 wogen Selerose, llnseola und mueösen Papeln 
gepflegt. Hei seiner Aufnahme in das Krankenhaus war er frei von Al¬ 
bumin (T. C Ae): bei seiner Kntlassung aus demsedben batte er Albumin 
(T. (’. Ae.), ebenso Cvlinder in reichlicher Menge; hatte in derZeit seines 


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Aufenthaltes im Krankenhause 8 Soz. Ilg-Einspritzungen bekommen. Im 
Frühjahr und im Sommer 1S94 behandelte er sieh selbst mit nickt weniger 
als 800 Hg-Pille». Wurde wegen inucösen Papeln am 12 XII. 1894 wieder 
in St. Göran aufgenonimon; hatte damals Albumin (Salp.) und zahlreiche 
Cylinder. Bekam bis zum 2./I. 1895 0 Sublimateinspritzungen a 4 Centigr.: 
hierbei stieg der AlbumingMialt bedeutend. Am 21. Y1I. Alb. 0*25, spär¬ 
liche Cylinder. Hämoglobin 88 Proc., Blutkörperchen 4,850.000. Am 
2./I. Alb., 0*7, zahlreiche Cylinder, mehrere mit Zellen, Hämoglobin 
90 Proc., Blutkörperchen 5,07o.(X)0. Die Albuminmenge vermehrte sich 
in der ersten Zeit nach Schluss der Behandlung, war am 9. I. 0*8 Proc. 
und wechselte dann bis zum 13. II. zwischen 0*45 und 0*7 Proc*. Der 
Hümoglobingehalt war die ganze Zeit über ungefähr 90 Proc., die Zahl 
der rothen Blutkörperchen ungefähr 5,000.000. 

Am 13/11. wurde mit Ceb« i iMreiehungen iiir niueöse Papeln be¬ 
gonnen; im Laufe d»*r Behandlung wurden die Faeces, der Harn (und der 
Speichel) nach AJmens von Sehillberg moditicirter .Methode (siehe 
meinen Aufsatz*! Lndcrsökningar om <|iii<*ksi]frets upptagunde ocli afskil- 
iandc ur mcnnPknkroppen. Nord. Med. Arkiv 1880, Nr. 12 und 15) aut 
Hg untersucht. 

Am 13./11. Alb. 0*05, zahlreiche Cylinder, Hämoglobin 95, Blut¬ 
körperchen 5,000.000 in 340 Gr. Harn, polR spec. Gew., ein paar recht 
grosse Hg -Kügelchen; in 40 Gr. Faeces eine Menge kleinere Hg-Kügelchen. 

Am 20./II. (7 I eberstr.) Alb. PL zahlreiche Cylinder, Hämogi. 100, 
Blutkörperchen 5,4o().o:)0; in 340 Gr. Harn, 1*022 spec. Gew., mehrere 
ziemlich grosse Hg-KügMchcn: in 42 Gr. Faeces eine Menge meistens 
kleinen» Ilg r Kugelehen. 

Am 27.11. (14 l/ebrrstr.) All). 0*9, zahlreiche Cylinder, Hämo¬ 
globin 95, Blutkörperchen 5. 400.000; in 350 Gr. Harn, 1*022 spec. Gewicht, 
eine Menge Küg*eh:h»*n, einzelne recht gro.-s; in 42 Gr. Faeces eine Menge 
meist kleinen r Ilg-Kiigelchen. 

Arn 5./III. (20 Ih-berstr.) Alb. 1*0, zahlreiche Cylinder, Ilärno- 
glohin 100, Blutkör])erehen 5,300.000; in 10 Gr. Faeces eine bedeutende 
Menge größerer und kleimuer Ilg-Kügtdclieii; in 37 Gr. Speichel einige 
kleine Hg-Kügeleh'*n. 

Am 15. Hl. (00 T'eberstr.) Alb. 0*7, zahlreiche Cylinder, Hämo¬ 
globin 100, Blutkörperchen 5,300.000: in 330 Gr. Harn, 1*020 spec. Gew. 
eine bedeutende Menge grösserer und kleinerer Hg-Kügelchen, in 39 (ir. 
Faeces eine bedeutende Menge grösserer und kleinerer Hg-Kügelchen, 
in 27 Gr. Speichel einige kleine Ilg-Kügclchen. 

Pass die Ilg-Pxdiandlmig liier an dem Auftreten der 
Albuminurie Tlieil gehabt hat, scheint mir wahrscheinlich zu 
sein; wir sehen ja eine unbedeutende Albuminurie schon nach 
der ersten Hg-Hehaiidlung entstehen; ganz sicher verschlim¬ 
merte sich der Zustand der Nieren im Laufe des Sommers, 


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Klinische Studien über NiereuatVeetionen bei Syphilis. 

wo der Patient auf eigene Ordination hin eine bedeutende 
Menge Hg-Pillen einnalim; aber es fragt sich, ob damals nicht 
noch eine andere Ursache zur Niereuafl'ection hinzugestossen 
ist, da sich bei seiner Aufnahme in das Krankenhaus am 
12./XII. Albumin (Salp.) fand. Indessen vermehrte sich die 
Albuminurie bei der damals angewandten Ilg-Behandlung be¬ 
deutend, verminderte sich aber nach Schluss der Behandlung 
streng genommen nicht. Die Hg-Elimination war ja, wie es 
gewöhnlich bei der Inject ion von löslichen Hg-Salzen der l all 
zu sein pflegt, 4 2 Tage nach Schluss der Behandlung höchst 
bedeutend vermindert; wir finden nur eine geringe Menge 
Ilg im Ilarn (ebenso in den Faeces), während der Albumin¬ 
gehalt gleichwohl nahezu unverändert verblieb. Von einigen 
geringeren Schwankungen abgesehen, verblieb er es auch bei 
der folgenden kräftigen Ilg-Behandlung (HO Ueberstr.), unge¬ 
achtet gegen Schluss derselben eine höchst bedeutende Eli¬ 
mination von Hg stattfand. In diesem Falle kann man wohl 
der Ilg-Behandlung einen grösseren oder geringeren Antheil 
an der Albuminurie nicht aberkennen, obschon die Beschaffen¬ 
heit und der Verlauf der Nierenaffection nicht durch die 
Quecksilberelimination allein erklärt werden können, weshalb 
man auch argwöhnen muss, dass sich noch eine andere Ursache 
gefunden hat. 

Da nun die Ilg-Behandlung mehr oder weniger schädlich 
auf eine völlig gesunde Niere einwirken kann, so haben wir 
natürlicherweise allen Grund anzunehmen, dass die Einwir¬ 
kung einer solchen Behandlung auf eine schon kranke Niere 
noch mehr augenscheinlich sein dürfte. In früheren Aufsätzen 
habe ich hierfür auch Beispiele angeführt, und ich will des¬ 
halb hier nur folgenden Fall mittheilen. 

Fall XLIII. C., Syph. 1S8S 1 Solerose, Roseola, miioöse Papeln), bekam 
72 Hg-Jodurpillen; seitdem nicht wieder behandelt, Glaubt seit dieser 
Zeit keine Symptome vor Anfang des Jahres 1893 gehallt, zu haben, wo 
er Geschwüre an den Unterschenkeln erhielt. Wurde in St. Göran am 
29./VI. 18!)4 wegen Gummafa nlcerata au den Unterschenkeln und einer 
Periostitis an der 4. linken Rippe aulgenommen. Oedema an den Küssen 
und Unterschenkeln. Ord. Ueberstrcichungen. 

Am 30./VI. Alb. (Sulp.), Cylinder in spärlicher Menge, Hämogl. 80, 
Blutkörperchen 4,390.000. 


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Ara 11./VN. All). 0Cylind»T in ziemlich reichlicher Menge. 
Hämogi. 87, Blutkörperchen 4,050.000. 

Ara 21./VII. Alb. 0*55, Cylinöer in reichlicher Menge, Ilämogl. SO, 
B1 u t k örpe rc hen 5,00<).0( )0. 

Nie Gummata, die Periostitis und auch das Oederaa verschwunden. 

Ara 24. VII. gelinde Stomatitis. 

Ara 30. VII. All). 0*55, eine bedeutende Menge Cylinder, spec. Gew. 
1*011, lliiniogl. 85, Blutkörperchen 5,000.000; 30 L'eberstr. erhalten, 
gelinde Stomatitis, frei von Symptomen; hört mit. der Behandlung auf. 

Ara 2./VIII. Alb. 0*5, bedeutende Menge Cylinder, Iliunogl. 77, 
Blutkörp. 4.880.000, die Stomatitis vermehrt. 

Am «./VIII. Alb. 0*7, bedeutende Menge Cylinder, Iliiraogl. SO, Blut¬ 
körp. 4,850.000, die Stomatitis vermindert. 

Wurde auf eigenes Verlangen aus dem Krankenbause entlassen. 

Nach der Angabe des Patienten fingen die Beine gleich nach 
seiner Entlassung aus dem Krankenhause an anzuschwellen; das Oedeina 
verlor sieh aber nach und nach wieder, so dass er, als ich ihn am 14. IX. 
wiedersah, keine geschwollenen Beine mehr hatte; war frei von Symp¬ 
tomen, hatte auch keine Stomatitis. 

Am 14.OX. Alb. 014, einzelne Cylinder, spec. Gew. 1*001, Hämo¬ 
globin 80, Blutkörp. 5,000.000. 

Hier, gleichwie in anderen Fällen, die ich gesehen, trat 
zwar im Zustande der Nephritis gegen Schluss der Behandlung 
und in der ersten Zeit nach derselben eine Verschlimmerung 
ein, die jedoch nicht bestehen blieb; in demselben Verbiiltniss, 
in welchem nachher die Elimination von Hg altnahm, trat 
auch eine Verbesserung in der Nierenaft'ection ein. 

Aber wenn ich solchergestalt auch keine eigentliche Ge¬ 
fahr aus der Anwendung der Jlg-lhdiandlnng bei dem Vorhan¬ 
densein einer wirklichen Nephritis habe erstehen sehen, so ist 
es doch meine Ansicht, dass man in solchen l allen nur l»ei 
strenger l eberwaclmng des Zustandes der Nieren das liecht 
hat, eine kräftige Ilg-Hehandlung zu geben, denn es ist sonst 
leicht möglich, dass die Verschlimmerung in dem Zustande 
der Nieren so bedeutend werden kann, dass sie dem Pa¬ 
tienten geradezu verhängnissvoll wird. Es genügt hei einer 
solchen Nephritis nicht, den Harn das eine und das andere 
Mal mit Salpetersäure zu prüfen; eine mikroskopische Unter¬ 
suchung des Sedimentes gibt viel nützlichere Aufschlüsse und 
dieselbe darf deshalb niemals versäumt werden. 


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Kliuisrlie Studien über Xieremitieetionen bei Sy)>hilis. 


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Die Einwirkung des Quecksilbers auf die Nieren ist bei 
den verschiedenen Menschen sehr verschieden; der eine kann, 
ungeachtet seine Nieren nicht gesund sind, sehr viel Hg ver¬ 
tragen, während der andere mit, so viel wir beurtheilen können, 
ganz gesunden Nieren nach einer kurzen Hg-Behandlung eine 
bedeutende Cylindrurie und auch eine nicht unbedeutende 
Albuminurie bekommt. Worauf nun dieses beruht, wissen wir 
nicht; es kann gegenwärtig nur durch die Annahme verschie¬ 
dener individueller Disposition erklärt werden, ganz wie wir 
nur hiermit erklären können, weshalb bei dem einen eine be¬ 
deutende Stomatitis nach einer unbedeutenden Hg-Behandlung 
auftritt, während bei einem anderen nicht einmal die geringste 
Anschwellung des Zahnfleisches selbst nach der kräftigsten 
Quecksilberbehandlung zu beobachten ist, und dieses, unge¬ 
achtet sich in solchen Fällen eine sehr bedeutende Hg-Elimi- 
nation durch die Nieren nacliweisen lässt, d. h. eine höchst 
bedeutende Absorption von Quecksilber stattgefunden hat. 

Ich benutze, wie ich auch schon früher gethan, die Ge 
legenheit, diesen Umstand hervorzuheben, weil man in Lehr¬ 
büchern angegeben findet, dass eine geringe Anschwellung des 
Zahnfleisches ein unerlässliches Zeichen einer wirksamen Mer- 
curialcur sei. In seinem letzten Lehrbuch sagt Finger von 
der Stomatitis mercurialis: „Diese Stomatitis ist für uns von 
praktischem Werth. Zunächst muss hervorgehoben werden, 
dass eine völlig reactionslose Elimination des 
Quecksilbers nicht möglich ist.“ Es ist jedoch leicht, 
sich durch eine Quecksilber-Untersuchung davon zu über¬ 
zeugen, dass auch bei vollkommen gesundem Zahnfleisch 
eine höchst bedeutende Menge Quecksilber durch den Harn 
und die Faeces eliminirt werden kann, was, wie ich soeben 
hervorgehoben habe, ein Beweis für eine stattgefundene 
kräftige Hg-Absorption ist. Dieses kann ja dem Patienten 
nicht gleichgiltig sein, denn mehr als einmal habe ich völlig 
gesundes Zahnfleisch und gleichwohl eine bedeutende Cylin¬ 
drurie und eine nicht so unbedeutende Albuminurie als Folge 
der Hg-Behandlung gefunden. In solchen Fällen würde es 
nicht räthlich oder zum Besten des Patienten sein, die Hg- 
Behandlung länger als unbedingt nothwendig oder gar so lange 


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fortzusetzen, bis schliesslich eine Anschwellung des Zahn¬ 
fleisches eintritt. 

Die individuelle Disposition für mercuriale Stomatitis 
fällt durchaus nicht mit der individuellen Disposition für mer¬ 
curiale Albuminurie zusammen. 

Man könnte ja erwarten, bei Personen mit Nephritis öfter 
als bei Personen mit gesunden Nieren Stomatitis auftreten zu 
sehen, aber eine eigentliche, eine bedeutendere Disposition für die 
Stomatitis scheint sich bei Personen mit Nierenleiden nicht 
zu finden; wenigstens ist dieses meine Erfahrung, die ich um so 
mehr glaube hervorheben zu müssen, als man die Ansicht 
ausgesprochen hat, dass ein ganz entgegengesetztes Verhält¬ 
nis« die Kegel sei. So hebt Mauriac dieses in seiner vor¬ 
erwähnten Arbeit an mehr als einer Stelle hervor. Seite 313 
sagt er z. B. „L’adrainistration du mercure a un inconveuient, 
ipie des faits nombreux ont mis liors de doute: eile donne 
frequement lieu dans la ncphropathie ä une salivation indeter¬ 
minable.“ 

Wenn ich nun meine Fälle von Albuminurie und von 
Nierenaffection untersuche, so finde ich unter ihnen allen nur 
»I, wo ich wegen Stomatitis mit der Hg-Behamllung auf¬ 
hören zu müssen mich gezwungen gesehen habe; dieses deutet 
vielleicht eine etwas grössere Häufigkeit an als die, welche 
man gewöhnlich findet; nun ist aber zu merken, dass die 
Stomatitis in keinem dieser Fälle indeterminable war — im Gc- 
gentheil, die Ilg-Behandlung konnte schon nach einigen Tagen 
wieder aufgenommen werden; in dem schwersten Falle war 
die Anzahl der Kuhetage gleichwohl lä. 

Im Fall XL111 fand sich zwar bei Schluss der Behandlung 
am 30./YII. gelinde Stomatitis, aber schon vom (>./\TlI. findet 
sich aufgezeichnet: die Stomatitis vermindert, und nach einem 
Monat — wo ich dann den Patienten nach diesem Tage zum 
ersten Male wiedersah — war die Stomatitis verschwunden. 

Ich habe zwar in dem einen oder anderen Fall, wo Al¬ 
buminurie und Nierenaffection vorgekommen sind, aulgelockertes 
Zahnfleisch sehen können — aber dieses sieht man ja recht 
oft bei Personen ohne Albuminurie, und es ist auch kein Hin- 


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Klinische Sluilien über NierenaHectionen 1 n■ i Syphilis. 

derniss für die Fortsetzung der Hg-Behandlung gewesen. — 
Ich kann also nicht in Mauriac’s oben citirte Worte ein¬ 
stimmen. 

Noch weniger ist mir dieses möglich, wenn Mauriac 
auf derselben Seite sagt: „Le mercure, ne pouvant s'eliminer 
qu’insuffisernent par les reins, cherche une voie plus lihre et 
la trouve dans les glandes salivaires.“ 

Ich kenne nun die wissenschaftlichen Untersuchungen, 
auf welche Mauriac diese seine Aousserung stützt, nicht; er 
gibt sie nicht an. Er sagt zwar: ce que le prouve, c’est que 
la guerison de la stomatite n a lieu que quand Faire de l'emon- 
ctoire renal repreml peu a peu ses dimensions nominales .* 4 
Vergehens sucht man auch hier nach einem Beweise für seine 
Worte. 

A priori erscheint es mir als höchst unwahrscheinlich, 
dass die Quccksilberelimination bei einer Nephritis diesen Weg 
wählen sollte; hei Kenntniss der Wege der Hg-Elimination 
dürfte man erwarten, dass sie, wenn sich ihr auf dem Wege 
durch die Nieren Hindernisse in den Weg stellen, in erhöhtem 
Grade durch den Darmcanal geschieht. Ich habe in meinem 
Aufsatz über Albuminurie bei Syphilis (1801) diese Yermu- 
thung auszusprechen gewagt und äussere dort auf Seite 53 
und 54: „Es ist hervorgehoben worden, dass eine nicht gesunde 
Niere das Quecksilber nicht in hinreichender Menge eliminiren 
kann, welches dann für seine Elimination andere Wege, spe- 
ciell die Speicheldrüse suchen und dadurch Anlass zu einer 
schweren Stomatitis geben könne. Diese Auilässung ist sicher 
in vielen Hinsichten nicht richtig. Es wird seihst bei der 
schwersten Stomatitis nur eine unbedeutende Menge Hg durch 
den Speichel eliminirt; dieses hat Schmidt gezeigt, und auch 
meine eigenen, bereits publicirten Untersuchungen haben es 
ergeben. Kann eine kranke Niere nicht hinreichend Hg eli¬ 
miniren, so wird das übrige Hg ganz sicher auf dem Wege 
eliminirt, auf dem seine Elimination normaliter in grosser 
Menge stattHndet, nämlich duich die Faeces. Sowohl Schuster 
wie ich haben nachgewiesen, dass hei der Einreibungscur Hg 
in bedeutender Menge durch die Faeces abgeht: ich habe ausser- 


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dem gezeigt, dass dieses auch bei verschiedener Injeetionsbe- 
handlung der Fall ist.“ 

Ich hatte damals keine auf Untersuchungen gegründete 
Beweise für die Richtigkeit dieser meiner Yermuthung darzu¬ 
legen. Ich habe auch jetzt nur in einer geringen Anzahl von 
Fällen Untersuchungen hierüber anstellen können; das, was 
diese sagen, ist aber so deutlich, dass es wohl von Niemand 
anders als ein Beweis für die Richtigkeit dieser meiner 
damals ausgesprochenen Yermuthung aufge-fasst werden kann. 
Wenigstens zeigt es unzweifelhaft, dass Mauriac's Behauptung 
unrichtig ist. 

Da in dieser Richtung nur wenig Untersuchungen ausge¬ 
führt worden sind, werde ich die mehligen hier im Detail 
darlegen. 

Ich weise da zuerst auf Fall XI,II hin, wo wir eine be¬ 
deutende Hg-Elimination durch die Faeces und auch die 
kranken Nieren — aber nur eine minimale durch die Speichel¬ 
drüsen finden; dasselbe ist das Yerhältniss in allen folgenden 
Fällen. 

Fall XXXI. Wurtle um 27/VIII. 1895 in das Krankenhaus aufge- 
liommeu; hatte bedeutendes Oedtun an den Unterschenkeln; Albumin 
5*0 Proc. Ord. Ueberstr. 

Am 30./VIII. vermehrtes Uedem. Albumin 2*5 Proc.; in 345 Ur. 
Harn, spec. Gew. 1014, einzelne kleine Hg-Kügelchen; in 42 Gr. 
Faeces ziemlich viele Hg-Kügelchen, zum Theil recht gross; in 11 Gr. 
Speichel ein paar sehr kleine Ilg-Kügelchen. 

Am 4./IX. vermindertes Uedem; Albumin 1*0 Proc.; in 300 Gr. 
Harn, spec. Gew. 1*011, eine Anzahl kleinerer Ilg-Kügelchen; in 37 Gr. 
Faeces ziemlich viele, recht grosse Hg-Kügelchen; in 14 Gr. Speichel 
einige äusserst kleine Ilg-Kügelchen. 

Am 9./IX. kein Uedem; Albumin in unbedeutender Menge; in 
345 Gr. Harn, spec. Gew. 1*012, einzelne nicht grosse Hg-Kügelchen; m 
21 Gr. Faeces eine bedeutende Menge kleinere und kleine Hg-Kügelchen ; 
in 15 Gr. Speichel einige äusserst kleine Hg-Kügelchen. 

Am 14. IX. kein Uedem; Spuren von Albumin in 345 Gr. Harn, 
spec. Gew. 1*010, ziemlich viele Hg-Kügelchen, darunter einige ziemlich 
grosse; in 20 Gr. Faeces eine grosse Menge recht grosser Hg-Kügelchen; 
in 14 Gr. Speichel einige kleine Hg-Kügelchen. 


‘) Durch einen ärgerlichen Zufall wurde sowohl von diesem, wie 
von dem lolgenden Fall die bereits fertige Fntcrsuchungsserie vom 19. IX. 
bis zur Entlassung der Patienten aus dein Kraiikcnhause verloren. 


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Klinische Studien über Nierenatfectionen bei Syphilis. 


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Es zeigt 9ieh ja deutlich, dass im Anfänge, als der Zustand der 
Nieren äusserst schlecht war — Alb. 2*5 Proc. — nur eine minimale Hg- 
Elimination durch sie stattfand; in demselben Verhältnis», in welchem 
ihr Zustand sich nachher verbesserte, sehen wir aber auch ein Wachsen 
der durch sie stattfindenden Hg-Elimination, dieses natürlicherweise mit 
voller Berücksichtigung der Grösse der Hg-Elimination, die wir nach 
einer drei- und nach einer siebzehntägigen Hg-Behandlung zu erwarten 
das Hecht haben. Durch die Faeces sehen wir eine kräftige Hg-Elimi- 
nation stattfinden durch den Speichel aber so gut wie kein Ilg eliminirt 
werden. 

In gleicher Weise verhält sich folgender Fall. 

Fall VIII. Wurde am l./IX. 1805 in das Krankenhaus aufgenommen. 
Alb. 0*2; Ord. Ueberstreichungen. 

Am 4./1X. Alb. 0*2 Proc.; in 385 Gr. Harn, spee. Gew. 1*020, 

ziemlich viele kleine Hg-Kügelchen; in 33 Gr. Faeces recht viele kleine 

Hg-Ivügelchen : in 14 Gr. Speichel ein äusserst kleines Hg-Kügelchen. 

Am 9./IX. Alb. 0*1 Proc.; in 380 Gr. Harn, spee. Gew. 1*019, eine 
recht grosse Menge meist kleinerer Hg-Kügelchen; in 23 Gr. Faeces eine 
grosse Monge nicht kleiner Hg-Kügelchen; in 14 Gr. Speichel ein paar 
sehr kleine Hg-Kügelchen. 

Am 14./IX. Alb. 0*05 Proc.; in 320 Gr. Harn, spee. Gew. 1*015, 

zwei grosse, ein Tlicil kleinere Hg-Kügelchen; in 27 Gr. Faeces eine 

grosse Menge zum Theil recht grosser Hg-Kügelchen; in 17 Gr. Speichel 
zwei kleine Hg-Kügelchen. Also eine grosse Elimination von Ilg durch 
die Faeces, beinahe keine durch den Speichel. 

Man kann ja hier einwenden, dass die Menge des in diesen 
Fällen untersuchten Speichels sehr unbedeutend gewesen und 
man daher nicht berechtigt ist, aus diesen Untersuchungen des 
Speichels Schlüsse zu ziehen. Ich will deshalb folgenden Fall 
anführen, wo die untersuchte Speichclmenge grösser gewesen 
ist und wo eine so schwere Stomatitis aufgetreten war. dass 
der Patient mehrere Tage mit der Hg-Bekandlung aussetzen 
musste; in einem solchen Falle, wenn überhaupt jemals, sollte 
wohl eine bedeutende Hg-Elimination durch die Speicheldrüsen 
stattfinden — aber auch liier ist dieses nicht der Fall. 

Fall XLIV. Der Patient — Camlidat der Mcdicin — zog sich 
Scarlatina beim Dienst im Krankenhause zu; bekam nach dieser schwere 
Nephritis. Wurde in das Krankenhaus St. Güran wegen des ersten 
Ausbruchs der Syphilis am l./X. 1894 aufgenommen. Er stellte während 
der ganzen Zeit seines Aufenthaltes im Krankenhause dreimal des Tages 
Untersuchungen über den Pliweissgehalt und das spocifische Gewicht 
seines Harnes an. Ich führe hier seine Aufzeichnungen, aber nur von 

Archiv f. Dermatol, u. Syphil. Baud XXXVII. 03 


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den Tagen an, an denen Cylinder und Quecksilbenuitersuchungen aus- 
geführt wurden. Am l./X. Ueberstr. ordinirt. 

Am 1. X. Alb. 0*45 Pme., hyaline Cylinder mit Zellen und Fett- 
kürnern, spec. Gew. 1‘013, Hämogl. 7(>, Blutkörp. 4,0)0.000. 

Am 4./X. Alb. 0*05 Proc., hyaline Cylinder mit Zellen und Fett- 
köniern, spec. Gew. 1*014, Hämogl. 70, Blutkörp. 4,100.000. 

Am 8. X. Alb. 1*2 Proc., hyaline Cylinder mit Zellen und Fett¬ 
körnern, spec. Gew. 1*018, Ilämogl. 78, Blutkörp. 4,600.000. 

Am 12./X. Alb. 1*0 Proc., spec. Gew\ 1*012, Stomatitis, setzt mit 
den Ueberstreicbungen au*<. 

Am 15. X. bedeutendem Salivation; im Harnsediment eine kolossale 
Menge Cylinder, theils hyaline, theils körnige, theils Blutkörperchen- 
und Epith 'lcylinder. 

Am 17./X. Alb. 1*8 Proc., Cylinder in sehr reichlicher Menge, spec. 
Gew*. 1*021: in 320 Gr. Harn einige sehr kleine Hg-Kügelchen. 

Am 21./X. Alb. 1*2 Proc., eine kolossale Menge Cylinder, spec. 
Gew. 1*015, Hämogl. 75, Blutkörp. 4,280.000; unbedeutende Stomatitis. 

Am 27./X. frei von Symptomen, keine Stomatitis, beginnt wieder 
mit l eberstreiehungen; Alb. 1*0 Proc., bedeutende Menge Cylinder, spec. 
Gew*. 1*014, Hämogl. 65, Blutkörp. 4,000.000; in 370 Gr. Harn mehrere 
kleine IJg-Kügelchen; in 35 Gr. Faeces ein recht grosses und mehrere 
kleine Hg-Kügelchen. 

Am l./XI. (5 Uehersfr.) Alb. Morg. 0*45, Mittags 1*1. Abends 1*1 
Proc., Hämogl. 66, Blutkörp. 4,030.000, spec. Gew*. Morgens 1*012, 
Mittags 1*014, Abends 1*018, Ilarnnmnge 1850 GO.; in 360 Gr. Harn ein 
grosses und einige ziemlich grosse llg-Kügelchen ; in 40 Gr. Faeces ein 
sehr grosses und recht viele kleine Hg-Kügelehen; in 64 Gr. Speichel 
eine Menge kleine Hg-Kügelchen. 

Am 6./XI. (10 IJcbcrstr.) Alb. Morgens 0*35, Mittags 1*0, Abends 1*0 
Proc., Hämogl. 66, Blutkörp. 4,800.000, spec. Gew. Morgens 1*013, Mittags 
1*013, Abends 1*015 Proc., Harnmenge 2000 CC., in 555 Gr. Harn zwei 
grosse und einige recht grosse Hg-Kügelehen; in 33 Gr. Faeces viele 
ziemlich grosse llg-Kügelchen; in 78 Gr. Speichel eine Menge kleine 
Hg-Kügelchen. 

Am 1 l./XI. (15 Ueherstr.) Alb. Morgens 0*3. Mittags 0*8, Abends 
1*1 Proc., Hämogl. 75, Blutkörp. 5,020.000. spec. Gew. Morgens 1*010, 
Mittags 1*012, Abends 1*018; llarnmcnge 2000 CC.; in 310 Gr. Harn 
mehrere grössere und viele kleinere Hg-Kügelchen; in 42 Gr. Faeces 
eine Menge kleinerer Hg-Kügelchen ; in 67 Gr. Speiehel eine Menge sehr 
kleiner Hg-Kügelehen. 

Am 16./XI. (2o IVberstr.) beginnende Stomatitis; Alb. Morgens 0.25, 
Mittags 0*75, Abends 1*1 Proc., Ilämogl. 70; Blutkörp. 5,250.000; spec. 
Gew. Morgens 1*011, Mittags 1*010, Abends 1*018; llarnmcnge 1*050 CC.; 
in 305 Gr. Harn eine höchst bedeutende Menge kleinerer llg-Kügelchen; 
in 38 Gr. Faeec- eine höchst bedeutende Menge kleinerer Ilg-Kiigelehen; 
in 84 Gr. Speichel einige kleinere llg-Kügelchen. 


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Original frum 

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Klinische Studien über Nierenaffeetionen bei Syphilis. 


Am 17./XI. die Stomatitis vermehrt, setzt mit den Ueberstrei- 
chungen ans. 

Am 20./XI. Alb. Morgens 0*8, Mittags 0*65, Abends 0*9 Proc., 
Plämogl. 82, Blutkörp. 5,200.000; spec. Gew. Morgens 1*011, Mittags 1*010, 
Abends 1*016, Harnmenge 1675 CG.; in 380 Gr. Harn eine Menge ziemlich 
grosse Hg-Kügelchen; in 36 Gr. Faeces eine höchst bedeutende Menge 
meist kleinerer Hg-Kügelchen; in 98 Gr. Speichel einige kleine Hg- 
Kügelchen. 

Am 22. XI. unbedeutende Stomatitis; nimmt die Ueberstreichungen 
wieder auf. 

Am 24./XI. (23 Ueberstr.) Alb. Morgens 0*2, Mittags 0*7 Proc. 
speo. Gew. Morgens 1*009, Mittags 1*011; Harnmenge 2300 CC.; in 305 Gr. 
Harn eine Menge Hg-Kügelchen. darunter etliche ziemlich grosse; in 
35 Gr. Faeces eine bedeutende Menge ziemlich grosser Hg-Kügelchen; 
in 83 Gr. Speichel ziemlich viele kleine Hg-Kügelchen. 

Am 26./XI. (25 Ueberstr.) lhimogl. 73, Blutkörp. 5,200.000; 

wurde frei von Symptomen aus dem Kranken!lause entlassen. 

Bei allen an den obengenannten Tagen ausgeführten Untersuchungen 
fanden sich eine bedeutende Anzahl Cylinder. 

Am 18./XII. Alb. 0*9 Proc.. Cylinder in sehr reichlicher Menge ; 
Hämogl. 75, Blutkör]). 4,630.000. 

Am 4./I. 1895 Alb. 1*0 Proc., Cylinder in reichlicher Menge, Hä- 
mogl. 70, Blutkörp. 4,9* 0.000; in 335 Gr. Harn einige kleinere Ilg-Kü- 
gelchcn; m 27 Gr. Faeces eine grosse Menge Hg-Kügelchen, darunter 
einige nicht kleine. 

Wir finden nun zwar in diesem Fall, wo ich eine ziem¬ 
lich grosse Quantität Speichel untersucht habe, eine etwas 
grössere Hg-Menge im Speichel, als in den vorhererwähnten 
Fällen, dessen ungeachtet ist sie aber sehr klein, und dieses, 
obschon eine so schwere Stomatitis auftrat, dass der Patient 
einige Tage mit der Behandlung aussetzen musste. Nicht ein¬ 
mal dieser Fall kann als ein Beweis dafür gedeutet werden, 
dass das absorbirte Quecksilber sich bei einer Nephritis seinen 
Weg hauptsächlich durch die Speicheldrüsen sucht. 

Ungeachtet wir nun m allen diesen Fällen die im Spei¬ 
chel enthaltene Hg-Menge so minimal finden, so ist doch die 
aufgezeichnete, durch die Speicheldrüsen eliminirte Quecksilber¬ 
menge zu gross. Bei der l ■eherstreichungsbehandlung verdun¬ 
stet nämlich Hg und dasselbe kommt dann durch Einatlimung 
u. s. w. in den Organismus. Es ist ja ziemlich sicher, dass 
ein wenn auch nur geringer Theil des durch den Mund ein- 
goathmeten Quecksilbers für den Augenblick im Munde bleibt, 

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von wo es nachher durch Ausspucken entfernt wird. Da ich zu 
meinen Speicheluntersuchungen nur Gesammtspeichel anwenden 
konnte, ist es ja ziemlich sicher, dass in dem gesammelten 
Speichel nicht nur durch die Speicheldrüsen eliminirtes, sondei n 
auch in der obengenannten Weise in den Mund gelangtes 
Quecksilber enthalten war. daher sich auch eine zu grosse 
Menge durch die Speicheldrüsen eliminirtes Hg aufgezeichnet 
findet. Hierfür spricht auch der folgende Fall. 

Fall XLY. W., Syphilis (erster Ausbruch) und Alkoholismus. Der 
Patient wurde in eine Abtheilung gelebt, wo keine syphilitischen Kranken 
gepflegt werden, wo also k*‘ine Uebcrstreichungen Vorkommen und sich 
mithin auch keine Möglichkeit findet, von .anderen Patienten verdunstetes 
Quecksilber in den Mund zu bekommen. Kr wurde mit Inject,iomn von 
Th.-Hg behandelt. 

Am 11./I. Alb. 0*2 Pme., Th.-Hg-lnj. I. 

Am 16. I. Alb. OT Proc., Tli.-Hg-Inj. II, in 850 Gr. Harn, spec. 
Gew. 1*012, einige ziemlich grosse Hg-Kiigelchen; in 82 Gr. Kaeccs 
mehrere reclit kleine Hg-Kiigelchen; in 70 Gr. Speichel keine Ilg-Ku- 
gLdchen. 

Am 21.1. Alb. 0’07 Proc., Th.-lIg-Iuj. III; in 865 Gr. Harn, spec. 
Gew. 1*012, zwei grosse und eine Menge kleinere Hg-Kügelcben; in 
81 (ir. Faeces eine bedeutende Menge kleinerer Ilg-Kügelclien; in 45 Gr. 
Speichel zwei sehr kleine Hg-Kiigelchen. 

Am 26.d. All). 0*05 Proc., Tli.-Hg-Inj. IV; in 355 Gr. Hain, spec. 
Gew. 1*012, eine recht grosse Menge meist kleinerer Hg-Kiigelchen; 
in 86 Gr. Faeces eine bedeutende Menge meist kleiner 1 ig-Kiigvlehen: 
in 88 Gr. Speichel einigt* kleine Ilg-Kügelclien. 

Am 81.1. Alb. 0*05 Proc., Th.-IIg-lnj. V; in 800 Gr. Harn, spec. 
Gew. 1*012, einige ziemlich grosse Ilg-Kügelclien; in 84 Gr. Faeces eine 
unendliche Menge meist kleiner Hg-Kügelehen; in 22 Gr. Speichel 
einige kleine Ilg-Kügeh hen. 

Am 5./II. Alb. (Sulp.), Th.-llg-lnj. VT: in 360 Gr. Harn, spec. Gew. 
1*012, einige recht grosse Ilg-KügeJchen; in 85 Gr. Faeces eine unend¬ 
liche Menge meist kleinerer Ilg-Kügelclien; in 28 (ir. Speichel ein kleineres 
Hg-K iigelchen. 

Audi wenn wir die bei den letzten Untersuchungen ange- 
wendete geringe Speiehel menge in Betracht ziehen, ist die in 
diesem Fülle durch die Speicheldrüsen stattgefundene Hg-Kli- 
minatiim gleichwohl mininud gewesen. 

Wir luihen also kein Recht, hei einer Nephritis niercuriale 
Stomatitis aus dein Grunde zu erwarten, dass Hg in grosser 
Menge durch die Speicheldrüsen eliminirt werde, und mein«* 


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Klinisch»? Studien über Niercnaffeotionen bei Syphilis. 


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Erfahrung ist auch die, dass sich eine ausgeprägte Disposition 
für inercuriale Stomatitis bei Nephritici nicht findet. Man dürfte 
eher das Recht haben, bei solchen Patienten das Auftreten 
einer mercurialen Darmaffection zu erwarten. (Es versteht sich 
natürlicherweise von selbst, dass hierbei keine Rücksicht auf 
die Patienten genommen wird, die das Hg innerlich gebrauchen.) 
Ich habe indessen nur einen Fall gesehen, der sich in dieser 
Richtung deuten lässt. 

Fall XI. Ara 28./IV. Ord. Einreibung von 3 Gr. Ung-Hg. 

Am 2./V. Alb. 0*07 Proc., in 370 Gr. Harn, spec. Gew. 1*014, 
mehrere sehr kleine Hg-Kügelchen; in 45 Gr. Faeces ein recht grosses 
und zwei kleinere Hg-Kügelchen; in 50 Gr. Speichel zwei besonders 
kleine Hg-Kügelchen. 

Ara 6./V. bedeutender Tenesmus; Diarrhoe, eigentlich blutunter¬ 
mischter Schleim. 

Ara 7./V. in 375 Gr. Harn, spec. Gew. 1‘015, recht viele kleinere 
Hg-Kügelchen; in 70 Gr. (blutuntermischter) Faeces viele grosse und 
einige kleine Hg-Kügelchen; in 55 Gr. Speichel (‘in nicht kleines und 
zwei kleine Hg-Kügelchen. 

Ara 10./V. seit dem vorhergegangenen Tage feste Stuhlgang«?; 
wieder Einreibungen; in 200 Gr. Harn. spec. Gew. 1’014, zwei ganz 
grosse Hg-Kügelchen; in 42 Gr. Faeces eine grosse Menge recht gross«;r 
Hg-Kügelchen; in 48 Gr. Speichel vier kleine Hg-Kügelchen. 

Am 20./V. in 300 Gr. Harn, spec. Gew. 1*012, mehrere nicht kleine 
Hg-Kügelchen; in 31 Gr. Faeces eine grosse Menge nicht kleiner Hg- 
Kügelchen; in 52 Gr. Speichel ein nicht kleines und ein sehr kleines 
Hg-Kügelchen. 

Am 27./V. in 305 Gr. Harn, spec. Gew. 1*000, einige ganz grosse 
Hg-Kügelchen; in 32 Gr. Faeces zwei sehr grosse und eine Menge recht 
grosse H-K ügelchen; in 63 Gr. Speichel ein nicht kleines und ein 
kleines Hg-Kügelchen. 

Hier finden wir Symptome, die auf eine mereuriah* Rei¬ 
zung in dem Darmcanal hindeuten und es ist ja auch möglich, 
dass die bedeutende Elimination von Hg, die durch die Fäces 
stattgefunden hat, wirklich die Ursache der Diarrhoe gewesen 
ist. Eigentümlich ist es aber, dass hernach keine Darmaffec¬ 
tion mehr auftrat, da doch fortfahrend eine bedeutende Menge 
Hg durch die Faeces eliminirt wurde. Wir müssen uns ausser¬ 
dem in Acht nehmen, dass wir nicht die ganze grosse Hg- 
Menge, die sich am 7./V. in den Faeces fand, nur auf Rech¬ 
nung des durch den Darmcanal eliminirten Quecksilbers schrei¬ 
ben. Diese 70 Gr. - Faeces bestanden nämlich zum grossen Tlieil 


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aus mit Blut untermischtem Schleim; nun wissen wir, dass 
sich im Blute stets eine höchst bedeutende Menge Quecksilber 
iindet; es ist deshalb ziemlich sicher, dass das in die Faeces 
eingemischte Blut reichlich an der bei dieser Gelegenheit ge¬ 
fundenen bedeutenden Quecksilbermenge Theil gehabt hat. 

Hiermit mag es sich jedoch verhalten, wie es will, so ist 
es gleichwohl sicher, dass wir in diesem Falle finden, was wir 
bei einer so schweren Nephritis erwarten konnten, nämlich 
eine nicht besonders grosse Quecksilberelimination durch die 
Nieren; die grösste Menge Quecksilber ist durch die Faeces, 
durch den Speichel aber nur sehr wenig eliminirt worden. 

Alle diese Fälle sagen uns ja, wie wir gefunden, ganz 
dasselbe: auch durch kranke Nieren kann eine grössere oder 
geringere Quecksilberelimination statttinden; durch die Faeces 
wird unter solchen Verhältnissen stets eine bedeutende Menge 
Ilg eliminirt, während die durch die Speicheldrüsen gesche¬ 
hende Quecksilberelimination minimal ist. 

Wenn ich nun versuchen sollte, hier die Schlüsse, die 
aus diesen meinen Untersuchungen zu ziehen ich mich für be¬ 
rechtigt ansehen kann, zusammen/u>tellen, so würden es 
folgende sein: 

1. A u c h w e n n e i ne mini m al(> s y p h i 1 i t i s c h e A1 b u - 
minurie (T. C. Ae.) beim ersten Ausbruch derSyphi- 
lis oder bei Beeid iven derselben (sec un dar es Sta¬ 
dium) v o r ko m m en kann, so gesclii e h t d i es es d o c 1 l 
selten; sehr selten tritt bei diese n G e 1 e g e n h e i t e n 
e i n e A 1 b u m i n u r i e auf, die mit Salpetersäure nach¬ 
weisbar ist; höchst zweifelhaft ist es, o b ('S eine 

wirkliche syphilitische paremehyuiatöse Nephritis 
g i b t. 

2. In einem späteren Stadium der Syphilis 
sieht man bisweilen interstitielle Nephritis unter 
solchen Verhältnissen auftreten. dass ein Causal- 
zusani men hang zwischen ihr und der syphiliti- 
s c h e n Krankheit w a h r s c h e i n 1 i c h i s t. 

3. In einem späteren Stadium der Syphilis 
tritt ohne Fieber in einzelnen Fällen eine Nieren- 
a f f e c t i o n a u f, bei w e 1 c h e r d e r Harn eine s c h m u t z i g- 


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Klinische Studien über NierenafTeetionen bei Syphilis. J-Jy'.t 

braune Farbe zeigt, mehr oder weniger triibe ist. 
eine geringere Menge Albumin enthält und im 
Sediment verschiedene Cylinder (Blut- und Epi¬ 
thel c y linder) und eine bedeutende Menge Detritus 
hat; diese Nicrenaffection tritt gleichzeitig mit 
zerfallenden Gummata u. s. w. an anderen Körper- 
theilen auf und vermindert sich und verschwin¬ 
det bei speci fisch er Behandlung im Einklang mit 
anderen tertiären Symptomen; sehr wahrschein¬ 
lich ist es, dass diese Nieren affe ction ihre Ur¬ 
sache in zerfallenden Gummata in den Nieren hat. 

4. Die Q u e c k s i 1 b e r b e h a n d l u n g, v o r a 11 e m, w e n n 
sie kräftig ist, verursacht oft Cylindrurie, zu¬ 
weilen auch Albuminurie, welche Leiden, gleich¬ 
wie die Stomatitis, je nach der verschiedenen in¬ 
dividuellen Disposition dafür, unter gelinderer 
oder schwererer Form au ft re teil. Harn ohne Cy- 
linder und Eiweiss berechtigt ebensowenig wie 
völlig gesundes Zahnfleisch zu dem Schlüsse, 
dass nur eine unbedeutende Menge Quecksilber 
absorbirt worden ist; nur durch Untersuchung 
des Harnes und der Faeces auf Hg können wir 
Ivenntniss von der Grösse der absorbirten Queck- 
silbermenge erhalten. 

5. Durch die Quecksi 1 b e rb e han d 1 ung verur¬ 
sachte Cylindrurie und Albuminurie sind ziemlich 
bald vorübergehend und lassen in der Kegel keine 
Disposition für k ü n f t ige Ni e r e na f f e c t i o n en z ur üc k. 

6. Ist eine Nephritis, namentlich eine bedeu¬ 
tende parenchymatöse oder interstitielle Nephri- 
tis vorhanden, ist Quecksilber mit Vorsichtigkeit 
und unter genauer C o n t r o1e des Zustandes der 
Nieren zu geben. 

7. Bei einer Nephritis wird Quecksilber in 
grosserMenge durch die Faeces, oft auch in grosser 
Menge durch die Nieren, aber stets in minima¬ 
ler Menge durch den Speichel elimin irt. 


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Aus dem Institut für pathologische Histologie und Bakteriologie 
des Prof. Paltauf in Wien. 


Ein Beitrag zur Kenn tu iss des Rhino¬ 
phym a. 

(Histologische und klinische Studie.) 

Von 

Dr. Dohi aus Japan, 

Hospitant an der dermatolog. Klin'k Prof. Kaposi’s in Wien. 

(Hierzu Taf. X.) 


I)e r e rste Bericht über den mikroskopischen Befund der 
sog. Pfundnase stammt von Gustav Simon. 1 ) Er führt die 
höckrige Verdickung der Nase auf ein völlig ausgebildetes 
Bindegewebe zurück, neben welchem alle Talgdrüsen der Nase 
stark erweitert und mit festem Hauttalg angefüllt gefunden 
wurden, und nennt diese Krankheit wie seine in- und auslän¬ 
dischen Zeitgenossen Acne hvperplastica. 

Der von Virchow 9 ) als Acne indurata angegebene 
Krankheitsprocess mag auch wohl mit Rhinophyma identisch 
sein. Er beschreibt denselben als ein fortgeschrittenes Stadium 
von Acne rosacea, indem dabei neben den verstopften, 
zum Theil pustulösen Haar bälgen und e rw e i t er t e n 
Gefässen noch Verdickung der umgebenden Haut¬ 
partie sich vorfindet. 

Ferd. Hebra ist es. von dem dieses Leiden seine Be¬ 
nennung Rhinophyma erhalten hat. 3 ) Auch er rechnet die 
Krankheit zur Acne rosacea, 4 ) von der er sich schon gelegent¬ 
lich dahin ausgesprochen hat, dass dieselbe in einer Gefäss- 


') G. Simon. Die Hautkrankheiten durch auatom. Untersuchungen 
erläutert. Bd. III. 2. Auti. 1851 p. 3f>2. 

*) Virchow. Die Geschwülste. 

3 ) Iiebra. Atlas der Hautkrankheiten. Heft VH. Taf. 6. 

4 ) Hebra-Kaposi. Lehrb. d. Hautkrankh. 1S74. Bd. I. f)29. 


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und Zellgewebsneubildung bestehe und dass daher ihre 
Besprechung eigentlich in dem Capitol über Neubildungen statt¬ 
finden sollte.') In seinem Lehrbuehe fehlt jedoch der Name Rhino- 
phyrua. Er schildert vielmehr einen dritten Grad der Acne rosacea 
wie lblgt: „Wenn es unter einer fortschreitenden Entwicklung 
des so begonnenen Processes endlich zu einer monströsen 
Verunstaltung der Haut des Gesichtes und insbesondere der 
Nase kommt, wodurch letztere in ihren Dimensionen nach 
einer oder der anderen Richtung, oder auch allseitig ausser- 
gewöhnlieh zunimmt. so würden wir dies für den höchsten 
und dritten Grad der Acne rosacea gelten lassen können.“ 
Dabei meint er, dass die durch die Acne rosacea gesetzten 
anatomischen Veränderungen der Haut in einer bedeutenden 
V a so u 1 a r i sat i o n , in Rindegewebsneubildung und 
Hypertrophie der Eollikel bestehen.'*) 

Nach der Beschreibung Kaposi's 3 ) in dessen Lehrbuch 
der Name Rhinophyma als der dritte Grad der Acne rosacea 
wieder genannt wird, bestehen die lappigen und geschwulst¬ 
artigen Neubildungen aus neugebildetem, gallertartigem Binde¬ 
gewebe, welches wohl einer Organisation zu festem, bleibendem 
Bindegewebe fähig ist, aber ebenso gut — bei der jüngeren 
Production — auch zur Schrumpfung und Resorption gelangen 
kann. Nebstdom lührt er als die wesentliche anatomische Grund¬ 
lage der Acne rosacea die Ausdehnung und Hyper¬ 
trophie der Talgdrüsen, die Ausdehnung der be¬ 
stehenden und die Neubildung von oberflächlich 
lagernde n G e fä s s e n de r II a u t, von T e 1 e a n g i e e c t a s i e, 
ja auch Erweiterung der a u f s t e i g e n d e n Cor inni¬ 
ge fasse und deren Zweige an. 

Lassar erklärt als die hauptsächlichen anatomischen 
Veränderungen bei Rhinophyma die Vergrösserung und 
cystische Entartung der Talgdrüsen, um welche sich 
eine Entzündung mit nachfolgender Bin d ege web shy p er- 
trophie otablirt und hält diese Neubildung für ein Cysto- 
Adenofibrom. Als das veranlassende Moment dieser gut- 

Zeitschrift der k. k. Gesellschaft der Aerzte. 1845. Bd. II. p. 145. 

2 ) 1. c. 621—(134. 

a ) Kaposi. Puthol. u. Tlier. der Hautkrankh. 189o. 4. Aufl. p 558. 


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Ein Beitrag zur Keuntniss des Rhinophvma. 


303 


artigen, homoplastischen Tumorenbildung nimmt er einen 
unbekannten, in den Talgdrüsen selbst stecken¬ 
den. allerdings von aussen kommenden Reiz an, der 
die Hypersecretion und damit die cystisehe Ausweitung anregt. 
„Die Bakterienanhäufungen finden sich vor,“ sagt er, „aber es 
ist unmöglich zu sagen, ob sie oder welche von ihnen ein 
Accendens oder die Ursache selbst darstellen.“ Das Binde¬ 
gewebe, das erst secundär neugebildet, soll nach ihm in Folge 
des grossen Gefässreichthums weich und ohne Tendenz 
zur narbigen Retraction bleiben.', 2 , 3 ) 

Unna 4 ) behandelt das Rhinophyma als Folgezustäiide 
von sog. Rosacea seborrhoica, die er unter das Capitol 
des seborrhoischen Eczems einrechnet und als eine Theil- 
erscheinung eines allgemeinen seborrhoischen Catarrlis be¬ 
trachtet. Diese Folgezustände sind erstens die fibromatöse 
Wucherung, zweitens die Talgdrüsenhypertrophie. 
Jeder von diesen beiden Processen kann entweder allein Vor¬ 
kommen oder sie vereinigen sich zur Bildung besonders unförm¬ 
licher Geschwülste, indem an verschiedenen Stellen bald das 
Fibrom, bald die Drüsenhypertrophie vorwiegt. 

Nebenbei möchte ich angeben, dass Unna als Haupt¬ 
unterschied der Rosacea von der gewöhnlichen Acne annehmen 
will, dass bei den seborrhoischen Processen nur sehr wenig 
Plasmazellen und keine Chorioplaxen und Riesenzellen 
gebildet werden, während diese Zellenformell jede länger be¬ 
stehende Acne in grossen Mengen begleiten. 

Hans v. llebra 5 ) will als Ergebniss seiner genauen Unter¬ 
suchungen behaupten, dass zur Entwicklung des Rhinophymas 
die Bindegewebsneubildung nebst den aus den ver¬ 
mehrten und dilatirten Blutgefässen etwa stam¬ 
menden Gewebselementen die Hauptursache abgibt. Diese Neu- 

') Bericht über die Sitzungen der Abtheilung für Dermatologie und 
Syphilis während der 62. Versammlung deutscher Naturforscher u. Aerzte. 
1! cf. in Nlonatsh. f. prakt. Dermal. 1889. Bd. II. p. 376. 

J ) Dermatol. Vereinigung zu Berlin. Sitzung v. 5. Sept. 1889. Bei. 
in Monateh. f. prakt. Dermat. 1890. Bd. I. p. 35. 

3 ) Ueber Bhinophyma. Dermat. Zeitschr. Bd. II. II. 5. 1896 p. 485. 

') Unna. Histopathologie d. Hautkrankh. 1894 p. 237. 

s ) Hans v. Hebra. Archiv f. Dermat. u. Syph. 1881 p. 603. 


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bildung, heisst es an einer Stelle, erreicht durch die vielfältige 
Theilung der einzelnen Drüseulappen in mehrere Läppchen, 
gleichzeitige Proliferation von Drüsenelementen und Production 
von ganz erstaunlichen Mengen von Talg, der nur äusserst träge 
entleert wird und so durch Iüickstauung eine weitere Aus¬ 
dehnung der Drüsenwand hervorruft — ihre monströse Formen. 

besser 1 ) scheint über den Vorgang des Processes der 
Meinung zu sein, dass die erweiterten Gefässe Veran¬ 
lassung zur Bindegewebswucherung geben und diese die 
Verlagerung der Ausführungsgänge der Talgdrüsen und somit 
die zur Entzündung führende Stauung des Drüsensecretes 
bedingt. 

Nach all dem ist also das IUiinophyma eine Krankheits¬ 
form, die in Erweiterung und Neubildung der Gefässe. Neu¬ 
bildung des Bindegewebs, Hypertrophie der Talgdrüsen ihre 
wesentliche Momente findet. Welcher von diesen Processen aber 
der primäre, welche die seeundären sind oder was überhaupt 
die Ursache des Leidens ausmacht, darüber scheinen die An¬ 
sichten der Autoren nicht ganz einig zu sein. 

Nun hatte ich im Sommer 18!»5 Gelegenheit, zwei Fälle 
von Rhiüophyma zu untersuchen. Der erste Fall gehörte der 
Klinik meines hochgeehrten Lehrers Hin. Prof. Kap o si au, der 
die Güte hatte, mir das von ihm abgetragene Stück zur histo¬ 
logischen Untersuchung zu überlassen. Ich lasse hier eine kurze 
Schilderung des Falls tolgen. 

54jähr. Mann aus Russland. 

Stat. praes. Ausser gleichmässig verbreiteter, kleinknolliger Ver¬ 
dickung und Auftreibung liegt gegen die Nasenspitze ein nahezu wälsoh- 
nussgrosser, gegon die Oberlippe herabhängender und mit. grosser Basis 
aus der übrigen Nasenhaut hervorragender Tumor vor. Die Überdache 
der Nase ist dicht besetzt mit sehr stark erweiterten und dicke, fetzige 
Pfropfe tragenden Talgdrüsenmündungen. Die Stirne, Wangen, Ohren, 
Schultern, Rücken und Brust sind überaus reichlich besetzt von Come 
denen, in den verschiedensten Stadien der Entzündung und Vereiterung 
befindlichen Acnepusteln und ihnen entsprechenden Narben. Sonst zeigt 
die Haut meistenteils nur in Form von Lichen pilaris oder Comedouen 
vorstehende Follikel. 

0 p e r a t i o n. Prof. K a p o s i führte nach vorausgegangener Entlee¬ 
rung der Eiter- uud Fettpfröpfe der knolligen Nasenhaut Schnitte vom 

') Lesser. Lehrb. der Hautkrankh. 1895. 


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o i} 5 


Ein Beitrag zur Kenntnis* des lUiinophyma. 

oberen Drittel des Nasenrückens aus nach beiden Seiten bis an den oberen 
Winkel der Nasenflügel und excidirte ein keilförmiges Stück der Haut 
des Nasenrückens saramt dem vorn hängenden Tumor, wobei sich ein 
enorm sklerotisches Gewebe im subcutanea Bindegewebe fand. Hierauf 
wurde die Haut der Nasenflügel etwas herunterpräparirt, die Wundränder 
einander genähert und durch die Naht vereinigt. 

Verlauf. Heilung nach acht Tagen. Ander rechten Nase ist noch 
ein anderthalb Cm. im Quadrate messender viereckiger Lappen, an dem 
später theilweise Kxcision vollgeführt wurde, so dass die Nase eine nahezu 
normale Gestalt darbot. 

Dem zweiten Fall, der aus dem Institut des Herrn Prof. Paltauf 
stammt, fehlt die Krankengeschichte. 

Beide Präparate waren in Alkohol gehärtet worden; es 
wurden verschiedene Stückchen von Jedem theils nach Ein¬ 
bettung in Celloidin, theils auch in Paraffin geschnitten; die 
Schnitte wurden gewöhnlich mit Hiimatoxylin Eosin, nur einige 
mit Carrnin, ferner mit Uniia's polychromem Methylenblau (Ent¬ 
färbung in Glycerinäther Mischung), nach Gram, mit und ohne 
Gewebsfärbung, gefärbt, in Canadabalsam eingeschlossen. 

In beiden Fällen linden sich dieselben Vorgänge, so dass 
es überflüssig ist, dieselben getrennt zu beschreiben, und wird 
nur gelegentlich das Vorwiegen des einen oder andern Zu¬ 
standes, kleine Varianten etc. angegeben werden. 

Es dürfte sich bei der Vielgestaltigkeit der Vorgefundenen 
Veränderungen am besten empfehlen, einzelne der Schnitte, die 
einen bestimmten Zustand in besonderer Ausbildung vorstellen, 
zu beschreiben, von anderen nur das Nebeneinander verschie¬ 
dener Zustände anzugeben. Bevor ich damit beginne, sei eine 
Veränderung betont, die sich anatomisch sehr bemerkbar macht, 
fast in allen Schnitten wiederkehrt und manchmal fast zur Ab¬ 
grenzung gewisser Bezirke der histologischen Veränderungen 
zu verwenden ist. Bereits makroskopisch fallen wie am Le¬ 
benden die w'eiten Poren der Haut, zahlreiche, zumeist parallel 
laufende Gänge auf, die leicht gekrümmt, in Entfernung von 
2—3, aber auch von bis 5 und mehr Millimeter die Ilaut 
durchsetzen, so dass an manchen Schnitten förmliche Lappen 
hervortraten. Diese Gänge sind mikroskopisch vom Epidermis 
ausgekleidet, deren oberste Schichte verhornt, ein deutliches 
Stratum granulosum zeigt und deren Reteschicht ähnlich wie 
interpapilläre Retezapfen in die Umgehung eindringt, manchmal 


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sehr reichlich und massig, so dass derartige Stellen von Wu¬ 
cherungen des Rete an der Oberfläche nicht zu unterscheiden 
sind. Am (irunde solcher Gänge, in ihrer Umgebung liegen 
Läppchen von Talgdrüsen, die beträchtlich vergrössert, seeun- 
däre und tertiäre Lappenbildung zeigen; diese Talgdrüsenläpp¬ 
chen münden direct in die Gänge, oft schon kurz unter der 
Oberfläche, so dass es keinem Zweifel unterliegt, dass diese 
Einstülpungen der Haut gleichenden Gänge enorm erweiterte und 
mit Epidermis ausgekleidete Talgdrüsenausführungsgänge sind. 
Auch an minder veränderten Stellen bemerkt man die Aus¬ 
führungsgänge der Drüsen erweitert und bis zur Einmündung 
der Läppchen mit Epidermis ausgekleidet, i big. 1.) 

Ein derartiges Präparat mit solchen Gängen und dadurch 
um lappig knolliger Oberfläche habe ich vor mir; die Schnitte 
sind ca. 2 Cm. lang und bei 1 Cm. breit. Die Epidermis der 
Oberfläche ist dünn, die basalen Zellen des Rete enthalten 
gelbliches Pigment, der Papillarkörper ist nieder, stellenweise 
flach. Zwischen den Gängen ist die Cutis fast ganz einge¬ 
nommen von Talgdrüsenlappen, die manchmal ganz oberflächlich 
gelagert sind, aber auch am (Runde der Gänge noch reichlich 
sind ; die Läppchen sind sehr gross, mit secundären und ter¬ 
tiären Bildungen, ausgefüllt mit meist grossen Talgdrüsenzellen. 
Jn der Nähe der Ausmündung enthalten die Zellen kein 
Fett, sondern ihr Protoplasma erscheint nur feinst gekörnt, 
auch homogen, ist durch Eosin stark färbbar, die Kerne 
schwach gefärbt, manche Zellen sind platt, stellenweise auch 
kernlos und verhornend. Die Yergrösserung der Drüsenkörper 
ist oft so beträchtlich, dass sie. wie gesagt, ganz nahe der 
Hautoberfläche liegen und dann an solchen Stellen leichte Er¬ 
habenheiten bilden, dadurch ist der Papillarkörper abgeflacht, 
der Ausmiindungsgang wie in einer Grube gelagert. Die glatten 
Muskelfasern erscheinen an kleinen Drüsen verstärkt, um die 
grösseren herum sind die Muskelbündel zwar auch verbreitet, 
doch ist eine Vermehrung der Zellen kaum zu constatireu. 

Während sich im Papillarkörper und zunächst um die 
Drüsen fast normales Cutisgewebe mit etwas erweiterten Ge¬ 
lassen, namentlich weiten \ enen findet, erscheint das Binde¬ 
gewebe um die (länge dicht faserig, sklerosirt. An manchen 


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Ein Beitrag zur Kcimtnis.s des IMiinopli vitia. HOT 

Stellen wuchert das Rete der epidermoidalen Auskleidung der 
Gänge in Form verzweigter Sprossen in die Umgebung; das 
Bindegewebe dazwischen erscheint ähnlich einem Stroma von 
Papillomen vascularisirt. Die erweiterten Gelasse der Cutis 
können von sonst normaler Beschaffenheit sein, nicht selten 
aber zeigen sie ein mächtiges Endothel und auch kernreichere 
Wand. Einzelne weite Venen bieten aber eine ganz zarte Wand. 

An einer Gruppe von Schnitten wechseln nur diese Ver¬ 
hältnisse, bald ist dieser oder jener Gang theilweise getroffen 
oder es sind nur Retcwueherungen wie abgekapselte Epi- 
dermisreste in skleroseiten Bindegewebe sichtbar; andere 
Schnitte desselben Stückchens zeigen reichliche Zelleinlagerungen 
sowohl um einzelne Talgdriisenläppchen, als au den Gängen 
und auch um Blutgefässe. Bevor ich aber auf diese Verände¬ 
rungen eingehe, möchte ich noch ein anderes Bild beschreiben. 

Das Stückchen ist kleiner, etwa 1 \ l'y Ctm., stellt einen 
flach gewölbten Knoten zwischen zwei weiten Gängen dar, 
deren jeweilig getroffene Abschnitte gegen die Seiten des mi¬ 
kroskopischen Präparates zu sich finden. (Fig. 2.) 

Auch hier ist die Epidermis dünn, die untersten Rete¬ 
zellen enthalten ein feinkörniges gelbes Pigment; der Papillar¬ 
körper ist nieder, auf der Höhe der Wölbung ganz abgeflacht, 
zeigt zartes Cutisgewebe, ab und zu einen weiteren Gefäss- 
durchschnitt und nicht selten zumeist verzweigte, seltener 
rundliche, pigmentirte Zellen; das Pigment ist hier meist-grob¬ 
körnig. braun. Das Cutisgewebe ist sehr locker und groblückig, 
die Bindegewebszellen zumeist vergrössert, wie hypertrophirt, 
aber auch gequollen, mit netzigem fast schaumigem Protoplasma; 
in grossen Lücken finden sich auch ziemlich grosse, rundliche 
Zellen mit grobgekörntem Protoplasma. In den Lücken der 
Cutis, deren Fasern oft weit auseinander gedrängt sind, be¬ 
merkt man feinste körnige Massen, die auch an dem die Räume 
bcgrezenden Maschenwerkc von Bindegewebs- und elastischen 
Fasern liegen. Sehr auffallend ist neben dieser Auffaserung 
der Cutis die Erweiterung der Gelasse und zwar präcapillarer 
als namentlich der kleinen Venen. Es bieten sich da zwei 
Arten veränderter Gelasse; die einen ^teilen ziemlich weite, 
runde, ovale oder durch abgehende Gelasse im Innern unrcgel- 


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massige Hohlräume mit sehr dünner Wand dar, einer Wand, 
die fast nur aus dem Endothel und einer dünnfaserigen Binde- 
gewebshige besteht, so das sie last eher als erweiterte Lyrnph- 
gefässe erscheinen würden, wenn nicht ihr Inhalt (Blutkörper¬ 
chen und ein körniges Gerinsel), sowie die von diesen Räumen 
abzweigenden, in ihrem Lumen ums li—sfache engere Gelasse, 
die ebenfalls Blut führen, ihre Natur als erweiterte Venen be¬ 
stimmt erkennen Hessen. Die von solchen Ilohlrüumen abge¬ 
henden Aeste, sowie andere nicht in Verbindung stehende 
Gefösse sind die der anderen Art. Sie zeigen in dem einen 
Fall einen auffallend geraden Verlauf, so dass gar nicht selten 
in einem Präparate last durch die ganze Länge des mikro¬ 
skopischen Gesichtsfeldes ein solches Gelass sichtbar ist; sie 
sind um vieles enger, zeigen ein Endothel mit grossen Kernen 
und eine 2. seltener Ö. auch grosse ovale oder längliche Kerne 
führende Zellage. Die Erweiterung und das Missverhältnis» 
in der Weite der Gelasse der 1. und 2. Art sind so beträcht¬ 
lich, dass man erstem als varicöse Erweiterungen anzu¬ 
nehmen versucht ist. eine Annahme, die ja die klinische In- 
spection des Rhinophyma wahrscheinlich macht. Ausser er¬ 
weiterten Blutgetassen linden sich auch weite LyinphgetÜsse. Auch 
in diesem Präparate ist das Bindegewebe um jene weiten 
Gänge sclerosirt und linden sich an ihrem Grunde und in der 
nächsten Eingebung dieselben grossen Talgdrüsen, wie sie oben 
beschrieben sind. Während nun Partien des Knotens nur jene 
beschriebene Veränderung der Cutis, die am besten als die 
eines chronischen Oedems zu bezeichnen ist und die Gefässenveite- 
rung zeigen, finden sich an anderen Partien Zellansammlungen 
um die Gelasse, und zwar sowohl um jene erweiterten venö¬ 
sen, präcapillaren, als auch um kleine Arterienästchen. Diese 
Zellenanhäutüngen bestehen aus spärlichen, grossen hellker¬ 
nigen Bindegewebszellen, aus kleineren ähnlichen Granulations¬ 
zellen, dann aus einkernigen kleinen Rundzellen und poly- 
nuclären Leukocyten, und aus zumeist zahlreichen Zellen, 
die sich den U n n a'schen Plasmazellen analog verhalten. 
Namentlich um die lang verlaufenden Gelasse linden sich 
streckenweise Zellhaufen, die fast nur aus Plasmazellen beste¬ 
hen. Ganz dieselben Zellhaufen linden sich auch an ein oder 


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Ein Beitrag zur Kenntnis» des Rhinophyma. 


36'» 

dem anderen Drüsenlappen. Die Beschreibung dieses Knotens 
bezieht sich zunächst auf den 1. der untersuchten Fälle; aber 
auch im 2. Falle finden sich ganz ebenso beschaffene Partien 
einer welligfasrigen, grobliiekigen Cutis mit erweiterten 
Gelassen; nur sind hier letztere mehr geschlangen. Sehr 
deutlich treten hier auch in Begleitung von Blutgefässen er¬ 
weiterte Lymphgefässe auf. An einer anderen Partie des 1. 
Falles, die im Ganzen ähnliche Veränderungen zeigte, war 
auch Fettgewebe und zu unterst einzelne Bündel (piergestreifter 
Musculatur der Xasenmusculatur sichtbar. Hier zeigte sich an 
den Gelassen zwischen den Fettzellen dieselbe Erweiterung 
und Hypertrophie ihrer Wand wie in der Cutis. Die Zell¬ 
intillration erscheint ebenfalls im Fettgewebe, auch noch um 
die Gelasse jener Muskelbündel. Unter den Zellen im Fett¬ 
gewebe sind ebenfalls zahlreiche Plasmazellen, dann grosse 
protoplasmareiche Zellen, deren homogenes Protoplasma sich 
stark mit Eosin färbt, ferner Zellen, die angefüllt sind mit 
hyalinen Kugeln verschiedener Grösse. 

Ich habe schon der Zcllintütrationen, die sich neben der 
Veränderung der Gefässe, der Drüsen der Haut und des 
Bindegewebes der Cutis linden, Erwähnung gethau und sie 
theilweise bereits beschrieben. An manchen Stellen nun treten 
dieselben sehr in den Vordergrund, ja die damit zusammen¬ 
hängenden Veränderungen beherrschen das histologische Bild. 

So finden sich an denselben Stückchen, von welchen die 
erst beschriebenen Präparate herrühren, auch Serien von 
Schnitten, an welchen das Cutisgewebe in seiner oberen und 
mittleren Schichte sehr zellreich ist und in eine Art Granu¬ 
lationsgewebe verwandelt erscheint. Die Epidermis der Oberfläche 
sendet dicke, plumpe, tief reichende Fortsätze, zum grössten 
Theil aus Zellen des Bete Malpighi bestehend, in die Tiefe. 
Die Cutis ist durchsetzt von zahlreichen Zellen, theils Binde¬ 
gewebs- und Granulationszellen, theils aber auch von kleineren 
mononin leären Elementen, so dass die Grundsubstanz auf nur 
spärliche, zarte Fäserchen reducirt ist. An solchen Stellen 
finden sich auch grosse hyaline Kugeln. In diesem Granu¬ 
lationsgewebe linden sich dieselben weiten, zumeist senkrecht 
aufsteigenden Gefässe. Während hier die Ausbreitung mehr 

Archiv f. Dermatol, u. Syphil. Band XXXVII. r>< 


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diffus ist. linden sich an anderen Stellen im dickbalkigen, 
sklerosirten, intensiv durch Eosin gefärbten Bindegewebe 
liebst den bereits beschriebenen Zellanhäufungen um Gefässe 
auch umschriebene Herde vom Granulationsgewebe, ferner ver¬ 
einzelte, knötchenartige Herde mit einer vielkernigen Riesenzelle 
im Centrum und grossen, protoplasrnareichen, den Epitheloid- 
zcllen ähnlichen Elementen in der Umgebung. Ferner finden 
sich am häufigsten in der Nähe breiter, erweiterter Gänge oder 
um Talgdrüsen oder in einem solchen Herde von Granulations¬ 
gewebe oder im sklerosirten Gewebe, endlich auch in manchen 
Präparaten in der nächsten, nicht weiter veränderten Umgebung 
von Talgdrüsen Zellanhäufungen, die nur aus zerfallenden Leuko- 
cyten oder Eiterzellen bestehen, zwischen denen das Grundgewebe 
vollständig aufgelöst ist. so dass miliare Abseesse entwickelt sind. 
An solchen Stellen sieht man die Peripherie eines Talg- 
driiscnläppchens oder ein ganzes Läppchen oder den epider- 
moidalen Herd von Leukoevten überschwemmt, die Wandzellen 
durch krümlige Massen eines Exsudates abgehoben, mithin 
alle Erscheinungen einer acuten Entzündung. Diese Ent¬ 
zündungsherde können auch beträchtlich grösser sein und es 
fanden sich in jedem Falle erbsen- und da rübergrosse Ab¬ 
seesse. Leider war der Inhalt dieser Abseesse im gehärteten 
Präparate beim Einschneiden ausgefallen und konnte nur die 
Abscesswand untersucht werden. An einem solchen bohnen¬ 
grossen Abseesse des 2. Falls besteht dieselbe aus einem 
Granulationsgewebe, dessen Ilauptbestandthcile grosse Granu¬ 
lationszellen und zahlreiche, vielgestaltige und vielkernige 
Jiiesenzellen bilden, die manchmal in ganzen Haufen entwickelt 
sind, dazwischen zarte Capillaron und an der Peripherie, vom 
sklerotischen Gewebe begrenzt, ein förmlicher Mantel verschie¬ 
dener Rundzellen, unter welchen Leukoc-yten und Plasmazellen 
überwiegen. Namentlich letztere bilden oft ausgedehnte Hau¬ 
fen. so längs der mehrmals besprochenen weiten Gefässe. 
Zwischen den Riesenzellen, besonders wo sie grosse Aggregate 
bilden, findet sich eine theils körnige, theils streifige Masse 
mit Fragmenten von Leukocyten, hie und da auch, sowie an 
der Oberfläche der Abscesswand eine deutlich kennbare Epi- 
dermiszelle. Lei Gra insolier Färbung mit nachträglicher 


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Ein Beitrag zur Kenntuiss des Ithinophyma. 


371 


Safranintinction erscheinen diese Epidermisscliuppen durch die 
intensive Gentianaviolettfärbung, welche sie electiv festhalten, 
zahlreicher, leicht und sicher erkennbar. Ganz vereinzelt findet 
man endlich an Riesenzellen solche Epidermisscliuppen ange¬ 
lagert. (Fig. 3.) 

Auch an nach Unna mit polychromem Methylenblau und 
Orcein gefärbten Schnitten derselben Partien finden sich neben 
solchen Riesenzellen lichtblau gefärbt einzelne verhornte Zellen. 
Bei derselben Färbung sieht man im sclerotischen Bindegewebe 
der Umgebung zahlreiche Mastzellen, wie sich solche überhaupt 
an verschiedenen Präparaten stellenweise sehr reichlich finden. 
Das ganze Stückchen, in welchem diese Abscesse sich befanden, 
zeigt ein sclerosirtes Bindegewebe, welches über 1 Ctm. mächtig 
und stellenweise reichlich vascularisirt ist, und die besprochenen 
Zellenansammlungen am Grunde cystisch erweiterter Höhlen mit 
epidermoidaler Auskleidung und an einzelnen, kleinen Talg¬ 
drüsen. Weder bei der Gramsclien Färbung noch bei der Fär¬ 
bung mit Methylenblau konnten in der Wand dieser grösseren 
Abscesse Bakterien gefunden werden. Leider waren auch die 
beschriebenen Miliarabscesscheu nicht dahin untersuchbar, da 
sie sich immer nur in einem oder anderem Schnitte zufällig 
gefunden haben und andere auf Bakterien gefärbte Schnitte 
diese Abscesse nicht zeigten. Wohl aber fanden sich in sowohl 
nach Gram, als mit Methylenblau gefärbten Schnitten constant 
in dem aus Epidermisschollen bestehenden Inhalte von Talg¬ 
drüsengängen verschiedene Bakterien sowohl von Coccenform, 
als auch Stäbchen verschiedener Formen. 

Einen bunten Wechsel dieser verschiedenen Vorgänge 
acuter und chronischer Entzündung, selerotisches Gewebe und 
gefässreiches Granulationsgewebe, dazwischen Stücke von erwei¬ 
terten Talgdrüsengängen und mehr oder weniger hypertrophirte 
Talgdrüsenläppchen boten andere untersuchten Partien. Zu 
erwähnen wäre noch, dass sich noch sehr häufig im Granula 
tionsgewebe und in der Umgebung solcher, ferner auch sonst 
zerstreut in der Nähe von Gelassen braunes Pigment in 
Zellen eingeschlossen fand und bis hanfkorngrosse, cystisehe 
Bildungen, von Epidermis ausgekleidet, wohl Reste von Talg¬ 
drüsen. 

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P o 1) i. 


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Wollen wir nun die verschiedenen histologischen Bilder 
untereinander in Verbindung bringen und erläutern, so sei zu¬ 
nächst der hauptsächlichst beobachteten Veränderungen gedacht. 
Dieselben betreffen die Gefässe, das Cutisgewebe und die 
Drüsen; sie sind tlieils vegetativer und nutritiver Natur, tlieils 
sind es entzündliche I’roeesse acuten und chronischen Verlaufs. 

Bei dem Imstande, dass die Veränderung der Gefässe 
sich sehr verbreitet findet, nicht nur die Cutis sondern auch 
die Subcutis betrifft, möchte ich dieselbe zuerst hervorheben. 
Die Blutgefässe sind erweitert, sehr häufig ist ihre Wand ver¬ 
dickt; diese Gelasserweiterung beherrscht auch das klinische 
Bild der Acne rosacea von ihren Anfangsstadien. Woher die 
Erweiterung rührt, lässt sich aus dem histolog. Bilde nicht 
ableiten ; sie ist. wohl auf eine I n ne r v a t i on s s t ör u ng zu¬ 
rückzuführen. auf eine Angioneurose. Die Erweiterung des 
Gefässes hat die Hypertrophie der Wand zur Eolge, indem 
dadurch die Erweiterung des Lumens eine theilweise Conipen- 
sation erfährt. V ir fanden auch sehr stark erweiterte Venen 
mit sehr dünner Wand; diese Veränderung möchte ich als ein 
2. Stadium betrachten, in welchem die hypertrophirten Wand¬ 
elemente ihre Contractihilität eingebüsst haben und nun noch 
mehr erweitert sind. Dass die beiderlei Arten von Gefässen 
nicht wirklich verschiedenen Vorgängen entsprechen, geht dar¬ 
aus hervor, dass sich an ein und demselben Gefässstamme 
neben der einfachen, hochgradigen Erweiterung Aeste mit 
hypertrophischer Wand finden. Ich spreche immer nur von 
„erweiterten“ Gefässen. Andere Autoren (z. B. (Hebra) 
fanden auch Neubildung von Gefässen. Die Tliat- 
sache der Neubildung von Gelassen ist schwer festzustelleu, 
namentlich müssten Jnjeetionspräparate zum Untersuchungs¬ 
materiale dienen; denn dadurch, dass mit der Erweiterung des 
Lumens und mit der Verdickung der Wand viele Gefässe sichtbar 
werden, die sonst in der Leichenhaut oder der ebenfalls anä¬ 
mischen, excidirten Haut nicht oder nur angedeutet sichtbar 
sind, ist nicht bereits eine wirkliche Vermehrung der Gelasse 
erwiesen. Manchmal schien es wohl, als ob in dem jungen Binde¬ 
gewebe, welches in der Umgebung der Gefässe sich entwickelt, 
Capillaren neuer Bildung vorhanden wären ; Vorgänge, welche 


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Ein Beitrag zur Jvenntniss des Ithinoplivnia. 


373 


direct auf die Neubildung von Gelassen hindeuten, konnten 
aber nicht sicher beobachtet werden. Ich muss daher die 
Neubildung von Gcfässen im Sinne eines diffusen, über das 
ganze Gebiet ausgedehnten Vorganges fraglich lassen und 
möchte mich eher verneinend verhalten. 

Die Erweiterung der Gefässe wird eine Veränderung der 
Circulation zur Folge haben, die im allgemeinen im Bestehen 
einer dauernden Hyperämie sich äussert. Dieser Zustand 
hat wohl nutritive Störungen zur Folge; die Ueberernährung 
wird sich in verschiedener Weise geltend machen. An der 
Epidermis ist die stellenweise stärkere Verhornung, die klinisch 
als Schuppenbildung sich manifestirt, als ein Ausdruck der 
Ernährungsanomalie anzufiihren. Auf dieselbe dürfte die 
klinisch oft im Vordergrund stehende Ilypersecretion der 
Drüsen zurückzuführen sein und ist der Anstoss für die Drü¬ 
senhypertrophie zu suchen, welche in der reichlichen Verhor¬ 
nung des Epithels der Ausführungsgänge, in der Verstopfung 
derselben durch mechanische Momente eine Steigerung erfährt. 
Ob an der Drüsenhypertrophie derselbe nervöse Einfluss, auf 
den wir bezüglich der Erweiterung der Gefässe recurriren 
müssen, auch mitspielt, lässt sich nicht entscheiden. Die Muscu- 
latur zeigt keine merkbare Hypertrophie; die Verhornung des 
Wandepithels der Drüsengänge findet ihren Ausdruck auch in 
der Entwicklung einer sehr mächtigen Granulosa. l’nna findet 
in der Hypersecretion der Drüsen, im seborrhoischen Catarrh, 
dem er die „Rosacea seborrhoica“ zurechnet, ein Hauptcharak- 
teristicum, welche Erscheinung er ebenfalls von der Ueberer¬ 
nährung durch die vasomotorische Störung ableitet. Hebra be¬ 
tont dieselbe ebenfalls als ein wesentliches Moment der Acne 
rosacea und führt die mechanischen Verhältnisse, als wie mangel¬ 
hafte Entleerung und Secrctstauung als Ursachen für die Drüsen¬ 
hypertrophie an. Nach unseren Untersuchungen dürfte als eine 
weitere, nicht zu unterschätzende mechanische Ursache die starke 
Verhornung des Epithels, die bis in die Läppchen reicht, die 
epidermoidule Beschaffenheit desselben noch anzureihen sein. Ob 
die Retewucherungen dieses Epithels auch nur auf die Ernäh¬ 
rungsanomalie zurückzuführen ist, oder ob nicht die concomi- 
tirenden entzündlichen Processe eine ätiologische Bedeutung 


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D o li i. 


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für dieselben haben, lässt sich nicht glattweg entscheiden. Der 
Befund eines reicher vascularisirten Bindegewebes in der Art 
eines papilläien Stromas, welcher bei sehr reichlichen Prolife¬ 
rationen dieses Epithels beobachtet wurde, dürfte für die Mitbe¬ 
theiligung der entzündlichen Vorgänge sprechen. Es würden diese 
Retewucherungen dann in Analogie stehen mit den auch ander¬ 
wärts bei chronischen Entzündungsprocessen beobachteten 
Epithelwucherungen. 

Die Drüsenhypertrophie kann sehr mächtig werden, zu 
tumorartigen Bildungen führen, wie es die hei der klinischen In- 
spection zu beobachtenden, gelblich durch die dünne, glatte Haut 
durchschimmernden knotigen Erhabenheiten sind. Sie ist aber 
immer als Drüsenhypertrophie und nicht als Adenom aufzu¬ 
fassen. Denn immer bleibt der typische Bau, die Zugehörigkeit 
der Läppchen zu Ausführungsgängen, die Loealisation in der 
Cutis etc. erhalten, so wie die Secretion von dem Eortbestande 
der Function zeigt. Wir haben cs nur mit einer excessiven 
Entwicklung derselben zu tliun, aber, so sehr sie auch manch¬ 
mal in Knotenform auftritt, nicht mit einem Adenom im patho¬ 
logisch-anatomischen Sinne. 

Von allen Untersuchern wird ferner die Neubildung 
von Bindegewebe als ein wesentlicher Bestandtheil der 
progressiven (iewebshildungen beim Rhinophyma angeführt und 
manche sprechen geradezu von fibromatösenWuoherungen oder 
von der Entwicklung eines Fibroms kurzweg. Auch in unseren 
Fällen finden sich Partien, die nur aus Bindegewebe bestehen. 
Ich gab oben auch die Beschreibung einer bindegewebigen, 
knotigen Partie, die auch im mikroskopischen Präparate sich 
von der nächsten Nachbarschaft abhol). Die Veränderungen 
waren aber zunächst die eines chronischen Oedems; durch die 
Erweiterung der Blutgefässe, die Verlangsamung der Circu- 
lation durch die varicöseu Erweiterungen der kleinen Venen 
kommt es zur Stauung und stellenweise zur reichlichen Transsuda¬ 
tion; das Cutisgewebe wird grobliickig. die Bündel auseinander ge¬ 
drängt und zu wellig verlaufenden Fasern aufgefasert, die Lymphge- 
fässe werden erweitert, ein Theil der Zellen schwillt an, und wandelt 
sich in rundliche wie geblähte Elemente um. Das stellenweise in den 
Maschenräumen der so veränderten Cutis beobachtete, körnige 


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Ein Beitrag zur Kenntniss dos Rhinophynia. 


d i .1 


Material ist als Niederschlag aus der eiweisshältigen Oedera- 
fhissigkeit zu betrachten. Daneben kommt es nun neben Hyper¬ 
trophie der Bindegewebszellen auch, aber nach unseren Bildern 
in beschränktem Masse, zur zeitigen Neubildung, und zwar in 
der nächsten Umgebung der Gefässe. Dieses junge Gewebe 
scheint aber wenig Tendenz zur Umwandlung in faseriges Ge¬ 
webe zu besitzen, dessen Entwicklung andern, entzündlichen 
Ursprungs zu sein scheint. Es scheint auch keine reichliche 
Ausbildung zu erfahren. Denn so wie jener beschriebene Knoten 
fanden sich noch kleine Antheile zwischen dem selerosirten 
oder entzündlich infiltrirten Gewebe, und nirgends war die 
zellige Neubildung beträchtlicher, überwiegend blieben die Er¬ 
scheinungen des chronischen Oedems. Wir möchten diese Par¬ 
tien jenen mollusciformen Partien der klinischen Beobachtung 
zuschreiben, deren fast gallertige Beschaffenheit des Gewebes 
wie junges Bindegewebe von den Autoren gerne betont wird; 
wir möchten ferner auch glauben, dass sie es sind, welche von 
den verschiedenen Untersuchern als tlbromatöse Neubildung 
oder als Eibrom bezeichnet worden sind. Damit wären die aus 
der primären Angioneurose und der consecutiven nutritiven 
Störung abzuleitenden Veränderungen erschöpft; sie sind vege¬ 
tativer Art, mit dem Charakter progressiver Gewebsbildung. 

Die zweite Art der Veränderungen ist entzündlichen Ur¬ 
sprungs. Es kommt in und um die erweiterten Drüsengänge, 
an und um die Drüsen, in ihrer Umgebung zu Entzündungs¬ 
processen, die unter Proliferation von Bindegewebszellen und 
Infiltration mit emigrirten Zellen tlieils chronisch verlaufen, 
zur Entwicklung von Granulationsgewebe führen, tlieils acute 
Eiterungen, Vereiterungen von Follikeln hervorrufen, woran sich 
ebenfalls die Entwicklung eines Granulationsgewebes und jungen 
Narbengewebes anschliesst. Es entwickeln sich schliesslich Ge- 
websproliferalionen, die als sclerosirtes Bindegewebe oder Nar¬ 
bengewebe enden, die bereits eingesetzten Veränderungen noch 
steigern oder unterhalten, so dass eine Art circulus vitiosus 
gegeben ist. Durch das Narbengewebe können Tlieile von Fol¬ 
likeln abgeschlossen, die Gänge verengt werden, es bilden sich 
Cysten aus, wie sie auch in unseren Präparaten nicht fehlen. 
Tief gelegene Abscesse rufen einen lange dauernden Beizungs- 


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instand hervor, der in der Umgehung zu mächtigen Bindege- 
websvucherungen führt. Das Narhengewebe kann die Circula- 
tionsstönmg in umschriebenen Bezirken noch wesentlich stei¬ 
gein. Gewiss bilden diese Zustände, namentlich die umschrie¬ 
benen Gewebsproliferationen einen wesentlichen Antbeil an den 
Gewebswucherungen des Rhinophyma. Es wäre aber zuweit 
gegangen, die Bindegowebshypertrophie ausschliesslich auf die 
entzündliche Vorgängen zurückzuführen. Das sclerosirte Binde¬ 
gewebe, namentlich jenes der Umgebung der weiten Drüsen¬ 
gänge, jene dichten Bindegewebsziige. in welchen Reste von 
Epithelsprossen eingeschlossen sind — dann all das weichere 
Granulationsgewebe sind aber darauf zurückzuführen. 

Dieser Entziindungsprocess hat viel Aehnlichkeit mit dem 
bei der gewöhnlichen Acne, bei der Acne hypertrophicu und 
der Acne pustulosa. Es dürfte keinem Zweifel unterliegen, 
dass auch hier in dem Inhalt der erweiterten Driisengiinge und 
der Eollikel der entzündliche Reiz gegeben ist. Ob derselbe 
chemischer Natur — Zersetzung des retinirten Fettes — oder 
bak'eritischer Natur ist, bleibe dahingestellt. Es finden sich 
nämlich in unseren Fällen in den Drüsengängen zwischen den 
Hornlamellen oder im verschliessenden Pfropf Bakterien. Würde 
man bezüglich der zelligen Zusammensetzung des entzündeten 
Gewebes Unnas Angaben und Eintheilung folgen, so wären 
diese Rimesse der gewöhnlichen Acne zuzurechnen und von 
der Acne rosaeea abzutrennen. Nach U n n a bestellt nämlich 
ein Haupt unterschied zwischen Rosacea und Acne darin, dass 
bei ersterer nur wenig Rlasmazellen und aus diesen keim* 
('lmrioplaxen und Riesenzellen gebildet werden, während bei 
der Acne einfach hypertrophische Spindelzellen, enorm ver- 
grösserte und stark tingible, multipolare, plasmareicbe Zellen, 
gewöhnliche Plasma- und Mastzelleu in bestimmtem Wechsel 
llaarbiilge und Eollikel umgehen, es um letztere zur Bildung 
mohrkerniger Zellen, riesiger Chorioplaxen und auch endlich 
wahrer Riesenzellen kommt. Die Acne ist nach Unna somit 
ein typisches Granulom, die Rosacea aber nicht. 

Tn unseren beiden Fällen fanden sich übereinstimmend 
zahlreiche Plasmazellen, ganze Anhäufungen solcher, viele Mast¬ 
zellen, viele mehrkernige und Riesenzellen, namentlich in dem 


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Ein Beitrag zur Kenntnis' des Rhinophyma. 


377 


Granulationsgewebe der Abscesse. ja auch in vereinzelten 
knötchenartigen Herden Kiesenzellen mit peripher geordneten 
Kernen, so dass das Gewebe beim ersten Anblick einige 
Aehnlichkeit mit tuberculösen Geweben hat. Kür die Genese 
der Riesenzellen haben wir mit der Beobachtung verhornter 
Epidermiszellen im Granulationsgewebe, umschlossen von 
Riesenzellen einen festen Stützpunkt, dieselben als Fremd¬ 
körperriesenzellen aufzufassen. Nach jüngeren Beobachtungen 
können auch Epidermiszellen als Fremdkörper wirken (Polypen 
der Paukenhöhle, Manasse). ’) Sie sind Reste der Aus¬ 
kleidung der vereiternden Follikelgänge. Die Aehnlichkeit 
unserer Befunde mit denen l’nna's bei der Acne pustulosa 
gebt noch darin weiter, dass auch wir constant in den Pfropfen 
der Gänge und in den Hornmassen der Wand Bakterien fanden. 
Nur sind diese Bakterien verschiedener Art. Coccen und zwar 
zweierlei Grösse, ferner kurze, und längere Bacillen und endlich 
auch gekrümmte Stäbchen. U n n a hingegen fand als Bewohner 
der Comedonen constant eine Art kurzer Bacillen mit Schleim¬ 
hüllen. Anderseits steht wieder in Uebereinstimmung mit 
U n n a’s Angaben das Fehlen von Staphylococeen in unseren 
Fällen; denn die spärlich Vorgefundenen Coccen entsprechen nach 
ihrer Lagerung nicht Staphylococeen. Unna hält aber die Ab¬ 
wesenheit der letzteren für die Acneeiterung für charakteristisch. 

Es würde sich demnach fragen: Haben wir es in unseren 
Fällen mit einer Combination von Acne rosacea und gewöhnlicher 
Acne zu tliun gehabt, und ist nach Unna ein Unterschied zwischen 
reiner Acne rosacea im Stadium des Rhinophyms und einer 
solchen Combination aufzustellen, oder finden sich die Processe 
doch constant in dieser Weise combinirt, dass das Rhino¬ 
phym zwar eine complexe Erkrankung vorstellt, aber doch 
immer derselben Zusammensetzung ist? Es lässt sich a priori 
gewiss nicht leugnen, dass bei dem Umstande, dass bei der 
Acne rosacea, ob sie nun seborrhoischer Natur (U n n a) oder 
eine Angioneurose (Kaposi) ist, die Erweiterung der Drüsen¬ 
gänge und die Hypertrophie der Drüsen mit Ilypersecretion 
und Bildung von Comedonen verkommt, nothwendig die Bedingung 
für eine Acnebildung gegeben ist und es schwer fallen dürfte. 

') Vircliow’s Archiv, 13(5. Bd. 


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1)0 hi. 


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die Processe zu trennen. Auch spricht Kaposi von dem Auf¬ 
treten von Acnepusteln beim Bhinophym, doch hält er dasselbe 
von für mehr untergeordneter Bedeutung, welches das eigent¬ 
liche Wesen des l'rocesses nicht betritft. Es muss aber erst eine 
weitere Erfahrung zeigen, ob wirklich der zellige Aufbau der 
entzündlichen Gewebe berechtigt, darnach Trennungen und 
Sonderungen durchznführen; aber selbst wenn dem so sein 
sollte, so möchten wir doch mit Kaposi dem Auftreten der 
Acne keine so wesentliche Holle beimessen. Gewiss ist. dass 
unsere histologischen Befunde mit der von Kaposi vertretenen 
Anschauung von der primären Angioneurose (vegetative Störung) 
und den daraus hervorgehenden Ernährungsstörungen, die sich 
durch Hvpersecretion und atypische Degeneration der Seerete 
(verschiedenfettige und keratinöse Umwandlung der Zellen), wei¬ 
ters in Hvpersecretion und Hypertrophie der Talgdrüsen, in Zu¬ 
nahme des Bindegewebs durch Induration, in chronischem Oedem 
und endlich auch in Neubildungen offenbaren, im Einklänge stehen. 

Zum Schlüsse ist es mir eine angenehme Pflicht, meinem 
hochverehrten Lehrer. Prof. K a p o s i. für die Ueberlassung 
des Falles meinen aufrichtigsten Dank Zusagen und ebenso dem 
hochgeehrten Herrn Prof. Pal tauf, der die Leitung bei meiner 
histologischen Untersuchung zu übernehmen so gütig war; ferner 
danke ich Herrn Assistenten Spiegle r für seinen freundlichen 
Beistand. 


Erklärung der Abbildungen auf Tafel X. 

V i <r. 1. Yer<rrösserte Talgdrüse ; in ihrem Aiisluhruii^snrun^e, soweit 
das Lumen getröden ist, eine epidermoidale Auskleidung In der Umge¬ 
bung stellenweise entzündliches Infiltrat. 

V i <r. 2. Bindegewebige Partie. <) Oberfläche. T Krweiterter Talir- 
drüsenoano*, nahe seiner Wand ein miliarer Ab>cess; erweiterte Blutge¬ 
fässe [(j) mit hypertroph. Wand, Anhäufungen von Phismazellen in ihrer 
nächsten Umgehung; bei g* zahlreiche l’la^mazelleu, allenthalben 
zerstreut viele Mastzellen (dunkel). l>as Bindegewebe wellig fasrijjf, in 
der I mgebuiio' des Tai'olrüsenjdan^es und der epithelialen Reste scle 
rosirt. 

Ki^. 3. Ricsenzellen aus dem Granulationsgewebe einer kleinen 
Abscessliöhle ; bei E verhornte Kfüdermiszellen (Gram-Färbung), daneben 
(iranulat ionszellen und vereinzelte Leukocyten. 


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Aus der dermatologischen Abtheilung des städtischen Kranken¬ 
hauses zu Frankfurt a. M. 


Ueber multiple subcutane Gummen im 
Frühstadium der Syphilis 

nebst Mittheilungen über den diagnostischen Werth 
des miliaren Tuberkels 

von 

Dr. Karl Herxheimer, 

Oberarzt. 


M. M., Packer, 34 Jahre alt, verkeirathet, ist ein kräftiger mittel¬ 
grosser Mann von etwas blasser Hautfarbe und gutem Fettpolster. 
Die Familienanamuese ergibt, dass sowohl der Vater mit 73 Jahren als 
die Mutter ebenfalls hochbetagt an Altersschwäche gestorben sind. Kin 
Bruder starb mit 25 Jahren an Lungenentzündung in Folge von Influenza. 
Die übrigen Geschwister leben und sind gesund. 

Pat. gibt ferner an, keine Kinderkrankheiten gehabt zu haben. 
Kr will auch später gesund gewesen sein bis zum Winter LS88/S9. Da¬ 
mals habe er einen nässenden stark juckenden Ausschlag um den Leib 
herum gehabt in der Höhe des Nabels, der durch den Druck seines 
Gürtels gekommen sei und sieh durch beständige Waschungen so ver¬ 
schlimmert habe, dass er sich in ein Kölner Krankenhaus aufnehmen 
lassen musste, wo er mit einer weissen Salbe behandelt und nach 4 Wochen 
geheilt wurde. 

Etwa am 1. Jänner 1894 bemerkte er an der Umschlagstelle des 
Präputiums einen harten Knoten, dem er eine Zeit lang keine weitere 
Beachtung schenkte. Als er dann seinen Cassenarzt aufsuchte, verordnet^ 
ihm dieser ein weisses Pulver zum Bestreuen. Am 13. März 1894 suchte 
er die Dr. S. II e rxke im e r’sche Poliklinik auf, wo folgender Status 
notirt wurde. 

An die Umschlagstelle des Präputiums grenzend auf der Penisrüek- 
fläche eine haselnussgrosse, ovale, sehr derbe, leicht exeoriirte Indura¬ 
tion. Es bestehen ferner indolente, auffallend harte, zu Packeten ange¬ 
ordnete Leisten- und Schenkeldrüsensehwellungen. Die Schwellung und 
Härte rechts grösser als links. Auch die Cervicaldrüsen sind stark ange¬ 
schwollen, weniger die Cubital- und Oceipitaldrüsen. Sonstige fühlbare 
Lympkdrüsen nicht geschwollen. 


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H e r x h ■' i tu e r. 


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Es zeigt, sich ferner besonders an den Streck>eiten der Extre¬ 
mitäten ein universelles, gros^papukhes Exanthem von braunrother, au 
den Unterschenkeln mehr blaurother Farbe. Die Grösse der einzelnen 
Papeln erreicht diejenige von 2 Mark- und Thalerstücken. Wo aber 
die Papeln confluirt sind — und das ist besonders am Unterschenkel der 
Fall —, sind kinderkmdgrosse Stellen erkrankt. Nur vereinzelte Papeln 
auf Brust, Bauch und Bücken. Pie Handflächen weisen zum Theii cun- 
fluirte Papeln auf. Auf den Tonsillen und Zungengaumenbögen weißliche, 
verschieden grosse Plaques. Der Hachen stark geröthet. 

(jesieht, behaarter Kopf, Nägel, Knochen frei. Keine Allgeiuein- 
erseheinungen. Irin frei von Eiweiss und Zucker. Patient erhält neben 
localer Behandlung des Prim iirafieot.es mit Empl. hydrarg. Injeetionen 
von Hydrarg. salicylie. I : 10 01. olivar. und zwar allwöchentlich 1 Pra- 
vaz'sche Spritze. 

16./VH. 1804. Tn den letzten 2 Wochen wird die Drüsenschwellung 
in den beiden Ellbeugen stärker. Die Schwellung der übrigen hat nach 
den bisher verabreichten IG Injeetionen nicht, merkbar abgenommen. 
Die Farbe der Haut und sichtbaren Schleimhäute in der letzten Zeit 
blässer. Kein Albumen im Urin. Put. fühlt sich matt und klagt über 
zeitweise des Tags oder Abends eintretenden Kopfweh. 

25./VIJI. 1*01. Bis heute 22 Einspritzungen. Dieselben werden, 
da der Patient, sich matt fühlt, aufgesetzt. Die Papeln haben sich in- 
volvirt; an. ihrer Stelle braune Pigmenttleeke. Drüsenscliwellung in dem¬ 
selben Masse vorhanden. 

10./X. 1804. An der Beuge- und Streckseite beider Unterarme 
sowie an den Innenflächen beider Oberschenkel wurden heute 35—40 Gc- 
schwülstchen constatirt, die der Patient seit wenigen Tugen bemerkt 
hat. Di cselben sind erbsen- bis baselnussgross, rundlieh, von derber 
ConsPUnz und sitzen subeutan. Sie lassen sieh etwas unter der 
darüberliegenden Haut, welche normales Aussehen hat, verschieben. Die¬ 
selben sind weder spontan noch bei Berührung schmerzhaft. 

28./X. 1801. Die Tumoren haben au Zahl um etwa 10 zuge¬ 

nommen, sind aber in ihren übrigen Eigenschaften die gleichen geblieben. 
Vom linken Unterarm wurde (‘in Knoten behufs inikro>kopischcr Unter¬ 
suchung exstirpirt. Derselbe lässt sich leicht herausschälen, etwa wie ein 
nicht verwachsenes Atherom. Die inzwischen vorgenommene physica- 
lische UnterMichung des Patienten ergibt keine Besonderheiten, namentlich 
ist auch die Milz nicht vergrößert, ebenso wenig ist Husten, Auswurf, 
Nachtschweiß vorhanden. Das Allgemeinbefinden desselben ist gut. Die 
durcli Herrn Collegen Benario vorgenommenc Blutuntersucbung ergibt 
ein normales Verhalten d(*r weissen und rotlien Blutkörperchen. Ordination: 
Acid. arsenicos. 0 12 — Mass. pilular. Vallet. 3‘0 — Kxtr. Gentian. quant. 
sat. ut flaut pilul. Nr. 00. 3mal täglich 1 Pille in steigender Dosis bis 
omal täglich 3 Pillen zu nehmen. 

8./XI. 1*14. Am After eine zerfallene Papel. Ordination: Calomel. 


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Geber iiiiilti|)le subcut. Gummen im Friihstad. der Syphilis. 381 


15. /XI. 1S04. Die Tumoren sind zum Theil völlig verschwunden, 
zum Theil viel kleiner geworden. Desgleichen sind die Leisten-, Schenkel-, 
Cubital-, Cervical- und OccipitaldriDen erheblich zuriirkgegangen. Eine 
zweite von Herrn Denar io ausgeführte Blutiintersuehung ergibt wieder¬ 
um normale Verhältnisse. 

3./I. 1F95. Nachdem Patient bis heute ISO der obenerwähnten 
Pillen genommen hat, sind die Tumoren bis auf wenige erbsengrosse geheilt. 

7./III. 1895. Patient kommt heute wieder, nachdem er seit Jänner 
weggeblieben war. Er weist am Stamm eine kreisförmige, matt rot he 
Roseola auf, deren Flecke im Gentium meist normalgefärbte Haut besitzen. 

16. /111. 1895. Pat. wird auf die Hautkrankcnabtkeilung des städtischen 
Krankenhauses aufgcnommen. Aus der Krankengeschichte entnehme ich 
folgende kurze Bemerkungen über den Status: Pat. weist auf der Rückfläehe 
d *s Präputiums eine kaum merkbar harte strahlige Narbe auf. Leisten-, 
Schenkel-, Cubitaldrüsen wenig geschwollen, hart. Oecipitaldrüsen nicht 
fühlbar. Auf Brust, Bauch und Bücken kreisförmige, blassrothe Flecke 
verschiedener Grosse, deren Gentrum zum Theil normal gefärbte Haut 
zeigt. TlialergrosSe, rundliche, braune Flecke an Armen und Beinen. 
Auf beiden Handtellern mattrothe Papeln. An beiden Zungenwänden 
Plaques muqueuses, namentlich links. Von den oben beschriebenen 
Tumoren sind nur noch wenige vorhanden. Es sind dies etwa erbsen¬ 
grosse, rundliche, unter der Haut verschiebliche Tumoren, die elastisch 
hart sich anfühlen und unterhalb des Ellbogens auf der Innenlläche des 
linken Vorderarmes sowie auf der Innenfläche des linken Oberschenkels 
sitzen. Ein Tumor wird zur mikroskopischen Untersuchung exstirpirt. 
Urin frei von Eiweiss und Zucker. Dolluvium capillorum. 

Ordination: Einklatschungen mit Ungt. hvdrarg. ein. ä 6 grm. 
(Die Salbe wird nicht eingeriehen, sondern mit der Flachhand auf den 
betr. Körpertheil in gleichmässigcn Schlägen geklatscht. Vergl. darüber 
Therap. Monatsh. 1896, Februar,. 

26.,III. 1895. Nach 9 Klatschungen tritt Patient Familienverhält- 
nisse halber aus dem Hospital aus. 

4.1V. 1895. Heute beginnt Pat. in der Poliklinik eine zweite In- 
jectionscur (Hg salicylic. 1 : Ol. oliv., 1 Pravaz sche Spritze wöchentlich). 

15./V. 1895. Bis heute 7 Inject innen, die gut vertragen wurden. 
Die Tumoren sowohl wie die Roseola und die Papul ad man. abgeheilt. 

22./V. 1895. Das grosspapulöse Exanthem der Arme und Beine, 
welches unter der ersten Injcctionsbehandlung geheilt war und grosse 
braune Flecke hinterlassen hatte, recidivirt in der Weise, dass sieh bei 
einer Reihe der Piginentirungcn in der Mitte oder am Rande derselben 
braunrothe Stellen erheben, die meist gesellwürig zerfallen. Einzelne 
wenig geschwollene Drüsen in der Leisten-, Schenkel- und Ellbogen¬ 
gegend. Ordination: Jodkali. 

13./VI. 1895. Die zerfallenen Papeln sind auf 40 grm. JK geheilt. 

Am 11./VIII. 1895 stellte sich Pat. auch im städtischen Kranken¬ 
hause wieder vor. Kr weist thalergrosse, braune, kreisförmige Pigmen- 


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II c r x li e i m e r. 


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O > 1 

t innigen, namentlich an der Streckseite der Arme auf, ebensolche an 
den Oberschenkeln, doch hier mehr auf die Streckseite localisirt. Von den 
früher erkrankten Drüsen sind nur die cubitalen noch etwas geschwollen. 
Die Tumoren vollkommen verschwunden. 

8 ./XII. 181 * 0 . Die Flecke au den Armen fast ganz abgeblasst, die¬ 
jenigen der Beine noch vorhanden, namentlich um die Knie herum. 
Nur die Cubitaldriisen noch etwas geschwollen. An beiden Zungenrändern 
kleine, leukoplakische Stelh n. 

23./1X. l8!JG: Status idem. Mikroskopische Unter¬ 
suchung. Es wurde zunächst der am 2S./X. 18H5 exstir- 
pirte Knoten untersucht. Die Untersuchung wurde mit Bis- 
lnarckbrauii. Ilämatoxylin-Eosin, Lithioncarmin, Orcein-Thioniu 
und van G ie so n'sclier Färbung vorgenommen. Es zeigt sich, 
dass wir es mit einem ringsum durch mehrere Lagen von Binde¬ 
gewebe abgegrenzten Tumor zu tliun haben. Diese Schichtung 
macht den Eindruck einer Kapse.bildung. Sie umscbliesst in den 
ersten Schnitten, die von der Peripherie des Tumors stammen, 
einige' rundliche, scharf von einander abgegrenzte Knötchen, 
welche aus Rundzellen, vereinzelten Mastzellen, epitheloiden und 
vereinzelten central gelagerten Biesenzellen mit randständigen 
Kernen bestehen. Am Rande der Schnitte der Querschnitt 
eines grösseren, erheblich verdicktem Gelasses, dessen elastische 
fasern sich mit Ilämatoxylin-Eisenclilorid und mit Tänzers 
Orceinfärbung nicht darstellen lassen. Die Wandungen der 
Getässe mit vereinzelten Rundzellen durchsetzt. Hie und da 
eine Gruppe kleinerer Gefässquerschnitte sowohl in den Knöt¬ 
chen, als auch namentlich in den dieselben trennenden von 
zahlreichen Rundzellen durchsetzten Bindege websarmen. Auch 
befinden sich in den central gelegenen Knötchen einige Nerven- 
(|iierschnitte. In den folgenden Schnitten derselben Serie, 
welche die Verhältnisse in der (irgend des Centrums des Tu¬ 
mors demonstriren, ist die Zahl der Knötchen, welche hier an 
Grösse bedeutend differiren, eine weit grössere geworden, ln 
den Knötchen wiederum haben die epithelioiden Zellen an Zahl 
zugenommen und auch die Riesenzellen. Letztere haben z. Th. 
randständige Kerne, z. Tli. aber auch solche, die an einem Pol 
der Zelle gelagert sind, und endlich sind hei einigen die Kerne 
in Sternform mehr nach dem Centruin (hu* Zelle zu angeordnet. 
Auch die kleineren Knötchen weisen Riesenzellen auf. Line 


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lieber multiple subcut. Gummen im Frühstad, der Syphilis. ,-J,s 3 

Verkäsung oder sonstige Gewebsdegeneration ist nirgends wahr¬ 
nehmbar. Zwischen die bindegewebige Kapsel nun und die 
Knötchen hat sich in diesen Schnitten ein Granulationsgewebe 
eingeschoben, welches die Hauptmasse des Tumors ausmacht. 
Dasselbe ist durchsetzt von massenhaften Mastzellen, die sich 
in vielen Gesichtsfeldern zu der Zahl der kleinen Rundzellen 
wie 1 : 3, manchmal aber auch wie 1 :2 verhalten. In dem 
Granulationsgewebe sind viele Gefässe wahlzunehmen. Am Rande 
des Tumors eine kleine Zahl grösserer Gefässe mit gewucherter 
Adventitia, die mit zahlreichen Rundzellen durchsetzt ist. Mit 
Hilfe der gebräuchlichen Färbemethoden konnten in dem Tumor 
Mi kroorganismen nicht nachgewiesen werden. Es kamen zur 
Anwendung die Weigert’sclie Färbung auf Fibrin und Mikro¬ 
organismen, die Gram’sche Methode und die alkalischen 
Methylenblaulösungen nach Sahli und Löffler. Ebenso war 
die Untersuchung auf Tuberkelbacillen nach Ziehl-Keelsen 
be einer Serie von 2f> Schnitten negativ. Auf diese Zahl musste 
die Untersuchung wegen Mangels an Material beschränkt bleiben. 

Lei dem zweiten, im Krankenhaus exstirpirten 
Knötchen wurde ein anderer Refund erhoben. Auch dieses 
ist von Rindegewebsschichten umgeben. Der Tumor ist von im 
allgemeinen zellarmen Rindegewebe gebildet, welches jedoch 
an vielen Stellen von vereinzelten kleinen Rundzellen durch¬ 
setzt ist. In das Bindegewebe eingesprengt sind viele, verschieden 
grosse, aus Rundzellen bestehende Knötchen, die um ein im 
Centrum befindliches Gefäss angeordnet sind, das manchmal 
thrombosirt ist. Je nachdem der Gefässdurchschnitt ein querer 
oder länglicher ist, haben die Knötchen eine rundliche oder 
längliche Gestalt. Von epitheloiden oder Riesenzellen ist hier 
nichts mehr zu sehen. An manchen Stellen erhält man den 
Eindruck, als wären die Endothelien der Gefässe gewuchert, 
wenigstens sind dann 2—3 concentrische Zellagen in zwiebel- 
schalenförmiger Anordnung zu sehen. Mastzellen fehlen hier 
vollständig. Elastische Fasern sind mit Oreeinfärbung in sehr 
spärlicher Zahl nachzuweisen, besonders auch nicht an den 
hier ebenfalls vorhandenen erheblich verdickten Gelassen am 
Rande der Geschwulst. Auch hier ist die Färbung auf Mikro¬ 
organismen mit Hife der genannten Methoden negativ. Auf 
Tuberkelbacillen wurde dieses Knötchen nicht untersucht. 


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384 


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Es handelt sich also um einen kräftigen, hereditär nicht 
belasteten, mit Syphilis inficirten Manu, bei •welchem diese 
Krankheit sowohl bezüglich der Intensität als auch Extensität 
recht unangenehm aufgetreten ist. Waren schon die Papeln 
des Friihstadiuins von aussergewöhnlicher Grösse, zeigte sich 
ferner die Lymphadenitis als besonders intensiv, so waren 
diese Symptome auch relativ resistent gegenüber der anti¬ 
syphilitischen Cur. Ja im Verlauf derselben wurde die Drüsen¬ 
schwellung theilweise stärker. Nach 22 Injectionen von Hg 
salicylic. ä 0’1 gelingt es endlich, die Papeln zur Abheilung 
zu bringen, während die Schwellung der Drüsen fortbesteht. 
Etwa zwei Monate später treten eigentliiimliche harte subcutane 
Knoten an den Beugcllächen der Extremitäten in grösserer 
Zahl auf. Durch die histologische Untersuchung wird bei einem 
frischen Knoten echte miliare Tuberkel-Structur erwiesen. Dis 
auf wenige verschwinden dieselben nach der eingeleit et en 
Arseniktherapie innerhab zweier Monate. Die physikalische 
Cntersuchung der inneren Organe sowie die Plutuntersuchui g 
ergibt während des Bestehens der Tumoren kleinen abnormen 
Befund. Nach abermals zwei Monaten recidivirende Poseola, 
die nebst dem Best der Tumoren auf Klatschkur und 7 Iu- 
jectionen von llg salicylic. ä 0*1 heilt. Nach Abschluss dieser 
Behandlung theilweises Kecidiv des grosspapulösen Exanthems 
mit oberflächlichem Zerfall, das durch J.-K. geheilt wird. Von 
da ab blieb Patient bis September 181K5 bis auf einige leuko- 
plakische Stellen an den Zungenrändern gesund. 

Das Ungewöhnliche des Falles ist das Auftreten einer 
grösseren Zahl von subcutanea soliden Tumoren im Verlauf 
der Frühsyphilis, und es erhebt sich die Frige: Welcher Art 
waren diese Tumoren V 

Das Nächstliegende war, sie als Product des luetischen 
Giftes anzusehen, doch waren auch intercurrente Krankheiten 
a priori keineswegs auszuschliessen. 

Unter den letzteren konnte man vom klinischen Stand¬ 
punkte aus an Leukämie denken. Die trotz antiluetischer 
Behandlung stärker gewordene Lymphdrüsenschwellung, die 
Blässe des sonst kräftigen Patienten sowie seine zunehmende 
Mattigkeit waren Symptome, die im Sinne einer beginnenden 


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leber multiple subeut. Gununeu im Friibstad. der Syphilis. 


385 


Leukämie gedeutet werden konnten. Das Fehlen der diffusen 
ekzematösen Infiltrate, die von Kaposi (1), Besnier (2), 
Vidal (2), ltiehl (3) in ihren Fällen von Leukämie der 
Haut angetroffen wurden, spricht nicht dagegen, denn diese 
fehlen auch in den Beschreibungen von Biesiadecki (4), 
Hoch singer und Schi ff (5) sowie Neuberger (6). Jedoch 
handelt es sich hei der echten bislang bekannten Leukämie 
der Haut um flache, weichere Infiltrate, die in die Haut seihst 
eingelagert sind und daher ihr Aussehen verändern. Entschei¬ 
dend aber war von vorne herein gegen die Diagnose nach 
dieser Richtung das Fehlen der Milzvergrösserung und vor 
allem der wiederholt festgestellte normale Blutbefund. 

Eher kamen in Betracht pseudoleukämische Tumoren. 
Bei Pseudoleukämie kommen auch hvpodermatisclie Knoten 
vor. Arning (7) schilderte auf dem Leipziger Congresse der 
Deutschen Dermat. Gesellschaft solche in seinem Falle im Ge¬ 
sicht, am Hals und an den oberen Extremitäten, auch hatten 
diese „fibröse Consistenz“. Ferner fand Joseph (8) verein¬ 
zelte Knoten im Unterhautfettgewebe. In der Discussion, die 
sich an die Schilderung der Fälle der beiden Autoren anschloss, 
erwähnte Pick (9) einen Fall seiner Beobachtung, der eben¬ 
falls eine grosse Zahl von Geschwülsten, die meist der Sub¬ 
cutis angehörten, aufwies. Der Fall Pick’s, ebenso wie zwei 
solche Kaposi’s (10), bei welchen letzteren es sich um cutane 
Tumoren handelte mit zum Theil verändertem Aussehen der 
Haut, und der Fall Arning’s sind für uns deshalb von be¬ 
sonderem Interesse, weil hier ein auffallender Rückgang der 
Tumoren nach Arsenikbehandlung beobachtet werden konnte. 
Auf den Erfolg der Arsenikgaben in unserem Falle werde ich 
noch weiter unten zu sprechen kommen. Wenn also die Dia¬ 
gnose : pseudoleukämische Tumoren, prima vista klinisch nicht 
ausgeschlossen werden konnte, und die Reaetion auf Arsen 
scheinbar diese Diagnose bekräftigte, so war der mikroskopische 
Befund, auf den wir unten etwas ausführlicher zurückkommeu 
müssen, nicht ausschlaggebend, und nur der acute Verlauf 
sprach zunächst gegen diese Auffassung. 

Auch Tuberculose konnte nach dem klinischen Befunde 
in Betracht kommen. Trotzdem das Bild der Hauttubereulose 

Archiv f. Dermatol, u. »Syphil. iimul XXXVII. <)c 


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nach den neueren Schilderungen ein recht mannigfaltiges ist, 
habe ich einen Fall von multiplen subcutanen tuberculoseii 
Tumoren, über denen die Haut normal war. nur von L. Wiek (11) 
geschildert gefunden. Dieselben gingen von einer primären 
Hodentuberculose aus, waren aber nur z. Th. hart, die meisten 
waren tluctuirend. Die Diagnose: Tiiberculose wurde durch 
den Bacillennachweis eihärtet. Unser Patient wurde wieder¬ 
holt von anderen Aerzten und mir daraufhin untersucht, 
niemals aber konnte irgend ein Zeichen von Tuberkulose ge¬ 
funden werden, wie denn auch durch die Anamnese keine be¬ 
züglichen Angaben festzustellen waren. Der Verlauf des Falles 
und die schnelle Abheilung der Knoten entspricht nicht dem 
Bilde der Tubereulose; in dem Falle von Wiek vereiterten 
denn auch fast alle Tumoren und vernarbten nach erfolgtem 
Durchbruch, und nur einige kleinere bildeten sich allmälig 
auch ohne Vereiterung zurück. 

Eigentliche Neubildungen der Haut, Fibrome, Fndotheliome 
und Lipome konnten leicht ausgeschlossen werden, ebenso 
Cysticercus cellulosae. Die differentiell-diagnostischen Momente 
sind ohne weiteres ersichtlich. 

Dagegen ähnelten die Geschwülste ausserordentlich einer 
Form des Carcinoms, wie sie von Kaposi (14), Besnier 
und Do von (1. c.) u. A. als lenticuläres Carcinom aufgeführt 
ist. Diese Krebse, welche sich gewöhnlich bei Weibern finden, 
gehen von der Mamma aus und werden durch die Lvmphge- 
fässe cutan weiter verbreitet. In ihrem Weiterverlaufc erscheint 
der Thorax wie von einem Panzer umschlossen. (Cancer ,.en 
cuirasse“). Sie kommen nach Kaposi gelegentlich auch bei 
Männern vor, und Besnier und Devon behaupten, dass sie 
auch primär in der Haut auftreten können ohne vorhergehende 
Mammaafiection. Diese Carcinomknoten kommen nun auch, 
von der Mamma ausgehend, subcutan vor, wovon ich mich 
kürzlich bei einer ööjährigen Frau überzeugen konnte, und 
diese Geschwülste hatten im Beginn eine unverkennbare Aelin- 
lichkeit mit den oben beschriebenen, namentlich auch in Bezug 
auf die Härte und das Intactsein der darüber liegenden Haut. 
Sehr bald jedoch verlötheten sich die Krebsknoten mit der 
Haut, und es kam an verschiedenen Stellen zu Geschwüren. 


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Ueber multiple subeut. Gummen im Frühstad. der Syphilis. 


387 


Die Frau ging innerhalb zweier Monate zu Grunde, und die 
Autopsie zeigte grosse Metastasen auf der Pleura, in der Lunge 
und anderen inneren Organen. Hier schützt schon, abgesehen 
vorn Weiterverlauf, der primäre Krebs und der ausschliessliche 
Sitz am Thorax (Besilier-I)ovon) vor einem Irrthum. 

Wie schon oben erwähnt, war es das Nächstliegende, die 
Tumoren als syphilitische anzusehcn, wenn auch die Möglich¬ 
keit einer Coincidenz zweier Krankheiten zugegeben werden 
musste, und zwar konnte es sich nur um subcutane Gummen 
handeln. Das Vorkommen von Gummen im Frühstadium ist 
ja nichts so Aussergewöhnliches und stimmt hier spec-iell mit 
der Auffassung des Falles als Uebergangsforiu zur malignen 
Syphilis überein. In dem Stadium unserer Beobachtung, also 
bevor die suheutanen Gummen sich mit der Haut ver¬ 
binden und erweichen, scheinen dieselben nicht selten be¬ 
obachtet zu werden. Ja Lang (12) sagt: „Es ist da gar 
nichts Ungewöhnliches, höhnen-, wallnuss- ja faustgrosse, rund¬ 
liche, länglichrunde oder abgeplattete Geschwülste zu beob¬ 
achten, die ursprünglich hart sind und unter der Haut frei 
beweglich erscheinen.“ In ähnlichem Sinne sind die diesbezüg¬ 
lichen Mittheilungen aller Autoren mit Einschluss des neuesten 
Syphilographen von Düring (13) gehalten. Ich muss gestehen, 
dass mir in diesem Stadium das tiefliegende Gumma, nur ein¬ 
mal in meiner Praxis zu Gesicht kam. Ueber die Multiplicität 
der Affection jedoch spricht sich nur Kaposi, und sich auf 
ihn berufend. Joseph (15) aus. Danach gehören die Erkran¬ 
kungen mit einer grösseren Zahl solcher Tumoren zu den 
allergrössten Seltenheiten. Ist es also zweifellos, dass Tumoren 
mit den geschilderten Eigenschaften und in der grossen An¬ 
zahl als Gummen Vorkommen können, so könnte doch der Ein¬ 
wand gegen die Diagnose Syphilis gemacht werden, dass die 
Tumoren erst durch den Arsenik zur Abheilung gebracht wurden. 
Betrachtet man sich jedoch die Krankengeschichte näher, so 
sieht man, dass der Patient bis zum Verschwinden der Mehr¬ 
zahl der Geschwülste im Ganzen nur etwa 3Dcgr. Acid. 
arsenicos. genommen hat, eine Dosis, die nach den vorliegenden 
Erfahrungen gewiss nicht zur Ausheilung genügend ist. Viel¬ 
mehr dürfte die letztere wohl nur auf das so reichlich einge- 

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oSS 

führte Hg zuriickzufiihren sein, welches eine Nachwirkung ge¬ 
rade hei Producten, die eigentlich der Spätperiode angehören, 
nicht allzuselten ent faltet. So sehen wir ja auch die restiren- 
den Tumoren erst einer neuerlichen Hg-Zufiihrung weichen, 
l'ebrigens ist Arsenik als gelegentliches Heilmittel bei Syphilis 
schon lange bekannt. Neuerdings hat v. Esmareh (lfi.i mitge- 
theilt, dass er gerade schwere Fälle von Syphilis immer mit 
Arsenik behandelt und geheilt hat. Auch H. Smith (17) hat 
in einem Falle Frühsymptome der Erkrankung, bei denen 11g 
und J.-K. ihn im Stiche Hessen, mit Acid. arsenicos zum 
Schwinden bringen können. Nach dem Erörterten ist die That- 
sache. dass die Driisentumoren stationär blieben, ja die Schwel¬ 
lung der Cubitaldriisen unter der Behandlung eine stärkere 
wurde, gegen unsere Auflassung nicht mehr ins Feld zu führen. 
(Die neuerdings wieder von Montgomery (18) erwähnte 
Möglichkeit der Verwechselung der Lymphdriisenschwellung 
der tertiären Syphilisperiode mit solcher bei Bseudoleukämie 
muss hiernach auch für frühsyphilitische Drüsenschwellungen 
beachtet werden.) Es erscheint mir zweifellos, dass die ge¬ 
schilderten Tumoren in Anbetracht der Thatsache, dass sie bei 
einer zur Lues maligna neigenden Syphilisform aufgetreten 
sind, und dass ihre Heilung auf Hg zurückgeführt werden 
muss, als syphilitische Gummen aufzufassen sind. 

Allerdines ist die Diagnose ex juvantibus in unserem Falle 
das einzig sichere diagnostische Moment. Wie wir nämlich 
sogleich sehen weiden, ist die Yerwerthung der mikroskopischen 
Diagnose eine recht problematische. Die endarteriitischen Ver¬ 
änderungen der Granulationsgeschwulst können bekanntlich 
nicht für die Syphilis allein beansprucht werden und sind 
mehrfach gerade bei pseudoleukämischen Processen beschrieben. 
Vor allem aber begegnen wir einer eigenartigen, zuerst befrem¬ 
denden (iewebsstructur, derjenigen des „Tuberkels“, und wir 
müssen daher die Frage stellen: kommt der ..Tuberkel“ denn 
auch bei Syphilis vor? A priori spricht natürlich nichts gegen 
die Annahme, dass auch andere Gifte, als der Tuberkelbacillus. 
die 8truetur des miliaren Tuberkels hervorbringen können. 
•Jedoch hielt man lange daran fest, — und dies thun noch 
heute berutene \ertroter der pathologischen Anatomie — dass 


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Ueber multiple subcut. friiimneii im Frülistsul. der Syphilis. ;-;s9 

diese Gewcbsstruetur ausschliesslich der Tuberculose zukomme? 
Jedoch konnte bereits im Jahre 187ö Griffini (19) bei zwei 
an kleinpapulösem Syphilid erkrankten Personen zahlreiche 
„tuberculose Knötchen“ dicht unter dem Papillarkörper naeli- 
weisen. Diese Knötchen bestanden aus lvmphoiden und epi- 
theloiden Zellen und Riesenzellen. In dem einen Fall war 
centrale Verkäsung vorhanden. In zwei Fällen von Gummiknoten 
mit dem Sitze am Penis bez. in der Leber beobachtete ferner 
Unna (20) miliare Tuberkel derselben Beschaffenheit. in der 
Leber ebenfalls mit Verkäsung. Wiederum bei Lichen syphili¬ 
ticus fand P. Michelson (21) dieselben Knötchen. Er hatte 
50 — GO Schnitte davon auf Tuberkelbacillen untersucht, jedoch 
nur deren Abwesenheit constatiren können. Obwohl das Thier¬ 
experiment, welches zur Sicherstellung der Diagnose hätte ver- 
wertket werden können, versäumt worden war, so hat es sich 
doch wohl um Syphilis gehandelt, was nicht nur durch den 
Erfolg der antiluetisehen Behandlung, sondern wohl auch da¬ 
durch bewiesen ist, dass innerhalb der nächsten zwei Jahre, 
während welcher die Patientin genau beobachtet wurde, sich 
keine Zeichen von Tuberculose einstellten, dagegen das Fortbe¬ 
stehen der luetischen Erkrankung durch mehrfache Aborte 
und eine Iritis syphilitica erwiesen wurde. Nachdem Bau in- 
garten jedoch in dem Falle Miclielson's die Erkrankung 
als eine Misehinfection von Syphilis und Tuberculose erklärt 
hatte, konnte dieser in der beregten Frage keine Entscheidung 
treffen. Fabry (22), der gummöse Ulcera an der Innenfläche 
des Präputiums beobachtete, welche zunächst bei Verabrei¬ 
chung von Jodkalium nicht heilten und welche ebenfalls „Tu- 
berkel“-Structur aufwiesen, die aber dann ebenso, wie eine 
inzwischen aufgetretene Iritis, unter einer energischen Inunc- 
tionscur verschwanden, glaubt, nachdem Ri b b e rt trotz des 
Fehlens von Tuberkelbacillen auf die Anatomie der Knötchen 
hin sich für Tuberculose ausgesprochen hatte, seinen Fall als 
Mischform von Lues und Tuberculose deuten zu müssen. Auch 
Fabry’s Patient dürfte bloss Lues gehabt haben. Wie wir 
nämlich sogleich sehen werden, ist neuerdings der „Tuberkel“- 
Befund auch von Jadassohn bei sicher syphilitischen Pro- 
ducten erhoben worden. Dieser ist also nicht mehr als aus- 


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Herxheimer. 


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schlaggebend für Tuberculose anzusehen, und die Krankenge¬ 
schichte des Fabry’schen Falles bietet nichts, was gegen die 
allgemeine Diagnose: Lues geltend gemacht werden könnte. 

Die gelegentliche Wirkungslosigkeit des Jodkaliums, ein 
Umstand, welcher Fabry zuerst stutzig machte, ist hierbei 
nicht massgebend und dürfte jedem erfahrenen Syphilidologen 
bekannt sein. Fabry selbst fiel die Heilung des „gemischt 
tuherculösen und luetischen“ Geschwüres durch eine mercurielle 
Behandlung auf. Woran es liegt, dass das Jodkalium, welches 
in der Regel gegen gummöse I’rocesse mit Vortheil verabreicht 
wird, in manchen Füllen wirkungslos ist. in denen eine energische 
Hg-Cur hilft, und umgekehrt, oder dass sogar eine gemischte 
Ilg- und J.-K.-Cur ohne Erfolg bleibt, wissen wir zur Zeit nicht. 

Ferner stellte Jadassohn (23) in der medicinischen 
Section der schles. Gesellseh. für vaterländ. Cidtur eine Frau 
vor. die eine ulceröse Spätlues gehabt hatte, welche auf die 
sofort eingeleitete Ilg-Kur prompt heilte bis auf einige steck- 
nadelkopf- bis halblinsengrosse Stellen, die auch unter J.-K. 
nicht abheilten. Die mikroskopische Untersuchung ergab scharf 
begrenzte „Riesenzellentuberkel“. Zwei Tubereulininjectionen 
waren von keiner Reaction gefolgt. Somit blieb, da der Bacillen¬ 
nachweis sich bei der chronischen Tubereulose oft ausser¬ 
ordentlich schwierig gestaltet, zur Entscheidung nur das Thier¬ 
experiment übrig, dessen Resultat zur Zeit der Vorstellung 
des Ealles noch nicht mitgetheilt werden konnte. Trotz des 
histologischen Befundes jedoch sieht Jadassohn mit Recht 
das Bestehen der Lues als durch den Erfolg der specitisehen 
Behandlung sicher erwiesen an. Ein weiterer von Jadas¬ 
sohn |24) an demselben Orte demonstrirter Fall betrifft eine 
l’rostituirte mit einer tuherculösen Lungenaffeetion, welche 
neben gewöhnlichen Symptomen der „seeuudären“ Syphilis 
eigenartig weiche, dunkelbraunrofhe, lupusähnliche Herde auf¬ 
wies, die sich spontan oder unter Hg-Einthiss involvirten. Histo¬ 
logischer Befund; Typische „Tuberkel“-Siructur. Das Thier¬ 
experimenterbrachte den Nachweis der nicht tuherculösen Natur 
der Eftloreseenzen, so dass Jadassohn den Fall als „Syphilid 
mit bemerkenswerthem klinischem Verlauf und anatomischem 
Befund“ publiciren konnte. 


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Uel»c»r multipK* suKcut. Gummen ira Frühstart. der Syphilis. 301 


Wenn man bei einer unbekannten Form von Hauttuberculose le¬ 
diglich auf das Mikroskop angewiesen ist., kann man in unangenehme 
diagnostische Schwierigkeiten gerathen. Vor 2 Jahren wurde mir ein 
dJjahriger Phthisiker zugeführt, der seit etwa einem halben Jahre auf der 
rechten Hälfte der Unterlippe einen überhaselnussgrossen, rundlichen, 
blüulichweisscn, elastisch harten, zur Hälfte im Lippenroth sitzenden 
Tumor hatte, weicher genau das Aussehen des auf dem Leipziger Congress 
der Deutschen dermatologischen Gesellschaft von Arning (1. c.) demon- 
strirten pseudoleukaemischen Knotens hatte, so dass ich vom klinischen 
Standpunkt allein eine Diagnose nicht zu stellen wagte. Das Mikroskop 
ergab diffuse kleinzellige Infiltration der ganzen Cutis, namentlich im 
Stratum subpapillare, welches vorzugsweise um die Drüsen gelagert war 
und zahlreiche Langbans’sehe Riesenzellen auf wies. In Serienschnitten 
fand ich erst, im 52. Schnitte zwischen den randständigen Kernen in zwei 
Riesenzellen einige Tuberkelbacillen. Der Fall war deshalb für mich von 
besonderem Interesse, weil ich trotz eifrigen Suchen* in der diesbezüg¬ 
lichen Literatur kein gleichartiges „Tuberculom“ auf'tinden konnte. 

Nachdem wir gesehen haben, dass der „Tuberkel* 4 auch bei 
sicher rein luetischen Processen vorkonimt, darf derselbe als 
nicht mehr allein entscheidend für Tuberculose betrachtet 
werden. Einen Punkt freilich haben einige der geschilderten 
Fälle gemeinsam, nämlich dass diejenigen Ffflorescenzen, welche 
aus „Tuberkeln“ zusammengesetzt waren, sich resistent gegen 
die antisyphilitische Therapie verhielten. Das gilt auch für 
unseren Fall. Wie weit hieran die miliaren Knötchen die 
Schuld tragen, bleibt weiteren Untersuchungen Vorbehalten. 

Fs gibt indessen noch eine nicht tuberculose Krankheit,, 
die wir eingangs zur klinischen Differentialdiagnose heranziehen 
mussten, bei welcher die Bildung echter miliarer Knötchen mit 
La nglia ns’schen Riesenzellen beobachtet wurde: ich meine 
die Pseudoleukämie. Zwar sind derartige Befunde bisher noch 
nicht an den Ilauttumoren erhoben worden, jedoch schon mehr¬ 
fach an Tumoren anderer Organe. Schon Langhaus (2ö) be¬ 
richtet 1872 über Knötchen mit wirklichen Riesenzellen bei 
Lymphosarkom der Drüsen, Milz, Leber und des Netzes. 
Ribbert (27) untersuchte 1885 das maligne Lymphom der 
Lungen und fand Knötchen, von denen er glaubte, dass sie 
miliaren Tuberkeln entsprächen, jedoch überzeugte er sich 
durch das Fehlen einer regressiven Metamorphose und den 
negativen Ausfall der Bacillenuntersuchung davon, dass er es 
mit miliaren Lymphomen zu tliun hatte. Diese miliaren Lvm- 


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phome waren charakterisirt durch die Anwesenheit grosser 
Mengen von Riesenzellen in ihrem Innern, die auch namentlich 
wandständige, radiär angeordnete Korne besassen. Es ist daher 
nicht ganz verständlich, dass Ribbert 1*93 bei dem 
Fabry'schen Fall lediglich auf das anatomische Bild hin auf 
der Annahme der Tuberculose bestehen zu müssen glaubte. 
Claus (28), der unter Marchands Aegide arbeitete, fand 
dagegen in einem Falle von Combination von Tuberculose und 
malignem Lymphom der Lungen überall da, wo es sich um 
reine Lymphomknötchen handelte, nie Riescnzcllenknütchen und 
nur selten solche mit einer regressiven Metamorphose; wo von 
ihm Knötchen mit Riesenzellen gefunden wurden, war eine 
Mischinfection mit Tuberkelgift nicht mit Sicherheit auszu- 
schliessen. Durch die Untersuchungen von Claus sind natür¬ 
lich die Ergebnisse derjenigen von Langhaus und Ribbert 
nicht erschüttert worden. Ja die Frage ist noch verwickelter 
geworden, seitdem wir durch Weigert (29) wissen, dass bei 
richtigem malignem Lymphom in den erkrankten Lymphdrüsen 
„den Tuberkelbacillen ähnliche Bacillen“ gefunden worden sind. 
Ob man es.öfters mit Uebergangsformen zwischen beiden Er¬ 
krankungen oder mit Combinationen derselben zu thun hat, ist 
eine Frage, die uns hier zu weit ab von unserem Thema führen 
würde. Es scheint mir aber festgestellt, dass der „miliare 
Tuberkel“ auch bei Pseudoleucämie Vorkommen kann. 

Noch ein Wort über die L a ug h a n s'schen Riesenzellen! 
Dieselben galten bis etwa in die Mitte der siebziger Jahre 
als histologische Kriterien den Producten der Syphilis gegen¬ 
über, trotzdem, wie man schon damals wusste, ihr Vorkommen 
durchaus nicht nur auf Tuberkel und tuberculose Proeesse be¬ 
schränkt war. Alex. Jakobson (30) scheint der erste ge¬ 
wesen zu sein, der diese Gebilde auch bei Gummen beobachtet 
hat. Von gleichartigen Befunden bei zweifellos syphilitischen 
Erkrankungsproducten sind ferner diejenigen von B a u in g a r t e n 
(31) bei gummöser Orchitis zu erwähnen, sowie bei gummösen 
Knötchen der Leber, Gummiknoten der Dura mater, Hirn¬ 
arterienlues und Gummiknoten der Tibia, während von anderen 
Autoren das Vorhandensein typischer Riesenzellen bei Syphilis 
der Haut sporadisch gefunden wurde in Fällen, die jedoch tlieils 


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Ueber multiple subeut. Gummen im Frühstart. der Syphilis. 


zweideutig waren, tlicils toh den Autoren selbst als tuberculös 
gedeutet wurden. Brodowski (32) hat dann die Riesenzellen 
bei Gummiknoten der Bronchien und des Herzens. Browicz 
(33) bei solchen des Herzens und des Larynx nachgewiesen. Seit 
dieser Zeit haben sich derartige Beobachtungen gehäuft, und 
ich erwähne deshalb nur von eimvandsfieien Beobachtungen 
die neuerdings von K. Schuchardt (34) bei Tendovaginitis 
syphil. constatirten Riesenzellen. F. Koch (35) hat bei „Bu- 
bonuli syplulitici“ Riesenzellen beschrieben, von denen ein 
Theil den Langhans'scben sehr ähnlich sieht, wie man sielt 
nach der beigegebenen Abbildung leicht überzeugen kann. Die 
meisten derselben unterscheiden sich aber nach Koch von 
diesen durch die nicht randständige Anordnung der Kerne, 
durch das Fehlen von neerotischen Partien sowie durch das 
deutlichere Hervortreten der Zellcontour. Wenn nun auch das 
erste dieser drei Kriterien für sich allein genommen deshalb 
nicht stichhaltig ist, weil es sich um das dritte Stadium der 
partiellen Necrose der Riesenzellen nach Weigert (3G) handeln 
könnte, wobei die lebende Masse in der Zelle durch das ein¬ 
gedrungene Gift auch an der Peripherie abgetödtet sein kann, 
so dass letztere kernfrei ist, so spricht doch das Fehlen jeglicher 
Necrose bei den Koch’schen Riesenzellen für die Unterschei¬ 
dung von den „tuberculösen“ im Sinne des Autors. Ich habe 
mich selbst mehrfach in den letzten Jahren von dem Vorhanden¬ 
sein sicher „tuberculöser“ Riesenzellen bei zweifellos syphili¬ 
tischen Primäraifecten, die exulcerirt waren, überzeugen können. 

Bau m g a rten scheint freilich von der Annahme 
Langhans’scher Riesenzellen bei rein luetischen Processen 
zurückgekommen zu sein und überall da, wo diese Gebilde 
sich finden, Combination mit Tuberculose anzunehmen. 

Ganz besonders interessant ist es auch, dass durch Fremd¬ 
körper typische Langhan s’sche Riesenzellen entstehen können, 
wie dies von verschiedenen Autoren constatirt wurde. Um nur 
ein Beispiel anzuführen, sei bemerkt, dass A. Hanau solche 
Riesenzellen gefunden hat, in denen sich deutliche Cholestearin- 
platten nachweisen Hessen. Sie stammten aus einem geplatz¬ 
ten Ovarialtumor. Auch bei Actinomycose hat Weigert (36) 
typische Riesenzellen mit wandständigen Kernen gesehen. 


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II e r x h e i m e r. 


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Fassen wir das Erörterte resumirend zusammen, so scheint 
uns festzustellen, dass sowohl die „tuberculösen“ Kiesenzellen 
als auch die ,, Tuberkel Structur bei rein syphilitischen 
und bei pseudoleukämischen Processen Vorkommen kann. In 
diagnostisch zweifelhaften Füllen bleibt also, da der Bacillen¬ 
nachweis sich ungemein schwierig gestalten kann und eventuell 
nicht einmal ausschlaggebend ist, einerseits nur die Diagnose ex 
juvantibus und andererseits das Thierexperiment übrig. 

Literatur. 

1. Kaposi. Wiener med. Jahrbücher, 1885. 2. Pathologie et traite- 
ment des maladies de la peau par Kaposi. Traduetion par Besnier et 
Doyon. Paris. Masson 1801. o. Riehl. Verhandlungen des II. internal, 
dcnnatolog. Congresses. Wien. Wilhelm Braumüller. 1893. 4. Biesia- 
decky. Wiener med. Jahrb. 1870. lieft 3. 5. Hochsinger und Schiff. 
Archiv für Dermatol, u. Syphilis. ISS? p. 779. 0. Xe uh erg er. Verhand¬ 
lungen der Deutschen dermatol. Gesellschaft. 1892 p. 210. 7. Arning. 

Verhandl. der Deutschen dermatulog. Gesellseh. 1892. 8. Joseph. Ebenda. 
9. Pick. Ebenda. 10. Kaposi. Ebenda. 11. L. Wiek. Wiener med. 
Wochenschr. 1895. Xr. 21 und 22. 12, Lang. Vorlesungen über Pathologie 
und Therapie der Syphilis. Wiesbaden. Bergmann 1895. 13. von Düring. 
Klinische Vorlesungen über Syphilis. Hamburg und Leipzig. Leop. Voss 
1895. 14. Kaposi. Pathologie und Therapie der Hautkrankheiten. Wien. 
Urban und Schwarzenberg. 1.^87. 15. J osepb. Lehrbuch der Haut- und Ge- 
sehlechtskrankh. 2. Theil. Leipzig, ’rhierne 1894. IC* v on Es man* h. XXIV. 
Coiigress der Deutschen Gesellschaft, für Chirurgie. Deutsche Medicinalzei- 
tung. 1890. Xr. 40. 17. H. Smith. Brit. med. journal. 5. Dee. 1891. 18. 
Monlgo m e r y. lief, von 0 p p 1 er im Archiv f. Dermatol, und Syphil. 1895. 
XXIII. Band, 1. und 2. Ih*ft. 19. Gritfilii. Bef. von Boll. Centralbhut 
für d. medic. Wissenschaften. 1875. 20. Unna. Archiv f. Dermatol, n. Syph. 
1878. 5. Jahrg. 21. Michelson. Yirchow’s Archiv. 1889. 22. Fahry. Archiv 
f. Dermatol, u. Syph. 1899. 23. Jadassohn. Verhandl. der Sehles. Gesell¬ 
schaft f.Vaterland, Cultur. 1894. 2L Jadassohn. Deutsche med. Wochen¬ 
schrift. 1891. Xr. 10. 25. R i e h 1. Verhandl. der Deutschen dermat. Gesellsch. 
1894. 20. Langhaus. Virchow’s Archiv. Bd. 54. 1872. 27. Bibbert. 

Yirchow’s Archiv. Bd. 102. 1885. 28. C 1 au s. lieber das maligne Lymphom. 
Inaugural-Dissertation. Marburg 1888. 20. Weigert. Verhandl. der Xatur- 
forscherversammlung zu Magdeburg. 1884 p. 203. 30. Jacobson. Ref. v. 
Klink irn Archiv für Dermatol, u. Syph. 1877 p. 39!*. 31. Baum garten* 
Centralhl. f. d. med. Wissensch. 1870. Xr. 45.o2.Baumgart.cn. Ebenda. 
1877. Xr. 22. 33. Browicz. Ebenda. 1877. Xr. 19. 34. S ch u c h ar d t. 

Yirchuw’s Archiv. CXXXV. 3. p. 394. 35. Koch, F. Archiv für Dermatol, 
u. Syph. 1895. 36. Weigert. Deutsche med. Woehensehr. 1885. Xr. 35. 


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Ueber Lungenembolien bei Injection von 
unlöslichen Quecksilberpräparaten. 

Y on 

Dr. Magnus Möller, 

Privatducent der Syph. und Demi, in Stockholm. 

(Hierzu Taf. XI.) 


Die Injectionsbehandlung der Syphilis erwirbt sich trotz 
energischen Widerstandes von einigen Seiten immer neue 
Anhänger und hat nunmehr in der Syphilistherapie festen 
Boden gewonnen. Sogar in Frankreich, wo die Suprematie der 
internen Behandlung noch von den ersten Autoritäten aufrecht 
erhalten wird, sind bestimmte Anzeichen einer Schwenkung zu ver¬ 
spüren. *) Vor allem sind es die unlöslichen Quecksilber¬ 
präparate, welche mehr und mehr zu Ehren kommen. Die 
Verdienste der Methode, ihre schnelle Wirksamkeit, die Exactkeit, 
mit welcher das Mittel dem Kranken beigebracht wird, ihre 
Einfachheit und Bequemlichkeit bei der Anwendung, dies alles 
sind kaum zu bestreitende Vorzüge. Ihre mehr ins Auge 
fallenden Unannehmlichkeiten Schmerz, Anschwellung oder 
Abscessbildung an der Injectiousstclle. sind allmählig durch 
Verbesserung der Präparate und der Injectiousteclmik wesent¬ 
lich reduoirt worden. In einigen wenigen Fällen ist nach 
der Injection von unlöslichen Quecksilberpräparaten allerdings 
der Tod eingetreten unter Symptomen der Quecksilbervergiftung ; 
sie wareu indessen alle — darin ist man allgemein einig — 
eine Folge grosser Unvorsichtigkeit. Ein energisches Mittel 
kann in gewissen Fällen natürlich Gefahr bringen, doch dürfte 
diese bei gebührender Vorsicht gewiss vermieden werden können. 

*) Vergleiche Ann. de derm. et de syph. 1890 p. 152. Seance de 
30 janvier 1896 de la Soc. franc. de denn. etc. 


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Kine Schattenseite, welche bisher verhältuissmässig wenig 
Beaclitung gefunden hat, ist die, dass diese Injektionen zuweilen 
Complicationen von Seiten der Lungen verursachen können. 

Den ersten derartigen Fall veröffentlichte Lesser im 
Jahre lsss. 1 ; Unmittelbar nach der luntten Injection von 
0.10 Grm. Ilydr. tannic.. in Olivenöl suspendirt. ting Patient, 
krampfhaft und ununterbrochen zu husten an und wurde etwas 
cyanotisch. Der Husten dauerte etwa , / 4 Stunde. In der Nacht 
häutiger wässeriger Stuhl und am darauffolgenden Tage mehr¬ 
faches Erbrechen nebst Schmelzen beim Athmen und profusem 
Schweiss. Puls 100. Im Laufe des dritten Tages am Thorax hinten, 
unten, links geringe Dämpfung, rauhes Exspirium und Knister¬ 
rasseln. Kein Hunten, kein Auswurf. Eine Woche nach der Injec¬ 
tion waren alle subjektiven und objectiven Zeichen verschwunden. 

Ohne nähere Details anzugeben hat Lesser 2 ) später 
zwei andere Fälle erwähnt, bei welchen nach der Injection von 
gelbem Quecksilberoxyd und Salieyhjuecksilber gleichfalls 
starker, andauernder Hustenreiz, Cyanosis und Schmerzen im 
Kücken eintraten. 

W a 1 r a s z e w s k i 3 ) erwähnt in grösster Kürze zwei 
Fälle, in welchen nach Injection von gelbem Queeksilberoxyd in 
Vaselinöl Complicationen seitens dm* Lungen auftraten, welche 
ihren Symptomen und dem Verlaufe nach dem von Lesser 
beschriebenen Fall ziemlich entsprachen. 

Abweichend davon, besonders in ihrem Anfangsstadium, 
waren dagegen Q u i n c k e's 4 ) ]S9o beschriebene sieben Fälle. 
Qu—s Patienten erkrankten erst 1—1 ! /„ Tag nach der Injection 
von loprocentiger Kalomelsuspension in Olivenöl unter Fieber, 
zuweilen Schüttelfrost, Schmerzen in der Brust und gewöhnlich 
objectiv zu constatirenden Veränderungen seitens der Lungen 
in Form von tympanitischem oder gedampftem Percussionston 
und Rasseln. In den ausgeprägtesten Fällen vergleicht Q. die 
Symptome mit denen bei einer beginnenden Pneumonie. 

') Yierteljahressohrift für Dorm. u. Sypli. 1888 p. 909. 

’ 1 ) Yerliandl. der Deutschen denn. Des. 1889 p. 314. 

3 ) Archiv für Derinaf. u. Svph. 1889 ]). 835. 

4 ) llerl. klin. Wochenschr. 1S9<) p. 401. 


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Uelier Lungenembolien bei Inject, von unlüal. Quecks.-Priipar. 3 f )7 


Lindström 1 ) erwähnt in demselben Jahre ganz kurz 
zwei Fälle von Lungenaftection nach 5;> 1 Injectionen von Ol. 
einer. (Lang). 

Im folgenden Jahre, 1891, theilt Oedmansson 2 ) 12 
sorgfältig beobachtete Fälle von Lungenafiection nach intra- 
muscularer Injection von Kalomel (ö Fälle) und essigsaurem 
Thymolquecksilber (7 Fälle) in Paraffinsuspension mit. Bei 
Üe—s Patienten traten die Störungen Seitens der Lungen, 
Stechen, Athemnoth u. s. w. in der Pegel früher als in Quin- 
cke’s Fällen und in einem Falle mit derselben unmittelbaren 
Plötzlichkeit wie in Lesser’s Fall ein. Ihrer weiteren Ent¬ 
wickelung nach sind särnmtliche bis dahin beobachtete Fälle 
ziemlich analog, und die von Oe. auf Grund seiner eigenen 
Erfahrung gegebene Beschreibung über die Charaktere und 
den Verlauf der in Frage stehenden Lungencomplication wird 
gewiss in allem Wesentlichen bestehen bleiben. 

Nach 0 e d man s s 0 n ist nur eine einzige hierher gehörige 
I’uhlication in der Literatur zu entdecken, nämlich von 
B1 a s c h k o, 3 ) welcher drei Fälle beobachtet hat. Diese stimmen 
hinsichtlic h dos Anfangsstadiums mit Lesser 8 Fällen überein, 
und in ihrer weiteren Entwickelung folgen sie dem nun be¬ 
kannten Typus. 

Dies ist meines Wissens alles, was in der so umfangreichen 
Literatur von der Injeetionstherapie bei Syphilis über diese 
sehr bemerkenswerthe Complieation vorliegt. Die ersten Autoren, 
Lesser und Watr asz ewski, hielten derartige Fälle für 
äusserst selten. Dass später so wenige derartige Beobachtungen 
gemacht worden sind, lässt sich kaum anders erklären, als 
dass leichtere Fälle übersehen und ausgeprägte Fälle auf an¬ 
dere Ursachen zurückgeführt worden sind. In den zahlreichen 
Discussionen über die Injeetionstherapie, in der Societe fran- 
ejaise de denn, et syph. zu Anfang dieses Jahres, hatte kein 
einziger Redner eine Erfahrung über diese Art von Complieation. 
Und doch kann ich mir kaum denken, dass diese hei einer 

') Med. Rundschau. 1S90. Kef. Archiv f. Denn. u. Syph. 1890 p. 795. 

2 ) Nord. med. arkiv. 1891. Bd. 25. Nr. 25. 

3 ) Deutsche med. Wochensehr. 1892 p. 905. 


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398 


ÄI ö 11 e r. 


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grossen Anzahl intramuscularer Injectionen von unlöslichen 
Quecksilberprüparaten ganz ausbleihen kann. 

Wenn, wie eben angedeutet, das Symptomenbild bei 
den bisher publicirten Fällen im Wesentlichen als überein¬ 
stimmend betrachtet werden kann, so weichen dagegen die 
Auffassungen der verschiedenen Autoren von der Entstehungs¬ 
weise und der Natur der Atfectiou ziemlich bedeutend von ein¬ 
ander ab. Die Krankheit hat stets einen günstigen Verlauf 
gehabt und glücklicherweise niemals die Möglichkeit gegeben, 
den Trocess anatomisch zu untersuchen. 

Es ist hauptsächlich die bereits angegebene Verschieden¬ 
heit des Zeitpunktes, wo die Initialsymptome in den verschie¬ 
denen Fällen auftraten, welche verschiedene Beobachter zur 
Aufstellung von abweichenden Erklärungsmöglichkeiten geführt 
hat. Besser ist der Ansicht, dass mehrere Umstände dafür 
sprechen, dass die Lungensymptome auf einen embolischen In- 
farct zurückzuführen sind, welcher dadurch entstanden ist, dass 
die Injectionsllüssigkeit in eine Muskelvene gelangt war. 
Dieser Auffassung scldiesst sich auch Watraszewski an, ob¬ 
gleich er dem Suspensionsvehikel hierbei die wesentlichste Bolle 
beimisst. Da W — s. zwei Fälle nach Injeetion einer Vaselinöl- 
Suspension eintrafen, während vorher bei Anwendung von dem¬ 
selben Queeksilberpräparat, aber suspendirt in Gummischleim, 
keine solche Complication entstanden war, so fiel sein Verdacht 
auf das Vaselinöl. Er injicirte daher in die Vena jugularis von 
Katzen (die Anzahl der Versuche ist nicht angegeben) Oleum 
einer. (Lang) und Oxyd, hydrarg. Harum, suspendirt in öligen 
Vehikeln (Olivenöl, Mandelöl, Vaselinöl und flüssigem Paraffin) 
einerseits und in Gummischleim andererseits. In beiden Fällen 
entstanden Ilepatisationsherde in den Lungen, bei Anwendung 
öligen Vehikels aber umfangreichere, lobuläre Herde, welche 
nach einer Woche zur Abseessbildung fühlten, mit Gummi¬ 
schleim-Suspension dagegen nur miliare Herde, welche all- 
mählig resorbirt wurden. Die Erklärung für diese Verschie¬ 
denheit glaubt W. in dem Umstande zu haben, dass Ol. einer, 
und die flüssigen Fette sich nicht gleichmässig im Blutstrome 
vertheilen können, sondern in Form von grossen Tropfen in 
die Lungen geführt werden, grössere Arterienzweige verstopfen 


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lieber Lungenembolien bei Inject, von uulösl. Quecks.-Prapar. 399 


und zu umfangreichen Entzündung*Vorgängen Anlass geben, 
während dagegen das in Gummisehleiin emulgirte Präparat sich 
leicht mit dem Blute vermischt und damit eine mehr oder we¬ 
niger homogene Flüssigkeit bildet, welche in den Lungen nur 
einen capillaren, miliaren und folglich weit weniger bedeutenden 
Ki •ankheitsprocess hervorruft. W. legt also die Hauptschuld 
dem öligen Vehikel bei, von dessen Gebrauch in der Injec- 
tionstherapie er entschieden abräth. 

Quincke hält Lesser's Deutung für unbrauchbar, weil 
die Lungensymptome in Q.‘s Fällen niemals so acut auftraten 
und in der llegel erst 1—2 Tage nach der Injection. Er 
nimmt an, dass bei den fraglichen Fällen das Quecksilber an 
der Injectionsstelle aus irgend einer Ursache ungewöhnlich 
schnell in löslicher Form übergeführt worden ist, wodurch 
eine Jntoxication hervorgerufen wurde, die ganz nach der 
„Organdisposition 4 in gewissen Fallen ebenso gut Verände¬ 
rungen in den Lungen wie in anderen eine Enteritis oder 
Stomatitis verursachen kann. 

Oed maus son hält es für das Wahrscheinlichste, dass 
die Lungenalfection auf einem embolischen Process beruht. 

Bla sch ko, dessen Aufsatz den Titel trägt: „Leber Pa¬ 
raffinembolie der Lungen bei intramusculären Quecksilberinjec- 
tionen“, sieht einen gewissen Parallelismus zwischen dem in 
Frage stehenden Process und den sogenannten Fettembolien 
bei Knochenfructuren. 

Aus dem oben Angeführten ergeben sich vor allem fol¬ 
gende Fragen: 

I. Wie oft treffen Lungenatfectionen bei Injection von 
unlöslichen Quecksilberpräparaten ein ? 

II. W ie verhalten sich diese Lungenatfectionen klinisch? 

IIP W ie kommen sie zu Stande? Beruhen sie auf Entste¬ 
hung eines Embolus in den Verzweigungen der Lungenarterien ? 
Und in solchem Falle, welche Bolle spielt das Quecksilber¬ 
präparat selbst und welche das Suspensionsvehikel (Paraffin. 
Gummischleim j ? 

IV. Kann eine Affection der Lungen durch eine Aeuderung 
in der Injectionstechnik vermieden werden? 


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400 


Möller. 


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I. Zur Injeetion ist in allen Füllen, um welche es sich jetzt 
handelt, esGgsaures Thvmohiuecksilber (Merk) verwendet 
worden, welelies möglichst fein pulverisirt und mit flüssigem 
Paraffin im Verhältnis« von 1 : 10 zusammengerieben ist. 
Nachdem die Mischung gut geschüttelt worden, wird 1 Ccm. 
eingespritzt. Spritzen nebst Stahlspitzen von 3 Cm, Länge 
werden in flüssigem Paraffin verwahrt. Als Injeetionsstelle ist 
in einer geringeren Anzahl von Fällen ein Punkt dicht hinter 
und über dem Trochanter, in der Kegel aber eine Linie pa¬ 
rallel mit der Kima intergiutealis, ungefähr 0 Cm. lateral von dieser 
gewählt worden. Die Injeetion ist rechtwinklig gegen die llaut- 
liäche in die Musculatur gemacht worden. 

Auf diese Weise sind in den Jahren 18!) 1—!Hi an 315 Pa¬ 
tenten 3835 Injectiouen ausgeführt worden. Complication 
Seitens der Lungen trat zusammengenommen 43mal bei 28 Pa¬ 
tienten ein. Lei 8 Patienten erfolgte diese Complication 2mal, 
hei 2 Patienten 3mal und bei einem soear 4mal. Demnach 
hatte jede 8!). Injeetion eine Lungenafl’ection im (befolge. 
Von den Patienten wurden 8, D°. 0 . d. h. ungefähr jeder elfte 
davon betrolfen. 

Es muss befremden, dass diese unangenehme Complica¬ 
tion so oft in der Praxis eines einzigen Arztes vorgekoiumen 
Dt. Man könnte den Verdacht hegen, dass die Erklärung in 
einem Fehler des Präparates oder in der Injectionsteehnik zu 
suchen sei. Letztere ist indessen die allgemein gebräuchliche 
gewesen, so wie ich sie von den erfahrensten Specialisten hier 
zu Lande und in den Kliniken des Continenfes habe ausübeu 
sehen. Dass ich nach den Injectionen so oft Störungen von 
Seiten der Lungen beobachtet habe, beruht wahrscheinlich 
theilweise auf einem Zufall, hauptsächlich aber darauf, dass ich 
mein Augenmerk besonders auf diese Erscheinungen gerichtet 
habe, weshalb mir auch ganz unbedeutende, sonst leicht über¬ 
sehene Fälle nicht entgangen sind. 

II. Die nachstehend mitgetheihen Fälle habe ich in meiner 
Privatpraxis beobachtet. Da die Heliand hing ambulatorisch war, 
so habe ich nicht Gelegenheit gehabt, jeden einzelnen Fall mit 
der wüuschenswerthen Genauigkeit zu verfolgen. Mit äusserst 
wenig Ausnahmen führten die Kranken das plötzlich auftre- 


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Ueber Lungenembolien bei Inject, von unlösl. Quecks.-Präpar, 401 


tende Brustleülen auf eine Erkältung zurück, viele gaben sogar 
die Gelegenheit, bei der diese geschehen sein musste, genau an. Und 
da sie den Zusammenhang mit der gleichzeitigen lujectionsbe- 
handlung nicht ahnten, so wurde oft genug ein anderer Arzt 
consultirt, und da Pat. seine Syphilis und deren Behandlung 
verschwieg, so ist es nicht befremdlich, dass die Deutungen 
etwas ungleich ausfielen; in den meisten Fällen lautete die 
Diagnose auf Anfang von Lungen- oder Brustfellentzündung, 
zuweilen Muskelrheumatismus oder Influenza, einmal auf 
Herzbeutelentzündung. Erst nach 8 oder 14 Tagen, wenn 
ein solcher Patient, zuweilen blass und abgemagert, wieder¬ 
kam, um seine Behandlung fortzusetzen, erfuhr ich, was ge¬ 
schehen war, und konnte dann bisweilen durch den inzwischen 
gerufenen Arzt nähere Auskunft über den Verlauf erhalten. 
Aus diesen Gründen habe ich von einigen meiner Fälle nur 
kurze Notizen, andere dagegen habe ich Tag für Tag genau 
beobachtet, thoile hier aber nur die wesentlichen Krankhoits- 
erscheinungen mit. 

1. v. W., Offieier. Den 18. 2. 1804 unmittelbar nach der 5. Injeetiou 
stellte sich starker Hustenreiz ein und auf dem Heimwege Stechen bei tieferer 
Inspiration, vorzugsweise in der rechten Seite und nach vorn. Schlaf¬ 
losigkeit und Fieber in der Nacht. 

Am folgenden Tage andauernd Husten bei jeglichem Versuch, 
tiefer zu athmeu. Temperatur Morgens 30*4°, Abends 30°; Puls 120. Sonst 
subjeetiv gesund, guten Appetit. 

Am 3. Tage: Pat. bat sieb zu Bett gelegt, fühlt sich sehr 
matt, hat keinen Appetit. Der Husten hat aufgehört, das Stechen aber 
hält an. Temperatur am Morgen 30 ü , am Abend 30 2°. Der Harn ent¬ 
hält Spuren von Albumin. Seitens der Lungen keine physikalisch nach¬ 
weisbaren Veränderungen. Athnien sehr oberflächlich, von vesicularem Typus. 

Am 4. Tage Mattigkeit fortdauernd gross, Appetit etwas besser, Sei¬ 
tenstechen geringer, Temperatur 37*7°, Albumin nicht nachweisbar. Pater 
der rechten Axilla vorn ein deutliches, jedoch schwaches Leihen, der Per¬ 
cussionston über demselben Gebiete etwas kürzer; Athemgeräusch vesicular. 

1 Woche später. Pat. fühlt sich noch etwas matt. Keine objectivon 
Veränderungen. 

4 Wochen nachher. Nichts anderes zu bemerken, als dass 
Pat. bei besonders tiefer Inspiration und beim Reiten noch einen geringen 
Schmerz an vorhererwähnter Stelle verspürt. Pat. hat später bei zwei 
Gelegenheiten trotz des Risicos die Injectionsbehandlung der Schmier¬ 
ern* vorgezogen; glücklicherweise ist keine Complication dazu gestossen. 

Archiv f. Dermatol, u. Syphil. Baml XXXVII. 20 


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2 . H. P., Comptoirist. Den 2G./2. I8D4 wurde notirt, dass Pat. un¬ 
mittelbar nach der 3. Injektion einen krampfhaften Husten erhielt, „ganz 
wie bei der Einathmung von schwefeligcr Säure“, Schmerz in der Herz¬ 
gegend, welcher den Kranken jedoch nicht daran hinderte, tief zu in- 
spirireu; kalter Sehweiss auf der Stirne. Der Hunten hörte nach einer 
halben Stunde auf. 

Den 2S./2. Orthnopöe, Pat. athmet nur sehr oberflächlich wegen 
Schmerzen in der rechten Seite und im Epigastrium. Angst, Cyanose, 
profuser Sehweiss. Temperatur 39*2°, Puls 120 Hei Percussion und Aus- 
cultation waren ' zu Folge der mangelhaften Respiration ?) keine Verände¬ 
rungen zu eonstatiren. 

1 y., Woche später setzte Pat. seine Injectionsbehaudlung ohne Un- 
annehm 1 ichkeiten fort. 

3- G. M., Buchhändler. Ungefähr 5 Minuten nach der 8. Injection 
stellte sich Hustenreiz ein, welcher 2 Stunden dauerte. Am Abend hef¬ 
tiges Erbrechen, Frost und Schmerz bei der Einathmung wie bei ge¬ 
wissen Bewegungen mitten im Thorax hinter der unteren Hälfte des 
Sternums. Während der Nacht Sehweiss und Schlaflosigkeit. 

Den 18. 3. Temperatur 38*G°, Puls 120. Keine Veränderungen von 
Seiten des Herzens und der Lungen zu constatiren, Respiration oberflächlich. 

4 . S. P., Kaufmann. Nach der 5. Injection stellte sich auf dem 
Wege nach Hause krampfartiger Husten ein, welcher 1 Stunde dauerte, 
gleich darauf Opprossionsgefiihl; am Abend Seitenstechen links, Frösteln, 
Eieber. 

Als ich den Patienten zwei Tage später besuchte, hatte das Seiten¬ 
stechen sich etwas gelegt, zuweilen hustete der Kranke ein dunkelrot lies, 
blutiges, nicht luftführendes Sputum aus, über den hinteren unteren 
Theilen der linken Lunge war spärliches suberepitirendes Rasselge¬ 
räusch zu hören, der Percussionston über genannter Partie vielleicht 
etwas kürzer. Nach einer Woche setzte Pat. die Injectionsbehandlung 
weiter fort, welche nunmehr keine Unannehmlichkeit im Gefolge hatte. 

5. V., Landwirt, a) Nach der 7. Injection am Abend Schmerzen in 
der linken Seite des Thorax, Fieber, Husten. 

b) V, Jahr später ungefähr 5 Stunden nach der (>. Injection Stechen 
unter dem linken Schulterblatt, Schüttelfrost, Fieber, Mattigkeit, keinen 
Appetit. Noch nach drei Tagen Hüsteln und Schmerz bei der Inspiration, 
blasses Aussehen. Keine nachweisbaren objectiven Veränderungen. 

G. I\, Bureaudiener. a) Eine Woche nach der 2. Injection erzählte 
l J at., dass er am Nachmittage des Injectionsf ages Schwierigkeit beim 
Athmen, Schmerzen in der Brust, Fieber, rutlicn Urin mit ziegolfarbenem 
Bodensatz und allgemeine Schwäche bekommen habe. Jetzt fühle er 
sich wieder ziemlich hergestellt. 

b) Nach der 4. Injection augenblicklich Stechen in der linken Seite 
des Thorax, welches am folgenden Tage aufhörte. 


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Ueber Lungenembolien bei Inject, von unlösl. Queeks.-Präpar. 4Q3 


7 . L. G., Typograph. Nach der 4. Injection stellten sieh Tags dar¬ 
auf Symptome ein, welche von dem gerufenen Arzte als Brustfellentzündung 
gedeutet wurden. Pat. lag eine Woche zu Bett, wonach er sich wieder 
bei mir einfaml. Dann war nichts Anderes, als eine gewisse Blässe und 
Mattigkeit zu bemerken. 

8. 6. L., Maschinist. Fast unmittelbar nach der 3. Injection stellte 
sich ein kitzelnder, trockener Husten und Schmerz unter der rechten Cla- 
vicula ein. Der Husten hörte noch an demselben Tage auf, der Schmerz 
bei der Einatbmung aber hielt noch drei Tage an und war in der rechten 
Seite und durch den rechten Arm hinaus zu verspüren. Laut Angabe 
massiges Fieber und schneller Puls. Pat. lag 4 Tage zu Bett. Als ich 
ihn eine Woche darnach wiedersah, fand ich keine constatirbaren Ver¬ 
änderungen, auf der Injectionsstelle keine Spur von Infiltration oder 
Schmerz. Obgleich Pat. über die Ursache seines Brustleidens aufgeklärt 
wurde, wünschte er doch mit der Injectionsbehandlung fortzufahren. 

9 . B., Reporter. Nach der 4. wie nach der 5. Injection gegen 
Abend Stechen in der Brust. Das Allgemeinbefinden nicht so schlimm, 
dass er seinen gewöhnlichen Geschäften nicht nachgehen könnte. 

10 . 0 . E., Kaufmann, a) 6./1. 1892. Fast unmittelbar nach der 6. 
Injection heftiger Hustenanfall, welcher nach einer Viertelstunde aufhörte, 
Nachmittags Druck auf der Brust, Fieber, Mattigkeit. Ich untersuchte 
den Kranken eine Woche darnach, fand ihn noch matt und blass, konnte 
aber sonst keine Veränderungen bemerken. 

b) 3./5. 1892. Nach der ersten Injection am Abend Schmerzen in 
der rechten Seite des Brustkorbes und in der rechten Schulter, besonders 
bei tieferer Einatbmung. Allgemeinbetinden ohne nennenswerthe Ver¬ 
änderung. Nach zwei Tagen waren die Schmerzen verschwunden. 

c) 20./7. 1895. Nach der 5. Injection Abends Frösteln, Fieber, Ohn¬ 
macht; in der Nacht .profuser Schweiss, am folgenden Tage Stechen in beiden 
Seiten des Brustkorbes, Sputum stark blutuntermischt. Nach 5 Tagen gesund. 

11 . F., Comptoirist. Nach der 5. Injection Stechen in der rechten 
Seite, Husten, Mattigkeit. 

12 . S., Bankbeamter. Ungefähr 6 Stunden nach der 1. Injection 
ein „schauderhaftes Stechen'’* in der rechten Seite des Brustkorbes, welches 
nach 4—5 Stunden aufhorte. 

13 . L., Tischler. Nach der 5. Injection gegen Abend linksseitiges 
Stechen durch Brust und Rücken, ausserdem Frösteln, Fieber, hochgradiges 
allgemeines Uebelbetinden. Ein am folgenden Tage gerufener Arzt ver- 
mutbete eine „beginnende Herzbeutel- oder Brustfellentzündung“. 

14 . A., Schriftsteller. Nach der 5. Injection Abends Fieberschauer, 
Temperatur 38*7°, Puls 108, grosse Mattigkeit, kein Appetit, Pat. muss 
sich zu Bett legen; am folgenden Tage Schmerz in der Herzgegend. Kein 
Husten. Noch eine Woche später bei tiefer Inspiration etwas Schmerz 
an der angegebenen Stelle. 

20 * 


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Möller. 


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15 . L., Ingenieur, a) 5./4. 1894. Am Nachmittag nach der 7. In¬ 
jection Schüttelfrost, Stich, Fieber, Sehweiss; hustete 2 Tage, lag eine 
Woche zu Bett. 

b) 2. 5. 1890. Nach der 0. Injection stellten sich auf dem Heim¬ 
wege sehr heftige Schmerzen in der Herzgrube und Brennen hinter dem 
Brustbein nach der Kehle hinauf ein. Bat. gibt an, niemals vorher Aehn- 
liches empfunden zu haben. Gleichzeitig fühlte er sich äusserst müde 
und matt. Am Abend stiess Schüttelfrost hinzu und darnach profuser 
Sehweiss wahrend der ganzen Nacht, Schlaflosigkeit. Am folgenden 
Morgen kam Stechen in der linken Seite des Brustkorbes hinzu und zwar 
sowohl bei der Inspiration wie bei Bewegungen, so dass Bat. sich kaum 
irn Bett zu wenden vermochte. 

lfi. V., Comptoirist. a) 1./4. 1895. Am Morgen nach der 8. Injection 
Stechen in der linken Seite, Fieber, Schwere über der Brust, Mattigkeit. 
Kein Husten. Konnte auf keiner Seite liegen. Der gerufene Arzt fand 
keine objectiven Veränderungen und glaubte, dass das Ganze auf Muskel- 
rheumat ismus beruhte. 

6) 8./2. 1890. Nach der 3. Injection am Nachmittage „dieselben 
Symptome wie das vorigemal“. Lag f> Tage zu Bett. 

17 . V., 15./;-i. Is94. Einige Stunden nach der 2. Injection traten 
Schüttelfrost, Atheinnotli, Schmerzen in der Brust, besonders in der 
rechten Seite ein. Kein Husten. 

10.9. Temperatur Vormittags 39-7°, etwas Cyanuso. Auf einer 
handbreiten Stelle auf der Rückseite der rechten Lunge suberepi- 
tirende Rasselgeräusche, Bercussionston dort vielleicht etwas kürzer. Auch 
über dem entsprechenden Theilc der linken Lunge auf der Höhe des In- 
spiriums spärliches suberepitirendes Rasseln. Rat. lag 8 Tage zu Bett, 
setzte darnach die Behandlung ohne Ungemach fort. 

IS. K. L., Ofhcier. Nach der 1. Injection 1 Stunde lang Kranipfhusten. 
In der Nacht Frieren. Unwohlsein, Fieber, Stechen in der rechten Seite. 
Das Stechen hielt 3 Tage an. 

19 . U., Architekt, a) 1. 0. 1894. Nach der 8. Injection Blutung 
aus dein Injectionscanale. Ungefähr 5 Minuten darnach krampfhafter 
Husten circa 1 Stunde lang; am folgenden Morgen Fieber, Mattigkeit. 
Unwohlsein, was eine Woche dauerte. An der Injectionsstelle war beim 
folgenden Besuche keine Spur von Infiltration noch Schmerzhaftigkeit zu 
constatiren. 

b) 21/10. 1891 . Unmittelbar nach der 2. Injection Krampfh sten, 
welchen Bat. „allzugut wieder erkennt u ; am Nachmittag stiessen ähnliche 
Symptome ie das erste mal hinzu. An der Injectionsstelle nichts Sub- 
jectivcs noch Objective-s. Bat. wagt sich keiner weiteren Injection zu 
linterzn -hon. Noch nach 5 Wochen stellte sich bei tieferer Inspiration 
Hustenreiz ein. 

20. S. a) 8U./3. 1894.4 S1 linden nucli der 8. Injection entstand Stechen 
in der rechten Seite. Der hinzugerufene Arzt, fand keine Veränderung 
in den Lengen und iührte den Schmerz auf -Muskelrheumatismus zurück. 


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Feber Lungenembolien bei Inject, von uulösl. Qtieeks -Präpar. 40 j 


b) 1 ./IO. 1895. In der Nacht nach der 5. Injection Schmerzen in 
der Brust, Husten, Frieren, Fieber. Lag 4 Tage zu Bett. 

21 . B., Kaufmann, a) 2./2. 1895. Nach der 6. Injection auf dem Heim¬ 
weg Fieberschauer, Unwohlsein, Stechen in der rechten Seite. „Konnte 
trotz türkischen Bades nicht warm werden.“ Am folgenden Morgen 
wurde der Hausarzt gerufen, welcher über der Basis der rechten Lunge 
Iieibungsgerausch constatirto. Pat. lag 3 Tage zu Bett und glaubte, dass 
es Brustfellentzündung zu Folge Erkältung war. 

b) 1 ./VI. 1895. Bei der 0. Injection wurde Blutung aus dem In- 
jectionscanale notirt; ein paar Minuten später Hustenreiz, welcher 3—4 
Stunden fortfuhr. In der Nacht Frieren und Fieber. Kein Stechen. Allge¬ 
meinbetinden sehr schlecht, lag 3 Tage zu Bett. 

22 . K., Brauer. Nach der 5. Injection Abends bei der Inspiration 
Schmerz in beiden Seiten, Fieber. Der gerufene Arzt fand keine Ver¬ 
änderungen von den Lungen. Als Pat. mich eine Woche später besuchte, 
fand sich an der Injectionsstelle eine kaum nachweisbare Infiltration vor. 

23 . a) 3./9. 1893. Nach der 2. Injection stellten sich Mittags 
Schüttelfrost, Fieber, Stechen ein. Ein anderer Arzt constatirte Symptome 
„wie bei beginnender Lungenentzündung“. Lag jedoch nur 3 Tage 
zu Bett. 

b) 1./10. 1893. Nach der 7. Injection Abends intensives Stechen, 
Husten, Fieber, Uebelkeit, Mattigkeit, Herpes labialis. 

c) 5./7. 1894, Trotz der Gefahr, Lungencornplication zu erhalten, 
zieht Pat. die Fortsetzung der Injectionsbebandlung vor. Nach der G. 
Injection Nachts Stechen, Frieren, darnach profuser Schweis*. 

d) 25./1. 1895. Nach der 7. Injection am Morgen des folgenden 
Tages Stechen „mitten durch die Brust“ und grosse Schwierigkeit zu athmen. 
Grosse Mattigkeit, lag 3 Tage zu Bett. Hat darnach aufs Neue die In- 
jectionsbehandlung ohne Ungemach durchgemacht, welche diesmal jedoch 
subcutau erfolgte. 

24 . G., Kaufmann. Nach der G. Injection am folgenden Morgen 
Stechen in der linken Seite, Fieberschauer, Temperatur 39'2 n . Ein consul- 
tirter Arzt stellte seine Diagnose auf Brustfellreizung. 

25. S., Cand. med. a) 5./9. 1895. Nach der 6. Injection sofort 
starker Hustenreiz, welcher Stunde dauerte. Kein Stechen noch Schmerz 
wahrzunehmen. Bereits 2 Stunden nach der Injection 39*5°, Mattigkeit, 
Uebelkeit. Lag 4 Tage zu Bett. Beim folgenden Besuche, 1 Woche 
später, war Pat. matt, blass und et was abgemagert. Er gab an, dass er bei der 
letzten Injection local nicht dasselbe Gefühl gehabt hätte wie bei den 
vorhergehenden Injectionen, kein Gefühl von Ausdehnung im Muskel, 
nicht das geringste Zeichen von localem Schmerz oder Infiltration. 

b) 3./3. 189G. Bei einer folgenden Injectionsserie stellte sich un¬ 
mittelbar nach der 3. Injection ein eigenthümlicher, schwach säuerlicher 
Geschmack im Munde ein, welchen Pat. von obengenannter Injections- 
gelegeiihoit wieder erkannte, so dass er „gleich wusste, was weiter kommen 


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M ü 11 u r. 


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würde“. Einige Minuten darnach kam hartnäckiger Hustenreiz hinzu. 
Ebenso wie bei der vorhergehenden Gelegenheit keine Brustschmerzen. 
Am Abend 40°, allgemeines Unwohlsein. Local an der Injectionsstelle 
keine Veränderung zu eonstat iren, weder subjectiv noch objectiv. Pat. hat 
später noch eine Injectionscur ohne Complication durchgemacht. 

26. S., W erkmeister. Am Abend nach der 5. Injection „Stechen im 
Herzen“, Athemnoth, Fieber, Stechen unter dem linken Schulterblatt. 
Local weder Schmerz noch Infiltration. 

27. IL, Kaufmann. Unmittelbar nach 3. Injection ungefähr eine 
Stunde lang Hustenreiz. Nachmittags Stechen medial von der rechten Sca¬ 
pula, Schwierigkeit zu athmen, trockener Husten, Frieren, grosse Mattig¬ 
keit, Fieber, Anorrhexie. Der gerufene Arzt c<»nstatirte Bcibungsgeräusch. 
Der trockene Husten hielt einige Tage an. Pat. lag eine Woehe zu Bett ; 
noch nach 14 Tagen wurde bei tiefer Inspiration das Stechen gefühlt. 

28. J., Agent, a) d. 9./1. 18üf>. Zwei Tage nach der 7. Injection 
trat Stechen in der linken Suite des Brustkorbes ein, welches am folgenden 
Morgen verschwunden war. Kein Husten. Allgemeinbefinden etwas her¬ 
abgesetzt, Appetit gering. 

b) 11.1. 1890. Unmittelbar nach der 8. Injection hartnäckiger 
Husten. Ungefähr 10 Stunden später Frösteln, Fieber, Stechen unter 
dem linken Schulterblatt, Pat. lag einen Tag zu Butt. Er wagte nicht 
tief zu athmen, weil dabei Husten hervorgerufen wurde. Viel Schweis». 
Noch nach 10 Tagen Schmerz unter und lateral von der linken Scapula 
bei tiefer Kinathiuung. Keine objectiven Veränderung» n zu constatiren. 

liei Zusammenstellung der fi über veröffentlichten. im 
Ganzen 27 Fülle und meinen oben angeführten 2S findet mail 
ein in wesentlichen Theilen übereinstimmendes Krankheitsbild. 
In der Reihenfolge und Intensität der Symptome sind die 
Verschiedenheiten indessen nicht unbedeutend. Die Symptome 
können cingetheilt werden in 1. solche, welche sich speciell auf 
die Lungen beziehen und 2. Störungen in anderen Organen oder 
im Allgemeinbefinden. In der Hegel sind es die erstgenannte]!, 
welche das Krankheitsbild beherrschen. 

In der Mehrzahl der Fälle stellte sich fast sofort. 
2 —10 Minuten nach der Injection. Hustenreiz ein, welchem die 
Patienten Anfangs keine weitere Aufmerksamkeit schenkten, 
der aber zuweilen sehr peinigend wurde, bei dem geringsten 
A ersuche, etwas tiefer zu athmen sich einstellte und %—2 
Stunden und noch länger dauerte. Ein gewisses Angstgefühl 
mit oder ohne Hrustschmerzen war in einigen Fällen das 
erste Symptom und konnte unmittelbar nach der Injection auf¬ 
tret en. In noch anderen Fällen dagegen fühlte Patient nach 


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Feber Lungenembolien bei Inject, von unlösl. Quecks.-Priipar. 407 


der Injection nichts Ungewöhnliches, erst nach einer Zeit von 
7o—6 Stunden, zuweilen erst am folgenden Tage traten 
Störungen ein. entweder von den Respirationsorganen (Stechen, 
Athemnoth, Husten) oder im Allgemeinbefinden. Der Pa¬ 
tient bekam Kopfschmerz, fühlte sich matt und kraftlos, 
konnte nicht essen, litt an Ucbelkeit, zuweilen Erbrechen, in 
einigen Fallen an Kolikschmerzen und Diarrhöe; in Verbin¬ 
dung mit einem oder einigen dieser Symptome konnten 
Ohnmaehtsantalle hinzustossen, einmal (Fall 23 b) Herpes 
labialis. Oft begannen die Symptome mit Schüttelfrost, gefolgt 
von Fieber. Während des 2. Krankheitstages waren die Symp¬ 
tome seitens der Lungen in der Regel die vorherrschendsten, 
Brustschmerzen, Oppression und Athemnoth waren zuweilen ge¬ 
ring, in manchen Fällen dagegen stark entwickelt mit Orthopnoe, 
Cyanose und profusem Schweiss. Objectiv konnte in vielen Fällen 
nichts Abnormes narhgewiesen werden; die Athmung war meist 
unbestimmt und oberflächlich, in anderen Fällen konnte auf 
einem beschränkten Gebiete der einen oder beiden Lungen 
suberepitirendes Rasseln, zuweilen Reihungsgeräusch und etwas 
kürzerer Percussionston eonstatirt werden. Diese Verände¬ 
rungen steigerten sich oft während des 3. und 4 Krankheits¬ 
tages; in leichteren Fällen aber waren die Symptome schon 
nach dem 2. Tage im Rückgang und der ganze Verlauf in 
weniger als einer Woche beendet. In einzelnen Fällen blieb 
der Schmerz im Thorax bei tieferer Inspiration noch mehrere 
Wochen lang bestehen. (Fall 1, 10). 

Schüttelfrost fehlt oft, wechselt viel in der Intensität 
und Dauer; in einigen Fällen stellte sich Ende des zweiten 
(0 e d m a n s so n), vierten und fünften (Quincke) Tages ein 
neuer Anfall von Schüttelfrost ein, auf welchen profuser Schweiss, 
Fieber (bis 40*5°), Dispuöe und Hustenreiz folgten. 1 ) 

Fieber kann ganz ausbleiben, und das auch in Fällen, 
wo die Respirationsstörungen stark hervortreten (z. Ii. Blasch¬ 
kos Fall 1). In der Regel steigt die Temperatur nicht so hoch, 
sie bewegt sich zwischen 38*5 und 3fP5°, die höchste war 40*5° 
(Quincke). Das Temperaturmaxinium wurde gewöhnlich am 

') Ich bin liier au mehreren Stellen Öd maus so ns erschöpfender 
Symptombesclireibimg gefolgt. 


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Möller. 


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Abend des zweiten Tages, zuweilen früher, ausnahmsweise später 
beobachtet. Die Pulsfrequenz ist in der Regel erhöht, 100—120. 

Husten fehlt zuweilen. Wo er als Initialsymptom gleich 
nach der Injection auftritt. ist er stets ohne Auswurf; später, 
den 3. oder 4. Tag, kommt mitunter ein unbedeutender Aus¬ 
wurf vor, welcher meist schleimig und mit Blutstreifen unter¬ 
mischt ist, ausnahmsweise dunkelrothe, luftfreie, homogene 
Klumpen enthält (Fall 4). 

Auch das Seitenstechen kann ausbleiben. Es tritt auf ver¬ 
schiedenen Theilen des Brustkorbes auf und verändert zuweilen 
seine Stelle. Häufig wird der Schmerz hinter dem Sternum, 
mehr oder weniger nach den Seiten ausstrahlend, in der Herz¬ 
gegend oder unter den Schulterblättern vernommen. Ausnahms¬ 
weise 4 wurde das Stechen unmittelbar nach der Injection ver¬ 
spürt (O e d m a nsso n, mein Fall 2); es ist in der Regel am Abend 
des Injectionstages. zuweilen doch erst später vorhanden. Das 
Stechen und die Athemnoth sind das augenfälligste Symptom. 

In vielen Fällen kann die physikalische Untersuchung 
keine Veränderungen in den Lungen naehweisen. Dies beruht 
oft darauf, dass die Respiration zufolge des Schmerzes sehr 
oberflächlich i>4, in anderen Fällen wahrscheinlich darauf, 
dass der Krankheitsprocess sehr leicht war oder central lag. 
Wo Veränderungen vorhanden sind . werden sie in der 
Regel über dem unteren hinteren Tlieile der einen oder beider 
Lungen, zuweilen in der Seitenregion oder nach vorn beob¬ 
achtet ; die gewöhnlichsten auscultatorischen Erscheinungen 
sind Rasselgeräusche, suberepitirende oder mittelblasige; das 
Respirationsgeräusch ist so gut wie immer vesiculär, zuweilen 
scharf, nur ganz ausnahmsweise bronchial (Blaschko). In 
mehreren Fällen wurde ein meist schwaches Reiben über eben 
erwähntem Gebiete oder etwas höher wahrgenommen. Der 
Rercussionsschall ist zuweilen und dann in geringem Grade 
gedämpft. Die \ eränderungeu in den Lungen wurden gewöhn¬ 
lich erst dann beobachtet, nachdem das Fieber sein Maximum 
erreicht oder abzunehmen begonnen hatte, und bestanden noch 
einige Tage, nachdem Heberfrciheit eingetreten war. Sie sind 
gewöhnlich unbedeutend und sieben in keinem Yerhältmss zu 
der Heftigkeit des Seitenstechens und der Athemnoth. 


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Leber Lungenembolien bei Inject, von urilösl. Querks.-I’riipar. 409 


Der zweite Pulmonalton ist oft deutlich accentuirt. 

Ein eigentümlicher, schwach säuerlicher Geschmack im 
Munde kann das erste, unmittelbar nach der Injection auftre¬ 
tende Symptom sein (mein Fall '25, a und b), oft stellt sich 
Uebelkeit, sogar Erbrechen ein. zuweilen Koliksehmerzen und 
Diarrhöe, doch keine blutige. AVo nicht Fieber oder Dyspnoe 
mit Cvanose vorherrschend sind, ist Patient blass: zuweilen 

%/ 7 

kommt Ohnmacht vor. 

Eine geringe, bald vorübergehende Albuminurie ist oft 
notirt worden. 

Lesser betont in seinem ersten Falle das Fehlen von 
aller localen Ileaction nach dieser injection im Gegensatz zu 
dem. was bei den früheren Injectionen der Fall war. Dies 
würde dafür sprechen, dass die Injectionsmasse direct in eine 
Vene gekommen ist. Bei einigen meiner Fälle steht notirt, 
tlieils dass die Blutung durch deu Einstichcanal reichlich war, 
theils dass die Ileaction hinterher gering ausfiel oder fehlte, 
(konstant ist weder die Blutung noch das Ausbleiben der Ileaction. 
In dieser Beziehung von Interesse ist der auch von anderen 
Gesichtspunkten bemerkenswerthe Fall 25, n und /a, wo der Pa¬ 
tient beide Male mit Bestimmtheit angab, im Injcctionsmomente 
ein von dem Gewöhnlichen abweichendes Gefühl gehabt zu haben. 

III. Wenn, wie Quincke annimmt, die Veränderungen in 
den Lungen nur ein Ausdruck für eine acute Intoxication sein 
sollten, in derselben Weise wie Stomatitis und Enteritis, so 
macht sich — wie auch Oedmansson hervorhebt — sofort 
die Frage geltend, warum nicht Lungencomplicationen bei an¬ 
deren Formen von Quecksilberbehandlung beobachtet worden 
sind. Der Auffassung von dem Ivrankheitsprocesse als einem 
embolischen Infarct widersprechen weder die Symptome noch 
der Verlauf: der plötzlich auftretende Hustenreiz, blutiger 
Auswurf, die Begrenzung des Processes auf beschränkte Ge¬ 
biete der unteren Theile der Lungen. Ein acutes üedem und 
eine trockene Pleuritis sind gleichfalls gewöhnliche Phänomene 
in der Eingebung eines hämorrhagischen Infaretes. Um womög¬ 
lich etwas weiter als zu wenn auch sehr wahrscheinlichen Hypo¬ 
thesen zu kommen, machte ich eine Anzahl auf verschiedene 
W eise angeordneter Thierversuche. 


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Müller. 


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1. In die Ohrenvene von 12 Kaninchen wurde eine 
lOprocentige Paraffinsuspeusion von essigsaurem Thymolqueck- 
silber injieirt Von dieser Mischung ist nach Zeising 1 ) 
0'4 Ccm. pro Kilo vom Körpergewicht des Kaninchens, intra- 
muscular injieirt, acut toxisch, d. h. es tödtet binnen 24 Stunden. 
Vor der Injection wurde die Temperatur im Rectum untersucht, 
das Thier wurde gewogen und die zu injicirende Dosis be¬ 
rechnet. Die Injection geschah stets gegen 12 Uhr Mittags. 
Kinem Kaninchen wurde eine volle Dosis injieirt; der Tod er¬ 
folgte fast augenblicklich. Um einem solchen hyperacuten Ver¬ 
lauf vorzubeugen, wo der Tod eintrat, bevor noch charakteristische 
Veränderungen sich auszubilden Zeit gehabt hatten, injicirte ich 
von den übrigen 11 Thieivu 7 eine halbe toxische Dosis und 4 
eine viertel Dosis. Rei sieben Thieren trat der Tod in einer Zeit 
von einem halben Tage bis drei Tagen ein; eins wurde nach 
drei Tagen getüdtet; eins starb nach 15 Tagen; zwei, welche 
sich augenscheinlich nach dem Kingritte vollkommen erholt 
hatten, wurden am 23. resp. 30 Tage gelödtet. 

Reobachtungen an dem lebenden Tliiere zeigten fast con- 
stant einige Stunden nach der Injection eine gewisse Renom- 
menheit und Schlaffheit, das Thier sass fast ununterbrochen 
still. Die Temperatur, welche beim Injectionsacte ungefähr 
39° war, stieg in einer Reihe von Fällen am Abend um 1— 2°, 
war auch am Morgen des folgenden Tages hoch, ging dann 
aber zur normalen herab und darunter. Bei einigen zeigte 
sich das Steigen der Temperatur erst am folgenden Morgen, 
bei einigen wieder stieg sie gar nicht. Von Symptomen, 
welche auf eine Veränderung in den Respiratnrnsorganen deuten, 
wurde nur eine oft bedeutend erhöhte Respirationsfrequenz 
und bei mehreren Thierchon das Erscheinen eines blutigen 
Schaumes um die Nasenlöcher beobachtet. Vou den Digestions- 
verär derungen war Appetitlosigkeit und hei einem Tliiere eine 
nicht blutige Diarrhöe zu bemerken. Salivation oder Stoma¬ 
titis trat niemals auf. Die Gewichtsabnahme, welche in der 
Regel während der ersten Tage eintrat, wurde bei den beiden 
sich wieder erholenden bald ersetzt, wornach das Körper- 


*) Verhandlungen der Deutschen dermat. Gesellschaft. 18*9 p. 3*2*. 


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lieber Lungenembolien bei Inject, von unlüsl. Quecks.-Präpar. 411 


gewicht zunahm. An der Injectionsstelle entstand ungefähr 
eine Woche später längs der Iujectionsvene in einer Ausdehnung 
von 1—2 Cm. in centraler Richtung eine trockene Gangräne, 
welche nach weiteren 2—3 Wochen vernarbt war. 

Die Autopsie ergab in 10 Fällen Veränderungen in den 
Lungen, und diese waren im Verhältnis zu den übrigen Or- 
ganveränderungen so ausgesprochen dass sie da, wo der 
Tod erfolgt ist, diesen müssen verursacht haben. Die Ver¬ 
änderungen waren allerdings in den verschiedenen Fällen 
ihrer Intensität und Ausbreitung nach recht verschieden, aber 
zusammengestellt mit einander und der Zeit, variirend zwischen 
einem halben Tage und 15 — 30 Tagen, in welcher der Krank- 
heitsprocess zu Stande gekommen ist, erweisen sie sich einer 
gewissen Regel unterworfen und haben einen bestimmten Typus. 
ISei den 3 Thieren, welche nur 12 Stunden nach der Injection 
lebten, war im Lungengewebe auf einer Seite oder auf beiden 
und besonders an dem unteren Tlieile derselben ein sehr aus¬ 
geprägter Rlutreichthum mit Oedem, trübe Beschaffenheit der 
Pleura über denselben Theilen und ein geringer blutiger, 
flockiger Inhalt in der entsprechenden Pleuracavität zu be¬ 
merken. In den 4 Fällen, wo die Veränderungen 2-3 Tage 
zu ihrer Entwicklung gehabt haben, fanden sich Herde von 
einem dunkel graurotheu, trüben, festen aber mürben, luft¬ 
leeren Gewebe vor, welche stets die unteren Partien des un¬ 
teren Lobus einnahmen, entweder so, dass dessen untere 
1—2 Drittel durch eine scharfe Linie von dem darüber lie¬ 
genden lufthaltigen Gewebe abgegrenzt wurden, oder auch 
war das infiltrirte Gebiet mehr unregelmässig begrenzt, aus 
einer Menge erbsengrosser oder kleinerer confluirender Herde 
zusammengesetzt. Die Pleura war an solchen Stellen trübe, 
zottig, zuweilen mit dicken, fibrinösen Belegungen versehen. 
In einem Falle hatte sich der Process von der rechten Pleura¬ 
höhle durch das Diaphragma bis zu dessen unterer Fläche 
und der Peritonealbekleidung der Leber fortgepflanzt. — In 
einem etwas späteren Stadium (z. B. wenn der Tod nach 15 
Tagen eingetreten war) waren die beiden Pleurablätter, ent¬ 
sprechend den unteren Theilen der unteren Loben, durch 
nicht ablösbare Adhärenzen zusammengelüthet; das verdichtete 


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Möller. 


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Lungengewebe, welches durch eine scharfe Demarcationslinie 
von dem normalen Gewebe darüber abgegrenzt war, zeigte 
theils Partien von trüber graugelber Farbe und mürber Cou- 
sistenz. theils darin eingespreugte Inseln von grösserem Blut- 
reichthum und fester, aber zäherer Beschaffenheit (beginnende 
Organisation). — Endlich, einen Monat nach der Iujection, als das 
Thier vollkommen genesen war, fanden sich ausgezogene strang- 
förmige Adhärenzen zwischen den Pleurablättern, und an dem 
hinteren unteren Kunde des unteren Lobus eine weissgelhe, 
feste, narbige Einziehung von der Grösse einer halben Erbse 
vor. — Nach Aufschneiden der Pulmonalarterie wurden in 
deren unteren Verzweigungen, entsprechend den veränderten 
Eungenparticn, Thromben angetrotfeu, welche in den frischen 
Fällen ganz lose, in den 2—! : > Tage alten deutlich adhärent, 
nach 15 Tagen sehr fest adhärent waren. An den übrigen Or¬ 
ganen wurden keine bemerkenswerthen Veränderungen beo¬ 
bachtet. Die Nieren zeigten in einem Falle trübe Schwellung; 
di« Blase war sehr gespannt, enthielt einen trüben, flockigen 
I rin, welcher sauer reagirte und Albumin, Leukocyten und 
körnige Cylinder enthielt. 

Bei einem Thiere, welches 2 ) Tage nach der Iujection 
von einer halben toxischen Dosis getödtet wurde, konnten weder 
an den Lungen, noch anderen Organen Veränderungen con- 
statirt werden. 

Mir die m i k r o s k o p i s c h e Unters u c h u n g wurde 
das Material in Müller unter Zusatz von 4 Procent Formalin 
gehärtet und dann theils mo h vorausgegangener Oarminfäi bung 
in Paraffin und theils in Celloidin eingebettet. Färbung mit 
Ilämatoxylin-Eosin, Satfranin. Daldia u. s. w r . 

Es galt zunächst, in den Lungen das injicirte Quecksilber- 
präparat wiederzutinden. Dies erwies sich am leichtesten in 
den Fällen, wo der Tod früh eingetreten war. '4—1 Tag nach 
der Iujection; am besten für diesen Zweck waren ziemlich 
dicke, aus freier Hand gemachte Schnitte ohne irgend welche 
Einbettung. Man findet da an den lang- und quergesclmittcnen 
Endzweigen der Lungenarteiien grössere und kleinere Partikel¬ 
chen vom Thymol - Quecksilberpräparat an einer Stelle des 
Gelasses eingekeilt, wo dessen Durchmesser dem des fremden 


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Ueber L'ingeni-niliolien bei Inject, von unlbsl. Quecks.-l’räyar. 413 


Körpers entspricht. (Vergl. Fig. 1.) In dessen unmittelbarer Um¬ 
gebung sind keine Paraffiutropfen zu selten, welche dagegen in 
den kleinen Gefässen und Capillaren der Nachbarschaft äusserst 
reichlich Vorkommen (siehe unten !). Das Lumen des Gefiisses ist 
übrigens vonLeukocyten(obturirendeThromben) angefüllt, dessen 
(iefässscheide und nächste Umgebung sind äusserst reichlich klein¬ 
zellig intiltrirt (Fig. 2). In dem angrenzenden Lungengewebe zeigen 
die Interalveolarsepta an gewissen Stellen bedeutende Zellenan¬ 
häufungen, die Capillaren sind dilatirt. geschlängelt und bilden 
Einbuchtungen in den Alveolen. Diese nebst den Bronchioli ttud 
Alveolargängen sind mit mehr oder weniger veränderten rothenBlut- 
körperchen, einer wechselnden Zahl Leukocyten und grossen, zu¬ 
weilen polygonalen Epithelzellen (desquamirten Alveolarzellen) an- 
angefiillt. In Schnitten von Lungen vom 4. und 5. Krankheitstage 
sind nekrotis -he Veränderungen der Exsudatmassen vorherrschend; 
im Gesichtsfelde findet man eine Menge cirenmscripter, abge¬ 
rundeter kleiner Herde mit einem thrombosirten Gefäss in der 
Mitte und um diese eine körnige, trübe structurlose Masse, in 
welche eine geringe Anzahl noch färbbarer Leukocyten eingestreut 
sind. Zwischen diesen Herden ist das Gewebe luftführend, hat 
aber kleine, contrahirte Alveolen und stark dilatirte und ge¬ 
schlängelte Capillaren. — Ein späteres Stadium der Verände¬ 
rungen zeigen Schnitte von dem Thiere, welches erst lö Tage 
nach der Injection starb; die Nekrose im Lungenparenchym 
und den pleuritischen Membranen gibt allmülig einem leb¬ 
haften Organisationsprocesse Kaum: zahlreiche Leukocyten 
wandern ein, spindelförmige Zellen werdeu immer mehr über¬ 
wiegend, Gefässe bilden sich neu und wachsen in die Thrombus¬ 
massen hinein; das Endresultat wird ein zellenreiches Binde¬ 
gewebe (Fig. 4). Nirgends konnte ich Zeichen eines Schmelzungs¬ 
oder Suppnrationsprocesses linden. 

2. Weil Watraszewski der Ansicht ist. dass das Suspen¬ 
sionsvehikel einen wesentlichen Antheil am Krankheitsprocesse 
hat und dass grössere und lebensgefährlichere Geweheverände- 
rungen durch eine Parail’inemulsion verursacht werdeu. als wenn 
dasselbe Mittel in einer Gummilösung suspendirt ist, so injicirte 
ich, unter sonst gleichen Verhältnissen w r ie in der vorher¬ 
gehenden Serie, einem Kaninchen eine viertel toxische Dosis in 


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Möller. 


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einer lOprocentigen Gummilösung. Der Verlauf war ganz analog 
wie in den vorhergehenden Fällen, das Thier starb bereits 10 
Stunden nach der Injection. Die rechte Herzkammer war durch 
Blutgerinsel stark ausgespannt, die ganze Lungenarterie mit ihren 
Verzweigungen war von Thromben angefüllt, und das Lungenge¬ 
webe zeigte makro- und mikroskopisch dieselben Veränderungen, 
wie sie hier oben beschrieben worden sind: thrombotisirte Gefässe, 
in deren Endzweige eingekeilte Thymol-Quecksilberpartikelchen, 
um diese herum intensive Reizungspbänomeue in Form von peri- 
vasculären Zellenintiltraten; gleichzeitig hiermit eine hämor¬ 
rhagische Infarctbildung. 

3. Um indessen zu ergründen, ob und in wie weit das Ve¬ 
hikel allein Störungen in den Lungen hervorruft, injicirte ich 
in die Ohrvenen von 7 Kaninchen Paraftinum liquidum. Un¬ 
mittelbar nach der Injection beobachtete ich bei (lurchfallen¬ 
dem Licht während eines Augenblickes, wie ein Schwarm heller 
Tropfen aufwärts nach aussen und central durch die anastomo- 
sirenden Venenzweigehen des Ohres eilten. Hei 2 Versuchs- 
thieren wurde ein Ccm. eingespritzt, bei den übrigen ein halber 
Ccm. Die beiden ersteren starben im Laufe einer Stunde unter 
Symptomen vom centralen Nervensystem: heftiger klonischer 
Krampf, darauf Paralyse. Die fünf anderen schienen ganz un¬ 
berührt zu sein, die Temperatur zeigte keine Veränderung, 
hinsichtlich der Respiration, des Appetites, der Lebhaftigkeit 
u. s. w. war keiu Unterschied zwischen diesen und den nicht 
injicirten Kaninchen zu bemerken. Die Thiere wurden durch 
Deeapitation 1, 2 und 3 Wochen nach der Injection getödtet. 

Bei der Autopsie wurden eonstant Veränderungen in den 
Lungen gefunden. Deren Flächen, besonders die der unteren 
Loben, zeigten eine grosse Menge kleiner, lebhaft rotlier Herde, 
von der Grösse eines Hanfsamen-, Senfkornes und noch kleiner, 
scharf begrenzt, rund, unmittelbar unter der Pleura gelegen, 
welche glatt und glänzend war. Ab und zu zeigte ein Fleck 
im Centrum einen hellen Punkt. Durch Confluenz einer Mehr¬ 
zahl kleinerer entstehen bohnengrosse und noch grössere rothe 
oder blaurothe Herde mit unregelmässigem Contour und etwas 
fester für das Gefühl als das umgebende Lungengewebe. Ausser 
diesen kleinen subpleuralen Herden konnten keine Veränderungen 


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Leber Lungenembolien bei Inject, von unlösl. Quecks.-Präpar. 415 


constatirt werden, weder in den Lungen noch in anderen Or¬ 
ganen. Bei Tliieren, welche eine Woche nach der Paraffm- 
injection getödtet waren, wurde neben einer geringen Anzahl 
noch vollkommen deutlicher Blutungsherde über grosse Gebiete 
der Lungenfläche eine diffuse graubraune Missfärbung vorge¬ 
funden. Vierzehn Tage nach der Injection keine andere Ab¬ 
normität als genannte Schieferfärbung, und nach 3 Wochen 
konnte in den Lungen nichts Abnormes nachgewiesen werden. 

Das Paraffin mikroskopisch in den Lungen wiederzufinden, 
war Anfangs mit Schwierigkeit vereint und zwar theils darum, 
weil das leichtflüssige Paraffin aus dem dünnen Schnitt heraus- 
fliesst und theils darum, weil es wegen seiner vollkommenen 
Durchsichtigkeit im Schnitte schwer deutlich zu erkennen ist 
und sich gegen Farbstoffe (Osmium u. a. welche versucht 
wurden) negativ verhält. Indessen wurden sehr befriedigende 
Präparate mit Gefriermikrotom erhalten, wie auch dadurch, 
dass das Paraffin vor der Einspritzung mit Alkanuawurzel 
stark rothgefärbt. wurde, wornach das in Müller-Formalin ein 
paar läge lang gehärtete Stück aus freier Hand geschnitten, 
vorsichtig mit Hämatoxylin gefärbt und in Wasser eingelegt 
wurde, welches bedeutend weniger lichtbrechend wirkt als das 
Paraffin, das dadurch sehr gut hervortritt. Das Paraffin 
zeigt sich in Form von stark lichtbrechenden, ungleichförmigen 
Tropfen, Halbmonden oder Ringen, häufig in Form von eiuer 
Doppeleontour innerhalb der Peripherie des Getasslumens (Fig. 5 
u. (j). Durch Druck der Liuse gegen das Deckglas kann man die 
Breite des Paraffinringes nach Belieben vermindern, indem 
dabei Tropfen abgetrennt werden und in die Umgebung hinaus 
wandern. Die mit Paraffin gefüllten Capillaren sind schimmernd, 
dilatirt und buchten sich in die Alveolen hinein. In dünneren 
Schnitteu (Paraffineinbettung, Hämatoxylin u. s. w.) findet man 
in der nächsten Umgebung der Gefässe eine vielleicht etwas er¬ 
höhte Anzahl Leukoeyten und die Alveolen stark angefüllt von 
rothen Blutkörperchen mit einzelnen eiugeschwemmten grossen 
Epithelzellen (Fig. 5). 

4. Anstatt Paraftinum liquidum wurde bei zwei Kaninchen 
*/„ Ccm. lOpercentiger Wasserlösung von Gummi arabicum in- 
jicirt. Keinerlei Veränderung war bei Lebzeiten zu constatiren. 


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4i<; 


M 11 L> r. 


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Die Thiere wurden nach zwei Tagen deeapitirt. Auf der 
Fläche der Lungen fanden sich auch hier miliare rothe Fleck¬ 
chen von eben beschriebenem Aussehen, jedoch in weit ge¬ 
ringerer Anzahl. Mikroskopisch wurde auch die intraalveolare 
Blutausfüllung weniger ausgeprägt als in Schnitten von Lungen 
mit Paraffinembolien befunden. 

5. Während in siininitlichen vorhergehenden Versuchen die 
Injection intravenös gemacht wurde, injicirte ich bei 8 Kanin¬ 
chen Thymol-Quecksilber in Paraffinsuspension intramuscular 
in die Glutealmusculatur. Weder Temperaturveränderung noch 
irgend eine andere erhebliche Veränderung waren bei Lebzeiten 
zu bemerken. Die Thiere wurden am 3., 4., 8. und 15. Tage 
nach der Injection getödtet. Weder die Lungen noch andere 
Organe zeigten krankhafte Veränderungen. 

Die Resultate dieser Versuche dürften folgemlermassen 
zusammengefast werden können: 

Bei intravenöser Einspritzung einer Suspension von essig- 
saurem Thymol-Quecksilber, wie auch von flüssigem Paraffin 
oder einer Wasserlösung von Gummi arabicum werden bei 
Passiiung des Lungenkreislaufes Circulationsstörungen eiuboli- 
scher Natur hervorgerufen. Die Intensität des Kr uikheitspi o- 
cesses ist indessen bei diesen drei Stoffen wesentlich verschieden 
und nimmt in der Ordnung ah, wie sie eben genannt worden 
sind. Ein Embolus vom Quecksilbersalze verursacht nämlich 
ausser der hämorrhagischen Infarctbildung eine recht bedeu¬ 
tende Irritation, wodurch exsudative l'rocesse von Anfang an 
überwiegen und grössere oder kleinere hämatogene pneu¬ 
monische Herde rcsultiren. Ob das Quecksilbersalz in Paraffin 
oder in Gummi arabicum suspendirt ist, spielt — im Gegen¬ 
satz zu Watraszews ki's Annahme — keine Rolle, was leicht 
erklärlich ist. sobald man gefunden hat, dass es die eingekeilten 
Thymohpiecksilber-Partikelchen selbst sind, welche die unver¬ 
gleichlich bedeutungsvollsten Veränderungen hervorrufen. 

Wenn wir Fig. 1 betrachten, so ist es klar, dass feste 
Partikeln solchen Calibers in einem Arterienästchen hängen 
bleiben müssen. Das grössere der Partikelchen misst in seinem 
grössten Piameter 40—tl ili . End wenn man im Mikroskop 
einen Tropfen Thymohpieckrdlbersuspension untersucht, so findet 


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lieber Lungenembolien bei Inject, von unlösl. Quecks.-Präpar. 417 


ruan unter einer Hauptmasse von äusserst kleinen amorphen 
Körnchen, von welchen 10—20 zusammengelegt werden müssten, 
um die Grösse eines rothen Blutkörperchens zu bilden, in 
einem Gesichtsfelde 15—20 grössere Partikelchen mit krystal- 
linischer Structur, scharfen Kanten und Winkeln, von denen 
der eine und der andere bis 180 fx misst, d. h. nahezu 0‘2 Mm. 
Des Vergleiches wegen untersuchte ich auch eiue Suspension 
von Calomel alcoholisatus und 01. einer. (Lang). Calomel 
zeigt in einem Gesichtsfelde 5—8 Partikelcben von ungefähr 
derselben Grösse wie das vorerwähnte Präparat, im Gegensatz 
zu diesem haben aber die oval polygonalen Calomelpartikelchcn 
abgerundete Ecken. Ol. einer, dagegen ist sehr fein vertheilt; 
einzelne der grössten Kügelchen messen 10 u. Da nun eine 
Capillare in gelulltem Zustande (beim Menschen) einen Quer¬ 
durchmesser von nur 6—10 i< (Toi dt) hat, so ist es schon 
a priori klar, dass dann, weun feste Partikelchen von eben be¬ 
schriebener Grösse in eine Vene kommen, sie im zuerst 
angetroffenen Capillarnetze, d. h. hier in dem der Lungen, 
abtiltrirt werden und hängen bleiben, während die Hauptmasse 
des Präparates weiter circulirt. Je grösser die Partikelchen 
sind, in desto grössere Arterienzweige keilen sie sich ein, desto 
grösser wird der Infarct und die Pneumonie, desto intensiver 
werden die klinischen Phänomene. 

Auf Fig. 1 sind in der nächsten Umgebung des Thymol¬ 
quecksilbers keine Paraffintropfen zu sehen, wohl aber an 
anderen Stellen desselben Schnittes. Die festen Partikelchen 
und das Vehikel kommen auf verschiedenen Stellen vor. Ich 
halte dafür, dass meine Versuche sowohl klinisch wie patho¬ 
logisch anatomisch dargelegt haben, dass sowohl Intensität als 
Umfang der Lungenatfection bei intravenöser Injection von uu- 
löslichen Quecksilberpräparateu von dem Präparate selbst ab¬ 
hängig ist, oder, näher bestimmt, von dessen grösseren Parti¬ 
kelchen. Ebenso geht aus diesen Versuchen hervor, dass, 
während bei intravenöser Injection Veränderungen in den 
Lungen so gut wie constant folgen, so geschieht dies in der 
Regel gar nicht bei in tramus cular er Injection desselben 
Präparates. Wenn deshalb bei der letzteren Injectionsart aus¬ 
nahmsweise Lungenatfection zu Stande kommt, so kann man 

Archiv, f Dermatol, u. Syphil. Band XXXVII. 27 


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4 IS 


Möller. 


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nnnehmen, (lass ein Theil des Injicirten in eine Muskelvene ge¬ 
kommen ist. Und hiermit sind wir der Gewissheit sehr nahe, 
dass dann, wenn hei Menschen die oben beschriebenen Coru- 
plicationon von Seiten der Lungen entstehen, diese ihren Grund 
in Processen haben, analog den hier hei Kaninchen auf expe¬ 
rimentellem Wege erzeugten. Der klinische Verlauf stimmt 
mit dieser Annahme gut iiherein. Und die Verschiedenheiten 
in den Lungensymptomen betreffend Intensität, Umfang und 
Ihdhenfolge, lassen sich theils durch die Anzahl und Grösse der 
Embolien, theils auch durch deren Lage, in näherer Nachbarschaft 
von einem Bronchus oder der Pleura etc. erklären. 

Wenn indessen der Krankheitsprocess in den Lungen von 
den grösseren Partikeln des Injicirten hervorgerufen wird, so sind 
dagegen eine Menge der übrigen Symptome als der Ausdruck einer 
acuten Quetdcsilborintoxication aufzufassen. Eine solche muss 
leicht entstehen können durch die Masse des Quecksilberpräparates, 
welche auf einmal ins Illut gelangt und dort circulirt und wahr¬ 
scheinlich sehr schnell in lösliche Verbindungen übergeführt wird. 
Uie fast augenblicklich nach der Injection auftretende Geschmacks¬ 
veränderung in Fall 25 n und h dürfte wohl derartig aufzufassen 
sein, desgleichen auch die etwas später entstehenden Störungen 
im Digestionscauale, Blässe, Mattigkeit, Albuminurie das 
Erythem, welches hin und wieder beobachtet worden ist. Diese 
Annahme wird einigermassen dadurch bestätigt, dass dasselbe 
Symptomenbild, die Lungenerscheinungen ausgenommen, bei 
iutrauiusculärer (intravenöser Vj Injection von löslichen Queck- 
idlberpniparaten zuweilen entsteht ; als Beispiel dürften folgende 
zwei Fälle anzuführen sein, in welchen 1 Ccm. Sozojodol- 
Quecksilberlösung (nach der Formel: Sozojodol. hvdrarg. 0.80, 
Kali jodat. 1, Aqu. (lest. 10) intramuscular injicirt wurde. 

1. S. Feldwebel. Fast unmittelbar nach der 4. Injection trat Stuhl- 
dntng auf. Gegen Abend nahmen die Tenesnion noch mehr zu unter Ent¬ 
leerung eines blutigen Schleimes, wozu wiederholtes Erbrechen kam. 
Gleichzeitig klagte l’at. über Kopfschmerzen, schlechten Geschmack im 
Munde, Unvermögen zu essen, grosse Mattigkeit; musste sich zu Bett 
legen. Im Harne war eine geringe Menge Albumin vorhanden. Am 3. Tage 
war der Zustand etwas besser, Pat. konnte aufstehen, die Blässe, die 
Mattigkeit und die Anorrhexie aber hielten noch eine Woehe an, wonach 
dieselbe Injeetionsbehandlnng ohne Ungemach fortgesetzt wurde. 


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Uelier Lungenembolien bei Inject, von unlösl. Quecks.-I’räpar. 419 


2. V., Frau. Ein paar Stunden nach der 3. wie der 4. Sozojodol- 
Quecksilberinjection entstand Schmerz in der Herzgrube, Diarrhöe, Kopf¬ 
schmerz, Schmerzen in der Nierengegend. Im Harn kamen Albuinen, 
reichliche Epithelzellen von wechselnder Form, aber keine Cvlinder vor. 
Nach 5—6 Tagen waren sämmtliche Symptome verschwunden und die 
Behandlung wurde fortgesetzt. 

In diesen beiden Fällen trat also sofort eine bald vor¬ 
übergehende acute Quecksilberintoxication ein, wahrscheinlich 
darum, weil das Injicirte in eine Vene gelangt war. 

IV. Der Gefahr vor Embolien dürfte zu entgehen sein, wenn 
man ein hinreichend feines und gleichmässig pulverisirtes Prä¬ 
parat erhalten könnte, vor allem aber, wenn man bei den In- 
jectionen die Lädirung von Gewissen sicher zu vermeiden im 
Stande wäre. Dem ersteren Zweck entspricht, wie oben an¬ 
gedeutet, unter allen jetzt gebräuchlichen unlöslichen Queck¬ 
silberpräparaten 01. einer. (Lang) am besten. Als eine Weise, 
das Eindringen der Injectionsmasse in die Blutgefässe zu ver¬ 
hindern, schlägt Dia sch ko vor, nach Einstich der Nadel erst 
abzuwarten, ob sich keine Blutung an der Seite der Canüle 
zeigt, und nur dann, wenn dies nicht der Fall ist, die Iujection 
auszuführen. 

Um die grossen intramusculären Gelasse 1 ) zu vermeiden, 
bin ich während der letzten 4 Monate zu der subcutanen In- 
jectionsweise zurückgekehrt, d. h. die Iujection wird in derselben 
Region wie vorher und ziemlich tief applicirt, jedoch ober¬ 
halb der Muskelfascie in der Art, dass ich eine dicke Falte 
der Haut und des subcutanen Gewebes, parallel mit der Mittel¬ 
linie erfasse, die Spritzenspitze ihrer ganzen Länge nach in 
der Richtung der Hautfalte tief hinein unter die Haut und das 
subcutane Gewebe stosse. Bei fetten Personen mit dickem 
Panniculus, besonders bei Frauen, kann man allerdings, ohne 
Gefahr zu laufen, dass man in die Musculatur dringt — bei 

*) Auch Arterien können bei der Injection lüdirt werden. In einem 
meiner Fälle entstand fast unmittelbar nach dieser eine bedeutende intramus- 
cuUire Blutung' mit sehr starker Auftreibung der Glutealregion und eine 
mehr als Flachhand grosse Sutfusion. Die Schmerzen des Patienten 
waren ungefähr 14 Tage sehr stark, doch widersetzte er sich einem opera¬ 
tiven Eingriff. Endlich kam es zu brandiger Abstossung, obgleich ziemlich 
oberflächlich, und zulef/.t zur Heilung und Resorption. 

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420 


Möller. 


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Anwendung von Nadeln von 3 cm Lange — die Nadel gerade 
hinein, reclitwinkelig zur Oberfläche, führen. Auf diese Weise 
habe ich 240 Injeclionen bei 3f> Pati«*nten ausgetülirt, von welchen 
verschiedene dieselben waren, welche bei intramusculärer Injection 
von Lungenaffection betroffen wurden (z. R Fall 23): In keinem 
Falle ist Complication seitens der Lungen entstanden. Und die 
übrigen Unannehmlichkeiten, Schmerzen und Infiltrat, haben sich 
wenigstens nicht grösser als bei intraiuusculären Injectionen er¬ 
wiesen. Es verdient noch hervorgehoben zu werden, dass sämmtliche 
bisher veröffentlichte Fälle von Limgencomplication nach intra* 
musculärer Application des Präparates tungetroffen sind. Anderer¬ 
seits tlieilt Ne iss er 1 ) mit, dass in seiner Klinik, wo die In¬ 
jectionen stets subcutan erfolgen, von SO-) Patienten, welche 
eine vollständige Cur rnit Thymol-, Salicyl-LUiecksilber oder 
Oleum einer, durchgemat ht haben, nur ein einziges Mal ähnliche 
Symptome wie die von Lesser beschriebenen aufgetreten sind. 

Die intramusculäre Injectionsweise ist also mit bedenklichen 
Oelähren verbunden und dürfte vielleicht aufzugrben sein. 
Die Injectionstherapie ist allerdings auch in ihrem augenblick¬ 
lichen Entwickelungsstadium unersetzlich und meiner Ansicht 
nach den anderen Duecksilberinetlioden überlegen, ist aber bei 
Weitem noch nicht fertig ausgebildet. 

') Arch. f. Denn. u. Sypli. 1S S U. Frg.-H. p. odö. 

Erklärung der Abbildungen auf Taf. XI. 

Fig. 1. Zwei Emboli von essigsauivm f I hymol-Quecksilber, in ein 
Lungenarterien - Emhistchen eingekeilt. ' rl Tag naeli der Injection. 

F i g. 2. Scbrägg»‘8<'bnitt«-m*s Lung-uiarterienzwcigeben. Der Thym- 
Queoks.-embolus ist von einem obturirenden Thrombus umgeben. IYrivaseu- 
bire Pneumonie und Infarct. 1 '/, Tag nach der Injection. 

Eig. o. Pleuritis und Pneumonie. 4 Tage nach der Injection von 
•essigs. Thymol-Quecksilber. 

F i g. 4. Pneumonie, Organisal iuiisprocesse. 15 Tage nach der Inj. 
von essigs. Thy m.-Quecks. 

F i g. 5. Embolus von ParafY. 1 i<ju. Die umgebenden Lungenalveolen 
mit Pdut ausgfiullt (llaemorrhagi.scher Infarct). 7 'l äge nach der Inj. von 
Parat), liqu. 

Fig. !j. Embolus von Parat)’. li<jti. 


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Aus der klinischen Universiiats-Abtheilurg für Dermatologie und 

Syphilis in Charkow. 


Zur Frage von der Behandlung der Haut¬ 
krankheiten mit den Schilddrüsen¬ 
präparaten. 

Von 

Dr. Yii Imtiii ZaruMn. 


Die sogenannte .,Organotherapie u gewinnt bei den Aerzten 
mehr und mehr an Interesse. Was die Schilddrüse betrifft, so ist ihre 
Function bis jetzt vollständig dunkel. Früher hielt man sie für ein 
Organ, welches den Gehalt des Blutes im Kopfe regulirt (Lieber¬ 
meister). Nach der zur Zeit herrschenden Ansicht dient die Schilddrüse 
zur Vertilgung eines Virus, das in dem Körper auch bei normalen Ver¬ 
hältnissen als ein Product des Stoffwechsels sich entwickelt (Colzi, 
J. W a g n e r, R o g o w i t s c h und Andere). 

Die Arbeiten von K oc h e r, B r u n s, <). L a n z, N o r k i n, M o r i n 
und Anderen erörtern diese Frage. Morin nimmt eine zweifache Function 
der Schilddrüse an: 1. sie sammelt aus dem Körper ein eigenthiimliehes 
Toxin, dessen Anhäufung in den Geweben zu gewissen Krankheiten 
fuhrt (Mixödem, Exophtalmus); 2. sie bildet ein besonderes Gegengift 
(Antitoxin), das zur Unschädlichmachung des genannten Virus (Toxin) 
zu dienen scheint. 

Das Toxin, das Not k in aus der Schilddrüse ausgescliieden hat, 
ist ein Eiweisskörper, welchen er als T L y rop r o t e i d bezeichnet hat. Die 
Einspritzung einer Lösung des Letzteren zeigte sich bei Thieren als 
äusserst giftig, zumal wenn ihnen die Schilddrüse entfernt wurde. 

Nach Ba um ann’s Ansicht ist das wirkende Agens der Schilddrüse 
eine besondere organische Substanz (Thyroiodin), die etwa 10% Jod enthält. 
Man hat Versuche gemacht noch andere organische jodenthaltende Ver¬ 
bindungen aufzusuchen (z. B. Gor gonin, das Drech.se 1 aus Gorgonia 
Cavolinii gewonnen hat). 

Hinsichtlich der wichtigen Frage von dein Einfluss auf den Stoff¬ 
wechsel bei dem Gebrauch der Schilddrüsenpräparate hat man auch 


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Z a r u b i n. 


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Untersuchungen begonnen. So ist Scholz zu dem Schlüsse gelangt, dass 
die SehihldrÜM*npruparate auf di** Ausscheidung der l'hosphorsii ure 
einen nicht unbedeutenden Einfluss haben. Die Aussonderung der Phos¬ 
phorsäure bei Ernährung mit Schilddriisenpniparaten wächst bedeutend 
bei dem gesunden Menschen, noch mehr nimmt sie bei den mit Base¬ 
dowscher Krankheit Behafteten zu (Phosphaturie). Koos hat Zunahme 
des Stickst o f f s t o f fw e c h s e 1 s bei <len Thieren gefunden. I) e n n i g, 
der Beobachtungen über den Stickstoffstoifweclisel bei dem Gebrauch der 
Schilddrüse bei Menschen gemacht hat, fand ihn bedeutend erhöbt, soweit 
man darüber nach der Zunahme des Stickstoffes im Harne urtheilen darf. 
Treupel und Grawitz landen bei d«*r Anwendung des Thvroiodins die 
Ausscheidung des, IhtrmtolVs und im Allgemeinen des Stickstoffs aus dem 
Körper bedeutend erhöht, das Gewicht des Körpers aber ziemlich rasch 
abfallend. 

Bei der Schilddrüsenbeliandlung hält die Mehrzahl der Autoren 
neben der frEchen 1 ] Schal- oder Kalbsrhilddrüse. das Schihidrüsenpulvc r 
und den Glyoerinextraet aus derselben für die besten Präparate, das 
Erstere von 0.1 bis 1.0 und den zweiten 10—lö Tropfen in 24 Stunden 
verschreibend. Die subcutanen Injeetionen des Scliilddriisenextract.es 
werden wegen der heftigen Schmerzhaftigkeit derselben wenig angewandt. 

Bei dem Gebrauch der Schilddrüse bei den verschiedenen Krank¬ 
heiten (Kropf, B a s ed o wV-ln* Krankheit, Myxödem, Fettleibigkeit und 
endlich Hautkrankheiten) bemei kten M o u c h e folgende N e b e n e r s c b c i- 
u ungen: Erhöhung der 'JVmperatur. Beschleunigung des Pulses und 
Erhöhung des Blutdruckes in der Radialarterie, Abnahme des Körper¬ 
gewichtes, Kopfschmerzen, Sehmerzen in den verschiedenen Organen, 
(Unwohlsein, Schlaflosigkeit, Zittern der Oboroxtrcmit iiten, Schwäche, 
reichliche Schweißabsonderung, Eiweiß uud Zucker*) im Harne, vermehrte 
Menge des I rin, Appetitlosigkeit, Uehlichkeiten, Erbreeheu und Durchfall. 

Stabei (im .1. lPOli) hat darauf aufmerksam gemacht, dass die 
Schilddrüse zur raschen Zersetzung geneigt, ist, in Folge dessen sie im 
Sommer, auch sogar bei Aufbewahrung auf Eis, nach 17 Stunden faulen 
Gerudi zeigt. Die innerliche Anwendung von solchen Schilddrüsen brachte 
Verdauungsstörungen und Kopfschmerz hervor, aber diese Symptom«.* 
konnte man mit grösserem Recht der leichten Vergiftung mit Promaineu, 
als dem Thvrcoidismns zuschreiben. Das wird schon dadurch bewiesen, 
dass alle diese Symptome verschwanden, wenn Schilddrüse in frischerem 
Zustande verabreicht hat. Einige Autoren versichern, dass die frische Srhil d- 
driise schwerere Nebenerscheinungen hervorruft, als alle ihre Präparat«.*; 
die anderen behaupten «las Gcgentheil. 

*) Noorden hat die Vermuthiing ausgedrückt, «laß die Schilddrüse 
auf die Thätigkeit d«*r Organe, welche die Umarbeitung des Zucker* 
besorgen, hemmend einwirkt, wobei er vor allem die Bildung von Fett 
aus den Kohlenwasserstoffen im Auge hatte. 


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Behandlung der Hautkrankh. mit den Schihidiäisenpniparatcii. 


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Die hervorragenden Erfolge, welche man bei der Schilddrüsen- 
beliandlung des Myxödem und des Kropfes erzielt hat, veranlassen auch 
die Dermatologen die Wirkung derselben auf die Hautkrankheiten 
zu versuchen. 

Byrom Bram well war der erste (1893), der, nachdem er be¬ 
merkte, dass bei d<*r Abwesenheit der Schilddrüse bei den Myxödem¬ 
kranken, die Darreichung der frischen Schilddrüse oder der Präparate 
derselben, auf der äusseren Decke den mehr oder weniger ausgeprägten 
Abfall der Epidermis hervorruft, den Gedanken fasste, ob dieses Mittel, 
Dank der Zunahme des Abscliuppungprocesses, nicht auch zur Heilung 
von Hautaileothmen führen könnte? 

Die Versuche, welche man in den Fallen von Psoriasis vor¬ 
genommen hat, haben die Anwendung der Schilddrüse bei den mannig¬ 
faltigsten Hauterkrankungen veranlasst: bei den abschuppenden, wie 
I e b t h y o s i s, D e r m a ti t i s e xf o 1 i a t i v a, bei den exsudativen, wie 
Eczem, Pemphigus, und zuletzt bei den mehr tiefen Affectionen, wie 
L u p u s. 

Nichtsdestoweniger aber ist Psoriasis eine Hautkrankheit, bei der 
die Schilddrüse sich als ein Mittel par exeellcnce erweist, und bei ge¬ 
nügender Energie, bei genügender Geduld, konnte man, nach B. Bram- 
well’s Dalürhalteu. fast immer den sicheren Erfolg erreichen. 1 ) 

Manche prütten diese Behandlung und erhielten entgegengesetzte 
Resultate. So Brooke, Ahr ah am und Morris, welche keine guten 
Erfolge dadurch erzielt haben. 

Jackson behandelte mit der Schilddrüse 5 Hautkranke, 3 Xero¬ 
derma t, a, 1 I c h 1 h v o s i s und 1 Dermatitis exfoliativa. Nur 
in 2 Fällen von Xeroderma hat er eine augenscheinliche Besserung be¬ 
obachtet; die Peinigen blieben ohne jede Veränderung. 

Thibierge hat 11 P s o r i a s i s kr a n k e mit der Schilddrüse be¬ 
handelt. Wie auch die anderen Beobachter, ist er zu dem Schlüsse 
gekommen, dass die Schilddrüse und ihre Präparate bei der Behandlung 
der Psoriasis nichts Sperifisehes darstellen. Er bezeichnet die Schilddrüse 
als „r e m e d e d e d e s e s p 6 r e": nur wenn keine andere Behandlung 
hilft, dürfe man dieses gefährliche und sehr wenig zuverlässige Mittel 
anwenden. Der Einfluss auf das Exanthem war in 8 Fällen folgender: 
die Rötlie nahm ab. die Schuppen wurden weniger zahlreich, kleiner und 
blässer, die einzelnen Herde wurden kleiner, verschwanden sogar auch 
vollkommen. Noch während der Behandlung brachen neue Ausschläge 
aus, während die früher bestandenen niemals, auch nicht bei der stärksten 
Dosis vollständig zu beseitigen waren. 

o o 

') Er bemerkte dabei, dass bei den mit Neurasthenie und beson¬ 
ders Epilepsie behafteten Psoriasiskranken, dieSchilddrüse sehr wenig wirksam 
ist. T h i b ierge Hat einen Epileptischen gesehen, der, während der Behand¬ 
lung mit Schilddrüse, von einem heftigen Anfall betroffen wurde. 


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424 


Z a r u bin. 


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Com I) e bat einen Fall beschrieben, wo bei Verwendung der Schild¬ 
drüse Heilung einer veralteten Psoriasis eingetreten ist 

Zum-Husch vertheidigte den Gebt auch der Schilddrüse bei den 
Hautkrankheiten. Kr behandelte 46 Kranke mit Ilautalfectionen, von 
denen 2-1 an Psoriasis, 12 an chronischem Kczcm, 4 an Lupus, 
8 an U n t erseh enkelges cli würen, 2 an Cankroidcn und 1 an 
Ichthvosis litten. Bei 24 Fallen von Psoriasis trat vollständige Heilung 
in 11 Fällen ein, in 7 bedeutende Besserung, in 6 Fällen ist trotz sehr 
grosser Bosen keine Wirkung beobachtet worden. Bei 12 Fällen von 
chronischem Fczem wurde in 0 Fällen vollkommene Heilung erzielt, in 2 
bedeutende Besserung und nur in 1 waren die Frgebnisse der Behandlung 
negativ. In 2 Fällen von Cankroid und in 3 Fällen von Fnterschenkel- 
geschwüren ist hei der Behandlung mit d<*r Schilddrüse keine ansehnliche 
Besserung eingetreten; doch in 4 Fällen von Lupus und in einem Falle 
von Ichthvosis sind gute Resultate erhalten worden. 

J. Pu n ca n Menzies beschreibt 7 sehr schwere Fidle von 
maligner Syphilis (Rupia, Gummata u. s. w.), wo er mit Erfolg Schi Hl - 
drüsenextraet innerlich anwnndte. 

Guladze hat einen Fall von schwerer Syphilis mitgethcilt, 
deren Symptome (Rupia) nach der nutzlosen Anwendung der speciii>ehen 
Mittel durch den innerlichen Gebrauch der Rischen OchsensrhilddnLe 
sehr schnell verschwanden. 

Jevzykowsky behandelte mit der Schilddrüse einen Fall von 
veralteter Ichthvosis. Nachdem man diese Arznei zu gebrauchen auf¬ 
hörte, trat Recidiv der Krankheit ein. Man fing wieder die Behandlung 
in zunehmenden Bosen an, und sofort trat Heilung ein, die schon zwei 
Monate dauerte, als der Autor den Kranken das letzte Mal gesellen. 

Kissel beschreibt die Heilung eines 10 Jahre alten Mädchens, 
das an Psoriasis litt, welche, wie es scheint, rasch wieder ein Recidiv 
gesetzt hat (nach 2 Wochen sind „auf den Stellen des früheren Ausschlages 
die rosenrothen Flecke erschienen“). 

In Folge der widersprechenden Mittheilungen habe ich mich der 
Midie unterzogen, von neuem diese Behandlung durchzuprüfen, indem 
ich mich hauptsächlich für die klinischen Erscheinungen bei der 
Anwendung der Selnlddrüsenpräparate intere^sirte. 

Meine Beobachtungen wurden in der klinischen Abtheilung des 
Herrn Professors A. Bruew, im Sommersemester ISOö—lSOfi des akade¬ 
mischen Jahres, an den «tationären Kranken des C h ark o w’schen Militär¬ 
hospitals gesammelt. 

Wenn ich meine I ntersuchungen zu veröffentlichen mich entschlicsse, 
so wage ich das angesichts der geringen Bearbeitung dieser Frage und 
mit der Absieht, die Collegen vor der Anwendung dieses neuen gefähr¬ 
lichen Medicamentes zu warnen. Ich fühle mich sehr glücklich, dass 
es mir gelungen ist so interessante klinische Beobachtun¬ 
gen zu machen, welche auch bei den negativen Resultaten der Be¬ 
handlung hinreichend die verausgabte Zeit und Mühe belohnten. 


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Behandlung der Hautkrankii. mit den Scdiilddrüsenpräparaten. 425 


M eine Versuche sind an 4 Kranken ausgeführt, von denen 3 an 
Psoriasis und 1 an Sycosis idiopathica gelitten haben. 

Bei allen Kranken wandte ich immer dasselbe Präparat der Schild- 
drüse — T h y r e o i d i n u m siccatum am zum Theil von E. Merck 
(in Parinstadt), zum Theil von Ferrein (in Moskau 1 ). Die Grosse der 
Dosen war von den durch das Mittel hervorgerufenen Allgemeinerschei¬ 
nungen abhängig. Während der Schilddrüsenbehandlung wurden die 
Kranken keiner äusserlichen Behandlung unterworfen, mit Ausnahme von 
Bädern (2 Mal im Monate), wegen der Reinlichkeit, ebenso wurde keine 
Arznei innerlich gegeben. Bevor bei den Kranken die Behandlung mit 
Schilddrüse vorgenommen wurde, befand sich jeder von ihnen eine Zeit 
lang in Beobachtung, um den Zustand seiner inneren Organe kennen 
zu lernen (man hat sorgfältig den Zustand der Ilerzthiitigkeit und der 
Nieren untersucht); die Temperatur wurde Morgens und Abends gemessen; 
das Gewicht des Körpers und die Quantität des Urins wurden, während 
dieser vorbereitenden Periode, täglich bestimmt. Der Puls wurde 
täglich, die Temperatur Morgens und Abends notirt; die Menge 
des Harns sowie der Eiweissgehalt desselben wurde immer zur bestimmten 
Zeit (2 Uhr Nachmittags) gemessen. Aus Mangel an Zeit konnte ich 
meine Untersuchungen, die mich so lebhaft interessirten, nicht erweitern. 

Die Kranken führten die gewöhnliche Ho^pitallebensvveise. Die Be¬ 
handlung dauerte 27 bis 40 Tage. Während dieser Zeit wurde zwischen 
11.5 und 30.0 Thyroidini siccati (von 112—210 Pastillen) verabreicht. 
Die tägliche Dosis schwankte zwischen 0.1 und 1.0 des Präparates. Meine 
Kranken nahmen 1 bis 10 Stücke von diesen Pastillen in 21 Stunden, 
allmälig die Dose vergrössernd. 



Hier sind die Dauer der 

Behandlung 

mul die 

Dosen in j 

edem ein- 

zelnen Falle angegeben: 







T;ufe (H*r 

Gesammt* 





Behuudluutf. 

dosis. 

Maximum. 

Miuimum. 

i. 

Der Kranke 22 Jahre alt 

40 

30.0 

1.0 

0.1 

ii. 

00 

n r> — r> r> 

40 

30.0 

1 0 

Ol 

in. 

v) n n r> 

40 

30.0 

1.0 

0.1 

IV. 

n n „ „ 

27 

11.5 

O.f) 

0.2 


Wir wollen zuerst den Einfluss dieser Behandlung auf verschiedene 
Körperfunctionen betrachten. 


Die Frequenz des Pulses hat immer nach 4—5 Tagen vom Beginn 
der Behandlung zugenommen; in allen Fällen ist sie bis auf 100 Schläge 
in der Minute gestiegen; bei einigen Kranken nach Verlauf einiger 
Wochen bis auf 110 Schläge und bei einem Kranken sogar bis auf 130 

') Das Mittel wurde nach der folgenden Formel bereitet: Thyreoidini 
siccati 2.0, Sacchari lactis 15.0, M. f. trochbci Nr. 20. D. S. 1—5—10 
Pastillen täglich zu nehmen. 


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42 G 


/ ar u b i n. 


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(Beobachtung Nr. IV). Die Schnelligkeit des Pulses veränderte 1 ) sich bei 
allen Kranken mitunter sogar jede Minute. Trotz der Steigerung der Fre¬ 
quenz ist der Puls immer stark und regelmässig geblieben. 

Die Temperatur ist meistentheils in den normalen Grenzen ge¬ 
blieben; bei einigen Kranken hat sie von Zeit zu Zeit mehr als 38° erreicht, 
zumal 1—2—3 Wochen von dem Anfänge der Behandlung an; bei einem 
Kranken (Beob. Nr. IV) stieg die Temperatur im Anfänge der dritten Woche 
bis 39.8° (ohne irgend andere Ursachen, Abwesenheit der Infection, der 
Erkältung u. s. w.). 

Kopfschmerzen, Geräusch indem Kopfe waren bei allen Kranken 
vorhanden schon nach 1—2 Wochen vom Beginn der Behandlung. Der 
Kopfschmerz conoentrirte sich bei allen Kranken vorzugsweise in der 
Stirngegend. 

Alle Patienten klagten über allgemeine Schwäche und Abge- 
s c h 1 ag e n h e i t. Die allgemeine Ernährung von 2 Kranken (Beob. 
Nr. I und III) hat mehr oder weniger durch die Behandlung mit der 
Schilddrüse gelitten. Die allgemeine Mattigkeit und Schwäche wurden 
gleichzeitig mit Blässe und Abmagern beobachtet. Prof. Bruew hat mir 
bei einem Fall (Beob. Nr. III), nachdem er diesen Krankem gesehen, wegen 
des erstaunlich erschöpften Aussehens desselben, den Rath gegeben, in 
Rücksicht der völlig genügenden Aufklärung über die Nutzlosigkeit des 
Mittels Tür seine Hautkrankheit und der Gefährlichkeit für die ganze 
Oekonomie des Organismus, die Versuche hei diesem Kranken sogleich 
zu schliessen. 

I>er Verlust des Gewichtes war bei allen Kranken vorhanden; 
dieser Verlust ist allmälig und stufenweise entstunden. Dieser Verlust 
des Gewichtes betrug: 7 Kg. (Beob. Nr. I), b Kg. (Beob. Nr. II), 5 Kg 
(Beob. Nr. IV) und 4 Kg. (Beob. Nr. III). Nach dem Aufhören der Be¬ 
handlung wuule der Verlust des Gewichtes rasch ins Gleichgewicht 
gebracht. 

Der Verdau u ngsapparat sollte bei 2 Kranken (Beob. Nr. I 
und II) mehr oder weniger beträchtliche Abweichungen von der Norm 
dar- Die Zunge war belegt; der Appetit nahm ab. Diese Abweichungen 
wurden beobachtet, nach drei Wochen von Beginn der Behandlung. Einer 
von ihnen (Beob. Nr. III) erklärte auch einmal, dass er den Appetit, d*'r 
früher vor der Behandlung immer vortrefflich war, vollkommen verloren 
habe, und dass er sogar auch einen Widerwillen gegen allerlei Sorten 
von Speisen bekam und daher ersuchte er uns ihm separate, nur aus Milch 
bestehende Nahrung zu verordnen. 

Von den Secreten habe ich, aus Mangel an Zeit, nur den Harn 
untersucht. Die Menge desselben vermehrte sich in 24 Stunden bei allen 
Kranken, ohne Ausnahme, da sie schon naeli einigen Tagen von Beginn 

‘) So z. B. war der Puls einmal in einer Minute Ob, in einer fol¬ 
genden 110. 


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Behandlung der Hautkrankh. mit den SchilddrüseniJräparaten. 427 


der Behandlung an bis 3000 c. c. erreichte. Hierauf ist die Menge des 
Harns schwankend, nach Verlauf eines Monats, von dem Anfänge der 
Behandlung an, zur Norm zuriickgckekrt. Bei allen Patienten war Eiweiss 
in dem Harne nicht vorhanden. 

Um ganz vollständig zu sein, möchte ich noch zeigen, dass einige 
Kranke an Schlaflosigkeit litten, irgend einen beunruhigenden 
Zustand erfuhren «so dass die Kranken, welche Soldaten waren, fürch¬ 
teten, dieses Mittel zu gebrauchen) und Zittern der oberen Extremi¬ 
täten hatten. 

Die geringe Zahl von Kranken wird mir nicht, wie ich holle, zum 
Vorwurf gemacht werden, da ich die weiteren „Experimente an den 
Menschen 1 * in dieser Richtung für ein Wagnis gehalten habe, wo sogar 
die sehr vorsichtig angewandte Behandlung so gefährliche Symptome 
hervorrief; auch Prof. Bruew hat mir den Rath gegeben, dieses Mittel 
nicht mehr anzuwenden. Auf Grund dieser Beobachtungen werde ich 
nur mit besonderer Umsicht und Behutsamkeit dieses höchst gefährliche 
und dazu auch, wie die Erfahrung bis jetzt gezeigt hat, fast ganz nutz¬ 
lose Mittel bei der Behandlung von Hautkrankheiten verschreiben, und 
meine Coli egen vor dem Gebrauch desselben warnen. Byrom Bram¬ 
well räth die Schilddrüse- so lange zu geben, bis der Puls nicht 
höher als 120—130 steigt. Aber mit Hinsicht auf die gute Prognose 
quo ad vitam beiden meisten Hautkrankheiten, ist es kaum vernünftig, 
den Rath von By rom Br am well zu befolgen ! 

Die Gefährlichkeit bei der Anwendung dieses Mittels 
ist sehr gross. Die Aerzte dürfen niemals den Fall von Thibierge 
vergessen, der einen Psoriasiskranken während der Behandlung mit der 
Schilddrüse zu Grunde gehen sah. Thibierge sagt, dass er die Expe¬ 
rimente bei der Behandlung mit der Schilddrüse aufhört fortzusetzen, 
als einer von seinen Kranken starb („ee cas de mort par Pimpes- 
eion penible qu'il a causee sur les malades du serviee, m’a lorce ä sus- 
pendre un peu prematurement (!) nies essais de theurapeutique thvroi- 
dienne“). Ich durfte nicht Thibierge’« Rath befolgen und diesen 
Moment erwarten, sondern habe sogleich mit den Versuchen aufgehört, 
als meine Kranken sehr heftig zu leiden anfingen. 

Dieses Ereignis sucht Thibierge damit zu erklären, dass sein 
Kranker eim*n halben Eiter Rum ausgetrunken hat. Aber es ist zweifel¬ 
haft, dass für einen gewohnten Säufer, wie dieser Patient gewesen ist, 
500 Ce. Rum verhängnissvoll werden möchte. Sei es wie es wolle, die 
Behandlung mit der Schilddrüse konnte doch den Kranken schwächen, 
und ihn weniger standhaft gegen die Alkoholvergiftung machen. 

Die Todesfälle von Myxödemkranken hei der Behandlung mit der 
Schilddrüse sind durchaus keine Seltenheit. Stabe 1 beschreibt einen 
Fall, wo der unmässige Gebrauch der Thyreoidinpastillen, ohne Beob¬ 
achtung des Arztes, in wenigen Tagen den tödtlichen Ausgang mit Er¬ 
scheinungen der geistigen Störung und mit Verfolgungsdelirium herbei¬ 
geführt hat. Die Psychiater beobachteten auch Fälle, in welchen die 


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Z a r u b i n. 


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Symptome d c» r Thyreoidinvergift. u n g hauptsächlich mit Verfolgungs- 
delirium zum Vorschein kamen. (Man darf dabei nicht die neuerdings 
gemachte Angabe 0. Lanz’s aus der Klinik von Prof. Kocher ver¬ 
gessen, dass es ihm gelungen ist, in Thyreoidinpastillen Bacillen, sehr 
ähnlich denselben des malignen Gedern, zu finden.) 

Zum Schlüsse, muss ich sagen, dass die Anwendung der 
Schilddrüse, nach meinen Beobachtungen, eine ganze Reihe vou 
verschiedenen Symptomen. 1 ) zuweilen auch die sehr 
s c h we r en un d gefahrdrohenden Zeichen des sogenannten 
„Thy reo i di smns u hervorruft, und daher ist sie nur in solchen Fällen 
erlaubt, wo die Möglichkeit den Kranken immer zu beobachten vorhanden 
ist; aber für die ambulanten Patienten ist dieses Mittel nicht anwendbar, 
abgesehen davon, dass als Contrain di eati on dienen muss: die sehr 
starke Unregelmässigkeit, der Herzthätigkoit, die starke Erschöpfung und 
die Kachexie der Kranken. Bevor es larga manu bei den Kranken zu 
gebrauchen ist, muss man auf die sorgfältige experimentelle Bearbeitung 
der Frage an Thieren, ebenso wie auch auf die ausführliche Bekanntschaft 
mit der chemischen Natur der frischen Schilddrüse sowohl, als auch 
ihrer Präparate sein Augenmerk richten. 

\Y as den Einfluss d e r S c h i 1 d d r ü s e auf d i e H a u t a f f e c- 
t i o n e n b e t r i f f t, s o w a r d c r s e 1 b e i n m eine n F ä 11 e n g a n z u n d 
gar gleich Null; ja, sogar im Gegeilt heil — in zwei Fällen von 
Psoriasiskrankeil (Beob. Nr. I und 11) wurde hervorragende Ver¬ 
schlimmerung beobachtet: die frischen Eruptionen sind an verschie¬ 
denen Gegenden des Körpers zum Vorschein gekommen. Die Rötlie der 
psoriatischen Plaques wurde nicht vermindert; das Aussehen, die Menge 
und die Ausbreitung der Schuppen sind ohne alle Veränderungen ge¬ 
blieben. Bei dem dritten mit Psoriasis und dem vierten mit Sycosis 
idiopathica behafteten Kranken — war die Anwendung der Schild¬ 
drüse ganz und gar erfolglos. V ü r d i c B e h a n d 1 u n g der H a u t- 
krankh eiten im Allgemeinen haben wir andere ausge- 
z eie h net be wä h r t e, keine so sch w eren und so gef äli r 1 ie h en 
S v in ptoine her vo r ru f en den Mitte 1. 


') Bei jungen kräftigen Menschen (Soldaten). 


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Behandlung der Ilautkrankli. mit den Schilddrüsenpraparaten. 


429 


i 


Literatur. 

1. Abraham, P. Transaetions of the medical Society of London, 
8. Januar 1894; Provincial medical Journal, 1. December 1894. 

2. Bau mann E., Prof, Zeitschrift lur physiologische Chemie, 
1895, Bd. XXI., H. 4. 

3. Derselbe. Münchener medioin. Wochenschrift, 7. April 189G. 

4. Bruns, Prof., Centralblatt für innere Medicin, 25. April 1896. 

5. Bvrom Bram well. British medical Association. Congress in 
Newcastle on Tyne, August 189b. 

6. Derselbe. British Journal of Dermatologv, Juli 1894, S. 193 
und 202. 

7. Combe. Revue medicaie de la Suisse Bomande, 20. Mai 1895. 

8. Dennig. Münchener medicin. Wochenschrift, 23. April 1895. 

9. Drechsel E. (Nach Bau mann citirt.) Münchener mediciuische 
Wochenschrift, 7. April 181 KL 

10. Guladze J., Mediciusky Sbornik Warschawskago Ujazdow- 
skago wojennago hospitalja. (Russisch). Lief. I und II, 1895. 

11. Grawitz E, Münchener rnedic. Wochenschrift, 7. April 1896. 

12. Guerin Edmond. Contribution a Petude du traitement du 
myxoedeme. These de Paris, 27. Juli 1894. 

13. Hennig Arthur. Münchener mediciuische Wochenschrift, 
7. April 1896. 

14. J e v z v k o w s k y. Nowiny lekarskie, Januar 1S96. 

15. Jackson G. Journal of cutaneous and genito — urinary di¬ 
seases, 1894. 

16. Kissel A. Wratsch, 1896. Nr. 2 und 5. 

17. Kocher Theodor, Prof. Münchener medicin. Wochenschrift, 
30. April 1895. 

18. Lanz 0. Correspondenzblait für Schweizer Aerzte, Nr. 10, 1895. 

19. Derselbe. Wiener mediciuische Presse, 26. Mai 1895. 

20. Lion G. Revue generale in Gazette hebdomanaire. 4. Mai 1895. 

21. Marie P. und Guerlain. Societe medicaie des hopitaux de 
Paris, 9. Februar 1894. 

22. Menzies J. Diincan. British medical Journal, 7. Juli 1894. 

23. Morin. Revue medicaie de la Suisse Romande, 20. Mai 1895. 

24. Derselbe. Therapeutische Monatshefte, November 1895. 


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430 


Z ar u 1)i n. 


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25. Morris. British medical Journal, 27. Januar 1804, S. 180. 

26. N olkin J. Wratsch, 1896, Nr. 13. 

27. Noorden Carl, Professor, Zeitschrift für praktische Acrztc, 
1. Januar 1^96. 

28. Rogowitsch N. Beiträge Ziegler’s, Bd. IV, 1888; Archives 
de Physiologie, 1888. 

21h Schlesinger Hermann. Wiener medic. Presse, 22. März 1806. 

30. Scholz Wilhelm. Centralblatt für innere Medicin, 2. No¬ 
vember 1895. 

31. Stabei. Berliner klinische Wochenschrift. 3. Februar 1806. 

32. Thibierge Georgs. Annales de derraatologie et de syphili- 
graphie, Nr. 8—0, 1805, T. VI, p. 760. 

33. Treupel. Münchener medic. Wochenschrift, 11. Februar 1896. 

34. Zum-Busch. Dermatologische Zeitschrift, T. II, 1805. 


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Bericht über die Leistungen 


auf dem 


Gebiete der Dermatologie und Syphilis. 


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Verhandlungen der Wiener dermatologischen 
Gesellschaft. 


Sitzung vorn 14. 0 et über 1 ^ 1 m;. 

Vorsil z»*nder: N e um a n n. Schriftführer: Hille. 

Kaposi demonstrirt eine dojähr. Frau mit einer seit fünf Monaten 
bestehenden, über die »ranze Körperobertlächo ausgebreiteten Böthung. 
i)ie Franzosen nennen derlei Falle Fry t h rod e r in i e und zählen »lar- 
unter gewiss solche mit dilfuser Böl Innig. wie bei Psoriasis universalis, 
Eczema universale, Pityriasis rubra, gleichwie Fälle noch unklarer Natur 
wie den eben demonstrirten. Hier besteht eine diffuse Parese der Gefass- 
muskulatur, dabei i>t die Haut vollständig glatt, nicht schuppend zum 
Unterschied von Eczem. Im Gegensatz zu letzterem fehlt aucli ein eigent¬ 
liches Oedem, andererseits hat aber die Haut gegenüber dem Verhalten 
bei anderen Erythemen an der Stirne, an Hals, Brust und Extremitäten 
an Dicke zugenommen. Sie ist nur nicht so teigig weich wie beim 
Eczem. Ursprünglich war diese Infiltration eine viel stärkere und ent¬ 
standen an Stirne und Hals dicke Wülste, wodurch der Eall an jene 
Fälle erinnerte, die im spät eien Verlaufe in Lymplindermia perniciosa 
oder Mycosis fungoides übergehen, wie ein im Sommer vorg» stellt er Fall, 
bei dem später Leukämie auftrat. Ferner klagt die Patientin über ste¬ 
chende Schmerzen, die; sich auf Druck steigern, über Sehlailosigkeit und 
allgemeines Unbehagen, hie und da besteht etwas Fieber. Die Blut- 
Untersuchung ergab etwas Vermehrung der eosinophilen Zellen, sonst 
nichts Abnormes. Im Harn kein Albumen. Die Patimitin erhielt nur 
örtlich erweichende Mittel applb irt, worauf bis nun stellenweise die Gefüsse 
ihren Tonus wieder erhielten und nicht mehr eine so ghuehmüssige Hothe 
besteht, sondern stellenweise auch kleine punktförmige w»usse Flecke. Gegen 
das zeitweise bestehende ducken wurde das jüngst empfohlene Calcium chlo¬ 
ratum versucht, doch konnte P. es nicht lange vertragen. Es ist möglich, dass 
wir es mit einer sich entwickelnden Mycosis fungoides zu thun 
haben und demgemäss ist auch die Prognose zu stellen. 

Lang bemerkt, wie schwierig es sei in solchen Fällen von allge¬ 
meiner Infiltration der Haut Blut zur Untersuchung zu gewinnen und 
Archiv f. Dermatol, u. Syphil. Band XXXVII. 


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434 


Verhandlungen 


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wind' 1 < j s sieh vielleicht empfehlen, von Schleimhäuten da*« Wut zu 
nehmen, falls diese unverändert sind. 

S piegler meint, man könne es dann noch besser einer Vene 
entnehmen. 

Kaposi demonstrirt 2. einen Fall von Pemphigus vulga¬ 
ris, der inst;nietiv ist, da er in der ersten Zeit der Erkrankung zur 
Tleol »achti;ng kam. I‘at. Ft ein TOjähriger Mann, der Ins nun ganz gesund 
gewesen und unter gie ch gebliebenen materiellen und moralischen Verhält- 
issen plötzlich erkrankte. Zuerst trat ein Erythem auf, das in eine l r- 
tiearia anularis iib«‘rging, später bildeten sich Blasen. Ferner bestanden 
suhjective Erscheinungen, Schlaf!«>•igkeit, schlechter Appetit. 

einen Fall von P«*mphigus localis. Es ist bekannt, «lass 
P<inphigus Monat« 1 , sogar Jahre lang auf eine KörpiTstelle lmschränkt 
hleihen kann. Einzelne «leiser Fälle sind vielle eht gar nicht als Pem¬ 
phigus zu bezeichnen, so diejenigen, wo sich nur am llamlrücken Blasen 
linden. Das konnte man auf eine Pan se der periplmrcn Uefässe, eine 
(.’yanose mit erhöhter Durchlässigkeit «ler (iefässe für Serum zuriiok- 
fidinm. Köbner und andere haben unter «lern Namen Epidernndysis 
bullosa hcreditaria Fälle beschrieben, wo bei mehreren Familienmitg li«*«lern 
von frühester Kindheit an allen einem Druck ausgeset/t«*n Stellen, an 
Ferse, Kussohle u. s. w., an welchen gewöhnlich nur ein Ervth un ent¬ 
steht, es zu Epi«h. , rmisahhehimg und Serumexsudation kam. Der vorge¬ 
stellt« 1 Kranke ist «lagegen ein (iOjähriger Mann, der bisher gesund ge¬ 
wesen und seit drei Monaten auf dem rechten Fu>srücken disseminirte 
pralle Pda^ui aufweist, welche bislmr d «*se Kegion nicht überschritten 
haben. Do«*h glaubt K. nicht, dass es dahid bl«*ib«u) wird. Er gedmikt 
ei i i»*s Falles, Lei welchem die erste Eruption auf dem Kopfe auftrat und 
der Krnstcnaufhigerung wegen ganz wie ein Ivvema imp«*tigino>uni aus- 
saii; später aber entwickelte sieh daraus ein schwerer allgemeiner Pem¬ 
phigus. Der dem« uiMiurte Fall kann amdi nicht auf Ovain^c zuriiekge- 
tührt w< rd«ui. da die übrige Haut normal gefärbt i<t und die Atfcction 
nur den eimm Fussrüeken betritl't. 

Neumann kennt, mehrere Fäll«?, in «lemui Jahre lang auf passiv 
hyperämischer Haut i>«>lirt«‘ Blasen auf dem llandrüek« , n hestainhui. F«‘rner 
erinnert er sieh eines Falles, wo es im Anschluss an eine vonMauthner 
ausgefuhrte Staaroperation zu Schwellung und Köthung der C<»njuncti\a 
palpebrarum und der (’onjunctiva bulhi kam, ohne «lass der Operateur 
hi«*fiir eine Frsaehe wusste; später bildete sieh ein Abseess in «ler A«*hsel- 
lifihle und in den 1 leoeruralfalten sowie an and«*r«m KeibungsHävlnui Blasen, 
die sieh erst, spater über «len ganzen Körper verbreiteten, 

Kaposi «lenmnsirirt 4. einen P'a 11 von Lepra t uh«*rosa < j t in a- 
<• u 1 o-a n ac s t h e t i e a aus d**r Hegend v«m Philipp«>p«*l. Es fehl«*n die Augen¬ 
brauen, an Handrücken und Vorderarmen ist «lie charakteristische Bronze- 
falbe zu sehen, dichtgedrängte Knot<m im (iesiehtc, ferner Knoten und «lifiüse 
Intiltration an Fussrüeken und Inf erschenkodn, Anä-thesien an «hui Streck¬ 
seiten der Extreuiiiät“U. D« r Patient ist in letzter Zeit sehr herabge- 


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der Wiener dermatologischen Gesellschaft. 


435 


kommen. Leprabacillen konnten in grosser Zahl nachgewieso» werden. 
Eltern und Geschwister des Patienten sind gesund, er seihst hat seit 
sieben Jahren sein« 1 » Aufenthaltsort, nicht verlassen. Der Fall beweist 
demnach wiederum, dass wenngleich die Febertragbarkeit der Lepra als 
erwiesen gelten kann. Inieclinnen dennoch selir schwer zu Stande kommen. 

Von Interesse ist, dass der Kranke aus einer Gebend stammt, aus 
welcher über das Vorkommen der Lepra bisher noch nicht berichtet 
worden; wenn in letzter Zeit die Mittheilungen über bereits bekannte 
und neue Lepraherde sich mehren, ist dies weniger in einem thatsäeh- 
lichen Zunehmen der Leprakranken als in den fortschreitenden diagno¬ 
stischen Kenntnissen begründet. Jungst bat Pia sch ko über die Falle 
aus dem Kreise Memel ausführlich berichtet, Ehlers über die Lepra 
auf Island. Neuerdings bat man wieder in Dorpat und Riga Leproserien 
eröffnet. 

Neumann erblickt in dem vorgesrollfen Fall neuerdings die Be¬ 
stätigung, dass in den Balkanstaaten au>nahmslos Lepraherde Vorkommen. 
Bezüglich Rumänien und Bosnien ist dies hinlänglich bekannt, aus Monte¬ 
negro wurden vier Fällt 1 beschrieben, vor Kurzem berichtete G 1 ü c k über 
einen in Sarajevo beobachteten, aus Dalmatien dahin eingewanderten 
Leprafall, während die von v. Hovorka erwähnten Fälle in diagnostischer 
Beziehung nicht ganz einwandsfrei sind. Ans Serbien und Albanien ist bis 
jetzt wenigstens nichts bekannt geworden. Jedenfalls befindet sich auf 
der Balkanhalbinsel eint* beträchtliche Zahl von Leprösen und dürfte es 
mit der Zeit nothwendig werden, durch internationale Abmachungen 
M aasnahmen gegen die Lepra zu ergreifen, wie solche von unserer Re¬ 
gierung in Bosnien und Dalmatien bereits getröden wurden. 

Lang hat in Innsbruck einen Fall beobachtet, den man als autocli- 
thon bezeichnen kann. Wahrscheinlich hat es sich um eine Hebertragung 
von Norditalien her gehandelt. Bei der langen Incubafinnsdauer der 
Lepra ist es überhaupt schwer die InfectionMjuelle zu ermitteln. 

Ehrmann macht auf die jüngst erschienene Arbeit von Ehlers 
aufmerksam. Dieser kommt zu dem Schlüsse, dass die Lepra auf Island 
als Feherrest der mittelalterlichen Lepra anzuschen Ft und führt den 
historischen Nachweis, da<s man die Leproserien seinerzeit allenthalben 
viel zu früh aufgehoben habe. 

Kaposi demonstrirt 5. einen eigenartigen Fall von Elephan¬ 
tiasis der GesiehNliaut. Fs handelt sich um ein ldjähr. Mädchen, das 
mit einer hochgradigen Schwellung beider unterer Augenlider, einer ge¬ 
ringeren der oberen Augenlider im Juni an die Klinik kam. Damals war 
das Oelfnen der Lidspalte nicht möglich, jetzt ist die Schwellung etwa- 
verringert. Dabei ist die Ilaut normal weiss gefärbt; besonders auffallend 
ist, dass man beim 'lasten eine beträchtliche Derbheit der Haut fühlt, 
die sich rechts über die Wangen und weiter bis zum St ernocieidomastui- 
deus erstreckt, links nur zur Ohrmuschel und zum Fnterkicferwinkel. 
Die Kranke gibt an, dass vor etwa zehn Monaten Schwellung und Fieber 
bestanden habe. Ohne Zweifel war das ein Erysipel, wiewohl der Aus- 

2 »* 


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Verhandlung!'!! 


436 

gangspunkt desselben nicht zu ermitteln ist. die /ahne sind gesund, am 
Naseneingange kein Eczem, auch kein Lupus zu finden, die Augen, 
welch« 1 nun, nachdem die Schwellung nachgelassen, sichtbar sind, 
normal. Die Kranke hat indess während dos Spitalsuufenthalt.es wieder¬ 
holt leichte Krysipelrocidiven gehabt, dabei auch Teinperaturst«*igerung^n. 
Vor Kurzem beobachtete K. noch eimui zweiten ganz analogen Fall. 

Für Myxödem kann die AlTection nicht gehalten werden, da die 
Erscheinungen hiebei ganz andere sind. 

v. Ilebra macht auf die scharfe tumorähnliche Abgrenzung der 
Infiltration aufmerksam und denkt an einen Ausgang des Erysipels von 
der High morshöhle. 

Kaposi bemerkt, dass auch liiefür kein Anbaltspunkt vorhanden sei. 

Kaposi demonstrirt b. und 7. zwei Fülle von Uliin osrlorom, 
eine objährige Frau mit dein typischen Bild der Krankheit. Beide Nasen¬ 
flügel sind starr, auseinander gedrängt, aus dem rechten Nasenloch« 1 ragt 
eine bohncngrossc Geschwulst, hervor. Auch der weiche (Taumen und 
die Uvula sind narbig retrahirt. 

Der zweite Fall ist ein fiöjähriger Mann, dessen Nasenllügel durch 
einen Tumor in «1er Br* ile von 7—8 Cid. auseinander gedrängt werden, 
welcher auch auf die Oberlippe übergreift und sie in der Mitte bis an 
den Lippensaum substituirt. Gegen «lie Nasenspitze bin und die benach¬ 
barte normale Haut ist der Tumor theils scharf ubgosetzt, tlieils greift 
er in die Nachbarschaft über. Die Nasenhöhle ist links noch durch eine 
Spalte zwischen Tumor und NaRcnfliigel zugänglich, rechterseits nicht 
mehr. Als der Patient zur Beobachtung kam, war ein grosser Tlieil der 
Geschwulst jauchig, wahrscheinlich in Folge mechanischer Insulte ne¬ 
krotisch, jetzt ist ein Tlieil mit zarter, grauer Epidermis überbautet, ein 
Theil wund und nässend. Die Bacillen sind auch hier nachgewiesen, 
sowohl in Gowebsschnif t«*n gefärbt, wie auch in Beinen]!ur gezüchtet. 

Lang bat vor acht Jahren einen Fall von Srlcrnni gesehen, «1er 
nach einiger Zeit das charakteristisch«* Bild eines exulcerirtcn Careinoms 
mit stark aufgeworfenen Bändern bot. Man konnte annehmen, es habe 
sieb ein Carcinom auf dem Boden eines Bhinosclornm entwickelt, wie 
dies auf Inotiscbcm und lupösem Boden vorkommt. Der Tumor wurde 
von W e i n 1 e c b n c r exstirpirt, die Nasenhöhle au>geräumt, die l i<to- 
logische Fntersuchimg durch \Y «• i c li s e 1 b an m ergab je«ioch reines Bhi- 
nosclerom. Jedenfalls sollte mau liäufiger an «lie operative Entfernung 
des Scleroms schreiten. 

Kapnsi erinnert. sicli an einen Fall, der mehrmals operirt wurde 
immer wiedei* recidivirte. endiicli aber doch heilte. Es gibt übrigens 
auch einen spontanen Stillstand der Erkrankung. 

Kaposi demonstrirt. 8. einen Kranken mit eigentümlicher 
P1 a rj u e. s in der Gegend des Rippenbogens und im Epigastrium. Die Plaques, 
fünf an der Zahl, bestehen aus ungleichmässig eonfigurirten Borken. die durch 
Eintrocknung von Serum entstanden sind, welches in grosser Meng« 1 ab- 
fliesst. Am Bande sieht man zahlreiche hirsekorngrosse Knötchen und 


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Bläschen. Die etwa tlialergrossen Plaques sind offenbar durch Confluenz 
solcher kleinster Bläsclien entstanden, die in mehreren Nachschüben con- 
centrisch gruppirt auftraten. Das Bild ist eben weiten dieser Gruppirung 
ähnlich einer Impetigo herpetifonuis, auf keinen Fall aber einem ge¬ 
wöhnlichen Eczem. Nimmt man eine Kruste ab, liegt, als rotbe Fläche 
das feuchte, trübe Iiete bloss, mit fein gefranstem Rande, den randstän¬ 
digen Bläschen entsprechend. Etwas Aelinliches sieht man mitunter bei 
der Impetigo contagiosa im Gesichte. Vielleicht ist für diese Atloction 
wie für die Impetigo contagiosa ein Infeetionserreger anzunehmen. Pilze 
wurden bis jetzt nicht nachgewiesen. In der r. Achselhöhle hat P. ein 
nässendes Eczem in Form eines scharf begrenzten, tlachhandgrossen, 
rothen, stark nässenden Herdes. 

Lang ist gleichfalls der Feberzeugung, dass es sich um eine my¬ 
kotische Erkrankung handle. 

Lang demonstrirt einen Ojähr. Knaben mit Lupus vulgaris an 
mehreren Körperstellen, hie Litern des Kindes gesund, von drei Ge¬ 
schwistern eines mit fünf Jahren an Tuherculose, ein anderes im Alter 
von elf Tagen an unbekannter Krankheit gestorben, ein drittes gesund. 
Die Krankheit besteht seit vier Jahren, gegenwärtig ist die linke Gesichts¬ 
hälfte, die L>orsalrläche des Interdigitalraumes zwischen Daumen und 
Zeigefinger der rechten Hand, der rechte Unterschenkel und das Scrotum 
in grösserer Ausdehnung alficirt, daneben über die Kürperoheriiäclie zer¬ 
streut Narben, bin und wieder mit eingesprengton Lupusknötchen. Sehr 
bemerkenswertli ist. die gewiss höchst seltene Looalisation des Lupus 
am Scrotum, ferner dass von der lupösen Partie aus ein rahonfederkiel- 
dicker gegen den linken Testikel hinziehemlor Strang sieh durehtasten 
lässt-, der Hode selbst vergrössert, derb und mit der Epididymis zu einer 
einzigen Masse verschmolzen. Ohne Zweifel handelt es sich im Testikel um 
den gleichen Process wie am Scrotum und bezeichnet der verhindende derbe 
Strang den Weg, auf welchem die lufeetion entweder von der Serotal¬ 
haut gegen den Testikel hin, oder umgekehrt von diesem gegen die Haut 
erfolgte. Da man nicht von einem Lupus des Testikels, wohl aber von 
Tubereulose desselben sprechen kann, erscheint hier der klinische Beweis 
erbracht, dass Lupus und Tuherculose innig verwandte Proeesse darstellen. 

Ehr manu möchte eher annehmen, dass der Process von der Haut 
gegen den Testikel gewandert sei, dabei den Resten des Gubernaeulum 
Uunteri folgend. Die Tuherculose des Hodens gellt, gewöhnlich vom 
Nebenhoden aus, und wenn sie auf die Haut übergeht, dann bestellt eine 
Verlötliiing dieser mit der Lauda des Nebenhodens, während hier der 
Strang gerade zum Hoden hiuzieht. Die Tuherculose dos Hodens sitzt 
central, verkäst bald und bricht nach aussen durch, hier aber bestellt 
keine Tendenz zur Verkäsung. 

Neu mann glaubt, dass der Fall einfach als gleichzeitige Locali¬ 
sation von Tuherculose im Hoden und in der Haut aufzufassen sei. 

Lang demonstrirt 2. einen oJ Jahre alten Schreiber, der Mai und 
Juni 1S9)> auf seiner Abtheilung mit Sclerose am Pnuputium und Monst 


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Wriiaml hm Li ra 


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Veneris uml begleitender Lymphadenitis behandelt wurde; die in der 
Mitte pigmentlosen, am 1 Sande pigmentirten Narben hievon sind noch 
derzeit sichtbar. Derselbe wurde damals ohne Exanthem entlassen, er¬ 
schien jedoch im Marz HJ4 neuerdings mit Papeln an der Penishaut und 
arn Scrotum. Am 12. September ] s bi> liess er sich abermals auf Längs 
Abtheilung aufnehmen wvgcn eines haselnussgrossmi Geschwüres an »1er 
Glans. das einen schmalen Mortilicatinnssaum am Rande aulwies. Die 
Leistendrüsen waren beiderseits bohumigross. Trotz des mortilicirten 
Saumes wurde Gumma diagnostieirt und die nicht erheblich vergrösserten 
Drusen als Rest der Sclerose aufgefasst. Am 20. September wurde jedoch 
ein über Stamm und Extremitäten verbreitetes papulöses Syphilid bemerkt. 
Demgemäss handelt es sich um eine /.weilhhose Ueinfection, d */4 Jahre 
nach der ersten Infection. iaing erwähnt ferner, dass er sich bei einzelnen 
Lu-tikern auf eine Loealbehandlung beschrankt und dass bei diesem 
Kranken weder Mercur noch Jod als Allgemeintherapie verwendet worden. 

N euTiiann bemerkt liiezu, dass er in den letzten Jahren sieben 
Källe von Ruiniert ion beobachtet habe und konue er nicht begreifen, wie 
noch erst vor Kurzem behauptet werden konnte, dass Reinfoction nicht 
\orkomme. Allerdings dürfe man nicht, jedes venerische Geschwür, das 
hart wird, weil es ein syphilitLrhes Individuum betrübt, für einen Pri- 
märaifect ansehen: wenn aber das (ü^rliwiir unter unseren Augon grösser 
wird, in gleicher Weise die Lymphdriisen und ein allgemeines Exanthem 
folgt, dürfen wir eine Reinlection annehmen. 

Neu mann demonstrirfc eine 22jahr. Rauerstochter mit besonders 
vorgeschrittener ule erüser Syphilis im Gesiebte. 

An der Stirne und Nasenwurzel von einem inneren Augenwinkel 
zum anderen reichend, ein länglich ovalem, in seiner unteren Ihilltc die 
Nasenbeine und den Nascnlortsalz des Stirnbeines hlo-slegendes (h*->ehwür 
mit aufgeworfenen, zum Tlieil untermiuirten stark inliltrirten, li\ id ge- 
rotheten, schmerzhafttui Rändern; der Gesellwiirsgrund drüsig uneben, 
braunrotli glänzend, theihveise. speckig belegt. An der unteren Peripheiie 
der freiliegenden Knochen befindet sieh eine lin>engros^e, in das Nasen- 
inimre führende Perforationsölfnung; nach abwärts von dieser der Rest 
der Nasrmveiohtheile in Form eines kaum guldeiiMuckgrossen Ilautstiiekes; 
au Stelle des rechten Nasenloches eine str.ihlige Narbe, welche sich auf 
die rechte Hälfte der Oberlippe erstreckt. Die rechte Lidspaito durch 
Gedern der Eider vollständig geschlossen. 

Rechterseits in der Srhläfeiigegend ein zweites» weit über thaler- 
grosses, sehr tiefgreifendes Geschwür von gleicher Contiguratiun. Aiu 
l uter kieferwinkel vergrößerte, indolente Lymphdriisen. 

Uvula und Gaumensegel fehlend, ebenso Tonsillen und Gaumeii- 
ljogen, an Stelle derselben sehnig glänzende Narben. Der Rest des 
Gaumensegels tnit der hinteren Rachenwand verwachsen; an dieser selbst 
eine verdünnte Narbe, unter welcher die Sonde auf den Knochen stösst. 

Am Genitale keine Veränderung, ebenso nicht in den inneren Organen, 
der Harn ei weissfrei, Hämoglubingehalt 70%. Die jetzige Affection datirt 


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43» 

seit etwa sechs Monaten, die BachenatYection soll vor zehn Jahren be¬ 
standen haben. Geber die Art der Infortion ist nichts bekannt. 

2. Kinen oi»j:'ihr. Kranken, welcher im November 1^!)1 an der Klinik 
des Vortragenden mit recenter Syphilis behandelt wurde. Damals bestand 
am inneren Vorhautbhitte rechts von der Medianlinie ein halbmondförmig 
vorspringender, matt brauner, überhäuteter, knorpelharter Knoten und je 
ein ganz ähnlich beschattend* zu beiden Seiten des Freiiulum, welche 
sieh bis in ? s Oriticium urethrae erstreckten; indolente Schwellung der 
Leistendrüsen, vier Wochen später Exanthem, nach 25 Einreibungen 
Entlassung. Darnach bat sich der Kranke wiederholt mit Papeln im 
Munde ambulatorisch vorgcstellt. Bei der lieuerlreheu Aufnahme am 
15. September d. J. fand sich ein über linsengrosses, Haches, speckig 
belegtes Geschwür mit knorpelharter Basis rechts im Sulcus eoronarius, 
ein weiteres, gleichfalls sehr derbes, mit dichtem festhaftenden Belag 
versehenes zu beiden Seiten des Freiiulum. Die Leistendrüsen links bis 
wallnus.Ngross, die übrigen Drüsen kaum zu tasten, au der Schleimhaut 
der Lnterlippe bläulieliweisse Epithelverdickungen, Beste von Papeln. 

Die Geschwüre neben dem Freiiulum haben in den letzten Tagen 
noch bedeutend an Derbheit zugenommen und bildete sieh auch noch 
am Orilicium urethrae ein gleichfalls derbes, mit festhaftendem Belage 
versehen es Geschw ur. 

Da der Sitz der jetzigen Atlection vollständig den früheren Pri- 
niäratfecten entspricht, ist mit Bestimmtheit ein Becidiv in situ 
(Selerosis redux) anziinehmen. Die histologische Untersuchung ergab das 
Vorhandensein von Biesenzellen. 

Bille demonstrirt von liofrath Xeumann's Klinik eine tiOjähr. 
Kranke mit einem fluclien Epitheliom (Ulcus rodensj im Gesichte. 
Vom rechten unteren Augenhöhlenrande und rechten Nasendugel bis zur 
Nasenwurzel und linkeu inneren Augenwinkel sich erstreckend ein läng¬ 
lich ovaler, etwa thaiergi osser seichter Substanz Verlust, mit steil gestell¬ 
tem, fast senkrechtem, an der Nasenwurzel intiltrirtem Bande, der Grund 
dunkelroth, glatt, wenig dünne viscide Flüssigkeit seceruireud, ziemlich 
hart und unbeweglich, mit der Unterlage verwachsen, keine Drüsen¬ 
schwellung. Die AiTeclion bestellt seit etwa dreizehn Jahren, nach 55 
täglich verabreichten Injectioiien mit Solutio Fuwleri erscheint das Ge¬ 
schwür nunmehr zu drei Viertel vernarbt, an den centralen Partien das 
Geschwulstgewebe gänzlich climinirt und durch solide Narbenbildung 
ersetzt, nur an der Nasenwurzel noch keine Tendenz zur Heilung. Die 
histologische Untersuchung ergibt die bekannten, insbesondere für diese 
innerhalb von Jahren und Jahrzehnten nur langsam sich vergrossurnden 
Krebsgeschwüre charakteristischen Veränderungen: die Zellkerne durch¬ 
aus gleich gross, der Zellrand wenig unterschieden, nur die Zellkerne 
deutlich vortretend. Bei entsprechender Tinction sieht man die elastischen 
Fasern zur Seite gedrängt, in der Umgebung der Zellmassen verdichtet. 

Scli nab 1 demonstrirt von Prof. Lang's Abtheilimg: 1. einen 
Fall von Lupus vulgaris des Fussrückens, geheilt durch Ex- 


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eision und Transplantation nach Thier sch. Die Operation 
wurde am IM. September von Prof. Lang ausgeführt. Die vom Ober¬ 
schenkel genommenen Lappen waren schon nach vier Tagen bis auf eine 
kleine Siedle an der Flusssohle angeheilt. Das von der lupüsen Fläche ein¬ 
genommene Areale von 13 Cm. lheite und 10 Cm. Länge hat in Folge 
Retraction in beiden Dimensionen um 1 bis 2 Cm. abgenomnien und er¬ 
scheint ganz glatt. 

2. einen Fall von K p i t h e 1 i o rn a n f g u m m o s e m R o d e n. 1S72 
Primürailect, local beliandelt, 1887 und 1SS8 ein tubereulöses Syphilid im 
Gericht und am Stamme, das theilweise geschwürig zerfiel; Behandlung 
mit Jodkalium und Heilung desselben nach drei Monaten. Jetzt seit sechs 
Wochen ein Geschwür an der linken Wange, dasselbe über gnldcnstück- 
gm<s, wie mit dem Locheisen ausgeschhigen und sehartrandig, über 1 Cm. 
lief, der Grund speckig belegt, der Rand derb infiltrirt, auch von der 
Mundhöhle aus zu fühlen. Am linken oberen Augenlide ein bohnengro^ses 
Infiltrat, exulecrirt und mit Krusten bedeckt. Ueber dem linken Augen- 
brauenbogon eine kiauzcrgros^e geröthete und intiltrirte, zürn Theile 
narbige Stelle, an der linken Schulter eine fast handtellergrosse Ulce- 
ration mit massig derbem Ramie, ein ähnlicher Herd von Wallnussgrö^se 
an der Streekseite «los rechten Oberarmes, P. erhielt drei Injectionen von 
Ol. einereum, Deeoct. Sarsaparillae, graue Gaze und graues Pflaster, ohne 
Erfolg. Die histologische } ntersuehung (Prof. Kolisko) ergab eine be¬ 
trächtliche, nur für Carcinom sprechende E])ithelwucherung in chronisch 
entzündetem, von Rundzellen, stellenweise von Riesenzellen durchsetztem 
Gewebe. Histologisch ist es nicht klar, oh dies lupöser oder gummöser 
Boden ist, klinisch ist Lupus auszusehliessen. 

Lang macht auf die Multiplicität der Knoten aufmerksam. Mau 
konnte an Metastasen denken, aber wenn dies Carcinommetastasen wären, 
müsste das Individuum mehr hcrahgekommen sein, die vielen Knoten 
Ond wold auf die Multiplicität der gummösen Herde zurückzuführen. 

Mracck hält den Fall gleichfalls wegen der Multiplicität für in¬ 
teressant. Die Combination von Gumma lind Epitheliom siebt man oft an 
der Zunge. Auf Jodkalium tritt Heilung ein, dann wieder Kecidivc und 
von hier au< entwickelt, sich dann das Carcinom. 

3. Schnabl deinonstrirt einen Kranken mit syphilitischem 
I n i t i a 1 a f fe c1 an d e r Z u n g e n s p i t z e, ein derb infiltrirtes Geschwür, 
von dem aus anfänglich starke Lymphstrangseleroxo längs der Zunge 
verfolgt werden konnte. Suhmcnlal- und Submaxillardrüsen geschwellt, 
ausserdem bestellt ein maculöses Syphilid, Papeln im Sulcus coronarius. 

■J. einen 28jähr. Kranken, dem 1SÜ2 Prof. v. Frisch die linke Niere 
wegen eines Tumors ex^f irpirtc. Vor einigen Wochen acquirirto er Sy- 
philis, am 28. September, nach dem Gebrauche von S<> grauen Pillen, trat 
an der Stirne und an beiden Augenlidern ein Oe dem von deutlich renalem 
Charakter auf. Im Harne keiu Eiweiss, keine Cylinder, Menge 1Ö00 bis 
2M»<> Ccm. Es ist anzunehmen, dass die eine Niere zur vollständigen Aus¬ 
scheidung des eilig« führten (Quecksilbers niebt ausreieLto und dass es 


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ohne eigentliche Schädigung 1 derselben zu den beschriebenen Oedemen 
gekommen ist. 

5. einen Full von Syphilis praecox des Centralnerven- 
systemes. September IStto recente Syphilis (papulöses Exanthem), drei 
Injectionen von Ol. ein., Januar bis Mai IHM squamöses Svphi iid an Gesicht 
und Extremitäten, 14 Pmselungen mit Calnniel-Traumatiein und innerlich 
Jodkalium in steigender Dosis; am 1 f>. September erlitt P. einen apo- 
plektischeii Insult, lag eine Viertelstunde bewusstlos da und bemerkte, 
als er erwachte, eine Parese der rechten Körperhälfte, leichte Facialis- 
lähmung, litteralc Sprach- und etwas Intelligeiizstörnng. Puter antilue- 
tischer Behandlung bildeten sieh die Erscheinungen zurück, dagegen 
entwickelte sieh eine leichte absteigende Degeneration der Pyramiden¬ 
seitenstränge (spastischer Gang, gesteigerte Pateilarretlexe, Fusselonus). 

Rille demonstrirt Raeillen des weichen Schankers im 
G e w e b e. 

Das Präparat stammt, von einem ganz reeenten, ein bis zwei Tage 
alten, mohnkorngrossen, dureh Autoinfeetion entstandenen venerischen 
Geschwüre am inneren Präputialblatte und sind in demselben äusserst 
zahlreiche zu langen, bis seehszeiligen, wellig gebogenen Ketten ange- 
ordnete Bacillen sichtbar; sie liegen zwischen den Leukoeyten, zum 
1 heile reichen sie auch in das zerfallende Gewebe hinein. In der Ge¬ 
schichte der Erforschung dieses Mikroorganismus sind zwei Etappen zu 
unterscheiden, die Auffindung des Bacillus im Geschwürseiter durch 
hucrey und Reinzüehtung desselben auf der menschlichen Haut iu 
sneeessiven Impfpusteln (l^Shj und bald darauf lsb2 der Nachweis des¬ 
selben in exridirten Geschwüren durch l n na. Spätere Entersucher, 
namentlich N i c o 11 e und (' o 1 o m b i n i, suchten die. Klentität dieser beiden 
in Grösse und Lagerung etwas differenten Formen, des Gewebs- und 
Fiterbacillus zu erweisen. Von weiterer Beweiskraft für die Specitität 
des Streptobacillus erscheint noch das cunstunte Vorkommen desselben 
im sog. virulenten Bubo. Die Färbung geschah nach Eiiua’s Vorschrift 
mit polychromem Methylenblau und DilVereuzirung in Glycerinäther¬ 
mischung. 

Sitzung vom 28. 0 et. ober lshö. 

Vorsitzender: Neu mann. Schriftführer: Hille. 

Spiegler demonstrirt einen Ijähr. Knaben mit Lupus erythe¬ 
matosus discoides und verweist auf die Seltenheit der Erkrankung 
in diesem Lebensalter. 

Neumann betont gleichfalls das seltene Vorkommen in diesem 
Alter, wiewohl er die Aflectionen .schon bei noch jüngeren Kindern beob¬ 
achtet hat. 

N e u m a n n denenst rirt: 

1. Ihnen 21jähr. Kranken, bei dem am 2h. April d. J., dem 35. 
Krankheitstage, der syphilitische P r i m ä r a f f e e t und sämmtlicho 


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442 Verhandlungen 

erreichbare I u g u n i a 1 d r ii s e n, etwa zwanzig, exstirpirt wurden. Derselbe 
vcrlicss am 3. Juni, dem 77. Krankheitstage, die Klinik, naelidem sieh 
keinerlei Consecutiva gezeigt hatten. Es waren nicht einmal die Uubital- 
und Corvioaldrüsen vergrössert, aucdi die subjectiven Erscheinungen der 
Prornptionsperiode waren nicht anfgetrcten. Jetzt nach etwa siebenmo¬ 
natlicher Krankheitsdauer ist aber scrundän* Syphilis (Psoriasis palmaris 
und nässende Papeln an der Mundschleimhaut und der Epiglottis) zu 
constatiren. 

2. einen 22jähr. Kranken mit Psoriasis vulgaris. Die Affec- 
tion, blos an der Kopfhaut und der Streck iläclie des rechten Unterschen¬ 
kels. besteht erst seit wenigen Monaten. P. wird versuchsweise mit Judo- 
thyi*in behandelt werden. 

Grosz deinonstrirt von Prof’. Mracek’s Abtheilung einen mit 
Jodothyrin behandelten Kall von Psoriasis vulgaris. 

Gemeinsam mit Pasch ki s habe er kürzlich über eine Keihe von 
t ) soria>isl‘ällen berichtet, welche durch interne Darreichung von Jodo¬ 
thyrin geheilt wurden. Bezüglich der organu-theiapeutischen Versuche bei 
Psoriasis und der damit in Zusammenhang stehenden Joukaliumthera- 
pie verweist er aut nie betreuende Publication. Die demonstrirte Kranke 
litt seit ihrem 14. Lebensjahre wiederholt an Psoriasis. Bei der Spitals¬ 
aufnahme im März d. J. zeigte sie dilVuse Intiltratiun d* j r Haut mit mäch¬ 
tigen Schuppenauiiagei ungen bei Ausbreitung über den ganzen Körper. 
Es wurde Jodothyrin in steigender Dosis von 0*5 Gr. der Milchzucker- 
Verreibung bis zu (j Gr. gegeben und gingen in der Zeit vom 12. März 
Ins zum 4. April die Erscheinungen vollständig zurück. Von Nebenwirkun¬ 
gen waren Kopfschmerzen und Appetitlosigkeit zu eon>tatiren, auch war 
P. psychisch alferirt; doch war dies nur temporär der Kall. 

Nach ihrer Entlassung blieb P. bis Anfangs August, gesund. Dann 
traten wieder am ganzen Körper bis über handtcllergrossc, stark schuppende 
Phejues auf. l.nter allen bisher mit Jodothyrin behandelten Fällen war 
kein einziger so schwer; mit Kiieksicht auf die prompte Beuction, bei 
der ersten Behandlung, wurde neuerdings Jodothyrin gegeben, umsomehr 
die Kranke selbst die* verlangte, bie bekam Vom 24. August bis 4. üctober 
133 Gr. Anfänglich bestand Kopfschmerz, der aber bald wieder schwand, 
der Puls stieg von b4 auf !>o, das Körpergewicht sank von 40.3 Kg. auf 
47.0 Kg. Der Fall zeigt, da*s die Jolothyrintiierapie vor Iö- 
cidiven nicht schütze, wiewohl bei den übrigen fünfzehn Kranken seit¬ 
her noch kein Üecidiv zu verzeichnen ist. 

Neumann bemerkt, dass es sich mit dieser Behandlungsweise 
ähnlich verhalten werde wie mit der Jodkaliumtherapie. Er hat eine 
Keihe von Fällen mit hohen Jodkaliumdosen behandelt. Psoriasis nummu¬ 
laris heilte dabei vollständig, doch biiebcn auch da die Kranken nicht 
vor Kecidiven geschützt. 

Kille. Der letzte so behandelte Kall erhielt innerhalb 40 Tagen 
zusammen 1175 Gr. Jodkalium. Er begann mit 2 Gr. und stieg bis zu 
60 Gr. pro die, worauf wieder um je 1 Gr. herabgegangen wurde. Schon 


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der Wiener dermatologischen Gesellschaft. 443 

am ersten Tage trat Lidödem auf, welches ohne dass die Behandlung 
unterbrochen wurde, wieder schwand. Als die Hautaffection bereits ab¬ 
geheilt war und Schwindel und Kopfschmerzen auftraton, wurde die Be¬ 
handlung autgegeben ; während desselben hat, T. um 3 ‘4 Kgr. an Körper¬ 
gewicht zugenommen und sich sonst immer wohl befunden. 

Lang hat die Jodkaliumbehandlung vor mehreren Jahren versucht. 
Lin Kranker erhielt bis 4 ( ) Gr. pro die, doch musste ausgesetzt werden, 
da eine 24 Stunden andauernde Anurie auftrat. 

Spiegler ist der Ansicht, dass die Wirkung des Jodothyrin nicht 
als blosse Jodwirkung anl'gelasst werden könne und daher nicht in Be¬ 
ziehung zu bringen sei zu der Wirkung des Jodkalium in grossen Dosen. 
Ls genügt der Hinweis auf die geringe Menge Jodothyrin, welche ge¬ 
reicht wurde, und den geringen Jodgehalt desselben. Als der wirksame 
Antheil muss wohl der organische Be-t des Präparates betrachtet werden. 

Grosz. Kin Gramm Jodothyrin enthält 0,003 Gr. Jod, so dass P. 
mit 6 Gr. Jodothyrin etwa 0.02 Gr. Jod eingeführt erhielt. Nach Bau¬ 
mann ist das Jodothyrin insoferne wirksamer wie frische Schilddrüse, als es 
durch die Darm Verdauung nicht angegriffen, sondern unverändert resor- 
birt wird. Die Jodothyrinwirkung könnte demnach doch Jodwirkung sein, 
da das Jo 1 in die>oni Kalle besser verwerthet würde. 

Lhrmann hält es für möglich, dass das Jod länger im Organis¬ 
mus bleibt, weniger rasch ausgeschieden wird, und fragt, ob Untersuchungen 
bezüglich der Ausscheidung angestellt wurden. 

Grosz erwidert, dass im Harne Jod nie nachgewiescn werden 
konnte. 

N e u m a n n demunstrirt: 

o. Linen 2<>jübr. Kranken mit Syphilis maligna praecox. 
Die Infeetion mit Syphilis erfolgte anfangs 1895 und wurde der Kranke 
in einem Garuisonsspitale mit 60 Einreibungen behandelt. Schon iin De- 
eember traten multiple ulrerirte Gummen an der Hautoberiläche und im 
Pharynx auf, gegen welche P. auf d»*r Klinik des Vortragenden Sb Jodqueck- 
silberhämolpillen erliiclt. Jetzt befindet sieh derselbe neuerdings seit 
Juni d. J. an der Kiinik. An Stamm und Extremitäten vielfache zum 
Theil zerfallene, mit Borken bedeckte Knoten, die meisten schon wieder 
übernarbt; Uvula. Tonsillen und Gaumenbögen zerstört, narbig. An den 
Extremität« n mehl fache periostale Auftreibungen, dem linken Gastrocne- 
mius entsprechend ein erweichtes M u * k e 1 - G u in m a, ferner Orchitis und 
Epididymitis. 

4. Eine 25jähr. Magd mit Gnmmata cutanea. An der Nasen 
spitze lind den Nasenflügeln halberbsengrosse kupferrotlie Knoten, ein¬ 
zelne abschilfernd, daneben auch an der Oberlippe linsengrosse scharf 
abgesetzte Narben, Beste zerfallener Knoten. Die Naseiischeidewand in¬ 
takt. Das Krankheitsbild an der Nase hat die grösste Aehnliehkeit mit 
Lupus vulgaris, doch befinden sich an Stamm und Extremitäten mehr¬ 
fache Geschwüre und Narben nach einem zerfallenen tuberculösen Syphilid, 
in gleicher Weise an den kleinen Labien. 


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444 Verhandlungen 

Ueber den Zeitpunkt, der Infecth*n Ut nichts bekannt, Krankheits- 
dauer mindestens 1 Jahre. 

5. Line JJjahr. N äh<*i*iu mit einem ule erirten Gumma in der 
linken S e h u 11 e r g e g e n d. Als dieselbe am 19. August aufg'aiommen 
wurde, war das Geschwür gegen fhichhandgross, tiefgreifend, mit scharf 
abgehetzten infitrirten und unterminirten livid gerötheten Bändern, der 
Grurnl mit einem dichten zähen, sehr fest anhaltenden, käsig-nekrotischen 
Belag versehen. Ha-s der Proce^s aueh auf die MuskeLehneii und die Ge¬ 
lenkkapsel übergegriffen, zeigt die jetzt naeh nahezu vullemietei* Ueber- 
narbung aufgetretene Einschränkung der Beweglichkeit. 

L an g deiimnsti irt einen Kranken mit einer u n i v e r se 11 e n I> e r m a - 
t i t i s. Vor zwölf Jahren Pneumonie, sollet stets gesund gewesen, keine vene¬ 
rische Atlection. Die jetzig«* Frkranktmg begann vor vier Jahren an den 
Ohrmuscheln, breitete sieh allmalig über bas Gesicht aus, dahei bestand 
Ohrenilwss, später wurde die Brust befallen, indem Bläschen von rot hem 
Hof umgehen aufschos.-en. dahei kam es zu reichlicher Secrction und 
Borkenbildung. 1SOH wurde er mit F o w 1 r r’seher Losung. PraripitaHalbo 
und Ichthyol behandelt. l>9l wurde auch die Kopfhaut befallen, die Be- 
batidlung mit Snlicylöl bei Neisser in Breslau brachte bedeutende Bes¬ 
serung. Im S.-pt« mber ls94 traten neuerdings in der Gegend des Ohres 
Lftloreseenzem auf, die im inanderllo^sen. juckten und nässten, « ine Be¬ 
handlung hei einem Homöopathen brachte vollständige Heilung. Gegen¬ 
wärtig ist der ganze Körper befallen; man findet nirgends eine intaete 
Ilautpurfie, an dem Händen linden sieh einzelne rhauadirte Stellen, an der 
Hohlhand und an den Fus-sohLn bedeutende Epideriiiisauflagerunjjcn, 
ebensolche? am Kopfe und im Nacken. Lim* Salhenhehandlung hraehfo 
bedeutende Besserung, namentlich an den Bhagaden entsprechend den 
Falten der Bauchhaut, und zwischen den Zehen. Man muss hier an einen 
dauernden Infiltrationszustand der (Anis, vielleicht auch der Subeutis 
denken, derselbe hat gewiss zu einer reichlichen Zellvermehrung geführt, 
wodurch es zu einer Fvbertfuthung des Blutes mit Leukocyten kommen 
muss. Es ist verständlich, dass hei einem solchen Zustand der Haut es 
zu Bildung leukämischer 'rumoren wie bei der Mycosis fungoides kommen 
katm. Ha sieh keim» intaete Hautstelle findet, wurde das Blut zur Filter- 
suchiing von der Lip]M*iiM*hh*imhaut genommen und eine Verringerung 
des Haenioglohingehaltes gleichwie hedcutcmle Leukocvtose nachg« i wic"eii. 
An den LymphdriLen, den inneren Organen wurde nichts Abnormes ge- 
1 linden, die Knochen sind nicht empfindlich. B. bekam ebenfalls Juduthv- 
vin, doch scheint eine Salhenhehandlung mein* FHcet zu haben. 

Neumann bemerkt, dass die Diagnose des Falles gegenwärtig 
schwer zu stellen sei. da die Haut mit Salben bedeckt ist. Jedenfalls 
könne man nur «lenken an diffusen Liehen ruber, ditfuse Psoriasis oder 
Pemphigus foliaceus. Hie beiden ersten Frkrankungen sind ausziwhlu ssen, 
da bei so allgemeiner Ausbreitung derselben die Haut nicht so weich 
und elastisch sein konnte, sondern intiltrirt, bei Jachen ruber chagrinleder- 
artig sein müsste, kür Pemphigus spricht der Umstand, dass wie erwähnt 


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445 


wurde, es auf der Brusthaut zu Blasenbildung 1 kam, aber auch der gegen¬ 
wärtige Zustand kann durch Pemphigus bedingt sein, denn die Erfahrung 
lehrt, dass bei langdauerndem Pemphigus es überhaupt nicht mehr zu 
Blasenbildung kommt, da die Epidermis der vis a tergo nicht genug 
Widerstand entgegensetzt, um durch das Secret in Form von Blasen 
abgehoben zu werden. N. hat eine grosse Zahl solcher Fälle gesehen, und 
zeigt ein Aquarellbild vor, wo die Haut wie in dem demonstrirten Falle 
diffus dunkelroth gefärbt ist, dazwischen vielfache exeoriirte Partien und 
dünne Krusten. 

Lang hat den Kranken zuerst in seiner Ordination gesehen und 
beim blossen Anblick des Gesichtes an Pemphigus foliaceus gedacht. Er 
nahm den Pat. auf seine Abtheilung auf, doch als sich im Laute von 
vierzehn Tagen nirgends Pcmphigusblasen entwickelt hatten, wurde erst 
mit der Salben- und Jodotbyrinbebandlung begonnen. 

Spieglet* ist gleichfalls der Ansicht, dass es bei hmgdaucrndcn 
entzündlichen Zuständen der Haut irgend welcher Art zur Bildung leu¬ 
kämischer Tumoren wie bei Mycosis fungoides kommen kann. Vor einigen 
Monaten wurde von Prof. Kaposi ein Fall vorgestellt, wo man die Ent¬ 
wicklung einer Sarcomatosis cutis aus Pemphigus beobachten konnte, ein 
ebensolcher von Hallopeau. 

Lang demonstrirt: 

2. einen 48jühr. Kranken mit (äm* Geschwulst rechts am Thorax 
unterhalb der Axilla. Keine Anhaltspunkte für Lues oder Tuberculo>e, 
vor zehn Jahren Typhus, vor zwei Jahren eine heberhafte Erkrankung 
der rechten Brustseite. Vor mehr als zehn Monaten traten an verschie¬ 
denen Körperteilen kreuzergrosse Wundiläehen auf, die mit grauer 
Salbe behandelt wurden. Mach zweimonatlichem Bestände der Krankheit 
erlitt P. ein schweres Trauma mit Gehirnerschütterung, einige Tage 
später Lähmung der linken Extremitäten und wurde er im Spifale in 
Chicago mit snbcutaneu Jnjectionen in die linken Extremitäten behandelt, 
innerlich mit einer weissen Medicin und Salbe auf den wunden Stellen. 
Die Lähmung besserte sich zur Parese, doch nahm die Sehkraft des rech¬ 
ten Auges ab, endlich trat Erblindung ein. Die kranken Plautstellen 
heilten aus, bis auf die eine, welche jetzt, noch zu sehen ist. Bei Auf¬ 
nahme bestand eine handtelh.Tgrosse heerschwammähnliclie Geschwulst 
und dachte L. an eiue bösartige Neubildung oder eine durch Mediea- 
mente bedingte Plauterkrankung. Da jedoch die Geschwulst sich bei wei¬ 
terer Beobachtung zurüekbiidete, musste er erstere Annahme fallen lassen. 
Auch an Mycosis fungoides muss gedacht werden, doch fehlt das ekze¬ 
matöse Vorstudium; allerdings gibt es Formen, die gleich mit Geschwulst¬ 
bildung einsetzen, die Mycosis fongoide d’einblee der Franzosen. Stellen¬ 
weise heilte die Geschwulst aus und Hess glatte Narben an der Haut 
zurück. Am übrigen Körper, an der Brust, der inncien Schenkeltlüche 
und an anderen Stellen finden sich bis pflaumengrosse, zum Thcil sehr 
derbe keloidährdiche Narben von den früher erkrankten Stollen lierrüh- 


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V erlmnd hinten 


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44T> 

rend. Hoffentlich wird die histologische Untersuchung den gewünschten 
Aufschluss gehen. 

Neu mann hält die Erkrankung für ein B ro in e x a n t h e in. Dieses 
kann schon nach kleinen Dosen auftreten und zwar zuerst an den unte¬ 
ren Kxtreniiliiten. Die Localisation am Stamme ist sehr selten. I>is vor 
zwanzig Jahren wurde derlei noch für Syphilis gehalten. Die gewöhnliche 
Form sind derbe Kiterblasen, anfänglich zerstreut stehend, später dicht, 
an einander gereiht und drüsig-warzige (lesehwülste bildend, innerhalb 
welcher sich verstopfte, durch Smegma und Fntzümlung-producte vorgetrie¬ 
bene Drüsencanäle erkennen lassen. Bei mikroskopischer Untersuchung 
findet man /eilige Infiltrat ion. immer mich ei weiterte Fullikel. M.hat eitmn 
Fall gesehen, welcher für Carcinom gehalten wurde. Fr empfiehlt- zur Fest¬ 
stellung der Diagnose dem Kranken neuerdings Brom zu reichen. 

Fang bemerkt, dass, wie schon erwähnt, an eine medicamentöse 
Ursache sofort, gedacht wurde, da die Geschwulst aus conglomerirten er¬ 
krankten Talgdrüsen hervorgegangeii schien. Fs besteht jedoch kein 
Anhaltspunkt dafür, da (he Verletzung, welche zu den schweren nervösen 
Störungen und dem Gebrauche von Medicamenten führte, erst zwei Mo¬ 
nate nach dem ersten Auftreten der llautatleotion stattgefunden hat. Vor 
Auftreten der Dermatose war P. vollständig gesund und zu irgend welcher 
Medication gar kein Anlass. 

Kill o demunstrirt einen 28jähr. Kranken m i t t r o p h i 8 c h e r 
K i e f e r e rls r a n k u n g in Folge von Tabes. Derselbe aequirirte 1880 
Syphilis, wurde damals und drei Jahre später mit zusammen f>0 Einrei¬ 
bungen behandelt. Tabische Erscheinungen datiren seit 1804, damals be¬ 
merkte auch B., dass er an der rechten Oberkieferhälfte mit dem Zahn¬ 
stocher einige Centimeter weif in eine Höhle gelange, wobei geringe 
Blutung erfolgte; vorher war auch an der hetretfenden Stelle ein Backen¬ 
zahn volFtändig schmerzlos ausgefallen und soll letzterer nicht cariös, 
von ganz normaler Beschaffenheit, gewesen saun. Dasselbe ereignete sich 
später linkerseits, wobei auch kleine nekrotische Knoehonstüeke abgingen. 
Jetzt besteht beiderseits am Oberkiefer in der Gegend der letzten Backen¬ 
zähne je eine länglichovale markst iickgrosse Berforationsölfnung, welche 
in die Iliglnnorshöhle führt und trotz ihrer Grösse bei der gewöhnlichen 
Inspcction der Mundhöhle namentlich rechterseits leicht, übersehen werden 
kann, weil sie mehr der \N angenschleimhaut zugekehrt ist. Da die Sprache 
hiedurch gestört ist und nasalen Boiklang hat, ist I*. gezwungen, die 
(.)effmingen mit Watte zu verstopfen. Ein gesund ausscliender Backen¬ 
zahn rechts am Bande der lVrforatiousöffnung ist. wacklig. An der 
rechten Gesichtshälfte besteht vollständige Anästhesie im Bereiche des 
I. und II. tyuintusastes. Dass eine trophische Störung und nicht etwa 
tune gummöse Osteoperiostitis vorliegt., ergibt sich aus der Symmetrie, 
aus dem vorher erfolgten Ausfälle äussrrlich ganz gesunder Zähne, dem 
raschen Verlaute und der Schmerzlosigkeit-, gleichwie aus der Anästhesie 
der Schleimhaut des Zahnfleisches im Bereiche der betroffenen Stellen, 
endlich vielleicht auch aus der Localisation. Die Kiefcraliectioii bei 


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der Wiener dermalalogischen (lesellschaft. 


4 47 


Tabes ist zuerst 18(18 von L’Abbe und seither wiederholt namentlich von 
französischen Autoren beschrieben worden. Bisher liegen Mittheilungen 
über 22 Fülle vor (Bus in). Sie kann in jedem Stadium der Erkrankung“ 
auftroten und ebenso wie das Mal perforant du pied das erste Symptom 
derselben bilden. Feber das Zustandekommen des Zahnausfalles gehen 
die Meinungen auseinander; De man ge nimmt einfache trophisohe Störung 
an, bedingt durch eine Veränderung des Trigeminus, David findet auch 
die Zahnpulpa, also ein sensibles Organ, verändert. Galippe lasst zum 
Zahnausfall und der Zerstörung der Alveolenleiste noch Mikroben hin¬ 
zutreten, welche dann erst ausgedehntere Nekrosirung veranlassen sollen. 

Ehr mann fragt, wann die ersten Symptome der Tabes aufge¬ 
treten seien. Es werde in neuerer Zeit doch wieder zweifelhaft, oh die 
Tabes eine Folgekrankheit der Syphilis sei. ln letzter Zeit hat Hitzig 
wieder einen Fall von Tabes mit recenter ScFrose beschrieben. 

Bille. Die ersten tabischen Symptome, Abnahme des Sehvermögens 
u. s. w., traten etwa im vierten Jahre auf; zu erwähnen ist noch, dass Fat. 
damals auch eine Diphtherie durchmachte, an welche sich Lähmung des 
Gaumensegels anschloss. 

Lang erklärt, dass die syphilitische Infeefi'on eines Tabischen 
durchaus keine Waffe gegen die Annahme eines Zusammenhanges zwischen 
Tabes und Lues sein könne, schon deshalb nicht, weil wir eine Feinfection 
mit Syphilis annehmen, die auch zu einer Zeit verkommt, wenn das imi¬ 
tative Stadium der Syphilis vorüber ist. 

Grün fehl betont, dass nie behauptet wurde, jede Tabes sei eine 
Folge von Lues, sie habe auch andere Ursachen. 

Ehemann meint, entweder sei die Lehre von der Feininfection 
falsch oder die Lehre vom Zusammenhang zwischen Tabes und Lucs. 

Neu mann erinnert an die Fälle von Tabes, die bei antiluetischer 
Behandlung sich bessern und an die Analogie der histologischen Ver¬ 
änderungen im Fückenmark mit den syphilitischen Gewebsveränderungen. 

Fopper demonstrirt aus Prüf. Langes Abtlieilung 1. einen 22jähr. 
Kranken mit syphilitischer Meningitis irn 5. Monate der Erkran¬ 
kung. Im Mai d. J. ITimäraflect und Exanthem, Lichen syph., der sich der 
mercuriellcn Therapie gegenüber sehr widerstandsfähig erwies und dessen 
Feste bei seiner im August erfolgten zweiten Aufnahme noch vorhanden 
waren. Mitte August stellten sich sehr heftige, Nachts exacerhirende 
Kopfschmerzen ein, dann nach dreiwöchentlicher Dauer starke Schmerz¬ 
haftigkeit der Xackenmusculatur auf Druck und bei Bewegungen. Am 
18. Oetober trat eine linksseitige Facialispare.se auf. Gleichzeitig bestand 
geringe Hyperästhesie au der linken Wange. Auch im Gebiete des Ii\po- 
glossus Störungen, Abweichen der Zunge nach links, starke Steigerung 
des Patcllarivrtexes links, auch Eussclomis. Das Sensorium benommen, Puls- 
Verlangsamung, Temperatur stets normal. In den nächsten zwei Tagen nahmen 
die Kopfschmerzen und die Somnolenz zu, es ward endlich auch der ur¬ 
sprünglich intacte Stirnast des Facialis gelähmt und es entwickelte sich eine 
Parese der beiden linken Extremitäten, die Patcliairetiexe schwanden. 


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Unter ausgiebiger Mercurialeur schwand zuerst die Parese der unteren 
Extremität, dann ward das Sensurium freier, die Reflexe kehrten wieder, 
endlich ging die Lähmung der oberen Extremität zurück. Langsam 
nahm die Parese des Facialis und Ilypoglossus ab. doch bestellt noch 
heute ein geringer Grad derselben, Kopfschmerzen bestehen nicht- mehr. 
Es liegt demnach eine luetische Basalmeningitis vor, woraus auch der 
günstige Erfolg der Therapie zu erklären ist. 

Lang fügt hinzu, dass beim Auftreten der schweren meningitisehen 
Symptome die Quecksilberthorapie verschärft wurde und zwar in der 
Weise, dass die gewöhnliche Quecksilbermenge, jedoch zur Hälfte in zwei 
getrennten Depots angelegt wurde. Nach Kronfeld's Untersuchungen 
wird die gleiche Quecksilbermenge von zwei getrennten Depots leichter 
resorbirt als von eiimm einzigen. Die Iujectionen wurden ferner alle 
zwei bis drei Tage bis zum Auftreten von Stomatitis wiederholt. Für 
den Fall, dass die Stomatitis zu bedrohlicher Form sich gesteigert hätte, 
wäre der Injectionsherd excidirt worden, was jedenfalls ein leichter Ein¬ 
griff ist. 

Ehrmanii hat einmal aus Versehen eine zehnmal zu starke Dosis 
von Peptonquecksilber injicirt. er incidirte nach einigen Stunden und 
spülte die Wunde mit Kalkwasser aus. Am anderen Tage bestarid aus- 
gebreitete Stomatitis, das Syphilid war abgeldas<t. Versuche mit grauem 
Oel haben ihn gelehrt, dass das Exanthem mitunter auf mehrere Injec¬ 
tionen nicht reagirt, dann plötzlich verschwindet und Stomatitis aufiritt. 

Reumann hat einen ähnlichen Fall von schwerer IJirrisyphilis im 
14. Monate der Erkrankung auf treten gesehen. Der Pat. starb unter den 
Lähmungserseheinnngen, bei der Obduetion fand man eine syphilitische 
Meningitis und Infiltration im N. oculomotorus. 

Pop p e r demonstrirt 2. einen Fall von o p e ri r t em Lu p u s vulgaris 
der Wange bei einem 22jähr. Individuum. Fs wurde excidirt und durch 
einen Lappen vom Halse gedeckt. Der kosmetische Erfolg ist in diesem 
Fall besonders schon und besser als bei T h i er sc h’scher Transplantation 
da die hiebei meist auftretende starke Schrumpfung fehlt. 

3. Finen 2öjähr. Kranken mit einem tuberculösen Geschwür 
ad an um. Seit Februar besteht. Lungen- und Kehlkopfphthisc gleichwie 
das Geschwür ad umuii. ein zweites an der Wangenschleimhaut links 
gegenüber dem letzten Packenzahn. Ersteros ist vierkreuzerstiiekgross, 
setzt sich eine Strecke weit auf die Pectalschleimhaut fort, hat ausge¬ 
nagte, stellenweise unterminirte Länder, der Grund aus schlaffen, blassen 
Granulationen bestellend seeeniirt reichlich dünnen Eiter. Bisher ist es 
nicht gelungen, im Geschwürseiter Tubcrkelbacillen nachzuweisen, doch 
sind seihe im Sputum vorhanden. 


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Verhandlungen des Vereines Ungarischer Dermato¬ 
logen und Urologen. 


Sitzung vorn 5. März 1806. 

Vorsitzender: Schwimmer. Schriftführer: Hasch. 

1. Baku: Cyst itis chronica mit c x c e n t r i s c h e r H y p e r- 
t r o p h i e der Bl a s e n w a n tl und I n s u ff i c i e n z. A. M., 54 J. alt, 
Wirt wurde am 22. Januar 1. J. auf B's. Abtheilung im St. Jtdiann-Spital 
aufgenommen. In seinen Jünglingsjahivn hatte er Harnröhrenfluss, welcher 
bald geheilt war. Seit dieser Zeit war P. bis 1S86 gesund. Zu dieser 
Zeit befiel ihn nach einer stärkeren Erkältung ein häutiger und schmerz¬ 
hafter Drang zum Uriniren, so dass er sich niederlegen musste. Anfangs 
behandelte ihn sein Hausarzt mit innern Mitteln, später versuchte der 
zur Consultation lu rlteigerufene Arzt ohne Resultat des Einfuhren eines 
Instrumentes in die Blase. Nachher bekam P. erwärmende Umschläge, 
und fühlte sieh nach öu 'lagen so weit hergestellt, dass er das Bett ver¬ 
lassen konnte. Jetzt versuchte man neuerdings das Einführen eines ( a- 
tlieters, denn angeblich hatte man bei ihm eine Strictur diagnostieirt, 
und nachdem es gelang einen dünnen Catheter einzuführen, wurden bei 
ihm Blasenwasehungen mittelst ständigem Catheter angewendet, worauf 
er sieh vollständig hergestellt fühlte. 2 Jahre nachher stellte sich nach 
einer neueren Erkältung eine Recidive ein, welche seit, dieser Zeit mit 
Ausnahme kleinerer oder größerer Pausen fortwährend anhält. P. war 
ständig in Behandlung und wurde zeitweise bettlägerig, zeitweise ambulant 
mit Blasenwaschungen behandelt. Seit circa V 2 Jahr sah B. den P. hie 
und da als ambulanten Kranken. Bei der Aufnahme klagte Patient über 
häutigen Urindrang, welcher sich '/.stündlich mit grossen Schmerzen ein¬ 
steilte, der Urin war übelriechend, zeitweise mit Blut gemischt. Das 
Allgemeinbefinden ist trotz der hingen Dauer zufriedenstellend, lieberlos. 

Die P a r s a n t e r i o r u r e t h r a e ist bei 15 Cm. lang, 
von normalem Kaliber, an den Wänden keim? Verdickungen oder Rauhig¬ 
keiten zu entdecken. keine Spur von organischen Verengungen. 
Die pathologischen Veränderungen sind in der Pars posterior, welche» 
6 Cm. lang ist. Die Steinsonde stösst im Anfänge der Pars posterior 
Archiv f. Dermatol, u. Syphil. Baud XXXVII. oo 


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an ein Iliuderniss. welches theilweise dein S ph i n c t erkram pf zuzu- 
sehreiben ist, nachdem das Hinderniss ein viel stärkeres war, als P. am¬ 
bulant behandelt wurde. Ausser dem Sphineterkrampf verhinderte auch 
die verdickte und rigide Fascia perineaiis das ungestörte Finführen des 
Mctallinstrumentes. man konnte nämlich mit dem in dem Mastdarm ein- 
geführten Kinder die gespannte Faseie tasten, von welcher das Fnde der 
Sonde so zu sagen abprallte. Kin weiteres Hindernis*« beim Einfuhren 
verursachte die Verdickung des Sphincler internus, welche mit der Hy¬ 
pertrophie der Illasenwand in Verbindung stellt. Prostata-Hypertrophie 
konnte nicht coimtatirt werden. Die Blasonwand ist besonders seitlich 
und an der Basis verdickt und leistet der Metallkunde stärkeren Wider¬ 
stand. Nachdem bei dein Patienten Bl i>enWaschungen mit Lapislosungen 
resultatlos waren, hatte B. bei der Aufnahme des Patienten die Absicht, 
bei ihm einen lVrinealsrhnitt mit constanter Drainage eventuell ver¬ 
bunden mit Auskratzen dir Blase vorzunehmen. Vorher versuchte er 
jedoch die Anwendung des Verweil-Uatheters. Die Folge davon und von 
den täglich vorgenominenen Blasen Waschungen war, dass der schmerz¬ 
hafte Urindrang alsbald auf hörte, P. konnte den Urin Ö —4 Stunden 
durch zurüekhulten und der Urin klärte sich. Der Catheter wurde nach 
einer Woche entfernt und jetzt stellte es sich heraus, dass, obwohl keine 
Schmerzen vorhanden wan n und P. nur H —4stündlich urinirte, die Menge 
des Residualurins ebenso wie früher 200 —ÜOO Gr. war. Die Blase konnte 
aber trotz der verdickten Blasenwände den Urin nicht vollständig ent- 
b-cren. P. wurde mit der Anweisung entlassen, dass er den Urin täglich 
einmal mit Uathetcr entfernen möge. 

Im gegenwärtigen Falle konnte nicht eruirt werden, was die di- 
rocte Ursache der vor 10 Jahren aufgetretenen acuten Urethra-Cvstitia 
war. Als («elegenheitsursache kann man eine congestive Hyperämie der 
unteren Urinwege annehiuen, welche auf dieselbe Art wie bei der A. 
radialis und temporalis in Folge eines atheromaUUen Processes entstehen 
kann. Zu solchen Congestionen hatte P. sogar Disposition, denn als Gast¬ 
wirt liebte auch er die Getränke und hatte die Gewohnheit, den Urin oft 
Stunden hindurch zurückzuhalten. Fine auf atheromatöser Basis entstan- 
(h ne Cystitis kann auch ohne Prostatuhypertrophie bestehen, was übrigens 
auch mehrere Fällt: Guyons beweisen. 

Die Hypi rtrojdiie der Blasenwände i>t die Folge der in Folge 
häutigen Urindrangos potenzirten Thätigkeit der Blase. 

Fcleki betrachtet den Fall als einen solchen, dessen Aetiologie 
nicht vollständig geklärt ist und würde lieber die seiner/.eitige Anwendung 
d *s VerwciM’athejers als Ursache annehnien. 

Ilona glaubt nicht, dass eine Uy>titis nur in Folge Erkältung 
entstehen könnte und meint, dass in den meisten Fällen eine Infection 
die Ursaele* derselben bilde; die Theorie der Fntstchung einer Prostata¬ 
hypertrophie in Folge eines atherumatiVsun Processes wurde in neuerer 
Z< it direct wiederlegt. Was den Spinnet•■rkrampf anhclaugt, bemerkt 
er, dass derselbe sehr oft nicht nur heim Fiufuhrcn eines weichen 


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451 


sondern auch eines harten Catheters vorkomme, in solchen Fällen hält 
er das Endoskop für ein ausgezeichnetes Instrument, womit man die 
betrete nde Partie der Urethra besichtigt und wenn man keine Strictur 
oder organische Veränderungen damit entdecken kann, kann man getrost 
jedwelches Instrument einführen. 

Baku schliesst nicht die Möglichkeit aus, dass die Cystitis das Re¬ 
sultat der vor 24 Jahren bestandenen Blennorrhoe sei; nachdem jedoch 
die Cystitis 14 Jahre nach der Blennorrhoe entstanden ist, glaubt B. als 
Gelegenheitsursache die Erkältung annehmeu zu müssen. Was die Theorie 
Guyon’s bezüglich der Atheromatosis anbelangt, bemerkt B., dass diese 
r rheorie nicht angezwoilVdt wurde, nur fand man die Atheromatosis nur 
bei der Hälfte der angenommenen Fälle, während dieselbe bei der an¬ 
deren Hälfte fehlte. 

II. Bakö: Resectio partialis urethrae wegen blennor- 
rhoischer Strictur. J. Sz., 45 Jahre, verheiratet, Maurer, wurde am 
30. Januar 1. J. auf B's. Abtheilung anfgeiiominen. Er hatte im Jahre 
1874 eine Blennorrhoe. 1879 bemerkte er zuerst heim Uriniren Beschwerden, 
blieb jedoch olme Behandlung, bis im Jahre 1883 das Uriniren ganz un- 
möglieh war. .letzt Hess er sich in der Provinz in ein Spital aufnehmen, 
wo die Behandlung aus Einführung von Bougien bestand. Nach 3monat- 
licher Behandlung verlies» P. das Spital, obwohl sein Uriniren in dünnen 
Strahl von Statten ging. Am 14. Nov. vorigen Jahres, als P. in der 
Hauptstadt als Maurer beschäftigt war, stellte sich abermals eine Re- 
tentio urinae ein und er wurde ins Spital aufgenommen, wo der Inspections- 
arzt ihn catheterisirte. Am folgenden Tag fand B. bei der Untersuchung 
2 Strieturen u. zw. die erste am unteren Endo der Pars scrotalis, 
die zweite in der Mitte dos Perineum, die* erste konnte man leicht pas- 
siren, während durch die zweit«* nur ein französisches Bougie Nr. 4 
durchführbar war. Schon nach der ersten Untersuchung konnte B. nach 
allmäliger Dilatation einen englischen Catheter Nr. 5 einführen, welcher 
ständig darin gelassen wurde. Nach einigen Tagen konnte schon ein 
engl. Catheter Nr. 12 eingeführt werden; der Anfangs getrübte l rin 
wurde durchsichtig und klar und das Allgemeinbciinden des P. war 
sehr gut. P. verlies« das Spital mit der Weisung, die Abt hei lung zeit¬ 
weise wegen Einfuhren des Bougies zu besuchen. Dies versäumte jedoch 
derselbe und so stellte sich alsbald eine R e ei d i v e ein, mul P. wurde 
am 3(). Januar 1. J. wegen neuerlicher Retention wieder auf die Ablheilung 
aufgenoinmen. B. unternahm ain 4. Februar, um eine neuerliche Retention 
zu verhindern, die externe Ure t b ro t om i c. B. führte vorher einen 
Xeleton-Catheter Nr. 8 durch die Harnröhre in die Blase und entfernte 
nachher alles, was er für pathologisches Gebilde hielt mittels Seheere und 
vereinigte nachher mittels theilweise vertieften, theilweise oberflächlichen 
Näthen die Wundränder. Die Wunde heilte per primain und nach 12 lagen, 
als der ständige Catheter entfernt wurde, konnte man eine Bougie Nr. 21 
Ch. ungehindert einführen. P. konnte im vollen Strahl uriniren und ver¬ 
liess das Spital. 

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13a ko hält den Fall deshalb für interessant, weil er bei der Ope¬ 
rationin der verengten Partie der Harnröhre ein strangförmiges Gebilde fand, 
welches an der vorderen Wand der Harnröhre in sehniger Pachtung nur 
mit seinen zwei Endpunkten fixirt war, während der übrige Tbeil ganz 
frei im Lumen der Harnröhre sich befand. Hei älteren Autoren findet 
man öfter Erwähnung von falteiiähnIielien Erhöhungen in der Harnröhre, 
welche entzündlichen Ursprungs s hid. Auch Civiale weist in seinem 
Werke über die Erkrankungen der Harnorgane darauf hin, dass Einzelne 
schon struiigahnlielie Gebilde in der Harnröhre beobachtet haben, welche 
auf dieselbe Weise, wie im gegenwärtigen Fall Bako’s, beschrieben 
wurden. Was den Ursprung dieses Gebildes anbelangt, hält es Hakö 
für sehr wahrscheinlich, dass dasselbe ein artificielies Product sei. Es 
sei nicht ausgeschlossen, dass bei der vor Jahren durchgeführten Behand¬ 
lung die Schleimhaut der Harnröhre doppelt durchbohrt wurden sei, so 
dass das Instrument wieder in die Harnröhre gelangte. 

111. Baku demonstrirt Metallsonden, welche nach seinen Angaben 
verfertigt wurden. Zum Passiren und zur Dilatation von Urethralstrie- 
turen verwendet Baku gegenwärtig in den meisten Fällen die franzö¬ 
sischen konischen Knopfbougicn. In dem cylindrisclien Theil desselben 
ist eine gewisse Higidität, wodurch es in unserer Macht steht, das In¬ 
strument so einzuführen, dass man das Knöpfende an der vorderen Wand 
der Harnröhre hineingleiten läs>t und man die Strietur auf ähnliche 
Weise passirt Nicht selten trifft man jedoch Stricturen besonders am 
Damm, tlieilwcise in der Pars bulbosa, theihvrise in der Pars rnem- 
branocea, wo man das Führen dies Knöpfende» des Bougie von aussen 
nicht mehr beeinflussen kann. Dies kommt bei Stricturen vor, deren 
untere Wand hervorsteht, während die obere Wand rauh ist, und wo der 
Knopf anstösst, ohne durch die Strietur geführt, werden zu können. In 
solchen Füllen greift B. zu den demonstrirten Metallsonden, die einen 
Holzgriff halien und deren Ende ebenfalls konisch und knopfartig ist und 
eine eventuell m'.lliige Biegsamkeit besitzt. Der dickste Durchmesser 
als auch der Durchmesser des Knopfes ist am Ilol/gritf ersichtlich. Be¬ 
sonders zweckentsprechend sind obige Sonden in Füllen, wo Strietur und 
Prostatahypertropliie zu gleicher Zeit, als llinderuiss dienen. 

Feleki bemerkt, dass er in letztgenannten Füllen der Lefort- 
schen Sonde den \ orzug gibt, womit das Entstehen einer E'aussc route 
ausgeschlossen ist. wahrend diese Gefahr mit den dünnen Nummern der 
Baku m’Ikmi Sonden leicht einireten kann. Bona hält zwar die Sonden 
in geübten Jländmi für ungefährlich, gibt aber bei Instrumenten unter 
Nr. 15 Charriere den weichen Instrumenten den Vorzug und empfiehlt 
für jene hülle, wo man mit Sonden die OeIVnung der Strietur nicht finden 
kann, die Anwendung des Endoskops Alapi meint, dass Bak«Vs In¬ 
strumente besonders bei 1* a u s s e s routes sehr geeignet, stiem. 

Schwimmer bemerkt, d iss in Fälimi, wo mehrere Stricturen vor¬ 
handen sind, das Endoskop nicht entspreche. 


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Bako bebt nochmals hervor, dass er seine Sonden nur für jene 
Falle als indicirt hält, wo man mit weichen Instrumenten erfolglos operirt. 

IV. Ilavas demonstrirt einen Fall von Lupus erythematosus. 
Der 25jährige Schmiedgeselle trägt das Leiden seit drei Jahren. Auf 
der behaarten Kopfhaut, auf beiden Gesichtshälften und am Nasenrücken 
sieht man ausgebreitete typische Effiorescenzen. Das Entstehen war 
ziemlich rapid. I>ei dem wohlgenährten und gut entwickelten Patienten 
konnte kein anderes Leiden (auch keine Tubereulose) constatirt werden. 
I\ gibt zwar an, dass seine Mutter an Tuberculosc gestorben sei, so dass 
man dieses neuerdings ventilirte ätiologische Moment leicht hervorheben 
könnte; Ilavas hält dies jedoch für unrichtig. Die Prognose quo ad 
sanationem ist schlecht. II. verorduete Seifenwaschungen und 10% Salicyl- 
pflaster. Das Heilresultat hängt nicht so sehr von der richtigen Aus¬ 
wahl eines oder des andern Mittels, sondern mehr von dem Heiltrieb 
des Individuums ab. 

Schwimmer bemerkt, dass dieses Leiden ein geheimnissvolleres 
sei als viele andere. Er war immer der Ansicht, dass selbes auf ent¬ 
zündlicher Basis entstehe, in welcher Meinung ihn jedoch mehrere im 
Laufe der Jahre beobachtete Fälle wankelmüthig machten, wo Lupus 
vulgaris und Lupus erythematosus a n de m s e Iben In d i v i- 
d u u in zugegen waren, so dass man au einen gewissen Nexus dieser zwei 
Erkrankungen denken konnte. Eine Iden ti tät der beiden Erkrankungen 
schliesst jedoch Schw. aus. Was die Therapie anbelangt, so ist es That- 
sache, dass man mit den verschiedensten Mitteln ein gutes Resultat er¬ 
zielen kann, nach einigen Monaten jedoch treten Peeidiven auf. Dies 
spricht für die Annahme, dass die Erkrankung vielleicht infectiüser Natur 
sei. Schw. zieht die Behandlung mittels Thermokauters den anderen vor, 
obwohl natürlich auch so die Reeidiveu nicht ausbleiben. 

Basch hatte Gelegenheit diesbezügliche Fälle Jahre hindurch zu 
beobachten und auch seine Ansicht ist es, dass nach jeder beliebigen 
Behandlung Peeidiven eintreten können; ja selbst jene Patientin, 
welche Schwimmer am 5. Dec. 1805 hier als durch Erysipel 
g e h e i 11 vorstellte, erschien bei ihm nicht lange nachher mit ausge- 
breitetem r e c i d i v i r e n d e n L u p us erv t.bematos u s. 

Justus erwähnt einen Fall, den er kürzlich auf der Abtheilung 
Schwimm er\s beobachtet hatte. Anfangs hielt er denselben für einen 
typischen Fall von Lupus erythem. Bei genauerer Beobachtung jedoch 
stellte es sich heraus, dass derselbe der von den Franzosen beschriebene 
Type aspbyxique sei. Bei demselben Pat. war auch eine Syringo¬ 
myelie vorhanden. 

Röna sah noch nie L. eryth. und vulgaris an demselben In¬ 
dividuum. Was die Therapie des ersteren betrifft, so erreichte er in einzelnen 
Fällen schöne Resultate mit Acidum lacticum. 

II a v as hält in den Fällen, in welchen angeblich g 1 e i c h z e i t i g 
Lupus eryth. und vulgaris vorhanden sein sollen, die als Lupus eryth. 


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Verhandlungen 


imponirenden Veränderungen für das Anfangs- resp. hyperämisehe Stadium 
des L. vulgaris. 

V. Popper demomtrirt eine Elektrode, mit welcher man die Pro¬ 
stata elektrisiren kann. Das Instrument ist fingerdick, konisch aus Kaut¬ 
schuk und trägt auf jener Seite, welche die Prostata berühren soll, eine 
schmale Metallplatte, welche mit dem im GrilV befindlichen Metalldraht 
verbunden ist. Die andere Flektrode wird bei entleerter Blase ober der 
Regio pubica an der Bauchwand angelegt. Popper erzielte mittels 
Anwendung des Faradisehcn Stromes besonders bei Mictionssper- 
mathorhoe günstige Erfolge. 

Feleki bemerkt, dass man schon verschiedene Instrumente zur 
Elektrisirung der Prostata angewendet undaueh deren Anwendung wieder 
weggelassen hatte. Auch meint er auf Grund von Messungen, die er an 
Leichen vorgenommen, dass man mit diesem Instrument das obere Ende 
der Prostata nicht erreichen könne, noch weniger jedoch die Vesiculae 
seminale s. 

Popper erwidert hierauf, dass er schöne Resultate erzielte und 
hält sich das Hecht vor, diesbezügliche Fälle seinerzeit vorzustellen. Die 
Leichenbefunde F.’s können nicht auf Lebende bezogen werden, denn P. 
hat unter seinen mehrere hundert bet reifenden Untersuchungen nie eine 
Prostata gefunden, deren oberen Hand er nicht erreicht hätte. 

H ö n a. 


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Venerische Krankheiten. 

(Redigirt von Prof. Xeisser und Primararzt Jadassolin in Breslau.) 


Therapie der Syphilis. 

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Wiener medicin. Presse 1895. Nr. 2 und 3. 

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geti. urin. dis. April 1895. 

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Soc. de Biol. 1805. Nr. 1. p. 18. 

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Soc. de Biol. 1805. Nr. 1. 21. 

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Mittheilung. Wrat sch 1895, Nr. 34. p. 030—041. Russisch. 

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451; Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete 

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15. Gouladse. l n ras de Syphilis grave, gueri par Bingcstion de glande 
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16. Tsrhistjakow, M. A. Die Bedeutung der Mineralwasser von Stalaja 
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21. Aliroiiowitseh, W. W. Zur Frage über dit* Ausscheidung des Queck¬ 
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Obosrenie. 1895. Bd. 45. Nr. 12, p. 1141 —1145. Russisch. 

22. Bardescu. Sur lYlimination du mercure apres les fumigations au 
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23. Koslowsky, K. M. Ueber die Wirkung des Quecksilbers auf das 
Blut Syphilitiker und gesunder Menschen. Inaug.-Dissertation. St. 
Petersburg 1895. 47 pp. Russisch. 

24. Gürl. Resorbin, speciell bei der Behandlung der Scabies und Lues. 
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25. Welamlcr, K. Hat die Behandlung von Syphilis mittelst Leber- 
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26. Grizuii, F. J. Zur Frage über die Behandlung der Syphilis vermittelst 
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Nr. 11, p. 181 —184. Rus>isch. 

27. Gillet. Traitement de la Syphilis de Fon Ta n t par Bemplatre au calo- 
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29. Renault. Ce ipi’il laut penscr ä Thoure aetuelle de la valeur des 
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der Syphilis. 


457 


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31. Irsai, Behandlung der schweren Kehlkopfsyphilis mit intramusku¬ 
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31. Jahrgang. Nr. 37 d. 15. Sep\ 1805. 

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Journal des mal. cut. et syph. 1804 p. 710. 

33. Soffiailtiiii, Sulla rapida efticacia e sulla sempre piii estesa applicaziono 
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31. Juli 1805. Xr. 27. 

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Russisch. 

35. Dinkler, Al. lieber die Wirkung und Verwendbarkeit der von Bac- 
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Wochenschrift Nr. 18, 10, 20. 1805, XXXII. Jahrgang. 

30. 111 manu, K. Ueber den Wert.li und die Zulässigkeit intravenöser In¬ 
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tung 1804. Nr. 52 und 1805 Nr. 1. 

37. Kiisel, G. A. Zur Behandlung der Syphilis mit intravenösen Sublirnat- 
injectiouen. Vorläufige Mittheilung. Wratsch 1805, Nr. 15, p. 410 — 412. 
Russisch. 

38. Hoguer. Intravenous niedicated injections according to Prof. G. Bac- 
celli's rnethod. Boston Medie. and Surg. Journ. CXXXII, 20, 1805. 

30. liruni. Intravenous Sublimate Injections in Cerebral Syphilis. 
11 Policlinico 11. Mai 1805. Ref. The Tiierapeutic Gazette. 
15. October 1805. 

40. de Boiio, F. P. Des injections intravemuises de sublime dans le 
traitement des lesions oculaires d’origine sypliiliti<|ue. Ref. Semaine 
med. 1805 Nr. 57 p. CXXV1. 

41. Scheiuiss, L. J. Die Behandlung der Syphilis mit Hydrargvrum 
gallicum. Wratsch 1894, Nr. 15, pag. 433—430. Russisch. 

42. Glagolcff P. Intoxieation durch subcutane Salicyhjuecksilberiujection. 
Journal de medecine militaire Russe. 1804. 

43. Jenner-Dayton. Feber einen eigenartig complicirten Fall von 
Quecksilbervergiftung. N.-Y. med. Journ. 5. Nov. 1S02. Ref. Deutsche 
Med.-Ztg. 1804, 81 pag. 011. 

(1) Smirnow bespricht an der Hand des ^Lehrbuches der vene¬ 
rischen Krankheiten 44 von Prof. Gay (Russisch) und der bekannten Arbeit 
von Prof. Fournier „Traitement de la Syphilis 1 * die ITivollstündigkeit 
der Behandlung der Syphilis und meint, dass der nächste Weg zum Aus¬ 
arbeiten der leidenden rationellen Methode der Radicalbelmndlung der 
Syphilis in der Betrachtung derselben als einer Krankheit des Blutes bestehe. 


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458 


Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete 


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Die rationelle Aufgabe der Sypbilistherapie darf nur in der Vernichtung 
der syphilitischen Diathese’ bestehen und nicht darin, nur die Local- 
Symptome zu unterdrücken und womöglich die Keeidive zu entfernen. 

A. Gr ü n f e 1 d | Rostow l. 

(2) Finger bespricht an der Hand vieler'[Tatsachen aus dem Be¬ 
reiche seiner Spitals- und Privafpraxis sowie seiner diesbezüglichen ana¬ 
tomischen Untersuchungen den Werth oder Unwerth der frühzeitigen Ex- 
cision des syphilitischen Initialaffectes.— Er hiilt zunächst die von Aus¬ 
spitz und seinen Nachahmern erhaltenen günstigen statistischen Resultate 
bezüglich einer wirklichen abortiven Heilung durch den Eingriff für meist 
unbewiesen, da es sich in den statistisch verwerteten Fällen häutig um 
Indurationen ohne gleichzeitig vorhandene Seleradenitis handelte, welche 
sehr wohl auch eine Pseudoindtiration nicht syphilitischer Natur gewesen 
sein konnte. Wenn aber bereits harte Leistendrüsen oder regionäre 
Seleradenitis ansgebildet, dann sei nach Sigmund und des Autors 
sowie nach and*ren statistischen Erfahrungen der Erlieg auch fast immer 
negativ gewesen. Die anatomischen Veränderungen Vasculitis, binde¬ 
gewebige Intill rat ion, Ly inphgefäs<in va^ioii reiche viel weiter als die 
makroskopisch iuld- und sichtbare und exstirpirbare Initialmanife'dation. 
Mit dem oft. bemerkten Ausbleiben der secundären Symptome sei eben¬ 
falls nichts gewonnen, da man nie wissen könne, ob sieb nicht später 
dennoch tertiäre Erscheinungen einstellen. Der Autor fuhrt derartige 
Beispiele aus seiner Praxis an, darunter mehrere noch von Auspitz 
selbst exeidirte Patienten. 1 Ybrigons komme es auch neben anderen atypis» len 
Arten des SyphilLverlaules oft ohne die Exeision des Primäratfeetes gar 
niemals zu secundären Erscheinungen an der Haut, selbst dort nicht, wo 
Seleradenitis deutlich nachweisbar gewesen sei. Ohne also ganz d« ei- 
dirt dagegen Stellung zu nehmen , bestreitet E. doch den Werth 
der frühzeitigen Exstirpation der syphilitischen InitiaLkJeroso auch für 
jene Fälle, die nach derselben von sogenannten secundären Erscheinungen 
eine Zeit laug oder ganz frei geblieben sind. Pari U 11 rn u n n (Wien). 

(H) Das Blutserum, dessen sich Vauglian bei seinen Versuchen 
bediente, stammt«; aus der .lugularvene eines Pferdes und war nach voll¬ 
zogener Sterilisirung mit einer 10% rarholsäurelösung versetzt worden. 
Injicirt wurden in die Nates ( der den Pt nis Ü Ccm. des Serums, und 
zwar waren seit einem Monat 20 Krankt* damit behandelt worden. In 
zwei fallen wurde Tempcr.itur.-deigorung', in vier eine leichte Urticaria 
beobachtet. Abscesse traten n i e auf. Die Behandlung schien die Involution 
des Primäratfects und der ll:iuter>e.lieiiiimgen zu beseldeimigeti. In einem 
Fall von syphilit Leber Epididymi t is halte sieh die (Jeschwulst, seit 
Beginn der Injectionen stark verkleinert. Jn d«*r Diseussion betont Taylor, 
dass diesen eben begonnenen Versuchen keine Bedeutung beizume>s» n Lt, 
da die Lucs eine dreijährige Behandlimgs- und Bt obaehtungszeit erfordert 1 . 
Zmlem verschwinde die Roseola häutig von selbst, und auf die Sclerade- 


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der Syphilis. 


450 

nitis haben die Injectionen keinen Einfluss. Vauglian erwiodert, dass 
diese Mittheilungen selbstverständlich nur als vorläufige aufzu fassen seien. 

B. Ledermann (Berlin). 

(4) Drei exuicerirte Gummen, die einer 3'/. Monate dauernden 

Quecksilberbehandlung widerstanden hatten, vernarbten innerhalb vier 
"Wochen der Serumbehandlung. Bezüglich eines früheren Heilerfolges 
(Fall Triboulet) wird von einem neuen Zerfall eines unter Serumbe¬ 
handlung vernarbten Gummas berichtet. 11. Winternitz (Prag). 

(5) II ericourt und R i c h e t erinnern an Versuche, die bei F o u r- 
nier mit von ihnen dargestelltem Hundeblutserum bei Fällen von Lupus 
und schwerer Syphilis angestellt und von Foulard veröffentlicht worden 
sind (Bullet, de la Societc franc. deDermat. et de Syphil., publ. 1802, p. S81). 
Bei zwei mit schwerer Syphilis behafteten Kranken, bei denen die ge¬ 
wöhnliche Behandlung unwirksam gewesen war, bewirkte die Serum¬ 
therapie eine schnelle Aeiulerung des Allgemeinzustandes, und es zeigte 
sich, dass die vorher machtlose specifische Behandlung nunmehr wirk¬ 
sam wurde. H. und R. glauben nun ein noch wirksameres Serum darge¬ 
stellt zu haben, indem sie die natürliche Immunität durch eine experi¬ 
mentelle Infect-ion erhöhten. Bei der gegenwärtig fehlenden Kenntniss 
der Syphilismikroben injieirten sie Hunden und Eseln Blut von bisher 
unbehandelten Kranken, welche das erste Exanthem (Roseola) bekamen, 
und entnahmen einige Tage später diesen Thieren das Blut für ihr Serum. 
Hiermit wurden einige Versuche angestellt. R. Winternitz (Prag). 

(f>i Triboulet. Fine 25jähr. Frau bekam im 3. Jahre nach der Infect-ion 
ein Infiltrat mit vielfach gekerbten Rändern, das an mehreren Stellen 
exuicerirte. Verschiedenste Mittel zeigten sieh wirkungslos, nur graues 
Pflaster verhinderte das Weiterschreiten. Trotz Injection und gemischter 
Behandlung keine Heilung. Die Patientin bekam nur einige Ilundeblut- 
seruminjeetionen (bereitet von IIericourt und Riebet), u. zw. inner¬ 
halb 5 Tagen im Ganzen 12 Ccm.; am Ende dieser Zeit hatte sie Schwinde 1 
starken Kopfschmerz, Kältegefühl, eine Temp. von 3!F, Erbrechen und eine 
Urticaria. Die früher schlaffen Geschwürsflächen wurden frischer und über- 
hüuteten im Verlauf eines Monats unter grauem Pflaster vollständig. Der 
Allgemeinzustand scheint sich sehr gebessert zu haben, die Patientin 
wurde viel dicker und fühlte sieh viel gesünder. 

R. W i li t e r n i t z (I *rag). 

(7) Her i court. Eine vor 20 Jahren infteirte Frau, bei der die 
Krankheit den gewöhnlichen Verlauf genommen hatte, leidet seit 10 Jahren 
an nervösen Beschwerden (crises gastriqiies, nächtliche Kopfschmerzen, osteo- 
skopische Schmerzen). Vor 2 Jahren Iritis specifica und hierauf (Koordinations- 
Störungen. Speciiisehe Behandlung, B ro wn-S e q u ar d'sclie Injection ohne 
Erfolg. Zur Zeit, bevor sie mit Serum behandelt wurde, bestand beständiger 
Magenschmerz, Erbrechen, Gürtelschmerz, blitzartige Schmerzen in den 
unteren Extremitäten, incoordinirter Gang, Fehlen des Kniephänomens 


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Bericht über die Iv'istun^en auf dem Gebiete 


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4 BO 


etc. Alle Schinerzerscheinungen besserten "'ich rasch oder soll wanden 
nach den ersten drei Serimiinjectiom-n (»j Ccm.;. 

R. W i n t e r n i t z (Prag!. 

'S ; Auf Grund von fünf Beobachtungen macht W j e wiorow s k i auf 
folgende Facta aufmerksam: 1. Pie Injektionen von Syphilisserum 
verbessern schnell den Allgmneinzu^tand und das subjektive Befinden. 
2. Die Injektionen halmn ohne Zweifel auch einen Einfluss auf das Ver¬ 
schwinden der Syphiliserscheinungen. 3. Nach einer Reihe von Ein¬ 
spritzungen verkleinert sich auch die Drüsenschwellung. 4. Die fortge¬ 
setzten Einspritzungen nach Verschwinden der Syphilissvmptome beugen 
Recidiven nicht vor. f>. Die Syidiilisrecidive verschwinden nicht unter 
Anwendung derselben In jeetionsinengen mit derselben Schnelligkeit, wie 
die Erscheinungen zu Beginnt 1 der Behandlung. Eine ausführliche Publi¬ 
kation dieser interessanten Arbeit soll demnächst erscheinen. 

A. G r ii n f e 1 d (Rostow). 

tO) Spicgler gibt im ersten Thcile seiner Publikation zunächst 
eine kurze Febersicht der Geschichte der Schutzimpfungen überhaupt, 
von Jenners Schutzimpfung gegen Variola angefangen bis in die neueste 
Zeit. Indem der Autor weiterhin an die gegen Syphilis angewendete 
Serumtherapie V o u r u i e Fs, F e u 1 a r d\s, II e r i co u r t*s, H i c li e t’s und 
Triboulet’s eine Kritik im Sinne des negativen Werthes der Wirkung 
der Versuche letztgenannter Autoren legt, bezeichnet er alle diejenigen 
Methoden als principiell falsch und für tlie Therapie bedeutungslos, bei 
welchen die Injection von Thierblut zur Verwendung gelangt. Nachdem 
ja nur die erworbene Immunität übertragbar ist, nicht aber die einer 
bestimmten Race. Thiergattung, Blutsorte etc. jeweilig zukommende, 
andererseits Thiere gegenüber Syphilis siimmtlich immun sind, bat die 
Impfung mit irgendwelchen Thierblutseruin gewiss keine specifisch antibio¬ 
tische Präventivkraft, sondern wenn scheinbare Wirkungen auf Syphilis- 
producte Vorlagen, so waren dieselben stets auch als einfach toxische 
irritirende aufzufassen. Von der anderen Art der Sorunitherapie, nämlich 
in Inkubation befindliche syphilitische inticirte Personen präventiv mit Serum 
bereits immuner, d. h. syphilitisch gewesener und geheilter oder mit 
latenter Syphilis behafteter Personen zu impfen, liegen noch zu wenig 
Erfahrungen vor (Pellizzari, Bona Duc ei, um daraus ein sicheres 
Urtheil zu schöpfen. Spicgler schlagt vor, das Blut von an gummösen 
Processen leidenden Personen als ein nicht virulentes Agens den im 
ersten Incubationsstadium stehenden Personen zu injiciren. Dieses inji- 
eirte Blut müsste nämlich, theoretisch genommen, zwar keine In- 
fectionskeime, aber genügend Schutzstotfe führen, was daraus gefolgert 
werden könne, dass Individuen mit manifester tertiärer Syphilis angeblich 
bei uns niemals an frischer syphitischer Sklerose erkrankt gefunden 
worden seien. — Als geeignetes Blutserum zur Impfung empfiehlt der 
Autor dasjenige von an Späigummen Erkrankten zu nehmen, oder Placen- 
turblut von ebensolchen Kranken. Selbstverständlich hält Sp. derartige 
^ orschläge vorderhand für nur auf theoretischer Basis aufgehaure, 


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tler >yphilis. 


4 Hl 

forciert al»er zur allgemeinen Ausübung auf, da man erst viele Erfah¬ 
rungen haben müsse, um dieses wichtige therapeutische (Japitel frucht¬ 
bringend anzugehen und zu verwerthen. Carl Ullmann (Wien). 

10) Jarisch Hess sich bei seiner au der Grazer Klinik systema¬ 
tisch durchgeführten Versuchsreihe, reeente syphilitische Manifestationen 
durch indifferente Heilwirkung auf die localen Veränderungen sowie auf 
den Organismus überhaupt, rascher zu in Verseh winden zu bringen, von 
felgender Beobachtung und Erwägung leiten: Wird ein mit Roseola 
syphilitica behafteter Patient mit Inunctionen von grauer Salbe behandelt, 
so tritt anfangs gewöhnlich Verschlimmerung, d. h. ein deutlicher und 
zaTdreicher Werden der Flecke auf, dem spater erst das Verschwinden 
derselben folgt. J. erklärt sich das damit, daß dem Quecksilber ausser 
seiner specitDchen noch eine indifferente Reizwirkung zukommt, ähnlich 
wie den Bactcrieiiproteinen, so dass hier gewissermassen nützliche und 
schädliche Wirkung vereint seien. Diese Reizwirkung könnte nun in ge¬ 
wissem Sinne und Grade auch nützliche Wirkungen äussern. ähnlich, 
wie dies von II neppe für die Ib izwirkung des Tuberoulins im Sinne 
einer reaktiven Entzündung von Zellen und damit im Sinne einer 
Heilung d'T localen t.uberculösen Herde angenommen wird. J. benützte 
nun Terpentin in Form von Salben, Pasten mit und ohne Mereurzusatz 
zur regelmäßigen Inunetion von f>2 mit den verschiedensten meist früh- 
syphilitischen fsecundären) Atfeetionen behafteten Kranken, Es zeigte sich 
bei der Mehrzahl der Fälle ein rascheres Schwinden der Syphilissymptome 
an der Haut; am wenigsten berührt blieben Fälle von Lichen syphiliticus. 
Die Versuche ergaben dabei das überraschende K< s iltat. dass auch ent¬ 
fernte von der liOcalbehandlung mit terpentinliältigon (Quecksilbersalben 
und Pflastern absichtlich ausgeschlossene locale Herde zugleich gewisser¬ 
maßen durch Fernwirkung zur rascheren Rückbildung gelangten. Eine 
Aufnahme des Terpentins oder des regelmässig den Salben zugesetzten 
Salicyls in den Urin war nicht nachweisbar. Die Art der Wirkung wäre 
demnach als Reizwirkung aufzufassen, die theiIs örtlich wirkt und zu 
rascherer Resorption localer Manifestationen, aber auch durch Hebung des 
Tonus im Allgemeinen zu rascherer Resorption pathologischer Producte 
überhaupt Veranlassung gibt. Carl Ullmann (Wien). 

(11) Finge r gibt eine Uebersicht über die derzeit in Gebrauch 
stellenden Methoden und Mittel, welche bei den verschiedenen Arten der 
Syphiliskranken jeweilig angeweiulet werden sollen. Nach Erörterung 
des Wesens der von Eournier eingeiührten und von zahlreichen 
deutschen, englischen und amerikanischen Aerzten als rationell und 
nützlich befundenen chroniseh-intermittirenden Behandlung Syphilitischer 
gibt der 'Vortragende folgende kurze Zusammenstellung der Vorzüge 
dieser Behandlungsmethode gegenüber der svmptomatisclirn. 

1. Die symptomatische Behandlung begnügt sich damit, die Syphilis 
aus dem manifesten in das latente Stadium überzuführen, ihre Bestre¬ 
strehungen sind nicht darauf gerichtet die Syphilis zu heilen, sondern 
nur sie latent zu machen. 


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1 »;2 Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete 

2 Die s. B. vergisst, dass auch in Zeiten der Latenz, welche 
die Phasen manifester Syphilis trennen, sich Syphilisvirus im Organismus 
vorlindet, gegen welches atigekämpft werden muss, widrigenfalls die 
ungestörte Vernedirung desselben den Frfolg der vorausgegangener Kur 
bald zu nichte macht. 

3. Den Schutz vor d"in tertiären Stadium erzielt die symptomatische 
Behandlung nur ungenügend, da sie ein recht grosses Percent von ter¬ 
tiärer Syphilis aufweist. 

Dem gegenüber hat die chronisch intermittirende Behandlung 
folgende Principien : 

1. Die Syphilis eine eminent chronische Krkrankung, auch lange 
dauernd, chronisch zu behandeln. 

2. Da der Organismus des Syphilitischen ebensowohl in den Phasen 
latenter als manifester Syphilis Virus birgt, die Behandlung nicht auf die 
Phasen manifester Krkrankung einzuschränkeii, sondern uueh in den 
Latenzperioden an der Vernichtung des Virus zu arbeiten. 

3. Sich nicht mit dem zweifelhaften Krfulge, die Syphilis latent 
gemacht zu haben, zu begnügen, sondern wirkliche Ausheilung der Syphilis 
zu erzielen. 

4. Durch energische, ausdauernde Behandlung des seeuudären Sta¬ 
diums den Patienten vor dem tertiären Stadium zu bewahren. 

Nachdem sich Finger rückhaltslos als Vertreter der ckronisch-in- 
terinittirendcu Svphiliscur bekannt, gibt er die Art und Weise an, dieselbe 
nach Kourniers Muster in concreten Fällen durchzuführen. Schliesslich 
bespricht, der Redner den Worth der Schwefeltlierinen auf den Verlauf der 
Syphilis. Der resorbirte Schwefel bewirkt an sich ein Verschwinden, ein Latent- 
worden von manifesten Syphilissymptoincn, andererseits, mit Mercur zugleich 
oder nach diesem angewendet, bewirkt der Schwefel ein Freiwerden ge¬ 
bundenen inaetiven Mercurs, das durch den Schwefel activ und da¬ 
durch auf manifeste wie latente Syphilis wirksam wird. MitNeisser hält 
Finger nur eine Art der gleichzeitigen Anwendung von Scliw« fei mit 
Mercur für unzweckmässig, das ist der gleichzeitige Gebrauch von Schwe- 
feithermen und Inunctioncn, da hier auf der Haut seihst der Mercur in 
unlösliches Quecksilber überführt werde. Alle übrigen Pom Inflationen 
seien gestattet und sein* wirksam, z. B. Schwefelbäder und unlösliche 
intramiisculäre Hg-Finspritzungeu etwa mit Salicylquecksilber oder 
rothem Präripitat in Paraffinöl. Auch als Naehcur in jedem Stadium 
der Syphilis oder als Probccur hei älterer, mehrjährige]- Syphilis, um zu 
unterscheiden, oh das Individuum noch latent syphilitisch oder schon ge¬ 
heilt ist, empfiehlt F. die Schwefelbäder. Carl Ullmann (Wien). 

(12) O Li m a n n-D u m e s n i 1 empfiehlt die therapeutisc.be Ver- 
werthung der Goldverbindungen wegen ihrer tonischen und speciell 
das Nervensystem anregenden Wirkung. Das kräftigste Präparat sei 
das Goldbromid. Verabreicht- man dasselbe zugleich mit Arsen oder 
Quecksilber, so wird die Wirkung dieser Arzneien angeblich so erhöht, 
da>s man mit viel kleineren Do-en, als sic sollet üblich sind, auskommt. 


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der Syphilis. 


4 63 


Die Wirkung' der Arsen- und QueeksilbergoldVerbindungen beleuchtet 
Obmann an der Hand von 10 Krankengeschichten von Acne vulgaris» 
Rosacea, Pruritus, Urticaria und Lues. Hugo Müll er (Frankfurt a. M.) 

(13) Go wer s stellte einen Patienten vor, den er 1870 zuerst ge¬ 
sellen hatte. Dieser Mann hatte schon damals Argyrie, die davon her¬ 
rührte, dass er 1808 wegen eines Rückenmarksleidens, dessen Speeifität 
nicht erkannt wurde, Argentum nitrieum erhielt. Govvcrs fand 1870 
Kopfschmerzen und Neuritis optica, die ziemlich plötzlich eingesetzt und 
in 2 Monaten sich sehr gesteigert hatten. Nun lag bei dem Patienten 
eine Anamnese vor, die bewies, dass er frische Syphilis hatte, und bei 
Syphilitikern, die an einem sich schnell entwickelnden Gehirntumor 
erkranken, vermuthet man, dass es ein syphilitischer Tumor sei. (Ist 
die Entwicklung eine chronische, so ist dies weniger wahrscheinlich; 
dieser Punkt ist sehr wichtig.) Die Erscheinungen heilten auf Mercur 
al), hinterliesseri jedoch Rückstände, die heute noch theilweise vorhanden 
sind, nämlich: Leichte, linksseitige Schwäche, linksseitige Ilemianästhcsie 
bis zur Mittellinie für alle Gefühlsarten, beträchtliche Verminderung des 
Geschmackes und Gehöres und ausserdem linksseitige Hemianopsie. 
Vortragender geht auf die Unterschiede ein, welche die hysterische He¬ 
mianopsie von der seines Patienten trennen, und beweist, dass der Sitz der 
Geschwulst, nur an einer Stelle sein konnte, an der die Rahnen für die Em¬ 
pfind ungsleitung von der Haut, dem Kopf und den Ext rem. täten mit der 
Opticusbahn nahe beieinander liegen. Diese Stelle ist das hintere 
Drittel des hinteren Sehenkels der inneren Kapsel zwischen Thalamus 
opticus und dem Ende des Linsenkernes, die von Chur cot als „senso¬ 
rische Kreuzung“ bezeichnet wurde. Wahrscheinlich laufen hier auch 
die Rahnen für Geschmack, Gehör und Geruch. Jezt besteht noeh eine 
Einschränkung des Gesichtsfeldes: Ausfall des linken unteren (Quadranten 
(zuerst der ganzen linken Hälfte). Von der Neuritis optica ist heute ab¬ 
solut nichts mehr nachweisbar. Vortragender macht darauf aufmerksam, 
dass, wenn auch oft die primären syphilitischen Veränderungen durch 
Behandlung verschwinden, die secundür von ihnen hervorgerufenen (Narbe, 
Dniekatrophie etc.) nicht wieder reparabel sind. Dadurch bleibt die 
Wirkung der Gcwebsausfalles z. B. irn Gehirn, wie in diesem Falle, be¬ 
stehen, wofern nicht durch andere Gehirntheile Compensation stattiindeL 
Diese Wahrnehmung mahnt zur Vorsicht bei der Prognose. 

Sternthal (Braunschweig). 

(14) (Price.) Die Behandlung d**r Lues mit Kupfersulphat ist nicht 
neu (M a r t i n und 0 b e r 1 i n); ein besonderer Nutzen bisher noch nicht er¬ 
wiesen. Auch vorliegende Publication von Price macht durchaus den 
Eindruck, dass dieses Medicament, von allem Anderen abgesehen, schon 
wegen der toxischen Eigenschaften, welche auch in kleinen Dosen (3 Mal 
täglich 0.002) hervortreten, zu verwerfen ist. Die kleine Anzahl der pu- 
blicirten Fälle ist nicht einwandsfrei, da in einigen auch (Quecksilber 
verwendet wurde. Verf. spricht sich daher selbst zum Schlüsse der 
Arbeit zurückhaltend aus, empfiehlt bei eintretender Schwäche sofort aus- 


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464 


Bericht über die Leistungen auf dein Gebiete 


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zusetzen und wöchentlich 1 Tag priucipiell die Cur zu unterbrechen. 
Lr ordinirt im Durchschnitt '/ 30 grain Sinai täglich in Verbindung 
mit Eisensulphattinctur. Kin gewisser Kintluss auf die Rückbildung 
der Lymphdrüsenindurationen scheint dem Mittel nicht abzusprechen 
zu sein. Felix L o e w e n h a r d t (Breslau.) 

<15) Gouladse hat einen Patienten mit schwerer Lues (ulceröse 
Zerstörung der Nasenflügel und des oberen Tbeiles der linken Ohrmuschel) 
mit Rindsthvreoidea behandelt. Die Drüse wurde in kleine Stücke ge¬ 
schnitten, mit Salz bestreut und von dem Patienten auf Burterhrod ge¬ 
nossen. Vom 5. Tage an deutliche Besserung, Steigerung des Körper¬ 
gewichtes, Reinigung und coinplete Vernarbung der Ulceralionen trat ein. 
Mach 5 Monaten vollkommene Heilung. Die Dusis stieg von 2 immer 
um 2 Gramm bis 14 Gramm pro die. Alle 2 Tage wurde 1 Tag aufge¬ 
setzt.. Paul Oppler (Breslau). 

(Bi) Tschistjakow fand, dass die Mineralwasser von Staraja 
Russa, ebenso wie andere Schwefelbäder, für die Bebandlung der Lues 
von Nutzen sein können. Da aber einige Autoren auch eine schlechte 
Kin Wirkung der Bäder auf den Verlauf der Syphilis (frühzeitiges Auf¬ 
treten von GehirnerscheiiiUiigen, Verschlimmerung der syphilitischen 
Fxantheme) beobachtet haben, so meint T., da-^s es rathsam wäre, noch 
weitere klinische Beobachtungen abzuwarten, bevor man sieh endgiltig 
über die Bedeutung der genannten Mineralwässer für die Behandlung der 
Lues ausspricht. A. Grünfeld i Rostow). 

(17) D renn eil empfiehlt als Specificum bei Lues die heisse 
Duelle in llot Springs, Ark., von welcher man schon seit Langem weiss, 
dass sie anregend auf den Stoffwechsel wirkt und auf die schnellen» Aus¬ 
scheidung von (Quecksilber und Jod einen grossen Kintluss bat. 


• Max Pinn er i Breslau . 

(18) Eremjeew bespricht in seiner Abhandlung die längst bekannte 

T hat suche der günstigen Wirkung des Z i 11 m an n'schen Decoctes bei 
tertiärer Lues. A. Grün fei d (Rostow n 

(19) G zech an o wicz sah in Fällen von hartnäckigen Syphiliden 

der Spätperiode rasche Heilung auf locale Wärmeapplication (ein trockenes 
Leinentuch, auf das ein Gummibeutel, gefüllt mit Wasser von 40° C., auf¬ 
gelegt und häufig erneuert wird.) Kr macht die Kongestion und Hyperämie 
für die rusclm Heilung der Syphilide verantwortlich. In Fällen schmerz¬ 
hafter Periostitis ist dies,. Behandlung ebenso wirksam und lindert rasch 
die Schmerzen. E. Finger (Wien). 

(20) Nach Bogoliuhetf findet sich, gleichgiltig wie die Behand¬ 

lung geleitet wird, stets die Ilauptruenge des Hg in den parenchymatösen 
Oig.inen, Leber, Niere, was mit deren grossem Blutreiohthum zusammen - 
hängt. Weniger Hg enthalten die anderen Drüsen und die Lvmphdrüseii. 
Muskel und Nervensystem führen sehr wenig Hg, am wenigsten die 
Knochen und Knorpel. E. Finger “(Wien). 

(21) Auf Grund von fünf in der dermatologischen Klinik von Prof. 
Stukowenkow zu Kiew gemachten Beobachtungen kommt Miro- 


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der Syphilis. 


41)5 

nowitsch zum Schlüsse, 1. dass Quecksilber durch den Schweiss 
in viel grösserer Menge ausgeschieden wird, als man bis jetzt glaubte, 
und 2. dass in ein und demselben Quantum von Schweiss und Harn die 
Menge des Quecksilbers im Schweisse grösser ist als im Harne. Der letzt¬ 
genannte Umstand betrifft hauptsächlich den Schweiss solcher Individuen, 
welche kurze /eit vor der Analyse ihres Schweisses das Quecksilber in 
Form von Inunctionen erhalten haben, während bei Personen, welche 
subeutane Injectionen kekamen, das Quantum von Quecksilber im 
Schweisse und im Harne gleich ist. A. Grünfeld (Rostow). 

(22) Bardoscu hat zum Beweise der Wirksamkeit von Queeksilber- 
räucheruugon bei Syphilis den Urin so behandelter Patienten untersuchen 
lassen; schon in den ersten Stunden, und zwar in diesen am meisten, 
war Hg im Urin nachzuweisen; dies dauerte bis 24 Stunden nach der 
Räucherung. Bei einer Räucherung mit 200 Zinnober waren 65 Milligr. Hg 
in dem innerhalb 24 Stunden gelassenen Urin nachzuweisen. Die anderen 
unwichtigeren Urinveränderungen sind an Ort und Stelle nachzulesen. 

Paul N e i s s e r (Beuthen). 

(23) Als Material für seine Beobachtungen benutzte Koslowsky 
14 Syphilitiker (10 Männer und 4 Frauen) und 5 gesunde Männer. Von 
den Syphilitikern waren 12 mit Ulcus iinluratum und Roseola, 1 mit 
Recidivsymptomen von Lues condylomatosa und 1 im gummösen 
Stadium. Das Alter der Frauen war von 10—38 Jahren, das der Männer 
schwankte zwischen 17—40 Jahren. Die Gesunden waren im Alter von 
10—33 Jahren. — Die Untersuchungen des Blutes wurden stets vor der 
Mereurialbehandlung vorgenommen und bald nach derselben. Aus den 
sehr genau ausgeführten Untersuchungen und den angeführten Tabellen 
kommt Koslowsky zu folgenden Schlüssen. I. Bei Gesunden: 1. Die Zahl 
der rothen Blutkörperchen zeigt unter Hg die Neigung (wenn auch nicht 
stets und nur unbedeutend) zur Vergrösserung. 2. Die Gesammtmenge 
der weissen Blutkörperchen vergrössert sich bei Allen mehr oder weniger 
auffallend, aber ungleichmässig. 3. Das Verhältniss zwischen den rothen 
und weissen Blutkörperchen fallt, gewöhnlich. 4. Die Zahl der jungen 
Formen der Leucocyten steigt öfters in ihrem Procentgehalte. 5. Die 
reifen Formen bleiben ohne Veränderungen oder vergrössern sich an Zahl 
nur unbedeutend. (3. Die überreiften Formen verkleinern sich stets be¬ 
merkbar an Zahl. II. Bei Syphilitikern: 1. Die Zahl der rothen Blut¬ 
körperchen bleibt entweder ohne Veränderungen oder schwankt nach der 
einen oder anderen Seite. 2. Die Zahl der Leucocyten bleibt im Allge¬ 
meinen entweder ohne Veränderungen oder vergrössert sich öfters. 3. Das 
Verhältniss zwischen den Zahlen der rothen und weissen Blutkörperchen 
verändert sieh nicht immer. 4. Die jungen Formen sind stets in ihrer 
Zahl veringert. 5. Die reifen Formen geben unbeständige Schwankungen. 
6. Die überreiften Formen vermehren sich stets bemerkbar. 

Die Uebergangsformen der Zellen sowie die eosinophilen Zellen 
zeigen weder bei den Syphilitikern noch bei den Gesunden irgend welche 
deutliche Schwankungen nach der einen oder anderen Seite. Es ist somit 
Archiv f. Dermat. u. Syphil. Baud XXXVII. 


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4fiß Bericht ii 1 »or di»* Leistungen auf dem Gebiete 

zu constatiren, dass hei (Gesunden dio Procentzahl der übcrreiften Formen 
sich verkleinert, während bei Syphilitikern im Gegentheil dieselbe sich 
verdrossert. Diese Erscheinung erklärt sicli dadurch, dass das Blut unter 
Einwirkung des syphilitischen Giftes irgend welche Veränderungen er¬ 
leidet und deshalb auch nicht mehr so auf das Quecksilber reagirt wie 
gesundes Blut. Diese Veränderungen sind rein physiologischen Charakters, 
da die Metamorphose der Blutelernente unter dem Einflüsse des Queck¬ 
silbers weder in derselben Richtung noch mit derselben Kraft und 
Schnelligkeit bei den Syphilitikern vor sich geht, wie bei den gesunden 
Menschen. A. G r ii n f e 1 d (Rostow). 

( 2 \) Görl hat das von Led ermann eingeführte Kesorbin- 
(\ u e c k s i 1 h e r bei SS Syphilitischen angewandt und lobt es sehr. Das 
Quecksilber aus dieser Salbe dringt angeblich schneller in das Blut als 
bei anderen Salben, weshalb leichter Stomatitis auftritt. Noch besser als 
die 3o '/j ° 0 und 50"/^ Resorbimpiecksilbersalbo reibt sich eine solche mit 
nur 25% Hg pur. ein, wovon Verf. je 5—S Gr. verbrauchen lässt. Diese 
Salbempiantität wird auf einem Arm z. B. innerhalb 12 Minuten leicht 
verrieben. Für die Casscnpraxis werden von dein Fabrikanten dieser 
Salbeiigrnndlage Tuben mit 80 Gr. lig-Salhe in den Handel gebracht. 
Miteinem Stempel kann die gewünschte Mengt» Salbe herausgepresst werden, 
ohne dass der Best verunreinigt, werden konnte. Diese Salbe hat im Ver¬ 
hältnis« zu der gewöhnlichen grauen Salbe auch noch den Vortheil der 
Billigkeit. S t ern t ha 1 (Braunschweig). 

(25) Wcl ander hat, seit seiner Fublication über die Syphilishe- 
bandlung mittelst Ueberstreichens grauer Salbe in dieser Zeitschrift, 
neuerdings 300 Fälle von Syphilis dieser Behandlung unterzogen. Er hat 
ebenso gute Erfolge damit erzielt, wie sie sich bei anderen kräftigen 
Hg-Curen hätten erwarten lassen. Als besondere Vortheile seiner Methode 
le bt er hervor die kurze Dauer der Ueberstreicliungen 02—3 1 ), die Mög¬ 
lichkeit, sie ohne Beihilfe einer anderen Person auszuführen, das Aus¬ 
bleiben von Mercurialeezenien, endlich den Umstand, dass sie auch dort 
verwendet, werden können, wo Hautkrankheiten eine Cuntraindication 
gegen Inunctionen abgeben. Ludwig Wae 1 sch (Prag). 

(2b > Grizun stellte die Calomeisalbe zusammen nach der Formel: 
Bp. Calomclan. vapor. parat. 117*50, Butyr. Cacao 1000, Lanolini 50*0, 
Axung. benzoat. 32*50. ])ic Calomclseife wurde nach der Formel von 
v. AY'atraszewski angefertigt. (Ref. s. dieses Archiv. Bd. XXIX, p. 155). 
Zur Einreibung der Salbe werden jedesmal 1*25--3*75 verwendet, zur 
Einreibung der Seife 2*0. Auf Grund seiner Untersuchungen, welche 
G r i z u auf der K1 i n i k des 1 Tof. Stukowenkow zu K i ew angefü h rt 
hat, kommt er zu folgenden Schlüssen: 1. Die Anwendung des Caloniels 
in den genannten Formen gehört zu den schwachen Methoden der 
Einverleibung des Hg in den Organismus. 2. Diese Anwendungs¬ 
methode kann nur in solchen Fällen empfohlen werden, wo es keine Indi- 
eationen zur schnellen und energischen Quecksilberwirkung gibt. 3. Die 
Vorzüge dieser Methode bestehen in Fehlen von: Keizerscheinimgon von 


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der Syphilis. 


467 


Seiten der Haut, Beschmutzung der Wäsche, Gingivitis und anderen 
Jntoxieationserscheinungen, welche das Hg hervorrnft. 4. Von den genannten 
Formen des Calomels ist der Seife der Vorzug zu gehen. 5. Das Unbequeme 
in dem Gebrauche der Calomelseife bestellt in der Schwierigkeit, welche 
die Darstellung derselben hervorruft. A. Grünfeld (Rostow). 

( 27 ) G i 11 e t stellt folgende Thesen auf: 1. Kin CalomelpHaster (Empl. 

diachylon 3000. Calomelan v. parat. 1000. — 01. Rieini 300), direct auf 
die Haut applieirt, kann beim Kinde und Erwachsenen zur Behandlung 
der Syphilis verwendet werden. Diese Methode kann oft an Stelle der 
internen Therapie Anwendung finden, da die Schädigung des Intestinal- 
tractus hierbei fortfällt. 2. Die Grösse des Pflasters muss nicht relativ, 
aber absolut grösser sein bei der Application für Kinder als für Erwachsene. 
Das W echseln erfolgt alle acht Tage. 3. Ausser leichter Desquamation 
der Epidermis wurde niemals eine stärkere Reizung durch das Pilaster 
beobachtet. 4. Die Wirkung der Behandlung i>t die gleiche wie bei den 
sonst üblichen Quecksilberapplicatiouen. Max Pinn er (Breslau). 

(28) Mankiewicz kommt nach cursonscher Anführung der in 
den Jahren 1800—1805 incl. über subeutane Ilg-Application gemachten 
Publicationen (über 400 Arbeiten, wurden berücksichtigt und erwähnt) zu 
dem Schlüsse, dass die subeutane Hg-Behandlung sich der Sehmiercur 
mindestens gleichwertig, in einigen Punkten sogar überlegen erwiesen 
hat. Er rühmt an ihr: die Exactheit der Dosirung, Schonung aller anderen 
Organe, die Reinlichkeit, die Gewichtszunahme der Patienten während 
der Cur, die Verminderung der Reeidivo und deren leichtere Formen, 
die Möglichkeit einer ambulanten unauffälligen Behandlung und schliess¬ 
lich den Umstand, dass man energisch behandeln kann, wenn sociale Ver¬ 
hältnisse alle anderen Methoden verhindern. Von den Ilg-Präparaten em¬ 
pfiehlt M. das Sublimat subcutan bezw. intravenös. 

Ferdinand Epstein (Breslau). 

(29) Renault lässt nur folgende Indicationen für die Injectiouen 
von Quecksilber gelten: 1. In Fällen, die sich anderen Methoden gegen¬ 
über refraetär verhalten, 2. bei Kranken, welche die innerliche und die 
cutane Medication des Quecksilbers nicht vertragen, 3. bei gleichzeitiger 
Ordination anderer Medicamente per os, 4. bei schweren Syphilisfällen, 
welche eine intensive Mercurialisation erheischen. 

F. Epstein (Breslau). 

(30) Bei der Frage über den relativen Werth seiner subeutanen 
Sublimatinjectionscur gegenüber den anderen Quecksilbercuren unterzieht 
L e w i n 14 Punkte der Besprechung. 1. Nennenswerthe Stomatitis hat 
er bei seiner seit 32 Jahren geübten Sublimateur niemals gesehen, während 
sie trotz bester Mundpflege bei der Sehmiercur und Injeetion unlöslicher 
Hg -Salze nicht ganz zu vermeiden sei und wiederholt noch Monate nach 
Beendigung der Cur auftrete. 2. Bei Injeetion unlöslicher Salze hat Verf. 

3 Fälle schwererer Enteritis beobachtet. Bei Sublimateur dagegen sei 
eine Neigung zu Diarrhoe, aber keine ausgesprochene Enteritis bekannt 
geworden. 3. und 4, Im Gegensatz zu den bei anderen Curen gemachten 

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Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete 


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Erfahrungen sind nach Subliniatinjectionen niemals Albuminuri e. Xe- 
phritis oder Embolien festgestellt worden. 5. Hei 902 auf Lewin's 
Abtheilung mit Hg salicvlic. injicirten Patienten fand sieh vielfach Ver¬ 
schlechterung des Allgemeinbefindens, wiederholt trat Ohnmacht auf, 
zweimal kam es zu Panse und Schmerzen in den unteren Extremitäten 
(Mechan. Heizung des Lchiadieus? Anm. der Hof.), einmal kam es bei 
einem sonst gesunden Xlanne zu schweren nervösen Störungen. 
Feiner glaubt Yerf. zwischen Schmiereur und der so hantigen Neurasthenie 
bezw. Tabes dors. einen Zusammenhang annehmen zu dürfen. Bei der 
Sublimatour dagegen solh-n Alterationen des Nervensystems „im Allge¬ 
meinen“ nicht vorgekommen sein. Nur fand sich -final Tremor, ein paar¬ 
mal Ohnmacht, nach Lew in nicht als Folge von Ilirn-Embolie sondern 
von Geiasskrampf anzusrhen, und endlich eine durch mechanische Verletzung 
zu erklärende Peroneuslähmung. C». und 7. Locale Störungen finden sich 
auch nacli Suldimatiiijectionen, veranlagten aber niemals eine Unter¬ 
brechung der Cur: Ahse esse sind bei 210.00 vom Verf. selbst ausge- 
fülirten Einspritzungen niemals beobachtet worden, waren jedoch bei 
ungeschältem Personal nicht, immer zu vermeiden. Erwähnt wird die bei 
injection unlöslicher Salze nothwendige, angeblich sehr umständliche, aber 
doch nicht immer geiiiigcnde Asep.sis. (Nach den in Breslau gemachten 
Erfahrungen genügt die andauernde Aufbewahrung der Canülo in 
flüssigem Paraffin vollständig. Anm. des Hef.j S. Exantheme, 
soweit sie nach Sublimutcuren gesehen wurden, blieben ohne schäd¬ 
liche Folgen, während der Verf. hesclireiht, wie ein in Folge von 
Inunctionen aufgetretenes Merkiirialcezem zur Sepsis und zum Exitus ge¬ 
führt hat. 9. und 10. Die Nachtheile der h ä u t'igen ärztlichen Besuche 
und der langen Zeitdauer b« i Subliinateinspritzungon werden aus¬ 
geglichen durch die vielfachen zeitraubenden Coiuplieationen in Folge 
der anderen Curen. 11. und 12. Allein mit der Sublimatmethode gelingt die 
sofortige U n t e rb r e c h u n g* der Cur bei intercurrcni.cn Krankheiten, so¬ 
wie die bisweilen not hwendige F o r c i r u n g der Ilg-FinverleibungUdmal pro 
die die gewöhnliche Dosis von Sublimat 0,012'. 13. Um eine Statistik der 
schweren Beeid ive zu gewinnen, verschaffte sieh Verf. üö83 Sections- 
protokolle von Personen, die er früher mit Sublimatinjectionen behandelt 
hat te. Dabei ergab sieh in nur 3% als Todesursache Syphilis u. zw. waren 73% 
der Fälle acquirirt, Ü7% lier«r<litar. M. Als schwerstes Argument gegen An¬ 
wendung der unlöslichen Salze und der Schmierern* erwähnt er die dabei 
vor gekommenen sicher nachgewiesenen Todesfälle, (lfmnd Exitus nach 
Injection von Calomel, 01. einer.. Hg salicvl.— 3nml in letzter Zeit nach 
Inunctionen beobachtet.) In Folge von Sublimatinjectionen sei noch nie¬ 
mals ein Todesfall vurgekorniiien. Hugo Müller (Frankfurt a. XL) 
(31) Irsai hat 10 Fälle von schwerer Larvnxsyplnlis mit intra- 
mubculären injectionen von hochproeentuirten (ö%) Suhlimatlösungen 
(L u k a s i e w i c zj behandelt. Die durch diese Methode erzielten eclatanten 
Erfolge veranlassen ihn dieselbe zu empfehlen, und zwar für Fälle, hei 
denen es sich um rasche Beseitigung lebensgefährlicher Symptome, Athorn- 


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der Syphilis. 


4fi9 


noth, SutVocation handelt, wie sic durch verschiedene syphilitische Kehl- 
kopfproeesse verursacht werden können und gewöhnlich die schnelle Aus¬ 
führung der Tracheotomie veranlassen. Mit anderen (namentlich unlös¬ 
lichen) Queeksilberpräparaten, hat I. keine Versuche angestellt. 

Paul 0 pp ler (Breslau). 

(32 1 Gy s e 1 v nck plaidirt lebhaft für die* alle 8 Tage vorzunehmenden 
Injectionen von Calomel (Calomel OT, Ol. Oliv. pur. 0 recent. parat.i. 
Seine Erfahrungen stammen von 15 luetischen Soldaten, hei denen die 
Erscheinungen schon nach den ersten Injectionen schwanden und die 
nach 5 Einspritzungen geheilt zu ihren Truppeiikörpern entlassen wurden ; 
hei Keinem bähen sich Recidive (in welcher Zeit V) gezeigt. Auch sonst 
wurden die Einspritzungen ohne Intoxicationserschcdnungen, nur mit hef¬ 
tigen Schmerzen, vertragen. Paul Ne iss er (Reuthen). 

(33) Soffiantini herichtet über die ausgezeichneten Erfolge, die 
er von den Calomel injectionen nach Scarerzi o bei Fällen von schwerer 
Syphilis sah. 2—3 Injectionen genügten zur Heilung. 

Julius Raff (Stuttgart). 

(31) Po tj een ko gebrauchte das Ilydrarg. sozojodol. in 18 Fällen 
von Syphilis. Hie Lösung des genannten Präparates wurde nach der 
Vorschrilt von Schwimmer angefertigt, mit dem Unterschiede jedoch, 
dass mehr Jodkali hinzugefügt wurde (auf 1 Th. Ilg 3—4 Th. KJ.). 
Zur Injection wurde das Präparat im Verhältnisse von 1 Theil Hg auf 
10 Theile Aq. destill. gebraucht. Injicirt wurde 1 Pravaz'sclie Spritze 
jeden 5. 'Tag. Auf Grund seiner, wenn auch spärlichen Beobachtungen 
kommt Po tj een ko zu folgenden Schlüssen: 1. Die Injection von Lö¬ 
sungen des Hydr. sozojodolicum sind schmerzhafter als von Suspensionen 
desselben und von Hydrargyr. salicylicum. 2. Die Infiltration des Ge¬ 
webes bei Injectionen von Hydr. sozojodol. (in Lösung) wird öfters 
beobachtet und hält viel längere Zeit an, als bei der Anwendung von 
Hydrargvrum salicylicum. 3. Tertiäre Formen der Lues lassen sich besser 
mit Ilydrarg. sozojodol. behandeln, als secundäre. 4. Stomatitis sowie 
andere Vergiftungserscheinungen werden bei der Anwendung des Ilydrarg. 
sozojodol. sehr selten beobachtet und das nur erst nach einer sehr grossem 
Anzahl (10—15) von Injectionen. 5. Das Ilydrarg. sozojodol. hat keine 
besonderen Vorzüge vor anderen (Quecksilherpräparaten, insbesondere vor 
Hydrargvrum salicylicum. A. Grünfeld (Rostow). 

(35) Dinkler machte bei einer Reibe von Syphilisfallen an der 
Er Irschen Klinik intravenöse Suhlimatinjoctionen (R'OOlö bis 0 01 pro 
dosi). Seine Reobachtungeu widersprechen z. Th. den vonBaccelli und 
anderen Autoren gemachten Angaben. Verf. sali nämlich stets auch bei 
vorsichtigster Injectionsmetliode Thrombosen auttreten, erst wandständig, 
dann obliterirend. .Nach Verlauf von 2—3 Monaten verschwanden die 
Thromben wieder. Die Cur musste oft aufgegeben werden, da alle er¬ 
reichbaren Hautvenen schliesslich obliterirt waren, ohne dass der Patient 
im übrigen Beschwerden davon hatte. Auch heim 1 hicrexperimeut sowie 
bei Anwendung einer Sublimat-lVptonlösung trat regelmässig die Throm- 


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470 


Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete 


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bosirung ein. Fernerhin vermochte die Cur nicht das Auftreten von 
schwereren Reeidiven innerhalb 1 bis :> Monate zu verhindern ; wie Verf. 
annimmt in Folge der raschen Ausscheidung des Quecksilbers aus dem 
Körper. Einen Vorzug der intravenösen Injectionsmethode s i * * b t. Din k ler 
in dem Ausbleiben von Intoxicatiouserscheinungen (niemals Albuminurie 1 / 
und in der energischen Wirkung auf die Geiasswände. Die C \ir sei 
bei schwerer Nervensyphilis anzuwenden und event., um die Wirkung zu 
protrahiren, mit Inunctioneii zu combiniivn. 

11 u g o M ii 11er ^Frankfurt a. M.) 

fMG) Ullmann bespricht in Kurzem die Entstehung d*T intrave¬ 
nösen Injectionsmethode, ihre bisherige Verwendung, sowie die bisher 
damit erzielten Erfolge. Auf Grund der vorliegenden Berichte ist ihr 
therapeutischer Vorzug sowohl in der S\philisbehandluiig als auch in der 
Tuberculose-Behandlung ein viel zu geringer im Verhältnisse zur Fm- 
ständlichkeit und Gefährlichkeit dieser Mmüode. Letzten* Eigenschaft 
erweist sich auch nach des Autors eigenen seinerzeitigeti Lahoratoriums- 
Thierversurhcn, 1 »ei denen die Versuehsthiere schon nach relativ geringen 
Dosen direct in die Venen gespritzter Quock'dlhervei bindnngen sofort 
oder wenigstens kurze Zeit, na-ldier starken. Heute, wu man mit den 
parenchymatösen intramuskulären Injeeti<men so glänzende Ib-ilresultate 
erzielen könne, sei es iiberllüssig, weit gefährlichere Methoden dem Arzte 
in die Hand zu geben. Bat ioneil seien dieselben auch nur hei solchen 
Krankheiten (Malaria, Sepsis, Byohämie ete.i, oder Siulien derselben, wenn 
die Kr:i!iklieitst»iTeger vorwiegend od»*r ausschliesslich innerhalb der Blut¬ 
bahn anzu! reifen seien. IIi* i*, alvr nur hier habe die intravenös»* Inject ion 
von Sublimat oder anderen Antisepticis Werth und Berechtigung. 

Aiitt«r«*f- -rat. 

(.‘17) Auf Veranlassung von Prof. Pospelow unternahm Jvüsel 
zuerst Versuche an Thieren (Kaninchen und Hunden welchen Sublimat 
intravenös cinge.spritzt- wurde. Diese Versuche ergaben, da>s das 
Sublimat weder an den inneren Organen noch an der Injeetioiisstel le, 
noch auch im Allgene-inen Ahmmnität<-n lr*r\erruft. M«>ralLeh beruhigt, 
unternahm I\ ii s e 1 int ravet:« >se Sublimat in jectionen bei \ Syphilitikern, 
denen die Einspritzungen anfangs mit sehr schwachen Lösungen (O l 0 /«) 
gemacht wurden, wie es voll Baccelli vorgesclilagen; sp;il erliin wurden 
auch stärkere Lösungen (0 , ö° ;0 ), wie es von Blaschko, Lew in u. A. 
vorgeschlagen, injicirt, nie mehr als 1 Pravaz'schc Spritze. Im Allge¬ 
meinen sind die Resultate als günstige zu bezeichnen. Ausführliche Mit- 
thcilungen über diese Methode verspricht K ii > e 1 später zu bringen, ver¬ 
sichert aber schon jetzt, dass sie vollständig gefahrlos sei. 

A. Grünfeld Rostow). 

IÖ8) II ogn e r bespricht zunächst die von Bacc e 11 i vorgeschlageuen 
intravenösen Sublimatinjeetioneii und erörtert die Technik derselben. 
Dann fügt er die Krankengeschichten der von ihm beobachteten Fälle, 
die keine ungünstigen Resultate gegeben haben, bei. 

Otto Lasch (Breslau). 


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471 


(39) Br uni hat folgenden Fall beobachtet. Min 25 Jahre alter 
Mann litt an Convulsionen, welche die rechte Seite betrafen und eiu 
bis dreimal am Tage auftraten. Dazu heftige, halbseitige Kopfschmerzen. 
Vor 4 Jahren hatte er Lues aeqnirirt. Deshall) und wegen des tieberlosen 
Verlaufes, des regelmässigen Pulses u. s. w. stellte B. die Diagnose auf 
Rindenepilepsie, verursacht durch ein Gumma in der linken llolando- 
schen Furche. Da intramusculäre Ilg-In jectionen und Jodkali innerlich 
keine Besserung brachten, gab er intravenöse Sublimatinjeetionen. Schon 
nach der zweiten trat deutliche Besserung ein, die Kopfschmerzen ver¬ 
schwanden. Später ging er zur Sohmiercur über und erzielte Heilung. 
B. empfiehlt die intravenösen Sublimatinjectiouen für die Falle, bei 
denen eine andere Hg-Behandlung nichts genützt- hat, sowie für schwere 
Fälle von Gehirnlue.s und bei Patienten, welche grosse Dosen Ilg nicht ver¬ 
tragen können. Paul O p pl e r i Breslau). 

MO) de Bo no hat bei verschiedenen syphilitischen Augenleiden 
(Petinitis, Irido-Cystitis gummosa, Irido-Chorioiditis. Papillitis etc.) durch 
tägliche intravenöse Tnjoctiou von 10—lt Mgr. ausgezeichnete Erfolge 
(hei frischeren Fällen) erzielt und Nachtlndle nicht gesehen. Y. 

41) Scheiniss bediente sich des Quecksilbergallats im Saint-Eloi- 
Sjjitale zu Montpellier in 47 Fällen von Syphilis, und zwar in lo Fällen von 
Primärsclerose, in 20 Fällen handelte es sich ausserdem noch um leichte 
Secumkiroisrheiiiungeii (Lymphadenitis, Roseola und verschiedene Formen 
der Syphilis cutanea). 17 Fälle waren etwas schwererer Form. Pas Prä¬ 
parat wurde in Pillenform verabreicht. Eine jede Pille enthielt: Ilydrar- 
gvrum gallicum 0.05 Gr. und Extractum chinae 0.1 Gr. Zu Beginne der 
Behandlung gibt man gewöhnlich bei beiden Mahlzeiten täglich je 
1 Pille. Sind die Zahne sehr schadhaft, so gebe mail nur 1 Pille täglich. 
Nur in sehr schweren Fallen ist es not big, die Dosis auf 4 zu er¬ 
höhen. — Der erzielte Erfolg war gut, und Schein iss zieht 
daher das Präparat, besonders auch wegen seiner absoluten Un¬ 
schädlichkeit, dem gelben Quecksilberjodür und dem Sublimat vor. Das 
Mercurogallat kann 1% — 2 Monate lang gegeben werden, ohne dass die 
geringste störende Nebenwirkung auf den Verdauungscanal bemerkbar 
wird. Die Quecksilberabsorption ist rapid, denn es gedingt der Nachweis 
des 11g im Harne schon 21 Stunden nach Einführung den Präparates. —Pas 
Präparat wird nach Prof. Gay folgendermasson bereitet: ln der Reib- 
scluile werden zu^ainmcngemischt 37.09 Gr. krystallisirter Gallussäure und 
21.(i Gr. gelben Quecksilberosyds. Zu diesem Gemische werden 25.0 Gr. 
destillirten Wassers hinzugefügt und so 2 Tage gelassen. Die ausge¬ 
trocknete Masse wird darauf pulverisirt und 21 Stunden lang über Schwefel¬ 
säure gehalten. Man erhält so ein Pulver von grünlich brauner Farbe. 
Der Quecksilbergehalt beträgt 37.17%. A. Grünfeld (Rostow). 

(42; Glagoleff sah einen Fall schwerer Quecksilbervergiftung, 
Kopfschmerz, Koliken, Erbrechen, Diarrhoen, Fieber bei 39° C. bei einem 
Patienten mit Tabes syphilitica, nachdem demselben in Intervallen von je 


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Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete 


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4 Tagen mehrere Injectionen von Hg salicylicum 0.04 pro dosi applieirt 
worden waren. Opiate und Morphin min jectionen brachten in 5 Tagen 
Heilung. E. Finger Wienj. 

(4b) Bei der Autopsie des von Jenner berichteten Falles waren in dem 
aus dem Pharynx abgeschabten zähen Schleim Theilchen von weissein 
Präcipitat schon mit blossem Auge sichtbar. Der für dieses schwer lösliche 
Präparat auffallend rasch erfolgte Exitus ist nach J.’s Ansicht darauf zu¬ 
rückzuführen, dass im vorliegenden Falle während der Krankheit stark 
sauer reugirendes Eisenchlond verabreicht und dadurch die Besorption 
des Quecksilberpräparates beschleunigt worden war. 

M ü n c h h e i m e r (Colberg). 


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Buchanzeigea und Besprechungen. 


Kaufmann Ed. Lehrbuch der speciellen pathologischen Ana¬ 
tomie. Für Studirende und Aerzte. Berlin. Georg Reimer 1896. 

Besprochen von Trof. J. Jadassohn (Bern). 

Das Centrum, um welches alle klinischen Fächer sich auch 
jetzt noch gruppiren und hoffentlich immer gruppiren werden, 
bildet die pathologische Anatomie. Nicht nur für den Studirenden, 
sondern auch fiir den Arzt muss sie die Grundlage der wissen¬ 
schaftlichen Betrachtung sein; die ausserordentliche Entwicklung 
der ätiologischen Forschung darf sie nicht in den Hintergrund 
drängen; denn die eine muss fortwährend an die andere ankniipfeiu 

Die enge Verbindung der pathologischen Anatomie mit der 
Lehre von den Krankheitsursachen einerseits und mit der Klinik 
andererseits ist in dem Buche Kaufmanns überall besonders be¬ 
tont. Der Specialist unterliegt sehr leicht der Gefahr, über der 

Vertiefung in die Einzelheiten den Uebcrblick über das Ganze 

zu verlieren; er ist ja natnrgemäss nicht in der Lage, den Fort¬ 
schritten auf allen anderen Gebieten auch nur im Wesentlichsten 
fortdauernd zu folgen. Darum wird für ihn die Lectüre eines Buches, 
wie es das Kauf in a n n’sche ist, einem Bedürfnisse gerecht 
werden, das Jeder ab und zu empfinden mag. Die Darstellung 

des übergrossen Materials — nur Auge und Ohr sind ausge¬ 
schlossen — ist natnrgemäss eine sehr knappe; aber alles Wesent¬ 
liche ist mitgotheilt, ohne theoretisches Raisonnement, aber mit 
praktischen Ausblicken an sehr vielen Funkten. Durch eine grosse 
Anzahl originaler übersichtlicher Abbildungen und durch eine 

Fülle von eigenen in kürzester Form wiedergegebenen Be¬ 
obachtungen wird eine grössere Abwechslung erzielt, als sie sonst 
bei einem rein descriptiven Material möglich ist. 


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Buchaiizeigen und Besprechungen. 


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Unser Specialgebiet hat eine reichlichere Berücksichtigung 
erfahren, als in den meisten für den praktischen Gebrauch be¬ 
stimmten Lehrbüchern der pathologischen Anatomie. Speeiell für 
den Studirenden ist ja kaum ein anderes Gebiet so geeignet, die 
Grundbegriffe dieser Wissenschaft einzuprägen, wie die Derma¬ 
tologie. Die 60 Seiten, auf denen der Verfasser die Hautkrankheiten 
darstellt, enthalten alles Wesentliche in kurzen klinischen und anato¬ 
mischen Bildern und mit möglichster Beschränkung auf das Tliat- 
sächliehe. Und dasselbe kann gesagt werden von den sehr zahl¬ 
reichen Abschnitten, welche hei der Darstellung der anderen Or¬ 
gane die syphilitischen und gonorrhoischen Veränderungen be¬ 
handeln. 

Es ist hier natürlich nicht der Ort, auf die Divcigenzen 
einzugehen, welche zwischen manchen der vorgetragenen Anschau¬ 
ungen und denen des Referent« n bestehen. Bei jeder lehrbuch- 
inüssigen Darstellung müssen sol« he Differenzen sich geltend 
machen und gerade die Kürze d< s Ausdrucks lässt sie häutig 
mehr in den Vordergrund treten, als es in der Absicht des Ver¬ 
fassers liegt. Irgendwie wesentliche Dinge sind das aber nicht. 
Ich erwähne hi«T nur einige wenige: Dass hei der „scrophu- 
lösen Rhinitis“ (p. UM) „das Se«*ret oft Tuherkclbacillcn enthält“ 
kann Ref. ebensowenig bestätigen, wie er das Seropluiloderiii 
„baeillenreich“ (p. «^96) nnincn kann; der Lupus der Nase „von 
der äusseren Haut aus auf die NnsensHileimhant übergrc ; fen(l u — 
das umgekehrte ist wohl wesentlich häutiger. — Dass die Gonn- 
coccen auch in den Epithel i e n Vorkommen (p. 640), dass die 
Gonorrhoe „oft auf die Fossa navieularis hesehränkl ist u , (ebenda) 
können wir nicht gelten lassen. Die histologische Differenzirung 
von Narben- und spontanem Keloid (p. P I 6) ist wold nicht mehr 
aufrecht zu ei halten. Die Differenz zwischen Smegmabacillen und 
Tuberkelbaeillen (p. 67Ö) beruht nicht darauf, dass die ersteren 
„weniger widerstandsfähig gegen Säure sind und auch schon in 
Alkohol in einer Minute entfärbt werden“, sondern darauf, dass 
sie sich nach der Säurebehandlung in Alkohol leicht entfärben 
(daher der Alkohol nach der Säure hei Tuberkelbacillenfärbung 
angewendet werden muss). Dass die „tuberculösen IlautgesehwUre“ 
(Tuberculosis cutis s. s.) ohne Weiteres bestimmt mit dem Beiwort 
„haematogen“ verseilen werden (p. 896), widerspricht der Meinung 


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Buchanzeigen und Besprechungen. 


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vieler Autoren, die vor Allem aus der Localisation dieser Form auf 
die Möglichkeit einer äusseren Autoinoculation schliessen. 

So ist denn zu hoffen, dass das Buch bei manchen Aerzten 
und auch bei uns Specialisten das Interesse an der pathologischen 
Anatomie stärken und dass es dem Studirendcn neben den für das 
Examen und für das ganze ärztliche Leben nothwendigen Kennt¬ 
nissen auch solche auf dermatologischem Gebiete und damit die 
Lust zu dermatologischen Studien bringen wird. 

Die Ausstattung ist der bekannten Verlagshandlung würdig. 

Grimm, F. Die Behandlung der Syphilis nach den gegenwärtig 
üblichen Methoden. Karger, Berlin 1896. 

Angezeigt von Dr. Gustav Tandler, Prag. 

Das vorliegende Buch enthält in klarer übersichtlicher Weise 
alles, was für den Praktiker betreffs der Behandlung der Lues zu 
wissen nüthig ist. Während der erste Theil desselben die Behand¬ 
lung des Initialaffeetes umfasst, findet im zweiten Theile die The¬ 
rapie der condylomatüsen Lues eine ausführliche Besprechung, 
wobei hauptsächlich die verschiedenen Quecksilbercuren berück¬ 
sichtigt erscheinen. Es werden daselbst besprochen die verschie¬ 
denen Einverleibungsarten des Quecksilbers und seiner Verbindun¬ 
gen, der therapeutische Effect derselben, die verschiedenen gegen¬ 
wärtig üblichen Systeme der Behandlung, ferner die Intoxieations- 
Erscheiniingen des Quecksilbers und deren Erkennungszeichen. Der 
dritte Theil enthält die Behandlung der Lues im gummösen Sta¬ 
dium, bei welcher Gelegenheit die Indicationen für den Gebrauch 
des Jods und seiner Präparate, sowie deren Application erörtert 
und die Intoxications-Ersoheinungen hinreichend gewürdigt werden. 
Anhangsweise findet dann noch die Therapie der Lues kleiner 
Kinder, sowie die Behandlung der Syphilis in Curorten kurze Er¬ 
wähnung. Wenn man sich auch mit so mancher Behauptung des 
Verfassers nicht einverstanden erklären kann, so z. B. bezüglich 
der intramusculären Injectionen unlöslicher Quecksilber-Präparate, 
so kann das Buch doch allen, die sich rasch und übersichtlich 
über die verschiedenen Arten der Quecksilberbehandlung der Lues 
orientiren wollen, auf das beste empfohlen werden. 


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Varia. 


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Nederlandsche Vereeniging van Dermatologen. Unter diesem 
Titel haben die Holländischen Collagen einen Verein gebildet, der sich 
die Fliege unserer Fachwissenschaften zum Ziele gesetzt hat. Vor¬ 
sitzender ist: Dr. S. B. Selhorst (Haag); Stellvertretender Vor¬ 
sitzender: Dr. Th. Broes van Dort (llotterdam); Schriftführer und 
Schatzmeister: S. Mendes da Costa (Amsterdam). 


Soeben sind die Verhandlungen der Deutschen Dermatolo¬ 
gischen Gesellschaft. Fünfter Congress. Graz 1895. Im Aufträge der 
Gesellschaft herausgegeben von Prof. J a r i s c h und Prof. N e i 8 s e r. Verlag 
von Wilhelm Braumüller. W r i<*n und Leipzig 189(5 erschienen. Der statt¬ 
liche Band von 61 (5 Seiten mit XX, zum grossen Theilc chromolitho- 
graphirten Tafeln, liefert einen deutlichen Beweis von dem Aufschwünge, 
den die Gesellschaft genommen. 

W 7 ir entsprechen dem Wunsche der Herren Heraus¬ 
geber, indem wir einen unliebsamen I r r t b u m b e r i c h t i g e n, 
in Folge dessen auf S. 585 als Verfasser des Vortrages: Sy¬ 
philis des Oesophagus von Prof. Neumann, nicht dieser sondern 
Prof. M r aöe k angegeben ist. 


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Archiv f Dermatologie u Syphilis Band XXXY1I. 


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Archiv f Dermatologie u Syphilis Band XXXVII. 


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Archiv f Dermatologie u Syphilis Band XXXVII. 


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Archiv f Deimaloloqie u Syphilis Band XXXYII. 


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Archiv f Dermatologie u Syphilis Band XXXV11. 


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Archiv f Dermatologie u Syphilis Band XXXML. 


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Archiv f Dcrmafroloaie u Syphilis Band XXXVÜ. 


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