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Full text of "Archiv Für Dermatologie Und Syphilis. V. 46.1898"

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Prof. Caspar/, 


Königsberg 


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Wien 


Berlin 


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herausgegebeo von 

Prof. F. J. Pick in Prag, 
Sechsundvierzigste r Ban d. 



Mit tlroixelbö Tafeln; 




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Wien und Leipzig* 

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K. u. k. Hofbuchdruckerci A. Ilaase, Prag. 


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Inhalt. 


Original-Abhandlungen. 


Pag. 


Aus dem Privat-Laboratorium des Doc. Dr. S. Ehnnann in Wien. 
Ueber tingible Engeln in syphilitischen Producten. Von Dr. 

Ferdinand Winkler. (Hierzu Taf. I u. II.). 3 

Histologische Bemerkungen zu einem Falle von schwarzer Haarzunge. 

Von Dr. E. Vollmer, Bad Kreuznach. (Hierzu Taf. III u. IV.) . 12 

Aus der venerischen Abtheilung des Primararzt Docent Dr. S. Rona 
im St. Rochusspital zu Budapest. Isolirte primäre Gonorrhoe der 
paraurethralen Gänge. Von Dr. Cornelius Horvath, n. Secun- 


danus der Abtheilung. 17 

Aus der dermatologischen Abtheilung des städtischen Krankenhauses 
zu Frankfurt a. M. (Oberarzt Dr. Karl Herxheimer.) Ueber Pustu¬ 
losis acuta varioliformis. Von Dr. Fritz Juliusberg, früherem 

Assistenzart. (Hierzu Taf. V.). 21 

Aus dem Privatkrankenhaus von Prof. A. G. Podres in Charkoff. 


Ueber die Abhängigkeit des Verlaufs der Urethritis von der 
Localisation der Gonococcen. Von Dr. B. A. Drobny . . . . 29 

Einige "Worte über die Form der Anwendung des Quecksilbers. Von 


Professor Edvard Welander in Stockholm. 39 

Zur Kenntniss der grossen meningealen und Gehirngummata, sowie 
der Rückenmarksyphilis. Von Professor E. A. Homen, Helsing- 

fors (Finnland). (Hierzu Taf. VI u. Vn.) . 55 

Tinea Imbricata (Manson). Von Dr. A. W. Nieuwenhuis, Buiten- 

zorg (Java). (Hierzu Taf. VIII.). 173 

Aus Dr. Max Joseph’s Poliklinik für Hautkrankheiten in Berlin. 
Ueber Hautsarcomatose. Von Dr. Max Joseph. Hierzu Taf. IX. 
u. X.).177 


V 


Ueber einen Fall von Impetigo herpetiformis. Von Prof. Tommasoli, 

Palermo. (Hierzu Taf. XI.).197 

Einige Fragen bei der Behandlung der Syphilis. Von Dr. Med. v. 

Watras z e w 8 k i, Vorstand des St. Lazarushospitals in Warschau 211 
Aus der dermatol. Universitätsklinik des Prof. Dr. V. Janovsky an 
der böhm. med. Fakultät in Prag. Die Ergebnisse der Behandlung 
tuberculöser Hautaffectionen mit Tuberculin-R. Mitgetheilt von 
Dr. Jaroslav Bukovsky, Assistenten der Klinik.223 


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IV 


Inhalt. 


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Pag. 

Einige Worte über die Form der Anwendung des Quecksilbers. Von 

Professor Edvard Welander in Stockholm (Schluss).249 

Aus der dermatologischen Abtheilung des städtischen Krankenhauses 
zu Frankfurt a. M. (Oberarzt Dr. Karl Herxheimer.) Ueber das 
Verhältnis der Darier’schen Krankheit zur Ichthyosis. Von Dr. 
Ernst D o c t o r, früherem Assistenzarzt, jetzigem Specialarzt für 
Hautkrankheiten zu Frankfurt a. M. (Hierzu Taf. XH und Xni) . 823 
Aus der Klinik des Hrn. Prof. Lesser in Berlin. Die Antipyrinexan- 


theme. Yon Dr. Hugo Apolant in Berlin.845 

V Aus der Königlichen Universitätsklinik für Hautkrankheiten und 
Syphilis zu Bonn. Ueber die Resultate dei TR-Behandlung an der 
Bonner Hautklinik. Mitgetheilt von Dr. Hermann Napp und Dr. 

Carl Grouven, Assistenzärzten der Klinik.399 

Zur Frage von der Behandlung der Augenblennorrhöe. Von Prof. 

Edvard Welander in Stockholm.429 

Ueber Leukoplakia oris bei Psoriasis und anderen Dermatosen. Yon 
Dr. Josef Schütz in Frankfurt a. Main.433 


Bericht Ober die Leistungen auf dem Gebiete der Dermatologie 


und Syphilis. 

Verhandlungen der New-York Dermatological Society. 81 

Verhandlungen der American Dermatological Association.110 

Verhandlungen der Berliner dermatologischen Gesellschaft . . . 121,449 

Verhandlungen des Vereines Ungarischer Dermatologen u. Urologen 128,269 

Hautkrankheiten.274 

Venerische Krankheiten. 151, 293, 452 

Varia.160 

Buohanzeigen und Besprechungen.474 

Berichtigung.476 


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Originalabhandlungen 


Archiv f. Dermat. u. Syphtl. Band XLVI. 


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Ä.U8 dem Privat-Laboratorium des Doc. Dr. S. Ehrmann in Wien. 

Heber tingible Kugeln in syphilitischen 

Producten. 

Von 

Dr. Ferdinand Winkler. 

(Hierzu Taf. I u. II.) 

In einer vorläufigen Mittlieilung der „Wiener klinischen 
Wochenschrift“ (Jahrgang 1897, Nr. 17) habe ich auf das 
Vorkommen 6charf begrenzter kugeliger Gebilde in syphili¬ 
tischen Geweben aufmerksam gemacht und ein Färbungsverfahren 
angegeben, mittels dessen sie leicht dargestellt werden können. 
An der Hand von Abbildungen sollen nun die bezüglichen Be¬ 
funde mitgetheilt werden, damit sie nachgeprüft und ergänzt 
werden mögen, und damit die Natur der Kugeln, für welche 
ich heute nur Vermuthungen Vorbringen kann, klargestellt werde. 

Die Methode, die fraglichen Gebilde zur Darstellung zu 
bringen, besteht in der Färbung mit Thionin oder mit Toluidin- 
blau und in der Entfärbung mit Formalin. Wässerige Lösungen 
der beiden Farbstoffe geben ein ungenügendes Resultat, wässe¬ 
rig-alkoholische Lösungen sind viel entsprechender; das beste 
Resultat habe ich mit Lösungen in verdünnter Carbolsäure 
erzielt. Man bereitet sich eine gesättigte Lösung des Farbstoffs 
in concentrirter Carbolsäure (Acidum carbolicum liquefactum) 
als Stammflüssigkeit und setzt von ihr unmittelbar vor dem 
jedesmaligen Gebrauche einige Tropfen zu einer Eprouvette 
voll Wasser, schüttelt um und filtrirt. Eine gute Farblösung 
muss dunkelblau sein und darf keine Carboisäuretropfen ent¬ 
halten. Bei leichtem Erwärmen geht die Färbung besser vor 
sich. Die Dauer der Färbung ist sehr verschieden und hängt 
in erster Linie von dem Grade der Verdünnung der Farblösung 

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und in zweiter Linie von der Vorbehandlung des Präparats ab. 
Deckglaspräparate färben sich ziemlich rasch, ebenso Schnitte 
von Geweben, die in Sublimat oder in Pikrinsäure fixirt waren. 
In Alkohol oder in Müller’scher Flüssigkeit fixirte Gewebe 
färben sich weniger rasch. Die Vorbehandlung mit Flemming- 
scher Flüssigkeit hindert zwar die Färbung mit Thionin nicht, 
ist aber der Entfärbung mit Formalin entschieden abträglich. 

Das Entfärbungsverfahren geht in der Weise vor sich, 
dass man die gefärbten Präparate in Wasser, dem etwas For¬ 
malin zugesetzt ist, abspült und darauf in reines Formalin 
bringt. Man wechselt das Formalin so oft, bis die aufangs 
dunkelblauen Präparate graublau geworden sind. Allzulanges 
Auswaschen in Wasser vor der Formalinbehandlung gibt den 
Präparaten einen grünlichen Farbenton, wie dies Figur 10 zeigt. 

Diese Färbung gilt sowohl für Schnitte als für Deckglas¬ 
präparate. Die Schnitte werden aus Formalin direct in abso¬ 
luten Alkohol gebracht, da dieser die weitere Entfärbung hin¬ 
dert, und in Xylol oder Bergamottöl aufgehellt. Behufs besserer 
Differenzirung ist es zweckmässig, vor der Thioninbehandlung 
die Präparate in einer Eosinlösung vorzufärbeu, da das For¬ 
malin auf Eosin nicht entfärbend einwirkt. In dem Präparate, 
dem Figur 7 entstammt, wurde der Schnitt vorerst mit Unna- 
schem polychromem Methylenblau kurze Zeit gefärbt, in Alko¬ 
hol entfärbt und darauf mit Thionin und Formalin behandelt; 
dadurch wurden die Granula der Mastzellen blau und die 
tingiblen Kugeln violett. 

Wenn die Entfärbung mit Formalin nicht zu stark vor- 
genommen wird, so erhält man eine sehr schöne Färbung der 
Karyokinesen. Weiterhin ist zu bemerken, dass die Thionin- 
Formalinmethode besonders an Präparaten, die in Pikrinsäure 
fixirt waren, die E h r m an n’schen „Melanoblasten“ ausserordent¬ 
lich klar hervortreten lässt. 

Für Deckglaspräparate empfiehlt es sich, sie in der übli¬ 
chen Weise lufttrocken zu machen, auf eine Stunde in abso¬ 
luten Alkohol zu legen und dann mehrmals durch die Flamme 
zu ziehen. Die so fixirten Präparate werden ohne Eosinvorfär- 
bung direct in Thionin gelegt und in Formalin entfärbt. 


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Ueber tingible Kugeln in syphilitischen Producten. 


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Das Färbungsverfahren gestaltet sich also folgender- 
massen: 

Gewebsschnitte: 

1. Vorfärbung durch 5 Minuten in wässeriger Eosinlösung. 

2. Abspülen des Farbstoffs in Alkohol und Auswaschen 
in Wasser. 

3. Färben in verdünnter Carbolthioninlösung durch etwa 
eine Stunde, eventuell unter leichtem Erwärmen. 

4. Abspülen in formalinbaltigem Wasser und Entfärben 
in mehrfach gewechseltem Formalin. 

5. Uebertragen in absoluten Alkohol und mehrfaches 
Wechseln desselben. 

6. Aufhellen in Xylol oder Bergamottöl, Einschlüssen in 
Balsam. 

Deckglaspräparate: 

1. Färbung in verdünnter Carbolthioninlösung durch etwa 
eine Stunde. 

2. Entfärben in mehrfach gewechseltem Formalin. 

3. Uebertragen in absoluten Alkohol. 

4. Trocknen und Einschliessen in Balsam. 

In Präparaten aus syphilitischen Geweben, die in dieser 
Weise behandelt sind, sieht man im mehr oder weniger ent¬ 
färbten Gewebe kleine kreisrunde, scharf begrenzte Kugeln liegen, 
deren jede von einem hellen Hofe umgeben ist, und die meist 
in ihrem Innern einen hellen etwas excentrisch liegenden Fleck 
besitzen. An guten Präparaten zeigen sie eine violette Farbe; 
an Präparaten, die in Folge zu langen Auswaschens in for- 
malinhältigem Wasser nicht graublau, sondern graugrün ge¬ 
worden sind, wird die Farbe der tingiblen Kugeln mehr schwärz¬ 
lich. (Vgl. Fig. 10.) 

An Farbenbildern bei offener Blende fallen sie sehr leicht 
ins Auge; bei einiger Uebung erkennt man sie schon bei einer 
stärkeren Trockenlinse und erleichtert sich deshalb das Suchen, 
wenn man zuerst mit einer Trockenlinse arbeitet und erst 
nach dem Auffinden einer gefärbten Kugel die Immersionslinse 
verwendet. 


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Ich war in der Lage, die Kugeln regelmässig in allen 
syphilitischen Producten zu finden, bin aber doch nicht im 
Stande, in ihnen das specifische Virus zu sehen, so naheliegend 
und verlockend es auch wäre, da ich, wie Fig. 12 zeigt, ähn¬ 
lichen Gebilden auch in Schnitten von Lupus vulgaris, die 
nach der gleichen Weise behandelt waren, begegnet bin. 

In der vorgenannten vorläufigen Mittheilung habe ich 
berichtet, dass ähnliche Gebilde im ungefärbten Sperma lue¬ 
tischer Individuen zu finden seien; ich muss heute hinzufügen, 
dass sie nach ihrem farberischen Verhalten mit den im Ge¬ 
webe und in Deckglaspräparaten auftretenden tingiblen Kugeln 
nicht identisch zu sein scheinen; sie besitzen im gefärbten 
Präparate weder einen hellen Hof noch einen Innenfleck; sie 
sind vielleicht Degenerationsproducte, ähnlich wie die von 
Jacksch (Klin. Diagnostik, 1896, pag. 516) abgebildeten, aller¬ 
dings viel grösseren hyalinen Kugeln. 

Noch in einer weiteren Hinsicht habe ich meine in der 
vorläufigen Mittheilung gemachten Angaben richtig zu stellen. 
Dort sprach ich von zwei Haupttypen, von Kugeln mit einem 
Innenflecke, die sich innerhalb von Lymphspalten finden, und 
von Kugeln ohne Innenfleck, die im Gewebe fixirt sind. Es 
hat sich herausgestellt, dass die meisten Kugeln einen hellen 
Fleck haben; es geht deshalb nicht an. auf Grund dieses 
Merkmals eine Unterscheidung zu treffen. Uebrigens kann ich 
nicht mit Sicherheit angeben, ob der helle Fleck im Innern 
der Kugeln in der Structur derselben begründet ist, oder ob 
es sich dabei um eine optisch-physikalische Erscheinung handelt, 
erzeugt durch Refraction der das Körperchen passirenden Strahlen. 

Von weissen und von rothen Blutkörperchen lassen sich 
die fraglichen Kugeln sehr leicht unterscheiden; man braucht 
nur einen Blick auf die Figur 3, welche einen Schnitt durch 
eine luetische Lymphdrüse darstellt, zu werfen, um sofort die 
Differenz zwischen den Lymphkörpercben und den tingiblen 
Kugeln zu erkennen. Ebenso deutlich wird die Differenz zwi¬ 
schen den letzteren und den Eiterzellen in Figur 1; Figur 1 
entstammt einer drei Wochen bestehenden Sklerose an der 
Glans; aus Figur 2, einem Deckglaspräparate von einem in 


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Ueber tingible Kugeln in syphilitischen Producten. 


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Granulirung begriffenen Gumma am Nasenrücken, erhellt der 
Unterschied gegenüber den Granulationszellen. 

Figur 7 gibt eine Stelle aus einem vorher mit polychro¬ 
mem Methylenblau gefärbten Schnitt durch eine Papel wieder, 
in welcher sich eine tingible Kugel hart neben einer blaue 
Granulationen zeigenden Mastzelle befindet. Man ersieht aus 
dieser Zeichnung, dass die tingiblen Kugeln mit den Mastzellen 
nichts zu thun haben. 

Professor Frosch in Berlin hat in einem meiner vor¬ 
läufigen Mittheilung gewidmeten Referate des „Centralblattes 
für Bakteriologie“ (XXII. Band, Nr. 6, pag. 190) bemerkt, dass 
es sich bei den fraglichen Gebilden um Kerne von Wanderzellen 
handeln könne; ich möchte bemerken, dass ich in meinen 
Präparaten keinen Anhaltspunkt für diese Annahme finde. 

Vorläufig steht nur das eine fest, dass die Gebilde sowohl 
im Infiltrate um die Gefasse als auch innerhalb von Gefäss- 
räumen theils frei, theils in Zellen eingeschlossen Vorkommen. 
Man findet sie auch in Gewebsspalten in der Nähe von Gelassen, 
wie dies Fig. 8 zeigt. Die in Zellen eingeschlossenen Gebilde 
sind seltener zu sehen; Fig. 5 gibt ein Beispiel davon. 
Häufiger sieht man sie in grösseren und kleineren Gefässen 
mit verdickten Endothelzellen (Fig. 6, 9, 10) oder frei im 
Gewebe (Fig. 4.) 

Bei weniger intensiver Entfärbung bekommt man nicht 
selten Präparate zu Gesicht, in welchen neben den tingiblen 
Kugeln auch die Kerne und die Kernfiguren gefärbt sind, wie 
in Fig. 11; mau sieht in dieser Zeichnung eine Zelle mit stark 
gefärbtem Kerne und einer mit deutlichem Hofe umgebenen 
Kugel. Dieser Befund legt den Gedanken nahe, dass die frag¬ 
lichen Gebilde mit den von Flemming beschriebenen tingiblen 
Körpern im Innern von Lymphzellen identisch sind. W. Flemming 
fand nämlich in den „Studien über Regeneration der Gewebe“ 
(Arch. f. ruikr. Anat. XXIV, 1885, pag. 81) in den Keimcentren 
der Lymphdrüsen ausser den wahren Mitosen scharf gefärbte 
Körper, welche er in Ermanglung einer sicheren Erklärung 
ihrer Natur einfach als tingible Körper bezeichnete. Er be¬ 
schreibt sie als compact, ohne erkennbare Structur, durch und 
durch gleichraässig gefärbt; ihre Form ist häufig halbkugel- 


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artig, so dass die Mitte leer und hell erscheint. Sie liegen 
nach Flemming in Zellen mit ruhenden Kernen and haben 
mit Kerntheilungen nichts gemein. W. Hindenburg („Zur 
Kenntniss der Organveränderuug bei Leukämie“, Diss. Jena 
1894; Referat in Merkel-Bonne t's Ehrgebnissen der Anatomie 
und Entwicklungsgeschichte IV, 1894, pag. 383) fand in leu¬ 
kämischen Organen an den Stellen grosser Leukocytenan- 
häufungen Gebilde, die durchaus den F1 e m m i n g’schen tingiblen 
Körperchen glichen und vielfach trauhig vereinigt waren. 
Hindenburg nahm an, dass diese Trauben aus Leukocyten- 
kemen, nackt oder von Protoplasma umgeben, entstehen, und 
dass durch Abschnürung die tingiblen Kugeln zu Stande kommen. 
Dazu bemerkt Flemming, dass in den Lymphdrüsen die 
tingiblen Körper sicher in kernhaltigen Zellen neben den Kernen 
Vorkommen. 

In der Beschreibung Flemming’s ist nicht von einem 
Hofe die Rede, und ausserdem bemerkt er ausdrücklich, dass 
er die Kugeln nur intracellulär getroffen habe. Bilder, wie 
Fig. 5, wo eine tingible Kugel in einer Zelle liegt, in welcher 
kein Kern sichtbar ist, sowie die Bilder mit freiliegenden 
tingiblen Kugeln sprechen ganz entschieden dagegen, dass 
unsere tingiblen Kugeln mit den Flemming’schen tingiblen 
Körperchen identisch seien. 

Anderseits fällt in Fig. 11 auf, dass die tingiblen Kugeln 
in der Nähe von Mitosen liegen. Es ist nun interessant, dass 
Walker und Ruff er, welche die Zelleinschlüsse in Neoplas¬ 
men studirten (Brit. med. Joum. 1892), in der Nähe der Zell¬ 
einschlüsse auch zahlreiche Mitosen fanden. Trotz dieser an¬ 
scheinenden Analogie haben unsere tingiblen Kugeln mit den 
Zelleinschlüssen bei Carcinom kaum etwas zu thun; in einer 
Anzahl von Neoplasmen, die ich nach der Thionin-Formalin- 
Methode färbte, habe ich die tingiblen Kugeln nicht ange- 
troffen. 

Die Nähe von tingiblen Kugeln und von Mitosen könnte 
aber darauf hindeuten, dass die Kugeln aus veränderten, 
gewissermassen gestörten Mitosen hervorgehen, und dass es 
sich bei ihnen um ein Zusammenflüssen von Chromatinsubstanz 
handelt. Mit dieser Deutung stimmt auch die Ausein- 


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Ueber tingible Kugeln in syphilitischen Producten. 


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andersetzung von Professor J. Lubarsch über die Russell- 
scben Körperchen in der Monographie von Professor J. Marlius 
über Achyliagastrica (Wien 1897, Franz Deuticke) überein. Es 
ist wohl keine Frage, dass unsere tingiblen Kugeln mit den Rüssel 1- 
schen Körperchen nichts zu thun haben. Bircli-Hirsch- 
feld gibt zwar an, die Russell’schen Körperchen besonders 
häutig in luetischen Producten gesehen zu haben (vergl. R. Klien. 
Ueber die Beziehung der Russell’schen Fuchsinkörperchen zu 
den Altmann’schen Zellgranulis, Ziegler’s Beiträge zur 
pathologischen Anatomie XI, 1892, pag. 129), und Russell 
selbst hat seine Körperchen in einem Guuima der Dura mater 
und bei einem exulcerirenden Keblkopfsypbilid gefunden (An 
address on a characteristic organism of cancer, Brit. med. 
Journ. 1890, II, pag. 1356); unsere tingiblen Kugeln sind aber 
niemals in Haufen beisammen, sondern kommen immer einzeln 
oder hin und wieder zu zweien neben einander vor, weiterhin 
zeigen die Russell’schen Körperchen niemals die von mir als 
Innenfleck bei den tingiblen Kugeln beschriebene Erscheinung. 

Nichtsdestoweniger erlaubt die von Lubarsch gegebene 
Darstellung, wie die Rüssel l’schen Körperchen entstehen, eine 
gewisse Uebertragung auf die uns interessirende Frage. Lubarsch 
hält, wie er es schon in den von ihm und Ostertag heraus¬ 
gegebenen „Ergebnissen der allgemeinen Pathologie“ (Jahr¬ 
gang I, Abth. II, pag. 180) auseinandergesetzt hat, die Russell- 
scben Körpereben für Hyalinkugeln, die nichts anderes als 
vergrösserte und stellenweise zusammengeflossene Zellgranula 
seien. Er stellt sich vor, dass zunächst die Körner der acido- 
philen Zellen eventuell durch Aufnahme einer Flüssigkeit auf¬ 
quellen, immer grösser werden und schliesslich mit einander 
ganz verschmelzen; durch diese Vorgänge werde auch die 
Form der Zelle verändert, so dass aus ursprünglich rundlichen 
Elementen längliche und ovale werden; je reichlicher sie auf- 
treten, und je mehr Transsudat oder Flüssigkeit das ganze 
Gewebe durchtränke, um so häufiger erfolge das Hiueingedrängt- 
werden der Zellen in die erweiterten oder gelockerten Gewebs- 
spalten. Die Kugeln können weiterhin, wie sich Lubarsch 
vorstellt, durch eine Art von Secretion freiwerden, mit ein¬ 
ander verschmelzen und in Lymphspalten transportirt werden. 


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Auch Seifert (Ueber Russell’sche Fuehsinkörperchen, Si¬ 
tzungsberichte der Würzburger physikal.-medicin. Gesellschaft, 
Sitzung vom 3. März 1894) spricht von einem Bersten der 
Zellmembran, wodurch die intracellulär entstandenen Fuchsin- 
körperchen frei werden. 

Wenn wir dem früher Gesagten entsprechend unsere 
tingiblen Kugeln als zusammengeflossene Chromatinsubstanz 
deuten wollten, so müssten wir ganz ähnlich wie Lubarsch uns 
vorstellen, dass unsere genetisch allerdings grundverschiedenen 
Kugeln durch eine Art von Secretion aus der Zelle, in welcher 
sie gebildet wurden, ausgestossen und auf dem Wege der 
Lymphbahn weitergeführt werden. 

Der helle Hof, der sich um jede unserer tingiblen Kugeln 
befindet, ist in seiner Entstehung schwer zu deuten. An intra¬ 
cellulär liegenden Kugeln (Fig. 5) erscheint er wie aus dem 
Zellprotoplasma ausgespart, und manchmal macht es den Ein¬ 
druck, als ob die tingible Kugel in einer Vacuole des Zell¬ 
leibes liege, und als ob der Hof dieser Vacuole entspreche. Da aber 
an extracellulär liegenden Kugeln der Hof ebenso deutlich ist 
wie an den intracellulären, so kann man nicht den Hof mit 
einer Vacuole identificiren; man muss vielmehr den Hof für 
einen Saum um die Kugel ansehen, der bei der angewendeten 
Färbungsmethode ungefärbt bleibt. Wie dieser Saum entsteht, 
ist allerdings nicht möglich zu sagen. Uebrigens ist auch der 
um die Rüssel Fachen Körperchen auftretende Hof nicht erklärt. 
Die Annahme Touton’s („Ueber die Russe Irschen Fuchsin¬ 
körperchen und Goldmann’schen Kugelzellen,“ Virchow’s 
Archiv, Bd. 132, pag. 427), dass es sich bei diesem Hofe um 
eine Retractionserscheinung postmortalen Ursprungs handle, ist 
von Lubarsch als unrichtig erklärt worden. 

Pianese erklärt den Hof der intracellulär gelegenen 
Rüssel l’schen Körperchen für einen durch stärkere centripetale 
Verdichtung der sie bildenden Substanz gebildeten, kreisförmigen, 
leeren Raum („Beitrag zur Histologie und Aetiologie desCarcinoms“, 
Z i e g 1 e r’s Beiträge zur pathologischen Anatomie 1896, 1. Supple¬ 
mentheft, pag. 116). So bestechend diese Deutung auch für unsere 
intracellulär liegenden tingiblen Kugeln sein dürfte, so unklar lässt 
sie das constante Auftreten des Hofes bei den extracellulären, frei im 


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Ueber licgible Kugeln iu syphilitischen Producten. 


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Gewebe und in den Gewebsspalten hegenden Kugeln; der kreis¬ 
förmige leere Raum Pianese’s kann beim Austreten aus der 
Zelle nicht mitgenommen werden. 

Da es nun auch nicht angeht, den Hof einfach als optische 
Erscheinung anzusehen — die von der Grösse der Kugeln unab¬ 
hängige, verschiedene Breite des Hofes spricht dagegen — so 
muss die Sache vorläufig dahingestellt bleiben. 

Döhle in Kiel hat in der Münchener medicinischen 
Wochenschrift vom 12. October 1897 (Nr. 41, pag. 1131) mit- 
getheilt, dass er durch Färbung mit einer Mischung von Häma- 
toxylin und Carboifuchsin und Differenzirung mit Jod oder 
Chrom und Alkohol eine Doppelfärbung syphilitischer Gewebe 
erziele; die Kerne seien in gewöhnlicherWeise mit Hämatoxylin 
gefärbt und ausserdem fänden sich intensiv rothgefärbte Körper 
von verschiedener Grösse, an denen hie und da Fortsätze zu 
sehen seien; die kleinsten Körper seien gewöhnlich rund, die 
grösseren rund oder eckig in den verschiedensten Formen, wie 
wenn sie in verschiedenen Bewegungszuständen fixirt wären. 

In welchem Zusammenhänge die von mir beschriebenen 
Kugeln mit den von Döhle beschriebenen Gebilden stehen, 
welchen er eine Protozoennatur zuspricht, kann erst entschieden 
werden, wenn über die D ö h 1 e’sche Färbungsmethode genauere 
Mittheilungen vorliegen werden. Für jetzt kann ich nur sagen, 
dass ich meine tingiblen Kugeln nicht für das Syphilisvirus 
halten mag, da ich ähnliche Kugeln, freilich ohne Innenfleck, 
auch in einem Falle von Lupus vulgaris (vergl. Fig. 12) gefunden 
habe, und dass ich vorläufig der Meinung zuneige, dass es sich 
um eine Kemerkrankung handle, welche unter dem Einflüsse 
des syphilitischen Virus zu Stande kommt, die aber, wenn auch 
in geringerem Masse, auch durch andere Virusarten (Lupus) 
bewirkt werden kann. 

Wien, October 1897. 


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Erklärung der Abbildungen auf Taf. I. tl II. 

Fig. 1. Deckglaspräparat von einer Sklerose an der Glans, sechs 
Wochen post coitum. Alkoholfixirung, Färbung mit Thionin, Entfärbung 
mit Formalin. 

Fig. 2. Deokglaspräparat von einem granulirenden Gumma am 
Nasenrücken. Alkoholfixirung, Färbung in Thionin, Entfärbung in For¬ 
malin. 

Fig. 3. Schnitt durch eine luetische Lymphdruse. Alkoholhärtung, 
Vorfärbung in Eosin, Färbung in Thionin, Entfärbung in Formalin. 

Fig. 4. Schnitt durch ein breites Condylom an der Vulva. Alko¬ 
holhärtung. Vorfarbung in Eosin, Färbung in Toluidinblau, Entfärbung 
in Formalin. 

Fig. 6. Schnitt durch eine Papel. Alkoholhärtung. Färbung in 
Thionin, Entfärbung in Formalin. 

Fig. 6. Schnitt durch eine Papel. Alkoholhärtung. Färbung in 
Thionin, Entfärbung in Formalin. 

Fig. 7. Schnitt durch eine Papel. Sublimathärtung. Vorfärbung 
mit polychromem Methylenblau, Entfärbung in Alkohol, Färbung in 
Thionin, Entfärbung in Formalin. 

Fig. 8. Schnitt durch eine Sklerose am inneren Vorhautblatte. 
Härtung in Müller’scher Flüssigkeit. Vorfarbung in Eosin, Färbung in 
Thionin, Eutfarbung in Formalin. 

Fig. 9. Schnitt durch eine Sklerose am inneren Vorhautblatt. 
Härtung in Müller’scher Flüssigkeit, Färbung in Thionin, Entfärbung 
in Formalin. 

Fig. 10. Schnitt durch eine Sklerose am äusseren Vorhautblatt. 
Alkoholhärtung, Vorfärbung in Eosin, Färbung in Thionin, langes Aus¬ 
waschen in Wasser, Entfärbung in Formalin. 

Fig. 11. Schnitt durch eine Papel. Alkoholhärtung. Vorfärbung 
in Eosin. Färbnng in Toluidinblau und Entfärbung in Formalin. 

Fig. 12. Schnitt durch ein Knötchen von Lupus vulgaris. Alkohol¬ 
härtung. Vorfarbung in Eosin, Färbung in Thionin, Entfärbung in For¬ 
malin. 


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Histologische Bemerkungen zu einem 
Falle von schwarzer Haarzunge. 

Von 

Dr. E. Yollmer, 

Bad Kreuznach. 

(Hierzu Taf. III u. IV.) 


Es sind bislang einige vierzig Fälle von schwarzen Haar¬ 
zungen mehr oder minder ausführlich besprochen und beschrie¬ 
ben worden; genauere histologische Angaben über die Form 
der haarartigen Wucherungen, ans denen sich die schwarze 
Haarzunge zusammensetzt, vornehmlich solche mit guten mikro¬ 
skopischen Abbildungen sind indessen nur einige wenige vor¬ 
handen. Es lohnt sich daher, das Material noch zu vermehren 
und ein mir neuerdings zur Behandlung gekommener Fall gab 
mir die Gelegenheit, über die Hyperkeratose der Zungenschleim¬ 
haut, die man die schwarze HaarzuDge genannt hat, eigene 
Beobachtungen zu machen und eine grössere Anzahl von mikro¬ 
skopischen Präparaten herzustellen. 

Aus der Krankengeschichte, deren Details in der kurzen 
Mittheilung in der Dermatologischen Zeitschrift 1 ) nachzulesen 
ist, sei nur hervorgehoben, dass Patient Syphilitiker war, 
allerdings nicht mit Sicherheit constatirt werden konnte, ob 
nicht die schwarze Haarzunge schon vor der Infection aufge¬ 
treten war. Die Zungenschleimhaut war an der Spitze und an 
den Seiten in einen eigenthümlichen, weisslichen Pelz verwan¬ 
delt, dessen Haare durch die langen Papillenspitzen gebildet 
sind. Die ganze Convexität der Zungenoberfläche aber ist 
schwärzlich-braun, die Mitte ist schwarz. Dieser schwarze 
Ueberzug der Zunge reicht bis an die Papillae circumvallatae. 

') Dermatologische Zeitschrift von Prof. Dr. Lassar, Bd. V, Heft 1, 
pag. 29. 


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Vollmer. 


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Hier geht die schwarze Färbung wieder in Roth über. Wenn 
man nun etwas von dem schwarzen Belag mit dem Scalpell 
von der Zunge herunterschabte und mikroskopisch untersuchte, 
so ergab sich, dass derselbe aus Epithelzellen, weissen Blut¬ 
körperchen und eigenartigen Bildungen von Hornsubstanz 
bestand. Diese letzteren waren von der verschiedenartigsten 
Gestalt. Es ist seit der gründlichen Arbeit von Brosin 1 ) 
bekannt, dass die schwarze Haarzunge eine ähnliche Erkran¬ 
kung der Zungenschleimhaut ist, wie sie auf der Haut als 
Ichthyosis auftritt. Nur ist die Entwickelung der vielen und 
langen, feinen Hornfäden auf der Zunge um so räthselhafter, 
als doch hier durch den grossen Feuchtigkeitsgehalt der Mund¬ 
höhle zu einer so intensiven Verhornung wenig Gelegenheit 
gegeben sein sollte. Die Entstehung der so eigenartigen Horn¬ 
bildungen muss allein als die Folge eines abnorm festen Zu¬ 
sammenhanges der verhornenden Stachelzellen angesehen werden. 
Ist dieser Zusammenhang unter allen Zellen und an allen ihren 
Seiten ein gleich fester, so resultiren bei dem steten Nach¬ 
schub von der Stachelschicht der papillae filiformes die dolch- 
artigen Bildungen (Tafel II d, 6). Ist der Zusammenhang nur 
an einer Seite der Zellen vorhanden, so entstehen die Formen, 
die an in einandergesteckte Trichter erinnern oder an Blumen¬ 
stengel (Tafel Ib, 3, 4). Es ist früher zur Erklärung des iso- 
lirten Weiterwachsens der Hornspitzen der einzelnen Papillae 
filiformes angenommen worden, dass Pilze muffartig die Basis 
der Papillen umgeben und so die Wachsthumsrichtung der 
Zellen nach der Seite der Papillenspitze lenken könnten. So 
entstände der Zusammenhang der Hornlager über den Papillen¬ 
kegeln unter einem zusammenschweissenden Drucke. Eine der¬ 
artige Erklärung ist durchaus nicht nothwendig. Das Wachs¬ 
thum der Hornlager ist ohnehin nur nach der Papillenspitze 
möglich, weil nach unten die Cutis und an den Seiten die 
benachbarten Papillen dem Wucherungsprocess entgegeustehen. 
Das Einzige, was unerklärt bleibt, ist der abnorme Zusammen¬ 
hang der normaler Weise sich ablösenden Hornzellen. Im 


‘) Brosin, Ueber die schwarze Haarzunge. Monatsheft für prakt. 
Dermatologie, Ergänzungsbeft I, 1888. 


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Histol. Bemerkungen zu einem Falle v. schwarzer Haarzunge. 15 


Gegensatz zur Keratombildung der Handfläche oder Fusssohle 
und der Bildung der Fieberzunge, wo die Hornzellen auch 
verschiedener benachbarter Papillen zu ganzen Hornlagern und 
Hornplatten zusammenschmelzen, tbürmen sich die Hornzellen 
jeder Papilla filiformis bei der Haarzunge zu isolirten Horn- 
pfeilem und Hornspitzen auf, die eine ganz ausserordentliche 
Länge erreichen können. Auch unter unseren Präparaten sind 
solche Bildungen bis zu 3 und 4 Millimeter lang, Brosin 
spricht von 1*5 Cm.! Eigenartig sind auch die Hornbildungen 
gestaltet, die sich über Papillen mit mehreren Spitzen finden. 
Auch hier ist der Zusammenhang der Hornzellen, die gemein¬ 
schaftlichen Ursprung haben, also jeder einzelnen Spitze, ein 
festerer, und so entstehen die quastenartigen Hornmassen, wie 
sie auf Tafel II c, 5 dargestellt sind. Dass sich die Trennung 
der Hornmassen jeder einzelnen Papillenspitze auch weiter 
verfolgen lässt, ist auf Tafel I a, 2 zu sehen. An anderen Prä¬ 
paraten sieht man wieder eine noch schärfere Trennung und 
a, 1 stellt die Hornspitze einer Papille mit 2 Spitzen dar, bei 
denen jede einzelne sich vor den anderen scharf isolirt hält. 
Tafel I b, 3 a zeigt eine andere Form, die sich häufig findet. 
Hier liegen die einzelnen Hornzellen dachziegelartig über ein¬ 
ander und die ganze Bildung gleicht einer Harpune. 

Die Farbe ist unter dem Mikroskop, wie die blonder 
Haare. Nach dem Ende der Hornspilzen verdunkelt sich das 
Colorit und zwar nicht, weil etwa Pigment eingelagert ist, 
sondern weil, um mit Brosin und Unna zu reden, die Horn¬ 
zellen eine desto dunklere Farbe zeigen, je älter, trockener 
und fester die Hornschicht wird. 

Die Aetiologie der schwarzen Haarzunge ist noch völlig 
unsicher. Nur die parasitäre Ursache darf wohl als unhaltbar 
bezeichnet werden. Auch ich habe keine irgendwie als Krank¬ 
heitsursache verdächtige Mikroorganismen in meinen Präpa¬ 
raten nachweisen können. Als ein die Hornbildung veranlassen¬ 
des Moment dürfte vielleicht eine zu oft vorgenommene Reizung 
der Mund- und Zungenschleimhaut durch desinficirende oder 
adstringirende Mundwässer angesehen werden können; bei 
männlichen Patienten auch starkes Rauchen, kurz alle die 
Mittel, die eine Reizung der Schleimhaut der Zunge, vielleicht 


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Vollmer. 


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als Theilerscheinung einer leichten Stomatitis, liervorrufen 
können. Wenigstens legte mir mein Patient, der stark Ciga¬ 
retten rauchte und peinlich im Putzen der Zähne und Aus¬ 
spülen des Mundes war, den Gedanken eher nahe, als dass 
ich an eine parasitäre Erkrankung hätte denken können. 

Auffallend ist. dass unter den in letzter Zeit beschrie¬ 
benen Fällen von schwarzer Haarzunge mehrere Syphilitiker 
waren; darf bei ihnen die Hornbildung als eine syphilitische 
Affection aufgefasst werden? Oder muss sie als eine Neben¬ 
erscheinung einer Stomatitis, etwa auch einer Mercurialstoma- 
titis, betrachtet werden? Jedenfalls können beide Formen 
Vorkommen. In die letztere Kategorie gehört der Fall von 
Leviseur ,') der auch einen an Syphilis erkrankten, jungen 
Mann betraf, dessen Zunge von recidivirenden Plaques muqueuses 
befallen wurde. Aetzungen mit arg. nitric., acid. chromic. und 
die Anwendung verschiedener Mundwässer führten Besserung 
herbei, aber der Patient erhielt eine schwarze Haarzunge. — 
Auf diese Punkte muss bei einer späteren, gründlichen Unter¬ 
suchung jedenfalls besonders geachtet werden. Unser Fall 
konnte nur zur Morphologie der eigenthümlichen Hornbildungen 
einiges Neue beisteuern. 


') New-York, med. Journ. 1889. 


Erklärung der Abbildungen auf Tafel Z1I. u. IV. 

Fig. 1 und 2. Mehrspitzige Hornbildungen von melirspitzigen Pa- 
pillae filiformes herrührend. 

Fig. 3, 3a u. 4. Hornbildungen von einspitzigen Papillae filiformes. 
Herpunen f ormen. 

Tafel II, Fig. f>. Starke Vergrüsserung der mehrspitzigen Horn¬ 
bildungen von Ia, 2. 

Fig. 6. Dolchartiges Ende eines Ilornhaares. 

Fig. 7. Breites Ende eines Hornhaares mit lockerem Zusammen¬ 
hang der Hornzellen. 


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Aus der venerischen Abtheilung des Primararzt Docent Dr. 
S. Eöna im St. Bochusspital zu Budapest. 


Isolirte primäre Gonorrhoe der para- 
urethralen Gänge. 

Von 

Dr. Cornelias Horvath, 

II. Secnndarius der Abtheilung. 


Ueber die gonorrhoische Erkrankung der paraurethralen 
und präputialen Gänge ist bereits eine nennenswerthe Literatur 
entstanden. Unter den veröffentlichten Fällen kommen auch 
solche vor, bei denen eine isolirte, primäre, gonorrhoische 
Erkrankung der präputialen Gänge beobachtet wurde. Oed- 
mansson und Welander beobachteten in je einem Falle 
eine primäre, isolirte, gonorrhoische Erkrankung des präputialen 
Ganges. Der Fall von Fabry ist seiner Beschreibung nach 
bloss als eine isolirte, gonorrhoische Erkrankung eines präputialen 
Ganges aufzufassen. 

Falle von primärer, isolirter, gonorrhoischer Erkrankung 
der kleinen paraurethralen Gänge scheinen in der Literatur bis jetzt 
nicht veröffentlicht worden zu sein, wenn wir nur nicht den 
Fall von Jam in (1886) hieher zählen wollen, bei welchen der 
Process zur Zeit der Untersuchung thatsächlich isolirt vor¬ 
handen war, aber laut Angabe der Kranken seit 2 Jahren be¬ 
standen hat, wo nicht ausgeschlossen ist, dass während dieser 
Zeit die urethrale Gonorrhoe bereits ausgeheilt war. 

Die Fälle von Lejars (1888) repräsentirten nicht kleine 
paraurethrale Gänge, ln Anbetracht der grossen Seltenheit 
solcher Fälle und deren pathologischer Wichtigkeit fand ich es 
werth, folgende 2 Fälle zu veröffentlichen, bei denen es sich 
um primäre, isolirte, gonorrhoische Erkrankung der paraurethralen 
Gänge handelte. 

Archiv f- Dermat. u. Syphil. Band XLVI. O 


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IS 


Horvath. 


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Die Fälle sind folgende: 

1. H. L., 21 Jahre alt, ledig, Schlosser, meldete sich am 28. No¬ 
vember 1897 in der Ambulanz obgenannter Krankenabtheilung des Rochus- 
spitales. Der Kranke gibt an, dass er vor beiläufig 4 Wochen an der 
Spitze der Eichel eine erbsengrosse, schmerzhafte Geschwulst bemerkte, 
wegen der er einen Arzt consultirte, der ihm innerlich Copaivabalsam 
und äusserlich Abwaschungen verordnete. Patieut machte bis jetzt noch 
keine Gonorrhoe durch; mit. der jetzigen Erkrankung übte er noch öfters 
den Coitus aus, das letztemal vor einem Tage. 

Stat. praes: Hypospadiasis; die äussere Harnrohren¬ 
mündung befindet sich in der Gegend der Fossa navicularis. 
Im Orific. extern, erscheint auf Druck ein Tropfen seröses, 
durchsichtiges Secret. In der Eichel befindet sich an Stelle 
der Harnröhrenmündung eine blinde Tasche; im rechten Theile 
derselben ist eine scharf conturirte, stecknadelkopfgrosse Oeff- 
nung, welche an der Spitze der lividen Erhabenheit sitzt, die 
bis zur hypospadiatischen Harnröhrenöffnung als ein Strang zu 
verfolgen ist und aus dem auf Druck reichlich dicker Eiter 
sich entleert. Nebst diesem sind noch auf der unteren fläche 
der Eichel mehrere paraurethrale Gänge vorhanden, von denen 
aber Secret nicht zu gewinnen ist. 

Der Harn ist krystallreiu ohne Tripperfäden. Das glasige 
Secret der Harnröhre, so auch das des paraurethralen Ganges, 
wurden mikroskopisch untersucht, und während in dem ersten 
ausschliesslich Epithelien, Schleim und Detritusmassen nach¬ 
weisbar waren, zeigte das Secret des paraurethralen Ganges 
das typische Bild einer acuten Gonorrhoe, dessen Positivität 
über alle Zweifel erhaben ist. 

2. X. Y., 26 Jahre alt, Kaufmann, meldete sich am 17. August 1897 
in der Sprechstunde des Herrn Docenten Dr. Röna. Er wurde daselbst 
öfter wegen Gonorrhoe behandelt, zum letztenmal vor 2 Jahren, und 
wurde geheilt entlassen. Er hatte eine Hypospadie höheren Grades und 
mehrere paraurethrale Gänge. Die letzte Gonorrhoe wurde mit einer 
Gonorrhoe des paraurethralcn Ganges complicirt, welche ganz ausheilte. 
Im Verlaufe von 2 Jahren wurde Patient wiederholtermassen untersucht, 
und wurde stets gesund befunden. Am 15. August übte er einen Bei¬ 
schlaf aus, 2 Tage darauf stellte sich ein juckendes Gefühl in der Eichel 
ein, weswegen er Dr. Röna consultirte. 

Stat. praes. Hochgradige Hypospadie; die hypospa- 
diatische Harnröhrenmündung befindet sich hinter der Fossa 
navicularis. Auf der unteren Fläche der Eichel, in der hypospa- 


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Isolirte primäre Gonorrhoe der paraurethralen Gänge. 


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diatischen Hararöhrenrinne sind mehrere Lacunen, ausserdem 
ist in den Labienresten der sonstigen normalen Harnröhren¬ 
mündung je eine Gangmündung zu constatiren. Aus dem links¬ 
seitigen Gange können 1 — 2 Tropfen Eiter ausgepresst werden, 
während dem aus dem rechten und den vorher erwähnten 
Lacunen, so auch aus der Harnröhre nicht. Der Urin ist voll¬ 
kommen klar. In dem ausgepressten Secrete sind Massen von 
Eiterkörperchen, zahlreiche intra- und extracelluläre Gono- 
coccen. 

Diagnose: Gonorrhoea acuta paraurethralis 
i s o 1 a t a. 

Therapie: Einspritzungen von l / q —1% Arg. nitr. 
Lösungen mit einer abgestumpften Pravaz-Nadel. 

Krankheitsverlauf: Stat. idem bis zum 25. August; der andere 
Gang nämlich, die Lacunen und die Harnröhre bleiben intact, der Urin 
bleibt klar, trotz dessen, dass die in den paraurethralen Gang einge¬ 
spritzte Flüssigkeit aus der hypospadiatischen Harnröhrenmündung aus¬ 
floss, ein Zeichen, dass der beiläufig 2 Cm. lange Gang mit der Harn¬ 
röhre communicirt. 

Am 25. August trat auch im rechtsseitigen paraurethralen 
Gange eine Eiterung auf, an diesem Tage hatte der Kranke 
auch in der Harnröhre Schmerzen. Da zeigte sich auch in 
der ersten Portion des Urins eine feine Trübung, auf Grund 
dessen Dr. Röna eine Secundärinfection des anderen para¬ 
urethralen Ganges und der Harnröhre supponirte. Der Verlauf 
bestätigte aber nur die Gonorrhoe des zweiten paraurethralen 
Ganges, denn auf ähnlicher Behandlung des zweiten Ganges 
und ohne, dass die Harnröhre mit behandelt wurde, klärte 
sich der Urin bis auf den nächsten Tag gänzlich auf, der 
krystallreine Harn blieb auch während der sechswöchentlicheu 
Behandlung bis zur Heilung stationär. 

Zu erwähnen ist noch, dass der rechtsseitige paraurethrale 
Gang auch mit der Harnröhre coinmunicirte. 


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Aus der dermatologischen Abtheilung des städtischen Kranken¬ 
hauses zu Frankfurt a. M. (Oberarzt Sr. Earl Herxheimer.) 


Ueber Pustulosis acuta varioliformis. 

Von 

Dr. Fritz Juliusberg, 

früherem Assistenzarzt. 

(Hierzu Taf. Y.) 


Am 1. Juni 1897 wurde das Kiud M. auf die dermato¬ 
logische Abtheilung des städtischen Krankenhauses zu Frank¬ 
furt a. M. aufgenommen. Die Anamnese verdanken wir der 
Güte des das Kind draussen behandelnden Arztes, des Herrn 
Dr. Knickenberg, dem wir für seine Unterstützung auch 
hier unseren besten Dank sagen. 

Das Kind M. ist nicht geimpft, und zwar auf Veranlassung eines 
Natuiheilarztes, weil es mit '/ a Jahre an Qesichtaeczem litt, das mit 
Leinsamenumschlägen behandelt wurde. Als am 28. Juni 1897 Herr 
Dr. Knickenberg das damals 1'/, Jahre alte Kind zum ersten Male 
sah, war der ganze Rücken mit Sudamina bedeckt; im Gesicht fanden 
sich theils Krusten, theils Bläschen, von denen einzelne etwa linsengross 
erschienen. Der Gesichtsausschlag war nicht im Stadium des Nässens. 
Daneben bestanden gelbe Krustenauflagerangen auf dem Kopf. Das Kind 
wurde theils mit Salicylpuder, theils mit Zinkpaste, auf dem Kopf mit 
einer Schwefelsalbe behandelt. 

Am 1. Juni Früh waren die Bläschen grösser. Aehnliche Efflores- 
cenzen bestanden um den Anus. Letztere, wie die Bläschen im Gesicht, 
sahen wie Jenner’sche Impfpusteln aus. An den Beinen bemerkte man 
rot he Flecken. 

Am 1. Juni Abends kam das Kind ins Krankenhaus, wo folgender 
Befund am 2. Juni erhoben wurde: 

Auffallend blasses, wohlgenährtes Kind. Beschaffenheit der gesunden 
Haut leicht feucht, faltbar und weich. 

Die Gesichtshaut zeigt hochgradige ödematöse Schwellung. In Folge 
dieser kano das rechte Auge nicht geöffnet werden. Die rechte Seite des 
Gesichtes ist gleichmässig mit einer feuchten, weichen, gelben, wachs- 
artigen Masse bedeckt, auf der linken Seite die Wange in gleicher Weise. 
Auf der linken Stirn bemerkt man etwa 30 gl eich geformte erbsengrosse 
Efdorescenzen. Diese stellen sich als runde Erhebungen über die Haut 


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Juliusberg. 


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dar, die in der Mitte in Stecknadel- bis Linsengrösse eingesunken sind. 
Aus dieser tiefereu Partie tropft spärlich eine gelbliche seröse Flüssigkeit. 
Etwa 20 ähnliche Pusteln finden sich disseminirt auf dem Kopf, am 
reichlichsten in der Scheitelgegend. Die Farbe der Efflorescenzen ist 
eine hellbraune bis graue. Auf dem linken Handteller befinden sich etwa 
15 Pusteln von gleicher Beschaffenheit, ohne dass die Hand sonst Spuren 
von Entzündung zeigt. Ferner bemerkt man 3 gleiche Pusteln auf der 
linken Brust über der Mammilla, 5 in der Umgebung des Anus. In dem 
Secrete der Pusteln finden sich Staphylococcen in grosser Anzahl. 

Es werden Gelatine- und Agarculturen von dem Pustelinhalt angelegt. 

Therapie: Umschläge mit essigsaurer Thonerde. 

3. /VII. Es sind 4 neue gleiche Effiorescenzen, wde oben, auf dem 
linken Handteller aufgetreten. Nachdem auch die rechte Seite des Ge¬ 
sichtes sich gereinigt hat, bemerkt man auf ihr dichtgedrängte, zum 
grössten Theil eingesunkene Pusteln. 

Die frischen Pusteln stellen nicht rein halbkugelige, sondern mehr 
plateauartige Eiterbläschen dar. Wir konnten an zahlreichen Pusteln be¬ 
merken, dass nach etwa '/ 2 Tage die Decke dieses Hochplateaus in Steck¬ 
nadelkopf- bis Linsengrösse einsank und eine serös dünnflüssige Masse 
secernirt wurde. Die eingesunkene Stelle war dann von einem hohen Walle 
umgeben, so dass die Efflorescenzen ein kraterförmiges Aussehen darboten. 

Auch heute sind im Exsudate der Pusteln reichlich Staphylococcen 
nachzuweisen. In den gestern angelegten Culturen wuchs ausnahmslos 
der Staphylococcus pyogenes aureus. 

4. /VII. Status idem. 

5. /VII. 1 neue Pustel ist auf der rechten Brust aufgetreten. 

Das Oedem der Gesichtshaut ist bedeutend zurückgegangen. 

In den am 3./VII. angelegten Culturen ist wiederum ausnahmslos 
der Staphylococcus pyogenes aureus gewachsen. 

6. /VII. Neue Pusteln sind nicht mehr aufgetreten. Auf der rechteu 
Wange sind die Pusteln verschwunden; man findet dort nur leichte 
Schuppen und Krustenauflagerungen. 

Am Nachmittag exitus letalis. Während der Dauer des Kranken¬ 
hausaufenthaltes hatte das Kind beständig Fieber, ohne dass das Allge¬ 
meinbefinden wesentlich gestört war. Erst am 5./VII. Abends erfolgte ein 
kritischer Fieberabfall, so dass die Curve folgendermassen verlief: 



Morgens 

Abends 


Morgens 

Abends 

1./VII. 

— 

39-2 

4./VII. 

38*8 

38*5 

2./VII. 

38-5 

387 

5./VII. 

39 3 

37*3 

3./VII. 

38 0 

39*4 

6./VII. 

37-0 

— 

Als am 

7./VII. die Section 

vorgenommen wurde, war 

die Haut 


wenig verändert, dass es genügt, auf die obige Krankengeschichte hinzu¬ 
weisen, nur müssen wir bemerken, dass die Pusteln nicht die Erhaben¬ 
heit, wie in vivo, zeigten. 

Die Brustorgane zeigten keine Besonderheiten. 

Nach dem Hautschnitte wölbt sich der strausseneigrosse Magen 
prall vor; die Magenschleimhaut ist bla^s. sonst normal. 


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Ueber Pustulosis acuta varioliformis. 


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Im Dünndarm zerstreut mehrere seichte Ulcerationen. 

Leber von harter Consistenz, sonst normal. 

Milz, Nieren, Halsorgane und Hirn ohne Besonderheiten. 

Die mikroskopische Untersuchung von Leber und Nieren ergab 
keinen pathologischen Befund. 

In den entzündeten Stellen des Darms bemerkt man kleinzellige 
Infiltration der Schleimschicht und einen desquamativen Catarrh, doch 
sind die Drüsen erhalten. Bakterien konnten wir mit Gram’scher und 
Weige rt’scher Färbung nach Yorfärbung mit Lithioncarmin nicht nach- 
w eisen. 

Ehe ich auf den mikroskopischen Befund der Hautefflorescenzen 
übergehe, will ich eine anscheinend gleiche Erkrankung der Mutter, die 
Herr Dr. Knickenberg beobachtete, und deren Krankengeschichte er 
mir zur Verfügung stellte, einfugen: 

„Die Mutter war als Kind mit Erfolg geimpft; eine Impfung mit 
12 Jahren hatte keinen Erfolg, doch hat eine Wiederimpfung nicht statt¬ 
gefunden. Sie litt oft an Gerstenkörnern und glaubte auch, die folgende 
Krankheit wäre ein solches: 

Anfang Juli 1897 trat Röthung und Schwellung am linken oberen 
Augenlid auf — dies war 'die Seite, wo die Mutter das Kind trug und 
wo es sich mit dem Kopf anzulehnen pflegte. Zu gleicher Zeit bemerkte 
Patientin ein kleines, weisslich-gelbes Knötchen am linken oberen Ciliar¬ 
rand nahe dem inneren Augenwinkel. 

Am 7. Juli sah Herr Dr. Knickenberg die Mutter und consta- 
tirte neben einer starken Injection der Conj. palpebr., einer geringeren 
der Conj. bulbi und einer Schwellung der Lider: an der Stelle, die die 
Patientin als Hordeolum angesehen hatte, einen runden Fleck mit weissem, 
anscheinend nekrotischem Belag am oberen Ciliarrand des 1. Auges dicht 
über den Cilien. Der Fleck war umgeben von einem weisslich-grauen 
Saum. Um mehrere Cilien des Unterlides bestanden ähnliche Stecknadel- 
kopfgrosse weisse Stellen. 

Therapie: Sublimatumschläge 1 : 5000. An epilirten Cilien hängen 
der Cilienwurzel anscheinend nekrotische Partikelchen an, deren mikro¬ 
skopische Untersuchung Staphylococcenhaufen, keine anderen Mikroorga¬ 
nismen ergibt. 

8. /V1I. Die Schwellung der Lider des linken Auges ist so stark, 
dass sich das Auge nicht mehr öffnen lässt. Am Unterlide am Ciliarrand 
bestehen entsprechend den gestern erwähnten weissen Stellen linsengrosse 
Bläschen von milchweisser Farbe. Aus dem Conjunctivalsack quillt gelb¬ 
liches Secret. Auch das rechte Auge ist verklebt, die Lider sind leicht 
geröthet. Der obere Ciliarrand zeigt eine schärfer umschriebene rothe 
Stelle. Conjunctivale Injection, Brennen im Auge. 

9. /VII. Entsprechend der gerötheten Stelle findet sich auch am unteren 
Orbicularrand ein ebenfalls linsengrosser weisser Fleck mit grauem Saum. 

Dieser wie der oben beschriebene Fleck sahen wie die Pusteln 
des Kindes aus. 


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Juliusberg. 


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Ebenso sieht heute auch der Fleck am oberen Augenlid aus. 

Am oberen Ciliarrand des r. Auges befindet sich eine, am unteren 
zwei Stellen mit weisslicligrauem Saum um die Cilien. 

10./VII. Corneae beiderseits intact. Linke Lider knorpelhart in- 
filtrirt. Die einzelnen Efflorescenzen sind ineinander übergegangen, so 
dass sie wie Perlenschnüre mit grauem Saum erscheinen. 

12./VII. Die Stellen fangen an sich zu reinigen. 

16./VII. Stellen fast gereinigt. 

23./VII. Stellen fast verheilt. 

26./VII. Es besteht nur Röthung. 

Es erfolgt Heilung ohne Narbenbildung. Jetzt 5 Monate nach der 
Affection fehlen am Ciliarrande links oben 2 Cilien. 

Wir excidirten mehrere Stunden post mortem mehrere 
der oben beschriebenen Efflorescenzen des Kindes. Wir hatten, 
wie aus unserer Krankengeschichte hervorgeht, keine Gelegen¬ 
heit, eine dieser Efflorescenzen auf der Höhe des Pustelstadiums 
zu untersuchen, welches anscheinend sehr schnell abläuft. Doch 
bestanden immerhin post mortem noch zahlreiche frische 
Efflorescenzen, die erst zwei Tage vorher entstanden waren, 
und wo nach dem Höhepunkt des Pustelstadiums erst ein Tag 
verflossen war. 

Die excidirten Efflorescenzen stellten sicli als Erhaben¬ 
heiten über die Haut dar und bildeten Hügel mit eingesunkenem 
Hochplateau, dessen Abhäuge mit Epidermis bekleidet waren. 
Die Decke des Hochplateau wird gebildet von 1—2 Reihen 
ganz platter Zellen, deren Kerne sich mit kernfärbenden Farb¬ 
stoffen nicht mehr distinct darstellen lassen. Ad einer Stelle 
ragt von dieser Schicht platter Zellen in das Innere des Pustei¬ 
gewebes ein Zapfen von 3 Reihen ebenfalls platter Zellen 
hinein. Darüber befindet sich eine anscheinend intacte Horn¬ 
schicht, in welche hinein an den Seitentheilen eine Leukocyten- 
einwanderung stattgefunden hat. Der Uebergang von der 
normalen Epidermislage der Hügelabhänge zu der abgeplatteten 
Epidermisschicht des Hochplateau ist ein allmäliger. Die Epi¬ 
dermis zeigt im Umkreise der Efflorescenz eine Vermehrung 
der Hornlamellen, während auf dem Hochplateau die Horn¬ 
lamellenlagen nicht vermehrt sind. 

Das Bild eines Hügels mit eingesunkenem Hochplateau 
wird noch dadurch markanter, dass auf der Grenze zwischen 
Hochplateau und Hügel Erhebungen bestehen, die aus Leuko- 


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Original fro-m 

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Ueber Pustulosis acuta varioliformis 


25 


cyten, Detritus und Fibrin sich zusammensetzen. Dazwischen 
finden sich veränderte Epithelzellen mit breitem, hellem Hof, 
zwischen Kern und Protoplasma. Eine Schicht gleicher Con¬ 
stitution bedeckt in dünner Lage auch die Hochebene. Unter 
dieser Schicht folgt eine Lage, deren Hauptfactoren Leuko- 
cyten bilden. 

Die Infiltration nimmt nach der Tiefe zu allmälig ab und 
noch in der Tiefe finden sich Leukocytenausammlungen, welche 
einzelne Haarbälge und Schweissdrüsenknäuel umschliessen, welch 
letztere stark ödematös erscheinen. In den infiltrirten Stellen 
finden sieh zum grössten Theile Reste von Leukocyteu, zum 
geringeren Theile erhaltene ein- und mehrkernige weisse Blut¬ 
körperchen. Neben einigen Bindegewebszellen konnten wir auch 
Mastzellen und Unna’s Plasmazellen in grösserer Anzahl im 
Corium constatiren. 

Soweit die kleinzellige Infiltration reicht, in ganz beson¬ 
derer Menge aber in den oberen Schichten lässt die Gram¬ 
sche Färbung dicke Staphylococcenhaufen erkennen. 

Was die Anhänge der Haut betrifft, so sind die Schweiss¬ 
und Balgdrüsen und die Haarbälge im Bereich der stärksten 
Infiltration zerstört, in der Tiefe der Pustel aber und in der 
Nachbarschaft erhalten und nur zum Theil von einer stärkeren 
Rundzelleninfiltration umgeben. 

Die elastischen Fasern sind an den Abhängen der Efflores- 
cenz gut erhalten und nur zum Theil durch kleinzellige In¬ 
filtration verdrängt. Im Bereich des Hochplateau fehlen sie, 
soweit die starke Infiltration reicht, gänzlich, in der Tiefe trifft 
man allmälig vereinzelte Fasern, bis ganz in der Tiefe das 
elastische Fasernetz vollkommen erhalten ist. Da, wo sich in 
der Tiefe noch Leukocytenansammlungen eindrängen, sind sie 
auseinandergedrängt und zusammengeballt. 

Zur Beurtheilung unseres Falles kommen zunächst die 
Variola, die Varicellen und die Variola vaccina in Betracht. *) 

Da das Kind nicht geimpft war, so war bei ihm eine 


') Kaposi: Pathologie und Therapie der Hautkrankheiten. 

Strümpell: Lehrbnoh der speciellen Pathologie und Therapie 
der inneren Krankheiten. 

Unna: Die Histopathologie der Hautkrank heiten. 


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26 


J u 1 i u s b e r g. 


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dieser Affectioncn möglich, anders bei der geimpften Mutter, 
wo man eine Variola vera weniger erwarten konnte. 

Vergleichen wir klinisch unsere Erkrankung mit den 
Blattern, so fällt in unserem Falle, im Gegensatz zur Variola, 
das völlig ungestörte Allgemeinbefinden, welches auch durch 
das Fieber nicht beeinträchtigt wurde, auf. Neben den Krank¬ 
heitssymptomen an der Haut fehlten gänzlich Erkrankungen 
der Schleimhäute. Diese klinischen Beobachtungen wurden auch 
vollkommen durch den Sectionsbefund bestätigt. 

Bei den Varicellen und der Variola vaccina fehlen aller¬ 
dings, wie bei unserem Falle, meist schwere Allgemeiner¬ 
scheinungen. Aber bei diesen Affectiouen ist erstens die 
Localisation eine andere und ein electives Befallensein des 
Kopfes, Gesichtes und der Handteller kaum beobachtet, zweitens 
aber vermisst man bei diesen Erkrankungen selten den ent¬ 
zündlichen Hof um die Efflorescenz und drittens heilen sie, 
wie meist die Variolapustel, mit intensiverer Krustenbildung ab. 

Mikroskopisch können wir die drei erwähnten Affectionen 
zusammenfassen: 

Bei ihnen besteht die Pustel in der Epidermis, bei uns 
im Corium und die Epidermis ist nur durch den Druck des 
Exsudats im Corium abgeplattet. Bekanntlich zeigt die Pocken¬ 
pustel Fächerform mit diphtheroider Degeneration (Weigert), 
von Unna als ballonirende Degeneration bezeichnet. Wir 
halten uns aber an die ältere Weigert'sche Nomenclatur. 

Unsere Affection zeigt in dem Aussehen der Efflorescenzen 
viel Aehnlichkeit mit einem von Unna als Pustulosis staphy- 
logenes publicirten Fall. *) 

Aber hier handelte es sich um einen Fall von Sepsis, der 
unter Schüttelfrösten und den Erscheinungen eines acuten 
Gelenkrheumatismus auftrat, wozu im Laufe der Erkrankung 
noch Symptome von einer Affection der Hirnhäute und der 
Lungen hinzukamen. Die Efflorescenzen zeigten ebenfalls 
eine andere Localisation, wie in unserem Falle; sie traten am 
reichlichsten auf dem Bauch und den unteren Extremitäten auf. 

Die Section bestätigte in diesem Falle dia klinischen 
Beobachtungen und in den inneren Organen fanden sich reich- 

') Unna: Pustulosis staphylogenes. Deutsche Medicinalztg.1896, pag.605. 


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Ueber Pustulosis acuta varioliformis. 


27 


lieh Abscessbildungen. Bemerkenswerth ist ferner, dass sieh 
die Horndecke der untersuchten Efflorescenzen, die nur steck¬ 
nadelgross waren, frei von Coccen fand, während sich im 
Pustelinhalt reichlich Staphylococcen fanden. 

Einen ähnlichen Pall hat R. Meyer veröffentlicht. 1 ) Auch 
hier war der stapbylococcus pyogenes aureus der Krankheits¬ 
erreger, doch handelt es sich bei diesem Falle ebenfalls um 
eine Allgemeinaffection, wo der Haut auf dem Blutwege das 
infectiöse Agens zugefdbrt wurde. 

Es käme differentialdiagnostisch noch die Impetigo her- 
petiformis in Betracht. Doch genügt, um diese auszuschliessen, 
die Bemerkung, dass diese Affection ausschliesslich bei 
Schwangeren vorkommt und als ein pyämischer Process zu be¬ 
trachten ist. 2 ) 

Kaposi 3 ) erwähnt als eine Complication des Eczema 
larvale infantum eine Affection, deren Efflorescenzen den Vari- 
cellapusteln gleichen. Diese seltene Erkrankung tritt unter 
Fiebererscheinungen und ödematöser Schwellung des Gesichtes 
auf. Die Bläschen treten schubweise auf und heilen zum Theil 
mit Pigmentbinterlassung, zum Theil mit Narbenbildung ab. 
Doch trat oft auch völlige Restitutio ad integrum ein. 

Mit dieser Affection hat unser Fall so viel gemein, dass 
wir sie als identisch anzusehen, uns veranlasst fühlen. 

Zur Beurtheilung unseres Krankheitsbildes ist es von 
Interesse, ob die bakteriellen Befunde in den Schnitten und 
die einheitlichen Züchtungsversuche uns veranlassen können, 
das Hautleiden als ein staphylogenes aufzufassen. Wir wissen 
wohl, dass bei allen pustulösen Affectionen Staphylococcen in 
grösserer Anzahl gefunden werden können und zum Theil ge¬ 
funden worden sind. Aber es scheint uns doch der regel¬ 
mässige Befund in den angelegten Culturen und die grosse 
Anzahl der Vorgefundenen Mikroorganismen in den Schnitten, 
die sämmtlich dasselbe morphologische Verhalten zeigen, die 


*) R. Meyer: Ueber ein metastatiscbes Hautexanthem bei Sepsis. 
Archiv für klinische Chirurgie 1886, Bd. 52, pag. 77. 

a ) Dauber: Ueber Impetigo herpetiformis. Archiv für Dermatologie 
und Syphilis 1894. 

3 ) Kaposi: Pathologie u. Therapie der Hautkrankheiten. 1893,pag.486. 


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28 


J u 1 i ti s b e r g. 


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Annahme, die Krankheit wäre vom staphylococcus pyogenes 
aureus veranlasst, höchstwahrscheinlich zu machen. Hinzu 
kommt, dass die einzelnen Pusteln nur an Stellen entstanden 
sind, wo das Kind mit der Hand hinlangen konnte, also augen¬ 
scheinlich durch directe Uebertragung veranlasst wurden. 

Fassen wir zum Schluss noch einmal die Eigentümlich¬ 
keiten unseres Krankheitsbildes zusammen, so ergeben sich 
folgende Charakteristika: 

1. Unser Fall betrifft eine Hauterkrankung, die äusserlich 
einige Aehnlichkeiten mit der Variola und den ihr verwandten 
Infectionskrankheiten, den Varicellen und der Variola vaccina 
aufweist, die sich aber klinisch sowohl wie mikroskopisch scharf 
von diesen Affectionen trennen lässt. 

2. Die Efflorescenzen unserer Erkrankung treten schub¬ 
weise auf, zeigen durchwegs dieselben Entwicklungsstadien und 
stellen auf ihrem Höhepunkte Pusteln dar, die ohne Narben¬ 
bildung abheilen können. 

3. Die Affection scheint durch eine Infection mit dem 
staphylococcus pyogenes aureus veranlasst zu werden. 

Wir begnügen uns, unsere Erkrankung als Pustulosis 
acuta varioliformis zu bezeichnen, indem wir, was die Ursache 
der Erkrankung betrifft, eine Infection mit dem staphylococcus 
pyogenes aureus zwar für höchstwahrscheinlich, aber nicht für 
sicher halten und es vermeiden wollen, dieses nur eventuelle 
ätiologische Moment im Krankheitsnamen zum Ausdruck zu 
bringen. Wir fügen hinzu, dass sich unsere Erkrankung mit 
den oben erwähnten Fällen Kaposis, für die dieser den 
Namen Eczema herpetiforme vorschlägt, zu decken scheint. 

Zum Schlüsse gestatte ich mir, meinem verehrten Chef, 
Herrn Dr. Karl Herxheimer, für die Ueberlassung des Falles 
und die Unterstützung bei dieser Arbeit ergebenst zu danken. 


Erklärung der Abbildungen auf Tafel V. 

1. Photographie des Kopfes und Gesichtes des Kindes M. — 2. Ueber- 
sichtsbild der Efflorescenz: a) platte Epitheldecke; b) normales Epithel; 
c) periphere Erhebungen; d) Leukocyteninfiltration und Fibrin. — 
3. Staphylococcenbaufen an der Oberfläche. 


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Original from 

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Ans dem Privatkrankenhans von Prof. A. Gr. Fodres in 

Charkoff. 


Ueber die Abhängigkeit des Verlaufs 
der Urethritis von der Localisation der 

Gonococcen. 

Von 

Dr. B. A. Drobny. 


Schon im Jahre 1885 wurde von Prof. Podres darauf 
hingewiesen, dass die acute Urethritis blenorrhoica unter ver¬ 
schiedenen Formen verläuft, wahrscheinlich je nach dem, ob die 
Gonococcen in den Eiterkörperchen des blenorrhoischen Se- 
cretes oder ausserhalb derselben, in freiem Zustande, gefunden 
werden. Meines Wissens existiren keiue Beobachtungen in der 
Literatur bis jetzt, welche die erwähnte Meinung bestätigen 
oder widerlegen. Die Beobachtungen von Arlhac sind ge- 
wissermassen übereinstimmend mit der in Rede stehenden 
Meinung von Prof. Podres. Arlhac, gleichwie Hugouneng 
und Eraud schreiben die Erscheinung von Epididymitis der 
Entwickelung von „Orchicoccus“ zu. Der letztere stellt einen 
Mikroorganismus dar, welcher dem N e i s s e r’schen Gonococcus 
sehr ähnlich ist, mit dem Unterschied jedoch, dass derselbe 
sich ausserhalb der Eiterkörperchen findet. Arlhac sagt, dass 
die Erscheinung von „Orchicoccus“ im blennorrhoischen Eiter 
meistentheils ein Vorbote der Epididymitis ist. Ausserdem 
theilte Vlaieff einige Fälle von complicirter Urethritis mit, 
wobei er gonococcenartige Diplococcen im Eiter constatiren 
konnte, welche sich ausserhalb der Zellen fanden; er lenkte 
aber nicht die Aufmerksamkeit darauf, dass eine solche Locali- 
sation mit Complicationserscheinungen verbunden ist Es gibt 
noch keinen Beweis dafür, dass specifische selbständige Diplo- 


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Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



30 


J)r obny. 


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coccen, sogenannte „Orchicoccen“ existiren. oder die letzteren 
einfach N e i s s e r’sche Gonococcen darstellen, welche extra¬ 
cellular liegen. 

Ich erlaube mir also das klinische von mir beobachtete 
Material, welches sich auf die von Prof. Podres aufgestellte 
Frage bezieht, zu veröffentlichen. Solche Beobachtungen sind 
meiner Meinung nach doppelt wichtig: dieselben besitzen, na¬ 
mentlich ausser dem anatomo-pathologischen Interesse auch die 
folgende klinische Bedeutung; der Arzt, welcher die Natur 
einer gewissen Erkrankung vorherzusagen im Stande ist, ist 
eo ipso im Stande, seine Therapie nach Belieben zu lenken, 
um den ungewünschten Complicationen vorzubeugen. Was die 
Localisation der Gonococcen anbetrifft, so ist festgestellt, dass 
dieselben sich im Protoplasma der Eiterkörperchen und der 
Epithelzellen befinden; dieser locus vitae wird als sehr charak¬ 
teristisch für die in Rede stehenden Mikroorganismen ange¬ 
sehen. Wenn man aber dieselben ausser den Zellen (extra¬ 
cellular) findet, so wird dies oft durch ungenaue Präparation 
erklärt, wobei die Eiterkörperchen zerstört worden sein sollen 
und die Gonococcen im freien Zustande Vorkommen, was auch 
bei den eosinophilen Körnern, bei der Zerquetschung der eosino¬ 
philen Zellen beobachtet wird. Um diesem Fehler vorzubeugen 
verschmierte ich nicht einen kleinen Tropfen Eiter zwischen 
zwei Deckgläschen, was ohne Zweifel die Zerquetschung von 
Eiterkörperchen in Folge einer starken gegenseitigen Aspiration 
der beiden Deckgläsc-hen hervorrufen könnte, sondern mein 
Verfahren bestand im Folgenden. 

Den ersten Tropfen Eiter, welcher gewöhnlich frei aus 
dem Orificium externum heraustritt, wischte ich mit hygrosko¬ 
pischer Watte ab; nachher erhielt ich einen neuen frischen 
Tropfen, indem ich leicht von unten die Pars pendula penis 
drückte; den so erhaltenen Tropfen brachte ich auf ein sorg¬ 
fältig gereinigtes Deckgläschen, indem ich das letztere dem 
Tropfen näherte. Endlich zerschmierte ich den Eiter, ohne 
mindesten Druck, mit Hilfe eines Stückchens reinen dünnen 
Papiers, um eine möglichst dünne Schichte zu erhalten. Den 
Rest von Eiter auf dem Papier brachte ich auf dieselbe Weise 
auf ein zweites Deckgläschen. Nachdem die Deckgläschen ge- 


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Original ftom 

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Ueber die Abhängigkeit des Verlaufs der Urethritis etc. 


31 


trocknet waren, zog ich dieselben 3—4mal über die Flamme 
einer Spirituslampe und färbte dann das eine nach Gram und 
das andere nach Pick-Jacobsohn. Diese letztere Methode 
besteht im Folgenden: Zu 20 Ccm. Aq. destillata werden 
15 Tropfen des Ziehl'schen Carboifuchsins und 8 Tropfen der 
gesättigten Lösung des Alkohol Methylenblaues hinzugefiigt. 
Die Flüssigkeit muss immer möglichst frisch sein. Die Prä¬ 
parate bleiben in dieser Mischung 3—5 Secunden, dann folgt 
Wasser; nach Austrocknen werden dieselben in Bergamottöl 
oder Canadabalsam untersucht. Das beschriebene Verfahren 
zeichnet sich dadurch aus, dass die Färbung rasch vor sich 
geht und ein sehr klares Bild erhalten wird: das Protoplasma 
der Eiterkörperchen rosa, die Kerne blau, das Epithel roth, 
die Schleimzellen und der Schleim violett bläulich, manchmal 
auch mit rosa Nüance; alle Mikroorganismen, die Gonococcen 
ausgenommen, blau, die Gonococcen blauschwarz, fast schwarz.') 

Eine solche Differenzirung in der Färbung der Form¬ 
elemente des Urethrasecrets und der Mikroorganismen er¬ 
leichtert die Untersuchung auf Gonococcen. Das angeführte 
Verfahren hat jedoch den einzigen Fehler, dass die Präparate 
rasch entfärbt werden, auch trotz der Dunkelheit; der Fehler 
wurde seiner Zeit auch von Steinberg hervorgehoben. 

Was die Grammethode anbelangt, so gebrauchte ich die¬ 
selbe immer, um zu controliren, ob keine andere Mikroorga¬ 
nismen ausser Gonococcen im Eiter da sind. In den ersten 
Tagen der Urethritis acuta habe ich immer negative Resultate 
erhalten; nebenbei sei auf die Untersuchungen vonPovarnik 
hingewiesen. Er fand, dass die nicht specifischen Mikroorga¬ 
nismen der Urethritis 3—4 Wochen nach dem Beginne dieser 
Erkrankung erscheinen; in meinen Fällen also, wm der Eiter 
im Beginne der Erkrankung untersucht wurde, 2 ) waren gewiss 
keine fremden Mikroorganismen da; die etwa eingetretenen 
Complicationen mussten demgemäss den N e i s s e rächen Gono¬ 
coccen und nicht den gewöhnlichen pyogenen Coccen (Staphylo- 

') Unter Anderem sei bemerkt, dass ich nie Gonococcen im Zell¬ 
gewebe gefunden habe, wie von Dr. Steinberg angedeutet wird. 

*) Die Untersuchungen wurden immer wiederholt unternommen, 
wobei eine Zwischenperiode von einigen Tagen war. 


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Google 


Original from 

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32 


D r o b n v. 


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coccus pyogenes aureus) zugeschrieben werden; Zesser, Bumm 
und Baumgarten nehmen im Gegentheil an, dass die letz¬ 
teren in den Erosionen der Schleimhaut der Urethra eindringen 
und eine gemischte Infection hervorrufen, welche ihrerseits 
Complicationen zur Folge hat. Meine Präparate zeigen die 
Gonococcen nicht ausschliesslich in den Zellen, sondern auch 
im freien Zustande. Je mehr extracelluläre Gonococcen es 
gibt, desto stürmischer und complicirter verläuft die Urethritis, 
und im Gegentheil die Abwesenheit von freiliegenden Gono¬ 
coccen wird durch ruhig verlaufende Erkrankung charakterisirt. 
Es versteht sich von selbst, dass wir keinen bestimmten Mass¬ 
stab besitzen für jene Zahl der freiliegenden Gonococcen, die 
den Kranken mit Complicationen bedrohen. Die wiederholte 
Untersuchung übt jedoch die Augen des Untersuchers so stark, 
dass derselbe immer im Stande ist den Verlauf der Urethritis 
nach der Zahl der freiliegenden Gonococcen zu prognosticiren. 
Die nachfolgenden Tabellen enthalten alle die Fälle, wo ich 
das Secret untersucht habe: 

Die angeführten Tabellen zeigen, dass 21 Fälle Urethritis von 
77 complicirt erschienen d. b. 27. 27%i dabei sehen wir, dass 
ein einziger Fall aus den 45, wo wenige freiliegende Gono¬ 
coccen im Eiter erschienen, eine Complication gab: 14 Fälle 
mit mittelmässigem Inhalt von freiliegenden Gonococcen zeigen 
4mal Verschlimmerungen, und endlich 18 Fälle mit vielen Gono¬ 
coccen zeigen 17mal Complicationen. Unter Complicationen 
der Urethritis verstehe ich die von mir beobachtete Ent¬ 
zündung der lymphotischen Gefässe des Penis, Oedema prae- 
putii, Schwellung der Inguinaldrüsen, Prostatitis, Epididymitis, 
Orchitis, Cystitis und Entzündung Colli vesicae, gonorrhoischen 
Rheumatismus, endlich das Fieber, welches eine von den er¬ 
wähnten Erscheinungen begleitete. ’) 

Ich möchte noch etwas über die von mir angewendete 
Therapie der Urethritis sagen, da dieselbe innigst mit dem 
Verlauf der Erkrankung verbunden war. Alle Kranken erhielten 
bei Anfang ihrer Cur Salol 0 5 pro dosi, 2-0 pro die innerlich. 


') Der fieberhafte Zustand ist nur auf Grund der Anamnese des 
Kranken constatirt worden. 


Gck igle 


Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



Ueber die Abhängigkeit des Verlaufs der Urethritis etc. 


33 


Nr. 

Name 

Alter 

Be- 

schäfti- 

gung 

Wieviel Mal 
krank? 1 

Wann 

Coitus? 

Wieviel Tage n. 
d erat. Sympt. V | 

Freiliegende 

Gonococcen 

i 

i 

Verlauf 1 

der Erkrankung 

| 

i 

S. M. 

22 J. 

Stud. Vet. 

1 

5 Tage 

zurück 

_ 

2 

wenig 

ohne 

Complication 

2 

K. S. 

22 „ 

Stud. Yet. 

i ; 

1 

14 

9, 

i 

wenig 

” 1 

3 

G. D. 

22 „ 

Stud. Un. 

1 l 

i 

7 

4 ! 

wenig 

» 1 

4 

K.M. 

24 „ 

Stud. Un. 

1 i 

5 

2 '' 

sehr 

viel 

am 3. Tage | 

Oedema praeputii, 
am 8. T. lymphaden | 
unguinalis dextra, i 
lymphangioisie | 
penis ; am 15. Tage 
Entzündung colli 
vesioae 

| 5 

1 

S. Z. 

19 „ 

Stud. Un. 

1 

14 

10 

wenig 

ohne ‘ 

Complication | 

1 6 

1 

D. D. 

19 „ 

Stud. Un. 

1 

17 

14 

wenig 

1 

n 

i 7 

Y. N. 

21 „ 

Commis 

1 

20 

15 

viel 

am 4. Tage Fieber ; 
am 12. Epididymit. 
dextra j 

1 8 

1 8 

K. V. 

24 „ 

Commis 

1 

10 

6 

mittel- 

raässig 

am 5. Tage ent- \ 
zünd. Colli vesicae i 

9 

N. V. 

19 „ 

Stud. Un. 

1 

8 

3 

wenig 

ohne | 

Complication 

10 

A. A. 

24 „ 

Stud. Un. 

1 

8 

5 

mi Hei¬ 
ni aasig 

1 

” 1 

1 ii 

E. L. 

19 „ 

Stud. 

Techn. 

1 

6 

4 

viel 

Fieber, Oedema i 
praepat. 

12 

T. D. 

19 * 

Stud. Un. 

i 

i 

■ 

8 

4 

wenig 

ohne 

Complication 

13 

P. G. 

21 n 

Stud. Yet. 

1 

25 

20 

mittel- | 

massig w 

14 

D. K. 

19 „ 

Stud. Un. 

1 

7 

3 

wenig ^ 

1 

1 15 

F. 0. 

20 „ 

Stud. Un. 

2 

3 

1 

wenig 

I ” 

I 16 

S. P. 

19 „ 

Stud. Un. 

ii 

i 

9 

5 

wenig 

i 


Archiv f. Dcnnat. n. Syphil. Band XLVI. 


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Gck igle 


Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 






34 


Drobny. 


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Nr. 

Name 

Alter 

Be¬ 

schäfti¬ 

gung 

Wieviel Mal 1 
krauk? 1 

c*- 
a ® 
p S3 

17 

Sb 

U „j 

► 2 

ü * 

FreiliegendeB 
Gonococcen 1 

Verlauf 

der Erkrankung 

17 

Z. 

20 J. 

Stud. Un. 

1 

22 

18 

bis 

19 

wenig 

ohne 

Complication 

18 

M. S. 

21 

a 

Stud. Un. 

1 

9 

2 

viel 

am 5. Tage 
Epididymitis 

19 

R. S. 

32 

T> 

Maler 

1 

5 

2 

mittel- 

roäasig 

am 7. Tage Rheu- 
raatisin-gonorrhoe 

20 

M. B. 

17 

n 

Gymnas. 

1 

14 

7 

wenig 

ohne 

Complication | 

21 

E. K. 

22 

r 

Stud. Vet. 

1 

14 

3 

mittel- 

mäasig 

i 

r 

22 

P. 0. 

26 

r> 

Stud. Un. 

1 

8 

6 

wenig 

r 1 

1 

23 

F. T. 

24 

Yi 

Stud. Un. 

2 

10 

6 

mittel- 

mäsaig 

Ti 1 

1 

24 

E. Ch. 

18 

V 

Stud. Un. 

1 

20 

17 

wenig 

1 

25 

H. C. 

21 

1) 

Stud. Un. 

1 

12 

i 

8 

i 

viel 

Lymphadenit. 
inguinalis sinis, 
Fieber 

26 

B. P. 

21 

y > 

Stud. Un. 

i 

11 

I 

7 

l 

wenig 

ohne 

Complication 

27 

i 

0. B. 

28 

» 

Kauf¬ 

mann 

2 

14 

l 

1 9 ■ 

viel 

Orchitis sinistra 

28 

E. C. 

26 


Stud. Un. 

I 

1 

7 

5 ! 

1 

viel 

Lymphadenitis 

ßini8t. 

29 

M. K. 

27 

» 

Stud. 

Techn. 

1 

3 

2 

wenig, 

ohne 

Complication 

30 

M. R. 

18 

n 

Stud. 

Techn. 

1 

1 

8 

4 

viel * 

Urethritis 

haemorrhoid. 

31 

A. Z. 

24 

n 

Stud. Un. 

2 

; 20 

1 

16 

wenig 

ohne 

Complication 

32 

D. J. 

30 

V 

Stud. Un. 

1 

i 

20 

15 

i viel 

1 

| 

; Epididymit. dextra 

33 

N. B. 

20 

n 

Stud. Un. 

l 

24 

20 

wenig 

1 ohne 

Complication 

34 

T. T. 

27 

* 

Stud. Un. 

2 

i 

8 

1 

24 

i 

wenig 

i 

1 r 

1 


Gck 'gle 


Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 




lieber die Abhängigkeit des Verlaufs der Urethritis etc. 


35 


1 

Nr. 

Name 

Alter 

Be¬ 

schäfti¬ 

gung 

Wieviel Ma 1 1 
krank ? | 

Wann 

Coitus? 

Wieviel Tage n.\\ 
d. erst. Sympt. ?.| 

Freiliegende 

Gonoeoccen 

Verlauf 

der Erkrankung 

35 

E. R. 

24 J. j Stad. ün. 

2 

8 

24 

wenig 

ohne 

Complication 

36 

A. B. 

22 „ | Stud. Un. 

1 

14 

9 

wenig 

V 

37 

V. Z. 

22 „ | Stud. Un. 

i 

15 

12 

mäsilz * Spermatozonen 

38 

S. Z. 

21 n 

Stud. Un. 

1 

14 

7 

wenig ! ohne 

| Complication 

39 

J. M. 

18 „ 

Hauswirth 

1 

4 | 3 

i 

wenig j „ 

40 

J. S. 

19 . 

Stud. Un. 

1 

1 

10 | 7 

wenig 1 „ 

41 

F. W. 

23 , 

Commis 

1 

12 j (i 

viel 

am 16. Tage 
Entzündung colli 
vesicae 

42 

T. F. 

24 , 

Techno¬ 

log 

1 

9 

5 

w T enig i ohne 

| Complication 

43 

S. N. 

27 , 

Commis 

3 

11 

7 

viel 

Oedema praeput. 
lympbaginitis, am 
i4. Tage Cystitis 

44 

B. 0. 

, 

21 • 

Commis 

1 

4 

2 

wenig j ohne 

j Complication 

45 

0. B. 

28 „ 

Commis 

2 

8 

5 

wenig i * 

46 

A. K. 

20 „ 

Commis 

1 

1 

5 

4 

mittel- i 

massig * 

47 

J. J. 

21 „ 

Commis 

8 

6 

mittel- | 

massig ' Ti 

4S 

J. M. 

. 

24 „ 

Stud. Un. 

1 

5 

3 

. i 
wenig 

49 

IC. Z. 

40 „ 

Commis 

3 

7 


mittel- , 
massig 1 

50 I 

K. J. 

20 , 

Stud. Un. 

2 

9 

5 

wenig * 

51 

Z. V. 

24 „ 

Comptoir. 

1 

6 

4 

wenig 

52 G. G. 

20 „ 

Comptoir. 

1 

9 

6 

wenig ! „ 

H 

V. E. ! 

i 

22 „ 

Commis 

i 

10 

7 

fast 

keine 

n 

«I 

P. B. j 27 „ 

Commis 

2 ! 18 

14 

viel 

Orchitis dextra 

55 . 

Ä. C. | 22 „ 

1 

Stud. 

Techn. 

1 

14 

9 

wenig 

ohne 

Complication 

I — 

56 i 

l. G. 29 y» 

Techniker 

1 

12 

8 

i 

wenig 

» 


3* 


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Original from 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



36 


D r o b n y. 


Nr. 

N anie 

Alter 

Be¬ 

schäfti¬ 

gung 

Wieviel Mal 
krank? 

Wann 

Coitus? 

C 2. 
bC ~ 

a r 

> E 
.2 v 

S-r 

Freiliegende 

Gonococcen 

Verlauf 

der Erkrankung 

57 

S. A. 

23 J. 

Commis 

1 

11 

8 

sehr 

viel 

am 13. Tage 
Epididymit. dextra 

58 

F. G. 

24 

n 

Stud. Vet. 

1 

12 

6 

wenig 

ohne 

Complieation 

59 

J. D. 

26 

r> 

Ingenieur 

1 8 

- 

0 

mittel- 

mä*8ig 

tt 

60 

B. Sch. 

21 

n 

Arbeiter 

1 

12 

9 

viel 

Fieber, Lympba- 
gitis, am 17. Tage 
Prostatitis 

61 

A. F. 

25 

n 

Commis 

1 

12 

7 

. 

wenig 

ohne 

Complieation 

62 

B. M. 

33 

t» 

.... 

3 

7 

5 

wenig 


63 

P. F. 

20 

TT 

Commis 

1 

14 

4 

wenig 

“ 

tt 

64 

A. R. 

25 

TT 

Hauswirth 

3 

16 

7 

mittel¬ 

mäßig 

Lymphad., Fieber 

65 

F. T. 

23 

TT 

Stud. 

Techn. 

1 

22 

15 

wenig 

ohne 

Complieation 

66 

N. F. 

25 

n 

Proviseur 

2 

20 

11 

viel 

P'ieher, am 13. Tage 
Orchitis dextra 

67 

P. K. 

24 

TT 

Stud. Un. 

i 

2 

12 

6 

1 

. 

wenig 

ohne 

Complieation 

68 

1 A. G. 

20 

TT 

i Stud. Vet. 

1 

13 

1 8 

wenig 

tt 

69 

jN.Sch. 

23 

tt 

Hauswirth 

1 

9 

6 

viel 

1 am 12. Tage 

1 Prostatitis 

70 

B. L. 

27 

TT 

Verwalter 

1 

14 

6 

mittel- | 
massig | 

ohne 

Complieation 

71 

K. F. 

25 

tt j 

j Stud. Un. 

1 

11 

7 

wenig 

TT 

72 

\ P. L. 

23 

tt 

Stud. Un. 

1 

11 

5 

wenig * 

TT 

73 

S. Z. 

20 

TT 

1 Commis 

2 

12 

i 7 

wenig 

TT 

74 

S. K. 

22 

n 

Stud. Un. 

j 

i 

7 ] 

4 

sehr j 
viel 1 

Orchitis sinistra, 
Fieber 

75 

Iw. G. 

1 

22 

tt 

Stud. Vet. 

i 

1 8 

i 

4 

mittel- 

massig 

ohne 

Complieation 

76 

K. W. 

27 

TT 

Commis 

1 

1 7 

1 5 

wenig 

- ! 

77 

| I>. T. 

19 

tt 

Commis 

2 

,0 

1 7 ! 

wenig 

tt 


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Original frn-m 

UNIVERSETY OF MICHtGAN 






Ueber die Abhängigkeit des Verlaufs der Urethritis etc. 


37 


Ausserdem, wenn Gonococcen meistentheils intracellular ge¬ 
funden waren, Einspritzungen: Solut. hydrargyri sublim, corros. 
ex. 0*015—200 , 0 Aq. destill. Falls aber viele freiliegende Gono¬ 
coccen erschienen, wurden ausser Salol, Ruhe und warme Com- 
presse auf Penis ordinirt; dabei gar keine Einspritzung, denn 
in zwei solchen Fällen (N. 4 und 60) genügte eine oder zwei¬ 
malige Einspritzung um Schmerzen, Lymphadenitis, fieberhaften 
Zustand u. s. w. hervorzurufen. Diese so zu sagen passive 
Therapie dauerte so lange, bis der stürmische Verlauf der Er¬ 
krankung stiller wurde und der Patient nicht mehr auf die 
vorsichtigen Einspritzungen reagirte. Nachdem die Schmerzen 
beim Uriniren und der tägliche Eiterlauf abnahmen, wurden 
Instillationes argenti nitrici unternommen, Anfangs in den Vorder- 
theil des Penis und später in die tiefer gelegenen Theile des¬ 
selben. Die Instillationen (nach Guyon) wurden allmälig aus 
1%—2%—3% Höhlensteinlösung ä 1—2 Tropfen jede 2 Tage 
gemacht, bis kein Secret Morgens erschien und kein Gonococcus 
bei den wiederholt unternommenen mikroskopischen Unter¬ 
suchungen zu sehen war. Die stärkeren Lösungen von Arg. 
nitr. wurden nur bei Einschmierung per Endoskop gebraucht. 
Wenn Verschlimmerungen erschienen, wurden anstatt Instil¬ 
lationen und Einspritzungen Indicationstherapie unternommen. 

Ich erlaube mir also aus dargestellten Beobachtungen Fol¬ 
gendes zu schliessen: 

1. Die Untersuchung des Urethra-Eiters bei Urethritis 
muss unbedingt beim Anfänge der Erkrankung unternommen 
werden. Man kann demgemäss die Meinung von Steinberg, 
dass „die Diagnose der Gonococcen keine praktische Bedeutung 
für die Klinik der Urethritis hat“ oder „dass die Abwesenheit 
oder das Vorhandensein von Gonococcen im Uretliralsecrete keine 
Bedeutung für unsere Therapie hat“ keineswegs acceptiren. 

2. Der Verlauf der in Rede stehenden Krankheit hängt 
von der Localisation der Gonococcen im Eiter ab. 

3. Die mikroskopische Untersuchung erlaubt fast unbe¬ 
dingt eine entsprechende Prognose des Verlaufes der Urethritis 
zu machen, was in meiner Praxis und derselben von Prof. 
P o d r e s bestätigt worden ist. 


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Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



38 


D r o bny. 


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4. Die Fälle, wo die Gonococcen hauptsächlich im freien 
Zustande vorhanden sind, sind Fälle von „noli me tangere“ 
iür eine active Therapie. 

5. Wenn die Gonococcen intracellular liegen, kann man 
mit reinem Gewissen die Einspritzungen anfangen, ohne das 
Stadium decrementi der acuten Erscheinungen abzuwarten; es 
ist auch möglich, dass die früh unternommenen Einspritzungen 
und Instillationen einen abortiven Einfluss auf die Urethritis haben. 

Es ist selbstverständlich schwer, den Zusammenhang 
zwischen den extra- und intracellularen Gonococcen und den 
Verlauf der Erkrankung zu erklären. Es ist sehr wohl möglich, 
dass die Gonococcen die Leukocyten paralysiren, indem sie in 
manchen Fällen besonders schädlich wirkende Toxinen produ- 
ciren: die Leukocyten können dann nicht die Gonococcen ein- 
schliessen, welche in die In6terstitien der Gewebe eindringen 
und zu den von der Urethra weiter gelegenen Körpertheilen 
gelangen. Die Resorption dieser Toxine ruft einen fieberhaften 
Zu&tand hervor, welch’ letzterer in ruhiger verlaufenden Fällen 
von Urethritis viel seltener beobachtet wird. 

Literatur. 

Arlhac, Contribution ä l’etude des microorganismus de la blenor- 
rhagie et de Parchite blenorragique. These de Paris. 1893. — Balzer, 
Urethritis. Anleitung zur speciellen Pathologie und Therapie von Bro- 
nardel. 16./II. 1897. — Bizzozero et Tirket, Die klinische Mikroskopie. 
1890. — VI ui eff, Zur Frage über Urethritis complicationes und der 
Biologie der Neisser’schen Gonococcen. Krieg-ruedic. Blatt 1896. IX. 
(Russisch.) Gabrichevsky, Anleitung zur klinischen Bakteriologie. 1893. 
— Hugouneug und Er and, Semaine Medicale. 1893. p. 97 et 163. 
Klemperer und Levy, Grundriss der klin. Bakteriologie. 1895. — 
Coudriaschoff, Ueber gonorrhoischen Rheumatismus. Krieg-medic. 
Blatt 1896. III. (Russisch.) — Lesser, Lehrbuch der Haut- und Sexual¬ 
krankheiten. Th. II. 1892. — Podres, Chirurgische Krankheiten der 
Harn- und Sexualorgane. Th. I. 1896. (Russisch.) — Povarnik, Die 
Gonococcen bei Urethritis. Krieg-medic. Blatt 1895. XI. (Russisch.) — 
Pick und Jacobsohn, Berl. klin. Wochenschr. 7./XI. 1896. — Stein¬ 
berg, Ueber eine einfache und populäre Methode, die Gonococcen zu 
erkennen j die Bedeutung dieser Methode für die Urethritisprophylacte in 
der Armee. Krieg-med. Blatt 1897. II. (Russisch.) — Schegolew, Einige 
praktische Bemerkungen über das Gonococcenfärben auf trockenem Präpa¬ 
rat. Berichte der Moskauer Veneral-dermat. Gesellschaft. „Aerzte-Bibliothek“ 
1897. Nr. 11, p. 89. (Russisch.) 


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Original fro-m 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 



Einige Worte über die Form der An¬ 
wendung des Quecksilbers. 

Yon 

Professor Edvard Welander 

in Stockholm. 


Nunmehr scheint man allgemein darüber einig zu sein, 
dass wir im Quecksilber ein ausgezeichnetes Mittel zur Be¬ 
kämpfung der syphilitischen Krankheit haben; sehr gering ist 
die Zahl derjenigen, welche es nicht als ihre Schuldigkeit an- 
sehen, in jedem Fall von Syphilis dieses Mittel anzuwenden. 
Was die Zukunft in ihrem Schosse birgt, wissen wir nicht; es 
ist ja möglich, dass eine Serumtherapie die jetzige Therapie 
verdrängen kann, gegenwärtig aber gibt es kein Mittel, welches, 
wie das Quecksilber, Anspruch darauf machen könnte, als ein spe- 
cifisches Mittel gegen die Syphilis bezeichnet zu werden. Ist 
man aber auch einig hierüber, so ist die Einigkeit nicht gross, 
wenn es sich um die Form handelt, unter welcher das Queck¬ 
silber anzuwenden ist. Man sieht nicht nur stets neue Hg- 
Präparate anempfohlen, auch neue Weisen und Formen für die 
Anwendung des Quecksilbers werden angepriesen. Fragt man 
sich, in welchen wissenschaftlichen Untersuchungen eine solche 
Anempfehlung ihren Grund hat, so ist die Antwort, die man 
auf diese Frage zu geben sich genöthigt sieht, oft sehr unbe¬ 
friedigend. 

Wie sollen wir da beweisen können, dass die eine Form 
der Anwendung des Quecksilbers besser, kräftiger als die an¬ 
dere ist? Man kann ja sagen, dass diese oder jene Form 
bessere Resultate in therapeutischer Hinsicht als jene gibt, 
dass bei ihrer Anwendung die Symptome schneller verschwinden, 
dass auch schwere Symptome gehoben werden u. s. w. Schwerlich 
können wir aber aus diesem Grunde einige handgreifliche Ver¬ 
gleichungspunkte zwischen der einen und der anderen Form 
aufstellen, und übrigens entsteht auch stets die Frage: Weshalb 
wirkt Hg unter dieser Form schneller und kräftiger, als unter 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 



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W e 1 a n d e r. 


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jener? Ich glaube, dass wir diese Frage nur durch eine ge¬ 
naue Erforschung und Vergleichung der Absorption, Remanens 
und Elimination des Quecksilbers bei den verschiedenen Formen 
seiner Anwendung beantworten können. 

In welcher Weise das Hg gegen die Syphilis wirkt, können 
wir zwar nicht beweisen, wie ich aber schou früher mehrere 
Male hervorgehoben habe, ist es mir stets als wahrscheinlich 
erschienen, dass seine wohlthätige Wirkung in dieser Hinsicht 
in seinem Eindringen überall in die Säfte des Körpers, in 
seinem Vordringen nach allen Theilen desselben, wodurch es 
überall auf die in ihm vorhandenen Syphilisbakterien einzu¬ 
wirken und den Boden für ihre Existenz, ihre Vermehrung 
u. s. w. mehr oder weniger ungeeignet zu machen vermag, ihren 
Grund hat. 

Wenn wir sehen, dass das Quecksilber, unter welcher 
Weise es auch in den Organismus gebracht worden sein mag, 
allmälig beinahe jede beliebige Form von syphilitischen Krank- 
heitsproducten zwingen kann, zurückzugehen und zu verschwinden, 
so liegt es nahe zur Hand anzunehmen, dass es das absorbirte, 
in das Blut gelangte Quecksilber ist, welches diese Wirkung, 
durch Zerstörung und Tödtung der Mikroben, die gerade diese 
Krankheitsproducte hervorgerufen haben, ausgeübt hat. Wir 
wissen, dass das Quecksilber, in welcher Weise es auch in den 
Körper gebracht wird, nicht nur im Blute nachgewiesen werden 
kann, sondern dass es sich dort auch in grosser Menge nach- 
weisen lässt. (Die Form, unter welcher es sich im Blute findet 
— sei es als lösliches Hg-Albumin, oder als Gas — ist hierbei 
von keiner eigentlichen Bedeutung). Da nun dieses quecksilber¬ 
haltige Blut nach allen Theilen des Organismus geführt wird, 
da es sogar in pathologische Producte übergeht (z. B. in Eiter, 
Ascites-, Hydrocelenflüssigkeit u. s. w.), ja da es in die Frucht 
in Utero gelangt, so kann es ja hierdurch für das Quecksilber 
möglich werden, überall seine deletäre Wirkung auf die Sy¬ 
philisbakterien, an welcher Stelle im Körper sie sich auch be¬ 
finden mögen, auszuüben. 

Gleichwie eine Quecksilberlösung, mit welcher man ausser¬ 
halb des Organismus Bakterien tödten will, eine gewisse, wenn 
auch nicht bedeutende Stärke haben muss, ist es nothwendig, 


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Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



Einige Worte üb. die Form der Anwend, de.s Quecksilbers. 41 


dass sich das Quecksilber auch im Blute, iu den Säften des 
Körpers in einer gewissen, wenn auch nicht beträchtlichen 
Menge findet, um auf die im Organismus vorhandenen Syphilis¬ 
mikroben schädlich einwirken und sie tödten zu können. Wir 
sehen auch am Anfänge der Behandlung mit Hg, wo erst eine 
unbedeutende Menge desselben hat absorbirt werden können, 
nicht nur die vorhandenen Symptome fortbestehen, sondern 
mitunter auch neue auftreten. Später, wenn die Behandlung 
einige Zeit angedauert hat, d. h. wenn eine mehr oder weniger 
bedeutende Quantität Hg absorbirt worden ist und das Hg sich 
in einer verhältnissmässig grösseren Menge im Blute und den 
übrigen Säften des Körpers findet, sehen wir die syphilitischen 
Symptome in der Regel verschwinden und neue Symptome daun 
so gut wie nie auftreten, höchstens ein einzelnes Symptom aus¬ 
brechen. Kürzere oder längere Zeit nach Schluss der Be¬ 
handlung lassen sich dagegen allzuoft neue Symptome (Reci- 
dive) beobachten, was seinen Grund wahrscheinlich darin hat, 
dass wohl die Syphilisbakterien, aber nicht die Sporen derselben 
getödtet worden sind und dass diese sich dann bei passender 
Gelegenheit, wenn der Quecksilbergehalt in dem Blute und 
den anderen Säften des Körpers bedeutend abgenommen hat, 
zu entwickeln beginnen. Wir sehen so gut wie niemals, dass 
gegen den Schluss oder gleich nach einer kräftigen Hg-Be- 
handlung, d. h. so lange noch eine relativ grosse Menge Hg 
im Organismus remanirt, Recidive entstehen. Erst nach einiger 
Zeit, wenn diese Hg-Menge sich sehr vermindert hat, indem ja 
täglich eine grössere oder kleinere Menge Hg durch den Harn, 
die Faeces u. 8. w. eliminirt wird, ohne dass der Organismus 
neues zugeführt erhält, erst dann sehen wir Recidive auftreten, 
d. h. erst nachdem die Menge des Hg in dem Blute und den 
übrigen Säften des Körpers so gering geworden ist, dass es 
die Syphilisbakterien nicht hindern kann, sich zu entwickeln, 
zu leben und sich zu vermehren. 

Zu dieser Ueberzeugung bin ich durch vier, fünf Tausend 
Untersuchungen auf Hg hei verschiedenen Formen der An¬ 
wendung desselben gelangt, bei welchen Untersuchungen ich so 
gut wie constant die Regel geltend gefunden habe, dass bei 
einer Behandlung mit Quecksilber die syphilitischen Symptome 


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um so schneller und sicherer verschwinden, je schneller und 
kräftiger das Quecksilber absorbirt wird, sowie dass Hg um so 
länger in grösseren Mengen im Körper remanirt, dass es um 
so länger dauert, ehe Recidive auftreten, je kräftiger die Hg- 
Absorption gewesen ist. Einzelne Ausnahmen von dieser Regel, 
wie z. B. das Auftreten von neuen Symptomen bei Reizung an 
der gereizten Stelle oder bei maligner Syphilis heben sie keines¬ 
wegs auf. Selbstverständlich liegt hier nicht bloss eine che¬ 
mische Einwirkung des Quecksilbers auf die syphilitischen Bak¬ 
terien vor, sonden» es übt dabei auch das Vermögen des 
Organismus, den Bakterien zu widerstehen und sie zu bekämpfen, 
grossen Einfluss aus. 

Sowohl für den Patienten, wie für seine Umgebung ist es 
ja von grösster Wichtigkeit, dass er so bald wie möglich von 
seinen syphilitischen Symptomen befreit wird, und dies um so 
mehr, wenn dieselben, was ja oft der Fall ist, von ansteckender 
Natur sind. In der Regel sollten wir wohl deshalb auch, na¬ 
mentlich wenn sich Symptome finden, eine Behandlungsweise 
wählen, von der wir wissen, dass Hg schnell und kräftig ab¬ 
sorbirt wird. 

Wie wir dieses approximativ, ohne grössere Schwierig¬ 
keiten, zu erfahren vermögen, habe ich hier im Archiv 1893, 
als ich über Almens von Schillberg etwas modificirte Me¬ 
thode und darüber berichtete, wie wir uns mittelst derselben 
durch Untersuchung des Harnes einer Person eine approxima¬ 
tive Vorstellung von der grösseren oder kleineren Menge des 
von ihr absorbirten Hg machen können, hervorzuheben gesucht. 
Ich würde diesen Gegenstand hier nicht wieder berührt haben, 
wenn ich nicht gefunden hätte, dass M er ge t in seinem Buche 
„Mercure“, Paris 1894, über diese Methode ein ungünstiges 
IJrtheil fällt. Dass die Methode gleichwohl gut ist, scheint mir 
am deutlichsten daraus hervorzugehen, dass die Richtigkeit der 
Schlüsse, die ich durch ihre Anwendung zu ziehen im Stande 
war, später von anderen Forschern constatirt worden ist. Ich 
will hier als ein Beispiel nur erwähnen, dass ich 1885 mittelst 
dieser Methode nachweisen konnte, dass das Hg constant aus 
dem menschlichen Körper eliminirt wird und dort nur eine 
kürzere Zeit, nur Monate remanirt, dass also seine Elimination 


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Original fro-m 

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Einige Worte üb. die Form der Anwend, des Quecksilbers. 43 


nicht, wie man bis dahin angenommen, äusserst inconstant ist 
und es 10—13 Jahre, ja noch länger, im Organismus remaniren 
kann- Ganz sicher hat das ungünstige Urtheil, welches M erg et 
über diese Methode fällt, darin seinen Grund, dass er sie nicht 
geprüft hat, denn wie es scheint kannte er sie ebensowenig wie 
ihre Erfinder, Almen und Schillberg, die er „Vilmein 
et Schilliber“ nennt. Durch eine solche Kritik habe ich 
mich natürlich nicht gemahnt gefühlt, mit der Anwendung 
dieser von mir seit vielen Jahren erprobten Methode aufzu¬ 
hören; am allerwenigsten bin ich in Versuchung gekommen, 
sie gegen Merget’s eigene Methode, die ich schon 1885 ge¬ 
prüft habe, auszutauschen. Diese Methode ist in Fresenius 
Zeitschrift für analytische Chemie, 1871, beschrieben, weshalb 
ich sie versuchte. Ich habe in meinem Aufsatz „Nägra under- 
sökningar om qvicksilfvrets upptagande i och afskiljande ur 
menniskokroppen (einige Untersuchungen über die Aufnahme 
des Quecksilbers in den menschlichen Körper und seine Aus¬ 
scheidung aus demselben)“ in Nord. Med. Arkiv 1886, Bd. XVIII, 
dieses erwähnt. Ein Vergleich zwischen Merget’s und Al- 
m e n’s Methode hat wenigstens mich von den grossen Vorzügen 
der letzteren überzeugt, weshalb ich sie fortfahrend anwende. 


Ich will nun in grösster Kürze über einen Theil Formen 
für die Anwendung des Quecksilbers, die ich geprüft, sowie 
über die Untersuchungen berichten, die ich im Laufe von 
13 Jahren über die Absorption und Elimination des Quecksilbers 
bei verschiedenen Formen seiner Anwendung ausgeführt habe. 

Die chemische Zusammensetzung der Hg-Präparate spielt 
an und für sich eine ganz untergeordnete Rolle. Ob Chlor, 
Jod, Thymol, Salicylsäure, Benzoesäure u. s. w. oder andere 
Stoffe mit dem Quecksilber vereinigt sind, ist, da diese Stoffe 
an und für sich keinen Einfluss auf die syphilitische Krankheit 
ausüben und sie sich im Organismus nicht mit dem Queck¬ 
silber vereinigt finden, von keiner Bedeutung (Fürbringer’s 
oder Merget's Ansicht mag übrigens die richtige sein). Ja, 
so hat z. B. vom benzoesäuren Hg Var et hervorgehoben, dass 
es nicht einmal in der Injectionsflüssigkeit und noch viel we¬ 
niger im Organismus unter der Form von henzoesaurem Hg 


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vorkommt. Ich habe es versucht, die Ausscheidung von Salicyl¬ 
säure bei der Injection von Salicyl. Hg zu studiren; während 
die Elimination des Hg, die constant eine längere Zeit anhält, 
sich mit Leichtigkeit nachweisen lässt, ist die Elimination der 
Salicylsäure nur unsicher und auch nur ziemlich bald nach 
der Injection nachzuweisen gewesen. Meine Untersuchungen 
sind jedoch in Betreff der Ausscheidung der Salicylsäure bei 
weitem nicht zahlreich genug, um etwas beweisen zu können. 

Die chemische Zusammensetzung der Präparate hat nur 
insofern einige Bedeutung, als man z. B. bei der sogenannten 
endermatisclien Behandlungsform, die ja auf die Verdünstung 
des Hg basirt ist, kein Hg-Präparat anwenden darf, welches 
gar nicht oder möglicherweise nur in minimaler Menge ver¬ 
dunstet; ebenso hat die chemische Zusammensetzung der Prä¬ 
parate bei Injectionen nur in dem Masse Bedeutung, als die 
verschiedenen Präparate eine grössere oder kleinere Menge 
Hg enthalten, was ja von Gewicht ist, wenn man in derselben 
Zeit dieselbe Menge Hg-Präparat einspritzt. Wenn man z. B. 
in derselben Zeit bei zwei Personen, bei der einen 30 Cgr. 
Calomel und bei der anderen 30 Cgr. benzoesaures Hg ein¬ 
spritzt, so werden dem Organismus bei der Calomel injection, 
da das Calomel 85 Proc. metallisches Hg enthält, 25 - 5 Cgr. 
hei den entsprechenden Einspritzungen von benzoesaurem Hg 
aber, da das benzoesaure Hg, wie ich angegeben gefunden 
habe, nur 37 5 Proc. Hg enthält, nicht mehr als 11-2 Cgr. Hg 
zugeführt. Dass dieses auf die Stärke der Hg-Absorption, auf 
die Remanens des Hg und somit auch auf das therapeutische 
Ergebuiss einen bedeutenden Einfluss ausüben muss, ist ja 
offenbar. Doch mehr hierüber weiter hinten. 

Was die Form, die verschiedene Art und Weise, die Me¬ 
thoden der Einführung des Hg in den Körper anbetrifft, so 
können wir sofort von der einen oder der anderen Methode 
absehen, da bei ihrer Anwendung das Quecksilber zwar ab- 
sorbirt wird, dieses aber schwerlich in einer solchen Menge 
geschieht, dass wir daraus auf einen wirklichen Nutzen in thera¬ 
peutischer Hinsicht rechnen können. 

Dieses ist der Fall mit dem Sublimatbade. Ist die Haut 
intact, so lässt sich bei seiner Anwendung kaum eine Spur von 


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Einige Worte üb. die Form der Anwend, des Quecksilbers. 45 


absorbirtem Hg entdecken; finden sich hingegen ülcerationen, 
Hautlosigkeiten, nässende Papeln u. s. w., so wird zwar, je 
nach der Grösse und der Tiefe dieser epidermislosen Partien, 
Hg absorbirt, aber nicht in solcher Menge, dass wir, selbst 
wenn seine locale Wirkung günstig sein sollte, eine allgemeine 
Wirkung von ihm sehen. Nur dann, wenn sich sehr grosse 
Ülcerationen finden und der Patient wiederholt Sublimatbäder 
bekäme, würden wir eine etwas grössere Hg-Absorption er¬ 
warten können. 

Mit Quecksilberräucherungen habe ich keine Versuche an¬ 
gestellt, doch scheint das Verliältniss mit diesen Räucherungen, 
nach Paschkis zu urtheilen, dasselbe wie mit den Sublimat - 
bädern zu sein. 

Bei der Einführung von Hg in den Organismus per anum 
unter der Form von Suppositorien wird das Quecksilber zwar 
ziemlich schnell absorbirt, doch habe ich mit dieser Methode 
nur einzelne Versuche angestellt, und ich weiss daher nicht, ob bei 
ihrer Anwendung eine grössere Menge Hg absorbirt werden kann. 

Wir führen dem Organismus das Quecksilber eigentlich nur 
auf drei Wegen zu, nämlich peros, subcutan oder endermatisch. 


Wenn man Hg per os gibt, ist man in der Regel ziemlich 
unsicher, in welcher Menge es absorbirt wird; die eine Person 
kann viel absorbiren, während die Absorption bei der anderen 
nur gering ist; in einer Periode, wo sich gastrische Störungen 
finden, wo Diarrhoe auftritt, kann die Absorption gering sein, 
während sie sich dann, wenn Magen und Darmcanal in Ordnung 
sind, als ziemlich kräftig zu erweisen vermag. Gibt man das 
Hg in Lösungen oder als Pulver, so kann die Absorption 
kräftiger sein, als wenn man es in Pillen gibt. Wird es in 
Pillen gegeben, so müssen dieselben ziemlich neu bereitet sein; 
sind sie alt und hart, so kann es Vorkommen, dass sich kaum 
eine Spur von einer Hg-Absorption findet. Mit einem Worte, 
es wirken eine Menge von Umständen auf die Stärke und die 
Schnelligkeit der Absorption ein, daher man bei der Eingabe 
von Hg per os, ohne eine Untersuchung auf Hg auszuführen, 
nie wissen kann, ob viel, oder ob wenig Hg absorbirt worden ist. 

Als Beispiel von der Absorption des Hg, per os einge¬ 
geben, will ich folgende Untersuchungsserie anführen: 


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M. nahm 2 Pilulae Hydr. (5 Cgrm. Hg in jeder) am 
Morgen und am Abend vom 17./6. an ein. 

Den 18./6. (2 Pil.), 256 Gr. Harn, 1‘033 spec. Gew., keine 

Hg.-Kügelchen. 

Den 25./6. (30 Pil.), 127 Gr. Harn, 1-026 spec. Gew., keine 

Hg-Kügelchen. 

Den 2./7. (50 Pil.), 83 Gr. Harn, 1-028 spec. Gew., einige 
kleine Kügelchen. 

Den 18./7. (86 Pil.), 123 Gr. Ilarn, 1-026 spec. Gew., einige 
ziemlich grosse Kügelchen. 

Den 25./7. (100 Pil.), 65 Gr. Harn, 1-025 spec. Gew., eine 

Menge Kügelchen. 

Den 14./8. (150 Pil.), 159 Gr. Harn, 1*025 spec. Gew., eine 

sehr grosse Menge recht grosser Kügelchen. 

Es konnte also nach einer Behandlung von 7 Tagen kein 
Hg und nach einer Behandlung von 12 Tagen nur eine sehr 
unbedeutende Menge Hg nachgewiesen werden. Hierauf nahm 
die Hg-Absorption zu, die Menge des absorbirten Hg war aber, 
ungeachtet die Behandlung 37 Tage fortgesetzt wurde, gleich¬ 
wohl nicht besonders gross. Zwar kann in anderen Fällen eine 
grössere Menge Hg absorbirt werden, es finden sich aber auch 
Fälle, wo die Hg-Absorption noch geringer als in dem hier 
angeführten ist, und in Uebereinstimmung hiermit wissen wir 
auch nicht, ob nach Schluss der Behandlung eine grössere oder 
kleinere Menge Hg eine Zeit im Organismus remanirt. Die 
Absorption bei der Eingabe von Jodur- und Tanninquecksilber 
verhält sich ungefähr wie bei der Eingabe von Pilulae Hydr. 
Bei der Eingabe von Calomel in Pulvern habe ich eine stärkere 
Absorption gefunden. 

Wir sind ja gewöhnt, das Hg in den Organismus subcutan 
iintramuscular) unter der Form von löslichen oder unlöslichen 
Salzen einzuführen. 

Was die löslichen Salze anbetrifft, so werden sie in der 
Regel, welches Präparat man auch anwenden mag, schnell und 
kräftig absorbirt. Ich habe viele Präparate versucht. 

Ich will hier als Beispiel einen Fall anführen, wo Subli- 
matinjectionen angewandt wurden. 

Am 7./10. wurde mit der Einspritzung von 1V 4 Cgr. 
Sublimat täglich begonnen. 


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Einige Worte üb. die Form der Anwend, des Quecksilbers. 47 


Um 1 Uhr Nachm., vor der Einpritzung. keine Hg-Ktlgelchen. 

„ 0 » Abends, in 97 Gr. Harn, 1*027 spec. Gew., ziemlich 
viele kleine Kügelchen. 

Den 13710. nach 6 Einspr. in 345 Gr. Harn, 1*022 spec. Gew., 
ein sehr grosses und eine Menge recht grosse Hg-Kügelchen. 
Den 18./10. nach 10 Einspr. in 453 Gr. Harn, 1*023 spec. Gew., 
mehrere sehr grosse Hg-Kügelchen. 

Den 26710. nach 16 Einspr. in 336 Gr. Harn, 1*024 spec. Gew., 
mehrere sehr grosse und eine Menge grössere und kleinere 
Hg-Kügelchen. 

Wir sehen also, dass die Absorption des Hg in diesem 
Falle schnell und kräftig war. Und so ist die Absorption des 
Hg, man kann sagen, constant bei der Injection von löslichen 
Hg-Salzen. Eine andere Frage ist aber die, wie lange nach 
Schluss der Behandlung mit diesen Salzen eine grössere Menge 
Hg im Organismus remaniren kann. Dieses beruht natürlicher 
Weise zu einem sehr grossen Theil auf der Anzahl der gege¬ 
benen Einspritzungen und der Menge des jedesmal eingespritzten 
Hg-Salzes. Aber ausser der Menge des eingespritzten Hg- 
Salzes hat selbstredend auch die chemische Zusammensetzung 
desselben Einfluss auf die Grösse der Hg-Menge, die sich beim 
Abschluss der Behandlung im Organismus findet, und auf die 
Zeit, welche sie in ihm remanirt. Spritze ich nämlich 20 Tage 
täglich 1 Cgr. Sublimat ein, so werden dem Organismus 14*S 
Cgr. Hg zugeführt, während er, wenn ich benzoesaures Hg 
einspritze, nur 7*5 Cgr. Hg zugeführt erhält. Es ist ja hieraus 
leicht einzusehen, dass nach 20 Einspritzungen von Sublimat 
eine grössere Menge Hg eine längere Zeit in grösserer Menge 
im Organismus remaniren muss. Dieses dürfen wir nicht aus 
den Augen verlieren, wenn wir das eine oder das andere (lös¬ 
liche) Hg-Salz einspritzen. Von den löslichen Salzen gebe ich 
dem Sublimat den Vorzug. 

Wie das Hg absorbirt wird und wie es remanirt, wenn 
man das Sublimat intravenös einspritzt, weiss ich nicht; da 
uns für die Einführung des Hg in den Organismus andere gute 
Methoden zu Gebote stehen, habe ich keine Veranlassung 
gefunden, diese Methode anzuwenden, die, wie mir scheint, 
mit Gefahr und Unbehagen für den Patienten verbunden sein kann. 


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Die Anwendung von Einspritzungen unlöslicher Salze hat 
unbestreitbar ihre grossen Vortheile. Auch wenn Hg nicht s o 
schnell wie bei der Einspritzung löslicher Salze absorbirt wird, 
so ist seine Absorption doch schnell und kräftig. Von diesen 
Salzen habe ich eigentlich nur Calomel, essigsaures Thymol¬ 
quecksilber und salicylsaures Quecksilber versucht. (Einzelne 
Versuche habe ich auch mit Hg-Oxydeinspritzungen gemacht.) 
Als ein Beispiel von der Einspritzung unlöslicher Salze will 
ich folgenden Fall anführen, wo Calomel den 22./9., 28./9., 5./10. 
und 14./10. in Dosen von 10 Cgr. jedesmal eingespritzt worden ist. 
Den 27./9. in 226 Gr. Harn, 1*020 spec. Gew., ein paar grosse 
und eine Menge kleinere Hg-Kügelchen. 

Den 6./10. in 203 Gr. Harn. 1*017 spec. Gew., ein paar sehr 
grosse und eine Menge kleinere Hg-Kügelchen. 

Den 14./10. in 143 Gr. Harn, 1*016 spec. Gew., eine höchst be¬ 
deutende Menge grössere und kleinere Hg-Kügelchen. 
Den 23./10. in 210 Gr. Harn, 1*015 spec. Gew., eine kolossale 
Menge grössere und kleinere Hg-Kügelchen. 

Den 9./11. in 207 Gr. Harn 1*011 spec. Gew. zwei sehr grosse 
und eine bedeutende Menge kleinere Hg-Kügelchen. 
Den 17./11. in 150 Gr. Harn 1*020 spec. Gew., zwei sehr grosse 
und eine Menge kleinere Hg-Kügelchen. 

Ungeachtet nur eine kleine Menge Harn untersucht worden 
ist, finden wir eine bedeutende Menge Hg im Harn; wir finden 
eine schnelle und kräftige Absorption. 

Einerlei ist das Verhältniss bei der Injection von Thymol- 
und Salicylquecksilber. 

Wir finden, dass nach der Einspritzung aller dieser Salze 
Hg oft in grosser Menge im Organismus remanirt; bei Calomel- 
einspritzungen habe ich noch zwei Monate nach Abschluss der 
Behandlung eine ziemlich grosse Menge Hg im Harn finden 
können. Dasselbe ist bisweilen auch nach Einspritzungen von 
Thymol- und Salicylquecksilber der Fall gewesen, doch hatte 
ich dann mit diesen Mitteln eine grössere Anzahl Einspritzungen 
als mit dem Calomel gemacht. A priori ist man auch berech¬ 
tigt zu erwarten, dass die Remanens des Hg bei Einspritzungen 
von Thymol- und Salicylquecksilber geringer als bei Einspritzungen 
von Calomel ist, denn während das Calomel 85 Proc. Hg ent- 


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Einige Worte üb. die Form der Anwend, des Quecksilbers. 49 


hält, beläuft sich das Hg im essigsauren Thymol- und auch im 
Salicylquecksilber nur auf ungefähr 57 Proc. Ich muss also, 
natürlich unter der Voraussetzung, dass die Dosen gleich gross 
sind, 6 Einspritzungen von Thymol-Hg machen, um dem Organis¬ 
mus dieselbe Menge Hg wie mit 4 Calomeieinspritzungen zu¬ 
führen zu können. 

Auch bei der Einspritzung von Hg-Oxyd ist die Absorp¬ 
tion des Hg schnell und kräftig. 

Ein besonderes Capitel wäre hier einem anderen unlös¬ 
lichen Injectionsmittel — Lang’s Oleum cinereum — zu 
widmen, welches Mittel, wie ich schon früher hervorgehoben 
l.abe, ein besonders gutes Mittel ist. Zwar wird bei Ein¬ 
spritzungen dieses Mittels das Hg in der Regel nicht so schnell 
wie bei Einspritzungen der unlöslichen Salze absorbirt, doch 
ist die Absorption des Hg stets kräftig, und dasselbe remanirt 
auch, so weit ich nach meinen Versuchen beurtheilen kann, eine 
sehr lauge Zeit in grosser Menge im Organismus. Ich will jedoch 
bemerken, dass ich von diesem Mittel stets grössere Dosen als die 
von Lang in seinem Lehrbuch vorgeschriebenen angewandt habe. 

Als Beispiel will ich folgenden Fall anführen, wo ich den 
3./4., 8./4., 14./4. und 19./4. einen Tlieilstrich von 50 Proc. 
01. einer, in jede Seite des Rückens einspritzte. 

Den 6./4. in 360 Gr. Harn, 1'022 spec. Gew., einige nicht kleine 
Hg-Kügelchen. 

Den 8./4. in 320 Gr. Harn, 1*018 spec. Gew., einige nicht kleine 
und viele sehr kleine Hg-Kügelchen. 

Den 10./4. in 385 Gr. Harn 1'018 spec. Gew., ein paar recht grosse 
und mehrere kleine Hg-Kügelchen. 

Den 12./4. in 375 Gr. Harn, 1'018 spec. Gew., eine Menge kleinere 
Hg-Kügelchen. 

Den 14./4. in 320 Gr. Harn, 1*021 spec. Gew., eine Menge kleinere 
Hg-Kügelchen. 

Den 16./4. in 350 Gr. Harn, 1'022 spec. Gew., einige recht grosse 
Hg-Kügelchen. 

Den 18./4. in 340 Gr. Harn, 1'020 spec. Gew., einige recht grosse 
Hg-Kügelchen. 

Den 20./4. in 370 Gr. Harn, 1'020 spec. Gew., eine Menge nicht 
kleine Hg-Kügelchen. 

Archiv f. Dermal, u. 8yphil. Band XLVI. 4 


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Den 22./4. in 360 Gr. Harn, 1*023 spec. Gew., einige grosse und 
viele kleinere Hg-Kügelchen. 

Den 24./4. in 370 Gr. Harn, 1*021 spec. Gew., ein paar kolossale 
und eine Menge kleine Hg-Kügelchen. 

Den 3-/5. in 370 Gr. Harn, 1*018 spec. Gew., eine unendliche 
Menge meist kleine Hg-Kügelchen. 

Den 10./5. in 380 Gr. Harn, 1*018 spec. Gew., eine kolossale Menge 
kleinere und einige grosse Hg-Kügelchen. 

Den 17./5. „ 370 Gr. Harn, 1*018 spec. Gew., eine Menge sehr 
grosse und viele kleinere Hg-Kügelchen. 

Den 24./5. in 370 Gr. Harn, 1*020 spec. Gew., viele ziemlich 
grosse und eine Menge kleinere Hg-Kügelchen. 

Den 31./5. in 375 Gr. Harn, 1.019 spec. Gew., eine höchst be¬ 
deutende Menge recht grosse Hg-Kügelchen. 

Den 7./6. in 365 Gr. Harn, 1*020 spec. Gew-, einige sehr grosse 
und eine Menge kleinere Hg-Kügelchen. 

Den 14./6. in 300 Gr. Harn. 1021 spec. Gew., eine höchst be¬ 
deutende Menge grössere und kleinere Hg-Kügelchen. 
Den 20./6. in 360 Gr. Harn, 1*020 spec. Gew., eine höchst be¬ 
deutende Menge grössere und kleinere Hg-Kügelchen. 
Den 7./7. in 360 Gr. Harn, 1021 spec. Gew., eine höchst be¬ 
deutende Menge kleinere Hg-Kügelchen. 

Den 18./7. in 370 Gr. Harn, 1*022 spec. Gew., eine höchst be¬ 
deutende Menge kleine Hg-Kügelchen. 

Wir finden hier, dass das Hg nicht besonders schnell 
absorbirt wird; als die letzte Injection gegeben wurde, war 
jedoch die Menge des absorbirten Hg ziemlich gross, und die 
Absorption vermehrte sich dann bald, so dass nach einigen 
Tagen eine sehr grosse Menge Hg absorbirt war; wir sehen 
das Hg lange remaniren, so dass 2 Monate nach der letzten 
Einspritzung noch eine bedeutende Menge Hg eliminirt wird, 
worauf seine Elimination anfängt abzunehmen. 


Wir kommen nun zu der sogenannten endermatischen Be¬ 
handlung. Von keiner Behandlungsform hat sich die Auffassung 
so zu verändern, angefangen, wie von dieser was den bei ihrer 
Anwendung ausgeführten Untersuchungen über die Absorption 
des Quecksilbers zu danken ist. Da ich in diesem Archiv im 


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Einige Worte üb. die Form der Anwend, des Quecksilbers. 51 


Jahre 1893 über meine Untersuchungen in dieser Hinsicht ein¬ 
gehend berichtet habe, will ich jetzt nur hervorheben, dass 
die verschiedenen Fettstoffe, aus denen die Salbe bereitet ge¬ 
wesen ist, die verschiedenen Badeformen, die bei dieser Be¬ 
handlung angewandt worden sind u. s. w. u. s. w., nicht den 
geringsten merkbaren Einfluss auf die Absorption des Queck¬ 
silbers gezeigt haben. Es ist eigentlich nur ein Umstand, der 
Bedeutung gehabt hat, nämlich die Ausbreitung der Salbe über 
eine grosse Körperfläche, die keiner so niedrigen Temperatur 
ausgesetzt war, dass das Quecksilber nicht mit Leichtigkeit 
von der Hautfläche verdunsten und auf diese Weise in den 
Organismus gelangen konnte. Ich habe auf Grund dieser Unter¬ 
suchungen vorgeschlagen, das Quecksilber nicht in die Haut 
einzureiben, sondern es nur auf dieselbe aufzustreichen, und 
ich habe in mehreren Hunderten von Fällen sowohl im Kranken- 
hause, wie ausserhalb desselben diese meine Methode, die 
übrigens bei denen, die sie versucht und sie in Ueberein- 
stimmung mit den von mir aufgestellten Principien ausgeführt 
haben, Anerkennung gefunden hat, mit dem grössten Erfolg 
angewandt. 

Oh nun dieses verdunstete Quecksilber nur durch Ein- 
athmen in den Organismus gelangt, oder ob es möglicherweise 
in der Form von Gas durch die Haut dringen kann, ist in 
praktischer Hinsicht von keiner Bedeutung; von grossem Ge¬ 
wicht ist es dagegen, ob dieses auf den Körper aufgestrichene 
Quecksilber wenigstens zum Theil als solches in die Haut hin¬ 
eingepresst wird und dann durch dieselbe, was Hugo Müller 
als wahrscheinlich ansehen will, in den Körper übergeht, oder 
ob die Haut für alles Quecksilber, ob in sie eingerieben oder 
auf sie aufgestrichen, wie Manassein hervorhebt, völlig im- 
penetrabel ist. Ist dieses, was mit Merget’s und auch mit 
meiner eigenen Auffassung übereinstimmt, richtig, so lässt es 
sich leicht erklären, dass ich bei der Anwendung verschiedener 
Fettstoffe zur Hg-Salbe keine nachweisbare Verschiedenheit in 
der Absorption des Quecksilbers habe finden können. Es scheint 
mir deshalb auch, als ob die Angaben, die in neuerer Zeit 
mitunter gemacht werden, dass diese oder jene Beschaffenheit 
der Salbe die für die Einführung des Quecksilbers in den 

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Welander. 


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Körper durch Einreibung desselben in die Haut zweckmässigste 
ist, auf einige genaue Untersuchungen, die den Beweis dafür 
zu liefern vermögen, nicht gestützt sein sollten; deshalb muss 
man bei den Ansichten, die jetzt mehr und mehr Anklang 
finden, solche Angaben mit Vorsicht aufnehmen. 

Wenn es nun das verdunstete Quecksilber ist, welches in 
den Organismus kommt, wenn die sogenannte endermatische 
Methode eine „Einathmungscur“ ist, liegt es ja nahe zur Hand, 
das Quecksilber nicht auf die Haut zu streichen, sondern auf 
einen Gegenstand auszubreiten und diesen dann unter solchen 
Verhältnissen auf dem Körper zu tragen, dass die Bedingungen 
für eine gute Verdünstung des Quecksilbers erfüllt werden. 
Ich habe im vergangenen Jahre in diesem Archiv auch hervor¬ 
gehoben, dass ich die Salbe nunmehr nur in einem kleinen 
Säckchen ausbreite, das der Patient auf der Brust oder dem 
Rücken tragen muss. Als die Hauptbedingungen für eine kräf¬ 
tige Absorption unter diesen Verhältnissen habe ich die Aus¬ 
breitung der Salbe über eine ziemlich grosse Fläche (das 
Säckchen ist über 50 Cm. lang und 40 Cm. breit) und eine 
Temperatur bezeichnet, in welcher das Quecksilber leicht ver- 
dünstet. Ich schreibe meinen Patienten vor, sich, wenn möglich 
10—12 Stunden in Bettwärme zu halten, was nicht hindert, 
dass sie das Säckchen auch am Tage, wenn sie aus sind, auf 
dem Körper tragen. Ich wende jetzt in der Regel täglich zur 
Ausbreitung in dem kleinen Säckchen, das nach 10—15 Tagen, 
wenn es anfängt schmutzig und von der Salbe durchdrungen 
zu werden, ausgetauscht wird, 6 Gr. Salbe (1 Theil Hg und 
2 Theile Fett) an. Für Kinder wird eine kleinere Menge Salbe, 
von 1—2—4 Gr., und auch ein kleineres Säckchen, je nach 
der Grösse des Kindes, angewandt. Das Säckchen ist gewöhnlich 
aus Baumwollenzeug gemacht, doch kann man dazu auch Lein¬ 
wand oder, für diejenigen, welche dieses wünschen, dünnen 
Flanell anwenden. 

Ich will hier über die Absorption des Quecksilbers bei 
einer Frau berichten, die vom 1./5. bis zum 4./6. eine solche 
Behandlung mit 6 Gr. Salbe täglich anwandte. 

Den l./o. in 345 Gr. Harn, 1*020 spec. Gew., keine Hg-Kügelchen. 


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Einige Worte üb. die Form der Anwend, des Quecksilbers. 53 


Den 6-/5. in 355 Gr. Harn, 1-022 spec. Gew., eine grosse Menge 
Hg-Kiigelchen, darunter viele kleine. 

Den 10./5. in 335 Gr.Harn, 1-012 spec. Gew., eine bedeut. Menge 
meist kleinerer Hg-Kügelchen. 

Den 15./5. in 375 Gr. Harn, 1-021 spec. Gew., eine bedeut. Menge 
kleinere Hg-Kügelchen. 

Den 20./5. in 370 Gr. Harn, 1-020 spec. Gew., zwei sehr grosse und 
eine Menge kleinere Hg-Kügelchen. 

Den 2S./5. in 365 Gr. Harn, 1015 spec. Gew., eine grosse Menge 
grosse und ziemlich grosse Hg-Kügelchen. 

Den 30./5. in 360 Gr. Harn, 1-020 spec. Gew., eine bedeutende 
Menge ziemlich grosser Hg-Kügelchen. 

Den 4./6. in 360 Gr. Harn, 1'018 spec. Gew., eine höchst be¬ 
deutende Menge grösserer und kleinerer Hg-Kügelchen. 
Wir finden also auch bei der Anwendung von nur 6 Gr. 
Salbe täglich eine schnelle und auch kräftige Absorption des 
Hg; eine solche Absorption hat sich in allen von mir unter¬ 
suchten Fällen ausser in einem gefunden, wo ich, eigentümlich 
genug, nur eine geringe Absorption, d. h. Elimination des Hg 
durch den Harn zu constatiren vermochte, es hatte aber in 
diesem Falle die Patientin ein Nieren- und Blasenleiden, daher 
es wohl wahrscheinlich ist, dass ich hier, wenn ich dieselben 
untersucht, eine grosse Elimination des Hg durch die Faeces 
gefunden haben würde, denn trotz der scheinbar unbedeutenden 
Elimination von Hg verschwanden die ziemlich schweren Symp¬ 
tome schnell. 

Wie lange remanirt nun das Quecksilber bei Anwendung 
dieser Behandlungsform im Körper? Schon 1886 äusserte ich 
in meinem Aufsatze über die Elimination des Quecksilbers: 
„Meine Untersuchungen scheinen also darzuthun, dass die Menge 
des Hg, welches wirklich in den Körper kommt, welches ab- 
sorbirt wird, die wichtigste Rolle spielt und die Menge, in 
welcher das Hg dem Körper mitgetheilt wird und die Form, 
unter welcher dieses geschieht, nur von indirecter Bedeutung 
sind, d. h. dass es bei der Absorption einer bedeutenden Menge 
Hg, gleichviel ob dasselbe dem Körper unter der Form von 
Einspritzungen, von Pillen, von Salbe u. s. w. mitgetheilt wird, 
Monate dauert, ehe das absorbirte Hg wieder völlig aus dem 


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Körper eliminirt ist“. Wenn es sich nun gezeigt hat, dass Hg 
bei Anwendung dieser Methode mit dem Säckchen kräftig ab- 
sorbirt wird, so sollten wir ja auch erwarten können, dass es 
recht lange im Körper remanirt. Und ebenso, wenn es sich 
gezeigt hat, dass bei Einreibung, bei Ueberstreichung mit Hg- 
Salbe das Quecksilber durch Einathmung in den Körper kommt 
und wenn wir bei Anwendung dieser Behandlungsformen ge¬ 
funden haben, dass das Hg recht lange im Körper remanirt, 
so sollten wir ja auch bei Anwendung der Methode mit Aus¬ 
breitung der Salbe in einem Säckchen, welche Methode ja eben¬ 
falls eine Einathmungsbehandlung ist, das Recht haben, eine 
lange Remanens des Hg im Körper zu erwarten. Eine solche 
hat sich bei der grossen Anzahl von Untersuchungen auf Hg, 
die ich ausgeführt habe, auch gezeigt. 

Ich will hier nur ein paar Beispiele aus meiner privaten 
Praxis anführen. 

M. den 8./9. 30 Tage ein Quecksilbersäckchen auf dem 
Körper getragen. 

Den 8./9. in 300 Gr. Harn, 1*028 spec. Gew., viele grosse und eine 
höchst bedeutende Menge kleinere Hg-Kügelchen. 

Den 8./10. in 340 Gr. Harn, 1*025 spec. Gew., eine bedeut. Menge 
Kügelchen, darunter mehrere recht grosse. 

Den 20./10. in 385 Gr. Harn, 1*028 spec. Gew., ein grosses und 
mehrere recht grosse Hg-Kügelchen. 

G., welcher sein Quecksilbersäckchen von 5 Uhr Nachm, 
bis 7 Uhr Yorm. trug, hatte den 18./9. das Säckchen 30mal 
auf dem Körper gehabt. 

Den 18./9. in 370 Gr. Harn, 1*030 spec. Gew., eine höchst bedeu¬ 
tende Menge grössere und kleinere Hg-Kügelchen. 

Den 19./10. in 300 Gr. Harn, 1*032 spec. Gew., eine bedeut. Menge 
meist kleinerer Hg-Kügelchen. 

Den 9./11. in 320 Gr. Harn, 1*035 spec. Gew., einige recht grosse 
Hg-Kügelchen. 

Wir finden also, dass das Hg in den ersten Wochen in 
ganz grosser Menge im Körper remanirt. 

(Fortsetzung folgt.) 


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Zur Kenntniss der grossen meningealen 
und Gehirngummata, sowie der Rücken- 
marksyphilis. 

Von 

Professor E. A. Hom6n, Helsingfors (Finnland). 

(Hierzu Taf. VI u. VII.) 


Da nicht nur die eigentlichen Hirngummata, sondern auch 
grosse, von den Meningen ausgehende Gummata, bei Sectionen 
relativ selten sind, erlaube ich mir über folgende, von mir in 
den letzten Jahren secirte 4 Fälle, wovon 3 aus meiner Ner- 
venabtheilung und der 4. aus der Privatpraxis stammten, etwas 
genauer mitzutheden; umsomehr, da diese Fälle auch in an¬ 
derer Hinsicht, sowohl klinisch als pathologisch-anatomisch, 
ein gewisses Interesse darbieten. Dass die Gummata, sowie 
übrige luetische Veränderungen in diesen Fällen solche exces- 
6ive Dimensionen gewonnen hatten, ist dadurch erklärlich, dass 
entweder keine oder eine nur höchst ungenügende antiluetische 
Behandlung in Anwendung gekommen war. 

Fall I. 

Frauvon 85 Jahren. Wahrscheinlich schon in der Kind- 
heit syphilitisch inficirt und ohne Behandlung geblieben. 
Verheiratet mit 30 Jahren, zwei Kinder. März 1896 heftige 
Kopfschmerzen, allmälige Abnahme der Sehschärfe und 
Veränderung des Wesens, launisch und nachlässig. Durch 
Behandlung temporäre Verbesserung. Anfang Januar 1897 
einige Tage Fieber (Influenza?), darnach zuerst unruhig 
and aufgeregt, später ganz apathisch; einige Mal leichte 
allgemeine Krämpfe. Bei der Aufnahme in Verfassers Ab¬ 
theilung 13./II. 1897: beinahe somnolenter Zustand; bisweilen 
Unruhe, Zittern, hauptsächlich der Arme. Beiderseitige 
Ptosis. Unbeweglichkeit des linken Bulbus, der rechte 


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56 


H o m e d. 


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etwas mehr beweglich, besonders auswärts. Pupillen er¬ 
weitert, reactionslos; das Sehvermögen stark herabgesetzt, 
linksseitige F a ci alispar ese. Klopfempfindlichkeit des 
Schädels. Patellarreflexe lebhaft. Antiluetische Behand¬ 
lung. Tod nach acht Tagen, den 21./I1. 1897. 

Section: An der Hirnbasis ein Conglomerat von pflau- 
mengrosser Gummata (die Hirnnerven umgreifend); klei¬ 
nere gummöse Bildungen in den Meningen an verschieden en 
Stellen des Gehirns, sowie in den spinalen Meningen. Hepar 
lobatum. Le bergumm ata. Stark geschrumpfte rechte Niere. 

Mikroskopische Untersuchung: Ausser Gummata stellen¬ 
weise kleinzellige Infiltration der Meningen und ihrer 
Septen, sowie Alterationen, besonders der peripheren 
Theile der Rückenmarkssubstanz. Gefässv eränderungen. 

E. 0., 35jährige Frau eines Polizeidieners aus Helsingfors. Bei 
ihrer Aufnahme in die Nervenabtheilung de9 Verfassers war sie so be¬ 
nommen und unklar, dass sie nicht mehr anamnestische Daten geben 
konnte; die folgenden Angaben sind daher von ihrem Mann und einer 
älteren Schwester gegeben. — Ihr Vater war Tagelöhner und soll bei 
etwas über 30 Jahren an der „Wassersucht“ gestorben sein; er hinterliess 
7 Kinder. Die Patientin war damals 5—6 Jahre alt. Ungefähr 2 Jahre 
darauf verheiratet sich ihre Mutter mit einem anderen, der damals nach 
der Aussage der Schwester manifeste Lues gehabt haben soll; letztere 
war damals nicht mehr im Hause; nach ihren Angaben sollen auch 
wenigstens einige der zu Hause gebliebenen Stiefkinder syphilitisch in- 
ficirt worden sein, und darunter, wie sie glaubt, die Patientin; soviel 
sie w T eis8, kam keine Behandlung in Anwendung. Später soll die Patientin 
gesund gewesen sein und diente vom 13—30. Jahre, bis zu ihrer Ver¬ 
heiratung. Sie hat zwei, nach Angabe, gesunde Kinder; nach Aussage 
des Mannes keine Frühgeburt. 

Im März 1896 begann sie an heftigen Kopfschmerzen, sowie etwas 
Schmerzen im übrigen Körper zu leiden, so dass sie oft gezwungen war, 
sich hinzulegen; die Augen waren auch um diese Zeit angegriffen, die 
Conjunctivae geröthet und entzündet und die Sehschärfe hatte abge- 
Dommen; sie hat sich dann an einen Arzt gewandt, und soll dieser 
Zustand unter der Behandlung (deren Art der Mann nicht kannte) sich 
etwas verbessert haben. — Seit dieser Zeit hatte sich ihr Charakter 
verändert, sie ist eigensinnig, launisch und nachlässig geworden. Während 
des October desselben Jahres stellten sich wiederum die heftigen Kopf¬ 
schmerzen ein, und waren so stark, dass sie meistentheils das Bett hüten 
musste. Die Menses, bis dahin regelmässig, traten häufiger ein und wurden 
sehr reichlich. Die Zeit von Anfang November bis gegen Ende December 
war sie in einem Krankenhause; ab und zu soll sie dort Erbrechen ge¬ 
habt haben; die Behandlung war nur eine symptomatische (keine anti¬ 
luetische); bei ihrem Austritt aus dem Krankenhause hat man notirt, 
dass die Kopfschmerzen, sowie der allgemeine Zustand verbessert, aber 


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Zur Kenntn. d. grossen meningealen u. Gehirngummata etc. 57 


doch, dass der Gang schwankend war. Anfang Januar 1897 hatte sie 
einige Tage geringes Fieber (Influenza?, welche damals in der Stadt 
herrschte); bald darauf wurde sie ziemlich plötzlich unruhig und aufge¬ 
regt, worauf dann ein apathischer Zustand folgte, sie lag meistens mit 
geschlossenen Augen, dilatirten Pupillen und die Bulbi beinahe unbe¬ 
weglich; leichte allgemeine Krämpfe, in den Gesichtsmuskeln beginnend, 
kamen auch einige Mal vor, die Respiration soll angestrengt und unre¬ 
gelmässig gewesen sein. Die Behandlung bestand nach Aussage des be¬ 
handelnden Arztes nur in Eis auf dem Kopf und Stimulantia, worunter 
sich der Zustand ein wenig verbessert haben soll. 

Den 13./II. wurde sie in meiner Abtheilung aufgenommen. 

Von dem über ihren Status damals notirten wird Folgendes mit- 
getheilt: Patient ist von gewöhnlichem Körperbau, etwas abgemagert 
und anämisch; sie befindet Bich in einem so somnolenten Zustande, 
dass sie kaum die einfachsten Fragen beantworten kann. Sie liegt am 
Tage still und apathisch, richtet sich dann und wann im Bette auf und 
reibt ihre Kleider; die Nächte sind oft unruhig, sie wirft sich im Bette 
hin und her und spricht unzusammenhängende Worte; die Bedürfnisse 
gehen meistentheils unbewusst im Bette vor sich. Die beiden oberen 
Augenlider stark herabbangend, das rechte Auge ist meistens geschlossen, 
das linke halb offen; bei Aufforderung, die Augen zu öffnen, wird beinahe 
nur die rechte Seite der Stirn gerunzelt, wodurch das rechte Augenlid 
etwas gehoben wird, das linke bleibt unbeweglich. Der linke Bulbus voll¬ 
kommen unbeweglich, mit der Achse gerade vorwärts gerichtet; der 
rechte Bulbus kann etwas bewegt werden, besonders auswärts, und steht 
gewöhnlich in etwas divergenter Stellung. Beide Corneae etwas trübe, 
im untersten Theil (Drittel) der linken Cornea, entsprechend der offen¬ 
gebliebenen Lidspalte, ein oberflächliches Geschwür; die Conjunctivae 
stark injicirt und geschwollen; die Pupillen erweitert, von gleicher 
Grösse, keine Reaction auf Licht; über den Augenhintergrund schwer zu 
entscheiden, in Folge der Trübung der Corneae; die Sehschärfe scheint 
stark herabgesetzt zu sein. Leber Geschmack und Geruch schwer zu 
entscheiden; das Gehör wenigstens theilweise erhalten. Die linke Gesichts¬ 
hälfte deutlich unbeweglicher als die rechte, die linke Nasolabialfurche 
verstrichen. Wenn die Patientin spricht, bewegen sich die Lippen links 
nur schwach; beim Kauen kommt die Speise oft zwischen Zähne und 
linke Wange. Wie schon gesagt, kann die linke Hälfte der Stirn nicht 
gerunzelt und auch das linke Auge nicht vollständig geschlossen werden; 
die Bewegungen des weichen Gaumens konnten nicht geprüft werden, in 
Folge des energischen Widerstandes, den die Patientin machte beim 
Versuch den Mund zu öffnen; die Zunge scheint sich frei zu bewegen; 
keine, wenigstens deutliche Schluckstörungen. Die Sensibilität scheint 
nicht auffallend gestört zu sein. Krämpfe sind nicht bemerkt worden, 
dagegen kommt dann und wann ein Zittern in den Extremitäten vor, 
besonders in den ArmeD. Patellarreflexe lebhaft. Die Patientin klagt 
nicht besonders über Kopfschmerzen, aber gibt einen heftigen Schmerz 


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Ho m e n. 


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bei der Percusion des Craniums mit dem Finger an. Der Nacken scheint 
steif zu sein. Die Respiration ruhig und regelmässig; die Herztöne flein, 
aber schwach; der Puls schwach, etwas ungleichmässig, ungefähr 60 in 
der Minute. Darmthätigkeit träge, Urin klar, Albumin und Zucker frei. 
Narben oder deutliche Drüsenanschwellungen nirgends zu sehen. Behand¬ 
lung: Eis auf dem Kopf, Jodkali und mercurielle Frictionen, Stimulantia. 
Der Zustand verschlimmerte sich, die Patientin verfiel allmälig in einen 
comatÖBen Zustand und starb nach acht Tagen, den 21./II. 

Aus dem Protokoll der am folgenden Tag von mir gemachten 
Section sei Folgendes angeführt: Das Cranium etwas dick, symmetrisch, 
Diploesubstanz reichlich vorhanden; die Dura gespannt (Gyri meistens 
gut sichtbar durch dieselbe) zusammengewachsen mit unterliegenden 
Meningen und Gehirnsubstanz in einer Ausdehnung von ungefähr 1—2 Cm. 
im Diameter in folgenden Gegenden: unterster Theil der rechten hinteren 
Centralwindung, hinterster Theil der ersten und mittlerer Theii der zweiten 
Temporalwindung rechterseits, Orbitaltheil der rechten dritten (untersten) 
Frontal windung, hinterer Theil des linken Gyrusrectusund hinterer Theil der 
linken zweiten Temporalwindung. Bei Lospräparirung dieser Stellen adhä- 
rirte meistens an der Dura in entsprechender Ausdehnung eine einige Milli¬ 
meter dicke Lage von grauem markig-fibrösem Gewebe mit stellenweiser 
leicht gelblicher Färbung, das die weichen Häute durchwachsen hatte. 
An den entsprechenden Stellen der Gehirnoberfläche bemerkt man einen 
unbedeutenden Defect des Corticalis, welche auf diesen Stellen ein rauhes, 
unebenes, leicht gelblich graues Aussehen hat; beim Einschneiden an 
diesen Stellen ist meistens noch eine schmale, theilweise graugelblich 
.gefärbte Schicht von Corticalis zu sehen. Die Gyri abgeplattet; die Pia, 
ausser an den obengenannten Stellen, wo sie ganz zerstört oder in die 
neugebildete Gew^bsmasse aufgegangen war, leicht abziehbar und ein 
wenig ödematö8. 

In der Gegend vor der Pons und unmittelbar mit derselben fest 
zusammengewachsen, besonders in ihrem oberen Theil, befindet sich eine 
böckrige oder eher eine von drei separaten, beinahe pflaumengrossen 
aneinander zusammengewachsenen Höckern gebildete Geschwulst, mit einer 
Breite von ö Cm., Höhe von 4*5 Cm. und einer Dicke von etwa 1—2 Cm. 
(S. Fig. 1.) Der unterst* und mittlerste von diesen Höckern ist stark 
abgeplattet und festsitzend am Clivus, deren Oberfläche nach der Los¬ 
präparation etwas usurirt befunden wird; diese Geschwulst erstreckt sich 
auch beiderseits etwas auf die innersten Theile der beiden Partes pe- 
trosae, diese auch ein wenig usurirend. Die beiden oberen Höcker, von 
welchen der linke grösser und mehr medianliegend ist, setzen sich ein 
wenig auf beide Seiten in die innersten Theile der Foveae mediae Craraii 
fort, wobei die rechtsseitige Fortsetzung auf das Ganglion Gasseri zu 
drücken scheint. Der linke von diesen Höckern ist mit seiner vorderen, 
oberen Fläche am Chiasma und den hintersten Theil der beiden Nervi 
optici angewachsen. Die motorischen Augennerven sind von der Ge¬ 
schwulstmasse entweder ganz umwachsen, oder stark gedrückt. Die ge- 


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Zur Kenntn. d. grossen meningealen u. Gehirngummata etc. 59 


nannten Geschwülste haben eine theilweise anebene, graue Oberfläche, 
Bind von festerer Consistenz als die Gebirnsabstanz und zeigen beim Ein¬ 
schnitt in ihren peripheren Tbeilen meistens eine leicht graue, markig 
gelatinöse oder markig fibröse Schnittfläche und in ihren inneren Theilen 
theilweise ein gelblich käsiges, trockenes Aussehen. 

Auf die, die hintere obere Fläche der Par9 petrosa ossis temporis 
sin. bekleidende Dura findet man, besonders in der Gegend des Porus 
acusticus int., ebenso in der Gegend des Foramen lacerum post., in einer 
Ausdehnung von 0*5 ä 1 Cm. in Diameter, eine einige Millimeter dicke 
Lage ähnlicher graugelber Gewebsmasse, die in die erstgenannte Oetfnuug 
eindringenden Nerven umfassend. 

Die Arteria basilaris zum grössten Theil von der oben beschriebenen 
Geschwulst bedeckt, die rechte Arteria vertebralis ist auf einer kurzen 
Strecke (beinahe 1 Cm.) etwa 1—1*5 Cm. von dem Vereinigungspunkt 
mit der linksseitigen, stark sclerotisch verdickt und grauweiss; die Ge- 
fasse der Hirnbasis mit zahlreichen, grauweissen, sclerotischen Fleckchen. 
Die Schnittfläche der Gehirnsubstanz glänzend, reichlich blutpunktirt, die 
Ventrikeln leer, das Ependym glatt. 

Beim Oeffnen des spinalen Durasackes findet man die Dura an 
einigen Stellen, hauptsächlich im Dorsaltheil, durch grauröthliche markig- 
fibröse Gewebsmassen am Rückenmark festgewachsen. Diese Massen, 
welche sich an verschiedenen Stellen der Peripherie befinden, sind ganz 
circumscript, haben eine Länge von */ 4 ä 1'/, Cm. und eine beinahe ebenso 
grosse Breite, so dass sie stellenweise etwa die Hälfte der Circumfereuz 
einnehmen, und bisweilen eine Dicke von ungefähr '/* Cm. und sogar mehr 
erreichen, wodurch das Rückenmark an diesen Stellen ein wenig compri- 
mirt zu sein scheint; übrigens ist vom Rückenmark, ausser etwas Blut¬ 
fülle, nichts besonderes hervorzuheben. (Das Rückenmark und Gehirn 
wurden in 2*/• Formol gelegt.) 

Die Leber stellenweise durch Adhärenzen am Diaphragma festge¬ 
wachsen, relativ klein, theilweise grobhöckrig lobulirt, mehr auf der 
unteren Fläche. Die Kapsel stellenweise bedeutend verdickt, speciell in 
den Furchen zwischen den verschiedenen Lobuli, von welchen hie und da 
etwa keilförmige, graugelbe oder grauweissliche markignarbige Fort¬ 
setzungen bis einige Cm. hinein in das Parenchym sich einschieben. 
An der Spitze des linken Leberlappens, etwas über die Oberfläche pro- 
minirend, findet man einen ungefähr haseluussgrossen, nicht ganz scharf 
von der Umgebung abgegrenzten Knoten, von etwas festerer Consistenz 
wie das umgebende Parenchym; dieser Kuoten zeigt auf seiner Schnitt¬ 
fläche in den peripheren Theilen ein leicht bräunliches, graurothes und 
in dem centralen Theil ein mehr gelbliches, markiges Aussehen. Im 
rechten Leberlappen, nahe seinem vorderen äusseren Rande und seiner 
unteren Fläche, befindet sich eine im Zusammenhänge mit einer der 
eben beschriebenen Einstrahlungen stehende 2 a 2 1 /, Cm. in Diameter 
messende Neubildung von ungefähr derselben Form und Beschaffenheit, 
wie der Knoten im linken Leberlappen. Die Schnittfläche von braun- 


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rother Farbe, die Grenzen der Acini nicht gut hervortretend. Die rechte 
Isiere stark verkleinert (7‘/ t Cm. lang, 3 1 /, Cm. breit), von zäher Con- 
sistenz. Meistens ist die Kapsel adhärent und die Oberfläche granulirt, 
hie und da etwas tiefere Einziehungen zwischen den oft ungleich grossen 
Granula oder Höcker. Die Cortiealis stark verschmälert mit verstrichener 
Streifung und sich nicht scharf von den auch etwas reducirten Pyramiden 
abhebend. 

Von den übrigen Organen ist nichts besonderes hervorzuheben. 

Mikroskopische Untersuchung. 

Mikroskopisch untersucht wurden: Das Rückenmark mit seinen 
Meningen, in verschiedenen Höhen; die rechte Arteria vertebralis von der 
stark sclerotisch verdickten Stelle, der linke n. opticus etwa l 1 /, Cm. vom 
Chiasma (grade, wo dieser über die grossen Gummata an der Himbasis 
zum Vorschein kommt), ein Stückchen des unteren, mittleren, vor dem 
Pons liegenden Gumraas, herausgenommen durch zwei am hinteren Rande 
desselben zusammengehende, sagittale Schnitte; Stückchen des mittleren 
Theiles des zweiten und de8 hintersten Theils der ersten rechten Tempo¬ 
ralwindungen, des linken Gyrus rectus, sowie des Orbitaltheiles der dritten 
rechten Frontalwindung, so herausgeschnitten, dass ein Theil der früheren 
gummösen Zusaramenwachsungsstelle, nunmehr eine rauhe Oberiläche dar¬ 
bietend, sowie etwa 17, ä 2 Cm. der angrenzenden, scheinbar normalen 
Partien, wo die Pia gelassen war, mitgenommen wurde; ausserdem Stück¬ 
chen des rechten Occipitallappens, sowie des mittleren Theiles der linken 
hinteren Centralwindung, welche Regionen makroskopisch ein normales 
Aussehen hatten, und an welchen Stellen man die Pia zurückgelassen 
hatte. Ein Stück von der Dura an der linken zweiten Temporalwindung 
nebst ihrer Auflagerung wurden auch untersucht. 

Methoden: Van Gieson und Weigert-Pal (gewöhnlich 
Doppelfärbung mit Borax-Carmin); vor der W eige rt’schen Färbung 
wurden die Schnitte der in Forraol gehärteten Organe 24 Stunden in 
MüHerrscher Flüssigkeit im Brutofen gehalten. 

Bei mikroskopischer Untersuchung des Rückenmarks findet man, 
dass die cii cumscripten, markigen Bildungen in und zwischen den Menin¬ 
gen aus einem mehr oder weniger festen Bindegewebe mit besonders 
stellenweise, reichlichen Kernen, sowohl solche von Kleinzellen, als auch 
ovale Kerne bestehen; die Meningen sind ganz in diese Gewebsmasse 
aufgegaugen, so dass sie nicht mehr zu unterscheiden sind (siehe Fig. 2); 
an einzelnen Stellen sind doch diese Bildungen hauptsächlich nur in und 
um die Dura herum gelagert, während die weichen Häute relativ frei 
sind. Auch in dem übrigen, makroskopisch normal aussehenden Theil 
der Peripherie des Querschnittes findet man hie und da in den Meningen, 
besonders in den weichen Häuten, kleinzellige Infiltration. Die von den 
Meningen, besonders die von der Stelle der gummösen Bildungen in das 
Rückenmark einziehenden, meistens verdickten Septen sind gewöhnlich 
kleinzellig inßltrirt, ebenso ist das Septum anterius, auch wenn das Gumma 


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Zur Kenntn. d. grossen meningealen u. Gehirngummata etc. 61 

am seitlichen Theil des Röckenmarkqnerschnittes Hegt, oft stark infiltrirt. 
Auch die Gefasswände, sowohl der Arterien als der Venen, nnd nicht nur 
in den Septen sondern auch im Innern des Rückenmarks sind meistens 
«eilig infiltrirt; in den grösseren Gefössen ist die Infiltration in der 
Adventitia und deren nächsten Umgebung am meisten ausgesprochen, von 
wo auB sie sich oft etwas auch in die inneren Häute erstreckt. Die Wände, 
speciell der kleinen Gefässe, sind meistens etwas sclerotisch verdickt, und 
die Gefässe im allgemeinen blutgefüllt. 

In der zu den gummösen Bildungen angrenzenden Partie der weissen 
Substanz sind gewöhnlich die Nervenfasern zum grössten Theil unter¬ 
gegangen und ersetzt durch die verdickte Neuroglia, sowie durch binde¬ 
gewebige Ausstrahlungen der genannten Bildungen; besonders stellen¬ 
weise ist hier auch Kernvermehrung vorhanden. Auch in dem übrigen 
Theil der Peripherie findet man einzelne Fleckchen oder eine ganz 
schmale Zone, wo die Nervenfasern meistens fehlen und durch proliferirte 
Neuroglia, theilweise auch durch verdickte Septen ersetzt sind; gewöhn¬ 
lich ist hier auch etwas Kernvermehrung vorhanden. Hie und da findet 
man kleine solche alterirte Stellen im Innern des Rückenmarks, besonders 
um die infiltrirten Gefässe herum. 

Auch in den Theilen des Rückenmarks, wo die meningealen gum¬ 
mösen Bildungen fehlen, findet man, besonders im Dorsaltheil ungefähr 
dieselben übrigen Veränderungen, wie in den letztgenannten Stellen, in 
den Meningen, 8epten und Gefasswänden, obgleich hier viel weniger 
ausgesprochen. Die von den gummösen Bildungen eingeschlossenen Nerven¬ 
wurzeln sind von diesen Bildungen theilweise wie durchwachsen und die 
Nervenfasern zum grossen Theil zerstört. Auch unter den übrigen, auf 
Schnitten dem Rückenmark anliegenden Wurzeln findet man einzelne, 
wo ein wenig Nervenfasern zerstört sind und das Endoneurium verdickt 
ist, gewöhnlich mit etwas Kern Vermehrung. 

Die rechte Arteria vertebralis zeigte die Intima excessiv sclerotisch 
verdickt (stellenweise etwa 2—3mal so dick wie die äusseren Häute zu¬ 
sammen), so dass das Lumen höchst bedeutend verengt war. In der 
Adventitia, besonders stellenweise, starke kleinzellige Infiltration, welche 
sich meistens auch in die Media erstreckt, bisweilen sogar ein wenig in 
die äusserste Schicht der verdickten Intima. 

Die Scheide des linken N. opticus, meistens auch deren endoneurale 
Fortsetzungen, sind, obgleich ungleichmässig, zellig infiltrirt und etwas 
verdickt, wie auch meistentheils die Gefasswände; in den Schnitten findet 
man reichlich meistens streifenförmige Stellen, gewöhnlich im Anschluss 
an oder in der Umgebung der alterirten Gefässe, wo das Endoneurium 
verdickt und etwas zellig infiltrirt ist, und die Nervenfasern untergegan¬ 
gen oder alterirt sind. 

In den Schnitten aus dem Gumma der Gehirnbasis findet man theils, 
besonders an der Peripherie, festeres, meistens reichlich zellig infiltrirtes 
Bindegewebe, theils mehr lockeres solches, mit gewöhnlich noch mehr 
Rundzellen, an Granulationsgewebe erinnernd; speciell an dem centralen 


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H om en. 


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hinteren (näher des Pons gelegenen) Theil trifft man auch Stellen aus 
amorphen, körnigen, kernlosen Massen bestehend. 

Bei mikroskopischer Untersuchung der Schnitte von der ersten und 
zweiten rechten Temporalwindung, vom linken Gyrus rectus und rechten 
Orbitallappen findet man, dass an einem Thei) des Schnittes, wo schon 
der Rand makroskopisch ulcerirt aussieht, die äussersten Schichten der 
Corticalis fehlen und dass der übrig gebliebene, mit etwas rauhem zer¬ 
fetztem Rande versehene Theil desselben ein wenig kleinzellig infiltrirt 
ist, besonders die adventitiellen Scheiden der Gefasse, und die Nerven- 
elemente mehr oder weniger alterirt oder untergegangen sind. Die ge¬ 
nannten Veränderungen, besonders der Gefasse, strecken sich stellenweise 
auch ein wenig in die unterliegende weisse Substanz hinein; aber tiefer 
in dieser sind im allgemeinen keine auffallenden Veränderungen zu treffen. 
In den angrenzenden Partien, so weit der Schnitt geht, d. h. etwa 1 ä 
2 Cm. vom Rande der ulcerirten Stelle, ob auch mit der Entfernung von 
diesem Rande eher abnehmend, findet man hie und da in der (etwas ver¬ 
dickten) Pia (incl. Arachnoidea) kleiuzellige Infiltrationen und ausnahms¬ 
weise sogar etwas grössere Sammlungen von Kleinzellen, an miliare 
Gummata erinnernd; besonders die von diesen Stellen in die corticale 
Substanz eindringenden Gefasse haben ihre Scheiden etwas zellig infil¬ 
trirt; diese Infiltration lässt sich zuweilen bis in die weisse Substanz 
verfolgen. 

Jn Schnitten von dem normal aussebenden, rechten Occipitallappen 
und der linken hinteren Centralwindung trifft man in der leicht verdickten 
Pia stellenweise geringe, kleinzellige Infiltration, welche sich bisweilen 
auch etwas auf die von diesen Stellen ausgehenden Gefassscheiden fort¬ 
setzt. Bei Untersuchung der Dura mit ihrer markig-fibrösen Auflagerung 
von der Gegend der zweiten linken Temporalwindung findet man keine 
scharfe Grenze zwischen derselben und dem aufgelagerten Gewebe, welches 
eine theils feste fibröse, theils mehr lockere fibrilläre Structur hat; be¬ 
sonders stellenweise findet man, sowohl in der Dura, wie in der Auf¬ 
lagerung reichlich Rundzellen und oft auch ovale Kerne. 

Fall II. 

18jähriges Mädchen. Ein Jahr vor Aufnahme in Ver¬ 
fassers Abtheilung, wo sie nur 2 Wochen war, Krampf¬ 
anfall mit Erbrechen; nach einer Zwischenpause von etwa 
10 Monaten wiederholte partielle Krampfanfälle mit 
Zuckungen im rechten Arm und in der rechten Gesichts¬ 
hälfte, darnach Kopfschmerzen, gewisse Schwerfälligkeit 
der Sprache und unbedeutende Schwäche des rechten 
Arme8. Geringe Stauungspapille. Diagnose Tumor cerebri. 
Tod im comatösen Zustande. 

Section: Gumma der linken vorderen Central Windung, 
eine faustgrosse, nebst einigen kleineren Gummata in der 
Leber. (Hereditäre oder in der Kindheit erworbene Lues.) 


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E. H., Tochter eines Pastors. Bei der Aufnahme in der Abtheilung 
des Verfassers den 28./IT. 1893, ist sie 18 Jahre. Der Vater ist, nach 
Angabe, an einem Ventrikelcarcinom (?) gestorben bei 48 Jahren, die 
Mutter soll einen Herzfehler haben und oft an Krämpfen leiden, während 
welchen sie doch nicht das Bewusstsein verliert. Eine jüngere Schwester 
sowie Bruder sind gesund. Die Patientin gibt an, dass sie bis zu ihrem 
13 Jahre gesund gewesen ist, in welchem Alter sie nach einem schweren 
Stoss eine „Knochenentzündung“ im linken Oberarm bekommen haben 
soll, wobei Knochenstückchen ausgenommen worden sind, darnach heilte 
die Wunde. Menstruirt seit ihrem 14 Jahre; Menses unregelmässig. Ab 
und zu Schmerzen in den Fuss- und Kniegelenken, mit etwas Steifheit, 
ohne Anschwellung und Rothe, übrigens gesund. 

Am 8./I. 1893, a’s die Patientin sich gerade mit Schreiben be¬ 
schäftigte, verlor sie plötzlich das Bewusstsein und fiel auf den Boden. 
Ob sie dabei Zuckungen gehabt hat und wie lange die Bewusstlosigkeit 
andauerte, darüber kann sie keinen Bescheid geben. Als sie wieder zum 
Bewusstsein kam, konnte sie nicht sprechen, das Gesicht war schief und 
der rechte Arm gelähmt. Einige Stunden nach dem Anfall begann all- 
mälig ihr die Sprache wiederzukommen, welche sich von Tag zu Tag 
verbesserte, die Schiefheit des Gesichtes schwand mehr und mehr und 
den Arm konnte sie bald beinahe ebenso gut bewegen wie zuvor. Einige 
Tage darnach, als sie wiederum sass und schrieb, befiel sie wieder ein 
Anfall mit Krampfzuckungen in der rechten Seite des Gesichtes und des 
rechten Armes, jedoch war sie dieses Mal bei vollem Bewusstsein. 

Der folgende Anfall, ungefähr von derselben Art, stellte sich nach 
2 Wochen ein, späterhin wiederholten sich diese Anfälle sogar einige Mal 
in der Woche. 

Seit der Zeit ihres ersten Anfalles hinterblieb doch eine gewisse 
Schwerfälligkeit der Sprache, sowie Verringerung der Kraft und Sicher¬ 
heit im rechten Arm, so dass die Patientin sich seitdem gewöhnt hat, 
mit der linken Hand zu schreiben; ebenso stellten sich beständige Kopf¬ 
schmerzen ein, die sich dann und wann steigerten. (Nach Angabe der 
Mutter soll ein Krampfanfall im Zusammenhang mit starkem Erbrechen 
schon vor beinahe einem Jahre vorgekommen sein.) 

Bei der Aufnahme der Patientin im Krankenhause den 28./1I. 1893 
wurde folgender Befund notirt: Patientin hat einen gewöhnlichen Körper¬ 
bau und gesundes Aussehen und ist ganz intelligent und aufgeweckt, die 
Sprache vielleicht ein wenig schwerfällig. Beständige starke Kopfschmerzen. 
Der Schlaf verhäitnissmässig gut. Pupillen relativ gross und reagiren 
gut für Licht. Von den übrigen Sinnesorganen nichts Bemerkenswerthes. 
Das Gesicht vielleicht ein wenig schief, speciell scheint sich der linke 
Theil des Mundes etwas besser zu öffnen als der rechte. Die Bewegun¬ 
gen der Extremitäten ungestört. Der Handdruck rechterseits einige Kilo¬ 
gramm schwächer wie derselbe links, der ungefähr 30 Kilogramm war. 
Keine deutliche Störung der Sensibilität in ihren verschiedenen Quali¬ 
täten, Herztöne rein; der Puls 70 Schläge. Von den inneren Organen 


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nichts hervorzuheben. Urin klar, albuminfrei. Keine deutlichen Spuren 
von Lues, weder Drüsenanschwellungen oder andere Zeichen. Von den 
Zähnen nichts besonderes (in Betreff einer Narbe am linken Oberarm, 
siehe die Anamnese). Auch aus der Anamnese konnte in dieser Hinsicht 
nichts Bestimmtes ermittelt werden. 

Am selben Abend nach der Aufnahme stellte sich ein leichter Anfall 
ein. (Schon zu Hause am selben Morgen hatte sie einen Anfall gehabt.) Hierbei 
traten clonische Zuckungen in der rechten Gesichtshälfte und Lippen ein; 
die Articulation der Worte war sehr erschwert, den Mund konnte sie doch die 
ganze Zeit während des Anfalles öffnen und die Zunge frei bewegen. 
Das Bewusstsein war vollständig beibehalten. Der Anfall dauerte einige 
Minuten; nach demselben war der Zustand wie früher. Durch die ophthal¬ 
moskopische Untersuchung in der hiesigen Augenklinik stellte sich heraus, 
dass sie an Myopie (— G) litt, S n %; das Gesichtsfeld nicht eingeschränkt, 
die Venen im Augengrund erweitert, die Arterien etwas verengt in beiden 
Augen. Am inneren Hände der Papille des linken Auges eine kleine röth- 
liehe Trübung (schwer zu entscheiden, ob von einer capillaren Blutung 
oder eine plexusartige Erweiterung der Gapillaren bedingt). (Wahrschein¬ 
lich gesteigerter intrakranieller Druck.) 

Die Diagnose wurde auf eine Gehirngeschwulst gestellt, wahr¬ 
scheinlich in oder in der Gegend der vorderen linken (entralwindung, 
die motorischen Ceutra der rechten Gesichtshälfte und des Armes be¬ 
rührend. Bromkali und Jodkali wurde verordnet. Der Zustand blieb 
ungefähr unverändert bis zum 9./1II., wo die Patientin allmälig somno- 
lent wurde, sie klagte über gesteigerte Kopfschmerzen und Schwindel 
beim Aufrichten, sowie eine bemerkbare Schwäche im rechten Bein. Die 
Somnolenz nahm mehr und mehr allmälig zu, ohne dass Krämpfe vor¬ 
kamen, worauf am Nachmittag des 18./1II. vollständige Torna eintrat. Am 
Abend desselben Tages waren die Pupillen erweitert, gleich gross; keine 
Temperatursteigerung. Am Morgen des 14./1II. setzte dieser comatöse 
Zustand fort, die Temperatur nun 39°, die rechte Pupille contrahirt, die 
linke mittelweit; hierauf trat der Tod um 4 Uhr 30 Minuten Nach¬ 
mittags ein. 

Aus der am folgenden Tage von mir gemachten Section sei Fol¬ 
gendes hervorgehoben. Am linken Oberarm in der Gegend des Collum 
Humeri befindet sich eine paar Centimeter lange, stark eingezogene, gut 
verheilte, am Knochen festgewachsene Narbe. Beim Einschnitt dort findet 
man nur ein fibröses Gewebe, welches die Haut mit dem unterliegenden 
Knochen verband. Hymen intact. Keine geschwollene Drüsen zu be¬ 
merken. Das Kranium von gewöhnlicher Dicke, die innere Fläche ein 
wenig injicirt. Dura mater gespannt. Gyri durch die Dura gut zu sehen, 
abgeplattet; Dura adhärirt an den weichen Häuten an einer begrenzten 
Stelle, ungefähr in der Mitte der vorderen linken Centralwindung io einer 
Ausdehnung von ungefähr 1 Cm. in Diameter. Die grossen Blutleiter 
und die Piavenen blutgefüllt. Ungefähr im mittleren Drittel der vorderen 
Centralwindung der linken Seite, 2*5 ä 3 Cm. von der Medianfurche be- 


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Zur Kenntn. d. grossen meningealen u. Gehirngummata etc. 65 


ginnend und sich ungefähr bis 4 Cm. oberhalb der Fissura sylvii er¬ 
streckend, in einer Ausdehnung von etwa 4, 5 Cm. findet man eine leicht 
promenirende, durch ihre grössere Consistenz deutlich hervortretende 
Partie mit einer Breite von 1—2 Cm.; dieselbe zeichnet sich auch durch 
ihre ein wenig dunklere gr&uröthliche Farbe von den umgebenden Partien 
ab. Diese erwähnte Stelle erreicht nicht ganz den Rand der Central - 
furche, und erstreckt sich vorwärts etwas auf die Basis der Frontal- 
Windungen. Die Pia (incl. Arachnoidea) ist mit der genannten Partie 
festgewachsen und ungefähr in der Mitte dieser Stelle oder etwas unter¬ 
halb davon leicht verdickt in einer Ausdehnung von ungefähr 1 Cm. in 
Diameter und mit Restern von Adhärenzen besetzt (Zusammenwachsungs- 
stelle mit der Dura mater). Ein Sagittalschnitt wurde durch die Mitte 
derselben Stelle gemacht und findet man hier eine Geschwulst, welche 
in der Sagittalrichtung eine etwas ovale Form hat und gut abgegrenzt 
ist, im Corticalis gleich unterhalb der Oberfläche beginnend und sich 
unterwärts in der Marksubstanz beinahe 2 Cm. fortsetzend. Rückwärts 
begann sie ungefähr 0*75 Cm. von der Centralfurche und erstreckte sich 
vorwärts in einer Ausdehnung von 2*5 ä 2*25 Cm. Ein Einschnitt in 
der Längsrichtung der Geschwulst, parallel der Centralfurche, zeigte, dass 
dieselbe nur wenig die schon auf der Oberfläche deutlich sichtbaren Aus¬ 
dehnungen von ungefähr 4*5 Cm. überstieg. Auf der Schnittfläche fand man, 
dass die Geschwulst aus einer trocknen, gelblichen, käsigtibrösen Central¬ 
partie besteht, die von einem theilweise helleren, theilweise dunkleren, 
grauröthlichen, markigfibrösen Gewebe umgeben ist; dieses Gewebe ist 
von der sie umgebenden weissen Substanz scharf ab gegrenzt, aber in die 
umgebene graue Substanz mehr allmälig übergehend. — Das Rückenmark 
mit seinen Meningen, die nur etwas Blutfülle zeigten, wurde herausge¬ 
nommen, aufgeschnitten und nebst der Gehirngeschwulst in Müller’sche 
Flüssigkeit gesetzt. 

An der oberen Fläche der Leber gegen das Ende des rechten 
Leberlappens findet man eine beinahe faustgrosse höckrige Geschwulst¬ 
masse, die etwas proraenirend ist, aber zura grössten Theil in’s Paren¬ 
chym eindringt, doch scharf von derselben abgegrenzt. Die Schnittfläche 
ist von einer trocknen, gelblichen, leicht käsigmarkigen Beschaffenheit. 
Hier und da findet man im Inneren des Parenchyms einige von steck- 
nadelkopf- bis nussgrosse, gelbgraue, markige Bildungen, jedoch mehr in 
Form von Infiltrationen, wie von scharfbegrenzten Geschwulstbildungen. 
Die Leber ist übrigens von einer etwas losen Consistenz und glatten 
Oberfläche, mit gleichmässiger bcaunrother Schnittfläche, Acini deutlich. 

Von den übrigen Organen nichts besonderes hervorzuheben. 

Bei der mikroskopischen Untersuchung zeigte sich die Gehirnge¬ 
schwulst in dem centralen Theile aus einer homogen körnigen detritus¬ 
artigen Masse und in den peripheren Theilen aus Bindegewebe mit theil¬ 
weise reichlicher kleinzelliger Infiltration bestehend. Das Rückenmark 
und die Meningen, die in verschiedenen Höhen untersucht wurden, zeigten 
keine deutlichen Veränderungen; die Blutgefässe wareu etwas gefüllt. 

Archiv f. Dermatol, u. Syphil. Band XLVI. 5 


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Homen. 


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Einige Tage nach derObduction gab mir die Mutter, eine gebildete 
Dame, folgende Aufschlüsse: Im letzten Juni (1892) hatte sich bei der 
Patientin im Verlaufe von 2—3 Wochen ungefähr in der Mitte der Stirn 
eine Prominenz von der Grösse eines lO-Pfennigstückes entwickelt. Die 
Haut über dieselbe begann allmälig sich zu röthen. Eine ähnliche, aber 
kleinere Prominenz soll sich auch auf der rechten Seite des Schädels 
entwickelt haben. Im Verlauf von 3 Wochen während des Gebrauches 
einer Jodoformsalbe, sowie einer leichtgelblichen klaren Mixtur, die sie 
3mal täglich einen Esslöffel einnahm, verschwanden beide Bildungen. Im 
November sollen ähnliche Bildungen auf zwei Rippen, sowie auf der 
linken Seite des Schädels aufgetreten sein, welche ebenso unter derselben 
Behandlung in einigen Wochen verschwanden. Seit Ende des Sommers 
hatten etwas Kopfschmerzen fortbestanden. (Die Situation erlaubte nicht, 
auf nähere Details einzugehen). 


Fall III. 

Mann von 32 Jahren. Neuropathische Belastung. 
Syphilitisch inficirt bei etwa 25 Jahren. Bei 30 Jahren 
(1893) Krampfanfall mit Bewusstlosigkeit, darnach Kopf¬ 
schmerzen, Abnahme des Gedächtnisses und des allge¬ 
meinen Kraftzustandes, Schmerzen und Parästhesien des 
linken Armes. Durch Jodkali Verbesserung. Bald wieder 
epileptiforme Anfälle, Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, 
Gedächtnisssch wache; Schmerzen und Parästhesien nebst 
Schwäche des linken Armes und Beines. Durch antilueti¬ 
sche Behandlung temporäre Verbesserung. Wieder schwere 
und frequente Krampfanfälle (mit darauffolgender Somno¬ 
lenz). Nach Aufnahme in Verfassers Abtheilung (25./IX. 1895) 
wiederholte, oft nach einer Intervalle von einigen Minu¬ 
ten auftretende Krampfanfälle, welche gewöhnlich, in be¬ 
stimmter Reihenfolge, beinahe die ganze Körpermuscula- 
tur ergriffen; hierbei auch Ilippus Iridis. Gesteigerte 
Patellarreflexe. Tod den 27./1X. 1895. 

Die Section zeigte eine excessive Pachymeningitis 
gummösa,weiche sich über einen grossenTheilderConvexität 
der rechten Gehirnhemisphäre erstreckte. Lebergummata. 

Die mikroskopische Untersuchung zeigte 
stellenweise zellige Infiltration der weichen Häute, 
sowie fleckweise Alterationen an der Peripherie des 
Rückenmarks. 

T. A., Seemann aus Helsingfors. Bei der Aufnahme in der Nerven- 
abtheilung des Verfassers 25./1X. 1895, 32 Jahre alt. Der Vater des 
Patienten soll bei ungefähr 50 Jahren an einem Schlaganfall gestorben 
sein, und die Mutter soll eine längere Zeit geisteskrank gewesen sein. 
Der Patient hat 5 Geschwister gehabt, er selbst ist der 4. in der Reihe, 


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Zur Kenntn. d. grossen meningealen u. Gehirngummata etc. 67 

3 sind als Kinder im Alter von 1—3 Jahren gestorben, zwei Schwestern 
leben und sollen sehr nervös sein. 

Der Patient soll als Kind etwas schwächlich gewesen sein, und hat 
im Alter von 12 Jahren eine Lungenentzündung durchgemacht. Als 
lÖjähriger ging er in die See als Matrose, und war 5 Jahre auf seinen 
Seereisen; mit 21 Jahren war er längere Zeit in einem Krankenhause in 
Kronstadt; die Krankheit nicht näher bekannt. Mit 24 Jahren machte 
er seinen Militärdienst, jedoch nach einigen Monaten wurde er auf Grund 
seiner Kränklichkeit (?) verabschiedet; nachher ging er wieder in die 
See und blieb auf dieser Reise 6 Jahre weg bis zum Herbst 1893. Bald 
nach seiner Abreise soll er syphilitisch inficirt worden sein, und ist ver¬ 
schiedene Male in Krankenhäusern der Hafenplätze gewesen, wahrschein¬ 
lich wohl wenigstens einige Mal in Folge der Recidive der Lues. 

Die nächste Ursache, dass er im Herbst 1893 nach Hause kam, war 
folgende: Der Capitän des Schiffes hatte ihn an einem Tage bewusstlos 
auf dem Deck liegend gefunden, blau im Gesichte, Schaum im Munde 
und eine kleine Wunde am Kopfe. Patient soll sich dessen nicht mehr er¬ 
innern können. Seit der Zeit begann er an heftigen Kopfschmerzen zu 
leiden, das Gedächtniss wurde schwächer, der Schlaf und Appetit schlecht, 
er litt oft auch an stechenden Schmerzen und Vertaubungsgefühl im 
linken Arm, schliesslich wurde er so kraftlos und schwach, dass er keine 
Arbeit mehr ausführen konnte und war dadurch gezwungen, nach Hause 
zu kommen. 

Hier wandte er sich an einen Arzt, dem er mittheilte, dass er auch 
einige Krampfanfälle gehabt hatte. Unter Jodkali-Behandlung wurde ihm 
so weit besser, dass er wieder im April 1894 in die See gehen konnte. 
Er kam wieder im April 1895 zurück, weil er epileptiforme Anfälle hatte 
und auch an neuralgischen Schmerzen litt; nach seiner Ankunft klagte 
er ausserdem über starke beständige Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, 
schlechtes Gedächtniss, Betaubungsgefühl, stechende Schmerzen und 
Schwäche im linken Arm und Bein, sowie Appetitlosigkeit. Ein Arzt 
verordnete ihm dann Jodkali und Deutojodetum hydrargyri. Nach dem 
Gebrauch dieser Mittel während einiger Wochen wurde ihm etwas besser, 
und wollte damit nicht länger fortsetzen. Während des Sommers hatte 
er 4 Krampfanfälle mit Bewusstlosigkeit. 

Den 21./IX. 1895 hatte er wieder zwei Krampfanfälle mit Bewusst¬ 
losigkeit, schlief darnach die Nacht ganz gut, aber war den folgenden 
Tag etwas abwesend und somnolent, den 23. ebenso etwas somuolent, 
den ganzen Nachmittag hatte er epileptiforme Anfälle, oft mit Pausen 
von nur einigen Minuten; diese Anfälle setzten bis 3 ä 4 Uhr Morgens 
fort, und waren noch heftiger, dann verfiel er in einen unruhigen Schlaf. 
Den folgenden Tag, den 24., stellten sich wieder Anfälle ein, doch mit 
etwas längeren Zwischenpausen, bei welchen er somnolent und apathisch 
war, nahm doch etwas zu sich. Die Nacht verlief wieder sehr unruhig, 
aber am folgenden Morgen, den 25., war er etwas mehr bei sich, konnte 
sitzen und auch ein wenig bei Unterstützung gehen, ass auch etwas; der 

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Zustand verschlimmerte sich doch bald wieder und etwa um 12 Uhr 
wurde er in die Abtheilung des Verfassers transportirt. *) 

Der Status praesens war dann folgender: Der Patient liegt in 
passiver Rückenlage, beinahe bewusstlos; die Corneareflexe beibehalten, 
die Pupillen reagiren für Licht, die Patellarreflexe stark verstärkt; dieser 
Zustand wird oft nach Intervallen von nur 3—4 Minuten von mehr oder 
minder heftigen, immer in der Hauptsache auf derselben Weise ver¬ 
laufenden Krampfanfällen abgebrochen. Diese Anfalle fangen mit einem 
Zittern im Unterkiefer an (wobei der Mund die ganze Zeit offen ist), 
darnach tritt ein tonischer Krampf im linken Facialisgebiet auf, zuerst 
im unteren, dann auch im oberen Gebiet, wobei auch Corrugator super- 
cilii und musculus frontalis der rechten Seite contrahirt werden. Die 
Bulbi sind rotirt, links und aufwärts (die Cornea dabei empfindungslos, 
die Pupillen gleich gross, erweitert, reactionslos), der Kopf wird allmälig 
mit zuckweisen Bewegungen nach links gedreht, und das Gesicht etwas 
aufwärts. Nach einigen Sccunden treten einzelne Zuckungen der Strecker 
des linken Zeige- und dritten Fingers, sowie hastige Beugungsbewegungen 
im linken Ellbogengelenk, beinahe gleichzeitig fühlt man die linksseitigen 
Bauchmuskeln bretthart (die rechtsseitigen sind noch schlaff). Die cloni- 
schen Zuckungen ira linken Arm werden immer heftiger, besonders in 
den Beugungsmuskeln, schliesslich bleibt der Arm im tonischen Krampf 
gegen Thorax adducirt, im Ellbogengelenk gebeugt, die Finger sind auch 
gebeugt, der Daumen adducirt und in der Hand eingekniffen. Die 
Zuckungen gehen nun auch auf die Beine über, zuerst im linken und 
nach paar Secunden in das rechte; die Schlussstellung der Beine etwas 
verschieden, gewöhnlich das linke Bein im Kniegelenk gebeugt, das 
i echte dagegen abducirt und gestreckt. 

Beinahe gleichzeitig mit den Krämpfen in den Beinen werden auch 
die rechtseitigen Bauchmuskeln gespannt; nach einigen Secunden dehnen 
sich die Krämpfe auch zum rechten Arm aus; dieser wird etwas abducirt vom 
Thorax gehalten, im Ellbogengelenk ein wenig oder gar nicht gebeugt, 
die Finger gestreckt (mit Aufnahme des letzten Phalangs des dritten 
Fingers, welcher fleetirt gehalten wird). Während nun die Krämpfe im 
linken Facialisgebiet und linken Arm allmälig aufhören, treten lebhafte 
Zuckungen im rechten Facialisgebiet auf; die beiden Bulbi werden nach 
rechts gerollt. 

Nach einigen Secunden haben die Krämpfe in den Beinen beinahe 
aufgehört, und bei Beobachtung der Pupillen findet man nun beständige, 
kurzdauernde, undulirende Contractionen mit darauffolgenden Erweite¬ 
rungen in den beiden Iris. Während diese clonischen Krämpfe der beiden 
Sphincter iridis fortbestehen, nehmen die Krampfzuckungen im rechten 
Facialisgebiet allmälig ab, und nun hört man unarticulirte gurgelnde 
Laute, bisweilen von längerenschreienden Lauten von bestimmbarer Ton- 

') Die anamnestischen Daten sind theilweise von dem ihn früher 
behandelnden Arzt, sowie von seiner Schwester gegeben. 


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Zur Kenntn. d. grossen meningealen u. Gehirngummata etc. 69 


höhe abgebrochen; man sieht, fühlt besser noch, wie der Kehlkopf heftig 
auf- und abwärts gezogen wird, jedoch ohne Regelmässigkeit. Nach 10 
bis 20 Secnnden werden wieder die Pupillen erweitert, unbeweglich und 
sind noch ganz kurze Zeit nach dem Anfall reactionslos, die unarticulirten 
Laute hören wieder auf; die Larynxbe wegungen verschwinden. Der 
Patient liegt schlaff mit dem Kopf nach rechts gedreht. 

Die Respiration ist während de9 ganzen Anfalles sehr unregel¬ 
mässig, im Anfang ein kurzer Stillstand und mehr zum Ende beschleu¬ 
nigte Bewegungen; nach dem Anfall ist die Respiration etwas langsamer, 
regelmässig, von Zeit zu Zeit doch von tieferen Inspirationen abgebrochen; 
der Puls ziemlich regelmässig, etwas beschleunigt, ungefähr 100 Schlag 
in der Minute. 

Der Patient liegt nun ruhig, bis wieder ein neuer Anfall eintritt. 
Die Anfälle sind in ihrer Intensität etwas variirend; bei den schwächsten 
Anfällen beschränken sich die Krämpfe nur auf das linke Facialisgebiet 
und die Drehung des Kopfes nach links; bei stärkeren Anfällen werden 
mebr und mehr Körperregionen von den Krämpfen befallen, doch immer 
in obengenannter Reihenfolge. Die Phänomene der Iris und Larynx 
treten nur bei den schwersten Anfällen auf; diese kommen jedoch am 
häufigsten vor. 

Der Urin geht zeitweise unfreiwillig ab und enthält Spuren von 
Albumin. Von den inneren Organen nichts besonderes hervorzuheben, 
bis auf etwas feuchtes Rasseln in den Lungen. Zuweilen während etwas 
längeren Intervallen scheint dem Patienten ein wenig das Bewusstsein 
wiederzukehren, wobei doch die Augen einen starren Ausdruck haben. 
Der Patient musste durch Sonde gefuttert werden und bekam Stimulantia, 
sowie eine Schmiercur. 

Nachdem die Krampfanfälle von der Zeit der Aufnahme etwa um 
12 Uhr bis etwa 6 Uhr Nachmittag mit nur kurzen Intervallen gedauert 
batten, traten sie gegen Abend weniger oft auf. Temperatur um 9 Uhr 
38*7°. Während der Nacht wiederholten sich die Anfälle wieder sehr 
oft, nach approximativer Berechnung etwa 100 gut ausgeprägte Anfälle; 
am Tage, den 26., waren die Anfälle wieder weniger zahlreich, der 
Patient stark angegriffen, die Haut mit Schweiss bedeckt ; am Abend 
Temperatur 39*1°, Puls 120. Beim Versuch, die Speisesonde einzuführen, 
traten Krämpfe auf. 

Den 27. waren die Krämpfe seltener, mit einer Intervalle von etwa 
30 Minuten, aber sehr heftig; am Morgen der Puls 160, sehr schwach, 
Temperatur 39'8*. Um 7 Uhr Abends starb der Patient. 

Von der am folgenden Tage von mir gemachten Section sei Fol¬ 
gendes hervorgehoben: Das Cranium auf der rechten Seite des Scheitels 
etwas adhärirend an der Dura; von Mitteldicke, ziemlich symmetrisch; 
die Diploe vorhanden. Die innere Fläche auf der rechten Seite des os 
parietale, etwas auch des hintersten Theiles des os frontis, sowie auch 
des obersten Theiles des Pars squamosa ossis temporum (ungefähr die 
Zusammenwach8ung8stelle entsprechend) meistentheils leicht usurirt und 


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von etwas porösem, grauröthlichem Aussehen. Ebenso war das Cranium 
an der Dura adhärirend, in der Gegend des vorderen Endes des rechten 
Frontallappens, und ist ihre innere Fläche dort leicht usurirt. Dora 
etwas gespannt; in der Gegend des rechten Parietallappens, der Central¬ 
windungen, des obersten Theiles des Temporallappens, sowie des vorder¬ 
sten Theiles des Occipitallappens ist die Dura von einer festen, harten, 
undurchsichtigen Beschaffenheit und hat eine leicht rauhe äussere Fläche, 
die fleckweise, mit schwielig-fibrösen oder ein wenig gelblichen Ver¬ 
dickungen besetzt ist. 

Ungefähr \on derselben äusseren Beschaffenheit ist die Duia ein 
wenig unterhalb der letztgenannten Stelle, in kleinerer Ausdehnung, wie 
auch an der Spitze des rechten Frontallappens. Auf den übrigen Stellen 
sind die Gyri leicht durchscheinend. Bei Lospräparirung der Dura findet 
man dieselbe in den genannten Gegenden zum grossen Theil adhärirend 
an der unterliegenden Gehirnsubstanz, dieselbe etwas comprimirend. In 
der ganzen erstgenannten Region befindet sich an der inneren Fläche 
der Dura in einer Ausdehnung von 12 — 13 Cm. Länge und 9—10 Cm. 
Breite, meistens gleich neben der Falx cerebri anfangend, eine markig- 
fibröse, theilweise auch mehr schwielige Gewebsmasse, in welcher stellen¬ 
weise mehr gelblich-käsige Knoten eingestreut sind, und die stark mit 
der Dura festgewachsen ist, stellenweise so fest, dass eine deutliche 
Grenze zwischen Dura und der genannten Auflagerung nicht zu finden 
ist. Diese Auflagerung ist von einer wechselnden Dicke, theilweise so 
hochgradig, dass sie zusammen mit der Dura eine Dicke bis zu 2 Cm. 
erreicht. Die innere Fläche theilweise glatt fibrös, theilweise auch 
mit leichten 1—1*5 Cm. in Diameter messenden Prominenzen. Diesen 
entsprechen die mehr gelblichen Partien. Eine ähnliche, aber viel 
dünnere Auflagerung findet man auf der inneren Seite der Dura, '/,-2 Cm. 
abwärts von der genannten Stelle, entsprechend ungefähr der zweiten 
Temporalwindung, in einer Länge vou 5 — 6 Cm. und Breite von etwa 
2 Cm.; ebenso an der Stelle der Dura, die der Spitze des rechten Fron¬ 
tallappens entspricht, wo sie eine Ausdehnung von ungefähr 2*5 Cm. im 
Diameter und eine Dicke von ungefähr 0*5 Cm. hat. 

An den genannten Stellen ist die Gehirnoberfläche in beinahe der¬ 
selben Ausdehnung ein wenig eingedrückt, uneben und wie zerfetzt (s. 
Fig. 3); beim Einschnitt dieser Stellen ist meistens eine dünne Schicht 
von Corticalis noch vorhanden, welche ein graugelbliches Aussehen hat 
und stellenweise sich nicht gut von der untenliegenden weissen Substanz 
abhebt. An dem übrigen Gehirn ist die Pia ein wenig ödematös, leicht 
abziehbar. 

Die grossen Blutleiter und die Piavenen stark blutgefüllt, die 
Gefasse an der Hirnbasis ziemlich glatt. Die Gehirnsubstanz glänzend, 
lebhaft injicirt, das Ependym glatt. 

An der oberen Fläche der Leber einige kleinere narbige Ein¬ 
ziehungen; in den linken Leberlappen, einige Centimeter vom Ligamentum 
Suspensorium, findet man eine leicht promenireude, gegen 2 Cm. im Dia- 


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Zur Kenntn. d. grossen meningealen u. Gehirngummata etc. 71 

meter messende gelbliche Stelle. Dieser Stelle entspricht beim Einschnitt 
eine rundliche, ungefähr 2 Cm. im Diameter messende, etwas festere, von 
der Umgebung scharf abgegrenzte Bildung, welche eine gelbliche oder 
gelblichbräunliche, käsigmarkige Schnittfläche zeigt. Eine ähnliche, etwas 
kleinere Bildung findet man auf der unteren Fläche des rechten Leber¬ 
lappens nahe dem hinteren äusseren Rande. Einzelne kleinere, ähnliche 
Bildungen sind auch tiefer hinein in dem Parenchym zu finden. Die Leber 
im Ganzen ein wenig vergrössert und blutgefüllt. Die Grenzen der Acini 
nicht deutlich hervortretend. In der linken Lunge einige bronchopneu- 
monische Herde. Von den übrigen Organen nichts besonders hervor¬ 
zuheben. 

Das Gehirn und Rückenmark, das blutgefüllt war, wurden in 
Müller’sche Flüssigkeit gesetzt. 

Mikroskopische Untersuchung. 

Für die mikroskopische Untersuchung des Rückenmarks wurden 
Schnitte aus verschiedenen Höhen gemacht. Hierbei zeigte sich in den 
Meningen, hauptsächlich nur in den weichen, die auch meistens verdickt 
waren, hie und da etwas kleinzellige Infiltration; die von diesen Stellen 
ausgehenden, gewöhnlich verdickten Septen und Gefassscheiden Bind 
oft auch ein wenig zellig infiltrirt. Ausserdem findet man ab und zu an 
der Peripherie des Rückenmarkes selbst, gewöhnlich im Anschluss an die 
verdickten (infiltrirten) Septen, kleine, fleckförmige Stellen, wo die 
Nervenfasern meistens untergegangen und durch hyperplasirte Neuroglia 
ersetzt sind; gewöhnlich ist hierbei auch etwas Kernverraehrung vor¬ 
handen; streifenförmige Fortsetzungen von diesen alterirten Partien 
dringen oft mehr oder weniger tief in die weisse Substanz hinein. Die 
genannten Veränderungen sind am meisten im oberen und mittleren 
Dorsaltheil, am wenigsten im Lendenmark ausgesprochen. Ausserdem 
wurden mikroskopisch untersucht Stückchen des rechten unteren (alterirten) 
Parietallappens, des rechten Occipitallappens (von letzterem so heraus¬ 
geschnitten, dass ein Theil der alterirten, eine raube Oberfläche dar¬ 
bietenden Partie und etwa 2 Cm. der normal aussehenden Partie mit¬ 
genommen wurden); sowie Stückchen der zweiten rechten Frontalwindung, 
etwa 2 ä 3 Cm. von der vorderen Spitze des Frontallappens, und des 
linken Occipitallappens, welche Partien, ausser ein bedeutendes Oedem 
der Pia, ein normales Aussehen hatten. Auch wurden Stückchen der 
Dura mit ihrer Auflagerung untersucht. 

In Schnitten des rechten Parietallappens, sowie in dem Theil des 
rechten Occipitallappens, welcher schon makroskopisch eine rauhe Ober¬ 
fläche darbot, fehlte der äussere Theil der Corticalis, und der übrig 
gebliebene Theil defselben hatte einen zerfetzten Rand mit zerfallenen 
oder alterirten Nervenelementen, stellenweise auch ein wenig kleinzellige 
Infiltration; die Scheiden der stark blutgefüllten Gefasse waren theilweise 
kleinzellig infiltrirt; diese Infiltration erstreckte sich zuweilen bis in die 
unterliegende weisse Substanz hinein. Der übrige Theil der Schnitte des 


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rechten Occipitallappens, sowie Schnitte des linken Occipitallappens und 
besonders der zweiten rechten Frontalwindung zeigten etwas Anschwel¬ 
lung der Pia nebst Araclinoidea und besonders stellenweise leichte klein¬ 
zellige Infiltration derselben; hie und da waren auch die Scheiden der in 
die Corticalis eindringenden, stark blutgefüllten Gelasse eiu wenig klein¬ 
zellig infiltrirt. 

Die Schnitte aus der Dura mit ihrer Auflagerung zeigten keine 
deutliche Grenze zwischen der meistens etwas zellig infiltrirten Dura und 
das aufgelagerte Gewebe, in welchem die weichen Häute ganz aufge¬ 
gangen waren. Dieses Gewebe bestand theils aus festem, fibrösem oder 
lockerem fibrillärem Bindegewebe, das stellenweise stark zellig infiltrirt 
war, theils aus einer amorphen, körnigen, kernlosen Masse. 


Den folgenden Fall habe ich einmal bei einer Consul- 
tation, einige Wochen vor dem Tode gesehen. Die folgenden 
Angaben habe ich von dem ihn zuletzt behandelnden Arzt, 
sowie von der Frau des Patienten (nach seinem Tode) erhalten. 

Fall IV. 

Mann von 45 Jahren. Mit 30 Jahren syphilitisch infi- 
cirt (wahrscheinlich ungenügende Behandlung). Bei 41 
Jahren (1889) plötzlich anhaltende, starke, ausstrahlende 
Kückenschmerzen (in Lendengegend). Etwa 3 Wochen 
darnach Steifheit und Schwäche, zuerst im linken und 
dann auch im rechten Bein, bald (in 4 ä 5 Wochen) voll¬ 
ständige Lähmung, Gürtelgefühl, BlaseuStörungen, Darm 
träge. Nach Behandlung starke Verbesserung, nur geringe 
Stei fheit beim Geben; Gürtelgefühl fortbestehend. Früh¬ 
ling 1893 anfallsweise auftretende Kopfschmerzen; imSom- 
mer Zunahme derselben, Uebelkeit, Schwindel, Doppel¬ 
sehen; bettlägerig; durch Behandlung bedeutende Ver¬ 
besserung. Im September wieder Verschlimmerung, apa¬ 
thisch und stumpf. Tod den 22. October 1893 im comatösen 
Zustande. Section: Sulzig-gelatinöse Infiltration der 
Chiasmagegend, pflaumengrosse Gumma an der unteren 
Fläche des Kleinhirns. Im unteren Dorsaltheil dicke 
meningitische Auflagerung, auch auf das Rückenmark 
übergreifend. Gefässveräuderungen. Brust- und Bauch¬ 
höhle nicht geöffnet. 

C. L., Kaufmann aus Helsiugfors. 45 Jahre alt. Die Hereditäts¬ 
verhältnisse unbekannt; er soll als Kind und Jüngling relativ gesund 
gewesen sein. Im Alter von ungefähr 30 Jahren syphilitisch inficirt; die 
Behandlung ist, so viel man weiss, ungenügend gewesen. Im Februar 
1889, damals 41 Jahre alt, wurde er ziemlich plötzlich, bei einem Besuche* 


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ohne vorhergegangene Symptome von sehr heftigen Schmerzen in der 
Lendengegend befallen, welche besonders nach rechts ausstrahlten. Die 
Schmerzen setzten ungefähr in gleicher Intensität, sowohl Tag und Nacht, 
etwa 7 Wochen fort. Ungefähr 3 Wochen nach dem Beginn der 
Schmerzen wurde das linke Bein steif und schleppend, kurz darauf auch 
das rechte; der Gang wurde allmälig schwerer und schwerer, und etwa 
2 Monate nach Anfang der Krankheit war er an beiden Beinen voll¬ 
ständig gelähmt; die Ruckenschmerzen waren dann stark vermindert. 
Blasenstörungen hatten sich auch eingestellt, so dass er eine Zeit kathe- 
terisirt werden musste, sowie ein Gürtelgefühl um den Leib; der Darm 
war auch sehr träge. Die Behandlung soll in Injectionen bestanden 
haben. Die vollständige Lähmung der beiden Beine bestand etwa 4—6 
Wochen, aber verbesserte sich dann allmälig, so dass er ungefähr Mitte 
Juni mit einem Stock gehen konnte. Im Sommer machte er eine Bade- 
cur durch, dabei verbesserte sich sein Zustand so weit, dass er ganz gut 
ohne Stock gehen konnte, doch mit einer gewissen Steifigkeit, besonders 
im linken Bein; auch stellte sich Ermüdung in den Beinen früher wie 
gewöhnlich ein, wie auch störende Zuckungen in denselben; die Urin¬ 
beschwerden verbesserten sich um vieles, jedoch ohne vollständig zu 
verschwinden; das spannende Gürtelgefühl um den Leib verringerte sich 
relativ wenig, und ist seitdem beständig gewesen, ob auch mit variirender 
Intensität. 

Die nächstfolgenden Jahre war der Zustand unverändert, nur dass 
allmälig die Steifigkeit der Beine ein wenig zunahm, was sich besonders 
am Morgen beim Aufstehen, wie auch nach langem Sitzen bemerkbar 
machte. Daun und wann verspürte er auch Schmerzen in den Beinen, 
auch war die Lendengegend des Rückens allmälig, besonders für Druck, 
empfindlich geworden. 

Im Frühling 1893 fing er an, dann und wann an sehr heftigen 
Kopfschmerzen zu leiden, die anfallsweise auftraten und gewöhnlich nur 
einige Stunden andauerten; übrigens fühlte er sich damals ganz wohl, 
konnte ohne Stock umhergehen (die Steifigkeit, wie schon erwähnt, 
machte sich hauptsächlich nur am Morgen geltend); er soll, nach Angabe 
der Frau, sogar ein paar Mal getanzt haben; er besorgte auch selbst sein 
Geschäft. Anfang Juni stellten sich allmälig Schwindel und Uebelkeit 
ein, sowie eine starke Schwere im Kopf, zu welchen bald schwere, be¬ 
ständige Kopfschmerzen zutraten, wobei auch der Schwindel so schwer 
wurde, dass er gar nicht mehr auf sein konnte, und schliesslich kaum 
mehr den Kopf bewegen konnte, indem auch bei den kleinsten Bewegun¬ 
gen starkes Erbrechen eintrat. Doppelbilder soll er auch gesehen haben. 
Er bekam dann Quecksilbereinreibungen nebst Jodkali, worunter alle 
Symptome sich stark verminderten, aber ein Stomatit und heftige Diarrhoe 
traten ein, so dass die Einreibungscur nach 24 Packeten ganz abgebrochen 
werden musste. Durch diese Diarrhoe, welche einige Wochen anhielt, 
wurden seine Kräfte stark herabgesetzt. Gegen Ende September steigerten 
sich wieder stark die Kopfschmerzen und wurde Patient allmälig apathisch 


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II om e n. 


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und stumpf, dazwischen doch bisweilen bei vollem Bewusstsein. Er 
widersetzte sich jeder antiluetischen Behandlung; im allgemeinen soll 
er auch früher gegen solch eine Behandlung gewesen sein. 

In den ersten Tagen des Octobers besuchte ich ihn, und fand ihn 
dann ganz apathisch und schlaff im Bette liegend, etwas schielend und 
die Pupillen reactionslos; er schien alle Bewegungen ausführen zu können, 
auch der Beine, und sogar mit gewisser Kraft. Die Muskeln der Beine 
waren etwas gespannt und die Patellarreflexe stark gesteigert. Eine 
nähere Untersuchung wurde doch nicht gemacht, da es beschlossen wurde, 
dass er den folgenden Tag in meine Krankenabtheilung eintreten würde. 
Den folgenden Tag soll er aber sich einer solchen Ueberführung ganz 
entschieden widersetzt haben. Der Zustand verschlimmerte sich indessen 
allmälig und den 21. October verfiel er in einen beinahe comatösen 
Zustand, von dem er nur zeitweise aufwachte, ohne doch ganz klar zu 
werden; die Temperatur soll in den letzten Tagen gesteigert gewesen 
sein; er starb am Abend des 22. October 1893. 

Bei der, den folgenden Tag von mir im Hause des Patienten ge¬ 
machten Obduction wurde aus äusseren Gründen nur die Gehirncavität 
geöffnet, sowie das Rückenmark herausgenommen. Hierbei zeigte sich 
der Schädel von gewöhnlicher Dicke und symmetrisch, die Dura etwas 
gespannt, von mittlerer Dicke. In der Gegend vor Pons und die Chiasma 
sowohl vorwärts als seitwärts überragend, findet man eine etwas diffuse, 
graue, sulzig-gelatinöse Infiltration. An der unteren Fläche der linken 
Kleinhirnhemisphäre, ganz neben dem verlängerten Mark befindet sich 
eine, an der äusseren Fläche etwas abgeplattete, rundliche Geschwulst, 
von etwa 3 Cm. im Diameter, welche ungefähr zur Hälfte seines Volums 
in das Kleinhirn eiogedrungen war. Sie ist von etwas grösserer Consistenz 
wie die Gehirnsubstanz. Beim Einschnitt findet man, dass dieselbe in ihren 
peripheren Theilen aus einer grauen, markigen oder markig-fibrinösen und in 
den centralen Theilen mehr aus einer gelblichen, amorphkäsigen, trockenen 
Substanz besteht. An den Gefassen der Gehirnbasis kleine sclerotische 
Fleckchen; etwas Oedem der Pia; übrigens vom Gehirn nichts Besonderes. 

Bei der Eröffnung des Wirbelcanals tritt der untere Theil des Dorsal¬ 
markes stark hervor, in einer Ausdehnung von 5—6 Cm.; in dieser 
Gegend ist die Dura stellenweise mit der umgebenden Knochenwand 
leicht zusammengewachsen. 

Nach Herausnehmen des Rückenmarks mit ihren Meningen findet 
man die Dura in der genannten Gegend meistentheils an den einliegen¬ 
den stark vergrösserten Partien verwachsen; beim Einschnitt in der 
Mitte dieser Gegend bemerkt man die Dura, besonders hinten, stark 
verdickt und inwendig wie bekleidet mit einer grauen, stellenweise 
leichtröthlichen, markig fibrösen Gewebe, von einer Dicke von einigen bis 
7—8 Mm., welches das Rückenmark wie eine Scheide umschliesst und 
theil weise mehr oder minder unmerklich in die Rückenraarksubstanz 


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Zur Kenntn. d. grossen meningealen u. Gehirngumniata etc. 75 

übergebt, so dass eigentlich nur die vordere Hälfte des Rückenmarkquer- 
schnittes als solche gut za erkennen ist. 

Beim weiteren Einsebneiden des Rückenmarks findet man, dass diese 
grauröthliche Auflagerung ungefähr dieselben Dimensionen in einer Länge 
von 3—4 Cm. (im 9. und 10. Dorsalsegment) hat und sich dann beider¬ 
seits vermindert, so dass das Rückenmark und die Meningen in einer 
Entfernung von etwa 2 Cm. von dieser Stelle ungefähr das normale Aus¬ 
sehen darbieten, nur dass sie etwas blutgefüllt sind. (Die ganze alterirte 
Partie erstreckt sich ungefähr vom 8. bis 11. Dorsalsegraent.) Das Rücken¬ 
mark nebst Gehirn wurden in Müller’sche Lösung gesetzt. 

Mikroskopische Untersuchung. 

Schnitte von der am meisten veränderten Partie, vom 9. und 10. 
Dorsalsegment, zeigen um das Rückenmark herum und mit ihm innig 
verwachsen eine dicke Lage von meistens festem fibrösem Gewebe, in 
welchem die Meningen aufgegangen sind und welches hinten, wo es am 
stärksten ausgebildet ist, eine Dicke von 6 bis 7 Mm. erreicht; dieses 
Gewebe ist, besonders stellenweise, kernreich (Kleinzellen- und ovale 
Kerne); im allgemeinen ist der Kernreichthum grösser in den inneren, 
dem Rückenmark näher liegenden Schichten. Besonders in den vorderen 
Theilen ist diese Auflagerung deutlich getrennt von dem Rückenmarks¬ 
gewebe, obgleich auch hier, hauptsächlich in dem peripheren Theil, das 
Neuroglia und die bindegewebigen Septen bedeutend verdickt sind und 
mit vermehrten Kernen; speciell ist das Septum anterius stark verdickt 
und zellig infiltrirt. Hinten und auch rechts ist die Grenze mehr diffus, 
indem ungefähr in der hinteren Hälfte des Rückeomarkquerschnittes, wie 
auch rechts vorwärts (incl # das Vorderborn) die nervösen Elemente zum 
grossen Theil ganz zerstört sind und ersetzt durch das hyperplasirte 
Neuroglia wie durch die verdickten Septen und bindegewebigen Fort¬ 
setzungen von der Aussenschicht. Kerne sind auch hier reichlich vor¬ 
handen. (S. Fig. 4.) 

Sowohl im Rückenmark wie in der starken, umgebenden, sclero- 
tischen Auflagerung, sind die adventitiellen Scheiden der grösseren Ge- 
fasse, Arterien wie Venen, meistens zellig infiltrirt, welche Infiltration 
stellenweise bis zur Intima eindringt; die kleinen Gefasse sind gewöhnlich 
nur einfach sclerotisch verdickt, einzelne in sehr hohem Grade. 

In den von dem sclerotischen Gewebe umschlossenen Wurzeln sind 
die Nervenfasern meistentheils untergegangen, das Endoneurium verdickt 
und etwas zellig infiltrirt. 

In Schnitten vom untersten Theil des 8. und obersten Theil des 
11. Dorsalsegmentes ist die sclerotische Auflagerung um das Rückenmark 
herum von derselben Natur wie oben beschrieben, aber viel dünner und 
an gewissen Stellen der Peripherie, besonders vorne im 8. Dorsalsegment 
fehlt sie ganz in vielen Schnitten; theil weise ist diese Auflagerung nur 
an der inneren Seite der Dura, während die übrigen Meningen dann 


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relativ frei sind. Im allgemeinen sind hier, wie auch in den alterirten 
Stellen in dem Rückenmark selbst weniger Kerne vorhanden als in 
Schnitten vom 9. und 10. Dorsalsegment. 

Was das Rückenmark betrifft, so findet man hier eine an den 
verschiedenen Stellen verschieden breite Randzone (welche doch hinten 
in den Schnitten vom 11. Segment beinahe ganz fehlt), wo der grösste 
Theil der Nervenfasern verschwunden sind und das Neuroglia, sowie die 
bindegewebigen Septen stark verdickt sind. Diese Alterationen setzen 
sich oft streifenw eise mehr oder weniger tief im Innern des Rückenmarks 
fort; die graue Substanz, besonders die Vorderhörner und die centrale 
graue Substanz sind doch hiervon relativ wenig berührt. Ausserdem ist 
in den Schnitten vom 11. Dorsalsegment ungefähr die hintere Hälfte des 
rechten Seitenstranges beinahe ebenso verändert wie die Randzone, etwra9 
auch dieselbe Partie linkerseits. 

ln den Schnitten dagegen vom 8. Dorsalsegment sind die Ver¬ 
änderungen in den Seitensträngen, besonders links, viel weniger ausge¬ 
sprochen und mehr nach vorne gerückt; dagegen findet man etwas ähnliche 
Veränderungen in den Hintersträugen, besonders in den vorderen Theilen 
derselben und mehr in dem rechtsseitigen. 

Die Gefä8sveranderungen sind hier (in dem 8. und 11. Segment) 
etwas weniger ausgesprochen, speciell die Kerninfiltration der Wände 
der grösseren Gelasse. Auffallend ist hier, wie auch in Schnitten vom 
9. und 10. Segment der grosse Pigmentgehalt der Vorderhornzellen, sowie 
der Zellen der Clarke’schen Säulen. 

Schnitte aus dem oberen Dorsal-, Cervical- und Lendentheil zeigten 
etwas secundäre Degeneration an den gewöhnlichen Stellen (am meisten 
in den Hintersträngen, aufwärts ausgesprochen). In den Meningen stellen¬ 
weise unbedeutende kleinzellige Infiltration. Der Pigmentgehalt der Vor¬ 
derhornzellen relativ gross, doch nicht so stark ausgesprochen, wie in 
den früher beschriebenen Stellen. Die Gefässe zeigen keine auffallenden 
Veränderungen. Schnitte aus der Gumma an der Kleinhirnbasis zeigten 
theils ein stark zellig infiltrirtes, granulationsähnliches, theils, besonders 
in den centralen Theilen, ein mehr amorphköruiges kernloses Gewebe. 

Mikroskopisch untersucht wurden auch Stückchen von der Basis 
der ersten linken Frontalwindung, des vorderen Theiles des rechten 
Temporallappens, der rechten vorderen Centralwindung, des hintersten 
Theiles des linken Occipitallappens, sowie vom Kleinhirn nebst anliegender 
Pia. Hierbei zeigte sich, hauptsächlich in den zwei letztgenannten Re¬ 
gionen, stellenweise eine unbedeutende kleinzellige Infiltration in der 
Pia; ausnahmsweise waren die Scheiden der corticalen Gefässe leicht 
infiltrirt. 


Beim Rückblick auf die beschriebenen Fälle ist auffallend 
die extreme Entwickelung der Symptome, sowie der zu Grunde 


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Zur Kenntn. d. grossen meningealen u. Gehirngummata etc. 77 


liegenden syphilitischen Veränderungen und Neubildungen der 
Nervencentra; dieses ist dadurch bedingt, dass in einem der 
Fälle (Nr. 1) die Natur der Krankheit erst sozusagen im letzten 
Moment erkannt wurde, und im zweiten Fall erst am Sections- 
tisch; in den Fällen III und IV war wieder die Behandlung 
ungenügend gewesen. 

Aus dem Fall I ist besonders hervorzuheben die grosse 
Dimension der basalen Geschwulst, welche durch Zusammen¬ 
wachsen von verschiedenen Gummata entstanden zu sein 
scheint. 

Was den Fall II betrifft, ist schwer zu entscheiden, ob 
die Syphilis in der ersten Kindheit acquirirt oder hereditärer 
Natur war, besonders beim Fehlen detaillirter, anamnestischer 
Daten.Vom Localisationsgesichtspunkt ist von gewissem Interesse, 
dass, obgleich der mittlere Theil oder beinahe die zwei mitt¬ 
leren Viertel der linken vorderen Centralwindung zum grössten 
Theil in der Bildung der Gummageschwulst aufgegangen waren, 
jedoch nur eine höchst geringe Verminderung der Kraft des 
rechten Armes sich vorfand und die Störungen eigentlich nur 
in Reizungssymptomen bestanden. 

Von den Symptomen des Falles III sind speciell die 
Krämpfe hervorzuheben, d. h. die so scharf markirte Reihen¬ 
folge derselben, indem sie nacheinander beinahe die ganze 
Körpermusculatur betrafen, sogar auch die Halsmuskeln, und 
ausserdem die beiden Sphincter iridis, während die makrosko¬ 
pisch sichtbare, cortiale Läsion nur einseitig war. Das Factum, 
dass gleich am Anfang trotz der dann strengen linksseitigen 
Localisation der Krämpfe auch Muskeln des rechten oberen 
Facialisgebietes theilnahmen, ist eine schöne Illustration zu 
der doppelseitigen Innervation dieses Gebietes. Kaum besser 
kann man wohl auch den Hippus iridis, und auf beiden Seiten, 
zu sehen bekommen, und dieses in Folge einer ursprünglich 
einseitigen corticalen Reizung. 

Bemerkenswerth war dann das bei der Section gefundene, 
ausgebreitete, diffuse, pachymeningitische, so zu sagen Gumma- 
conglomerat auf der Convexität der rechten Hirnhemisphäre. 

Im Fall IV sind eigentlich nur die spinalen Symptome 
und ihr plötzliches Eintreten von Interesse. Auffallend ist die 


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beinahe bis zum Tode relativ gut erhaltene Beweglichkeit und 
Kraft der Beine, trotzdem dass im unteren Dorsalmark die 
motorische Leitung bedeutend abgebrochen war. 

Ganz bemerkenswerth ist in diesem Fall der so stark 
entwickelte, gleichmässige, über viele Segmente verbreitete, 
pachymeningitische Process und das bedeutende Uebergreifen 
auf das Rückenmark selbst. Zu erwähnen ist auch der grosse 
Pigmentgehalt in den Nervenzellen des Rückenmarks. 

In diesem Zusammenhang sei genannt, dass in den 3 
Fällen, die speciell daraufhin untersucht wurden, sowohl die 
cerebralen als spinalen weichen Häute auch an den makro¬ 
skopisch normal aussehenden Partien stellenweise eine mehr 
oder weniger starke zellige Infiltration zeigten, wobei die 
Rinden- und Rückenmarksgefasse der entsprechenden Gebiete 
oft in Mitleidenschaft gezogen waren. Hervorgehohen mag 
auch sein, dass in den drei ersten (in meiner Abtheilung Ge¬ 
storbenen) Fällen grosse Leberguminata sich vorfanden; in dem 
vierten Fall konnte aus äusseren Umständen die Bauchhöhle 
nicht geöffnet werden. 


Erklärung der Abbildungen auf Taf. VI. u. VII. 

Fig. 1. Zeichnung der basalen Gummata im Fall I; natürliche 
Grösse. 

Fig. 2. Schnitt vom oberen Dorsalmark des Falles I. Die Con- 
touren sind mit dem Zeiss’schen Zeichenapparat gezeichnet; llfacher 
Vergrös8erung (Zeis8 a^, Oc. 1); die Kerne sind bei stärkerer (37facher) 
Vergrösserung eingesetzt (Zeis8 AA., Oc. 1). Färbung: Weigert- 
Pal. Doppelfarbung mit Boraxcarmin. 

Fig. 3. Zeichnung der rechten Gehirnhemisphäre des Falles III; 
Hälfte der natürlichen Grösse. 

Fig. 4. Schnitt vom 9. Dorsalsegment des Falles IV. Zeichnung 
und Färbung wie in Fig. 2. 


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Bericht über die Leistungen 


auf dem 


G-ebiete der Dermatologie und Syphilis. 


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Verhandlungen der New-York Dermatological 

Society. 

255. Sitzung vom 19. October 1896. 

Praesident: J. A. Fordyce. 


H. G. Klotz stellt einen Fall von Dermographismus vor. 

Den Fall betrachtet Klotz als interessant, weil er einen gesunden 
9jährigen Jungen betrifft, frei von Verdauungsstörungen und nervöser 
Anlage. Nach Bestreichen der Haut entstehen sogleich blassrosa Streifen 
ohne jedwedes Brennen oder Jucken und erblassen wieder sehr rasch, 
ohne eine Spur zu hinterlassen. Der Redner glaubt Dermographismus von 
Urticaria factitia im Sinne Brocq’s differenziren und bloss als eine moto¬ 
rische Neurose betrachten zu müssen. 

G. H. Fox stellt einen Fall von Peraphiigus vor. 

Der Junge zeigt eine Eruption von erbsengrossen Blasen, ausge¬ 
breitet über Gesicht, Genitalien und Extremitäten. 

P. A. Morrow präsentirt einen Fall von Dermatitis herpeti- 
fo rm i s. 

Die juckende, aus Blasen, Quaddeln, Knötchen abwechselnd con- 
struirte Eruption besteht seit 4 Jahren bei dem jungen Manne, der nicht 
nervÖ3 ist und weder Zucker noch Albumen im Harn zeigt, obschon die 
Füsse bis zu den Knöcheln stark ödematös und auch pigmentirt er¬ 
scheinen. 

Bulkley stellt auch eine Dermatitis herpetiformis vor. 

Die Eruption begann in den Knie- und Ellbogenflächen vor 5 
Jahren bei dem jungen Manne, der von 14 bis 19 unmässig Onanie be¬ 
trieben hat, jedoch kräftig entwickelt erscheint. Die Eruption besteht 
aus Knötchen und Bläschen auf erythematöser Basis, intensiv juckend; 
das Gesicht ist frei. 

G. T. Jackson hat einen Fall von Dermatitis herpeti¬ 
formis. 

Die Eruption, seit 5 Jahren bestehend, ist auf Arsenik bis auf 
Pigmentationsreste verschwunden. 

Robinson betrachtet den von Fox vorgestellten Fall von Pem¬ 
phigus als eine Dermatitis herpetiformis. 

Bronson bemerkt, dass wenn es überhaupt einen Pemphigus 
gibt, der Fall von Fox als solcher angesehen werden müsse. Ueber 
Morrow’s Fall ist Redner im Zweifel. 

Archiv f. Dermatol, u. Syphil. B»nd XLVI. g 


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Verhandlungen 


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Jackson sehliesst sich der Ansicht Bronson’s an, zumal das 
Jucken in Fox’s Fall ganz mangelte. 

G. H. Fox glaubt, dass die Falle von Bulkley und Jackson 
wohl den chronischen, pruriginösen, recurrirenden Typus zeigen, welchen 
Du bring mit Dermatitis herpetiformis bezeichnet hat, dass jedoch sein 
und möglicherweise auch Morrow's Fall nicht in dieselbe Kategorie ge¬ 
hören, zumal die Blasen grösser und gespannter, auf nicht entzündlicher 
Flaut erscheinen. 

T. C. Fox (London) als Gast sagt, dass Bulkley’s Kall in Eng¬ 
land als Dermatitis herpetiformis gelten würde, hingegen Fox’s Fall als 
Pemphigus. 

W. C. Allen sagt, der Fall Fox’s präsentirt die bullöse Form 
von Impetigo contagiosa universalis. 

G. T. Eli io t bemerkt, dass eine Differential-Diagnose von Pem¬ 
phigus und Dermatitis herpetiformis nach bloss einmaliger Besichtigung 
nicht zulässig ist. Ferner soll Duhring das Wort FI er p e ti fo r m i s 
im pathologischen Sinne gewählt haben, um den neurotischen Charakter 
anzudeuten. 

Robinson sagt, Duhring hätte in der letzteren Zeit das Wort 
»Herpetiformis“ im klinischen Sinne gedeutet. 

A. R. Robinson demonstrirt ein kleinspindelzelliges Sarcoma 
oder Carcinoma. 

Seit 2 Jahren besteht bei einem 12jährigen Mädchen eine knotige 
Induration am Scheitel, welche erst für eine Cvste gehalten und bereits 
2mal excidirt wurde. Jetzt sind auch geschwellte Nackendrüsen mit dem 
Rückfalle erschienen. Die mikroskopische Untersuchung fehlt noch. 

T. C. Fox London) fragt, ob hier Versuche mit hypodermatischen 
Injeetionen von Arsenik bei derartigen Fällen gemacht wurden, zumal 
Kaposi diese besonders empfiehlt. 

Morrow sagt, er habe Arsenik hypodermatisek bei Mycosis fun- 
goides angewendet mit gutem Erfolg; docli schreibt er die Wirkung 
nicht dieser Administrations-Methode zu, denn die so verschwundenen Tu¬ 
moren erschienen wieder, sobald die Behandlung eingestellt war. 

G. IJ. Fox hat Arsenik kypodermatisch bei einem Falle von My¬ 
cosis fungoides angewendet; der Patient starb jedoch. 

Kllint hat damit bei Psoriasis und Fjichen planus Versuche 
gemacht; jedoch der grossen 12—3b Stunden dauernden Schmerzen wegen 
diese Methode einstellen müssen. 

S. Lustgarten bemerkt, dass er diese Methode gründlich er¬ 
probt hat und entgegen der Angabe Elliot’s bestätigen kann, dass wenn 
das Natriumsalz von Arsenik (1—3%) in 2% Carbollösung aufbewahrt, 
gekocht und filtrirt und dann tief unter die Haut des Rückens injicirt 
wird, kaum Schmerzen empfunden werden und nie Abscedirung beob¬ 
achtet wird. Doch gab diese Methode bei Mycosis fuugoides nur tempo¬ 
rären — bei Sarcoma gar keinen — und nur bei anderen Formen von 
Barcoiden Tumoren günstigen Erfolg. Auch erfolgte vollständige Heilung 


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der New-York Dermatological Society. 


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in einem von Chirurgen als inoperabel zurückgewiesenen Fall von Osteo- 
sarcoma des Sternums mit geschwellten Axillardrüsen. 

Piffard fragt, was der Vortheil der subcutanen Application des 
Mittels wäre. 

Lustgarten sagt, dass das Arsen in dieser Weise eine ener¬ 
gischere Wirkung zu entfalten im Stande sein soll. 

Elliot sagt, dass er in seinen Versuchen mit Sol. Fowleri wohl 
keine Abscesse erzeugte, doch trotz der tiefen Injection konnten die 
Schmerzen nicht ertragen werden. 

Morrow bemerkt, dass er letzthin 10 Injectionen ä gutt. Y einer 
Fowler’schen Solution in sterilisirtem Wasser bei einem Patienten ohne 
Schmerzen verabreichte. Der Patient zog diese Methode der inneren 
Verabreichung, gefolgt von gastrischen Störungen gerne vor. 

Robinson sagt, dass einem Patienten mit Carcinoma täglich 3 In¬ 
jectionen ä gutt. XX beinahe 6 Wochen hindurch ohne Erfolg gegeben 
wurden. Doch waren auch weder Schmerzen noch Abscesse gefolgt. 

G. II. Fox stellt für G. M. Ham in und einen Fall von Lepra 
anaesthetica vor. 

Der Fall betrifft eine Negerin aus Bermuda, die erst als Cerebrospinal- 
sclerose angesehen, doch mit Rücksicht auf den Zustand des Gesichtes, 
der Hände und anaesthetischen Stellen am linken Beine bald als Lepra 
erkannt wurde 

Morrow prasentirt einen Fall „für Diagnose“. 

Bei einer brau entstand vor 12 Jahren eine stets zunehmende 
Eruption, die linke Hand und Carpus in voller Circumferenz einnehmend; 
t rst einem Herpes tonsurans, gegenwärtig mehr einem Erythema ähnelnd. 
Weder Exsudation noch Bläschenbildung war jemals sichtbar. Die Nägel 
blieben frei. — Redner vermuthet einen Fall von Lupus erythematosus 
vor sich zu haben. 

Sherwell prasentirt einen Fall von „tertiärer Syphilis“. 

Der 50jährige Patient, der eine luetische Vorgeschichte zugibt, soll 
wegen eines von Chirurgen für Carcinoma angesehenen Gumma der Stirne 
ohne jedweden Erfolg lange Zeit behandelt worden sein. Auf anti- 
speeifiscbe Behandlung und local Calomelsalbe wurde Heilung in 5 Wochen 
erzielt. Redner empfiehlt die häufigere Consultation der Syphilidologen 
von Seite der Chirurgen. 

Klotz prasentirt einen Fall von multiplen Tumoren der 
Haut zur Diagnose. 

Der 38jäbrige Patient gibt an, dass er seit seinem 8. Lebensjahre 
zahlreiche Knötchen an der Haut beobachtet hat. Eine Gruppe der¬ 
selben an der linken Nasenseite soll seit Geburt bestehen. Einzelne Tu¬ 
moren sind derb, von Wallnussgrösse und im subcutanen Gewebe liegend; 
andere sind weicher, gestielt, kleiner, dem Fibroma pendulum ähnlich. 
Die meisten sitzen in der Haut, sind leicht erhaben, von braunrother; 
Farbe, scharfer Begrenzung, in gewissen Beziehungen mit dem Epithelioma 
benignum von F o r d y c e übereinstimmend. Der Allgemeinzustand ist gut. 
Schmerz wurde nie empfunden. Eine mikroskopische Untersuchung fehlt. 

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Verhandlungen 


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Lustgarten sagt, obschon die Tumoren dem Molluscum fibrosum 
ähnlich aussehen, ist er doch geneigt, dieselben für cystische oder benigne 
Epitheliome zu halten. 

Robinson diagnosticirt multiple Fibrome. 

G. H. Fox stimmt mit der letzteren Diagnose überein. 

Allen glaubt mit Rücksicht auf die congenitale Prädisposition des 
Pat. zu derartigen Bildungen Molluscum fibrosum annehmen zu dürfen. 

J. A. Fordy ce ist überzeugt, dass es sich um benigne Epitheliome 
handelt. 

P. A. Morrow stellt einen Fall mit merkwürdig ringförmiger 
Eruption, vielleicht Lichen planus vor. 

Die Patientin soll vor 8 Jahren in Hamburg mit Chrysarobin gegen 
Psoriasis behandelt worden sein. Vor 5 Jahren hatte sie einen Rückfall. 
Seit letztem Herbst bestehen ringförmig gruppirte, isolirte Knötchen an 
den Streckseiten der Ober- und Unterschenkel. Trotz Anwendung all¬ 
möglicher antipsoriatischer Mittel blieb Heilung aus. 

Lustgarten, Robinson, Elliot, Klotz, D. C. T. Fox (London) 
betrachten den Fall für Lichen planus mit serpiginös geordneten Läsionen. 

G. J. Elliot demonstrirt einen Fall von Epidermolysis bullosa. 

Seit Geburt besteht bei dem Pat. die Neigung zur Blasenbildung, 
ohne dass man jedoch einen hereditären Charakter nach weisen könnte. 
Die allenthalben zerstreuten Narben sind die Residuen früherer Läsionen. 

Lustgarten bemerkt, dass die nervösen Symptome des Pat. für 
eine central-nervöse Entstehung derselben sprechen, dass es also keine 
typische Epidermolysis bullosa sei. 

T. C. Fox (London) erinnert sich eines Falles mit ähnlichen ner¬ 
vösen Symptomen und bullöser Eruption, welche erst für chronischen 
Pemphigus gehalten, später jedoch als Syringomyelie sich ergeben hat. 

Bulkley sagt, dieser Pat. ist seit 8 Monaten in Spitalsbehandlung. 
Die Läsionen traten während derselben ungestört auf, obschon Eisbeutel 
der Rückenlende entlang applicirt wurden. 

Elliot schliesst die Debatte mit der Bemerkung, dass die Eruption 
kurz nach der Geburt begonnen habe, dass die Nervensymptome erst recenter 
Natur sind und dass eine Post mortem Diagnose von Syringomyelie nicht 
überraschen würde. 

Lustgarten demonstrirt einen schon früher vorgestellten Fall von 
maculösem melanotischen Hautsarcom. 

Die Pigmentflecke haben sich seither von der Schläfenfläche auf 
die Wange, Stirne und Haarboden ausgebreitet. Pigmentationen sind 
auch an der Conjunctiva, Sclerotica und um den Nervus opticus herum 
nachweisbar. Den einzigen ähnlichen Fall von mild verlaufender Sar- 
coma cutis hat Robinson publicirt. 

D. Lewis sagt, er habe vor Jahren eine Excochleatio orbitae 
wegen eines Sarcoma melanoticum corneae gemacht, ohne einen Rückfall 
der Krankheit beobachtet zu haben. 


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der New-York Dermatological Society. 


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S. Lustgarten stellt einen Fall von Paget’s Disease vor. 

Die linke Brustwarze der 42jäbrigen Frau ist seit 2 Jahren leicht 

indnrirt, geschwellt, derzeit nicht eczematös verändert, mit beginnender 
Retraction. Der mikroskopische Befund wird demonstrirt und ergibt die 
Malassez Darier’schen Psorospernien. Ob diese Zelldegeuerationsformen 
sind oder nicht, als diagnostisches Merkmal sind sie gewiss verwerthbar. 

Sherwell sagt, dass die Mehrzahl der Pigmentsarcome Pigment¬ 
ablagerang in der Sclerotica des Auges zeigen. Hinsichtlich des 2. Falles 
ist der Mangel von Eczem und der mehr hypertrophische Zustand der 
Brustwarze auffallend und für Paget’s Krankheit nicht typisch. 

G. H. Fox demonstrirt einen FalWon Adenoma sebaceum. 

Das kleine Mädchen zeigt zahlreiche kleine, rothe, teleangiactische 
Tumoren des Gesichtes. 

T. C. Fox (London) bezweifelt die Diagnose Adenoma sebaceum, 
zumal selbe schwer von Hachen rosafarbigen Wärzchen zu differenziren sind. 

Fordyce präsentirt einen Fall „zur Diagnose u . 

Der 64jährige Pat. hat vor 2 Jahren wegen Rheumatismus ein Lini¬ 
ment vorne am Unterschenkel applicirt und bald darauf eine juckende 
Eruption von Knötchen beobachtet, welche zu warzigen Bildungen sich 
entwickelten. Aehnliche Veränderungen fanden am Penis, Scrotum und 
Kniekehle statt. Kleine, flache Knötchen sind noch jetzt in der Umgebung 
der infiltrirten Plaques sichtbar, Lichen planus suggerirend. 

G. H. Fox hält den Fall für Lichen planus. 

Bronson bezweifelt Lichen planus. 

S. Lustgarten stellt einen Fall von Mycosis fungoides vor. 

Bis vor 18 Monaten soll Pat. gesund gewesen sein, wenn er mit 
einem juckenden eczemartigen Ausschlage an Armen, Gesicht und Körper 
behaftet wurde. Redner fasst den Fall als Mycosis fungoides im eczema- 
tÖ8en und lichenoiden Stadium. Auffallende Besserung unter Arsen. 

G. H. Fox empfiehlt eine Verzögerung der Diagnose, bis deut¬ 
lichere Symptome sich einstellen werden. 

Bronson präsentirt einen Fall von Dermatitis papillaris ca¬ 
pillitii. 

Die Affection trat an der hinteren Haargrenze auf, verschwand und 
trat an derselben Stelle wieder vor Kurzem auf. 

Morrow präsentirt einen Fall von Syphilis palmae. 

Ein alter Herr zeigt eine seit 9 Jahren bestehende Infiltration in 
der Vola manus. Auf antiluetische, locale und innerliche Behandlung 
besserte sich der Zustand, heilte jedoch erst nach subcutanen Calomel- 
Injectionen. 

Elliot spricht über Dermatitis nach X.-Strahlen. 

Zwei Jungen, die ungefähr ein Dutzendmal den X.-Strahlen über 
Sternum und Rippen ausgesetzt waren, präsentirten nach 2—3 Wochen 
Oberfläche Schorfe, wie nach einer Verbrennung. Dieselben heilten mit 
Granulation in rascher Zeit. Redner erwähnt, dass häufige Application 
dieser Strahlen am Kopfe Kahlheit zur Folge haben kann. Wahrscheinlich 


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beruht diese Wirkung auf die chemischen Eigenschaften der violetten 
Strahlen, welche wie bei der Sonnenhitze, auch bei den Röntgenstrahlen 
zur Geltung kommen. 

Piffard warnt vor unvorsichtigerHandhabung der Kathode-Strahlen, 
bevor deren physiologische Eigenheiten gründlich bekannt sind. Die X.- 
Strahlen sind keine violetten, sondern möglicherweise ultraviolette 
Strahlen; wir wissen es eben noch nicht, sagt er; die Ansicht Elliot’s, 
dass man durch Abhaltuug der violetten Strahlen des Sonnenspectrum 
die Brennwirkung aufheben könne, bezweifelt Redner, da doch Drasser 
schon vor Jahren die Wärme-Strahlen in das Ultrarothe verlegte. 

Elliot erwidert, dass ei*missverstanden wurde. Er meinte bloss, 
dass die X.-Strahlen viele violette Strahlen enthalten, nicht dass sie iden¬ 
tisch wären. Ferner sagt er auch nicht, dass die violetteu Strahlen und 
Wärmestrahlen identisch wären. Der Sonnenbrand beruhe seiner Ansicht 
nach auf den chemischen und nicht Wärmestrahlen. 


256. Sitzung vom 24. November 1S!H>. 

Praesident: Fordyce. 

F o r d y c e bringt einen Fall „zur Diagnose“. Bei einer 
Witwe, Mutter von 6 Kindern, besteht seit 8 Jahren ein symmetrisches 
rosafarbiges, gut begrenztes, indurirtes Erythem der Wangen und Nasen¬ 
flügel. Rechts ist vorgeschrittene Atrophie; links sind mehrere einge- 
zogene Narben zu verzeichnen. Schuppung und Knötchen fehlen. Redner 
hatte erst an einen auf syphilitischem Boden sich entwickelten Lupus 
erythematosus gedacht. Grosse Dosen von Jod hatten jedoch keine Wir¬ 
kung weder auf die Induration noch auf den gleichzeitig bestehenden 
Knochenprocess der Phalangen des rechten Mittelfingers. 

C. W. Allen neigt sich zur Diagnose Lues und empfiehlt forcirte 
antisyphilitische Behandlung. 

E. B. Bronson bezweifelt sowohl Lues als auch Lupus in diesem 

Falle. 

G. T. Jackson spricht sich mehr für Lues aus. 

S. Sherwell stimmt mit der Annahme Fordyce’s überein. 

S. Lustgarten sagt, dass der Process am ehesten für Lupus 
vulgaris spricht. Die Frau soll angeblich w r egen eines Nasenleidens ope- 
rirt worden sein, welches wohl die Infectionsquelle darstellt. Der linke 
Nasenflügel präsentirt ein weich infiltrirtes granulomatöses Lupusgewebe; 
die Fingerschvvellung eine tuberculöse Osteomyelitis. Die Läsionen des 
Gesichtes bestehen zu lange für Lues; noch zeigen sie genügende An¬ 
deutungen eines Lupus erythematosus. Redner nimmt eine ungewöhnliche 
Form, superficiellen maculären Lupus vulgaris an. 

Fordyce stimmt Lustgarten soweit bei, dass es sich ursprüng¬ 
lich um ein tuberculöses Gumma der Nase gehandelt- haben dürfte; doch 
dass das secundäre Ervthem wohl einen Lupus erythematosus darstellt. 


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der New-York Dermatological Society. 


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G. T. Jackson stellt einen Fall von Lupus erythematosus 
vor, welcher in Lupus vulgaris sich umwandelte. 

Vor 4 Jahren präsentirte sich der jetzt 18jährigo Patient mit etwa 
20 rundlichen, leicht eingesunkenen, narbigen, schuppenden Plaques des 
Gesichtes und Ohrlappen. Die Halsdrüsen waren geschwollen; eine sogar 
suppurirt. Lupus erythematosus wurde diagnosticirt. Im Februar 1894 wurden 
enorm vergrösserte Halsdrüsen exstirpirt, w-onach sämm fliehe Efflores- 
cenzen bis auf 2 erblassten. Das entfernte Drüsengewebe erwies sich 
tuberculös. Nach 6—8 Monaten erfolgte ein neuer Nachschub kleiner 
Plaques, besetzt mit kleinen weichen bräunlichen Knötchen. 25% Salievl- 
Creosot-Pflaster schien gut zu wirken. Jackson glaubt, dieser Fall 
illustrirt die Annahme der Franzosen, dass die Toxine eines tuberculösen 
Herdes secundär die Entwickelung einer Lupus erythematosus zur Folge 
haben kann. Der vorliegende Fall zeigte: 1. die tuberculöse Halsdrüsen¬ 
schwellung, 2. den durch toxische Infection entstandenen Lupus erythe¬ 
matosus und 3. die Bildung eines Lupus vulgaris als Resultat einer In¬ 
fection mit Tuberkelbacillen. 

Cutler und Klotz stimmen dieser Anschauung bei. 

Allen sagt, es bestehe der Verdacht, dass ein schon früher be¬ 
stehender Lupus vulgaris Lupus erythematosus vortäuschte. 

Lustgarten sagt, manche Fälle von Lupus vulgaris sehen dem 
Lupus erythematosus täuschend ähnlich, so auch in dem vorliegenden 
Falle, welchen Redner für eine auf tuberculöse Drüsen secundär gefolgte 
Lupusinfiltration ansieht. 

C. W. Allen demonstrirt einen Fall von multiplem Epithe¬ 
lioma. 

Ein alter Mann mit warzigen Hornbildungen im Gesichte beobach¬ 
tete vor 4 Monaten am linken Nasenflügel eine Läsion, welche ein typi¬ 
sches Epitheliom darstellt; später entstanden ähnliche am linken Ohr 
und rechter Wange. Ein Epitheliom heilte nach Anwendung von 25% Pyro- 
gal lolsalbe. 

Sherwell weist auf die häufige Degeneration von Muttermalen 
des Gesichtes hin. Redner fand die schwache Präcipitatsalbe bei sebor¬ 
rhoischen Warzen sehr wirksam. Bei bereits entwickelten Epitheliomen 
zieht Redner die Curettage, gefolgt von Aetzung mit Ung. hydrarg. 
nitrat, vor. 

G. T. Jackson empfiehlt bei den flachen Warzen Salicylpräparate 
als Pflastermulle. Pyrogallol ohne Curettage dürfte auch im vorliegenden 
Falle keine Heilung erzielen. 

D. Lawis frägt, wozu das Pyrogallol nach einer gründlichen 
Curettnge nöthig wäre? 

Jackson erwidert, dass Belbes kleine zurückgelassene Keime zer¬ 
stören solle. 

Robinson sagt, seine Versuche mit Pyrogallol befriedigten ihn 
nicht und findet er die Application einer dem Falle entsprechend starken 
Arsenpasta viel wirksamer. In dem vorliegenden Falle wäre eine 50% 


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UNIVERSITY 0F MICHIGAN 



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Verhandlungen 


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Paste für 13 bis 16 Stunden lang applieirt angewiesen. Der pathologische 
Process reicht oft tief in die Cutis ein und deshalb ist nächst dem 
radicalen operativen Eingriffe eine starke Arsenpasta am ehestens an¬ 
gezeigt. 

Piffard schliesst sich der Ansicht Robinson’s an. 

S. Lustgarten bemerkt, dass Pyrogallol zur Behandlung des Epi¬ 
thelioms selbst in Wien schon seltenere Anwendung findet. Arsenappli- 
cation fand Redner von vorzüglicher Wirkung; nur müsse man bei aus¬ 
gebreiteter Anwendung an Arsenvergiftung denken. Seine Methode besteht 
in der auch von Chirurgen wie Billroth geübten Curettage und nacli- 
heriger Aefzung mit Aetzkali. 

Robinson fragt Lustgarten, ob er je eine Vergiftung nach 
ausgedehnter Anwendung von Marsden’scher Paste gesehen hätte? 
Redner hat selbe auf grosse Flächen ohne böse Folgen applieirt. 

Lustgarten sagt, dass ein Todesfall von Arsenvergiftung nach 
Hebra’scher Arsensalbe mit Opium bekannt sei. Die Cosmi’sche 
Paste, aus 1*00 Acid arsenicis, 3’00 Zinnober und 24*00 Fett bestehend, 
darf nur auf 1—2 Quadratcm. angewendet werden. Man könnte eventuell 
Cocain damit combiniren. 

Robinson sagt, Cocainzusatz lindert nicht den Schmerz. 

Piffard bemerkt, dass die Gefahr der Intoxication bei stärkeren 
Arsenpräparaten geringer sei, als bei schwächeren. 

Lustgarten sagt, dass diese Thatsache auf die nur oberflächlich 
ätzende Wirkung der stärkeren Präparate hinweisen würde. 

D. Lewis sagt, seine Versuche mit Pyrogallol überzeugten ihn, 
dass es kein Aetzmittel sei, sondern im Gegentheil die Infiltration steigert. 
Die Wirkung der äusserlich angewendeten Arsenpräparate ist oft schon 
nach einigen Stunden deutlich ausgesprochen: man müsse demnach solche 
Patienten unter stetiger Beobachtung halten. 

Allen glaubt, die Behandlungsmethode hängt vom Sitze der Läsion, 
vom Alter des Patienten ab. Durch chirurgische Eingriffe und Curettage 
könnte Autoinoculation begünstigt werden. Die Arsenpräparate wirken 
local sehr gut, doch sind sie sehr schmerzhaft. Pyrogallol hat ihm gute 
Dienste geleistet. Redner wolle dessen Wirkung gründlich erproben. 

Piffard bemerkt, dass Allen’s Fall durch keine bekannte Me¬ 
thode geheilt werden wird. Die innerliche Anwendung von Trifolium 
pratense als Extract oder deren frische Blüthen sollen bei malignen 
Neubildungen eine ausgesprochene Heilwirkung zeigen. Doch ist die 
Dosirung noch nicht bekannt. 

Fordyce erinnert sich eines Epithelioms des Gesichtes, welches 
einer antiluetischen Behandlung und 2 chirurgischen Eingriffen wider¬ 
stand ; nach Einnahme von 1 Pfund Trifolium Pratense (Parke Davis & Co.) 
jedoch verschwand. 

Lustgarten bemerkt, diese fgute Wirkung mancher innerlicher 
Präparate, wie bei Tuberkulin, beruhe auf deren locale entzündliche 
Reizwirkung und bestehe bloss temporär. 


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Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



der New-York Dermatological Society. 


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Allen sagt, dass der Zusatz von Cocain zu Aetzpasten den Schmerz 
nicht lindert. Jermings hat eine Combination von Aetzkali, Cocain 
und Vaselin vorgeschlagen, doch liesse sich selbe schwer herstellen. 

Lewis bemerkt, dass diese Combination nur in frischer Herstel¬ 
lung die Cocainwirkung zur Geltung kommen lassen wird. 

C. W. Cutler empfiehlt die Auflösung des Cocain in etwas Wasser 
und dann Verreibung mit Vaseline in Wärme. 

Lustgarten macht darauf aufmerksam, dass Cocain mit Kalium 
gemischt kein Cocain, muriat mehr ist und als solches in Vaseline sich löst. 

Klotz stellt einen Fall von Dermatitis haemostatica vor. 

Der 25jährige Kellner hat seit 3 Jahren eine thalergrosse, braune 
Discoloration am linken Unterschenkel, welche im Centrum dichter, gegen 
die Peripherie hin blasser und nicht abgegrenzt erscheint. Auch sind im 
Centrum wie in der Umgebung isolirte, polygonale, dunkelbraune Pünkt¬ 
chen zu sehen. Die Läsion ist flach, glatt, nicht schmerzhaft, nicht juckend. 
Die Haut zeigt deutliche Atrophie. Varicosität des Beines mit einzelnen 
frischen Hämorrhagien sind sichtbar. 

Cutler bemerkt, er hätte einen ähnlichen Fall in 1891 vorgestellt. 

Bronson würde den Terminus Dermatosis als geeigneter Vor¬ 
schlägen. 

Klotz findet den Vorschlag gerechtfertigt. Redner bemerkt, dass 
diese Fälle gewöhnlich mit Eczem combinirt sind und dass die Atrophie 
auf gewissen Zellwucherungen und nicht auf der blossen Resorption von 
Hämorrhagien beruhe. 

Piffard erwähnt einen Bericht aus England, wonach die Haut 
eines Chirurgen nach Contact mit Blut sich erythematös gestaltete. 

A. R. Robinson stellt einen Fall von multiplem, melano- 
tischem Sarcom vor. 

Ein 38jähriger Mann hatte ein Muttermal am Rücken, welches vor 
3 Jahren zu jucken und wachsen begann. Dasselbe wurde mit Faden ab¬ 
geknüpft. Doch bald entwickelten sich zahlreiche neue Bildungen über 
dem Körper. Die inguinalen Drüsen sind geschwollen. Der Pat. nimmt 
Arsenaurum. 

Cutler bemerkt, dass Patienten Arsen in dieser Form mit Brom 
combinirt seiner Erfahrung nach besser vertragen. 

Piffard verabreicht Bromarsen und Bromgold separat. 

Fordyce bemerkt, dass auch dieser Fall die Thatsache illustrirt, 
das 3 ein unvollständig entfernter melanotischer Tumor recidivirt. 

Robinson sagt, dass die Secundärbildungen durch Metastase 
entstehen, wofür auch die Drüsenschwellungen sprechen. 

Al len sagt, dass er die Excision melanotischer Tumoren im frühen 
Alter empfiehlt, um zufälligen Verletzungen und späteren Metastasen 
vorzubeugen. 

Piffard schliesst sich dieser Ansicht an. 


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Original fro-rn 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



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Verhandlungen 

Epidemische Hautkrankheit (Savill). 

Fordyce zeigt 2 farbige Abbildungen von einer Eruption, welche 
in runden Plaques eines schuppenden juckenden Erythems beginnend, sich 
peripher ausbreitete und im Centrum erblasste. Das Allgemeinbefinden 
war massig alterirt. Die Eruption verschwand spontan mit Ablösung der 
Epidermis nach fi Wochen. 

<’. W. Allen demonstrirt einen neuen Com edoquet scher von 
Forcepsform, gleichzeitig mit Curette und Sschneidiger Lanzette versehen. 

257. Sitzung vom 15. December 18%. 

Praesident: Fordyce. 

S. Sherwell stellt einen Fall von Alopecia areata vor. 

Die 28jährige Frau hatte schon vorher mehrere ähnliche Anfälle. 
Die gegenwärtige Attaque begann vor 2 Monaten kurz nach einer Ent¬ 
bindung am Scheitel des Kopfes. Patientin hatte niemals Lues. Die An¬ 
fälle scheinen in einem geschwächten Zustande auch während der Lac- 
tation sich einzustellen und repräsentiren eine wahre Alopecia areata auf 
neurotischer Grundlage. 

G. T. Jackson schliesst sich der Diagnose Alopecia areata an, 
glaubt jedoch, dass hier ein Ausfallen des Ilaarbulbus und keine Atrophie 
vorliegt, denn nur so erklärt sich der Nachwuchs der Haare. 

Robinson sagt, dass Sherwell den Beweis der neurotischen 
Entstellung nicht erbracht hatte; ferner, dass eine Discussion überflüssig 
ist, insolange man unter Alopecia areata bloss das plaquemässige Aus¬ 
fallen der Haare versteht: dehnt man den Begriff auf Area celsi jedoch 
aus, so bestellt bloss eine Ursache und zwar die locale Infection durch 
Mikroorganismen. 

G. H. Fox bemerkt, dass Alopecia areata sich ähnlich der Vitiligo, 
welche eine neurotische Grundlage hat, in kreisförmig sich vergrössernden 
Plaques entwickelt, also auch auf eine Störung des Nerven-Einflusses der 
Haut beruht. 

Robinson sagt, die Aetiologie der Vitiligo ist noch unentschieden, 
kann somit hier nicht in Betracht kommen. 

Fox erwidert, dass localisirte Pigraentstörungen sicherlich auf eine 
Alteration der Innervation zurückzuführen sei, was in gewissem Sinne 
auch bei Alopecia areata der Fall sein dürfte. 

Sherwell sagt in Erwiderung zu Jackson, dass die Atrophie 
der Haut in Folge der mangelhaften Innervation bei Alopecia areata nicht 
permanent sei. Die neurotische Ursache ist am naheliegendsten. 

Fox fragt, ob Robinson jede peripher sich ausbreitende Eruption 
parasitär auffasst? 

Robinson sagt nein. Wenn jedoch die Alopecia areata auf einer 
Nervenlasion beruht, warum befällt sie geradezu dicht behaarte Stellen 
und warum dehnt sie sich nicht weiter aus. Auch haben seine Experi¬ 
mente ergeben, dass durch Mikroorganismen kahle Stellen am Haarboden 
erzeugt wurden. 


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vGooffle 


Original from 

UNIVFRSITY OF IMIfHIGAN 



der New-York Dermatological Society. 


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Sh er well wünscht mit einer anderen Frage zu antworten. Warum 
schwinden Psoriasisplaques zn gewissen Jahreszeiten? 

Robinson sagt, er hält Psoriasis für parasitär. 

Sherwell demonstrirt einen Fall von Syphilis: 

Der mit einem Gumma an der Stirne behaftete Patient, wurde 
früher in der Annahme eines Carcinoms cauterisirt, jedoch ohne Erfolg. 
Auf Application eines Mercurial-Pflasters und milder innerer Behandlung 
heilte die Wunde rasch. 

Klotz bemerkt, dass derartige Processe sich rasch auf antiluetische 
Behandlung bessern, namentlich wenn früher mangelhafte Behandlung 
statt hatte. 

Fox sagt, dass der directen Aussage des Pat. gemäss die Stirn¬ 
läsion seit 10 Jahren bestehe und erst einer scbeerenden Flechte ähnelte. 
Redner glaubt, dass es sich um ein Epitheliom handelte, welches durch 
die gründliche Cauterisation eigentlich gebessert wurde. Geheilt ist die 
Stelle auch jetzt noch nicht. Möglicherweise liegt eine Mischform mit 
Lues vor. 

Lustgarten schliesst sich der Ansicht Fox’s an und glaubt, 
dass die originelle Läsion durch Syphilis complicirt erscheint. 

Klotz glaubt nicht, dass die lange Krankheitsdauer Lues aus- 
scbliesst. Wahrscheinlich handelte es sich um langsam wachsendes ser- 
piginöses Syphilid mit geringer Tendenz zum Zerfall. 

Fox sagt, dass die Form der Ulceration nicht entscheidend sei; 
ferner, dass obschon ein serpiginöses Syphilid 10 Jahre lang bestehen 
kann, es kaum so lange Zeit localisirt bleiben dürfte. 

Fox stellt einen Fall zur Diagnose v».r. 

Die 50jährige Patientin hat seit 11 Jahren mehrmals eiternde Finger¬ 
kuppen beider Hände gehabt. Sowohl die Endphalangen, wie die Finger¬ 
nägel sind verkürzt; die Haut darüber verdickt. Die Fingerenden sind 
keulenförmig. Pat. zeigt Atrophie der unteren Gesichtshälfte und ver¬ 
mag die Zunge nicht auszustrecken. 

R. W. Taylor sagt, der Fall imponire ihn als eine abgelaufene 
Raynaud’sche Krankheit und keine Sclerodermie. 

Sherwell stimmt mit Taylor überein und weist auf die An¬ 
nahme mancher hin, dass Syphilis allen Fällen von Raynaud’scher Krankheit 
vorausgegangen wäre. 

Taylor bemerkt, dass diese Krankheit nicht immer eine syphili- 
tische Aetiologie haben muss, wovon er sich auch überzeugen konnte. 
Die bei der vorliegenden Erkrankung vorhandene Endarteritis und Rund¬ 
zellen-Infiltration um die Gefässe und Nerven herum kann Syphilis Vor¬ 
täuschen. Der Fall zeigt auch nicht jene vorausgegangene Fetteinlagerung, 
welcher wir bei der Sclerodermie begegnen. 

Jackson erinnert sich eines Falles von Sclerodermie der Hände, 
Brust und Gesichtes, welcher diesem Falle täuschend ähnelte. 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 



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Verhandlungen 


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Klotz sagt, er hätte auch 3 Fälle beobachtet mit kalten, blauen, 
schmerzhaften Fingern ohne Schwellung. Redner hielt selbe für luetische 
Endarteritis. 

Lustgarten sagt, der Fall wäre eine localisirte Sclerodermie 
sog. Sclerodactylitis. 

Fordyce glaubt Sclerodermie annehmen zu müssen, ob Raynaud- 
sche Krankheit vorausging oder nicht. 

Fox sagt, er habe eine bloss beschränkte Erfahrung mit der Ray- 
naud'schen Krankheit und könnte nicht behaupten, ob im vorliegenden 
Falle eine solche Attaque vorausging oder nicht. Die keulenförmige 
Configuration, wie die Verkürzung der Finger, wahrscheinlich in Folge 
des Druckes durch die derbe Haut, spricht für Sclerodermie. 

H. G. Piffard glaubt mit Taylor, dass der Terminus Sclerodermie 
nur auf solche Fälle beschränkt sei, bei welchen eine fettige Einlagerung 
vorausging. Die derbe Atrophie als Endstadium der Sclerodermie er¬ 
folgt auch bei der Raynaud'schen Erkrankung. 

Fox sagt, dass ohne Rücksicht auf den vorhergegangenen Zustand 
die jetzt beobachteten Läsionen eine Sclerodermie annehmen lassen. 

Taylor bemerkt, dass die Raynaud’sche Krankheit bei Luetikern 
durch die Gewebsverdichtung einen Zustand erzeugt, welcher eine Sclero¬ 
dermie Vortäuschen kann. 

Piffard sagt, dass Sclerodermie eine Krankheit und kein blosses 
Symptom sei und dass Fox dieselbe in seiner Definition als blosses Symptom 
behandelt. 

Lustgarten demonstrirt für den abwesenden Bu 1 k 1 ey einen Fall 
von acutem Lupus erythematosus. 

Bei der 38jährigen Magd, in deren Familie acht Mitglieder an Tu¬ 
berculosis starben, entwickelten sich seit 7 Monaten, erst am Gesichte, 
dann an beiden Seiten der Hände, seit kurzer Zeit an den Ohren, Kopf¬ 
haut, Oberarmen ausgedehnte typische Plaques von Lupus erythematosus. 

Lustgarten hält den Fall für einen Lupus erythematosus disse¬ 
minatus. 

Fordyce stimmt mit Lustgarten überein und erinnert an den 
im Jahre 1895 berichteten Fall bei einer Schwangeren, welcher nach der 
Entbindung mit Zurücklassung einiger Hautatrophien verheilte und wahr¬ 
scheinlich auf den Reiz gewisser Toxine beruhte, zumal die Frau auch 
Eclampsie hatte. 

Lustgarten weist darauf hin, dass die Beziehungen des Lupus 
erythematosus zur Tuberculosis noch nicht über allen Zweifel hinaus fest- 
gestellt sind, wie der im Archiv von Koch publicirte Fall mit Ob- 
duction zeigt. 

Fordyce für Morrow stellt einen Fall von Naevus unius la- 
teris vor: 

Bei dem jungen Manne besteht seit mehreren Jahren eine am 
Mittelfinger der linken Hand beginnende bandförmige (2 Cm. breite) 
Eruption, welche nach oben bis an die Ellbogenfläche reicht und sich 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 



der New-York Dermatological Society. 


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etwas ausbreitet. Die Eruption stellt kleine schuppende Knötchen auf 
gerötheter Basis vor. 

Jackson nimmt eine neurotische Aetiologie an. 

Robinson schliesst Naevus unius lateris nicht aus. 

Lustgarten ist auch geneigt, einen Naevus striatus unilateralis 
anzunehmen, obschon der histologische Befund erwünscht wäre. 

Sherwell berichtet über einen Fall congenitaler Ichthyosis. 

1894. Das erste Kind einer Frau starb im Alter von 7 Monaten und 
batte Ichthyosis. 1895. Die Haut des 2. Kindes, eine Todtgeburt, erschien 
vollkommen normal. 1896. Das 3. Kind, 8'/,monatlicher Foetus, lebte 
bloss 14 Tage und zeigte eine leichte Form der Erkrankung. Die Ob- 
duction ergab Mangel der Thyroidea. 

258. Sitzung vom 26. Januar 1897. 

Praesident: Fordyce. 

C. W. Cutler stellt einen Fall zur Diagnose vor. 

Eine Frau acquirirte vor 2'/* Monaten eine aus 30 gleichartigen, 
rundlichen Läsionen am Schulterblatt localisirte Eruption. Die Läsionen 
sind isolirt und tragen einen deutlichen centralen Schorf. 

Robinson, Elliot, Sherwell glauben, dass die Eruption arte- 
ficiell erzeugt wurde. 

R. W. Taylor sagt, dass ähnliche Läsionen durch hypoderma- 
tische Sublimatinjectionen hervorgerufen werden können. 

Cutler neigt sich der Ansicht der Redner 2 u. 

G. T. Jackson präsentirt einen Fall von idiopathischem 
multiplen Pigmentsarcom (Kaposi). 

Die Krankheit besteht seit 21 Jahren bei dem 48jährigen, sonst 
gesunden Manne und befiel die Füsse, Beine, Hände und Vorderarme. 
In Folge einer 4monatlichen Arsenbehandlung verschwanden mehrere 
Läsionen. 

Cutler wundert sich, dass die lange Dauer der Erkrankung das 
Allgemeinbefinden nicht alterirte. 

Elliot sagt, er hätte Fälle von so langem Bestehen schon gesehen. 
Pathologisch ist der angiomatöse Charakter der Läsionen deutlich aus¬ 
gesprochen. 

Fordyce bemerkt, dass die Aetiologie dieses Falles von anderen 
Varietäten maligner Natur variiren muss, bei welchen eine allgemeine 
Blutinfection besteht. 

Sherwell beobachtete eine Heilung unter Arsen bei einem Falle 
von dem Typus Angiosarcoma. 

Bronson stellt einen Fall von recurrirendem Erythema 
in Begleitung von tuberculösen Drüsenexstirpationen am 
Halse vor. 

Miliare bis maculöse Efflorescenzen entwickeln sich bei der Patientin 
im Gesichte und auch zerstreut am Körper, so oft neue Drüsenschwel- 


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UNIVERSITY 0F MICHIGAN 



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Verhandlungen 


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hingen zum Vorschein kommen, verschwinden jedoch rasch nach der Ex¬ 
stirpation derselben. 

Robinson nimmt eine gewisse Form von Toxaemie an. 

Elliot glaubt, dass das toxische Erythem mit den Drüsenschwel¬ 
lungen im directen Zusammenhänge steht. 

Jackson erinnert an einen Fall der letzten Sitzung, bei welchem 
das Auftreten von Halsdrüsenschwellungen von einer Eruption von Lupus 
erythematosus im Gesichte gefolgt war. Nach Entfernung der Drüsen 
entwickelte sich an deren Stelle ein Lupus vulgaris. 

Bronson sagt, er habe erst an Lues gedacht, doch neigt er sich 
zur Annahme eines Lupus erythematosus. 

(J. W. Allen demonstrirt einen Fall von multiplen Epithe¬ 
liomen. 

Der bereits früher vorgestellte Fall zeigt die durch Pyrogallol 
erzielte Vernarbung der Nasenläsion. Zwei kleinere Nachschübe an den 
Wangen verschwanden auf ähnlicher Behandlung. 

Jackson sagt, dass die gegenwärtige Ueberhäutung noch keine 
radicale Heilung garantirt. 

Fox sagt, dass durch Curettage der Heilerfolg rascher als nach 
Pyrogallol erzielt worden wäre. Bei kleinen Nachschüben bewährt sich 
Stichelung und Betu].>fung mit Carbolsäute. 

Robinson glaubt, dass ein viel schönerer und completer Erfolg 
nach Anwendung von Arsenpaste, welche der Curettage und anderen 
Mitteln vorzuzichen ist, erzielt worden wäre. 

Bronson bemerkt, dass der Erfolg in diesem Falle wohl nur 
temporär sei. Bei älteren Leuten lässt sich eine blosse Ueberhäutung 
leicht erzielen. 

Elliot fragt Robinson, ob bei Epitheliomen ausser Applicirung 
von Arsenpaste sonst nichts zu thun sei? 

Robinson erwidert, dass er die Arsenpaste für die beste und 
sicherste Behandlung ansieht. 

Elliot bemerkt, dass er Rückfälle nach aller Art Behandlung 
beobachtet habe. Die gründlichste Methode ist wohl die streng chirur¬ 
gische. 

Robinson schliesst sich dieser Ansicht nicht an. 

Fox sagt, er habe schöne Resultate mit Arsenpaste beobachtet; 
andererseits auch Rückfälle nach operativem Verfahren; allein in dem 
vorliegenden Falle würde er die Curette allen anderen Mitteln vorziehen. 

S her well sagt, er bedient sich gewöhnlich der Curette mit nach¬ 
folgender Application von Hydr. nitr. 

Allen bemerkt, dass das Resultat ihn vollständig befriedigt, ob¬ 
schon er in anderen geeigneten Fällen auch der sonstigen Methoden sich 
bedient. 

H. G. Klotz stellt eine Nagelerkrankung zur Diagnose vor. 

Bei dem 31jährigen Patienten besteht seit 5 Jahren eine Schwel¬ 
lung der Fingerenden, Verdickung, Trocken- und Brüchigwerdem der 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 



der New-York Dermatological Society. 


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Nägel, peripher von der Lunula. Auf Anwendung von 10% Salicylpflaster 
und Arsen besserte sich der Zustand. 

Bronson und Allen nehmen eine Trophoneurose an. 

Klotz neigt sich zur selben Annahme, obschon an einen parasi¬ 
tären Zustand auch gedacht werden muss. 

G. T. Elliot präsentirt einen Fall zur Diagnose. 

Seit 5 Monaten besteht bei dem Patienten eine Eruption am Ge¬ 
sichte, Kopfhaut und Trinen; im Allgemeinen einer universellen Acne 
varioliformis ähnelnd. Die Läsionen des Gesichtes tragen den Charakter 
eines papulösen Syphilids, zum Theile auch eines Lupus follicularis. 

Allen bezweifelt die Diagnose Acne varioliformis. 

Taylor sagt, es wäre ein Fall von Lucs, wofür auch die allge¬ 
meinen Drüsenschwellungen sprechen Der Initialaffect. war wohl über¬ 
sehen w'orden. 

J. Johnston ist geneigt, die Barlhelemy’sclie Acnitis oder Fol- 
liclis, auch Hydroadenitis genannt, anzunehraen. Tenneson's Bezeich¬ 
nung, namenloses Granuloma, entspricht vielleicht der patholog. Entzün¬ 
dung zumeist um die Schweissdrüsen am treffendsten. 

Bronson sagt, dass die Diagnose Acne varioliformis wohl die 
passende ist. 

Fox sagt, der Fall entspricht dem sog. colloiden Milium und lässt 
die Annahme von Lues nicht zu. 

Robinson schliesst sowohl Syphilis wie auch Acne varioliformis 
aus, nimmt dagegen eine folliculäre Infection an. 

Elliot bemerkt, er hätte den Fall für eine anomale Form der 
Acne varioliformis vorgestellt. Genauere Beobachtung veranlasste ihn 
Lues auszuschliessen; auch ähnelt der Fall nicht dem Colloid-Milium 
F ox’s. Das Mikroskop wird wohl die Diagnose aufklären. 

Robinson stellt einen Fall von Eczema seborrhoicum vor. 

Der 40jübrige Kutscher hat seit 4 Wochen die Eruption, welche 
von Manchen für Psoriasis gehalten werden dürfte. 

Allen nimmt Eczema seborrhoicum an. 

Bronson glaubt, der Fall sieht mehr psoriasisähnlich aus. 

Fox sagt, es liegt seborrhoisches Eczem vor. 

Elliot sagt, die Eruption präsentirt manche Charaktere beider 
Krankheiten und wäre eigentlich etwas von ihnen Unabhängiges. 

Robinson bemerkt, man könnte den Fall vielleicht am besten 
psoriatisches Eczem nennen. 

J. A. Fordyce. Fall von symmetrischer Hau tat rop hi e. 

Bei einer 40jährigen, sehr nervösen Schwedin besteht ein Zustand, 
der mit unregelmässigen runden braunrothen Flecken an den Extremi¬ 
täten begann, worauf leichte Schuppung, dann Atrophie daselbst folgte. 
Eine spinale oder periphere Nervenläsion liess sich nicht nachweisen. 
Um die Knöcheln entwickelten sich einzelne Bullae. 

Klotz sagt, der Fall hat grosse Aehnlichkeit mit Lupus erythe¬ 
matosus. 


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Verhandlungen 


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Fox stellt einen Fall von Keratosis pilaris vor. 

Der Fall zeigt die Eigenthümlichkeit, dass an der Beugeseite der 
Arme die Eruption stärker ausgeprägt war als an der Streckseite. 

Allen schlagt den Terminus Lichen statt Keratosis vor. 

Bronson glaubt, der Fall entspricht Crocker’s Lichen pilaris. 

Klotz weist auf den entzündlichen Charakter hin, wa9 bei einer 
Keratosis nicht erwartet wird. 

Fox sagt, dass es primär ein folliculärer Process sei, zu dem sich 
Entzündung hinzugesellt hat. Die Localisation ist wohl auffallend. 

Taylor demonstrirt einen Fall von Syphilis. 

Der 45jährige Patient hatte vor 17 Jahren einen harten Schanker. 
Vor 4 Jahren hatte er wieder ein angeblich weiches Geschwür am Penis. 
Secundärsymptome waren nie vorhanden mit Ausnahme von Haarausfall 
und Rheumatismus. Gegenwärtig hat Pat. Drüsenschwellungen; eine 
scharfbegrenzte leicht schuppende Läsion am Penis; eine Eruption an 
der Stirne. Redner diagnosticirte Syphilis. 

Robinson hält die jetzigen Läsionen für parasyphilitisch, d. d. 
Spätsymptome bei einem Pat. mit einer Dyscrasie. 

Fox hält die Penisläsion für eine serpiginöse Lues. 

Bronson glaubt, die Penisläsion wäre ein tuberculöses Syphilid. 

Klotz sagt, er würde die Läsionen nicht für syphilitisch ansehen, 
zumal er ähnliche auch bei Nichtsyphilitikern gesehen habe. Am besten 
lassen sich derartige Zustände durch antiparasitäre Mittel behandeln. 

Allen spricht die Penisläsion für ein tuberculöses Schuppen¬ 
syphilid an. 


259. Sitzung vom 23. Februar 1897. 

Praesident: Fordyce. 

G. T. Elliot. Ein Fall zur Diagnose. 

Der in der vorigen Sitzung als Folliclis vorgestellte und von 
Taylor für Syphilis angesehene Fall hatte in der Zwischenzeit 22 Ein¬ 
reibungen mit Hydrargyrura ohne jedw r ede Veränderung der Läsionen 
durchgemacht. Im Gegentheil neue Läsionen traten auf, u. zw. konnte 
die tiefe Knötchenbildung in der Cutis beobachtet werden. Die Krankheit 
besteht jetzt seit 5'/, Monaten. 

R. W. Taylor verharrt noch immer an seiner Diagnose eines 
kleinpapulösen Syphilids bei dem Manne, dessen Primäraffect und Roseola 
übersehen wurde. Die Krankheitsgeschichte, Vertheilung der Läsionen, 
Exclusion anderer Eruptionen und die durch Zug auf die Haut besser 
hervortretende gelbliche tiefsitzende Infiltration unterstützen Redner in 
seiner Diagnose. 

Bronson sagt, er wäre nach der Mittheilung Elliot’s jetzt mehr 
im Zweifel über den Fall als vorher. 

A. R. Robinson stimmt mit Taylor überein und glaubt, die 
kurze Behandlung Elliot’s sei nicht ausschlaggebend. 


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S. Sh er well sagt, wenn der Ausschlag nicht syphilitisch ist, 
wüsste er nicht, was er sonst sein könne. 

C. W. Allen glaubt, die Läsionen schliessen heute noch deutlicher 
Acne varioliformis aus und empfiehlt mercnrielle subeutane Einspritzungen. 

H. G. Klotz ist überzeugt, dass die Eruption Syphilis sei. 

F. D. Weisse bemerkt, dass die scheinbare Besserung der Eruption 
ihn zur Annahme einer regressiven Lues veranlassen. 

Johnston hält trotz der Besserung nach Inunctionen an seiner 
Diagnose granulomata innominata fest. 

Lustgarten, sagt, dass die Läsionen der Verschiedenheit des 
Bodens entsprechend am Gesichte und Körper einen klinisch verschiedenen 
Charakter darbieten uud obschon manche der Syphilis ähnlich aussehen, 
er dennoch jene seltene, auf Infection beruhende Form der Folliclis 
anzunehmen geneigt wäre und den Ursprung in die tiefsitzenden Schweiss- 
drüsen verlegt. 

Allen frägt Klotz, ob er durch Anwendung von Einreibungen 
einen Einfluss auf Folliculitis-Läsionen erwarten würde. 

Klotz bejaht die Frage, zumal die Einreibungen auf das ganze 
Körpersystem einwirken. 

Fordyce sagt, dass obschon ein solch’ tiefer Ursprung der Lä¬ 
sionen bei Lues ungewöhnlich ist, eine Entwicklung derselben aus den 
JSehweUsfollikeln nach aufwärts möglich wäre. 

Elliot schliesst mit der Bemerkung, dass die genaue Beobachtung 
des Falles während der Inunctionen, das Verschwinden und neue Auf¬ 
treten von Läsionen die Diagnose Syphilis ausBchliesst und für die sog. 
universelle Form von Acne varioliformis, Acnitis sprechen. Redner wird 
jedoch die Einreibungen fortsetzen und den Kranken wieder vorstellen. 

Taylor empfiehlt die Anwendung des Ung. praec. alb. für das 
Gesicht. 

Elliot erwidert, dass diese Application auch Acne varioliformis 
zum Verschwinden bringen dürfte. 

A. Robinson. Cornu cutaneum der Glans penis. 

Der 40jährige Pat. zeigt ein 1 Cm. langes Horngewächs an der 
Glans penis. 

Fordyce sagt, er habe einen ähnlichen Fall mit 12 ähnlichen 
Bildungen an der Glans penis beobachtet, welche spontan mit Zurück¬ 
lassung normaler Haut verschwanden. 

Taylor glaubt, dass bei dem Falle Fordyce’s es sich um Warzen 
bandelte, welche den Ausgangspunkt zur Hornbildung abgaben. 

Robinson bemerkt, dass diese Horngebilde zuweilen 3—4 Cm. 
lang werden können. 

J. C. Johnston demonstrirt einen Fall von Syphilis vegetans. 

Die Frau hat eine Gruppe von oberflächlichen Gummen am rechten 
Fusse und mehrere Ulcerationen am linken Beine. 

Allen sagt, dass derartige Läsionen sich sehr refractär der Be¬ 
handlung gegenüber verhalten. 

Arcbir f. Dermat. u. Syphil. Band XLVI. 7 


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Verhandlungen 


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Sh er well stimmt dieser Erfahrung bei. 

Taylor bemerkt, dass diese tuberösen Wucherungen nicht essen¬ 
tiell syphilitisch sind, obschon man selbe vegetative Syphilide nennt, 
sondern das Resultat der eigenthümlichen Entzündung sind, welche bei 
ulcerativen und gummösen Syphiliden statthat. 

Lustgarten erwähnt auch die Hartnäckigkeit dieser Fälle und 
weist auf deren Aehnlichkeit mit gewissen Formen des Sarcoms hin, 
welche Kaposi Sarcoid nennt. 

Klotz stimmt mit Taylor überein, dass diese Fälle den Charakter 
der Elephantiasis tragen und empfiehlt die straffe Application von Empl. 
Hydrargyri. 

Fordyce glaubt, dass es sich um eine auf syphilitischer Läsion 
stattfindende secundäre Infection handelt und empfiehlt deshalb vor An¬ 
wendung des Empl. Hydr. die gründliche Curettage. 

Johnston schliesst mit der Bemerkung, dass er der Ansicht 
Fordy ce’s beistimmt und den Fall chirurgisch zu behandeln beabsichtigt. 

J. A. Fordyce stellt eine tuberculöse Osteomyelitis vor. 

Der 18jährige Pat. hat seit 6 Jahren eine tuberculöse Osteomyelitis 
der Fingerknochen beider Hände. Unter localer Anwendung von Ichthyol 
ist die Schwellung zurückgegangen. 

Sh er well empfiehlt Syr. ferr. jodat., um hereditäre Syphilis zu 
eliminiren. 

Robinson schlägt streng chirurgisches Vorgehen vor. 

J. J. Johnston. Ueber eine persistirende papulöse Der- 
moneuritis. l ) 

Lustgarten wendet gegen die Bezeichnung ein, obschon er den 
Fall nicht gesehen hatte, dass dieselbe einen neuritischen, ätiologischen 
Zusammenhang annimmt, während die im mikroskopischen Bilde sicht¬ 
bare entzündliche Necrobiose secundär auf die Nerven sich ausgedehnt 
haben könne, wie auch die Neuritis der Lepra anaesthetica secundär 
und aufsteigend sich erwiesen hat. 

Elliot bemerkt, dass die sorgfältige Prüfung der Schnitte ihn zur 
Annahme eines Sarcoms veranlasst, wofür die Proliferation der Binde¬ 
gewebszellen und die Gruppen von embryonalen jungen Bindegewebs¬ 
zellen sprechen. Der Beweis eineB Zusammenhanges zwischen der Eruption 
und den Nerven ist auch nicht erbracht; die Infiltration umgibt bloss 
die Nerven. Auch findet Redner, dass ungebührendes Gewicht auf die 
Bläschenbildung gelegt wurde, welche häufig auftrete, ohne essentielle 
Symptome abgeben zu müssen. 

Robinson stimmt mit Elliot überein bezüglich der Bläschen¬ 
bildung, welche bei verschiedenen Hautkrankheiten Vorkommen könne, 
wie auch beim Lichen planus, ohne einen neurotischen Zusammenhang 
zu demonstriren, auch ist der neurotische Ursprung in diesem Falle nicht 
erwiesen. Redner glaubt, dass es sich hier nicht um ein Sarcom, sondern 


J ) Wird publicirt werden. 


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der New-York Dermatological Society. 


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um eine eigentümliche Entzündungsform mit Bindegewebsneubildung 
bandelt. 

Fordyce sagt, dass Jobnston nicht bestimmt hingestellt habe, 
dass die Nervenentzündung die cutanen Läsionen verursacht hätte, jedoch 
auf das eigenthümliche klinische Bild hingewiesen habe, welches Redner 
mit Rücksicht auf den histologischen Befund nur für das Resultat einer 
chronischen Entzündung betrachten kanu. Die jungen Bindegewebszellen 
findet man auch bei vielen Entzündungsformen, sie sind demnach nicht 
entscheidend für die Annahme eines Sarcoms. 

Johnston bemerkt, dass er in seinem Berichte bloss auf eine 
Coexistenz der Neuritis und Dermitis hinwies; die Entzündung der Ner- 
venstämme sah jedoch der in Folge von Alkohol und Arsenik verur¬ 
sachten Nervenentzündung täuschend ähnlich. Indem die Infiltration 
hauptsächlich aus Leukocyten bestand, ist Sarcom wohl ausgeschlossen. 

Lustgarten. Ein Fall von Favus. 

Lustgarten zeigt eine von S. Lamberg aus Philadelphia über¬ 
sandte Photographie eines Pat., der im Jänner 1895 bereits mit Favus 
corporis vorgestellt wurde und gegenwärtig einen Rückfall erlitten hat, wieder 
ohne Betheiligung der Kopfhaut. Aus diesem Grunde ist der Fall ätio¬ 
logisch interessant, da es sich möglicherweise um einen von dem ge¬ 
wöhnlichen Achorion SchÖnleinii verschiedenen Keim handeln könnte. 

260. Sitzung vom 23. März 1897. 

Praesident: Fordyce. 

P. A. Morrow. Ein Fall von Naevus unius lateris. 

Die junge Frau präsentirt eine streifenartige Eruption am Rücken 
und Hals der linken Seite, seit 7 Jahren bestehend. Die Aifection sieht 
lichenoid aus und ist wahrscheinlich neurotischen Ursprunges. 

E. B. Bronson glaubt, die Läsionen tragen den Charakter der 
Ichthyosis hystrix. 

C. W. Allen sagt, der Fall wäre ein Lichen planus. 

Jack so n bestätigt den neurotischen Ursprung. 

Sher wc 11 sagt, dass er in diesem Falle nach längerer Beobachtung 
ein neurotisches Eczem annimmt. 

G. T. Elliot bemerkt, dass die Natur des Leidens ohne voraus¬ 
gegangene Behandlung klarer sich erkennen liesse, zumal die keratoiden 
Auflagerungen durch Salicyl bereits entfernt wurden. Die Einseitigkeit 
spricht gegen Lichen planus oder neurotischem Eczem; auch der Mangel 
von Jucken und Nässen. Am nähesten liegt daher die Annahme eines li¬ 
nearen Nävus. In einem ähnlichen Falle konnte Redner mikroskopisch den 
Nachweis sog. Hydroadenocystomata erbringen. 

C. W. Allen präsentirt einen Fall von Alopecia areata. 

Der Pat. hatte früher Acne varioliformis und seit 8 Monaten einen 
ri&quea von Alopecia areata am Kinn, obschon mehrere Plaques an der 
Kopfhaut bereits geheilt wurden. 



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Klotz und E. L. Key es glauben, derartige kahle Stellen häufig 
suceessive folgen und heilen spontan. 

Lustgarten sagt, die vorliegende Form ist in der Regel sehr 
hartnäckig und zu Rückfällen geneigt. 

Alleu bemerkt, dass in einem anderen Falle seiner Beobachtung 
Nachschübe dem Ausheilen einer Plaque auf dem Fasse folgen. 

Sherwell. Ein Fall zur Diagnose. 

Bei dem 53jährigen Irländer besteht seit Jahren eine Knötchen- 
eruption hämorrhagischer Natur, besonders an den unteren Extremitäten. 
Bloss in einem Kusse ist leichter Schmerz empfunden. Redner glaubt 
eine atypische Peliosis rheumatica vorzustellen. 

J. C. Johns ton sagt, die Läsionen an der Stirne und Nacken 
präsentiren eine Dyshidrosis, zu der sich an den Beinen eine Blutstasis 
zugesellte. 

Lustgarten sagt, der hämorrhagische Charakter ist sicherlich 
nicht essentiell, zumal er an vielen Läsionen fehlt; immerhin möchte 
Redner eher an Lymphangioma, als Dyshidrosis denken. 

Sherwell bemerkt, dass er an Peliosis rheumatica dachte, weil 
der Pat. vor 13 Jahren vor einer Attaque vom Gelenksrheumatismus eine 
ähnliche Eruption gehabt haben sollte. Entgegen Lustgarten wünscht 
Redner zu sagen, dass die Läsionen auch bei Purpura im Gesichte nicht 
hämorrhagisch sind. 

Elliot: Ein Fall zur Diagnose. 

Der bereits 2mal vorgestellte Pat. hat eine Eruption, welche im 
Juli 1S96 begonnen, vom Gesichte auf den ganzen Körper sieb ausbreitete. 
Die Läsionen beginnen als tiefsitzende Knötchen, welche allmälig sich 
vordrängen, um nach einigem Bestände stellenweise mit Zurücklassung 
einer braungelärbten Atrophie zu verschwinden. Wegen Verdacht auf Sy¬ 
philis wurde die 3. Einreibungscur nunmehr vorgenommen (28 ä 4*00), 
jedoch ohne Einfluss auf die Eruption. Die Diagnose Lues müsse jetzt 
fallen gelassen werden. 

Klotz, Morrow, Keyes stimmen dieser Auffassung bei. 

Taylor wünscht den Fall bei Tageslicht zu sehen. 

Fordyce glaubt, es handle sich in diesem Falle um irgend eine 
Sobweissdrüsenaflection. 

Elliot sagt, die Ansicht Fordyce’s scheint zutreffend zu sein, 
man müsste daher eine universelle Acne varioliformis hier annehraen. 

Fox: Eine Pityriasis, die von Alopecia areata befal¬ 
lenen Stellen einnehmend. 

Der Pat. hat mehrere Plaques von Alopecia areata der Kopfhaut 
und an denselben einen neuen Haarwuchs von weissen Haaren. Gleich¬ 
zeitig besteht daselbst und am Nacken, Nabelgegend und Inguinalregionen 
ein seborrhoisches Eczem seit 8 Monaten. 

Morrow sagt, dass man häufig mit dem Nachwuchs der Haare 
bei Alopecia areata auch einer Schuppung begegnet. Gewöhnlich sind 
die nach wachsenden Haare auch weiss. 



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Bronson bezweifelt das Vorhandensein von Alopecia areata in 
diesem Falle, da keine scharfumschriebene, kreisförmige Plaques sichtbar 
sind. Das wurmstichige Aussehen der Behaarung spricht eher für Syphilis. 

Lustgarten stimmt dieser Ansicht bei. 

filliot sagt, der Fall wäre ein typisches Eczema seborrhoicum, 
gefolgt von Haarausfall und geschwächtem Nachwuchs. 

Klotz wünscht die Krankengeschichte des Falles zu berücksich¬ 
tigen, welche zeigt, dass der Pat. schon seit 2 Jahren die kahlen Stellen, 
dagegen erst seit 8 Monaten die Schuppung habe. Es habe sich demnach 
zur Alopecia areata eine Seborrhoea zugesellt. 

Fox bemerkt, dass eine Alopecia areata hier zweifelsohne besteht. 
Die Localisation, Dauer, Begrenzung, wenn auch auf ganz kleine Partien, 
des Haarausfalles, bekräftigen eine solche Annahme. Die Anamnese lässt 
Syphilis ausschliessen. Die an anderen Körperstellen vorhandene Schuppung 
sollte nicht als Eczema seborrhoicum aufgefasst werden, da die Eruption 
sowohl mit Eczem, wie mit Psoriasis Manches gemein hat. Die Läsion 
in ioguine könnte als Eczema marginatum betrachtet werden. 

Piffard stimmt Fox bei bezüglich des Missbrauches der Be¬ 
zeichnung Eczema seborrhoicum, welches weder Eczem noch Seborrhoe wäre. 

Elliot sagt, dass das Eczema seborrhoicum einen Hautcatarrh mit 
gesteigerter Drüsensecretion d. h. Fettausscheidung bezeichnet und als 
solche Definition berechtigt ist und verstanden wird. Es lässt sich schwer 
eine genaue Definition des Eczema geben, welche jeden befriedigen sollte. 

Klotz: Ein Fall von Folliculitis decalvans. 

Der 30jährige Pat. hat seit 6 Jahren eine nach Ausheilung conti- 
nuirlich auftretender Pusteln der Kopfhaut entwickelte, stellenweise 
tiefe Vernarbung des Haarbodens mit fleckigem, absoluten Haarverluste. 
Auf Behandlung mit 3®/ 0 Naphthol, 10° /o Schwefelsalbe heilten die Pusteln 
in der letzteren Zeit ohne sichtbaren Nachschub. 

Lustgarten stimmt der Diagnose bei. Redner beobachtete früher 
bei demselben Patienten Besserung nach Epilation und antiseptischen 
Applikationen. 

C. W. Allen fuhrt einen Fall von Xanthelasma vor. 

Der Mann hatte 2 ausgeprägte Xanthelasma-Läsionen an den oberen 
Augenlidern* welche Redner mittelst einer flachen elektrolytischen Nadel 
in einer Sitzung zerstörte. 

Fox sagt, diese Heilmethode bewährt sich bei derartigen Fällen, 
doch stellt sich ein Rückfall sehr bald ein. 

Lustgarten bemerkt, dass er vor Kurzen eine Frau gesehen 
hätte, hei der er vor 10 Jahren auf ähnliche Weise solche Xanthome 
entfernt hatte, ohne einen Rückfall zu verzeichnen. 

C. W. Allen: Ein Fall zur Diagnose: 

Die 30jährige Frau leidet seit 5 Jahren an einer juckenden Eruption 
der Schultern, Arme und Hände. Seit 0 Wochen besteht eine raarkirte 
Pigraentation dieser Partien durch lentigoartige Flecken. Das Gesicht zeigt 
starke Gefassinjection. Auch an den Hnmiflächen sind trockene, sago- 


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körnerähnliche, kaum vorspringende Knötchen sichtbar, welche trockenes 
Epithelium enthalten. Beim Ueberstreiehen der pigmentirten Partien mit 
den Fingern lässt sich eine leichte Unebenheit fühlen, welche unsichtbar 
ist. Am Gesichte sind einige muttermalartige härtliche Läsionen, am 
Rüoken einige angiomatöse Knötchen in letzterer Zeit aufgetreten. Die 
Pat hat deutlichen Dermographismus, jedoch ohne Gefühl des Juckens. 

Lustgarten bemerkt, dass die Localisation, Aussehen, irreguläre 
Begrenzung der Eruption dem Bilde des Xeroderma pigmentosum voll¬ 
kommen entspricht. Die von Allen curettirten warzigen Läsionen sind 
charakteristisch dafür. Der Dermographismus muss als etwas aeciden- 
telles angesehen werden. Die Läsionen der Handflächeu fasst Redner als 
das Product der Arsenbehandlung auf; dagegen nicht die an den Schultern, 
Hals und Armen befindlichen EfHorescenzen. Das Auftreten der Erkrankung 
im vorgerückten Alter ist nicht unmöglich. 

P. A. Morrow will einen ähnlichen Fall nach Arsenbehandlung 
vor Jahren beobachtet haben. 

Johnston bemerkt, dass Falkas beim Congress in Moskau über 
vier Fälle von Xeroderma pigmentosum berichtet hatte, von welchen der 
jüngste 72 Jahre alt war. 

261. Sitzung vom 27. April 1897. 

Praesident: Fordyce. 

E. B. Bronson stellt einen Naevus vascularis vor. 

Bei der 22jäbrigen Frau bestand ein von dem Nasenrücken bis zur 
Stirn Haargrenze reichender 1 Zoll breiter Naevus. Durch Elektrolyse 
wurde sowohl die Elevation, als auch die purpurrothe Farbe stark reducirt. 

G. T. Jackson empfiehlt die Fortsetzung der Behandlung. 

S. Sherwell sagt, er hätte früher mittelst Stichelung mit Carbol¬ 
oder Cbrora8äure, namentlich bei den capillären und venösen Teleangiec- 
tasien sehr gute Erfolge erzielt. Hier würde nach Ansicht des Redners 
eine totale Excision und nachherige plastische Naht, eventuell Hauttrans¬ 
plantation eher indicirt sein. 

H. G. Piffard sagt, dass bei flachen Naevis-Cauterisationen in 
parallelen Streifen, abwechselnd in entgegengesetzter Richtung, sich gut 
bewährt haben. Sherwell gegenüber glaubt Redner, es wäre schwer, 
passende Haut zur Thiersch’schen Transplantation eines so grossen 
Defectes zu finden. 

Lustgarten bemerkt, dass die Elektrolyse bei derartigen Fällen 
nur im Beginne befriedigt und zur Abflachung derselben beiträgt; die 
Farbe jedoch nicht beseitigt. Vorsichtige Cauterisation wäre in dem 
vorliegenden Falle vorzuziehen. 

Bronson sagt, dass die Elektrolyse auch die Farbe reducirt hätte 
und vermutblich noch bessere Wirkung durch Fortsetzung entfalten könnte. 

Jackson glaubt, dass die Electrolyse bei den Naevi nicht ent¬ 
täuscht, so lange man vorsichtig arbeitet. Redner benützt 2'/, bis 5 Mili- 
ampere. 


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A11 e n fand die Elektrolyse von guter Wirkung bei kleineren Naevis ; 
bei ausgedehnten Naevis reicht eine solche Behandlung nicht aus. 

E. B. Bronson präsentirt eine X.-Strahlen Dermatitis. Im 
December 1896 wurde das verletzte Hüftgelenk einer Frau behufs Eruirung 
der Schwere der Verletzung viermal in einstündlichen Sitzungen der Ein¬ 
wirkung der X-Strahlen ausgesetzt, ohne jedoch Aufschluss zu erhalten. 
Einige Wochen darauf entstand eine intensive schmerzhafte Rötlie unter 
dem Nabel bis an die Schamgegend, weiche sich in eine von einem grauen 
Schorfe bedeckte Geschwürsfläche urawandelte, ohne zu secerniren. Dieser 
Zustand besteht seit 3 Monaten kaum verändert von einem eigentümlich 
brennenden, zuweilen ausstrahlenden Schmerz immer begleitet, welcher 
allen möglichen Mitteln trotzt. An der Schamgegend stellte sich voll¬ 
ständiger Haarausfall ein. 

Elliot erwähnt, dass bei zwei Jungen, die sich für die Demon¬ 
stration der Röntgenstrahlen hergaben, sich ähnliche Ulcerationen am 
Sternum entwickelten. 

Allen sagt, er wisse von einem ähnlichen Falle bei einem Manne 
mit einer Schusswunde. 

P. A. Morrow sagt, das späte Hervortreten, die Chronicität und 
die Schwierigkeit der Behandlung dieser Läsionen ist merkwürdig. Die 
Necrose ist wahrscheinlich erzeugt durch die Wirkung der Strahlen auf 
die Nervenelemente. 

Jackson sagt, es wäre dieser Fall seine erste Beobachtung und 
möchte er eine radicale Excision der krankhaften Partie vorschlagen. 

C. W. Cutler schliesst sich der Ansicht des Vorredners an. 

Lustgarten sagt, die Natur und Wirkung der von Crookes’scben 
Tuben kommenden Strahlen sei noch ganz unbekannt. Die atonischen 
Geschwüre erinnern an ähnliche Vorkommnisse bei Hysterischen, durch 
Trauma provocirt. 

H. G. Piffard weist darauf hin, dass die Wirkung der X-Strahlen 
verschieden ausfallt, je nachdem ein Inductionsstrom oder statische 
Elektricität benutzt wurde und auch je nach der Natur der Elektrode. 
Redner möchte als Behandlung schwache elektrische Ströme empfehlen. 

Bronson schliesst mit der Bemerkung, dass von Hysterie hier 
nicht die Rede sein kann, da alle bisher bekannten Fälle dieselben Symp¬ 
tome zeigten Diese unerklärliche Reaction tritt oft unmittelbar; manchmal 
etwas später nach der Einwirkung der Strahlen auf. In einem Falle aus 
der Literatur sind Haut, Nerven und Knochen betroffen worden. 

E. B. Bronson stellt einen Fall von Morphoea vor. 

Der 32jährige Pat. ist seit Februar 1896 in Beobachtung. Pat. hatte 
vor 10 Jahren Lues; Plaques muqueuses noch vor einem Jahre. Vor 6 Mo¬ 
naten trat eine oberflächliche Eruption am Scheitel auf, verschwand 
jedoch rasch. Kurz darauf kamen bandförmige, rothe Streifen und ein 
längliches Geschwür an der Stirne und dem Scheitelbeine zum Vorscheine, 
sich allmälig vergrössernd, ähnliche Streifen waren später auch auf der 
anderen Seite zu sehen. Die Röthe der Streifen rührt von dem sichtbaren 


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Oefassnetze her; sonst zeigen seihe weissliche atrophische Partien. Sen¬ 
sibilität der Haut an den Streifen ist. nicht gestört. Die zwei Geschwürchen 
sind flach, rotb, feucht, nicht secernirend, unregelmässig begrenzt, mit 
dünnen Rändern versehen; das Eine geht der Heilung entgegen. 

EIJiot glaubt, dass Lupus erythematosus vorliegt. Atrophische 
Läsionen folgen wohl auch nach chronischen Neuralgien. Doch fehlt dann 
die Schuppung und Entzündung. 

Morrow sagt, es mangelt in diesem Falle die der Morphoea eigene 
Verdickung und das Weisssein. Redner möchte hier eine Nervenaffection 
annehmeu, zumal er ähnliche atrophische Narben bei Zoster auch gesehen. 

Robinson bezweifelt die Diagnose Morphoea. Redner sah ähnliche 
Läsionen einmal nach einer cerebralen Härnorrhagie in Attaquen auf 
einer Seite bloss entstehen. 

Rronson sagt, die Engländer bezeichnen jede circumscripta Atrophie 
der Haut als Morphea. Wahrscheinlich handelt es sich um eine Nerven- 
affection. 

Elliot fragt, warum dieser Fall nicht Lupus erythematosus sei? 

Bronson erwidert, dass sowohl Entzündung, als auch Schuppung 
fehlte. Das Aussehen der Geschwürehen spricht auch nicht dafür. 


262. Sitzung vom 25. Mai 1897. 

Praesident: Fordyce. 

C. W. Allen stellt einen Fall zur Diagnose vor. 

Der bereits vor 18 Monaten vorgestellte alte Arzt hatte eine Lippen- 
und mehrere papillomatöse Wangenschleimhaut-Läsionen, welche von 
Einigen für Lues, von Anderen für carcinomatös gehalten wurden. In 
Folge von Aetzung mit Hydrg. nitr. heilten die Efflorescenzen ohne 
Rückkehr. Letzthin entwickelte sich eine neue Raucher-Leucoplasia-ähn- 
liche Läsion an der unteren Lippe. 

D. L e w i 8 sagt, diese Läsion wird carcinomatös werden und würden 
derartige Läsionen besser als praecarcinomatös bezeichnet. 

Lustgarten präsentirt einen Fall von X-Strahlen Derma¬ 
titis. 

Die 54jährige gesunde Frau war im Jänner 1897 täglich 2 Wochen 
hindurch in Sitzungen von 16—80 Minuten den Röntgen-Strahlen am 
Abdomen ausgesetzt. Etwa 10 Tage nach der letzten Sitzung entwickelte 
sich daselbst mit intensiven Schmerzanfallen einhergehend ein irregulär 
rother Fleck, welcher sich in einen fest adhärirenden Schorf auf ge¬ 
schwollener, 3 Zoll breiter Basis um wandelte und 4 Monate hindurch 
trotz verschiedener Applicationen Anderer sich nicht änderte. Redner sah 
Pat. im März 1897 das erste Mal und empfahl Liqu. Burow’s Umschläge, 
welche den brennenden Schmerz wohl linderte, das Anssehen der Läsion 
innerhalb 2 Wochen jedoch nicht änderten. 


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der New-York Dermatological Society. 


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F. P. Foster bemerkt, dass angeblich derartige Läsionen nicht 
eintreten sollten, falls die Röntgen’sche Untersuchung richtig vorge- 
nommen wird. 

H. G. Klotz empfiehlt dauernde Bäder. 

S. Lustgarten sagt, es ist auffallend, dass ein feuchter Umschlag 
lindernd wirkte, wo allerhand Cocainsalben nutzlos waren. Die vorliegende 
Form der Gangrän erscheint dem Redner verschieden von allen bekannten 
Formen. Redner erwähnt noch einen letzthin beobachteten Fall, bei wel¬ 
chem krankhafte Fingernägel behufs Heilung den Röntgen-Strahlen einige 
Tage hindurch ausgesetzt waren. Es erfolgte intensive Röthung mit 
Schmerz; nachher Verlust der Nägel und Ankylose der Endphalangeal- 
Gelenke. 

A. R. Robinson präsentirt einen Fall von X-Strahlen Der¬ 
matitis. 

Der Thorax eines jungen Mannes war behufs Localisirung eines 
Projectils einmal 47, Minuten, später wieder 14 Minuten hindurch den 
X-Strahlen ausgesetzt. Sechs Tage darauf entstand eine 6 Zoll breite 
necrotische Stelle in entzündeter Haut am Rücken. 

Fordyce empfiehlt die chirurgische Entfernung des Schorfes. 

E. B. Bronson stellt einen Fall von pemphigoider Erup¬ 
tion vor. 

Nach einem Scharlach traten bei einem Kinde erst an den Extre¬ 
mitäten, dann über dem ganzen Körper zerstreute vesico-pustulöse Efflo- 
rescenzen von Erbsen- bis Mandelgrösse schubweise auf. Redner nahm 
eine Infection von Eiterorganismen, wahrscheinlich Impetigo contagiosa an. 

Jackson und Klotz schliessen sich dieser Ansicht an. 

Fox betrachtet den Fall als Impetigo contagiosa mit Aehnlicbkeit 
mit Pemphigus. 

Lustgarten sagt, dieser Fall repräsentirt jene seltene Form von 
Pemphigus-Eruption nach acuter septischer Infection. Einen ähnlichen 
Fall sah Redner nach croupöser Pneumonie monatelang anhaltend. Wahr¬ 
scheinlich gehören hieher auch die nach Impfung auftretenden, für Impe¬ 
tigo contagiosa geltenden pustulösen Eruptionen. 

Elliot betrachtet den Fall &1 b Impetigo contagiosa und wundert 
sich, warum man derartige Zustände von einer Blutveränderung abhängig 
machen will. In einem Falle nach Vaccination sah Redner rasches Ver¬ 
schwinden auf Occlusiv-Verband und Rückfall, Bobald der Pat. sich, d. h. 
die unbedeckte Haut kratzen konnte. 

Lustgarten bezweifelt die rasche Heilung derartiger Eruptionen, 
während Impetigo contagiosa in der Regel in kurzer Zeit geheilt werden 
kann und auch klinisch sich von den ersteren differenzirt. 

Bronson sagt zum Schlüsse, dass, wenn auch die Eiterinfection 
hier nicht in Abrede gestellt werden kann, ein noch anderes Element 
zur Ernährungsstörung der Haut beigetragen haben müsste. Die Reaction 
ist sicherlich von der bei Impetigo contagiosa etwas abweichend und 


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Verhandlungen 


bedeutend intensiver. Essentiell ist der Charakter des Falles ein pem¬ 
phigoider. 

Elliot fuhrt einen Fall zur Diagnose vor. ' 

Seit 3 Jahren besteht bei dem Patienten eine aus eigenthümlichen 
Läsionen am Handrücken und am Körper isolirt bestehende, leicht 
zuckende Eruption, welche im Winter schlimmer ist, im Sommer sich 
etwas bessert, ohne zu verschwinden. Die Follikel sind überall vergrössert. 
An den Stellen abgelaufener Läsionen siud pigmentirte Narben sichtbar. 

C. W. Allen berichtet einen ähnlichen Fall bei einem jungen 
Manne, der seit 4 Jahren im Winter je eine folliculäre Knötcheneruption 
gehabt hat, welche eine Narbenbildung hinterlässt. Im Sommer besserte 
sich der Zustand in der Regel. Redner ist nicht im Stande, den Fall zu 
classificiren. 

Elliot glaubt, der Fall hätte Aehnlichkeit mit der Keratosis 
follicularis Hebrae. Mikroskopisch lassen sich nur folliculäre Hornpfröpfe 
mit entzündlicher Schwellung im Nachbargewebe, keine Mikroben nach- 
weison. So unklar die Aetiologie erscheint, so leicht sind die Fälle durch 
Salicylsalben zu heilen. 

Sh er well demonstrirt einen Fall zur Diagnose. 

Der 59jährige, sonst gesunde Pat. hat seit 14 Jahren eine am linken 
Gesässe sitzende Läsion, welche von Kuss maul cauterisirt wurde; jedoch 
nicht ganz verschwand. Seit 3 Jahren vergrössert sich die Stelle und 
erzeugt subjective Beschwerden. Lues wurde ausgeschlossen, da eine 
antisyphilitische Behandlung erfolglos blieb. In der Annahme eines Lupus 
vulgaris wurde die Stelle wieder cauterisirt. 

Allen, Cutler, Jackson glauben, dass Lupus vulgaris vorliegt. 

Fox stellt einen Fall von Alopecia areata bei Eczema se- 
borrhoicum vor. 

Der Fall betrifft eine Frau, die vor und über dem linken Ohre 
eine 2 Zoll im Diameter ausgedehnte kahle Stelle hat. Merkwürdig sind 
einige kurz abgebrochene Haarstümpfe und einige röthliche Flecke, deren 
mehrere an der übrigen Kopfhaut auch zu sehen sind. 

Bulkley sagt, die Coincidenz beider Erkrankungen ist möglich 
und nicht so aussergewöhnlich. 

Bronson sagt, dass ein pathologisches Verhältniss zwischen den 
2 Erkrankungsformen nicht besteht. 

Elliot glaubt, in dem vorliegenden Falle hat die Seborrhoe eine 
Alopecia, die keine gemeine areata ist, erzeugt. 

Fox bemerkt, dass er bloss zwei derartige Fälle beobachtet hat. 

Lustgarten demonstrirt einen Fall von Lupus erythematosus 
mit Läsionen an der Mundschleimhaut. 

Der 20jährige Russe beobachtete seit 4 Jahren mehrere symmetrisch 
an den Wangen sitzende, unregelmässige, rothbraune, von Narbenfaden 
durchsetzte, unebene, mit dünnen fest anhaftenden Schüppchen stellen¬ 
weise bedeckte Plaques auf gerötheter Basis. An den Lippen und der 
Mundschleimhaut sind mehrere ähnliche Efflorescenzen sichtbar. Die 


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Gesichtsfollikeln sind erweitert und mit angehäuftem Talginhalt gefüllt. 
Der Fall entspricht dem Besnier’schen Erythemateux folliculaire. 

Klotz sagt, die ausgedehnte Narbenbildung spricht für ein Nahe¬ 
stehen des Processes zum Lupus vulgaris. 

Bulkley stellt einen Fall von allgem einer Sclerodermie vor. 

Bei dem 11jährigen Mädchen traten vor einem Jahre erst erythe- 
matöse Flecke am Oberkörper auf; dann entwickelte sich fast plötzlich 
eine fortschreitende Verdickung der Körperhaut. Das Gesicht hat, in Folge 
der Unbeweglichkeit der Haut, einen ausdruckslosen Aspect. Die urticaria- 
artigen Flecke sind noch immer sichtbar. 

Fox glaubt, dass die Textur der Haut kaum verändert erscheint 
und auch das subcutane Gewebe zu wenig verändert ist, um Sclerodermie 
positiv anzunehmen. Redner stellt eine gute Prognose; empfiehlt eine 
Milchdiät, Massage und Galvanisation. 

Fordyce sagt, dass Massage und heisse Bäder mit Massage hier 
angezeigt sind. 

Lustgarten schliesst sich dieser Ansicht an, wendet auch Sali- 
cylsalben hiezu an. 

Bulkley bemerkt, dass die Urticariaflecke bei diesem Falle merk¬ 
würdig sind und auf eine der Sclerodermie vorausgehende Nutrititionsstörung 
der Haut hinweisen. Die Pat. hat nach dem ersten türkischen Bade schon 
ein Weicherwerden der Haut gezeigt. Pat. wird massirt und mit Lanolin 
gerieben. 

263. Sitzung vom 28. September 1897. 

Praesident: S. Lustgarten. 

H. G. Klotz stellt einen Fall von universeller Alopecie vor. 

Der körperlich gesunde, 12jährige französische Junge zeigte im 
4. Lebensjahre im Gefolge von Masern mehrere kreisförmige Haar¬ 
verluste, namentlich am Occiput. Nachwuchs von helleren, dünneren 
Haaren und fortschreitende Entwickelung von neuen kahlen Stellen 
wechselten seither ab, bis gegenwärtig nur noch einige Haarbündel an 
den Schläfen zurückgeblieben sind. Auch die Augenbrauen und Wimpern 
sind verschwunden. Merkwürdig erschien der starke Haarausfall im Sommer 
und die Tendenz der Regeneration im Winter. 

Sh er well stellt eine günstige Prognose und empfiehlt den fara- 
dischen Strom mittelst einer Drahtbürsten-Elektrode. 

H. G. Piffard gibt zu, dass mittelst der elektrischen Behandlung 
etwa 50 Procent der Fälle gebessert werden. Die Ursache der Erkrankung, 
ob neurotisch oder parasitär erscheint dem Redner noch immer unklar. 

G. T. Jackson sagt, das jugendliche Alter berechtigt die Prognose 
liier günstig zu stellen. Bei ausgebreiteter Alopecia und älteren Patienten 
findet Redner weder faradische, noch galvanische, noch statische Elektri- 
cität von Nutzen. 

R. W. Taylor sagt, dass aus dem Zustande des Haarbodens, ob 
bereits Atrophie der Haarfollikel eingetreten ist oder nicht, die Aussage 
annäherungsweise sicher gemacht werden kann. 


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P. A. Morrow bemerkt, dass bei allgemeiner Alopecie eine posi¬ 
tive Prognose überhaupt nicht gestellt werden kann, da erfahrungsgemäss 
die Fälle verschiedentlich verlaufen. 

G. T. Elliot stimmt mit Morrow überein, zumal der Mangel 
einer sicheren Aetiologie eine entsprechende Prognose nicht rechtfertigt. 

Lustgarten glaubt, dass die bösartigen Formen parasitären 
Ursprunges sind, denn als Neurose müssten selbe doch als wichtiges 
Symptom einer besonderen Nervenerkrankung erkannt worden sein. 

Elliot bemerkt, dass die Durchschneidung des 2. und 8. Cervical- 
nerven, wie auch andere Verletzungen der Nerven und darnach auftre¬ 
tende Alopecien den neurotischen Charakter doch wesentlich unterstützen ; 
andererseits ist die von Saboraud aufgestellte parasitäre Natur der 
Erkrankung noch nicht vollständig erwiesen. 

C. W. Cutler sagt, er hätte mit hypodermatischen Injectionen 
von Strychnin nitric. von 0*005 aufwärts und localer Application von 
Acid. carbol. Chloral. Tinct. Jodina aa guten Erfolg erzielt. 

Lustgarten sagt in Erwiderung an Elliot, dass, obschou ein 
nervöser Ursprung der Alopecia nicht ganz ausgeschlossen werden kann, 
ein klinischer Zusammenhang mit den Nerven bisher nicht erwiesen wurde. 
Die Experimente Max Joseph’s sind nicht genügend bestätigt worden. 

Elliot sagt, dass die Thierversuche Joseph’s und andere trau¬ 
matisch erzeugte Alopecien in der Literatur bestätigt wurden; ferner sei die 
neurotische Theorie gegenwärtig noch wreit mehr plausibel als die parasitäre. 

Johnston bemerkt, dass Sabouraud’a positiv ausgefallene 
Toxininoculatiouen gewiss ebensoviel Glaubwürdigkeit verdienen als die 
Annahmen Joseph’s. 

Lustgarten sagt, das9 der absolute Beweis einer der beiden 
Theorien noch nicht erbracht ist; dass nichtsdestoweniger die moderne 
Sabouraud’eche Anschauung an Anhängern gewinnt. 

Elliot erwähnt, dass die Dermatitis herpetiformis selbst von 
D uh ring für eine Neurose angesehen wird, obschon keine sonstigen ner¬ 
vösen Manifestationen sich dazu gesellen. 

G. H. Fox sagt, dass der Mangel von nervösen Läsionen bei der 
Vitiligo, welche der Alopecia areata so ähnelt, den nervösen Ursprung 
derselben nicht ausschliesst und diese gleich der Alopecia areata auf einer 
geschwächten Hautinnervation beruht. 

Piffard bemerkt, dass das epidemische Auftreten der Alopecia 
areata auf der neurotischen Grundlage nicht gut erklärt werden kann. 

P. A. Morrow sagt, dass eine grosse Reihe authentischer Be¬ 
richte für die parasitäre Natur der Alopecia sprechen, wie bei dem Herpes 
tonsurans mit dem Unterschiede, dass der vermuthete Alopecia-Parasit 
schwächere Contagiosität zeigt. 

Jackson sagt, dass das Auftreten von circularen Plaques von 
Kahlheit ebenso gut in Nervenstörungen wie in Parasiten begründet 
sein könne. 


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Original from 

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der New-York Dermatological Society. 


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Klotz schliesst die Debatte, indem er verspricht, den faradischen 
Strom bei seinem Falle, dessen universeller Charakter eine locale Appli¬ 
cation ausschliesst, an wenden zu wollen. 

Lustgarten erwähnt noch, dass ein Fall aus der Literatur be¬ 
kannt Bei, bei welchem nach SOjähriger Dauer ohne Behandlung das Haar 
zurückgewachsen sei. 

P. A.Morrow demonstrirt einen Fall von Dermographismus. 

Der Fall bei dem 24jährigen Manne zeichnet sich besonders durch 
die auffallend starke Neigung zum Dermographismus aus auf blosses Be¬ 
rühren der Haut hin. 

Klotz macht auf den Mangel von Urticaria-Efflorescenzen und 
Neurosis aufmerksam. 

Fordyce wünscht eine Blutuntersuchung dieses Falles auf eosino¬ 
phile Zellen hin. 

Johnston sagt, dass auch die Untersuchung des Blutes auf dessen 
Gerinnungsfähigkeit interessant wäre, zumal Wright bei Urticaria auf 
die verminderte Coagulität des Blutes hin Calciumchloride empfahl. 

Lustgarten findet die Blutbefunde bei der Urticaria für weitere 
Untersuchungen anregend. Redner sagt, der vorliegende Fall setzt eine 
angeborene nervöse Ueberempfindlichkeit voraus, der Reiz trifft nach Unna 
die capillaren Blutgefässe, nach Heidenhain die c&pillaren Lymph- 
ge fasse. 

Morrow sagt, der Dermographismus wurde immer für ein ange¬ 
borenes vasomotorisches Phänomen angesehen. Ein als acquirirte Form 
zu betrachtender Dermographismus wäre die zuweilen bei Hemiplegikern 
und bei der Lepra anaesthetica auftretende Form. 

Ref. Lustgarten (New-York). 

Aus dem Journal of cutaneous and genito-urinary diseases. 


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Verhandlungen der American Dermatological 
Association. 

(Washington D. C., 4, 5, 6 Mai 1897.) 

Praesident: J. C. White (Boston.) 


J. N. Hyde (a contribution to tbe study of bleeding 
Stigmata) berichtet über einen Fall von spontanen Hautblutungen bei 
einem Erwachsenen, oft vou einer Dauer von mehreren Monaten. Der 
Autor bemerkt, dass derartige Blutungen in der Regel in Folge von 
morbiden Veränderungen des Blutes, oder von Erkrankungen des Nerven¬ 
systems, Leber, Milz, Nieren zu Stande kommen, u. zw. an mehreren 
Hautsteilen wie auch ausserhalb der Haut gewöhnlich stattfinden. In 
einer anderen Reihe von Fällen, oft in Begleitung von spontanen Gan¬ 
gränstellen scheint Betrug vorzuliegen, wobei Färbung der Hautsecrete, 
Substituirung mittelst Thierblutes bei den Simulanten, in der Regel 
nervös Beanlagten, zur Anwendung kommen. 

A. Van Harlingen. Vier Fälle von hysterischer Dermato- 
neurosis. 

Discussion dieser zwei Vortraege. 

L. Duhring sagt, Hyde’s Fall ist von seltenem Vorkommniss. 
Hinsichtlich Harlingen’s Fälle wünscht Redner eine mehr definitive 
klinische Beschreibung der Läsion und Classificirung Die Thatsache, 
dass die Läsionen arteficiellen Charakter tragen, mehr oder weniger 
aregular sind, ist nicht ein unfehlbarer Beweis dessen, dass selbe wirk¬ 
lich selbst erzeugt sind, zumal man bei Hysterikern ganz ähnliche 
nervösen Ursprunges begegnet. 

P. A. Morrow bemerkt, dass Hyde’s Fall eine nicht gar so 
grosse Seltenheit wäre und dass die Literatur der Daemonologie im 
Mittelalter darin reichhaltig sei. Diese Fälle gehören unzweifelhaft in 
das Gebiet des Dermographismus. Man kann sich einen Blutaustritt bei 
hochgradiger vasomotorischer Lähmung leicht vorstellen. Die Bezeichnung 
„hysterisch“ der Fälle Harlingen’s findet Redner für passend, obwohl 
häufig derartigen Läsionen Simulationen entspringen. 


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der American Dermatological Association. 


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J. Grindon sagt, dass bei der Dermatitis neurotraumatica 
(D u h r i n g), bei K ap o s i’s Zoster gangraenosus recidivus atypicus die Selbst- 
zufugung naheliegend ist, mit Rücksicht auf deren Aehnlichkeit mit Cau- 
terisationseffecten. Man könnte vielleicht eine auf der Basis von Tropho- 
neurosis oder Autosuggestion beruhende Selbstverletzung hiebei an¬ 
nehmen. 

Bronson sagt, dass die auf emotionelle Einflüsse beruhenden 
Hautaffccte, wie Erröthen, die Erection der Haare, Kaltwerden der Hände 
und Füsse, erythematosa Eruption bei Untersuchung nervöser Leute, 
zumeist Frauen, genügend bekannt sind. Ebenso könnten sich trophische 
Veränderungen zuweilen entwickeln, namentlich unter dem Einflüsse der 
Hypnose, wie z. B. der von Devergie beschriebene Fall von Louise 
Lateau. Kaposi soll bei einem Arzte hämorrhagische Anfälle an den 
Handrücken beobachtet haben, der vorher die Rolle des Jesus im Passions¬ 
spiele von Oberammergau übernommen hatte. Bei diesem Manne soll ohne Ver¬ 
anlassung zuweilen ein dünner Blutstrahl aus den Follikeln entströmt 
sein. Es ist möglich, sagt Redner, dass bei überempfindlichen Subjecten 
geringe, oft unmerkbare und nicht empfundene Traumata, von einer ver- 
hältnissmässig sehr gesteigerten Reaction, gefolgt werden. Die angulare 
Begrenzung der Läsionen spricht auch eher für einen äusserlichen Ur¬ 
sprung, als innerliche Entstehung. 

J. A. Fordyce bemerkt, dass in Fällen von Purpura das Plasmo¬ 
dium Malariae gefunden wurde. 

D. W. Montgomery sagt, dass diese Krankheiten von einander 
gründlich diflerenzirt werden sollen. Das Auftreten von rothen Flecken 
an den Augenlidern der Irren sei ihm bekannt und in der Regel auf 
Reflex vom Magen herrührend, wie Redner sich davon oft überzeugen 
konnte. 

J. X. Styde bemerkt, dass der anguläre Charakter einer Efflores- 
cenz gewiss zur Beurtheilung der arteficiellen Natur einer Eruption bei¬ 
trägt; ferner, dass es sicherlich sogenannte hysterische Eruptionen gibt. 

P. A. Morrow. Two cases of linear Naevus, with Re- 
marks on its Nature and Nomenclature. 

Der Vortragende weist auf die mangelnde Beachtung dieser Aflfection 
in den Lehrbüchern hio. Die zwei berichteten Fälle sind Beispiele dieser 
Hautdystrophie, charakterisirt durch a) die lineare, streifenartige Form, 
welche die Läsionen bald in parallelen Linien, bald in strahlenförmiger 
Verzweigung darstellen; b) durch die Einseitigkeit; c) durch die schein¬ 
bare Beziehung zu gewissen Nervenbahnen in manchen Fällen, in anderen 
nicht; d) durch das papillär-warzige Aussehen; e) durch den congenitalen 
Ursprung, kurz nach der Geburt oder während der Adolescenz auf¬ 
tretend; f) durch die häufig sie begleitende Sensibilitätsstörung; g) durch 
die mannigfache Evolution resp. Involution. Der Autor bemerkt, dass 
eine Analyse derartiger Fälle in Allem eine Hyperplasie der Epidermis 
ergibt, dass jedoch kaum zwei Fälle von ähnlichem Aapect gesehen 
wurden. Das histologische Bild ändert sich auch, je nachdem der 


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Verhandlungen 


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Papillarkörper, Gefasse oder die Hautdrüsen ergriffen sind. Autor em¬ 
pfiehlt die Adjectiva, ichthyosiform, verrucös, keratotisch, lichenoid, als 
klinisch zutreffend; so auch die lineare, streifenförmige etc. Bezeichnung 
beizubehaltcn. Dagegen sei der Terminus Unius lateris für diese Naevus- 
iorm nicht zutreffend und würde Autor die einfache Bezeichnung Nae¬ 
vus linearis allen anderen vorziehen. 

G. H. Fox sprach Ueber die verschiedenen Formen der 
Pityriasis und ihre Beziehung zum Erythema, Eczmea und 
Psoriasis. 

J. Grindon sagt, dass man bei den verschiedenartigsten Haut¬ 
erkrankungen in gewissen Punkten eine Aehnlichkeit nachweisen kann, 
dass aber bestimmte Beziehungen aufzustellen zur bestehenden Confusion 
nur noch beitragen wird. 

J. N. Hy de bemerkt, dass die Beobachtung von Fox, wonach 
manche Krankheiten täuschende Uebergangsformen oft darstellen, der 
Wahrheit entspricht. So behaupten die Franzosen, dass manche Fälle 
von Pityriasis rubra pilaris von Psoriasis oder Eczem nicht zu unter¬ 
scheiden wären. Nichtsdestoweniger muss zwischen Pityriasis rosea und 
allen Formen von Seborrhoe eine scharfe Grenze gezogen werden, wenn 
auch dies zuweilen schwierig anzuwenden sei. Die Pityriasis hat einen 
bestimmten Verlauf, zum Unterschiede von dem seborrhoischen Eczem, 
bei welchem man mit seborrhoischen Subjecten zu thun hat. 

F. J. Shepherd sagt, dass Fox mit seiner neuen Bezeichnung 
eher zur Complieation der Nomenclatur beiträgt, ferner dass all diese 
Krankheiten parasitären und seborrhoischen Ursprunges sind 

L. A. Duhring sagt, dass er eine Pityriasis Rosea als eine 
in ihrer Identität festgestellte Erkrankung anerkennt; ebenso die Se¬ 
borrhoe, welche nur dann mit dem Namen seborrhoisches Eczem be¬ 
zeichnet werden soll, wenn eben Seborrhoe mit Eczem sich combinirt. 
Mit der generellen Bezeichnung von Pityriasis für die Pityriasis Rosea, 
welche ja doch als eine Krankheit sui generis von den Meisten ange¬ 
nommen wird, und für gewisse Formen von Pityriasis Rosea und Seborrhoe 
und Psoriasis bloss deshalb, weil selbe eine ähnliche, oberflächliche 
Schuppung manifestiren und eine ähnliche erythematös-entzündliche 
Grundlage haben, wie Fox vorschlägt, ist eigentlich nichts 
gewonnen. Redner lobt die ausgezeichneten Photographien, welche Fox 
präsentirte; allein widerräth von denselben, ohne sonstigen Behelf eine 
correcte Diagnose zu machen. 

F o r d y c e sieht nicht ein, wie die in ihrem Ursprung und klini¬ 
schem Verlaufe so verschiedenen Krankheiten unter einem Namen auf- 
gefasst werden können. 

A. Robinson bemerkt, dass genauere mikroskopische Studien 
diese Krankheiten eher noch mehr differenziren müsste, als wie von Fox 
beabsichtigt, vereinigen sollte. 

H. G. Klotz. Ueber stärkere Lösungen der Ichthyo-1- 
gruppe bei acuten und chronischen Hautentzündungen. 


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der American Dermatological Association. 


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Der Autor empfiehlt die 50% wässerigen oder 10% alkoholischen 
Lösungen selbst bei acuter Dermatitis, weil sie rasch vertrocknen und 
einen schützenden Hautüberzug zurücklassen. 

E. B. Bronson sagt, dass er das Ichthyol für eines der werth¬ 
vollsten Mittel ansieht und die antikatarrhalische Wirkung desselben dem 
Resorcin noch vorzieht. Für beschränkte Application empfiehlt sich auch 
der Ichthyol firniss von Unna, welchen Redner so bereiter, dass er 
erst Stärke in nahezu der gleichen Menge Wassers kocht, dann 80—40% 
Ichthyol und 2%% Albumen zusetzt. Der so präparirte Firniss ist bei 
Lupus Erythematosus des Gesichtes zu empfehlen. 

S. I). Bu lkl ev bemerkt, dass er diese Mittel häufig, wenn auch 
nicht so stark anwendet ; dafür hat er Ichthyol bei rotheu Nasen intern 
(5—15 Tropfen vor jeder Mahlzeit) mit grossem Erfolge verabreicht. 

C. W. Alleu sagt, dass Resorcin und Ichthyol die zwei nützlich¬ 
sten Hautmittel sind. Bei gewissen intestinalen Forraentationen bewährt 
sich das Ichthyol auch intern gut. Bei juckenden Krankheiten scheint 
das Tumenol besser zu wirken. Die günstige Wirkung bei Erysipel ist 
zur Genüge bekannt und geschätzt. 

S. Pollitzer. Ueber die Natur der Xantliomata. 

Der Autor bemerkt, dass die über das Wesen der Xanthome be¬ 
stehenden Anschauungsdifierenzen darin begründet sind, dass erstens die 
Untersuchung verschiedener Stadien einer Krankheit zu differenten Re- 
sultaten führte; zweitens diiferente Formen von Xanthoma für eine und 
dieselbe Krankheit angesehen wurden. Der Autor bezieht sich auf 13 
Fälle, von welchen 5 Xanthoma plauum palpebrarum, 4 Xanthoma tube¬ 
rosum und 4 Xanthoma diabeticorum darstellen. Das Xanthoma palpe¬ 
brarum unterscheidet sich von dem Xanthoma multiplex durch seine 
Weichheit, Flachsein, lebenslanges Bestehen, Häufigkeit. Die beideu 
Formen combiniren sich selten. Das Lid-Xanthoma entsteht in Folge 
körnig-fettiger Degeneration embryonalen Muskelgewebes. Demonstration 
von Mikrophotographien. Die Structur des multiplen Xanthoma stellt 
einen förmlichen Tumor dar von hyperplastischem Bindegewebe, welches 
fettig degenerirt. Im diabetischen Xanthoma soll der Proeess etwas mehr 
diffus sein. Bei £0% der multiplen Xanthome fand sich entweder Dia¬ 
betes oder eine schwere Leberläsion vor, was den Autor veranlasst, die 
rheumatischen Seimen und fibrösen Verdickungen mit den Xanthomkuoten 
in eine Gruppe zu reihen und dieselben auf die hei gewissen schweren 
Leiden bestehende Toxämie zurückzuführen. Die multiplen Xanthome 
durften im Sinne des Autors in der Mitte zwischen den rheumatischen 
und diabetischen Knoten stehen. 

W. H. Welch empfiehlt die Hautpathologie mit der allgemeinen 
Pathologie in Einklang zu bringen. 

J. N. Hy de erwähnt einen Fall mit allgemeiner xanthomatnser 
Transformation der ganzen Thoraxdecke ohne jedwede andere Läsionen. 
Redner bemerkt, dass nicht alles, was gelb is;, als Xanthoma gedeutet 

Archiv f. Dermatol, u. Syphil. Baud XLVI. g 


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114 Verhandlungen 

werden sollte; ferner dass die Bezeichnung Xanthoma diabeticorum etwas 
irreführend sei, zumal die AfFection auch bei Niehtdiabetikern vorkommt. 

F. J. Shepherd erwähnt einen Fall von Xanthoma multiplex bei 
einer Frau, die mit Icterus in Folge von Gallensteinen behaftet war. Das 
Xanthoma verschwand nach Entfernung der Gallensteine. 

Allen sagt, dass er das Lidxanthoma von dem Xanthoma multiplex 
klinisch immer gesondert hätte. 

Johns ton behauptet, dass Xanthoma diabeticum sich entsprechend 
den diabetischen Symptomen zeigt und verliert, während der klinische 
Verlauf des Xanthoma vulgare gar keine Abhängigkeit von irgendwelcher 
systematischer Störung manifcstirt. 

Morrow sagt, dass er in einem Falle von Xanthoma tuberculatuin 
nach einigen Jahren und in Folge von sorgfältiger Application von 2o7 0 
Salicylpriaster auf die au einem Unterschenkel localisirten Läsionen eine 
Limitation der Krankheit beobachtet hatte. Redner erwähnt diesen Fall 
mit Rücksicht auf die von Pollitzer angegebene charakteristische 
Tendenz zu Rückfällen dieser Erkrankung. Redner ist überzeugt, dass 
zwischen Glycosurie und Xanthoma diabeticorum ein causales Verhältnis 
besteht; ferner dass klinisch zwischen Xanthoma diabeticorum und mul¬ 
tiplex ein grosser Unterschied besteht. 

Bo wen sagt, dass die histologischen Präparate Pollitze Es 
den Beweis sog. transitioneller Formen noch nicht augenscheinlich er¬ 
bringen, obschon plausibel machen. 

Politzer schliesst mit der Bemerkung, dass die Vergesellschaftung 
von Lidxanthom mit Glycosurie eine bloss zufällige sei, wie dies im vor¬ 
gerückten Alter eben ermöglicht ist. Von den seltenen diffusen Xan¬ 
thomen gehören diejenigen des Gesichtes vielleicht zu einem mveogeneti- 
schcii Typus, während die der Handilächen dem allgemeinen Xanthoma 
zugereiht werden muss. Hinsichtlich des Xanthoma diabeticum sagt 
Redner, dass es nicht der Zucker, sondern ein anderes, noch unbekanntes 
Product des Stoffwechsels sei, welches verantwortlich gemacht werden 
kann. Zum Beweise fehlt der Zucker in manchen Fallen, selbst bei 
wiederholten Untersuchungen, ln Uolombini’s Fall konnte keine 
Glucose, dagegen Pentose nachgewiesen werden. Die Tlnitsache, dass in 
Sö% aller Fälle eine Glycosurie oder eine andere Stoff’wechselstürung 
vorlag, spricht für die Ansicht des Redners, wonach das allgemeine Xan- 
thom auf einer hepatischen, diabetischen, rheumatischen Toxämie beruht. 

J. Win fiel d. Ein Beitrag zur Aetiologie der congeni¬ 
talen Iehthyosis. Fehlen der Schilddrüse. 

Sh er well sagt, dass die Gemüthsunruhe, welche die Mutter in 
den Schwangerschaften, der Geburt ihrer 2 ichth} otischen Sprösslinge 
vorausgeliend, bekundete und welche in den Gestationen der anderen 
gesund und normal geborenen Kindern fehlte, sicherlich als ein ätiologischer 
Factor angesehen werden sollte. In wie ferne der Mangel einer Schild¬ 
drüse ätiologisch verwerthet werden könnte, weiss Redner nicht zu sagen. 
Heredität scheint in dem Falle des Autors ausgeschlossen zu sein. 


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der American Dermatological Association. 


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Bo wen glaubt, dass man zwei Formen von Ichthyosis congenita 
unterscheiden sollte. Die erstere, wobin der Fall des Autors gehört, 
sollte Keratoma genannt werden; diezweite beruht auf dem Bestehen der 
embryonalen epitricbalen Schichte. 

D. W. Montgomery. Ein Fall von hereditärem und con- 
tinuirlichem Abfall der Fingernägel. 

Der 35jährige Patient gibt an, dass seine Mutter und mehrere 
nahe Verwandte eine ähnliche Neigung zum häufigen Nagelwechsel 
manifestirten. Der Patient verliert seit seiner Geburt eontinuirlich 1—2 
Nägel, welche vom Nagelfalze sich abhebend innerhalb 3 Monaten voll¬ 
ständig lose werden und durch neue Nägel ersetzt sind. 

C. Johnstou glaubt, dass eine körnige Degeneration der Basal¬ 
zellen, ais congenitaler Effect,diese merkwürdigeErscheinung erklären könnte. 

Klotz sagt, die Annahme Johnston’s führt nicht näher zur 
Aetiologie dieses Falles, denn man müsste dann die Ursache der Dege¬ 
neration erklären. 

Montgomery bemerkt, dass w< nn eine solche fettige Degene¬ 
ration vorliege, man doch eine continuirliche Missbildung der Nägel 
erwarten sollte. Der Patient hat sonst gesunde Haare, Zähne und das 
Abfällen der Nägel geht ganz schmerzlos vor sich. 

Fordyce. Geber symmetrische Hautatrophie. 

Die symmetrischen Atrophien entwickelten sich secundär an Händen, 
Ellbogen, Knien und Knöcheln, welche primär hyperämischen Charakter 
zeigten. Ausser einer vasomotorischen Störung lässt sich keine Nerven¬ 
krankheit nachweisen. Der Fall erinnert an die von Buchwald, Touton, 
Bronson beschriebenen ähnlichen Fälle 

Bronson bemerkt, dass der entzündliche Charakter dieses Falles 
evident erscheint, während in seinem eigenen Falle dieses Symptom fehlte; 
dafür präsentirte sein Fall eine schärfere Begrenzung. Redner glaubt 
jedoch, dass sein Fall mit dem Falle Kordyce’s identisch sei. 

Duhring sagt, dass all diese Fälle zu den Hautatrophien gehören, 
ob da entzündliche Erscheinungen oder Circulationsstörungen vorausgingen 
oder nicht; chronischen Verlaufes sind sie a'le. 

F. J. Shepherd. Einige Fälle von geheuchelten Aus¬ 
schlägen. 

Der Bericht bezieht sich auf vier Fälle. Beim 1. bestanden seit 
10 Tagen mehrere circulare Flecke am Arme, tbeihveise gangränös; theil- 
weise entzündet rothglänzend, als wie durch Auflegen einer heissen 
Metallscheibe erzeugt. Die Magd suchte sich wahrscheinlich der Arbeit 
zu entziehen. Unter Verband heilten alle Läsionen le cht. Beim 2., einer 
Köchin, entstanden über Nacht zusammenfliessende Blasen an den Wangen 
nach einer unwillkommenen Feldarbeit. Die scharfe Begrenzung spricht für 
die Application einer Säure. Beim 3., einer hysterischen Frau, kam erst 
eine beschränkte Croton-Dermatitis an der Brust, später mit Ausheilung 
derselben Blasenbildung nur an den Waugen zum Ausbruch. Pat. be¬ 
zweckte Mitleidserregung. Beim 4., einem Stubenmädchen, die dem Ge- 

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nusBe von Cigaretten und Alkohol hingegeben war, traten in regelmässi¬ 
gen Zeitabständen gangränöse Geschwüre an einem Fasse auf, vielleicht 
durch brennende Cigaretten erzeugt. 

Allen glaubt nicht, dass wir derartige Eruptionen von den hyste¬ 
rischen Dermatosen absondern sollten. 

Duhring gibt das Vorkommen von factitiösen Eruptionen zu, 
wünscht jedoch den jedesmaligen Nachweis der Thatsache, denn in 
manchen zweifelhaften Fällen hat man es dennoch mit sog. neurotischen, 
aus inneren Ursachen entstehenden Hautaffectionen zu thun. 

Grindon bemerkt., dass es Fälle von arteficieller Dermatitis gibt, 
welchen eigentlich keine Absicht von Täuschung unterliegt, wie z. B. 
der Gebrauch bei den Prostituirten Algeriens, die sich oft mit dem 
Cigarrenende verbrennen. 

M. B. Hartzell sagt, dass die positive Beweisführung bei der¬ 
artigen Affectionen olt unmöglich ist. 

Bronson bemerkt hinsichtlich der durch heissen Wasserbeutel 
erzeugten Dermatitiden, dass bei den betreffenden Patienten in der Regel 
eine Abnahme der Gevvebsresistenz besteht, nebst der relativen Un¬ 
empfindlichkeit wie nach Operationen etc. 

J. C. White sagt, dass, indem die Beweisführung einer betrüge¬ 
rischen Absicht so sehr erschwert ist, man doch die Umstände zu be¬ 
rücksichtigen berechtigt ist, um darnach zu einer Beurtheilung des resp. 
Falles zu gelangen. 

Welche Umstände beeinflussen den Verlauf der Sy¬ 
philis? o) das Virus? b) das Individuum? 

R. W. Taylor (New-York): Prognose bei Erwachsenen. 

J. N. Hy de (Chicago): Prognose bei Kindern. 

J. E. Atkinson glaubt, dass, wenn auch die specifische Behand¬ 
lung Jedermann, selbst den Armen, gegenwärtig leichter zugänglich ist 
und möglicherweise Lues auch weniger verbreitet ist, als zuvor, man 
dennoch nicht eine besondere Linderung der Krankheit zu verzeichnen 
berechtigt ist. 

J. Grindon sagt, dass, < bsebon die Vortragenden dem Nährboden 
mehr Bedeutung beimessen, als der Qualität und Quantität des Virus, 
man bei analogen Inlectionskrankheiten, wie z. B. bei der Impfung mit 
Lymphe der Quantität derselben die Wichtigkeit nicht absprechen kann. 
Vielleicht verhält es sich bei Syphilis ebenso? Redner ist ferner über¬ 
rascht, die allgemein optimistische Anschauung beider Herren zu hören, 
trotzdem mau häufig selbst bei sorgfältig behandelten Fällen sog. post¬ 
syphilitischen Nervenerkrankungen begegnet. 

Hartzell bemerkt, dass das Virus wohl immer stabil bleibt, dass 
dessen Charakter jedoch wesentlich durch die Verschiedenheit des Bodens 
modificirt wird. 

Montgoraery bezieht sich auf die Beschreibung Taylor’s, 
wonach ein Gewebe, welches erst mit Syphilis und dann mit Tubercu¬ 
losis behaftet wird, eine Symbiose derselben darstellen und Symptome 


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der American Dermatological Association. 


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manifestiren kann, welche sowohl von Syphilis wie von Tuberculosis ver¬ 
schieden sind. Redner möchte an Stelle des unrichtigen Terminus 
Symbiose die Bezeichnung Superinfection setzen; zumal er unter 
Symbiose eine Vereinigung zweier Zellen zu einer Zelle versteht, welche 
von den Constituenten verschiedene Potentialitäten besitzt. Ein Beispiel 
wahrer Symbiose wäre der Foetus als Resultat der Vereinigung von 
Spermatozoon und Ovum. 

Klotz bemerkt, dass die Ansichten über die Natur des syphili¬ 
tischen Virus noch rein hypothetisch sind; ferner, dass die primären und 
secundären Symptome der Lues mehr Aehnücbkeit zur Variola als zur 
Tuberculosis zeigen, dagegen die tertiären Formen mit localer Tuber¬ 
culosis oft verwechselt werden können. Ob die tertiären Erscheinungen 
aus den Residuen secundärer entwickeln, ist nicht bewiesen, wenn auch 
zuweilen zutreffend; sicherlich beginnen die Gummen an den Blutge¬ 
fässen; das Virus müsse demnach in dem Blute circuliren. 

F o r d y c e sagt, dass die Infection des Körpers noch vor dem Auf¬ 
treten der Schankers statthabe, ferner dass für die Schwere der Erkran¬ 
kung sowohl das Individuum als auch die Qualität und Quantität des 
Virus verantwortlich sind. 

Allen bemerkt, dass wenn man Lues mit anderen Infectionskrank- 
heiten vergleicht, man den Einfluss des Virus unabhängig vom Infec- 
tionsboden nicht leugnen kann. Dafür spricht auch der in der franzö¬ 
sischen Literatur verzeichnete Fall, wonach eine mit schwerer Nerven- 
lues behaftete Frau, in 7—8 von ihr inficirten Männern eine ganz ähnliche 
Form von Lues erzeugte. Ferner spricht Redner das Wort der Excision 
des Schankers wie auch der frühen antisyphilitischen Behandlung, zumal 
man ja doch bald nach dem Auftreten des Schankers auch weitere 
Symptome der Erkrankung zu Gesichte bekommt. 

Sherwell erwähnt, dass wenn Syqphilis auf tubereulotische Indi¬ 
viduen übertragen wird, die Wirkung beider oft antagonistisch sich 
manifestirt und dass die specifische Behandlung auf beide Erkrankungen 
rasch heilend zu wirken scheint. Die Angabe Grindon's, dass die 
Quantität des Lymphvirus bei der Impfung von Belang sei, möchte 
Redner bestreiten, da selbst die geringste Menge der Vaecinia, Variola 
und auch Syphilis genügt, um schwere Allgemeinerkrankung zu erzeugen. 
Auffallend erscheint dem Redner die milde und leicht heilbare Form 
der Syphilis bei Schwangeren. 

Morrow sagt, die Qualität der Syphilis hängt lediglich von der 
Jdiosyncrasie des Individuums ab, d. h. der Boden und nicht das Virus 
bestimmt die Natur der Syphilis. Die scheinbare Wirkung des Virus bei 
der hereditären Syphilis, wobei die ersten Geburten einer syphilitischen 
Frau schwerere, die späteren Geburten immer leichtere Formen der 
Erkrankung präsentiren, ist nicht allein auf die Qualität des Virus, son¬ 
dern auf die auch im Beginne mehr gestörten Ernährungsverhältnisse 
zwischen Mutter und Kind zurückzuführen. Die Gut- oder Bösartigkeit 
der acquirirten Lues dagegen ist nachweisbar unabhängig von der Quelle 


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Verband hingen 


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des Virus, sagt, Redner. Die maligne Syphilis Dt in der Regel weder die 
Folge noch die Ursache einer ähnlichen Infection. Redner behauptet 
demnach, dass das specifische Virus unstreitig die Ursache der Syphilis; 
die Natur der Erkrankung aber lediglich von dem Individuum ab¬ 
hängig sind. 

Taylor sagt, dass Symbiose die scheinbare Amalgamation zweier 
pathologischer Processe bedeutet. Sonst hat Redner nichts weiter zu 
entgegnen, sondern hält fest an seinen im Vortrage bekannt gegebenen 
Ansichten. 

T. C. Gil christ (Baltimore). Ein Fall von Porokeratosis 
(Mib e 11 i) oder Hy per kera to si s excentrica (Re spighi). 

C. W. Allen. UeberAdaptirung einer universellen Scala 
behufs genauer und uniformer Beschreibung cutaner Lä¬ 
sionen. 

Zur Vermeidung der Confusion, welche die vielländischen Be¬ 
zeichnungen bedingen, empfiehlt Allen als Einheit des Massstabes *' 4 eines 
Millimeters, welchen Autor mit dem Namen Tetinil bezeichnet. Eine 
Vergleichstabelle der Aequivalente alter Termini mit der nach genauen 
Messungen vorgenommenen Tetmilscala sollte allgemeine Aufnahme finden, 
räth Autor, um internationalen wissenschaftlichen Austausch zu erleichtern. 

D uh ring spricht sich für die Annahme eines solchen nützlichen 
Planes aus. 

Allen bemerkt, dass seine Tabelle eine Serie von 1—500 in ein¬ 
ander gefügten Zirkeln von TetmiPs enthält und somit auch leicht auf 
das metrische System übertragen werden könnte. 

J. Grind on (St. Louis). Eine eigen thümlic he Affection 
der Haarfollikel. 

Die Erkrankung besteht in einer chronischen Entzündung der 
Haarfollikel mit wiederholter Abstreifung von Theilen der Wurzelscheide 
en Masse, den Haarschaft, wie Nisse umgebend und solche vortäuschend. 

M. B. Hartz eil (Philadelphia). Ein Fall von Impetigo her- 
pe ti form i s. 

J. A. Fordyce. Impetigo herpetiformis oder Derma¬ 
titis herpetiformis. 

Hartzell’s Fall betrifft eine 80jährige Frau, die seit mehreren 
Monaten successive Ausbrüche von in Gruppen geordneten Pusteln mani- 
festirt, einige auch an der Mundschleimhaut. Septische Folgeerscheinungen 
verursachten den Tod der Patientin. 

Fordyce’s Pall präsentirt eine universelle Eruption von Blasen 
und Pusteln, in gruppirten Flaques, mit Fieber und heftigem Jucken 
einhergehend. Gewisse Symptome des Falles veranlassten Fordyce, 
beide Bezeichnungen als zusammengehörig vorzuschlagen. 


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der American Dermatological Association. 


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Du bring sagt, dass in Hartzell\s Falle das Hautödem wie auch 
die irreguläre Anordnung der Pusteln auffallen. Die durch das Uedem 
hirschlederartige weiche Verdickung der Haut findet sich auch bei Pem¬ 
phigus vegetans vor, mit welcher Impetigo Herpetiformis Vieles gemein 
hat. Mit Bezug auf den Fall Fordyce’s ist Redner geneigt, Impetigo 
herpetiformis anzunehmen, welche einen tiefer sitzenden Process darstellt 
und zu der vonHeb^a und Kaposi erhaltenen selbständigen Definition 
ganz berechtigt ist. 

Johnston sagt, dass er zwei Frauen und einen Mann mit Impe¬ 
tigo herpetiformis beobachtet hätte, die keine Vegetationen präsentirten. 
Die Pigmentationen involvirter Läsionen und das Jucken des Falles von 
Fordyce veranlassen Redner, Dermatitis herpetiformis anzunehmen. 

Hy de glaubt, die von Duhring angegebene Aelmlichkeit des 
Pemphigus vegetans mit Impetigo herpetiformis sei sehr suggestiv. 

Hart zell bemerkt, dass in seinem Falle die Bildung von miliaren 
Pusteln um die Plaques herum nur im Beginne ausgeprägt war. 

Fordyce sagt, dass die Allgemeinstörung, Fieber, Schüttelfrost 
seines Falles mit dem deutlich impetiginösen Charakter der Läsionen für 
Impetigo herpetiformis; die Multiformität, rasche Involution und Mangel 
derselben an Schleimhäuten für Dermatitis herpetiformis sprachen. Die 
papillomatösen Wucherungen in den Axillen seines Falles findet man 
auch bei Pemphigus vegetans, sogar Impetigo contagiosa zuweilen; sie 
beruhen nach Herxheimer auf einer gewissen Epidermisalteration. 

Duhring bestreitet die Behauptung Fordyce's, dass er bei 
Dermatitis herpetiformis Narbenrückstände beobachtet hätte, da man 
solchen bei Derrn. herpetiformis niemals begegnet. 

. [Ein Fall von Pseudo-Lupus 

‘ ’ * C . ri8t (Baltimore). JvulgarisinFolgevonBlasto- 

W. K. b t ok es I . 

| myceten. 

Vor II Jahren stellte sich eine hinter dem linken Ohre auftretende 
Eruption der Haut bei einem 33jährigen Manne ein, erst ein Knötchen, 
später Pustel darstellend und sich so über das Gesicht ausbreitend, in 
ihrer Mitte narbige Atrophien zurücklassend. Mehrere Anfälle derartiger 
localisirten Invasionen fanden in weiterer Folge an anderen Stellen des 
Körpers statt, lange Zeit verharrend, um dann spontan zu verschwinden. 
Im Beginn entsprach die Eruption der Natur des Lupus vulgaris. Mikro¬ 
skopisch jedoch liess sich die Gegenwart von knospenden Blastornyceten 
nachweisen. In dem Gewebe präsentirten sich diese Organismen als sphärische, 
einzellige, doppelcontourirtc, einkörniges Protoplasma, zuweilen auch Va- 
euolen enthaltende, kernlose Körper, Hyphen und Mycelien fehlten. Aehnlich 
dem Gilchrist’schen 1. Falle zeigten die Schnitte pathologisch grosse 
Aebnlichkeit zum tuberculösen Gewebe. Tuberkel-Bacillen waren absolut 
nicht zu finden. Reinculturen der Organismen gediehen prächtig, na¬ 
mentlich auf Kartoffeln, ergaben ein reichliches Mycclium von feiner und 
auch gröberer Qualität sowie Sterigmata und Gonidia. Inoculationsversuche 
erwiesen sich positiv bei dem Pferde, Sc! afe, Hund, dagegen negativ bei 


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Verhandlungen 


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Mäusen und einem Hasen. Glucose, Lactose, Saccharose wurden durch die 
Cultur nicht fermentirt. 

Allen gratulirt den Vortragenden. 

Fordyce sagt, dieser Vortrag wird ihn veranlassen, in einem 
Falle von chronischer Kopfhautulceration, wo Syphilis durch Behandlung 
ausgeschlossen ward und auch Tuberculosis unwahrscheinlich ist, nach 
Blastomveeten zu suchen. 

Duliring bemerkt, dass die Photographien des Falles klinisch die 
Tuberculosis cutis, Scrofulosis cutis oder Lupus vulgaris nahelegen. 

White sagt, der Vorlragende hätte nicht bewiesen, dass diese 
AfFection eventuell nicht secundär auf tuberculöser Haut sich ent. 
wickelt hätte. 

Hy de sagt, dass die Erkrankung im Falle Gilchrist’s auto- 
infectiv von einer zur anderen Stelle übertragen w T ar. Ferner bemerkt 
Redner, dass Tuberculosis verrucosa auch an den Füssen Vorkommen 
kann, zur Berichtigung einer gegenteiligen Behauptung. 

W. T. Corlett (Cleveland;. „Ueber den Stand des Colles- 
schenGesetzes“ und „Ein Fall von spontaner Hautgangrän. 

W. A. Hardaway (St. Louis). Ueber Elektrolyse bei Haut¬ 
erkrankungen. 

C. J. White. Lymphangioma der Labia majora. 

Ref. Lustgarten (New-York). 

Aus dem Journal of cutaneous and genito-urinary diseases. 


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Verhandlungen der Berliner dermatologischen 
Gesellschaft. 


Sitzung vom 14. Juni 1898. 

Vorsitzender: Lesser. Schriftführer: Saalfeld. 

1. Saalfeld demonstrirt einen Apparat, der nach amerikanischem 
Muster construirt ist, um bei der Behandlung der Talgdrüsen- 
Anomalien verwendet zu werden. Derselbe besteht aus einem doppel¬ 
wandigen Trichter, in welchem sich heisses Wasser befindet, und hinter 
welchem ein gewöhnlicher Inhalationsapparat aufgestellt ist. Nachdem 
das Gesicht des Patienten mit alkalischem Seifenspiritus eingerieben ist, 
wird der Apparat in Thätigkeit gesetzt. Das herabfliessende Wasser 
wird durch eine kleine Röhre in einen Lappen geleitet, der dasselbe 
aufsaugt. Die besten Erfolge hat S. in einzelnen Fällen von Acne 
indurata erzielt, weniger günstig sind die Resultate bei Comedonen ge¬ 
wesen. Die Temperatur des Wassers beträgt bei der Anwendung unge¬ 
fähr 54—55° C. und die der Luft im Trichter 42-45 ü C. Die Sitzung 
kann ungefähr 5—10 Minuten dauern und je nach der Schwere des 
Falles täglich oder einigemale in der Woche vorgenoramen werden. 

Lesser glaubt, dass der Apparat einen guten Ersatz für die 
Waschungen mit heissem Wasser bildet. 

2. Joseph demonstrirt einen Fall von Rasirschanker. Das 
Ulcus besteht seit 4 Wochen; charakteristische Drüsenschwellungen und 
Roseola sind vorhanden. J. findet, dass die Zahl der extragenitalen 
Infectionen in Zunahme begriffen sind. Er selbst hat bereits 3 Fälle 
von Rasirschanker in dieser Gesellschaft demonstrirt. Es gehört nur 
eine Spur einer Verletzung dazu, um eine Infection zu ermöglichen. 
Monatelang ist oft die Gelegenheit zur Infection gegeben, bis erst eine 
oberflächliche Verletzung dieselbe ermöglicht. So beobachtete J. eine 
Köchin, welche längere Zeit mit einem kranken Mann Umgang hatte, 
sich aber erst nach einer Verbrennung inficirte. Nach seiner Ueber- 
zeugung findet die Infection nicht so sehr durch das Messer, als viel¬ 
leicht durch den Barbier selber statt. Jedenfalls müsste eine grössere 
Sorgfalt in den Barbierstuben zur Anwendung kommen. 


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Verhandlungen 


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Lesser glaubt, dass die Infection gewöhnlich nach einer Ver¬ 
letzung in der Barbierstube später durch einen Kuss erfolgt. Allerdings 
ist die Möglichkeit vorhanden, dass auch ein syphilitischer Barbier durch 
seinen Finger, der mit Speichel benetzt ist und mit welchem er das 
Messer abwischt, die Quelle der Infection bildet. In früheren bekannten 
Epidemien sind von Barbier- oder Schröpfstuben unzählige Infectionen 
erfolgt. Bei dem Schröpfen sind wahrscheinlich die Schröpf köpfe, um 
ein besseres Haften zu erzielen, mit Speichel benetzt worden. Die 
Hänfigkeit der Infectionen kann L. nur bestätigen. So sah er unlängst 
einen Tonsillarschanker bei einem 62jährigen Mann, bei welchem die 
Infection nur zufällig erfolgt sein konnte. 

Blasch ko erwähnt zwei Fälle von Fingerschanker, die er jetzt 
in Beobachtung hat. Im ersten Falle hatte Patient nach einer kleinen 
Verletzung durch Berührung der Genitalien einer Kellnerin sich die In¬ 
fection zugezogen. Im zweiten Falle wurden nach einer Quetschung die 
sich in der Wunde entwickelnden Granulationen in einer hiesigen chirurgi- 
gischen Poliklinik mit einem Argentumstift touchirt. Höchstwahrschein¬ 
lich ist die Infection auf diesem Wege erfolgt. Es ist daher rathsam, 
sich statt des Lapisstiftes einer 5— 10%ig^n Lösung zum Touchiren zu 
bedienen. Da B. häufig in der Lage war, kranke Barbiere zu behandeln, 
unter anderen auch seinen eigenen Barbier, so glaubt er, dass die Rasir- 
8chanker sehr häufig durch die Barbiere selbst erfolgen. 

Rosenthal ist ebenfalls der Ueberzeugung, dass die extragenitalen 
Infectionen im Zunehmen begriffen sind. Es vergeht kaum eine Zeit des 
Jahres, in welcher er nicht mindestens einen Fall zu behandeln in der 
Lage ist. Was die Rasirschanker betrifft, so können dieselben auf dreierlei 
Weisen entstehen. Entweder geschieht die Infection durch den Barbier 
selbst oder durch die verschiedenen Instrumente, die beim Rasiren gebraucht 
werden, wie das Messer (durch dieses scheint die Infection aber am 
alleraeltensten zu Stande zu kommen), den Pinsel, die Seife, das Becken, 
und am allerbäufigsten durch das Handtuch. Der dritte Modus ist der, 
dass die Infection nachträglich erfolgt; in diesen Fällen bat mau dann 
nicht mehr das Recht, von einem Rasirschanker zu sprechen. Was die 
Uebertragung durch den Lapisstift betrifft, so ist es nicht der Stift selbst, 
sondern der Aetzmittelträger, welcher eventuell als Infectionsquelle dient. 
Um diese Möglichkeit auszuschalten, braucht man sich stets nur einer 
Kornzange oder eines Stückchens Watte beim Gebrauch des Höllenstein¬ 
stifts zu bedienen. 

Holländer glaubt, dass die extragenitalen Infectionen in Folge 
von Verletzungen nicht häufig sein können, weil im allgemeinen nur 
wenig Chirurgen erkranken. 

3. Cohn stellt eine Patientin mit einem Ulcus an der linken Seite 
der Zungenspitze vor. Eine syphilitische Affection musste ausgeschlossen 
werden, weil keine weiteren Erscheinungen folgten. An der rechten 
Lungenspitze traten Rasselgeräusche auf. Deshalb möchte C. an ein 
U1 cu8 tuberculosum glauben, obgleich Tuberkelbacillen nie hatten 


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der Berliner dermatologischen Gesellschaft. 


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nachgewiesen werden können. Das Allgemeinbefinden ist in keiner Weise 
alterirt. Wegen eines Thränensackleidens wurde von anderer Seite eine 
Sondirung vorgenommen, welcher eine Infiltration folgte; dieselbe hat 
bisher jeglicher Therapie getrotzt, dürfte daher mit der Aftection an der 
Zunge in Zusammenhang stehen. 

Palm fragt, ob das Geschwür der Patientin Schmerzen bereitet, da 
dieses Symptom für tuberculöse Processe charakteristisch ist. 

Cohn erwidert, dass das Geschwür zeitweise sehr schmerzhaft ist. 

Leas er konnte constatiren, dass Drüsen fast gar nicht geschwollen 
sind. Somit würde die Diagnose eines Primäraftectes keine Stütze finden. 

Cohn fügt noch hinzu, dass die Aftection seit 5 Monaten besteht 
und bisher Milchsäurepinselungen angewendet worden sind. 

4. Mankiewicz deraonstrirt ein Instrument, welches geeignet 
ist, zur dauernden Drainage der Blase oberhalb der Symphyse 
in Anwendung zu kommen. Nach der Punction wird durch den Troicart 
ein Drainrohr in die Blase eingeführt mittelst eines Instrumentes, welches 
aus einer Hülse zum Fassen des Drainrohres und aus dem Führimgsstab 
besteht. Vier Federn sind dazu bestimmt, um das Drainrohr wührend 
des Einführens zu fixiren. M. will das Instrument noch modificiren. 

5. Mankiewicz legt zwei Federn vor, welche dazu bestimmt sind, 
die Harnröhrenmündung zu coraprimiren, um Cocain und andere Injee- 
tionen längere Zeit in der Urethra festzuhalten. 

Holländer spricht sich wegen der Gefahr der Urininfiltration 
gegen die Dauerdrainage der Blase aus. 

M ankiewicz erwähnt, dass bei starken Blutungen oft nichts 
anderes übrig bleibt, als ein derartiges Verfahren einzuleiten. 

6. Joseph stellt ein junges Mädchen mit einer Leukonychie 
der Nägel vor, eine Affection, von der bisher nur 3 Fälle publicirt 
worden sind. Dieselbe beruht auf einer vollkommenen Luftinfiltration 
der Nägel, welche dadurch schneeweis«« erscheinen. Die Ursache ist bisher 
unbekannt. Die Patientin zeigt noch einen anderen Typus der Nagel¬ 
veräuderung, der sehr eigentümlich ist. Der Nagel sieht nämlich in 
diesem Falle mit der Convexität nach unten und mit der Concavität nach 
oben. An den Kündern besteht eine subunguale Keratose. Mikroskopisch 
ist nichts nachzuwtisen, als in den Nagelzellen Karatobyalinlager und 
reichliche Luftblasen. Auch au den Zähnen besteht noch eine Anomalie. 
An den oberen Sclineidezähnen nämlich sind grosse Zerstörungen und 
Löcher zu sehen; an den unteren Schneidezähnen sind stachelförmige 
Hervorragungen, die nicht als Hut chinson’sche Zähne aufzufassen sind. 
Dieses Moment lässt darauf schliessen, dass die mangelnde Zufuhr von 
Kalksalzen in Folge einer Ernährungsanomalie vielleicht eine Beeinträch¬ 
tigung des Wachsthums hervorgerufen hat; es liegt daher nabe, die 
Affection mit Rb&chitis in Verbindung zu bringen. Therapeutisch ist 
der Fall nicht zu behandeln. J. bat bisher ein Polirpulver aus Stanniuru 
und Carmin verordnet. 


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Verhandlungen 


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Blaseh ko ist mit der Diagnose Leukonvchie nicht einverstanden, 
da der Eindruck liervorgerufen wird, dass die weisse Farbe nicht durch 
Luftinfiltration, wie sie fleckförmig an sonst gesunden Nägeln sehr häufig 
zu sehen ist, sondern wie gewöhnlich in der Ltmula durch eine extreme 
Blutleere erzeugt wird; möglicher Weise bedingt eine undurchsichtige 
Schicht, wie bei der Lunula, die weisse Verfärbung. Da eine Keratose 
um den Nagel herum besteht, so ist es denkbar, dass dieselbe sich auch 
unterhalb des Nagels fortsetzt und dass eine Compression der Blutgefässe 
hervorgerufen wird. 

Heller erwähnt den Fall von Lichnovsky, in welchem eine 
Neuritis alcoholica leukonychieähnliche Streifen au den Nägeln hervor¬ 
brachte. Höchstwahrscheinlich liegen also diesen Verfärbungen Nerven¬ 
einflüsse zu Grund«*. Auch er kann das Bestehen einer Leukonychie hier 
nicht anerkennen, da die Patientin im höchsten Grade anämisch ist, so 
dass höchstwahrscheinlich eine sehr geringe Füllung der Blutgefässe vor¬ 
handen ist. 

In den Fällen von Leukonychie sind die Fingerspitzen stark ge- 
röthet, was in diesem Falle nicht zu sehen ist, da dieselben auch stark 
anämisch sind. Was die Aushöhlung der Nägel betrifft-, so hat er ähn¬ 
liche Beobachtungen gemacht und gefunden, dass sich derartige Bildungen 
beim Eczem der Nägel zeigen, und zwar in Fällen, in welchen sich die 
Aflfectiou auf die Finger und auf den übrigen Körper ausdehnt. Bei der 
elektrischen Durchleuchtung ist es ihm aufgefallen, dass die weissen 
Punkte bei der Leukopathie als dunkle Stellen hervortreten. Man kann 
sich auch leicht davon überzeugen, dass die weissen Punkte schon in der 
Niatrix vorhanden sind. Durch Serienschnitte wird erst nachweisbar sein, 
ob eine Luftinfiltration vorliegt, oder irgendwelche Zufälligkeiten eine 
Luftinfiltration Vortäuschen. 

Joseph glaubt nicht, dass Anämie eine derartige Erkrankung 
hervorrufen kann, da solche Anomalien sonst häufiger gesehen werden 
müssten. Auch die Annahme, dass die Hyperkeratose die Ursache des 
augenblicklichen Befundes bildet, scheint ihm nicht erwiesen, da nur am 
Rande der Nägel eine Spur von Keratose zu sehen ist. Er selbst lässt 
es unentschieden, ob die Keratose primär oder secundär entstanden ist. 
Was die Annahme von Heller betrifft, dass es sieb um ein Eczem 
handeln könnte, so ist dieselbe nicht stichhaltig, da die Patientin niemals 
Eczem gehabt hat. Im übrigen würden derartige Nagelanomalien häufiger 
zur Beobachtung kommen, da man genug Gelegenheit hat, Eczem der 
Hände zu sehen. 

Blaschko glaubt, dass es sich um einen Fall von extremer Anämie 
handelt, ähnlich wie wenn jemand mit einem spitzen Gegenstand auf den 
Nagel drückt. 

Heller will derartige Nagelanomalien nach Eczemen häufiger 
gesehen haben. Therapeutisch erwähnt er, dass er die Leukopathie der 
Nägel mit Zinktheerparaplast mit gutem Erfolge behandelt hat. 


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der Berliner dermatologischen Gesellschaft. 


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Rosenthal lässt unentschieden, ob hier ein Fall von Leukonychie 
vorliegt. Die eventuelle Anämie des Nagelbettes ist aber sehr leicht 
erklärt, da die Convexität des Nagels nach unten geht und ein beständiger 
starker Druck auf das Nagelbett ausgeübt wird. Handelt es sieh wie 
hier um ein anämisches Individuum, so ist die Blutzufuhr natürlich auf 
ein Minimum reducirt. 

Joseph fügt noch hinzu, dass die Leukopathie eine ziemlich 
häufige Erscheinung ist und mit der Leukonychie in gar keinem Zu¬ 
sammenhang steht. 

7. Joseph stellt einen Patienten mit Acanthosis nigricans 
vor, von der bisher nur 12 Fälle bekannt sind. Es handelt sich um einen 
27jährigen jungen Mann, der im März dieses Jahres an einer eigentüm¬ 
lichen Hautaffection erkrankte, die auf Stirn und dem behaarten Kopf 
localisirt war und die jetzt auch auf den Nacken übergeht. Im Anfang 
glaubte J., dass es sich um Verucae planae juveniles handle; indessen als 
er auf dem letzten Congress den Fall von Wolf in Strassburg gesehen 
hatte, war er nicht mehr zweifelhaft, dass ein Fall von Acanthosis nigri¬ 
cans vorliegt. Es bestehen jetzt auf der Stirn, auf dem Kopf und auf 
dem Nacken, sowie an einzelnen Stellen des Gesichts warzige Wuche¬ 
rungen, welche zum Theil dunkel pigmentirt- sind und eine flächenhafte 
Ausbreitung gewonnen haben. Auf dem Kopfe sind dieselben sehr zahl¬ 
reich und durch einzelne Furchen getrennt. Das mikroskopische Bild 
zeigt eine stark ausgeprägte Acanthosis. Die Stachelzellen sind ebenso 
wie die Keratohyalinlager in starker Vermehrung. Nebenbei bestehen, 
wie bereits Pollitzer beschrieben hat, Epithelnester in der Gegend 
des Rete Malpigbi, welche um die Gefasse herum angeordnet sind. J. war 
schon früher der Ueberzeugting, dass die Ansicht, die Acanthosis nigri¬ 
cans sei nur eine atypische Form der Ichthyosis, nicht berechtigt ist. Zu 
diesem Zweck stellt J. einen Patienteu mit Ichthyosis hystrix vor und 
betont die Differenzen zwischen diesen beiden AfTectionen, sowohl was 
die Zeit der Entstehung, die Entwicklung, wie das mikroskopische Bild 
angeht. Bei der Ichthyosis besteht eine Verschmälerung, bei der Acan¬ 
thosis dagegen eine kolossale Wucherung des Rete. Die Untersuchung 
mit der Grara’schen Färbung hat J. wiederum bewiesen, dass diese 
Methode ein ausgezeichnetes Reagenz bildet, um die Verhornung zu 
demonstriren. Während bei den normalen Verhornungsprocessen die 
frische Substanz sich vorzüglich mit Gram färbt und die alte gar keine 
Färbung annimmt, ist es bei pathologischen Processen umgekehrt. Es be¬ 
stellen hier in den obersten Schichten nur kleine Spuren von Färbung. 
Der Fall von Wolf war in der That viel ausgeprägter; dafür bestand 
der Process aber auch viel längere Zeit. Die kleinen Warzenbildungen 
an den Händen sind hier lange nicht so deutlich vorhanden. Bei dem 
Patienten besteht ferner eine tiefdunkle Pigmentation des Warzenhofes. 
Io allen derartigen Fällen ist eine derartige abnorme Pigmentation ganz 
charakteristisch. In der Huftgegend ist ausserdem ein sehr grosser Naevus 
und eine ichthyosisähnliche Zeichnung vorhanden. Dieser Befund lässt 


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Verhandlungen 


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die Auffassung erklärlich erscheinen, die man früher, bevor man die Fälle 
von Acanthosis näher kannte, zwischen dieser Affection und der Ichtbyo- 
sis gezogen hat. In den in der Literatur angegebenen Fällen ist stets 
eine Beziehung zu Carcinom des Magendarmcauals erwähnt worden. Weder 
in dem Fall von Wolf noch bei seinem Kranken sind derartige Störungen 
nachweisbar. Indessen die Patienten sind noch sehr jung. Was die 
Therapie betrifft, so hat J. versucht, die Excrescenzen mit dem scharfen 
Löffel abzutragen. Der Erfolg war aber nicht von Dauer; das Wachs¬ 
thum begann von Neuem, so dass man zweifelhaft sein kann, ob man auf 
diesem Wege zum Ziel gelangen wird. 

Besser bemerkt, dass sowohl bei dem Strassburger, als auch bei 
den anderen in der Literatur vorhandenen Fällen die Intensität eine viel 
grössere und auch die Pigmentation viel stärker ausgeprägt war. Möglicher 
Weise liegt eine in der Entwicklung begriffene Acantkose vor, aber er 
würde sich nicht getrauen, schon jetzt eine Diagnose zu stellen. 

Rosenthal unterstützt die von Besser ausgesprochenen Bedenken 
und führt weiter aus, dass er den Patienten vor längerer Zeit mehrere 
Monate hindurch unter seiner Beobachtung gehabt hat. Damals bestand 
auf der Stirn ein bandartiger Streifen, welchen er als Verrucae planae 
ansprach. Im übrigen Tkeii des Gesichts und am Nacken war noch nichts 
zu sehen. Dein Patienten wurde damals Arsenik verabreicht. Im ganzen 
hat er über 5<>0 asiatische Pillen geuommen. Erst nach JOO Pillen trat 
eine deutliche Wirkung auf den Process ein, indem eine zweifellose Rück¬ 
bildung der Excrescenzen eintrat. Später hat sich der Patient der Be¬ 
handlung entzogen. Dieser therapeutische Erfolg durch Arsenik unter¬ 
stützt den Einwand gegen die Diagnose Acanthosis. Auch dürfte durch 
den langen Arsengebrauch die Pigmentirung an einzelnen Körperstellen 
intensiver hervortreten. 

Joseph hat auch zu Anfang Arsenik verordnet, indessen ohne 
Erfolg. Ihm ist kein Fall bekannt, in welchem Verrucae planae wieder 
hervorgetreten sind, nachdem dieselben durch Arsen beeinflusst worden 
waren. Die Pigmeutationen, welche durch Arsen hervorgerufen werden, 
zeigen andere Bilder als dasjenige, welches der Patient aufweist. Der 
anatomische Befund scheint die Diagnose zu stützen. 

8. Besser stellt eine 3ojährige Frau vor, die vor ungefähr zwei 
Jahren zum erstenmal in die Charite mit den Zeichen der galoppi- 
renden Syphilis aufgenommen wurde. Sie zeigte die mannigfachsten 
Erscheinungen und wurde schliesslich als geheilt entlassen. Jetzt be¬ 
stehen Ulcerationen am Kopf und seit 4 Wochen eine Erkrankung des 
rechten Handgelenks. Der Processus styloideus radii war geschwollen 
und druckempfindlich. Es war naheliegend an tertiäre Lues zu denken; 
indessen da die Erscheinungen einer tuberculösen Affection glichen, so 
wurde von chirurgischer Seite die Diagnose auf Tuberculose des Hand¬ 
gelenks gestellt. Die Durchleuchtung mittelst Röntgenstrahlen zeigte an 
dem Gelenkende des Radius ungemein deutliche Knochenauflagerungen 
auf beiden Seiten, während am Ende des Radius eine deutliche aufge- 


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der Berliner dermatologischen Gesellschaft. 


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bellte Stelle vorhanden war, offenbar entsprechend einem Gummi, das 
zur Rarefication des Knochens geführt hat. Die Diagnose wurde auf diese 
W eise klar gestellt und ist auf eine energische antisyphilitische Behand¬ 
lung bereits eine erhebliche Besserung eingetreteu. Die Frau hat 5 Gr. 
Jodkali pro die bekommen und ausserdem bereits dreimal eine Injection 
von 0*1 Calomel erhalten. 

9. Lesser stellt einen 32jährigen Mann vor, welcher seit seinem 
10. Lebensjahre ungefähr auf der vorderen Thoraxseite eine Zahl kleiner 
Knötchen zeigt, welche stecknadelkopf- bis linsengross sind, sich hart 
anfühlen und zum Theil eine glatte, zum Theil eine leicht gefältelte Ober¬ 
fläche darbieten. Die Knötchen haben sich in dieser Zeit nie verändert. 
Die anatomische Untersuchung hat dargethan, dass es sich um die von 
Kaposi zuerst beschriebene Atlection des Lymphangioma tuberosum 
multiplex handelt. L. glaubt dass diese Fälle von denjenigen, in 
welchen es zur Cystenbildung kommt, streng zu trennen sind, ein Unter¬ 
schied, den Kaposi nicht gemacht hat. Die wichtigste Frage ist, aus 
welchen Gebilden diese Geschwülste hervorgehen. 

L. glaubt nicht, dass dieselben mit den Schweissdrüsen in Ver¬ 
bindung gebracht werden können, sondern dass sie von den Blutgefässen 
oder von dem Endothel der Lymphgefässe ausgehen. 

B lasch ko hat in einem ähnlichen Fall den Zusammenhang der 
Cysten mit den Sehweissdrüsenknäueln, zum Theil mit den Ausführungs¬ 
gängen derselben nachweisen können. B. besitzt Präparate von Jarisch, 
welche ebenfalls diesen Zusammenhang beweisen. Der Sitz der kleinen 
Geschwülste ist sehr charakteristisch; dieselben befinden sich immer an 
der vorderen Thoraxwand, gehen über die Clavicula bis zum Halse herauf 
und von der Clavicula herunter bis zur Hüfte. An der Clavicula sind 
sie am grössten, an der Hüfte weit unter Ilirsekorngrüsse. 

Lesser fügt hinzu, dass die Franzosen bei diesen Excrescenzen 
von einer Forme en cuirasse sprechen. L. bat einen Fall gesehen, in 
welchem diese Form nicht ausgeprägt, sondern die Affection nur halb¬ 
seitig war. 

0. Rosenthal. 


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Verhandlungen des Vereines Ungarischer Dermato¬ 
logen und Urologen. 


Sitzung vom 8. April 1807. 

Vorsitzender: Schwimmer. Schriftführer: Basch. 

1. Schwimmer. Fall zur Diagnose. (Granuloma super¬ 
ficiale.) Der 35 J. alte Patient gelangte vor 8 Tagen aufSchwimmer’u 
Abtheilung. Der grösste Thi il des Gesichtes und die Seitenpartien der 
Kopfhaut zeigen eigentümliche Veränderungen Stellenweise sieht man 
oberflächliche Granulationen mit nässender oder eiternder Oberfläche, 
stellenweise wieder Krusten, welche die Folgezustündo obiger Verände¬ 
rungen sind. — Copiöse Fiterung ohne Tendeuz zur Heilung. An vielen 
Stellen ist keine Continuitätsstörung, die Haut ist röthlich und schwammig 
anzufühlen. Das Leiden verursacht gar keine subjectiven Beschwerden. 

— Nachdem Syphilis, Lupus, Tuberculose ausgeschlossen werden kann, 
so kann man hier nur einen Granulationsprocess annehmen, welcher von 
der Entwickelung und Verbreitung der bekannten Granulome vollständig 
abweicht. Es ist nicht unmöglich, dass die Veränderungen nach voraus¬ 
gegangenem Eczem sich entwickelt haben. (Der weitere Verlauf des 
Leidens bestätigte Scliw. Ansicht, denn die Granulationen bildeten sich 
durch Behandlung mit schwachen Causticis zurück und es entstanden 
überall flache reine Narben.) 

Török bemerkt, dass, wenn die Läsionen nur an den behaarten 
Stellen wären, man an Sycosis parasitaria denken müsste; nachdem jedoch 
die unbehaarten Partien des Gesichtes dieselben Veränderungen zeigen, 
fällt diese Diagnose weg. 

2. Schwimmer stellt einen Lupus serpiginosus an einem 
25jährigen Individuum vor. Die lupöscn Veränderungen befinden sich 
nicht nur i:n Gesiebte, sondern an den Ober- und Unterextremitäten, 
sowie am Rumpf mit Geschwüren in einer Ausbreitung von 10—15 Cm., 
an denen jedoch die charakteristischen Knötchen gut zu sehen sind. Patient 
ist übrigens gut genährt und zeigt sonst keinen scrophulösen Habitus. 

— Patient stand noch nie in ärztlicher Behandlung. In Folge starker 
Ausbreitung könnte man hier nur Injectionen mit Koch’sehem Tuber 
culin vornehmen. Die Krankheit besteht seit 18 Jahren und der Fall 



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des Vereines Ungarischer Dermatologen und Urologen. 


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Sitzung vom 23. September 1807. 

Vorsitzender: Schwimmer. Schriftführer: Basch. 

1. Schwimmer. Ein Fall von Psoriasis vulgaris und 
Syphilis ulcerosa. Das Auftreten von Psoriasis und Syphilis an 
einem Individuum gehört wohl zu den selteneren Ereignissen, es gibt 
dennoch Fälle, bei denen das Nebeneinandersein beider Processe oft dia¬ 
gnostische Schwierigkeiten verursacht, und dies ist zumeist da der Fall, 
wo die Syphilis als squamöse Form auftritt. Einfacher ist die Sache, 
wenn neben einer gut ausgebildeten Psoriasis die schwerere Form der 
Syphilis, wie z. B. Gummen, Ulcerationen u. s. w. sich entwickeln. Diese 
letztere Combination ist auch bei dem 33jährigen Patienten, der die 
Primäraffection negirt, und bei dem der Process bereits seit zwei Jahren 
besteht, zu beobachten. Bei demselben bestehen neben typischer Pso¬ 
riasis, welche Plaquesbildungen und mässige Schuppung zeigt, auf dem 
linken Unterschenkel Geschwüre, welche zwar einen knotigen Rand zeigen 
und auch mit anderen Geschwüren verwechselt werden könnten, die ser- 
piginöse Form, die Farbe und die theilweisen Vernarbungen aber die 
Diagnose auf Syphilis sichern. Charakteristischer ist schon die Verände¬ 
rung auf dem linken Oberarm, indem sich daselbst ein wie mit einem 
Locheisen ausgebohrter Substanz Verlust befindet. 

2. Ein Fall von Rupia syphilitica universalis. Der 
22jährige Taglöhner führt seine Erkrankung auf 5—6 Jahre zurück, 
was in Anbetracht der ausgebreiteten Veränderungen nicht sehr wahr¬ 
scheinlich ist. Das Krankheitsbild zeigt auf vielen Stellen das typische 
Bild der Rupia syphilitica, auf anderen Stellen sind aber grosse Infil¬ 
trationen, zerstreute dichte Knoten, welche auf Lupus schliessen lassen, so 
dass bezüglich des hier obwaltenden pathologischen Processes Zweifel 
aufkommen könnten, ob es sich daselbst um einen sehr ausge¬ 
breiteten Lupus oder Syphilis handelt. Die charakteristischen Zeichen 
der einzelnen Veränderungen sind folgende: Auf beiden Schultern, haupt¬ 
sächlich rechts, befinden sich handtellergrosse, schlangenförmige, flache 
Infiltrationen, welche stellenweise, wie auf der rechten oberen Extremi¬ 
tät, das Bild eines „Granuloma“ zeigen, wieder auf anderen Stellen sind 
mehr oder minder grosse Hautdefecte, Ulcerationen, welche theilweise mit 
Borken bedeckt sind. Aehnliche Veränderungen sind auf dem rechten 
Unterarm und auf dem ganzen rechten Unterschenkel. In der Umgebung 
und auch inmitten der Ulcerationen bestehen blauweissliche Narben¬ 
bildungen, welche zweifellos durch denselben Process entstanden sind. 
Die Veränderungen im Gesichte sind der Acne ähnlich. Anaronestisch 
ist bei dem Kranken zu eruiren, dass er sich einer venerischen Affeetion 
nicht erinnern kann. Die Schleimhäute sind normal. Bis jetzt war Pa¬ 
tient gar keiner Behandlung unterworfen. 

Havas fragt, ob Schwimmer den Fall für eine Syphilis gravis 
oder für eine Spätform derselben hält. Er schliesst sich der letzteren 
Ansicht an. — Schwimmer nimmt auch eine Spätform der Syphilis an, 


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umsomehr, nachdem der Process bereits seit sieben Jahren besteht. — 
Justus ist derselben Ansicht. — Török fragt die Herren, welche Er¬ 
fahrungen dieselben haben über Verhältniss und Häufigkeit der cutanen 
und siibcutanen Guramata bei ein und demselben Individuum? Anderseits 
ob dieselben Serpiginosität bei subcutanen oder cutanen Gummen be¬ 
obachtet haben? Er konnte nur bei streng genommenen cutanen Gum¬ 
men Serpiginosität beobachten, währenddem das subcutane Gumma ein¬ 
fach exculcerirt und nicht weiter schreitet. — Rdna und Havas sind 
derselben Ansicht. — Justus macht die Serpiginosität nicht vom Sitze 
des Gumma, sondern von der Zahl derselben abhängig; denn ein Gumma 
exculcerirt und schreitet nicht weiter, während mehrere Gummen excul¬ 
cerirt serpiginös weiter schreiten. 

3. Ein Fall von Tuberculosis ulcerosa. Die Tubereulose 
ist bekanntlich früher häufig mit der Syphilis verwechselt worden, und 
dies hauptsächlich in solchen Fällen, wo sich auf den Schleimhäuten 
destructive Processe bilden. Derzeitig kommen solche diagnostische 
Fehler weniger vor, indem unsere diagnostischen und bakteriellen Be¬ 
helfe weit besser ausgebildet sind. Die Differeutialdiagnoae ist natürlich 
in solchen Fällen besonders wichtig in prognostischer und therapeu¬ 
tischer Beziehung. Instructiv in dieser Richtung ist auch dieser Fall, 
indem bei dem phthisischen Kranken vor 1 % Jahren im Bereiche des 
weichen Gaumens eine Liberation sich entwickelte, welche einen Theil 
der Schleimhaut in Form eines eiförmigen Geschwüres rechts oberhalb 
der Uvula zerstörte. Die llmgebung des Geschwüres zeigt eine stärkere 
Infiltration und Schleimbildung, ln letzterer Zeit bildete sich oben auf 
der rechten Ohrmuschel eine ähnliche Ulceration, welche die lupöse 
Kuötchenbildung vermissen lässt, währenddem auf dem unteren Theile 
derselben sich eigentlich eine Hypertrophie entwickelte. 

4. S. Röna. Ein Fall von Lichen corneus ähnlichen 
Bildungen auf dem Unterschenkel. Anknüpfend an die Dis- 
cus8ion der vorhergegangenen Sitzungen stellt er einen Kranken vor, bei 
dem auf dem rechten Unterschenkel Lichen corneus ähnliche Gebilde sich 
entwickelten, ohne dass je bei ihm andere Hautveränderungen constatirt 
werden konnten. Derartige Fälle hatte er selbst bis zum Jahre 1894 für 
eine transformirte Form des Lichen planus gehalten, seit dem Breslauer 
Congress erachtet er es für nothwendig, solche Fälle vorzustellen und zu 
besprechen, um die Ueberzeugung zu gewinnen, ob das ein richtiger 
Lichen planus ist oder etwa ein localer Pruritus, in Folge dessen eine 
derartige Lichenisation provocirt wurde. Der 40jährige Taglöhner hatte 
vor drei Jahren über dem ganzen Körper ein heftiges Jucken ohne jeg¬ 
liches Exanthem, gegen welches er Theer verordnet bekam. Das Jucken 
localisirte sich später auf den Unterschenkeln, das bis heute persistirte, 
worauf sich diese Lichen corneus ähnlichen Gebilde entwickelten. Auf 
dem rechten Fusse und Unterschenkel bestehen Varices, in der Mitte des¬ 
selben sind mehrere linsen- bis daumengrosse, 2—4 Mm. dicke Lichen 
corneus ähnliche Gebilde, hier und da Excoriationen. Auf der übrigen 


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Hautdecke und Schleimhäuten ist nirgends ein Lichen planus-Knötchen 
zu sehen. Den Fall beobachtete auch Havas seit Jahren, ohne je ein 
Lichen planus-Knötchen gesehen zu haben. — Schwimmer bemerkt, 
dass man auch an Eczem hier denken könnte, er hält den Fall auch für 
einen Lichen. — Török ist der Ansicht, dass eine Lichenisation zu allen 
Alleetionen hinzutreten kann, welche mit einem Pruritus und Kratzen 
einhergehen. Wenn man aber so hochgradige und circumscripta Epider- 
inishvpertrophien sieht, ist die Annahme eines Lichen corneus eine rich¬ 
tige. — Havas kennt den Fall seit längerer Zeit und stellte auch die 
Diagnose auf Lichen corneus. Er wurde mit Emplastrum saponato sali- 
cylicum behandelt. — Justus bemerkt, was die Entwickelungszeit des 
Lichen corneus anbelangt, hatte er Gelegenheit, einen Fall auf der Klinik 
zu beobachten, bei dem sich im Verlaufe von vier Wochen dicke corneus- 
ähnliche Gebilde entwickelten. — Havas behandelt in seiner Privat¬ 
praxis eine Frau, die ähnliche Hautveränderungen hat. In erst.erer Zeit 
wurde sie nur topisch behandelt, später verordnet^ er Arsen in gestei¬ 
gerten Dosen; der Zustand besserte sich aber nicht, auf Pyrogallus ist 
eine kleine Besserung eingetret-en. — Török empfiehlt Quecksilberpflaster. 

5. Alapi. Periurethraler Abscess und blennorrhoische 
Strictur bei einem elfjährigen Knaben. Laut Angabe 
des kleinen Patienten hat sich bei ihm vor 8—4 Wochen auf deu Gc- 
sehlechtstheilen ein Abscess eröffnet. Die Untersuchung ergibt nun eine 
periurethrale eiternde Entzündung. Um die Untersuchung besser aus¬ 
führen zu können, wurde das Orifieium externum der Harnröhre einge¬ 
schnitten, nach Verheilung der Wunde ermittelte die Sondenuntersuchung, 
dass die Harnröhre bis zu 15 Ch. verengt ist. Die Explorationssonde 
beförderte etwas Eiter heraus, die mikroskopische Untersuchung ergab 
typische Gonococcen, welcher Befund den ganzen Symptomencomplex als 
blennorrlioischen Ursprunges deutlich erklärt. Dieser Fall dient auch 
als Beitrag zur richtigen Deutung der unter dem Namen „catarrhalische 
Harnröhrenentzündung der Knaben“ bekannten Affection, anderseits zeigt 
er, dass selbst relativ weitkalibrige Stricturen Ursache sein können einer 
periurethralen Entzündung und Abscessbildung, ausgehend vom retro- 
stricturalen Theile. Nach der temporären Erweiterung der Stricturen ist 
auch die Verkleinerung des Abscesses zu beobachten. 

6. Ein Fall von Lithotripsie bei einem Knaben. 
Die Klagen des lijährigen Knaben bestanden in continuirlichem Harn¬ 
träufeln und in zeitweise auftretenden Schmerzen in der Blase. Die 
Untersuchung ergab einen Blasenstein und Cystitis. Die Cireumferenz 
des Penis war 5f> Mm., was der Otis’schen Scala 23 Ch. entspricht für 
die Harnröhre, und nachdem thatsächlich ein 23 Ch. weites Instrument 
die Harnröhre leicht passirte, entschloss er sich zur Lithotripsie. Nach 
einigen Blasenwaschungen mit Silbernitrat hellte sich der Urin bedeutend 
auf und die Schmerzhaftigkeit der Blase Hess bedeutend nach. Bei Vor¬ 
nahme der Operation zeigte sich aber die Blase der Ausdehnung gegen¬ 
über noch immer sehr intolerant, indem trotz tiefer Narkose schon bei 


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70—80 Ccm. Borflüssigkeit sich bereits starke Blasencontraetionen ein- 
stellten, so dass von einer stärkeren Füllung der Blase abgesehen werden 
musste. 

Während der Operation entleerte sich neben dem Instrument 
noch beiläufig die Hälfte des Blaseninhaltes, so dass die Steinzertrümme¬ 
rung in circa 40—50 Ccm. Flüssigkeit erfolgen musste. Trotz dieser ungiin- 
8tigenVerhältnisse und trotzdemdas Colli u\sche Instrument 43 Mal geöffnet 
werden musste — der Stein hatte einen Durchmesser von 2V, Cm. — 
wurde die Blasenwandung derartig verschont, dass die entleerte Flüssig¬ 
keit gar keine blutige Färbung zeigte. Nach drei Tagen verliess der 
Fatient geheilt das Bett, indem der Urin auch noch ganz klar wurde. 
Die entleerten Steintrümmer hatten ein Gewicht von 5—6 Gr. — Alapi 
referirt bei dieser Gelegenheit noch über einen anderen Fall. Es war 
ein lOjübriger Knabe, dessen Harn sauer und aseptisch war, die Blase 
toleranter, der Stein kleiner — l 1 /. Cm. im Durchmesser — die ent¬ 
leerten Steintrümmer hatten ein Gewicht von 2 4 Gr. Sowohl die Ope¬ 
ration als auch die Nachbehandlung verliefen reactionslos, der Knabe 
war in drei Tagen ganz gesund. — Die Schwierigkeiten der Lithotripsien 
bei Kindern sind nach Thompson darin zu suchen, 1. dass die Blase 
irritabel ist, schon kleine Beize genügen, energische Contractionen hervor¬ 
zurufen ; 2. hei Kindern besitzt die Blase nicht so einen bestimmten 
Platz, wo sich die Steine ansammeln und leicht aufzufinden sind; 3. ist 
die Harnröhre der Kinder enge. Diese 2 Fälle — und anknüpfend an 
die grösseren Erfahrungen anderer — sprechen dafür, dass die zwei 
ersten Punkte keine unbesiegbaren Hindernisse bieten. Was l un den 
dritten Punkt, nämlich die Enge der Harnröhre, anbelangt, machte er 
Versuche, ob die Otis’sche Scala, welche zwischen der Circumferenz des 
Penis und dem Caliber der Harnröhre ein stationäres Verhältniss bildet 
und von deren Richtigkeit er sich bereits durch Messungen an Lebenden 
und Leichen überzeugte, auch für die Harnröhre der Kinder verwendbar 
ist. Er hatte Gelegenheit, auch daselbst sich von deren Verwendbarkeit 
zu überzeugen. In solchen Fällen daher, w'o ein im Verhältniss zum 
Stein stehendes Instrument ohne Schwierigkeiten eingeführt werden kann, 
ist die Lithotripsie auch bei Kindern bei der heutigen vorgeschrittenen 
Technik als eine den besten Erfolg erzielende Operation zu betrachten. 

Felcki hält den ersten Fall schon auch darum bemerkenswert)!, 
indem diese hochgradige Strictur sich in so kurzer Zeit entwickelte. 
Dieser Fall ist nun ein weiterer Beweis dessen, was er schon in der vor 
drei Jahren erschienenen Publication „über die Aetiologie der Strictur“ 
auseinandersetzte, dass nämlich in allen Fällen, wo congenitale Strieturen 
angenommen werdeu, dieselben durch eine in der Kindheit durchgemachte 
Blennorrhoe verursacht werden. — Lithotripsien im Kindesalter werden 
eigentlich selten ausgeführt. Seitdem die Sectio alta benutzt wird, hält 
es Niemand für indicirt, bei Kindern Lithotripsien auszufuhren, ja die 
meisten perhorresciren dieselbe. Diese zwei Fälle sind zwar von Erfolg 
gekrönt, er möchte aber trotzdem die Lithotripsie bei Kindern nicht an- 


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zeigt deutlich, dass der Lupus sich über den grössten Theil der Ober¬ 
haut verbreiten kann, ohne dass sich in den inneren Organen tuberculöse 
Complicationen entwickelt hätten. 

3. Schwimmer. Dermographismus. 

Mit dieser Benennung wird, wie bekannt, jene Erkrankung der 
Haut bedacht, bei welcher von sich selbst oder durch die kleinste Be¬ 
rührung sich angioparalytische Zustände der Haut entwickeln. In ein¬ 
zelnen Fällen dauern diese Zustände nur kurze Zeit, während in anderen 
Fällen die Krankheit Monate hindurch bestehen kann. Die Benennung 
ist nicht die glücklichste, nachdem nicht die Haut selbst schreibt, sondern 
die Schrift wird auf der Haut in Folge ausserordentlicher Reizbarkeit 
der Gefässnerven sichtbar. Der Zustand ist eigentlich eine Angioneurose, 
deren Coincidenz mit allgemeinen Störungen des Organismus noch nicht 
erwiesen ist. Auch im gegenwärtigen Falle fiuden wir diese Angioneu¬ 
rose an einem sonst gesunden 25jährigen Individuum. Patient befindet 
sich schon seit Wochen auf Schw. Abtheilung und das Leiden wich trotz 
den verschiedensten Behandlungen (äusserliche und innerliche Abführ¬ 
mittel) nicht. — Aetiologie unbekannt. 

Török bemerkt, dass College Friedrich die Beobachtung machte, 
dass der Dermographismus bei Bleiarbeitern häufig vorkomme. 

Peremi sah die Erkrankung ziemlich häufig bei Polizei Wach¬ 
männern, bemerkte meistens einen Zusammenhang mit Verdauungs¬ 
störungen. 

4. Rbna. Ergänzende Bemerkungen zu dem in der vorigen 
Sitzung demonstrirten Fall von Urethritis merabranacea. 

Patient gestand später, dass er vor dem Coitus als Präventivmittel 
eine Sublimatlösung (ca. 1 : 2000), welche er sich selbst approximative 
bereitete, in die Harnröhre injicirte. Daher ist es möglich, dass die 
Sublimatlösung den ganzen Process verursachte, obwohl der bulböse und 
scrotale Theil der Urethra auch jetzt noch dieselben Veränderungen auf¬ 
weist, wie bei der ersten Untersuchung vor 45 Tagen. Der vordere 
Theil der Urethra ist stark verengt, blutet schon beim Einfuhren eines 
Instrumentes von 18—20 Ch. Caliber. 

Feleki bemerkte schon in der früheren Sitzung, dass er die Ver¬ 
änderungen als durch ätzende Mittel hervorgebrachte betrachten würde. 
Wenn dies jetzt zur Gewissheit wurde, so darf man den Fall nicht mit dem 
Namen: Urethr. membran. bezeichnen. Rona schliesst sich Feieki’s 
Ansicht an, dass man die durch Cauterisation entstandenen Processe 
nicht mit dem Namen: Urethritis membranacea bezeichnen darf. 

5. Röna. Psoriasis atypica et lingua geographica et 
gyrata. Der 24jährige Mediciner (Rigorosant) bemerkt seit einem Jahre 
auf der Kopfhaut und seit 6 Monaten an der Glans penis Psoriasisplaques. 
Patient hatte nie vorher eine ähnliche Erkrankung. Nebenbei hat er 
eine seit den Kinderjahren bestehende Lingua gyrata, an deren Rändern 
die Symptome einer Glossitis superficialis exfoliativa sichtbar sind. 

Archiv f. Dermaiol. u. Sypbil. Band XLVI. 9 


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6. Röna. Papillomatöse Geschwulst der Blase. Die 
48jährige Witwe befindet sich seit 2 Wochen auf R.s Abtheilung wegen 
Urinbeschwerden. Seit 2 Jahren hat sie häufig schmerzhaften Urindrang 
(alle 5 Minuten); der Urin ist oft blutig trübe, ln letzter Zeit sind 
grössere Gewebsfetzen und Concremente im Urin. Das Cystoskop zeigt 
eine papillomatöse Geschwulst, welche von der Blasenöffnung ausgeht 
und letztere ringförmig einschliesst. Die einzelnen Theile sitzen mit 
breiter Basis auf der dunkelrothen Blasenschleimhaut, und stellenweise 
sieht man gelbliche Continuilätsstörungen (Geschwüre). Urethra intact. 

7. Justus stellt einen Fall von Xeroderma pigmentosum 
(Kaposi) vor und bemerkt, dass er vor 3 Jahren auf der Abtheilung 
Prof. Schwimmers ähnliche charakteristische Pigmentflecke im Gesichte 
eines Mädchens gesehen hatte. Einen zweiten hall beobachtete er auf 
der Poliklinik Prof. Schwimmers. Dies war ein junger Bursch aus 
dom Tolnaer Comitat, bei welchem die Erkrankung an beiden Händen 
seit 10 Jahren bestand. Die Pigmentationen waren dann am auffallend¬ 
sten, wenn Patient der Sonne ausgesetzt war. 

Havas sah vor 9 Jahren einen ähnlichen Fall, wo auch tiefgrei¬ 
fende carcinomatöse Veränderungen sicli hinzugesellten. 

Schwimmer erwähnt, dass die Pigmentation und die Bläschen 
beim vorgestellten Patienten im vorigen Jahr viel charakteristischer waren 
Patient ist jetzt besser genährt und vielleicht trat deshalb eine Besserung* 
des Uebels ein. 

8. Justus hält seinen Vortrag über: Die Action des Queck¬ 
silbers auf das syphilitische Gewebe. (Vorläufige Mit¬ 
theilung.) 


Sitzung vorn 13. Mai 1897. 

Vorsitzender: Schwimmer. Schriftführer: Basch. 

Vorsitzender gedenkt mit warmen Worten eines Opfers der Pariser 
Feuerkatastrophe, des Dr. Feulard, welcher im Jahre 1892 in einem 
geistreichen Aufsätze die ungarischen dermatologischen Verhältnisse ge¬ 
schildert und ein hervorragender Vertreter unserer Fachliteratur war. 
Die Proposition des Vorsitzenden, wonach der Verein der „Societe fraricaise 
de dermatologie et syphiligraphie“ das warmgefühlte Beileid ob diesen 
Verlust ausdrücken möge, wurde einstimmig angenommen. 

1. Schwimmer stellt einen Fall von Pigmentatiomelanotica 
und Lichen planus vor. 

Röna ist der Ansicht, dass die Pigmentation ein Folgezustand des 
Lichen und nicht das Resultat der Arsenbehandlung sei. 

2. Havas. Pityriasis rubra pilaris. 

Bei dem 15jährigen Mädchen sieht man Veränderungen, welche 
aus dicht aneinander gedrängten, fein schuppenden, mohn- bis hirsekorn- 


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grossen, harten Papeln bestehen, an den vorderen Flächen der Unter¬ 
arme, am Halse, an beiden Seiten des Thorax und an den Ober- und 
Unterschenkeln. Die Palmarfläche der Hände ist trocken, die Nägel 
unverändert, die Kopfhaut massig schuppend. Die affieirten Partien sind 
so rauh anzufühlen, wie ein Reibeisen und verursachen massiges Jucken. 
Das Leiden besteht seit Monaten und widersteht jeder Therapie. Die 
Form und Yertheilung des Exanthems entspricht der Pityriasis rubr. pil 
(Besnier, Richaud) oder dem Lichen rub. acum. (Kaposi). Das 
Leiden ist eigentlich eine Hyperkeratose, welche ein Verhoruungsproduct 
der Haarbalgepithelien ist. Es bildet sich ein Conus circumpilaris, dessen 
Spitze gegen den Haarbalg gerichtet ist. Diese Coni kann man aus den 
erweiterten Oeffnungen der Haarbälge herausheben. Diese Erkrankung 
ist bisher unter 19 verschiedenen Benennungen beschrieben worden und 
deshalb proponirt H., dass man Lewin’s Bezeichnung: Kerato«is univer¬ 
sale multiformis, als auf alle beschriebenen Fälle passend, accep- 
tiren möge. 

Rona hält die Benennung Devergie’s Pityr. rubr. pil. für ent¬ 
sprechender, während Basch für die Bezeichnung Lichen ruber acumi- 
natus ist, welche jedem der beschriebenen Fälle entspricht, während die 
übrigen Benennungen nicht generalisirt werden können. 

3. Basch stellt eine Porokeratosis cutis extensa vor, 
welcher Fall im Jubilarwerk, welches aus Anlass der 25jährigen Lehr- 
thätigkeit weil. Prof. Schwimmer^ herausgegeben wurde, ausführlich 
beschrieben ist. B. demonstrirt 5 verschieden gefärbte mikroskopische 
Präparate, welche aus einem excidirten Hautstück des Patienten her¬ 
rühren. 

Havas hält den ausserordentlich interessanten Fall für sehr in- 
structiv, weil die Anwesenden dadurch Gelegenheit haben, eine bisher 
selten diagnosticirte charakteristische Erkrankung der Haut kennen zu 
lernen. 

Ne kam sah während seines Aufenthaltes im Ausland 6 ähnliche 
Fälle, jedoch kein so schönes Exemplar. In der Literatur iindet man 
3 Typen: den Mibelli’schen (der vorgestelite Fall), den Hallopeau- 
schen (der kleine Conus vergrössert sich bis zur Grösse einer Verruca), 
während beim dritten Typus der Process in den benachbarten Poren sich 
entwickelt und zur Bildung elevirter Plaques führt. Bezüglich der Aetio- 
logie bemerkt N., dass Mi belli das Leiden für ein angeborenes, 
eventuell für eine Entwickelungsanoraalie hält, während Unna dasselbe 
als einen chronischen Entzündungsprocess auffasst. 

Basch hält die DifFerencirung der verschiedenen Typen für un¬ 
vollständig; ob das Leiden erblich sei oder nicht, konnte noch in keinem 
Fall mit Bestimmtheit nachgewiesen werden. 

Schwimmer sah noch keinen ähnlichen Fall in Ungarn. Die 
beim vorjährigen internationalen dermatol. Congress in London vorgestell¬ 
ten Fälle zeigten nicht so charakteristische Veränderungen als der 

gegenwärtige. 

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4. Röna. Ganglion penis. 

Der 48jährige Bindergehilfe suchte am 27. April 1897 das Ambula¬ 
torium mit der Klage auf, dass im December des vorigen Jahres auf der 
Dorsalfläche des Penis sich eine bohnengrosse Geschwulst entwickelte, 
welche seitdem wächst, den Coitus verhindert und Schmerzen verursacht. 
Patient hatte vor 20 Jahren den ersten Tripper, welcher damals angeb¬ 
lich vollständig ausgeheilt wurde; seitdem war er nie krank. 

Das Glied ist in der Mitte des pars cavernosum in einem nach 
links offenen stumpfen Winkel gebrochen. Auf der Dorsalfläche befindet 
sich unter der Haut dem Winkel entsprechend eine daumengrosse, un¬ 
regelmässige, nach unten concave, knorpelharte, auf Druck beinahe un¬ 
empfindliche Geschwulst, welche bis 1 Cm. zum Sulcus coronarius reicht 
und im Corpus cavernosum seinen Sitz hat. Sonst finden sich keine 
Veränderungen vor. Urin kry stallrein, 22 Ch. Sonde passirt ohne Hinder¬ 
niss die Urethra. 

Die Aetiologie des Ganglion seu Nodus penis oder Cavernitis chronica 
(Johnson) ist noch unerörtert. Einzelne Autoren fuhren dasselbe auf 
eine Ruptur des Corp. cavern. mit darauffolgender Thrombose zurück 
(Kaufmann), während andere ein unaufgesaugtes Blutextravasat 
(v. Pitha) annehmen. Einzelne fanden bei Arthritikern ähnliche Knoten 
im Ligamentum suspens. penis. Verneuil fand bei Diabetikern 3mal 
die Erkrankung. Gewiss sind nicht alle diese Knoten desselben Ur¬ 
sprunges. Die Differenzirung derselben ist jedoch wegen des Mangels 
von path. bist. Untersuchungen unmöglich. Syphilis und Gonorrhoe kann 
jedoch als ätiologisches Moment ausgeschlossen werden. R. sah bisher 5—6 
Fälle, alle bei Patienten, die über 40 Jahre alt waren, und konnte durch 
keine Behandlung ein Resultat erreichen. Auch die Operation wäre nach 
R. Ansicht nutzlos. 

Havas theilt vollständig die Ansichten Ronas. In einem Fall 
versuchte H. Massage, erreichte jedoch damit eine EutzünduDg, deren 
Folge eine Vergrösserung des Ganglion war. 

5. Justus stellt einen Fall von Parakeratosis congenita 
vor, welchen Röna für Keratosis follicularis und nicht hereditären Ur¬ 
sprunges hält, ferner 

6. eine Parakeratosis palmaris, welche Röna und Nekam 
für ein Syphilid halten. 

J u s t u 8 ist zwar überzeugt von der nicht specirischen Natur der 
Erkrankung, wird jedoch probeweise eine Hg-Cur einleiten. 

7. Deutsch demonstrirt einen Fall von Acne necrotica. Ne- 
käm empfiehlt in diesem Fall die Untersuchung auf Dubreuilh’scho 
Bacillen und empfiehlt zur Behandlung die von Lassar als Specificum 
angepriesene Schwefelsalbe. 

Röna behandelte den Patienten mit vorübergehendem Erfolg. 


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bedeckte Hautveränderungen Vorkommen. Eine viel grössere Aehnlich- 
keit zeigen die der Hautfarbe entsprechenden Exantheme, die wachs¬ 
artige Oberfläche und die aus der Rückbildung der Papeln stammenden, 
minimalen Narben entsprechenden Stellen. 

In dem einen demonstrirten Falle besteht das Leiden bei der 38 
Jahre alten Frau seit 7 Jahren an den oberen und unteren Extremitäten 
und verursacht ein stetiges Jucken. Die einzelnen Exantheme verlaufen 
streifenartig in der Richtung der Hautnerven bahnen. 

Der zweite Patient, ein 29jähriger, kräftiger, junger Maun, leidet 
seit 4 Jahren an der beschriebenen Krankheit, welche sich jedoch bei 
ihm nur auf die oberen Extremitäten beschränkt. Charakteristisch ist 
die Gruppirung der Exantheme, indem dieselben am rechten Oberarm 
dem N. cut. extern, und am linken Unterarme dem Verlaufe der aus 
dem N. ulnaris entspringenden Hautnervenzweigen entsprechen. Bei 
letzterem Patienten sieht man auch noch die in Folge starken Kratzens 
entstandenen Pigmentationen. 

Wir verstehen also unter Neurodermitis papulosa jene Krankheit, 
bei welcher in Folge nervöser Symptome, d. i. ständigen Juckens auf der 
Oberhaut gewöhnlich hanfkorngrosse, leicht röthliche Papeln entstehen, 
welche im Verlaufe einzelner Hautnervenbahuen placirt sind. 

Török bemerkt, dass bei den jetzt, sowie bei den schon früher 
durch Prof. Schwimmer vorgestellten Neurodermitisfällen die einzelnen 
Hautveränderungen an und für sich nichts Charakteristisches aufweisen. 
Für die Diagnose dieser Erkrankungen ist hauptsächlich der klinische 
Verlauf charakteristisch. Die Veränderungen wechseln kaleidoskopartig; 
das wichtigste Symptom ist das starke Jucken, welches die verschieden¬ 
artigen Exantheme zur Folge haben. 

Havas fragt, ob das Oedem jener in dem Werke des Verfassers 
„Neuropathische Dermatonosen“ beschriebenen Dermatitis neurotica ent¬ 
spricht? Seiner Ansicht nach ist hier das ätiologische Moment eine 
Neuritis im Sinne eines Irritationszustandes. Deshalb würde H. die 
Bezeichnung Dermatitis neurotica nur als symptomatische Bezeichnung 
acceptiren. 

Schwimmer erwidert, dass viele Hautleiden bekannt sind, bei 
denen vorerst starkes Jucken entsteht, während das Exanthem secundärer 
Natur ist, dessen ätiologisches Moment ein bisher aus unbekannten 
Gründen auftretendes schädliches Agens ist. Bei der Discussion dieser 
Verhältnisse kann man leicht denFehler begehen und die alte Cazenave-IIebra- 
sche Prurigo-Discussion auffrischen, welche schon evident so entschieden 
wurde, dass Hebra’s Auffassung eine unrichtige gewesen sei, denn bei 
Prurigo ist die Nervenveränderung primär und die sichtbaren Haut Symp¬ 
tome secundär. Schw. bindet sich nicht an die gewählte Bezeichnung 
„Neurodermitis papulosa“ und hat nichts dagegen, wenn man diese Fälle 
auch Prurigo nennt, jedoch mit dem Epitheton: des späteren 
Lebensalters. 


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2. Schwimmer stellt einen Fall von MolluRcum fibrosum 
universale vor. 

Der 4ljährige, schlecht genährte und auch im Kuochenbau schwäch¬ 
liche Patient gibt au, seit 10 Jahren an dem zu beschreibenden Uebel 
zu leiden. Wir sehen nämlich in grösserer Menge einzelne hanfkorn-, 
linsen-, ja sogar bohnengrosse Erhöhungen, in kleiner Anzahl finger- 
nagel- und auch grössere Geschwülste, welche von rundlicher Form sind 
und ebenso, wie die kleineren und kleinsten, mit gesunder Haut bedeckt 
sind. Jede einzelne Hautveränderung fühlt sieh teigig an, als hätte selbe 
flüssigen Inhalt und zeigt bei Seitenbeleucbtung geringe Transparenz. 
Die Zahl der Veränderungen ist weit über 100; die meisten sind am 
Rumpfe, weniger sind an den oberen Extremitäten, die wenigsten be¬ 
finden sieh jedoch an den unteren Extremitäten. Die Stirnhaut erscheint 
wie besäet mit kleinen Papeln. Ausser diesen beschriebenen Geschwülsten 
sind noch linsengrosse solide Gebilde vorhanden, welche stellenweise 
flach auf dem Unterhaut-Bindegewebe aufsitzen, stellenweise einen kurzen 
Stiel haben (Molluscum pendulum). 

Schw. erinnert sich, dass bei ähnlichen Fällen der histologische 
Befund einem Lymphoma tuberosum entsprach, während im gegenwär¬ 
tigen Falle die schon früher vorgenommenen mikroskopischen Unter¬ 
suchungen die klinische Diagnose verstärkt hatten. 

Schwimmer stellt noch folgende Fälle vor: 

3. Folliculitis suppurativa capillitii. 

4. Acne universalis — lveloid consecutivum. 

5. Lichen ruber planus. 

(». llavas demonstrirt zwei Fälle von Syphilis tertiär, gravi s. 

Seitdem die Therapie der Syphilis schon Gemeingut der Aerzte 
geworden, sehen wir sogar hier im Centrum des Landes sehr selten 
schwere tertiäre Luesfälle, was arn lebhaftesten den Standpunkt illustrirt, 
wonach die tertiären Symptome in der Regel nur bei solchen Individuen 
entstehen, die in der secundären Phasis gar nicht, oder nur eine unge¬ 
nügende Quecksilbercur durchgemacht haben. 

Von den zwei Patienten ward der eine wie der andere nur kurze 
Zeit antiluetisch behandelt. Bei dem 42jährigen Manne ist das Gesicht 
durch den geschwungen Process destruirt und man sieht an ihm ein 
seltenes Exemplar der Osteopsathyrosis. Patient bemerkte eines Morgens 
beim Erwachen, dass sein rechter Radius in der Mitte gebrochen war. 
In Folge von Periostitis, Ostitis und wahrscheinlich auch Osteomyelitis 
entstand die Osteoporosis, so dass eine stärkere Muskelcontraction den 
Knochenbruch zu Stande bringen konnte. 

Beim zweiten Patienten, welcher nur einige Hg-Einreibungen im 
Anfangsstadium machte, ist beinahe die ganze Oberhaut mit annulären 
rupiaartigen Exanthemen besäet. 

Quoad therapiam bestärkt H. die allgemeine Ansicht, dass in der¬ 
artigen Fällen die Hg-Salze nie so schnell und prompt wirken wie die 


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Jodsalze. Das Specificum des Tertiarismus ist das Jod, während gegen 
die secundären Symptome da9 Quecksilber das souveräne Mittel ist. 

Röna ist auch der Ansicht, dass im ersten Falle eine Osteomyelitis 
gummosa die Ursache des Knochenbruches war. 

7. Popper. Ureteritis membranacea? 

Der 29jährige Patient hatte vor 10 Jahren Blenorrlioe aquirirt und 
seit dieser Zeit hatte er oft Urinbeschwerden, insbesondere Drang, 
welcher bald durch Behandlung, bald wieder von selbst aufhörte. Seit 
den letzten 3 Jahren trat dieser Urindrang häufiger auf und dazu ge¬ 
sellte sich ein unangenehmer Druck in der linken Nierengegend. Von 
Zeit zu Zeit stellten sich an derselben Stelle kolikartige Schmerzen ein. 
Solange die Schmerzen anhielten, konnte Patient gar nicht oder nur 
sehr wenig uriniren, während in den schmerzlosen Pausen viel Urin 
entleert wurde. Die zweistündlich entleerte Urinmenge beträgt 150 bis 
180 Ccm. Der Urin ist trübe; nach halbstündigem Stehen bildet sich 
ein 1 ] / 2 Finger hohes, dichtes, flockiges Sediment, welches binnen 24 
Stunden weisslich, gallertartig aussieht. In dem frisch entleerten Urin 
ist kaum O’5% 0 Eiweiss, viel Eiter, zahlreiche Epithelzelleu. Cylinder 
suchte P. vergebens. Die Cystitis besserte sich während der Behandlung, 
das Sediment war kaum mehr zu sehen, die entleerte Urinmenge betrug 
300 Ccm.; das Allgemeinbefinden besserte sich, der nächtliche Urindrang 
blieb aus; kolikartige Schmerzen wurden seltener, blieben jedoch nicht 
vollständig weg. Der nach dem Krampf entleerte Urin zeigte an der 
Oberfläche weisse muldenartige oder muschelförmige — in kaltes Wasser 
geträufelten Kerzentropfen ähnliche — schwimmende Lamellen, welche 
zwischen den Fingern zerrieben an fibrinöse Exsudate erinnerten. Sowohl 
Kalilauge als auch Essigsäure rufen keine Veränderung hervor. Unter 
dem Mikroskop sieht man, dass diese Lamelleu aus polygonalen Epithel¬ 
zellen und Fibrinfasern bestehen. 

Einmal sah auch P. den Patienten während des Krampfanfalles. 
Er klagte übtr spannende Schmerzen, welche links von vorne gegen die 
Nierengegend ziehen. Zu dieser Zeit war die nach 4 1 /, Stunden ent¬ 
leerte Urinmenge nicht mehr als 100—120 Gramm, während sonst eine 
doppelt solche Menge entleert wurde. Als die Schmerzen aufhörten, 
war der entleerte Urin voll mit den früher beschriebenen Lamellen, so 
dass P. annehmen musste, dass die entleerten Lamellen die Urinent- 
leerung verhindern und dadurch die Krämpfe hervorrufen. Die geringe 
Urinmenge, welche während des Krampfes entleert werden konnte, 
stammte wahrscheinlich nur aus der rechten Niere. Die Nieren sind 
nicht angegriffen, wofür der negative Eiweissbefund spricht, gegen eine 
Nierenbeckenaffection spricht die Grösse und Form der verschiedenen 
Lamellen, so dass P. nur eine Uretritis membranacea annehmen konnte. 

8. Schein. Lupus erythematosus labii inferioris. 

Bei dem 22jährigen Arbeiter sieht man an der Unterlippe eine 
2—3 Cm. lange ovale, 2—3 Mm. hervorragende flache, scharf umgrenzte, 
schmutzig gelblichbraune, schwer ablösbare Kruste, an deren Stelle steck- 


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nadelkopfgrosse Vertiefungen sichtbar werden, welche mit weissem 
Epithel bedeckt, siud. In der Umgebung keine Infiltration. 

Seit 8 Monaten wird die kranke Stelle mit Solut. arsen. Fowleri 
(1 : 4) [nach Schulz] bepinselt und in den letzten vier Wochen ausser¬ 
dem über Nacht mit Empl. saponat. salicvl. bedeckt. Diese Behandlung 
führte, wie ersichtlich, eine evidente Besserung herbei. 

Sch w i m m e r bemerkt, dass die Diagnose von Lupus erythematosus 
dort, wo nur die Schleimhaut aff'ieirt ist, sehr schwer sei und würde zu 
Versuchen lieber solche Fälle wählen, wo die Diagnose eine leichtere sei. 

Havas empfiehlt eine grössere Reserve bei der Beurtheilung der 
Besserung und meint, dass die momentane Besserung eine Folge vom 
angewendeten Salicylpflaster sei. 

Varga bemerkt, dass ein Lupus erythematosus des Gesichtes und 
der Ohren mit Sol. f owleri gänzlich geheilt wurde. 

Schein erwidert, dass auch Kaposi mit Sol. Fowleri günstige 
Erfolge erzielt hat. 

Ilona gibt auch zu, dass im gegebenen Falle die Diagnose eine 
schwerere sei, hält jedoch die Erkrankung ebenfalls für Lupus erythe¬ 
matosus. 


Sitzung vom 25. November 1807. 

Vorsitzender: Schwimmer. Schriftführer: Basch. 

1. Röna stellt einen Fall von Lichen planus mit Acuminatus- 
•k n ö tc hon vor. 

Die 20jährige Puella publica E. H. wurde am 6. Nov. 1. J. auf die 
Abtheilung Röna’s aufgenommen. Ausser Syphilis bemerkte man einige 
ausgesprochene Lichen planus-Papeln und eine ausserordentliche Menge 
von Pigmentflecken an Stelle verschwundener Lichenpapeln. Ausserdem 
am Bauch und der Inguinalregion dicht aneinander gedrängt L. acumi- 
natus-Knötchen, d. i. hirsekorngrosse hervorstehende Haarfollikel, aus 
denen ein kleiner Hornpfropf herausragt. Diese Knötchen sind grössten- 
theils weisslich, an deren Stelle jedoch nach Verschwinden der Knötchen 
gelblichbrauue Pigmentation sichtbar ist. Patient hatte noch nie eine 
Arsenbehandlung durchgemacht. 

Hona sah schon öfter ähnliche acuminirte Papeln bei typischem 
L. planus und stellt den Fall nur deshalb vor, weil 1. diese acura. 
Papeln zum L. planus gehören und nicht eine Combination von Pityriasis 
rubra pilaris mit L. planus bedeuten, nachdem a) das Derma unter diesen 
Papeln infiltrirt ist, b) an ihrer Stelle sepiabraune Pigmentation sich 
entwickelt und c) dieselben nach der Rückbildung sich nicht wieder 
erneuern. 

2. Ist der Fall in therapeutischer Hinsicht lehrreich, denn o) 
Patientin bekam nie Arsen und die Läsionen verschwanden grösstentheils 


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wenden, um so weniger, weil die Erfahrung lehrt, dass häufig in dem 
Löffel des Instrumentes kleine Steintrümmer Zurückbleiben, welche beim 
Herausziehen desselben die Harnröhre leicht verletzen, was sehr leicht 
die Ursache schwerer Complicationen sein kann. Dies möchte beherzigt 
werden, so auch die Aeusserung eines englischen Chirurgen, dass man 
stets ein Schneideinstrument iu Bereitschaft halte in solchen Fällen, da 
man leicht gewärtig sein kann, dass der Stein so hart ist, dass man es nicht 
wagen kann, das zu schwache Instrument einer Probe auszusetzen. — 
Alapi reflectirt darauf, dass nach der Thompson’schen Statistik jedes 
13. Kind stirbt; Thompson sagt bloss, dass er die Ausführung der 
Operation unter 3 Jahren nicht ausführbar hält, aber nach fünf Jahren 
schon. Unter anderen machte Prof. Kovacs diese Operation. Die Ein¬ 
klemmung von Steinen in dem löffelartigen Instrumente gehört zu den 
Seltenheiten. Die Gefahr der Verletzung mag wohl .noch in den Zeiten 
bestanden haben, wo man den Guyon’schen Aspirator noch nicht ver¬ 
wendete, und wo der Operateur das löffelartige Instrument dazu benutzte, 
die Steintrümmer zu entfernen und dieses 10—120 Mal ausführte. — 
Feleki citirt die Statistik von Assendelft und Albert; ersterer 
hatte von 102 mit Sectio alta operirten Fällen bloss 2 Todesfälle, und 
selbst von diesen stand auch nur 1 Todesfall in directer Beziehung zur 
Operation. Von den neueren 20 Fällen bei Albert starb kein einziges 
Kind. Die glänzenden Statistiken beweisen nur, dass man Kinder der 
Lithotripcie nicht aussetzen soll. Thompson hält die Lithotripsie bei 
Kindern nur bei gewissen strengen Bedingungen indicirt, Ul tzmann 
hingegen erklärt kategorisch, dass die Lithotripsie nur bei Individuen 
von über 16 Jahren ausgeführt werden soll. 

7. Varga. Ein Fall von Epidermolysis bullosa here- 
ditaria (Köbner). Die Mutter der 16jährigen Näherin gibt an, dass 
das bei dem Mädchen bestehende Leiden auch bei ihren übrigen Kindern 
besteht und zwar bei einem noch 8jährigen Mädchen und bei einem 
3jährigen Knaben. Die Affection begann bei allen im zweiten Lebens¬ 
jahre, in der Zeit, wo sie geben lernten; in dieser Zeit entwickeln sich 
auf den Füssen und Zehen, sowohl plantarwärts alß dorsalwärts steck- 
nadeikopf- bis nussgrosse wasserklare Blasen, welche schmerzhaft sind. 
Diese Blasen treten ausserdem noch auf solchen Körperstellen auf, wo die 
Haut einem Drucke ausgesetzt, so z. B. wo die Strumpfbänder auliegen 
und die Röcke gebunden werden, und bei Patientin — die Näherin 
ist — wo sie die Scheere greift. Die Blasen treten hauptsächlich in den 
warmen Jahreszeiten auf, in den Win terra onaten sistiren selbe. 

Laut Angabe der Mutter bleibt die Eruption der Blase aus, wenn 
die Kinder keine Schuhe tragen. Die Blasen haben anfangs serösen In¬ 
halt, werden bald gelblich, später werden sie grünlich und bilden sich 
in der Hornschicht. Diese Affection wurde zuerst von Köbner be¬ 
schrieben, später von Goldschneider, Valentin, Lesser-Blunser 
und Anderen, und wurde früher dem Pemphigus eingereiht. Bei vielen 
Familien ist diese Erkrankung bei mehreren Generationen zu beobach¬ 
ten, so in diesem Falle hei vier Generat innen. 


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Törük hält diesen Fall für einen Typus der Epidermolysis here- 
ditaria bullosa. Was die Pathogenese und Aetiologie dieser Erkrankung 
anbelangt, sind die Ansichten noch getheilt. Einzelne reihen sie zum 
Pemphigus, andere supponiren eine eigentümliche Empfindlichkeit der 
Haut, wieder andere fassen sie als traumatische Entzündung der Haut 
auf oder bringen sie mit der Urticaria factitia in Verbindung. Bei den 
in der Literatur beschriebenen Fällen ist es nicht wahrscheinlich, dass 
die Blasen primär aufgetreten sind, sondern er nimmt an, dass die Hyper¬ 
ämie und das (Jedem, wenu auch im minderen Masse, auch hier vor¬ 
handen waren und nur nicht rechtzeitig beobachtet wurden, oder aber 
von den sich entwickelnden Blasen gedeckt waren. Es ist bloss die Er¬ 
klärung schwer zu finden, warum die Haut« ruptionen in den Winter¬ 
monaten nicht erscheinen. — Just u s fragt Törük, ob er in der Stachel- 
zellensckicht einen collhjuativen Vorgang beobachtet hat. Törük ver¬ 
neint dieses und glaubt, da^s selbst Elliot, der seine diesbezüglichen 
Beobachtungen veröffentlichte, Blasen eines späteren Stadiums untersucht 
haben musste und in Folge Invasion von Eitermikroorganismen Colli- 
quation sah. 

8. A. Aschner. Ein Fall von Psoriasis atypica. Die Ana¬ 
mnese beim 54jährigen Manne ist folgende: Vor zehn Jahren bemerkte 
er um den Nabel einen kreuzergrossen Ausschlag, der sich seit dieser 
Zeit theils vergrösserte, theils auch verschwand, seit, drei Jahren per- 
sistirt derselbe in seiner Form trotz aller möglichen therapeutischen Ein¬ 
griffe. Seit zwei Jahren besteht in den Schenkelbeugen eine ähnliche 
Atfection und seit l'/ a Jahren sind die Fingernägel verändert, der übrige 
Theil des Körpers zeigte weder früher noch jetzt irgendwelche Ver¬ 
änderungen. Patient soll stets gesund gewesen sein, in seiner Familie 
wurde nie eine ähnliche Erkrankung beobachtet. — Die Untersuchung 
des Kranken zeigt um den Nabel herum in der Ausbreitung eines Hand¬ 
tellers eine typische diffuse psoriatische Plaque. Eine ähnliche Verände¬ 
rung in beiden Schenkelbeugen bis auf das Kreuzbein reichend. Die Finger¬ 
nägel auf beiden Händen sind mehr oder minder verändert. Einzelne 
Nägel zeigen bloss weisse Flecken und sind rissig, andere haben an Stelle 
des Nagels eine inalterähnliche, bröcklige Masse und hauptsächlich die 
Daumennägel sind mächtig verdickt, hypertrophirt. In den Nägeln treten 
häufig spontan, auf Druck stets starke Schmerzen auf. — In diesem Fall 
haben wir es also mit einer Onychia psoriatica zu thun, welche selten 
vorkommt, mehr bei inveterirten und auf den ganzen Körper ausgebrei¬ 
teten (Psoriasis universalis) Fällen vorzukommen pflegt. In therapeutischer 
Hinsicht muss hervorgehoben werden, dass trotz der üblichen consequent 
durchgeführten (lange Zeit durch Arsenmedicatiou), autipsoriatischen Me¬ 
thoden keine Besserung eingetreten ist. 

9. Ein Fall von Lingua geographica bei einem 
Säuglinge. Bei dem 10 Monate alten Kinde ist ein Zungen¬ 
leiden vorhanden, welches bei Kindern und besonders in diesem Alter 
äusserst selten vorkommt und leicht mit Syphilis verwechselt werden 


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könnte. Das Kind hatte einen Monat vorher auf der Zunge beiderseits 
je eine erbsengrosse Plaque, welche prima vista als Syphilide imponirten. 
Die übrige Schleimhaut, die Tonsillen, die Hautdecke zeigte keine syphi¬ 
litischen Symptome. Die Eltern des Kindes waren auch nicht syphilitisch. 
Nach einigen Taigen vergrösserten sich diese Plaques bis zur Grösse eines 
Kreuzers, in der Mitte fehlte das Epithel, der ltand zeigte noch einen 
weissen Streifen. Seit dieser Zeit verändert sich das Bild auf der Zunge 
fortwährend, so dass zur Zeit in der Mitte der Zunge eine kreuzergrosse 
weissliche Epithelauflagerung zu sehen ist, der Band der Zunge zeigt 
eher einen Epithelverlust, daselbst ist die Zunge ganz fleischroth. Es 
handelt sich also in diesem Falle um eine Form der Leukoplacia buc- 
calis, welche in neuerer Zeit als Lingua geographia bezeichnet wird und 
welche hauptsächlich bei Erwachsenen vorkommt. Es ist das ein Pro- 
cess, welcher durch häufigen Wechsel von Epithelauflagerungen und 
Epithelverlusten charakterisirt ist. 

10. Ein Fall von beiderseitiger Orchitis, Kpididy- 
mitis und Funiculiti3 gummosa. Der 42jährige Patient be¬ 
merkte vor ca. 4 Monaten, dass beide Hoden anschwollen, hauptsächlich 
rechts. Beide Hodenschwellungen entwickelten sich schmerzlos und 
ohne Fieber, nahmen an Dimension stets zu, so dass vor einem Monat 
die rechtsseitige Geschwulst von Zweifaustgrösse war, bis in den Canalis 
inguinalis sich erstreckte, wodurch Patient sowohl schlecht gehen 
als sitzen konnte wegen der im Leistencanal entstandenen Spannung; 
die linksseitige Geschwulst vergrösserte sich bis zur Gänseeigrösse. Pa¬ 
tient aequirirte vor 4 Jahren Syphilis, machte damals 30 Einreibungen, 
hatte mehrfach Schleimhauterscheinungen, machte aber keine weitere 
antis}’philitische Cur durch bis vor einem Jahre 20 Einreibungen wegen 
breiter Condylome auf dem Hodensacke. Patient ist seit einem Jahro 
verheiratet, seine Frau befindet sich im achten Schwangerschaftsmonate 
und fühlt die Kindesbewegungen sehr gut. Patient war stets gesund, ist 
nicht hereditär tuberculös belastet, seine Aflection wurde mebrerseits als 
blennorrhoische Epididymitis behandelt. — Bei der Untersuchung ist 
Folgendes zu conBtatiren: Der rechte Hoden und Nebenhoden sind zwei¬ 
mal grösser als normal, Consistenz knorpelhart und scheint von erbsen- 
bis haselnussgTossen Knoten zusammengesetzt zu sein, es besteht faust¬ 
grosse Vaginalitis, ist weder spontan noch auf Druck schmerzhaft; der 
rechte Samenstrang ist ebenfalls bedeutender verdickt, knorpelhart und 
knotig anzufuhlen, auf der unteren Vaginalitis aufsitzend eine gänseei¬ 
grosse Flüssigkeitsansammlung, welche bis in den Lcistencanal hinein¬ 
reicht. Der linke Hoden, Nebenhoden und Samenstrang zeigen gleiche 
Veränderungen mit dem Unterschiede, dass daselbst die Veränderungen 
noch nicht so weit gediehen sind wie auf der anderen Seite, es besteht 
auch noch keine Vaginalitis. Auf den Schleimhäuten und der Hautdecke 
sonst keine Symptome. Die Prostata und Samenbläschen sind normal. 
—• Patient bekommt innerlich Haemol. Hydrargyrum jodatum 10 Gr. : 50 
Pillen, bereite nach 50 Pill3n sind die Erscheinungen in bedeutender 


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Rückbildung. Dieser Fall ist in mehrerer Beziehung bemerkenswerth. 
In erster Linie kann er zu diagnostischen Irrthümern führen, und obzwar 
diese Affection mit einer blennorrkoischen Epididymitis schwerer zu ver¬ 
wechseln ist, kann diese aber als tubereulöser Process aufgefasst werden, 
besonders in diesem Falle, wo auch eine hochgradige Hydrokele vorhanden 
ist, welche wir bei der Orchitis gummosa zumeist vermissen. In anderer 
Hinsicht ist die doppelseitige syphilitische Hodenerkrankung eine äusserst 
seltene; um so seltener sind solche Fälle, w t o auch der Samenstrang 
beiderseits miterkrankt ist. 

11. H&V&S. Ein Fall von Ulcus tuberculoticum introitus 
vaginae. Die 20jährige Publica wurde wegen Blennorrhoe auf seine 
Abthoilung gebracht, wo bei der Untersuchung im Scheideneingang 
ein linsengrosses, weiches, mit Eiter belegtes Geschwür entdeckt wurde, 
welches nicht schmerzte und keine Entzündungserscheinungen zeigte. 
Dieses Geschwür zeigte keine Tendenz zur Heilung, sondern vergrösserte 
sich stets, am Rande desselben traten später mohngrosse, graue oder 
gelbliche Knötchen auf, welche nach einigen Tagen zerfielen. Die re¬ 
gionären Drüsen sind nicht alterirt. H. machte per exclusionem die 
Diagnose auf Ulcus tuberculoticum, welche die mikroskopische Unter¬ 
suchung auch bestätigte, nachdem in dem Secret des Geschwüres Tuberkel¬ 
bacillen gefunden wurden und einige Tage darauf Patientin eine Hämo¬ 
ptoe bekam. Später verbreiteten sich die Geschwüre auf den ganzen 
Scheideneingang. 


Sitzung vom 28. October 1897. 

Vorsitzender: Schwimmer. Schriftführer: Basch. 

1. Schwimmer stellt 2 Fälle von Neurodermitis papu¬ 
losa vor. 

Diese in der Praxis seit den letzten Jahren übliche Benennung 
scheint entsprechend zu sein, indem einzelne Krankheitsbilder schon bei 
äusserer Besichtigung durch die Symptome den Eindruck machen, dass 
die Erkrankung der Hautnerven einen solchen Symptomencomple* zur 
Folge hat, welcher bei den bekannten Dermatosen nicht vorkommt. Wir 
wissen, dass das Jucken beim Eczema papulosum, Prurigo und bei ein¬ 
zelnen Licbenfailen sehr charakteristisch ist. Die Neurod, papul. jedoch 
unterscheidet sich einigermassen von den drei genannten Erkrankungen. 
Vidal und Brocq benützten die Bezeichnung Neurodermitis bei ein¬ 
zelnen Lichenforraen; wir können sagen, dass diese auch mit dem Prurigo 
eine Aehnlichkeit haben. Vom Lichen unterscheidet sich die Neurod, 
pap. dadurch, dass bei letzterer die einzelnen Papeln mehr ausgebreitet 
sind, sehr wenig oder keine Schuppen bilden, stellenweise, besonders 
wenn das Juckgefiihl stärker ist, vom Epithel entblösst sind, so dass 
neben hanfkorngrossen Effiorescenzen stellenwiese mit kleinen Krusten 


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spontan, b) verheilt der L. planus oft nur auf äusserliche Mittel (Pyro- 
gallol. Chry8arobin), wie dies die Franzosen behaupten. 

2. Lichen planus nachahmende banale Läsionen. 

Die 19jährige Puella publ. M. Zs. wurde am 16. October 1. J. mit 
Lues und Scabies aufgenommen. Nach 20 Hg-Einreibungen entwickelten 
sich eczematose und besonders perifolliculäre Läsionen unter den Mammae 
und am Bauch. Deshalb wurde die Behandlung unterbrochen und das 
artefieielle Exanthem 14 Tage hindurch sich selbst überlassen. Jetzt 
sieht man an der Stelle einzelner Läsionen nach der Abschuppung poly¬ 
gonale, wachsartig glänzende Papeln mit nadelstichartiger Vertiefung in 
der Mitte, welche das typische Bild der L. planus Papeln zeigen. 

3. Seborrhoea circinata. M. Nv., ^jähriger Musiker, leidet 
seit einem Jahr am Rücken und auf der Brust an eiuem Fixanthem, 
welches besonders in der Bettwärme starkes Jucken verursacht. 

St. pr. In der Mitte des Sternums, in der Gegend des Manubriura und in 
der Gegend des ersten Rückenwirbels auch als zwischen den zwei Schulter¬ 
blättern sieht man hirsekorngrosse, bis linsengrosse, mit seborrhoischen 
Krusten bedeckte, in der Mitte nabelartig vertiefte, gelbliclibraune Knötchen 
und linsengrosse, als auch grössere, in der Mitte eine tellerartige Vertiefung 
zeigende discoide Läsionen, deren Ränder mit kleinen Papeln begrenzt 
sind und deren Oberfläche mit seborrhoischen, gelblichbraunen Schuppen 
bedeckt ist. Die übrigea Theile der Oberhaut und die Schleimhäute 
sind intact, auf der Kopfhaut massig diffuse, kleienartige Schuppen. 

Die mikroskopische Untersuchung der s borrhöischen Krusten ergibt 
nur Epithelzellen und Diplococcen. 

Diese Krankheitsform, welche Besnier und Unna als Eczema 
seborrhoicum bezeichnen, kommt genug häutig vor. Besnier sah in 
einzelnen Fällen zu gleicher Zeit an der Zunge ähnliche Läsionen (Eczema 
en aires zi E. margine desquamatif zz glossite exfoliative marginee). — 
Röna stellt den Fall zur Discussion vor, u. zw. 1. in Bezug des Ver¬ 
hältnisses dieses Leidens zu den eczematösen Läsionen, 2. um zu hören, 
ob die Collegen solche Fälle gesehen haben, wo zu gleicher Zeit Ver¬ 
änderungen an der Zunge bemerkbar waren. Röna hält die Läsion 
nicht für Eczema und sah keinen Fall, wo zu gleicher Zeit die beschrie¬ 
bene Zungenafleetion vorhanden gewesen wäre. 

Schwimmer hält die Benennung E. seborrhoicum für keine 
glückliche, weil dieselbe zu Verwechslungen Anlass gibt. Dr. Török 
und Beck, welche bei Unna ähnliche Fälle sahen, bezeichnen jene 
Fälle mit obigem Namen, die Schwimmer für leichte Psoriasis hält. 

Der vorgestellte Fall hat auch viel Aehnlichkeit mit dem Herpes 
tonsurans. 

Havas hält das Leiden auch für einen mvcotischen Process und 
ist der Meinung, dass die vorhandene Seborrhoe durch Pilze hervor¬ 
gerufen wird. 

Beck betont, dass Unna bei diesem Fall die Diagnose entschieden 
auf Ecz. seborrh. machen würde. 

Archiv f. Dermatol, n. Syphil. Band XLVI. ]0 


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Schwimmer hält es für angezeigt, dass Röna den Fall bacterio- 
logisch gründlich untersuchen möge. 

Tau ff er bemerkt, dass das Eczema seborrh. mit Herpes tonsurans, 
speciell seiner Ansicht nach, unter Anderen deshalb nicht identificirbar 
ist, weil letzteres Leiden gewöhnlich sich weiter verbreitet und von selbst 
nicht abheilt. 

Nekäm hält das Leiden entschieden für ein parasitäres, welches 
besonders auf jene Stellen beschränkt ist, wo die meisten Schweissdrüsen 
sind. Es ist schwer, der Krankheit einen treffenden Namen zu geben. 
Wenn man das Eczem als einen oberflächlichen Katarrh der Haut be¬ 
trachtet, so muss man den vorgestellten Fall für Eczem halten und mit 
Vorbehalt als Eczema seborrhoicum benennen. 

4. Schein. Auffallende Besserung in einem Fall von Elephan¬ 
tiasis Arabum. 

L. J., 29jähriger Tischler, wurde am 14. Juni 1897 in das Spital 
der Arbeiterkrankencasse aufgenommen und seither durch Vorstellenden 
ständig behandelt. Zu jener Zeit war der rechte Fuss und die Nach¬ 
barpartien des r. Unterschenkels ausserordentlich verdickt. Am Fuss- 
riicken war in der Gegend des Fussgelenkes in einer handtellergrossen 
Ausbreitung ein 1 Cm. hoher papillärer Tumor vorhanden und ausserdem 
mehrere baselnussgrosse Knoten. Am dicksten war der Fuss in der 
Gegend der Malleoli, wo derselbe 2mal so dick war, als der linke ge¬ 
sunde. Die Haut war steinhart und unbeweglich, in der Gegend der 
Malleoli roth, empfindlich. An einzelnen Stellen des Fusses 1—2 Eiter¬ 
tropfen, an anderen Stellen sehr wenig gelbe seröse Flüssigkeit, welche 
jedoch bei Druck oder Reiben der Haut in grösserer Menge durchsickerte. 
Stellenweise war die Haut grauschwarz, an anderen Stellen schmutzig 
gelblichbraun, in der Gegend der Malleoli dunkelroth. Patient klagte 
über grosse Schmerzen, konnte kaum gehen und ächzte die ganze Nacht 
hindurch. Angeblich begann das Leiden vor 6 Jahren mit starkem Jucken 
am Fussrücken, so dass Patient sich fortwährend kratzen musste, bis sich 
Wunden bildeten. Als der Fuss auch anderweitig wund wurde, lieas 
Patient sich vor 2 Jahren im St. Stefan-Spital aufnehmen, wo er 4 
Wochen verbrachte. Damals war sein Fuss angeblich gar nicht 
geschwollen. Erst im März 1897 begann die rapide Anschwellung 
des Fusses und Unterschenkels und gleichzeitig stellten sich grosse 
Schmerzen ein. 

In Anbetracht des penetranten Geruches applicirte Schein ab¬ 
wechselnd mit Kal. hypermang. und Sublimatlösung getränkte Compressen. 
Später, als die Empfindlichkeit des Fusses aufhörte, wurden die nassen 
Verbände so modificirt, dass die Calicotbinde in eine 0'30 : 200 Kal. 
hypermang.-Lösung getaucht, nachher gut ausgewunden und dann als 
Druckverband applicirt wurde; darüber kam Watte, Guttapercha¬ 
papier und mit einer Flanellbinde abermals ein Druckverband. Diese 
täglich gewechselten Verbände führten allseitig zur Besserung. Um 


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jedoch die Resorption zu beschleunigen, combinirte Sch. den Verband 
mit Massage des Oberschenkels anfangs täglich, später jeden zweiten Tag. 

Das Resultat war überraschend. Der Fuss ist auch jetzt noch ein 
wenig verdickt, jedoch nicht schmerzhaft und Patient kann gut gehen. 

Die E. Arabum ist, wie bekannt, ein secundärer Process und daher 
muss das Grundleiden auch eruirt werden. 

Hier ist das Grundleiden ein Lupus vulgaris, welcher am Ober¬ 
schenkel erkennbar ist, während dieses Leiden am Fuss nicht charakteri¬ 
stisch war, nachdem die elephantiastischen Veränderungen das Aussehen 
desselben bis zur Unkenntlichkeit veränderten. Die Lupusknötchen 
zeigten in Folge der Massage keine Veränderung. 

Die Infiltration der Haut bestand, wie es scheint, trotz der Härte 
und grossen Ausbreitung grösstentheils aus Rundzellen. Dafür sprach 
die Empfindlichkeit und die Rothe an den Malleolis, die geringe Eiterung 
und der Umstand, dass das Infiltrat durch Aufsaugung grösstentheils 
verschwand. Theilweise jedoch bestand das Infiltrat aus organisirtem 
Bindegewebe und deshalb verschwand auch dasselbe nicht vollständig. 

Sch. kann die angewandte Behandlung auf da9 Wärmste empfehlen. 

Rona wendet schon seit Jahren bei den verschiedensten Erkran¬ 
kungen (Lupus, Syphilis, Erysipelas recidivans etc.), in deren Folge 
Elephantiasis sich entwickelt, Druckverbände und Massage an und er¬ 
reichte ebenfalls in jenen Fällen die schönsten Resultate, wo noch reso- 
lutive Elemente vorhanden waren und hält ebenfalls diese Behandlung 
für die relativ beste. 


Sitzung vom 27. Januar 1898. 

Vorsitzender: Bakö. Schriftführer: Deutsch. 

1. Röna stellt einen Fall von Morbus Jadassohni vor. 

R. Oe., 31 J. a., unverheiratet, Theaterarbeiter, meldete sich vor 
6 Tagen auf R’s. Abtheilung; sein Vater starb an einem unbekannten 
Leiden, seine Mutter an Tuberculose. Vor 5 Jahren hatte P. ein Ge¬ 
schwür am Penis, V, Jahr nachher Ausschläge hauptsächlich an den 
Armen, wogegen er am Penis Empl. hydrg. und eine Schraiercur anwandte. 

Vor 4 Jahren lag er im Spital zu Vukovär mit ähnlichen Haut¬ 
ausschlägen, und war der ganze Körper damit besäet, er hatte auch 
Halsschmerzen und Fieber, so dass man das Leiden für eine andere 
Infectionskrankheit hielt. Nach 3 Wochen verliess er ungeheilt das Spital 
und seit dieser Zeit kommt und vergeht der Hautausschlag ohne be¬ 
kannten Grund. So hatte er vor 2 Jahren ebenfalls den Hautausschlag, 
welcher kein Jucken verursachte; er bekam damals 3 Touren Queck- 
silbercur, worauf das Exanthem verschwand, um in einigen Monaten 
wieder zu erscheinen. 

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Status praesens. Hochgradige Anämie, Muskeln schlaff. Aus 
der Dorsalfläche beider Hände und Unterarme hanfkorn- bis linsengrosse 
rundliche oder ovale, blassröthlich-braune, nicht schuppende flache Papeln, 
deren einige auch in der Palmae manus sich befinden. Ausserdem findet 
man zerstreut an den Oberarmen, am Hals, am Kumpf, an den Nates, 
den Unterschenkeln, dem Penis und an den Dorsal- und Plantarflächen 
theils den früher beschriebenen ähnliche Papeln, theils solche, welche 
mit weissen, sehr dünnen Schuppen bedeckt sind, theils sieht man poly¬ 
gonale und rundliche, hanfkorn- bis linsengrosse Schuppen auf normaler 
Haut so aufgelagert wie bei Ichthyosis. Schleimhäute sind intact. Keine 
subj. Erscheinungen. In der rechten Inguinalgegend bohnengrosse Drüse, 
am Glans penis eine fingernagelgrosse Narbe. Infiltration der rechten 
Lunge, Bronchitis, starker Nachtschweiss. 

Der vorgestellte Fall entspricht vollkommen jenem, welchen Jadas- 
solin am Breslauer Congress der deutschen Dermatologen im Jahre 1894 
als psoriasiformes und lichenoides Exanthem vorstellte und welchen 
damals R. ebenfalls gesehen. 

Nachdem R. derzeit mehrere ähnliche Fälle mit Interesse verfolgt, 
behält er sich vor, über das Wesen derselben später zu referiren. 

2. D. Peremi stellt eine Acne necrotica vor. 

P. V., 33 Jahre alter Polizeimann, hatte im J. 1889 angeblich eine 
Sclerose, machte öfters Quecksdbercuren durch und bemerkte seitdem 
keinerlei syphil. Symptome. 

Vor 3 Jahren entstanden au den Armen und Schenkeln Haufaus- 
schläge Wegen diesem Leiden steht Patient seit 2 Jahren in P’s. Be- 
handluug; das Leiden diagnosticirte sowohl Basch als auch Török 
als „Acne necrotica“. —Die Behandlung wurde abwechselnd mit Schwefel, 
Sublimat und Carbolsalben fortgesetzt und seitdem sind die Nachschübe 
viel seltener. 

Status praesens. An allen Extremitäten als auch am Rumpf 
und am Bauch sieht man zahlreiche bis pfenniggrosse, theils handteller¬ 
grosse contingirende, theils alleinstehende röthlich bis schmutzigbraune 
Flecke, welche eigentlich verschiedenartig pigmentirte atrophische oder 
narbenähtdiche Vertiefungen bilden, deren einige mit dünnen Schuppen 
bedeckt sind. Hie und da sieht man rosarothe hirsekorngrosse bis hanf- 
korngrosse derbe Erhebungen, deren weiterer Verlauf darin besteht, dass 
sich eine kleine Blase bildet, deren gelblicher Inhalt langsam eintrocknet 
und sieh endlich zu den anfangs beschriebenen narbigen pigmentirten 
Flecken umwandelt. Der Verlauf dieses ganzen Urawandlungsproeesses 
erstreckt sich auf 3—4 Monate. 

3. D. Peremi. Syphilis gummosa linguae. 

K. H., 32 J. a. Patient, meldete sich am 6. August v. J. im Poli¬ 
zeispital mit folgendem Stat. praes.: 

Am hinteren Drittel des linken Zungenrandes und des Zungen¬ 
rückens sieht man eine wallnussgrosse knorpelharte Geschwulst, deren 
oberer Theil ein thalergrosses Geschwür mit scharfen, aufgeworfenen 


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-I.JNIVERSITY OFMICHfGÄN 



des Vereines Ungarischer Dermatologen und Urologen. 


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Rändern und mit schmutziggelblichen Belag bildet. Die submaxillaren 
Drüsen waren erbsengross. Das Geschwür wurde mit 2°/ 0 Pyoktaninlösung 
gepinselt und verheilte binnen 2 Wochen. Auch die Verhärtung ver¬ 
schwand beinahe vollkommen. 

2 Monate nachher entstand ein ähnliches Geschwür an dem rechten 
Zungenrand, welches jedoch nur die Grosse einer Krone erreichte. Auch 
dieses Geschwür verheilte binnen 3 Wochen. An beiden Stellen war die 
Schleimhaut nur insoferne verändert, als dieselbe glatt und glanzlos war. 
Die submaxillaren Drüsen blieben unverändert. 

Am 7. Jänner 1. J. meldete sich Patient neuerdings und zeigte 
folgende Veränderungen: Am linken Rand des hinteren Drittels der 
Zunge sieht man eine nussgrosse, knorpelharte Geschwulst, die Schleim¬ 
haut darüber ist theils intact, theils mit oberflächlichen gelblichen Ge¬ 
schwüren bedeckt. Aehnliche Veränderungen sieht inan links am vorderen 
Zungendrittel, w t o die Infiltration nur baselnussgross ist. An der rechten 
Hälfte der unteren Lippe befindet sich eine pfenniggrosse, mit vreisslichen 
Kpithelhautbelagerungen bedeckte Veränderung. Submaxillardrüsen jetzt 
auch nur massig infiitrirt. Sonst sieht man keinerlei syphilitische Ver¬ 
änderungen. Nachdem P. keine sichere Diagnose stellen konnte, zog er 
J ustus zu Rathe, welcher die Veränderungen für luetische diagnosti- 
cirte, nachdem auch die Blutuntersuchungen ein positives Resultat lieferten. 
Auf die hierauf verordneten Einreibungen (45 Grm.) stellte sich eine 
wesentliche Besserung ein, so dass derzeit nur mehr Spuren der früheren 
Veränderungen bemerkbar sind. 

4. Alpär (Aschner). Sclerodermia universalis. 

Das Leiden der 62jähr. Patientin begann vor 6 Monaten, zu welcher 
Zeit ein spannendes Gefühl in der Bauchdecke entstand, ohne dass an 
der Haut sichtbare Veränderungen gewesen wären. Von hier verbreitete 
sich die Krankheit beinahe auf die ganze Oberhaut, insbesondere auf die 
unteren Extremitäten, so dass die Patientin seit 3 Monaten die Gelenke 
nicht bewegen kann und mit Mühe so steif gehen kann, wie eine Puppe. 
Dabei ist das Allgemeinbefinden ungestört, nur vor 2 Monaten entstanden 
an mehreren Stellen verschieden grosse Geschwüre, welche grosse 
Schmerzen verursachten. Das Leiden ist noch beinahe überall im hyper¬ 
trophischen Stadium, nur bei den Kniegelenken zeigt sich schon die 
Atrophie. 

Die Bauch- und Rückenhaut (rückwärts bis zur Scapula, vorne bis 
zu den Mammae) ist diffus infiitrirt, hart, gespanut, waebsartig glänzend 
und umschliesst den Brustkorb panzerartig. In der Inguinalgegend ist 
die Haut beinahe knochenartig, bräunlich. An den oberen Extremitäten 
und den beiden Seiten des Halses ist das Leiden plaqueartig und in 
Form von Streifen sichtbar. Am Bauch und in der Umgebung der Kuie- 
gelenke sieht man zahlreiche erbsen-, kreuzer-, ja tbalergrosse Geschwüre. 

Obwohl im Nervensysteme keine besondere Veränderung nach¬ 
weisbar ist, beruht das Leiden trotzdem höchst wahrscheinlich auf einer 


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150 Verhandlungen des Vereines Ung. Dermatologen, u. Urologen. 


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Trophoneurose, wofür besonders der Umstand spricht, dass trotz der 
verbältnissmässig kurzen Dauer der Erkrankung destruktive Processe 
bestehen. 

A. versucht Thyreoidin Tabletten und Hautmassage. 

5. Csillag demonstrirt Spirillen bei Balanopostitis. 

Berdoll und Bataille beschrieben im J. 1891 eine circinare 
Form der Balanopostitis, welche sich dadurch charakterisirt, dass am 
Glans und der Lamina interna praeputii scharf geränderte, weiselich um¬ 
grenzte kreisförmige Erosionen auftreten, welche sich allmälig verbrei¬ 
tend die ganze Glans und Lamiua interna praeputii bedecken können, 
so dass nur zwischen den einzelnen Kreisen und Segmenten gesunde 
Hautpartien Zurückbleiben. Eine seltene Erkrankung der Vulva ist der 
beschriebenen analog gefunden worden, nachdem bei beiden Spirillen 
entdeckt worden sind. Während dem Bestand des Leidens (ca. 3—4 Woch.) 
besteht ein copiöser übelriechender Eiterfluss mit consecutiver Lymphan- 
goitis und Lymphadenitis. 

Diese Form der Balanopostitis ist leicht übertragbar. 

Cs. nahm in dieser Hinsicht Untersuchungen vor, welche zwar 
noch nicht beendet sind, man kann jedoch schon jetzt folgende Resultate 
mittheilen: 

1. In den untersuchten 7 B. Fällen konnte ständig eine Spirillenart 
nachgewiesen werden. 

2. Dieselben Spirillen fand Cs. bei einer Puella publica mit starkem 
Eiterfluss und bei 2 Puell. publ. mit geringem Eiterfluss begleitet, der 
B. der Männer ähnliche Form zeigender Erkrankung der Clitoris uud 
des Praeputium clitoridis. 

3. Konnte Cs. die Spirillen bei einer jungen, vor kurzer Zeit de- 
florirten ambulanten Patientin nachweisen, wo in der Gegend des Praeput. 
clitoridis und der Crura clitoridis viel übelriechender Eiter sich ent¬ 
wickelte und 20—25 linsengrosse bis erbsengrosse rundliche Exoriationen 
vorhanden waren. 

4. In dem bisher von 3 Männern und 16 Frauen untersuchten nor¬ 
malen Smegraa konnten keine Spirillen naebgewiesen werden. Die Länge 
der Spirillen schwankt zwischen 10 und 20 /*, ihre Breite zwischen */ 4 bis 
V, ", färben sich mit 5% Carbolfuchsin sehr gut, mit gewöhnlichen 
Anilinfarben schwach, nach Gram oder Ziehl-Neelen-Gabbet 
gar nicht. 

Ref. Dr. Basch (Budapest). 


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Venerische Krankheiten. 

(Redigirt von Prof. Neisser und Dr. SchäfTer in Breslau.) 


Gonorrhoe deren Complicationen. 

Aquila. Ein Fall von extragenitaler Tripperinfection. 
Monatsheft f. prakt. Dermatologie. Bd. XXIII. 

Unter diesem nicht sehr zweckmässig gewählten Namen beschreibt 
Yerf. eine urethrale Tripperinfection, die er sich selbst zugezogen, und 
zwar wahrscheinlich durch an den Händen haftendes, von eingetrocknetem 
Objectträgerbelag eines Trippereiters stammendes Secret. 

Ludwig Waelsch (Prag). 

Balzer. Traitement du rhumatisme blennorrhagique. 
Journal des Praticiens. 7. aoüt 1897. Referirt im Journal dermat. cut. 
et 9yph. 1897, p. 503. 

Balzer wendet bei gonorrhoischer Arthritis neben localer Be¬ 
handlung der Urethra mit Injectionen und Spüluugen und innerlicher 
Verabreichung von Natr. salicyl., Salophen, Jodkali u. s. w., bei acuten 
Fällen Immobilisirung der betreffenden Gelenke und Application von Eis, 
später Opium-, Chloroform-, Menthol-, Guiacol-Einreibungeu oder locale, 
resp. Vollbäder mit Ol. terebinth. an. In chronischen Fällen sind Massage» 
Elektrieität, Noxen, Applicationen von heissen Sandsäcken am Platze. 
Nur in den seltensten, verzweifelten Fällen wird chirurgische Hilfe, die 
in Punction oder Arthrotomie zu bestehen hat, in Anspruch zu nehmen sein. 

Paul Neisser (Beuthen 0. S.). 

l&gonin. Deux cas d’arthrite blennorragique de la 
grossesse. (La mädecine moderne 1897, Nr. 98.) 

Begonin legt an der Hand zweier Fälle von gonorrhoischer 
Gelenkentzündung in der gynäkologischen Gesellschaft nochmals dar 
dass der „puerperale Rheumatismus“ von Loppain nicht, wie dieser 
meint, die Folge der normalen Leukorrhoe im Anschluss an Schwanger¬ 
schaft und Entbindung sei, sondern eine gonorrhoische Affection. Ihm 
scbliessen sich Fieux und Andibert an, und Bin and glaubt, dass 
einige Gelenkaffectionen der Schwangeren auf Streptococcen beruhen. 

Albert Fr icke (Breslau). 


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Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete 


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Billard. Lymphite suppuree de la vergeau cours d’une 
blennorrhagi e. Journal des maladies cutanees et syphilitiques 
1897, p. 410. 

Bi llard’s Patient, ein junger Mediciner, erkrankte im Verlauf einer 
acuten Gonorrhoe, an zwei am Dorsurn des Penis verlaufenden Lymphsträngen, 
die unter Fieber zur Vereiterung und Incision kamen. Gleichzeitig 
bestand eine entzündliche Schwellung des linken zweiten Metacarpo- 
Phalangealgelenks, sowie Schmerzen in der rechten Hohlhand. Nach der 
Incision fiel das Fieber ab, der Abscess heilte schnell unter Jodoform¬ 
gazetamponade, die Gonorrhoe unter JaneUschen Ausspülungen, die 
Arthritis unter Jodpinselungen und immobilisirendem Watteverband. 

Paul N eisser (Beuthen O.-S.). 

Benario. Ueber Protargol, ein neues Antigonorrhoicum 
und Antisepticum. (Dtsch. Med. Woch. 1897, 49.). 

Diese Verbindung von Silber mit einem Proteinstoffe wurde von 
Benario bakteriologisch und klinisch geprüft. Dem Argentamin und 
Argentum nitricum steht zwar das Protargol an entwicklungshemmender 
Kraft bedeutend nach, ist aber dem Argonin um mehr als die Hälfte 
überlegen. Die weiteren Versuche des Verf. ergaben, dass Protargol 
nicht nur ein souveränes Mittel bei der Behandlung der Gonorrhoe ist, 
sondern auch bei der Wundbehandlung, in jed^r Form applicirt, von 
günstigem Einfluss auf den Heilungsprocess ist. Es ist ferner ein sehr 
wirksames Desinficiens bei bakteriellen Erkrankungen, besonders bei 
solchen, welche durch pyogene Coccen verursacht sind. 

Max Joseph (Berlin). 

Boltz, K. Ueber die Resultate der hl ennorrh oe b e- 
handlung mittelst Argonin. Monatshefte f. prakt. Dermatologie, 
Bd. XXIII. 

Zur Beurtheilung der Wirksamkeit des Argonin lagen Boltz 104 
Krankengeschichten vor. Verwendet wurden Einspritzungen mit zumeist 
3%> einigen Fällen 7*5% Lösungen, dreimal täglich, oder 5% Argonin¬ 
stäbchen. Bei der Application traten niemals Reizerscheinungen auf. 
Die durchschnittliche Behandlungsdauer betrug 25*23 Tage, die Gonococcen 
verschwanden durchschnittlich nach 21*25 Tagen. Entlassen wurden die 
Patienten, wenn bei ausgesetzter Behandlung an zwei aufeinanderfolgen¬ 
den Tagen der Gonococcenbefund negativ war. In 2 Fällen war die 
Urethritis complicirt mit heftiger, blutiger Cystitis, die unter Anwendung 
7*5% Blasenausspülungen rasch zurückging. Ludwig Wae 1 sch, (Prag). 

Bruck, F. Ausserge wohnlich lange Incubation eines 
Trippers. Allg. med. Central-Zeitung 1897, Nr. 95. 

Bruck beschreibt einen Fall von Gonorrhoe mit 4*/»wöchent¬ 
licher Incubationsdauer. B. hat den betr. Patienten wegen Ulcera mollia 
fast jeden 2. Tag während dieser Zeit ges* hen und bis dahin niemals 
Zeichen von Gonorrhoe bemerkt. Der Pat. hatte früher noch keinen 
Tripper, so dass es sich um einen neuen Ausbruch eines alten nicht 
handeln konnte. Auch dass die vielleicht sehr geringen Anfangssymptome 


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der Sypliilis. 


153 


von B. übersehen seien, scheint ausgeschlossen, da er sogleich darau 
untersuchte. Dass in der Zwischenzeit der Kranke geschlechtlich ver¬ 
kehrte, meinte er, ist auch wegen der bei der Erection unvermeidlichen 
Schmerzen (der Ulcera wegen) wohl nicht anzunehmen. 

Rudolf Krösing (Stettin). 

Walter, Collan. Zur Frage der Pathogenese der gonor¬ 
rhoischen Epididymitis. Vorl. Mittheilung. Wiener klin. Wochen¬ 
schrift Nr. 48, 1897. 

W. Collan beschreibt einen Fall von Epididymitis im Gefolge 
eines acuten Trippers, bei dem er die taubeneigrosse Geschwulst in der 
Cauda punctirt und die gewonnenen geringen Mengen blutig gefärbter 
Exsudatflüssigkeit zur Anlegung von Culturcn auf verschiedene Medien 
benützt hatte. Im Deckglaspräparate hatten sich reichlich Eiterkörperchen 
und Spermatozoen, aber keine Gonococcen gefunden. Die Resultate der 
Cultivirung waren jedoch positiv und entwickelten sich dabei deutliche, 
nach Gram entfärbbare Gonococcen ebenso wie aus dem Urethral- 
secrete ohne Beimengung irgendwelcher anderer Bakterien. — Collan 
weist darauf hin, dass der erste dieser wichtigen Befunde von Routier 
Orchite blennorrhagique suppuree (Preseuce du gonocoque dans le pus 
La Medecine moderne 17. Juillet 1895, Nr. 57) gemacht und veröffentlicht 
wurde. In diesem Falle entstand ein Abscess im Nebenhoden in Folge 
einer Epididymitis und in dem daraus entleerten Eiter konnte Routier 
Gonococcen culturell nachweisen. Ueber den 2. diesbezüglichen ähnlichen 
Befund berichtete jüngst Gross (Wiener kl. Wochenschrift Nr. 41, 1897). 
Sein (Collan) Befund sei demnach als der 3. in der Reibe der Publicationen 
anzusehen. Karl Ullmann (Wien). 

Feleki, Hugo. Ueber Injectionen in die Harnröhre. 
Wiener med. Wochenschrift Nr. 32, 1897. 

Feleki weist in diesem etwas polemisch gehaltenem Aufsatze 
einige Bemerkungen Vaj da’s zurück, die letzterer in seiner Arbeit „über 
Injectionen in die Harnröhre“, Wiener med. Wochenschrift Nr. 23—28, 
1897 bezüglich der Beweiskraft vonFeleki’s zu entgegengesetzten Resul¬ 
taten führenden Versuchen gemacht hatte. Ein ausführlicheres Eingehen 
auf das Wesen dieser Streitfrage erscheint dem Referenten wegen zu 
geringem allgemeinem Interesse für überflüssig. Karl Ullmannj (Wien). 

Finger, E. Der Gonococcus und die öffentliche 
Prophylaxis. Eine Studie. Wiener klinische Wochenschrift Nr. 3, 1897. 

Finger sucht an der Hand zahlreicher statistischer Daten neuerer 
Forschungen die Unzulänglichkeit der in vielen Grossstädten auch heute 
noch geübten Untersuchungsmethoden auf Blennorrhoe, insbesondere bei 
der Prostitution nachzuweisen. Er weist darauf hin, wie die systematische 
Untersuchung auf Gonococcen allerorten dargethan habe, dass nicht die 
Vagina, sondern der Cervix, die Urethra und die Barthol i ni’achen Drüsen 
die häufigste Infectionsquelle für den männlichen Tripper abgeben und 
dass der oft, bei sorgfältigster klinischer Untersuchung, erhobene Mangel 
klinischer Symptome keinerlei verlässliche Unterlage biete für die Aus- 


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154 


Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete 


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Schliessung de9 Vorhandenseins einer virulenten Blennorrhoe. Die rein 
klinische Untersuchungsmethode der Prostituirten begehe zwei Fehler. 

1. Sie führt häufig, durch das klinische Bild einer pseudo¬ 
gonorrhoischen oder postgonorrhoischen Affection getäuscht, nicht mehr 
infectiöse, weil nicht gonococcenführende Prostituirte der Hospitalbe¬ 
handlung zu und da diese Behandlung fast stets auf Rechnung öffentlicher 
Fonds geht, schädigte sie diese, umsomehr als diese Fälle sehr häufig 
vorkamen. 

2. Sie unterlässt es, durch das Fehlen des klinischen Bildes, des 

eitrigen Ausflusses, stärkerer Schwellung etc. verführt, eine recht erheb¬ 
liche Zahl von Prostituirten, die, weil sie Gonococcen führen, infectiös 
sind, aus dem Verkehre zu ziehen, verfehlt also ihre Aufgabe der Prophy¬ 
laxis. A]8 logische Consequenz des Gesagten ergibt sich 
die Forderung, an Stelle der bisher üblichen klinischen 
Unters u chungsmethodederProstituirteneineUntersuchung 
der Secrete derselben aufGonococcen zu setzen, wie dieselbe 
bereits in Breslau durch N ei s ser, in Pisa durch Pellizzari systematisch 
eingeführt wurde. Karl Ullmann (Wien). 

Gross, Siegfried. Gonococcennachweis in der Tunica 
vaginalis propria testis. Vortrag geh. in der k. k. Ges. d. Aerzte 
am 12. Nov. 1897. Off. Protok. Wiener kl. Wochenschrift Nr. 46, 1897. 

Gr 08 s berichtete über einen Fall aus der Abth. Prof. Mraöek’s. 
Bei einem 25jährigen Manne, der eine linksseitige Epididymitis mit 
gleichzeitigem Erguss in die Tunica vagin. und gonococcenhältigem 
eitrigen Katarrh (seit 4 Jahren in wechselnder Intensität) der Harnröhre, 
ferner linksseitige Pleuritis und tuberculöse Spitzenafiection aufwies, 
wurde die Probepunction des Ergusses vorgenommen. Diese ergab Eiter, 
in welchem keine Tbc. Bacillen aber typisch gelagerte Gonococcen nach¬ 
weisbar waren, die auch auf dem Wasscrmann’schen Nährboden 
(Schweineserum mit Zusatz von 2% Nutrose und Glycerin) in Reincultur auf¬ 
gingen. Die Untersuchung des Blutes aufGonococcen blieb negativ, die aus¬ 
gekratzten Gewebetheile dagegen waren positiv ausgefallen. G. glaubte an 
der Hand seines Falles zum ersten Male den exacten Beweis des Ueber- 
vranderns von Gonococcen aus der Harnröhre in die Tunica vag. erbracht 
zu haben — und hält die Existenz der Toxine bez. der Wirkung solcher 
für fragwürdig. Karl Ullmann (Wien). 

Hertz, Rolf. Ueber die Anwendung von Itrol bei Go¬ 
norrhoe. Mittheilung von der 4. Abtheilung des Communehospitals. 
Hospitalstidende 4. Reihe, Bd. V, Nr. 28, 14. Juli 1897. 

Hertz referirt kurz über 18 Gonorrhoe fälle, bei denen Ausspülung 
der Urethra mit einer Auflösung von Itrol — 25 Centigramm — 200 Gramm -- 
6 Mal täglich auf gewöhnliche Weise 2—6 Wochen lang angewendet 
worden ist. 

ln allen Fällen wurden, als man mit der Behandlung aufhörte, 
Gonococcen nachgewiesen. H. coucludirt hieraus, dass Itrol keinen Vor- 


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der Syphilis. 


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zug vor den bisher angewendeten Mitteln verdiene, dass es eher hinter 
diesen zurückstelle. Chr. T. Hansen (Kopenhagen). 

Jullien und Sibut. Lablennorrhagie, maladie generale. 
Assoc. fran^aise d’urologie. Gaz. hebd. de med. et de chir., 1897, Nr. 90. 

Jnllien und Sibut berichten über zwei gonorrhoische Allgemein- 
infectionen nach gonorrhoischer Vaginalerkrankung; beim ersten, 17j. 
Mädchen traten Gelenk- und Sehnenscheidenerkrankungen, Muskelrheu¬ 
matismus, Nephritis auf, schliesslich folgten unter rapidem Temperatur¬ 
aufstieg meningitische Erscheinungen. Allem voraus ging ein erythema- 
töser Ausschlag. Blutbefunde negativ. Im zweiten Fall traten nach 
gonorrhoischer Vaginitis multiple Gelenkerkrankungen mit nachfolgender 
Endocarditis ulcerosa auf, welche die Patientin völlig arbeitsunfähig 
machten. Im Blut wurden Gonococcen gefunden. 

Louis Gever (Breslau). 

Koliseher, G. Zur Behandlung der Urethritis beim 
Weibe. Wiener klinische Rundschau, Nr. 31, 1897. 

Koliseher gibt hier seine Erfahrungen über die Behandlung 
chronischer Urethritis beim Weibe mittelst medicamentöser Urethral¬ 
stäbchen und der systematischen Sondeneinführung, ohne darin Neues zu 
bringen. Karl U11 mann (Wien). 

Leggabb, G. S. A case of cerebro-spinal meningitis complicating 
gonorrhoea treated by antikamnia. The Lancet, 25. Juli 1896. 

Leggabb beobachtete bei einem 23jährigen jungen Manne eine 
Gonorrhoe, die am 30. März 1896 begann. Am 1. Mai trat eine Epidi- 
dymitis auf, die sich bei Bettruhe im Laufe der nächsten 5 Tage besserte. 
Der Patient fühlte sich wohl bis auf leichte Rückenschmerzen. Diese 
steigerten sich beträchtlich am Morgen des 6. Mai, doch bestand kein 
Fieber. Am selben Tage 1 Uhr Mittags stellte sich plötzlich starker 
Schüttelfrost ein, begleitet von Erbrechen und heftigen Kopf- und Rücken- 
sebmerzen, auch konnte der Patient Licht und Geräusche nicht ertragen, 
und es bestand Congestion der Conjunctiven. Die Temperatur nach dem 
Frostanfall betrug 103° F.; die Schmerzen waren schiessend und ver¬ 
schlimmerten sich bei den leichtesten Bewegungen und bei Beklopfen 
des Rückgrates. Da auf Phenacetin eine wesentliche Besserung nicht eiu- 
trat, wurde verordnet, alle 2 Stunden 10 Gramm Antikamnia zu nehmen. 
Danach liess der Schmerz sogleich nach, und die Temperatur sank auf 
101 ° F. Bei einer Consultation mit Dr. Savill am 7. Mai fand man, 
dass der Augenhintergrund normal war, nur waren die Retinalvenen be¬ 
trächtlich congestionirt. Es bestand noch Kopfschmerz: der Kopf war 
deutlich zurückgebogen und tache cerebrale vorhanden. Durch den Ge¬ 
brauch von Antikamnia waren die Schmerzen und Empfindlichkeit des 
Rückgrates schon verschwunden. Lähmungen von Gehirn- oder peri¬ 
pheren Nerven bestanden nicht, dagegen war die Lichtscheu noch vor¬ 
handen, und die Pupillen waren gegen Licht ausserst empfindlich. Savill 
schloss sich der Diagnose: Meningitis cerebro-spinalis an und brachte 
d.n Zustand in Analogie mit dem gonorrhoischen Gelenkrheumatismus. 


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Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete 


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Der Patient erhielt neben Antikamnia noch Natr. salicyl. und wurde im 
Laufe der nächsten Woche völlig gesund. Der Fall ist bemerkenswertli 
1 . durch die seltene Complication der Gonorrhoe mit Meningitis; 2. durch 
die gute Wirkung von Antikamnia, einem vom Steinkohlentbeer stammen¬ 
den Präparate, das in Dosen von 3—10 Gramm gegebeu wird und haupt¬ 
sächlich aus Antifebrin oder Acetanilid besteht, dem ungefähr 20% eines 
alkalischen Carbonates zugefügt sind. 

Alfred Sternthal (Braunsehweig). 

Nasse. Die gonorrhoischen Entzündungen der Ge¬ 
lenke, Sehnenscheiden und Schleimbeutel. Kl in. Vorträge 
(Volkmanu) Nr. 181. 

Nasse hat seine Untersuchungen über die gotiorrh. Gelenkent¬ 
zündung in der v. Bergmann'schen Poliklinik, sowie Klinik angestellt. 
30 von seinen Fällen wurden bakteriologisch geprüft und bei 19 der¬ 
selben wurden Gouococcen cultureil nachgewiesen. Im ganzen kommt 
er zu dem Krgebniss, dass die genannte Atfection ungleich häufiger vor- 
komiut, als gemeinhin angenommen wird. Auch die Annahme, dass die 
Gelenkerkrankungen liäuliger bei Männern Vorkommen, erwies sich als 
irrig. In welchem Stadium der Gonorrhoe die Metastasirung beginnt, 
ist ohne weiteres nicht zu erledigen, auch im frühesten Stadium der 
Gon. kommt sie vor, doch meist tritt sie bei älteren Fällen ein. Be¬ 
fallen werden in der Kegel vereinzelte Gelenke, doch sind auch hier die 
Ausnahmen häufig, bei Männern sind die Kniegelenke am häufigsten be¬ 
fallen, bei Frauen die Radiocarpal-, bez. Carpalgelenke. Der Beginn der 
Erkrankung hat nichts typisches, bald acut, bald subacut ist er im ganzen 
mit geringen Fiebererscheinungen verbunden, auffallend ist die Neigung 
der Gelenke frühzeitig zu versteifen. Wechselnd ist weiter die Stärke 
des Ergusses, bald kaum nachzuweisen, bald erheblich. Recht oft be¬ 
theiligt sind das paraartieuläre Gewebe, sowie die Sehnenscheiden ; die 
Betheiligung der letzteren ist eine wesentliche Stütze für die Diagnose 
der gonorrh. Basis der Erkrankung. Noch mehr ist dies der Fall bei der 
solitären Erkrankung der Sehnenscheiden; bei dieser letzteren Form ist 
der Ausgang der Erkrankung im Gegensatz zu der ersten eiu meist 
günstiger. Seltener ist die Erkrankung der Schleimbeutei; die am calca- 
neus gelegenen sind am häufigsten befallen, hierauf die an der patella. 
Weiter sind beschrieben periostitische Erkrankungen im Verlaufe der Gon. 
Der Grund der schnellen Versteifung der Gelenke liegt anscheinend in 
dem proliferativen Charakter der Entzündung, indem er Schrumpfung 
der Weichtheile und Verwachsung der Gelenkenden erzeugt. Gross ist 
weiter die Steigung des Tripperrheumatismus zu Recidiven. Die Behand¬ 
lung der Gelenkschwellungen besteht in Ruhigstellung, Suspension, 
Massage in mässiger Form beginnend, sobald sie, ohne Verschlimme¬ 
rungen zu erzeugen, vertragen w T ird, heisser Bäder, hydrop. Umschläge, 
passive Bewegungen. Medicamentös hat Verf. von keinem Mittel Erfolge 
gesehen. Chirurgisch soll nur im Nothfalle eingegriffen werden. 


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der Syphilis. 


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Die Behandlung der Gonorrhoe selbst soll im acuten Stadium der¬ 
selben nur mild adstringirend sein, specialistisch soll erst behandelt 
werden nach Ablauf aller Gelenkerscheinungen. 

Siegmund Stein (Görlitz). 

Xötthafft, Freiherr von, A. Ueber einen Fall von abnorm 
spater Entwicklung von Blennorrhoe. Monatshefte f. prakt. 
Dermatologie. Bd. XXIV. 

Ein junger Arzt impfte, um die baktericide Wirkung des For- 
raols zur Coupirung des Trippers zu prüfen, seine eigene Harnröhre mit 
frischem Trippereiter. Erst nach 12 Tagen traten die ersten subjectiven 
Empfindungen, nach 19 Tagen die erste Secretion auf. 

Ludwig Waelsoh (Prag). 

Rendu et Hall£. Endocardite due aux gonocoques. 
(Societe medicale des höpitaux.) 12. Novembre. La medecine moderne VIII. 
Nr. 92. Novemb. 1897. 

Rendu und Halle berichten folgenden Fall. Bei einer 30jährigen 
Frau, die über Leibschmerzen klagte, fand sich nur eine Anschwellung 
des Collum uteri. Es kamen septicämische Erscheinungen hinzu ohne 
nachweisbare Ursache. Die Aussaat des Uterussecrets ergab Rein- 
culturen von G. C. In der Umgebung des Ellbogengelenks trat eine 
diffuse phlegmonöse Entzündung auf, in deren Eiter gleichfalls G.C. sich 
fanden. Verschlimmerung de9 Allgemeinbefindens mit Fieber und Schüttel¬ 
frösten. Einige Wochen später unter den Erscheinungen einer Endocar- 
ditis trat der Exitus ein. Die Section ergab pericarditisehe Verände¬ 
rungen und eine Endocarditis vegetans der Aortenklappen; in den 
Pleurahöhlen etwas Flüssigkeit. 

Culturen, die aus der Pericardialflüssigkeit, dem Blut des Herzohrs 
und der Pleuraflüssigkeit 2 Stunden nach dem Tode gemacht wurden, 
gingen nicht an; dagegen fanden sich in den endocarditischen Auflagerungen 
mikroskopisch und culturell G. C. — Genauere Angaben über die bakte¬ 
riologischen Untersuchungen sind in dem kurzen Bericht nicht gemacht. 

J. Schaffer (Breslau). 

Richter, P. Langdauernde Incubation bei Blennorrhoe. 
Monatshefte f. prakt. Dermatologie. Bd. XXIV. 

Die Incubationszeit in dem Falle Richter's betrug 10 Tage, und 
erklärt er dies durch Infection mit schwach virulenten Gonocoecen. Die 
geringe Virulenz folgert Verf. daraus, dass die inficirende Prostituirte 
„scheinbar“ von ihrer Blennorrhoe nichts gemerkt hat, indem sie den 
Pat. vor dem inficirenden Coitus versicherte, „dass sie ganz gesund sei“. 

Ludwig Waelsch (Prag). 

Van Schaick, George C. The Frequencv of Gonorrhoea 
in Married Women. New-York Medical Journal LXVL 18 p. 598. 
Oct. 30. 1897. 

Van Schaick untersuchte in seiner Sprechstunde 65 verheiratete 
Frauen der besseren Gesellschaftsclassen, die frei von Verdacht der Pro¬ 
stitution waren, aber sämmtlich an „Leukorrhoea“ litten, auf die Aa- 


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Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete 


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Wesenheit, von Gonococcen. Dieselben fanden sich in 17 Fällen (20° 0 > 
bei der ersten Untersuchung; von 19, die zweimal untersucht wurden, 
fanden sich Gonococcen 3mal, von 32 bei der dritten Untersuchung eben¬ 
falls 3mal. In 3 Fällen bestanden die Zeichen der acuten Gonorrhoea. 
Diese Untersuchungen verlieren an Werth dadurch, dass nur mit Methylen¬ 
blau ohne Controle nach Roux untersucht wurde, und dass die Unter¬ 
suchungen nicht öfter wiederholt wurden. H. G. Klotz (New-Yorkj. 

Frank Trester Smith. Gonorrheal Ophthalmia. Journ. of 
the Araer. Med. Ass. (Chicago). April 10. 1897. 

Eine 5%ige Argoninlösung lies« in kürzester Zeit die Gonococcen 
aus einer Blennorrhoe eines 33jährigen Mannes verschwinden. Es machte 
weniger Reizerscheinungen als Silbernitrat. 

Felix Loewenhardt (Breslau). 

Stern, Karl. Ueber die Behandlung der Gonorrhoe 
nach Janet. (Zeitschrift für prakt. Aerzte 1897, Nr. 17.) 

Stern wandte das Verfahren, sich in der Technik genau an die 
Vorschriften Janet’s haltend, besonders bei den nicht durch acute Ent¬ 
zündungen complicirten, gonococcenhaltigen Urethritiden an, welche ent¬ 
weder im allerersten Stadium stehen oder das Stadium der acutesten 
Reizung bereits überschritten haben, durchweg mit gutem Erfolg. 

Bedingung hiebei ist gleichzeitige methodische, mikroskopische 
Gonococeenuntersuchung. 

Verf. plaidirt auch für die Anwendung des Verfahrens zur Abortiv- 
beliandlung. Theodor Baer (Frankfurt a. M.). 

Tano, E. Ueber die bakteriologischen Untersuchungen 
der Urethralfilamente bei der Urethritis chronica des 
männlichen Geschlechts. Inaug.-Diss. Freiburg 1896. 

Tano’s bakteriologische Untersuchungen von Urethralfilaraenten 
erstrecken sich auf 30 Fälle von Urethritis chronica, von denen 10 Fälle 
noch nie mit irgend welchen Instrumenten in Berührung gekommen 
waren, 20 dagegen sondirt oder sonstwie instrumentell behandelt worden 
waren. Vier dieser Fälle waren steril, an den übrigen gelang es ihm 
ausser dem Staphylococcus pyogenes aureus et albus noch 20 andere Bak¬ 
terienarten zu züchten, von denen stets mehrere in den meisten Fila¬ 
menten enthalten waren. 

Nur ein einziges Mal wurde der Neisser’sche Gonococcus mit 
Sicherheit constatirt, weshalb auch Tano der Ansicht ist, dass nicht der 
N.’sche Gonococcus allein derjenige Mikrococcus ist, der die Urethritis 
chronica unterhält. Vielmehr lässt sich wohl annehmen, dass auch die 
Bakterien der normalen Urethra, sowie zufällig (z. B. beim Sondiren 
oder bei Injectionen) in die letztere gelangte Organismen eine Ure¬ 
thritis chronica auf dem durch eine Urethritis gonorrhoica vorbereiteten 
Boden bervorbringen können. Ed. Oppenheimer (Strassburg). 

Yajda. Ueber Injectionen in die Harnröhre. Wiener 
med. Wochenschrift. Nr. 23—28. 1897. 


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der Syphilis. 


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Yajda kommt auf Grund einer grösseren Serie von Injectionsver- 
suchen mittelst der gewöhnlichen 10 0 fassenden Tripperspritzen unter 
Controle der endoskopischen Untersuchung zu dem Resultate, dass es auf 
diese Weise stets, bis auf wenige Ausnahmen, gelinge, sowohl Flüssig¬ 
keiten, als auch darin suspendirte corpusculare Elemente in den mem- 
branösen und prostatischen Theil der kranken Harnröhre zu bringen. 
Der Turgor juvenilis, morbidus, die Elasticität und der Tonus der glatten 
Musculatur, die den hinteren Harnröhrenabschnitt umgibt, setzen dem 
Vordrängen der injicirten Flüssigkeiten eine gewisse Summe des Wider¬ 
standes entgegen. Der Druck, welchen dieser Widerstand der einge¬ 
spritzten Flüssigkeit bei erkrankter Harnröhre entgegensetzt, ist, bei 
leerer Blase, etwa dem einer l*/ t —2 Meter hohen Wassersäule gleich. 
Dieser Druck kann sich allerdings durch Tenesmus und Blasenreizung 
noch wesentlich erhöhen. Die Ueberwindung dieses schwankenden Tonus 
geht am besten unter Anwendung gleichmässigen Injectionsdruckes und 
Erwärmung der Flüssigkeiten bis zu Körpertemperatur vor sich. 

Zu diesem Behufe soll die Spritze vor Allem leicht, d. h. ohne 
bedeutende und unregelmässig vertheilte Reibungswiderstäude, also ohne 
zu Btossen, entleert werden können. In Anbetracht des Umstandes, dass 
auch das Volumen der normalen Urethra innerhalb bedeutender Grenzen 
variabel ist, kann weder das Quantum des Injectums noch die Stärke des 
Injectionsdruckes von vornherein in für alle Fälle gleichen Zahlen bestimmt 
werden, sondern muss in allen Fällen in erster Linie das Auftreten eines 
deutlichen Harnzwanges während der Injection als der Moment bezeich¬ 
net werden, in dem die ersten Tropfen der Flüssigkeit bereits in die 
hinteren Harnröhrenabschnitte gelangt sind. Diesem Momente geht, für 
den genauen Beobachter, noch ein Moment des Eintrittes von leicht 
unterdrückbaren Mictionsreiz voraus, welcher auf die beginnende Expan¬ 
sion der Pars membranacea hinweist. 

Je geringer der Reibungswiderstand der Injeetionsspritze ist, desto 
leichter vermag der Arzt bezw. der Patient diese beiden Momente während 
der Injection wahrzunehraen und dementsprechend die weitere Injection 
bezw. das Eindringen der Flüssigkeiten in die Pars posterior nach Be¬ 
lieben zu reguliren oder überhaupt zu verhindern. 

Nach Yajda kann demnach die einfache Urethralinjection in 
manchen Fällen zur Behandlung der pars posterior dienen, wann dies zu 
geschehen hat und wann tiefe Injectionen, Instillationen oder Irrigationen 
zur Anwendung kommen sollen, darüber spricht sich der Autor nicht aus. 

Karl Ullmann (Wien). 


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Varia. 


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Prix Zambaco — LeDr. Zambaco - Pucha, deConstantin- 
ople, a fait don k la Societe Iran^-aise de dermatologie et 
de Byphiligraphie d’une somme de quinze mille francs. La 
Societe consacre le reveiiu de cette somme a la fondation 
d’un prix qui portera le nom de Prix Zambaco. 

Regl ernent. 

Art. 1. — Le prix Zambaco Bera decerne, tous les deux ans, par 
la Societe de dermatologie et de Byphiligraphie a Tauteur du meilleur 
travail präsente au concours sur la Dermatologie, la Syphiligraphie, ou 
la Venereologie. 

Art. 2. — La valeur du prix sera de huit. Cents francs. 

Art. 3. — Le prix Zambaco sera decerne dans la Seance generale 
aunuelle de la Socidte. 

Art. 4. — Seront admis a concourir les auteurs fran^ais, et les 
auteurs etraugers. 

Art. 5. — Les travaux envoyes au concours doivent etre ioedits, 
et rediges eu langue fran^aise. Les noms des auteurs ne devaut etre 
connus qu’apres la designatiou, par le jury d’examen, du travail couronne, 
les memoires ne doivent pas etre ecrits de la main de l’ateur, mais 
doivent avoir ete transcrits, copies, ecrits a la tnachine, ou imprimes. 11s 
porteront uue epigraphe apparente, repetee sur une euveloppe cachetee 
qui coutiendra le nom de l’auteur; la suscription de cette enveloppe 
devra, egalement, ne pas etre de la main de l’auteur. Les memoires 
seront adresses franco de port, sous ]>li recommande, au Seeretaire General 
de la Societe dont le nom et 1'adresse seront indiques pour chaque Pro¬ 
gramme de Prix. 

Art. 6. — Les travaux envoyes au concours devront eire deposes 
avant le ÖU novembre de rannee qui precede celle ou le prix devra etre decerne. 

Art. 7. — Les memoires deposes deviennent la propriete de la Societe; 
il en pourra etre pris copie par les auteurs dans des conditions determin »es. 

Art. 8. — La Societe decidera. pour chaque prix, s’il y a lieu de 
mettre au concours un sujet determine ou 8i le sujet est laisse libre et 
au elioix de chaque concurrent. 

Si la Societe designe le sujet du prix, la Commission chargee de 
cette designatiou sera eomposee de cinq membres tires au sort dans le 
sein du Coraite de la direction. 

Art. 9. — La Commission chargee du jugement des travaux envoyes 
pour le concours sera nommee dans la Seance de la Societe qui suivra 
l’expiration du delai de depot des memoires. 

Elle sera eomposee de cinq membres designes par la Societe sur 
une liste de dix noms proposes par le bureau. 

Art. 10. — Kegiementairement les membres du Comite de de 
direction s’abstienuent de preudre part au concours. 

Art. 11. Le prix ne peut etre divise. 

S’il n’est pas decerne, ou s’il n’est donne qu’une partie de la somme 
qu’il represeute, a titre d’encouragements, le reliquat pourra etre reporte 
sur le prix suivant, ou etre utilise de la maniere que la Societe jugera 
la meilleure, par exemple pour etre capitalise dans le but d’augmenter le fond*. 

Art. 12. — Ce regiement, etabli pour le Ier coucours, peut etre 
revise par la Societe par une demande signee par dix de ses membres. 

Le prix Zambaco, d’une valeur de 800 francs, sera decerne 
pour la premiere fois parla Societe frangaise de derma¬ 
tologie et de syphiligraphie dans las6ance generale de 
l’annee 1900. 

Le sujet propose est: „De la contagiosite de la syphilis 
ä toutes les periodes de la maladie.“ 


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UNIVERSETY 0F MICHIGAN 



Archiv f Dermatologie u.Syphilis Band XLVI. 

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Archiv f Dermatologie u Syphilis Band XI.VI 


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Archiv f Dermatologie u Syphrlts. Sand Xl.Vi TAFVII 



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Originalabhandlungen 


ArchiT f. Derinütol. u. SypUil. Ban«! XLVJ. 


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Tinea Imbricata (Manson). 

Von 

Dr. A. W. Nieuwenhuis, Buitenzorg (Java.) 
(Hierzu Tafel VIII). 


Unter den parasitären Hautkrankheiten, die bei der ein¬ 
heimischen Bevölkerung des indischen Archipels vielfach Vor¬ 
kommen, nimmt die Tinea imbricata eine hervorragende Stelle 
ein. Ihr parasitärer Charakter wurde zwar schon lange ver- 
muthet, aber erst in der letzten Zeit glückte es dem englischen 
Arzt Patrick Manson, durch Impfung mit Hautschuppen die 
Krankheit auf menschliche Haut zu übertragen und so den 
Beweis zu liefern, dass in diesen Schuppen das Virus vorkommt, 
welches die Tinea imbricata verursacht. 

Dieser Beweis steht bis jetzt einzig da unter allen indi¬ 
schen Hautkrankheiten, bei denen die Art ihres Vorkommens 
und ihrer Verbreitung dafür sprechen, dass man es bei ihnen 
mit ansteckenden Infectionen zu thun hat- 

So wurde Panoe als Pityriasis versicolor, und Bing- 
wurm oder Koerab als Herpes tonsurans oder Tinea circinata 
aufgefasst; wenn wir aber bedenken, welch eine Verschieden¬ 
heit in Europa zwischen denjenigen Organismen entdeckt ist, 
welche bisher, mit einem oder wenigen Namen bezeichnete 
Hautkrankheiten verursachen, dann wird man vorläufig gut 
thun, für die in Indien vorkommenden Krankheitsformen die 
Namen Pityriasis versicolor, Tinea circinata und Tinea imbri¬ 
cata nur unter dem Vorbehalt anzuwenden, dass die Identität 
der unter diesen Namen zusammengefassten Krankheitsbilder 
noch keineswegs erwiesen ist. Ein Urtheil wird man hierüber 
erst fällen können, wenn es geglückt ist, die Organismen, die 
diese Hautentzündungen verursachen, zu züchten und durch 
Impfung nachzuweisen, dass sie wirklich die betreffende Ent- 

ll* 


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N ieuwenhuis. 


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ziindung bewirken. Ausser den genannten Krankheitsformen 
befinden sich noch viele andere in derselben Lage, so z. B. 
Pemphigus contagiosus (Manson) und eine der Furunculosis 
gleichende und bisher als solche aufgefasste Hautkrankheit, die 
aber epidemisch auftritt. Ferner gehört hierher ein eigenartiger, 
herpetischer Ausschlag, der im Gegensatz zu anderen Hautaffecti- 
onen besonders auf Handpalma undFusssohlen localisirt ist; hier 
veranlasst er ein Spalten der dicken Epidermis, juckt ziemlich 
heftig und gibt Veranlassung zu einem Verschwinden des Haut¬ 
pigments, wodurch die inficirten Theile bei Inländern die weisse 
Farbe der Europäer erhalten. Bei Genesung kehrt die Pig¬ 
mentbildung nicht wieder zurück. Erst nach jahrelangem Be¬ 
stehen breitet sich diese Entzündung ein wenig über den 
Rücken von Hand und Fuss aus, auch hier Pigmentatrophie 
verursachend, und befällt dann auch die Nägel der Finger 
und Zehen. 

All diese Leiden können durch rationelle Behandlung der 
Haut mit parasiticiden Mitteln, wie Sublimat, Jod und Chry- 
sarubin, geheilt werden, was ihre parasitäre Natur ausser 
Zweifel stellt. 

Tinea imhricata spielt unter der Bevölkerung des indi¬ 
schen Archipels die hervorragendste Rolle, aber besonders bei 
der einheimischen, da Europäer nur selten von derselben be¬ 
fallen werden. Höchstwahrscheinlich kommt sie auf allen Inseln 
des Archipels vor; aber sie zog doch bisher insbesondere auf 
Borneo als Lösöng und auf den Molukken als Cascado wegen 
ihrer grossen dortigen Verbreitung die Aufmerksamkeit auf sich. 
Nach Westen zu hat man sie in den ostasiatischen Küsten¬ 
ländern bis nach Südchina hin gefunden, während sie sich 
gegenwärtig, getragen durch den wachsenden Handelsverkehr, 
als eine echte Infectionskrankheit noch über die polynesischen 
Inseln verbreitet. Das Krankheitsbild wird beherrscht durch 
das Schuppig werden der Haut und durch die eigenartige Form, 
in der dies stattfindet; dies hat denn auch zugleich mit dem 
in der That nicht sehr heftigen Jucken den Namen der Dajak- 
schen Krätze veranlasst. Bei den Stämmen von West- und 
Central-Borneo hatte ich reichlich Gelegenheit, diese Haut¬ 
krankheit kennen zu lernen; zugleich merkte ich aber, dass 


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Tinea Imbricata (Manson). 


165 


sie lange nicht die einzige unter ihnen ist. Daneben kommt 
Tinea circinata sehr viel vor (auch Ringwurm und auf Borneo 
Koerab genannt) die nicht selten mit Tinea imbricata ver¬ 
wechselt wird. Mit diesen beiden zusammen oder auch als 
selbständige Krankheit tritt häufig Scabies auf, während Pity¬ 
riasis versicolor (als Panoe auf Borneo) ebenso oft die braune 
Haut verfärbt wie auf den anderen Inseln. 

Charakterisirt ist die Tinea imbricata durch eine ober¬ 
flächliche Entzündung der Haut, die sieh besonders durch eine 
starke Schilferung, die Anfangs in Kreisen oder Ellipsen an¬ 
geordnet ist, offenbart. Wie bei vielen herpetischen Ausschlägen, 
auch den europäischen, beginnt die Krankheit als ein kleines 
Infiltrat von der Grösse eines Stecknadelkopfes, worauf sich 
zuweilen ein Bläschen bildet, so namentlich bei der dünnen 
Kinderepidermis, wovon aber in jedem Falle bei erwachsenen 
Inländern die Epidermis in der Mitte reisst und so einige 
Lamellen entstehen lässt, die nach der Mitte zu frei, am Rande 
aber mit der Haut verbunden sind. Das Infiltrat und das 
Bläschen treten bei erwachsenen Inländern so wenig hervor, 
dass man bei ihnen mit Mühe etwas anderes als die Epidermis- 
lamellen als Aeusserung der Krankheit zu sehen bekommt. 
Von diesem Punkt aus wuchert der Process in den oberfläch¬ 
lichen Hautschichten nach allen Seiten hin mit ungefähr gleicher 
Schnelligkeit fort, so dass nach einander weitere und weitere 
Kreise von Schuppen, die nach Aussen zu an der Haut fest¬ 
sitzen, gebildet werden. Ebenso ist die Form anfänglich bei 
Tinea circinata, aber diese zeigt die stärksten Entzündungs¬ 
erscheinungen an dem zuletzt entstandenen Ringe, während 
die Haut im Inneren viel weniger afficirt ist. Zwar wuchert 
auch bei dieser Krankheit der Process an den Grenzen 
stark, aber auf der umschlossenen Haut entsteht eine 
secundäre Eruption von demselben Charakter als die erste; 
dieselbe ist in zahlreichen stark geschlängelten, parallelen 
Linien angeordnet, die auf der Haut zuweilen eine sehr 
regelmässige Zeichnung von Spiralen und andere gebo¬ 
gene Figuren bilden. Auf Stellen mit dicker Epidermis 
erreichen die Lamellen eine sehr grosse Ausdehnung und man 
findet weniger auf der Innenfläche als auf der Rücken- 


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Hache der Extremitäten Flecken von 6 Mm. Breite und 2 Cm. 
Länge. 

Von der Haut verschont die Tinea imbricata nur die 
Handflächen und Fusssohlen, während sie unter dem Haupt¬ 
haar wohl vorkommt, aber doch in weniger heftigem Grade 
als an den anderen Stellen; oft bleibt die Hautaffeetion bei 
Individuen, die, wie es häufig vorkommt, am ganzen Körper davon 
befallen sind, an der Haargrenze stehen. Die Haare selbst werden 
niemals von dieser Krankheit befallen. Ebenso gehören die dünnen 
Hautlagen unter den Achseln und die Scrotalflächen der 
Schenkel nicht zu den mit Vorliebe befallenen Hecken, während 
Tinea circinata dort in der Regel zuerst auftritt. Bei den 
Männern der Dajaks, die, von dem Lendentuch abgesehen, ganz 
nackt herumlaufen, sind häufig die Nates die Stellen, von denen 
die Infection ausgeht, wahrscheinlich in Folge des Sitzens auf 
inficirten Fluren. 

Eine auffallende aber nicht regelmässig auftretende Er¬ 
scheinung ist die Symmetrie, mit der der Körper von der 
Hautkrankheit befallen wird, was aber wahrscheinlich mehr 
eine Folge ist der gleichartigen, chemischen und physikalischen 
Eigenschaften der betreffenden Hautstellen als von nervösen 
und anderen constitutionellen Einflüssen. Manson hat wenig¬ 
stens als Ursache der bereits als ansteckend erkannten Krank¬ 
heit einen Schimmelpilz gefunden, der als ein dichtes Gewebe von 
Myceliumfäden in den Hautschuppen sichtbar wird, sobald man 
dieselben mit verdünnter Kalilösung durchsichtig gemacht hat. 
Künstlich gezüchtet hat man aber diesen Pilz bisher nicht und 
auch Sabouraud in Paris, der nächst Unna in Hamburg bei 
der Züchtung derartiger Organismen den meisten Erfolg gehabt 
hat, glückte dies nicht, was wohl dem Alter des benutzten 
Materials (viele Monate alte Hautschuppen) zuzuschreiben ist 

Indem ich mich in letzterer Hinsicht unter günstigeren 
Bedingungen befand und in der Hauptsache den durch Sabou¬ 
raud angegebenen Weg verfolgte, glückte es mir nach einigen 
vergeblichen Versuchen, aus frischen Hautschuppen einen Pilz 
in reinem Zustande zu erhalten, der in seinem Aeusseren und 
in seiner Wachsthumsweise viel Uebereinstimmung zeigt mit 
verwandten europäischen Pilzen, besonders mit denjenigen, 


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Tinea Imbricata (Manson). 


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welche dort ebenfalls sehr oberflächliche, schulternde Ent¬ 
zündungen verursachen. 

Eine der ersten Schwierigkeiten, die bei der Züchtung von 
Tinea imbricata zu überwinden ist, besteht in der Unsauber¬ 
keit des Materials, das dabei als Ausgangspunkt dienen muss. 
Bei dieser oberflächlichen Entzündung dienen hierfür am besten 
die Hautschüppchen; diese sind jedoch natürlich durch eine 
Menge Mikroorganismen, die, ohne den Parasiten zu schwächen 
oder zu tödten, nicht entfernt werden können, verunreinigt. 
Ueberdies wachsen die Pilze, die Hautkrankheiten verursachen, 
so langsam, dass sie von den sich gleichzeitig entwickelnden 
anderen Organismen sofort überwuchert werden. 

In Folge hiervon entstanden beim Aussäen von mit dem 
Messer vertheilten Schuppen auf geeignete Nährstoffböden 
nichts als verschiedene Colonien von Bacterien und gewöhn¬ 
lichen Pilzen. 

Um diese Schwierigkeiten zu überwinden, hat Kral an der 
Klinik des Prof. P i c k in Prag im Jahre 1891 eine Methode ersonnen, 
die er zuerst bei dem Studium des Parasiten, welcher den Favus 
verursacht, anwandte. Diese Methode ermöglicht es uns, die 
K o c h’sche Art der Reincultur mit Hilfe der stufenweisen Ver¬ 
dünnung auf die Züchtung von Pilzen anzuwenden. Diese sind 
von zu kräftiger Consistenz, um sich beim Schütteln in der 
Flüssigkeit wie eine Bacteriencolonie in einzelne Individuen 
trennen zu lassen, die nach dem Erstarren des Culturbodens 
reine Culturen liefern, wenn diese von einem Individuum 
abstammen. Um etwas derartiges für Pilze zu erhalten, rieb 
Kral sein Material, zuerst Favushaare, in einem aseptischen 
Mörserchen zusammen mit dem aseptischen und indifferenten 
Pulver von amorpher Kieselsäure. Dieses sehr scharfe Pulver 
zerschneidet die die Parasiten tragenden Haare und Schüpp¬ 
chen in so feine Theilchen, dass einige von ihnen klein genug 
sind, um bei der Vertheilung im Nährstoff reine Colonien ent¬ 
stehen zu lassen. 

Um diese weit genug auseinander zu bekommen, vertheilt 
man die gesammte in dem Mörserchen befindliche Masse in 
einem mit verflüssigtem Nährboden beschickten Reagirgläschen 
und nimmt daraus ein Paar Tropfen, um sie in andere Röhr- 


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dien zu vertheilen. Der Inhalt der letzteren wird dann nach 
dem Ausgiessen in irgend einem sterilisirten, bedeckten Schäl¬ 
chen verwahrt, um die Entwickelung der darauf entstehenden 
Colonien — in unserem Falle wochenlang — verfolgen zu 
können. Nach Sabouraud dienen als Nährstoffe für die 
Pilze, die die verschiedenen Hautkrankheiten verursachen, durch 
ihn unter dem Namen „Trichophyties“ zusammengefasst, am 
besten Lösungen von Zuckerarten und eine kleine Menge Pepton. 
Ein Zusatz von l'/ 2 oder 2% Agar dient dazu, einen festen 
Nährboden zu erzeugen. Ursprünglich hatte er gefunden, dass 
Biermalz einen besonders geeigneten Nährboden für jene Pilze 
darstellt; aber wegen der Verschiedenheit in der Zusammen¬ 
setzung dieses Stoffes auch bei ein und derselben Bierbrauerei 
suchte Sabouraud nach einem gleichwerthigen, künstlichen 
Gemische und fand ein solches von der folgenden Zusammen¬ 
setzung: 

Wasser 100 Gr., 

Maltose oder eine andere Zuckerart 3’7 Gr., 

Pepton 0'75 oder 0'780 Gr. und 

Agar 17 a oder 2 Gr. 

Als Nährstoff benutzte ich zuerst Biermalz, aber mit 
Rücksicht darauf, dass dieses nicht frisch zu erhalten war, das 
Surrogat, das unter dem Namen Liebe’s Malzextract im Handel 
vorkommt. Nach der angegebenen Zusammensetzung dieses 
Productes nahm ich davon 5 Gr. auf 100 Gr. Wasser und 2 Gr. 
Agar und säete in diese Mischung auf die oben beschriebene Weise 
fein verriebene Schüppchen von 2 an Tinea imbricata Leiden¬ 
den, die ich unter circa 1000 Beri-Beri-Kranken in Buitenzorg 
gefunden hatte. Wie langsam der gesuchte Organismus sich 
entwickelt, kann man daraus ersehen, dass ich meine erste 
Colonie auf diesem Biermalzextractagar in 3 Lipesgläsern, 
welche erst 3 Wochen steril blieben, erhielt, Während der 
folgenden 14 Tage habe ich diese dann nicht wieder ange¬ 
sehen und fand darauf in einem von ihnen eine einzige Colonie 
von 6—7 Mm. Grösse, während die beiden anderen steril ge¬ 
blieben waren. Von dieser Colonie ist die in Fig. c abgebildete 
als dritte Generation durch Ueberimpfung auf den gleichen 
Nährboden gewonnen. 


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Tinea Imbricata (Manson). 


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Hierdurch davon überzeugt, dass die Cultur in dieser 
Weise gelang, habe ich dann mit der grössten Vorsicht, um 
die Organismen so wenig als möglich zu beschädigen, fein 
zerriebene Hautschüppchen theils in den gleichen Nährboden, 
theils in einem solchen von der oben beschriebenen Zusammen¬ 
setzung mit Maltose, Lactose und Mannit vertheilt. Hie mitt¬ 
lere Temperatur betrug in dem Laboratorium 25° C. Zunächst 
waren die nun benutzten Hautschüppchen nicht älter als 1 
oder 2 Mal 24 Stunden. Ferner wurden sie auf einer sterilen 
Glasplatte mit einem sterilen Rasirmesser so fein als möglich 
zerschnitten, so dass sie nicht so lange mit der scharfen 
Kieselsäure zerrieben zu werden brauchten. Bei dem Aussäen 
zeigte sich nun zwar, dass nach kurzem Reiben nicht alle 
Theilchen der Schüppchen makroskopisch vollständig ver¬ 
schwunden waren, aber die Vertheilung ging doch so weit, dass 
nach der Verdünnung in verschiedenen Culturschälchen isolirte 
Colonien entstanden. 

Ich habe mich diesmal auch bemüht, die Flüssigkeiten 
vor dem Einträgen der fein verriebenen Hautschüppchen, so 
weit als mit Rücksicht auf das Erstarren möglich war, abzu- 
kühlen, so dass die Pilztheilchen nicht unter einer zu hohen 
Temperatur zu leiden hatten. Wahrscheinlich entstanden in 
Folge dessen schon am 6. Tage makroskopisch als feine graue 
Fleckchen sichtbare Pilzcolonien, welche mit einer solchen 
Geschwindigkeit wuchsen, dass sie in 6 Tagen einen Durch¬ 
messer von ungefähr 1 Mm. besassen. 

Dies langsame Wachsthum hat der Pilz der Tinea imbri¬ 
cata mit den Pilzarten der europäischen „Trichophyties“ gemein, 
ferner hat er auch noch eine andere Eigenschaft mit diesen 
gemein: die Gestalt des Myceliums. Wie aus Fig. a —e er¬ 
sichtlich ist, fallen in dieser Hinsicht zahlreiche Falten und 
Leisten an der Oberfläche am meisten auf. An mikroskopischen 
Durchschnitten sieht man, dass diese Falten dadurch entstehen, 
dass das dichte Pilzgewebe daran gehindert wird, sich unbe¬ 
grenzt auszubreiten; auf die gleiche Ursache deuten auch die 
Runzeln, die um ein derartiges Mycelium herum an der Ober¬ 
fläche des festen Nährbodens entstehen. Beide den Pilz cha- 
rakterisirende Eigenschaften verändern sich aber erheblich, 


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Nieu wenhuis. 


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je nachdem der benutzte Culturboden schlecht, gut oder sehr 
gut für denselben ist, während auch die Temperatur und Zu¬ 
fuhr von Luft auf das fernere Wachsthum des Mycels von 
Einfluss sind. Der Pilz entsteht aber immer als ein graues, 
dünnes Fleckchen, das sich durch den gekerbten Rand und 
durch die unter der Lupe sichtbare Vertheilung in Mycelfäden 
von Bacteriencolonien unterscheiden lässt. Dasselbe breitet sich 
nach allen Seiten hin gleich stark aus und wölbt sich einiger- 
massen nach oben; diese Wölbung nimmt stark zu, sobald die 
Oberfläche deB Culturbodens erreicht ist. Dann erhebt sich 
das Mycelium halbkugelig über diesen und behält diese Gestalt 
bei, bis ein Durchmesser von 4—5 Mm. erreicht ist. Dann 
entsteht zuerst eine kleine Vertiefung in der Mitte, bald darauf 
bilden sich in der Mycelhaut Gruben und Falten, die je nach 
dem Nährboden und wahrscheinlich nach der Lebenskraft des 
Organismus verschieden sind. Die Farbe ist bis zu diesem 
Stadium durchgehends schmutzig weiss, geht aber, sobald der 
Faltungsprocess weiter vorgeschritten ist, in hellbraun über. 
Diese Verfärbung scheint mit der Lebenskraft des Pilzes in 
Zusammenhang zu stehen; denn unter günstigen Bedingungen 
tritt sie später auf als unter ungünstigen. 

Am stärksten wächst das Mycelium während der ersten 
2 Monate und zeigt in dieser Zeit auch in den neugebildeten 
Theilen die makroskopischen Eigenschaften der Faltung und 
Farbe. 

Bei einer weiteren Versuchsreihe wurde die Frage ver¬ 
folgt, welchen Werth die verschiedenen Bestandteile des Cul¬ 
turbodens für das Wachsthum des Myceliums besitzen und 
zugleich welchen Einfluss eine alkalische, neutrale und saure 
Reaction darauf ausüht. Von den 4 zuckerartigen Stoffen, Mal¬ 
tose, Lactose, Saccharose und Mannit (Gehalt nach Sabouraud), 
lieferte Maltose die schlechtesten und Saccharose die besten 
Resultate, während ferner aus der Schnelligkeit der Entwicke¬ 
lung ersichtlich war, dass eine leicht alkalische Reaction des 
Nährbodens für die Entwickelung des Pilzes günstiger ist als 
eine schwach saure. 

Besser als die stark zuckerhaltigen Nährgemische be¬ 
währten sich aber Pepton enthaltende, die ich in einer Con- 


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Tinea Imbrieata (Manson). 


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centration von 2 und 4 u / 0 Pepton, 1 /»°/ 0 Maunit und 2% Agar 
benutzte, während auch ein complicirtes zusammengesetztes 
Gemenge von %% Pepton, '/,% Salz, 1 /. t °/ 0 Glucose, l°/ 0 Gly¬ 
cerin und ’/s 0 /« Liebig’s Extract bessere Bedingungen für das 
Wachsthum darbot als die obengenannten zuckerreichen Ge¬ 
menge. Laboratoriumstemperatur 25° C. 

Eine derartige grosse Verschiedenheit in der Schnelligkeit 
des Wachsthums und des makroskopischen Verhaltens beob¬ 
achtete Sabouraud auch bei den zahlreichen von ihm ge¬ 
züchteten Pilzen, wodurch er zu dem Ausspruche kam, dass 
es für vergleichende Studien bei der Cultur der Hautkrank¬ 
heiten bewirkenden Pilzarten nothwendig ist, die Vergleichs- 
culturen mit Nährstoffgemischen anzustellen, die alle von ein 
und demselben grösseren Quantum genommen sind und sich 
auch später unter denselben Bedingungen der Sterilisirung, 
Temperatur und Luftzufuhr befunden haben. 

Uebrigens zeigen sich nicht nur in dem makroskopischen, 
sondern auch in dem mikroskopischen Verhalten geringe Ver¬ 
schiedenheiten. die namentlich bei den Culturen des Pilzes der 
Tinea imbrieata stark hervortraten. 

Als Beispiel für den auf ungünstigem Boden wachsenden 
Pilz mögen Culturen auf schwach alkalischem Maltose-Agar 
dienen, auf welchem dieselben 5 Wochen nöthig hatten, um 
einen Durchmesser von 2—3 Mm. zu erlangen. Das hierauf 
gewachsene Mycelium erscheint zusammengesetzt aus gleich- 
massig dicken Fäden mit deutlich sichtbarer Seitenwandung 
und ebenso stark entwickelten Querwänden. Die Fäden sind 
3—4V 2 fi dick und verzweigen sich dichotomisch. Beinahe alle 
endigen mit kugelrunden Zellen mit dicker Wandung, stark 
lichtbrechendem Inhalt und 6—9 u Durchmesser. Derartige 
Zellen, die höchst wahrscheinlich als Sporen angesehen werden 
müssen, sitzen auch zuweilen auf Stielen zu beiden Seiten der 
Mycelfäden. Obwohl diese Sporen in grosser Zahl in dem Mycel 
gebildet werden, findet man doch nur ganz ausnahmsweise 2 
oder 3 in einer Reihe am Ende eines Mycel fadens. 

Saurer Lactose-Agar bietet für die Entwickelung des 
Pilzes bessere Bedingungen, kann aber noch nicht zu den guten 
N ährböden gerechnet werden. Hierauf gezüchtet, besteht das Myce- 


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Nieuwenkuis. 


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lium grösstentheils aus gleichmässig dicken Fäden, durch deut¬ 
liche Querwände in Zellen getheilt und mit ebenso deutlichen 
Seitenwänden. Ihre Dicke beträgt 5—6 u. Viele dieser Fäden 
werden aber unregelmässig, indem die sie zusammensetzenden 
Zellen ihre Cylinderform verlieren, Anschwellungen zeigen und 
sich in ovale oder runde Zellen verwandeln, die bald in grosser 
Anzahl hinter einander Vorkommen, bald zwischen lange gleich- 
mässige Stücke des Fadens eingeschaltet sind. Diese runden 
Zellen, die ebenso wie die cylinderformigen mit einem deut¬ 
lichen Plasmainhalt versehen sind, besitzen einen Durchmesser 
von 9—21 /x. Am Ende dieser Fäden treten Endzeilen auf, 
die, viel grösser als jene, 18—21 /x messen und sowohl in Folge 
des mehr körnerreichen Protoplasmainhalts als auch der dickeren 
Wandungen eine stärkere Lichtbrechung besitzen als die an¬ 
deren Theile des Myceliums. Diese Sporen kommen zu 2 oder 

3 in einer Reihe vor. 

4% Pepton liefert das am üppigsten wachsende Mycel, 
das auch makroskopisch die wenigsten Falten zeigt. Bei einer 
1 Monat alten Cultur besteht die Hauptmasse des Mycels aus 
Fäden von 6 /x Dicke, die aufgebaut sind aus regelmässig vier¬ 
eckigen und runden oder ovalen Zellen, während die gleich- 
raässig dicken Fäden nur auf einer einzigen Stelle sichtbar 
werden. Diese Fäden theilen sich dichotomisch, aber so dicht 
hinter einander, dass die Verzweigung einer Theilung in 3 oder 

4 Aeste ähnlich sieht. Bei dieser Cultur kommen ebenfalls 
endständige, stark lichtbrechende grosse Zellen vor, aber in 
viel geringerer Anzahl als bei der Lactose-Cultur, während 
zwischen den gewöhnlichen runden Zellen der Mycelfäden und 
diesen Sporenzellen von 15—21 (x im Durchmesser mehr 
Lebergänge bestehen. Die Sporenzellen sind nicht so regel¬ 
mässig kugelförmig wie die der Maltose-Cultur. 

Wie sehr auch das mikroskopische Verhalten ein und 
desselben Pilzes je nach der Ueppigkeit seines Wachsthums 
verschieden ist, geht aus diesen Beispielen hervor. Während 
bei einem mühevollen Kampf ums Dasein, wie bei der Züch¬ 
tung auf Maltose-Agar, schon von einem spärlichen, dünnen 
Mycel sofort zahlreiche Sporen gebildet werden, sehen wir bei 
günstigeren Lebensbedingungen die Myceliumzellen wuchern, 


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Tinea Imbricata (Manson). 


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ihre Gestalt verändern, grösser werden und als runde und 
ovale Zellen die cylinderförmigen des Hungerzustandes beinahe 
vollständig ersetzen. Je günstiger die Ernährungsbedingungen, 
desto weniger endständige Sporen werden gebildet; aber die, 
welche gebildet werden, sind viel grösser und besser ent¬ 
wickelt, als die auf ärmeren Nährböden. Eine andere höher orga- 
nisirte Sporenbildung konnte ich nicht beobachten, nur in einer 
Cultur, auf Saccharose-Agar, kamen einige Chlamydosporen vor. 

Eine wie grosse Bedeutung bei dieser Veränderlichkeit 
des mikro- und makroskopischen Verhaltens der Gebrauch 
eines bestimmten Nährstoffgemisches für die Vergleichung der 
verschiedenen Hautpilze besitzt, bedarf nach dem Obigen keiner 
Darlegung mehr, und da der von Sabouraud vorgeschlagene 
Nährboden für die Entwickelung ungünstig ist, so bietet er 
den Vortheil, kein unentwirrbares Chaos von Formen zu liefern, 
aber charakteristische, wie in unserem Falle die auf alkalischem 
Maltose-Agar entstehenden. Es fehlte mir an Zeit zur Züchtung 
auf diesem Nährboden, der besteht aus 4 Gr. reinem Glycerin, 
1 Gr. granulirtem Pepton von Chassaing (Paris) und 1 Gr. 
Agar auf 100 Gr. destillirtes Wasser. 

Was nun die Inoculationsversuche angeht, so führte ich 
diese auf der Haut eines Europäers aus, auf dessen dünner 
Epidermis nicht die grobe Schülferung entsteht wie bei er¬ 
wachsenen Inländern, sondern ein stark juckender Ausschlag 
in der Form von rothen Knötchen wie bei den kleinen Kindern 
der Inländer. Die Haut und die zu gebrauchendeu Instrumente 
wurden vorher mit Alkohol desinficirt und nach der Verflüch¬ 
tigung desselben eine Pincette mit Mäusezähnchen in die in 
Fig. a und b abgebildeten Mycelien gekniffen, so dass beim 
Zurückziehen der Pincette von der Substanz der Mycelien etwas 
mitgenommen wurde. So geladen kniff ich die Zähnchen so 
kräftig als möglich in eine Hautfalte, wodurch in der Epidermis 
kleine Wunden erzeugt wurden, die gleichzeitig mit Mycelium 
inficirt wurden. Auf drei verschiedenen Stellen brachte ich 
solche Inoculationen an und bedeckte sie mit einem in Heft¬ 
pflaster gefassten Uhrgläschen. Während der ersten 3 Tage 
war nur eine gewisse Röthung aufgetreten, den 4. und 5. Tag 
anhaltendes Jucken, während sich am 6. Tage stecknadelkopf- 


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Nieuwenhuis. 


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grosse, rothe, einigermassen erhabene Infiltrate zeigten, um die 
mficirten Stellen herum in Kreisen angeordnet. Nach 14 Tagen 
hatte der erkrankte Hautfleck einen Durchmesser von 6 Cm., 
die Entzündungserscheinungen waren geringer geworden; dahin¬ 
gegen war die eigenartige Schülferung in krummen Linien auf¬ 
getreten. Weiter wurde der Versuch nicht fortgesetzt 

Was die Behandlung der Krankheit betrifft, so verschwindet 
diese durch die meisten parasiticiden Mittel; eine Schwierigkeit 
besteht aber darin, dass bei grosser Ausbreitung einzelne Theile 
des dichten Mycels leicht der Behandlung entgehen und so zu 
Recidiven Veranlassung geben. Auch die Kleidung und Um¬ 
gebung der inländischen Patienten sind schwer zu vermeidende 
lnfectionsherde. 

Uebrigens bestimmt mehr die Beschaffenheit der zu be¬ 
handelnden Haut als die zu behandelnde Krankheit die Medicin, 
der man den Vorzug geben muss. Bei der dünnen Epidermis 
der Europäer und inländischen kleinen Kinder ist eine tägliche 
Einreibung mit einer Salbe von 1 Tb. Chrysalin auf 10 Th. 
Lanolin hinreichend, um in 4 bis 5 Tagen den Ausschlag zum 
Verschwinden zu bringen. 

Für die dicke Epidermis der Inländer befriedigte mich 
die Anwendung von Jodtinctur am meisten; dick aufgetragen 
brachte diese bereits am ersten Tage das Jucken zum Ver- 
schwindeu und in den folgenden Tagen auch die Entzündung. 
So lange die Haut noch nicht wieder ihre normale oder eine 
etwas dunklere Färbung augenommen hat, sind Recidive zu 
befürchten. Jod hat das für sich, dass es sich auf der Haut 
festsetzt und etwas flüchtig ist, so dass es auch auf die tieferen 
Epidermi8schichten einwirken kann. 

Da Sublimat dies nicht thut, kann man mit starken (l°/o) 
Lösungen wohl eine befallene Hautstelle im Gesicht heilen; 
bei den Extremitäten und dem Rumpf verfällt dieselbe aber 
jedesmal wieder in Recidive. 

Die Dajacs von Central-Borneo besitzen verschiedene 
Mittel, um ihre Hautkrankheiten zu heilen, von denen 3 spe- 
ciell bei Loesong angewandt werden: die Blätter von Cassia 
alata, minjak Pelandjau und Petroleum. Mit den Blättern von 
Cassia alata reibt der Patient sich einen Monat lang täglich 


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Tinea Imbricata (Manson). 


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ein und badet in dieser Zeit wenig. Eine gut durchgeführte 
Behandlung führt auf diese Weise zur Genesung. 

Noch besser gelingt dies mit minjak Pelandjau, einer 
theerartigen, schwarzen Flüssigkeit, die aus dem Kernholz des 
gleichnamigen Baumes ausfliesst. Bei der Aufbewahrung setzt sich in 
der Flüssigkeit eine zähe Masse ab, die sogenannte tanah 
Pelandjau. Unvermengt auf eine Kinderhaut gestrichen bewirkt 
diese, wie ich selbst einmal beobachten konnte, eine heftige 
Entzündung und Necrose der Haut. Man mengt sie deshalb 
vor dem Gebrauch mit Zuckerrohrsaft an und reibt sie so über 
die afficirten Flecken, die bei Unterlassung des Badens in 10 
oder 14 Tagen genesen können. 

Bemerkenswerth ist auch die heilende Wirkung des 
Petroleums, das einfach ein- oder zweimal täglich auf die kranke 
Haut gebracht, wenn der Patient nicht badet, in 14 Tagen zur 
Genesung führt. Kennten die Dajaks das warme Baden und 
das Entfernen der oberflächlichen Epidermisschichten durch 
Seife, dann würden ihre Mittel sicher noch schneller zum 
Verschwinden der Entzündung führen. Alle von Tinea imbri¬ 
cata oder Loesong genesene Personen zeigen eine Pigment¬ 
ablagerung auf den früher krankhaften Stellen; Dajaks haben 
dann während ihres ganzen Lebens eine russartige Färbung. 
Bei Europäern geht diese Verfärbung nach einer oberflächlichen 
Entzündung von kurzer Dauer erst nach Monaten wieder zurück. 


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N i e u w e n h u i s. 


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Erklärung der Abbildungen auf Taf. VIII. 

a. Mycelium, 8 Wochen alt, auf einem Nährboden von 2% Agar, 
7/4 Pepton, * 4 % Salz, 7// 0 Glucose, 1% Glycerin und V 5 °/ 0 Liebig’s 
Extract. 

b. Dasselbe Mycel von der Seite gesehen. 

c. 10 Wochen altes Mycel auf einem Nährboden von 2% Agar und 
5°/ 0 Malzextract von Liebe. 

d. 4 Wochen altes Mycel auf einem Nährboden von 2% Agar, 
4% Pepton und 7// 0 Mannit. 

e. 10 Wochen altes Mycel auf einem Nährboden von 2®/ 0 Agar, 
3*70% Mannit und 0*75% Pepton. 

Das Centrum hat sich anfänglich günstig entwickelt; später machte 
sich aber der Mangel an Luftzutritt in Folge des Abschlusses der Cul- 
turscbalen mit Vaselin geltend. 


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Aus Br. Max Joseph's Poliklinik für Hautkrankheiten in Berlin. 


Ueber Hautsarcomatose. 


Von 

Dr. Max Joseph. 

(Hierzu Taf. IX u. X.) 


Unter dem Begriffe der Hautsarcomatose sind eine Anzahl 
Krankheitsbilder zusammengefasst worden, welche nach vielen 
Richtungen ganz bedeutende klinische Aehnlichkeit aufweisen. 
Indessen hat sich bei der eingehenden histologischen Unter¬ 
suchung herausgestellt, dass nicht unbedeutende Differenzen in 
dem anatomischen Aufbau der einzelnen Symptomengruppen 
bestehen. Bei einzelnen geht dies sogar so weit, dass sie nicht 
mehr unter die in der allgemeinen Pathologie allgemein aner¬ 
kannten, für die Sarcome im allgemeinen gütigen Regeln ein¬ 
gereiht werden können. Daher schlug Kaposi *) vor, fiir sie 
den Ausdruck „sarcoide Geschwülste“ zu wählen. Er begreift 
darunter, und wäre es auch nur für eine vorübergehende Zeit 
die Mycosis fungoides, die Leukaemia und Pseudoleukaemia 
cutis, sowie die Sarcomatosis cutis. 

Natürlich stellt eine derartige Zusammenfassung ja nur 
einen Nothbehelf dar, und sie schliesst auch nicht, wie 
Neisser*) hervorhebt, die Möglichkeit eines infectiüsen Cha¬ 
rakters dieser Tumofen-Gruppe aus.Erst eingehende weitere Unter¬ 
suchungen werden feststellen können, ob nicht aus dieser Gruppe 
einzelne Krankheitsformen ausgeschieden werden können, welche 
nicht nur anatomisch, sondern auch ätiologisch bereits gut fundirt 
sind. Dieses scheint mir theilweise wenigstens schon für die 
Mycosis fungoides, die Leukaemia und Pseudoleukaemia cutis 

*) Lehrbuch der Hautkrankheiten. 4. Aufl. 1803, p. 808. 

-) Archiv für Dermatologie und Syphilis. 30. Bd. 1805. p. 267. 

Archiv f. Dermatol, u. Syphll. Band XLVI. 12 


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Joseph. 


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erwiesen zu sein. Wenn diese 3 Krankheitsformen auch noch 
nicht nach allen Richtungen erforscht sind, so stellen sie doch 
Krankheitstypen dar, welche nach vielen Seiten bereits gut fixirt 
und von anderen Symptomenbildern abgegrenzt sind. Auch das 
von Kaposi zu den sarcoiden Geschwülsten gerechnete typische 
raelanotische Sarcom, sowie das von ihm zuerst beschriebene 
idiopathische multiple Pigmentsarcom möchte ich aus dieser 
Gruppe absondern. Denn diese Typen passen im Grossen und 
Ganzen in den uns aus der allgemeinen Pathologie geläufigen 
Sarcombegriff hinein. 

Dagegen ist dies nicht der Fall bei einer unter den Er¬ 
scheinungen einer allgemeinen Sarcomatosis auftretenden Krank¬ 
heitsform, bei welcher wohl ein grosser Theil der klinischen, 
aber nicht der histologischen Symptome zum Bilde der Sarco¬ 
matosis passt. Ich möchte mir den Vorschlag erlauben, für 
diese Gruppe ganz allein den Begriff der „sarcoiden“ Geschwülste 
zu wählen. 

Beobachtungen über dieses Symptomenbild liegen bisher 
nur in geringer Anzahl vor. Ausser Kaposi hat besonders 
Spiegler 1 ) über 4 hierhergehörige Fälle in einer „über die 
sogenannte Sarcomatosis cutis“ betitelten Arbeit berichtet. Es 
scheint mir durchaus nothwendig, dass jeder hierhergehörige 
Krankheitsfall mitgetheilt werde, damit mehr Klarheit in dieses 
Gebiet kommt. Eine solche einschlägige Beobachtung hatte 
ich Gelegenheit in meiner Poliklinik zu sammeln: 

Der 32 Jahre alte Buchbinder Cbr. Th. suchte am 3. Oct. 1897 
zum ersten Male die Hilfe meiner Poliklinik auf. Der schwächlich ge¬ 
baute, mittelgrosse Mann *) sah etwas anämisch und angegriffen aus, be¬ 
hauptete aber, sich einigermassen wohl zu fühlen. Er gehe seiner an¬ 
strengenden Thätigkeit ohne jede Beschwerde nach und wünsche nur 
Auskunft über einige auf der Haut sich zeigeifde Geschwülste. Der 
Vater des Pat. war vor mehreren Jahren einem Herzleiden erlegen, seine 
Mutter und Geschwister leben und seien gesund. Der seit mehreren 
Jahren verheiratete Kranke will bisher nie ernstlich krank gewesen 

') Archiv f. Dermal, u. Syph. 1894, Bd. XXVII. 

2 ) Ich habe den Kranken in der Sitzung der Berliner dermato¬ 
logischen Gesellschaft am 7. Dec. 1897 vorgestellt und Hr. Karl Kunze 
hat denselben auf meine Veranlassung zum Gegenstände seiner Inaugural- 
Dissertation (Leipzig, 24. Dec. 1897) gewählt. 


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Ueber Hautsarcomatose. 


179 


»ein, nur klagte er etwa seit dem Jahre 1895 öfters über Magenbe¬ 
schwerden. Diese bestanden in häufigem Aufstossen und Kollern im 
Leibe. Dabei wäre der Appetit aber stets gut gewesen. Im August 1897 
bemerkte Pat. plötzlich, ohne dass sieh in seinem Allgemeinbefinden 
irgend welche Störungen geltend gemacht hätten, in der Regio epiga- 
strica eine kleine Hautgeschwulst, welche ihm jedoch keinerlei Be¬ 
schwerden verursachte, auch auf Druck nicht schmerzhaft war. Inner¬ 
halb der nächsten 2 Wochen traten auf der Haut des Unterleibes weitere, 
etwa 3—4 Geschwülste auf, wozu sich in den nächsten Wochen im 
Nacken wie im Gesicht ebenfalls mehrere Geschwülste gesellten. 

Als ich den Pat. am 3. Oct. 1897 zum ersten Male sah, fanden 
sich auf der vorderen Bauchseite, zerstreut liegend, etwa 16 mit der 
Haut verschiebliche Knoten, welche stecknadelkopf- bis 1’6 und 1*8 Cm. 
an Grösse variiren. Auf Taf. IX sieht man eine Anzahl solcher 
Tumoren, theilweise noch eben beginnend (a) und die Haut etwas hervor¬ 
wölbend, theilweise schon über die Oberfläche hervorragend (&). Die 
älteste, zuerst bemerkte Geschwulst war auch die grösste. Dieselbe ist 
röthlichblau gefärbt und enthält radiär angeordnete Teleangiectaaien, sie 
ist 0*3 Cm. über dem Niveau der normalen Haut erhaben. Auf dem 
Rücken bestehen eine grosse Anzahl, in der Grösse schwankende gleiche 
Hautgeschwülste, die zeitlich aber älteren Ursprungs zu sein scheinen, 
denn sie sind mehr erhaben und röthlichblau verfärbt. Auf der be¬ 
haarten Kopfhaut finden sich 6 gleiche Geschwülste, im Gesicht 3, auf 
dem rechten Vorderarm eine und auf dem rechten Unterschenkel gleich¬ 
falls eine. Im Ganzen werden ungefähr 100 Geschwülste über die ganze 
Haut vertheilt sein. 

Bei der eingehenden Betrachtung des Pat. hat man den 
Eindruck, eine in bestimmter Weise fortlaufende Reihenfolge 
in der Entwicklung der Geschwülste beobachten zu können. 
Während die letzthin aufgetretenen Eruptionen deutlich in der 
Subcutis als stecknadelkopf- bis hirsekorngrosse Geschwülste 
fühlbar waren, prominirten die grösseren ziemlich erheblich 
über die Oberfläche und wuchsen gewissermassen aus der Haut 
heraus. Während über den kleinsten Geschwülsten sich die 
Haut zu Falten verschieben liess und die Epidermis über dem 
Tumor aufgehoben werden konnte, war bei den grösseren Ge¬ 
schwülsten eine völlige Verwachsung der Epidermis mit den 
Tumoren zu bemerken. Während in den Frühstadien die Haut 
über den Tumoren glatt normal erschien, zeigte sie sich über 
den grösseren Geschwülsten intensiv geröthet. und diese 
Iiöthung schnitt scharf an der Grenze des Tumors gegen die 
gesunde Umgebung ab. Auf Druck waren die Geschwülste 

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Joseph. 


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iso 

nicht schmerzhaft, wie sie überhaupt unserem Patienten keinerlei 
Beschwerden verursachten. Die Tumoren, von den frühesten 
l)is zu den spätesten Stadien, fühlten sich ausserordentlich 
derb, hart, ja fast steinhart an. Ihre Anordnung war eine 
unregelmässige. 

Nach achttägiger Beobachtung war bereits eine erhebliche 
Zunahme nicht nur in der Anzahl, sondern auch im Wachs¬ 
thum der Tumoren zu bemerken. Ueber den unteren Theil 
des Abdomens waren jetzt kleine und grössere Tumoren in 
einer solchen Zahl zerstreut, dass man kaum mehr eine mark¬ 
stückgrosse Stelle frei fand. Das ganze Abdomen fühlte sich 
hart und gespannt an. Beim Herüberfahren über dasselbe hat 
man den Eindruck, als ob man über Erbsen glitte. Ebenso 
befanden sich auf dem Kopfe etwa 12 neue Tumoren, während 
der Rücken am wenigsten zahlreich besäet war. Desgleichen 
waren die oberen wie unteren Extremitäten ziemlich frei von 
den Geschwülsten. Ein isolirter, etwa hanfkorngrosser Tumor, 
über die Oberfläche prominirend, fand sich auf der linken 
Conjunctiva palpebrae inf. Eine grosse Anzahl der ganz 
kleinen Tumoren zeigte bereits einen gewissen Wachsthums- 
fortschritt. Besonders in der Gegend des Epigastriums fühlten 
sich die Geschwülste wie ein eingenähter Knopf an und zeigten 
eine stark gerüthete. von deutlich sichtbaren Gefässen durch¬ 
zogene Oberfläche, während die geringsten Geschwülste eine 
normale nicht geröthete Oberfläche hatten. Dabei war aber 
doch während w^ochenlanger Beobachtung zu constatiren, dass 
die einzelnen Geschwülste immer nur eine gewisse Höhe des 
Wachsthums erreichten und dann dauernd hierbei blieben, 
ohne sich weiter zu vergrössern. Ebensowenig war je ein 
Confluiren mehrerer kleiner Geschwülste zu einem grossen 
Tumor zu bemerken. 

In den letzten Tagen des November und Anfang Decem- 
ber 1897 klagte Pat. über eine grössere Anzahl subjectiver 
Beschwerden von Seiten des Unterleibes und der Blase. Be¬ 
sonders war ihm auffällig, dass ein lebhaftes Kollern im Unter¬ 
leibe stattfand und nach dem Essen ein Widerstand im oberen 
Theile des Thorax sich einzustellen pflegte. Auch von Seiten 
der Harnorgane klagte er über Beschwerden, und zw T ar über 


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l'eber Hautsarcomatose. 


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ein eigenthümliche8 Stechen ganz unbestimmter Art, das nicht 
mit dem Uriniren zusammenhing. Die Untersuchung des Urins 
ergab vollkommen normale Verhältnisse. Das Blut haben 
wir mehrmals untersucht und niemals irgend etwas abnormes 
gefunden. Das einzige, was uns bei mehrfachen Untersuchun¬ 
gen auffiel, war, dass die rothen Blutkörperchen blasser als 
normal waren. Eine Milzvergrösserung war nicht vorhanden, 
ebenso waren die Lymphdrüsen normal. 

Herr Prof. Rosenheim, welcher die grosse Liebens¬ 
würdigkeit hatte, den Pat. auf meinen Wunsch ebenfalls zu 
untersuchen, theilte mir mit, dass er Herz, Nieren und Lungen 
ohne Veränderung finde. Die Leber sei eher kleiner als gross, 
auch die Milz nicht deutlich vergrössert, ebenso wenig waren 
Lymphdrüsentumoren oder irgend etwas zu constatiren, was 
auf Erkrankungen des Knochenmarkes hinweise. Auch im 
Blute fiel ihm nur auf, dass die rothen Blutkörperchen blasser 
als normal waren. Das Abdomen war mässig stark gespannt 
und vorgewölbt, an einzelnen Partien ziemlich druckempfindlich, 
z. B. rechts unten vom Nabel, links oben an der Flexura coli 
sinistr., sowie im Epigastrium. Links zwischen der Mittellinie 
und dem linken, unteren Thoraxrande fand er etwa 5 Finger 
breit oberhalb des Nabels eine glatte, mässig schmerzhafte 
Resistenz, mässig derb, mehr als daumendick, welche sich 
undeutlich unter den Thorax verlor und auch in ihren Be¬ 
grenzungen nach obeD, sowie nach rechts nicht sehr scharf 
war. Bei der Respiration bewegte sie sich wenig nach ab¬ 
wärts, blieb bei der Exspiration unter dem Finger liegen, 
wenn man sie fixirte. Bei der Aufblähung des Magens wurde 
sie undeutlicher. Der Magen selbst war schlaff und reichte 
fingerbreit unter den Nabel. Die Magenschleimhaut blutete 
leicht und zeigte im Uebrigen den Charakter der chronischen 
Gastritis. Der Darm zeigte katarrhalische Reizerscheinungen, 
und mikroskopisch war viel Schleim nachweisbar. 

Mittlerweile war bei unserem Patienten etwa seit dem 
1 ./XII. 1898 ein Oedem beider Füsse aufgetreten, wodurch er 
beim Gehen und bei der Arbeit sehr behindert wurde. 

Im Urin war kein Eiweiss nachzuweisen. Doch wurde 
die Schwäche allmälig grösser, so dass Pat. auf seinen Wunsch 


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Joseph. 


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am 27./XII. 1897 in das Krankenhaus Bethanien zu Berlin auf¬ 
genommen wurde. Hier blieb er bis zu seinem Exitus letalis 
am ll./I. 1897. Der Leiter dieses Krankenhauses, Herr Sani¬ 
tätsrath Dr. von Steinau-Steinrück, war so liebenswürdig, 
mir durch seinen Assistenten Herrn Dr. Ulrich Rose einen 
Auszug aus der Krankengeschichte und dem Sectionsprotokoll 
übermitteln zu lassen und die Veröffentlichung zu gestatten. 
Beideu Herren sage ich auch an dieser Stelle meinen ergeben¬ 
sten Dank hierfür. 

Der Pat. kam in äusserst elendem, abgemagertem Zu¬ 
stande im Krankeuhause an, hatte Oedeme beider Unter¬ 
schenkel, z. Th. mit blasiger Abhebung der Epidermis. Der 
Urin war frei von Eiweiss und Zucker. Abdomen aufgetrieben, 
massiger Ascites. Keine Druckempffndlichkeit. Pat. klagt über 
schlechten Appetit und leises Ziehen diffus im Leibe. Puls 48, 
parvus, tardus, regularis. An den inneren Organen sonst nichts 
Auffälliges. Kein Fieber, kein Vomitus. 

Was die Tumoren aulangt. so fanden sich deren etwa 70 
am Rumpfe, vereinzelte auch in der behaarten Kopfhaut, an 
den Vorderarmen und der rechten Wade. Diese Tumoren 
waren alle schmerzlos, mit der gerötheten Haut verwachsen 
und mit derselben auf der Unterlage verschieblich, linsen- bis 
halbwallnussgross. Am linken Unterkiefer und in der linken 
Fossa supraclaviculariB vergrösserte Drüsen. An Achsel- und 
Leistendrüsen nichts Besonderes. 

Bei indifferenter Therapie schwand das Kollern und Ziehen 
im Leibe. Doch traten weitere Oedeme auf, erst an den Augen¬ 
lidern, dann am Handrücken, schliesslich am Scrotum und all¬ 
gemeines Anasarka. Nahrungsaufnahme sehr gering, Schlucken 
ging immer gut. Zunehmende Schwäche, Puls unfühlbar, Herz¬ 
töne kaum zu hören, Achselhöhlentemperatur bis auf 35°, völlige 
Schmerzlosigkeit und Euphorie. 

Die Section ergab, dass die Bauchhöhlenorgane frei 
von Tumoren waren. Kleiner Pleuraerguss. Hyperämie in den 
Unterlappen. In der linken, narbig eingezogenen Spitze Ver¬ 
kalkung. Cor auffallend klein, braun; Klappen frei. Massiges 
Atherom der Arterien. Abdomen: Peritoneum spiegelnd, Ascites 
1 %—2 Liter, leicht getrübte, nicht blutige, seröse Flüssigkeit. 


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Ueber Hautsarcomatose. 


183 


Hepar, Renes klein, atrophisch, cyanotisch. Milz desgleichen. 
Nebennieren: nihil. Magen sehr klein, bildet eine einzige 8 bis 
12 Mm. dicke, weisse Schwarte ohne Knoten oder circnmseriptc 
Tumoren. Im Netz, welches ganz fettarm ist, viele hirsekorn- 
bis linsengrosse, harte, graue Knötchen. Pankreas frei. Mesen¬ 
terialdrüsen hart, weiss, bohnen- bis kirschgross geschwollen. 
Im Oesophagus einige bohnengrosse, weisse Knoten, 1. unmittel¬ 
bar über der Cardia, 2. in der Höhe des unteren Larynx- 
randes. Ein Knoten im Zungengrunde. In der Darmschleim¬ 
baut selbst einzelne bis kirschgrosse Knoten, 1. im Duodenum, 
2. im Colon und Rectum. Nirgends Stenose. Larynx, Schild¬ 
drüse, Harn- und Geschlechtsorgane frei. Cerebrum anämisch. 

Wenn ich auch bereits während des Lebens mit Aus¬ 
schluss aller übrigen in Betracht kommenden Momente die 
Diagnose auf multiple Sarcome gestellt hatte, so musste doch 
zur sicheren Entscheidung erst die mikroskopische Unter¬ 
suchung herangezogen werden. 

Zu dem Zwecke hatte ich dem Pat. während des Lebens 
einen etwa haselnussgrossen Tumor excidirt und von der Section 
wurden mir ebenfalls mehrere grössere und kleinere Geschwülste, 
sowie ein Theil des erkrankten Magens freundlichst zur Ver¬ 
fügung gestellt. 

Die histologische Untersuchung bot mir aber zunächst 
einige Ueberraschung. Denn während ich nach dem klinischen 
Adspect erwartet hatte einen richtigen Tumor in der Haut zu 
finden, wie wir es ja sonst als ein primäres oder metastatisches 
Sarcom kennen, war in unserem Falle hiervon keine Rede. Es 
handelte sich nicht um die abgegrenzte Anhäufung fremder 
Zellen, welche sich wie sonst bei den Sarcomen an die Stelle 
des autochthonen Gewebes gesetzt hatten, sondern nur um eine 
Infiltration der Cutisspalten mit diesen Zellen. 

Schon bei schwacher Vergrösserung (cf. Taf. X, Fig. 1) 
sah man die Cutis von einem dichten Maschenwerk mit Thionin 
und polychromem Methylenblau sich blau färbender Stränge 
durchsetzt. Unterhalb des Rete Malpighii fand sich bei den 
jüngeren Tumoren eine schmale, etwa 0*5 Mm. breite Zone, in 
der jene Stränge fehlten, hier waren nur die Gelasse von einer 
geringen Infiltration begleitet. Bei den älteren und grösseren 


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Jos»* p h. 


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Tumoren erstreckte sich die vermehrte Zelleinlagerung bis dicht 
an das Epithel heran. Hierdurch wurde das Epithel massig 
comprimirt und die Papillen stark abgeflacht. Jene blauge¬ 
färbten Stränge erstreckten sich bis in die tiefsten Cutisschichten, 
sogar bis in das subcutane Fettgewebe hinein. In der Umgebung 
der Follikel, Gefässe und Knäueldrüsen war die Zellanhäufung 
eine erheblich dichtere (cf. Fig. 1 f, s, <j). 

Das Cutisgewebe zeigte überall ein festes dichtes Gefüge. 
Die einzelnen Faserbündel waren erheblich dicker als normal 
und an vielen Stellen von hyaliner Beschaffenheit. Dies 
liess sich besonders gut mit der van Gieson’schen Methode 
erkennen. Die dick aufgequollenen, scholligen, stark licht¬ 
brechenden Bindegewebsbündel hatten hierbei eine tiefdunkel- 
rotlie Färbung angenommen, sie Hessen jede Spur von Kernen 
vermissen und bildeten breite homogene Bänder. Die zelligen 
Bestandtheile der Cutis waren vielfach zahlreicher als normal, 
die gewöhnlichen fixen Bindegewebszellen waren nur spärlich 
vertreten, dafür fanden sich meist spindelförmige Zellen (Fig. 2 sp.). 
Ausserdem wurden an einzelnen Stellen, und zwar hauptsäch¬ 
lich in nächster Umgebung der Lymphgefässe, der Nerven, 
Folhkel und Knäueldrüsen eine Ansammlung runder, einkerniger 
Granulationszellen gefunden. Die inmitten dieser Zellen vor¬ 
handenen Kerntheilungsfiguren (Fig. 5 k ) beweisen, dass die 
Proliferation noch im Gange war. 

Das elastische Fasernetz ist gut färbbar und zeigt keine 
Veränderungen, es erscheint zwar gegenüber dem vermehrten 
fibrillären Bindegewebe etwas spärlich, ist aber inmitten der 
infiltrirten Partien auf das deutlichste nachweisbar. Das sub- 
epitheUale Fasernetz ist sogar in seiner normalen Anordnung 
vorhanden. 

Den wesentlichsten Bestandtheil des histologischen Bildes 
machen die oben erwähnten dichten Stränge aus. Bei starker 
Vergrösserung erkennt man, dass dieselben aus eigenartigen 
grossen Zellen zusammengesetzt sind. Dieselben haben einen 
grossen bläschenförmigen Kern, an welchem ein Chromatin¬ 
gerüst nicht deutlioh ausgeprägt ist, man sieht jedoch immer 
ein bis zwei deutliche Kernkörperchen. Dieser Kern ist von 
einem schwachen Saum von Protoplasma umgeben. Dasselbe 


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Ueber Hautsarcomatose. 


Ib5 


zeigt ein sehr lockeres Gefüge und ist gewöhnlich nur schwach 
gefärbt. Das typische Bild dieser Zellen zeigen Fig. 2, 3 
und 5. 

Fs ist sicher kein Zufall, dass diese Zellen in der Um¬ 
gebung der Gefässe, der Nerven und Follikel mit Vorliebe 
angehäuft sind, da sie die Spalten des Bindegewebes erfüllen, 
welche als die Lymphcapillaren anzusehen sind, so müssen sie 
natürlich die grösseren Lymphgefässe passiren. In der That 
gelingt es, die Zellen hier und da in kleinen Lymphgefässen 
nachzuweisen. Fig. 4 zeigt eine kleine Arterie, die mit Zellen 
dicht erfüllt ist. 

ln den grösseren und älteren Tumoren war die Anhäufung 
der Zellen eine noch erheblich dichtere, ebenso waren die 
Granulationszellen in den unteren Cutisschichten noch viel 
zahlreicher. Die Zellen lagen stellenweise so dicht, dass sie 
sich gegenseitig abgeplattet hatten, so dass mau vielfach lange, 
perlschnurähnliche Ansammlungen von Zellen sah. Die Zellen 
der Neubildung zeigen aber ausserdem noch eine eigenthüm- 
liche Veränderung. Sie haben durchweg an Grösse erheblich 
zugenommen, doch erstreckt sich dies nur auf das Protoplasma, 
der Kern ist eher kleiner geworden. Am auffallendsten ist 
aber eine metachromatische Färbung des Protoplasmas. Das¬ 
selbe ist bei Färbung sowohl mit Thionin als mit polychromem 
Methylenblau rothviolett gefärbt. 

Dies ist jedoch nicht die einzige Veränderung desselben. 

Die Vergrösserung des Zelleibes ist durch eine beträcht¬ 
liche Auflockerung seiner Substanz entstanden, so dass sich 
ein lockeres, schwammiges Gefüge gebildet hat. Innerhalb 
desselben findet man ausserdem ebenfalls metachromatisch 
gefärbte Körneben oder Tröpfchen. Bei genauerem Zusehen 
erkennt man aber auch in den jüngeren Tumoren und beson¬ 
ders dem intra vitam excidirten die gleiche Degeneration des 
Protoplasmas, allerdings nicht in dem gleichen Umfange und 
etwas seltener. So kann man alle Uebergangsstadien fest¬ 
stellen. Der Process verläuft wahrscheinlich so, dass der 
anfangs schmale Protoplasmasaum (Fig. 5) etwas stärker wird 
und ein mehr körniges Aussehen bekommt (Fig. 2, 3), dann 
beginnt die schwammige Auflockerung des Zellkörpers (Fig. 4), 


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Joseph. 


bis das Auftreten der metachromatischen Färbung die Degene¬ 
ration anzeigt (Fig. 6). Im letzten Stadium findet man schliess¬ 
lich nur noch eine homogene, rothviolett gefärbte Masse, welche 
wie zerknittert aussieht und zahlreiche Falten aufweist. Hin 
und wieder erscheinen noch Körnchen, bezw. Tröpfchen in 
derselben. (Fig. 8.) 

Eine Verwechslung mit Mastzellen, welche sich ja auch 
metachromatisch färben, ist bei einiger Aufmerksamkeit nicht 
möglich. Bei der Mastzelle haben wir isolirte Granula, welche 
in das Protoplasma eingebettet sind, hier dagegen handelt es 
sich um ein dichtes Maschenwerk von Fäden. Ausserdem ist 
che Mastzelle kleiner und hat einen chromatinreicheren Kern. 

Welcher Art ist diese Degeneration des Zellkörpers? 
Nach der eigenartigen, metachromatischen, rothvioletten Färbung 
durch Thioniu ist es wohl am naheliegendsten, dieselbe als eine 
schleimige aufzufassen. Diese mucinös degenerirten Zellen 
haben sich in den älteren Tumoren deraitig ausgedehnt, dass 
die Zellanhäufung fast wie eine homogene Masse erscheint. 
Es ist unmöglich, hier etwa die Contouren einer einzelnen 
Zelle noch zu erkennen. Nur da, wo die Zellen beinahe 
isolirt liegen, lässt sich die Veränderung derselben gut beob¬ 
achten. 

Das Epithel zeigt keine Hypertrophie, nur stellenweise 
ist dasselbe pigmentirt, und zwar reicht diese Pigmentirung 
bis in die oberen Zellschichten hinauf (Fig. 1 a). Dement¬ 
sprechend findet man in der subpapillären Cutisschicht 
verzweigte Pigmentzellen, jedoch nicht in übermässig grosser 
Zahl. 

Die Untersuchung des Magens ergab ähnliche Verhält¬ 
nisse wie in der Haut. Auch in die Submucosa und Mucosa 
waren zahlreiche Tumorzellen eingelagert, welche jedoch ebenso 
wie in der Haut, nur in die Spalten des schon vorhandenen 
Gewebes hineingelagert waren, aber nicht etwa Knoten bildeten, 
welche nur aus Tumorzellen bestanden. Auch hier war das 
Bindegewebe der Submucosa im Zustande der Hyperplasie, 
ausser den faserigen waren auch die zelligen Elemente ver¬ 
mehrt. In der Mucosa fanden sich die Zellen zwischen den 
Drüsenschläuchen und die Zellen des interstitiellen Bindege- 


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Ueber Hautsarcomatose. 


187 


webes waren ebenfalls vermehrt. Letzteres war hyalin degene- 
rirt, die Gefässe waren erweitert und vermehrt. 

Fragen wir uns nach diesen histologischen Befunden, 
unter welche Classe von Geschwülsten wir den vorliegenden 
Krankheitsfall einrechnen müssen, so ergibt sich eine gewisse 
Schwierigkeit. Mit dem gewöhnlichen Bilde der Hautsarcoma- 
tose hat unser Fall gar keine oder wenigstens nur sehr geringe 
Aehnlichkeit. 

Ich habe mir erlaubt, meine Herren, Ihnen zum Beweise 
dessen einige Beispiele von Hautsarcomatose, wie sie mir aus 
eigener Beobachtung zugänglich waren, dort unter dem Mikroskope 
aufzustellen. Sie werden sich überzeugen, dass zwischen dem 
vorliegenden Krankheitsfall und jenen histologischen Bildern 
der uns schon lange ausreichend bekannten Hautsarcomatose 
keine Aehnlichkeit besteht. Dort haben sie metastatische Haut- 
sarcome nach einem primären Zungensarcom, dort ein melanoti- 
sches Pigmentsarcom der Daumengegend. 

In diesen Beispielen sehen sie wirklich abgegrenzte Tumo¬ 
ren der Haut, bei welchen eine fremde Einlagerung von Tumo¬ 
ren das ursprüngliche Gewebe verdrängt hat, so dass wir mit 
Recht den Eindruck der Neubildung haben. Auch bei der 
Pseudoleukämie der Haut, eine Theilerscheinung der Allgemein¬ 
erkrankung, kommt es zu scharf abgesetzten Depots in der 
Haut, welche wir histologisch als Lymphosarcome definiren 
müssen. Bei ihnen ist zwischen den Sarcomzellen eine deut¬ 
liche Intercellularsubstanz vorhanden, eine Thatsache, welche 
besonders gegenüber einem etwa von den Schweissdrüsen aus¬ 
gehenden Carcinom hervorzuheben sein würde. Ebenso sehen 
Sie dort bei dem idiopathischen multiplen Pigmentsarcom 
(Kaposi) jene abgegrenzte Neubildung mit den massenhaften 
Gelassen und reichlichem Pigmentgehalt, Verhältnisse, die 
gerade bei dieser Form gut erforscht sind. Ich habe Ihnen 
dort ein Sarcom des Unterschenkels aufgestellt mit eigenthüm- 
licher Kalkbildung im Tumor, welche sich auf Zusatz von Salz¬ 
säure auflöst. Hier hat sich die Kalkbildung nur an den 
arteriosclerotisch degenerirten Gefässen entwickelt. 

Von allen diesen Verhältnissen ist in unserem Falle keine 
Rede. Zunächst haben wir keinen abgegrenzten Tumor vor 


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uns, sondern es handelt sich um eine diffuse Zellinfiltration 
des Gewebes, welches einige sehr eigenthümliche Merkmale 
aufweist. Die eigenthümlichen, oben geschilderten fremden 
Zellen schieben sich ganz allmälig in die Lymphspalten des 
Bindegewebes hinein. Hier und da findet man noch zwischen 
zwei Bindegewebsbündeln eine Zelle mit länglicher Gestalt. 
Erst durch das Auseinanderdrängen der Bindegewebsbündel 
kommen die polygonalen Formen zu Stande, und diese fremden 
Zellen werdeu auf dem Wege der Lymphbahnen transportirt. 
Die Cutis reagirt auf die Einlagerung der fremden Bestand- 
theile in der Weise, dass eine Wucherung der Bindegewebs¬ 
zellen (Kerntheilungen) entsteht, welche schliesslich mit Binde¬ 
gewebsneubildung endet. Am meisten ausgeprägt ist dies bei 
den älteren Geschwülsten in Form von spindelförmigen, grossen 
Zellhaufen. Hier gestattet uns die van Gieson’sche Methode 
sehr gut die Bildung des fibrillären Bindegewebes zu beob¬ 
achten. Innerhalb dieser Zellhaufen findet man regelmässig 
ein Gefäss, von dessen Umgebung die Neubildung auszugehen 
scheint. Diese Erscheinungen sind bei den jüngsten Tumoren 
zwar auch vorhanden, aber nicht so deutlich ausgeprägt. 

Nun stellte sich in unserer Beobachtung bei der weiteren 
Entwickelung des Processes eine andere markante Erscheinung 
ein: es trat, wie oben beschrieben, eine hyaline Degeneration 
der Bindegewebsfasern und eine mucinöse Degeneration der 
Infiltrationszellen ein. Vielleicht ist es in Folge dessen nicht 
zur Bildung eines echten Tumors gekommen, trotzdem klinisch 
gerade die Geschwülste durch auffallende Härte imponirten 
und durch die Art des progredienten Wachsthums am Lebenden 
leicht zu verfolgen waren. Denn bei den ganz kleinen Tumo¬ 
ren fühlte man die Haut normal und durch eine ziemlich starke 
Zwischensubstanz getrennt, in der Tiefe den Tumor. Dieser 
schob sich, allmälig wachsend, gegen die Oberfläche vor, und 
es wurde eine so starke Verlöthung des Tumors mit der Haut 
herbeigeführt, dass beide eins zu sein schienen. Während 
dessen zeigte sich die Epidermis über dem Tumor ziemlich 
stark geröthet und von kleinen, deutlich sichtbaren Gefässen 
durchzogen. Aber gerade jene Degeneration mag Schuld daran 
gewesen sein, dass es histologisch nicht zur Bildung eines 


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Ueber Hautsarcomatose. 


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echten Tumors, sondern zu einer diffusen Infiltration in die 
Gewebe kam. So können» wir es uns auch vielleicht erklären, 
dass bei Kranken mit gutem Ernährungszustände, wie sie 
Spiegler beobachtete, eine Rückbildung zu Stande kam, 
während dies bei unserem stark heruntergekommenen Patienten 
ausgeschlossen war. 

Uebrigens zeigt in dieser merkwürdigen Incongruenz des 
klinischen und histologischen Befundes unser Fall eine grosse 
Aehnlichkeit mit der Leukaemia cutis. So macht besonders 
Riehl 1 ) darauf aufmerksam, dass ähnlich, wie in den Fällen 
Biesiadecki’s und Neuberger's auch in seiner Beob¬ 
achtung die klinisch als Knoten und Geschwülste zu bezeich¬ 
nenden Infiltrate histologisch nicht überall scharf abgegrenzt 
erschienen. 

Ein weiteres Merkmal, wodurch sich der von uns beob¬ 
achtete Zustand von echten Sarcomen unterschied, war das 
Verhalten der elastischen Fasern. Dieselben sind überall in¬ 
mitten der infiltrirten Partien vollkommen erhalten und nur 
theilweise von ihnen ein wenig auseinandergedrängt. Dies ist 
aber ein wesentlicher Unterschied von dem rein sarcomatösen 
Gewebe, innerhalb dessen das elastische Gewebe vollkommen 
zerstört ist. Auch Unna 2 ) betont, dass alle rein fusocellu- 
lären Sarcome der Haut vollkommen elastinfrei sind, die ela¬ 
stischen Fasern verschwinden überall unter dem Einwachsen 
der Spindeln. Wo dagegen collagenes Gewebe erhalten bleibe 
und sich weiterhin vermehre, gehe das elastische Gewebe nicht 
nothwendiger Weise zu Grunde und markire dann sehr gut 
Umfang und Menge des in der Geschwulst enthaltenen fibrösen 
Gewebes. 

Auch das Verhalten der Mastzellen war in unserem Falle 
ein anderes, als wir es bei Sarcomen zu finden pflegen. In 
unserem Falle waren sie innerhalb des Infiltrationsgebietes, wenn 
auch spärlich, so deutlich vorhanden. Im Gegensätze hierzu 
gibt aber Unna an, dass die Mastzellen, welche sonst bei 
alleD Granulomen so reichlich Vorkommen, in der Umgebung 

') Verhandlungen des II. internst, dermat. Congresses. Wien 1892. 
pag. IGO. 

’ 2 ) Die Histopathologie der Hautkrankheiten. Berlin ISOi. 


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der fusocellulären Sarcome fast gänzlich und innerhalb der¬ 
selben vollkommen fehlen. 

Sehen wir uns in der Literatur um, ob ähnliche Beob¬ 
achtungen wie die unsrige existiren, so ist vor allem auf die 
Arbeit Spiegler’s (1. c.) hinzuweisen, in welcher wir viele 
Analogien vorfinden. In einem Falle Spiegler’s ergab sich 
das vollkommene Fehlen von Metastasen in den übrigen inneren 
Organen. Nur im Magen fanden sich offenbar, sowie an der 
Haut, rückgebildete Tumoren, ohne dass während des Lebens 
irgendwelche Verdauungsstörungen beobachtet worden wären. 
Auch hier sass der Hauttumor im unteren Theile des Corium. 
Das dichte kleinzellige Infiltrat des eigentlichen Tumors begann 
in der Höhe der oberflächlichen Schweissdrüsen. Die Zellen 
waren theilweise regellos in dichten Massen iu fibrillärer Grund¬ 
substanz angeordnet, theils lagen dieselben in einer an Perlen¬ 
schnüre erinnernden Regelmässigkeit in einem aus zartem, fibril¬ 
lärem Bindegewebe bestehenden Grundgewebe. Ausserdem 
fielen iu dem Bindegewebe des subpapillären Theiles die 
grossen und zahlreichen Lymphspalten, in dem Tumor selbst 
die grosse Anzahl von erweiterten Lymphgefassen auf, die oft 
zu 4 und 5 in einem Gesichtsfelde sichtbar waren. Allerdings 
ist ein wesentlicher Unterschied dieses Spieg 1 e r’schen Falles 
von dem uuserigen in der Rückbildung der Tumoren zu sehen. 

Spie gl er fand es ebenso auffallend, wie wir es an un¬ 
seren Präparaten beschrieben haben, dass im Tumor selbst die 
unmittelbar subpapillären Partien von Infiltratzellen nahezu 
vollkommen frei waren. Auch Unna betont, dass in der Haut 
die meisten Sarcome nur zögernd auf den Papillarkörper über¬ 
greifen. Gewöhnlich bleibe derselbe und eine oberflächliche 
Schicht der Cutis von eigentlichem Sarcomgewebe frei. In dieser 
Eigenschaft würde mithin unsere Tumorgattung dem eigent¬ 
lichen Sarcom gleichen. 

Von dem Bindegewebe berichtet Spie gl er nur, dass es 
ein derbes, festes und solides Aussehen habe. Im Magen zeigte 
sich auch die glatte Musculatur vielfach von Infiltrationszellen 
durchsetzt. Darnach zeigt der Spiegler’sche erste Fall mit 
dem unsrigen die grösste Aehnlichkeit. Auch Spiegler be¬ 
tont, dass es sich bei ihm um einen in der Tiefe des Coriums 


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sitzenden, aus kleinzelligem Infiltrat bestehenden Tumor han¬ 
delte, dessen Zellen das Cutisgewebe nicht verdrängen, sondern 
unter Erhaltung desselben in den Zwischenräumen dieses ein- 
gelagert erscheinen — ein Umstand, in welchem, abgesehen vom 
klinischen Verlaufe, ein principieller Unterschied vom echten 
Sarcom bestehe. Im unmittelbar subpappilären Gewebe handle 
es sich um Hypertrophie des Bindegewebes neben Zelleninfil¬ 
tration um die Gefässe, Haarfollikel und Talgdrüsen. 

In dem zweiten Falle Spiegler’s war die ungeheuer 
reiche Vascularisation des Tumors und die massenhafte Ab¬ 
lagerung von Pigmentschollen auffallend. Man hat überhaupt 
nach der Beschreibung Spiegle Fs den Eindruck, als ob in 
seinen 4 Fällen gewisse, wenn auch nur kleine, wenigstens hi¬ 
stologische Unterschiede bestehen. Indessen sind diese viel¬ 
leicht nur als kleine Varietäten des gleichen pathologischen 
Processes aufzufassen. 

Auch in dem dritten Falle Spiegler’s handelte es sich 
um eine kleinzellige Infiltration in das Gewebe der Cutis mit 
fast intacter Erhaltung der Grundsubstanz jener selbst. Dieser 
Fall war zwar klinisch von dem ersten etwas verschieden, glich 
ihm aber vollkommen in dem mikroskopischen Bilde. 

Genau wie in uuserem Falle war auch in den Spie gl er¬ 
sehen Fällen in keinem seiner 4 Fälle eine abnorme Verän¬ 
derung des Blutes und der Blut bereitenden Organe zu con- 
statiren. In einem weiteren Punkte des klinischen Verlaufes 
stimmt unser Fall mit den Spiegler’schen überein, nämlich 
in dein beschränkten Wachsthum der einzelnen Tumoren. 
Auch unsere Tumoren, genau wie die Spiegle Fs, gingen nicht 
über eine gewisse Grösse, eUva die einer Haselnuss hinaus. Im 
Gegensätze zu SpiegleFs Beobachtungen kam es allerdings 
in unserem Falle nicht zur Rückbildung einzelner Tumoren. 
Vielleicht lag dies aber daran, dass der Kranke sehr schwere 
Arbeit hatte und gleich von vorne herein einen sehr schwäch¬ 
lichen angegriffenen Eindruck machte und, wie er betonte, von 
Kindheit an immer sehr schwächlich gewesen war. 

Mit Recht hebt Spiegler gegenüber unseren geläufigen 
Anschauungen über Sarcome, welche zu verlassen gar kein 
Grund vorliege, hervor, dass in seinen Fällen die Geschwülste 


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J o 8 ep h. 


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eine bestimmte Grösse erreichten, um dann entweder stationär 
zu bleiben oder sieh zurückzubilden. Histologisch handelte es 
sich aber in Spiegle r’s wie in unsern Fällen nicht um Ver¬ 
drängung der benachbarten Gebilde durch den Tumor, sondern 
vielmehr um ein kleinzelliges Infiltrat in das Maschenwerk der 
Cutis mit nahezu intacter Erhaltung der Structur dieser letz¬ 
teren. Er fügt hinzu: Die Möglichkeit der Resorption eines 
solchen kleinzelligen Infiltrates erkläre auch die Verkleinerung 
der Tumoren. Von welchen Bedingungen dies abhängig sei, 
bleibe allerdings räthselhaft. Nach den histologischen Befunden 
in meinem Falle glaube ich, dass wir nun die Erklärung hier¬ 
für haben. Ich vermuthe, sie liegt in der hyalinen Degene¬ 
ration des Bindegewebes und der mucinösen Degeneration der 
Infiltratzellen. Es ist aber nicht progredientes Wachsthum, wie 
bei den wahren Tumoren vorhanden, sondern es bestehen die 
Zeichen regressiver Veränderungen bereits, wodurch die Mög¬ 
lichkeit einer spontanen Resorption der Tumoren gegeben ist. 
Zum Unterschiede von den Sarcomen handelt es sich also in 
diesen Fällen, wie Spiegler sehr richtig betont, um eine ganz 
strenge, circumscripte, nicht fortschreitende, wohl aber der Rück¬ 
bildung fähige Bindegewebswucherung mit kleinzelligem Infil¬ 
trate. Eine Abgrenzung von den veritablen Sarcomen müsse 
vorgenommen werden, wenn auch manche Fälle durch Meta¬ 
stasenbildung in inneren Organen gleich den echten Sarcomen 
durch schwere Schädigung der Functionen derselben zu schwerer 
Cachexie und schliesslich zum Tode führen. Daher sei trotz 
vielfacher histologischer Aehnlichkeiten doch eine Abgrenzung 
dieser Geschwülste von den echten Sarcomen herbeizuführen, 
sie seien unter den Begriff der von Kaposi vorgeschlagenen 
„sarcoiden Geschwülste“ einzureihen. 

Ich schliesse mich nach meiner Beobachtung vollkommen 
Spie gl er an. Nur möchte ich zu dem Begriffe der sarcoiden 
Geschwülste ganz allein jene von Spiegler und mir festge¬ 
stellte besondere Form gezählt wissen. Ich möchte nicht, wie 
Kaposi es thut, auch hierunter die Mycosis fungoides, die 
Leukaemia und Pseudoleukaemia cutis, das Sarcoma und die 
Sarcomatosis cutis unterordnen, da mir scheint, dass diese 
Formen doch genügend von einander abgegrenzt sind und in 


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sich geschlossene Symptombilder darbieteu. Zwar findet man 
beim idiopathischen multiplen Pigmentsarcom Kaposi’s , l ) mit 
dem ja die sarcoiden Tumoren, von nun in dem engeren Sinne 
gefasst, gar keine klinische und histologische Aehnlichkeit be¬ 
sitzen, auch als Zeichen der Metastasenbildung Sarcomknoten 
in inneren Organen (Kehlkopf, Trachea, Magen und Darm, be¬ 
sonders reichlich Dickdarm und Leber). Auch in mehreren 
Fällen von Mycosis fungoides constatirten Kaposi und Palt- 
auf 54 ) das Auftreten zahlreicher halberbsengrosser, knötchen¬ 
förmiger Infiltrate im Magen, der Pleura, dem Peritoneum, der 
Leber und anderen Organen. Ob nicht Uebergänge zwischen 
den einzelnen Gruppen Vorkommen, muss die Zukunft lehren, 
es ist dies aber auch nicht unwahrscheinlich, wie ja z. B. auch 
Paltaufs dritter Fall von Mycosis fungoides (1. c. p. 131) in 
hohem Grade der Pseudoleukaemie ähnliche Veränderungen 
zeigte. Trotzdem wird es im Interesse der zukünftigen Forschung 
doch einen gewissen Werth haben, zunächst einmal eine ge¬ 
wisse Classification der vorliegenden Beobachtungen zu ver¬ 
suchen. 

Dieselben Eigenschaften aber, welche Palt auf als mass¬ 
gebend für die Trennung der Mycosis fungoides von den echten 
Sarcomen aufgestellt hat, treffen auch für die Charakterisirung 
der sarcoiden Geschwülste zu. Wir sind nicht immer im Stande, 
wie Pal tauf hervorhebt, die verschiedenen Rundzellen, die 
durch gesteigerte Theilung und Proliferation aus Biudegewebs- 
zellen sich entwickeln von solchen lymphatischer Abstammung 
genügend zu differenziren. Daher ist allerdings der histolo¬ 
gische Befund als solcher allein nicht massgebend. Denn auch 
bei den Tumoren der Mycosis fungoides ist es gewiss, dass 
dieselben durch den Reichthum junger, wenig entwickelter 
Zellen, durch das nebenhergehende Zurücktreten der Grund¬ 
substanz die hervorragendsten histologischen Eigenschaften der 
Sarcorae aufweisen und auch genetisch als Wucherungen der 
Bindegewebszellen jenen entsprechen. Aber neben diesen histo¬ 
logischen Eigenschaften kommt für die Sareome im Gegen- 

') Lehrbuch der Hautkrankheiten von Hebra und Kaposi. 2. Bd. 
1876, p. 472. 

*) Verhandlungen des IT. internat. dermat. Cougresses. Wien 1892. 

Archiv f. Dtrmat. u Syphil. Band XLVI. 


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satze zu den sarcoiden Tumoren vor allem eine uothwendige, 
klinische Eigenschaft in Betracht, das ist das progressive Wachs¬ 
thum. Dazu kommt, worauf Pal tauf bei der Mycosis fun- 
goides aufmerksam macht, und was auch bei den sarcoiden 
Tumoren zutrifft, dass einzelne Geschwülste, trotzdem sie 
manchmal ganz umschrieben sind, kein sogenanntes centrales 
Wachsthum zeigen, sondern sich diffus und infiltrirend ent¬ 
wickeln. Sie treten a priori multipel, über die ganze Haut 
zerstreut auf, ihr Gewebe ist histologisch auch nicht dem voll¬ 
kommen embryonalen Bindegewebe entsprechend, wie es als 
charakteristisches Zeichen bei so vielen wirklichen Sarcomen 
der Fall ist. 

Wo der primäre Krankheitsherd zu suchen ist, ob in den 
Veränderungen der Haut, oder der inneren Organe, lässt sich 
an dem von mir beobachteten Falle nicht mit Sicherheit unter¬ 
scheiden. Es wäre ebenso gut möglich, dass sich in der Haut 
primär die Tumoren entwickelt hätten, wie auch das Umge¬ 
kehrte der Fall sein kann. Vielleicht hatte sich im Magen der 
primäre Tumor etablirt, und von hier aus erfolgte dann erst 
die Ueberschwemmung des Körpers secundär. Für letztere An¬ 
nahme spricht ganz besonders der Befund von Geschwulstzellen 
in einer Arterie (cf. Taf. II, Fig. 4). Hiernach ist es wohl das 
wahrscheinlichste, dass metastatisch von inneren Organen aus 
eine Infection nach der Peripherie des Körpers erfolgt ist. 
Daher ist auch die infiltrative Zone am stärksten in den tieferen 
Theilen der Cutis und im subcutanen Fettgewebe, während sie 
nach dem Papillarkörper zu ganz im Gegensatz zur Mycosis 
fungoides z. B. erheblich abnimmt. Es würde vielleicht für die 
sarcoiden Tumoren die gleiche Annahme gelten können, welche 
Kaposi für das multiple idiopathische Pigmentsarcom ausge¬ 
sprochen hat. Er nimmt eine gleich von Anfang an vorhan¬ 
dene Allgemeinerkrankung an, und hält es für ausgeschlossen, 
dass hier vielleicht von einem primären Tumor aus eine all¬ 
gemeine Metastasirung zu Stande gekommen wäre. Es würde 
diese Anschauung sich einer von Paltauf geäusserten Meinung 
nähern. Er hält es für sehr wahrscheinlich, dass noch andere 
Ursachen als die bekannten und immer in Rechnung gezogenen 
formativen und vitalen Reize, Gewebsproductionen auslösen 


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können, vielleicht nicht in allen Geweben, wohl aber scheine 
das Bindegewebe, das lymphatische Gewebe, vielleicht auch das 
Epithel dazu disponirt zu sein. Vielleicht könnte man auch das 
Auftreten der sarcoiden Tumoren in Analogie mit chronischen 
Infcctionskrankheiten, z. B. der Pseudoleukaemie bringen. In- 
dess ist es müssig dies weiter auszuspinnen, da es sich hier 
nur um Vermuthungen handelt. 

Jedenfalls hoffe ich durch die eingehende Mittheiluog der 
vorliegenden Beobachtungen gezeigt zu haben, dass die sar¬ 
coiden Tumoren der Haut ein Krankheitsbild für sich bilden 
und von den übrigen Symptomenbildern abgegrenzt werden 
können. Sache der späteren Forschung wird es sein, die noch 
bestehenden leider sehr zahlreichen Lücken auszufüllen. 


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Joseph. 


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Erklärung der Abbildungen auf Taf. IX u. X. 

Taf. IX. Lichtdruckbild vom Kranken, a. und b. Tumoren. 

Taf. X. Fig. 1. Vergr. 40/1. Zeigt die Einlagerung der Zellen in die 
Spalten des Cutisgewebes, die Zellen vereinigen sich zu Strängen und 
Haufen. In der Umgebung eines Haarfollikels eine dichte Zellinfiltration, 
bei g eine mit Zellen angeföllte kleine Arterie, a Epidermis mit lücken¬ 
hafter Pigmentirung. 

Fig. 2. Yergr. 350. Eine Partie eines Zellstranges in der Um¬ 
gebung eines kleinen Lymphgefässes l bei starker Vergrösserung. 

gr Granulationsgewebe, z die zwischen die Bindegewebsbündel 
eingelagerten Tumorzellen, zwischen ihnen spindelförmige Bindegewebs¬ 
zellen. 

Fig. 3. Yergr. 350. Ein kleiner Theil eines Zellstranges bei 
starker Vergrösserung. 

Fig. 4. Die kleine Arterie g in Fig. 1 bei 350facher Vergrösserung. 
Das Lumen mit grossen Zellen dicht erfüllt. In der Umgebung Tumor¬ 
zellen mit aufgelockertem wabig gebautem Protoplasmaleib, daneben 
einige Mastzellen, m . 

Fig. 5. Kleine Partie des wuchernden Bindegewebes bei starker 
Vergrösserung. Bei k eine Karyokinese. 

In der Umgebung Turaorzellen mit gering entwickeltem Proto¬ 
plasmasaum und schwach gefärbten Kernen. Bei z eine Zelle mit zwei 
Kernen, bei m eine Mastzelle. 

Fig. 6. In der Umgebung eines kleinen Lymphgefässes l eine 
Ansammlung von Tumorzellen. 

Bei z Zellen mit blassblau gefärbtem, leicht gekörntem schmalen 
Protoplasmasaum, bei z { Zellen mit violett gefärbtem Leib, m Mastzellen. 

Fig. 7. Einige Zellen mit violett gefärbtem wabigem Zellleib. 

Fig. 8. Im Zerfall begriffene Zellen. 


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lieber einen Fall von Impetigo herpeti- 

formis. 

Von 

Prof. Tommasoli, 

Palermo. 

(Hierzu Taf. XI.) 


Als Anhang zu meiner Publication in der Herrn Prof. Pick ge¬ 
widmeten Festschrift, über einige Varietäten des Pemphigus und 
besonders über den Pemphigus vegetans, den ich Condylom a- 
tosis pemphigo'ides malignanenne, veröffentliche ich hier 
einen Fall von Impetigo herpetiformis, einer Krankheit, die jener 
sehr verwandt ist. Derselbe ist interessant wegen seiner objectiven 
Typicität; wegen des Geschlechtes des Kranken und noch mehr 
wegen seiner allgemeinen Eigenschaften und wegen des schlechten 
Allgemeinzustandes, auf den er herabgekommen war; wegen 
der therapeutischen Studien, denen der Patient unterzogen 
wurde; wegen seines Verlaufes; wegen der Seltenheit der Der¬ 
matose, von der, wie ich glaube, noch kein Fall in Italien ver¬ 
öffentlicht worden ist. Mein Fall kann daher veröffentlicht 
werden, ohne dass ich ihn mit Erläuterungen oder mit mehr 
oder weniger gewundenen Discussionen ausschmücke. 

Val* Vitt aus Sassuolo (Modena), Hutmacher, unverheiratet, kam 
am 27. Februar 1893 in die innere Klinik von Modena wegen einer 
Nervenkrankheit und Kopfschmerzen und wurde mit der Diagnose Alko¬ 
holismus aufgenommen. Während er eine Jodcur durchmachte, welche 
schon den Kopfschmerz gebessert hatte, traten in der Schamgegend und 
in den Achselhöhlen Hautveränderungen auf, welche mit ziemlicher 
Schnelligkeit allmälig solche Ausdehnung annahmen, dass der Kranke 
am 19. März nach der Hautklinik, die damals von mir geleitet wurde, 
überführt werden musste. 

Anamnese (22. März 1893). 

Der Vater des Kranken war ein starker Mann, Lastträger und von 
guter Gesundheit; er wurde 1896 in einer Rauferei getödtet. Die Mutter 
des Kranken ging gerade mit ihm schwanger, als der Todschlag geschah 
und war darüber lange Zeit sehr verstört. Sie ist klein, aber gesund, 
trotz ihrer 60 Jahre. Sie war niemals krank, war aber immer sehr ner¬ 
vös und leicht reizbar. Ein Vetter dieser Frau starb an Kehlkopfkrebs. 
Der Kranke hatte viele Geschwister, aber alle starben an unbekannten 


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Tommasoli. 


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Krankheiten, bis auf einen Bruder, der 34 Jahre alt und sehr kräftig ist 
und der, wie der Kranke, dem Trünke ergeben ist, aber viel besser den 
Wein verträgt und sich weniger leicht betrinkt. — Der Kranke hat als 
Kind viel Elend ausgestanden und hat fast nackt die strengsten Winter 
und die häufig fast tropischen Sommer seiner Heimat durchmachen 
müssen. Ausserdem hat er fast beständig iu feuchter Umgebung leben 
müssen, da er seiner Mutter bei ihrer Beschäftigung als Waschfrau half. 

Mit 10 Jahren fing er an an Bauchschmerzen zu leiden und erinnert 
sich, dass er während mehr als 2 Jahre fast wöchentlich an heftigen 
Koliken und an Diarrhöe litt. — Mit20Jahien machte er seinen Militär¬ 
dienst und fing während dieser Zeit an, an Jucken am Scrotum zu leiden, 
wo sich in Folge des Kratzens Krusten bildeten. Dieses Jucken heilte 
nie vollkommen und er leidet auch jetzt noch daran. — Seit ca. 6 Jahren 
leidet er auch an Hämorrhoiden, ohne jedoch viel Blut zu verlieren. 
Immerhin belästigen sie ihn sehr und er sagt, dass „sie ihm in den 
schlechtesten Augenblicken hinaufsteigen bis zum' Magen und bis zur 
Kehle“. Im Jahre 1890 litt er mehr als 1 Monat stark an Influenza und 
seit der Zeit sagt er, habe er sich nicht mehr wohl befunden, da er immer 
an Kopfschmerzen, Bauchschmerzen und an Schmerzen und Schwäche in 
den Beinen und allgemeinem Uebelfinden gelitten habe. — Vor 1 Jahre 
ganz besonders hatte er eine starke Unterleibsentzündung, die ihn für 
lange Zeit verhinderte, Beinkleider zu tragen und die Stuhlverstopfung 
zurücklieBs. — Er erkältete sich ausserordentlich leicht und bekam leicht 
Schnupfen. — Seit 8—10 Jahren hat er sich dem Trunk ergeben und 
gibt zu, dass er durchschnittlich 2mal per Woche, Sonntags und Montags, 
einen Rausch sich an trinkt. Die anderen Wochentage frank er fast aus¬ 
schliesslich Wasser und arbeitete fleissig in einer sehr dunklen und engen 
Hutmacherwerkstätte, während er zugleich seiner Mutter in ihrer schweren 
Beschäftigung als Wäscherin half. In Folge dessen war er seit mehr als 
1 Jahre so sehr geschwächt, dass die Beine zitterten und er schon von 
einem einzigen Glase Wein betrunken wurde. Dann hatte er alle Kraft 
verloren, hatte wenig Appetit, dagegen immer viel Durst. — Seit einigen 
Monaten litt er auch an Kopfschmerz, der sich steigerte, sobald er auch 
nur ein halbes Glas Wein trank und besonders Abends sehr stark wurde. 
Am andern Morgen fühlte er sich dann besser, aber der Kopfschmerz 
bestand fort. — An den Beinen fühlte er Zuckungen und nervöse Con- 
tractionen. Gegen Abend schien er gelähmt zu sein und konnte nicht 
gehen, weil ihm schwindelig wurde, es ihm schien, als ob die Steine sich 
unter seinen Füssen erhöhten. In Folge dessen ging er taumelnd und 
musste sich mitunter auf die Knie legen, um nicht zu fallen, obgleich 
er den ganzen Tag keinen Wein angerührt hatte. 

Status praesens (23. März 1893). 

Der Kranke hat nur 32 Jahre, aber ist schon alt, denn er ist fast 
ganz kahlköpfig, hat ein leidendes Aussehen, ist langsam in seinen Be¬ 
wegungen und im Sprechen und ist den Tag über schweigsam und nieder¬ 
geschlagen. Appetit sehr gering, schläft wenig und wird fortwährend 


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Ueber einen Fall von Impetigo herpetiformis. 


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von unbestimmten Schmerzen und besonders von Kopfschmerz geplagt. 

_ Sein Knochenbau jedoch ist sehr gut, seine Farbe ziemlich gut, seine 

Musculatur gut und die Ernährung zufriedenstellend. — Die innere Unter¬ 
suchung, welche zuerst in der Klinik für innere Krankheiten gemacht 
war und auf der meinigen wiederholt wurde, hat nur folgende Resultate 
ergeben : 

An der linken Lungenspitze finden sich die Reste einer umschrie¬ 
benen Pleuritis; das linke Herz ist vergrössert, der Yergrösserung ent¬ 
spricht aber nicht die Herzthätigkeit; der Magen ist etwas erweitert; 
die übrigen Organe scheinen gesund, einschliesslich der Wirbelsäule, die 
genau untersucht wurde. Diesen Befunden gegenüber ist bemerkenswerth 
der grosse Kräfteverfall des jungen Patienten ; sind weiter bemerkens- 
werth die Temperatur, welche gegen Abend steigt und der dumpfe und 
tiefe Kopfschmerz, der ihn fast fortwährend quält und ist schliesslich 
noch bemerkenswert her die sehr geringe Urinmenge, welche schon in der 
innern Klinik beobachtet wurde. 

Die Hautafiection, welohe augenblicklich besteht, hat vor circa 20 
Tagen angefangen. Vor dieser Zeit, wie schon gesagt wurde, hatte der 
Kranke schon seit J a hren an Jucken am Sero tum mit einigen crustösen 
Pusteln gelitten, die ihn leidlich belästigten. Seit einiger Zeit bemerkte 
er auch ein wenig Jucken an den Armen und Beinen. Und in der rechten 
Achselhöhle und Schultergegend, an den beiden Punkten nämlich, wo 
sich augenblicklich die charakteristischen Manifestationen der Hautkrank¬ 
heit befinden, scheint der Kranke schon seit einiger Zeit 2 kleine trockene 
Eczemflecke gehabt zu haben. 

Während er in der inneren Klinik war, entstanden plötzlich, nach¬ 
dem stärkeres Jucken uad ein Gefühl von Hitze und Belästigung voran¬ 
gegangen waren, am Mons Yeneris einige Pusteln, welche, indem neue an 
der Peripherie auftraten, schnell aufbrachen und eine wunde Fläche 
hinterliessen. Bald darauf wiederholte sich an den Achselhöhlen dieselbe 
Erscheinung und, wie der Kranke glaubt, auch am Rücken, wo er gleiche 
subjective Symptome wahrgenommen hatte u. zw. an der obengenannten 
regio intraßcapularis. 

Augenblicklich weist der Kranke in der Schamgegend eine grosse 
kranke Fläche auf, deren Ränder unregelmässig polycyklisch sind und 
die an der Wurzel des Penis beginnt und bis zur halben Höhe zwischen 
Nabel und Scham hinaufsteigt. 2 andere kranke Flächen, welche die erste 
berühren, gehen von der Scham über die Leistengegend bis an die Innen¬ 
fläche der Schenkel hinab und 2 andere gehen von den Achselhöhlen 
aus, erstrecken sich bis zum inneren Rand der Arme und andererseits 
bis über die vordere Achsellinie hinaus und reichen bis zur Warzenhöhe 
hinab. Ausserdem findet sich ein kleiner rundlicher Fleck an der Vorder¬ 
seite des linken Schenkels und ein ähnlicher au der Aussenseite des 
linken Armes, beide in geringer Entfernung von den Hauptfläcben und 
3 andere Flecke, einer handgross und 2 kleine finden sich am Rücken. 
Die Ränder dieser Flecken sind meistens von einem erhabenen und gelb- 


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liehen Kreis gebihlut, weicher deutlich aus vielen einzelnen Phlyctenen 
zusammengesetzt ist, welche in feston&rtigen Kreisen angeordnet sind. 
Diese Phlyctenen sind offenbar durch die Verschmelzung von vielen 
kleinen, miliaren, weisagelblichen, schlaffen Pustelchen entstanden, denn 
in vielen Punkten an den Rändern oder auch im Innern der kranken 
Flächen sind die isolirten oder auch gruppirten Bläschen-Pustelchen noch 
deutlich und man kann leicht davon die Weiterentwicklung verfolgen, 
wodurch sie sich nähern, verschmelzen und sich schliesslich in Kreis¬ 
segmenten anordnen. Die daraus entstehende Phlyctene bricht dann auf, 
um sich bald am Aussenrande neu zu bilden, und hinterlässt eine Wund¬ 
fläche, die zuerst von einer grauen zähen Flüssigkeit benetzt ist, dann 
glänzend feucht wird und schliesslich fleischroth und trocken. 

Das Innere dieser Flächen hat im Ganzen das Aussehen einer sehr 
oberflächlichen Ulceration und weist vom Centrum gegen die Peripherie 
mit seinem wechselnden Aussehen die verschiedenen Altersstufen der 
verschiedenen conoentrischen Zunen auf, aus denen sich die Fläche 
zusammensetzt. In der That sind die centralsten Zonen trocken, von 
dunkelrother oder blaurother Farbe und bedeckt hie und da von kleinen 
grauen oder dunklen Schuppen und Krusten oder auch von einigen 
schmutzigen und fettigen Schuppen, im Masse aber als die Zonen sich 
gegen die Peripherie ausdehnen, wird die Rothe viel lebhafter, hört die 
Trockenheit auf und tritt an ihre Stelle die zähe und graue, obenerwähnte 
Flüssigkeit, während die grauen Krusten häutiger und dicker werden und 
in geringer Entfernung von der Peripherie man auch wieder einige 
Bläschen-Pustelchen und einige unregelmässige Kreisstücke von Phlyc¬ 
tenen sieht. 

Nach Erhebung aller dieser verschiedenen allgemeinen 
und localen Befunde, schien mir ein Urtheil über die Krank¬ 
heit nicht schwierig und, indem ich die medicinische mit der 
dermatologischen Diagnose vereinigte, Hess ich zu Häupten des 
Kranken „Impetigo herpetiformis bei einem Alkoholiker“ schreiben. 

Zwar handelte es sich um einen Mann, aber auch bei 
einem solchen war diese Diagnose nicht mehr neu. Und dann 
möchte ich eine Thatsache noch anführen, die augenblicklich 
ohne Bedeutung scheinen kann, aber die vielleicht in Zukunft 
eine solche haben wird, dass nämlich dieser Kranke in 
intellectueller und in psychischer Hinsicht, wie auch in seinen 
Bewegungen und seinem Benehmen zu jenen Typen gehörte, 
welche wir Italiener Donneschi (Weibmann) Dennen. 

Ehe ich den Kranken einer Behandlung unterwarf, wollte 
ich ihn ein wenig genauer studiren und trug für einige Tage 
Prof. Cuoghi auf, eine genaue Untersuchung des Harnes zu 
machen. Das Resultat davon war das Folgende: 


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Heber einen Fall von Impetigo herpetiformis. *201 

I. Untersuchung: Menge Ccm. 980 (in 24 St.), spec. Gewicht 1018, 
Eiweiss 0, Scotoxyle normal, Indoxyle ubernormal, Reductionsverm. nor¬ 
mal, Urorerythrin etwas mehr als normal, Urobilin 0, Melanin 0, Kreatinin 
normal, Aceton normal, Gallenfarbst. 0, Gallensäuren 0, Leucin und 
Tyrosin 0, Kalk normal, Magnesia etwas mehr als normal, Chlorüre Gr. 
10, Phosphorsäureanhydrid der alk. Phosphate Gr. 0 842, Phosphorsäure¬ 
anhydrid der Erdphosphate Gr. 0*278, Summa Gr. 1120. Harnstoff Gr. 
17*640, Säuregehalt, (ausgedruckt in Ccm. 4 CI auf '/, des Normalen) 118, 
Schwefelsäure total Gr. 1*800, Schwefelsäure präformirt Gr. 1150, Schwefel¬ 
säure der Aether Gr. 0*650, Proportion zwischen Schwefels, der Aether und 

der präformirten (^ ra Mittel -^-). 

II. Untersuchung (verschieden von der I. im Folgenden): Menge 
Ccm. 950, spec. Gewicht 1020, Indoxyl mehr als normal, Uroerythrin 
mehr als normal, Chlorüre Gr. 10*40, Phosphorsäureanhydrid der alk. 
Phosphate Gr. 1*090, Phosphorsäureanhydrid der Erdphosphate Gr. 0*420, 
Summa Gr. 1*510, Harnstoff Gr. 18*250, Acidität 170 (normal 130—140). 

Wie Jedermann aus diesen beiden Prüfungen entnehmen 
kann, war das Verhältniss der Schwefeläther und also auch 
der flüchtigen Phenole im Harn unseres Kranken anormal er¬ 
höht; und wenn man die absolute, nicht die relative Elimina¬ 
tion in Betracht zieht (denn die tägliche Harnmenge ist gegen 
die Norm um ein Drittheil verringert und trotzdem arm an 
Extractivstoffen), so kann man behaupten, dass der Stoff¬ 
wechsel des Kranken viel langsamer als normal vor sich ging. 

In Folge dessen zog ich es vor, anstatt die Dermatose 
zu behandeln, auf den Organismus einzuwirken und mit be¬ 
sonderer Rücksicht auf jenen enormen Kräfteverfall und jene 
enorme Schwäche, von welcher jede Function des Organismus 
betroffen zu sein schien, dachte ich, ob dies nicht ein Fall 
wäre, wo man die Cur von Brown-Sequard anwenden könnte. 

Inzwischen, wo ich nicht die nöthigen Mittel für eine 
solche Cur in Händen hatte, verordnet© ich innerlich eine 
Flasche Vichy (Celestins) täglich; gab ich hin und wieder in 
kleinen Dosen anregende, tonische und Bitterstoffe und Abends 
oft 1 Gr. Chloral. um den Schlaf zu erleichtern. Aeusserlich 
gebrauchte ich an den gebesserten Stellen Zinkoxyd und Amy- 
lumpulver mit einer kleinen Menge Salicylsäure und an den 
schlechteren Stellen Paste von Lassar mit Schwefel. 

Diese Cur wurde bis zum 20. April angewendet. Die 
Dermatose verschlimmerte sich aber immer: es bildeten sich 


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immer neue Gruppen und neue Kreise von Pusteln; die exul- 
cerirten Flächen dehnten sich immer mehr aus; die Schlaf¬ 
losigkeit und der Kopfschmerz hörten nur sprungweise auf; die 
Abendtemperatur war immer mehr als 38°; die Kräfteerschöpfung 
wich nur sehr wenig und da ich noch nicht die genügende 
Menge von der Brown-Sequard’schen Flüssigkeit haben 
konnte, so versuchte ich eine andere Curmethode anzuwenden. 
Innerlich Jodkalium in ziemlich hohen Dosen, Vichy-Wasser 
und viel Milch. Aeusserlich auf den grössten Flächen ung. 
resorc. comp., auf der Stelle am Arm Beiersdorffs-Pflaster Nr. 28 
(Zinkoxyd und Carbolsäure), auf den Stellen am Rücken Pflaster 
Nr. 29 (Zinkoxyd, Sublimat und Carbolsäure) und auf der Stelle 
an der Innenfläche des Schenkels Pflaster Nr. 10 (Salicylsäure). 

Zwei Tage nachher musste ich die Resorcinsalbe auf¬ 
geben, weil sie reizte und ersetzte sie durch eine Zinksalbe, 
welche 2% Resorcin und 1% Menthaessenz enthielt. 

Nach 3 andern Tagen sind die allgemeinen Verhältnisse 
des Kranken ein wenig gebessert, aber die Dermatose ver¬ 
schlimmert sich und ich fange an hie und da Pusteln zu be¬ 
obachten, die ein neues Aussehen nach dem Typus der Jod¬ 
akne haben. Nach 3 andern Tagen, während der Gebrauch 
von Jod fortdauert, haben sich die Aknepusteln besonders an 
der Stirn und am Rücken vermehrt; ausserdem treten an den 
schon erkrankten Stellen am Rücken harte, dunkelrothe Knöt¬ 
chen von Hanfkorngrösse auf und entsteht über den ganzen 
Körper Jucken. Nur die Stellen, welche mit der Resorcin- 
pomade und mit dem Pflaster Nr. 29 behandelt waren, sind 
gebessert und neigen dazu, trocken zu werden. Ich denke 
daher daran, Jod aufzugeben, während ich mit Vichy-Wasser 
fortfahre, das für die Verdauung sehr nützlich zu sein scheint 
und äus8erlich auf all den Stellen, wo das Pflaster anwendbar 
ist, wende ich das Pflaster Nr. 29 an, das offenbar das gün¬ 
stigste Heilmittel zu sein scheint und an den Stellen in den 
Beugeflächen und um dieselben wende ich die Pomade mit 
Resorcin und Mentol an. 

Nach 4 Tagen, d. h. am 4. Mai, haben die Akne und das 
Jucken aufgehört, ist die Dyspepsie sehr gebessert, versichert 
der Kranke sein Wohlbefinden, denn er kann aufstehen und 


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Ueber einen Fall von Impetigo hfirpetifurmis. 


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unihergehen ohne Stütze 1 Stunde lang. Jedoch bilden sich 
fortwährend neue, miliäre Pusteln in Gruppen hie und da 
u nd treten sie auch um die alten Stellen am Rücken und an 
der Scham auf; einige Bläschenpustelchen, so gross wie eine 
Linse und in kleinen Gruppen von 3—6 Elementen vereinigt, 
und die Stellen an der Scham und in den Achseln dehnen sich 
immer mehr aus. Ich entscheide mich daher schliesslich, die 
Brown-Sequard-Cur auszuführen, ohne wieder zum Jod¬ 
kalium zurückzukehren. 

Die beigefügte Abbildung (Taf.XI) wurde nachdem Status vom 
6. Mai angefertigt. Am 7. Mai wurde die erste Injection von 1 Gr. 
Hodensaft gemacht, den ich direct von Paris von Prof. D’A r s o n v a 1 
erhalteu habe, dem ich au dieser Stelle, wenn auch etwas spät, 
meinen innigsten Dank dafür aussprechen möchte. 

5 Tage hintereinander wurde die Injection wiederholt und 
das Allgemeinbefinden des Kranken besserte sich in diesen 
Tagen sichtlich und so sehr, dass er sehr damit zufrieden war 
und täglich einige Stunden im Garten der Klinik spaziren gehen 
wollte. Trotzdem traten immer wieder einige Gruppen von 
Bläschenpusteln auf, die sieb schnell zu Kreisen anordneten und 
schon den ganzen Rücken und die Hüften bis zu dem Gesäss 
einnahmen. Die alten Stellen an der Scham, an den Leisteu 
und an der Innenfläche der Schenkel sind fast vollständig 
trocken geworden. 

Am 12. Mai, wo die 6. Injection gemacht werden sollte, 
begab sich der Patient gegen 8 Uhr Morgens in gutem Wohl¬ 
befinden nach dem Abort und musste dort mit Mühe wegen der 
gewöhnlichen Verstopfung sein Bedürfniss verrichten. Kaum in 
sein Bett zurückgekehrt, wurde der Patient nach einigen Minuten 
von lancinirenden Schmerzen zuerst am Hypogastrium und dann 
über den ganzen Leib befallen, von starker Dyspnoe und von 
schwachem, arythmischem Pulse; die Temperatur, '/ 2 St. vor¬ 
her 36'4, stieg plötzlich auf 37'8; es bestanden auch leichte Brech¬ 
bewegungen. Dieser Anfall geschah ca. 23 St. nach der In¬ 
jection von Hodensaft. Ich verordnete schnell beruhigende 
Wässer und anregende Getränke, während ich die Massage auf 
dem Leib ausführen liess. Dann legte ich einen Leinsamen¬ 
umschlag auf den Leib und unterliess die Injection. Der Zu- 


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T om ra a s o 1 i. 


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stand des Kranken besserte sich langsam und am andern Mor¬ 
gen war alles verschwunden. 

Darauf wollte ich die Injectionen wieder aufnehmen ußd 
machte, wie gewöhnlich, um 3 Uhr Nachmittags die 6. von 1 Gr. 
Flüssigkeit. Nach der Injection geht er, der Kranke, aus und 
geht 1 St. spaziren; um 5 Uhr Nachmittags isst er ein wenig; 
um 7 Uhr wiederholt sich ohne angebliche Ursache ganz der¬ 
selbe Anfall, wie den Tag vorher, mit noch höherer Tempera¬ 
tur, aber von geringerer Dauer. 

Da ich nunmehr glaubte, dass zu diesen schweren Stö¬ 
rungen die Flüssigkeit von Brown-Sequard beitragen könnte, 
eine Ueberzeugung, zu der auch der Kranke gekommen war, 
so gebe ich definitiv die Injectionen auf, deren Anzahl sich 
also auf 6 belief. Ich muss jedoch bemerken, dass auch Tags 
darauf der Kranke, der sich den ganzen Tag über wohl gefühlt 
hatte, sofort nach dem Nachtmahl von neuem von den ge¬ 
wöhnlichen Schmerzen befallen wurde, zuerst am Epigastrium, 
dann am Unterleib und von Dyspnoe, jedoch in viel gerin¬ 
gerem Grade als die vorhergehenden Male. 

In dieser Zeit ist das Allgemeinbefinden des Kranken sehr 
gebessert; die Temperatur ist normal, der Schlaf ziemlich gut. 
Was die Dermatose betrifft, so sind alle Stellen an der Vorder¬ 
seite des Rumpfes und der Schenkel trocken geworden und 
bestehen nur noch drei kleine Stellen feucht mit miliaren 
Pustelchen an der Peripherie in den Leisten; auf der Hinter¬ 
seite ist die Affection sehr gebessert und fängt sichtlich an 
definitiv trocken zu werden auf den meisten kleinen Stellen. 
Da der Kranke diesen guten Zustand wahrnimmt, so verlangt 
er von der Klinik fortzugehen und da er darauf besteht, so 
lassen wir ihn gehen, indem wir ihn mit dem Pflaster Nr. 29 
versehen für die Stellen, die noch bestehen; dies war am 
15. Mai. 

In seine Familie zurückgekehrt, verbrachte der Patient 
die ersten Tage sehr gut. Jedoch bald stellten sich die lon- 
cinirenden Schmerzen am Epigastrium wieder ein; kehrte der 
Kopfschmerz, die Schlaflosigkeit und auch die Appetitlosigkeit 
mit Verstopfung wieder zurück. Einige Tage später, d. h. 
gegen Mitte Juni, fing auch die Dermatose wieder an, die alten 


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Ueber einen Fall von Impetigo herpetiformis. 


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Sitze von neuem nach und nach zu befallen, und zwar in der 
gewöhnlichen Form auf den alten Stellen und auf wenigen 
neuen. Am 22. Juni kehrte der Patient in die Klinik zurück. 

Zu allen alten, allgemeinen Erscheinungen ist eine neue 
hinzugekommen und das ist der Durst, den, wie der Kranke 
sagt, er immer sehr stark gefühlt hatte, ohne jedoch davon 
Zeichen zu geben, da er ihn für eiue Folge seiner alten Ge¬ 
wohnheiten als Trinker gehalten habe und der sich jetzt nur 
sehr stark bemerkbar mache. Ausserdem sind zu der ge¬ 
wöhnlichen Verstopfung, die jetzt hartnäckiger als je ist, sehr 
geschwollene und schmerzhafte Hämorrhoidalknoten gekommen. 

Was die Dermatose betrifft, so siud die meisten alten 
Herde immer noch in gutem Zustande, d. h. trocken, dunkel- 
roth, theils pigmentirt, theils livid. Bemerkenswerth ist die 
Thatsache, dass bei allen denjenigen Herden, welche auf der 
Fläche des Unterleibes und des Rückens bestehen, der ver¬ 
schiedene Grad der Pigmentation sie wie Kokarden erscheinen 
lässt, die so auf Entfernung deutlich sichtbar sind. In den 
Leistenfalteu und an den innem Schenkelflächen sind die alten, 
früher trocknen Stellen von neuem geröthet, feucht und be¬ 
deckt mit kleinen, akneähnlichen, pruriginösen Papelchen oder 
mit Pustelchen, die sich schnell entwickeln und aufbrechen. 
Am Nacken, auf den Schultern, am Rücken und oberhalb des 
Nabels sieht man neue Gruppen von miliären Pustelchen, die 
sich schon in Kreisen oder in Kreissegmenten anordnen in der 
gewöhnlichen Weise. 

Ich lasse von neuem für einige Tage den Harn unter¬ 
suchen und gebe hier das Resultat davon, das ich der Liebens¬ 
würdigkeit und dem Eifer von Herrn Dr. Giovanni Setti, 
dem Assistenten von Prof. Coghi verdanke. 

I. Analyse der 24stünd. Hammenge (24.—25. Juni 1893). Menge 
Gr. 480, Säuregehalt starker als normal, spec. Gewicht 1025, Eiweiss 0, 
Scatoxyl normal, Indican mehr als normal, Reductionsvermögen grösser 
als normal, aber zeigt nicht pathol. Substanzen an (wie Glycose etc.), 
Uroerythrin mehr als normal, Chloröre Gallenfarbstoffe 0, Urobilin 0, 
Kreatinin normal, Gr. 8*85 (normal Gr. 15 in 1500 Gr. Harn), Anhydrid 
der P 3 0 5 im Ganzen in 50 Ccm. Uriu: 16 8 Ccm. der alkal. Phos¬ 
phate in 50 Ccm. Urin: 12*8, der Erdphosphate in 50 Ccm. Urin: 4 # 0. 

II. Analyse der 24stündigen Harnmenge (25.—26. Juni). Menge 
Gr. 350, Säurereaction normal, spec. Gewicht 102G, Eiweiss Spuren, 


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*206 


T ommasoli. 


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Scatoxyl normal, Iudican viel mehr als normal, Reductionsvermögen wie 
in "Analyse I, Uroerythrin mehr als normal, Urobilin 0, Kreatinin wenig 
mehr als normal, Gallenfarbstoffe 0, Chlorüre netto 10*4 — im Ganzen Gr. 8*64. 

III. Analyse der 21stündigen Harnmengo (26.-27. Juni). Menge 
Gr. 460, Sänrereaction normal, Eiweiss Spuren, spec. Gewicht 1020, 
Scatoxyl normal, Indican viel mehr als normal, Reductionsvermögen wie 
oben, Uroerythrin mehr als normal, Kreatinin etwas mehr als normal, 
Chlorüre netto 7'2 — im Ganzen Gr. 3*31, Phosphate im Ganzen in 25 
Ccm. Urin: 13*5, alkalischo Phosphate in 25 Ccm. Urin: 7*1, Erdphosphate 
ein 25 Ccm. Urin: 6*4. 

IV. Analyse der 24stündigen Harnmenge (27.-28. Juni). Menge 
Gr. 750, Reaction leicht basisch, spec. Gewicht 1013, Eiweiss mehr als 
an den vorigen Tagen, Scatoxyl normal, Indican viel mehr als nor¬ 
mal, Reductionsvermögen wie oben, Uroerythrin mehr als normal, Krea¬ 
tinin wenig mehr als norma’, Chlorüre netto 6 — im Ganzen Gr. 4*50, 
Phosphate im Ganzen in 25 Ccm. Urin: 6*2, alkalische Phosphate in 25 
Ccm. Urin: 3 8, Krdphosphate in 25 Ccm. Urin: 2*4. 

V. Analyse der 21stündigen Harnmenge (28.-29. Juni, gesammelt 
in zwei verschiedenen Rehältern). 1. Harn hellgelb, Menge Gr. 830, 
Säurereaction normal, spec. Gewicht 1004*3, Harnstoff Gr. 5*60, Eiweiss 
in geringer Menge, Scatoxyl 0, Indican 0, Reductionsvermögen 0, Uro¬ 
erythrin 0, Kreathinin normal, Chlorüre netto 2-9 “ Gr. 2*40, Phosphate 
im Ganzen Gr. 4*5, alkalische Phosphate Gr. 1*6, Erdphosphate Gr. 2*9. 
2. Harn röthlich, Menge Gr. 370, Säurereaction stärker als normal, spec. 
Gewicht 1021, Harnstoff Gr. 7*77, Eiweiss etwas mehr, Scatoyxl normal, 
Indican viel mehr als normal, Reductionsvermögen 0, Uroerythrin normal, 
Kreatinin mehr als normal, Chlorüre netto 14*4 m Gr. 5*32, Phosphate 
im Ganzen Gr. 7'8, alkalische Piiosphate Gr. 4*0, Erdphosphate Gr. 38. 

An den beiden folgenden Tagen wurde ebenfalls der Ham ge¬ 
sammelt und war am 1. Tage im Ganzen 540 Gr., am 2. Gr. 660. Er 
konnte jedoch nicht analysirt werden, da er sich schnell zersetzte, bevor 
Dr. Setti Zeit hatte, ihn zu untersuchen. 

Wie also aus diesen verschiedenen Analysen hervorgeht, 
welche gemacht wurden, als jegliche Medicatur vermieden war 
und nur indifferente, sehr häufig gewechselte Pulver auf den 
wenigen, neu gebildeten Stellen der Dermatose gebraucht 
wurden, ist die Harnmeoge in 24 Stunden fast auf die Hälfte 
und darunter gegenüber der Norm verringert. 

Auch die einzelnen Harnbestandtheile sind auf die Hälfte 
und darunter reducirt (wie die Chlorüre, Phosphate, der Harn¬ 
stoff). Mit einem Worte, ist also der Stoffwechsel auf die 
Hällte verringert und das scheint mir ein nicht zu vernach¬ 
lässigendes Factum zu sein für das Verständniss der Patho¬ 
genese und für die Behandlung der Dermatose. 


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UNIVERSITY 0F MICHIGAN 



Heber einen Fall von Impetigo herpetiformis. 


207 


Indican findet sich in grösserer Menge als normal, worauf 
es nützlich ist, dass der Leser seine Aufmerksamkeit richte, 
da es anzeigt anormale Zersetzungen im Dünndarm. Nützlich 
ist es auch, darauf zu achten, dass Uroerythrin, wenn auch in 
geringer Menge, vermehrt ist, was Zerfall der rothen Blut¬ 
körperchen anzeigt. Auch dürfen wir nicht mit Stillschweigen 
die Eiweissspureu übergehen, die schon so häufig auch von 
anderen Autoren in Kranken mit derselben Dermatose gefunden 
worden sind. 

Nachdem ich diese Resultate kannte und mich erinnerte, 
dass die Störungen, wegen welcher die Injectionen von Brown- 
Sequard aufgegeben wurden, sich später auch unabhängig von 
diesen Injectionen wiederholt hatten, dachte ich daran, den 
Versuch noch einmal zu machen und 10 Tage lang wurde jeden 
Tag die Injection von 1 Gr. der gewöhnlichen Flüssigkeit 
gemacht. 

In diesen 10 Tagen fing die Dermatose laugsam von 
neuem an sich zu bessern, wenn auch der Kranke sich über 
ein starkes Jucken am Scrotum beklagte und wenn auch am 
Scrotum, sowie oberhalb des Nabels und der rechten inneren 
Schenkelfläche und in der rechten Achselhöhle die theils jungen, 
theils alten Herde ein reichliches Transsudat gaben und hie 
und da eine neue Gruppe von Pustelchen sich zeigte. Das 
Allgemeinbefinden des Kranken jedoch hob sich nicht; ja es 
kam eine Reizbarkeit und eine ungewöhnliche Unruhe wegen 
jeder Kleinigkeit hinzu, besonders wenn sich der Moment der 
intramusculären Injection näherte. Und in Folge des Drängens 
des Kranken, die Klinik zu verlassen, sollte ich auch dieses 
Mal meinen Curplan aufgeben und den Fall aus den Augen 
verlieren. 

Als Therapie empfahl ich alsdann dem Kranken zweimal 
des Tags Pulver von Ferrum carbonicum sacch. und (hininum 
suliuricum aa. 0‘15 und von Extr. alcool. suc. nocis vomic. 0'02 
zu nehmen und ausserdem empfahl ich Decoct. chinae, radic. 
colombo und calamo arom. Aeusserlich verschrieb ich die ge¬ 
wöhnliche Salbe mit Zink und Resorcin (2%) und das gewöhn¬ 
liche Pulver mit acid. salic. 1%. 


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T o m in a s o 1 i. 


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Nach Beendigung der Ferien sah ich den Kranken am 
0. XI. 1893 wieder. Er leidet noch an starkem, fast andauern¬ 
dem Kopfschmerz, obgleich er immer eiu sehr regelmässiges 
und hygienisches Leben geführt hatte, da er immer viel Milch 
trank und scrupulös stets alle meine Vorschriften befolgt hatte. 
Die Functionen des Magens und Darmes sind sehr gebessert; 
die Schlaflosigkeit ist viel weniger störend ; die Beine sind 
noch schwach aber viel weniger als früher. Die Dermatose, 
obgleich stets behandelt, dauerte bis zum Eintritt der Kälte 
fort; gegen Mitte October waren alle Stellen getrocknet, indem 
sie nur pigmentirte Flecken hinterliessen, die noch heute kennt¬ 
lich sind an der sehr deutlichen Verfärbung sowohl an den 
verschiedenen Stellen, denn einige sind mehr, andere weniger 
dunkel, als auch an den verschiedenen Zonen ein- und der¬ 
selben Stelle, welche nämlich im Centrum viel heller als gegen 
die Peripherie sind. Es bleibt heute noch ein sehr starkes 
Jucken am Scrotum und am Anus zurück mit Eczema humidum 
circumanale. 

Ein Monat später war das Allgemeinbefinden noch viel 
mehr gebessert. Die Dermatose machte sich nicht bemerkbar. 
Gegen Ende des Winters konnte der Kranke sich als geheilt 
betrachten, denn er litt nur noch bin und wieder an etwas 
Belästigung am Scrotum und am Anus. Er kehrte daher zu 
seiner Arbeit zurück, indem er so gut lebte, wie es ging, ohne 
jedoch zu leiden und er nahm bald auch eine Frau. 

Zuletzt habe ich von Dr. Barbanti, der ihn immer über¬ 
wacht hatte, erfahren, dass der Kranke seit 3 Jahren definitiv 
geheilt ist. Er hat 2 Kinder gehabt, von denen eines nach 
8 Monaten an Pulmonitis starb nnd das andere lebt und gesund 
ist. Er ist noch sehr dem Weine zugethan, aber viel weniger 
als ehemals. Er fühlt noch immer hin und wieder das Be- 
dürfniss sich am Scrotum zu kratzen. 

Diesen Fall, der nach vielen Seiten hin mir sehr interesssant 
zu sein scheint, werde ich, wie ich gesagt habe, nicht commen- 
tiren und halte mein Versprechen, obgleich er ein so günstiges 
Feld für Discussion und Induction für diejenigen darbietet, die, 
wie ich, auch diese seltsame und sehr seltene Dermatose einer 
eigenthiimlichen und mysteriösen Form der Intoxication zu- 


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Ueber einen Fall von Impetigo herpetiformis. 


209 


schreibe», die theils aus dem Magen-Darmcanal und theils, und 
zwar in höherem Grade, ans dem Gesammtorganismus totius 
substantiae herrührt. Da ich jedoch voraussehe, dass die 
Yertheidiger der Parasitentheorie auch in diesem Falle eine 
Stütze für ihre Meinung in der Thatsache werden linden 
wollen, dass als wirksamstes Heilmittel für die pustulösen Herde 
sich das Pflaster Nr. 29, d. h. das energischste der antiparasi¬ 
tären, die ich versucht habe, erwies, so ist es mir nicht erlaubt, 
über einige Betrachtungen mit Stillschweigen hinwegzugehen. 

Wie andere schon mehrmals gemacht hatten, so versuchte 
auch ich jedes Mal, wenn es mir gelang auf gesunder Haut 
ein eben gebildetes Bläschen oder ein noch nicht aufgebrochenes 
Pustelchen zu entdecken, mit aller möglichen Vorsicht den 
flüssigen Inhalt davon zu sammeln, um Culturen davon anzu¬ 
legen. und 3mal zu verschiedenen Zeiten wollte ich auch mit 
dem Blute des Kranken, das ich aus der gesunden Haut fast 
in Berührung mit neuen Gruppen von Bläschen-Pustelchen 
entnahm, Culturen versuchen. Aber diese Versuche blieben 
stets ohne Erfolg. 

Ausserdem wurde die Milz meines Kranken, auch in den 
schlimmsten Momenten und als merkliche Fiebertemperatur 
bestand, stets normal befunden und niemals, obgleich der Kranke 
so sehr herabgekommen war, konnte man im Körper irgend ein 
Zeichen irgend einer Infection, besonders pyogener Natur 
feststellen. 

Und noch mehr! die Oberflächlichkeit der Läsionen war immer 
derartig in ihrem ganzen Verlaufe ausgesprochen, dass man absolut 
nicht verstanden hätte, wenn es sich auch nur um eine pyogene 
Infection in der Epidermis gehandelt hätte, weshalb nicht alle 
die verschiedenen, von mir angewendeten äusseren Mittel im 
Stande gewesen sein sollten, schnell die Fortdauer und das 
centrifugale Ausbreiten jener verschiedenen Läsionen mit vesiku- 
lösem-pustulösem Beginn zu unterbrechen. 

Es scheint mir daher, dass die Vertheidiger der sehr 
bequemen parasitären Theorie auch nicht in meinem Falle viele 
Gründe finden werden, um in ihrer Meinung zu beharren. Und 
ich behaupte noch einmal, dass, wenn auch bei dieser Dermatose 
Aetiologie und Pathogenese noch im Dunkeln sind, daran noth- 

Archiv f. Dermatol, u. Syphil. Band XLYI. i 1 


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T o m m a a o 1 i. 


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wendigerweise der Umstand schuld ist, dass noch kein Dermatologe 
— sei es, weil es ihm an Mitteln fehlt, was entschuldbar ist, 
sei es wegen vorgefasster Meinungen, was nicht zu entschuldigen 
ist — an seine Seite einen guten Chemiker gerufen hat und 
ihn eindringlich zu einer genauen, vielseitigen und geduldigen 
Prüfung nicht einmal des Schweisses und nicht einmal des Blutes 
der Kranken aufgefordert hat. Wenn dies schon geschehen 
wäre und von Verschiedenen, auch nur mit den Mitteln, über 
die heute die Biochemie verfügt, so würde das tiefe Dunkel 
schon sehr aufgehellt sein, das manche absichtlich beibehalten 
zu wollen scheinen, um auf das nicht zu verzichten, was sie 
früher behauptet haben. 

Ich scblie8se, indem ich hervorhebe, dass, wenn wir als 
Fall von Impetigo herpetiformis — wie mir vollkommen ge¬ 
rechtfertigt erscheint — auch den von Dr. Albert M a t h i e u unter 
dem Namen Pemphigus ulcereux, ulcerations en 
cocarde, centrifuges (Ann. de Dermat. etc. 1892) ver¬ 
öffentlichten auffassen, wir schon 6 Fälle, wenn wir keinen aus¬ 
gelassen haben, von Impetigo herpetiformis in mare 
haben (Kaposi, Dubreuilh, Mathieu, Pataky, Freyhan,Tommasoli). 
Und wenn ich auch nur in diesen 6 Fällen allein schon alle die¬ 
jenigen Daten zusammenstellen wollte, welche, während sie 
sowohl die nahe Verwandtschaft, die zwischen ihnen besteht, 
als au.ch diejenige, welche zwischen ihnen und der grösseren 
Anzahl von Fällen, die sich bei Frauen finden, beweisen, zu 
gleicher Zeit auch beweisen, dass unter dieser Dermatose die 
von ihnen betroffenen Organismen stets tiefe und alte Schäden 
verbargen, mit denen die Dermatose in enger Beziehung zu 
sein schien, so dass sie deren verschiedene Phasen mitmachte 
und dort heilte, wo jene heilen konnten und nicht heilte, wo 
jene Schäden unheilbar waren, so hätte ich noch mehr als eine 
Seite zu schreiben. 


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— L 



Einige Fragen bei der Behandlung der 

Syphilis.*) 

Wann soll die Behandlung der Syphilis mit Queck¬ 
silber beginnen? 

Wie lange soll die Behandlung der Syphilis fort¬ 
gesetzt werden? 

Von 

Dr. Med. v. Watraszewski, 

Vorstand des St. Lazarushospitals in Warschau. 


Wenn das Organisationscomite unserer Section nicht ge¬ 
zögert hat, das vorliegende Thema wieder auf die Tagesordnung 
zu stellen, trotzdem es seit ungefähr 12 Jahren in den Pro¬ 
grammen specieller nationaler und internationaler medicinischer 
Congresse ohne Ausnahme figurirt hatte, so glaubte das Comite 
dazu berechtigt zu sein mit Hinblick auf das grosse an diese 
Frage gebundene Interesse und die Wichtigkeit, welche, wenn 
nicht die definitive Lösung derselben hätte, denn diese scheint 
noch weit entfernt zu liegen, so wenigstens die Aufstellung 
gewisser Regeln, die von beiden in Opposition stehenden Lagern 
der Präventionisten und Symptomatologisten berücksichtigt und 
anerkannt werden könnten. 

Wir hätten in dem uns interessirenden Gegenstände über 
drei Punkte zu entscheiden, die logisch mit einander verbunden 
sind, und zwar aut die Weise, dass die Lösung des ersten der¬ 
selben bis zu einem gewissen Grade ein Präjudicat zur Lösung 
der beiden folgenden bildet. 

Es sei mir daher gestattet, mich mit denselben näher zu 
befassen: 


') Nach einem Vortrage in der Section für Dermatologie und 
Syphilis des XII. internat. med. Congresses in Moskau. 

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v. Watraszewski. 


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1. Wann soll die Behandlang der Syphilis mit Quecksilber 
beginnen? 

Die Syphilis als cbronisch-contagiöse exanthematisobe 
Krankheit, mit einem mehr oder weniger bestimmten Verlaufe, 
stellt in dieser Hinsicht eine frappante Analogie mit den acuten 
Exanthemen dar, als da sind der Scharlach, dieMorbillen. diePocken 
u. s. w. Fälle, wo im Entwickelungsstadium einer dieser Krank¬ 
heiten, deren nosologische Ordnung von einer zufälligen, oft 
unbekannten und von uns unabhängigen Ursache gestört wird, 
in deren Folge das charakteristische Exanthem entweder aus¬ 
bleibt oder in seinem Auftreten verzögert wird, oder auch 
plötzlich schwindet, werden als bedenklich und deren Prognose 
als schlechter angesehen. Deswegen hüten wir uns in Gegen¬ 
wart einer der bezeichneten Krankheiten energische Mittel 
von vornherein zu ergreifen, die den natürlichen Krankheitsver¬ 
lauf beeinträchtigen könnten, und beschränken uns auf eine 
expectative und symptomatische Therapie, indem wir dieselbe 
als die am meisten rationelle betrachten. 

Dieselben Reflexionen müssten uns, meiner Ansieht nach, 
hei der Behandlung der Syphilis leiten, zu deren Bekämpfung 
wir den Vortheil haben, ein derart mächtiges Mittel, wie das 
Quecksilber zu besitzen, mit welcher wir in der überwiegenden 
Mehrzahl der Fälle die Krankheit so zu sagen am Saume 
halten, und deren Verlauf bis zu einem gewissen Grade nach 
Belieben beeinflussen können. 

Ich halte es für überflüssig, Sie, meine Herren, an die 
Aussagen zu erinnern, die so viele erfahrene Forscher, der 
berühmte Chef der Lyoner Schule, der vielbedauerte Prof 
P. Diday an deren Spitze, in dieser Beziehung geäumert 
hatten, und zwar noch lange bevor die Eroberungen auf dem 
Gebiete der Bakteriologie eine reelle Stütze diesen Meinungen 
geliefert hatten. 

Ich erlaubte mir, auf diesen Gegenstand „in extenso“ 
auf den beiden letzten internationalen Congressen in Berlin 
und in Rom einzugehen, und ich würde mich wiederholen 
müssen, wenn ich vor der hochverehrten, hier anwesenden 
Versammlung darüber wiederum in Details eingehen würde. 
Indem ich mich nun in einigen Worten resumire, wären wir 


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Einige Fragen bei der Behandl. dar Syphilis. 


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autorisirt anzunehmen, das syphilitische Virus befinde 6ich 
nicht in einer einzigen Modification im Organismus, aber ent¬ 
sprechend der latenten und manifesten Perioden der Krank¬ 
heit, existiren zwei Formen oder Abstufungen eines und des¬ 
selben specifischen Agens und seien in Rechnung zu ziehen. 
Zu einer gewissen Zeit und unter dem Einflüsse gewisser Be¬ 
dingungen, die zu erforschen wären, geschieht der Uebergang 
der einen Form in die andere. Aus der latenten wird die 
Syphilis manifest, und zur selben Zeit entledigt sich der Orga¬ 
nismus in einem gewissen Grade, eines Theiles des ihn 
durchseuchenden Giftes in Form eines charakteristischen Aus¬ 
schlages. 

Es scheint das Quecksilber keinen Einfluss auf die eine 
der beiden Virusmodificationen zu haben, und zwar auf die 
der latenten Lues, während es sich wirkungsfähig auf die der 
manifesten Syphilis erweist. Unmittelbar vor dem Uebergange 
dhr einen Modification in die andere scheint das Quecksilber 
die Eigenschaft zu besitzen, diesem Processe entgegenzuwirken 
und ist im Stande, ihn manchmal auf eine gewisse Zeit voll¬ 
ständig zu verhindern. 

Es schiene daher, laut vorstehender Betrachtungen, recht 
gewagt anzunehmen, es wäre ein Vortheil für den Kranken, 
wenn in Folge einer intensiven Mercurialisation, die in den 
ersten Stadien der Krankheit, d. h. in der Schankerperiode 
oder während der 2. Iacubation eingeleitet wurde, wir den 
Patienten für eine gewisse Zeit lang von consecntiven Syphilis¬ 
erscheinungen bewahrt haben, oder wenn wir diese in der 
Weise redocirt hätten, dass man sie als eine ^abortive 
Syphilis“ (Syphilis ebauchee — der Franzosen) bezeichnen 
könnte. 

Ein derartiges Resultat wäre mehr als ein Nachtheil, als ein 
Schaden für den Organismus zu betrachten sein, denn unter 
diesen Bedingungen hätten wir künstlich die Wege abgesperrt, 
auf welchen er die Möglichkeit gehabt hätte, sich von den 
Krankheitsträgern zu befreien. Ein weiteres Resultat wäre nur 
das folgende: Anstatt dass die genannte Transformation in 
grossem Masse und rasch vor sich gänge, ist dieselbe ge- 
nöthigt, sich auf langsame und beschränkte Weise zu vollziehen, 


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v. Watraszewski. 


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oder aber wäre das im Organismus accumulirte Gift, dem die 
Möglichkeit der Elimination benommen worden, im Stande, 
bei entsprechender Gelegenheit zu schweren Nachtheilen An¬ 
lass zu gehen, unter der Form von specifischen Manifestationen 
eines bedeutend seriösen Charakters. 

Eine Untersuchung, die ich zu diesem Zwecke vorgenommen 
habe, betreffend 192 Fälle von früher, maligner Syphilis, er¬ 
laubte mir das Factum zu constatiren, dass in 135, d. b. in 
70'4 u / o der Fälle, die Kranken bald nach dem Auftreten des 
Primäraffectes oder im Stadium der zweiten Incubation mehr 
oder weniger intensiv mit Quecksilber behandelt worden waren, 
d. h. zu einer bedeutend früheren Zeit als die allgemeinen 
Lueserscheinungen zur Beobachtung kamen. 

Es dürften daher die Meinungen einiger, hauptsächlich 
älterer Forscher, die den frühen, vorzeitigen Quecksilberge¬ 
brauch, obwohl in einer etwas unbestimmten Weise, verdammen, 
indem sie behaupten, der spätere Verlauf der Krankheit könne 
dadurch unvortheilhaft beeinträchtigt werden, nicht auf blossem 
Yorurtheile beruhen und verdienen in Rücksicht genommen 
zu werden. 

Indem wir nun auf die praktische Seite des Gegenstandes 
übergehen, scheint es mir rationell, die Behandlung der Syphilis 
ebenfalls erst nach dem Erscheinen allgemeiner Symptome zu 
beginnen, und zwar aus folgenden Gründen: 

1. Der Charakter der allgemeinen Erscheinungen, die 
Zeit deren spontanen Auftretens, die allgemeinen Störungen, 
die sie begleiten etc., sind alles Momente, die uns über die 
Natur und die Intensität der Krankheit, ihre Benignität oder 
Malignität in jedem einzelnen Falle aufklären und belehren 
und uns erlauben, eine dem Falle angemessene Cur einzu¬ 
leiten. Im Gegentheile: indem wir von vornherein zu mercu- 
rialisiren anfangen, sind wir vollständig der Möglichkeit be¬ 
raubt, uns von jedem einzelnen Falle Rechenschaft zu geben 
und sind darauf angewiesen, das Quecksilber auf ganz empi¬ 
rische und beliebige Weise anzuwenden. 

2 . Eine mercurielle Cur im Augenblicke des Auftretens 
allgemeiner Erscheinungen eingeleitet und methodisch durch¬ 
geführt, bringt dieselben in der überwiegenden Mehrzahl der 


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Einige Fragen bei der Behandl. der Syphilis. 


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Fälle zu raschem Schwinden und bewahrt für eine gewisse 
Zeit den Kranken vor neuen Symptomen. 

Dieser Erfolg wirkt psychisch beruhigend auf den Kranken, 
indem er ihm die Hoffnung auf eine vollständige Wiederher¬ 
stellung gibt. Schliesslich macht diese Handlungsweise die 
Kranken weniger gefährlich für ihre Umgebung, indem mit 
dem Augenblicke des Auftretens neuer Symptome dieselben 
sofort beseitigt werden. 

Wir sehen im Gegentheil nur zu oft Fälle, wo trotz einer 
intensiven, im ersten Stadium der Krankheit eingeleiteten Be¬ 
handlung, die wochenlang fortgesetzt wird, die allgemeinen 
Symptome trotzdem entweder zur gewöhnlichen Zeit oder bald 
nachher auftreten, was alle die oben erwähnten Unbequemlich¬ 
keiten nach sich zieht und den Kranken im höchsten Grade 
psychisch verstimmt. 

Dieser Zustand der Dinge ruft manchmal eine Situation 
hervor, die uns dennoch zum Quecksilber oft greifen lässt, 
trotz unserem Willen und unserer theoretischen Grundsätze. 
Es kommt vor, dass die therapeutische Quecksilberwirkung in 
Folge der Angewöhnung unter solchen Bedingungen nicht gut 
zur Geltung kommt, während Zeichen einer ausgeprägten Queck¬ 
silbersaturation bestehen, und uns andererseits veranlassen, mit 
dem Gebrauche des Specificums vorsichtig zu sein. Wir sehen 
uns nun auf diese Weise genöthigt, gegenüber schweren Mani¬ 
festationen, die ein energisches Einschreiten verlangen — oft 
machtlos dazustehen, in Erwartung, bis die Symptome der 
Quecksilberintoxication nachlassen und der Organismus die 
unumgänglichen Bedingungen zur Weiterfortsetzung der Hg-Cur 
wiederum erlangt haben wird. 

3. Es kommt schliesslich noch ein Umstand einer etwas 
delicaten Natur in Betracht, der nichtsdestoweniger beachtet 
zu werden verdient. Einem Jeden von uns sind Fälle bekannt, 
die allerdings recht selten Vorkommen, wo trotz der Existenz 
der Hauptsymptome, die uns berechtigen, die Diagnose eines 
syphilitischen Primäraffectes zu stellen, der Schanker unter 
dem Einflüsse örtlicher Mittel vernarbt, die Induration und die 
Drüsenschwellung zurückgehen, und der Process schliesslich als 
exquisit locales Uebel sein Ende erreicht. Eine präventive 


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v. Watras zewski. 


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mercurielle Cur in dergleichen Fällen eingeleitet und mit 
vollem Erfolge gekrönt, ohne nachfolgende Recidive. bringt uns 
natürlich auf den falschen Schluss zu Gunsten einer solchen 
Behandlungsmethode. 

Andererseits sind Fälle mit dergleichen Resultaten schon 
an und für sich geschaffen, uns berechtigten Zweifel 
einzullössen, ob es sich unter gegebenen Umständen auch 
wirklich um Syphilis gehandelt hatte. Dieselben Zweifel ver¬ 
folgen uns jedesmal, wenn es heisst, den Principien zu Liebe 
eine Wiederholung der Cur nach einer gewissen Zeit trotz 
Fehlens »pecifrscher Symptome vorzunehmen. 

Der Patient, wenn derselbe intelligent ist und weiss, dass 
Fälle, wo kein Recidiv erfolgt, zu den Seltenheiten gehören — 
von derselben Ungewissheit geplagt, die er zu offenbaren nicht 
versäumt — trägt dazu noch das seinige bei. Kurz, eine recht 
unangenehme Situation, die sich ins Unendliche hinzuziehen 
und zu wiederholen pflegt. 

Mit Hinsicht auf die für den Kranken wichtigste Frage, 
richtig zu wissen, ob er ja oder nicht die Syphilis gehabt hat. 
und analog dem Experten, der vor dem Gerichte nicht 
das Recht hat, einen Kranken für syphilitisch zu erklären, bei 
dem abgesehen von einem localen Leiden, noch keine allge¬ 
meinen Syphiliserseheinungen voTliegen — in gleicher Weise, 
von Ausnahmen natürlich Abstand genommen, scheinen mir, 
die socialen allein in Rücksicht dabei zu nehmenden 
Gründe, von anderen abgesehen — schon an und für sich 
wichtig genug, uns zu bewegen, principiell von der Ein¬ 
leitung einer allgemeinen mercuriellen Cur bei einem Kranken 
abzusehen, bei dem nur Zeichen eines localen Leidens ohne 
Symptome einer generalisirten Syphilis zu constatiren sind. 

II. Soll man die Syphilis zur Zeit des Auftretens deren 
Erscheinungen behandeln oder aber eine präventive Behandlung 
unabhängig von den Symptomen dieser Krankheit einleiten? 

Ich kann, meine Herren, mich über diesen Punkt recht 
kurz fassen, nachdem was ich über den vorgehenden zu sagen 
die Ehre hatte. 

Die Serien der durch freie Intervalle separirten Nach¬ 
schübe, die das Bild der Syphilis bilden und charakterisiren 


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Einige Fragen bei der Bebandl. der Syphilis. 


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und die den Phasen des Tr&nsformationsprocesses des Krank¬ 
heitsagens entsprechen, resp. das Auftreten neuer specifischer 
Symptome allgemeinen Charakters, geben uns die beste Indi- 
cation für die Einleitung weiterer Curen. 

Indem wir, im Gegentheil, nach einem fixen Plane Vor¬ 
gehen -und das Hg. als Präventivmittel in den freien Zwischen¬ 
pausen verschreiben, begehen wir, meiner Ansicht nach, den¬ 
selben Fehler und laufen Gefahr, dieselben unangenehmen 
Folgen davon zu tragen, von welchen früher die Rede .war. 

111. Wie lange soll die Behandlung der Syphilis dauern? 

Die Antwort darauf ergibt sich ebenfalls aus den vorher¬ 
stehenden Betrachtungen. So viele Mal wir manifeste Symp¬ 
tome der Krankheit, die ihren Lauf Monate- resp. Jahre lang 
verfolgt, vor uns liegen sehen, so viele Mal ist eine Queck¬ 
silberbehandlung indicirt. Da es selten vorkommt, dass nach 
den ersten Manifestationen und deren Beseitigung mittelst einer 
Quecksilbercur keine Recidive folgen, so müssten weitere Curen 
von jedem neuen Nachschübe abhängig sein und die Application 
des Hg. mit dem Fehlen weiterer Symptome aufhören. 

Und nun stehen wir gegenüber der Frage: Dürfen wir 
auf Grund des eben Erörterten uns mit einer einzigen Cur 
bei unseren Kranken begnügen, die nach deren Beendigung keine 
neue Erscheinungen Monate und Jahre lang aufzuweisen hätten ? 

Gewiss, meine Herren. Ich finde keine plausible Ur¬ 
sache, um anders zu handeln, und indem ich mich auf diese 
Weise ausspreche, stütze ich mich auf einer Serie von Be¬ 
obachtungen, die ich im Laufe von 15 Jahren gesammelt und 
notirt habe, und von denen die neuesten vom Jahre 1894 
dotiren, d. h. bei welchen die Infection vor 4 Jahren statt¬ 
fand. — In dien diesen Beobachtungen, die meiner Privat- 
praxis angeboren, und 28 an der Zahl betragen, konnte ich 
nach einer einzigen mercuriellen Cur ein vollständiges Fehlen 
jedes nachträglichen syphilitischen Symptoms recenter oder 
tardiver Natur constatiren. 15 der Kranken heirateten oder 
waren schon zur Zeit der Infection verheiratet gewesen; 
deren Frauen blieben gesund, 9 von ihnen wurden schwanger, 
abortirten nicht und wurden von gesunden Kindern entbunden, 
die auch nachträglich gesund blieben. 


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v. Watrasze wsk i. 


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Ich erlaubte mir diese Falle Ihrer Aufmerksamkeit zu 
empfehlen, meine Herren, weil dieselben hinreichend plastisch 
das Factum demonstriren, dass gegenüber einer grossen 
Majorität der Fälle von recidivirender Syphilis, die eine wieder¬ 
holte Cur nöthig haben, es jedoch Fälle gibt, wo eine einzige 
Cur als genügend erachtet werden kann. Es ist allerdings 
richtig, dass die einzige Möglichkeit dieses Factum constatiren 
zu können darin besteht, dass man den Kranken weitere so¬ 
genannte präventive und periodisch wiederholte Behandlungen 
erspart. Ich muss hinzufügen, dass wenn ich nur von 
23 Fällen erwähnt habe, es deswegen geschah, dass ich von 
dieser Summe alle analogen Fälle abgezogen habe, die in 
dieser Zeitperiode von 15 Jahren mir aus den Augen gekommen 
waren, oder über ihr weiteres Schicksal mir den leisesten 
Zweifel gegebeu hatten. 

Ich unterlasse es, Ihre werthe Aufmerksamkeit zulangc 
mit einer neuen Serie von Fällen, ebenfalls aus meiner Privat¬ 
praxis, zu beschäftigen, wo 2 und 3 Mal wiederholte Curen zur 
Zeit des Auftretens neuer Symptome allgemeinen Charakters, 
von demselben Resultate gefolgt waren, und die Syphilis in 
diesen Fällen nach einer Manifestationsperiode von 6 bis 
18 Monaten nach der Infection vollständig erloschen schien. 
Ihre Zahl beträgt 116 für dieselbe Zeit, was sammt den 23 
früher erwähnten, eine Summe von 139 Fällen von Syphilis aus¬ 
macht, die ira Verlaufe von 4 bis 18 Monaten post Acquisitionem 
geschwunden war, und welche Fälle gewissenhaft von mir im 
Laufe von 4 bis 15 Jahren beobachtet worden sind. 

Wollen Sie mich, meine Herren, nicht als Optimisten be¬ 
trachten ! Ich bin der erste bereit zu constatiren, dass die weitaus 
überwiegende Mehrzahl der Fälle sich auf eine ganz andere 
Weise vorstellt, und dass trotz unserer Bemühungen, trotz 
protrahirter und wiederholter Curen die Krankheit nach einer 
gewissen Anzahl von Nachschüben zum Tertiarismus oder auf 
die zweite Generation übergeht, oder aber von nervösen 
Symptomen schweren Charakters gefolgt wird. — Aber im 
Hinblick auf eine relativ beträchtliche Anzahl von Beispielen, 
die ich zu citiren die Ehre hatte, ist es wirklich un¬ 
bedingt nothwendig, in jedem Falle von Syphilis, der 


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Einige Fragen bei der Behandl. der Syphilis. 


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uns vorliegt, zu einer Jahre hindurch sich periodisch wieder¬ 
holenden Behandlung mit Quecksilber Zuflucht zu nehmen, wie es 
die Anhänger der sogenannten präventiven Cnrmethode im Sinne 
von Prof. Fournier wünschen und zu thun pflegen? 

Derselbe Gegenstand wurde vor Kurzem lebhaft, wie wir 
es wissen, auf dem letzten Congresse der deutschen dermato¬ 
logischen Gesellschaft in Graz discutirt. Herr Prof. N e i s s e r, 
der Hauptvertreter der betreffenden Behandlungsmethode in 
Deutschland, vertheidigte die Principien derselben mit Eleganz 
und einem seltenen Talente, und lenkte unter anderen die Auf¬ 
merksamkeit seiner zahlreichen Gegner hauptsächlich auf die 
folgenden Punkte: 

1. Die Eigenschaft syphilitische Kinder zu zeugen, die bei 
scheinbar geheilten Subjecten existirt, zwingt die Adepten des 
expectativ-symptomatischen Heilverfahrens gegen ihre eigenen 
Principien zu handeln, und auf diesem Punkte reichen die 
beiden gegnerischen Lager die Hände und verschreiben ihren 
Kranken, die zu heiraten beabsichtigen, um die Wette 
mercurielle Curen in der Voraussetzung, dass auf diese Weise 
die Nachkommenschaft dergleichen Kranken am besten garantirt 
werden wird. 

2. Trotz im Allgemeinen geäussertcr Behauptungen seitens 
der Gegner der F o u r n i e r’scben Behandlungsmethode, dass die¬ 
selbe Gefahren für den Kranken darbietet, konnte keiner der¬ 
selben es ausdrücklich zu formuliren wissen, worin eigentlich 
die genannten Gefahren bestehen I 

Was den ersten Punkt anbelangt, ist das Factum genügend 
constatirt, dass das Sperma am längsten die syphilitischen, zu 
einer Transmission per generationem fähigen Elemente in sich zu 
bürgen vermag, und dass der Gebrauch des Quecksilbers 
kurze Zeit vor dem Beischlafe resp. vor der Conception in ent¬ 
sprechenden Fällen als die beste Garantie für eine gesunde 
Nachkommenschaft anzusehen ist. Daraus nun der Folge- 
schluss, dass es jedenfalls nützlich ist, eine mercurielle Cur 
einem Kranken zu verschreiben, der die Syphilis batte und nun 
heiraten will. 

Auf diese so formulirte Frage antworten uns unsere Geg¬ 
ner Folgendes, und ich bin der erste, ihnen in dieser Hinsicht 
Becht zu geben: 


Gck igle 


Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



220 


v. Watraszewski. 


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„Wenn zu einer gewissen Zeit sie es für nüthig finden, 
neue Curen ihren Kranken zu verordnen, die sie bis dahin zu 
behandeln als unnütz fanden, so geschieht es deswegen, weil 6ie 
zugeben, dass die betreffenden Kranken noch syphilitisches 
Gift in sich beherbergen und das beste Mittel, um letzteres zu 
beseitigen, ist eben ihnen Quecksilber zu verschreiben. Sowie 
diese Voraussetzung gemacht ist, gibt es keinen guten Grund, 
um nicht zu versuchen, die Kranken von dem Virus zu be¬ 
freien, noch ohne dass dieselben ihre Absicht zu heiraten ihnen 
verrathen haben. Und nun sind sie genöthigt, die Nützlichkeit 
einer antisyphilitischen, langdauernden und wiederholten Cur 
bei dergleichen Kranken zuzugeben, da es unmöglich ist, die¬ 
selben als syphilisfrei anzusehen, trotzdem sie keine manifesten 
Krankheitssymptome darbieten.“ 

Meine Herren! Ich glaube, dass ein schematischer im 
Voraus constmirter Plan und theoretische Combinationen keinem 
von uns genügen müssten, wenn es sich darum handelt, unsere 
Bewilligung zur Heirat einem Kranken zu ertheilen, der die 
Syphilis durchgemacht hat. Wir analysiren gewissenhaft jeden 
einzelnen Fall an und für sich, und nach reifer Ueberlegung 
geben oder verweigern wir unsere Bewilligung dazu, resp. 
machen dieselbe abhängig von einer oder mehreren Curen, die 
wir noch für unbedingt nöthig und nützlich finden. Wir werden 
anders handeln in Gegenwart eines Kranken, dessen Infection 
mehr recent, als bei einem anderen, wo dieselbe älteren 
Datums ist, anders, wenn wir an dem Patienten Zeichen finden, 
die uns an eine complete Extinction der Diathese zweifeln 
lassen, anders wiederum, wenn nichts ihre Existenz verräth. 
Wir lassen uns von dem Verlaufe der Krankheit leiten, der 
Art, wie dieselbe behandelt worden war, deren Charakter, 
deren Intensität, der Häufigkeit der Rückfälle etc., mit einem 
Worte: es wird eine ganze Serie von Factoren auf unseren 
Entschluss in dieser Beziehung ihren Einfluss haben. 

Ich begreife, dass bei einer gewissen Kategorie von 
Fällen, viele von uns besser mehr als zu wenig zu tbun 
vorziehen und keine Scrupeln haben werden, eine neue Cur 
vor der Hochzeit ihres Patienten zu verschreiben. Aber dieses 
als Princip zu generalisiren und es als unumgängliche Bedin- 


Gck igle 


Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



Einige Fragen bei der Behandl. der Syphilis. 


221 


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gung aufzustellen für jeden Kranken, der einst die Syphilis ge¬ 
habt batte und nun heiraten will, gerade wie derselbe ge- 
nöthigt ist, gewisse religiöse Vorschriften zu erfüllen, betör er den 
kirchlichen Segen bekommt — dieses, meine Herren, finde ich 
irrationell und exagerirt in hohem Grade! 

Wenn die Anhänger der expectativ-symptomatischen Be¬ 
handlung ihrem Princip manchmal Concessionen machen und 
sich entscbliessen, präventive prä-matrimoniale raercurielle Curen 
zu verschreiben, so lassen sich die genannten Herren, wie ich 
glaube, mehr von der Reflexion leiten, dass eine mercurielle dem 
Kranken unter solchen Umständen verschriebene Cur dem Arzte 
für die Zukunft als Garantie vor dem Vorwurfe zu dienen be¬ 
stimmt ist, dass derselbe zu interveniren es unterlassen hatte, 
als es noch Zeit dazu war, während eine gegenwärtig, wenn 
auch unnütz verschriebene Cur dem Kranken doch in keinem 
Falle schädlich sein kann. Ob dergleichen Anschauungen, die 
Harmlosigkeit solcher Curen betreffend, auch wirklich rationell 
und begründet ist, darauf einzugehen, erlaubt mir weder die 
Zeit noch der Raum dieses Vortrages. 

Ich wende mich schliesslich zur zweiten Frage: enthält 
die sogenannte präventive Behandlungsmethode, langdauernd 
und wiederholt nach den bekannten Principien, Gefahren für 
den Organismus und worin bestehen diese letzteren? 

Die Folgen eines solchen Verfahrens würden hauptsäch¬ 
lich in der nervösen Sphäre der Kranken, die demselben ausgesetzt 
werden, ihre Geltung finden, und zwar auf zweierlei Weise: 

1. Analog den chronischen Vergiftungen mit schweren 
Metallen spiegelt sich eine periodisch wiederholte und unbe¬ 
stimmt lange Zeit prolongirte Saturation des Organismus mit 
Quecksilber, mit anderen Wollen, eioe chronische, mercurielle 
systematisch unterhaltene Intoxication, in erster Linie auf der 
nervösen Sphäre der betreffenden Subjecte ab. Deswegen ver¬ 
liert alimälig das Nervensystem unter diesem Einflüsse seine 
vitale Capacität und Resistenzfähigkeit und wird auf diese Art 
ein „locus minoris resistentiae“. Dieser krankhafte Zustand 
des Nervensystems erklärt uns genügend die zahlreichen Fälle 
von Neurasthenie, nervöser Ueberreizung oder Depression etc., 
die sich unter diesen Umständen oft genug entwickeln. 


Gck igle 


Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



222 


v. Watraszewski. 


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Vielleicht sind diese nervösen Symptome auch in zweiter 
Linie mit einer allgemeinen Schwäche und Abgeschlagenheit in 
Verbindung zu stellen, die sich dabei einzustellen pflegen, und 
auf dieselbe Ursache zu beziehen sind. Und ich freue mich, in 
dieser Beziehung mich der Meinung des Herrn Collegen Touto n 
anschliessen zu können, die am oben citirten Orte und bei der¬ 
selben Gelegenheit ausgesprochen worden ist. Herr Touton, 
Anhänger der präventiv-protrahirten Behandlungsmethode im 
Sinne von Prof. Fournier, hob hervor, dass unter dem Ein¬ 
flüsse des in latenten Perioden der Krankheit verabreichten 
Mercurs, die Kranken anämisch wurden und sich niederge¬ 
schlagen fühlten. Diese Beobachtung, die ich oft seit Jahren 
constatirt habe, ist vollständig richtig: Der Ailgemeinzustand 
der Kranken wird in der Regel besser unter dem Einflüsse einer 
mercuriellen Behandlung, die in der manifesten Syphilisperiode 
angewandt wird und verschlimmert sich mehr oder weniger, 
wenn dieselbe zur Zeit eingeleitet wird, wo die Kranken symptomen- 
frei sind. Ich begnüge mich dieses Factum einfach hervor¬ 
zuheben, das wie ich glaube, ebenfalls nicht ohne Bedeutung ist. 

2. Da wir die Natur der Syphilis kennen und deren Prä¬ 
disposition hauptsächlich die schwachen Seiten des Organismus 
zu befallen, ist es natürlich, dass unter dem Einflüsse von 
Factoren, die unter gewissen Umständen die schlummernde 
Diathese zu wecken und neue Manifestationen hervorzurufen im 
Stande sind, die nervöse Sphäre früher als ein anderes Gebiet den 
Ausgangs- und Entwicklungspunkt für anatomo-pathologische 
Veränderungen specifischen Charakters bieten wird. Es wären 
daher Manifestationen von cerebraler und spinaler Syphilis, die 
wir in erster Linie unter diesen Umständen bei derart behan¬ 
delten Kranken zu erwarten hätten. Vielleicht würde nun die 
wirklich beunruhigend steigende Frequenz der nervösen Affec- 
tionen specifischen Charakters, die verschiedenerseits signalisirt 
wird, auf diese Weise zu erklären sein und die Meinungen 
derjenigen unterstützen die ein System von chronisch-mercuri- 
eller Intoxication, das nach Belieben wiederholt ins Unendliche 
prolongirt und unterhalten wird, für gefährlich halten. 


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Original fro-m 

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Aus der dermatol. Universitätsklinik des Prof. Dr. V. Janovsky 
an der böhm. med. Facultät in Prag. 


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Die Ergebnisse der Behandlung tuber- 
eulöser Hautaffectionen mit Tuberculin-B. 

Mitgetheilt von 

Dr. Jaroslav Bukovsky, 

Assistenten der Klinik. 


Im Nachfolgenden wollen wir, gestützt auf eine in 20 
Fällen gesammelte Erfahrung, die Eignung des TR zur Behand¬ 
lung der Hauttuberculose von der klinischen Seite aus erwägen. 
Zu den Versuchen wurden die Fälle, allerdings mit Rück¬ 
sicht auf gewisse Umstände, gewählt, wie selbe zur Auf 
nähme bei uns gelangten. So sind in unsere Serie ganz 
unbedeutende lupöse Herde in sonst vollständig gesunden und 
der Mehrzahl nach gut genährtem Körper einbezogen, diesen 
gegenüber dann wieder Fälle, wo mehrere Organe: Haut, 
Drüsen, Lungen, Gelenke ergriffen waren, ohne dass man sie 
jedoch als vorgeschrittene Fälle hätte bezeichnen können. Im 
Ganzen wurden mit Injectionen von TR 15 Fälle von Lupus 
der Haut und Drüsen behandelt, von welchen 7 mit Affectionen 
der Lungenspitzen oder mit Scrophulose combinirt waren, in 
2 Fällen handelte es sich um scrophulose Erkrankungen der Haut, in 
2 Fällen um Tuberculosis verrucosa cutis und schliesslich im 
letzten Falle wurde die Injection zur Feststellung der Diffe¬ 
rentialdiagnose benützt, um die tuberculöse Erkrankung der 
Haut ausschliessen zu können. Alle Fälle wurden vor Beginn 
der Injectionen einer gründlichen Untersuchung unterzogen, 
das Körpergewicht und die vollständige Apyrexie sichergestellt. 
Bezüglich des Zeitpunktes der Injectionen wurden keine be¬ 
stimmten Regeln beobachtet, weil es sich niemals im Vorhinein 
bestimmen liess, nach welchem Zeiträume eine Reaction auf- 
treten werde. Und hiedurch geschah es eben, dass hie und 
da die Reaction mehr in die Nachtstunden fiel. 


Gck igle 


Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



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Bukovsky. 


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Zu den Injectionen wurde die Gegend zwischen den Schul¬ 
terblättern gewählt, jedesmal aber eine andere Stelle, damit 
nicht durch wiederholte Injectionen an derselben Stelle eine 
Reizung des Gewebes entstehe, welche dann irrthümlich auf 
Rechnung des TR käme. Als Instrument diente eine gut cali- 
brirte Spritze mit Asbestkolbeo. Vor der Injection wurde die 
Gegend mit Seife, Sublimat und Aether gereinigt, die Spritze 
täglich sterilisirt, dann mit Alkohol und physiologischer Koch¬ 
salzlösung ausgespült. Nach vorgenommener Injection wurde 
die Gegend leicht massirt und mit Unna’schem Klebemull 
verklebt, wornach die Temperatur stündlich gemessen wurde. 

Die Lösungen haben wir täglich frisch mittelst physio¬ 
logischer Kochsalzlösung bereitet. Jenen Rath, den die darstellende 
Fabrik auf dem Prospecte dem Präparate beifügt, nämlich die 
Lösungen mit Hilfe von 20procentigem Glycerinwasser zuzu¬ 
bereiten, um deren Sterilität durch längere Zeit zu erhalten, 
haben wir nicht befolgt, weil keine sichere Bürgschaft mit 
Rücksicht auf die grosse Labilität des Präparates vorhanden war. 
Unsere Vorsicht erwies sich als berechtigt, indem sich in keinem 
einzigen Falle an der Injectionsstelle ein entzündliches Infiltrat 
oder ein Abscess eingestellt hat. Nur in vereinzelten Fällen 
hie und da reagirte die Injectionsstelle durch eine mässige 
Schmerzhaftigkeit, jedoch ohne jeden anatomischen Befund. 
Ein so günstiges Resultat an der Einstichstelle haben wir nicht 
so oft in der mit dieser Frage sich befassenden Literatur ge¬ 
funden. Bussenius 1 ) aus Fränkel’s Klinik beobachtete hie' 
und da schmerzhafte Infiltrate, in zwei Fällen war die Haut 
nach jeder Infection infiltrirt. Herzfeld 2 ) und Bar dach 3 ) 
erhielten oft nach den Injectionen schmerzhafte Infiltrate, die 
allmälig schwanden. Schliesslich sind auch Abscesse verzeichnet. 
Rumpf 4 ) prüft das TR bei Lungentuberculose und bekam an 
der Einstichstelle neben schmerzhaften Infiltraten auch Abscesse. 

Auch wir konnten nach anderen Tuberculinpräparaten, 
die in deu letzten Jahren an unserer Klinik versucht wurden, 

') Bussenius, D. med. Woch., Nr. 28, 1897. 

*) Herzfeld, D. med. Woch., Nr. 34, 1897. 

*) Bardach, D. med. Woch., Nr. 34, 1897. 

*) Rumpf, D. med. Woch., Nr. 34, 1897. 


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Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



Die Ergeb. d. Behandl. tubercul. Hautaff. m. Tuberculin-R. 225 


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schmerzhafte Infiltrate von zuweilen erheblicher Grösse con- 
statiren, die nur sehr langsam schwanden. Dass auch damals 
dieselbe rigorose Reinlichkeit wie jetzt beachtet worden ist) 
braucht nicht betont zu werden. 

Zur ersten Injection wurde regelmässig 0*002 Mg. fester 
Substanz benützt, bei einem Kranken, der überhaupt der erste 
in der ganzen Serie war, wurde eine zehnmal kleinere Gabe 
verwendet, in einzelnen Fällen wurde mit einem Quantum von 
0*001 angefangen. Die folgenden Injectionsdosen waren gewöhn¬ 
lich eine Verdopplung der vorhergehenden, bei stärkeren Gaben 
wurde vorsichtiger gestiegen. Allerdings wurde, wenn der Orga¬ 
nismus heftig reagirte, die Dosis nicht verstärkt, sondern die 
gleiche Quantität so lange injicirt, bis sich keine Gesammt- 
reaction mehr constatiren liess. Durchschnittlich wurden die 
Injectionen jeden zweiten Tag gemacht, nach stärkeren Dosen 
oder, wo der Organismus gegen TR sehr empfindlich war, in 
Pausen von 3—6 Tagen. 

Bussenius erachtet 29 Tage als die kürzeste Frist, in 
welcher die Dosis von 20 Mg. erreicht werden kann. Diese 
Zeit können wir auf Grund unserer Beobachtungen als „Nor¬ 
mal“-Zeit nicht bestätigen, denn zuerst wurden in einem Falle 
die Injectionen nach 41 Tagen beendet, die übrigen erforderten 
zumeist längere Zeiträume, auch bis zu 88 Tagen. Allerdings 
dürfen wir jenen Fall hier nicht mitzählen, wo es sich nicht 
um Tuberculose gehandelt hat und wo wir 20 Mg. schon nach 
14 Tagen erreicht haben. 

Wir schreiten nun zur Erörterung der Wirkung, welche 
das TR auf den Organismus und das tuberculose Gewebe aus¬ 
geübt hat. 

I. Gesammt-Reaction. 

Die Wirkung des TR auf den Organismus war sehr ver¬ 
schieden und sie wäre schwer in knappen Sätzen auszudrücken, 
welche den Grad und Umfang der Gesammtreaction definiren 
würden, ja man kann nicht einmal das Verhältniss zwischen 
der höheren Dosis und der Ausdehnung des tuberculösen Pro- 
cesses einerseits und der Intensität der Gesammtreaction ander¬ 
seits bestimmen. Nicht einmal das minimalste Quantum TR 

Archiv f. Dermatol, u. Syphil. Band XLVI. ]fj 


Gen igle 


Original from 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



226 


B u k o v s k y. 


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können wir als die niedrigste Quantitätsgrenze der Reactiou 
gegenüber bezeichnen, wofern wir nicht beim nächsten Versuche 
eine Täuschung erfahren wollen. Die Gesammtreaction war sehr 
veränderlich und niemals konnten wir vorher beurtheilen, ob 
überhaupt und in welcher Stärke sie sich einstellen werde. 
Die Ursache der Labilität der Gesammtreaction dürfen wir 
nicht im Organismus selbst suchen, denn dieser blieb sich 
stets gleich. Deshalb müssen wir uns eingehender mit dem 
Präparate beschäftigen. 

Das aus Höchst eingesandte Tubereulia R ist zu verschiedenen 
Zeiten dargestellt. Uns mit einem Präparate eines bestimmten Datums 
in grösserer Menge zu versorgen, so dass jeder einzelne PatieDt die ln- 
jection desselben Tuberculin erhalte, haben wir nicht für zweckmässig 
erachtet, weil wir nicht die Bürgschaft hatten, dass das aufbewahrte 
Präparat noch nach einiger Zeit in einem solchen Zustande wie bei der 
Expedition sich befinden werde. Schon bei den ersten Sendungen schien 
der Verschluss der Fläschchen verdächtig, denn einen Stöpsel aus Kork 
und noch dazu aus nicht genügend dichtem Kork kann man nicht als 
einen hermetischen Verschluss betrachten. Leider wurde der Verdacht 
bald durch Thatsachen bekräftigt, die Flüssigkeit in bisher ungeöffneten 
Fläschchen wurde ihrer Sterilität verlustig und wenn auch die Verun¬ 
reinigungen, die durch die bakteriologische Untersuchung constatirt 
wurden, keine pathogenen waren, so mussten sie doch mindestens das 
Vertrauen zu den älteren Präparaten abschwächen. Doch nicht genug 
daran, dass die Präparate mit der Zeit sich qualitativ änderten, müssen 
wir constatiren, dass die Präparate schon verunreinigt direct aus der 
Fabrik eingesandt worden sind. Koch definirt doch in seiner Publication 
den gewonnenen Stoff als eine klare, leicht opalescirende Flüssigkeit, 
uns wurden jedoch ganze Serien eingeschickt, wo die Flüssigkeit gleich 
bei Eröffnung der Sendung durch einen Flocken-Niederschlag getrübt 
war. Nach unserseits erfolgter Beschwerde bei der Firma wurde eine 
gewisse Verbesserung eingeführt, das Präparat wurde mit einem geschlif¬ 
fenen Glasstöpsel verschlossen und die Flüssigkeit zeigte nicht mehr 
gallertartige Niederschläge. Trotzdem musste ein gewisses Misstrauen 
gegen das Präparat Zurückbleiben und wir waren genöthigt, uus immer 
nur für einige Tage zu versorgen. Hiedurch geschah es freilich, dass bei 
einem und demselben Kranken man mit mehreren Tiiberculinen von ver¬ 
schiedenen Daten abwechseln musste, wodurch wir allerdings den Satz 
acceptiren mussten, dass die Qualität aller dieser Präparate in verschie¬ 
denen Zeiträumen und von verschiedenen Culturen dargestellt die gleiche 
sei. Es ist jedoch eine grosse Frage, ob diese Prämisse berechtigt ist. 
Die Bakteriologie belehrt uns zur Genüge über die verschiedene Virulenz 
einzelner Culturen, daher auch über die verschiedene Virulenz der aus 
ihnen gewonnenen Producte. Dasaus Culturen von unbekannter Provenienz 


Gck igle 


Original fro-rn 

UNIVERSETY OF MICHIGAN 



Die Ergeh, d. Behandl. tubercul. Hautaff. m. Tuberculin-R. 227 


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dargestellte Präparat bietet uns durchaus keine Bürgschaft dafür, dass 
wenigstens annähernd die Wirksamkeit der Präparate eine gleichmässige 
sein werde. Und dass unser Verdacht thatsächlich nicht auf schwachen 
Grundlagen berechtigt war, zeigt die Serie unserer Versuche. Wie könneu 
wir auch anders urtheilen, wenn der Patient, welcher eine bestimmte 
Dosis vertrug, ohne dass eine Allgemeinreaction aufgetreten wäre, nach 
derselben Dosis eines neuen Präparates heftig reagirte? Die Qualität des 
Präparates musste eine andere gewesen sein, da doch der Organismus 
derselbe war, ja im Gegentheil näherte sich derselbe durch die letzte 
Gabe, wenigstens nach den Prämissen Koch’s dem Zeiträume, wo die 
Immnnisation gegen den Tuberkelbacillus eintreten sollte. Zu der gleiche n 
Erkenntniss gelangten auch Bussenius, Werner, Rumpf, Herz¬ 
feld u. A. 

Wollen wir die Gesammtreaction beurtheilen, so müssen 
wir uns zunächst die Frage vorlegen, ob in allen Fällen der 
Organismus mit Allgemein-Erscheinungen reagirt hat. Von den 
Patienten, die wirklich mit irgend einer Form der Tuberculose 
behaftet waren, blieb nicht ein einziger Fall von der Gesammt¬ 
reaction verschont. Nur der sub Nr. 20 geführte Patient, bei 
dem eigentlich nur zu diagnostischen Zwecken die Injectionen 
gemacht wurden und wobei schon nach 7 Injectionen 20 Mg. 
pro dosi die von Koch festgesetzte Höhe erreicht worden ist, blieb 
ohne Reaction. Alle übrigen Fälle ohne Rücksicht auf die 
Ausbreitung der Herde, wiesen Gesammtreaction und zuweilen 
in sehr intensivem Grade auf. 

Sollen wir uns aber erklären, nach welchen Gaben die 
erste Reaction auftrat, so müssen wir mit einem zehnfach 
kleineren Quantum beginnen, als Koch als die Dosis prima an¬ 
gegeben hat. Bei dem Patienten Nr. 3 hat sich schon bei 
einer Quantität von 0 - 0002 Mg. fester Substanz eine sehr 
heftige Reaction eingestellt. In Anbetracht des Umstandes aber, 
dass sich nach einer ganzen Reihe der nachfolgenden, allmälig 
gesteigerten Gaben der Organismus passiv verhielt, kann man 
jene Reaction wenigstens theilweise auf Rechnung der psychischen 
Aufregung der Kranken stellen, weil dies die erste Iujection 
war, die überhaupt mit dem neuen Präparate an unserer Klinik 
gemacht wurde. Nach der ersten Injection wiesen Nr. 13 und 15 
eine Gesammtreaction auf, in beiden Fällen handelte es sich 
um ausgedehnte lupöse Herde, combinirt mit Aflfectionen der 
Gelenke, der Drüsen und der Lungenspitzen. Vor Beginn der 
Versuche waren beide Patienten apyretisch. 

15 * 


Gen igle 


Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



228 


Bukovsky. 


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Auf eine kleine Dosis d. i. 0'004 Mg. reagirte Patientin 
Nr. 5, obzwar hier der Organismus bis auf einen kleinen Lupus 
von jeder tuberculösen Affection frei war. Die späteste Ge- 
sammtreaction zeigte Patientin Nr. 2 und zwar erst nach 4 Mg. 
Die Kranke war gut genährt und wies an der Haut nur drei 
kleine lupöse Herde auf. Die übrigen Kranken fingen erst nach ver¬ 
schieden höheren Gaben zu reagiren an, doch konnte die Aus¬ 
dehnung des tuberculösen Processes nicht als Massstab ge¬ 
nommen werden, so war z. B. im Falle Nr. 19 eine sehr aus¬ 
gedehnte Tuberculosis verrucosa cutis und ausserdem eine 
Localisation in der rechten Lungenspitze nachzuweisen und 
trotzdem trat erst nach 1*2 Mg. eine Gesammtreaction zum 
ersten Male ein. 

Dass nach jeder Injection eine ßeaction eintreten würde, 
wenn sie sich schon einmal gezeigt hat, konnten wir nur aus¬ 
nahmsweise constatiren u. zw. waren dies 2 Fälle (Nr. 13 und 15), 
wo regelmässig nach jeder Injection Temperatursteigerung sich 
einstellte, bei welchen sich aber dieses abendliche Fieher er¬ 
hielt, auch nachdem die Injectionen ausgesetzt wurden. 

In den übrigen 17 Fällen war der Eintritt der Gesammt¬ 
reaction ein sehr variabler, zuweilen wurden einige gradatim 
verstärkte Injectionen ganz ohne Reaction vertragen, während 
gleich darnach sich die Reaction in voller Intensität zeigte. 

Die Heftigkeit der Gesammtreaction lässt sich daraus gut 
beurtheilen, in welchem Zeiträume sie sich kundgibt. Wir 
konnten Fälle beobachten, wo schon nach einer Stunde der 
Organismus heftig reagirte, dann wieder solche, wo Spuren der Ge¬ 
sammtreaction in einer längeren Zeit, ja sogar erst nach 24 Stunden 
sich wahrnehmen Hessen. Einige Fälle waren aber besonders 
interessant. Bei denselben konnte man regelmässig beobachten, 
dass, je höher die Dosis war, in desto geringerer Zeit die Ge¬ 
sammtreaction eintrat. So trat im Falle 17 die erste Reaction 
erst nach 20 Stunden, die folgenden aber nach 15, 7, 7 Stunden 
ein, im Falle 13 die erste nach 7 Stunden, dann nach 24 Stunden, 
1, 4, 2, 2, im Falle 3 nach 11, 16, 17, 6, 3, 4 Stunden ein. 

Nun drängt sich die Frage auf, in welcher Weise sich 
die Gesammtreaction offenbarte. Ihr Hauptcharakteristicon war 
das Fieber und nur in wenig Fällen trat eine Reaction ohne 


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Original fro-m 

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Die Ergeb. d. Behandl. tubercul. Hautaff. m. Tuberculin-R. 229 


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Temperatursteigerung auf. Bei solchen Patienten beschränkten 
sich die Symptome nur auf Unbehagen, massige Schmerzen im 
Kopf und in den Gliedern und Appetitlosigkeit, nach kurzem 
Bestehen schwanden alle Symptome. Dieser Befund steht im 
Widerspruch mit den Beobachtungen anderer Autoren ins¬ 
besondere Bardach’s, der sehr oft diese Reaction, die er als 
„nervöse“ bezeichnete, ohne Fieber beobachtet hat. 

In den übrigen Fällen manifestirte sich die Gesammt- 
reaction immer mit Fieber. Einleitenden Schüttelfrost konnten 
wir nur vereinzelt beobachten, hie und da gingen dem Fieber 
Schlaflosigkeit, dumpfe Kopfschmerzen und plötzliche Appetit¬ 
losigkeit voran. 

Bezüglich des Typus des Fiebers konnten wir 5 Formen 
unterscheiden. 

1. Die Temperatur stieg rasch an, wornach sie allmälig 
im Verlauf von */a bis 1 Tag zur Norm zurückkehrte. Nr. 3 
schon nach einer Stunde nach Injection von 0 - 0002 Mg. 
40‘3° C., Nr. 18 nach 0’6 in einer Stunde 39 - 9° C., nach 
Wiederholung derselben Gabe in 2 Stunden 39° C., Nr. lö 
nach 0’008 in einer Stunde 38'5° C. 

2. Die Temperatur stieg allmälig an und sank allmälig, 
das ganze Fieber verlief binnen 24 Stunden. Nr. 3. Die 
Temperatur fing erst nach 17 Stunden zu steigen an, erreichte 
das Maximum 40 - 3° C., sank aber hierauf sehr langsam. Nr. 9 
nach 5 Stunden 37*9° C., erst nach 20 Stunden 39 - 7° C. 

3. Sobald das Fieber sein Maximum erreicht hatte, er¬ 
hielt es sich durch mehrere Stunden auf dieser Höhe. Nr. 6 
nach 4 Mg. nach 20 Stunden 38-4° C., erst nach 10 Stunden 
Beginn des Abfalles. Nr. 15 nach 0 - 004 Mg. nach 26 Stunden 
39 , 4°, durch 8 Stunden erhielt sich die Temperatur über 39°, 
nach 0’008 Mg. am nächsten Tage 40‘1° C., nach 10 Stunden 
noch 39-6° C. 

4. Die Temperatur stieg an, fiel ab, um dann wieder zu 
steigen, was sich noch einmal wiederholen konnte, wobei die 
folgende Temperatur höher oder niedriger als die vorhergehende 
war. Nr. 3 nach 15 Mg. in 3 Stunden 38-6° C., sodann Sinken 
ad normam, nach 24 Stunden neuerdings Ansteigen auf 39*7° C. 
Nr. 9 nach 6 Mg. nach 8 Stunden 40*2° C., Sinken bis SS’PC., 


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230 


B u k o v s k y. 


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am nächsten Tag 39 6 C. und erst am dritten Tage 38‘2° C. 
Typisch ist Fall 13, hier trat nach fast jeder Gabe dieser 
Modus ein, bei welchem der zweite Anstieg der Temperatur 
ein höherer war. 

5. Die Temperatursteigerung erhielt sich immer am Abend, 
obzwar die Injectionen sistirt waren. Wir citiren hier neuer¬ 
dings Fall 13, bei welchem stetig, obzwar mit der grössten 
Vorsicht die Injectionen fortgesetzt wurden, sich Fieber 
einstellte, bis schliesslich bei der Dosis von 0 - 008 Mg. die 
abendliche Temperatursteigerung eine andauernde war. Das 
gleiche ungünstige Resultat ergaben die Injectionen bei 15, 
der sich bis jetzt noch in Beobachtung befindet, an abend¬ 
lichem Fieber leidet, obzwar eine Frist von mehr als einem 
Monat seit der letzten Injection (0*03 Mg.) verflossen ist. 
Schliesslich gehört hieher auch der Fall 14, der leider sehr 
bald sich unserer Beobachtung entzog. 

Die Toxicität des Präparates beweist am sprechendsten 
der erste Typus des Fiebers, der an eine acute Vergiftung des 
Organismus erinnert. Sobald ein fremder Stoff in den Körper 
eintritt, so reagirt dieser rasch und intensiv gegen denselben. 
Aber auch die übrigen Formen und insbesondere die vierte 
sprechen deutlich dafür, wie wichtig es ist, selbst mit den 
minimalen Gaben des TR vorsichtig zu sein. Der fünfte Typus 
schwächt aber das Vertrauen in das Präparat vollends dadurch 
ab, da nicht allein wir den Organismus gegen das Tuberkel¬ 
gift und die Bacillen nicht immunisirt haben, sondern im Gegen- 
theil derselbe durch die beständigen Fieberbewegungen abge¬ 
schwächt ist und hiedurch einen geeigneteren Boden zur Pro- 
pagirung des Tuberkelbacillus abgibt Die übrigen Gesammt- 
erscheinungen ausser dem Fieber waren sehr zahlreich. 

1. Jedesmal trat mit der Temperatursteigerung auch 
Pulsacceleration ein, u. zw. je höher das Fieber war, desto 
grösser die Beschleunigung. In ähnlicher Weise liess sich auch 
bezüglich der Respiration in jedem Falle eine mässige Be¬ 
schleunigungnachweisen. Herzklopfen und schmerzhafte Empfind¬ 
lichkeit in der Herzgegend, wie selbe vereinzelt nach dem alten 
Tuberculin beobachtet wurde, Hessen sich in unseren Fällen 
nicht constatiren. 


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]>ie Ergeb. d. liehandl. tubercul. Hautaff. m. Tuberculin-R. 231 


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2. Das Nervensystem war in allen Fällen der Gesammt- 
reaction afficirt; beim Fieber war die Reaction des Nerven¬ 
systems von der Fieberintensität bedingt, obzwar es auch 
afficirt war, ohne dass sich Temperatursteigerung constatiren 
liess. Regelmässig war Kopfschmerz, der bald diffus war, bald 
sich auf die Schläfe-, Stirn- oder Scheitelgegend beschränkte, 
vorhanden; bei höheren Temperaturen traten dazu Schmerzen 
im ganzen Körper, mit grösster Intensität in der Kreuzgegend. 
Ohrensausen, allgemeine Verfallenheit, Abgeschlagenheit und 
Schlaflosigkeit hinzu. Im Falle 3 stellten sich nach 10 Mgr. 
auch typische Delirien ein. 

3. Jede Gesammtreaction war von Appetitlosigkeit, zu¬ 
weilen auch von Zungenbelag begleitet. Der Ekel vor Nahrung 
war durchwegs typisch und überdauerte regelmässig die Ge¬ 
sammtreaction. Bei einigen Kranken (Nr. 18) erhielt sich das 
Gefühl der Unlust gegen jede Nahrung auch nach beendigter 
Serie der Injection. Bei Nr. 3 stellte sich nach 15 Mgr. 
Schwellung des Zahnfleisches, der Zunge, wie auch starke Sali- 
vation ein. Weiters zeigten sich krampfartige Schmerzen in 
der Magengegend mit Brechneigung; schliesslich auch selbst¬ 
ständiges convulsivisches Erbrechen von unverdauten Ingertis 
(bei Nr. 9 nach 6 Mgr. bei 40 - 2 0 C. einige Mal hintereinander 
sich wiederholendes Erbrechen, gleichfalls bei Nr. 17 nach 
5 Mgr.. und Nr. 18 bei 40'3 0 C. mehrmals auch den 2. Tag, 
nämlich bei demselben Kranken nach 6 Mgr.). 

4. Von Seite der uropoetischen Organe wurden in keinem 
Falle Veränderungen beobachtet. Herzfeld’s Beobachtung 
fiel etwas anders aus; er konnte nach der Injection Trübung 
des Harns, bedingt*durch geringe Menge Eiweiss, nachweisen; 
dieser Zustaud dauerte jedoch nicht an, sondern schwand 
sehr bald. 

5. An der Haut stellten sich Veränderungen in 2 Fällen 
ein. Die Patientin sub Nr. 2 bekam nach 4 Mgr. ein Exanthem 
von angioneurotischem Charakter (Urticaria gigantea), welches 
weisse Quaddeln roth halonirt von Handtellergrösse bildete, 
mässig über die Oberfläche hervorragte und sehr rasch seine 
Contouren änderte. 

Subjectiv fühlte die Patientin heftiges Jucken. Nach den 


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232 


B u k o v sk y. 


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folgenden Gaben zeigte sich das Exanthem nicht. Der folgende 
Fall, ein Mädchen (Nr. 4), zeigte ein schönes, scharlachförmiges 
Exanthem, u. zw. dreimal hintereinander, einmal nach 2 Mgr. 
und zweimal nach 4 Mgr. Das Exanthem zeigte sich immer 
erst den zweiten Tag. Seine ersten Erscheinungen Hessen sich 
an der vorderen und hinteren Fläche des Stammes beobachten, 
und zwar als ganz kleine, flache Knötchen von hellrother Farbe, 
die rasch in ausgebreitete rothe Flächen zusammenflossen. Das 
Exanthem verbreitete sich rasch auch auf die Extremitäten, 
sowohl auf die Seite der Flextoren, wie der Extensoren. Am 
2. Tage nahm es eine dunklere Farbe an und schwand am 
dritten Tage vollständig unter sehr mässiger Abschilferung in 
feinen Schüppchen. Subjective Beschwerden verursachte es 
nicht. In keinem einzigen Falle Hess sich Icterus oder ein 
anderes Exanthem nach weisen. 

6. Blutbefund. Das Blut wurde oftmals untersucht, 
bei einzelnen Kranken nach zahlreichen Injectionen, und zwar 
wurde hauptsächlich das Augenmerk gerichtet auf das Ver¬ 
hältnis zwischen weissen und rothen Blutkörperchen und auf 
die morphotischen Veränderungen der Blutelemente. Zur 
Zählung wurde der T h o m a - Z e i s s’sche Apparat benützt. Um 
andere Einflüsse auf die Veränderung des Verhältnisses der 
Blutkörperchen auszuschUessen, erfolgte die Zählung immer 
unter gleichen Verhältnissen hinsichtlich der Ernährung, und 
zwar eine halbe bis eine Stunde nach gegebener Injection. Zur 
Bestimmung des Haemoglobins im Blute bedienten wir uns des 
Fleischlichen Apparates. Die mikroskopischen Präparate 
wurden auf dem Deckgläschen in einer Lösung von Alkohol 
und Aether zu gleichen Theilen gehärtet, dann mit einer E h r- 
1 i c h’schen Triacid-Lösung gefärbt. 

Die Menge der rothen Blutkörperchen schwankte zwischen 
3—5 Millionen, nur im Falle 3, sonst einem sehr gut genährten 
und entwickelten Individuum, wurde jedesmal die Quantität 
auffallend gering, 3 Millionen kaum überragend gefunden. Die 
Menge des Haemoglobins im Blute war nicht im gleichen Ver¬ 
hältnisse zu den rothen Blutkörperchen und bewegte sich 
zwischen 55—80%. Die Zahl der weissen Blutkörperchen war 
veränderlicher als die der rothen, das Minimum 579°, das 


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Die Ergeb. d. Behandl. tubercul. Hautaff. m. Tuberculin-R. 233 


Maximum 12.566, so dass man in einzelnen Fällen auf eine 
massige Leukocytose schliessen konnte. Das Verhältniss der 
weissen zu den rothen Blutkörperchen schwankte zwischen 
1: 233—702. Der mikroskopische Befund bot im Ganzen kein 
Interesse; die rothen Blutkörperchen zeigten keine Veränderung ; 
die weissen Blutkörperchen, sowohl die einkernigen wie die 
mehrkernigen, waren in gleicher Zahl, namentlich liess sich in 
keinem Falle ein Ueberschuss der polynucleären sicherstellen. 
Eine Vermehrung der grossen eosinophilen E h r 1 i c h’schen 
Zellen trat nach keiner einzigen Injection auf. Zum Zwecke 
der Uebersicht fügen wir eine Tabelle der Grenzziffern bei: 




< 

Gabe 

Zahl der rothen 
Blotkörperchen 

Zahl der 
weissen 
Blut¬ 
körperchen 

Verhältnis 

Haemo* 

glol.in 

Die meisten rothen 
Blutkörperchen 

13 

0-01 

5.280.000 

7860 

1 :680 

70% 

Die meisten weissen 
Blutkörperchen 

19 

0-015 

4,480.000 

12.566 

1 :365 

70% 

Die höchste 
Loucocytose 

3 

0 002 

2,200.000 

9420 

1 :233 

60% 

Die niedrigste 
Leucocytose 

13 

0-008 

4,370.000 

5790 

1:702 

75% 


Es erübrigt noch, das Verhältniss der Reaction zur Aus¬ 
dehnung der tuberculösen Erkrankung zu erwähnen. Die Fälle 
13 und 15 waren verhältnissmässig die ausgebreitesten; bei 
ihnen handelte es sich nicht allein um eine bedeutende Haut- 
affection, sondern auch um eine Affection der Drüsen, Gelenke 
und bis zu einem gewissen Grade auch der Lungen. Diese 
vertrugen das TR überhaupt nicht und nach jeder, selbst der 
geringsten Steigerung der Gabe stellte sich rasch die Gesammt- 
reaction ein und in beiden Fällen trat schon nach kleinen 
Gaben ein solcher Zustand ein, dass von den Injectionen ent¬ 
schieden Abstand genommen werden musste, um einer schweren 
Schädigung des Körpers vorzubeugen. In den übrigen Fällen 
hatte die Krankheit stets einen gewissen Einfluss auf den Grad 
der Reaction, obzwar auch der Gesammtstatus des Patienten 
eine wichtige Bedeutung hatte. 


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234 


B u k o v s k y. 


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Wir müssen jedoch die Gesammtreaction von einer anderen 
Seite beleuchten. Die Allgemeinreaction, wenn sie sich oft 
wiederholte, musste einen gewissen Einfluss auf den Organismus 
haben. Die zu denVersuchen verwendeten Patienten genossen 
bezüglich der Diät besondere Begünstigungen; ihre Kost war 
reichlich und zwar eine gemischte mit überwiegender Fleisch¬ 
nahrung, sie bekamen reichlich sterilisirte Milch, Wein, Bier. 
Bedenken wir die sociale Stellung aller unserer Patienten, so 
müssen wir gestehen, dass ihre Ernährung unverhältnissmässig 
besser war als vor der Behandlung. Bei sonst unversehrtem 
Organismus müssten sie daher eigentlich ohne eine sonstige 
curative Behandlung an Gewicht zunehmen. Unsere Patienten 
jedoch nahmen der Mehrzahl nach ab und ihr Gesammtbefinden 
litt durch jede Reaction. Bis zu einem gewissen Masse hat 
vielleicht das TR selbst diesen Einfluss herbeigeführt, einen 
grösseren Antheil jedoch hatte die Appetitlosigkeit, eine der 
constantesten Erscheinungen der Gesammtreaction, welcher 
öfters die Reaction erheblich überdauerte. Die Abmagerung 
hängt direct mit dem Verhältnisse der Aufnahme und Ver¬ 
dauung der Nahrung zusammen und, weil die Esslust auf ein 
Minimum herabgesetzt war, lässt sich der Gewichtsverlust leicht 
erklären. 

Jene Kranken, welche in der Ernährung sich besserten, 
zeigten durchwegs eine geringe Reaction und bei sonst über¬ 
reicher Kost mussten sie an Gewicht zunehmen. Die Ansicht, 
als ob durch die Koch’sche Behandlung selbst der Gesammt- 
zustand sich bessern Hesse, hat sich nach unsern Beobachtungen 
nicht bestätigt. Rapide Abnahmen des Gewichtes wurden be¬ 
sonders bei länger dauerndem Fieber beobachtet. Stellte sich 
bei diesen Kranken für einige Zeit ein apvretischer Zustand 
ein, so erhalten sich auch die Kranken auf gleicher Gewichts¬ 
höhe, selbst diejenigen Kranken, welche deutlich die Tendenz 
zu raschem Kräfteverfall zeigten. In einzelnen Fällen wäre 
die Ernährung noch viel erheblicher gesunken, wenn wir nicht 
rechtzeitig die Injectionen ausgesetzt hätten. 

In welcher Weise das TR den Kranken behagt hat, 
charakterisirt am besten die nachstehende Uebersicht des Ge¬ 
wichtes der Kranken während verschiedener Zeiten der Be¬ 
handlung. 


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Fall 

Vr n 

sprting- 

liehes 

Gewicht 

End* 

Gewioht 

Diffe¬ 

renz 


Nr. 1 

Nr. 2 

6t*8 

56*4 

+ 2-1 


66-3 

67*5 

+ 1-2 

Bei eingetretenem Fieber Abfall 0*04 

Nr. 7 

40*3 

40*5 

+ 0*2 

Anfängliche Gewichtszunahme bis 41*5 

Nr.10 

34*9 

36 

+ M 


Nr 12 

58*6 

68*6 

+ 0-1 


n 

69*1 

72*5 

+ 3-5 

Nichttuberkulöse Erkrankung 

Nr. 3 

43-5 

37*4 

— 6*1 


Nr. 4 

41*5 

39*4 

— 2*1 


Nr. ö 

37-7 

36*1 

— 1*6 


Nr. 6 

45*9 

423 

— 3*6 


Nr. 8 

67*5 

67*4 

- 0*1 


Nr. 9 

64*5 

63*7 

— 0*8 

Erhebliches Schwanken des Gewichtes 

Nr. 11 

45*2 

42*9 

- 2*3 


Nr. 13 

58 

49*1 

— 3*9 


Nr.14 

39*7 

38*1 

- 16 


Nr.16 

47*5 

43*5 

— 4*3 


Nr.16 

59*7 

57*7 

— 2*7 


Nr.17 

59*9 

57*7 

— 2*2 

Erhebliches Schwanken des Gewichtes 

Nr. 18 

57*9 

51*5 

— fr4 1 


Nr.19 

66*5 

60*3 

— 6^j 




s 


> 


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236 


Buko vsk y. 


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6 Fälle wiesen eine Gewichtszunahme auf, von diesen 
am meisten Fall 20, der keine Gesammtreaction darbot und 
überhaupt von keiner Tuberculose afficirt war. Diesen stehen 
aber 15 Fälle entgegen, bei denen das Körpergewicht bedeutend 
herabging; 3 Kranke verloren 6 Kilogramm, was bei Fall 3 
'/ 7 des Körpergewichtes ausmachte. Bei diesen konnte man 
schon durch das Aussehen den Körperverfall beurtheilen, so 
machten den Eindruck von Personen nach überstandener 
schwerer Krankheit: die Haut, die sichtbaren Schleimhäute 
waren blass, anämisch, das Unterhautbindegewebe fettärmer, 
die Musculatur schlaff, die Kräfte sehr gesunken. 

II. Locale Reaction. 

1. Reaction an der Haut. 

Koch legt keinen so grossen Nachdruck auf die locale 
Reaction, wie er dies bei dem alten Tuberculin gethan hat, 
im Gegentheil sagt er, dass die Localreaction bei TR- 
Behandlung eine minimale ist, der Mehrzahl nach überhaupt 
nicht bemerkbar und gerade in diese minimale Reaction legt 
er die Bürgschaft für die Heilung. Diesen Koch’schen Satz 
können wir in keinem einzigen Falle unterschreiben, in allen 
19 Fällen von Hauttuberculose trat locale Reaction ein und 
oft sogar in derselben Intensität, die wir nach dem alten 
Tuberculin zu sehen gewohnt waren. Allerdings war nach den 
anfänglichen Gaben die locale Reaction nicht regelmässig oder 
sie war nur unbedeutend, so dass es in manchem Falle an der 
subjectiven Anschauung des Beobachters gelegen war, wie 
weit er die Grenze der Norm und der Reaction ziehen will. 
Aber auch in anderen Fällen zeigte sich nach sehr geringen 
Anfangsgaben eine Reaction: im Falle 3, nach einer zehnmal 
kleineren Gabe als Koch als Anfangsgabe bezeichnet hat, 
wurde mit Bestimmtheit die Reaction des erkrankten Gewebes 
constatirt. Aehnlich im Falle 13 stellte sich nach 0.001 Mg. 
locale Reaction ein. Schliesslich trat und zwar eine intensive 
Reaction nach 0'002 Mg. im Falle 10 ein. In den anderen 
Fällen Hessen sich die ersten Spuren der Localreaction erst 
nach grösseren Gaben sicherstellen, im Ganzen kann man aber 


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Die Ergeb. d. Behandl. tubercul. Hautaff. m. Tuberculin-R. 237 

sagen, ziemlich schnell. Nur im Falle 7 trat die erste locale 
Reaction erst nach 1 Mg. und zwar gleich in voller Intensität auf. 

Sobald als die locale Reaction sich einmal eingestellt hat, 
oder anders gesagt, sobald als einmal das pathologische Gewebe 
gegenüber dem injicirten fremden Stoff sich empfindlich gezeigt 
hat, hätte man einerseits nach den bakteriologischen Erfahrungen, 
andererseits mit Rücksicht auf die von Koch ausgesprochenen 
Grundsätze erwarten können, dass bei aufmerksamen Steigen 
und bei sorgfältiger Beobachtung die locale Reaction sich 
jedesmal einstellen werde, allmälig jedoch an ihrer Intensität 
verlieren werde. Nur so können wir uns einzig und allein vor¬ 
stellen, dass der Organismus gegenüber dem Tuberkelgifte 
resistent wird und das kranke Gewebe zur Heilung gelangen 
werde. Die Praxis hat uns jedoch anders belehrt. Betrachten 
wir die einzelnen Fälle: Nr. 1 zeigt vom Anfang an sehr 
schwache Reaction, die sich allmälig steigerte und nach 8—20 Mg. 
sehr heftig wurde; Nr. 4 anfangs schwache Reaction, nach 
höheren Gaben immer sehr intensiv; — desgleichen hei Nr. 18, 
19 und 3; — bei Nr. 2 Hess sich überhaupt keine Regelmässig¬ 
keit constatiren, bald war die Reaction eine schwache, bald 
wieder eine intensive. Am meisten entspricht noch Nr. 7 einem 
regulären Typus: von 0 - 0008—01 heftige locale Reaction nach 
jeder Injection, hierauf allmäHge Abnahme der Reaction, doch 
erhielt sie sich bis zum Schluss der Versuche auf mässiger Höhe. 

Je weniger das pathologische Gewebe gegen den das in 
den Organismus gelangten Stoff empfindlich war, ein desto 
grösserer Zeitraum verfloss, bevor sich die Reaction einstellte. 
Allgemein gesagt dauerte es gewöhnlich 6 bis 8 Stunden bevor 
die Reaction eintrat, obzwar auch Fälle vorkamen, wo die 
locale Wirkung erst am 2. Tage sich beobachten Hess, während 
sie ein andermal wieder in einer unverhältnismässig kürzeren 
Zeit aufgetreten ist. Als Beweis gilt der Fall 3, der überhaupt 
ein charakteristischer Beleg dafür ist, wie der Organismus 
gegen das TR empfindlich sein kann; bei demselben war schon 
nach 0‘05 bis 4 Mgr. regelmässig nach einer Stunde eine starke 
locale Reaction sichtbar. 

Von der Mehrzahl der Fälle gilt, dass die Reaction an 
ihrer Intensität allmählig zunahm, auf einer gewissen Stufe 


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238 


Bukovsky. 


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eine bestimmte Zeit anhielt und wieder allmählig ausklang. 
Nur in einzelnen Fällen ergriff die Reaction rasch und heftig 
das erkrankte Gewebe (Nr. 3). Als Durchschnitt der Reactions- 
zeit gelten 24 Stunden. Wo die localen Wirkungen einen 
milderen Charakter zeigten, beschränkte sich die Reaction auf 
eine kürzere Zeit; dem gegenüber sind aber Reactionen ver¬ 
zeichnet, die noch nach 2 bis 3 Tagen beträchtlich waren. 
(Nr. 10 und 19.) Wir dürfen nicht das Verhältnis der localen 
zur Gesammtreaction übergehen. Gewöhnlich war die Gesammt- 
reaction parallel je grösser diese, desto intensiver war auch 
die locale, was leicht zu erklären ist. Aber dieser Regel 
gegenüber sind Fälle verzeichnet, wo die locale Reaction sehr 
schwach war, obzwar der übrige Organismus stark auf die 
Injectionen reagirte. An dieser Stelle müssen wir auch des 
Falles erwähnen, bei welchem die locale Reaction eine an¬ 
dauernde blieb. Bei der betreffenden Patientin (Nr. 15^) klangen 
die localen Reactionen an der Haut, in den Drüsen geradeso 
wie in den übrigen Fällen nach einer bestimmten Zeit aus; 
anders aber war es in den Lungen. 

Bei Beginn der Krankheit handelte es sich um eine ganz 
abgegrenzte Spitzenafifection ohne alle subjectiven Erscheinungen. 
Nach ständig sich wiederholenden Gesammtreactioneu, nach 
rascher Abnahme der Kräfte und des Gewichtes wurden die 
Injectionen rasch sistirt, so dass die Kranke höchstens 0-03 Mgr. 
bekam. In den Lungen blieb aber auch nach Beendigung der 
Injectionen die Reaction bestehen, und was zu den unlieb¬ 
samsten Folgen des TR gezählt werden muss, begann der 
tuberculöse Process auch gesunde, benachbarte Partien der 
Lunge zu ergreifen. Allerdings könnte man einwenden, dass 
die Patientin noch nicht immunisiert war, weshalb das TR 
das Fortschreiten des Processes nicht verhüten konnte. Sollten 
wir aber die Injectionen fortsetzen, wenn die Kräfte des Orga¬ 
nismus unter ihrer directen Wirkung augenscheinlich abnahmen, 
wenn andauernd eine Erhöhung der Abendtemperaturen be¬ 
stehen blieb? In diesem Falle mussten wir zu dem Urtheile 
gelangen, dass weitere Injectionen nicht ein Sistiren, sondern 
einen desto schleunigeren Fortschritt der Krankheit im Gefolge 
haben würde. 


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Die Ergeb. d. Behänd], tnbercul. Ilautaff. in. Tuberculin-R. 239 

Wollen wir die Form der localen Reactionen darstellen, 
ist es dringend erforderlich, die tuberculösen Erkrankungen in 
unseren Fällen folgendermassen einzutheilen: 

1. Localisationen an der Haut; ähnlich wie nach dem ulten 
Tuberculin konnten wir 3Formen sicherstellen: a ) einfache Hyper¬ 
ämie. Bei massigen Graden localer Reaction stellte sich nur Hy¬ 
perämie der Herde, Narben und der umgebenden Haut ein 
u. zw. zeigte sich einmal die Hyperämie als ganz feine 
Injection, ein andermal erlangte die Röthe Scharlachfarbe. 
b ) Zur Hyperämie trat Entzündung hinzu. Die Infiltrate 
traten deutlich hervor und vergrösserten sich, auch die Haut 
in der Umgebung war mässig infiltrirt. die Geschwüre zeigten 
vermehrte Secretion und Zerfall des pathologischen Gewebes. 
Nach abgelaufener Reaction verkleinerten sich die Infiltrate 
wieder und schuppten sich an der Oberfläche in dünnen Schuppen 
von mortificirter Epidermis ab. Die Geschwüre bedeckten sich 
mit dicken Borken unter welchen allmählig Granulationsgewebe, 
wenngleich nicht in allen Fällen, sich bildete. Bei miliaren Knötchen 
war die Schwellung und Vergrösserung weniger bedeutend, 
dafür trat desto eher deren Einsinken und Schwinden auf. c) 
die Entzündung war so heftig, dass es zu Exsudation und 
Blasenbildung kam. Diese blasenförmigen Dermatitiden wurden 
allerdings nur ausnahmsweise beobachtet doch aber in einzelnen 
Fällen ganz bestimmt sichergestellt und das eben charakterisirt 
am besten die Koch’sche Mittheilung von dem nur unbe¬ 
deutenden Auftreten der localen Reactionen. 

Diese Reaction haben wir in 3 Fällen und besonders bei 
Nr. 3 beobachtet, wo nach 15 Mgr. in 6 Stunden sich an dem 
Lupusknoten Blasen bildeten, deren Basis bis zur Grösse einer 
Bohne hyperämisch und infiltrirt war. Die Blasen waren 
theils isolirt, theils in einander verflossen, füllten sich rasch 
mit eitrigem Inhalt und trockneten nach 2 Tagen zu Borken 
ein, unter welchen oberflächliche Geschwüre jedoch ohne tieferen 
Zerfall sich zeigten. Aehnlich kam es in den Fällen 5 und 10 
bei beiden nach 0-03 Mgr., zur Bildung jedoch kleiner Blasen 
mit eitrigem Inhalt und eintägigem Verlaufe. 

Bei allen 3 Formen waren auch subjective Erscheinungen 
vorhanden, welche bei mässiger Reaction sich auf das Gefühl 


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240 


Bukovsky. 


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der Wärme und Spannung beschränkten, bei intensiver Reac- 
tion sich auch bis zu Schmerzen steigerten. 

2. Die Reactionen auf den Schleimhäuten bei zufälliger 
Localisation verliefen wie die beiden ersten Formen an der 
Haut, u. zw. einerseits als Hyperämie, anderseits als wirkliche 
Entzündung. Die ganze afficirte Schleimhaut bekam eine 
intensivrothe Farbe und die Hyperämie verlor sich allmählig 
auf der gesunden Schleimhaut. War die Reaction heftiger, so 
gesellte sich zur Hyperämie auch Schwellung der Infiltrate 
und bedeutende Erhebung über die übrige Schleimhaut hinzu. 
Der Zerfall war weniger bedeutend als auf der Haut. 

3. Affection der Drüsen. Die Reaction in den Drüsen 
präsentirte sich als Schwellung und Schmerzhaftigkeit; diese 
beiden Symptome waren aber nicht constant und in keinem 
Falle erreichten sie eine grössere Intensität. Wo Fistelgänge 
in die Drüsen führten, konnte man bei eingetretener Reaction 
eine vermehrte Secretion einer dünnen, serösen mit Flocken 
käsiger Massen gemischten Flüssigkeit beobachten. Einen er¬ 
heblicheren Zerfall des Drüsengewebes, ein Erweichen, die 
Bildung neuer Fistelgänge wurde nicht beobachtet, ebenso wie 
wir nicht constatiren konnten, dass nach dem Ablaufen der 
Reaction eine Abnahme oder eine Verkleinerung der Drüsen 
eingetreten wäre. Subjectiv wurde mässige Schmerzhaftigkeit 
empfunden. 

4. Die Affectiou der Gelenke reagirte im Ganzen ebenso 
wie die Drüsen. Infolge der Reaction trat Schwellung der 
Gelenke und der umgebenden Weichtheile ein, aus den Fisteln 
floss in grösserer Menge käsiger Eiter. 

Die Bewegung der Gelenke während der Reaction verur¬ 
sachte eine grössere Schmerzhaftigkeit und war die Beweglich¬ 
keit der Gelenke erheblich beschränkt. Ein Endresultat wurde 
nicht erzielt. 

5. Affection der Lungen. Es ist nicht Aufgabe dieses 
Artikels, uns in detaillirter Weise über die Reaction nach TR 
in den von Tuberculose ergriffenen Lungen zu befassen. An 
dieser Stelle erinnern wir bloss, dass in einzelnen Fällen nach 
der Injection die Schleimsecretion vermehrt war und in dem 
erkrankten Gewebe die Rasselgeräusche sich vermehrten. Pleu- 


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Die Ergeb. d. Behandl. tubercul. Hautaff. m. Tuberculin-R. 241 

ritische Reibungsgeräusche wie auch Ausbreitung des Lungen¬ 
befundes auch auf das umgebende gesunde Gewebe haben sich 
ausser in dem oben erwähnten Falle 15 nicht eingestellt. 

2. Therapeutische Wirkung. 

Koch erklärt sich die heilsame Wirkung des Tuberculins 
in zweifacher Richtung. Die wichtigste Eigenschaft des TR 
ist nach ihm die Fähigkeit zur toxinen wie auch bakteriellen 
Immunität, auf dieser beruht die zweite Wirkung, d. i. die 
Heilung der vorhandenen Processe. Die Frage, ob «las TR in 
Wirklichkeit den Organismus iinmunisire, kann man jetzt keines- 
wegs beantworten. Als überzeugender Beweis kann nur eine 
jahrelange Beobachtung des Patienten und eine andauernde 
Rücksichtnahme auf dessen Organe bieten. Und erst wenn der 
ohnehin schon von Natur zur tuberculösen Infection disponirte 
und im öffentlichen Leben täglich der Infection ausgesetzte 
Organismus nicht unterliegen und wenn veraltete Processe nicht 
auf gesunde Körperpartien übergreifen und Recidiven herbei¬ 
führen werden, dann erst können wir uns ein definitives Urtheil 
über die Koch’sche Anschauung bilden. Koch glaubt diese 
jahrelange Beobachtung ersparen zu können und räth zu Con¬ 
trolversuchen mit dem alten Tuberculin. Diese Probe, deren 
Bedeutung wir keineswegs unterschätzen wollen und deren 
Werth täglich im praktischen Leben steigt, scheint uns keines¬ 
wegs genügend und sicher zu sein. Die Injection mit dem 
alten Koch’schen Tuberculin nimmt deutlich aus der Reihe 
der Patienten jene heraus, die in ihrem Organismus den Tuberkel¬ 
bacillus beherbergen; wenn uns aber diese Controlinjectionen 
auch für die Zukunft Bürgschaft leisten, werden sie uns dafür 
bürgen, dass auch in späterer Zeit der Organismus ebenso 
immun wie zur Zeit der Versuche sein werde? Wir wären 
zu grosse Optimisten, wollten wir auf diesen Grundlagen Ver¬ 
trauen in das Präparat setzen. Wer die Menge tuberculöser 
Processe an der Haut kennt und gesehen bat, die trotz gründ¬ 
licher chirurgischer Beseitigung und vollständiger Ausheilung 
plötzlich dennoch nach einer gewissen Zeit recidivirten, der 
lässt sich nicht so leicht von der Beständigkeit der Heilung 
überzeugen. Den Nachweis für die Dauerhaftigkeit der Heilung 

Archiv f. Dermatol, u. Syphil. Band XL VI. ](• 


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242 


Bukovßky. 


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kann nur einzig die Zeit bieten. Um jedoch keine einzige An¬ 
regung Koch’s zu vergessen, machten wir Versuche auch in 
dieser Richtung. Dass wir zur Controle nicht alle Fälle be¬ 
nützen konnten, ist nur diesen zuzuschreiben. Eine ganze 
Reihe derselben ist dadurch ausgefallen, weil sie die Injec- 
tionen des TR nicht vertragen hat, indem sie durch starke 
Gesammtreaction und durch Gewichtsverlust reagirte. In 
diesen Fällen war es sehr sichtbar, dass sie nicht immunisirt 
sind. Einige Patienten wollten sich zu weiteren Injectionen 
nicht hergeben, weil sie vorzeitig aus der Behandlung getreten 
sind. Uebrigens haben uns jene 4 Fälle, in welchen wir die 
Probeinjectionen mit dem alten Tuberculin vorgenommen haben, 
hinreichend überzeugt. Betrachten wir das Resultat: Nr. 1. 
ein Fall, der verhältnissmässig noch am meisten sowohl be¬ 
züglich seiner geplanten, als localen Reactionen den Koch- 
schen Intentionen nahekam, hat schon nach 50 Mg. Lösung mit 
erhöhter Temperatur bis 39 - 4 entsprochen. Pall 2, in ähnlich 
günstiger Weise verlaufend, bei welchem als Terminalgaben 
25 Mg. verwendet wurden, reagirte auf 5 Mg. des alten Tuber- 
culins mit Schmerzen in der Magengegend und Brechreiz. Als 
sodann nach allmäliger Steigerung 10 Mg. erreicht waren, 
stellten sich Kopfschmerzen, Temperatursteigerung bis 38 - 4" C. 
und intensive locale Hyperämie verbunden mit Eiterung ein. 

Der Patient Nr. 3 reagirte schon nach 1 Mg. örtlich in 
Form von Hyperämie, nach 5 Mg. stellten sich Symptome 
solchen Charakters ein, dass wir keinen Zweifel darüber haben 
konnten, wieviel tuberculöse Herde der Organismus bisher ent¬ 
halte. Nach 7 Stunden stellten sich plötzlich Schmerzen im 
Rücken ein, bald hernach traten convulsivische Schmerzen in 
der linken oberen und unteren Extremität mit mässiger Parese, 
krankhaftem Erbrechen und erhöhter Temperatur bis SS'ö 0 C. 
ein; der Puls war beschleunigt, kaum fühlbar. Schliesslich 
trat auch starker Kopfschmerz, Angstgefühl, Beklemmung hin¬ 
zu, der Patient lief aus dem Bette und klagte noch lange Zeit. 
Der Zustand dauerte die ganze Nacht hindurch und erst gegen 
Morgen trat Beruhigung ein. Der Fall 17 schliesslich zeigte 
nach 6 Mg. leichte örtliche Reaction, nach 12 Mg. Erhöhung 
der Temperatur bis 39'2 Ü , Schmerzen im Kopf und Gliedern, 


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Die Ergeb. d. Behaudl. tubercul. Hautaff. m. Tuberculin-B. 243 

beschleunigten Puls und belegte Zunge. Diese Reaction hielt 
l’/a Tage an. 

Wir sind vollständig überzeugt, dass die Vornahme der 
Prüfung an 4 Kranken vollkommen ausreichte. In allen diesen 
Fällen bat uns die Controlprüfung vom geraden Gegentheil 
überzeugt. Durch sie haben wir die Ueberzeugung gewonnen, 
dass das TR den Organismus nicht immunisirt und dass in 
Folge dessen die durchgeführte Therapie durchaus keine Bürg¬ 
schaft biete, dass der Organismus vor Recidiven bewahrt 
bleiben werde. 

Dass dieses Endurtheil bezüglich der Immunisirung be¬ 
rechtigt ist, bestätigt das interessante Factum, welches wir hei 
der Kranken sub Nr. 2 constatirt haben. Der Fall verlief ge- 
sammtlich und örtlich günstig. Schon nach 8 Mg. konnte man 
keinen Herd constatiren, so dass wir dem Gedanken nahe 
waren, den Fall als geheilt zu declariren. Jedoch nach wenigen 
Tagen überraschte uns nach der letzten Injection von 8 Mg* 
eine Beobachtung, die Niemand erwartet hatte. In der Narbe, 
die im Verlaufe der Behandlung sich entwickelt 
hat, traten recidivirende miliare Knötchen auf. 
Das ganze Bild entwickelte sich vor unseren Augen und wurde 
streng controlirt. Hier trat somit frische Recidive noch im 
Verlaufe der Behandlung mit TR ein. 

Es erübrigt noch über den eigenthümlichen therapeutischen 
Einfluss auf das pathologische Gewebe zu sprechen. Wenn wir 
alle die verschiedenen Erkrankungen, welche heilen sollten, in 
Betracht ziehen, müssen wir bekennen, dass nicht ein einziger 
Fall von idealer Heilung uns gelungen ist Die Patienten 
Nr. 1 uud 9 nähern sich noch am meisten dem Verlangen 
Koch’s. Bei diesen trat so deutlich Besserung des Processes 
ein, dass nicht einmal eine Correctur nöthig war. Die einzelnen 
Geschwüre waren vollständig in Narben verwandelt, die vor 
der Behandlung bedeutend über die Oberfläche erhöhten In¬ 
filtrate sanken vollständig in das Niveau der Haut, ganz kleine 
Infiltrate und besonders miliare Knötchen waren durch Exfo¬ 
liation in atrophische Narben umgewandelt. Um dieses Re¬ 
sultat zu erzielen, war es in beiden Fällen nothwendig, die Gaben 
bis 20 Mg. pro dosi zu erhöhen. Beide Fälle verliefen auch 

16 * 


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Bukovsky. 


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gesammtlich gut, Nr. 1 nahm 2*1 Eg. zu, Nr. 9 nahm nur um 
0*8 Kg. ab. In den übrigen 6 Fällen, bei welchen dieselben 
Endgaben erreicht wurden (Nr. 2 bis 25 Mg.), Hess sich kein so 
günstiges Resultat beobachten und bei allen war eine nach- 
trägliche Behandlung (Auskratzung, Drüsenexstirpation, Aus- 
glühen mit dem Galvanocauter, Aetzen mit der Elsenberg- 
schen Parachlorphenol-Pasta, Salicylcreosotpasta, Milchsäure 
u. s. w.) erforderlich. Der Schlusseffect in allen diesen Fällen 
war nur ein partieller, eine gewisse Abflachung der Infiltrate, 
Verheilung kleinerer Geschwürchen und Tendenz zu rascherem 
Verfalle. Ein noch schwächeres und negativeres Resultat war 
das der übrigen Fälle. Hier Hess sich entweder überhaupt gar 
kein Heilungsresultat constatiren oder nur ein ganz minimales. 
Vielleicht Hesse sich einwenden, dass in allen 17 Fällen die 
therapeutische Wirkung deshalb eine so schwache war, weil 
man cie Injectionen noch hätte fortsetzen soUen. Und wirk¬ 
lich setzt Koch 20 Mg. pro dosi nicht als terminale Gabe für 
alle Fälle fest und lässt die Möglichkeit offen, dass man zu 
noch höher dosirten Injectionen steigen müsse. Bei jeder The¬ 
rapie, möge sie welche immer sein, gilt als erstes Princip, dass 
sie den Organismus nicht abschwächen dürfe, sondern im Ge- 
gentheil, dass sie ihn resistenter der Krankheit gegenüber 
mache. Und gilt dieses Gesetz für alle Krankheiten, so gilt es 
in erster Reihe bei tuberculösen Processen. Wenn das Heil¬ 
mittel noch so prompt gegen Tuberculose sich bewähren würde, 
so könnten wir eine vollständige Ausheilung nicht erwarten, 
sobald hiebei der Organismus geschwächt wird. Dies ist ge¬ 
wiss nicht der letzte Grund, weshalb das TR einen so schwachen 
Heilerfolg batte und dies ist auch die Ursache, weshalb das 
Mädchen sub Nr. 15 nach dem Weglassen der Injectionen Ver¬ 
schlimmerung und Fortschreiten des Processes in den Lungen 
ausgewiesen hat. 

Einen Heileffect können wir dem Tuberculin R durchaus 
nicht zuerkennen. Jenen Effect, den wir mit den Injectionen 
erzielt haben, können wir in weit kürzerer Zeit mit anderen 
Methoden erreichen. Und wenn, wie nachgewiesen, es keine 
palliative Eigenschaft besitzt, so steht das TR weit hinter deu 
Methoden, die bisher in der Therapie tuberculöser Hautkrank¬ 
heiten dominiren. 


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Die Ergeb. d. Behandi. tubercul. Hautaff. m. Tuberculin-R. 245 


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Das Endurtheil über das TR lässt sich in folgenden Sätzen 
zusammenfassen: 

1. Das Tuberculin R ist ein sehr labiles Präparat. Die zu 
verschiedenen Zeiten dargestellten Präparate besitzen ver¬ 
schiedene Intensität. Wegen leichter Verunreinigung muss man 
für jeden Tag frische Lösungen vorbereiten. Für jeden Kran¬ 
ken soll man soviel als möglich das Präparat vom gleichen 
Datum benutzen. 

2. Als erste Dosis kann man in der Mehrzahl der Fälle 
0‘002 Mg. fester Substanz benutzen, es empfiehlt sich jedoch 
bei einigermassen ausgebreiteten Formen eine noch kleinere 
Gabe. Bei folgenden Injectionen verdopple man die Dosis und 
mache sie jeden 2. Tag; bei höheren Gaben behutsamer und 
in längeren Pausen. 

3. Bedient man sich immer frischer Lösungen, so tritt an 
der Einstichstelle niemals Reizung oder Entzündung ein, es 
tritt leichte Resorption ein und vereinzelt spürt der Patient 
Schmerzen, jedoch ohne anatomischen Befund. 

4. Eine Gesammtreaction stellte sich in allen unseren 
Fällen ein, ihre Intensität steht jedoch in keinem Verhältnisse 
zur Stärke der Injection. 

Die erhöhte Abendtemperatur bleibt andauernd. 

Nebst dem Fieber wurden beobachtet Beschleunigung des 
Pulses und der Atbmung, bedeutende Affection des Nerven¬ 
systems und des Verdauungstraktes, besonders war Appetit¬ 
losigkeit typisch. 

5. Bezüglich der Ernährung war bei 6 Kranken Gewichts¬ 
zunahme (1 nicht tuberculös), bei 14 Gewichtsabnahme zuweilen 
bis */ 7 des Körpergewichtes beobachtet. 

6. Im Blute wurdet Vermehrung der weissen Blutkörper¬ 
chen ohne morphologische Veränderung constatirt (Leukocytose). 

7. Die Localreaction stellte sich heftig ähnlich der Re- 
action des alten Tuberculin. Mit der Gesammtreaction geht die 
Localreaction in keinem Verhältnisse einher. 

Die Formen der Localreaction an der Haut: a) Einfache 
Hyperämie, b ) Hyperämie, Entzündung, Zerfall der Geschwüre 
und Infiltrate, c) Entzündung mit pustulösem Charakter. 
Schleimhaut: Formen a und b. In den Gelenken und 


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D r ü 8 e n: Schwellung, Schmerzhaftigkeit, vermehrte und käsige 
Secretion in den Lungen, vermehrtes Rasselgeräusch und 
Schnurren. 

8. Therapeutische Wirkung: 

«) Ueber die Wirkung der Iromunisirung sowohl gegen 
Toxine als auch gegen Bakterien kann man sich bis jetzt nicht 
stricte äussern, darüber kann lins nur der Mangel an Recidiven 
belehren. In einem Falle trat noch im Verlaufe der Injections- 
therapie Itecidive ein. Die Controlprüfung mit dem alten Tu- 
berculin fiel bei den erwähnten 4 Fällen negativ aus, immer 
stellte sich sowohl allgemeine wie örtliche Reaction ein. 

b) Von irgend einer Heilung kann man bloss in 2 Fällen 
sprechen, in den übrigen trat bis zu einem gewissen Masse 
Besserung ein; dasselbe Resultat lässt sich in unverhältnise- 
mässig kürzerer Zeit mit anderen Methoden erzielen. 

9. Das Tuberculin-R ist ein gutes diagnostisches Mittel zur 
Unterscheidung tuberculöser Processe. Im Falle 20 trat, ob¬ 
wohl rasch gestiegen und in 7 Injectionen 20 Mg. erreicht 
wurde, nicht ein einziges Mal weder gesammte noch örtliche 
Reaction ein. 

10. Histologischer Befund. Die Untersuchung wurde an 
einem einer Kranken mit typischer Tuberculosis verruc. cutis 
excidirten Hautstücke angestellt. Riehl und Pal tauf 1 ) be¬ 
schreiben das Endstadium der Tuberculosis verr. cutis, das ist 
das Stadium, wo sich der ganze Process in eine Narbe ver¬ 
wandelt, folgendermassen: das Granulationsgewebe zieht sich 
in dünnem Streifen eng unter die Epithelialgrenze und ist nur 
an einzelnen Stellen mit spärlichen Riesen- und Epitheloid- 
zellen durchsetzt. Die Staohelzellenschicbt schickt keine Zapfen 
mehr in die Tiefe, wodurch der verrucöse Charakter schwin¬ 
det. Die Hornschichte ist erheblich verdickt, enthält aber 
nirgends weder Exsudatreste noch käsige Massen. Der Haupt¬ 
charakter dieses Stadiums ist, dass alle begleitenden entzünd¬ 
lichen Erscheinungen geschwunden sind, dass sich nirgends im 
Präparate weder acute Entzündung noch Abscessbildung nach- 
weisen lässt. 


*) Archiv f. D. u. S. Tuberculosis verruc. cutis. 1886. 


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Die Ergeli. <1. Behandl. tubercul. Hautaff. m. Tuberculin-R. 247 


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Betrachten wir nun unsere Präparate. Patientin Nr. 81 
musste nach Beendigung der Injectionsserie einer ausgiebigen 
Auskratzung mit dem scharfen Löffel unterzogen werden. Ein 
kleiner Theil wurde exstirpirt, in Weingeist gehärtet und die 
Präparate einerseits mit Hämatoxilin, andererseits mit verschie¬ 
denen Anilinfarbstoffen gefärbt. 

Bei schwacher Vergrösserung ist besonders das mächtige 
Eindringen der Epithelialschicht in die Haut selbst in langen 
und breiten, zuweilen fingerförmig verzweigten Zapfen zu sehen. 
Hie und da sind kryptenföimige Einsenkungen, die mit einer 
reichlichen Hornschichte ausgefüllt sind, welche auch die übrige 
Partie des Präparates in stärkerer Schichte bedeckt. Im Coriuin 
selbst zieht sich nach der ganzen Länge des Präparates ein 
diffuses Infiltrat und zwar in grösster Intensität in der Papil- 
larschichte, nimmt in der Richtung nach unten allmälig ab, 
so dass es in der Reticularschichte bloss auf die Umgebung 
der Gefässe beschränkt ist. 

Einen interessanteren Befund bietet die genauere Unter¬ 
suchung bei stärkerer Vergrösserung. 

1. Epithelschichte. In der Hornschichte, die sich an 
der ganzen Oberfläche in zahlreichen unregelmässigen Lamellen 
hinzieht, finden sich vertrocknete Exsudatmassen zusammen¬ 
gesetzt aus körnigem, sich nicht färbenden Detritus und we¬ 
nigen gefärbten Kernen. Dieses Exsudat lässt sich besonders 
in den Krypten zwischen den Papillen nachweisen. Das Stratum 
lucidum und granulosum weisen überhaupt keine Veränderungen, 
auf. Wichtiger ist schon der Befund in der Malpighischen 
Schichte. Diese ist vor allem bedeutend verstärkt und bildet 
die schon erwähnten interpapillaren Zapfen. An Stellen, wo 
diese Zapfen grössere Infiltrate der Papillarschichte erreichen, 
kann man deutlich den Eintritt runder einkerniger Zellen 
zwischen die Epithelialzellen beobachten. Sonst zeigen die 
Stachelzellen selbst in ihrer Configuration keine Veränderungen. 

2. Die Haut selbst. Einzelne Papillen sind erheblich 
verlängert. In der Papillarschichte, zuweilen dicht unter den 
Epithel zieht sich ein reichliches, diffuses, nur stellenweise aus 
kleineren, granulirenden, mehr oder weniger von einander ab- 
getheilten Herden bestehendes Infiltrat Die Infiltrate bestehen 


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aus rundlichen, dicht nebeneinander gruppirten kleinen Zellen, 
zwischen welchen in weit geringerer Zahl grössere Zellen mit 
reichlicherem Protoplasma von runder, ovaler oder spindel¬ 
förmiger Gestalt und vereinzelt auch grosse protoplasmareiche 
Zellen mit zahlreichen, zu einem Pol gruppirten Kernen sich 
befinden. In der Reticularschichte findet man ein spärlicheres 
kleinzelliges, rings um die Gefässe verlaufendes Infiltrat. 

In keinem Präparate kann man weder Talgdrüsen noch 
Haarbälge nachweisen. Dafür sind im Unterhautbindegewebe, 
in welchem überhaupt keine Veränderungen zu bemerken sind, 
die knäulförmigen Drüsen intact. 

Es fehlen daher bei unseren Präparaten die Erscheinungen 
acuter Entzündung, Abscessbildung, gleichzeitig zeigen aber 
auch unsere Präparate keine Abnahme des tuberculösen Infil¬ 
trates und nicht einmal Verflachung der Papillen und Schwinden 
jenes verrucösen Charakters. Unser Befund lässt sich daher 
überhaupt nicht mit jenem Schlussbilde in Uebereinstimmung 
bringen, wie es Riehl und Pal tauf beschreiben. 

Auf eine detaillirte Wiedergabe der Krankengeschichten 
wollen wir mit Rücksicht auf den Umfang derselben verzichten. 


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Einige Worte über die Form der An¬ 
wendung des Quecksilbers. 

Von 

Professor Edvard Welander 

in Stockholm. 


(Schluss.) 

Wollten wir nun zu entscheiden versuchen, welche Form 
oder Methode für die Einführung des Hg in den Körper die 
zweckmässigste ist, so müssen wir uns in Acht nehmen, nur 
aus den Untersuchungen über Absorption und Remanenz des 
Quecksilbers Schlüsse zu ziehen. Man könnte sich in diesem 
Falle, wenn man von einer Behandlungsform weiss, dass bei 
ihrer Anwendung Hg sehr schnell absorbirt wird und auch 
lange in grosser Menge im Körper remanirt, leicht versucht 
fühlen, nur diese eine Form und dazu vielleicht in übertrie¬ 
benem Grade anzuwenden; wie ich schon früher hervorgehoben 
habe, müssen wir bei der Behandlung auch auf andere 
Factoren Rücksicht nehmen, und ich will hier in Bezug darauf 
einige Worte aus meinem Aufsatz über die praeventive Behand¬ 
lung der Syphilis anführen: 

„Natürlicherweise beruht die Vernichtung der Mikroben 
und das Verschwinden der Symptome nicht nur auf einer 
solchen chemischen Einwirkung des Quecksilbers. Auch der 
Organismus spielt dabei sicher eine sehr wichtige Rolle; wir 
sehen ja mitunter sogar, dass der Organismus selbst, ohne 
jede Anwendung eines Arzneimittels, sei es Quecksilber oder 
ein anderer Stoff, die syphilitische Krankheit zu bekämpfen 
vermag. 

Man mag sich nun den Kampf des Organismus gegen die 
in ihn gekommenen Syphilismikroben in Uebereinstimmung mit 
Metschnikow’s Fagocytosenlehre oder in andererWeise vor- 


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stellen, sicher ist es, dass ein Körper der schädlichen Ein¬ 
wirkung der Syphilismikroben um so leichter widersteht, je 
gesünder und kräftiger er bei Ausbruch der syphilitischen In- 
fection ist, gleichwie wir auch sehen, dass diese Mikroben oft 
schwerere Veränderungen in einem Organismus hervorrufeu, 
der aus dem einen oder anderen Anlass heruntergekommen und 
geschwächt ist. Wir wissen, dass sowohl andere Krankheiten, 
z. B. Malaria und Tuberculosis, wie auch chemische Stoffe, 
z. B. der Alkohol, den Organismus so herunterbringen können, 
dass seine Widerstandskraft gegen die Syphilis gering ist, daher 
wir auch in solchen Fällen recht schwere Symptome auftreten 
sehen können. Durch Missbrauch des Quecksilbers können wir 
ebenfalls den Organismus herunterbringen, und eine unmässige 
Anwendung dieses Mittels kann daher, weit entfernt davon, 
den Nutzen zu bringen, den man wünscht, das Gegentheil be¬ 
wirken, d. h. es kann dazu beitragen, die syphilitische Krank¬ 
heit zu verschlimmern. Der Organismus ist kein indifferentes 
Reagensglas, in welches man ohne Schaden für dasselbe eine 
so grosse Menge eines für die Mikroben schädlichen Stoffes 
bringen kann, dass sie und ihre Sporen davon zerstört werden. 
Es ist sicher der Organismus selbst, der bei der Bekämpfung 
der Mikrobenkrankheiten die wichtigste Rolle spielt. Unsere 
Aufgabe muss es deshalb sein, den Organismus in seinem 
Kampfe gegen die Mikroben mit unserer Behandlung nach 
Kräften zu unterstützen und unsere Heilmittel dabei in solcher 
Weise anzuweuden, dass sie auf die Mikroben nachtheilig ein¬ 
wirken, ohne dabei dem Organismus zu schaden. Haben wir 
nun ein sowohl gegen die Mikroben, wie gegen den Organismus 
so eingreifendes Mittel vor uns wie das Quecksilber, so ist es natür¬ 
licherweise unsere Schuldigkeit, den Organismus bei sorgfältiger 
Ueberwachung seines Zustandes unter einer massigen, aber 
doch so kräftigen QuecksilberEinwirkung zu halten, dass die¬ 
selbe nachtheilig auf in ihm vorhandene Syphilismikroben ein¬ 
wirken und der lebenskräftigen Entwickelung der Sporen ent¬ 
gegenarbeiten kann, ohne seine Widerstandskraft gegen sie 
herabzusetzen“. 

Nehmen wir nun Rücksicht hierauf und wollen wir in 
einer verständigen, nicht übertriebenen Weise Hg anwenden, 


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Einige Worte üb. die Form der Anwend, des Quecksilbers. 251 


so ist die Frage die, welche Form wir hierfür im allgemeinen 
wählen sollen. 

Da wir sehen, dass bei Einverleibung von Hg per os in 
Form von Pillen die Absorption sehr unsicher ist, und wir 
auch nicht wissen, in welcher Menge das Hg bei Anwendung 
dieser Methode absorbirt wird, so müssen wir von dieser Me¬ 
thode sagen, dass sie eine unzuverlässige Methode ist. Ich will 
nur auf den weiter vorn angeführten Fall hinweisen. Hätten 
wir hier einen schwereren Fall von Syphilis gehabt, wo eine 
schnelle und kräftige Behandlung von Nöthen gewesen wäre, 
w r ürden wir mit dieser Pillenbehandlung kein gutes Ergebniss 
erzielt haben; dieselbe würde sich als unzureichend erwiesen 
haben, und wir wären dann genöthigt gewesen, eine andere 
Methode zu versuchen, mit der wir vielleicht ein günstiges 
Ergebniss erreicht hätten. Wir finden ja in der Literatur, wenn 
man eine Behandlungsmethode anempfehlen will, oft genug die 
Angabe, dass die Symptome ungeachtet einer längeren Behand¬ 
lung fortbestanden, bei Anwendung der neuen Methode aber 
bald verschwanden. Oft finden wir dann, dass die vorherge¬ 
gangene Behandlung gerade eine Behandlung mit Pillen gewesen 
ist. Solche Fälle habe auch ich viele Male gesehen, und ich 
sehe die innere Behandlung mit Hg als so unsicher an, dass 
ich sie seit mehreren Jahren nur noch ganz ausnahmsweise 
anwende. 

Wenn wir hauptsächlich auf die Absorption und die 
Remanenz des Quecksilbers im Organismus sehen, so gibt es 
ganz sicher keine Behandlungsmethode, die so zweckmässig 
wie die Injectionsmethode ist, namentlich wenn zu den Injec- 
tionen unlösliche Salze angewendet werden. 

Auch wenn diese unlöslichen Salze nicht so schnell wie 
die löslichen absorbirt werden, so ist ihre Absorption doch 
schnell und kräftig, und ausserdem remanirt das Hg bei ihrer 
Anwendung länger in grösserer Menge im Organismus als bei 
Anwendung der löslichen Salze, weshalb ich ihnen auch in 
der Regel unbedingt den Vorzug vor diesen gebe. Was Lang’s 
Methode mit Oleum cinerum anbetrifft, so scheint sie ein 
grosses Verdienst in der langen Remanenz des Quecksilbers zu 


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Welander. 


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haben, vorausgesetzt, dass dieses Mittel in keiner zu grossen, 
sondern in der von Laug vorgescbriebenen Dosis gegeben wird. 

Wenn auch nicht als völlig den Einspritzungen von diesen 
unlöslichen Salzen (und von Oleum cinerum) gleichstellend, so 
doch ihnen als nahestehend scheint mir die sogenannte ender- 
matische oder, was eine richtigere Benennung für sie wäre, 
Inbalations-(Einathmung8-)Methode zu betrachten zu sein, 
gleichviel ob sie, unter im Uebrigen geeigneten Verhältnissen, 
als Einreibung, Ueberstreichung oder Ausbreitung der Mercu- 
rialsalbe in einem Säckchen zur Anwendung kommt. 

In einer dieser Formen — der Injection unlöslicher 
Salze (und des Oleum cinerum) oder der sogenannten 
endermatischen Behandlung — ist das Quecksilber indessen 
meines Erachtens in der Kegel anzuwenden, sofern es cito und 
in der Bedeutung, dass man seiner schnellen Absorption gewiss 
ist, tuto wirken soll. 

Aber bei der Behandlung mit Hg muss man, gleichwie 
bei der Behandlung mit den übrigen Heilmitteln, die prima 
regula beobachten und Zusehen, dass die Behandlung tuto 
geschieht, d. h. ohne dass dadurch ein Schaden verursacht 
wird. Das Quecksilber ist ja kein indifferenter Stoff, der ohne 
Schaden in beliebiger Menge in den Organismus einge¬ 
führt werden kann; es kann ja schädlich nicht nur auf die 
Bakterien, sondern auch auf den Organismus einwirken. Es 
ist deshalb nothwendig nachzusehen, ob die eine oder die 
andere Form seiner Anwendung in dieser Hinsicht mehr oder 
weniger geeignet oder ungeeignet ist. 

Unter welcher Form auch das Quecksilber in den Orga¬ 
nismus eingeführt wird, so kann es doch, unabhängig von der 
Form seiner Einführung, einen mehr oder weniger schädlichen 
Einfluss auf ihn ausüben. Aeusserst selten werden wir bei 
Anwendung unserer heutigen Behandlungsformen eine schwerere 
allgemeine Einwirkung des Quecksilbers auf den Organismus 
beobachten. Die Symptome, welche wir auftreten sehen, sind 
in der Regel hauptsächlich local. Wir sind noch genöthigt 
anzunehmen, dass die Ungelegenheiten, welche sich bei der 
Behandlung mit Hg zeigen, zum Theil auf einer sogenannten 
individuellen Disposition beruhen, zu sehr grossem Theil aber 


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Einige Worte üb. die Form der Anwend. des Quecksilbers. 253 


in der Menge des Quecksilbers ihren Grund haben, die absor- 
birt worden ist und nun auf dem einen oder dem anderen 
Wege eliminirt werden muss.') Wir treffen ja diese Schädi¬ 
gungen, diese krankhaften Symptome eigentlich nur in den¬ 
jenigen Theilen des Körpers, durch welche die Elimination 
von Hg geschieht, und eigentlich nur in Fällen, wo eine kräf¬ 
tige Behandlung mit Hg ausgeführt worden ist. 

Wir finden noch immer angegeben, dass das Quecksilber 
in nicht unbedeutender Menge durch die Speicheldrüsen elimi¬ 
nirt wird, und man sollte ja deshalb auch geneigt sein anzu¬ 
nehmen, dass es diese Elimination ist, die den Anlass zur 
Stomatitis mercurialis gibt. Aber abgesehen davon, dass das 
Hg nur in äusserst geringen Mengen durch die Speicheldrüsen 
eliminirt wird, so haben ja Lang’s Untersuchungen so gut 
wie sicher andere Verhältnisse als die Ursache dieser Stoma¬ 
titis nachgewiesen. Wir sehen sie ja auch einerseits bei der 
allerkräftigsten Behandlung mit Hg ausbleiben, während sie 
andererseits bei der unbedeutendsten Behandlung mit Hg auf- 
treten kann. Durch sorgfältige, mehrmalige tägliche Reinigung 
der Mundhöhle können wir derselben so gut wie sicher Vor¬ 
beugen, und z. B. im Krankenhause St. Göran, wo eine solche 
tägliche Reinigung der Mundhöhle ausgeführt wird und wo wir 
grosse, geräumige und gut ventilirte Krankensäle haben, gehört 
die Stomatitis zu den Seltenheiten. Ganz sicher können wir 
bei Beobachtung der nöthigen Vorsichtsmassregeln jede be¬ 
liebige Form der Behandlung mit Hg anwenden, ohne befürchten 
zu müssen, dass durch die Elimination des Quecksilbers durch 
die Speicheldrüsen eine Stomatitis mercurialis hervorgerufen wird. 

Bei der Elimination des Quecksilbers durch die Nieren 
sehen wir indessen in den Nieren eine Reizung, eine Cylindrurie, 
bisweilen auch eine Albuminurie entstehen. Ich habe eine 
solche Reizung zwar nach jeder Form der Behandlung mit Hg 
auftreten sehen, doch ist dieses hauptsächlich nach kräftigen 
Behandlungen mit Hg der Fall gewesen. Diese Reizung in den 
Nieren verschwindet zwar, wenn die Nieren vorher gesund 
gewesen sind, bei der Abnahme der Elimination allmälig wieder, 

') Ich sehe hier von der Reizung des Darmcanales bei unserer 
Behandlung mit Hg ab. 


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doch habe ich auch einmal gefunden, dass eine bei einer kräf¬ 
tigen Behandlung mit Hg entstandene Cylindrurie noch nach 
zwei Jahren, wo ich den Patienten zum letzten Male sah, fort- 
bestand. Dieses ist eine Mahnung, bei jeder kräftigen Behand¬ 
lung mit Hg, vor allem aber, wenn wir eine Behandlungsform 
gewählt haben, von der wir wissen, dass bei ihrer Anwendung 
Hg lange im Organismus zurückbleibt und noch lange nach Ab¬ 
schluss der Behandlung in grosser Menge durch die Nieren 
eliminirt wird, sorgfältig den Zustand der Nieren zu über¬ 
wachen. Gilt dieses von vorher gesunden Nieren, so gilt es 
natürlicherweise in noch höherem Grade von Nieren, die bei 
Beginn der Behandlung krank sind. Mehr als einmal habe ich 
in solchen Fällen bei kräftiger Behandlung mit Hg den Cylin- 
dergehalt und die Albumiumenge so bedeutend wachsen sehen, 
dass ich genöthigt war, die Behandlung abzubrechen. Natür¬ 
licherweise müssen wir uns unter solchen Verhältnissen sehr 
in Acht nehmen, Einspritzungen von grossen Dosen unlöslicher 
Salze (von Oleum cinerum) zu machen, nach welchen Ein¬ 
spritzungen ja lange Zeit eine kräftige Elimination von Hg 
durch die Nieren geschieht, welche Elimination wir dann nicht 
die Macht haben zu verhindern.') Dieses gilt auch, obschon 
nur in geringerem Grade, von der sogenannten endermatischen 
Behandlung. 

Hin und wieder hat man als die Folge einer kräftigen 
Behandlung mit Hg Diarrhöe (natürlich nicht durch die innere 
Behandlung mit Hg hervorgerufen), ja, bisweilen sogar den 
Tod eintreten sehen, und in diesen Fällen hat man dann 
diphtherieähnliche Veränderungen im Darmcanal gefunden. 
Ich bin so glücklich, in meiner Praxis nie einen solchen Fall 


') Bisweilen ist es jedoch möglich, nach dieser Injection die Ab¬ 
sorption und somit, auch die Elimination bis zu einem gewissen Grade 
zu verhindern. So hatte ich z. B. Gelegenheit, einen Fall zu sehen, wo 
^in College aus Versehen auf einmal 1 Gr. essigsaures Thymohjuecksilber 
in 10 Gr. paraffinum Liquidum eingespritzt hatte. Schon nach eiuigen 
Stunden wurde eine Operation vorgenommen und von dem Eingespritzten 
ao viel wie möglicli herausgekratzt. Es liess sich hierdurch zwar nicht 
verhindern, da^s eine bedeutende Menge Hg ubsorbirt wurde, doch war 
den schweren Folgen vorgebeugt, welche sonst, nach Einspritzung einer 
so grossen Menge Hg auf einmal, sicher nicht ausgeblieben wären. 


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Kinige Worte üb, die Form der Anwend, des Quecksilbers. 255 


gehabt zu haben. In Schweden finden sich meines Wissens 
nur 3 solche Fälle beschrieben; bei allen drei Patienten hatte 
sich schon vor der Behandlung mit Hg Albuminurie mit einer 
Albuminmenge von 0 - 2—0‘3 Procent gefunden. Dieses hat mich 
auf die Yermuthung gebracht, dass wenigstens in diesen Fällen 
die Elimination des Hg nicht in hinreichender Menge durch 
die nicht normalen Nieren geschehen konnte und daher iu um 
so grösserer Menge durch den Darmcanal stattfinden musste, 
sowie dass dieses möglicherweise dazu beigetragen hat, diese 
Darmleiden hervorzurufen Wir wissen ja, dass sich bei einem 
Nierenleiden, wo die Nieren das Quecksilber nicht in hinrei¬ 
chender Menge eliminiren können, keine nennenswerthe Zunahme 
der Hg-Elimination durch die Speicheldrüsen zeigt; das Queck¬ 
silber muss sich dann einen anderen Eliminationsweg suchen, 
und ich glaube, approximativ zu urtheilen, gesehen zu haben, 
dass unter solchen Verhältnissen eine grössere Elimination von 
Hg als gewöhnlich durch die Faeces statt gefunden hat. Ich 
sehe es deshalb nicht als ganz unmöglich an, dass die Nieren- 
affectionen und die Mercurialleiden im Darmcanale mit einander 
in Zusammenhang stehen können. Es scheint mir eine Mahnung 
für uns zu sein, bei jeder Behandlung mit Hg den Zu¬ 
stand der Nieren genau zu beobachten, vor allem aber bei 
krankhaften Veränderungen in ihnen die Behandlung so vor¬ 
sichtig auszuführen, dass wir nicht Gefahr laufen, durch eine 
zu lange andauernde und zu kräftige Elimination von Hg einen 
nachtheiligen Einfluss auf sie und möglicherweise auch auf 
den Darmcanal auszuüben. Dieses hindert uns gleichwohl nicht, 
das Hg, obschon nur in kleinen Dosen, unter der Form von 
Injectionen in den Organismus einzuführen oder die sogenannte 
endermatische Methode anzuwenden. 

Wie aus dieser meiner Darstellung hervorgeht, bin ich 
der Ansicht, dass wir eine verständige Anwendung irgend einer 
der hier besprochenen Formen für die Einführung des Queck¬ 
silbers in den Organismus in der Regel nicht zu fürchten 
brauchen, vorausgesetzt natürlich, dass wir genau controliren, wie 
die gewählte Behandlungsweise vom Organismus vertragen wird. 

Ausser diesen Ungelegenheiten, die hauptsächlich an eine 
grössere Menge absorbirten Hg gebunden sind, finden sich aber 


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auch andere, die sich, unabhängig von der absorbirten Hg- 
Menge, an die verschiedenen Formen der Einführung des Hg 
in den Organismus gebunden zeigen. Es handelt sich daher 
nicht nur darum, tuto et cito, sondern, wenn möglich, auch 
jucunde einwirken zu können. Wir haben dann nicht nur auf 
die Vorzüge der einen oder der anderen Form der Einführung 
des Quecksilbers in den Organismus, sondern auch darauf zu 
sehen, welche Ungelegenheiten mit der Anwendung ver¬ 
bunden sind. 

Die innere Behandlung hat ja den grossen Vortheil, dass 
sie äusserst bequem ist und mit Leichtigkeit, ohne Aufmerk¬ 
samkeit zu erregen und den Patienten in seiner Beschäftigung 
zu hindern, beinahe überall und zu jeder Zeit ausgeführt 
werden kann. Aber das Quecksilber, wenn innerlich ange¬ 
wendet, irritirt sehr oft den Magen und den Darmcanal, und 
dieses nicht nur vorübergehend bei der Behandlung, sondern 
es kann auch, namentlich wenn die Behandlung wiederholt 
wird, für die Zukunft Schaden thun und Magen- und Darm¬ 
leiden mit in Folge derselben auftretenden nervösen Symptomen 
hervorrufen, was gerade nicht dazu beiträgt, die Sympathien 
für diese in therapeutischer Hinsicht ziemlich unsicheren Me. 
thode und das Vertrauen zu ihr zu vermehren. 

Die Injectionsmethode hat ja ihre besonders grossen Vor¬ 
theile; sie ist bequem und reinlich, und wir wissen bei ihrer 
Anwendung auch, welche Dosis von Quecksilber wir in den 
Körper einführen; sie würde eine ideale Methode sein, wenn 
sie nicht mit ziemlich bedenklichen Ungelegenheiten be¬ 
haftet wäre. 

Die Einspritzung von löslichen Salzen hat namentlich 
früher die Ungelegenheit gehabt, dass der Patient, um seine 
Einspritzungen zu erhalten, täglich den Arzt besuchen musste, 
was bei privater Praxis desselben für ihn zeitraubend und kost¬ 
spielig war. Man kann von diesen Salzen zwar, wo man dann 
die Einspritzungen nicht so oft zu wiederholen braucht, grössere 
Dosen einspritzen, ja es können die Einspritzungen, wenn sel¬ 
tener ausgeführt, ohne Ungelegenheit sogar in sehr grossen 
Dosen geschehen. So injicirte ich im Jahre 1885 einmal in 
Folge eines Versehens von mir und der Krankenwärterin bei 


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Kinige Worte üb. die Form der A uwend. des Quecksilbers. 257 


zwei Patienten eine Spritze Sublimatspiritus (1 Theil auf 10), 
also 10 Cgr. Sublimat auf einmal; die Patienten klagten ein 
paar Stunden über einen brennenden Schmerz in der Hinter¬ 
backe, in welcher eine geringe Empfindlichkeit und Anschwel¬ 
lung auftraten, hatten aber sonst weder allgemeine, noch locale 
Unbehaglichkeiten davon. Dieses Versehen veranlasste mich 
indessen im Jahre 1889 Versuche mit Einspritzungen von 
4—5 Cgr. Sublimat auf einmal zu machen und die Einspritz¬ 
ungen nur jeden 4. oder 5. Tag zu geben. Da die Patienten 
von diesen Injectionen dieselben Unbehaglichkeiten wie von den 
Injectionen unlöslicher Salze hatten, und da auch, so viel ich 
nach den wenigen Untersuchungen, die ich ausgefübrt hatte, 
beurtheilen konnte, das Quecksilber nach ihnen kürzere Zeit 
als nach diesen Injectionen im Körper remanirte, fand ich 
keinen Vortheil dabei, mit ihrer Anwendung länger fortzufahren, 
und dies um so weniger, als die Sublimateinspritzungen auch 
sonst keinen Vorzug vor den Einspritzungen der unlöslichen 
Salze haben. 

Bei allen Arten von Injectionen können unglückliche Zu¬ 
fälligkeiten eintreffen, die aber der Methode ihren grossen 
Werth nicht zu nehmen vermögen. 

So habe ich dreimal (bei mehr als ‘25.000 Injectionen, 
die ich gegeben) das Unglück gehabt, ein Blutgefäss in der 
Hinterbacke zu verletzen, was zur Folge hatte, dass in ihr in 
den nächsten Stunden eine bedeutende empfindliche Anschwel¬ 
lung auftrat, die erst nach einer oder mehreren Wochen, 
nachdem sie dem Patienten viel Schmerzen bereitet hatte, 
wieder verschwand. 

Ein anderes Mal habe ich nach einer Einspritzung eine 
Neuritis mit einer Paresis auftreten sehen. Ein Patient wurde 
in das Krankenhaus St. Görau mit tertiärsyphilitischen Symp¬ 
tomen aufgenommen; ausserdem waren bei ihm die Peroneal- 
muskeln und die Dorsalflectoren der rechten Seite gelähmt, 
so dass der Fuss schlaff herabhing. Der Patient gab an, dass 
er vor fünf Monaten 6 Thymolquecksilbereinspritzungen be¬ 
kommen hatte. Er sagte, dass er gleich nach der zweiten 
Einspritzung heftige Schmerzen im Fuss bekommen und 

Archiv f. Dermat. u. Syphil. Band XLVI. 17 


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dass dieser dann allmälig angefangen habe, schlaff zu werden 
und sich schwer bewegen zu lassen. 

Solche Zufälligkeiten dürfen uns natürlicher Weise nicht 
davon abschrecken, die Methode anzuwenden. Ich will dieses 
auch von Lungenembolien nach Injectionen unlöslicher Salze 
sagen. Es kann kein Zweifel darüber herrschen, dass solche 
Embolien Vorkommen können. Lesser’s und Anderer Fälle 
sind ja schlagende Beweise dafür. Meine Ueberzeugung ist 
jedoch die, dass sie sehr selten sind, und ich habe mich nicht 
davon überzeugen können, dass alle die Lungensymptome, die 
sich als in Folge der Injection unlöslicher Salze aufgetretene 
Lungenembolien beschrieben finden, wirklich solche Embolien ge¬ 
wesen sind. Dass die in Folge der Injection unlöslichen Salze auf¬ 
tretenden wirklichen Lungenembolien selten sind, muss ich auf 
Grund meiner eigenen Erfahrung glauben; in meiner Abtheilung im 
Krankenhause St. Görau wurden hauptsächlich in den Jahren 
1889—92 bei (543 Patienten 3897 Einspritzungen von unlöslichen 
Salzen gemacht, aber bei keinem dieser Patienten trat Lungen¬ 
embolie auf. In meiner privaten Praxis habe ich im Laufe der 
Jahre Tausende von solchen Einspritzungen gemacht, ohne dass 
ich auch nur in einem einzigen Falle Lungenembolie gesehen hätte. 
Bei drei Patienten ist zwar während der Behandlung eine ge¬ 
linde Pleuropneumonie aufgetreten, aber unter solchen Ver¬ 
hältnissen, dass ich in keiner Weise berechtigt bin, sie mit den 
Injectionen in Zusammenhang zu bringen; post ist nicht immer 
propter. Natürlicher Weise habe ich die Injectionen in den 
oberen Theil der Hinterbacken gemacht, wenn aus keinem 
anderen Grunde so deshalb, weil ich den Patienten das Sitzen 
nicht allzu schwer machen wollte. Die Furcht vor Lungen¬ 
embolien würde mich nicht davon abgehalten haben, mit der 
Injection unlöslicher Salze fortzufahren. 

Nun sind leider alle Injectionen, und nicht am wenigsten 
die Injectionen unlöslicher Salze, mit Lngelegenheiten ver¬ 
bunden, welche die Anwendung dieser Injectionen vielmals nicht 
nur für einzelne Individuen, sondern für ganze Classen von 
Menschen beinahe zur Unmöglichkeit machen können. Es sind 
dies die unangenehmen schmerzhaften Infiltrationen, welche 
in den meisten Fällen nach diesen Injectionen auftreten. 


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Einige Worte üb. die Form der Anwend, des Quecksilbers. 259 

Ich habe zwar Personen, z. B. Otiiciere bei der Cavallerie, 
getroffen, welche während der Behandlung ihren Dienst ver- 
ricbten und unter anderem täglich mehrere Stunden reiten 
konnten; solche Fälle gehören aber zu den Ausnahmen, und 
die allermeisten Menschen, vor allem aber diejenigen, welche 
bei ihrer Beschäftigung Bewegung machen, werden durch eine 
solche Behandlung mehr oder weniger in ihrer Beschäftigung 
gehindert. Ich habe es deshalb als meine Schuldigkeit ange¬ 
sehen, im Krankenhause St. Göran, wo die allermeisten der 
Patienten der arbeitenden Classe angehören, mit der Injections- 
behandlung, ungeachtet ihrer grossen Verdienste auch in einem 
Krankenhause, aufzuhören, damit diese Patienten, nachdem sie 
genöthigt gewesen sind, wegen ihrer Behandlung eine längere 
Zeit im Krankenhause zuzubringen und also eine Zeit lang ihre 
Arbeit zu versäumeu, beim Verlassen des Krankenhauses so 
arbeitsfähig wie möglich sein und wenigstens nicht durch die 
Behandlungsform, die bei ihnen angewandt worden ist, für die 
eine oder andere Woche eine Herabsetzung ihres Arbeits¬ 
vermögens erfahren haben mögen. Das Gesagte gilt auch von 
den Militärkrankenhäusern. Mit einem Worte, es ist wegen 
diesen schmerzhaften Infiltrationen, welche nicht nur vorüber¬ 
gehende Ungelegenheiten bereiten, sondern auch bestehen¬ 
bleibende Veränderungen in den Hinterbacken verursachen können, 
verständlich, dass diese Behandlungsform, so kräftig und vortheil- 
haft sie im Uebrigen auch ist, nicht die allgemeine Anwendung 
finden kann, welche sie sonst verdient. Man kann dieser 
Methode leider nicht das Zeugniss ausstellen, dass sie jucunde 
wirkt. 

Dieses kann man auch von der sogenannten endermatischen 
Methode, wenn sie mittels Einreibung des Quecksilbers aus¬ 
geführt wird, nicht sagen. Die ziemlich lange Zeit, welche die 
Einreibung erfordert, und die Beschwerde, welche sie macht, 
die unangenehme Reizung der Haut, welche oft durch die Ein¬ 
reibung hervorgerufen wird, die Unbehaglichkeit, den grössten 
Theil des Tages diese Salbe auf dem Körper haben zu müssen, 
machen diese ßehandlungsform alles andere als angenehm. Die 
letztgenannte Unbehaglichkeit ist ja auch mit der üeber- 
streichungscur verbunden, weshalb man auch von dieser, unge- 

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achtet ihrer grossen Vorzüge vor der Schmiercur, nicht sagen 
kann, dass sie jucunde wirkt. In weit höherem Grade können 
wir von der Behandlung mit Mercurialsalbe in einem Säckchen 
sagen, dass es eine relativ sehr angenehme Behandlungsmethode 
ist, dass sie wenigstens relativ jucunde wirkt. 

Fügen wir hierzu, dass sie auch cito und tuto wirkt, so 
glaube ich, wir können sie als eine Behandlungsform bezeichnen, 
die mit dem grössten Vortheil nicht nur dann angewendet 
werden kann, wenn es eine zufällige Hg-Behandlung gilt, son¬ 
dern auch, wenn es sich um eine geplante, intermittente solche 
Behandlung handelt. 

Eine andere Frage ist die. ob diese Form der Inhalations¬ 
behandlung — die Ausbreitung des Hg in einem Säckchen — 
die angenehmste, die beste ist, oder ob diese Behandlung nicht 
verbessert werden kann; dieses letztere sehe ich für ganz sicher an. 
Die Methode ist nicht neu, sie hat bereits eine Geschichte; 
schon seit langer Zeit hat man von der Verdunstung des Queck¬ 
silbers Kenntniss, und man hat nicht nur versucht, aus dieser 
Kenntniss Nutzen in therapeutischer Hinsicht zu ziehen, son¬ 
dern man ist auch bestrebt gewesen, den Ungelegenheiten vor¬ 
zubeugen, welche eine solche Verdunstung des Hg mit sich 
führen kann. 

Ich will hier als Beispiel von dem ersteren Cingulum 
Rolandi nennen, benannt nach Martinus Rolandus, welcher eine 
Art Quecksilberpflaster bereitete und dasselbe in einen 
Leinengürtel einnähte, um es darin auf dem Körper tragen 
zu lassen. 

Als ein Beispiel von dem letzteren will ich anführen, dass 
ein schwedischer Arzt, Johann Linder, in seiner Abhandlung 
über die französische Krankheit, Stockholm 1713, sagt, dass 
man das Quecksilber zur Salivation einreiben muss, „hat man 
aber bis zur Salivation geschmiert, so muss man, wenn der 
Speichel zu kommen anfängt, das Betttuch und das Hemd 
wechseln, damit dieselben den Speichelfluss nicht allzusehr 
vermehren“. Wie wir hieraus deutlich ersehen, hatte Linder 
beobachtet, dass die auf dem Betttuch, in dem Hemde befind¬ 
liche Hg-Salbe die Einwirkung des Quecksilbers auf den Orga¬ 
nismus vermehrte, was ja völlig mit den Ansichten überein- 


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Einige Worte üb. die Form der Anwend, des Quecksilbers. 261 

stimmt, die wir uns nun über die Verdunstung des Quecksilbers 
aus der in Leinenhemden, in Leinensäckchen ausgebreiteten 
Hg-Salbe gebildet haben. 

Nahezu 200 Jahre später hat Mer ge t vorgeschlagen, die 
Inhalationsbehandlung methodisch durchzuführen, wozu er seine 
„flanelles mercuriales“ empfiehlt, die um den Hals zu tragen 
oder unter das Kopfkissen zu legen sind; Versuche sind in 
Frankreich mit diesen „Flanelles“ mit gutem Resultate ausge¬ 
führt worden. Es ist meine Absicht gewesen, diese „Flanelles“ 
zu versuchen und die Absorption von Hg bei ihrer Anwendung 
mit der hei Anwendung meiner Quecksilbersäckchen stattfinden¬ 
den zu vergleichen, doch ist es mir leider nicht möglich ge¬ 
wesen, diese Flanelles zu erhalten.') A priori scheint es mir. 
dass die Methode, welche ich anwende, kräftiger ist, indem 
sich hier durch die tägliche Ausbreitung einer neuen Schicht 
Salbe im Säckchen stets eine grosse Verdunstungsfläche mit 
fein zertheiltem metallischen Quecksilber findet. Bei M e r g e t’s 
Flanelles, die schon eine längere Zeit fertig gewesen sein 
können und die man lange trägt, ohne sie umzutauschen, scheint 
es mir, dass man nicht so genau wissen kann, wie es sich mit 
der Menge und der Beschaffenheit des Hg verhält, das durch 
seine Verdunstung die therapeutische Wirkung ausüben soll. 

Balz er erwähnt, dass man mit Puder untermischtes 
Quecksilber (Hydrarg. cum creta) in kleinen Säckchen ange¬ 
wandt habe, die auf der Brust getragen wurden; dieses ist ja, 
vom Standpunkte der Reinlichkeit gesehen, unbestreitbar ein, 
wenn auch nur kleiner Vorzug vor der von mir angewandten 
Methode mit der Salbe. In meiner Abtheilung im Kranken¬ 
hause St. Göran werden gegenwärtig Versuche ausgeführt, von 


') Ich habe diese Flanelles durch den Apotheker des Kranken¬ 
hauses St. Göran. K. Ljungberg, zu erhalten gesucht. Zur Antwort auf 
seinen Brief hierüber an Herrn Louis More in Paris, welcher Herr Lj ung- 
bergs Einkäufe von Medicamenten in Paris besorgt, erhielt Herr Ljung¬ 
berg von Herrn More folgende Mittheilung: „-j’ai le regret 

de vous apprendre, que je n’ai pas trouvo cet article raalgre de nom- 
brenses recherches faites de differente cotes.“ Nach diesen Zeilen zu 
urtheilen, scheint die Kenntniss, die man in Paris von Merget’s Flanelles 
hat, und die Anwendung, welche diese Flanelles dort finden, nicht be¬ 
sonders gross zu sein. 


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denen icli hoffe, dass durch sie die Methode wenigstens etwas 
verbessert werden wird. 

Wie es mir indessen scheint, sind die Vortheile der von 
mir angewandten oder auch einer anderen solchen Inhalations¬ 
methode (nota bene wenn die Bedingungen für eine kräftige 
Absorption des Hg erfüllt werden) so gross und die Ungelegen¬ 
heiten, die mit ihr verbunden sind, so gering, dass sie es ver¬ 
dient, angewandt zu werden. Ich für meinen Theil habe mein 
Urtheil über sie befestigt, und ich wende sie nun so gut wie 
ausschliesslich sowohl im Krankenhause, wie in meiner privaten 
Praxis an. 

Ich will hier nicht mit einem näheren Bericht über alle 
von mir mit dieser Methode behandelten Fälle ermüden, son¬ 
dern nur eine gedrängte Zusammenstellung derselben geben. 

Ich habe im Krankenhause 217 Patienten, darunter 
s6 Frauen, und in meiner privaten Praxis 202 Patienten, dar¬ 
unter nur 5 Frauen, mit dieser Methode behandelt. Von den 
im Krankenhause behandelten Patienten haben 8 Männer und 
12 Frauen keine Symptome, 89 Männer und 56 Frauen secun- 
däre und 32 Männer und 18 Frauen tertiäre Symptome gehabt. 
Von den in meiner privaten Praxis behandelten Patienten 
haben 88 secundäre, 38 tertiäre und die übrigen keine Symp¬ 
tome gehabt. Die Symptome sind von höchst wechselnder 
Beschaffenheit gewesen; keine Auswahl unter den Patienten 
hat stattgefunden, sondern sie sind ohne Rücksicht darauf, ob 
sie schwere oder gelinde Symptome hatten, mit dem Säckchen 
behandelt worden. Das therapeutische Resultat ist vollkommen 
ebenso günstig gewesen, als ich es von irgend einer anderen 
Behandlung hätte erwarten können. 

Was die Ungelegenheiten der Methode anbetrifft, so habe 
ich nur wenig anzuführen. Nur in zwei Fällen habe ich einer 
Stomatitis wegen die Behandlung für ein paar Tage unter¬ 
brechen müssen. Ich kann jedoch nicht unterlassen zu er¬ 
wähnen, dass ich in meiner privaten Praxis in einzelnen Fällen 
während der Behandlung kleine, unreine Excoriationen an dem 
Gaumenbogen und den Tonsillen habe auftreten sehen, welche 
Excoriationen erst nach Abschluss der Behandlung verschwunden 
sind. In beinahe allen diesen Fällen sind die Excoriationen 


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Kinige W orte üb. die Form der Anwend, des Quecksilbers. 263 


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an genau derselben Stelle aufgetreten, wo sich Syphilides ero- 
sives gefunden haben; die Syphilides haben dann ihr gewöhn¬ 
liches Aussehen verloren und ein mehr unreines, etwas ent 
zündetes, zum Theil an Mercurialgeschwiire erinnerndes gezeigt; 
gleichzeitig habe ich aber gleichwohl nie solche Geschwüre auf 
der Zunge oder den Backen und ebenso auch keine Affectioneu 
des Zahnfleisches auftreten sehen. Ich hege aber dennoch den 
Verdacht, dass diese Excoriationen in irgend einem Zusammen¬ 
hang mit der Inhalationscur gestanden haben, um so mehr, als 
sie nach Schluss der Behandlung bald verschwunden sind. 
Unter allen Umständen haben sie den Patienten keine nennens- 
werthen Unbehaglichkeiten bereitet, und die Zahl der Fälle, 
wo ich sie beobachtet habe, ist nur gering. 

Eine Ungelegenheit, wenn man es so nennen kann, welche 
diese Methode übrigens mit der Schmier- und der Ueber- 
streichungscur gemein hat, ist die. dass, namentlich i» kleinen 
Zimmern, das verdunstete Hg leicht von den Zimmergenossen 
des Patienten absorbirt werden kann. Ich habe hierauf schon 
im Jahre 1885 aufmerksam gemacht und einen Fall angeführt, 
wo eine Frau, die selbst nie Quecksilber bekommen hatte, 
gleichwohl Hg dadurch absorbirte, dass ihr Mann eine Schmier¬ 
ern 1 durchmachte. Natürlicherweise kann eine solche Absorption 
des Quecksilbers durch eine andere Person auch bei Behandlung 
des Patienten mit dem Quecksilbersäckchen Vorkommen, und 
als ein Beispiel davon will ich hier einen Fall aus meiner pri¬ 
vaten Praxis anführen. Der Mann, welcher tertiäre Syphilis 
hatte, machte eine Behandlung mit dem Quecksilbersäckchen 
durch, und die Frau, welche niemals Syphilis gehabt, nie Hg 
bekommen hatte, schlief in ihrem eigenen Bette, welches neben 
demjenigen des Mannes stand, in demselben Zimmer wie der 
Mann. Als der Mann 22 Tage mit dem Quecksilbersäckchen 
behandelt worden war, hatte er in 205 Gr. Harn, l - 027 spec. 
Gew., eine bedeutende Menge grössere und kleinere Hg-Kü- 
gelcheti. Die Frau hatte an demselben Tage in 345 Gr. Harn, 
1-012 spec. Gew., recht viele meist kleinere Hg-Kügelchen. Die 
Frau hatte also Hg im Harn, wenn auch in viel geringerer 
Menge als der Mann. In meiner privaten Praxis und auch im 
Krankenhanse St. Göran habe ich nie gesehen, dass aus einer 


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solchen Absorption des Hg durch eine andere Person Unge¬ 
legenheiten für diese Person entstanden wären; in dem alten 
Krankenhause in Stockholm, in welchem die Patienten in grosser 
Zahl in kleinen, engen Zimmern lagen, habe ich dagegen bei 
Personen, die selbst nie Hg bekommen hatten, eine Stomatitis 
auftreten sehen. Diese Ungelegenheiten der Hg-Verdünstung 
sind unter allen Umständen höchst unbedeutend und kaum der 
Erwähnung werth. 

Albuminurie mit Cylindrurie habe ich bisweilen bei dieser 
gleichwie auch bei anderer kräftiger Behandlung mit Queck¬ 
silber auftreten sehen. Als ein Beispiel hiervon will ich einen 
Fall anführen, wo bei einem 2 1 /® Monat alten, an hereditärer 
Syphilis leidendem Kinde nach 15tägiger Behandlung mit täglich 
2 Gr. Ung. Hg in einem Säckchen, Cylinder im Harn aufzutreten 
begannen; nach 22 Tagen hatte das Kind eine grosse Menge 
Cylinder im Harn, und nach 30 Tagen waren bei ihm eine ge¬ 
linde Albuminurie, mit Trichloressigsäure nachweisbar, und eine 
bedeutende Menge Cylinder zu beobachten. In keinem ein¬ 
zigen Falle habe ich eine bestehen bleibende Albuminurie mit 
Cylindrurie auftreten sehen. 

Eine sogenannte Mercurialdiarrhoe habe ich nicht ein ein¬ 
ziges Mal bei der Behandlung mit dem Quecksilbersäckchen 
gesehen. 

Es gibt ja Personen mit so empfindlicher Haut, dass sie 
ein Hg-Erythem bei der geringsten Berührung mit Quecksilber 
bekommen. Einen solchen Fall habe ich in meiner privaten Praxis 
gehabt. Der Patient konnte das Hg-Säckchen nicht vertragen 
und bekam jedes Mal, wenn ich die Behandlung damit ver¬ 
suchte, ein Erythem, so dass ich bei ihm von der Anwendung 
dieser Behandlungsform absehen musste. In seltenen Fällen, 
namentlich aber dann, wenn das Säckchen nicht abwechselnd 
den einen Tag auf der Brust, den andern auf dem Rücken ge¬ 
tragen wurde, ist ein kaum erwähnenswerthes Erythem ent¬ 
standen; nur ein einziger Patient musste aus diesem Anlass 
mit der Behandlung ein paar Tage aussetzen. 

Bei dem erwähnten Kinde, welches Albuminurie mit Cy¬ 
lindrurie bekam, stellte sich bei Anwendung des Baumwollen¬ 
säckchens nach ein paar Tagen ein Erythem ein; ich tauschte 


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Einige Worte üb. die Form der Anwend, des Quecksilbers. 265 


da das Baumwollensäckchen gegen ein Leinensäckchen aus und 
konnte dann die Behandlung ohne die geringste Ungelegenheit 
fortsetzen. Ein paar „Jägerianer“ haben Flanellsäckchen mit 
demselben Vortheil wie andere Menschen die Baumwollen¬ 
säckchen angewandt. 

Es ist in meiner privaten Praxis in diesem Winter in 
einigen Fällen vorgekommen, dass Patienten, welche ein be¬ 
wegliches Leben führten, darüber klagten, dass das Säckchen, 
wenn sie geschwitzt hatten, kalt und unbehaglich war. Des¬ 
halb hat ein Patient die Behandlung mit dem Quecksilber¬ 
säckchen nicht länger fortsetzen wollen. Diesem Uehelstande 
kann jedoch leicht dadurch abgeholfen werden, dass der Patient 
das Säckchen mit dem Quecksilber am Tage auf dem wollenen 
Hemde oder dem Kleidungsstück hat, welches er unmittelbar 
auf dem Leibe trägt. 

Die Ungelegenheiten der Behandlung mit dem Queck¬ 
silbersäckchen sind im Grunde genommen äusserst gering. 
Unter den Vorzügen dieser Behandlung will ich hervorheben, 
dass sie der Patient mit der grössten Leichtigkeit seihst aus¬ 
führen kann, dass sie also bequem ist, und ich will hinzufügen, 
dass keine besonderen Badeformen nothwendig sind; ein ge¬ 
wöhnliches Reinlichkeitsbad einmal in der Woche ist genügend. 

Die Patienten, welche diese Methode versucht haben, 
wenden sie mit grosser Zufriedenheit an und finden sie viel 
angenehmer als andere von ihnen versuchte Methoden. Gilt 
dieses, wenn nur eine Behandlung ausgeführt zu werden braucht, 
so gilt es in um so höherem Grade, wenn die Patienten eine 
preventive, intermittente Behandlung durchmachen sollen, der 
sie sich unter diesen Umständen auch gern unterwerfen. Als 
Beispiel davon will ich erwähnen, dass in der kurzen Zeit, un¬ 
gefähr 9 Monate, welche ich Gelegenheit gehabt habe, die Be¬ 
handlung mit dem Quecksilbersäckchen in meiner privaten Praxis 
anzuwenden, ich gleichwohl 54 Patienten 2mal, 40 Patienten 
3mal und 5 Patienten 4mal mit dem Säckchen behandelt habe 
und dass keiner von diesen Patienten, am allerwenigsten aber 
diejenigen, welche vorher eine andere Behandlungsmethode ver¬ 
sucht hatten, diese Behandlung gegen eine andere hat aus- 
tauschen wollen. 


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Die Vortheile der Methode erscheinen mir so gross und 
die Ungelegenheiten derselben so gering, dass ich nicht anders 
glauben kann, als dass diese Mercurialbehandlung, bei welcher 
das fein zertheilte metallische Quecksilber unter geeigneten 
Temperaturverhältnissen und unter anderen geeigneten Bedin¬ 
gungen über eine grosse Fläche ausgebreitet wird, damit eine 
starke Verdünstung desselben stattfinden kann, die Zukunft für 
sich hat. Ich für meinen Theil schätze diese Behandlungsform 
hoch, deshalb, weil ich von keiner anderen sagen kann, dass sie, 
wie diese, nicht nur cito et tuto, sondern auch jucunde wirkt. 


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Bericht über die Leistungen 


auf dem 


Gebiete der Dermatologie und Syphilis. 


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— -- S', ■ J 



Verhandlungen des Vereines Ungarischer Dermato¬ 
logen und Urologen. 


Sitzung vom 21. Marz und 26. April 1898. 

Vorsitzender: Dr. Bake. Schriftführer: Dr. Basch. 

1. A. Alp Ar (Aschner): Gamma oderCarcinom des weichen 
Gaumens? 

Der 54jährige Patient bemerkte vor zwei Monaten am weichen 
Gaumen eine kleine Rauhigkeit, welche eine thalergrosse Fläche einnahm. 
Nach kurzer Zeit entstand an dieser Stelle ein Geschwür, welches sich 
seitdem in die Tiefe verbreitete. Patient hatte im Alter von 18 Jahren 
einen Schanker und in dessen Begleitung einen Bubo; ob nachher se- 
cundäre Symptome auftraten, darüber hat Patient keine Kenntniss. Zehn 
Jahre nach diesem Schanker heiratete Patient; seine Frau gebar zwölf 
Kinder, von welchen fünf leben und gesund sind, während die anderen 
grösstentheils im Alter von ein bis eineinhalb Jahren an Eclampsie starben. 
Patient wandte sich mit gegenwärtigem Leiden an einen Chirurg, welcher 
Carcinom diagnosticirte und eine Operation vorschlug. Patient willigte 
nicht ein und wurde seither mit Chromsäure gepinselt. Vor einigen Tagen 
kam Patient zu A. mit folgendem Status präsens: Bei dem kräftig ent¬ 
wickelten Patienten befindet sich auf der rechten Seite des weichen 
Gaumens ein thalergrosser trichterartiger Substanzverlust mit scharfem 
Rande und granulirendem Grunde. Um den Rand herum ein schmaler, 
rother Streifen. Das Geschwür ist schmerzlos. Die übrigen Schleimhäute 
intact, Halsdrüsen normal. Auf der Haut, an den Knochen und den 
inneren Organen keine bemerkbaren Veränderungen. 

Die Differentialdiagnose ist hier zwischen Tuberculose, Carcinom 
und Gumma zu stellen. Tuberculose ist ausgeschlossen, nachdem keine 
Heredität oder Tuberculose anderer Organe nachweisbar ist. Zwischen 
Carcinom und Gumma kann man hier schwer entscheiden, nachdem keine 
anderen syphilitischen Symptome zu entdecken sind. Der Umstand, dass 
das Geschwür scharf gerändert, schmerzlos und die Halsdrüsen normal 
sind, während bei Carcinom ein mehr diffuser Process, mit aufgeworfenen 
Rändern, harter Infiltration, Schmerzhaftigkeit und Vergrösserung der 
nachbarlichen Drüsen vorhanden zu sein pflegt, spricht eher gegen als für 


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Verhandlungen 


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Carcinom. Uebrigens wird eine durchzufiihrende antiluetische Cur für 
die Diagnose entscheidend sein. 

Havas hält den Fall für Lues, und meint, dass der rothe Hof 
um den Rand von der Chromsäure herrührt. 

Basch hält das Geschwür für Carcinom, denn er bemerkt keinen 
auf Entzündung deutenden Rand und auch sonst keine Symptome eines 
luetischen Geschwürs. 

Justus glaubt eher Sarcom annehmen zu können und hält Sy¬ 
philis auch für ausgeschlossen Röna schliesst ebenfalls einen gummösen 
ProceBS aus; die oberflächliche Lage, die lange Dauer, das Verhalten der 
Ränder sprechen eher für eine Geschwulst als für Syphilis. 

2. Alpär (Aschner): Exfoliatio epidermidis neonatorum. 

Bei dem 3 Monate alten Kinde ist die ganze Oberhaut, besonders 

am Rumpfe und den Streckseiten der Extremitäten rissig, mit finger¬ 
nagelgrossen Lamellen bedeckt, welche sich leicht ablösen, und an deren 
Stelle die Haut lebhaft roth und verdünnt ist. Die Handflächen und 
Fuss8ohlen sind rein, auch das Gesicht zeigt nur bai den Augenbrauen 
und um die Mundecken feine Schuppen. Die behaarte Kopfhaut ist mit 
seborrhoischen Krusten bedeckt; Haare schütter. Die Mutter gibt an, 
dass die Haut des Säuglings schon in den ersten Lebenstagen lebhaft 
roth war und fein schuppte. Das Allgemeinbefinden des Säuglings als 
auch die Verdauungsfunctionen sind normal. Die Mutter hatte neun 
Kinder; die übrigen 8 hatten alle gesunde Haut. 

In diesem Falle ist der physiologische Process der Vernix caseosa 
durch das monatelange Bestehen zu einem pathologischen geworden, in¬ 
dem eine vermehrte Absonderung der Talgdrüsen mit gesteigerter 
Schuppung vorhanden ist. Gegenwärtiger Process muss von der Ichthyosis 
sebacea oder congenita unterschieden werden, welche bösartig ist, während 
in unserem Falle die Haut nach Application von Salben wieder normal wird. 

3. Popper: Acne varioliformis capillitii. 

A. K., SOjähriger Beamter, leidet seit 2 Jahren an einer beim 
Kämmen schmerzhaften Erkrankung des Haarbodens. Vor 5 Monaten, 
als Patient sich auf der Klinik weiland Prof. Schwimmers meldete, 
konnte man am ganzen Haarboden flache, linsengrosse, bläulichrothe 
schmerzhafte Knötchen sehen, zwischen welchen auch kleine Pusteln und 
flache, gedellte Krusten bemerkbar waren. Nach Abheilung blieben an 
den afficirten Stellen tiefer gelegene, hässliche Narben zurück. Die Ver¬ 
änderungen sind identisch mit jenen der Acne varioliformis frontalis, nur 
ist die Localisation eine andere. Auf der behaarten Haut sieht man sehr 
grosse Commedone, so dass man eher an eine Erkrankung der Talgdrüsen 
als an eine der Haarfollikel denken kann. Der Inhalt der Pusteln wurde 
öfter auf Mikroorganismen untersucht, jedoch immer mit negativem Er¬ 
folge. Die kleinen kahldn Flecke, welche in Folge der Necrose und Ver¬ 
eiterung entstanden, boten oft zur Verwechslung mit Syphilis Veran¬ 
lassung, was besonders M. Josef betont. Das Fehlen anderer, für Sy¬ 
philis charakteristischer Symptome oder eine erfolglos durebgeführte anti- 


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des Vereines Ungarischer Dermatologen und Urologen. 271 


luetische Behandlung führt zur richtigen Beurtheilung des Falles. Die 
Therapie bestand in Waschungen mit Spir. sap. kal. und Einreiben mit 
einer weissen Praecipitatsalbe. Das gute Resultat zeigte sich schon nach 
10—15 Tagen. Auch Josef hält diese Behandlungsweise für die einzig 
zweckentsprechende. 

Rona bemerkt, dass die meisten Autoren diese Erkrankung auf 
die in die Haarfollikel mündenden Talgdrüsen zurückleiten. P. scheint 
die Untersuchungen von Bo eck und Pick nicht gekannt zu haben, 
sonst wäre die Beurtheilung des Wesens der Erkrankung für ihn eine 
leichtere gewesen. Was die Localisation des Leidens in diesem Falle 
anbelangt, so bemerkt R., dass, obwohl die Erkrankung sich hier haupt¬ 
sächlich am Haarboden entwickelte, auch andere Stellen u. zw. die Bart¬ 
haut, Nasenhaut Spuren der Erkrankung zeigen. Die äussere Behandlung 
kann auch mit anderen Mitteln ein gutes Resultat liefern (Schwefel, starke 
alkalische Seifen, antiseptiscbe Lösungen etc.). 

4. Basch stellt einen Fall von sehr ausgebreitetem Lichen ruber 
planus vor. 

Der 41jährige, verheiratete Maurer, Vater von fünf gesunden 
Kindern, bemerkte vor 3 / 4 Jahren ein Jucken an der Beugeseite des 
linken Handgelenkes und einige Tage nachher an derselben Stelle einen 
kleinpapulösen Ausschlag. Im Verlaufe eines halben Jahres war schon 
die ganze Oberhaut mit demselben Ausschlage bedeckt. Ueberall sieht 
man theils einzelnstehend die charakteristischen polygonalen, flachen, ein 
wenig gedeihen hirsekorn- bis hanfkorngrossen, wachsartig glänzenden 
rosafarbenen Papeln, an anderen Stellen wieder confluirend bläulich-roth 
erscheinende Plaques. B. verordnete asiatische Pillen in aufsteigender 
Dosis und wird den Patienten seiner Zeit vorstellen. 

5. Justus: Gumma oder Carcinoma palati. 

Den unter 1. von Alpär vorgestellten Fall bekam Justus zur wei¬ 
teren Untersuchung. Schon makroskopisch hielt J. den Fall für ein 
Epitheliom. Um die Syphilis ausschliesseu zu können, untersuchte J. am 
29. März 1. J. dem Hämoglobingehalt des Blutes mittels Gowers’schen 
Hämoglobinometer. Derselbe zeigte 50°. Am nächsten Tage (30./III.) 
faud Justus ebenfalls 50°; am Abend dieses Tages liess J. eine Ein¬ 
reibung mit 3 Gr. grauer Salbe vornehmen. Am 31./III. zeigte der Hä¬ 
moglobinometer einmal 49 f , das anderemal 50°. Der Hämoglobingehalt 
zeigte also keine Veränderung. Dieses negative Resultat spricht also mit 
grosser Wahrscheinlichkeit dafür, dass das Geschwür nicht syphilitischer 
Natur sei. Dieses negative Resultat konnte Justus durch ein positives 
bestärken, indem er ein excidirtes Stück des Geschwüres histologisch 
untersuchte und wirklich alle für ein Epitheliom charakteristischen For¬ 
mationen vorfand. 

6. Röna: Lupus erythematodes. 

Bei der 41jährigen verheirateten Aufwärterin N. W. ist die Er¬ 
krankung in der Form einer zehnpfenniggrossen, bräunlichrothen, juckenden 


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272 


Verhandlungen 


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Infiltration auf der Stirne und am Bande der behaarten Kopfhaut aufge¬ 
treten. Patientin führt den Anfang des Uebels auf zwei Monate zurück. 

7. Rena. Lichen planus, extern behandelt. 

Die 52jährige verwitwete Arbeiterin leidet seit ca. 4 Monaten an 
einem juckenden Ausschlag. An der Innenfläche der Oberschenkel be¬ 
finden sich zahlreiche linsen- bis bohnengrosse Lichen planus Infiltrate. 
Ausserdem sieht man nur noch an der linken Handwurzel eine thaler- 
grosse Plaque. Unter 10 c / 0 Chrysarobin-Traumaticin verschwanden die 
meisten Plaques. In einem anderen Falle erzielte R. mit 10% Salycil- 
Alkohol dieselbe günstige Wirkung. 

8. Röna: Seborrhoea-Circinata. 

Der ^0jährige Baupraktikant V. P. bemerkt seit 4 Monaten ober 
dem Brustbein einen Ausschlag. An der genannten Stelle und von dort 
auch auf beide Brusthälften übergehend sieht man linsengrosse und auch 
grössere, kreisförmige, tellerförmig vertiefte, bräunlich-rothe, typische 
Läsionen. Ausserdem schmale Kreissegmente und schlängelnde Linien. 
Die übrigen Theile der Oberhaut und Schleimhäute normal. 

Schein bemerkt, dass Török in neuerer Zeit ähnliche Fälle 
untersuchte und einen histologisch nachweisbaren Zusammenhang zwischen 
denselben und der Psoriasis wahrnahm. 

Bona sah ebenfalls, dass Psoriasis-Ueberbleibsel in der Gegend 
des Sternums, in den Cruralfalten, am Nacken seborrhoische Plaques bil¬ 
deten, auch dass an typischer Psoriasis Leidende auch eine Seborrhoea 
circinata hatten ; R. gibt auch zu, dass man hie und da zuerst die Se¬ 
borrhoea circinata und nachher Psoriasis vulgaris an demselben Indivi¬ 
duum sehen kann, glaubt jedoch, dass die von ihm im November v. J. 
und heute vorgestellten Fälle selbständige, mit der Psoriasis nicht identi- 
ficirbare Krankheitsformen sind. Nachdem jedoch das Wesen der Sebor¬ 
rhoea circinata noch nicht aufgeklärt ist, hält auch R. diesartige Unter¬ 
suchungen für sehr interessant. 

9. Varga stellt einen Fall von Psoriasis vulgaris mit folli- 
culären Läsionen vor und beruft sich ebenfalls auf Török’s Unter¬ 
suchungen. 


Sitzung vom 26. Mai 1898. 

Vorsitzender: Ron a. Schriftführer: Basch. 

1. Alpär (Aschner): Hochgradige Ichthyosis serpentina. 

Patient ist 24 Jahre alt, von starkem Körperbau und athletischer 
Musculatur, führt sein Leiden auf sein 7. Lebensjahr zurück. In seiner 
Familie kam angeblich kein ähnliches Leiden vor, jedoch erzählt Pat., 
dass sein Vater eine lebhaft rothe, gespannte Haut habe, woraus man 
doch schliessen kann, dass sein Vater höchst wahrscheinlich an einer 
milden Form der Ichthyosis leidet. 


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des Vereines Ungarischer Dermatologen und Urologen. 273 

Stat. präs.: Das Leiden ist am ganzen Körper mit Ausnahme der 
Handflächen und Fussohlen vorhanden. Die behaarte Kopfhaut ist mit 
kleieartigen Schuppen bedeckt, die Gesichtshaut raub — Schnurr- und 
Backenbart kümmerlich entwickelt, an den oberen Extremitäten und am 
Rumpf ist die Haut grösstentheils reibeisenartig anzufühlen — und mit 
verhältnissmässig wenig und dicken linsengrossen Hornlamellen bedeckt. 
Von den Sitzblättern jedoch bis zu den Fussohlen ist die Haut mit 
linsen- bis fingernagelgrossen, einige mm. dicken, weisslich glänzenden 
Hornschuppen dicht besäet, so dass die Haut ein fischartiges Aussehen 
zeigt. Die Beweglichkeit der Gelenke, besonders der Kniegelenke ist ge¬ 
hemmt, die Haut an diesen Stellen schrundig und blutend. Patient ac- 
quirirte vor einigen Wochen Syphilis und so wird es interessant sein 
zu beobachten, wie sich das syphilitische Exanthem entwickeln wird. 

Rona hält den Fall nicht für Ichthyosis, denn an einigen Stellen 
sieht man entschieden rothe papulöse Läsionen mit und ohne Schuppen, 
so dass die Erkrankung eher ein psoriasiformes Exanthem ist. Einige 
Stellen erinnern an Morbus Jadassohni, andere an inveterirte und in 
Rückbildung begriffene Psoriasis vulgaris. 

2. Rön&: Conjunctivitis syphilitica acuta. X. Y. Puella 
publica leidet seit 14 Tagen an einem universellen, maculösen und liche¬ 
noiden Syphilid. Zu gleicher Zeit mit dem Auftreten des Exanthems 
im Gesichte entwickelte sich mit allen subjectiven und objectiven Symp¬ 
tomen eine heftige Coiyunctivitis an beiden Augen. R. kann diese Conj. 
nur für ein auf der Bindehaut localisirtes Syphilid halten, welches eine 
diffuse Infiltration zur Folge hat; Goldzieher beobachtete im J. 1888 
bei einem 2 und einem 6 Jahre alten Syphilisfall eine diffuse Infiltration 
der Conjunctiva. welche nur auf eine Quecksilbercur gewichen ist. Das 
ist schon längst bekannt, dass auf der Conjunctiva einzelne hypertro¬ 
phische und mit diphteroidem Belag bedeckte Papeln syphilitischen Ur¬ 
sprungs beobachtet wurden. 

3. Sornogyi halt einen Vortrag über: „Beiträge zur Behandlung 
der Bubonen“. (Erscheint selbständig.) 

Ref. Basch Imre (Budapest). 


Archiv f. Dormat. u. Syphil. Band XLVI. 


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Hautkrankheiten. 

(Redigirt von Prof. Kaposi in Wien.) 


Acute und chronische Infectionskrankheiten. 

Forestier-Gabriel Roux. Farein aigu. Gazette hebdoraadaire 
de mödecine et de Chirurgie 1897. Nr. 8, pag. 92/93. Societe des Sciences 
medicales de Lyon. Leance 23. XII. 1896. 

G. Roux berichtet im Aufträge von Forestier über einen Fall 
von acutem Rotz bei einem Manne, der häufig in Pferdeställen sich auf¬ 
gehalten hatte. Die Erkrankung begann mit Leibschraerzen, allgemeiner 
Mattigkeit und führte unter Fieber zu zahlreichen, sehr schmerzhaften 
Abscessen. Schliesslich kam es zu einem pustulösen Exanthem am 
Körper, vermuthlich auch im Pharynx und der Trachea, sowie zu einem 
Erysipeloid der Nase und des Gesichts. Der Tod erfolgte im Coma. 
Den viscösen Eiter aus zwei Abscessen untersuchte R o u x, der, trotz der 
Gegenwart eines nicht eharakterisirten Mikrococcus, durch die Cultur auf 
sterilisirten Kartoffeln, sowie durch subperitoneale Impfung eines männ¬ 
lichen Meerschweinchens die Diagnose auf Malleus sicherte. Die Puncti- 
onsflÜBsigkeit des einen Hodens lieferte ebenfalls typische MaUeusculturen. 

Courmont erinnert, dass Kutscher mit einem ganz andern Mikroben 
Hallopeau und Bureau mit Producten von Mycosis fungoides bei 
Meerschweinchen Hodenentzündung erzeugt hatten. Endlich habe Nocart 
bei 59 Impfungen von auf raalleusverdächtigem Material auf Meerschwein¬ 
chen Hodenschweliung erhalten, trotzdem es sich 16 Mal um einen 
anderen Bacillus gehandelt habe, der durch die Gram’sche Methode 
nicht entfärbt werde. Ebenso oft auch fehlte die Reaction auf Mallein, 
die daher zur Identificirung nothwendig erscheine. Andernfalls müsse 
man durch Punction des Hodens die Diagnose sichern, wie es Roux 
gethan habe. 

Roux berichtet, dass der Abscessinhalt des Hodens von Meer¬ 
schweinchen sowie aus der Leber sichere MaUeusculturen gegeben haben. 

Gangolphe theilt mit, dass beide Pferde, von denen die Krank¬ 
heit aquirirt sein könnte, an Rotz gestorben seien. 

Löwenheim (Breslau). 

Trambusti. Su di un caso di Morva acuta nelTuomo. 
Gazzetta degli ospedali, 1897, Nr. 19. 


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der Dermatologie. 


275 


Trambusti berichtet den Sectionsbefund eines am 5. Tage nach 
der Rotzinfection gestorbenen Mannes. Von einer kleinen Pustel an der 
linken Wange aus hatte sich in dieser kurzen Zeit ein mächtiger Gan¬ 
gränherd über der linken Gesichts- und Stirnhälfte entwickelt. In fast 
allen inneren Organen waren nekrotische Herde vorhanden, besonders 
zeigten die Zellkerne der Leberepithelien vacuoläre Degeneration. Die 
Gefäss-Eudotheüen zeigten in allen Organen Ablösung von der Unterlage. 
Der bakteriologische Befund und der Thierversuch sicherten die Rotz¬ 
diagnose. Felix Pinkus (Breslau). 

Babes, V. Prof, und Proca, Dr. G. Beobachtungen über 
dieAetiologie der Maul- und Klauenseuche. Centralblatt für 
Bakteriologie etc., 21. Bd. pag. 835. 

Babes und Proca werden nach eingehender Kritik der bisherigen 
Arbeiten, besonders der von Bus senius-Siegel und Starcorici zur 
Ansicht gebracht, dass die von den Autoren gefundenen Bacillen nicht 
die wirklichen Erreger der Krankheit seien. Genaue Untersuchungen, 
Culturen und Impfungen ergaben als wahrscheinlichen Erreger ein 
ascomycetenähnliches Individuum, das in Symbiose mit anderen Mikro¬ 
organismen (Bacillen) vorkam, und nur durch mehrfache Umzüchtung 
rein darzustellen war. Es bildete reichliche, trockene, krystalldrusen- 
ähnliche, weisse, später goldgelbe Colonien, unter denen die Gelatine 
einsank, ohne zu verflüssigen. Der Pilz ist charakterisirt durch seine 
Colonie und seine formreiche Entwickelung, über die Einzelheiten im 
Original einzusehen sind. Verf. geben ihre Resultate, ohne behaupten 
zu wollen, den Krankheitserreger sicher festgestellt zu haben. 

Wolters (Bonn). 

Glaister, John. A case of foot and mouth disease in the 
human subject. The Lancet, 26. Septbr. 1896. 

Glaister behandelte eine 44jährige Frau, die zuerst mit Fieber 
(102° F.), trockener, belegter Zunge, Appetitlosigkeit, Durst und allge¬ 
meinen Muskelschmerzen erkrankt war. Ausserdem bestand in Folge von 
Conjunctivitis Lichtscheu, Schnupfen und ein leichter Husten. Da auch 
im Gesicht und am Nacken ein schwacher Ausschlag zu sehen war, der 
dem Initialstadium der Masern glich, so musste man an Masern denken, 
obwohl die Patientin diese schon durchgemacht hatte. Am nächsten 
Tage Zunahme der Conjunctivitis, die Conjunctivae geschwollen; auch 
der Schnupfen hatte zugenommen und die Naseuschleimhaut war etwas 
geschwollen. Die Harnentleerung war leicht schmerzhaft. Der Mund 
war schmerzhaft; die ganze Schleimhaut desselben war entzündet und 
geschwollen. Es sah so aus, als ob die Schleimhaut mit einer blasen¬ 
ziehenden Flüssigkeit bestrichen worden wäre oder als ob sie sich den 
Mund mit starker Carbolsäurelösung ausgewaschen hätte. Diese Entzün¬ 
dung erstreckte sich über die Lippen bis zum Rande der Haut. Da die 
Zunge denselben Zustand aufwies, war die Sprache erschwert und un¬ 
verständlich und das Schlucken schmerzhaft und schwierig. Auf den 
Vorderarmen sah man einige wenige runde und ovale, leicht erhabene 

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276 


Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete 


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Knötchen; auf den Handflächen und Fust> iohien bestanden runde, dunkel- 
rothe Knötchen, die auf Druck nicht abblassten. Patientin ging nicht 
mit Thieren um, genoss aber sehr viel rohe Milch. Daß Fieber hielt 
14 Tage in der gleichen Höhe an und verschwand völlig nach weiteren 
8 Tagen. Die Conjunctivitis steigerte sich noch bis zum 10. Tage und 
verschwand am 14. Die Blasen im Munde platzten; ihre Basis erschien 
dann entzündet und wund, und auf diesen Basen traten verschieden grosse 
und tiefe Geschwüre auf. Die Geschwüre auf den Lippen waren die 
schmerzhaftesten und heilten am schlechtesten. Der Ausschlag auf den 
Vorderarmen, der zuerst papulös gewesen war, blieb in diesem Zustande 
2 Tage; dann wurden einige der Knötchen zu Bläschen, deren Inhalt 
entweder resorbirt wurde, worauf die Epidermis sich abschälte, oder an 
einigen wenigen Stellen eitrigen Charakter annahm; aber auch in letz¬ 
terem Falle wurde er bald resorbirt, worauf geringe Desquamation nach- 
folgte. Aehnlich verlief der Ausschlag auf den Handflächen und Fuss- 
sohlen; nur war hier der Uebergang vom Knötchen zum Bläschen und 
von diesem zur Pustel langsamer, offenbar in Folge der grösseren Dicke 
der Epidermis an diesen Stellen. Die dunkelrothe Farbe der Knötchen 
verschwand nach ihrer Umwandlung zu Bläschen. Diese Umwandlung 
war an Handflächen und Fusssohlen fast allgemein und auch hier folgte 
Desquamation nach. Innere Complicationen traten nicht auf. Verf. be¬ 
spricht noch kurz die Literatur der Krankheit. (Die Veröffentlichungen 
von Siegel scheinen ihm unbekannt geblieben zu sein. Ref.) 

Alfred Sternthal (Braunschweig). 

Ogata, Prof. M. Ueber die Pestepidemie in Formosa. 
Ontralblatt für Bakteriologie etc. Bd. 21, pag. 769 ff. 

Ogata gibt nach kurzer Einleitung eine genaue Mittheilung über 
die Differenzen der von Kitasato und Y er sin als Pestbacillus bezeich- 
neteu Mikroorganismen. Seine ausgedehnten Untersuchungen, die dann 
folgen, haben ergeben, dass er stets Bacillen fand, die mit denen von 
Y e r s i n gefundenen übereinstimmten. 

Als Resultat gibt er an: der Bacillus findet sich in den geschwol¬ 
lenen Lymphdriisen der Pestkranken, bei den Pestleichen (innere Organe 
und Blut), ebenso bei den Versuchsthieren; in dem Blute der Pestkranken 
nicht constant; er kommt vor in der Galle und im Harn, ebenso in den 
Drüsen, Blut und inneren Organen erkrankter oder künstlich inficirter 
Ratten. Flöhe von Pestratten enthalten den Bacillus und können ihn 
auf Menschen übertragen, ebenso wie Mosquitos. Ausser dem Pestbacillus 
kommen bei den Kranken und Leichen noch andere Bakterien vor. Der 
Bacillus ist gegen Antiseptica sehr empfindlich. 6% Carbo], 1% Subli¬ 
mat tödtet ihn sofort. 

Prophylaktisch empfiehlt sich äusserst sorgfältige Beobachtung von 
Ratten, Mäusen, Schweinen, die zuerst erkranken, ebenso wie Schutz vor 
Flöhen, Mosquitos, Fliegen. Liegen unter Netzen etc. Wolters (Bonn). 

Abel, Dr. Rudolf. Zur Kenntniss des Pestbacillus. Central¬ 
blatt für Bakteriologie etc. Bd. 21, pag. 497. 


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der Dermatologie. 


277 


Abel hat an Culturen, die indirect von Kitasatos-Züchtungen 
herrähren, versucht, die Eigenschaften das Pestbacillus morphologisch 
und culturell festzustellen, sowie die Infectionsfähigkeit durch Thierexperi¬ 
mente zu prüfen. Des Weiteren geht er dann auf die Einwirkung von 
Licht, Sonne, Hitze, Feuchtigkeit etc. ein, sowie auf die Mittel zur Ver¬ 
nichtung des Krankheitserregers, der sich auch ausserhalb des Körpers 
längere Zeit erhalten kann. Rathschläge über Prophylaxe etc. bilden den 
Schluss. Die Arbeit basirt, wie bemerkt, auf Culturen Kitasatos, 
dessen Bacillus von dem Yersin’s und Ogata’s different ist. 

Wolters (Bonn). 

Lustig, A. und Galeotti, G. Sulla vaccinatione degli 
animali contro la pesto bubbonica. La Settimana medica 
LI. Nr. 15. 

Lustig und Galeotti erhielten aus Agar-Culturen virulenter 
Bäulenpestbacillen, durch Auflösen derselben in l°/ 0 Kalicaust.-Lösung 
und Ausfällen mittels Essig- oder Salzsäure oder Schwefelammonium 
eine Substanz, welche, frei von Bakterien, auf Thiere überimpft, in einer 
gewissen Dosis äusserst giftig wirkte; in geringer Menge injicirt die 
Thiere jedoch refraetär gegen die Impfungen mit den virulentesten Pestbacil- 
len-Culturen machte, an denen die Controlthiere unbedingt zu Grunde gehen ; 
diese Immunität währt mindestens 4 Wochen. Von Laboratoriumsthieren, 
welche mit dieser Substanz in kleinen Dosen in Zwischenräumen von 
2 Tagen 2—3mal geimpft waren, erhielt man ein Serum mit bedeutender 
praeservativer und auch curativer Wirkung. Spietschka (Prag). 

Wasielewski, Dr. v. Ueber die Form und Färbbarkeit 
derZelleinschlüsse bei Vaccineimpfungen (Cy toryctes vaccinae 
Guarnieri). Centralblatt für Bakteriologie etc. Bd. 21, pag 901. 

Wasielewski gibt unter Berücksichtigung des bisher gewonnenen 
Resultats seine eigenen Untersuchungen, Methoden und Färbungen wieder, 
die ihn aber auch eine sichere Entscheidung nicht fällen lassen. Es 
scheint ihm durch die bisherigen Untersuchungen erwiesen, dass es sich 
bei dem Cytoryctes vaccinae um Zellschmarotzer handelt, er will aber die 
Frage naöh der Bedeutung und Stellung derselben offen lassen, bis der 
völlige Entwicklungsgang innerhalb und ausserhalb der Impfthiere sicher- 
gestellt sei. Wolters (Bonn). 

Heed, Walter, On the Appearance of certain 
Arnoeboid Bodies in the Blood of Vaccinated 
Monkeys (Rhoesus) and Children, and in the Blood from 
cases of Variola. Journal of Experimental Medicine II. 6. pag. 515. 
Sept. 97. 

Reed gibt eine kurze Uebersicht über die Resultate mikroskopischer 
Studien über die localen Veränderungen der Haut bei Vaccina und Variola 
und die Veränderungen der Cornea durch Vaccination derselben. Ohne 
völlig überzeugend zu sein, deutet die Masse der gefundenen Thatsachen 
darauf hin, dass verschieden von anderen chemischen Reizen nach der 
Vaccination der Hornhaut gewisse Körper auftreten, die das Vermögen 


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Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete 


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unabhängiger amöboider Bewegungen besitzen Die von L. Pfeiffer 
aufgestellte Behauptung, dass bei V&ccina und Variola wahrend des 
Fiebersta<lium8 kleine, freischwimmende, mit einem Kern versehene, 
amöboide Zellen im Blute auftreten, die Pfeiffer für die lang ge¬ 
suchten Parasiten dieser Krankheit hielt, hat bisher noch keine Bestätigung* 
gefunden. 

Um diese Frage weiter zu verfolgen, stellte Heed genaue Unter¬ 
suchungen an frischen Blutpräparaten an. Anfangs wurden dieselben nur 
auf der Höhe der Vaccination am 7. und 8. vorgenommen, später auf 
die ganze Periode vom Tage der Vaccination bis zum Erlöschen des 
Processes ausgedehnt, endlich in einigen Versuchen das Blut einige Tage 
vor und nach der Vaccination untersucht. Zu den Versuchen wurde 
Glycerin-Kälberlymphe benutzt, nur in einem Falle frische Affen¬ 
vaccine. 

Von 11 Thierversuchen (9 Affen, 2 Kälber) enthielt in 7 (6 Affen, 
1 Kalb) das Blut in der Fieberperiode nach erfolgreicher Impfung gewisse 
ausser Zellen liegende, kleine, granulirte, amöboide Körper, die keinem 
der normalen Blutelemente entsprachen. Bei den Affen traten diese 
Körper am 5. (2 F.) und 6. (4 F.) Tage auf und verschwanden am 12. 
(3 F.) 13. (1 F) und 14. (2 F.) Tage; beim Kalbe waren sie vom 3.—7. 
Tage nachweisbar. Ganz ähnliche amöboide Körper wurden im Blute 
des Verf. selbst beobachtet 5 Tage nach zufälliger Impfung am Finger 
mit frischer Affenlymphe, hielten bis zum 10. Tage an und wurden später 
nicht mehr gefunden. 

Gleiche Untersuchungen an 5 Kindern (3 Weisse, 2 Neger) ergaben 
in 3 Fällen am 6. (2 F.) und 7. (1 F.) Tage positive Resultate, die bia 
zum 14. (2 F.) und 17. (1 F.) Tage anhielten. 

Das Vorkommen eines ähnlichen Körpers einmal im Blute eines 
Affen innerhalb 24 Stunden und bei einem Kinde 30 Minuten nach der 
Impfung, sowie der Nachweis derselben kleinen Körper im Blute je eine 8 
Affens und eines Negerkindes vor der Impfung, werfen einigen Zweifel auf 
die ätiologische Bedeutung derselben. 

Endlich wurde das Blut von 8 Variolakranken (1 Weisser, 2 Neger) 
untersucht und in 2 Fällen die kleinen granulirten amöboiden Körper 
am 7. und 8. bis zum 9. Krankheitstage gefunden, in dem 3. Falle wurde 
nur eine Untersuchung am 8. Tage mit negativem Resultate vorgenommen. 
Blasse amöboide Körper, einige Pigmentkörnchen enthaltend, wurden in 
allen Fällen vom 4. Tage an gefunden. 

Bei einem mit frischer Variolalymphe erfolgreich geimpften Affen 
wurden am 3. Tage kleine, granulirte, amöboide Körper beobachtet, 
und zwar bis zum 6. Tage, daneben blasse, amöboide Körper bis zum 
7. Tage. 

Reed bestätigt also L. Pfeiffer’s Beobachtung von kleinen granu¬ 
lirten, amöboiden Körperchen im Blut geimpfter Kinder und Kälber und 
im Blut Variolakranker, konnte aber in denselben einen Kern nicht mit 
Bestimmtheit nachweisen. 


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der Dermatologie. 


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Granulirte amöboide Körper, ungefähr \/ 5 eines rothen Blutkörper¬ 
chens im Durchmesser, kommen auch beim Affen während der activen 
Periode der Impfung vor. 

Aehnliche Körper können gelegentlich auch ira Blut gesunder Kinder 
und Affen Vorkommen. 

Blasse amöboide Körper, einige dunkle, pigmentartige Körnchen 
enthaltend, kommen im Blut Variolakranker und mit Variola geimpfter 
Affen vor, und finden sich gelegentlich im Blut geimpfter Kinder und 
Affen. Hermann G. Klotz (New-York). 

Klein, E. On the Etiology of Vaccinia and Variola 
(XXII. Annual Report of the Local Government Report (London) 
1892/93). Ref. nach Baumgarten’s Jahresber. 1894. 

Klein will sowohl bei der Lymphe von Pockenkranken wie auch 
bei Kälberlymphe constant einen Bacillus gefunden haben und zwar ein 
etwa 0*4—0*8 Mm. langes Stäbchen, in der Mitte etwas dünner wie an 
den Enden, im Innern im Protoplasma eingeschlossen oft ein heller ovaler 
Körper (Spore). Culturversuche jeglicher Art schlugen fehl; da sich der 
Bacillus aber bei den verschiedensten Producten vorfand, so können wir 
nicht von einer blossen Verunreinigung der Lymphe sprechen. 

Johann Fabry (Dortmund). 

Gonin, Paul. Contribution ä l’etude de la variole 
hemorrhagique et des prodromes de la variole. Gazette 
hebdomadaire de medecine et de Chirurgie 1897. Nr. 9. pag. 101. These 
de la Faculte de Paris. 

G o n i n behauptet nach den Erfahrungen, die während der Pocken¬ 
epidemie in Marseille 1895/96 gesammelt worden sind, dass 

a) bei der Variola discreta wie confluens normalis 4 Gruppen im 
Stadium invasionis zu unterscheiden seien. 

1. Gewöhnliches Auftreten des Stadium invasionis mit heftigen 
Prodromen. 

2. Stadium invasionis mit leichtem Prodromalstadium, welches dann 
von den gewöhnlichen Erscheinungen gefolgt ist. 

3. Die Prodromalerscheinungen remittiren und intermittiren. 

4. Sehr geringe oder fehlende Erscheinungen im Prodomaistadium. 

b) Die letztgenannte Form tritt fast stets bei kleinen Kindern auf, bei 
denen das Stadium invasionis unbemerkt verlief. 

c) Eine erst vier volle Tage nach den Prodromen auftretende Eruption 
confluirt niemals. 

d) Das wichtigste Symptom des Stadium invasionis sind die Kopf¬ 
schmerzen. 

e ) Das erste Erbrechen erfolgt fast stets gleich nach dem Essen. 
Ueber die Variola hämorrhagica bemerkt Gon in: 

a) Selbst frische Impfung schützt nicht vor ihr, sobald Disposition 
vorliegt. 

b) Schwangerschaft, Schwäche sind ätiologisch heranzuziehen. 


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Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete 


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r) Kräftige Individuen werden nur bei ungenügender Impfung be¬ 
fallen. 

d) Initialer Schüttelfrost sowie scharlachähnlicher Ausschlag lassen 
eine folgende hämorrhagische Variola vermuthen. 

e) Ebenso ist blutige Suffusion der oberen Augenlider ein sicheres 

Zeichen dafür. Löwenheim (Breslau). 

Salmon. L’infection dans la vaccine et la variole. 

Gazette hebdora. de med. et de chir. 97. X. III. Societe de biologie. 
30./I. 97. 

Salmon wendet sich gegen die von Renaut und L. Pfeiffer 
in der Vaccine- und Variolapustel beschriebenen Protozoen und sieht diese 
beobachteten Dinge für Kernfragmente der Wanderzellen, namentlich der 
polynucleäreu Leukocyten an. Löwen heim (Breslau). 

Pferonnet, A. Du traiteroent de la variole par la me- 
thode de Fin9en (proc6de dit de la chambre rouge). Gazette hebdo- 
madaire. XLIV. Nr. 55, pag. 654. 11. VII. 1S97. Theses da faculte de Paris. 

Oettinger’s Schüler Peronnet theilt zur Behandlung der 
Variola unter Abhaltung der chemisch wirkenden Strahlen des Sonnen¬ 
lichtes (Dunkelheit oder rothes Licht) mit, dass sie nicht als Allgemein- 
bebandlung zu betrachten sei, jedoch auf die Suppuration, das Suppu¬ 
rationsfieber und die Vernarbung ausserordentlich günstig wirke. Es dürfe 
aber die Abhaltung des Lichtes nicht unterbrochen werden und biete 
die Methode um so günstigere Aussichten, je früher damit begonnen 
werde. Löwenheim (Breslau). 

Patterson, Charles S. Some vacciuation facts. The Lancet 
24. Oct. 1896. 

Patterson gibt interessante Mittheilungen, die ihm Dr. Hin de, 
der die Expedition des Baron Dhanis gegen die aufständischen Araber 
im Congostaat 1891—94 als Arzt mitgemacht hat, überlieferte. Februar 
1893 kam es zu einer schweren Pockenepidemie, die von 25.000 Personen, 
die sich im Lager befanden, die Hälfte ergriff’. Von dieser Hälfte starb 
ein Drittel. Von der anderen Hälfte, die frei blieb, hatten viele schon 
Pocken gehabt oder waren nach der Methode der Araber mit Pocken 
inoculirt gewesen. Von der Houssa Compagnie (103 Mann) waren alle bis 
auf 1 geimpft; nur dieser eine erkrankte und starb. In der Com¬ 
pagnie, die aus Eingeborenen von Monrovia bestand (7 Mann), waren 
alle ungeimpft; es erkrankten 4 an Pocken; 1 genas und 3 starben. In 
der Elminas Compagnie (56 Mann) waren alle bis auf 2 geimpft; diese 
~2 allein erkrankten; 1 wurde gesund und 1 starb. In der Manzanga 
Compagnie (200 Mann) waren nur 2 geimpft, während ungefähr die 
Hälfte schon früher erkrankt oder inoculirt gewesen war. 100 erkrankten 
an Pocken und 17 genasen, unter welchen sich die beiden geimpften 
Fälle befanden. Mithin erkrankten von 158 geimpften Leuten nur 2 an 
Pocken, d. i. 1*26%; von 208 ungeimpften dagegen bekamen 105 oder 
50% die Krankheit. Und während von den Erkrankten auch nicht eine 
der vaccinirten Personen starb, betrug das Verhältnis unter den nicht 


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der Dermatologie. 


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vaccinirten über 76%. Die Impfgegner sollten sich einmal solche That- 
sachen ansehen, die aus Gegenden berichtet werden, wo die Pocken noch 
eine Geissei sind und noch keine Zwangsimpfung besteht. 

Alfred Sternthal (Braunschweig). 

8utton, Charles Fredk. A unique case of vaccination. The 
Lancet. 24. Oct. 1896. 

Sutton impfte März 1896 ein Kind mit Kalbslymphe und die 
Vaccination nahm den üblichen Verlauf. Einen Monat später begannen 
die geheilten Impfstellen sich wieder zu erheben und glichen in jeder 
Beziehung frisch geimpften Partien. Auch diesmal erfolgte normaler 
Verlauf und das Kind war wieder ganz wohl. Dasselbe ereignete sich 
aber Anfangs Juni und Endo Juli. Und am 5. October sah Verf. aber¬ 
mals das Kind in demselben Zustande. Das Kind ist sonst völlig wohl. 
Verf. hat — ebensowenig wie der Oberimpfarzt — je von einem solchen 
Fall gehört oder ihn gesehen. 

Alfred Sternthal (Braunschweig). 

King, W. G. Lanolin Vaccine. The Brit. Medic. Journ. 
7. Nov. 1896. 

King empfiehlt zur Impfung mit Lanolin bereitete Vaccine, die 
in Indien in ausgedehntem Masse angewandt wurde und sich gut be¬ 
währte. Alfred Sternthal (Braunschweig). 

Campana, R. Morfologia del Bacillo leproso coltivato. 
Clinica dermosifilitica della R. UniversitA di Roma 1894. Fase. 1. 

Campana, R. Lepra. 224 pp. con tavole. Genova 1894. (Ref. nach 
Baumgarten’s Jahresbericht.) 

Beide Arbeiten Campana’s befassen sich eingehend mit der 
Morphologie des rein cultivirten Leprabacillus, die zweite grössere Arbeit 
umfasst einen klinischen und pathologischen Abschnitt und bearbeitet in 
einem zweiten wieder die Biologie des Leprabacillus. Auch ist hier die 
Untersuchung, wie in der Arbeit von Doutrelepont und Wolters 
(vergl. dieses Archiv) ausgedehnt auf die inneren Organe. Verfasser be¬ 
schreibt als neue Befunde eine weit gediehene Endarteritis, eine hoch¬ 
gradige Myocarditis und eine interstitielle Hepatitis mit enormer Ent¬ 
wicklung von Gallengängen, ähnlich wie bei gewöhnlicher Cirrbose der 
Leber. Unter örtlicher Einwirkung von Medicamenten, insbesondere des 
Chrvsarobin soll es zum Bacillemchwund kommen, den C. an mikro¬ 
skopischen Präparaten verfolgen konnte und der sieb in seinen verschie¬ 
denen Stadien ähnlich präsentirt, wie man es beim Tuberkelbacillus zu 
sehen gewohnt ist. Auflösung der Stäbchen in Körnerreihen, die weiter 
zerfallen können und hie und da in Haufen zusammenliegen. Betreffs der 
Einzelnheiten des bakteriologischen Theils müssen wir auf das Original 
verweisen. Ob die stark redueirenden Mittel (Unna empfiehlt eine Pyro- 
gallus-Schmiercur) in der That zu einiger Hoffnung hinsichtlich der 
Heilung der Lepra berechtigen, darüber sind die Acten allerdings noch 


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Bericht über die Leistungen auf dom Gebiete 


nicht geschlossen, leider neigen massgebende Leprologen des In- und Aus¬ 
landes nicht zu einer so optimistischen Auffassung. 

Johann Fabry (Dortmund). 

Spiegel, A. Zur Differentialdiagnose von Lepra- und 
Tuberkelbacillen. Monatshefte f. prakt. Dermatologie. Bd. XXIII. 

Die Untersuchungen Spiegel’s erstreckten sich auf Sputumprä¬ 
parate tuberculöser und lepröser Lungenaffectionen, auf Schnitte tuber- 
culösen und leprösen Organgewebes und auf Reinculturen von Tuberkel¬ 
bacillen. Er fand die Tuberkelbacillen in allen Organen und Secreten 
stets weniger zahlreich als die Leprabacillen, sie lagen mehr vereinzelt, 
nur selten in unregelmässigen Haufen, während die Bacillen der Lepra 
cigarrenbundähnliche Anordnung zeigten. Die Form der Tuberkelbacillen 
ist fadenförmig, fein, gebogen, die der Leprabacillen stäbchenförmig, 
plump, gerade. Bei Auflösung der Bacillen in die „Coccotb rix form“ waren 
die Körner der Koch’schen Bacillen fein und nahe zusammenliegend, im 
Gegensatz zu denen der Lepra, deren grobe Körner weit auseinander¬ 
lagen. Die Knickungsstellen der Tuberkelbacillen waren rundlich, in Folge 
dessen ihre Form mehr geschwungen, die der Leprabacillen mehr eckig. 

Ludwig Waelsch (Prag). 

Stephan, Karl. Ueber den Nachweis der Leprabacillen 
im Blute bei Lepra anaesthetica. Inaug.-Diss. Strassburg 189b. 

Im Jahre 1895 stellte Professor Wolff in einer Sitzung des unter- 
elsäBsischen Aerzte-Vereins einen Fall von Lepra anaesthetica bei einem 
30jährigen Manne vor, dessen Krankengeschichte kurz wiederholt fol¬ 
gende war: Aufenthalt des Patienten in von Lepra stark heimge¬ 
suchten Gegenden (Brasilien), 8 Jahre später Auftreten von Flecken und 
von gefühllosen Stellen, beiderseitige Verdickung des Nervus ulnaris, 
grosse Mattigkeit und allgemeines Krankheitsgefühl, Besserung oder doch 
Stillstand dieses Zustandes in Folge von Klimawechsel ; keine knotigen Ver¬ 
dickungen der Haut. Von diesem Pat. hat nun Stephan GO Blutproben ge¬ 
macht: 30 von normal empfindlichen und auch sonst normal erscheinenden 
Stellen und 30 von leprös afficirten Stellen, theils fleckigen, theils anae- 
sthetischen. Sämmtliche Präparate wurden nach Gabbet’s Methode gefärbt 
und enthielten sämmtliche in reicher Zahl Leprabacillen. Bald lagen diese 
einzeln, bald zu 3—6, bald zu kleineren und grösseren Haufen gruppirt. 
Sie lagen intra- und extraceliulär, letztere entweder der Oberfläche des 
Zellprotoplasmas anliegend oder ganz frei. Zu bemerken ist noch, dass 
bei der Blutentnahme äusserst vorsichtig verfahren wurde, um auch dem 
Einwande zu begegnen, als stammten die Bacillen aus dem Gewebssafte 
und nicht aus dem Blute. Ed. Oppenheimer (Strassburg)- 

Fisichella, V. Sulla riproduzione in situ dei noduli 
lebbrosigiä distrutticol termo-cauterio. Clinica 
dermosifilopatica diretta dal prof. R. de Luca. Gazzetta degli ospedali e 
delle cliniche. 6. VI. 97. Nr. 67, pag. 719. 

Fisichella beweist an der Hand eines Leprafalles, bei dem die 
Knoten mit dem Paquelin entfernt wurden, dass in den Narben sowohl 


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der Dermatologie. 


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wie in den neu entstandenen Knoten bald wieder Leprabacillen zu finden 
sind. Auch die histologische Untersuchung lieferte den Beweis, dass auf 
dem Operationsterrain sich neue Leprome gebildet batten. 

Löwenheim (Breslau). 

Joelsohn, B. Ueber die Erkrankung des Gefässystems 
bei Lepra. Inaug.-Diss. Dorpat 1893. (Ref. nach Bauragarten’s Jahres¬ 
bericht 1894.) 

Wo sich klinisch leprös veränderte Haut fand, da constatirte Joel¬ 
sohn eine Periphlebitis, Infiltration der Media mit Schwund der Muskel¬ 
elemente durch Atrophie und Zerfall und endlich eiue Wucherung der 
Intima. Die Arterien erkranken seltener wie die Venen. 

Joh. Fabry (Dortmund). 

Schuhmann, Friedrich. Frage nach der Contagiosität 
der Lepra. Inaug.-Diss. Strassburg 1896. 

Sch uh mann gibt eine Uebersicht über die in der Literatur 
niedergelegten Ansichten über die Frage, ob die Lepra sich durch Con- 
tagion oder Vererbung fortpflanze. Eigenes Krankenmaterial zur Prüfung 
dieser Frage stand Sch. nicht zu Gebote. Er erklärt sich schliesslich für 
einen Anhänger der Contagiositätstbeorie und verlangt auf Grund der¬ 
selben die Isolirung der Leprösen und die Errichtung von besonderen 
Hospitälern für dieselben, da eine allgemeine Verbreitung des Aussatzes 
über Europa durchaus nicht von vornherein als dem Bereiche der Un¬ 
möglichkeit angehörig betrachtet werden kann. 

Ed. Oppenheimer (Strassburg). 

Blaschko. Die Lepra im Kreise Meme . Vortrag, gehalten 
in der Berliner med. Gesellschaft am 29. April 1896. (Berl. Klin. Wo- 
chenschr. 1896, Nr. 20 und 21.) 

Blaschko besuchte Anfang 1896 den Memeler Lepraherd persön¬ 
lich. Die Verhältnisse der dort lebenden Bevölkerung sind ausserordent¬ 
lich schlecht. Die Nahrung ist unzureichend; die Wohnungen eng und 
schmutzig. Die Furcht vor ansteckenden Krankheiten ist sehr gering; 
die Pflege des Körpers ein ungekannter Luxus; das Trachom endemisch. 
Bl. fand bei einer Bevölkerung von 66.000, 22 Leprafalle, bei denen alle 
Altersstufen gleichmässig vertreten waren. Der Beginn der Epidemie 
reicht wahrscheinlich bis ins Jahr 1870 zurück. Von erblicher Ueber- 
tragung kann nicht die Rede sein. Da eine Isolirung, Krankenpflege und 
zweckmässige Behandlung nicht besteht und gesondertes Ess- und Wasch- 
geräth nicht bekannt ist, so ist die Contagiosität jedenfalls eine sehr ge¬ 
ringe. Bl. glaubt, dass die Mehrzahl der Menschen gegen Lepra immun 
sei, und führt die Infection auf eine vorhandene Disposition zurück. 

In den russischen Ostseeprovinzen hat in den letzten Jahr¬ 
zehnten die Lepra ungeheuer an Ausdehnung gewonnen und ist da¬ 
her der Gedanke einer Einschleppung naheliegend. Bl. macht den 
Grenzverkehr dafür verantwortlich, da die angrenzenden russischen Be¬ 
zirke nicht leprafrei sind. Weitere Ausbreitung ist denkbar, daher 
müssten genaue Untersuchungen in systematischer Folge angestellt werden. 


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Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete 


Nach Bl. geben wahrscheinlicher Weise die unbedeckten Körper- 
theile die Eintrittspforte für das Contagium ab. Die gefährlichste Form 
ist die tuberöse Form, bei der durch Auf brechen der Knoten zahlreiche 
Bacillen frei werden. Daher muss die Entstehung offener Wunden ver¬ 
hütet, und secernirende Flächen durch einen Occlusivverband abgeschlossen 
werden; ebenso ist für die Beseitigung des Nasen- und Rachensecrets 
Sorge zu tragen. Geordnete Krankenpflege in Lepraheimen dürfte dieso 
Aufgabe am besten erfüllen. 0. Rosenthal (Berlin). 

Grossmann, Karl On the causation of leprosy and the 
extent of i 1 s occurrence in Europe. The Brit. Med. Journ. 
5. Decbr. 189G. 

Grossmann weist darauf hin, dass die Lepra keineswegs eine im 
Aussterben begriffene Krankheit für Europa sei; nur lässiger Beobach¬ 
tung und mangelhafter Diagnostik sei es zuzuschreiben, dass dieser Wahn, 
die Lepra sei für Europa im Erlöschen, aufkommen konnte. Gross¬ 
mann sieht die Ursache der Lepra nur in dem Leprabacillus und 
weist die Annahme zurück, als ob sie durch irgend eine besondere Nah¬ 
rung, zumeist Fische, hervorgerufen würde. Begünstigt wird ihre Ver¬ 
breitung, wie z. B. auf Island, durch mangelhafte sanitäre Einrichtungen oder 
gar durch deren völliges Fehlen. Er schildert die elenden Wohnungs- 
und Emährungsverhältnisse der Isländer, wie solche auch aus den Ar¬ 
beiten von Ehlers bekannt sind. Die Ausbreitung der Krankheit 
erfolgt, wie sich zumal auf Island deutlich erweisen lässt, durch Infec- 
tion und nicht durch Heredität, wenigstens dürfte letztere nur eine unter¬ 
geordnete Rolle spielen. Was die Diagnose der Krankheit betrifft, so 
kann Verf. den Satz von Prof, von Bergmann, dass die Lepra auf 
den ersten Blick diagnosticirt werden kann, durchaus nicht unterschrei¬ 
ben. Freilich ist es sehr einfach, einen vorgeschrittenen, tuberösen 
Fall zu diagnosticiren, aber bei den Frühformen und auch bei einigen 
vorgeschrittenen Fällen der nervösen Form können sich selbst für einen 
erfahrenen Beobachter Schwierigkeiten darbieten. 

In Europa ist die Lepra nicht im Abnehmen begriffen, aus¬ 
genommen vielleicht in Norwegen, wo in verhältnissmässig kurzer Zeit 
durch Isolirung und andere ähnliche Massnahmen die Zahl der bekannten 
Leprösen von 3000 auf 800 gesunken ist. Im Griechischen Archipel ist 
sie häufig; auf Creta allein gibt es 900 Lepröse. In Frankreich ist sie 
wohlbekannt; Paris allein beherbergt mehr als 150 Lepröse. Die Krank¬ 
heit scheint im Süden und in den Seealpen in der Zunahme. In der 
Bretagne haust sie von Alters her; vielleicht lässt sich ihr Andauern 
dort dadurch erklären, dass jeden Sommer etwa 3000 französische 
Fischer, zumeist Bretagner, Island bei ihrer Beschäftigung besuchen und 
sich eine Zeit lang in Rezkjavik aufhalten. — In einigen Theilen Mittel¬ 
und Norditaliens scheint die Krankheit meist unerkannt zu bestehen; 
Zuverlässige Angaben liegen nicht vor. Die Infection kann dadurch 
erklärt werden, dass jedes Jahr eine grosse Zahl italienischer Arbeiter 
nach Nord- und Südamerika gebt und nach einigen Monaten Arbeitszeit 


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der Dermatologie. 


285 


zurückkehrt. In Russland ist die Lepra nicht selten, und die Küste der 
Ostsee besonders zeigt einige sehr active Herde. In den letzten 15 Jah¬ 
ren ist das Gebiet von Memel in Ostpreussen als in grosser Ausdehung 
befallen gefunden worden, offenbar von Russland her inficirt. Verf. gibt 
acht gute Abbilduugen von Leprösen und schliesst mit einigen Be¬ 
merkungen über die Erfolglosigkeit der Behandlung und über die Isolirung 
der Leprösen. Alfred Sternthal (Braunschweig). 

Joseph, Max. Ueber Lepra. Nach einer Krankenvorstellung 
in der Berliner medic. Gesellsch. am 3. Juni 1896. Berl. klin. Wochenschr. 
1896, Nr. 37. 

Joseph’s Fall von Lepra tuberosa betriöt einen 41 Jahre alten 
Herrn, der vor 18 Jahren nach Montevideo auswanderte und vor 5Jah¬ 
ren einen fünfmarkstückgrossen braunen Fleck auf dem rechten Ober¬ 
schenkel bekam. Augenblicklich zeigt derselbe auf Haut und Schleim¬ 
häuten sowohl im Gesicht, wie auf dem Körper typische Knoten und 
Verfärbungen. Ausserdem besteht 4—5 Cm. oberhalb des Oricificium ex- 
ternum ani eine Strictur, welche, trotzdem der Patient lange Jahre 
passive Päderastie getrieben hat, J. auf eine lepröse Basis zurückführt 
Prophylaktisch empfiehlt J. die Errichtung einer Leproserie — eine 
dürfte vielleicht für ganz Deutschland ausreichen — sowie eine inter¬ 
nationale Regelung der Internirung Lepröser. 0. Rosen thal (Berlin). 

CrOldschmidt, J. La Lepre. 56 pp. mit Tafeln. Paris 1894. 
(Ref. nach Baumgarten’s Jahresbericht 1894.) 

Goldschmidt hat bereits mehrere interessante Beiträge (vergl. 
dieses Archiv) über Leprabeobachtungen speciell auf Madeire gebracht. 
Aehnlich auch diese mehr populär gehaltene Broschüre. 'Wichtig ist nach 
G. für die erste Feststellung der Lepra die Untersuchung des eingedickten 
Nasensecretes auf Leprabacillen. Dem Autor gelang es selbst bei Pa¬ 
tienten mit tuberöser Lepra positive Impfungen auszufübren insofern, als 
örtlich ein bacillenhaltiger Fleck entstand; es ist aber nicht zu ent¬ 
scheiden, ob diese Eruption lediglich eine Folge der Impfung ist oder 
zum Theil auf Kosten der Reaction des mit Leprabacillen durchseuchten 
Organismus zu setzen ist. An epilirten Haaren suchte G. vergeblich nach 
Leprabacillen, zu dem Zwecke müsste natürlich eine besondere Färbung 
angewandt werden, die die Haare und die Bacillen differentiell färbte^ 
was leider nicht geschehen ist. G. beobachtete in der letzten Influenza¬ 
epidemie, dass gerade Lepröse von der Influenza verschont blieben und 
auch Tuberculose soll gegen eine weitere Infection mit Lepra schützen. 

Johann Fabry (Dortmund; 

Havel bürg, W. Einige Bemerkungen zur Lepra, nach 
Erfahrungen aus dem Lepra-Hospital zu Rio de Janeiro. 
(Berl. klin. Wochenschr. 1896, Nr. 46.) 

Havelburg berichtet, dass in Brasilien die Lepra sporadisch und 
endemisch existirt. Besonders in Rio de Janeiro uud San Paolo gibt es 
Ortschaften, deren gesammte Einwohnerschaft leprös afticirt ist. Es 
lässt sich verfolgen, dass der Krankheitskeim durch die portugiesischen 


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% J86 Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete 

Entdecker und Colonisatoren eingeschleppt ist, bis Ende vorigen Jahr¬ 
hunderts die Krankheit so um sich griff, dass Leproserien eiu- 
eingerichtet wurden. H. ist der Ansicht, dass zum Wohle der Gesunden 
eine gesetzmässige Regelung der Isolirung Erkrankter sich nicht umgehen 
lässt. Die Krankheit ist in stetigem Fortschreiten begriffen. Die gün¬ 
stigste Zahl der Kranken stellt H. für Brasilien auf 3000. Neger und 
Mulatten sollen hierzu ein grösseres Contingent stellen, weil sie unter 
Bedingungen leben, die die Infection erleichtern. Sonst erkranken alle 
Ragen und Nationen gleichmässig. 

Eine Züchtung des Leprabacillus ist auch H. nicht gelungen. Die 
Ansichten von der Heredität sind unhaltbar. Die Lepra ist eine con- 
tagiöse Krankheit. Zu seiner Entwicklung scheint der Leprabacillus eine 
Reihe ungünstiger hygienischer Verhältnisse vorauszusetzen. So bieten 
neben der Unsauberkeit, die „Corticos“, schmutzige Schlupfwinkel, in 
denen der einfache Erdboden für mehrere Personen als nächtliche Lager¬ 
stätte dient, die besten Brutböden für die Lepra. Die Incubation kann 
man von 1 '/ 2 —2 Jahren annehmen, wie H. die Beobachtung von zwei 
Deutschen gelehrt hat. 

Die grosse Furcht vor der Ausbreitung der Lepra in Deutschland 
hält H. für ungerechtfertigt, da hier der günstige Boden für dieselbe 
fehlt. Allerdings muss auch hier eine strenge Isolirung statthaben. 

Die Eintheilung der Lepra in tuberöse und maculo-anästhetische 
hat nach den anatomischen Verhältnissen die meiste Berechtigung; eine 
Nervenlepra zu unterscheiden hat keinen Zweck. Ueberraschend sind die 
demselben Agens entstammenden Krankheitsbilder. Ein Problem ist es, 
warum der Leprabacillus das eine Mal Anlass gibt zur Production massen¬ 
hafter Granulutionszellen, das andere Mal nur zu bescheidenen In¬ 
filtraten von Rundzellen und epitheloiden Zellen um die Gefasse. 

Als Todesursache gelten meistens hartnäckige Unterschenkel - 
geschwiire, Zerfall von Lepromen im Larynx, narbige Stenosen der 
Luftwege. Die Krankheitsdauer beträgt 5—20 Jahre. Oft bilden sich 
auch hochgradige Cachexien aus. Viele Lepröse sterben an der oft ver¬ 
gesellschafteten Tubereulose. 

Eine Therapie gibt es bis zum heutigen Tage nicht. Heilbar sind 
beide Formen der Lepra, bei der maculo-anästhetischen ist es die Regel- 

0. Rosenthal (Berlin). 

Thibierge, G. Lepre tegumentaire d’origine espagnole. 
La möd. mod. 1S97, 22. pag. 175. Soc. med. des hopitaux. 12. März 1897. 

Thibierge zeigte* bei einer Frau, die stets in Valencia gelebt 
hatte, lepröse Knoten im Gesicht, welche sich seit 3 Wochen ganz acut 
aber ohne Fieber entwickelt hatten. Die ersten Erscheinungen traten 
vor 1 Jahre an den Beinen auf. An allen befallenen Stellen Lt Anästhe¬ 
sie nachzuweisen, auch fand sich Leprabacillus in einem Knoten. 

Löwenheim (Breslau). 


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der Dermatologie. 


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Jeanselme et Laurens. Des localisations de la lepre sur 
le nez, la gorge et le larynx. La medecine moderne. YIII. 60, 
pag. 479. 28. Juli 1897. 

Jeanselme und Laurens fanden bei der Untersuchung von 
25 Leprösen bei 15 derselben Localisationen der Erkrankung in Nasen- 
und Mundhöhle, Rachen und Kehlkopf, wobei allein vorhandene Anästhe¬ 
sien nicht mitgerechnet sind. Die Nasenaffection beginnt mit Stock¬ 
schnupfen und Naseubluten und ist gewöhnlich am Septum localisirt, wo 
es meist zur Perforation kommt. Das Secret ist fast stets voll Lepra¬ 
bacillen und erscheint deshalb für die Umgebung der Erkrankton sehr 
gefährlich. Löwenheim (Breslau). 

Maitland, C. B. Leprosy treated by thyroid gland. The 
Lancet. 31. Oct. 1896. 

Maitland hat zwei Fälle von Lepra mit Darreichung roher 
Schilddrüsen behandelt und „gebessert“. (Es wäre ja auch zu verwundern 
gewesen, wenn nicht jemand auf diesen Gedanken verfallen wäre, nach¬ 
dem man alle möglichen Krankheiten mit Schilddrüsen behandelt und 
„gebessert“ hat. Wann wird dieser therapeutische Unfug ein Ende 
nehmen? Ref.) Alfred Sternthal (Braunschweig). 

Crocker, H. Radcliffe. A promising treatment for leprosy. 
The Lancet. 8. August 1896. 

Crocker empfiehlt zur Behandlung der Lepra intramusculäre In- 
jectionen von Sublimatlösung (3 Gran auf l / 2 Unze destillirtes Wasser). 
Er injicirt einmal wöchentlich 1 Cubikcentimeter in die Glutaeen. Zwei 
Krankengeschichten, deren eine Abbildungen eines Kranken vor und nach 
der Behandlung aufweist, zeigen die gute Wirkung der Injectionen, die 
sich Verf. so vorstellt, dass im Blute eine baktericide Wirkung entfaltet 
wird. Es ist ihm daher sehr wahrscheinlich, dass andere baktericide 
Mittel eine ähnliche Wirkung ausüben würden, wenn sie direct in die 
Circulation eingeführt würden. Alfred Sternthal (Braunschweig). 

Pelizzari, Celso. Un ca so non comune di Lepra. La Setti- 
mana medica. LI. Nr. 24. 

Pelizzari beobachtete an der Beugeseite des rechten Armes einer 
57jährigen Prostituirten einen eigenthümiichen Erkrankungsherd. Derselbe 
hatte länglich runde Gestalt (6 :8 Cm.) und unterschied sich in seinem 
grosseren Theile von der benachbarten Haut nur durch etwas hellere 
Färbung und grösseren Glanz j in dem letzten Drittheil war die Haut 
erst gelbroth, dann intensiv braunroth gefärbt, streifenförmig etwas er¬ 
haben und fein gezeichnet, indem die Fältchen der Haut und die Folli¬ 
kelmündungen deutlicher ausgeprägt waren; dabei fühlte sie sich etwas 
verdickt an; diese Hautpartie schloss sich halbmondförmig an die erst 
beschriebene an. Die Abwesenheit jeder Narbenbildung oder umschrie¬ 
benen Infiltration Hessen eine Spätform der Lues — die Patientin hatte 
vor Jahren eine leichte Syphilis durchgemacht — ausschliessen, und es 
wurde die Diagnose auf Lepra gestellt; thatsächlieh erwies die histo¬ 
logische Untersuchung in dem dunkelbraunen Herde sehr viele Lepra- 


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Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete 


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bacillen. Pelizzari hält es für wahrscheinlich, dass die Infection mit Lepra 
erfolgt sein könnte, als die Patientin einmal in ihrer Kindheit zur Ader 
gelassen worden war, wovon noch eine kleine Narbe zu sehen ist, die 
sich am Ausgangspunkte der helleren Hautpartie befindet, umsomehr, als 
die Patientin damals in Livorno gelebt hat, von welcher Gegend einige 
autoehthone Leprafälle bekannt sind. Die minutiöseste Untersuchung des 
ganzen übrigen Körpers ergab keine Spur einer Lepra. Es würde sich 
demnach hier um einen Leprafall handeln, bei dem eine locale Infection 
zur Entstehung eines localen Krankheitsherdes Veranlassung gegeben 
hat, wobei dieser locale Krankheitsherd nur die Tendenz zeigte, sich 
local äusserst langsam auszubreiten und sich durch mehrere Jahrzehnte 
erhielt, ohne zu einer Allgemeininfection des Körpers Veranlassung zu 
geben. Spiet schka (Prag). 

Cenas. Un cas de lepre nostras (scrofulide maligne). La me- 
decine moderne VIII. 64, pag 508. 8. VIII. 1807. Congres de Saint-fitienne 
5-12. VIII. 1897. 

Cenas stellt einen Fall mit Hauttuberculose des Handrückens und 
des Handgelenkes, sowie mit tuberculöser Neuritis am Ellenbogen und 
Lymphangitis des Beines vor, indem er zugleich die Differentialdiagnose 
gegenüber Lepra erörtert. Löwenheim (Breslau). 

Priester, Emil. Ein Fall von Impftuberculose. Inaug.-Diss. 
Kiel 1895. 

Ein Arbeiter versuchte eine Anzahl von Tätowirungen an seinen 
Händen und Vorderarmen dadurch wegzuschaffeu, dass er Milch durch 
Stichelung mit einer Nadel in die tätowirten Partien hineinbrachte. 
Die Folge w T ar, dass sich an den betreffenden Stellen hirsekorngrosse, 
hellrothe Flecken entwickelten mit stecknadelkopfgrossen, z. Thl. Eiter 
entleerenden Knötchen in der Mitte. Dieselben machten den Eindruck 
lupöser Knötchen, wurden exstirpirt und enthielten zahlreiche Riesen¬ 
zellentuberkel, aber keine Tuberkelbacillen. Trotzdem glaubt Priester, 
dass es sich hier um eine Uebertragung von Tuberculose durch die Milch 
handle. 

Ed. Oppenheimer (Strassburg). 

Wolff, Josef. Ein Fall von Ulcus luposum perinei. Inaug.- 
Diss. Greifswald 1895. 

Während von den weiblichen Genitalen die Ovarien, Tuben und 
Uterus verhältnismässig häutig von Tuberculose befallen werden, gehört 
die tuberculose Erkrankung der Vagina, Vulva oder des Perineums za 
den grössten Seltenheiten. Zu den aus der Literatur zusammengestellten 
Fällen von Tuberculose der äusseren Genitalien fügt nun Wolff einen 
neuen Fall von Lupus der Vulvoanalregion. Es handelt sich um eine 
38jährige Frau, die ander hinteren W'and der Scheide und an der Narbe 
eines Dammrisses ein flaches, unregelmässiges Geschwür mit unregel¬ 
mässigen Rändern hat, die nicht übermässig infiltrirt sind. Sonst keine 
Tuberculose. Das Ulcus wurde excidirt und mikroskopisch wurden, zum 
Theil schon verkäste, typische Tuberkel mit Riesenzellen, allerdings 


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der Dermatologie. 


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keine Tuberkelbaeillen nachgewiesen. Trotz des letzteren, negativen 
Befundes glaubt W. mit Bestimmtheit die Diagnose auf Ulcus luposum 
stellen zu dürfen. Ed. Oppenheimer (Strassburg). 

Audry, Ch. Ueber die Bedeutung des Lupus der Schleim¬ 
häute. Monatshefte f. prakt. Dermatologie. Bd. XXIV. 

Nach Audry entwickelt sich der Lupus der Haut im Allgemeinen 
aus einem primären tuberculösen Herd, der entweder auf der benach¬ 
barten Schleimhaut oder in den tieferen Geweben seinen Sitz hat. Der 
reine primäre Lupus der Schleimhäute ist ebenso häufig, wenn nicht 
noch häufiger, wie der reine primäre Lupus der Haut. Die Ansiedelungen 
des Koch’schen Bacillus in den Nasenhöhlen und den oberen Theilen der 
Luftwege ist von ganz besonderer praktischer Wichtigkeit. Bei der Be¬ 
handlung des Gesichtslupus müssen unbedingt auch die tuberculösen 
Erosionen der Nasenschleimhaut berücksichtigt werden. 

Ludwig Waelsch (Prag). 

Carri£re. Lupus ule ere de la langue. Societe d’anatomie et 
de physiologie de Bordeaux. Seance du 8. mars 1897. Ref. in Gaz. hebd. 
Nr. 28. 1897. 

C. stellt einen Fall von Lupus der Zunge vor; die histo-bakterio - 
logische Untersuchung ergab typisch tuberculöse Follikel, keine Tuber¬ 
kelbacillen. G. Zuelz er (Breslau). 

Napier, A. Caseof lupus of naso-pharynx in asyphi- 
litic subject, treated manily by tuberculin. The Glascow 
Medic. journ. February 1897. 

In einem Falle, wo hereditäre Lues ausser Frage stand, bestanden 
erhebliche ulceröse Läsionen des Nasenrachenraumes, die auf Jodgebrauch 
nicht zurückgingen. Pat., einem 13y,jähr. Knaben, wurde Tuberculin, 
anfangs minimalste Dosen eingespritzt; erst bei 8 Mgr. trat starke allge¬ 
meine und locale Reaction auf; letztere bewirkte in kurzer Zeit Ver¬ 
narbung, i. e. Heilung der Geschwüre. 2 spätere Recidive wurden in der¬ 
selben Weise mit gleichem Erfolg behandelt. 

G. Zuelz er (Breslau). 

Lupus primitivo delle fosse nasali. Gazzetta degli ospeüan 
e delle cliniche. 1897. Nr. 53. 562. 4. Mai. 

Primärer Lupus der Nasenschleimhaut findet sich bei Erwach¬ 
senen beiderlei Geschlechts. Er beginnt meist unmerkbar mit 
Schnupfen, etwas Jucken und mit Sprechen durch die Nase und führt 
weder zu Anosmie tfoch zu Nasenbluten, Ozaena oder Losstossung von 
Sequestern. Der Lupus kann kleine Granulationen auf der blassen Schleim¬ 
haut bilden, auch kommt es zu einer polypösen Hypertrophie oder zu 
sclerosirenden und ulcerirenden Formen. Ferner kann der Process auch 
auf den Knorpel übergehen und führt schliesslich zum Lupus der Haut 
der Nase. Den Schorf beseitigt man durch Glycerintampons und bemerkt 
dann gewöhnlich nussgrosse oder etwas kleinere Tumoren, die leicht 
bluten oder auch eine Perforation mit zerfressenem Rand und zerstreuten 
Knötchen. Die sclerosirende Form ist selten und führt meist zur Obtu- 
ArHiiv f. Dermatol, u. Syphilis. Bd. XLVI. ] J) 


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Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete 


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ration der Nase, während die ulcerirende Form sich meist über die ganze 
Schleimhaut ausbreitet. Die lupösen Tumoren bieten keine Gelegenheit 
zur Verwechslung mit Polypen und sie unterscheiden sich von Papillomen 
durch die leichten Blutungen, während Ekzem durch seine auf das Vesti- 
bulum der Nase beschränkte Localisation charakterisirt ist. Von Lues 
kann man Lupus unterscheiden, falls es zum Uebergreifen der Affection 
auf den Knochen kommt, während man sonst auf die mikroskopische 
Untersuchung oder auf die Diagnose ex juvantibus angewiesen ist. The¬ 
rapeutisch kommt Allgemeinbehandlung, z. B. See- und Soolbäder und 
locale chirurgische Behandlung, sei es durch Aetzung mit Chemikalien 
und Galvanokaustik, sei es durch Anwendung des scharfen Löffels in Be¬ 
tracht. Löwenheim (Breslau). 

Mauro. Un caso di tuberculosi della congiuntiva bul- 
bare. Accademia Medico-Chirurgica Napoli. Seduta del 27. Dec. 1896. 
Ref. in Gazzetta degli ospedali e delle cliniche. Nr. 7. 1897. 

Mauro stellt einen Fall von Tuberculose der Conjunctiva buibi 
vor uud betont die Seltenheit dieser Affection. Differentialdiagnostisch 
kamen in Betracht: Epitheliom, traumatisches Granulom und Lympho¬ 
sarkom. Hier wurde die Diagnose gesichert durch den Verlauf (Bestehen 
der Affection seit ca. 5 Monaten, ohne zu exulceriren), den anatomischen 
Befund (Granulationsgeschwulst mit Riesenzellen und Tuberkelbacillen, 
aber keine Verkäsung) und durch den positiven Impfversuch am Ka¬ 
ninchen. Ferdinand Epstein (Breslau). 

8urdi, Gaspare. Su di un caso di lupus vulgaris, guarito 
con le iniezioni endermiche di sublimato (metodo Tansini). La 
Riforma med. 1896. Nr. 44, pag. 524. 

Sur di hat nach der Vorschrift Tansini’s einen Lupus exulcerans 
der Nase und der Oberlippe mit Injectionen von '/ 2 —1®/ 0 Sublimat be¬ 
handelt und fuhrt die Krankengeschichte des betr. 60jährigen Patienten 
als Beweis dafür an, dass diese Methode wenig schmerzhaft, leicht aus¬ 
führbar und trotz völliger Heilung nicht zu entstellend ist, also allen 
Anforderungen entspricht. Surdi hat in seinem Falle an jedem dritten 
Tage je 2 Injectionen am Aussenrande des exulcerativen Processes ge¬ 
macht und zwar jedesmal nur wenige Tropfen mittelst sterilisirter Pravaz*- 
Spritze injicirt. Als unmittelbare Folge, als locale Reaction— eine allge¬ 
meine Reaction trat nie auf — wurde Schwellung und Nässen der lupösen 
Ulcerationen constatirt, denen später Vernarbung folgte. Nach vier¬ 
wöchentlicher Behandlung mit insgesammt 17 Injectionen war an Stelle 
der lupösen Ulcerationen eine glatte Narbe „von bestem Aussehen“ ge¬ 
treten, der Kranke also „glänzend geheilt“, nach weiteren 8 Tagen noch 
einmal besichtigt und dann sofort — publicirt. 

M ünchheimer (Kolberg). 

Fileti, F. e La Mensa, N. II Siero Maragliano nella cura 
della tuberculosi cutanea. Giornale ital. delle malattie venerce e 
della pelle. Anno XXXII 1897. fak. I. pag. 89. 


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der Dermatologie. 


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Fileti und La Mensa erprobten die therapeutische Wirksamkeit 
des von Maragliano anempfohlenen und von Tommasoli auch bei 
Hauttuberculose verwendeten antituberculösen Serum an 10 mit ver¬ 
schiedenartigem Lupus an verschiedenen Körperstellen behafteten Patienten. 
Diesen Patienten wurde in der Regel jeden zweiten Tag 1 Cubikctm. 
Serum injicirt, doch wurde dasselbe auch auf die erkrankten Stellen ein¬ 
gepinselt, auch wurden Serumeinpackungen auf dieselben applicirt. Ein 
Theil dieser Patienten wurde bei gewöhnlicher Diät belassen, ein Theil 
einer besonders roborirenden Diät unterworfen. Zur Controle dienten 
5 andere Patienten, bei denen nur roborirende Diät und eine gewöhnliche 
Localbehandlung eingeleitet wurde. Die Seruminjectionen zeigten keinen 
Einfluss auf die Temperatur oder die Harnbeschaffenheit. Wohl hob sich 
mit einer Ausnahme das Allgemeinbefinden (Blutbeschaffenheit und Körper¬ 
gewicht) bei allen Patienten, jedoch bedeutend mehr bei denjenigen, 
welche neben den Injectionen auch roborirende Diät erhalten hatten, 
sowie bei denjenigen, welche gar keine Injectionen, sondern nur roborirende 
Diät bekamen. Die Krankheitsherde selbst wurden durch die Serum - 
behandlung gar nicht oder fast gar nicht beeinflusst, da bemerkenswerthe 
Besserungen immer erst nach localer Anwendung von Jodoform und der¬ 
gleichen eintraten. Das von Maragliano angegebene Serum besitzt 
daher für die Behandlung der Hauttuberculose gar keinen Werth. 

Spietschka (Prag). 

Morris, Malcolm. Actinomycosis involving the skin, 
and its treatment by jodide of potassium. The Lancet. 
6. Juni 1896. 

Malcolm Morris berichtet ausführlich über einen Fall von 
Actinomycosis der Haut über der linken Unterkieferhälfte, der unter 
Gebrauch von Jodkali völlig abheilte. Verfasser bespricht im Anschluss 
daran die Differentialdiagnose, Pathologie, Aetiologie, Therapie und 
Prophylaxis der Krankheit. Alfred Sternthal (Braunschweig). 

Nacciarone. L’actinomicosi ne 11’ uomo. La Riforma med. 
1896, 26. März, pag. 805. 

Nichts Neues. Münchheiraer (Kolberg). 


Erythematöse, eczematöse, parenchymatöse Ent- 
zündungsprocesse. 

Monnet, Kent (John). Un örytheme infectieux ä Alger. 
These de Lyon 1897. Ref. Gazette hebdora. Nr. 35. 

Die in der These beschriebenen Fälle von infectiösem Erythem 
gehören alle zu einer kleinen Epidemie, die 1894, 1895 und 1896 in Algier 
herrschte. 

Die Allgemeinsymptome, wie Hypothermie, Pulsbeschleunigung, Er¬ 
brechen und rapide Abmagerung sind für das Krankheitsbild von der- 

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292 Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete der Dermatologie. 


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selben Bedeutung wie die Hauterscheinungeu; letztere charakterisirten 
sich als zinnoberrothe zerstreute Flecke, die besonders über den Gelenken 
sassen, in den schweren Fällen schubweise auftraten und unter kleien¬ 
förmiger Abschuppung verschwanden j ganz besonders war die Darm¬ 
schleimhaut befallen, was sich klinisch durch die Expulsion langer, oft 
bandwurmartiger, weisslicher Schleimhautstreifen documentirte. Diph¬ 
therie und Typhus waren durch bakteriologische Untersuchungen aus- 
zuschliessen. — Die Prognose war stets ernst; die Krankheitsdauer be¬ 
trug 14 Tage im Durchschnitt; die Reconvalescenz nahm lange Zeit in 
Anspruch. — Die Krankheit scheint nicht contagiös zu sein; als Infec- 
tionsquelle wird das Wasser angenommen. Die bakteriologischen Unter¬ 
suchungen des Blutes und der Stühle stellten die Gegenwart eines Mono- 
coccus fest, von lebhafter Beweglichkeit, aber ohne Einfluss auf Thiere. 
Der Sectionsbefund ergab eine Congestion aller Organe; auf den Schleim¬ 
häuten ähnliche Eruptionen wie auf der Haut; Freisein der Pey er’schen 
Plaques. G. Zuelz er. 

Gaillard, L. Erytheme infectieux compliquant une 
colite muceuse membraneuse. Guerison. (Societe medicale des 
Höpitaux de Paris.) La Medicine moderne VIII, Nr. 20, März 1897. 

Gaillard beobachtete bei einem 5jährigen Knaben eine Colitis 
von acutem Verlauf mit Fieber und masernähnlichem Exanthem, das zu¬ 
erst irn Gesicht, an den Ellbogenbeugen und Handgelenken, dann am 
Hals, in den Axelhöhlen am Kumpf und den unteren Extremitäten auf¬ 
trat. Nach 9 Tagen war der Ausschlag unter stellenweis grosslamellöser 
Abschuppung verschwunden. Vollständige Heilung ohne Complicationen. 
Im Darm war nur Bacterium coli nachweisbar. 

J. Schäffer (Breslau). 

Rosenthal, Max. Beiträge zur Lehre und Casuistik des 
Erythems bei Angina und Diphtherie. Inaug. Diss. Berlin 1896. 

Aus der Lewin’schen Klinik berichtet Rosenthal über 5 Fälle 
von Erythema exsudativum multiforme und E. nodosum, welche im Ge¬ 
folge von Angina follicularis und diphtheritica entstanden waren und mit 
dem Erlöschen derselben ebenfalls verschwanden. 

Obschon auch in diesen Fällen die angestellten bakteriologischen 
Untersuchungen der Erythem-Efflorescenzen negative waren, ist R. doch 
mit früheren Autoren der Ansicht, dass es sich um toxische Producte 
pathogener Mikroorganismen, vornehmlich der Staphylococcen und Diph¬ 
theriebacillen, handelt, die auf das capillare Gefässsystem einen localen 
Reiz ausüben, der sich durch ein Erythem geltend macht. 

Ed. Oppenheimer (Strassburg). 


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Venerische Krankheiten. 

(Redigirt von Prof. Neisser und Dr. Schäffer in Breslau.) 


RobillSOll, H. Betham. Syphilitic joint disease in chil- 
dren. The Brit. Med. Journ. 16. Mai 1896. 

Robinson ist der Ansicht, dass syphilitische Gelenkleiden viel 
häufiger sind als allgemein angenommen wird und dass viele, jetzt als 
tuberculös und rheumatoid betrachtete Gelenkentzündungen in Wahrheit 
syphilitische Erkrankungen sind. Er classificirt die syphilitischen Ge¬ 
lenkentzündungen der Kinder folgendermassen: 1. Epiphysitis der kleinen 
Kinder. 2. Symmetrische Ergüsse, gewöhnlich zwischen dem 8. bis 
16. Lebensjahre auftretend. Diese beiden Formen finden sich gewöhn¬ 
lich bei der congenitalen Syphilis. 3. Osteitis a) mit einfachem Erguss; 
6) mit gummatöser Infiltration der Synovialmembran und Erguss. 4. Pri¬ 
märe, gummatöse Synovitis. Diese Formen finden sich bei hereditärer 
wie bei acquirirter Syphilis. Peribursale Gummata, die bei Erwachsenen 
an den Schleimbeuteln der Patella und des Oberarm so häufig sind, hat 
Verf. bei Kindern ebenso wenig getroffen, als die von Vir chow beschrie¬ 
bene Chondro-Arthritis. 

I. Epiphysitis der kleinen Kinder ist die früheste, syphili¬ 
tische Knochen- und Gelenkerkrankung. Zuerst wird die Epiphyse be¬ 
fallen, worauf bald Erguss in das benachbarte Gelenk erfolgt. Die 
Krankheit entwickelt sich rasch unter deutlichen Zeichen der Entzündung. 
Das befallene Glied scheint kraftlos — Pseudo-Paralysis. — Die Epi¬ 
physe hat die Neigung, sich abzulösen, durch die Behandlung wird sie in 
den meisten Fällen wieder fixirt, ohne dass irgend welche Verkürzung ein- 
tritt. In der Regel erleidet die Synovialmembran keine grossen Ver¬ 
änderungen, die Flüssigkeit wird resorbirt und das Gelenk bleibt ohne 
Schaden oder hat nur unbedeutende Adhäsionen. Ausnahmsweise tritt 
Vereiterung ein, doch kommt hier möglicherweise ein besonderer, infectiöser 
Process dazu. Die Prognose ist, wenn die Behandlung bald begonnen 
wird und besonders, wenn nur ein einzelnes Gelenk befallen ist, günstig. 
Sind mehrere Gelenke erkrankt, so zeigt dies eine schwerere Erkrankung 
an, und demgemäss ist die Prognose schlechter. Verf. gibt verschiedene 
Beispiele dieser Krankheitsform. 


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294 Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete 

II. Symmetrische Ergüsse treten nur in den Kniegelenken 
auf. Der Erguss kommt rasch und beinahe schmerzlos. Es finden sich 
im Gelenk keine Veränderungen. Die Ergüsse weichen der Behandlung 
sehr gut. Sie treten zur selben Zeit auf wie die interstitielle Keratitis, 
nämlich zwischen dem 8. und 15. Jahre. 

III. Osteitis, a) Mit einfachem Erguss. Bei diesen Fällen 

findet sich, obwohl die Knochenveränderungen sehr deutlich sind, ausser 
dem Ergüsse keine Spur einer Erkrankung der Synovialmembran. Verf. 
gibt hierfür wie auch für die Gruppe b) Fälle mit gummatöser 
Infiltration der Synovialmembran und Erguss interessante 
Beispiele, dergleichen für die IV. Gruppe, die primäre, gumma* 
töse Synovitis. Alfred Sternthal (Braunschweig). 

Schilfmacher, Jacob. Ueber die syphilitische Erkran¬ 
kung der Lunge. Inaug.-Diss. Berlin 1896. 

Nach Schiffmacher ist Lungensyphilis keine so seltene Er¬ 
krankung. Sie wird nur deshalb selten diagnosticirt, weil ihre Erken¬ 
nung an der Leiche sowohl wie am Lebenden mit grossen Schwierig¬ 
keiten verknüpft ist, indem sie oft Befunde gibt, die mit anderen 
Lungenaffectionen. namentlich mit Lungenkatarrhen und tuberculösen 
Frocessen grosse Aehnlichkeit haben und kaum von ihnen zu trennen sind. 

Jedenfalls soll man bei allen zweifelhaften F’ällen, besonders bei 
Phthisikern, bei welchen man keine Tuberkelbacillen im Sputum findet, 
nie versäumen an Syphilis zu denken, alles daraufhin zu prüfen und ev. 
entsprechende Behandlung einleiten. 

Der sorgfältigen Arbeit sind einige einschlägige Krankengeschichten 
beigefügt, welche die Schwierigkeiten der Diagnose gut illustriren. 

Ed. Oppenheimer (Strassburg). 

Pye-Smith. Syphilitic arteritis of th e ascending aor ta. 
Pathological Society of London. Ref. Brit. med. Journ. 25. Jan. 1896. The 
Lancet 25. Jan. 1896. 

Pye-Smith berichtete über einen 32jährigen Mann, der an einer 
Herzkrankheit gestorben war, deren physikalische Zeichen in Stenose der 
Aorta und Regurgitation bestanden. Bei der Autopsie fanden sich weder 
Spuren einer rheumatischen noch einer infectiösen Endocarditis, vielmehr 
ein Herd frischer Aortitis und eine Deformität der Klappe. Die Läsion 
war weich, injicirt und hatte einen erhabenen, fortschreitenden Rand, so 
dass sie an die vorrückenden Ränder einer secundär-sypbilitischen Haut¬ 
eruption erinnerte. Das Einzige, was auf Syphilis hindeuten konnte, war 
eine fibröse Entartung der Hoden, obwohl dieselbe nicht sehr aus¬ 
gesprochen war. Vortragender nahm an, dass die syphilitische Aortitis 
auf die Klappe übergegriffen und so die vorliegende Krankheit erzeugt 
habe. Alfred Stern thal (Braunschweig). 

Thomas. Syphilis liepatique et splenique. Gazette heb- 
dom. de med. et de Chirurgie. 1897, Nr. 36, societe de therap. Seance 
du 28 April 1897. 


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der Syphilis. 


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Thomas berichtet über einen Fall von Leber- und Milz-Syphilis, 
geheilt durch Hg-Cur und Jodkali. X. 

Verch&re. Des lesions syphilitiques secondaires du 
rectum. (Societe de Chirurgie, 3. März 1897.) La Medecine moderne 
VIII, Nr. 19. 

Marchand berichtet über eine Arbeit von Verchere über die 
Rectalstrictur. Verchere beobachtete bei 3 Frauen im Secundär- 
stadium der Syphilis Ulcerationen des Rectum mit Verengerung. Letztere 
scheint also als Folge der syphilitischen Erosionen und Geschwüre auf¬ 
zutreten. Specifische Behandlung ist von sehr günstigem Erfolge be¬ 
gleitet. Man hat auf die Rectalulcerationen bei Patientinnen mit secun- 
därer Lues zu achten, zumal dieselben keine Störungen verursachen. 
Verchere versucht zu beweisen, dass die Papeln das erste Zeichen der 
Rectalstrictur sind und nach vorhergehender Sklerosirung der Rectal¬ 
wände die Verengerung verursachen. Marchand kann dieser Ansicht 
nicht beistimmen. J. Schaffer (Breslau). 


Hereditäre Syphilis. 

Antonelli. Stigmates ophtalmoscopiques rudimentair. 
de lasyph. congenit. La med. moderne 1897. Nr. 39. Soc. franc. 
d'ophtalm. Session annuelle. 

Antonelli berichtet über charakteristische Veränderungen am 
Augenhintergrund Congenital-Luetischer, die theils die Papille und deren 
Umgebung, theils die Gefässe erkennen lassen. 

Während diese Befunde früher als Varietäten des normalen Auges 
angesehen wurden, fasst dieselben Antonelli als Stigmata einer con¬ 
genitalen Lues auf, ebenso wie manche congenitalen Amblyopien, so dass 
er es für gerechtfertigt hält, von einer syphilitischen Ametropie und 
syph. Strabismus sprechen zu dürfen. 

Gust. Falk (Breslau). 

Bouleagier. De la syphilis infantile. Journal des mala- 
dies cutanees et syphilitiques. 1896. p. 705. 

ln einem längeren, im Original nachzulesenden Referat für die 
Belgische Societe de Medecine publique über die kindliche Syphilis sucht 
Boulengier die Irrigkeit der augenblicklich geltenden Gesetze über 
die Vererbung der Syphilis nachzuweisen. Er bestreitet die Vererbung 
der Syphilis durch ein syphilitisches Ovulum oder durch syphilitische 
Spermatozoen; ein mit manifesten Symptomen der Lues geborenes Kind 
ist eben im Mutterleibe durch den Blutkreislauf zwischen Mutter und 
Kind inficirt worden. Das Einzige, was syphilitische Eltern ihren Kin¬ 
dern vererben können, ist eine geminderte Widerstandsfähigkeit, die 
Anlage zu Rhachitis, Tuberculose, zu Geistes- und Nervenkrankheiten. 

Paul Neisser (Beuthen 0. S.). 


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Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete 


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Courtade. Observation de surdite par Syphilis here- 
ditaire. Societe de mcdeeine et de Chirurgie pratiques. Journal des 
mal. cut. et syph. 1896. p. 683. 

Die 21jährige Patientin Courtade’s zeigte in typischer Weise 
die bekannte Hutch inson’sche Trias, interstitielle Keratitis, Hut- 
chinson’sche Zähne und beiderseitige Labyrintherkrankung. Während 
auf dem linken Ohr der Process schon älteren Datums zu sein schien, 
wurde auf dem rechten Ohr noch sehr laute Stimme aus nächster Nähe 
vernommen, ebenso werden die Schwingungen einer Stimmgabel beim 
Aufsetzen auf den Schädel nur am rechten Processus mastoideus gehört. 
Bei der Geringfügigkeit der sichtbaren Veränderungen des Mittelohres 
schliesst Vortragender auf eine Ilämorrhagie im Labyrinth und erwartet 
nur ganz im Anfang des Processes von einer specifischen Cur eine Besse¬ 
rung. Die sich an der Discussion Betheiligenden sprechen sich ebenfalls 
über die Unsicherheit des Erfolges specifischer Curen bei derartigen here¬ 
ditär luetischen Erscheinungen aus. Paul Neisser (Beuthen 0. S.). 

von Düring, E. Weitere Beiträge zur Lehre von der 
hereditären Syphilis. Deutsche Medic. Wochenschr. 13. 1897. 

Nach der Profeta’schen Kegel erfreuen sich die gesund geborenen 
Kinder syphilitischer Eltern einer bestimmten Immunität gegen syphi¬ 
litische Infection. Wir kennen zwar schon Ausnahmen von dieser Regel, 
v. Düring glaubt aber neue Beiträge hierzu liefern zu können. Es er¬ 
folgte in einem Beispiele das Erlöschen der Vererbung bis zu dem 
Grade, dass ein nachgeborenes Kind nicht nur keine Symptome der Lues 
mehr bot, sondern sogar nicht mehr von der P r o fe t a’schen Immunität 
Vortheil zog und selbst frische Lues acquirirte. Als einzige Symptome 
dieser acquirirten Lues werden ausser dem Fehlen jeglicher Spuren von 
Heredität mächtige vegetirende Papeln am After und Papeln auf der 
Schleimhaut des Mundes angegeben (weshalb sollen diese nicht als 
Symptome der hereditären Lues aufzufassen sein? Ref.), daneben die 
Angabe der Eltern, dass ihr Kind im Dorfe durch Kuss inficirt sei. 
Auch die Beobachtungen der Uebertragung der hereditären Lues in der 
dritten Generation halten einer strengen Kritik nicht Stand, wie v. Dü¬ 
ring übrigens selbst zugibt, da es nicht ausgeschlossen ist, dass die 
zweite Generation zwar schon selbst, von syphilitischen Erzeugern stammt 
aber trotzdem recente Lues acquirirt, hat. 

Max Joseph (Berlin). 

Fr icke, Carl. U ober die Lues der Neu geborenen. Inaug.- 
Diss. Berlin 1896. 

Nichts Neues. Ed. Oppenheimer (Strassburg). 

Mergier, Louis, fitudecritique de la syphilis concep- 
tionnelle. These de Paris 1896. 

Verf. kritisirt die bestehenden Theorien über obiges Thema. 

G. Z u e 1 z e r. 


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der Syphilis. 


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Nebeltbau. Ein Fall von hereditärer Syphilii. Marburger 
Aerzte-Verein. 11. Dec. 1896. (Berl. klin. Wochenschr. 1896. Nr. 14.) 

Nebelthau stellt einen Fall von hereditärer Syphilis bei einer 
40jährigen Patientin mit hochgradiger Verstümmelung des Gesichtes und 
besonders der Hände vor. Bereits über 6 Monate hinaus besteht 
Haematoporphyrinurie. Pat. will seit ihrer Jugend röthlich gefärbten 
Urin entleert haben. 0. Kosenthal (Berlin). 

Ogilvie, George. Should a healthy mother suckle her 
congenitally syphilitic child? The Lancet, 27. Juni 1896. 

Ogilvie ist der Ansicht, dass ebenso wenig wie einer fremden 
Amme es der eigenen Mutter eines vom Vater her syphilitischen Kindes 
gestattet werden sollte, das Kind zu säugen. Da es nun einmal sicher 
beobachtete Ausnahmen vom Colles’schen Gesetz gibt, läuft eine solche 
Mutter immer Gefahr, selbst inficirt zu werden. Die von Henoch vor¬ 
geschlagenen und von Coutts angenommenen Vorsichtsmassregeln, das 
Säugen nicht zu erlauben, wenn die Warzen excoriirt oder Ulcerationen 
oder Fissuren am Munde des Kindes vorhanden sind, genügen durchaus 
nicht, denn diese Läsionen können so klein sein, dass man sie nicht 
entdecken kann, und sind doch gross genug, um eine Infection zu er¬ 
möglichen. Alfred Sternthal (Braunschweig). 

Silex, F. Pathognomonische Kennzeichen der conge¬ 
nitalen Lues. (Aus der Universitäts-Augenklinik in Berlin. Vortrag 
gehalten in der Berl. med. Gesellsch., Berl. klin. Wochenschr. 1896. Nr. 
7 und 8.) 

Von den Augenerkrankungen fasst S. weder die Keratitis inter- 
stitialis, noch die Chorioiditis disseminata, sondern nur eine von ihm in 
mehreren Fällen beobachtete Form von Chorioiditis areolaris, bei welcher 
es sich neben atrophischen Herden in der Chorioidea um Pigmentwuche- 
rungen handelt, als einziges pathognomonisches Augensymptom der con¬ 
genitalen Lues auf. Als fernere pathognomonische Zeichen betrachtet S. 
die bekannte Deformität der mittleren oberen Schneidezähne der zweiten 
Dentition und schliesslich einen Kranz von linearen Furchen, welche 
die Mundwinkel umgeben und sich davon ausstrahlend über einen grossen 
Theil des Gesichts erstrecken. Die bisher für diese Linien in Anwendung 
gezogene Bezeichnung „Narben“ möchte S. deshalb nicht wählen, weil 
in den von ihm mikroskopisch untersuchten Fällen die charakteristischen 
Veränderungen der Narben fehlten. S. möchte sie daher Pseudonarben 
benennen. 

In der sich an diesen Vortrag anschliessenden ausgiebigen Dis- 
cussion spricht sich Busch dahin aus, dass die durch Syphilis bedingte 
Erosion der Hutchinson'schen Zähne sich von der gewöhnlichen ty¬ 
pischen Erosion nicht so wesentlich unterscheidet, als dass sie mit Sicher¬ 
heit als solche zu erkennen ist. 

Blaschko glaubt, dass bei so feinen, lange Zeit bestehenden 
Narben die mikroskopische Untersuchung keinen Aufschluss zu geben 


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Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete 


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braucht, der üebergang derselben auf das Lippenroth beweist übrigens 
ihren narbigen Charakter. Was die Zähne anbetrifft, so glaubt B., 
dass es bei Anwendung einer gewissen Vorsicht auch möglich ist, schon 
das Milchgebiss für die Diagnose im angegebenen Sinne zu verwenden; 
dieselben sind gegen die Ansichten von Hutchinson und Magi tot 
nur als die Folgen der intrauterinen syphilitischen Iutoxication zu be¬ 
trachten. Die Keratitis parenchymatosa ist in der grössten Mehrzahl der 
Fälle auf hereditäre Lues zurückzuführen. 

G. Lewin gibt einen Ueberblick der geschichtlichen Entwicklung 
der Ansichten über die Bedeutung der Zahndifforraitaten und ihrer Ur¬ 
schen. Er sieht dieselben nur als ein werthvolles Symptom, nicht als 
ein absolut sicheres Kriterium congenitaler Lues an. Die linearen Falten 
möchte er nicht als Narben bezeichnen, da derartige linear verlaufende 
syphilitische Geschwüre nicht bekannt sind. Als werthvolles Symptom 
betrachtet L. auch die glatte Atrophie des Zungengrundes. 

Hirschberg hat in ungefähr 12% von mit angeborener Lues 
behafteten Kindern die Zahndifformität der mittleren oberen Schneide¬ 
zähne, welche er als kennzeichnend für Syphilis betrachtet, beobachtet. 
Bei der Hornhautentzündung ist die scrophulöse Form, welche stets ober¬ 
flächlich ist und sich noch nach 10—40 Jahren mittelst Lupenunter¬ 
suchung durch die Verschiedenheit der Blutgefässe erkennen lässt, mit 
der syphilitischen, welche stets die eigentliche Hornhautsubstanz befallt, 
nicht zu verwechseln. Auch hat H. häufig bei frischer Hornhautent¬ 
zündung aus angeborener Lues auf dem scheinbar gesunden Auge die 
deutlichsten Zeichen einer älteren Netz- und Aderhantentzündung nach- 
weisen können, was für die Frage der Lues hereditaria von Wichtigkeit 
ist. Auch kommen bei Kindern von 5—20 Monaten schwere Chorioreti¬ 
nitiden durch angeborene Lues vor. 

Köbner macht auf die von Mauthner beschriebene Keratitis 
punctata aufmerksam, welche in der Mehrzahl der Fälle bei hereditärer 
Syphilis vorkommt. Von der Hu tchinson’schen Trias will K. nach 
der Arbeit von Schwabach die Taubheit ausgeschieden wissen. Von 
ferneren Symptomen hereditärer Syphilis erwähnt K. die Syphilis cutanea 
nodosa conferta (Lupus syphiliticus), die proliferirenden Osteoperiosti¬ 
tiden der langen Röhrenknochen und die Geschwüre und Perforationen 
der Rachen- und Mundhöhle. 

Brandt betrachtet die Hutchinson’schen Zähne als kein be¬ 
sonderes diagnostisches Moment für congenitale Syphilis. 

Im Schlusswort betont Silex, dass die von ihm aufgestellte Trias 
nicht bloss als Ganzes, sondern auch in ihren Theilen für Lues charak¬ 
teristisch ist. 0. Rosenthal (Berlin). 

Hochsinger, Carl. Eine neue Theorie der congenital¬ 
syphilitischen Frühbehandlung. Vortrag gehalten im Wiener 
Med. Club am 26. Mai 1897. 

C. Hochsinger macht zunächst in ausführlicher Weise auf die 
Eigentümlichkeit der Orgsnveränderungen hereditär-syphilitischer Neu- 


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der Syphilis. 


299 


geborener aufmerksam. Auf Grund zahlreicher eigener klinischer Be¬ 
obachtangen und mehr als ein Dutzend Sectionsergebnissen, die auch mit 
den Resultaten der von Kassowitz gemachten 30 Obduetionen heredi- 
tärsy politischer Todtgeburten übereinstiramen, kommt der Autor zu dem 
klinisch bereits seit jeher bekannten Erfahrungssatze: dass die patho¬ 
logischen Veränderungen der congenitalen Lues Neugeborener regel¬ 
mässig in diffusen, zeitigen Gewebsinfiltrationcn bestehen. Ausnahms¬ 
weise finden sich innerhalb der letzteren auch circumscripte knotige 
Herde (Syphilome) doch weit seltener als man nach den Ergebnissen 
der Literatur vermuthen möchte, da offenbar tuberculöse Affectionen 
wenigstens in früheren Jahren für bereditärsyphilitiselie angesehen wurden. 
Die genannte diffuse Zellinfiltration nimmt an manchen Orten eine flächen¬ 
hafte Ausbreitung an, insbesondere häufig an der Plantar- und Palmar¬ 
haut. Mikroskopisch lässt sich, am besten mit der Unna’schen Plasma¬ 
zellenfärbung, eine ausnahmslos zuerst in der Höhe des Scbweissdrüsen- 
lagers auftretende Zellinfiltration nach weisen, die von den Blutgefässen, 
Wundernetzen, sowie von dem periadventitiellen Gefüge der kleinsten 
Arteriolen und postcapillaren Venen des cutanen Gefässbauraes ausgeht. 
Diese diffusen Entzündungen trifft man auch an anderen Orten der Haut, 
ausschliesslich aber dort, wo bereits Drüsengewebe und reichliche Vascu¬ 
larisation gebildet, respective vorhanden ist. Viel intensiver spielt sich 
dieser Process in allen exquisit drüsigen Organen u. zw. in jedem Falle 
in der Leber c cf. des Autors Arbeit über Lebersyphilis. Wiener 
med. Wochenschrift. 1896) in etwa l /i der Fälle, auch im Gewebe der 
Lungen, Nieren und des Pancreas ab. Hochsinger erklärt sich diese 
regelmässige, zeitliche und nahezu typische Differenz im Auftreten der 
syphilitischen Infiltrationen in den einzelnen Organen auf entwicklungs¬ 
geschichtlichem Wege. So beruht das regelmässig zu beobachtende erste 
Auftreten der specifischen Infiltration in der Leber darauf, dass die 
Drüsenacini und Drüsencapillaren dieses Organes am frühesten u. zw. 
schon im zweiten Lunarmonate des Fötallebens fertig entwickelt sind 
und in Function treten. Die nun beginnende Saftströmung, der rege 
Kreislauf daselbst bedingt auch an diesen Stellen die erste Localisation 
des Virus der Lues. Dasselbe finde nun je nach Massgabe des Vorhanden¬ 
seins von functionirendem Drüs.nparenchim etwas später in anderen 
Visceralorganen statt. Z. B. in der Lunge, Darm etc. Damit erklärt 
sich die Thatsache, dass erst im siebenten Lunarmonate die entzündlichen 
Veränderungen in den Epipbyscen auftreten, da hier erst um diese Zeit 
oder nur wenig früher das Knochenwachsthum, beziehungsweise die er¬ 
höhte Vascularisation und Saftströmung in diesem Antheile der Knochen 
Platz greift. 

Ebenso erkläre sich die erst sehr späte Localisation der entzünd¬ 
lichen Veränderungen in der Haut, da deren Drusenapparat erst relativ 
sehr spät zur Entwickelung, Vascularisation und Function gelange. Der 
Thatsache entsprechend, dass sich Schweissdrüsenanlagen überhaupt nicht 
vor dem fünften Lunarmonate vorfinden, am zeitlichsten jedoch in der 


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Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete 


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Haut der Planta pedis und vola manu« vorhanden sind, welche ja über¬ 
haupt auch im extrauterinen Leben der Neugeborenen am reichlichsten 
vasculanisirt ist, erklärt sieb auch das besonders intensive und relativ 
am zeitlichsten auftretende Erscheinen diffuser ausnahmsweise aber auch 
circumscripter (Pemphigus syph. neonatorum) specifischer Infiltration der 
Hände an diesen Stellen bei congenitaler Syphilis Neugeborener. 

Hochsinger behauptet schliesslich, dass es keine Erscheinungs¬ 
form im Verlaufe der hereditären Lues gäbe, die nicht nach seiner ent¬ 
wicklungsgeschichtlichen Theorie erklärt werden könnte. Ob die hier 
angeführten Thatsachen zum Theil auch früher schon bekannt waren oder 
nicht, jedesfalls muss es als ein grosses Verdienst Hochsinger’s und 
Kassowitz anerkannt werden, durch das Erheben einer grösseren Reihe 
systematischer, anatomischer Befunde einer schon a priori sehr wahr¬ 
scheinlichen, von denkenden Syphilidologen längst schon ins Auge ge¬ 
fassten Erklärungsweise des eigenthümlichen Verlaufes hereditärer Syphilis 
Neugeborener gegenüber dem Verlaufe der Syphilis bei Erwachsenen 
auch wissenschaftlichen Grund und Boden geliefert zu haben. 

Karl Ul 1 mann (Wien). 

Lang, E. Die Bedeutung der präventiven Therapie bei 
Syphilis. Wiener klinische Rundschau. Nr. 1. 1897. 

Lang sieht auf Grund seiner klinischen Erfahrungen eine milde 
präventive Behandlung als die beste Methode an, später erfolgende lue¬ 
tische Betheiligung der Nerveneentra möglichst zu verhindern. Er wendet 
sich bei dieser Gelegenheit gegen die Art der Verwerthung statistischer 
Daten, wie sie von manchen Neurologen z. B. Storbeck (Tabes dors. 
und Syph. Zeitschrift f. klin. Medicin, Bd. 29) mitunter gebraucht wird, 
um die von vielen Aerzten und Forschern gewiss mit Recht angenommene, 
so überaus wichtige ursächliche Betheiligung der Lues beim Zustande¬ 
kommen von Nervendegenerationen als eine unwesentliche und nur zu¬ 
fällig einmal vorhandene hinzustellen. — Lang verweist diesbezüglich 
auf die so oft bemerkte Unverlässlichkeit der Anamnese und citirt als 
Beitrag hiefür die werthvolle Arbeit Adolf HirschPs, die sich aus dem 
Materiale von L a n g’s Abtbeilung selbst aufbaut, und in der Hirschl bei 
einem grossen klinischen Materiale nachwies, dass sich in 36*5% der 
Fälle sicherer gummöser Lues in der betreffenden sorgfältig erhobenen 
Anamnesen kein Anhaltspunkt für die syphiiit Infection zu finden war. 

Karl Ullmann (Wien). 

Leistikow, L. Ueber Jodvasogen als Ersatz für den 
inneren Gebrauch der Jodsalze. Monatshefte für prakt. Derma¬ 
tologie. Bd. XXIII. 

Leistikow versuchte Einreibungen mit Jodvasogen als Ersatz 
der innerlich verabreichten Jodpräparate. Die Application geschah in 
ganz ähnlicher Weise wie bei der Hg-Inunctionscur, tägliche Ein¬ 
reibungen mit 3 Gr. eines 6% Jodvasogen. Von den so behandelten 
15 Fällen von tertiärer Lues wurde in 11 Fällen Heilung, beziehungs¬ 
weise deutliche Besserung erzielt, während bei 4 Fällen heftiger Nasen-, 


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der Syphilis. 


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respective Kachenkatarrh die Einreibungen sistiren liess. Verf. kommt 
zu dem Schlüsse, dass das Jodvasogen einen, wenn auch nicht voll¬ 
kommenen, so doch guten Ersatz des innerlichen Gebrauches der Jod¬ 
salze darstellt, besonders in denjenigen Fallen, in welchen heftige ent¬ 
zündliche Reaction auf interne Jodsalzmedication zwingt, mit derselben 
auszusetzen. Ludwig Waelsch (Prag). 

Lieven, A. Casuistischer Beitrag zur Lehre von den 
Mercurialerkrankungen. Monatshefte für prakt. Dermatologie. 
Bd. XXIV. 

Es handelte sich um einen kräftigen Patienten, der 1893 Lues 
acquirirte, und wegen hartnäckigen Recidiven eine ausgiebige Hg-Cur in 
Verbindung mit Schwefelbädern durchgemacht hatte. 24 Jahre vorher 
hatte Pat. eine Verstauchung eines Fusses erlitten, und war es beim 
Neuauftreten von Recidiven seiner Lues immer zu Schmerzen in der 
Gegend der Achillessehnen gekommen. Gelegentlich des letzten Reci- 
dives entstand daselbst spontan ein Bluterguss. Verf. bezieht die Ent¬ 
stehung des letzteren auf eine Herabsetzung der Widerstandsfähigkeit 
der Blutgeiasswandungen in Folge des Quecksilbergebrauches, die sich 
an dem durch das vorausgegangene Trauma gesetzten Locus minoris 
resistentiae entwickelte. Ludwig Waelsch (Prag). 

Majocchi, D. Ueber die Anwendung de9 Jodolpflasters 
bei einigen venerisch-syphilitischen Krankheiten. Monats¬ 
hefte f. prakt. Dermatologie. Bd. XXIV. 

Als Vorzüge des Jodolpflasters rühmt Majocchi, dass es auch 
bei äusseren Entzündungserscheinungen gut vertragen wird und dabei 
schmerzlindernd und beruhigend wirkt, dass es die Epidermis nicht 
marceriert,die Applicationsdauer in Folge dessen lange Zeit, bis 12 Tage, 
währen kann, und endlich, dass es sehr gut haftet. Auf Grund seiner 
Versuche an einer grossen Zahl von Fällen kommt er zu dem Schlüsse, 
dass wir im Jodolpflaster ein vorzügliches, rasch antiphlogistisch und 
resolvirend wirkendes Mittel besitzen, das gewöhnlich in zwei ver¬ 
schiedenen, untereinander von einer Stillstandsphase getrennten Perioden 
seine Wirkung äusseit, bei acuten und chronischen Entzündungs¬ 
geschwülsten sich empfiehlt, hauptsächlich bei Adenitiden, Pariadenitiden, 
Epididymitiden und Orchioepididymitiden. Die Anwendung des Jodol¬ 
pflasters hat die bestimmte Indication bei einfachen Entzündungs¬ 
processen gegenüber der des Quecksilberpflasters, das mehr bei speci- 
fischen Entzündungen angezeigt ist. Ludwig Waelsch (Prag). 

Neumann, J. Wann hat man mit der Mercurialbehand- 
lung der Syphilis zu beginnen. Referat, welches für den inter¬ 
nationalen medic. Congress in Moskau bestimmt war. Wiener klinische 
Rundschau. Nr. 97—98. 1897. 

Neumann beantwortet hier die oft discutirte Frage über den 
zweckmässigsten Zeitpunkt des Beginnes der mercuriellen Behandlung 
bei Syphilis in dem Sinne, dass er sich ganz entschieden gegen die 


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Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete 


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mercurielle Präventivbehandlung ausspricht, da diese die constitutionell- 
sj'philitische Erkrankung nicht oder nur ganz ausnahmsweise (in einer 
eigenen Versuchsreihe seiner Klinik, einmal unter 100 Fällen) auf die 
Dauer inhibirt. Bei dieser Gelegenheit bekennt sich der Autor abermals 
als überzeugter Vertreter der nur symptomatisch durchzuführenden Hg- 
und Jod-Curen und gegen die Ausübung der chronisch intermittirenden 
Behandlung. Vergleichende statistiche Resultate zwischen beiden Be¬ 
handlungsmethoden führt der Autor an dieser Stelle nicht an. 

Karl Uli mann (Wien). 

Schwimmer. Zur Bedeutung der Präventivbehandlung 
für die späteren Stadien des Syphilisverlaufes. Referat er¬ 
stattet am Moskauer medic. Congress 1897. Wiener med. Presse, Nr. 43. 
1897. (Ausführliche Mittheilung siehe Congressbericht, Archiv für Der¬ 
matologie und Syphilis.) 

Schwimmer bekennt sich in diesem Vortrage abermals als eifriger 
und überzeugter Verfechter der präventiven und prolongirten Hg-Behand- 
lung und motivirt diese Ansicht mit dem günstigen Ergebnisse aus¬ 
gedehnter vergleichender Untersuchungen über den Syphilisverlauf, sowie 
mit dem verschiedenen Verhalten des Nervensystems und des Blutes im 
weiteren Verlaufe der Syphilis bei Kranken, die erst nach dem Ausbruch 
der ersten deutlichen Allgemeinerscheinungen mercurialisirt gegenüber 
dem bei solchen Kranken, die nach der althergebrachten symptomatischen 
Methode behandelt wurden. Die diesbetreffenden grundlegenden Unter¬ 
suchungen sind den Lesern dieses Archivs (siehe Deutsch Archiv für 
Derm. 1894, Bd. 28, pag. 223 u. Justus, Ueber Blutuntersuchungen bei 
Syphilis, Congressbericht über den Grazer Congress der Deutsch. Derm. 
Ges. erschienen 1897) bereits bekannt. Karl Ullmann (Wien). 

Welander, Eduard. Einige Untersuchungen über Jod 
und Quecksilber. Wiener klinische Rundschau. Nr. 29—32. 1897. 

Welander berichtet über eine grosse Reihe von Untersuchungen, 
die er zu dem Zwecke ausgeführt hatte, um sich über die zeitlichen Ver¬ 
hältnisse der Resorption und Elimination vou Jod und Quecksilber durch 
den menschlichen Organismus genau zu orientiren. Er untersuchte zu 
diesem Beliufe nicht nur Urin, Speichel, Milch, sondern auch Eiter von 
Bubonen, Ilydrocelenserum, seröse Gelenksexsudate, sowie Secrete eitriger 
Urethritiden, endlich auch das Blut zahlreicher Syphilitiker, die vorher 
theils unmittelbar, theils vor längerer Zeit die genannten beiden Medi- 
camente und zwar jeweilig das eine oder das andere in verschiedener 
DoBirung erhalten hatten. 

W. schliesst aus den Resultaten dieser Untersuchungen auf die 
Raschheit der Elimination resorbirter Jodmengen aus dem Blute durch 
den Harn, beziehungsweise durch den Speichel und das Secret drüsiger 
Organe überhaupt 

Schon wenige Stunden nach der Einnahme einer Dosis Jodkali 
von 1*0 Gr. per os ist dieses im Urin nachweisbar, aber schon wenige Tage 
nachher ist dies nicht mehr der Fall und hat das Jod den Körper schon 


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der Syphilis. 


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wieder verlassen. Dieser nur so kurze passagere Verbleib der Jod¬ 
präparate verhindert wenigstens bei Anwendung kleinerer Dosen den 
Uebertritt in Hydrocelenflüssigkeit oder andere pathologische Producte, 
soweit diese nicht auch durch Drüsenzellen abgesondert werden. 

Erst bei Verabreichung sehr grosser Dosen oder der Verabreichung 
von Jod durch längere Zeit, demnach bei langem Aufenthalte grösserer 
Jodmengen im Blute, geht das Medieament auch in pathologische Pro- 
ducte über. Es unterscheidet sich demnach in dieser Beziehung das Jod 
sehr wesentlich von Quecksilber, welches, wie auch immer applicirt, stets 
zum allergrössten Theile durch Darm und Fäces und Urin, dagegen fast 
gar nicht durch Speichel oder sonstiges Drüsensecret, Eiter etc. zur 
Ausscheidung gelangt. Der Hauptunterschied liegt aber in der langen 
Remanenz des Quecksilbers im Blute und in den Geweben und der damit 
verbundenen, auch nur sehr langsam und allmälig erfolgenden Ausscheidung 
aus dem Körper. Will man z. B. auf hartnäckige syphilitische Producte 
intensiv und nachhaltig ein wirken, so soll man dementsprechend sowohl 
längere Zeit hindurch kleine Mengen von Quecksilberpräparaten als auch 
gleichzeitig noch grössere Mengen von Jodkali oder anderen Jodsalzen 
geben. W. erzielt auch mit diesem Traitement mixte schon seit langer 
Zeit stets relativ die besten Erfolge. Zur Präventiv-Behandlung der 
Syphilis eignet sich ferner das Hg viel besser als das viel zu flüchtig 
wirkende Jod. Karl Ullmann (Wien). 

Zeisl, M. v. Zur Therapie der Syphilis. Nach einem an 
dem XII. intern, med. Congress zu Moskau gehaltenen Vortrag. Wiener 
med. Presse. Nr. 47. 1897. 

v. Zeisl bespricht die Frage über den zweckmässigsten Zeitpunkt 
für den Beginn der Syphilis-Allgemeinbehandlung und wendet sich, ohne 
in dieser oft berührten Frage Neues zu bringen, nur auf seine eigenen, 
Hermann v. Zeisl’s und Kaposi’s Erfahrungen sich berufend, gegen 
die präventive wie prolongirte Behandlung der Syphilis insbesondere, 
wenn diese eine mercurielle ist. Karl Ullmann (Wien). 

Werner, J. Beiträge zur Behandlung der Blennorrhoe. 
Monatshefte f. prakt. Dermatologie Bd. XXIII. 

Werner berichtet über 88 Fälle von Blennorrhoe, welche er mit 
Spülungen von 1%? nach 5 Tagen 2% Ichthyollösung behandelte. Diese 
Spülungen wurden bei Urethritis anterior mit 250—300 Cm 1 bei 1*0 bis 
1*20 M. Druckhöhe mittelst eines gewöhnlichen Irrigators vorgenommen, 
der am Ende des Gummischlauches einen eichelförmigen Ansatz trägt. 
Bei Ur. posterior wurden 2—3mal mit 100 Cm* unten höherem Druck die 
Urethra posterior und Blase bespült. Die Spülungen wurden einmal 
täglich (Mittags) vorgenommen, neben Injectionen einer ‘AVoigen Ichthyol¬ 
lösung mit einer einfachen Tripperspritze Morgens und Abends. 

Die Erfolge waren sehr gute, indem von 82 derart behandelten 
Trippern (20 Urethr. ant., 62 posterior, darunter 35 Epididymitiden) nur 
hei 10 eine Heilung sich nicht erreichen Hess. Als geheilt betrachtet 
Werner jene Fälle, bei welchen nach 24stündigem Aus9etzen der Therapie 


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Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete 


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1. keine merkliche Secretion der Harnröhre mehr stattfindet, 2. der in 
2 Portionen aufgefangene Harn fadenfrei ist, 3. keine Gonococcen in den 
Tripperfäden sich nachweisen liessen. Die endgiltige Heilung erfolgte 
bei Urethritis ant. durchschnittlich nach 17 Spülungen, bei Ur. posterior 
nach 19*.?. Innerhalb der ersten Woche verschwanden die Gonococcen 
in 55’2% der Fälle, in 12*2% liessen sie sich noch nach der 20. Spülung 
nachweisen. 

Bei 6 Fällen von acutem Blasencatarrh konnte Verf. ebenfalls durch 
Ichthyolspülungen, theils mit, theils ohne Verwendung eines Catheters, 
Heilung erzielen. Ludwig Waelsch (Prag). 

Uilmann, Karl. Zur präventiven, abortiven und Früh¬ 
behandlung des acuten Harnröhrentrippers. (Wiener Medic. 
Blätter 1897, Nr. 43—46.) 

Uilmann gibt in zusammenfassender Darstellung seine Erfah¬ 
rungen über die modernen Methoden der Gonorrhoetherapie. Er bekennt 
sich als ein eifriger Anhänger der Anschauungen Neisser’s, demnach als 
eifriger Verfechter einer möglichst frühzeitig angewendeten, causalen, 
topischen Behandlung acuter Gonorrhoen. Die gegenüber der Gonorrhoe 
anzuwendenden Massregeln sind dreifacher Art. Je nach dem Stadium 
des Infectionsverlaufes dienen dieselben a) präventiven, ö) abortiven und 
r) den Zwecken der Frühbehandlung. Von präventiver (zum Unterschiede 
von prophylaktischer) Behandlung kann nach dem Autor nur insolange ge¬ 
sprochen werden, als das Virus (freie oder in Epithel- und Eiterzellen 
eingeschlossene Gonococcen) wohl schon in die Harnröhre eingedrungen 
ist, aber in der Schleimhaut derselben noch nicht organisch Wurzel ge¬ 
fasst hat. Von den diesbezüglich bis heute gemachten anatomischen Er¬ 
fahrungen legt der Autor insbesondere auf die Versuche von Finger.- 
Gohn und Schlagenhaufer aus dem Wiener pathologischen Institute 
Gewicht, welche darthun, dass die Gonococcen bereits innerhalb einer 
Zeit von 33 Stunden, vielleicht noch früher organisch Wurzel gefasst 
haben, indem sie das Harnröhrenepithel der Fossa navicularis durch¬ 
wandern und im subepithelialen Gewebe erscheinen. 

Derartige anatomisch-bakteriologische Befunde machen es begreif¬ 
lich, warum mit den verschiedenen bis jetzt bekannten Abortivmethoden, 
selbst wenn dieselben noch so frühzeitig angewendet werden, in der 
Mehrzahl der Fälle keine günstigen Erfolge erzielt wurden. Die Patienten 
erscheinen eben meist erst dann, wenn die Infection der Tiefe nach die 
Dicke des Epithels, der Fläche nach die Fossa navicularis bereits über¬ 
schritten hat, gewöhnlich erst nach dem Eintreten einer eiterigen 
Secretion. Hier aber ist erfahrungsgemäss jede abortive Behandlung ohne 
Aussicht auf Erfolg, ja oft nur schädlich und es kommt nur mehr 
eine passende, auf die mögliche ehethunlichste Vernichtung der Gono¬ 
coccen durch specifische Mittel gerichtete Therapie in Betracht In einer 
grossen Anzahl von Fällen, circa 300, die theils der Privat-, theils der 
poliklinischen Praxis entstammen, hat sich dem Autor zu diesem Zwecke 
das von Liebrecht und Höhmann 1894 dargestellte und zuerst von J adas- 


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der Syphilis. 


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sohn, klinisch von Meyer bakteriologisch erprobte und empfohlene Ar¬ 
gonin (Argentum Casein) sehr gut bewährt. Die specifisch Gonococcen 
tödtende Wirkung dieses Mittels, verbunden mit dessen Reizlosigkeit, 
lässt dasselbe zur Anwendung bei allen gonococcenhältigen acuten 
Catarrhen indieirt erscheinen, und sieht sich der Autor diesbezüglich in 
Uebereinstimmung mit den seinerzeit von R. Mayer, Jadassohn u. A. 
aufgestellten Behauptungen. Ganz besonders bewährte sich das Mittel dem 
Autor bei mehreren Fällen acuter Cystitis mit Prostataschwellung. Hier 
beseitigten täglich ausg^führte Injectionen von circa 25 Gr. einer 3 bis 
10% Argoninlösung mittels Guyon’s Catheter in die leere Blase, gewöhn¬ 
lich durchschnittlich zwischen 10 — 14 Tagen, oft aber schon in noch viel 
kürzerer Zeit sämmtliche Entzündungserscheinungen. 

Niemals sah der Autor dabei die sonst so oft im Gefolge anderer 
Localtherapie beobachteten Erscheinungen wie Tenesraus, Hämorrhagien 
oder Schmerz auftreten. Ebenso wie bei der Behandlung der acuten 
Gonorrhoe der Pars anterior, zu welcher der Autor stets von 1 bis zu 
5% steigende Argoninlösungen verwendete, legt derselbe auch bei der 
Behandlung der Pars posterior und Blase auf den langen Contact der 
Flüssigkeit mit der erkrankten Schleimhaut grosses Gewicht, und 
empfiehlt dementsprechend die prolongirten Injectionen im Sinne 
Neisser’s. 

Nach dem Verschwinden der Gonococcen aus dem bereits spärlich 
auftretenden Secret der Harnröhre, beziehungsweise Blase, verwendet der 
Autor rein adstringirende Lösungen, insbesondere Zincum sulfocarboli- 
cum, Z. hypermanganicum auch wohl Cuprum sulfuricum, die er je nach 
der Wahl des Mittels in verschieden starken Concentrationeu uud je nach 
der Localisation der Erkrankung mit verschiedenen Instrumenten (ein¬ 
fache 8—10 Gr. fassende Tripperspritzen, Ultzmann’s oder Guyon’s In 
stillationscatheter) applicirt. 

Die Janet’sche Methode der Behandlung acuter Urethritis mittels 
der sogenannten hohen Harnröhren, respective Blasenwaschungen mit 
Kali hypermanganicum in steigenden Concentrationen hält der Autor 
nach seinen Erfahrungen für zu umständlich, zu oft von Complicationen 
gefolgt und dementsprechend nur in der Spitalspraxis durchführbar. Ob 
dieses Verfahren, schon in der allerersten Zeit nach der Infection ange¬ 
wendet, auch die ihm nachgerühmten abortiven Erfolge wirklich besitzt, 
kann der Autor aus eigener Erfahrung nicht bestätigen. 

Zum Zwecke abortiver Therapie verwendete der Autor seitdem 
Jahre 1893 in den ihm dazu geeignet erscheinenden Fällen eine einmalige 
Injection von 2% Argentumnitricumlösung, deren Einwirkuug er durch 
passende Compression der Harnröhre auf den vordersten circa 4 Cm. 
langen Abschnitt der letzteren beschränkt. Die Injection wird mittelst 
einer Glasspritze fortgesetzt, bis die Flüssigkeit die Wand der Harnröhre 
deutlich aufbläht, so dass alle Nischen und Recessus in derselben sicher 
verstrichen sind. 

Archiv f. Dermat. u. Syphilis. Band XLV1. 20 


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30t; 


Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete 


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Die Compression wird entweder manuell durch Fingerdruck oder 
durch ein elastisches Band besorgt, die Flüssigkeit wird 3 Minuten in 
der Harnröhre belassen. Die nach dieser Procedur mitunter auftreten¬ 
den Reizerscheinungen, wie brennender Schmerz, ödematöse Schwellung 
sind selten sehr bedeutend und erforderten ausser Ruhe, kalten Um¬ 
schlägen auf den Penis und innerlich verabreichten leichten Narcoticis 
in keinem seiner (32) derart behandelten Falle irgend welche beson¬ 
derer Massnahmen. Niemals sah der Autor davon irgend welche Com- 
plicationen, Epididymitis, Periurethritis anterior oder anderer entstehen. 

Von den genannten 32 Fällen sind 12 wirklich abortiv verlaufen, 
d. h. es waren bei den betreffenden Kranken schon nach 24 Stunden 
keine Gonococcen im Secrete nachzuweisen, das Secret verschwand im 
Verlaufe der nächsten 3—4 Tage vollständig, und ohne dass 
in späterer Zeit ein Recidiv gefolgt wäre. Bei drei Fällen zeigte sich 
trotz Fortbestehens von Eiterung und Gonococcen ein, gegenüber dem 
normalen Decursus und bei sonst gleicher Therapie entschieden auffallend 
milder und kurzer, 10 — 12 Tage währender Verlauf. Diesen 12, be¬ 
ziehungsweise 15 positiven stehen 17 negative Resultate gegenüber, 
negativ insoferne, als es hier ceteris paribus zu einem von dem gewöhn¬ 
lichen Verlaufe des acuten Trippers nicht wesentlich abweichenden Bilde, 
mit der Ausbildung eines Stadiums der Acme mit diffuser Schleimhaut¬ 
schwellung, leichtem Oedem der Glans und des Präputiums, profuser 
Eiterung, später bei Rückgang der Seeretion auch Ergriffenwerden der 
pars posterior (6), in einigen Fällen auch Hinzutreten von Epididymitis (3) 
oder Prostatitis und Cystitis (1) kam. Die obgenannten entzündlichen 
Complicationen waren stets nach mehreren Wochen, nie im Anschluss 
an die starke Lapisiujection aufgetreten, so dass sie mit dieser in keinem 
directen Zusammenhang steheu. Der Autor wählte zu dieser Art der 
abortiven Behandlung nur solche Tripperfalle aus, die erst 2—3, höch¬ 
stens 4 —5 Tage vor dem Eintritte in die Behandlung acquirirt worden 
waren, aber auch diese nur dann, wenn ausser den subjectiven Symp¬ 
tomen von Kitzeln und Brennen nur geringes mucöses oder mucös-puru- 
lentes Secret sich gezeigt hatte. Natürlich sieht man solche Fälle ins¬ 
besondere als erstmalige Infection sehr selten. Stets ist die Diagnose 
der etablirten Infektion vorerst durch den zweifellosen Gonocoecennach- 
weis zu führen, wo Secret vorhanden in diesem, wo nicht, in dem ad 
hoc eventuell unter Cocainanästhesie mittels eines scharfen Löffelchens 
excochleirten Epithels der Fossa navicularis. Es genügt zu einer par¬ 
tiellen Excochleatiuü vollkommen die Bepiuselung der klaffenden Urethral - 
mündung mit 5% Cocainlüsung oder die Einlage eines damit getränkten 
und etwas cxprimirlen Wattetampons. 

Dem nahe liegenden Einwand, es könnte sich bei den hier be¬ 
sprochenen Fällen von erfolgreicher Abortivbehandlung nicht durchaus 
um frische Infectionen, sondern nur oder theilweise um Recidiven ( Auto- 
infectionen aus der Tiefe) älterer chronischer Tripper handeln, wird vom 
Autor von vorne herein dadurch begegnet, dass er in jedem einzelnen 
Falle sich nicht nur auf die genaue Anamnese beschränkte, sondern auch 
den makroskopischen Irin-, sowie den mikroskopischen Secret befand ge- 


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der Syphilis. 


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nau vor und während der Behandlung erhob. Wie selten die Indication 
zu einem derartigen Abortivverfahren sich ergibt, d. h. wie selten die 
Patienten in einem so frühen Stadium post Infectionem bereits zur Be¬ 
handlung erscheinen, zeigt sich am besten daraus, dass der Autor seit 
dem Jahre 1892 bis jetzt in die letzte Zeit nur 32 unter mehr als 300 
acnten Tripperfallen die demselben in seiner poliklinischen und privaten 
Praxis begegneten, dazu für geeignet halten konnte. In einer nun fol¬ 
genden Tabelle sind die auf diese Weise abortiv geheilten, sowie die 17 
protraliirt verlaufenden (mit negativem Erfolge behandelten) Fälle in 
Bezug auf die Anzahl der Stunden beziehungsweise Tage, die post Infec- 
tiouem bis zur Lapisinjection verflossen waren, angeführt, und ergibt 
sich aus dieser Tabelle Folgendes: 

Gruppe I: 

Incnbationßdauer von 2 Tagen oder darunter 7 positive Erfolge 
abort. Heilungen), 4 negative (protrahirter Verlauf), also Verhält¬ 
nis s 7 : 4. 

Gruppe II: 

lncubationsdauer von 2 bis circa 3 Tagen, 3 positive Erfolge 
abort. Heilungen), 5 negative, also Verhältnis 3:5. 

Gruppe III: 

lncubationsdauer 4—5 Tage, 2 positive Erfolge, 8 negative, also 
Verhältniss 2 : 8. 

Es geht aus dieser Zusammenstellung mit Deutlichkeit hervor, wie 
sich mit jedem Tage längerer Incubation beziehungsweise des weiteren 
Eindringens der Gonococcen der Tiefe und Fläche nach die Chance eines 
Erfolges abortiver Behandlung wesentlich verringert. 

Bei der relativen Häufigkeit länger als 4—5 Tage dauernder Iucu- 
bation, wie sie Finger, Eisenmann, Holder, Lanz u. A.zusammen¬ 
gestellt haben, wäre nach dem Autor in Zukunft doch auch bei etwas 
längerer lncubationsdauer eine Abortivbehandlung zu versuchen, freilich 
jedoch nur in solchen Fällen, wo der klinisch-mikroskopische Befund 
(geringes noch mucöses Secret, vorwaltend aus Epithelien, zum gering¬ 
sten Theil aus Eiterzellen bestehend, die Gonococcen frei oder nur in 
Epithelien, nicht im Eiter) dafür spricht, dass die Infection nur noch 
auf das Epithel der Fossa navicularis beschränkt ist. Der Autor erhofft 
sich von der abortiven Therapie erst dann praktisch in Betracht kom¬ 
mende Erfolge, wenn erstens es der Chemie gelingt, solche specifisch 
Gonococcen tödtende Mittel zu erzeugen, die bei mächtiger Tiefen¬ 
wirkung eine verhältnissmässig geringe Eiweiss fallende, schorfbildende, 
Schmerz verursachende Wirkung auf die Schleimhaut ausüben, zweitens 
wenn die auf den ausserehelichen Verkehr angewiesenen Individuen in 
passender Weise durch ihren Hausarzt von der Existenz derartiger Mittel 
und abortiver Methoden in Kenntniss gesetzt werden. 

So lange aber derartige sicher wirkende und nicht Schmerz ver¬ 
ursachende Mittel und Methoden zur Abortivbehandlung nicht existiren, 

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Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete 


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empfiehlt der Autor ein von ihm durch die letzten 2 Jahre erprobtes 
und mit sehr gutem Erfolge angewendetes präventives Verfahren, 
nämlich Injectionen von schwachen Sublimatlösungen, 1*0 : 10*000, die mit 
Natr. bicarbonicum 3*0: 100*0 alkalisch gemacht wurden. Zahlreiche 
Versuche an der Abtheilung Prof. Lang’s sowie an seiner Privatklientel, 
überzeugten den Autor, dass eine derartige Lösung auf die Schleimhaut 
nicht reizend wirkt, andererseits konnte der Autor experimentell erheben, 
dass frischer virulenter Gonococceneiter schon nach einem nur 2 Minuten 
währendem Contact mit der genannten Lösung seine Virulenz völlig ver¬ 
liert. (Versuche auf Blutagar, Versuche mit in Eprouvetten, in Sublimat¬ 
lösung aufgeschwemmtem Trippereiter.) Der Autor glaubt sich nun auf 
Grund dieser beiden Prämissen zu dem Schlüsse berechtigt, dass eine in 
die männliche Harnröhre gemachte präventive Sublimatlösunginjection 
schon in der genannten geringen und nicht reizenden Concentration un¬ 
mittelbar oder möglichst unmittelbar innerhalb der ersten 6 Stunden post 
Coitum einmal ausgeführt, in den nächsten Stunden nach Thunlichkeit 
ein zweites, eventuell drittes Mal wiederholt, eine nicht reizende, nicht 
schmerzhafte, die Leibwäsche nicht dauernd verunreinigende und dennoch 
Gonococcen tödtende, also die Infection verhindernde Wirkung ausübe. 

Seine bisherige, allerdings nicht allzureiche statistische Erfahrung 
bei der Privatklientel der letzten beiden Jahre scheint dem¬ 
selben die gute Wirksamkeit dieses präventiven Verfahrens gegen¬ 
über der Gonorrhoe zu bestätigen, vor allem aber die leichte und schmerz¬ 
lose Durchführbarkeit ausser Zweifel zu stellen. Da es selbstverständ¬ 
lich hauptsächlich darauf ankommt, dass die präventiven Injectionen 
möglichst frühzeitig post Coitum, am besten unmittelbar nach demselben 
gemacht werden, empfiehlt der Autor zu diesem Zwecke ein passendes, 
leicht portatives und zerlegbares Etui, das Spritze, Lösung und Glas- 
geiäss (in zwei Grössen, 40 oder 60 Gr. fassend) in einer bequem ad- 
justirten Hartgummihülse zusammen enthält. Das Etui wird von J. 
Leiter in Wien mit Glasspritzen von 6 oder 8 Gr. Inhalt hergestellt. 

Der Umstand, dass die Sublimatlösung nur mit Glasbestandtheilen 
in Contact bleibt, verhindert, dass sich dieselbe selbst während längeren 
Verweilens im gefüllten Etui, eventuell auch durch Monate, in ihrer 
Concentration ändert und so wirkungslos wird. Der Gebrauch derartiger 
Sublimatinjectionen empfiehlt sich auch für solche chronische Tripper¬ 
fälle, bei denen trotz woeben- und monatelangen Freibleibens von Sym¬ 
ptomen, erfahrung8gemäss beim ersten Coitus, nach Pollutionen, heftigen 
körperlichen Anstrengungen das Wiederauftreten von Secret an dem 
Orificium die Verallgemeinerung des Processes von irgend einem Punkte 
der Tiefe (Littre’sche Drüsen, Morgagni’sche Lacunen, Prostata etc.) 
her auf die gesammte Schleimhaut der Harnröhre anzeigt. In manchen 
Fällen sah der Autor schon nach wenigen Injectionen der genannten 
präventiven Lösung die wiederaufgetretene Secretion dauernd sistiren, 
beziehungsweise die Gonococcen aber auch andere Bakterien (Bacterium 
coli, Stabchenbakterien) aus dem Secrete schwinden. (Autoreferat.) 


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der Syphilis. 


309 


Valerio, N. Alcune osservazioni cliniche sul processo 
Blenorragico. Giornale ital. delle malattie veneree e della pelle. Anno 
XXXII 1897. fase. I., pag. 21. 

Valerio bringt eine Reihe statistischer Angaben über 
die Gonorrhoe des Mannes, welche auf einem Krankenmateriale von 820 
Fällen begründet sind. Die Incubation währt nach ihm 2—5, in der 
Mehrzahl der Fälle 3—4 Tage; die Durchschnittszahl ist unbedeutend 
grösser als die von Finger angegebene. Bei 6*41 % trat die Erkrankung 
schon 24 St. post infectionem in Erscheinung. Ein directes Verhältniss 
zwischen Heftigkeit der Erkrankung und Dauer der Incubation (je heftiger 
die Erkrankung, desto kürzer auch die Incubation) konnte V. nicht be¬ 
stätigen. Ebenso steht die Häufigkeit des Auftretens schmerzhafter 
Erectionen in keinem constanten Verhältnisse zur Dauer der Incubation, 
oder zur Heftigkeit der Erkrankung, ebensowenig zum Alter des Patienten, 
doch scheint die Beschäftigung einen Einfluss darauf auszuüben. Die 
Gonorrhoe tritt in der warmen Jahreshälfte häufiger auf als in der kalten, 
doch ist der Januar reicher an Gonorrhoen als die übrigen Monate seiner 
Jahreshälfte, was V. durch äussere Umstände zu erklären sucht. In der 
kalten Jahreszeit herrschen die kürzeren Incubationsperioden vor, jedoch 
findet sich da auch die grössere Zahl der seltenen sehr langen Incubations¬ 
perioden, während in der warmen Jahreszeit die mittellangen vorherrschen. 
Die Zahl der Epididymitiden ist in den Wintermonaten am geringsten. 
V. geht in seiner Arbeit noch auf Schwankungen der verschiedenen Zahlen 
in den einzelnen Jahreszeiten und Monaten näher ein, und bringt für 
dieselben Erklärungsversuche. Uns erscheint jedoch das Materiale für 
derartig eingehende Behandlung noch nicht auszureichen. 

Spietschka (Prag). 

Wandless, Henry, W. Gonorrheal Ophthalmia; Report of 
a Gase. Journ. of the Amer. Med. Ass. (Chicago). Januar 23. 1897. 

Wandless hält einen Fall von Blennorrhoe bei einem jungen Mann 
deshalb für bemerkenswerth, weil er enorm rapid und heftig einsetzte 
und zur Ausheilung nur eine einzige Anwendung 8%iger Höllenstein¬ 
lösung bedurfte. Die Krankengeschichte ergibt allerdings noch die An¬ 
wendung von Sublimat und anderen Mitteln. 

Felix Loewenhardt (Breslau). 

Wertheim, E. InderFrankfurter Gonorrhoedebatte. Cen¬ 
tralblatt für Gynäkologie. 1896, Nr. 48. 

Wertheim wendet sich gegen die Behauptung Bumm’s auf der 
Frankfurter Naturforscher-Versammlung, dass der Gonococcus ein reiner 
Schleimhautparasit sei. An der Thatsache, dass dieselben in das sub¬ 
epitheliale Bindegewebe eindringen, ist nicht zu zweifeln. Er kommt zu 
dem Schluss, dass der Gonococcus kein reiner Schleimhautparasit ist, 
weil er auch in anderen Geweben sich einzunisten, sich zu vermehren 
undReaction hervorzurufen vermag. Theodor Baer (Frankfurt a. M.). 


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310 


Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete 


Ogllvif, George. The excoptions to Colles’s law. Royal 
Medical and Chirurgical Society. London. Ref. The Brit. Med. Journ. 
1. Febr. 1896 und The Lancet. 1. Febr. 1896. 

Ogilvie berichtet, dass die Zahl der bisher als Ausnahmen vom 
Colles’schen Gesetze veröffentlichten Fälle ungefähr 20 betrage, die 
aber in ihrer Bedeutung für die Entscheidung der Frage sehr verschieden 
seien. Er legt die Bedingungen dar, die erfüllt sein müssen, um einen 
Fall dieser Art als einwandsfrei hinstellen zu können. Solche Fälle gibt 
es aber thatsächlich. Zwei von ihnen wählt Vortr. zur Mittheilung aus, 
den einen, weil er bisher unvollständig bekannt war, den anderen, weil 
er bisher gänzlich übersehen worden war. Fälle dieser Art müssen selten 
sein, selbst wenn die Thatsache, die sie uns lehrt, nicht so ausserordent¬ 
lich selten einträte. Andere anerkannte Thatsaehen in der Lehre von 
der Syphilis beruhen nicht auf besseren Beweisen. Die Infection einer 
Amme, sei es nun die Mutter oder eine andere, durch ein congenital syphi¬ 
litisches Kind scheint ganz selten zu sein. Ueber diesen Punkt sind aller¬ 
dings die Meinungen sehr getheilt. Die Frage kann nur gelöst werden 
durch eine Sammelforschung, die sich zu erstrecken hätte über die Ent¬ 
bindungsschulen, Kinderhospitälor und Findelhäuser, nicht aber durch die 
Erfahrung der Syphilidologen. Vortr. bespricht dann die praktischen 
und theoretischen Folgerungen aus dem Colles’schen Gesetze. Sie 
fielen in dem Augenblick, als die Ausnahmen festgestellt wurden. Das 
Gegenstück zum Colles'schen Gesetze, das auswärts als „Profeta’s 
Gesetz“ bekannt ist, steht sogar auf schwächeren Füssen. Gesund geborene 
Kinder syphilitischer Mütter sind nicht nothwendigerweise immun gegen 
die Krankheit der Mutter. Die Thatsache, dass die infeetiöse Krankheit 
der Mutter nicht eine Infection des Kindes oder Immunität des gesunden 
Kindes in sich schliesst — obwohl die Krankheit bei der Mutter in einer 
Schwangerschaftsperiode auftrat, die weder zu früh noch zu spät zur 
Uebertragung war — steht in Uebereinstimmung mit unseren Erfahrungen 
über Krankheiten. Wenn man die Immunität annimmt über die Krank¬ 
heit des Kindes oder der Mutter hinauB und sie auf die Kranheit im 
Allgemeinen ausdehnt, so kann man das Falsche der beiden sogenannten 
Gesetze durch die Fälle beweisen, bei denen die Mutter eines congenital 
syphilitischen Kindes sich kurz vor oder nach der Entbindung frische 
Syphilis zuzog. Vortr. schliesst, indem er der Gesellschaft einige Fragen 
vorlegt, die die Basis für eine Sammelforschung bilden können. 

Jonathan Hutchinson bemerkt als Vorsitzender, dass die 
Gesellschaft zwar mit Vergnügen eine auch kühne Kritik allgemein ange¬ 
nommener Lehren höre, er persönlich stimme aber den Ansichten des 
Vortragende nicht bei. Das Wort „Gesetz“ lasse Ausnahmen zu und 
sage in der Medicin nur, dass nach einer bestimmten Richtung 
gesetzmässige. Giltigkeit bestehe, aber nicht eine absolute. Er verstehe 
unter Colles’s Gesetz, dass ein Kind, dessen Mutter durch einen syphi¬ 
litischen Gatten geschwängert worden sei, diese so beeinflusse, dass es 
sie für Syphilis in einem vom normalen ganz abweichenden Grade em- 


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der Syphilis. 


311 


pfanglich mache — es übertrage nämlich auf sie eine „erworbene Immu¬ 
nität“. Ogilvie dehne aber den Sinn des Wortes Immunität zu weit 
aus, während Immunität in der Medicin doch nur ein relativer, kein 
absoluter Begriff sei, so dass viele Ausnahmen existirten. Dies stimme 
ebenso für Pocken wie für Syphilis. Die Immunität könne durch ver¬ 
schiedene Ursachen abgeschwächt und zerstört werden. Einmaliges Er¬ 
griffensein von Syphilis schütze nicht absolut gegen eine zweite Erkran¬ 
kung, und bisweilen werden Patienten kurz nach der ersten Er¬ 
krankung zum zweiten Male inficirt. Er habe einen zweiten indurirten 
Schanker innerhalb eines Jahres nach dem ersten auftreten sehen, und 
doch nehme ihm dies nicht seinen Glauben an die Wahrheit des Ge¬ 
setzes, dass einmalige lnfection mit Syphilis gegen eine zweite schütze. 
Seine Annahme, dass die Mutter etwas vom Foetus empfange, dass sie 
in ihrem Verhalten so abweichen lasse, wenn sie dem Syphilisgift ausge¬ 
setzt werde, werde bestätigt durch die Seltenheit der Ausnahmen; wenn 
nämlich Colles’s Gesetz nicht richtig wäre, müsste die lnfection der 
Mutter viel häufiger sein. Er habe eine geringe Zahl von Fällen von 
Schanker der Brustwarze bei denen gesehen, die, ohne die Mütter zu 
sein, syphilitische Kinder gesäugt hatten; er habe aber nicht einen ein¬ 
zigen Fall gesehen, bei dem eine Mutter durch Säugen ihre9 syphiliti¬ 
schen Kindes inficirt worden sei. Individuelle Erfahrung solcher nega¬ 
tiven Art sei werthvoll, besonders wenn sie durch Kliniker wie Four- 
nier und andere auf dem Continent gestützt würde. Die Frage sei nun> 
ob unser praktisches Verhalten mit Rücksicht auf die zweifellos eintre¬ 
tenden Ausnahmen geäudert werden sollte, denn alle, die über diesen 
Gegenstand geschrieben haben, lassen Ausnahmen zu, und diese würde er 
als zweite Attaquen einer primären Syphilis ansehen. Aber nichts könne 
uns veranlassen, unsere Instructionen für die Patienten zu ändern, im 
Gegentheil, wir können ihnen versichern, dass sie ungefährdet seien, lin 
Interesse des Kindes liege es, ihm nicht die günstigeren Lebenschancen 
zu versagen, die durch das Säugen der Mutter gegeben seien. 

Savill zieht eine Parallele zwischen Pocken und Syphilis. Bei 
Fällen, die er während der Epidemie in Warrington gesehen habe 
sei durch die Pockenerkrankung Schwangerer die Empfänglichkeit ihrer 
lynder sowohl für diese Krankheit als auch für die Vaccination modificirt 
worden. Dies sei die Umkehrung des Co Ile suchen Gesetzes. Ogilvie 
habe Ausnahmen festgestellt, und wenige solche Beispiele genügten, um 
die Anwendung des Gesetzes auf die tägliche Praxis ungiltig zu machen. 
Eine Sammelforschung nach dem vom Vortr. festgestellten Entwurf würde 
werthvolle Resultate ergeben. 

C o 11 e r e 11 bestreitet, dass die beiden von Ogilvie angeführten 
Fälle zweifellose Ausnahmen von Colles ? s Gesetz seien, ln dem einen 
war der Vater 11 Jahre frei von Syphilis und sollte doch ein syphiliti¬ 
sches Kind gezeugt haben; in dem anderen Falle hatte das Kind offenbar 
einen Pemphigus, der syphilitisch sein sollte; aber ein pemphigus syphi¬ 
liticus entwickelt sich selten später als in der ersten Woche nach der 


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Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete 


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Geburt. Andererseits stelle Pemphigus eine schwere Vergiftung durch 
Syphilis dar und doch heilten die Läsionen des Kindes in 10 Tagen, ob¬ 
wohl nur die Mutter behandelt wurde. Sicherlich hatten beide Mütter 
Syphilis; dass sie aber durch ihre Kinder inficirt worden seien, erscheint 
nicht genügend nachgewiesen. 

Lees hat nie eine Ausnahme des Colles’schen Gesetzes gesehen. 
Er habe einmal ein Kind gesehen, das damals an hereditärer Syphilis zu 
leiden schien und die Mutter mit einem Schanker an der Brust inficirte 
und ausserdem eine Schwester, die es küsste, aber es stellte sich später 
heraus, dass das Kind an acquirirter nicht hereditärer Syphilis 
litt und mit dieser Auffassung stimmte Hutchinson überein. Die 
Ausnahmen vom Gesetze sucht er zu erklären durch ein rasches Abnehmen 
der Immunität. Er hält es für wichtig, vom Standpunkt der Wohlfahrt 
der inficirten Kinder, nicht zu verhindern, dass sie von ihren Müttern 
gesäugt würden, weil einige wenige, nicht einmal sichere, Ausnahmen 
vorkämen. 

T. Colcott Fox hat ebenfalls nie eine Ausnahme vom Co 11 es’schen 
Gesetz gesehen. Allerdings wolle er bemerken, dass 11 Jahre nach der 
Infection es noch sehr w’ohl möglich sei, dass ein Vater syphilitische 
Kinder erzeuge. In einem Falle, in dem der Vater syphilitisch war, 
während die Mutter nie ein Sjunptom dargeboten hatte, wurden 12 Kinder 
geboren, die alle Zeichen von Syphilis aufwiesen, und zwar war das 
jüngste Kind am schwersten erkrankt. Der Vater hatte die Fähigkeit, 
seine Kinder zu inficiren, 20 Jahre lang bewahrt. Ferner kann Pemphigus 
sicher jederzeit während der ersten Wochen auftreten. Wichtig aber sei 
es, dass der Mund bei congenitaler Syphilis selten ergriffen sei, und 
dies erkläre vielleicht die Thatsache, dass die Brust der Mutter so selten 
inficirt werde. Eine grosse Zahl von Frauen biete tertiäre Laesionen 
dar, ohne dass man anamnestisch eine Infection nachweisen könnte; er 
nehme an, dass sie durch die Placenta hindurch bei zahlreichen 
Schwangerschaften inficirt worden seien und zwar mit einer abge¬ 
schwächten Form der Syphilis. 

Coutts erklärt, dass eine Umfrage unter den Aerzten des Shad- 
well-Kinde rhospitales nur 3 Ausnahmen vom Co 11 es’schen Gesetze 
constatiren liess, ausser jenem zweifelhaften Falle, den er in der Lanc^t 
(9. Juni 1894) veröffentlicht habe. 

R. W. Parker führte Stellen aus Coli es’ Originalschriften an, 
um zu zeigen, dass dieser das, was man jetzt ein Gesetz nenne, als ab¬ 
solut geltend und ohne Ausnahme angesehen habe. Es sei in der Dis- 
cussion gesagt worden, dass Ammen selten der Infection durch syphi¬ 
litische Kinder ausgesetzt würden, aber in der armen Bevölkerung, die 
im „East London Hospital für Kinder“ verkehre, komme es sehr 
häufig vor, dass eine Mutter syphilitische Kinder stille, die nicht ihr 
gehörten, und doch habe er nie einen Fall gefunden, in dem solche 
Mütter oder andere Kinder durch ein congenital syphilitisches Kind infi¬ 
cirt worden seien. Er stimme hier mit Fox überein, dass der Mund 


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der Syphilis. 


313 


eines congenital syphilitischen Kindes gewöhnlich nicht erkrankt sei. 
Coli es habe den äusserst contagiösen Charakter der congenitalen Sy¬ 
philis stark hervorgehoben, was mit seiner Erfahrung eben nicht über¬ 
einstimme. Vielleicht habe sich der Typus der Krankheit geändert. 

0 g i 1 v i e bemerkt im Schlusswort, dass Ausnahmen vom C o 11 e s’schen 
Gesetze in England zwar etwas Ungewöhnliches, aber durchaus nichts 
Neues seien. Ein kleines, im Jahre 1557 veröffentlichtes Werk enthalte 
die Erzählung, dass ein Kind zuerst seine Amme und dann die Mutter 
inficirt habe. Das seltene, nur in 8 Exemplaren vorhandene Buch über¬ 
weist Vortr. der Bibliothek der Gesellschaft. 1877 habe ein Chirurg be¬ 
hauptet, dass Colles’s Gesetz nicht nur ausnahmlos gütig sei, dass es 
sogar einer weiteren Ausdehnung fähig sei, da Mütter nicht nur gegen 
die congenitale, sondern auch gegen die acquirirte Syphilis ihrer eigenen 
Kinder immun seien. — Er leugne nun nicht, dass innerhalb gewisser 
Grenzen eine Immunität bestehe, aber die Ausnahmen sollten unser Ver¬ 
halten in dieser trage leiten. 1871 habe Hutchinson die Aufmerk¬ 
samkeit auf die Impfsyphilis gelenkt und auf die Gefahren ihrer Ueber- 
tragung; in ähnlicher Weise habe er die Aufmerksamkeit auf die Infec- 
tionsgefahr zu lenken gewünscht, der sich Mütter aussetzten, die ihre 
syphilitischen Kinder stillten. 

Alfred Sternthal (Braunschweig). 

Pic und Ptery. Fall von Hemiplegia spastica infantilis 
hereditär syphilitischen Ursprungs. Die hereditäre Syphilis und 
die infantilen spastisch-paralytischen Affectionen. La province medicale. 
Nr. 23, Juni 1893. 

Der Fall betrifft ein 18 Jahre altes Mädchen, welches seit dem 
8. Lebensjahre an einer spastischen Hemiplegie leidet. Später traten 
Hemiathetose und epileptische Anfalle zu dem ursprünglichen Krankheits¬ 
bild. Eine specifische Behandlung bewirkte eine bedeutende Besserung 
des Allgemeinbefindensj die epileptischen Anfälle hörten auch auf. Die 
hereditäre Syphilis konnte sicher nachgewiesen werden. Nach den Autoren 
muss bei der infantilen spastischen Hemiplegie der syphilitischen Infection 
eine hervorragende ätiologische Rolle zugeschrieben werden. 

P. Rona (Berlin). 

Robinson. Sifilide congenita del testicolo. (Societa di 
patologia di Londra, Sitz. v. 3. März 1896.) La Riforma med. 1896, 
Nr. 63, pag. 751. 

Rob inson fand bei der Obduction eines 10 Wochen alten conge¬ 
nital luetischen Kindes interstitielle Orchitis und Epididymitis. 

F. Münchheimer (Kolberg). 

Shaw-Mackenzie, John A. Maternal syphilis. The Lancet 
18. April 1896. 

Shaw-Mackenzie wendet sich in einer Zuschrift an die Re¬ 
daction der „Lancet“ gegen die Darstellung von Coutts (vergl. Referat), 
„dass alle Beobachter darin übereinstimmten, dass ein sehr grosser Theil 
der Mütter von syphilitischen Kindern auch nach lange fortgesetztem 


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Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete 


sorgfältigem Suchen keine Anzeichen der Krankheit darbieten tf . Er ist 
vielmehr der Ansicht, dass schlechter Gesundheitszustand bei Frauen, die 
eine syphilitische Frucht geboren haben resp. abortirten, viel häufiger ist 
als man gewöhnlich annimmt. Dieser Zustand äussert sich in Schwäche, 
allgemeinem, schlechten Befinden, schweren Kopfschmerzen, Verlust oder 
Dünnerwerden des Haares, Gesehw'üren im Rachen, Ausschlägen, Psoriasis 
palmaris, Subinvolution und Prolaps, Leucorrhoe und Hyperämie der 
Vaginalschleimhaut, Menorrhagien, Erosionen am Os uteri, Endometritis, 
chronischen Erkrankungen der Ovarien und Tuben und oberflächlichen Ge¬ 
schwüren des Anus und Afl’ectionen des Rectum; ferner in Gummata 
und Erkrankungen der Knochen und des Nervensystems. Verf. meint, 
dass in jedem Falle von Syphilis beim Foetus diese von der Mutter 
herrühre. Zum Schlüsse wendet er sich dagegen, dass Diday’s „Gesetz 
der Abschwächung des syphilitischen Virus“ durch Antitoxinwirkung er¬ 
klärt werde; er hält die Theorie von der Elimination der Syphilis durch 
die Haut und Secrete aufrecht. Alfred Sternthal (Braunschweig). 


Therapie der Syphilis. 

Babon, M. J. L’etat gastriquedessyphilitiquestraites. 
Gastropathie medicamenteuse syphilitique. Annales de dermatologie et 
de syphiligrapbie Tome VII Nr. 5, Mai 1896, pag. 703. 

Babon’s Arbeit ist aus Fournier’s Klinik und Laboratorium 
hervorgegangen. Darin liegt das Interessante, dass F. sich anscheinend 
von der internen Behandlung der Syphilis abwendet. Er bezeichnet den 
bei Syphilitikern durch innere Darreichung des Hg besonders, z. Th. auch 
des JKa. hervorgerufenen gastrischen Störungen als „Gastropathie m6di- 
camenteuse“. Unter acht chemisch untersuchten Fällen fand sich 6mal 
Hypopepsie. Dass dieselben nicht der Syphilis, sondern dem Medicament 
zuzuschreiben sind, geht daraus hervor, dass bei Aussetzen des Medi- 
caments (innerlich) die Beschwerden aufhören, bei weiterer Darreichung 
(innerlich) fortbestehen und sich verschlimmern. Druck nach den Mahl¬ 
zeiten, Aufgetriebensein des Bauches, Mattigkeit, Schläfrigkeit, Schwindel, 
Trübung des Gesichts, Schmerz im Mageü, Aufstosscn sind die subjectiven 
Symptome. 

Audi die Mundaffeetionen im Gefolge übertriebenen Mercurgenusses 
stören die Verdauungsthätigkeit. Die Therapie der Gastropathie muss 
deshalb sowohl die Mundpflege, wie die Regelung der Diät im Auge 
behalten. „Kranke, welche mit Injektion von Hg-Salzen behandelt werden, 
haben uns niemals derartige Klagen vorgebracht.“ 

E. von Düring (Constantinopel). 

Darling, A. S. The ser um treatment of syphilis. The 
Brit. Med. Journ., 8. Führ. 1696. 


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der Syphilis. 


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Barling theilt einen Fall syphilitischen Schaukers mit, der, nach¬ 
dem Roseola, Rachenerscheinungen und Knochenschmerzen aufgetreten 
waren, einen phagedaenischen Charakter annahm. Trotz interner Behand¬ 
lung mit Hydrargyrum cum creta und localer Behandlung mit Salpeter¬ 
säure, später mit lotio nigra und Jodoform, trat kein Stillstand des Pro- 
cesses ein, vielmehr wurden V 3 der ganzen Dicke des Gliedes ergriffen, 
während sich das Geschwür um den halben Umfang des Penis erstreckte. 
Es wurden nun am 31. Becember 1 Ccm., am 1. Januar 1896 2 Ccm., 
am 2. Januar 3 und am 3. Januar 4 Ccm. des Serum antisyphiliticum 
von Burroughs, Wellcome und Co injicirt, worauf am 6. Januar 
eine gut granulirende Fläche vorlag und der Allgemeiuzustand des Pa¬ 
tienten sich gebessert hatte. Am 25. Januar stellte sich der Kranke ge¬ 
heilt vor und hatte an Gewicht zugenommen. Verf. glaubt, dass das 
Serum in diesem schweren Falle gut gewirkt habe. 

Alfred Stern thal (Braunschweig). 

Bossard, August. Ueber seltene Formen der Queck¬ 
silber-Vergiftung. Dermatologische Zeitschrift, 1897, Band IV, 
Heft 1. 

Bossard beschreibt die bei den verschiedenen Einverleibungs¬ 
arten des Quecksilbers in den Organismus zutage tretenden Quecksilber- 
Exantheme geordnet nach ihren kliuischen Erscheinungsformen u. z. die 
Folliculitis in usu mercurii, die erythematösen Formen, als da sind das 
scarlatinöse Erythem, die Urticaria, Formen mit erysipelatösem Charakters 
die Roseola, Rubeola und Erythema gyratum, ferner das Quecksilber- 
Ekzem in seinen verschiedenen Formen, dann die mercurielle Purpura 
und den Pemphigus. Jede Gruppe erscheint belegt mit Fällen aus der 
Literatur, einzelne auch mit selbst beobachteten Krankheitsfällen. Den 
Schluss der auf breiter Basis angelegten Arbeit bildet eine Beschreibung 
der Quecksilber-Exantheme. Gustav Tandler (Prag). 

Buret, F. Contribution au trait ementdes syphilides 
cutanees. La France medieale. 44, Nr. 31, p. 481, 30. Juli 1897. 

Buret sah bei einem Patienten, der eine Reihe von Jahren ver¬ 
geblich intern mit Quecksilber behandelt war, nach wenigen Injectionen 
ein Syphilid der Flachhand und Fusssohle, sowie die seit kürzerer Zeit 
bestehende Zungenaffection erstaunlich schnell heilen. Ebenso half in 
2 Fällen, bei denen die innere Quecksilbermedication versagt hatte, die 
locale Anwendung von grauer 8albe in wenigen Tagen. 

Löweulieim (Breslau). 

Chenal. De la benzo-iodliydrine com me succedane de 
c’iodure de potassium. Paris, H. Jouve 1896. Ref. in La France 
medieale Nr. 11, 1897. 

Chenal empfiehlt das Benzo-jodhydrine, welches in seiner Wir¬ 
kung dem Jodkali entsprechen soll, in Fällen, in denen eine Jodmedi- 
eation angezeigt ist, zu versuchen. Der Vortheil des Präparates liegt 
darin, dass es in geringeren Dosen wie Jodkali wirksam ist, da es lang- 


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31 ö Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete 

samer ausgeschieden wird. Ob es auch in der Dauerwirkung mit dem 
Jodkali concurriren kann, muss erst die Zukunft lehren. 

Ferdinand Epstein (Breslau). 

Eudlitz in Paris. Die subcutane Behandlung der Sy¬ 
philis. Allgemein. Wiener med. Zeitung. 1896, Nr. 31. 

Eudlitz gibt ein allgemeines Resume über die Arten der Sy¬ 
philisbehandlung, wie sie bisher in Paris üblich waren. Verf. macht 
darauf aufmerksam, dass man bereits allmälig die in Italien und Deutsch¬ 
land längst allgemein geübte Injectionsmethode nun auch in Frankreich 
allgemein aufgenommen habe. Das Resultat der Verhandlungen der 
französischen Societe für Syphilidologie scheine Folgendes zu ergeben: 

1. Die hypodermatische Behandlung setzt den Kranken höchstens 
unbedenklichen Localerscheinungen aus. 

2. Dieselbe ist in schweren Fällen als die wirksamste Methode 
anderen vorzuziehen. 

3. Calomel steht bezüglich der Wirkung in der Reihe der injicir- 
baren Quecksilberpräparate obenan. 

4. In gewöhnlichen Syphilisfallen sind bisher die üblichen Methoden 
(externe und interne) den Injectionen vorzuziehen. Ullmann (Wien). 

Fournier, A. La scclta di un trattamento mercurial e. 
Gazzetta degli ospedali e delle cliniche, 1897, p. 852. 

Fournier bespricht in klinischer Vorlesung die verschiedenen 
Methoden der Hg-Behandlung, ihre Vorzüge und Nachtheile und gibt an 
Beispielen Anhaltspunkte für die Auswahl der für jeden Fall passenden 
Art. Als schwächste, aber in den meisten Fällen angenehmste Methode 
ist die innerliche Verabreichung zu betrachten. Sie findet ihre Contra - 
indication in Störungen der Verdauung und des Allgemeinbefindens, 
welche es wünschenswerth erscheinen lassen, den Magen für die Auf¬ 
nahme anderer Medicamente frei zu halten. Ganz besonders eignet sich 
die innere Hg-Einverleibung für die intermittirende Behandlung der Syphilis. 
Stärker als Hg-Pillen und Hg-Mixturen ist der Effect der Hg-Einreibun- 
gen, unangenehmer indess sind diese durch die leicht r eintretende Sto¬ 
matitis und durch die Unmöglichkeit einer Geheimhaltung. Von den 
Injectionsmethoden hat die löslicher Salze den Nachtheil der täglichen 
Conferenz zwischen Krankem und Arzt, bereitet, namentlich in späterer 
Zeit der Behandlung, Schmerzen und ist deshalb für die intermittirende, 
jahrelange Behandlung undurchführbar. Der letztere Vorwurf trifft auch 
die wirksamste aller Hg-Applicationen, die Injectionen unlöslicher Ver¬ 
bindungen, denen ausserdem noch die Gefahr, schwere Stomatitiden zu 
verursachen, anhängt. Es ist nöthig, für jeden Fall die passendste Me¬ 
thode auszuwählen, erstens nach dem Allgemeinzustand des Kranken und 
der Schwere der Affection, zweitens nach empirisch gewonnenen Regeln 
für welches Organ eine jede der 3 Methoden als wirksamste betrachtet 
werden muss, Regeln, die noch nicht für alle Affectionen und alle Organe 
mit Sicherheit ausprobirt sind. Felix Pinkus (Breslau). 


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der Syphilis. 


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Frey, Heinrich. Die Wandlungen der Schmiercur und 
die neueste Modification derselben. Inaug.-Diss. Bern 1896. 

Nach einer gedrängten Geschichte der Schmiercur bei Syphilis 
beschreibt Frey die neueste Modification derselben: die Ueberstreichung 
nach Welander. Er gibt derselben vor allen anderen Methoden unbe¬ 
dingt den Vorzug, weil diese Application der Mercurialsalbe unverhält- 
nissinässig einfacher ist als die grosse Energie und Zeit beanspruchenden 
Einreibungen, ein Umsfand, der nicht nur in der Spital-, sondern speciell 
in der Privat-Praxis zur Durchführung einer regelrechten Schmiercur 
von grossem Vortheil ist. Auch ist der bedeutend geringere Hautreiz 
bei den Ueberstreichungen gewiss nicht zu unterschätzen, sowie auch der 
Umstand, dass bei Gehirnsyphilis, sowie auch bei anderweitig schwer 
erkrankten Patienten eine energische Mercurialcur mit Ueberstreichungen 
statt der alten Einreibungen sehr viel leichter angewendet werden kann. 

Ed. Oppenheimer (Strassburg). 

tiuiteras, Ramon. The general Treatment of Syphilis in 
private Practive. New-York Med. Journ. LXIII, p. 804. 20. Juni 1896. 

Guiteras empfiehlt für die Behandlung des Primäraffectes be¬ 
sonders lotio nigra oder ein aus Acid. boric., Bismuth und Calomel 
bestehendes Pulver. Die Allgemeinbehandlung beginnt erst nach dem 
Auftreten der secundären Erscheinungen und besteht im 1. Jahre aus 
Quecksilber, vorzugsweise Pillen von Hydr. protoiodur. oder tannicum, 
und im 2. Jahre aus Hyd. bijodat mit kleinen Dosen Jod („mixed treat- 
ment“). Für die tertiären Erscheinungen zieht er massige Dosen von 
Jodkalium in Verbindung mit Hydrargyrura den grossen Dosen von Jod¬ 
kalium vor. Hermann G. Klotz (New-York). 

Koppenhagen, Benno. Ueber operative Behandlung der 
primären Syphilis. Inaug.-Diss. Würzburg 1895. 

Koppenhagen stellt sich auf den Standpunkt, dass die syphili¬ 
tische Initialsclerose eine locale Erkrankung darstellt, und hält es daher 
vom theoretischen Standpunkte aus für nicht zweifelhaft, dass eine ra- 
dicale Zerstörung des localen Infectionsherdes eine ideale Abortivcur 
sein würde, durch welche der Ausbruch secundärer und tertiärer Er¬ 
krankungsformen verhindert werde. Er ist in Folge dessen natürlich 
auch Anhänger der Excision der Sclerose. Die beigefügte Statistik der 
bisher publicirten Excisionen sowie eine Reihe neuer Fälle bringen nichts 
Unbekanntes. Ed. Oppenheimer (Strassburg). 

Maunino, Lorenzo. — La cura intensa applicata contro 
la Sifilide findall’ iüizio della seconda incubazione. Gior- 
nale italiano delle malattie veneree e della pelle. Anno XXXI, 1896. 
Fase. I, pag. 60. 

Mannino hat von der frühzeitigen energischen Behandlung der 
Syphilis so ausgezeichnete Resultate bei einer 8jährigen Erfahrung er¬ 
halten, so dass, wie er sich ausdrückt, die Syphilis einen schrecklichen 
Schlag bekommen würde, wenn alle Aerzte dieselbe nach seiner Art be¬ 
handeln würden. Er applicirt das Quecksilber nach der Methode von 


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Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete 


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Searenzio-Smirnoff d. i. 10 Cgr. Calomelar». vapor. par. auf 1 Gr. 
mit etwas Wasser verdünnten Glycerines mittele der Pravaz’schen Spritze 
ad nates intramuskulär injicirt. Die erste Injection wird sofort applicirt, 
sobald die Sclerose manifest geworden ist. Dann folgen 8 Injectionen 
jeden 15. Tag, dann 4 jeden 20. Tag, dann jeden Monat eine bis 9 Mo¬ 
nate oder ein Jahr verstrichen sind. Dann folgt eine Pause, in welcher 
Jodkali gegeben wird, dann verabreicht er in irgend einer Form per os, 
um nach einer abermaligen Pause mit Jodkali nochmals Quecksilber 
innerlich zu geben, bis zum Ablaufe des 2. oder 3. Jahres. 

Unter dieser Behandlung tritt Anfangs eine leichte Verschlech¬ 
terung des Allgemeinbefindens ein, welche aber nach kurzer Zeit einem 
dauernden Wohlbefinden weicht. Der Primäraffect schwindet nach 3 bis 

4 Monaten vollständig; die regionären Lymphdrüsen erlangen in der¬ 

selben Zeit ihre normale Beschaffenheit wieder; andereDrüsenschwellungen, 
die aber selten auftrcten, schwinden in kürzester Zeit. Die localen 
Schmerzen nach den Injectionen stehen in keinem Verhältnisse zu dem 
Vortheile, den der Patient durch dieselben erhält. Manchmal hatte er 
grössere Anschwellungen an der Injectionsstelle, selten Abscesse, welche 
gespalten, rasch heilten. Stomatitis ist selten, zwingt aber die Cur einige 
Zeit auszusetzen, was aber für die Patienten keinen Nachtheil bringt. 
Bei keinem einzigen der so behandelten Patienten sah er weitere syphi¬ 
litische Erscheinungen auftreten; die Frauen der später verheirateten 
Patienten blieben gesund und hatten gesunde, starke Kinder. Bei we¬ 
nigen Patienten, die die Cur gegen seinen Willen vorzeitig unterbrochen 
hatten, traten ganz leichte Erscheinungen auf, die einer neuerlichen Be¬ 
handlung rasch wichen. Diese Behandlung entspricht mit ihren Erfolgen 
allen Anforderungen, welche man an eine Therapie der Syphilis stellen 
kann. Spietschka (Prag). 

Marmonier. Traitement des syphilides secondaires 
par les fumigations de calorael. Communication faite an Comite 
medical des Bouches du Rhone. Journal des mal. cut. et syph. 1896, 
pag. 696. 

Marmonicr empfiehlt bei hartnäckigen localen Erscheinungen 
der Syphilis (Plaques muqueuses oder erosives der Mundhöhle, Papeln 
am After und Scrotum u. s. w.) die locale Application von Calomeldämpfen, 
die durch einen besonderen genau beschriebenen Apparat direct auf die 
erkrankten Stellen geleitet werden und nach seiner Meinung viel ener¬ 
gischer wirken, als Touchirungen mit Arg. nitr. Als Beweis führt er 
ganz kurz 2 Krankengeschichten (?) von Pat. an, bei denen nach 3, resp. 

5 Räucherungen die betr. Affeetionen völlig verschwunden waren. 

Paul Neisser (Beuthen 0. S.). 

Metzerott, John H. A populär Error in the Treatment 
of Syphilis. American Mcdico-Surgical Bulletin, New-York. Vol. X, 
Xr. 4. 1896. 

Metzerott hält die innerliche Behandlung mittelst Quecksilbers 
und den Jodpräparaten im Anfangsstadium einer Syphilis für unrichtig 


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der Syphilis. 


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und glaubt, dass die einzige richtige Behandlung in Quecksilberemrei- 
bungen besteht. Er ist überzeugt, dass tertiäre Symptome in 95*/ 0 der 
Fälle verhindert werden können, wenn die Inunetionsbehandlung sofort 
emgeleitet wird. Bei innerlicher Behandlung sind die späteren Resultate 
meist schlecht und tertiäre Symptome ausserordentlich häufig. Syphi¬ 
litische Reinfection hält Autor für gar nicht selten und glaubt, dass man 
viele hunderte von zweifellosen Fällen aus der Literatur zusammenstellen 
könnte. Er stellt folgende Punkte auf: 

1. Trotzdem es gelingt, die schlimmsten Ausbrüche der Krankheit 
fern zu halten, wird dieselbe häufiger. 

2. Die Zahl der unschuldigerweise acquirirten Fälle ist von 4 auf 
8 fl / 0 gestiegen. 

3 Neuere Forschungen zeigen, dass Syphilis der ätiologische Factor 
vieler Krankheiten ist, welche man früher als primär idiopathische 
Affectionen hielt. 

4. Nach - Erkrankungen kommen nach Syphilis häufiger vor als 
man allgemein annimmt. 

5. Es kommt tagtäglich vor, dass man Anzeichen von Syphilis post 
mortem in Fällen findet, welche intra vitam nicht diagnosticirt wurden. 

6. Tausende von Läsionen, welche als einfache Exeoriationen und 
weiche Schanker diagnosticirt wurden, erwiesen sich später als harte 
Schanker. 

7. Die durch diese Krankheit hervorgerufenen Läsionen sind der¬ 
art, dass sie die Entwicklung von Krebs begünstigen und eine grosse 
Anzahl Krebspatienten war früher syphilitisch. 

Louis Heitzmann (New-York). 

Müller-Kaimberg. Zur Serumtherapie der Syphilis. 
Ges. de Charite-Aerzte. Sitzung d. 6. Febr. 1896. Berl. klin. Wochen¬ 
schrift 1896, Nr. 25. 

Müller berichtet über die auf der Lewin’schen Abtheilung mit 
Pferdeserum bei 12 Syphilitischen gemachten Beobachtungen. Insgesammt 
wurden 245 Ccm. Serum mit einem Zusatz von 4—5°/ 0 Trikresol ver¬ 
braucht. Saoguis, Sacharum, Ilydrobilirubin oder Albumen wurden nicht 
im Urin gefunden. Die Erfolge waren negativ. Ein Uebelstand der 
Serumtherapie bestand in einer starken Urticaria. 

0. Rosenthal (Berlin). 

Mudd, William P. Excision of the Primary Lesion of 
Syphilis. The Medical News, New-York. Yol. 70. Nr. 14, 1897. 

Bei einem 50jährigen Mann, w elcher einen charakteristischen Prirnär- 
affeet hatte, excidirte Munn den Schanker am 4. oder 5. Tag nach dem 
Erscheinen desselben, und blieb Patient von secundären Erscheinungen 
vollkommen verschont. Er sah den Mann noch ein Jahr nach der In- 
fection und ist derselbe gesund. Er ist überzeugt, dass das Geschwür 
eine typische Sclerose war. Louis Heitzmann (New-York). 

Neisser. Syphilisbehandlung und Balneotherapie. (Berl. 
klin. Wochenschrift 1897, Nr. 16, 17.) 


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320 Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete der Syphilis. 


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Neis8er bespricht in eingehender, anregender Weise das Ver- 
hältni8s der Syphilisbehandlung zur Balneotherapie, indem er seinen Be¬ 
sprechungen seinen Standpunkt der chronisch-intermittirenden Behandlung 
zu Grunde legt. Im allgemeinen ist N. gegen die Anwendung jeglicher 
Art von Bädern bei der Schmiercur, da durch dieselben die Aufnahme 
des Hg auf dem Wege der Verdunstung verhindert wird. Besonders 
nachtheilig wirken hiebei die Schwefelbäder durch Bildung von Schwefel¬ 
quecksilber. Sonst aber spricht er sich zu Gunsten der Balneotherapie 
aus als eines mächtigen Unterstützungsmittels in der Behandlung der 
Syphilis. 0. Rosenthal (Berlin). 

Ottülcughi. Sul valore terapeutico del calomelano 
sommini strato con sostanze acide, salate od albuminos. 
Gazzetta medica di Torino 1897. III. p. 59. Referat aus Gazzetta degli 
Ospedali. I. 1897. 

Ottolenghi stellte fest, dass die toxische Dosis 6—8Cgr.für 1 Kg 
Hund sei. Salzsäure befördert nicht die Löslichkeit, wohl aber Albumin 
und Pepsin, wodurch es in Sublimat übergeführt werde. Salzsäure- 
Kochsalz-Zusatz steigert die Löslichkeit, da sie mit dem Körpereiweiss 
zusammen auf das Calomel wirken. 

Man soll daher namentlich in der Kinderpraxis Calomel nicht in 
Verbindung mit diesen oder ähnlichen Mitteln, sondern allein geben. 

Löwenheim (Breslau). 

Sabattoni. Sulla tossicitä del mercurio per iniezioni. 
Gazetta degli ospedali el delle cliniche. XVIII. Nr. 85. p. 896. 
18. Juli 1897. 

Sabattoni hat gelegentlich einer Arbeit über die Absorption des 
Quecksilbers auch Untersuchungen über die Toxicität dieses Metalls an¬ 
gestellt, indem er Hühnerembryonen, jungen Hühnern, Tauben, Ratten, 
Kaninchen und Hunden 0 05—1*0 Quecksilber einspritzte. Alle Thiere 
widerstanden der Vergiftung besser, als man hätte glauben sollen. Bei 
den Hunden trat nach Diarrhoen starke Abmagerung ein, Eiweiss konnte 
jedoch im Urin nicht nachgewiesen werden. 

Löwenheim (Breslau). 


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ArohiT f. Dermatol, u. Syphil. Band XLYI. 


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Aus der dermatologischen Abteilung des städtischen Kranken¬ 
hauses zn Frankfurt a. M. (Oberarzt Sr. Earl Herzheimer.) 


Ueber das Verhältniss der Darier’schen 
Krankheit zur Ichthyosis. 


Von 

Dr. Ernst Poctor, 

früherem Assistenzarzt, jetzigem Specialarzt für Hautkrankeiten zu 

Frankfurt a. M. 

(Hierzu Taf. XII u. XIII.) 


Seitdem Darier (1) und White (2) im Jahre 1889 die 
ersten Fälle der von Darier Psorospermose folliculaire vege- 
tante, von White Keratosis follicularis genannten Krankheit 
veröffentlichten, hat die Frage nach der Natur dieses Leidens 
bis in die neueste Zeit in den dermatologischen Zeitschriften 
eine gewisse Rolle gespielt. Darier hatte bei demselben eigen¬ 
tümliche Körperchen in der Epidermis gefunden, die er corps- 
ronds und grains nannte und als Psorospermien und wahr¬ 
scheinliche Erreger der von ihm beschriebenen Aflfection auf¬ 
fasste. In dieser Anschauung wurde er durch Lus tg arten, (3) 
Besnier, (4) Mansuroft (5) u. A. unterstützt, während die 
meisten späteren Untersucher, wie Bow.en (6), Buzzi(7), Bo eck 
(8),Piffar d(9), Petersen (10) etc. der Ansicht waren, dass die 
fraglichen Körperchen nur Degenerationsformen der Epidermis- 
zellen, Producte einer Parakeratose seien. Es gelang ihnen, 
Uebergangsformen zu den normalen Epidermiszellen nachzu¬ 
weisen und Buzzi fand ausserdem mit Hilfe von Verdauungs¬ 
versuchen, dass die sog. Psorospermien Keratin enthalten. 
Nachdem nun Darier (11) selbst in einer späteren Arbeit seine 
frühere Theorie aufgegeben hat und nunmehr die corps ronds 
und grains für Zellen erklärt, die eine abnorme Verhornung 

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durchgemacht haben, erscheint die Anschauung von der Psoro- 
spermiennatur derselben endgiltig beseitigt. Inzwischen ist 
durch die Veröffentlichungen von Joseph (12) und Neisser 
(13) über diesen Gegenstand eine andere Frage zur Discussion ge¬ 
stellt worden, nämlich die Frage der Stellung der Darier’schen 
Krankheit zur Ichthyosis. Zur weiteren Klarstellung dieses Ver¬ 
hältnisses sollen die folgenden 2 Fälle, von denen def eine in 
der Privatpraxis von Herrn Dr. Karl Herxheimer, der an¬ 
dere an der dermatologischen Abtheilung des städtischen Kran¬ 
kenhauses zu Frankfurt a. M. beobachtet wurde, einen Beitrag 
liefern. 

Fall I. Frau X., 38 Jahre alt, Bäckersfrau. 

Anamn. Pat. leidet seit ihrer Jugend an der jetzigen Haut¬ 
krankheit und wurde schon mehrfach deshalb ärztlich behandelt, aber 
ohne Erfolg. Es besteht massiges Jucken. Familienanamnese ohne Belang. 

Pat. ist ausser der Hauterkrankung an Tubercul. pulmon. erkrankt 
und war 2 Monate in der Heilanstalt Falkenstein i. T. deshalb in Be¬ 
handlung. Sie leidet noch etwas an Athemnoth, sowie an profusen Nacht* 
schweissen, fühlt sich aber im Allgemeinen wohler als früher, insbeson¬ 
dere hat das vorher vorhandene Blutspucken aufgehört. 

Stat. vom 2Ö./IV. 1892. 

Pat. ist von kleiner Statur, zeigt stark entwickelten Panniculus 
adiposus. Haar- und Hautfarbe sind dunkel, Iris braun. 

Die Kopfhaut ist mit trockenen Schüppchen bedeckt. (Pityriasis 
capitis.) 

Von der hier in Betracht kommenden Hautaffection sind ergriffen 
die Nasolabialfurchen, Achselhöhlen, Nabel und Unterbaachgegend, Ellen- 
und Leistenbeugen, Kniekehlen und rima ani. An den Na so labial¬ 
furchen Rind die Veränderungen sehr gering und beschränken sieb 
auf in den Furchen sitzende linienförmige Verdickungen der Hornschicht. 

In der Achselhöhle ist der vordere Rand an der Erkrankung 
betheiligt, und zwar finden sich hier isolirte Knötchen von klein 
Erbsengrösse, rundlicher bis polygonaler Gestalt, röthlicher Farbe, deren 
Hornbedeckung sich leicht abheben lässt oder schon verloren gegangen 
ist. Daneben sieht man in Streifen angeordnete Efflorescenzen, deren« 
Hornschicht stark verdickt und leicht abhebbar ist. Einzelne Streifen 
convergiren zu spitzen Winkeln. 

Ellbeugen, Leistenbeugen und Kniekehlen zeigen in der 
Läugsrichtung der betreffenden Extremität verlaufende Streifen von. 
gleicher Beschaffenheit, die unter spitzem Winkel zusammeolaufen, und 
deren Horndecke sich leicht abstreifen lasst. Primäre Knötchen sind 
hier kaum sichtbar, doch sind die Streifen offenbar aus der Confluenz 
solcher Knötchen hervorgegangen. Am unteren Drittel der Vorder- 


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Ueb. d. Verhältnis d. Darier’schen Krankheit zur Ichtyosis. 325 


arme und zwar an der Beugeseite derselben finden sich schwärzliche 
Hornauflagerungen, ebenso um den Nabel herum. 

In der Unterbauchgegend sind die oben beschriebenen pri¬ 
mären Knötchen sehr zahlreich, an manchen Stellen in Gruppen ange- 
ordnet und im Gegensatz zu den Knötchen an der Achselhöhle von mehr 
schmutziggrauem Aussehen. An einzelnen kleinen, umschriebenen Stellen 
sind die Knötchen zu Flächen confluirt, die fast den Eindruck eines Ec- 
zems hervorrufen würden, wenn man nicht noch die Entstehung aus ein¬ 
zelnen Knötchen erkennen könnte. 

An der rima ani finden sich dieselben Veränderungen, wie in 
den Nasolabialfurchen. Die Geschlechtstheile sind frei, ebenso die Fuss- 
soblen und Handteller. 

Pat. erschien nur einige Male in der Sprechstunde und konnte 
daher die geplante Behandlung mit Pyrogallussalbe nicht durchgefuhrt 
werden. 

Erst Anfang Juni 1898 stellte sich Pat. wieder in der Sprechstunde 
von Herrn Dr. Herxheimer vor. Die Lungentuberculose war nach 
einjährigem Aufenthalt in Falkenstein ausgeheilt. 1892 wurde Pat. 
wegen eines vereiterten Uterusfibroms operirt. 

Stat. von Anfang Juni 1898. 

Pat. ist von gut genährtem Aussehen. Sichtbare Schleimhäute nor¬ 
mal. Die Nägel der rechten Hand zeigen theilweise eine weisse Tüpfelung, 
sind sonst normal. 

An der Radialseite der rechten Hand auf den Vorderarm 
übergehend findet sich ein Netz von blassrothen, zum Theil glänzenden, 
confluirtenKnötchen und Leisten, welches sich bis an das letzte Daumenglied 
erstreckt. Die Knötchen und Leisten sind zum Theil mit Krusten be¬ 
deckt; sie sind verkratzt und sehen etwas liehen ruberartig aus. (Secun- 
däre Lichenification.) 

Zwischen den Brüsten und unter der linken Brust, so wie ver¬ 
einzelt am Rücken sind Knötchen von schmutzig grauer Oberfläche zu 
Linien an einander gereiht, isolirt stehend oder eng verbunden. 

An den letztgenannten Stellen, sowie in den Leistenbeugen 
haben die Knötchen macerirte Horn decken, an der Hand aber und der 
linken Kniebeuge haben sie eine feste Hornschicht und sind weisslich 
röthlich. 

Im übrigen ist der Befund derselbe wie vor 6 Jahren. 

Pat. verweigert z. Z. die Excision eines Hautstückchens. 

Fassen wir das Gesammtbild noch einmal zusammen, so 
handelte es sich um eine hauptsächlich an den Gelenkbeugen, 
den Nasolabialfurchen, Radialseite der rechten Handwurzel, 
Nabel, Unterbauchgegend und Rima ani localisirte, mit Jucken 
verbundenen Keratose, deren Primärefflorescenz klein erbsen¬ 
grosse schmutziggraue oder röthliche Knötchen darstellten, die 


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mit einer mehr oder weniger leicht abhebbaren Hornschuppe 
bedeckt waren. Diese Knötchen waren z. T. confluirt und an 
den Gelenkbeugen in längs verlaufenden Linien angeordnet, 
ein Verhältniss, auf das ich noch bei Erörterung unseres 2- 
Falles werde zu sprechen kommen. 

Ihrer Form nach entsprachen die einzelnen Knötchen 
ziemlich genau denjenigen, die von Darier und den späteren 
Autoren bei der Dari ersehen Krankheit geschildert worden 
sind. Auch die Localisation stimmt im wesentlichen mit der 
bei D a r i e r’scher Krankheit überein, soweit man bei dieser Affec- 
tion überhaupt von einer einheitlichen Localisation reden kann. 

Es waren bei unserem Fall diejenigen Körpergegenden 
bevorzugt, an denen in Folge häufiger Bewegung der betreffen¬ 
den Theile am häufigsten Zerrung oder Leibung zu Stande 
kommt und ausserdem eine starke Scbweisssecretion statthat, 
welch’ letzteres bereits Boeck als charakteristisch für die 
Localisation hervorhob. 

Der Umstand, dass die Krankheit in unserem Fall seit 
frühester Jugend bestand, spricht nicht gegen die Diagnose 
einer Dari er’schen Krankheit, da in dem Fall von Pawloff (14), 
sowie von Buzzi und Miethke die Erkrankung schon bald 
nach der Geburt auftrat und auch von Boeck und White 
über ein Auftreten der Krankheit innerhalb des ersten Decenniums 
berichtet wird. Nicht ganz zu der Diagnose stimmt das Fehlen 
von Nagelveränderungen, auf die Boeck bei der in Rede 
stehenden Dermatose grosses Gewicht legt, indessen waren auch 
in den Fällen von Jarisch (15) und Fabry (16) die Nägel 
frei und auch bei dem Schwimm er’schen (17) Fall ist nichts 
von Nagelerkrankung erwähnt. 

Differentialdiagnostisch kamen zunächst Lichen ruber 
planus und acuminatus in Betracht. Indessen konnten diese 
leicht ausgeschlossen werden, sowohl auf Grund der völligen 
Verschiedenheit der primären Lichenknötchen von den Knötchen 
bei unserer Pat., als auch auf Grund des Verlaufes, da bei 
dieser laugen Dauer des Processes und dem Mangel jeglicher 
eingreifenden Behandlung ein schnelleres Vorwärtsschreiten und 
ein wenigstens theilweises Confluiren der Knötchen zu diffusen 
rothen Flächen äusserst wahrscheinlich hätte stattfinden müssen. 


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Ueb. d. Verhältnis« d. Darier’scben Krankheit zur Ichtyosia. 327 


Dasselbe galt für Pityriasis rubra pilaris, gegen die ausserdem 
noch das Fehlen der diffusen Röthung und Schuppung, i. e. der 
Pityriasis, sowie das Fehlen einer Verdickung der Haut¬ 
falten sprach. 

Acanthosis nigricans theilt wohl die Localisation mit 
unserem Fall, doch finden sich hei dieser Keratose keine Knötchen 
als Primärefflorescenzen, und es sind die ergriffenen Körper¬ 
stellen viel stärker pigmentirt, als dies hier der Fall war, auch 
sind nirgends Krusten vorhanden, [cf. Kuznitzky (18.)] 
Ausserdem bestand hei fast sämmtlichen bisher veröffent¬ 
lichten Fällen von Acanthosis nigricans gleichzeitig Carcinom. 

Ichthyosis vulgär, zeigt wenigstens in ihrer gewöhnlichen Form 
eine völlig verschiedene Localisation, bevorzugt die Streckseiten 
der Gelenke und verschont die Beugeseiten, also umgekehrt 
wie in unserem Fall, und es fehlen bei der Ichthyos. vulg. die 
oben beschriebenen Knötchen. Auf das Verhältniss der Ichthyosis 
zur Darier’schenDermatose werde ich unten noch zu sprechen 
kommen. 

So musste also auf Grund des klinischen Befundes die 
Diagnose Darier’sche Krankheit gestellt werden. 

Zur mikroskopischen Untersuchung stand mir ein 1892 
von der Bauchhaut excidirtes Knötchen zur Verfügung, das in 
Alkohol gehärtet war. Die Schnitte wurden mit Hämatoxylin, 
van Gieson, Picrocarmin, Saffranin, Bismarckbraun, Lithioncarmin 
und polychromem Methylenblau gefärbt. Zur Darstellung des 
elastischen Fasernetzes wurden mehrere Schnitte mit Orcein- 
Thionin, sowie nach der neuen Fuchsin-Resorcinmethode von 
Weigert gefärbt; ferner wurden zur isolirten Färbung der 
Hornsubstanz mehrere Schnitte nach Gram, sowie mit Häma¬ 
toxylin und Entfärbung mit Kali hypermangan. nach Unna 
tingirt. Die besten Bilder lieferten Hämatoxylin und van Gieson. 

Bei schwacher Vergrösserimg findet sich Folgendes: Der 
Stelle des Knötchens entsprechend ist die Epidermis in toto 
verbreitert und ragt nach der freien Oberfläche, wie nach der 
Cutis zu kugelig über die angrenzende Epidermis hinaus. Die 
Verbreiterung betrifft in erster Linie das Stratum Malpighi, 
welches eine mächtige Verdickung aufweist, in zweiter Linie die 
Hornschicht. Diese letztere zeigt ausser der Verdickung auch 


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bedeutende Farbenunterschiede von der Hornschicht der an¬ 
grenzenden gesunden Epidermis. Während die letztere auf 
Hämatoxylinschnitten bläulich gefärbt ist, nimmt ihre Fort¬ 
setzung im Bereich des Knötchens einen mehr gelblichen 
Farbenton an, und es lassen sich bereits bei schwacher Ver- 
grösseruDg zahlreiche Kerne in ihr unterscheiden. Diese Ver¬ 
änderungen finden ziemlich plötzlich ohne eigentliches Ueber- 
gangsstadium statt. 

Die Keimschicht zeigt ausser der starken Verdickung in 
ihrem oberen Theil eine merkwürdige Auflockerung des Zell¬ 
verbandes, so dass zwischen den einzelnen Zellen kleine Lücken 
sichtbar werden. Die Retezapfen sind stark verbreitert und 
haben eine nahezu rechteckige Gestalt, die Papillen der Ver¬ 
breiterung der Retezapfen entsprechend verschmälert. In den 
oberen Theilen der Cutis findet sich eine massige kleinzellige 
Infiltration. 

Das Knötchen ist ziemlich in der Mitte von einem Haar¬ 
balg durchsetzt, der in seinem oberen Theil etwas verbreitert 
erscheint, und in dessen Umgebung sich die — auf Häma¬ 
toxylinschnitten blau gefärbte — Hornschicht bis tief in das 
Rete Malpighi hinein erstreckt. An der Seite wird das Knötchen 
von dem Ausführungsgang einer Schweissdrüse durchbohrt. 

Schweissdrüsen und Talgdrüsen sind normal. 

Bei starker Vergrösserung ergab sich folgendes Bild: 

Im Stratum corneum verschwinden an der Grenze des 
Knötchens die kernlosen Hornlamellen der angrenzenden normalen 
Epidermis und in der stark verbreiterten Hornschicht treten 
platte, parallel stehende Kerne auf, die 10—15 über einander 
stehende Reihen bilden. Zellgrenzen sind in den oberen Reihen 
nicht sichtbar, wohl aber in der unteren Grenzschicht gegen 
das Stratum spinosum zu, wo deutlich längliche, spindelförmige 
Zellen erkennbar sind. In die ganze Hornschicht findet sich 
eine körnige Substanz eingelagert, die an die Kerne gebunden 
erscheint und wahrscheinlich dem Hornzellenrelief Unna’s ent¬ 
sprechen dürfte. 

Ein Stratum granulosum fehlt vollständig, das Stratum 
corneum geht im Bereich des Knötchens unvermittelt in die 


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Ueb. d. Verhältnis» d. Darier’scben Krankheit zur Ichtyosis. 329 


Stachelzellenschicht über, während an der Grenze des Knötchens 
wieder die keratohyalinhaltigen Zellen auftreten. 

Die stärksten Veränderungen zeigt die Stachelzellen¬ 
schicht. In den obersten Zellreihen die ser Schicht sind die Inter- 
cellularräume bedeutend vergrössert, und die Zellen selbst 
zeigen hochgradige Umwandlungen, wobei man verschiedene 
Stadien unterscheiden kann. Eine Anzahl von Zellen sind von 
ziemlich normalem Aussehen, nur zeigen sie um den Kern 
herum einen schmalen, hellen, homogenen, nicht glänzenden 
Bing, der nach aussen von normalem Protoplasma umsäumt 
wird, ein Bild, das man ja auch sonst häufiger findet. In anderen 
Zellen ist dieser helle Ring um den Kern bedeutend verbreitert, 
so dass er den grössten Theil der Zelle einnimmt und am Rand 
nur ein ganz schmaler Saum von Protoplasma übrig bleibt. Der 
Kern selbst zeigt eine deutliche Kernmembrau, die aber keine 
runde, sondern eine mehr zackige Form hat. Diese Zellen 
sind von ziemlich rundlicher Gestalt, nicht grösser, als die 
normalen Zellen. Im Kern sind deutlich Kernkörperchen und 
Cbromatingerüst sichtbar. 

Eine 3. Gruppe von Zellen weicht noch stärker von der 
Norm ab. Sie zeigen einen ganz schmalen äusseren Proto¬ 
plasmasaum, der einen völlig homogenen, hellen Innenraum be¬ 
grenzt. Der Kern ist an die Seite dieses Raumes gerückt, 
platt oder von ganz unregelmässiger Form. 

ln einer 4. Gruppe von Zellen, die aber in den oberen 
Reihen des Stratum spinosum nur vereinzelt Vorkommen, ist über¬ 
haupt kein Kern mehr nachweisbar, sie bestehen nur aus grossem, 
hellen Innenraum und schmalem, äusseren Protoplasmasaum. 

Alle diese verschiedenen Zellformen sind ziemlich unregel¬ 
mässig durch einander gewürfelt, so dass sich z. B. Zellen der 
1. Gruppe neben solchen der 4. finden. Von den Intercellular¬ 
brücken ist nur ein Theil erhalten, die vorhandenen sind 
deutlich ausgeprägt, aber entsprechend der Zunahme der Ent¬ 
fernung zwischen den einzelnen Zellen verlängert. 

In diesem Zustand befinden sich die 3—4 obersten Zell¬ 
reihen des Stratum spinosum. In den zunächst darauf nach 
unten folgenden Zellreihen sind die geschilderten Veränderungen 
noch ausgesprochener. 


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Die Zwischenräume zwischen den einzelnen Zellen sind 
noch grösser, die kernlosen Zellen, die nur aus schmalem 
Protoplasmasaum und breitem, hellem Innenraum bestehen, 
zahlreicher und liegen z. Th. zu mehreren neben einander. Bei 
einem Theil dieser Zellen sieht man in dem hellen Innenraum 
ganz blasse, rundliche Körper. (Reste des Kerns?) . 

Im üebrigen zeigen die einzelnen Zellen dieselben Formen, 
wie in der unmittelbar darüber liegenden Schicht. 

Weiter nach unten, nach der Cutis zu, nähert sich das 
Aussehen der Zellen wieder mehr dem normalen ; der homogene, 
helle Ring zwischen Kern und Protoplasma wird schmäler, und 
auch die Zwischenräume zwischen den einzelnen Zellen werden 
kleiner. Die untersten an die Cutis angrenzenden Zellreihen 
des Stratum Malpighi zeigen ein fast normales Bild, nur scheinen 
sie etwas stärker pigmenthaltig, als die entsprechenden Zellen 
der angrenzenden Epidermis. 

An der Stelle des verbreiterten Haarbalges erstrecken sich 
die — kernlosen — Hornlamellen tief in die Epidermis und 
sind nach aussen von einer Schicht keratohyalinhaltiger Zellen 
von normalem Aussehen begrenzt. 

Die beschriebenen Zellveränderungen nehmen gegen den 
Rand des Knötchens etwas ab, doch sind sie auch hier noch 
ausgesprochen, und es findet ein ziemlich unvermittelter Ueber- 
gang zu den normalen Verhältnissen der angrenzenden Epi¬ 
dermis statt. Darier’sche Körperchen, corps ronds 
oder grains, waren nirgends sichtbar. 

Uebrigens waren die hier geschilderten Bilder nicht an 
allen Präparaten gleich deutlich, an den grösseren Knötchen 
waren sowohl die Auflockerung des Zellverbandes, als auch die 
Veränderungen der Zellen selbst nicht so stark. 

In der Cutis findet sich eine geringe kleinzellige Infil¬ 
tration, hauptsächlich im Stratum papillare und am stärksten 
um die Gelasse herum. Mastzellen, nach Unna mit polychromen 
Methylenblau gefärbt, finden sich ziemlich reichlich in den Papillen. 

Die elastischen Fasern zeigen eine ziemlich hochgradige 
Verdickung und geringe Schlängelung. Die subepithelialen 
elastischen Fasern und das elastische Fasernetz um die Schweiss- 
drüsen herum sind gut ausgebildet. 


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Ueb. d. Verhältniss d. Darier’schen Krankheit zur Iehtyosis. 331 


Wir haben es also histologisch mit einer von den Haar¬ 
taschen, resp. den Schweissdrüsenausführungsgängen ausgehenden 
Hyperkeratose zu thun, verbunden mit einer starken Wucherung 
der Epidermis in der Umgebung derselben. Ausserdem finden 
wir ein Erhaltenbleiben der Kerne in dem verdickten Stratum 
corneum, ein Fehlen des Stratum granulosum und eine Auf¬ 
lockerung der obersten Stachetzellenreihen mit eigentümlicher 
Degeneration der Zellen. Das Auffallendste in dem Bilde sind 
diese Zellveränderungen. Dass dieselben postmortale, durch die 
lange Härtung im Alkohol bedingte, seien, halte ich für aus¬ 
geschlossen; denn dieselben fanden sich auch in Präparaten 
von unserem Fall, die noch aus dem Jahre 1892 stammten, 
soweit dieselben noch erhalten waren. Ausserdem hätten sich 
sonst dieselben Veränderungen auch in der in den Process 
nicht einbezogenen Epidermis finden müssen, was nicht der 
Fall war. Auch eine Verwechselung mit sog. Kernhöhlen ist 
ausgeschlossen, denn die Kerne zeigten eine deutliche Kern¬ 
membran und zwischen dieser und dem Protoplasma war der 
helle Hof. Dass es sich bei der Degeneration und Auflockerung 
der Zellen um ein Oedem der betreffenden Schicht handelte, 
ist sehr unwahrscheinlich, obgleich man ähnliche Bilder bei 
Oedem der Haut sieht. Ein Stauungsödem erscheint von vorn¬ 
herein ausgeschlossen, da jede Veranlassung dazu fehlt. Ein 
entzündliches Oedem wäre zwar nicht unmöglich, da Buzzi, 
Darier u. A. wirklich einen exsudativen Process in der Epi¬ 
dermis mit Fibrinbildung und Eiterkörperchen nachweisen 
konnten, indessen fanden sich in unserem Fall nirgends Eiter¬ 
körperchen in der betreffenden Schicht, und auch eine Fibrin¬ 
färbung nach Weigert hatte ein negatives Resultat. Ferner 
finden sich bei der hydropischen Degeneration wie man sie 
z. B. bei Pemphigus sieht, Zellen mit Vacuolen im Protoplasma, 
das Protoplasma ist, wenigstens an einem Theil der Zellen, in 
toto aufgetrieben und erscheint körnig und auch der Kern er¬ 
scheint gequollen, was hier nicht der Fall war. 

Viel mehr hat die Annahme für sich, dass die Degeneration 
der Zellen mit dem Fehlen der Keratohyalinschicht und dem 
langen Erhaltenbleiben der Kerne in der Hornschicht in Zu¬ 
sammenhang zu bringen ist, dass sie ein Theilglied der ab- 


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Doctor. 


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normen Verhornungsvorgänge bildet, die sich an dem Knötchen 
abspielten. Die Veränderung der Zellen besteht in einer all* 
maligen Degeneration der Kerne und dem Auftreten einer 
homogenen, nicht oder schwer färbbaren Substanz im Proto¬ 
plasma, die, wie es scheint, den Kern schliesslich an die Seite 
der Zelle drängt. Dass diese homogene Substanz Keratin ist, 
glaube ich nicht; es spricht dagegen, dass sie sich bei 
der van Giesonfärbung nicht wie das Keratin der Hornschicht 
tingirte und bei Färbung nach Gram ungefärbt blieb, auch 
fehlte der der Horn Substanz eigentümliche Glanz. Bei der 
künstlichen Verdauung mit Pepsinsalzsäure im Brutofen wurden 
die fraglichen Zellen mit verdaut. 

Mit den corps ronds Darier’s sind die degenerirten 
Zellen sicher nicht identisch, wie ich mich auch an uns frdl. 
übersandten Präparaten von Herrn Prof. Dr. Bo eck und Herrn 
Dr. Fabry überzeugen konnte, für deren Liebenswürdigkeit 
ich auch an dieser Stelle besten Dank sage. Die corps ronds 
sind grosse, runde Zellen mit glänzender, doppeltbrechender 
Randmembran und einem granulirten Protoplasma, das nach 
den Untersuchungen von Buzzi, Petersen u. A. Keratohyalin 
ist. Die degenerirten Zellen unseres Falles dagegen zeigen 
als Begrenzung einen ziemlich normal gefärbten schmalen Proto¬ 
plasmasaum, und es fehlt jede Spur von Keratohyalinkömung. 

Uebrigens steht dieser Befund der Zelldegeneration nicht 
allein da, auch B o e c k und Buzzi beobachteten an ihren Prä¬ 
paraten Degeneration von Zellen, bei der die Kerne allmälig 
ihre Färbbarkeit einbüssten. Auch eine Auflockerung des Zell¬ 
verbandes im Stratum spinosum, ein theilweises Fehlen des 
Stratum granulosum und Färbbarkeit der Kerne in den unteren 
Schichten des Strat. corneum wird von Bo eck und Buzzi 
und auch vou Darier selbst beschrieben. 

Diese Auflockerung des Zellverbandes kommt, wenn wir 
von der immerhin nicht ganz auszuschliessenden Möglichkeit 
eines entzündlichen Oedems absehen, jedenfalls dadurch 
zu Stande, dass die durch die Degenerationsvorgänge in ihrem 
Zusammenhang geschwächten Zellen durch den Druck der 
darüber liegenden Hornmassen auseinander gepresst werden. 


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Ueb. d. Verhältnis d. Darier’schen Krankheit zur Ichtyosis. 333 


Sie ist vielleicht ein Vorstadium der Lückenbildung im 
Rete, auf die Bo eck und Buzzi zuerst hinwiesen, und auf 
die auch Darier in seiner neueren Arbeit über diesen Ge¬ 
genstand grosses Gewicht legt. 

Ob die geringe kleinzellige Infiltration der Papillarschicht, 
wie Darier annimmt, eine secundäre, durch den Druck der 
Hornmassen oder durch das Kratzen hervorgerufene Erscheinung 
ist, lässt sich nach unseren Präparaten nicht beurtheilen. 

Ein zweiter Fall von D a r i e r’scher Krankheit betraf ein 17 Jahre altes 
Mädchen, die am 14. Juli 1897 auf unserer Abtheilung aufgenommen 
wurde. 

Anamnese: Bereits bei der Geburt waren die Hände welk und 
runzelig. Als Pat. % Jahr alt war, fingen Handteller und Fusssohlen 
an, sich zu „häuten tf . 

Im 3. Lebensjahr traten an den Knien, sowie an den Ellenbogen 
einzelne warzenartige Gebilde auf, die sich im Lauf der Jahre allmälig 
vermehrten. Im 10. Lebensjahr trat die Affection am Hals auf. Aerztliche 
Behandlung blieb ohne Erfolg. Als Kind litt Pat. an Diphtherie, sonst 
war sie, abgesehen Yon ihrer Hautaifection, gesund. Eltern und Ge¬ 
schwister sind gesund, ebenso Grossoltern. 

Aehnliche Hauterkrankungen sollen in der Familie noch nie vor¬ 
gekommen sein. Jucken besteht nicht, ebenso wenig leidet Pat. an 
stärkerem Schwitzen. 

Status vom 14./VII. 1897. Pat. ist ziemlich mager, Gesichtsfarbe 
gesund, Intelligenz massig entwickelt. 

Die Haut des Handrückens ist an beiden Händen bis zum 
untersten Drittel des Vorderarms hinauf stark verdickt, von rother 
Farbe, mit ausgesprochener Querfaltelung und mit ziemlich fest anhaf¬ 
tenden, weissen Schuppen bedeckt. 

Die Haut lässt sich von der Unterlage in Falten abheben, doch 
gleichen sich diese Falten nur langsam wieder aus. 

An den Handtellern ist die Haut ebenfalls stark verdickt, mit 
zahlreichen Rhagaden versehen und mit Schuppen bedeckt. Die Finger 
stehen im 1. Interphalangealgelenk mit Ausnahme des Daumens in 
rechtwinkeliger Beugestellung, weitere Streckung ist unmöglich. Die 
3. Phalanx des 5. Fingers der 1. Hand ist ausserdem noch radialwärts 
verkrümmt. 

Es gelingt, mit dem Fingernagel dicke Hornschichten von der 
Hohlhand abzulösen; unter den Hornmassen kommt zarte Epidermis zum 
Vorschein, die leicht blutet. 

Die Nägel sind volarwärts über die Fingerspitzen gebogen, nicht 
verdickt, zeigen sehr ausgesprochene Längsstreifung. 

An der Grenze zwischen unterem und mittlerem Drittel der Vor¬ 
derarme treten, in stärkerem Grade auf der Beugeseite, Knötchen auf. 


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die in parallelen, den Spaltbarkeit8richtungen der Haut entsprechenden 
Reihen angeordnet sind. Diese Knötchen sind ca. hirsekorngross, von 
grauweisser Farbe; sie sind mit einer Horaschuppe bedeckt, nach 
deren Ablösung eine trichterförmige Vertiefung im Knötchen zurückbleibt. 
An der Unterseite der Hornschuppe ist ein dieser Vertiefung entspre¬ 
chender Horakegel sichtbar. Gegen die Hand zu (distalwärts) confluiren 
diese Knötchen und bilden hier grauweisse Horaplatten, in denen die 
einzelnen Knötchen zum Theil noch wenig hervortreten. Noch weiter 
distalwärts sind überhaupt keine Knötchen mehr sichtbar, und die Haut 
des Vorderarms bietet das bereits an der Hand geschilderte Bild diffuser 
Verdickung, Röthung und Schuppung. 

In den Ellbogenbeugen finden sich etwa 8, z. T. convergi- 
rende, nebeneinander in der Längsaxe des Arms verlaufende Streifen, 
die offenbar aus dicht aneinander gereihten Knötchen confluirt und 
mit dicken, ziemlich leicht ablösbaren Hornmassen bedeckt sind. Die 
äusseren Streifen sind 4—6, die inneren 8—10 Cm. lang. 

Zwischen diesen Streifen am Ellbogen und den Knötchenreihen 
am Vorderarm findet sich eine etwa 2 Finger breite Zone, in der nur 
spärliche, zerstreut stehende Knötchen vorhanden sind. An der Streck¬ 
seite der Ellbogen finden sich in concentrischen, den Spaltbarkeits¬ 
richtungen der Haut entsprechenden Reihen kleinlinsengrosse, ziemlich 
flache, zum grössten Theil confluirte Knötchen von röthlicher Farbe, 
die mit locker anhaftenden, dicken, gelblichen Horamassen bedeckt sind. 

In den Achselhöhlen ist der hintere und in geringerem Grade 
der vordere Rand im Bereich einer Zone, die ungefähr 10 Cm. lang und 
4 Cm. breit ist, von der Affection in Mitleidenschaft gezogen. Auch hier 
zeigen sich die mehrfach beschriebenen Knötchen, die in, den Langer’schen 
Spaltungsrichtungen entsprechenden, Linien angeordnet sind. An jedem 
Knötchen ragt ein dicker, grauweisser oder graugelber Horakegel hervor, 
nach dessen Entfernung eine trichterförmige Oeffhung in dem Knötchen 
zurückbleibt. Die Achselhöhle ist, abgesehen von einigen Lanugohaaren, 
ohne Behaarung. 

Ueber dem Schultergelenk in der Gegend des Acromion zeigen sich 
vereinzelte Knötchen von der oben geschilderten Beschaffenheit, eben¬ 
solche ganz vereinzelt an der Streckseite der Oberarme. 

Die knötchenfreie Haut der Arme ist trocken und schuppend. 

Am Hai8 finden sich in beiden hinteren Halsdreiecken etwa fin¬ 
gerbreit von der hinteren Medianlinie entfernt nicht confluirte, aber 
deutlich in Reihen angeordnete, stecknadelkopfgrosse, schmutziggrauweisse 
Knötchen, aus denen sich mit Leichtigkeit ein Hornkegel herausziehen 
lässt. Ueber der Prominenz des 7. Halswirbels, sovie in der vorderen 
Halsgegend ebenfalls eine Knötchengruppe. 

Im Gesicht finden sich nur auf der rechten Hälfte der Oberlippe 
vereinzelte Knötchen, sonst ausser einigen Epheliden nichts Besonderes. 

Die Kopfhaut ist spärlich behaart und mit reichlichen, gelben, 
fettigen Schuppen bedeckt. (Pityriasis capitis.) 


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Ueb. d. Verhältnis d. Darier’schen Krankheit zur Ichtyosis. 335 


Brust und oberer Theil des Rückens sind frei. 

Um den Nabel herum sind vereinzelte ganz flache, etwa steck¬ 
nadelkopfgrosse Knötchen sichtbar. Der Nabel selbst ist mit schwärzlich 
grauen Hornmassen bedeckt, die sich leicht ablösen lassen, ebenso die 
übrige Bauchhaut. Eigentliche Knötchen sind an dieser nicht nachweisbar. 

Am unteren Theil des Rückens von der Gegend des 12. Brust¬ 
wirbels bis zu den Axillarlinien zeigen sich vereinzelte Knötchen. 

Am G e s ä s s finden sich beiderseits spärliche Knötchen, die zwischen 
den Knötchen liegende Haut ist trocken und schuppend. 

Die Oberschenkel sind mit zahlreichen röthlichen, in den Spaltungs¬ 
linien der Haut angeordneten Knötchen bedeckt, am reichlichsten in den 
Inguinalbeugen, sowie nach der Streckseite des Kniegelenks zu. 

An der Streckseite des Kniegelenks selbst zeigen sich con- 
centrisch um die Kniescheibe verlaufende Leisten, die mit graulich-gelben 
Hommassen bedeckt sind und nur noch schwer die Knötchen, aus deren 
Confluenz sie entstanden sind, erkennen lassen. An der Beugeseite 
des Kniegelenks findet sich derselbe Process, nur sind hier die Leisten 
quergestellt und von mehr röthlich glänzenden, flacheren Hornmassen 
bedeckt. 

Die Haut der Unterschenkel ist trocken, rauh, schuppend 
und mit spärlichen Knötchen besetzt. 

Die Fü8se zeigen dasselbe Bild der diffusen Verdickung und Horn¬ 
auflagerung wie die Hände. 

Die Affection ist auf beiden Körperseiten fast völlig symmetrisch. 
Es besteht mässige doppelseitige Inguinal- und Cervicaldrüsenschwellung, 
sowie Schwellung der r. Cubital- und Axillardruse. 

Lungen und Abdominalorgane sind ohne Bes. Ueber der Herz¬ 
spitze und im zweiten 1. lntercostalraum ist ein lautes systolisches Geräusch 
hörbar, jedenfalls anämischer Natur, die Herzdämpfung nicht verbreitert. 

Die Untersuchung des Nervensystems ergab ausser einer Herab¬ 
setzung des Schmerzgefühls an den am stärksten verdickten Hautstellen 
nichts Besonderes. Urin ohne Eiweiss und Zucker. 

Die Therapie bestand anfangs in Darreichung von Thyrojodin- 
kapseln, später in intramusculären Injectionen vonNatr. arsen., ausserdem 
der localen Anwendung von 2% Pyrogallussalbe, abwechselnd mit Bädern. 
Hände und Füsse wurden anfangs mit Salicylseifenpflastermull, später mit 
50% Salicylpflastermull bedeckt. An den Fingern wurden methodische 
Streckversuche gemacht. 

Unter dieser Behandlung trat eine wesentliche Besserung der Er¬ 
scheinungen ein, so dass bereits nach 4 Wochen die Knötchen und Leisten 
wesentlich abgeflacht erschienen. Die Horndecke war an den meisten 
Knötchen abgelöst, so dass die trichterförmige Oeffnung der Knötchen 
sichtbar war. An den Händen gelang es nach der Salicylpflasterbe- 
handlung, eine 3—4 Mm. dicke zusammenhängende Hornlamelle zu ent¬ 
fernen, die an ihrer Unterseite zahlreiche feine Hornkegel aufwies. 


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Die zurückbleibende Haut zeigte zahlreiche, dem entsprechende 
trichterförmige Oeffnungen und hatte dadurch ein siebartiges Aussehen. 
Die Finger konnten fast vollständig gestreckt werden. 

Am 7./IX. 1897 wurde Pat. auf ihren Wunsch entlassen. Die 
Knötchen und Leisten waren zum Theil ganz verschwunden, zum Theil 
noch als ganz flache Erhebungen sichtbar. 

Anfang Jänner 1898 theilte uns Pat. mit, dass die Krankheit bei¬ 
nahe wieder ihren früheren Stand erreicht habe. 

Es handelte sich also auch in diesem Fall um eine Keratose, 
die sowohl, was die Localisation, als auch die Zeit des Auf¬ 
tretens und die Art der Primärefflorescenz anlangt, im Wesent¬ 
lichen völlig mit unserem 1. Fall übereinstimmte. Gemeinsam 
sind beiden Fällen auch die eigenthümlichen mit Horamassen 
bedeckten Streifen, die sich vor Allem an den Beugeseiten der 
Gelenke fanden. Dass diese Streifen aus confluirten Knötchen 
hervorgegangen sind, liess sich an einigen noch mit Sicherheit 
nachweisen, an anderen wurde es bewiesen durch den allmä- 
ligen Uebergang zu discret stehenden Knötchen, und es dürfen 
also diese Streifen nicht mit denjenigen bei Acanthosis nigricans 
zusammengeworfen werden, von denen sie übrigens auch die 
Bedeckung mit Hornkrusten unterscheidet. 

Dieselben wurden auch von anderen Autoren bei der 
Darier’schen Krankheit beobachtet, so von Jarisch und 
Schwimmer, der von perlschnurartigen Reihen spricht, ferner 
von Joseph und N e i s s e r in den beiden Fällen von sog. 
abnormer Ichthyosis, resp. Keratosis punctata et striata, auf 
die ich noch weiter unten zu sprechen komme. Auch der Fall 
von Jakobi (19) zeigt eine Andeutung davon. 

Neisser nimmt an, dass diese streifenförmige Anordnung 
durch das Jucken und dadurch hervorgerufene Kratzen bedingt 
sei, indessen bestand in unserem 2. Fall bei der allerdings sehr 
indolenten Patientin wenigstens gegenwärtig überhaupt kein 
Jucken, während es im 1. Fall vorhanden war. Das Jucken 
bildet keine regelmässige Erscheinung bei der D a r i e r’schen Krank¬ 
heit, es fehlte z. B. in 2 Fällen von Bo eck, während es in 
den Fällen von White, Lustgarten, Schwimmer u. A. 
ziemlich stark ausgeprägt war. 

Abgesehen von dem Jucken unterschied sich unser 2. Fall 
von dem ersten durch das Vorhandensein einer Nagelerkrankung. 


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Ueb. d. Verliältniss d. Darier’schen Krankheit zur Ichtyosis. 337 


die sich in einer Krümmung der Fingernägel nach der volaren 
Seite und einer sehr ausgesprochenen Längsstreifung derselben 
äusserte, sowie durch die starke Verdickung der Haut an den 
Händen uud Füssen, die sogar zu einer Contractur der Finger 
geführt hatte. Diese diffuse, an Händen und Füssen localisirte 
Hautverdickung ist bei der Dari ersehen Krankheit bereits von 
Schwimmer, Pawloff und Jarisch beschrieben, welch 
letzterer auch erwähnt, dass die Finger in Folge der Haut Ver¬ 
dickung nicht gestreckt werden konnten. Wahrscheinlich ist sie, 
wenigstens bei unserer Pat., ursprünglich au3 confluirten 
Knötchen hervorgegangen, w f ie sich aus dem allmäligen Ueber- 
gang zu den Knötchen des Vorderarms, ferner aus den nach 
Ablösung der Horndecke in der zurückbleibenden Haut sicht¬ 
baren Trichtern ergibt. 

Zum Zweck der mikroskopischen Untersuchung wurden bei 
unserer zweiten Pat. einige Knötchen von der r. Halsseite excidirt 
und z. T. in Formol, z. T. in Alkohol gehärtet. Gefärbt wurden 
die Schnitte mit Hämatoxylin, Hämatox-Eosin, van Gieson, 
Thionin, Picroammoniakkarmin und zum Zweck der Darstellung 
der elastischen Fasern mit Orcein nach Unna-Tänzer und 
Gegenfärbung mit Thionin. 

An Uebersichtsbildern zeigte sich Folgendes. An den den 
Knötchen entsprechenden Stellen findet sich eine trichterförmige 
Einstülpung der Hornschicht; der darunter liegende Theil der 
Epidermis ist an manchen Stellen verdickt, und Papillen und Rete¬ 
zapfen zeigen sehr starke Wucherung, besonders an der Seitenwind 
der Einsenkung. An anderen Stellen und zwar zum Theil 
gerade an denjenigen der tiefsten Einsenkung ist das Stratum 
Malpighi verschmälert, die Papillen fast verstrichen. Derjenige 
Theil der Epidermis, der zwischen den einzelnen sehr nahe an 
einander grenzenden Einsenkungen liegt, zeigt durchwegs starke 
Wucherung der Papillen und Retezapfen. Das Corium bietet, 
besonders in seinem oberen Theil, das Bild einer geringen klein¬ 
zelligen Infiltration, vereinzelte Leukocyten finden sich noch 
im Rete Malpighi. 

Die oben beschriebenen trichterförmigen Einstülpungen der 
Hornschicht scheinen zu einem grossen Theil mit den Schweiss- 
drüsenausführungsgängen in Verbindung zu stehen, wenigstens 

Archiv f. Dermat. u. Syphil. Baad XLVI. 09 


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D octor. 


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findet sich vielfach an der dem Trichter entsprechenden Stelle 
des Coriums eine Schweissdrüse und Theile des Ausführungs¬ 
ganges, ja manchmal lässt sich direct die Eiumüudung des 
Schweissdrüsenausführungsganges in den Horntrichter beobachten. 

An anderen Stellen findet sich unter dem Horntrichter ein 
Haarbalg, meistens quer getroffen, an anderen eine Talgdrüse 
und vielfach lässt sich überhaupt kein Zusammenhang mit einem 
Anhangsgebilde der Haut constatiren. 

Bei starker Vergrösserung zeigen sich die einzelnen Schichten 
der Epidermis von ziemlich normalem Aussehen. Die Horn¬ 
lamellen laufen der Oberfläche des Stratum granulosum ziemlich 
parallel, Kerne sind in der Hornschicht nicht sichtbar. Das 
Stratum granulosum ist gut entwickelt, die Keratohyalinkörnung 
deutlich ausgesprochen. Öchweiss- und Talgdrüsen sind von 
normaler Beschaffenheit, das elastische Fasernetz gut ausge¬ 
bildet. Den Dari ersehen corps ronds und grains ent¬ 
sprechende Gebilde fanden sieh trotz genauester 
Durchsuch u ng in kein e m Präparat. Auch eine Lücken¬ 
bildung in der Epidermis oder irgend welche ausgesprochenen 
Degenerationsformen von Zellen Hessen sich nicht nachweisen, 
nur zeigten einzelne Zellen in der Stachelzellenschicht einen 
schmalen hellen Hof um den Kern herum, der sich indess auch 
bei normaler Haut öfter findet. 

Abgesehen von diesen letzterwähnten Punkten stimmt also 
der mikroskopische Befund auch in unserem 2. Fall ziemlich 
genau mit dem bei Darier’scher Krankheit überein; speciell 
der Zusammenhang der Hornzapfen nicht nur mit Follikeln und 
Talgdrüsen, sondern auch mit Schweissdrüsen wurde bereits 
von Darier. Bo eck u. A. beschrieben, ebenso die Einstülpung 
der Horazapfen in das Rete Malpighi ohne Zusammenhang mit 
einem Anhangsgebilde der Haut, wie denn z. B. Lustgarten 
rete-coneplugs und follicle plugs unterscheidet. Ebenso ent¬ 
spricht die Wucherung der Papillen und der Retezapfen an den 
Knötchen und in der Umgebung derselben genau der Be¬ 
schreibung D a r i e r’s. Dass in unserem 1. Fall der in die Haar¬ 
tasche sich einstülpende Hornzapfen nicht so stark in die Augen 
fiel, erklärt sich aus der das Bild völlig beherrschenden enormen 


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Ueb. d. Verhältniss d. Darier’schen Krankheit zur Ichtyosis. 339 


Verbreiterung der Epidermis, doch war der Haarbalg in seinem 
oberen Theil ganz deutlich verbreitert. 

Wir haben es also mit 2 Fällen zu thun, die klinisch 
beide dem Bild der Darier’schen Krankheit durchaus ent¬ 
sprechen, histologisch wenigstens insoweit, dass sie beide eine 
circumscripte Hyperkeratose mit Wucherung der Epidermis und 
der Papillen aufweisen, während bei beiden die von Darier 
für charakteristisch erklärten corps ronds und grains fehlen. 
Unser 1. Fall unterscheidet sich aber dadurch von dem 2., 
dass er ausser der Hyperkeratose noch eine ausgesprochene 
Parakeratose mit Degeneration der Stachelzellen zeigt, sowie 
eine Auflockerung des Zellverbandes, die aber jedenfalls nur 
durch den Druck der Hornmassen auf die degenerirten Zellen 
hervorgerufen ist. Unseren Fällen schliessen sich nun die von 
Joseph (12) und Neisser (13) an, welche beide klinisch 
und im Wesentlichen mikroskopisch mit dem Bilde der Dari er¬ 
sehen Krankheit übereinstimmten, aber ebenfalls durch das 
Fehlen der Darier’schen Körperchen ausgezeichnet waren. 
Beide Fälle zeigten eine Parakeratose, nämlich ein Erhalten¬ 
bleiben der Kerne im Stratum comeum und ein theilweises 
Fehlen des Stratum granulosum. Joseph beschreibt ausserdem 
noch eine Lockerung des Zusammenhanges der Zellen in den 
oberenStachelzellenreihen.sowieeineDegenerationeinzelnerZellen. 
Dieselbe bestand in einem grossblasigen Aussehen der Zellen 
und einer Verdrängung der Kerne an die Seite. Joseph und 
Neisser haben bei der Demonstration ihrer Fälle auf dem 
Breslauer Derraatologencongres erklärt, dass sie den sog. 
Darier’schen Körperchen eine entscheidende Bolle bei der 
Diagnose der Darier’schen Krankheit nicht zuerkennen können. 
In der That, wollten wir diese 4 Fälle, bei denen Darier’sche 
Körperchen fehlten, als nicht zur D a r i e r’schen Krankheit ge¬ 
hörig abtrennen, so müssten wir consequenter Weise 3 ver¬ 
schiedene Krankheitstypen aufstellen, die klinisch alle 3 der 
nach Darier genannten Krankheit entsprechen, nämlich: 1. 
einen Typus ohne jede Parakeratose (unser Fall II). 2. einen 
Typus mit Parakeratose und Zelldegeneration in Form 
von corps ronds und grains (Fälle Darier, White, Buzzi, 
Bo eck etc.) 3. einen Typus mit Parakeratose, mit oder ohne 

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Zelldegeneratioii anderer Art (Fälle Joseph. Neisser. 
unser Fall I). Dass es an und für sich absurd erscheint, auf 
Grund so verhältnissmässig untergeordneter mikroskopischer 
Befunde sonst identische Krankheiten zu trennen, liegt aut 
der Hand. 

Dazu kommt aber noch, dass die sog. Darier’schen 
Körperchen durchaus nicht allein bei der Darier'schen Krank¬ 
heit sich finden, vielmehr von Unna bei Lupus erythematos. 
und Lichen ruber planus, von Ehr mann bei Pemphigus, von 
Fabry bei Hornkrebsen, von Petersen bei Lupus verrucosus 
und spitzen Condylomen beobachtet wurden, also durchaus 
nichts Specifisches an sich haben. So wenig man bei diesen 
Krankheiten besondere Gruppen mit „corps ronds und grains“ 
ausscheidet, so wenig scheint es mir bei der Darier’schen 
Krankheit berechtigt. Darier sagt allerdings, dass sich diese 
Gebilde bei keiner anderen Affection so massenhaft finden, 
wie gerade bei dieser; indessen wurden die Körperchen von 
den wenigsten Autoren in der Massenhaftigkeit gefunden, wie 
von Darier selbst. Fast sämmtliche Beobachter heben her¬ 
vor, dass der Hornpflock durchaus nicht, wie in den von 
Darier beschriebenen Fällen, ganz aus grains bestand, son¬ 
dern vielmehr zum grösseren Theil aus Hornzellen und nur 
zum kleineren aus grains. Jarisch bemerkt sogar, dass 
Darier’sche Körperchen nur spärlich in seinen Präparaten vor¬ 
handen waren. 

Ferner scheinen, wie Jarisch ausgeführt hat, die ver¬ 
schiedenen Autoren nicht ganz identische Gebilde als Dari er¬ 
sehe Körperchen beschrieben zu haben, speciell scheinen die 
von Boeck als solche geschilderten Körperchen nicht ganz mit 
denjenigen übereinzustimmen, die Darier und Buzzi be¬ 
obachteten. Petersen berichtet über einen Fall, in dem nur 
eine Art Vorstadium der Darier’schen Körperchen vorhanden 
war, indem die Verhomungsanomalie nicht soweit vorgeschritten 
war, wie in den meisten anderen Fällen von Darier’scher 
Krankheit. 

Auf Grund aller dieser Beobachtungen glaube ich, dass 
sich die Anschauung von der Specifität der Darier’schen 
Körperchen nicht mehr aufrecht erhalten lässt, und es erhebt 


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Ueb. d. Yerhaltniss d. Darier’schen Krankheit zur Ichtyosis. 341 


sich die weitere Frage, ob sich die scharfe Trennung zwischen 
Ichthyosis und Darier’scher Krankheit noch rechtfertigen 
lässt, nachdem die Darier’schen Körperchen als trennendes 
Moment in Wegfall gekommen sind. 

So lange die Darier’sche Krankheit als eine Psoro- 
spermose galt, wurde sie selbstverständlich als eine Affection 
sui generis betrachtet, aber auch von den meisten Gegnern der 
Psorospermosenlehre wurde sie noch als eigener Krankheits¬ 
typus angesehen. Joseph vertrat, wie es scheint, als erster 
die Meinung, dass die D arie lösche Krankheit, ebenso wie die 
Acanthosis nigricans nur eine Abart der Ichthyosis darstelle. 

Thatsächlich haben Darier’sche Krankheit und Ichthyosis 
viel Gemeinsames. Beide Affectiouen bestehen im Wesentlichen 
in einer über einen grossen Theil des Körpers ausgebreiteten 
Hyperkeratose, bei beiden findet sich häufig eine Betheiligung 
der Nägel und eine Pityriasis capitis. Gemeinsam ist beiden auch 
die häufig nachweisbare Heredität, denn auch bei Darier’scher 
Krankheit wird von hereditärem Auftreten berichtet (White, 
Boeck) und dasselbe ist ja auch bei Ichthyosis nicht in allen 
Fällen vorhanden. Indessen zeigen die beiden Leiden doch 
scheinbar auch erhebliche Differenzen. Dahin gehört die Zeit 
des Auftretens. Die Ichthyosis beginnt im Allgemeinen in der 
frühesten Kindheit, die Darier’sche Krankheit meist erst in 
einem späteren Alter. Indessen trat in dem Fall von Buzzi 
und Miethke, im 2 . Fall von Pawloff, in unseren beiden 
Fällen die Affection bald nach der Geburt auf, und von White, 
Boeck und bei dem 1. Fall von Pawloff wird ein Beginn 
des Leidens innerhalb des ersten Decenniums angegeben. An¬ 
dererseits kann die Ichthyosis erst in einem späteren Alter 
auftreten (cf. Joseph), so dass also in dieser Beziehung 
Uebergänge existiren. 

Verschieden sind ferner die primären Eftlorescenzen der 
beiden Krankheiten. Die Knötchen der Darier’schen Krank¬ 
heit bilden röthliche, graue oder mehr schwärzliche, konische 
oder rundliche, hirsekorngrosse Papelchen, die mit einer Horn¬ 
schuppe bedeckt sind. Diese Hornschuppe ist bald mehr, bald 
weniger leicht abhebbar und sendet einen konischen Horn¬ 
fortsatz in einen entsprechenden Trichter des Knötchens. Da- 


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D o c t o r. 


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gegen stellt die Primärefflorescenz der Iehthyosis vulgär., der 
liehen pilaris, ein hauptsächlich an den Streckseiten der Ex¬ 
tremitäten localisirtes, nur stecknadelkopfgrosses, blassrothes 
Knötchen dar, das in der Mitte eine Schuppe trägt. Indessen 
erklären sich die makroskopischen Unterschiede aus den ver¬ 
schiedenen mikroskopischen Bildern. 

Zur histologischen Vergleichung der beiden Efflorescenzen 
excidirte ich ein Lichen pilaris Knötchen vom Oberschenkel einer 
Patientin. Es findet sich bei dem Lichen pilaris ebenso wie 
bei dem Dari ersehen Knötchen eine zapfenförmige Ein¬ 
senkung der Hornschicht in die Epidermis über einem Haar¬ 
follikel, doch ist dieselbe von viel geringerer Ausdehnung, als 
bei jenem. Die Papillen und Retezapfen sind nicht gewuchert, 
dagegen zeigt sich geringe kleinzellige Infiltration in den oberen 
Schichten der Cutis, so dass also der wesentliche Unterschied 
in dem Fehlen der Papillar- und Retewucherung besteht. In¬ 
dessen findet sich bei der Iehthyosis hystrix, dem höchsten 
Grad der Iehthyosis, eine enorme Verlängerung der Papillen 
und entsprechende Wucherung der Retezapfen, so dass also 
diese Processe Hand in Hand mit der Intensität der Hyper- 
keratose zu gehen scheinen. In Betracht kommt noch, dass 
der Lichen pilaris stets von den Haarfollikeln ausgeht, die 
Knötchen der Darier'schen Krankheit aber auch von den 
Schwei8sdrüsenausführungsgängen oder auch ohne Zusammen¬ 
hang mit einem Anhangsgebilde der Haut sich entwickeln 
können. Indessen hat Giovannini (20) einen Fall von Ich- 
thyosis mit Betheiligung der Schweissdrüsen beschrieben, bei 
dem es an den Mündungen der Schweissdrüsenausführnngs- 
gänge zu dem Lichen pilaris ganz ähnlichen Erhebungen kam. 

Es ergibt sich also daraus, dass die mit unseren jetzigen 
Methoden nachweisbaren mikroskopischen Differenzen durchaus 
keine grundlegenden sind und nicht das Wesen der Afieciion 
betreffen. 

Als letztes trennendes Moment kommt die Verschiedenheit 
der Localisalion in Betracht, indem die Darier’sche Krankheit 
grade die Beugeseite der Gelenke, die die gewöhnliche Iehthyosis 
verschont, mit Vorliebe befällt. Jedoch kennen wir bereits 
eine Abart der Iehthyosis, die in ihrer Localisation völlig von 


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Ueb. d. Verhältnis d. Darier’schen Krankheit zur Ichtyosis. 343 


der vulgären Form abweicht, nämlich das Keratoma palmare 
et plantare, das ja doch, wenigstens von den meisten Derma¬ 
tologen, der Ichthyosis zugerechnet wird. 

Fassen wir das alles zusammen, so müssen wir zugeben^ 
dass die Darier'sche Krankheit ziemliche Unterschiede von 
der Ichthyosis aufweist, dass dieselben jedoch nicht hinreichen, 
um die Aufstellung eines besonderen Krankheitstypus zu recht- 
fertigen. Ich komme also zu folgenden Schlusssätzen: 

1. Die Darier’sche Krankheit stellt eine an die Haar¬ 
follikel oder Schweissdrüsenaustührungsgänge gebundene, aber 
auch unabhängig von diesen auftretende Hyperkeratose dar. 

2. Dieselbe ist meistens, aber nicht immer, mit Parakera- 
tose verbunden. Die sog. Darier’schen Körperchen sind eine 
Theilerscheinung der Parakeratose, gehören aber nicht unbedingt 
zum Krankheitsbild, es können vielmehr auch Zelldegenerationen 
anderer Art dabei auftreten. 

3. Die Darier’sche Krankheit ist eine Abart der Ichthyosis 
vulgaris, die sich von derselben klinisch im Wesentlichen durch die 
Localisation und die Darier’schen-Knötchon. histologisch durch 
die Wucherung der Papillen und des Rete Malpighi unterscheidet. 

Zum Schluss ist es mir eine angenehme Pflicht, Herrn 
Dr. Herxheim er für die Ueberlassung der Fälle und die 
rege Förderung bei dieser Arbeit zu danken. 


Litteratur. 

1. Darier. Psorospermose folliculaire vegetante. Annales de 
Dermatol. 1880. 2. White. A case of Keratosis follicularis. Journal 

of cutan. and gen. urin. dis. Juni 1889. 3. Lustgarten. On Psoro- 

8permo8is follicul. Journal of cutan. and gen. urin. dis. Jan. 1891. 
4. Besnier et Doyon. Maladies de la peau. 5. Mansuroff IV. 
Aerztecongress in Moskau. Ref. Unna’sche Monatshefte 1891, Bd. 12. 
6. Bo wen. Journal of cutan. and genit. urin. dis. Jun. 1890. 7. Buzzi 
und Miethke. Ueber die Darier’sche Dermatose. Unna’sche Monats¬ 
hefte 1891, XII. Bd. 8. Bo eck. 4 Fälle Darierscher Krankheit. Archiv 
für Dermatol, und Syph. 1891. 9. Piffard. On Psorospermos. Journal 
of cutan. and gen. urin. dis. 1891 Jan. 10. Petersen. Ueber die sog. 


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D o c t o r. 


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„Psorospermicn“ der Darier sehen Krankheit. Centralblatt für Bakterio¬ 
logie. 1893, Nr. 15. 11. Darier-Hallopeau. Sur un nouveau eaa de 

inaladie de Darier etc. Aunales de Dermatol. 1896. 12. Joseph. 
Ueber ungewöhnliche Ichthyosisformen. Breslauer Dermatologencongress, 
1891. 13. >ieisser. Fall von Keratosis follicularis punctata et striata. Bres¬ 
lauer Dermatologencongress 1894. 14. Pawloff. Zur Frage der sog. Peoro- 
spermose folliculaire vegetante. Archiv für Dermatol. 1893, 2. Ergänzungs¬ 
heft. 15. J arisch. Zur Ivenntniss der Dar. Krankheit Archiv für 
Dermatol. 1895, 31. Bd. 16. Fabry. Ueber Psorospermien bei Haut¬ 
krankheiten. Archiv für Dermatol. 1894, 26. Bd. 17. Schwimmer. 
III. Dermatnlogrncougress in Leipzig, 1892. 18. Kuznitzky. Fall von 

Acantliosis nigricans. Archiv für Dermatol. 1896, 35. Bd. 19 . Jacobi 
Strassburger Dermatologencongress 1898. 20. Giovannini. Fall von 

Ichthyosis mit Hypertrophie der Schweissdrüsen. Archiv für Dermatol. 
1894, 27. Bd. 21. Mourek. Ueber Darier’sche Dermatose. Archiv für 
Dermatol. 1894, 31. Bd. 22. Zcleneff. The brit. Journ. of Dermat. 1891 . 
23. Krösing. Zur Kenntniss der Darier’schen Dermatose. Monatshefte 
für Dermat. 1892, 15. Bd 24. Bo wen. Un Cas de Keratose folliculaire 
Annales de Dermatol. Jan. 1898. 


Erklärung der Abbildungen auf Taf. XII n. XIII. 

Fig. 1. Photographische Aufnahme der 1. Halsseite von Pat. II. 

Fig. 2. Photographische Aufnahme der rechten Ellbogenbeuge von 
Pat, II. 

Fig. 3. Knötchen vom Fall I. Schwache Vergrösserung. o) Ver¬ 
breiterte Ilornschicht, b) Aufgelockerte Stachelzellenschicht, c) Haarbalg. 
<1) Schweissdrüsenausführungsgang. 

Fig. 4. a. b . c, d, e. Verschiedene Zellformen aus den oberen 
Staehel/.ellenreiken des Knötchens. Oelimmersionsvergrösserung. o) und b) 
Zellen mit schmalem, hellen Hof zwischen Kern und Protoplasma, c) Zelle 
mit breitem Hof um den Kern herum, c?) Zelle mit grossem, hellen 
Innenraum und Verdrängung des Kerns an die Seite, e) Zelle mit 
hellem Innenraum und nicht färbbarem Kern. 

Fig. 5. Knötchen vom Fall II. Einsenkung eines Hornzapfens 
über dein Haar balg a. 


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Aus der Klinik des Herrn Prof. Lesser in Berlin. 


Die Antipyriuexantheme. 

Von 

Dr. Hugo Apolant 

in Berlin. 


Die vorliegende Arbeit stellt einen Versuch dar, durch 
eine übersichtliche Zusammenstellung und eingehende Analyse 
des umfangreichen, in der Litteratur aufgespeicherten, casuis- 
tischen Materials sowie durch experimentelle Beobachtung am 
eigenen Körper die als Nebenwirkungen des Antipyrins auftre¬ 
tenden Ex- und Enantheme dem Verständnis näher zu bringen. 
Mit Recht hat Jadassohn (136) noch im Jahre 18'J5 in der 
Einleitung seines ausgezeichneten Vortrags auf dem Grazer 
Congress auf die Kluft hingewiesen, die zwischen dem UmfaDg 
der in den letzten Decennien enorm angewachsenen Litteratur 
über die Arznei-Exantheme und dem positiven Fortschritt in 
der Erkenutniss ihrer Natur besteht. Ist einerseits die Hoff¬ 
nung berechtigt, dass ein tieferes Eindringen in das Wesen 
dieser ätiologisch klaren Dermatosen das Verständnis der Pa¬ 
thogenese zahlreicher, in ihren Erscheinungsformen analoger, 
idiopathischer Hauterkrankungen fördern wird, so darf doch 
andererseits nicht übersehen werden, dass uns auch hier wie 
leider so häufig in der Dermatopathologie ein wichtiger, wenn 
nicht der wichtigste Weg, um in der Erkenntnis fortzuschreiten, 
verschlossen ist, das Tierexperiment. Wie die epidermoidalen 
Gebilde in der phylogenetischen Entwicklung überhaupt die 
grössten Variationen aufweiseu, so hat speciell die menschliche 
Haut, wie kein anderes Organ, eine eigenartige, für die Noso¬ 
logie hoch bedeutsame Differenzierung erlitten, die das nus- 


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scliliessliche Vorkommen der überwiegenden Mehrzahl aller 
Dermatosen beim Menschen bedingt. Die Erfahrungen am Tier 
werden daher zur Erklärung der vorliegenden Fragen nur in¬ 
soweit verwertet werden können, als gewisse am Gefäss- und 
Nervensystem sich dokumentierende Vergiftungssymptome das 
Auftreten mancher Hauterscheinungen verständlich zu machen 
geeignet ist. Im wesentlichen sind wir aber doch auf die kli¬ 
nische Beobachtung und das Experiment am Menschen selbst 
angewiesen. 

Nirgends ist das Bestreben, aus Einzelbeobachtungen all¬ 
gemeine Schlüsse zu ziehen, verlockender und gleichzeitig irre¬ 
führender als bei den Arzneiexanthemen, eine Thatsache, aus 
der sich die Nothwendigkeit einer individuellen Betrachtung 
jedes einzelnen Medicamentes ergiebt. Andererseits erfordert 
die ausserordentliche Polymorphie der Arznei-Exantheme eine 
in dem Rahmen eines einzigen Mittels möglichst ausgedehnte, 
alle Erscheinungen berücksichtigende Betrachtung, zumal auch 
bei demselben Medicament und gleicher Anwendungsweise den 
einzelnen Ausschlagsforrnen nicht immer dieselbe Pathogenese 
zuzukommen scheint. Für das Antipyrin liegt eine derartige 
umfassende monographische Abhandlung nicht vor. Wohl ist 
von manchen Autoren gelegentlich der Veröffentlichung einzel¬ 
ner Fälle der wesentlichen bis dahin bekannt gewordenen 
Exanthemformen Erwähnung geschehen, doch können weder 
diese Arbeiten noch die ausführlicher gehaltenen französischen 
Thesen wie die von Clement (52) und Guilloud (119) auf 
genügende Vollständigkeit und Kritik Anspruch erheben. 

Ein nicht unwichtiger Grund für die Mangelhaftigkeit 
unserer Kenntnisse von der Pathogenese der med:camentösen 
Dermatosen dürfte in dem Umstand liegen, dass man in den 
an sich schon so schwierigen Gegenstand durch Aufstellung 
unhaltbarer Dogmen immer neue Verwirrung gebracht hat. So 
ausgezeichnete und bahnbrechende Untersuchungen wir auch 
K ö b n e r (145) auf dem Gebiete der Arznei-Exantheme ver¬ 
danken, so wenig darf doch verkannt werden, dass die von 
ihm in schärfster Form vertretene prinzipielle Scheidung dieser 
Dermatosen nach der Applicationsweise jedem Fortschritt 
lähmend in den Weg getreten ist. Trotzdem eiue Anzahl Be- 


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Die Antipyrinevantheme. 


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obachtungen wie die von Lesser (157) über das Quecksilber- 
Exanthem Vorlagen, aus denen hervorging, dass die Anwendungs- 
methode des Medicaments unmöglich als Eintheilungsprincip zu 
Grunde gelegt werden kann, so hat doch Köbner (144) noch 
auf dem Berliner Naturforscher-Congress seinen Standpunkt 
voll und ganz aufrecht ei halten. In neuerer Zeit ist ihm be¬ 
sonders Jadassohn (136) entgegengetreten, und ich selbst 
glaube in der vorliegenden Arbeit Tbatsachen anführen zu 
können, die für gewisse Formen des Antipyrin-Exanthems die 
Applicationsweise als absolut bedeutungslos erscheinen lassen. 

Gänzlich unwissenschaftlich, wenngleich vielfach ange¬ 
wendet, ist der Versuch, die Arznei-Exantheme ausschliesslich 
nach der Form der Efflorescenzen zu gruppiren. Der 
Grundfehler einer derartigen Eintheilung liegt in dem Verkennen 
der Thatsache, dass die Efflorescenzform häufig nur eine 
Function der Intensität des Processes ist. Ob eiu Erythem¬ 
fleck als solcher wieder verschwindet, ob er eine ödematöse, 
quaddelartige Beschaffenheit annimmt oder bullös wird und 
nach Platzen der Blase zu oberflächlich geschwürigen Processen 
Veranlassung gibt, ist für seine ontologische Auffassung gänz¬ 
lich gleichgiltig. Daraus ergibt sich weiter, dass unter Um¬ 
ständen ein über grössere Strecken des Körpers verbreiteter 
bullöser pemphigusartiger Ausschlag doch in die Gruppe des 
localisirten Erythems einzureihen ist, während ein über beide 
Vorderarme ausgedehntes masernartiges Erythem in eine ganz 
andere Gruppe gehört. Der einzige rationelle Classificationsweg 
kann sich, wie oben angedeutet, nur aus der genauen Kenntniss 
der pharmakologischen Wirkung des Mittels ergeben, 
eine Bedingung, die sich bisher leider nur in unvollkommenem 
Masse hat erfüllen lassen. Trotzdem verfügen wir betreffs 
des Antipyrins jetzt über Erfahrungen, die uns den Angriffs¬ 
punkt des Mittels bei einer grossen und charakteristischen 
Exanthemgruppe mit einer an Sicherheit grenzenden Wahr¬ 
scheinlichkeit bestimmen lassen. Da indessen unser diesbezüg¬ 
liches Wissen noch Stückwerk ist, so dürfte es sich empfehlen, 
unter Benutzung des positiv Eruirten und steter Berücksichtigung 
des Ensembles der Erscheinungen eine Eintheilung der Exan¬ 
theme von allgemeineren klinischen Gesichtspunkten aus zu 


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versuchen, wobei ein einseitig dermatologischer Standpunkt 
verlassen werden muss. Man kann aus dein Umstand, dass 
auch so häufig keine scharfe Abgrenzung der einzelnen Gruppen 
zu erzielen ist, und die Einreihung mancher Fälle Zweifeln 
unterliegt, dem Princip als solchem keinen Vorwurf machen, 
denn bei der Polymorphie der medicamentösen Dermatosen 
werden continuirliche Uebergangsformen jedem klinischen 
Systematisirungsversuch hinderlich im Wege stehen. Bei der 
Fülle des in der Literatur aufgespeicherten Materials muss von 
einer ausführlichen Wiedergabe der einzelnen Krankengeschichten 
Abstand genommen werden. Ich beschränke mich vielmehr dar¬ 
auf, für die einzelnen zur Sprache kommenden Punkte ein 
oder wenige charakteristische Beispiele im Auszuge anzuführen, 
während die übrigen mir zugänglich gewordenen Fälle alpha¬ 
betisch geordnet am Schluss der Arbeit zusammengesfellt wer¬ 
den sollen. 

Man tlieilt die Antipyrin-Exantheme zweckmässigerweise 
in zwei grosse Gruppen, in die localisirten und in die 
universell d i s s e m i n i r t e n. 


A. Das localisirte Exanthem. 

Wir verdanken dieKenntniss dieses weitaus interessantesten, 
vielgestaltigen und den Begriff der Idiosynkrasie besonders scharf 
zum Ausdruck bringenden Form der ausgezeichneten Darstellung 
Brocq's ( 38 ). Freilich ist das, was Brocq als besonderen, 
klinisch engbegrenzten Typus hingestellt hat, nur ein specieller 
Fall der in diese Gruppe gehörenden Exantheme, der aber 
gerade wegen der Einfachheit und Prägnanz seiner Symptome 
das Verständniss auch der complicirteren Formen wesentlich 
erleichtert. 

Zunächst entsteht die Frage, was haben w T ir unter einem 
localisirten Erythem zu verstehen und welche Merkmale 
grenzen es von den später zu besprechenden Ausschlags¬ 
formen ab? Die Frage ist durchaus nicht so einfach zu be¬ 
antworten, als es auf den ersten Blick scheinen möchte 
Fassen wir freilich zwei extreme Fälle ins Auge und stellen 


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--:- - j 



Die Antipyrinexantheme. 


349 


einer universellen Urticaria mit bald hier, bald da auf- 
schiessenden Quaddeln oder einem universellen, stellenweise 
confluirten morbillösen Exanthem einen anderen Fall gegen¬ 
über, in dem nach jedesmaligem Antipyringebrauch aus¬ 
schliesslich ein einziger thalergrosser Fleck am distalen Ende 
der rechten Tabatiere auftritt, so wird Niemand darüber im 
Zweifel sein, was er als localisirte Form ansprechen soll. 
Anders verhält es sich jedoch, wenn wir ein auf die Streck¬ 
seiten der Hände und Vorderarme beschränktes Erythema 
urticatum mit einem über grosse Strecken des Körpers ver¬ 
breiteten, aus regellos hingestreuten Flecken, Blasen und Pig- 
mentationen sich zusammensetzenden Erythem vergleichen, 
welches letztere in dem bunten Durcheinander der Erschei¬ 
nungen lebhaft an eine Dermatitis herpetiformis erinnert. Man 
könnte an der Berechtigung zweifeln, derartige generalisirte 
Formen noch unter die localisirten Exantheme zu rechnen, und 
doch lässt sich zuweilen in eclatanter Weise zeigen, dass diese 
universellen Ausschläge sich erst allmälig aus einem oder 
wenigen Erythemflecken entwickelt haben, indem bei jeder 
folgenden Attaque zu den alten immer recidivirenden Erup¬ 
tionen neue hinzukommen, bis schliesslich eine beträchtliche 
Ausbreitung erreicht ist. Die Ausbreitung kann also nicht 
das entscheidende Moment abgeben. Dieses ist vielmehr in 
dem Wesen der Einzelefflorescenz begründet. Wir verstehen 
im vorliegenden Fall unter Localisation das Befallenwerden 
einer scharf begrenzten Hautpartie, deren Grösse und Form 
vermuthlich von speciellen Verhältnissen der Gefäss- und 
Nervenvertheilung abhängt. Die Einzelefflorescenz bewahrt 
beim localisirten Exanthem — und darauf ist das Haupt¬ 
gewicht zu legen — stets den Charakter der Individualität, 
oder bildet, anders detinirl, den Ausdruck einer scharf be¬ 
grenzten localen Idiosynkrasie, während die Urticaria-Quaddel 
und die Einzelefflorescenz eines noch so beschränkten morbil¬ 
lösen Exanthems nur als Theil des Ganzen aufgefasst werden 
kann. Verschiedene Thatsachen sprechen dafür, dass die Be¬ 
dingungen für das Zustandekommen des localisirten Antipyrin- 
Exanthems in peripher gelegenen, anatomischen oder physiolo¬ 
gischen Differenzen beruhen, die keiner centralen Beeinflussung 


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unterliegen, ein Punkt, der das völlig unsymmetrische Auftreten 
und die ans wunderbare grenzende Neigung zu localen Reci- 
diven einigermassen verständlich macht. 

Von einer strengen Classification der hier in Betracht 
kommenden Formen sehe ich ab, weil die klinischen Bilder 
nicht nur continuirlich in einander übergehen, sondern auch 
so mannigfache Combinationen aufweisen, dass jeder Systema- 
tisirungsversuch gekünstelt erscheinen uud die Sache selbst 
wenig fördern würde. Es wird vielmehr zweckmässig sein, 
von den einfachen Fällen allmälig zu den complicirten fortzu¬ 
schreiten, wobei ich mir Vorbehalte, gewisse durch die Gleich¬ 
artigkeit der Symptome ausgezeichnete Formen gemeinsam ab¬ 
zuhandeln. 

Der einfachste Typus des localisirten Exanthems ist die 
eruption erythemato-pigmentee von Brocq, als 
deren wesentliche Charaktere dieser Autor die scharfe Be¬ 
grenzung, die stets folgende Pigmentation, sowie die absolute 
Constanz der Localisation angibt. Als ein ganz reiner, mit 
allen charakteristischen Merkmalen ausgestatteter Fall kann 
der folgende angesehen werden. 

Benzler (14). Bei einem 30jährigen Arzt tritt mit absoluter 
Constanz nach einer einmaligen Antipyrindosis in wenigen Stunden und 
unter brennendem Gefühl ein hochrot her, etwas erhabener, scharf ab¬ 
gegrenzter, 1*4 Cm. im Durchmesser betragender Fleck am distalen Ende 
der rechten Tabatiere auf, der nach einigen Tagen unter Schuppung 
schwindet, aber noch Wochen hindurch eine dunklere Pigmentirung er¬ 
kennen lässt. 

Da dieser Fall geradezu als Paradigma anzusehen ist, so 
können neben den schon von Brocq angeführten noch folgende 
Punkte als diagnostisch wichtige Kennzeichen aufgestellt werden. 
1 >us Erythem kommt nach einer einmaligen Dosis in verhältniss- 
niä sig kurzer Zeit, spätestens nach einem Tage zum Vorschein, 
doch werden wir Fälle kennen lernen, in denen sich die ersten 
Symptome schon nach einigen Minuten bemerkbar machten. 
Fast ausnahmslos geht seinem Auftreten ein eigentümliches 
Brennen resp. Jucken voraus, das zuweilen längere Zeit anhält 
und durch das unvermeidliche Kratzen zu Erosionen und deren 
Folgezuständen lühren kann. Der Fleck selbst, der zuweilen 
eine recht ansehnliche Grösse aufweist — in einem Fall von 


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Die Antipyrinexantherae. 


351 


Brocq betrugen die Durchmesser in der Lumbargegend 8 und 
5 Cm. — und eine runde bis ovale Gestalt hat, bildet einen 
acuten Congestivzustand, welcher sich in der anfangs hocli- 
rothen Farbe, in der gesteigerten Temperatur und der geringen, 
eine eigenthümliche Consistenz bedingenden serösen Durch¬ 
tränkung documentirt. Von dem im allgemeinen für die 
Antipyrin-Exantheme geltenden Satz, dass ihr Bestand um so 
flüchtiger ist, je schneller sie nach der Einverleibung des 
Medicamentes auftreten, macht das loealisirte Erythem eine 
bemerkenswerthe Ausnahme. Es kann geradezu als eins der 
dauerhaftesten Antipyrin-Exantheme angesehen werden, da es 
mindestens mehrere Tage, häufig aber selbst Wochen hindurch 
besteht. Entsprechend der in den angegebenen Momenten sicli 
äuse-ernden Intensität des Processes findet die Involution unter 
Schuppenbildung statt, während gleichzeitig die anfangs liell- 
rotlie Farbe in eineu gesättigt dunkelbraunrothen Ton über¬ 
geht. Die stets folgende Pigmentation kann bei häufig wieder¬ 
kehrenden Recidiven eine dauernde werden und pflegt in diesem 
Falle ein grauliches Timbre anzunehmen. Dieser letztere Punkt 
wird durch folgenden Fall illustrirt. 

Jullien et Sibut (142). Bei einer Frau, die seit 12 Jahren 
Antipyrin nimmt, besteht in der Lumbargegend ein dunkelgrauer, ovaliirer 
Fleck, der sich seit 6 Jahren nach einer jedesmaligen Einnahme von 1*0 Anti- 
pyriu wieder frisch röthet. 

Das ausschliessliche Auftreten eines einzigen Fleckes ge¬ 
hört zu den Seltenheiten, doch muss berücksichtigt werden, 
dass gewiss viele Fälle wegen der geringen subjectiven Er¬ 
scheinungen gar nicht zur Kenntniss des Arztes gelangen. 
Doch lässt sich selbst aus deu wenigen in der Literatur mit- 
getheilten Beobachtungen entnehmen, dass weder eine Bevor¬ 
zugung gewisser Körperregionen bestellt, noch überhaupt eine 
handgreifliche anatomische oder physiologische Unterlage zur 
Erklärung der Localisation nachweisbar ist. Was von dem 
einzelnen Fleck gilt, lässt sich in erhöhtem Grade von mehreren 
gleichzeitigen Eruptionen sagen, da in diesen Fällen zu der 
Unerklärbarkeit der Einzellocalisation die Unmöglichkeit hinzu¬ 
kommt, irgend eine Beziehung der Efflorescenzen zu einander 
zu ermitteln. Es besteht somit als charakteristisches Zeichen 
eine ausgesprochene Asymmetrie. 


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Brocq (33). Bei einer 25jährigen Frau tritt stets nach einer ein¬ 
maligen Antipyrindosis unter heftigem Brennen ein ovalärer, etwas infil- 
trirter Erythemfleck von 3:2 Cm. Durchmesser am vorderen Theil des 
linken Handgelenks und ein etwas kleinerer an der lateralen Seite des 
rechten Halses auf. Beide lassen eine Pigmentation zurück. 

Ducastel (75). Ein 40jähriger Mann bekommt stets nach einer 
einmaligen Antipyrindosis unter brennendem Gefühl 4 Erythemflecke und 
zwar auf dem linken unteren, etwas aufgedunsenen Augenlid, auf der 
linken Thoraxwand unterhalb der Brustwarze, der rechten Abdominal¬ 
wand und an der Wurzel des Penis. 

Den folgenden Fall, der schon eine universellere Ausbreitung 
zeigt, verdanke ich der liebenswürdigen Mittheilung von Herrn 
Prof. Lesser (156). 

Bei einem 43jährigen Herrn, welcher im Jahre 1896 ein in drei 
Wochen heilendes Geschwür im Sulcus coronarius acquirirte, waren am 
2. Jänner 1897 eine Anzahl zehnpfennigstückgrosser, pigmentirter Flecken 
am After, vier linsen- bis zehnpfennigstückgrosse am linken Oberschenkel, 
ein gleicher am rechten Handrücken und auf der Dorsalseite des liuken 
Zeigefingers zu constatiren. Bei einer im Februar recidivirenden Eruption, 
die unter dem Bilde des Eryth. exsud. multif. genau die gleiche Locali- 
sation aufwies, gesellten sich ein die äussere Partie der Glans einnehmen¬ 
der, auf die Penishaut übergreifender Fleck und mehrere kleine auf der 
linken Seite und um die Harnröhrenmündung hinzu. Die Hämorrhoiden 
waren geröthet, geschwollen und empfindlich. Aus dem objectiven Be¬ 
funde wurde die Diagnose auf ein Antipyrinexanthem gestellt, zumal 
Patient zugab, vor der letzten Attaque Migränin genommen zu haben. 
Durch experimenti causa verabfolgte Dosen von Migränin und später von 
reinem Antipyrin konnte die Diagnose erhärtet werden. 

Einen Fall von noch universeller ausgebreitetem Erythem 
theilt Duhourcau (77) mit. 

Bei einem jungen Mädchen, das früher an Eczemen gelitten hat, 
traten eine Viertelstunde nach 0’5 Antipyrin am ganzen Körper grosse 
Erythemflecke auf, die heftig juckten und in den folgenden Tagen eine 
sehr dunkle, braunrothe Färbung annahmen. Unter starker Schuppung 
trat allmälig Heilung ein. Während der Dauer des Exanthems machte 
sich bei der Pat. eine grosse Schwäche bemerkbar, der Urin enthielt kein 
Eiweiss. Sie scheint nach Antipyrin schon einmal den gleichen Ausschlag 
gehabt zu haben. 

Ob die von Clement (52) mitgetheilte Beobachtung, der 
zufolge bei einem Studenten der Medicin nach 0‘5 Antipyrin 
stark juckende rothe Flecken auf allen Gelenkbeugen auftraten, 
die sich nach weiteren 0’5 am ganzen Körper zeigten und drei 
Tage bestanden, in diese Gruppe zu rechnen ist, muss bei der 
ungenauen Beschreibung dahingestellt bleiben. 


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Die Antipyrinexantheme. 


353 


Die Neigung aller Erytheme, die Schleimhäute zu afficiren, 
kommt auch dem localisirten Antipyrin-Erythem zu. Ja zuweilen 
beherrscht die Schleimhautaffection das klinische Bild so voll¬ 
ständig, dass die Erscheinungen auf der äusseren Haut gänz¬ 
lich in den Hintergrund gedrängt werden. Im Gegensatz zu 
den diffus auftretenden Exanthemen, bei denen der Erythem- 
Charakter auch auf der Schleimhaut gewöhnlich erhalten bleibt, 
neigt das loealisirte gerade hier zur Blasen- und Geschwürs¬ 
bildung. Nur selten bleibt diese Umwandlung aus, wie in dem 
folgenden Fall. 

Ehr mann (82). Bei einer Frau zeigte sich 6 Stunden nach 
l’O Antipyrin ein macuio-squamöses, nicht juckendes Erythem auf der 
Flachhand, ein kreuzer- bis guldenstückgrosses auf Bauch- und Schulter¬ 
gegend, sowie linsengrosse, geröthete, mit vergrösserten Papillen besetzte 
Stellen an der Zungenspitze. Letztere jucken. Die Affection dauerte 
8 Tage. 

Trotz des auf der Haut fehlenden Juckens kann dieser 
Fall kaum anders denn als localisirtes Erythem aufgefasst 
werden. 

Die Natur einer Efflorescenz ist stets das Product von 
Factoren, die einerseits in dem Wesen und der Intensität des 
pathologischen Processes und andererseits in den anatomischen 
und physiologischen Verhältnissen der Haut bestehen. Wir 
sehen daher an denjenigen Stellen, welche sieb, wie die Lippen 
und Genitalien, durch eine besonders zarte Haut auszeichnen, 
mit Vorliebe Blasen auftreten, obgleich es unmöglich ist, eine 
für alle Fälle feststehende Norm aufzustellen. 

Fournier (Clement) (52) beobachtete bei einem Herrn constant 
nach der geringsten Menge Antipyrin das Auftreten einer papulösen, 
später vesiculös werdenden Efflorescenz auf dem Penis. 

Brocq (33) erwähnt einen 23jährigen Mann, der jedes Mal nach 
einer einmaligen Antipyrindosis Flecken und Blasen am Präputium und 
Penis, zuweilen auch am Scrotum und an den Handgelenken bekommt. 

Es ist sehr misslich, bei Arznei-Exanthemen allgemeine 
Regeln aufzustellen, denn stets wird man auf Fälle stossen, die 
aller Theorie Hohn sprechen. So kommt es gelegentlich auch 
yor, dass ein Erythemfleck am Penis als solcher bestehen 
bleibt, während auf der Flachhand eine Blasenbildung eint ritt. 
Die diesbezügliche, auch sonst sehr interessante Beobachtung 

Archiv f. Dermat. u. Syphil. Band XLVI. 23 


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Apol ant. 


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Fourniers (52) zeigt in schöner Weise, von wie grosser 
diagnostischer Bedeutung ein winziges Bläschen werden kann. 

Bei einem Manne, den F. seit 7 Jahren an Lues behandelt, und 
der ausserdem an Migräne leidet, treten plötzlich auf der Palma manu9 
6 täuschend der syphilitischen Psoriasis palmaris ähnelnde Flecke von 
der Grösse eines 50 Centimes- bis 2 Franc-Stücks auf. F. stellt in der 
That die Diagnose auf Lues und wird in derselben bestärkt, als sich nach 
einem Monat zu den abermals aufgetretenen Flecken eine papulo-squa- 
möse Plaque an der unteren Seite der Glans hinzugeBellt. Plötzlich ent¬ 
deckt er auf einem der Flecken in der Vola eine kleine Blase, die ihn 
dann bald die wahre Aetiologie ermitteln lässt. Der Ausschlag trat stets 
einen Tag nach 0*5 bis l'OAntipyrin auf und befiel bei einem der späteren 
Schübe auch das Scrotum. 

Auf die Mittheilung weiterer Fälle von combinirten Flecken 
und Blasen auf der Haut kann ich an dieser Stelle verzichten, 
da dieselben kein specielleres Interesse bieten. 

Stärker als zwischen zwei Hautpartien tritt in der 
Efflorescenzforni der Gegensatz zwischen Haut und Schleim¬ 
haut hervor. Der sehr viel lockere Bau der letzteren, die 
Zartheit der epithelialen Decke, verbunden mit den mannig¬ 
fachen mechanischen Insulten, denen namentlich die Mund¬ 
schleimhaut ausgesetzt ist, bedingt es, dass gerade hier Blasen 
und oberflächliche Erosionen zu den gewöhnlichsten Erschei¬ 
nungen gehören. 

Bo ums (27). Bei einem an Neuralgie leidenden Mann treten 
nach 1**2 Antipyrin in einer halben Stunde unter Speichelfluss und Jucken 
auf der Lippen-, Wangen- und sublingualen Schleimhaut Flecke auf, die 
sich in 24 Stunden in oberflächliche, ziemlich schnell heilende Geschwüre 
umwandeln. Die Affection wurde zweimal beobachtet. 

Auch diejenigen Fälle, in denen das erythematöse Anfangs¬ 
stadium nicht beobachtet wird, müssen trotz der klinischen 
Besonderheiten, die sie bieten, zum localisirten Erythem ge¬ 
rechnet werden, weil sie einerseits in derselben typischen 
Weise in loco recidiviren und sich andererseits mit dem reinen 
Hauterythem combiniren können. Dabei braucht bezüglich der 
Heilungsdauer die bullöse Eruption durchaus nicht immer als 
die schwerere angesehen zu werden. 

Veiel (246). Bei einem 33jährigen Kaufmann tritt nach 1*5 Anti¬ 
pyrin in anderthalb Stunden starkes Prickeln an den Lippen mit Schwellung 
und Böthung auf. Körpertemperatur 39’2. Am folgenden Tage zeigen 
sich nach Abfall des Fiebers Blasen am harten Gaumen, sowie röthliche 


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Die Antipyrinexantheme. 


355 


Flecken in den Handtellern, Fasssohlen and am Scrotam. Die Blasen 
verschwanden in 6 Tagen, die Flecken erst nach drei Wochen. Die 
Affection wiederholte sich mehrmals nach Antipyrin mit stets gleicher 
Localisation. 

Tritt die Schleimhaut-Affection besonders heftig auf, so 
kann durch die meist erheblichen subjectiven Beschwerden, sowie 
durch die Beeinträchtigung der Nahrungsaufnahme das All¬ 
gemeinbefinden im hohen Grade gestört werden. Eine ein¬ 
gehende, hierher gehörige Schilderung verdanken wir der 
Selbstbeobachtung von 

Brasch (29). B. hat früher Antipyrin selbst in Dosen von 2*0 
gegen Kopfschmerzen genommen, ohne dass sich Nebenerscheinungen 
zeigten. 

Im August 1892 trat plötzlich unter Jucken und Prickeln eine 
Schwellung des Lippenroths der linken Oberlippe auf mit Bildung einer 
bohnengrossen Blase, die nach spontaner Eröffnung alsbald zur Heilung 
kam. Am 12. December 1892 entsteht neben einem schnell vorüber¬ 
gehenden Oedem der Lider des linken Auges eine etwas weiter greifende 
Schwellung der linken Ober- und rechten Unterlippe mit Bildung von 
Blasen und oberflächlichen Geschwüren, sowie an den Zungenrändem 
gruppirte, zu Blasen und Plaques sich umwandelnde Flecke mit starken 
subjectiven Beschwerden. Ferner zeigte sich an der linken dorsalen 
Eichelgegend, sowie in der Mitte des dorsalen Theiles des Sulcus coro- 
narius eine fünfpfennigstückgrosse Schwellung und Röthung mit folgender 
Schorfbildung und langsamer Heilung unter Zurückbleiben einer Pig- 
mentation. Während dieser Attaque wurde ein leichter Schnupfen be¬ 
obachtet. 

Am 19. März 1893 trat eine Stunde nach dem Einnehmen von 
1*0 Antipyrin ein starkes entzündliches Oedem der Lider des linken 
Auges mit schleimigeitriger Conjunctivitis auf. An der linken Ober' und 
rechten Unterlippe Schwellung mit Bildung von Blasen und fibrinös-eitrig 
belegten Geschwüren, desgleichen an der Zunge. Heftige Rhinitis mit 
Schorfbildung. Consecutive Tonsillen- und Drüsenschwellung. Flache 
Penisgeschwüre. Starke Beschwerden. 

Am 21. April 1893 treten schon 10 Minuten nach der Einnahme 
von 1*0 Antipyrin die heftigen Symptome des letzten Anfalls auf, zu 
denen sich eine Eruption am Anus und Scrotum, Schwellung und Jucken 
an der Fingerspitze, sowie Spannungsgefühl in der Haut über den Inter- 
phalangealgelenken hinzugesellen. An der Lippengrenze bestehen persi- 
stirende Pigmentflecke. 

Erst bei dem letzten Anfall wurde ihm die Aetiologie wegen des 
überaus schnellen Auftretens klar. Er erinnert sich nicht genau, vor den 
ersten beiden Attaquen Antipyrin genommen zu haben, hält es aber bei 
•der Analogie der Erscheinungen für ziemlich sicher. 

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Dieser Fall ist eins der schönsten Beispiele erworbener 
und allmälig gesteigerter Idiosynkrasie, die uns noch ein¬ 
gehender beschäftigen wird. 

Eines der ausgedehntesten bullösen Antipyrin-Exantheme 
beobachtete Petrini (193). Der Fall ist besonders deswegen 
interessant und bemerkenswerth, nicht nur, weil das Recidiviren 
in loco trotz der Generalisation beobachtet werden konnte, 
sondern auch, weil nach einer geringeren Dosis das Exanthem 
nur in Form eines Erythems auftrat. Mithin vereinigt dieser 
Fall die beiden wichtigsten Beweismomente für die Einreihung 
des pemphigoiden universellen Exanthems in die Gruppe des 
localisirten Erythems. 

Petrini. Eine 22jährige Frau, die an Kopfschmerzen litt, soll 
vor drei Monaten angeblich nach einem Chininpulver Jucken und Blasen 
am Körper und im Munde bekommen haben, die in 8 Tagen heilten. 

Vor einer Woche traten unmittelbar nach 2 Pulvern Antipyrin + Chinin 
(Dosis ist nicht angegeben) erhöhte Temperatur, beschleunigtes Athmen und 
universelles Hautjucken und Brennen auf. 2 Stunden später folgte ein sehr 
bald in das bullöse Stadium übergehendes, am Handrücken beginnendes 
und an den verschiedensten Stellen des Körpers auftretendes Exanthem. 
Auch die Augenlider, inneren Lidwinkel und Lippencommissuren sind be¬ 
fallen, Gaumen- und Mundschleimhaut mit Erosionen bedeckt. Die Blasen 
sind von verschiedener Grösse, die grössten sitzen an der Brustwarze^ 
Der Process dauerte 10 Tage. Probeweise gegebenes Chinin machte keine 
Erscheinungen, dagegen rief eine neue Dosis Antipyrin sofort Unruhe» 
heftiges Jucken, Schwellung des Gesichts, der Augenlider und Lippen 
hervor, welchem Symptomencomplex sich auf eine abermalige Gabe von 
2*0 Antipyrin die Entwickelung des gleichen Exanthems an genau den¬ 
selben Stellen anschloss. Der Ausschlag ergriff dieses Mal auch die 
Vaginal-Schleimhaut und grossen Labien und brauchte 19 Tage zur 
Heilung. Bald darauf erzeugte 1*0 Antipyrin, in Lösung gegeben, ein 
universelles juckendes Erythem mit Schleimhautröthung, aber ohne 
Blasenbildung, das in 3 Tagen schwand. Im Urin befinden sich hyaline 
Cylinder, Nierenbecken- und Blasenepithelien, Eiterkörperchen, sowie 
0*3%o Albumen. 

Es ist ein scheinbarer Widerspruch, dass gerade das 
localisirte Erythem, dem wir, wie schon erwähnt, unbedingt 
die höchste Intensität des Processes unter den Antipyrin- 
ausschlägen zuerkennen müssen, viel weniger als andere 
Formen zu Hämorrhagien neigt. Der Grund hierfür dürfte 
darin liegen, dass das Auftreten von Hautblutungen in einem 
Theil der Fälle eine hämorrhagische Diathese voraussetzt, bei 


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Die Antipyrinexantheme. 


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welcher der Hautausschlag nur die Rolle eines veranlassenden 
Momentes spielt, während die wahre Ursache in einer All¬ 
gemeinerkrankung zu suchen ist. So erklärt es sich, dass, wie 
wir noch eingehender zu besprechen haben, gerade das morbil- 
lÖ8e, auffallend häufig bei der Antipyrinbehandlung von Typhen 
auftretende Erythem, dem sonst eine besondere Intensität und 
Bedeutung nicht zuerkannt werden kann, unter den hämor¬ 
rhagischen Exanthemen den höchsten Procentsatz liefert. Dass 
indessen auch beim localisirten Erythem in einer für diese 
Form durchaus charakteristischen Weise Blutungen auftreten 
können, beweist die Beobachtung von 

Grandclement (116). Ein Mann nahm mit grossem Frfolg jedes 
Mal ein bis zwei Pulver von 0*5 bis 1*0 Antipyrin gegen 4 bis 5mal 
wöchentlich auf:retende Anfälle von glaucomatösem Kopfschmerz, bis 
plötzlich nach 8 Monaten auf jede Antipyrindosis am Handrücken, in der 
Umgebung des Auges und am After Ecchymosen von der Grösse eines 
Fünfgroschenstücks auftraten, die nach 8—10 Tagen verschwanden. 

Die beiden Mittheilungen von Antusewitsch (3) und 
Verneuil (247), denen zufolge nach subcutanen Antipyrin- 
Injectionen Gangrän auftrat, können nicht als einwandsfrei an¬ 
gesehen werden, da es sich in dem einen Fall (Antusewitsch) 
um einen Flecktyphus handelte, der auch sonst gelegentlich zu 
gangränösen Processen Veranlassung gibt, während in dem 
anderen (Verneuil) auch ohne Antipyrin-Medication einmal 
Gangrän beobachtet wurde. 

Hiermit beschliesse ich zunächst die systematische Be¬ 
sprechung des casuistischen Materials, um mich der Erörterung 
allgemeiner Gesichtspunkte zuzuwenden. 

In der Lehre von der Pathogenese der medicamentösen 
Dermatosen spielt leider die Idiosynkrasie noch immer 
eine so dominirende Rolle, dass ihr eine eingehende Besprechung 
nicht vorenthalten werden kann. Die Empfindlichkeit des 
Körpers gegen Antipyrin muss im allgemeinen als eine seltene 
Erscheinung angesehen werden, worauf auch Wechselmann 
(256) aufmerksam macht. So gibt z. B. Ganghofner (101) 
an, 93 Fälle von Keuchhusten selbst lange Zeit mit Antipyrin 
behandelt und niemals Hauterscheinungen beobachtet zu haben. 
Auch Moncorvo (179) sah bei einem Material von 200 Fällen 
nur in 1 % nichtssagende Erytheme auftreten. Guttmann (120) 


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betont, dass in 57 Fällen, die zum Theil sehr hohe Dosen 
(4 - 0 als Einzel- und 9'5 als Tagesdose) erhielten, nur gelegent¬ 
lich Erbrechen als einzige Nebenwirkung beobachtet wurde. 
Falkenstein gab selbst 15'0 in 24 Stunden und 49*0 bis 
51 - 0 in 8 Tagen, ohne die geringsten Hauterscheinungen wahr¬ 
zunehmen. Die Angaben anderer Autoren {lauten allerdings 
wesentlich anders. So sah z. B. Sarah Welt (258) ein 
Exanthem in fast 10°/ 0 der Fälle auftreten, Laroux 16 mal 
unter 60 Fällen. Alle diese statistischen Angaben sind jedoch 
speciell für das localisirte Erythem nicht brauchbar, da sie 
meist aus einer Zeit stammen, in der dasselbe noch unbekannt 
war. Eine die relative Häufigkeit der einzelnen Formen be¬ 
rücksichtigende Statistik habe ich nicht auffinden können, doch 
dürfte nach oberflächlicher Schätzung das localisirte Erythem 
als das bei weitem seltenere angesehen werden. 

Da die einzelnen Formen der Antipyrin-Exantheme be¬ 
züglich der Idiosynkrasie grosse Verschiedenheiten aufweisen, 
so dürfte es geboten sein, die einschlägigen Verhältnisse in 
jeder Gruppe besonders zu betrachten. Solange die Idiosyn¬ 
krasie nur das den fehlenden Begriff ersetzende Wort darstellt, 
wird es sich bei einer Besprechung vor allen Dingen um die 
Constatirung objectiver Thatsachen handeln müssen mit Ver¬ 
meidung kühner, die Sache selbst wenig fördernder Speculationen. 
In dem Verhalten der Idiosynkrasie besteht bei dem locali- 
sirten Erythem eine solche Mannigfaltigkeit, dass sich fast alle 
überhaupt denkbaren Möglichkeiten realisirt finden. 

Zunächst können wir vier Hauptfälle unterscheiden: 

1. Die Idiosynkrasie bleibt stets die gleiche. 

2. Sie nimmt im Laufe der Zeit zu. 

3. Sie nimmt im Laufe der Zeit ab. 

4. Sie schwankt. 

1. Gleichhleibende Idiosynkrasie. 

Unter einer gleichbleibenden Idiosynkrasie verstehen wir 
denjenigen Zustand, bei dem von der ersten überhaupt einge¬ 
nommenen Dosis Antipyrin ab nach dem gleichen Quantum ein 
nach zeitlichem Auftreten, Form, Ausdehnung, Intensität und 


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Die Antipyrinexantlieme. 


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Dauer stets gleicher Hautausschlag zu beobachten ist. Ob beim 
localisirten Erythem in dieser scharfen Begrenzung eine gleich¬ 
bleibende Idiosynkrasie überhaupt vorkommt, ist schwer zu 
entscheiden, da bei der uns erst relativ spät durch B r o c q ge¬ 
wordenen Erkenntniss des ätiologischen Zusammenhanges die 
Möglichkeit einer gelegentlich von keinen Nebenerscheinungen 
gefolgten früheren Antipyringabe nicht vollständig auszuschliessen 
ist. Dass aber die über Jahre hinaus sich erstreckende 
Constanz der Erscheinungen keinen Rückschluss darauf zulässt, 
dass sich auch in früheren Zeiten der Körper in gleicherweise 
verhalten hat, beweist der oben schon citirte Fall von Julien 
und S i b u t, in welchem 6 Jahre hindurch stets nur eine Plaque 
in der Lumbargegend recidivirte, nachdem vorher eine ebenso 
lange Zeit Antipyrin ohne irgend welche Nebenerscheinungen 
gegeben worden war. Nur mit der angedeuteten Reserve werden 
wir daher die in der Literatur sich vorfindenden Fälle in die 
Gruppe der gleichbleibenden Idiosynkrasie einreiheu können. 

2. Zunehmende Idiosynkrasie. 

Man kann sich bei einem Studium der Literatur des 
Eindrucks nicht erwehren, dass die Zunahme der Empfindlich¬ 
keit des Körpers gegen Antipyrin die Norm darstellt. Diese 
Zunahme kann sich auf 4 principiell verschiedene Weisen 
bemerkbar machen: 

a) indem die Extensität der Erscheinungen zunimmt; 

b) indem die Intensität der Erscheinungen zunimmt; 

c) indem der Process in extensiv und intensiv gleicher oder 
stärkerer Weise nach immer kleineren Dosen ein tritt; 

d) indem die Incubationszeit stetig abnimmt. 

Durch Combination aller dieser Möglichkeiten, die sich 
thatsächlich in zahlreichen Fällen realisirt finden, entsteht eine 
ausserordentliche Mannigfaltigkeit der Erscheinungen. Die an¬ 
fängliche Toleranz des Organismus gegen Antipyrin scheint auch 
dann häufig vorzukommen, wenn sich später eine sehr umfang¬ 
reiche Idiosynkrasie ausbildet. Es ist eine ganz gewöhnliche 
Erscheinung, dass selbst hohe Dosen Jahre hindurch vertragen 
werden, bis der erste Fleck auftritt, der nicht selten den Beginn 


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einer immer weiter um sich greifenden, den Körper nie wieder 
verlassenden Empfindlichkeit gegen das Mittel darstellt. 

Da nicht einzusehen ist, warum das plötzliche Auftreten 
des ersten Erythemflecks principiell anders beurtheilt werden 
soll, als das eines späteren, sich ihm zugesellendeu zweiten, so 
ergiebt sich, conlorm der in der vorigen Gruppe gegebenen 
Definition, die erworbene, aber weiterhin gleichbleibende Empfind¬ 
lichkeit des Körpers gegen Antipyrin als der einfachste Fall 
gesteigerter Idiosynkrasie. Ihm zunächst steht diejenige Be¬ 
obachtung, der zufolge sich zu einem Fleck im Laufe der Zeit 
ein zweiter hinzuaddirt. 

Dubreuilh (74). Auf der linken Wange einer 35jährigen Patientin 
trat stets nach Antipyrin ein scharf begrenzter, über das Niveau erhabener, 
rundlicher 1*5 Cm. im Durchmesser enthaltender Erythemfleck auf, zu 
dem sich bei einem der letzten Anfälle noch ein ähnlicher auf der Stirn 
hinzugesellte. 

Lemonnier (153) berichtet von einem 4fljährigen, an Grippe er¬ 
krankten Arzt, bei dem 0'5 bis 1*0 Antipyrin in 2 Stunden an Augen¬ 
lidern, Nacken und vereinzelt auch am übrigen Körper erythematose 
Plaques hervorrief mit folgender grosslamellöser Schuppung und monate¬ 
lang sichtbarer Pigmentation. Er beobachtete 3 in grösseren Zwischen¬ 
räumen auftretende Attaquen mit der Bemerkung, dass jedes folgende 
Mal die alten, dazu aber noch neue Stellen befallen wurden. 

Häufiger vielleicht noch als in der allmäligen Aus¬ 
breitung documentirt sich die Steigerung der Idiosynkrasie in 
einer Zunahme der Intensität der Erscheinungen, indem sich 
die erythematösen Flecken in Blasen umwandeln, ein Process, 
der dann bei den folgenden Recidiven wiederzukehren pflegt. 

B al 1 i n (8). Bei einem Patienten traten jedes Mal nach 0*5 Antipyrin 
an den Händen flache, leicht über das Hautniveau erhabene, gleichmässig 
rothe Scheiben von runder oder ovaler Form auf, welche heftig juckten. 
Bei den letzten Schüben, deren im ganzen 10 beobachtet wurden, ver¬ 
wandelten sich einige dieser Flecken in Blasen mit heller Flüssigkeit. 
Acht Tage nach dem Beginn der Affection desquamirte das Epithel in 
grossen Fetzen. 

Einen der interessantesten, von allen überlieferten Fällen 
gesteigerter Idiosynkrasie bildet die Beobachtung Hallo- 
peaus (125). 

Eine 50jährige hysterische Dame hat Antipyrin früher gut ver¬ 
tragen. Plötzlich tritt nach einmaliger Dosis ein Erythemfleck am linken 
Handrücken in der Gegend des Metacarpophalangealgelenks des Zeige¬ 
fingers auf. Bei einem folgenden Anfall recidivirt dieser Fleck in 


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Die Antipyrinexantheme. 


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grösserem Umfang. Einige Monate später gesellt sich ihm ein zweiter 
an der Palmarfiäche des rechten Daumens hinzu. Beide Eruptionen kehren 
mehrere Male in gleicher Weise wieder, bis nach 3 Monaten ausserdem 
ein Fleck unterhalb der linken Seite der Unterlippe sowie ein anderer 
am linken Rand der Oberlippe auftritt. Bei der folgenden Eruption nach 
einem Monat macht sich die Steigerung der Erscheinungen dadurch be¬ 
merkbar, dass die absolut gleich localisirten Flecken zum ersten Mal 
Blasenbildung aufweisen. Zu den bei der nächsten Attaque wiederkehren¬ 
den Blasen gesellte sich eine neue auf der Nase hinzu. Der so erweiterte 
Symptomencomplex wiederholte sich nach einem Monat in gleicher Weise, 
aber unter allgemeiner Unruhe, Uebelkeit und vorübergehendem Fieber. 
Da H. erst jetzt die Möglichkeit einer Antipyrinintoxication in Betracht 
zog, so wurde einige Zeit später 0*5 Antipyrin experimenti causa ge¬ 
geben. Bald darauf tritt ein dem vorigen absolut gleichendes, maculo- 
vesiculöses Erythem auf, das diesmal aber auch das Kinn und in disse- 
minirt-papulöser Form den Handrücken ergreift. Das Exanthem ist von 
Hitzegefühl im Gesicht und auf den Händen, Erregung und Angstzu¬ 
ständen begjeitet. 

Dieser Fall bietet nach mehreren Richtungen hin ein 
ungewöhnliches Interesse. Die Steigerung der Idiosynkrasie 
tritt hier in einer merkwürdigen, gleichsam arithmetischen 
Progression zu Tage. Dabei lassen sich mehrere Perioden 
unterscheiden, indem zunächst nur eine Zunahme der Extensität 
beobachtet wird, der erst späterhin auch eine Steigerung der 
Intensität folgt. Nunmehr geht beides Hand in Hand, um zu¬ 
letzt in dem Auftreten von Allgemeinerscheinungen den Gipfel¬ 
punkt zu erreichen. Ob das schliesslich beobachtete disseminirt 
papulöse Erythem auf dem Handrücken noch streng als locali- 
sirtes Exanthem aufgefasst werden kann, bleibt unentschieden, 
da von einem nochmaligen Recidiv nichts berichtet wird. 
Wir haben es daher hier möglicherweise mit einem Fall zu 
thun, der auf der Grenze zu den disseminirten Ausschlägen steht. 

Da ich in der Literatur keinen Fall finden konnte, der 
eine Abkürzung der Incubationszeit oder eine Zunahme der 
Idiosynkrasie bei Verringerung der Arzneidose als einzigen 
Ausdruck gesteigerter Empfindlichkeit des Körpers gegen 
Antipyrin darbot, so sei es mir gestattet, eine Beobachtung 
hier anzuführen, die beide Formen combinirt mit einer ausge¬ 
sprochenen Extensitätszunahme aufweist. 

Yidal (250). Eine 24jährige, an Migräne leidende junge Frau hat 
häufig 1*0 bis 2*0 Antipyrin ohne Nebenerscheinungen genommen. Im 


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Juli 1893 tritt nach 1*0 in 4 bis 5 Stunden heftiges Jucken am rechten 
Handgelenk und linken Zeigefinger mit rother ödematoser Schwellung in 
Plaqueform von der Grösse eines Franc- resp. 50 Centimes-Stückes auf. 
Die Affection schwand unter Schuppung in 5 bis 6 Tagen. 

Im September 1898 zeigten sich nach TO Antipyrin dieselben Er¬ 
scheinungen schon in zwei Stunden, während gleichzeitig eine beträcht¬ 
liche Schwellung der Unterlippe und zwei Plaques auf der linken Wange 
hinzukamen. 

Im October 1893 wiederholte sich der gleiche Ausschlag schon nach 
0*5 Antipyrin unter Hinzutritt einer Schwellung der Oberlippe nebst 
zahlreichen Plaques. 

Im August 1895 trat die heftigste Attaque nach nur 0*07 Antipyrin 
schon in einer halben Stunde auf, indem sich zu allen vorher beobachteten 
Erscheinungen noch ein Oedem der Augenlider und der Gegend der 
linken Augenbrauen hinzugesellte. Diesmal dauerte die Affection mehr 
als 10 Tage. 

Im September und October, als bereits alle Erscheinungen ver¬ 
schwunden waren, exacerbirten ohne eine neue Antipyrindosi? die Plaques 
auf dem Handgelenk und den Fingern ein bis zwei Tage hindurch, 
während bei zwei weiteren Migräneanfällen nichts dergleichen mehr be¬ 
obachtet wurde. 

Auf diese letztere merkwürdige Erscheinung werde ich 
noch weiter unten zurückkommen. Theoretisch nicht uninteressant 
ist in dem vorliegenden Fall die Thatsache, dass trotz der fast 
2jährigen Pause zwischen dem 3. und 4. Anfall die Zunahme 
der Idiosynkrasie keine Einbusse erlitten hat, sowie die Angabe 
V.’s, dass, im Gegensatz zu der Steigerung der Hauter¬ 
scheinungen, die Wirkung des Mittels auf die Migräne mit ab¬ 
nehmender Dosis geringer wurde. 


3. und 4. Abnehmende und schwankende 
Idiosynkrasie. 

Die des weiteren noch zu entwickelnde Vorstellung, welche 
wir uns von dem Zustandekommen des localisirten Erythems 
bilden müssen, macht es verständlich, dass eine allmähge 
Gewöhnung des Körpers bei dieser Exanthemform zu den 
grössten Seltenheiten gehört. Aus der Literatur ist mir kein 
Fall bekannt geworden, der eine graduelle Abnahme bis zum 
völligen Schwinden der Erscheinungen illustrirt. Wohl habe 
ich aber an meinem eigenen Körper im Laufe der Jahre eine 


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Die Antipyrinexantherae. 


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so evidente Verringerung der Empfindlichkeit constatiren können, 
dass an dem gelegentlichen Vorkommen der Gewöhnung nicht 
zu zweifeln ist. Bezüglich der Einzelheiten verweise ich auf 
meine am Schluss dieses Capitels wiedergegebene Kranken¬ 
geschichte. 

Das Schwanken der Idiosynkrasie kann in verschiedener 
Weise zu Tage treten. So werden Fälle beobachtet, in denen 
die Nebenwirkung gelegentlich ausbleibt. 

Ehrmann (83) beobachtete an einem Collegen nach zwei Antipyrin- 
dosen das Auftreten von Erythemtiecken an zwei Stellen der rechten 
Glutaalgegend in der Nähe des Trochanter, sowie am Penis und Scrotum, 
streng einseitig mit folgender Pigmentirurig. In diesem Falle trat das 
Erythem nicht immer nach Antipyrin auf, war aber, wenn es erschien, 
stets auf dieselben Stellen localisirt. Angeblich ist die Röthung ursprünglich 
nicht nach Antipyrin, sondern aus anderer Ursache entstanden. 

Viel interessanter sind diejenigen ausserordentlich seltenen 
Fälle, in denen ein Springen der Localisation stattfindet, derart, 
dass bestimmte Stellen nur eine gewisse Zeit hiudurch befallen 
werden, um immer wieder von neuen abgelöst zu werden. Den 
instructivsten diesbezüglichen Fall theilt Paschkis (188) mit. 

Eine Dame bekam anfangs nach Antipyrin zu wiederholten Malen 
einen Herpes progenitalis. Nach einiger Zeit stellte sich statt dessen 
achtmal ein Exanthem an dem linken Nasenflügel, der linken Oberlippe 
und Wange ein, in Gestalt eines juckenden und schmerzhaften Erythems 
mit wasserhellen Bläschen und consecutiven Geschwüren. Seit einem 
Jahre hat die Localisation abermals gewechselt, indem jetzt wenige 
Stunden nach der Einuahme des Medicaments ein anderthalb Centimeter 
im Durchmesser betragender hellrother Erythemfleck auf der Beugefläche 
des linken Vorderarms im unteren Drittel auftritt, auf dem in den 
nächsten Tagen 2—3 Quaddeln aufschiessen. Die Affection dauert 
8 Tage. Während Antifebrin und Phenacetin keinerlei Nebenerscheinungen 
bewirken, tritt nach Salipyrin eine vorübergehende Röthung des er¬ 
wähnten Flecks auf. Bei der letzten verabreichten Antipyrindosis blieb 
die Exacerbation aus. 

Die Möglichkeit, auf Grund der mitgetheilten, die ein¬ 
zelnen Formen des localisirten Antipyrin-Exanthems repräsen- 
tirenden Fälle dem Wesen des Processes näher zu treten, ist 
hauptsächlich davon abhängig, ob es gelingt, auf irgend einem 
Wege die Wirkungsweise des Medicamentes oder, 
exacter ansgedrückt, seinen Angriffspunkt zu ermitteln, 
um damit dem Begriff der Idiosynkrasie eine positivere Unter- 


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läge zu verleihen, als es bisher möglich war. Da ich selbst an 
einer ausgesprochenen Antipyrin-Idiosynkrasie leide, die sich iu 
Form des localisirten Exanthems documentirt, so habe ich ver¬ 
sucht, der Lösung des Problems durch Experimentiren am 
eigenen Körper näher zu kommen. Zuvörderst sei es mir ge¬ 
stattet, meine eigene Krankengeschichte hier wiederzugeben: 

„Ich bin 32 Jahre alt, von uubedeutenden Kinderkrankheiten ab¬ 
gesehen stets gesund gewesen und hereditär in keiner Weise belastet. 
Seit etwa 12 Jahren nehme ich gegen häufig wiederkehrende Migräne¬ 
anfälle mit ausgezeichnetem Erfolg 1*0 Antipyrin. Es ist mir nicht mehr 
erinnerlich, ob die später so constanten Nebenerscheinungen von vorn¬ 
herein auftraten, sicherlich zeigten sie sich indessen schon in den ersten 
Jahren des Antipvringebrauchs. 10—15 Minuten nach Einnahme des 
Mittels stellte sich ein eigenthümlich prickelndes, später mehr juckendes 
Gefühl in der rechten Schläfe, über dem linken Tuber frontale, an den 
Lippen und der Haut der Genitalien ein. Bald darauf trat au den ge¬ 
nannten Stellen unter geringer Schwellung ein Erythem auf, das besonders 
deutlich an der Schläfe in Form eines etwas verwaschenen, thalergrossen, 
vom äusseren Augenwinkel bis zur Haargrenze reichenden Fleckes, über 
dem linken Stirnhöcker in Form eines gleichen, aber etwas kleineren 
Fleckes ausgeprägt war. Gleichzeitig sind die Lider beider Augen, rechts 
stärker als links, in massigem Grade ödematös geschwollen. In den 
nächsten Tagen wird die Färbung an allen Stellen intensiver und 
namentlich an Schläfe und Stirn sehr circumscript. Unter leichter 
Schuppung tritt in 2—3 Wochen vollständige Restitution ein. Doch 
bleibt in der Schläfengegend eine geringe Pigmentation bestehen. Nach¬ 
dem sich diese Anfälle in sets gleicher Weise mehrfach wiederholt hatten, 
sah ich mich durch das lästige Jucken an der Genitalhaut veranlasst, auf 
weitere Antipyringaben zu verzichten. Als ich nach etwa vier Jahren 
gelegentlich wieder zu diesem Mittel griff, konnte die Idiosynkrasie in 
gleicher Weise constatirt werden, doch schien die Intensität des Processes 
an den Lippen und Genitalien geringer geworden zu sein. Abermals 
wurde das Mittel verlassen. Vor etwa 6 Monaten stellte sich eines Abends 
wiederum ein sehr heftiger Migräneanfall ein, gegen den ich ein zufällig 
vorhandenes Pulver von 0’5 Antipyrin einnahm, in derHoflhung, dass die 
geringere Dosis von weniger heftigen Erscheinungen gefolgt sein würde ? 
und in der That wurde nur der Fleck an der Schläfe in gleicher Intensität 
wie früher neben einem unbedeutenden Jucken an den Genitalien be¬ 
obachtet. Bald darauf überzeugte ich mich durch die Einnahme von 
1*0 Antipyrin, dass die Abschwächung keineswegs auf der geringeren 
Dosis beruhte, da auch diesmal nur die zuletzt genannten Erscheinungen 
auftraten. 

Da ich persönlich fest davon überzeugt war, dass die 
merkwürdige Constanz der Symptome nur auf einer directen, 


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Die Antipyrinexantheme. 


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localen, peripheren Wirkung des in die Körpersäfte gelangten 
Medicaments beruhen könne, so kam ich auf den naheliegenden 
Gedanken, den Einfluss einer local angewandten Antipyrinsalbe 
zu erproben. 1 ) 

Ich liess mir eine lOprocentige Antipyrin-Lanolinsalbe 
anfertigen und rieb am 12. März eine etwa kirschgrosse Menge 
zunächst auf die Volarseite des linken Vorderarms ein. Weder 
hier noch an einer anderen Körperstelle konnte das geringste 
wahrgenommen werden. Am folgenden Tage Vormittags um 
halb elf wurde eine etwa bohnengrosse Quantität auf die rechte 
Stirn, Schläfe und Gesichtsseite ganz leicht eingerieben. Zu¬ 
nächst erfolgte gar nichts. Nach etwa 10 Minuten glaubte ich 
ein leichtes prickelndes Gefühl in der rechten Schläfe zu ver¬ 
spüren. Der anfängliche Zweifel musste sehr bald weichen, da 
nach weiteren 10 Minuten unter stetig zunehmendem Jucken 
der alte Erythemfleck genau an der früheren Stelle in absolut 
gleicher Grösse zum Vorschein kam. An den Genitalien wurde 
nicht das geringste bemerkt. Der klinische Verlauf war, obwohl 
qualitativ gleich, doch insofern wesentlich milder, als das 
Erythem bereits in drei Tagen verschwunden war. Eine halbe 
Stunde nach dem Auftreten des Fleckes hatte ich ungefähr die 
gleiche Salbenmenge auch auf die linke Gesichtshälfte einge¬ 
rieben, ohne den geringsten Effect zu erzielen. 8 Tage später 
wurde eine etwa bohnengrosse Quantität auf die Haut des 
Scrotums applicirt, mit dem Effect, dass sich bereits in einer 
halben Stunde ein geringes, aber deutliches Prickeln einstellte, 
das indessen schon nach einer Stunde dauernd verschwand. 
Eine Röthung war nicht zu constatiren, auch sonstige Er¬ 
scheinungen traten nicht auf. Am 13. Mai wurde die Ein¬ 
reibung der rechten Gesichtsseite in Gegenwart von Herrn 
Professor Lesser mit gleichem Erfolg wiederholt. 

') Anmerk.: Während ich mit diesen Versuchen beschäftigt war, 
erhielt ich von folgender Mittheilung Besniers (18) Kenntniss, die den 
einzigen bisher veröffentlichten Fall von localem Antipyrin-Exanthem 
nach äusserer Application des Mittels darstellt. 

Bei einer Patientin, die wegen Nasenbluten Antipyrin local als 
Stypticum erhielt, stellte sich bald darauf Brennen des Naseneingangs, 
der Lippen und des Mundes ein. Patientin hatte bereits früher Urticaria 
nach dem Mittel bekommen. Ihre Tochter leidet an derselben Idiosynkrasie. 


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Aus diesen Tbatsachen ergibt sich, dass zwischen den 
nach interner und externer Application auftretenden Er¬ 
scheinungen insofern eine Congruenz besteht, als nach einer 
ungefähr gleichen Incuhationszeit nur die prädisponirten 
Stellen afficirt werden, unter der Voraussetzung, 
dass hei äusserer Anwendung das Mittel direct 
auf die betreffende Localität aufgetragen wird. 

Meiner Ansicht nach gibt es für diese Erscheinung nur 
eine einzige Erklärung, nämlich die der directen örtlichen 
Wirkung des auf den Locus minoris resistentiae 
gebrachten Antipyrins. Keine andere der bisher für das 
Zustandekommen der Arznei-Exantheme aufgestellten Hypothesen 
reicht zur Erklärung vollständig aus. Um einen Reflexvorgang 
kann es sich auf keinen Fall handeln, da es unverständlich 
wäre, warum derselbe hei äusserlicher Anwendung des Mittels 
ausschliesslich von der für das Erythem prädisponirteu, scharf 
begrenzten Körperstelle ausgelöst werden sollte. Selbst wenn 
man annehmen wollte, dass eine mehrfach vom Erythem afficirte 
Hautpartie für die Resorption eines extern applicirten Medi- 
caments besonders geeignet ist — eine Annahme, die übrigens 
in keiner Weise berechtigt erscheint — so würde doch die 
Thatsache, dass nach Resorption des Mittels nicht alle die 
gleiche Idiosynkrasie aufweisenden Partien, sondern nur die 
eingeriehene Stelle von dem Erythem befallen wird, mit aller 
Entschiedenheit gegen einen Reflex sprechen. Völlig unzu¬ 
reichend ist aus demselben Grunde die wohl immer mehr an 
Boden verlierende Behrend’sche (13) Hypothese. 

Behrend schliesst zwar von seinem Standpunkt aus 
folgerichtig, dass die nach Einnahme kleinster Arzneimengen 
auftretenden Exantheme wegen der ausserordentlich geringen 
Quantitäten, die die afficirten Hautpartien treffen, nicht auf 
einer Ausscheidung des Medicaments durch die Haut beruhen 
können und daher in Gegensatz zu den Jod- und Bromaus¬ 
schlägen gebracht werden müssen; die Erfahrung gibt ihm 
indessen insofern Unrecht, als esTonnel und Raviart (245) 
gelang, mit dem Inhalt der Blasen eines Antipyrinexanthems 
die specifische Antipyrinreaction zu erzielen. 


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Die Antipyrinexantheme. 


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Die Thatsache, dass das localisirte Erythem bei äusserer 
Application des Medicaments milder verläuft, hat nichts Wunder¬ 
bares, da die Resorption nichtflüchtiger Substanzen durch die 
Haut jedenfalls gering ist und wahrscheinlich bei innerlichen 
Gaben trotz der starken Verdünnung in den Körpersäften 
grössere Quantitäten dem einzelnen Hautbezirk zugeführt werden. 
Bisher lag überhaupt keine Beobachtung vor, aus der mit Sicher¬ 
heit die Resorption nichtflüchtiger Substanzen durch die normale 
Haut erschlossen werden konnte, so dass auch nach dieser 
Richtung hin der obige Versuch des Interesses nicht entbehrt; 
dass es sich aber thatsächlich um eine Antipyrinresorption 
handelt, geht in unzweideutiger Weise daraus hervor, dass es 
mir gelang, den Erythemfleck auch dann hervorzurufen, wenn 
unter Vermeidung der pradisponirten Stelle erhebliche Salben¬ 
mengen über grosse Flächen des Körpers eingerieben wurden. 
Da ich die diesbezüglichen Versuche noch nicht abgeschlossen 
habe, so behalte ich mir eine eingehendere Besprechung dieser 
Verhältnisse für eine spätere Veröffentlichung vor. 

Wollen wir den Angriffspunkt genauer detiniren, so dürfte 
es das Einfachste und Nächstliegende sein, ihn in die Nerven¬ 
endigungen der kleinsten Gefässe zu verlegen. 

Hiermit ist indessen nur die eine Seite der Frage, soweit 
die Wirkungsweise des Antipyrins in Betracht kommt, dem 
Verständnis etwas näher gebracht. Schwieriger gestaltet es 
sich, eine befriedigende Erklärung für die so scharf begrenzte 
Empfindlichkeit der Haut zu geben. Theoretisch ist die Möglich¬ 
keit nicht gänzlich von der Hand zu weisen, dass die Be¬ 
dingungen der Idiosynkrasie centraler Natur sind. Wir können 
indessen kein Moment angeben, das dieser Annahme eine 
positive Unterlage verleiht, dagegen sind einzelne Beobachtungen 
überliefert, denen zufolge auch die Ursache in die Peripherie 
zu verlegen wäre. Es handelt sich hier zunächst um Fälle, in 
denen die Erythemflecke angeblich an Stellen auftraten, die 
besonderen Reizen ausgesetzt waren. 

Morel-Lavallee (179). Eine 36jährige Frau nahm ein Jahr 
hindurch Morgens und Abends l - 0 Antipyrin ohne alle Nebenerscheinungen. 
Vier Jahre später bemerkte sie plötzlich unter Jucken einen Fleck am 
Halse, drei andere an der Stelle des Gurts, sowie einen auf dem Bauch, 
die sämmtlich eine bleibende Pigmentation aufwiesen. Nach einem Jahr 


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exacerbirten dieselben Stellen. Tn den folgenden drei Jahren wurden 
3 neue Schöbe beobachtet, bei deren letztem zwei frische Flecke am Hals und 
rechten grossen Trochanter hinzukamen. M. betont, dass gerade die 
Stellen besonderer Reizung befallen wurden. 

Die diesbezüglichen Beobachtungen scheinen mir zu gering 
und zu wenig überzeugend, als dass ich ihnen einen besonderen 
Wert zuerkennen könnte. Anders dürfte es sich jedoch mit 
denjenigen Fällen verhalten, in denen dem Antipyrinausschlag 
andere Erytheme mit der gleichen Localisation vorangingen, 
die ihrerseits einen Locus minoris restistentiae geschaffen 
haben. So beobachtete Ehr mann bei einem Collegen ein 
typisches B r o c q’sches Erythem an der rechten Glutäalgegend 
sowie am Penis und Scrotum, das genau dieselben Stellen befiel, 
an dem schon früher ein Erythem aus anderer Ursache auf¬ 
getreten war. Aehnliche Beobachtungen theilen Freuden¬ 
berg (99) und Steinhardt (235) mit. 

Principiell stehen solche Beobachtungen auf einer Stufe 
mit den Fällen von fortdauernd recidivirenden Antipyrinexantemen. 
Denn es scheint mir keinen wesentlichen Unterschied auszu¬ 
machen, ob die ersten Attaquen auf der gleichen Aetiologie 
beruhten, wie die späteren .oder nicht. Andererseits kann 
durch häufige Wiederkehr des Exanthems die Reizbarkeit des 
betreffenden Hautbezirks eine so grosse werden, dass auch 
ohne Antipyrinmedication der Erythemfleck, wenigstens an¬ 
deutungsweise. gelegentlich hervorgerufen wird. Sehr deutlich 
beobachtete ich dies an mir selbst. Infolge der vielfachen 
Attaquen zeigt die rechte Schläfe eine etwas stärkere Pig- 
mentation als die linke. Werden beide gleichmässig energisch 
frottiert, so röthet sich die Haut im Bereich der Pigmentation 
ungleich mehr als auf der entgegengesetzten Seite, so das» 
der Erythemfleck fast in voller Deutlichkeit zum Vorschein 
kommt. Ich betone jedoch ausdrücklich, dass die nach der 
externen Antipyrinapplication auftretende Röthung mit dieser 
Erscheinung nichts zu thun hat, denn 1. unterliegt das durch 
Antipyrin bedingte Erythem einer Incubation von mindestens 
10 Minuten, in welcher Zeit die Wirkung des einfachen 
Frottierens längst geschwunden ist, und 2. bleibt die Antipyrin- 
röthung mehrere Tage bestehen. 


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Die Antipyrinexantheme. 


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In analoger Weise sind wohl auch die Fälle zu erklären, 
in denen gelegentlich eines Migräneanfalls, der ja vermuthlich 
auf vasomotorischen Störungen beruht, eine vorübergehende 
ßöthung prädisponirter Hautstellen stattfindet. Vergl. oben 
den Fall von Vidal, pag. 22. 

Das localisirte Erythe m kommt also meiner 
Ansicht nach in derWeise zustande, dass das den 
Körpersäften zugeführte Antipyrin direct 
lähmend auf die Nervenendigungen der kleinsten 
Gefässe wirkt und zwar an denjenigen Stellen, die 
aus unbekannten Ursachen oder in Folge voraus¬ 
gegangener analoger Affectionen eine erhöhte 
Reizempfin dli chke it darbieten. 


B. Die universell diseminierten Exantheme. 

Der scharfe Gegensatz, in dem die disseminirten Anti- 
pj i'inexantheme zu dem localisirten stehen, ist im wesentlichen 
darin begründet, dass, wie schon oben erwähnt, der Einzel- 
efflorescenz keine selbständige, nach Form und Localisation 
scharf begrenzte Individualität zukommt, dass sie vielmehr nur 
als Theil des Gesammtbildes eine Bedeutung hat. Hieraus 
ergibt sich, dass die disseminirten Exantheme in ganz an¬ 
derer Weise als das localisirte den mannigfachsten Variationen 
unterliegen können, ohne dass dadurch der Gesammtcharakter 
des Ausschlags eine principielle Aenderung erleidet. Ob die 
Elemente eines disseminirten Exanthems grösser oder kleiner 
sind, ob sie distinct bleiben oder flächenhaft confluieren, ob 
sie bald das Gesicht und Extremitäten oder den ganzen Kör¬ 
per befallen, ändert an dem Character auch dann nichts, wenn 
diese Variationen in einem oder mehreren Schüben bei dem¬ 
selben Individuum auftreten. 

Das disseminirte Exanthem befällt stets grössere zu¬ 
sammenhängende Flächen ohne scharfe Begrenzung. Damit 
ist jedoch nicht gesagt, dass die hierher gehörigen Ausschlags¬ 
formen ganz unabhängig sind von einer bestimmten Lokalisation, 
nur muss dieselbe in einem anderen Sinne aufgefasst werden 

Archiv f. Dermatol, n. Syphil. Band XLVI. 24 


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als beim localisirten Erythem. Wenn beispielsweise die Streck¬ 
seiten stärker befallen werden als die Beugeseiten, so hängt 
dies offenbar von gewissen anatomischen oder physiologischen 
Verhältnissen ab, deren Eigenart sich aber auf grosse Flächen 
vertheilt, und daher nicht mehr in der Efflorescenz als solcher, 
sondern in der Totalität der Erscheinungen zum Ausdruck 
kommt Da aber derartige Differenzen dem Gesetz der Symme¬ 
trie unterliegen, so kommt auch den disseminierten Exan¬ 
themen fast stets eine ausgesprochen symmetrische 
Anordnung zu. 

Es ist zwar zur leichteren Uebersicht unumgänglich noth- 
wendig, die mannigfaltigen, hierher gehörigen Formen in ge¬ 
wisse Gruppen zu theilen, doch muss immer wieder betont 
werden, dass scharfe Grenzen nicht zu ziehen sind, und dass 
die Rubricirung gewisser Fälle mehr oder weniger der Willkür 
unterliegt. 

Ich unterscheide drei Hauptformen: 

1. das morbillöse Exanthem, 

2. die Urticaria, 

3. das congestive Oedem. 


I. Das morbillöse Exanthem. 

Von allen Antipyrinausschlägen ist diese Form zuerst ge¬ 
sehen und am häufigsten beobachtet worden. Sie stellt den 
Typus des disseminirten Antipyrinexanthems dar. 

Bei der Besprechung der in diese Gruppe einzureihenden 
Fälle müssen wir einen etwas anderen Weg einschlagen, als 
beim localisirten Erythem, da ein allmäliges Fortschreiten 
von einfachen zu complicirteren Formen hier nicht durch¬ 
führbar ist. Wir werden vielmehr zunächst den Haupttypus 
festzustellen haben, um dann nach den verschiedensten Ge¬ 
sichtspunkten die von diesem abweichenden Fälle durchzugehen. 
Dieser Haupttypus wird durch ein masernartiges maculöses 
Erythem repräsentirt. Dasselbe stellt gewissermassen den 
Hauptstamm dar, aus dem alle übrigen Zweigformen abgeleitet 
werden müssen. Die klinische Zusammengehörigkeit dieser 


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Die Antipyrinexantlieme. 


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Abarten mit der iJrform ergibt sich aus den continuierlichen 
Uebergängen, die eine Scheidung unmöglich machen. Es er¬ 
geben sich somit als Unterordnungen resp. Abarten des mor- 
billösen Exanthems 

1. das scarlatinöse Exanthem, 

2. das bullöse Exanthem, 

3. das hämorrhagische Exanthem, 

4. da9 Erythema nodosum. 

Beginnen wir mit dem Haupttypus, dem morbillösen 
Erythem. 

Unter einem typischen Fall verstehen wir einen solchen, 
der unter gleichen Bedingungen am häufigsten wiederkehrt. 
Für das morbillöse Exantem eignet sich als Paradigma die 
folgende Beobachtung von 

Cahn (89). Ein 18jähriges Mädchen mit Typh. abdom. hatte 
innerhalb 10 Tagen 45*0 Antipyrin verbraucht. Am Morgen des 11. Tages 
trat ohne die geringsten subjectiven Erscheinungen und ohne Beeinflussung 
des Fieber Verlaufs ein erythematöser Ausschlag auf, der sich aus rund¬ 
lichen, zinnoberrothen, etwas erhabenen Flecken zusammensetzte. Auf 
Druck verschwindet die Färbung. An Ellbogen und Kniescheiben sind 
die Flecken zu grösseren Flächen confluirt. Die Streckseiten der Extre¬ 
mitäten sind stärker befallen als die Beugeseiten. Rücken stärker als 
Brust und Bauch. Gesicht, Handteller und Fusssohlen sind vollständig 
frei. Nachdem das Mittel sofort ausgesetzt wurde, war der Ausschlag 
*chon am Nachmittag abgeblasst, nur an den Knieen bestand noch etwas 
Röthung; auch diese verschwand am folgenden Tage, sodass Pat. um 2 
und 3 Uhr wieder je 2 Pulver Antipyrin bekam. Um 6 Uhr erschien 
das Exanthem an den Unterarmen von neuem und breitete sich im Ver¬ 
laufe einer halben Stunde über Beine, Oberarme, Rücken, Brust und 
Hals aus. Die Streckseiten der Vorderarme und Kniegelenke zeigten diffuse 
Bcharlachröthe. An den am stärksten befallenen Partien bestand leichtes 
Brennen. Am nächsten Morgen war alles spurlos verschwunden. Am 
folgenden Tage tritt nach einer abermaligen Gabe von 2*0 schon in 2'4 
Stunden das Exanthem von neuem auf, um sich in der Nacht zurückzu¬ 
bilden. Nach dem Verschwinden desselben wird eine mehrtägige, leicht 
kleienformige Abschuppung beobachtet. 

Aus diesem Fall ergeben sich folgende für das morbillöse 
Exanthem charakteristische Merkmale. Der Ausschlag erscheint 
stets erst nach einer längeren Zeit, mindestens über mehrere 
Tage fortgesetzten Antipyrinmedication. Subjective Beschwerden 
fehlen bei dem Auftreten und während der Dauer des Ausschlags 
-entweder ganz oder beschränken sich auf ein geringes Jucken, 

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das nur in seltenen Fällen eine stärkere Intensität annimmt. 
Die Form gleicht vollständig echten Morbillen. Die einzelnen 
Flecke von blassrosa bis zinnoberrother Farbe sind unregel¬ 
mässig gestaltet, mit scharfen oder auch etwas verwaschenen 
Rändern versehen und leicht elevirt. Die Farbe verschwindet 
zwar auf Druck, lässt aber in den Fällen stärkerer ödematöser 
Durchtränkung einen leicht gelblichen Ton zurück. Hinsicht¬ 
lich der Localisation ist zu bemerken, dass Extremitäten und 
Rumpf mit Vorliebe befallen werden, während das Gesicht, die 
Handteller und Fusssohlen in der Norm entweder gar nicht 
oder nur in geringem Grade afficirt sind. Wird das Mittel 
beim Erscheinen des Exanthems sofort ausgesetzt, so pflegt 
der Ausschlag schon in kurzer Zeit zu schwinden, doch er¬ 
fordern die hier in Betracht kommenden Verhältnisse eine ein¬ 
gehende Würdigung. Schuppung tritt gewöhnlich nicht ein, in¬ 
dessen sind die Fälle, in denen eine stärkere kleienförmige 
Abschilferung den Process beschliesst, nicht als Ausnahmen an¬ 
zusehen. Die Besprechung der Reaction des Körpers auf er¬ 
neute Antipyrindosen muss für diese Exanthemform einem be¬ 
sonderen Capitel Vorbehalten bleiben. 

Wir werden nunmehr Punkt für Punkt die Abweichungen 
von dieser Norm an der Hand des casuistischen Materials 
durchgehen und beginnen mit der Incubationszeit. 

Unter Incubation verstehe ich den Zeitraum, welcher von 
dem Einnehmen der ersten Dosis Antip. bis zum Auftreten 
des Ausschlags verstreicht. Derselbe schwankt in ziemlich weiten 
Grenzen von etwa 3 — 14 Tagen, entsprechend einem Verbrauch 
von circa lU - 0—50,0 Antip. Die höchste mir bekannt gewordene 
Dosis führt Alexander (1) an. 

Bei einem 26jährigen, an Typh. abdom. leidenden Mann tritt nach 
57'0 Antip. ein masernähnliches, sich am folgenden Tage stark ans¬ 
breitendes Exanthem auf, das auch am Halse zu diffuser ßöthung confluirt. 

Diejenigen Fälle, in denen von einem sehr frühzeitigen 
Erscheinen des Ausschlags schon nach kleiner Dosis berichtet 
wird, gehören mit der allergrössten Wahrscheinlichkeit anderen 
Formen an. Mir ist wenigstens kein einziger gut und ein¬ 
wandsfrei beschriebener Fall von morbillösem Exanthem be¬ 
kannt geworden, der nach einer einzigen Dosis innerhalb eines- 


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Die Antipyrinexantheme. 


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Tages erschienen ist. Nicht immer tritt der Ausschlag in unmittel¬ 
barem Anschluss an die Antipyrinmedication ein, häufig ver¬ 
gehen nach der Beendigung der Cur 2, 3, selbst 4 Tage, bis 
plötzlich das Exanthem hervorbricht. Derartige Beobachtungen 
•werden kurz von SarahWelt (258) erwähnt. Auch Posadsky 
(195) sah in einem Falle das Erythem erst drei Tage nach 
Einstellung der Behandlung auftreten, Dem me (62) sogar ein¬ 
mal nach vier Tagen. Den in dieser Beziehung merkwürdigsten 
und ganz vereinzelt dastehenden Fall theilt Eichhorst (84) mit. 

Ein 28jähiiger, an Typh. abdom. leidender Corpora! bekam 10 Tage 
nach einer einmaligen Dosis von 0*5 Antipyrin ein an den Seiten des 
Abdomens beginnendes, über die ganze Haut des Rumpfes und der Beine 
sich ausbreitendes, masernartiges Exanthem, welches das Gesicht nur 
wenig befiel und nach 7 Tagen ohne Schuppung abblasste. 

Dass es sich in diesem Fall um ein richtiges echtes mor- 
billöses Exanthem handelte, kann nach der Beschreibung nicht 
dem geringsten Zweifel unterliegen. Es bleibt daher nichts 
übrig als die Thatsache, dass hier nach einem halben Gramm 
in 10 Tagen der Ausschlag auftrat, zu constatiren, mit der 
Bemerkung, dass Zahl und Grösse der Antipyrindosis lediglich 
auf den Aussagen des Pat. beruht. Einen ebenfalls sehr excep- 
tionellen Fall erwähnt Sarah Welt (258). 

Eine 67jährige Patientin nahm in 9 Wochen 18 0 Antip. 1 bis 2 
Tage nach der letzten Dosis trat der Ausschlag auf. 

Es ist schon betont worden, dass das morbillöse Fxan- 
them gewöhnlich ohne alle subjectivenBeschwerden verläuft, sodass 
die Patienten häufig erst von dem Arzt auf den Ausschlag 
aufmerksam gemacht werden. Zuweilen jedoch besteht ge¬ 
ringes Jucken, das nur ausnahmsweise bei starker Intensität 
des Processes einen höheren Grad erreicht. Dieses Juckgefühl 
unterscheidet sich in Qualität und zeitlichem Auftreten von 
dem bei den localisirten Erythem besprochenen dadurch, dass, 
während bei dem letzteren die mehr brennende Empfindung 
längere Zeit, selbst Stunden hindurch dem Ausbruch des Exam 
thems vorausgeht und später meist an Intensität abnimmt, beim 
morbillösen Erythem der Juckreiz gewöhnlich erst später be¬ 
merkt wird und im Stadium der Schuppung zuzunehmen 
pflegt. Gelegentlich kann derselbe sogar sehr heftig werden, 


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und infolge des unvermeidlichen Kratzens zu universellen Ec- 
zemen Veranlassung geben. 

Götze (110). In einem Fall von Typh. abdom. zeigte sich nach 
Verbrauch von 10*0 Antipyrin ein universelles Exanthem, das mit Ab¬ 
schilferung heilte. Während der Schuppung trat ein Typhusrecidiv auf, 
das zur Wiederaufnahme des Antipyrins veranlasst©. Schon nach den 
ersten Gaben stellte sich indessen das Exanthem mit derberen Infiltraten 
wieder ein und war vom heftigsten Jucken begleitet. Trotz sofort aus¬ 
gesetzter Medication schwand der Ausschlag nicht, sondern wandelte sich 
in ein den ganzen Körper einnehmendes und vier Wochen anhaltende» 
crustöses Eczem um. 

Sonstige subjective, vom Ausschlag selbst abhängige Sjmp- 
t >me werden beim morbillöseD Exanthem nicht beobachtet, 
sofern nicht Allgemeinerscheinungen, auf die erst später einge¬ 
gangen werden kann, zu dem Processe hinzutreten. 

Die Grundform des morbillösen Exanthems ist, entsprechend 
dem richtigen Masernausschlag, eine unregelmässig fleckige. 
Die Flecken selbst von verschiedener Grösse sind meist scharf 
gerändert, seltener verwaschen und zeigen besonders an den 
Streckseiten der Extremitäten, wo der Process im ganzen 
intensiver aufzutreten pflegt, eine grosse Neigung zur Confluenz. 
Hierdurch entstehen grössere gleicbmässig geröthete, land¬ 
kartenartig begrenzte Flächen. Nur selten liegen die Flecken 
vollständig im Niveau der Haut. Meist sind sie infolge geringer 
ödematöser Durchtränkung leicht elevirt. Ist diese Elevation 
besonders stark ausgesprochen und haben die Flecken selbst 
eine nur geringe Grösse, so nimmt das Exanthem einen mehr 
papulösen Charakter an. Die sonst noch vorkommenden Form¬ 
veränderungen sollen nicht an dieser Stelle besprochen werden, 
da ich es vorziehe, dieselben bei den einzelnen Abarten des 
morbillösen Exanthems zu erwähnen. 

Eine gewisse Verwandtschaft des masernartigen Ausschlags 
mit dem Eryth. exsudat. multif. zeigt sich deutlich in der 
Localisation, da beide mit Vorliebe die Streckseiten der Ex¬ 
tremitäten befallen. Diese bilden zuweilen, wie in einer Be¬ 
obachtung von Guttmann (120), den ausschliesslichen Sitz 
des Exanthems. Sind die Flecken in derartigen Fällen von 
urticariaähnlicher Beschaffenheit und mit lebhaftem Jucken 
verbunden, so haben wir das typische Bild eines Eryth. urti- 


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Die Antipyrinexantheme. 


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catum vor uns. Aach bei universeller Ausbreitung des Exan¬ 
thems pflegen die Streckseiten, und zwar in doppelter Bezie¬ 
hung, bevorzugt zu werden, einmal durch die grössere Intensität 
des Processes, indem hier am häufigsten die Confluenz der 
Einzelefflorescenzen zu grösseren Plaques stattfindet, sowie 
zweitens zeitlich dadurch, dass der Ausschlag meistens an den 
Streckseiten der Extremitäten beginnt, um sich von hier aus 
allmälig über grössere Flächen des Körpers auszubreiten. Bei 
dieser Gelegenheit sei darauf hingewiesen, dass es eine Eigen¬ 
tümlichkeit des morbillösen Exanthems ist, erst nach und 
nach zu einer universellen Ausbreitung zu gelangen, ein Vorgang, 
der sich auch dann, wenn Antip. nicht weiter gegeben wird, 
über mehrere Tage ausdehnen kann. Wie die Streckseiten der 
Extremitäten pflegt auch der Rücken stärker als Brust und 
Bauch afficirt zu werden. Im allgemeinen bleiben Gesicht, 
Handteller und Fusssoblen frei, doch sind in der Literatur 
Fälle verzeichnet, in denen diese Stellen nicht nur mit afficirt 
sind, sondern wo der Ausschlag sogar im Gesicht seinen Ur¬ 
sprung nahm. 

Döbner (70). 28jährige Frau. Phthise. Nach einer in 10 Tagen 
verbrauchten Gesammtdosis von 13'0 bis 14 - 0 Antipyrin tritt ein auf Nase 
und Wangen beginnendes, stecknadelknopf- bis erbsengrosses, unregel¬ 
mässig conturirtes, masernartiges Pixanthem auf, das sich in den folgenden 
Tagen über den ganzen Körper verbreitete und namentlich an den Streck¬ 
seiten zu diffuser Röthe confluirte. Das Exanthem bestand 4 Tage und 
juckte heftig. Nach dem Abblassen rief eine abermalige Dosis von 0'6 
unter starkem Jucken ein nur 24 Stunden dauerndes Recidiv mit con- 
fluirender Röthe an den Streckseiten hervor, dem in den folgenden Tagen 
eine geringe Schuppung folgte. 

Ebenso wie das localisirte kann auch das diffuse Erythem 
die Schleimhäute befallen. Ja vielleicht ist die Annahme be¬ 
rechtigt, dass dies häufiger geschieht, als es nach den spär¬ 
lichen Literaturangaben scheinen könnte, denn die Neigung, 
den Erythemcharakter rein zu bewahren, tritt gerade beim 
morbillösen Schleimhautexanthem besonders scharf zu Tage, 
so dass der Mangel subjectiver Beschwerden ein Uebersehen 
des Exanthems begreiflich erscheinen lässt. 

Posadsky (195) erwähnt zwei Fälle, in denen neben einem über 
den ganzen Körper ausgebreiteten, masernartigen Exanthem auch die 
sichtbaren Schleimhäute, besonders das Gaumensegel von einem Exanthem 
befallen waren. 


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Im Allgemeinen ist der Verlauf des morbillösen Exanthems 
ein gutartiger und wenig protrahirter. Meist schwindet es 
schon in wenigen Tagen, ohne irgend welche Spuren zu hinter¬ 
lassen. Nur einmal finde ich eine nachträgliche Pigmentation 
erwähnt. 

Claremont (50). In einem Falle von Typh. abdom. entstand 
nach 9*0 Antipyrin, in 10 Tagen gegeben, ein papulöses, masernähnliches 
Exanthem auf Brust, Bauch, Rücken und Gliedmassen, das stellenweise 
zu grossen Plaques confluirte und in 10 Tagen unter Hinterlassung einer 
bräunlichen Pigmentation verschwand. 

Zuweilen geht die Heilung des Exanthems unter einer 
leichten kleienformigen Abschilferung vor sich, ohne dass man 
im Stande wäre, irgend welche Bedingungen hiefiir aus der 
Form des Exanthems herzuleiten. 

Ern st (86). Bei einer 67jährigen Frau trat nach einer längere 
Zeit fortgesetzten Antipyrinmedication ein morbillenartiges, mit Jucken 
verbundenes, besonders auf den Streckseiten ausgebildetes Exanthem 
auf, das in etwa zwei Wochen unter kleienförmiger Abschuppung schwand. 

Es ist eine Eigentümlichkeit des morbillösen Exanthems, 
dass es auch bei Weitergabe des Medicaments spontan zur 
Involution gelangen kann. Diese Beobachtung wurde schon 
frühzeitig von Ernst gemacht. Anscheinend wird der Verlauf 
in der Mehrzahl der Fälle durch Fortsetzung der Medication 
nicht protrahirt. Wenigstens lassen sich aus einer grösseren 
Anzahl von Fällen keine diesbezüglichen allgemeinen Schlüsse 
ziehen. 

Giorgeri (105). 27jäbriges Mächen Typh. abdom. An der vor¬ 
deren oberen Gegend der Schenkel, sowie in Inguine trat nach Antipyrin 
ein Exanthem auf, das sich allmälig über das Abdomen, untere Ex¬ 
tremitäten, Brust und obere Extremitäten, in geringerem Grade auch über 
das Gesicht ausbreitete und bei Weitergabe des Medicaments 12 Tage 
bestand. 

In directem Gegensatz zu den Spontanheilungen bei fort¬ 
gesetztem Antipyringebrauch stehen diejenigen sehr interessanten 
Fälle, in denen eine constante Steigerung der Erscheinungen 
eintritt, ohne dass das Mittel weiter gegeben wird. 

Spitz (234). Fräulein W., 20 Jahre alt, Typh. abdom. Vom 
24—30. April erhielt Pat. 9‘0 Antipyrin. Am 1. Mai trat plötzlich ein 
masernartiger Ausschlag am ganzen Körper auf. Antipyrin wurde aus¬ 
gesetzt. Am 2. Mai ist das Exanthem auf Brust und Rücken scharlach¬ 
artig confluirt. Im Gesicht, besonders auf der Stirn bestehen mehrere 


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Die Antipyi’uexautheme. 


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von einander abgegrenzte, leichte Erhebungen, wie sie bei Urticaria auf- 
zu treten pflegen. Augenlider und Lippen stark ödematös, am 3. Mai 
grossblättrige Desquamation. In den folgenden Tagen löst sich die 
Epidermis am ganzen Körper in grossen Fetzen ab, und lässt eine feuchte 
Oberfläche zurück, auf der sich dünne Krusten bilden. An einzelnen 
Stellen thalergrosse Blasen mit schlaffer Decke. Unter Streupulverbe- 
handluug tritt allmälige Heilung ein. 

Obwohl wir hiermit eigentlich schon das Gebiet der 
Idiosyncrasie betreten haben, so möchte ich doch vor einer 
Besprechung derselben noch gewisse Complicationen des masern¬ 
artigen Ausschlags erwähnen. 

Wenn auch im Allgemeinen das morbillöse Exanthem 
einen durchaus milden Charakter aufweist, der kaum einer 
weiteren Berücksichtigung von Seiten des Arztes bedarf, so 
kann es doch gelegentlich unter Allgemeinerscheinungen leichterer 
oder schwererer Art auftreten, wie wir sie bei anderen Anti- 
pyrinexanthemen häufiger beobachten. In den allerleichtesten 
Fällen handelt es sich um eine einfache Combination mit öde- 
matösen Zuständen. 

Ernst (86). Bei einem 10jährigen Knaben trat nach 22*0 Anti- 
pyrin, die in 8 Tagen theils per os, theils per anum gereicht wurden, ein 
morbillenartiges Exanthem auf, das besonders stark an den Streckseiten 
der Extremitäten ausgebildet war, aber auch die Volae und Plantae befiel. 
Das Gesicht war ödematös geschwollen. 

Zuweilen, namentlich bei Kindern, können leichte Fieber¬ 
erscheinungen auftreten. 

Demme (62). 5 Jahre alter Knabe, Pneumonie. Nach 6,4 Anti- 
pyrin, in 8 Tagen verabreicht, tritt ein masernähnliches Exanthem unter 
leichtem Frost und etwas erhöhter Temperatur auf, das mehrere Tage 
bestand. 

Mit der Zunahme der Allgemeinerscheinungen gewinnt der 
Symptomencomplex i amentlich dann, wenn die sichtbaren 
Schleimhäute catarrhalisch afflcirt werden, eine ausserordent¬ 
liche Aehnlichkeit mit echten Morbillen. So erwähnt Four- 
nier (93) einen Fall, in dem die Aehnlichkeit des aus einem 
morbillösen Exanthem, Conjunctivitis und Schnupfen zusammen¬ 
gesetzten Krankheitsbildes mit Masern eine so grosse war, dass 
die Diagnose nur aus dem Fehlen des Bronchialcatarrhs ge¬ 
stellt werden konnte. Aehnliche Beobachtungen sind von 
Ball (6) und Jennings (140) initgetheilt worden. In seltenen 


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Fällen nehmen die Allgemeinsymptome von vorneherein einen 
heftigeren Charakter an, so dass die Hauterscheinungen voll¬ 
kommen in den Hintergrund treten. 

Rage (214). 35jährige Schneiderin. Acuter Gelenkrheumatismus. 
Pat. hat in 12 Tagen 41*0 Antipyrin genommen. Einen Tag nach dem 
Aussetzen tritt unter Temperatursteigerung auf 39*5, Pulsbeschleunigung 
bis 103, erhöhter Athemfrequenz bis 60, Milzschwellung, Luftmangel und 
Uebelkeit, ein 5 Tage bestehendes, maculöses, theilweise confluirtes, nicht 
juckendes Exanthem auf der Glutäalgegend beiderseits, sowie rechten 
Schulter, ferner auf Ellbogen und Streckseiten beider Vorderarme auf. 
9 Tage nach dem Verschwinden desselben entsteht nach 1*0 Antipyrin 
Stechen und Prickeln am ganzen Körper und auf der Zunge. DasExan- 
them besteht wesentlich am Arm vom Ellbogen ausgehend. Uvula, 
Gaumenbögen sowie Kehlkopf- und Mundschleimhaut sind geröthet. 
Conjunctivitis, Ohrensausen, Frost- und Hitzegefuhl, Fieber, Erbrechen, 
Milztumor. Die Erscheinungen bestehen zwei Tage. Nach weiteren 5 
Tagen tritt dieselbe Attaque schon 10 Minuten nach 1*0 Antipyrin auf. 

In den schwereren Vergiftungsfällen können die Allge¬ 
meinerscheinungen natürlich nicht als Folgen des Exanthems 
aufgefasst werden; dies ist schon darum unmöglich, weil sie 
zeitlich vorangehen. Einen sehr interessanten, hierher gehörigen 
Fall, der zugleich ein schönes Beispiel für die Steigerung der 
Empfindlichkeit des Körpers gegen Antipyrin abgibt, theilt 
Bernouilli (17) mit. 

62jährige Frau, Gelenkrheumatismus. Nach 19*0 Antipyrin, die in 
8 Tagen verbraucht wurden, stellte sich Erbrechen und Dyspnoe ein mit 
Fieber bis 39.0 und 120 Pulsschlägen. 6 Tage später, als bereits alle 
Symptome geschwunden waren, verursachte 1*0 Antipyrin in 3 Minuten 
Schmerzen auf der Brust, im Magen und Unterleib, Erbrechen und kalten 
Schweiss. Am folgenden Morgen ist das Gesicht roth und gedunsen. Die 
Conjunctivae injicirt. Die Streckseiten der Extremitäten sind von einem 
nicht juckenden, maculösen Exanthem bedeckt, das ohne Schuppung in 
einigen Tagen abblasst. Etwa einen Monat später entsteht nach Natr. 
salicyl. ein juckender, fleckiger Ausschlag. Bald darauf wird wieder 1*0 
Antipyrin gegeben, schon nach 4 Minuten tritt Schmerzhaftigkeit im 
Abdomen und unteren Extremitäten, sowie Angst und Unruhe auf, bald 
darauf beginnt das Gesicht sich zu röthen und zu turgesciren. An¬ 
dauerndes Erbrechen von Schleim, Cyanose, starke Röthung der Con¬ 
junctivae, zuletzt erscheint auf der Haut des Halses, Rumpfes und der 
Arme (namentlich an den Streckseiten) ein scharlachartiges Exanthem, 
das erst allmälig schwindet. Das Gesicht schilfert stark ab. Unter den 
Augenbrauenbögen, dem Jochbogen und am Kinn treten miliare 
Bläschen auf. 


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Die Antipyrinexantheme. 


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Die Indiosyncrasie zeigt bei dem morbillösen Ex¬ 
anthem ausserordentlich interessante Verhältnisse. Sicherlich 
weist diese Form den grössten Procentsatz uuter den Anti- 
pyrinexanthemen auf. Im allgemeinen dürfte sie in ungefähr 
10% ft Uer Fälle auftreten. Trotzdem scheint gerade bei dieser 
Form die Idiosyncrasie erst erweckt werden zu müssen, da der 
Ausschlag so gut wie nie nach einer einmaligen Antipyrindosis 
ausbricht. Man könnte versucht sein, aus dieser Thatsache den 
Schluss zu ziehen, dass das Auftreten des morbillösen Exan¬ 
thems überhaupt nicht auf einer Idiosyncrasie beruht, sondern 
eine gewisse Sättigung des Organismus mit dem Mittel voraus¬ 
setzt, also durch eine Cumulationswirkung zu Stande kommt. 
Gegen diese Annahme, die schon oft aufgetaucht ist, aber 
immer wieder zurückgewiesen wurde, sprechen zahlreiche 
Momente. Zunächst wird von allen Autoren, die über ein 
grösseres Material berichten, angegeben, dass gerade diejenigen 
Fälle, in denen die allerhöchsten Dosen gegeben wurden, keine 
Nebenerscheinungen aufwiesen. Ferner muss berücksichtigt 
werden, dass das Antipyrin ziemlich schnell durch den Urin 
wieder ausgeschieden wird, und dass, wie wir oben sahen, in 
einer gewissen Anzahl von Fällen die Hauterscheinungen erst 
mehrere Tage nach der letzten verabfolgten Antipyringabe auf¬ 
treten. Auch ist mit einer Cumulationswirkung die Thatsache 
nur schwer zu vereinbaren, dass trotz Weitergabe von Antip. 
der Ausschlag zur spontanen Involution gelangen kann. Offen¬ 
bar spielt daher die Idiosyncrasie auch hier eine hervorragende 
Rolle. So übereinstimmend nun innerhalb gewisser Grenzen 
die Bedingungen für das erstmalige Auftreten des morbillösen 
Exanthems sind, so ausserordentlich verschieden gestalten sich 
die Idiosyncrasieverhältnisse bei der Verabfolgung weiterer Gaben. 

Die Gewöhnung des Organismus an das Mittel, die in 
dem Schwinden des Ausschlags bei fortgesetzter Medication 
zum Ausdruck kommt, zeigt sich auch in geringerem Grade 
darin, dass die nach später verabfolgten Antipyringaben 
auftretenden Exantheme eine geringere Intensität aufweisen 
können. 

Giorgeri (106). Bei einem 28jährigen Mädchen mit Phthisis 
pulmonum trat nach zahlreichen in 8 Tagen gegebenen Dosen ein Ery- 


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them am ganzen Körper mit Ausnahme des Gesichts auf, das in 3 Tagen 
verschwand. 24 Stunden später wird Antipyrin von neuem 8 Tage hin¬ 
durch gegeben, worauf das Exanthem in geringerem Grade wiederkehrt. 

In anderen Fällen kann das einmalige Ueberstehen des 
Exanthems eine dauernde Immunität des Körpers nach sich 
ziehen. 

Claremont (50). Typh. abdora. Nach Gebrauch von 860 Antip. 
in 20 Tagen zeigte sich auf den Streckseiten der Extremitäten ein 
papulöses Erythem, das auf die Beugeseiten Übergriff und in vier Tagen 
mit etwas Abschuppung abheilte. Die Roseola typhosa war in diesem 
Falle 8ehr stark ausgebildet. Pat. bekam ein Typhusrecidiv und wurde 
wieder mit Antip. behandelt, ohne dass das Exanthem wiederkehrte. 

Ausserordentlich häufig und, wie es scheint, in der Mehr¬ 
zahl der Fälle macht sich auch beim morbillösen Exanthem 
eine Steigerung der Idiosyncrasie bemerkbar, indem 
bei Weiterverablolgung des Medicaments die Hauterscheinungen 
an Intensität zunehmen. 

de Renzi (206). Bei einem 22jährigen jungen Mann mit Typh. 
abdom. wurde nach 18*25 Antip. in 3 Tagen ein über den Körper, be¬ 
sonders Hals, Gesicht, Brust und Oberfläche der Hand ausgebreitetes, 
fleckiges Erythem beobachtet. Nach 2 Tagen nahm Pat. weitere 8*0 Gr., 
worauf sich die Hauterscheinungen augenscheinlich verschlimmerten. 

Ausserordentlich interessant ist es, dass sich in der Mehr¬ 
zahl aller Fälle die Zunahme der Empfindlichkeit des Körpers 
in doppelter Weise geltend macht, indem nach vollständigem 
Verschwinden des ersten Ausschlags das Recidiv sowohl in 
intensiverer Weise als auch gewöhnlich schon nach einer ein¬ 
maligen Dosis auftritt. Da sich nun diese Intensitätszunahme 
meist in einer Aenderung des Ausschlagscharakters äussert, so 
sind hiermit die innigsten Beziehungen gegeben zwischen der 
Steigerung der Idiosyncrasie einerseits und den oben erwähnten 
Abarten des morbillösen Exanthems andererseits. 

Weitaus am häufigsten kommt die vermehrte Empfindlich¬ 
keit des Körpers in dem Erscheinen eines scarlatinösen Ex¬ 
anthems zum Ausdruck, welches gelegentlich durch Ausbreitung 
des Processes auf die Schleimhäute sowie durch Auftreten mehr 
oder weniger alarmirender Allgemeinerscheinungen eine echte 
Scarlatina Vortäuschen kann. 

Lasche (148). Ein 25jähriger Korbmacher mit unbedeutender 
Phthise bekommt vom 10. August ab täglich 2*0 bis 6*0 Antip. Am 10. 
Tage tritt ein masernähnliches Exanthem auf, welches nach Aussetzen 


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Die Antipyrinexantheme. 


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des Medicamentes nur wenige Tage persistirte. Am 30. August wurden 
abermals 2 Pulver a 1*0 Antip. gegeben. Sehr bald nach der Einnahme 
trat ein brennendes Gefühl im Mund auf, das sich auf Bachen, Nase und 
Augen fortpflanzte. Ferner besteht Uebelkeit und Erbrechen. Eine 
halbe Stunde später stellt sich ein zweistündiger Schüttelfrost ein. Die 
Temperatur ist erhöht. Am folgenden Tage ist die gesammte Hautober¬ 
fläche scharlachroth. Augenlider geschwollen; Conjunctivae injicirt, 
Thränenfluss mässigen Grades. Yom 1. November ab gehen alle Er¬ 
scheinungen allmälig zurück. 

Derartige Fälle bilden den Uebergang zu dem eigentlichen 
scarlatinösen Exanthem. 

Ich reihe in diese Gruppe diejenigen Fälle ein, in denen 
das Exanthem von vornherein in scarlatinöser Form auftritt, 
welche letztere also, nach dem eben Ausgeführten, in keinem 
principiellen Gegensatz zur morbillösen Form gebracht werden 
darf. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass nur wenige 
Fälle in die Gruppe des scarlatinösen Exanthems gehören, da 
bei der ungenügenden und unexacten Beschreibung vieler Fälle 
von sogenannten scarlatinösem Erythem eine sichere Ent¬ 
scheidung über die Natur des betreffenden Ausschlags unmög¬ 
lich ist. Wie kritisch man bei der Verwerthung des casuisti- 
schen Materials vorgehen muss, geht aus der ganz unbegreif¬ 
lichen Behauptung Daremberg’s (61) hervor, dass fast alle 
seine Patienten nach 25 0 bis 40*0 Antipyrin eine scarlatini- 
forme Eruption bekommen haben, die aber ohne jede Bedeu¬ 
tung blieb. 

Eisenmann (85). Bei einem 20jährigen Mann trat eine Stunde 
nach 0*5 Antip. ein scharlachähnliches Exanthem auf, das sich über den 
ganzen Körper unter Schwellung und Brennen ausbreitete. Auch die 
Schleimhaut der Mund- und Rachenhöhle war geschwollen, gleichzeitig 
bestand Frösteln, Fieber (39*2), vermehrte Pulsfrequenz (120), behinderte 
Athmung, Nystagmus. Der Urin enthält Eiweiss. 

Ein hierher gehöriger Fall von schwerer Vergiftung ist der 
folgende: 

Scheel (218). Eine 60jährige Frau nahm am 19. August Nach¬ 
mittags 4 Uhr wegen Kopfschmerzen 0*55 Migränin (0*5 Antip. enthaltend). 
Nach einer Stunde starke Schwellung undRöthung der Oberlippe. Abends 
fl Uhr schmerzende und thränende Augen, Lahmheit, Anschwellung und 
Wundgefühl der Zunge. Sprache schwer und behindert bei starkem 
Speichelfluss. Um 9 Uhr Schüttelfrost und Hitzegefühl, gegen 10 Uhr 
Ohnraachtsanfalle, Erbrechen, Diarrhöen. Nach schlafloser Nacht am 
Morgen des 20. August stark juckendes, scharlachähnliches Exanthem 


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über Gesicht, Hals, Unterarme, Hände und Oberschenkel ausgebreitet, 
besonders heftiges Juoken und Brennen am After und an der Vaginal - 
Öffnung. Gesicht stark geschwollen, namentlich Lippen und Augenlider, 
Zunge und Zahnfleisch schmerzhaft, belegt und ebenfalls geschwollen. 
Temperatur 38*7, Puls 116. Am 20. August Abends Zustand unverändert, 
weitere Ausbildung des Exanthems über den ganzen Körper, Temperatur 
39*2, Puls 120. In der folgenden Nacht verordnete ein anderer Arzt 
wegen Schlaflosigkeit Trional 1*0, Antip. 0 # 3, Cocain 0*02. Am 21. August 
Zustand im wesentlichen unverändert. Temperatur 38*9 bis 39*7. An den 
Lippen, Kinn und vorderer Seite des Halses ausgedehnte Blasenbildung. 
Die Erscheinungen nehmen bis zum 24. an Intensität ab. Am 2Ö. wurde 
wahrscheinlich wieder eins der obigen Schlafpulver genommen. Sofort 
steigerten sich alle Symptome bis zu beängstigender Höhe, um erst all- 
mälig in 14 Tagen zur Norm zurückzukehren. Grosse Schwäche und 
Hinfälligkeit blieb noch lange Zeit bestehen. Am 8. October war die 
Hautabschuppung noch so stark, dass sich grosse Fetzen namentlich an 
den unteren Extremitäten abziehen Hessen. 

Ich habe in der Literatur keinen Fall finden können, der 
eine bullöse Umwandelung des morbillösen Exanthems als 
einzigen Ausdruck gesteigerter Idiosyncrasie aufweist. Es 
bängt das offenbar damit zusammen, dass das morbillöse Ex¬ 
anthem bei seiner an sich geringen Intensität überhaupt wenig 
Neigung zur Blasenbildung besitzt, viel weniger jedenfalls als 
die scarlatinöse Form Vielleicht dürfte aber eine von 
Alexander mitgetheilte Beobachtung hier angeführt werden, 
bei der die Steigerung der Idiosyncrasie jedoch nur vermuthet 
werden kann. In diesem Falle wurde nämlich Antipyrin weiter¬ 
gegeben, und obwohl aus der Beschreibung nicht hervorgeht, 
dass das Auftreten der Blasen hiermit in einem ursächlichen 
Zusammenhang steht, so kann ich doch diese Möglichkeit nicht 
vollkommen ausschliessen. 

Alexander (1). 18jährige9 Dienstmädchen, Typh. abdom. Nach¬ 
dem in 10 Tagen 34*0 Antip. verbraucht waren, trat unter Jucken ein 
aus stecknadelkopf- bis linsengrossen, etwas erhabenen Flecken bestehen¬ 
des Exanthem auf, das von den Armen ausgehend, sich innerhalb drei 
Tagen über den ganzen Körper unter geringer Betheiligung auch des 
Gesichts ausbreitete und namentlich auch an den Armen zu grosseren 
landkartenartigen Flecken confluirte. Die Handteller waren diffus ge- 
röthet und ebenso wie die abnorm trockenen Fusssoblen der Sitz starken 
Juckens. Viele Knötchen an den unteren Extremitäten trugen ein kleines 
Bläschen. Erst nach 12 Tagen war das Exanthem ohne Schuppung ver¬ 
schwunden. Es ist bemerkenswerth, dass jetzt die bis dahin verdeckte 
Roseola typhosa zum Vorschein kam. Antip. wurde weiter gegeben. 


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Die Autipyrinexantheme. 


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An der Zugehörigkeit dieses Falles zum morbillösen Ex¬ 
anthem kann nicht im geringsten gezweifelt werden. Schwieriger 
wird die Beurtheilung, wenn von vornherein eine universelle 
Blasenbildung stattfindet, der ein erythematöses Vorstadium 
nicht vorangeht. Die Berechtigung, derartige Fälle in die 
Gruppe des masernartigen Exanthems einzureihen, reducirt 
sich schliesslich fast ganz auf die Thatsache des universell 
disseminirten Auftretens. 

Alexander (1). 17jähriger Manrerlehrling, Typh. abdom. Nach 
6*0 Antip. trat eine ausserordentliche Entwickelung von Miliaria alba 
auf. Die einzelnen, an Rumpf und Extremitäten sitzenden Bläschen 
zeigten zum Theil eine aussergewöhnliche Grösse bis zu der eines Finger¬ 
gliedes. Nach dem Platzen der Blasen schälte sich die Epidermis in 
grossen Fetzen ab. 

Es könnte fraglich erscheinen, ob dieser Ausschlag als 
wahres Antipyrinexanthem anzusprechen ist, da das Auftreten 
von Miliaria auch ohne Antipyrinbehandlung bei Typhus be¬ 
obachtet wird. Offenbar handelt es sich jedoch hier um gar 
keine echte Miliaria, sondern um ein bullöses, pemphigusartiges 
Exanthem, dessen Besonderheit in diesem Falle vielleicht aus 
einer Prädisposition der Haut zur Blasenbildung beruht. Be¬ 
merkenswerth ist es, dass der Ausschlag schon nach der relativ 
geringen Dosis von 6*0 auftrat, ein Umstand, der ebenso wie 
die Form des Exanthems für eine besondere Acuität spricht. 

Kein anderes Antipyrinexanthem zeigt eine solche Neigung 
zu Hämorrhagien wie das morbillöse. Die Thatsache findet 
wohl, wie oben schon angedeutet, darin ihre Erklärung, dass 
das Auftreten von Hautblutungen eine hämorrhagische Diathese 
voraussetzt, die nicht sowohl durch den Ausschlag selbst als 
vielmehr durch die Natur der Grundkrankheit bedingt ist. Man 
wird es sicher nicht als Zufall ansehen dürfen, dass das hämor¬ 
rhagische Antipyrinexanthem fast ausnahmslos bei Typhen 
beobachtet wird, die auch sonst gelegentlich zu Hautblutungen 
neigen. Hiermit stimmt überein, dass die Umwandlung des 
Exanthems meist erst bei hochgradigen Schwächezuständen, 
bezugsweise unmittelbar vor dem Exitus vor sich geht. 

Bielachowsky (20). 22jähriger junger Mann. Typh. abdom. 
nach 4ö‘0 Antip., per anum applicirt, erscheint ein ausgesprochen masern¬ 
artiges, grossfleckiges Exanthem auf Rücken und Bauch, das sich am 
folgenden Tage auf Brust, Hals, Gesicht (hier nur in geringem Grade) 


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und Extremitäten mit Einschluss der Handteller und Fusssohlen aus¬ 
breitet. Antip. wurde bei Beginn des Ausschlags ausgesetzt, da dieser 
jedoch schon in weiteren 24 Stunden abblasste, nahm man die Medication 
wieder auf. Nunmehr wurden zahlreiche Flecken an den Extremitäten 
petechial, während bald darauf ein neues, exquisit soarlatinoses Exanthem 
Hals, Rumpf und Oberarme ergriff. Auf sofortiges Aussetzen des Antip. 
schwand dieser neue Ausschlag in 48 Stunden. Auffallenderweise waren 
die Spuren des ersten hinterher noch 6 Tage kenntlich. 

Der Fall stellt also eine Combination von hämorrhagischer 
und scarlatinöser Umwandlung dar, doch so, dass die letztere 
nicht als Ursache der Petechien aufgefasst werden kann. 

Wie alle Abarten des masernartigen Ausschlags schon 
kurze Zeit nach kleiner Dosis auftreten, so sehen wir auch 
das hämorrhagische Exanthem sehr acut entstehen. 

Dräsche (71). Bei einer Typhuskranken trat nach einem Klystier 
von 2*0 Antip ein copiöses hämorrhagisches Exanthem unter hochgradigem 
Kräfteverfall auf, aus dem sich die Kranke nicht mehr aufraffte. 

Humbert-Molliere (1S5). Typhus. 52 Jahre alt, nach 15tag. 
Antipyrinmedication trat der Exitus unter Pupura cachectica und Ady- 
namie auf. 

Auch von Draper (73), Huber (132), Pusinelli (200) 
und St rau 8 s (237) ist ein hämorrhagisches Exanthem beob¬ 
achtet worden. 

Dass jedoch auch dem Antipyrin als solchem eine Be¬ 
deutung an dem Zustandekommen dieser Ausschlagsform nicht 
abgesprochen werden kann, geht aus der Bemerkung von 
v. Jaksch (138) hervor, dass Antipyrin nicht nur Exantheme 
hervorruft, sondern auch bestehenden Exanthemen einen hämor¬ 
rhagischen Charakter verleiht. Er behauptet, niemals so viel 
Fälle von hämorrhagischen Masern sowie von Scharlach mit 
Hautblutungen beobachtet zu haben, wie seit der Antipyrin- 
behandlung, und ist geneigt, dies der Medication zuzuschreiben, 
da die Fälle gutartig verliefen. 

Wir sahen bereits bei der Besprechung des morbillösen 
Exanthems, dass dasselbe gelegentlich, wie in den oben er¬ 
wähnten Fall von Götze, unter Bildung stärkerer Infiltrate 
auftritt. Hieraus ergibt sich die Möglichkeit, die wenigen ale 
Erythema nodosum in der Literatur verzeichneten Fälle von 
Antipyrinexanthemen als Abart masemähnlicher Ausschläge 
aufzufassen, in denen die Knotenbildung von vornherein be- 


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Die Anthipyrinexantheme. 


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sonders intensiv ausgesprochen ist. Der Symptomencomplex 
aller hierher gehörigen Beobachtungen ist ein höchst prägnanter 
und gleichartiger. Charakteristisch für das Erythema nodosum 
ist das sehr schnelle Auftreten von Knoten, die mehrere Tage 
hindurch eine heftige, theils juckende, theils schmerzhafte 
Empfindung verursachen und sich erst nach wochenlangem 
Bestände involviren. Weitere Merkmale aufzustellen, ist bei 
der leider sehr ungenügenden Beschreibung der betreffenden 
Fälle unmöglich. 

Wickham (260) beobachtete eine Stunde nach der Einnahme von 
Antipyrin eine Eruption, die vollständig einem Erytb. polym. nodosum 
glich. Die Knoten, welche in den ersten 4 bis 5 Tagen heftig juckten 
bestanden einen Monat. 

Wickham. Bei einem jungen Manne, der wegen neuralgischer 
Beschwerden 1*0 Antipyrin nahm, traten nach 5 bis 10 Minuten Unbe¬ 
hagen, Pruritus und Erythemplaques auf. Eine Stunde später waren alle 
Charaktere des Eryth. nodosum ausgebildet. Der Ausschlag vermehrte 
sich innerhalb 24 Stunden und bestand 3 Wochen. Die gleiche Affection 
war vor 8 Jahren aufgetreten. 

Baudouin (12). Bei einem Diabetiker zeigte sich nach Antip. 
ein von heftigem Jucken und lebhaften Schmerzen begleitetes Eryth 
nodosum, dessen Elemente theilweise einen Durchmesser von vier Cm. 
aufwiesen. 

Am Schluss dieses Capitels angelangt, entsteht die Frage, 
wie kommt das morbillöse Exanthem zu Stande, wohin ist der 
Angriffspunkt des Antipyrins zu verlegen ? Eine exacte Antwort 
hierauf lässt sich bei dem augenblicklichen Stande unseres 
Wissens nicht geben. Ob die Wirkung eine centrale oder 
periphere ist, ob sie durch das Antipyrin selbst oder ein Um- 
setzungsproduct bedingt wird, ob endlich dem Zustand der 
Nieren und den hiervon abhängigen Ausscheidungsverhältnissen 
eine Bedeutung zukommt, ist zur Stunde, auf Grund der sehr 
lückenhaften literarischen Angaben nicht zu ermitteln. Auf 
den letzteren Punkt wurde die Aufmerksamkeit schon häufig 
gelenkt, und es ist nicht zu verkennen, dass zuweilen in 
schwereren Intoxicationsfällen Nephritis beobachtet wurde. Dem 
stehen jedoch andere, ebenso schwere Fälle gegenüber, in denen 
nicht die geringste Urin Veränderung nachweisbar war. Wenn 
namentlich französische Autoren betonen, dass die Abwesenheit 
von Albumen und Cylindem noch keine Integrität der Nieren 

Arehlr f. Dermatol, u. Syphil. Band XLVI. 95 


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verbürgt, so ist darauf zu erwidern, dass es einer höchst aus¬ 
gedehnten, auf sorgfältigsten Beobachtungen beruhenden Stati¬ 
stik, wie sie bei den immerhin seltenen Antipyrinexanthemen 
kaum durchführbar ist, bedürfte, um ein einigermassen sicheres 
Urtheil über die Bedeutung geringer Harnanomalien für das 
Zustandekommen des Exanthems zu gewinnen. 


II. Urticaria. 

In keiner anderen Gruppe ist eine scharfe Begriffsdefinition 
so nothwendig, wie gerade hier, da eine grosse Anzahl von 
Antipyrinexanthemen die Neigung hat, unter leicht ödematöser 
Durchtränkung und Jucken eine urticariaähnliche Beschaffen¬ 
heit anzunehmen, ohne damit doch eine echte, wahre Urticaria 
darzustellen. Diese Formen fallen vielmehr in den Begriff des 
Erythems und speciell in den des Eryth. urticatum. Die häufige 
Angabe der Autoren, dass die nach Antipyrin auftretende 
Urticaria durch einen auffallend langsamen Verlauf ausgezeich¬ 
net ist, beruht auf einer derartigen Begriffsverwechselung. 
Halten wir also streng daran fest, nur diejenigen Fälle als 
Urticaria anzusprechen, in denen ganz acut unter heftigem 
Brennen und Jucken Quaddeln aufschiessen, die nach kurzem 
Bestände sich als solche involviren, sofern es nicht durch eine 
besondere Acuität des Processes zur Bildung von Blasen und 
Hämorrhagien mit folgender Pigmentirung kommt. Zweck¬ 
mässigerweise werden wir auch hier zunächst die Fälle be¬ 
trachten, in denen die Urticaria die alleinige Nebenwirkung 
des Antipyrins darstellt. 

Alexander (1). Ein 21 jähriger Schuhraa chergeselle mit Typh. 
abdom. wird regelmässig, wenn er Nachmittags Antip. nimmt, am folgen¬ 
den Morgen von einer sehr starken Urticaria befallen, an der er früher 
nie gelitten hat. 

Martino (1G8) beobachtete in einem Falle von Hemikranie jedes 
Mal sehr schnell nach 0*45 Antip. das Auftreten einer von heftigem Jucken 
begleiteten Urticaria, die ebenso schnell wieder verschwand. Bemerkens¬ 
werth ist, dass der Urticariaausbruch bei subcutaner Anwendung des 
Mittels ausblieb. M. ist daher geneigt, ihn der Urticaria ab ingestis an 
die Seite zu stellen und die Antipyrinexantheme überhaupt als Reflex- 
ncurosen aufzufassen. 


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Die Antipyrinexantheme. 


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Wie vorsichtig man indessen mit derartigen Verallge¬ 
meinerungen sein muss, geht aus der Beobachtung von R a n k ( 20 1) 
hervor, der eine halbe Stunde nach einer subcutanen Anti- 
pyrininjection eine sich über den Körper ausbreitende Urticaria 
auftreten sah. 

Den Uebergang von den bisher erwähnten Beobachtungen 
zu den theilweise sehr interessanten, häufig unter stürmischen 
Erscheinungen verlaufenden und die gleichzeitig bestehende 
Urticaria ganz in den Hintergrund drängenden Allgemeinver¬ 
giftungen bilden diejenigen Fälle, in denen sich die Urticaria 
mit anderen Congestivzuständen combinirt. 

Spietschka (233). Eine 34jährige Frau hatte viele Jahre hin¬ 
durch Antip. in Dosen von 1*0 bis 1*5 gut vertragen. Jetzt tritt schon 
nach 0*3 eine heftige Urticaria, namentlich im Gesicht mit kolossalen 
Oedemen auf. Chinin, Phenacetin und Salipyrin machen dieselben Er¬ 
scheinungen. 

Als Beispiele schwerer Intoxicationen seien die folgenden 
erwähnt: 

Guttmann (121), 25jähriges Fräulein von zarter Constitution. 
5 Minuten, nachdem sie 1*5 Antip. gegen Kopfschmerzen genommen hat, 
tritt ein starkes Hitzegefühl, Brennen und heftigstes Jucken am ganzen 
Körper auf mit einem Urticariaausbruch im Gesicht, der nach einigen 
Minuten wieder schwand. Starkes Herzklopfen, hohe Erregung. Bald 
darauf stellt sich eine 1 Minute andauernde Amaurose ein. Schwellung 
und Röthung des Gesichts, Oedem der Augenlider, sowie der Unterarme 
und Hände; der Puls steigt bis zu 132 Schlägen, Erbrechen, am 3. Tage 
gehen die Erscheinungen zurück. Im Urin fand sich kein Eiweiss. 

Sturge (2) sah bei einem Familienglied 5 Minuten nach der Ein¬ 
nahme von 0‘3 Antip. folgende Erscheinungen auftreten: Uebelkeit, 
20 Minuten anhaltendes Niesen, tlunkelrothe Schwellung des Gesichts und 
der Augen, Thränenfliessen, Dyspnoe, heftigen Husten mit reichlichem 
Auswurf und profusen Schweiss. Nach einer halben Stunde stellt sich 
heftiges Jucken an der Innenseite beider Oberschenkel mit Urticaria¬ 
ausbruch ein, der sich bald über das Abdomen ausbreitete. Starker 
Kupfergeschmack im Mund und ähnlicher metallischer Geruch, Ohren¬ 
klingen, schneller und voller Puls, nach dreiviertelstündiger Dauer 
schwanden die Symptome allmälig. 

Betrachten wir die Fälle von einem gemeinsamen Ge¬ 
sichtspunkt, so ergibt sich zunächst, dass die Urticaria in re¬ 
lativ kurzer Zeit nach einer nur geringen Dosis auszubrechen 
und von kurzem Bestände zu sein pflegt. Es kommen wohl 
in dem zeitlichen Auftreten der Hauterscheinungen Schwan- 

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kungen vor, die sich indess in relativ engen Grenzen halten. 
Kur in einem Falle von May et (170) zeigte eich die Erup¬ 
tion erst nach einer in 2 Tagen verabfolgten Gesammtdosi» 
von 30 Antip. 

Ob die Pathogenese für alle Fälle die gleiche ist, muss- 
zweifelhaft erscheinen. Je früher der Ausschlag auftritt, um 
so mehr gewinnt die Vorstellung von einem reflectorischen 
Zustandekommen an Wahrscheinlichkeit, zumal dann, wenn die- 
Art der Einverleibung, wie in der Beobachtung von Martino, 
von entscheidender Bedeutung ist. Am meisten spricht zu 
Gunsten dieser Anschauung ein Fall von Whitehouse (259): 

Ein junges Mädchen wird 2 Minuten nach der Einnahme yon 0'4& 
Antip. von unerträglichen, krampfhaften Magenschmerzen befallen, dem 
drei Minuten später ein intensiver Urticariaausbruch auf dem ganzen 
Körper folgt. Pat. verliert vorübergehend das Bewusstsein. 

Wenn auch Antipyrin im allgemeinen ausserordentlich 
schnell resorbirt wird, so scheint mir doch dies enorm frühe 
Erscheinen des Ausschlags, sowie die Combination mit heftigen 
Magenkrämpfen am ungezwungensten mit einem Redexvorgange 
erklärt zu werden. 

Tritt die Urticaria unter Allgemeinerscheinungen auf, so 
gilt es als durchgehendes Gesetz, dass die Allgemeinsymptome 
dem Nesselausschlag vorausgehen. Es ist somit die Möglich¬ 
keit eines causalen Zusammenhanges nicht ausgeschlossen, wenn 
auch nur in dem Sinne, dass die plötzliche Schwächung des Organis¬ 
mus den Ausbruch des Exanthems begünstigt. 

Die Schwierigkeit, den Angriffspunkt der Antipyrin Wirkung 
zu bestimmen, ist bei der Urticaria dieselbe wie bei dem mor- 
billösen Exanthem. Auch der Fall von Schwabe (220) ist 
nicht im Stande, Licht in diese Frage zu bringen. 

Eine 22jährige junge Dame, entschieden hysterisch, nimmt Mittags 
1-0 Antip. gegen angeblich neuralgische Beschwerden. Nach drei Minuten 
treten Schmerzen im Hinterkopf und etwas später Ohrensausen, Schwindel 
und Angstgefühl auf. Starkes Herzklopfen, Athemnoth, kalter Schweis» 
im Gesichte. Hitzegefühl in der gesammten rechten, starkes Kälte- und 
Taubheitsgefühl in der gesammten linken Körperhälfte. 20 Minuten 
später halbstündige Amaurose. Conjunctivae bulbi hyperämiscb, reich¬ 
liche Thränensecretion, etwas Exophthalmus. Gesicht stark turgescirt, 
Lippen cyanotisch. Die rechte Körperhälfte fühlt sich warm an, die linke 
eisig kalt. Puls 200, nach 1 % Stunden tritt unter heftigem Brennen, 


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Die Antipyrinexantbeme. 


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später Jacken Urticaria auf der rechten Hand, dem rechten Arm and in 
geringer Aasdehnang auch auf der Vorderfläche des Halses auf. Die 
linke Körperhälfte ist völlig frei. Exanthem Abends verschwunden, auch 
die übrigen Erscheinungen treten allmälig zurück. Früher hatte sie 
Antipyrin immer gut vertragen. 

Die in diesem Fall ausgesprochene Einseitigkeit der Affec- 
tion kann nicht als vollgiltiger Beweis für eine centrale Wir¬ 
kung des Antipyrins angesehen werden, weil gegen eine solche 
Annahme stets der Gesichtspunkt geltend gemacht werden 
kann, dass die Haut durch irgend welche centralen Einflüsse 
für das Auftreten eines Exanthems nur prädisponirt ist, während 
der Ausschlag selbst durch das peripher wirkende Mittel eben 
an den prädisponirten Stellen hervorgerufen wird. 


III. Congestives Oedem. 

Die Schwierigkeiten, welche sich bei den medicamentösen 
Dermatosen einer scharfen Abgrenzung der einzelnen Gruppen 
entgegenstellen, machen sich auch bei der Definition des Be¬ 
griffs „Arznei-Exanthem“ bemerkbar. Es könnte die Frage 
aufgeworfen werden, ob das congestive Oedem überhaupt noch 
hierher gehört. Sicherlich passt es nicht in den Begriff eines 
Exanthems im engeren Sinne. Da indessen Jadassohn, wie 
ich glaube mit Recht, hervorgehoben hat, dass die Bezeich¬ 
nung Arznei-Exantheme für alle hier in Betracht kommenden 
Affectionen zu eng gefasst ist, so dürfte es nicht statthaft sein, 
einem unglücklich gewählten Ausdruck zu Liebe auf die Be¬ 
sprechung greifbarer Hautafifectionen zu verzichten, deren Aus¬ 
schluss weder vom theoretischen noch praktischen Standpunkte 
aus gerechtfertigt ist. 

Das congestive Oedem ist ausserordentlich häufig mit 
sonstigen Hautaffectionen vergesellschaftet, so dass wir ihm schon 
oft in den vorhergehenden Gruppen begegnet sind. An dieser 
Stelle sollen nur diejenigen Fälle berücksichtigt werden, in 
denen es die ausschliessliche Nebenwirkung auf die Haut dar¬ 
stellt. Doch auch innerhalb dieser enger gezogenen Grenzen 
ist es in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle weit davon 
entfernt, als alleiniges Symptom aufzutreten. Wird das klinische 


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Bild schon durch das meist gleichzeitige Bestehen analog auf¬ 
zufassender catarrhalischer Schleimhautaffectionen ein mannig¬ 
faltigeres, so tritt die Bedeutung des Oedems völlig in den 
Hintergrund, in den zahlreichen Fällen schwerer Allgemein¬ 
vergiftungen, die gerade in dieser Combination nicht selten be¬ 
obachtet werden. 

Als Beispiel eines gänzlich isolirt auftretenden congestiven 
Oedems führe ich folgenden Fall an: 

Watkins ( 262 ). Ein 37jähriges Fraulein leidet an einem mit 
Icterus verbundenen Gastrointestinalcatarrh, in dessen Verlauf sich heftige 
Kopfschmerzen einstellen, sie nimmt gegen dieselben 0*6 Ant., worauf die 
Oberlippe in einer halben Stunde stark anschwillt. In 3 Stunden geht 
die Schwellung zurück. 

Mit Berücksichtigung der Thatsache, dass den enorm 
schnell auftretenden catarrhalischen Schleimhautaffectionen die 
gleiche pathologische Dignität zukommt, sei eines Falles Er¬ 
wähnung gethan, in dem Erscheinungen auf der Haut selbst 
nicht vorhanden waren. 

Brandenberg (28) beobachtete bei einem Patienten zweimal nach 
1*0 resp. 0*5 Antip. Zahnweh in allen Zähnen des Unterkiefers, Kopfweh, 
reissende Schmerzen in und hinter beiden Ohren, sowie Hypersecretion 
der Augen- und Nasenschleimhaut; die Erscheinungen schwanden in 3 
bis 4 Stunden. 

Heftiger gestalteten sich die Symptome im folgenden Falle : 

Groll et Meunier (118). Eine Patientin nahm von einer Mixtur, 
die 1*5 Antip. auf 120'0 enthielt, einen Esslöffel. Vier bis fünf Secunden 
später empfand sie heftiges Stechen im Halse, Athembeschwerden und 
Erstickungsgefühl. Der Puls ist beschleunigt, es besteht grosse Mattigkeit, 
heisere Stimme, starker Schnupfen, die Uvula ist enorm geschwollen, ge- 
röthet und mit einer walnussgrossen Blase versehen; erst in drei bis vier 
Tagen gehen die Erscheinungen zurück. 

Dieser Symptomcomplex legt die Vermuthung nahe, dass 
die Allgemeinerscheinungen namentlich von Seiten des Respi- 
rationstractus nur als Folge der in den oberen Abschnitt auf¬ 
getretenen Schwellung und mechanischen Athembehinderung 
zu betrachten sind, wobei es zunächst dahingestellt bleibt, wie 
weit die in der heiseren Stimme sich documentirende Schwel¬ 
lung der Kehlkopfschleimhaut sich auch auf die Trachea und 
Bronchien erstreckt hat. Derartige in wenigen Minuten auf¬ 
tretende acuteste Bronchialcatarrhe mit reichlichem Auswurf 


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Die Antipyrinexantheme. 


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werden zuweilen als Nebenerscheinungen des Antipyrins be¬ 
obachtet. 

Die charakteristischen Merkmale des congestiven Oedems 
lassen sich in folgende Punkte zusammenfassen : 

1. Das congestive Oedem entwickelt sich ausnahmslos in 
kurzer Zeit, meist wenige Minuten nach Einnahme des Mittels 
und hat, wofern keine weiteren Complicationen hinzutreten, 
einen sehr flüchtigen Bestand. 

2. Vorzugsweise werden diejenigen Hautstellen befallen, 
die sich, wie die Augenlider, Lippen und Gesichtshaut durch 
einen besonders zarten Bau auszeichnen, und auch bei son¬ 
stigen Hautaffectionen relativ oft und intensiv mit ödematöser 
Schwellung reagiren. 

3. Das congestive Oedem tritt fast ausnahmslos sym¬ 
metrisch auf. 


Hiermit hätten wir die wesentlichen als Nebenwirkungen 
des Antipyrins aufzufassenden Ausschlagsformen erschöpft, so¬ 
weit dieselben einigermassen in ein System zu bringen sind. 
Es ist jedoch für die ausserordentliche Polymorphie der Anti- 
pyrinexantheme charakteristisch, dass immer noch Fälle übrig 
bleiben, die in keine der besprochenen Gruppen eingereiht 
werden können, und die andererseits wieder so exceptionelle 
Verhältnisse darbieten, dass es mir nicht statthaft erscheint, 
aus ihnen neue Gruppen zu bilden. Ich theile diese Beobach¬ 
tungen hier im Zusammenhänge mit und füge ihnen kurz die¬ 
jenigen bei, welche kraft der gänzlich ungenügenden und un¬ 
klaren Beschreibung die Natur des Ausschlags nicht erkennen 
lassen. 

Eichhorst (84;. Bei einem 23jährigen Candidaten der Medicin 
mit Typh. abdom. tritt nach 1*0 Antip. in einer Stunde ein ausgebreitet es, 
grossfleckiges Exanthem auf, das in wenigen Stunden wieder schwand- 
Nach 4 Tagen ein kleinfieckigeres, mehrere Tage bestehendes Recidiv, 
ohne dass Antipyrin von neuem gegeben wurde. 

Childe (49). Ein öOjähriges Fräulein, das zu Zeiten an Urticaria 
leidet, hat gegen neuralgische Schmerzen 4 mal Antip. genommen. 

Das erste Mal trat 4 Stunden nach der Einnahme von 0*6 Antip. 
auf den Streckseiten der Hände und Vorderarme unter heftigem Brennen 
ein maculöses Exanthem auf, dessen Elemente die Grösse eines Shillings 


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hatten and confluirten. Die Heilung erfolgte in 3 Wochen mit Hinter¬ 
lassung einer braunen Pigmentation. 

Derselbe Ausschlag wiederholt sich später 3 Tage nach einer nicht 
angegebenen Dosis Antip., das zusammen mit Salmiakgeist gegeben wurde. 

Die dritte und vierte Attaque trat '/, 8tunde nach dem Einnehmen 
von 0*6 Antip. auf und bestand in einem unter Brennen sich entwickeln¬ 
den fleckigen Exanthem, das auf Stirn, Gesicht, Händen und Armen 
localisirt war. Am Handrücken bildete sich eine shillinggrosse Blase. 
Auch dieser Ausschlag bestand 3 Wochen. 

Die grosse Schwierigkeit, welche dieser Fall einer Re- 
gistrirung darbietet, liegt darin, dass die anfängliche Localisa- 
tion auf den Streckseiten der Hände und Vorderarme, sowie 
die Confluenz dem morbillösen Exanthem, alle übrigen Symptome 
dagegen dem localisirten Erythem entsprechen. 

Goldschmidt (111). Eine junge Frau nahm gegen Migräne 
10 Migranin (0*85 Antipyrin enthaltend). Wenige Minuten später tritt 
heftiges Unwohlsein auf mit geringer Temperatursteigerung. Bald darauf 
starkes Jucken an Händen, Knien, Füssen, Vulva, Mund und Augenlidern 
mit folgender öderaatöser Schwellung und erythematoser am Arm auf das 
untere Drittel des Vorderarms übergreifender Röthung. Die Mund¬ 
erscheinungen sind so heftig, dass Pat. 8 Tage hindurch nur flüssige 
Nahrung zu sich nehmen kann. Nach 3 Tagen bilden sich auf Händen, 
Füssen und Vulva grosse Blasen. Unter Abschälung der Epidermis tritt 
in 14 Tagen Heilung ein. Eine dunklere Färbung bleibt noch längere 
Zeit bestehen. 

Pat. hatte früher dreimal ähnliche Zufalle nach der Einnahme von 
Antip. durchzumachen. 

Offenbar handelt es sich auch hier um eine Combiuation 
von localisirtem und diffusem Exanthem, analog dem vorher 
erwähnten Fall von Childe. 

Gordon. 45jähriges Fräulein, das an Kopfschmerzen leidet. 
2 Stunden nach 0*72 Antip. Schmerzen an Augenlidern und Stirn. Bald 
darauf Ausschlag, der an Gesicht und Hals beginnend, sich über Nacht 
auf Arme, Stamm und Beine erstreckt. Schmerzhafte Empfindung. An 
Stamm und Beinen confluirt das Exanthem stellenweise. Die Ränder der 
Flecke, deren Grösse zwischen der einer Erbse und eines 5 Shillingstücks 
schwankte, waren unregelmässig. Die Flecken sind etwas erhaben und 
bei Berührung empfindlich. Augenlider und Conjunctivae geschwollen. 
Häufiges Niesen nebst Trockenheit im Mund und Rachen. Puls 110. 
Temperatur 88*9. 

Möglicherweise stellt dieser ebenso w r ie ein zweiter, von 
demselben Autor berichteter Fall einen Uebergang vom rein 
morbillösen Erythem zum Eryth. nodos, dar. 


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Die Antipyrinexantheme. 


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Die folgenden Beobachtungen gebe ich nur kurz wieder: 

G1 a z t e i n (angebliches masemartiges Exanthem nach kleiner Dosis). 

Guttmann (ein miliares, nicht zu bestimmendes universelles Exan¬ 
them bei schwersten choleraähnlichen Erscheinungen). 

Hardy (ein 12 Tage bestehendes, heftig juckendes, angeblich scp'*- 
Jatiniforme8 Erythem). 

Kaatzer (unbestimmbares Exanthem nach 24*0 Antip.). 

Leitzmann (ein über den Oberkörper ausgebreitetes, stark 
juckendes Erythem bei Allgemeinerscheinung). 

Senator (ein theils urticariaartiges, theils bullöses Exanthem neben 
starken Erscheinungen im Mund und Allgemeinsymptomen). 

Win grave (universelles, schwer definirbares Exanthem bei heftigen 
Allgemeinerscheinungen. Möglicherweise scarlatiniformes Erythem). 

Ueberblicken wir zum Schluss noch einmal die reichhal¬ 
tigen Formen, in denen die Antipyrinausschläge auftreten 
können, so ergibt sich, dass eine einheitliche Auffassung hin¬ 
sichtlich des Zustandekommens nicht möglich ist, obwohl durch 
den Umstand, dass keine Gruppe ein in sich vollständig abge¬ 
schlossenes Ganzes bildet, und selbst Uebergänge von den loca- 
lisirten zu den disseminirten Formen Vorkommen, einer scharfen 
theoretischen Trennung grosse Schwierigkeiten entgegengestellt 
werden. Vielleicht ist es möglich, in den Fällen von dissemi- 
nirtem Exanthem, in denen eine Neigung zu Recidiven nach 
Heiner Dosis vorhanden ist, durch die Wirkung einer univer¬ 
sellen Antipyrin-Salbeneinreibung denjenigen Grad von Sicher¬ 
heit in der Beurtheilung der Pathogenese zu erlangen, der für 
die localisirte Form als erreicht angesehen werden darf 

Herrn Professor Lesser, dem ich die Anregung zu dieser 
Arbeit verdanke, spreche ich für seine liebenswürdige Unter¬ 
stützung meinen verbindlichsten Dank aus. 


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Die Antipyrinexantheme. 


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Gck igle 


Original fro-rn 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



Die Antipyrinexantheme. 


397 


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217. Sartorius, Dissert. Erlangen 1884. 218. Scheel, Ther. Monatsh. 
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Woldenberg, Deut. Med. Ztg. 1890, Nr. 45. 221. Schwarz, Munch, 
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223. Secretan, Rev. med. de la Suisse rom. 1885. 224. See, Bull. 
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Original from 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



398 


Apolant. 


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Record 1890, p. 409. 266. Zakczhewski, Lancet 1887. 


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Aus der Königlichen Universitätsklinik für Hautkrankheiten 
und Syphilis zu Bonn. 


Ueber die Resultate der TR-Behandhmg 
an der Bonner Hautklinik. 

Mitgetheilfc von 

Dr. Hermann Napp und Dr. Carl Grouven, 

Assistenzärzten der Klinik. 


Als die hochgespannten Erwartungen, die man auf das 
erste Koch’sche Tuberculin gesetzt hatte, sich nicht bewahr¬ 
heiteten, war man im Allgemeinen nur zu geneigt, demselben 
höchstens einen Platz als diagnostisches Mittel in der Thier¬ 
heilkunde anzuweisen. Ob mit Recht oder Unrecht, mag da¬ 
hingestellt bleiben. Doutrelepont hat ununterbrochen bis zum 
Erscheinen des TR sich des alten Tuberculins bei der Lupus¬ 
behandlung zur Unterstützung der operativen Behandlung mit 
Erfolg bedient und wendet dasselbe auch jetzt noch in zweifel¬ 
haften Fällen als diagnostisches Hilfsmittel an. Jedenfalls 
erklärt sich aus dem damaligen Gefühle der Enttäuschung die 
vorsichtige Reserve, ja das Misstrauen, mit dem die Publi- 
cation Koch’s über das Tuberculin R vom 1. April 1897 aufge¬ 
nommen wurde. 

Dazu kam noch, dass gleich unter den ersten Veröffent¬ 
lichungen über das TR, die schon sehr bald erschienen, ein¬ 
zelne nicht nur von der völligen Wirkungslosigkeit des Mittels 
zu berichten wussten, sondern gradezu seine Anwendung als 
zu gefährlich widerriethen. Von Verunreinigungen des Präpa¬ 
rates durch Schimmelpilze, Staphylococcen, Streptococcen, ja 
sogar Tuberkelbacillen wurde berichtet (Schroeder, Nencki, 
Maczewski und Longucki, Jez, Trudeau und Pfeiffer, Petruschky, 
Baumgarten und Walz). 

Es folgten dann allerdings auch Mittheilungen besserer 
Resultate, jedoch überwog die Zahl derjenigen, die dem TR 
eine die Erfolge anderer Behandlungsweisen übertreffende 
Wirkung absprachen. 


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Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



400 


Napp u. Grouven. 


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Einzelne gingen sogar soweit zu behaupten, dass dem¬ 
selben nur eine schädigende Wirkung zukomme, indem durch 
Fieber, Appetitlosigkeit etc. das Allgemeinbefinden der Patienten 
allzusehr in Mitleidenschaft gezogen würde. 

Verbältnissmässig am günstigsten lauteten die Berichte 
über die Erfolge der Lupusbehandlung mit TR. 

Es ist dieser Umstand deswegen von Bedeutung, weil 
Lupuskranke einerseits wohl am allerehesten den von Koch ge¬ 
stellten Anforderungen hinsichtlich der Auswahl der zur TR-Be- 
handlung geeigneten Fälle entsprechen, anderseits bei ihnen 
die exacteste Beobachtung möglich ist. 

Widersprechend wie die Beobachtungen beim Menschen 
waren auch die Ergebnisse der Thierexperimente, die mit TR 
angestellt wurden: auf der einen Seite Fehlen jeglicher Wirkung, 
auf der andern sowohl Heilung von Tuberculose als auch Im- 
munisirung gegen dieselbe (Letulle und Perron, Huber, Baum¬ 
garten und Walz, Zimmermann, Beck, Spengler). 

Nach alledem ist es wohl auch heute noch nicht an¬ 
gängig, ein abschliessendes Urtheil über die Wirksamkeit des 
TR fallen zu wollen. 

Jedenfalls ist jedoch die Mittheilung aller einschlägigen 
Erfahrungen sehr wünschenswert, zumal da ja bei der unzu¬ 
reichenden Gebrauchsanweisung, die Koch dem Mittel mit auf 
den Weg gegeben hat, nur dadurch die geeignetste Art und 
Weise seiner Anwendung festgestellt werden kann. 

Ist es doch eigentlich selbstverständlich, dass bei An¬ 
wendung eines so differenten Mittels wie das TR die mannig¬ 
faltigsten Erscheinungen teils zufälligen, teils principiell 
wichtigen Charakters auftreten können, die der Praktiker kennen 
und mit denen er rechnen muss. 

Die bisherigen diesbezüglichen Mittheilungen sind in kurzer Zu¬ 
sammenfassung folgende: 

Bai Anwendung des TR wurden sowohl allgemeine, als auch locale 
Reactionserscheinungen beobachtet. 

Ueber die Art der Allgemeinreactionen äussern sich die sämmtlichen 
Autoren nahezu übereinstimmend. Die Erscheinungen bestanden in kurz 
nach der Injection auftretenden nervösen Beschwerden, Mattigkeit, Ab- 
geschlagenheit, Kopfschmerzen, Schwindelgefühl, Muskelschmerzen, Ap¬ 
petitlosigkeit, Herzklopfen, leichter Cyanose, gesteigerter Puls- und Athem- 
frequenz, meist mit gleichzeitiger mehr oder weniger erheblicher Tem- 


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Original fro-m 

UMIVERSITY OF MICHIGAN 



Ueb. d. Resultate d. TR-Behandl. a. d. Bonner Hautklinik. 401 


peratursteigerung. Sie verschwanden in der Regel bald nach Aussetzen 
der TR-Behandluug. 

Seltener wurden transitorische Albuminurie, Störungen seitens des 
Digestionsapparates und allgemeine Exantheme beobachtet. 

Das mehrfach beschriebene Eintreten der genannten Erscheinungen 
nach Injection der gleichen oder sogar einer kleineren Dosis als der, die 
vordem ohne wesentliche Reaction vertragen worden war, wurde von 
den Einen auf eine verschieden starke Virulenz des TR von verschiedenen 
Herstellungsdaten zurückgeführt (Bussenius u. A.), von den Andern 
durch CumulationsWirkung erklärt (Burghart u. A.). 

Locale Reactionserscheinungen, analog den vom alten Koch’sclien 
Tuberculin her bekannten Localreactionen, wurden von Einzelnen jedes¬ 
mal bei der TR-Behandlung beobachtet. Dieselben glauben demnach 
überhaupt die Wirkungsweise desselben mit der des alten Tuberculius 
identificiren zu müssen (Scheuber u. A.). Die meisten Beobachter haben 
locale Reactionen in diesem Sinne nur selten gesehen. 

Als eine andere Art localer Reaction werden von Einigen die Er¬ 
scheinungen an der Einstichstelle nach TR-Injectionen betrachtet, die 
von allen Autoren in gleicher Weise beobachtet worden sind. 

Dahin gehören kurz n^ch der Injection auftretende Schmerzhaftig¬ 
keit, Schwellung und Röthung der Injectionsstelle. Vereinzelt wird auch 
von Abscedirungen berichtet. Diese Erscheinungen combiniren sich ge¬ 
legentlich mit andern Reactionserscheinungen und sollen daher nach 
Einigen ein Warnungssignal sein, welches die weitere TR-Verabreichung 
oder wenigstens eine Steigerung der Injectionsosis contraindicirt, da es 
eine Toxinüberladung des Organismus anzeigt (Beck). 

Auch an altern Injectionsstellen, die bis dahin reactionslos geblieben 
waren, wurde nach weiteren Injectionen ein Auftreten dieser Erschei¬ 
nungen gesehen, ein Umstand, der zur Erklärung der obengenannten 
Cumulationswirkung herangezogen wird. Unter gleichzeitiger Annahme 
einer Depotwirkung soll in Folge dieser entzündlichen Localreaction eine 
wesentlich schnellere Resorption von TR eintreten können (Burghart). 

Zur Vermeidung der Toxinüberladung, welche die Wirksamkeit 
des TR aufhebe, wurde sodann neuerdings eine „Etappenbehandlung“ 
mit TR in mehrmonatlichen Zwischenräumen anempfohlen. (Petruschky, 
Starck). 

Unser hochverehrter Chef, Herr Geheimrath Doutrelepont 
hat uns nun gestattet, über die Ergebnisse der TR-Behandlung 
in der Bonner Universitätsklinik für Hautkrankheiten ausführlich 
zu berichten, wofür wir uns zu aufrichtigem Danke verpflichtet 
fühlen. 

Vorläufige diesbezügliche Mittheilungen sind bereits von 
Dontrelepont gemacht worden. (Cf. D. Med. W. 1897. Nr. 34, 

Archiv f. Dermat. u. Syphil- Band XLVI. 26 


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402 


Napp u. Grouven. 


Sitzungsber. d. Niederrhein. Ges. f. Natur- u. Heilk. z. Bonn 
y. 13. Dec. 1897. Sitzungsber. des Dermat.- Congr. zu Strass¬ 
burg 1898.) 

Sobald das Tuberculin B im Handel erschien, wurde 
dasselbe auch in der Bonner Universitätsklinik für Hautkrank¬ 
heiten bei allen Fällen von Lupus in Anwendung gebracht, die 
den Anforderungen Koch’s entsprachen. 

Bei einer grossen Anzahl von Fällen wurde allerdings 
aus später zu erörternden Gründen ausserdem zur operativen 
Behandlung geschritten. 

Wir glauben jedoch, dass die Mittheilung auch dieser 
Fälle nicht ohne Interesse sein wird, da ja ein Mittel, welches 
allein zur Heilung des Lupus ausreichen soll, hier sicher seine 
Wirksamkeit nicht verleugnen wird. 

Als Injectionsstelle wurde die Gegend zwischen den 
Schulterblättern gewählt. Die Injectionen wurden mit einer 
gewöhnlichen Pravazspritze, die vorher mit Alkohol gereinigt 
war und in Alkohol aufbewahrt wurde, ausgeführt, die Haut 
vorher mit Sublimatalkohol, später nur absolutem Alkohol ge¬ 
reinigt. 

Von jedem TR-Präparat, welches ein anderes Herstellungs¬ 
datum trug, wurde ein Fläschchen vor der Benutzung sowohl 
mikroskopisch als culturell untersucht und, wie wir gleich hier 
hervorheben möchten, niemals eine bakterielle Verunreinigung 
nachgewiesen. 

Die Lösungen wurden der Vorschrift entsprechend Anfangs 
mit physiologischer Kochsalzlösung, später mit 20% Glycerin¬ 
wasser hergestellt. 

Wir verfuhren zuletzt so, dass durch Verdünnen einer 
gewissen Quantität TR, die durch Abtropfen bestimmt wird, 
mit dem vierfachen Volumen Glycerinwasser eine Lösung her¬ 
gestellt wird, die in einem Theilstriche einer gewöhnlichen 
Pravazspritze % Mgr. Trockensubstanz enthält. 

Je nach Bedarf lässt sieb dann durch Verdünnen in der 
Spritze (1 Theilstrich der Stammlösung, 9 Theilstriche Gly¬ 
cerinwasser) eine Lösung hersteilen, die im Theilstriche */ 50 Mgr. 
enthält; aus dieser in gleicher Weise eine solche mit V 500 Mgr. 


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Ueb. d. Resultate d. TR-Behandl. a. d. Bonner Universität. 403 


im Theilstriche. Diese denkbar einfachste Methode gestattet 
einerseits eine möglichst .vollständige Ausnutzung des kost¬ 
baren TR bei stets frischen Lösungen, anderseits bietet sie 
durch die geringe Zahl der nöthigen sterilen Gefässe die grösste 
Sicherheit gegen irgendwelche Verunreinigung bei der Berei¬ 
tung der Lösungen. 

Als Injectionszeit wurde die Morgenzeit gewählt, um das 
Eintreten eventueller Reactionserscheinungen nicht zu über¬ 
sehen. 

Was die Art der Dosirung anbetrifft, so bemerken wir 
mit Rücksicht auf die beigefügte Tabelle, in der von Modus I, 
II und III die Rede ist, Folgendes: 

Nach Modus I, den wir zuerst befolgten, wurde mit 
V500 Mgr. begonnen und mit in zweitägigen Intervallen aus¬ 
geführten 4 — 5 Injectionen VjO Mgr., mit 2—3 weiteren */ 10 Mgr. 
erreicht, dann VlO bezw. y 5 Mgr.-weise gestiegen, bis 2 oder 
3 Mgr., darauf V 4 bis Y 2 Mgr. mehr verabreicht, bis 5 Mgr, 
erreicht waren. Von 5 Mgr. an wurde in 5—6tägigen Inter¬ 
vallen Ya—1 Mgr. mehr injicirt. 

Modus II, zu dem wir später übergingen, bestand in der 
Dosirung Ysoo, %oo> 3 Uoo u* 8 - w - bis 10 / 500 , dann V 50 , 3 / 60 , 
Vsn. V101 7 .o. 3 /.o u - 8 - w - un d war später analog Modus I. 
Modus III, nach dem wir zuletzt verfuhren, bestand in der 
jedesmaligen Steigerung der Dosis um nur l / i00 Mgr. 

Selbstverständlich mussten im einzelnen Falle wieder 
zahlreiche Modificationen eintreten, die durch Reactionserschei¬ 
nungen oder individuelle Verhältnisse bedingt waren. 

Die Gründe, weshalb wir von Modus I zu II, von diesem 
später zu III übergingen, werden weiter unten erörtert werden. 

Bis zum 4. April d. J. wurden insgesammt 39 Patienten 
der TR-Behandlung unterzogen, 20 Männer, 19 Frauen. 

5 Frauen wurden von vorneherein poliklinisch behandelt. 
Bei 3 Männern und einer Frau wurden, nachdem sie während 
ihres Aufenthaltes in der Klinik das TR im Allgemeinen gut 
vertragen batten, die Injectionen poliklinisch fortgesetzt. 

20 * 


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404 


Napp u. Grouven. 


Name 

Diagnose 

Behand¬ 

lungsdauer 
mit TR 

Inject. 

Modus 

Höchste 
Dosis 
ln Mgr. 

Verhalten der 
Temperatur 

Allgemein¬ 

befinden 

Verhalten 

innerer 

Organe 

1. 

Schm. 

Kathar. 

Lupus faciei et 
mucosae oris 
sanatus, Fun¬ 
gus metatarsi, 
Phthisis pul¬ 
monum 

23./4. — 16./10. 
1807 

I 

10 

Mittel 37*5 
7mal Erhe¬ 
bungenüb. 38*0 
einmal bis 39*3 

Keine bemer¬ 
ken swerthe 
Störungen 

Keine Aen- 
derung des 
Anfangsbe- 
fundes 

2. 

Sch. 

Theodor 

Lupus vulgaris 
faciei, colli et 
corporis 

28./4.—2./9. 
1897 

I 

10 

Durchweg 37 0 
bis 37*5 einmal 
39*6 

Einmal 
Schüttelfrost, 
Kopf- u. Brust¬ 
schmerzen 

Keine 

Aenderung 

3. 

E. 

Maria 

Lupus dissemi¬ 
natus faciei, 
capitis, et cor¬ 
poris 

13./4—9./12. 
1897 

I 

10 

Mittel 37*1 
3mal Erhebun¬ 
gen bis 38*5 

Ab und zu 
Mattigkeit, 
Glieder¬ 
schmerzen 

n 

4. 

Sch. 

Helene 

Lupus nasi 
sanatus 

23./4.—28./5. 
1897 

I 

2 

Mittel 36-6 

Stets vortreff¬ 
lich 

» 

5. 

M. 

Adolf 

Lupus vulgaris 
faciei et cruris 
sinistri, muco¬ 
sae nasi et oris, 
Serophulo- 
derma nasi 

30./4. — 11./7. 
1897 

I 

3/ 

/ r, 

Sehr unregel¬ 
mässige Tem- 
peraturcurve 
14mal über 38 0 

Häufig Kopf- 
8chm., Rücken¬ 
schmerzen, 
Cyanose, Ab- 
gescblagenheit, 
Schwindelge¬ 
fühl 

r 

G. 

B. 

Christine 

Lupus manus 

4./5.—12./6. 
1897 

I 

18/ 

/2 0 

Mittel 36-8 

Ungestört 

\ 

n | 

7. 

B. 

Heinrich 

Lupus vulgaris 
faciei et colli 

6./5. — 24./8. 
1897 

1 

1 

2 3 / 4 

Mittel 37*0 
2mal Fieber 
über 38*0 (39*7, 
40*0) 

MebrmalsKopf- 
schmerzen u. 
Abgeschlagen- 
heit 

j 

i 

8. 

P. 

Gertrud 

Lupus anti- 
bracchii. Caries 
ulnae 

6-/5.—15.; 9. 

' 1897 

I 

5 

Mittel 37*2 
5m al Fieber 
über 38*0—38*7 

Gelegentlich 
Schwindel, 
Ohnmachtsge¬ 
fühl, Kopf- u. 
Glieder¬ 
schmerzen 

i 

! 

n l 

1 

9. 

C. 

Mathias 

Lupus vulgaris 
malae sinistrae 

10./5.—8./9. 
1897 

I 

4 

Durchweg unter 
37*0, 6mal 
Fieber bis 40*6 

Bei Fieber 
Schüttelfrost,Kopf¬ 
schmerzen und 
üebelkeit 

Nach Iojeetfon 
von Mgr. 

acute 

Milz Schwellung 

10. 

Schn. 

Mathias 

Lupus vulgär is 
bracchii, papil- 
losus manus 
sinistri 

28./5.—9./9. 
13./11.—19./3. 
1897—1898 

II 

III 

7 v? 

63/ 

/5 00 

2mal 38 0 

stets normal 

ungestört. 

9 

Keine 

Aenderung 

r> 


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Ueb. d. Resultate der TR-Behandl. a. d. Bonner Hautklinik. 


405 


Urinbefund 

Körper¬ 

gewicht 

Infiltrate 

Locale The¬ 
rapie bezw. 
Operation 

Locale Ein¬ 
wirkung des TR 

Befund nach Be¬ 
endigung der 
TR-Cur 

Ferner Be¬ 
obachtung 
d. Kranken 

Stets frei v. 
pathol. Be- 
standtheilen 

93—92 

— 

Auskratzen 
d. fungösen 
Fussgelenks- 
granulation. 
August 1897 

— 

Lupusnarb. reci- 
d.-frei. Schmerz¬ 
haft. u. Schwell, 
d. Fussgelenkes 
vermindert 

Mehrfaches Auf¬ 
treten vod Ke- 
cidivknötchen 
in den Lupus- 
narben ver¬ 
mehrte 

Schmerzen n. 
Schwellung des 
Gelenkes 

r 

108—119 

Einige- 
male ge¬ 
ringe In¬ 
filtrate 

Sublimat, Pyro- 
Kallus. Mehrfach 
Auskratzen und 
Verschärfen. 
Transplantation 

Bessere Granu¬ 
lationen, Inten¬ 
sive Epitheliali- 
sirung 

Bis auf geringe 
Defecte alles 
vernarbt. We¬ 
nige Lupus¬ 
knötchen mehr 

Sehr bald 
Recidive 

Vereinzelt 
geringe Al¬ 
buminurie 

137—138 

Ab u. zu 
geringe 
Infiltrate 

— 

Anfangs Ab 
nähme d. Infil¬ 
tration. Später 
Stillstand. Zeit¬ 
weise Auftreten 
neuer Knötchen 

Keine wesentl. 
Aenderung 

Keine Aen¬ 
derung Jan. 
1898 Op erat. 

Frei v. path. 
Bestandth. 

113—117 

— 

— 

— 

Glatte, weisße 
Narbe mit ein 
zelnen Gefasser- 
weiterungen. 
Keine Knötch. 

Nach 3 Mo¬ 
naten kein 
Recidiv 

V 

j 115—107 

! 

Einmal 

leichtes 

Infiltrat 

Sublimat- 
uraschl. Aus¬ 
kratzen und 
Ver8chorfen 

Schnelle Epithe- 
lialisirung. Zu¬ 
sammenfallen d. 
Knötchen. Mehr¬ 
fach locale Re- 
action 

Stellen auf der 
äusseren Haut 
fast völlig epi- 
thelialisirt. Ohne 
Knötchen. 
Schleimhautlup. 
wenig verändert. 

— 

Jt 

— 

— 

Sublimat- 
umschl. Py- 
rogal lussalbe 

Prompte 

Vernarbung 

Recidivfrei 

Narbe 

— 

Einmal ge¬ 
ringe transi¬ 
torische Al¬ 
buminurie 

120—122 

— 

Sublimat- 

umschl. 

Epithelialisir. 
d Ulcera. Zu¬ 
sammenfallen d. 
Lupusknötchen 

Alles fest 
vernarbt. Keine 
Knötchen mehr 

Im Mai d. J. 
recidivfrei 

Frei v. path. 
Bestandth. 

— 

Ab u. zu 
geringe 
Infiltrate 


Deutliche Ab¬ 
nahme d. Infil¬ 
tration, Vernar¬ 
bung d. Ulcera, 
Schluss der 
Fisteln 

Vereinzelte 
Knötchen in d. 
Narb<n, geringe 
Röthung an d. 
Fistelönnungen 

Bereits 14 T. 
später Auf¬ 
bruch einer 
Fistel. Ver¬ 
mehrte Zahl 
von Knötch. 

V 

— 

— 

V 

Schnelle Epifche- 
ÜHlisirung und 
Vernarbung 

Leicht hyper- 
ämische Narben, 
keine Knötchen 

Am 19.111. 1897 
wieder Auf¬ 
nahme wegen 
Recidivs 

normal 

V 

122—125 

122—126 

Einigemale 
leichte In¬ 
filtration 

n 

Auskratzon, 

Vnrschorfen, 

Sublimat, 

Vyrogallus 

Abnahme der Hypertr. 
u. Infiltr., Epithelial., 
ZurUckgeben d. KnÖlch. 
Schn* Ile V* rnarburg, in 
der Narbe einzelne 
Knötchen 

Feste Narbe, we¬ 
nige tief eiugeBun- 
kene Knötchen. 
Geringe Epithel* 
defecte. keine 
Knötchen mehr 

Bis jetzt 
kein Recidiv 


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Gck igle 


Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 







406 


Napp tu Grouven. 


Name 

Diagnose 

Behand¬ 
lungsdauer 
mit TR 

Inj. 

Mod. 

Höchste 
Dosis 
in Men*. 

Verhalten der 
Temperatur 

Allgemein¬ 

befinden 

Verhalten 

innerer 

Organe 

11. 

Kl. 

Anna 

Lupus axsi et 
antebraeehii 
Recidiv 

30./5.—6./9. 
1897 

II 

% 

Mittel 37-0 

6 mal über 38'0 
bis 39 7 

Bei Fieber 
starke Abge- 
schlag., Kopf- 
schm., Glieder¬ 
schmerzen 

Bel Fieb«r und 
lieusrs Orerien 
stets stark druck- 
empfindlich ftasl 
Intumescen* des 
Leberrandes, 
Icterus einmal 
punkt f. Haatblot. ; 

12. 

G. 

Theodor 

Lupus vulgaris 
malae sinistr. 

23/6.—20./9. 
1897 

II 

1/ 

/« 

Mittel 37-5 
2mal über 38*0 
bis 38*6 

Bei Fieber 
Kopfschmerzen 
u. Schwindel- 
gefuhl 

i 

Keine 1 

Aenderung 

18. 

H. 

Emma 

Lupus exulce- 
rans malae utr., 
menti, palpe- 
brae, conjunct. 
ulcus corneae 

26 5 - 5./9. 
1897 

II 

II 

5 

Mittel 36*5 
2mal über 38*0 
bis 39 0 

Einmal geringe 
Fieber¬ 
beschwerden 

r» 

1 14. 

Dr. 

Elise 

LupuB nasi 
Recidiv 

16./6.—18./10. 
1897 

5 

Mittel 36-7 
2mal Fieber 
bis 39*1 

Bei Fieber 
leichte Allge- 
meinbeschw. 

- 

15. 

Br. 

Johanna 

Lupus nasi et 
malae utr. 

30/6.-9./10. 

1897 

1 

II 

1 

10 

Mittel 86*7 
2mal Fieber 
bis 39*0 

Ungestöit 

r ! 

16. 

M. 

Heinrich 

; 

Lupus vulgaris 13./7.—19./8 
faciei et colli 1897 

II 

7» 

Mittel 37*5 
3mal Fieber 
bis 39*5 

Boi Fieber, Kopf- 
schmercen u. Ab- 
geechlagenheit, 
einmal lang an¬ 
haltende schwere 
Collapsenchei- 
nungon 

- 

17. 

Sch. 

Christine 

Lupus faciei 

vulgaris 

15./7.—20./8. 
1897 

II 

7 „ 

Mittel 36*8 

Ungestört 

1 r? 

18. 

K. 

Elisabeth 

I. Lupus nui, mu- 
coue oris et an- 
tlbracchll 

II. Lupus faeiei 
Recidiv Scrophu- 
loderma faciei 

15/9. — 26711. 

1897 

16-/3.—1J5. 

1898 

II 

in 

7.. 

## /soc 

Mittel 37-0 
3mal Fieber 
bis 39 5 Mittel 
36*9, 2mal 
Fieber bis 38*7 

Bei Fieber 
massige All- 
gemeinbeschw. 

rt 

19. 

Br. 

Antonie 

Tuberculosis, 
cutis multiplex 
et articulat. 
cubiti et genu 
sinistr. 

6./10.-22./10. 

1897 

III 

V&oo 

Mittel 37*1 
einmal 38*3 

Meistens Abge- 
schlagenheit 

rt 

20- 

Louise 

Lupus faciei 
vulgaris 

8./10.—18./12. 
1897 

II 

1 

Mittel 37-2 
4mal Fieber 
bis 39*0 

Geringe Fieber¬ 
beschwerden 

1 

-> 


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Original fru-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



Ueb. d. Resultate der TR-Behandl. a. d. Bonner Hautklinik. 


407 


Urinbefund 

Körper¬ 

gewicht 

Infiltrate 

Locale The¬ 
rapie bezw. 
Operation 

Locale Ein¬ 
wirkung des TR 

Befund nach Be- 
endigung der 
TR-Cur 

Ferner Be¬ 

obachtung 
d. Kranken 

Einmal Alba¬ 
nien, einmal 
Gallenfarb- 
stoffreaction 

120—123 

— 

— 

Anfangs Flacher- 
werden d. Knöt¬ 
chen, dann Still¬ 
stand 

Keine wesent¬ 
liche Aenderung 
dem Anfangs - 
Status gegenüber 

— 

Oefter« reich¬ 
lich Albanien, 
einige Cylinder, 
degen. Epithel 

64-65 

Einmal 

leichtes 

Infiltrat 

Subiimat- 

umschläge 

Epithelialisirung 
und Vernarbung 

Leicht hyper- 
ämisch. Narbe 
ohne Knötchen 

Nach 

1 Monat 
Recidiv in 
der Narbe 

Einmal ge¬ 
ringer Al¬ 
bumengehalt 

104—112 

Ab n. zu 
geringe 
Infiltrate 

Salicyl- 

umschl. 

Abnahme d. In¬ 
filtration, Ver¬ 
schwinden der 
Knötchen, Ver¬ 
narbung 

Fast ganz weisse 
Narbe ohne 
Knötchen 

— 

Frei v. path. 
Bestandth. 

— 



Sehr bald Flacher¬ 
werden, schliess¬ 
lich völliges Ver¬ 
schwinden der 
Knötchen 

An Stelle der 
Knötchen blasse 
Narben 

Nach 

5 Wochen 
Recidivknöt¬ 
chen in der 
Narbe 

7) 

4 

112—106 

— 

Salicylum- 
schläge Aus¬ 
kratzen und 
Verschorfen 

Anfangs geringe 
Abnahme der In¬ 
filtration u. Rothe. 
Später Stillstand. 

Gut granuli- 
rende Wund¬ 
flächen. Keine 
Knötchen 

Nach 

3 Wochen 
alles epitheL 
Recidiv in d. 
Narbe 

7 ) 

120—119 


— 

Schon nach den 
ersten Injectionen 
auffallendes Zurlick- 
gehen der Knötchen 
und der Röthe u. In- 
filtr. Zunehmende 
Narbenbildung 

Peripher noch 
leichte Röthe, 
keine erkenn¬ 
baren Knötchen 
mehr 

— 

r) 

— 

_ 

— 

Keine Wirkung 

— 

— 

r> 

80—78 

85—83 

— 

Sublimatum- 
schläge, später 
Operation, Py 
rogallus. Nach 

8 Tagen Ope¬ 
ration 

Deutliche Abnahme 
der Infiltration guter, 
schneller Wundrer- 
lauf. Ab und 
au Recidivknötchen 

Glatte reactions- 
lose Narben. 
Gut granuli- 
rende Wund¬ 
flächen 

— 

n 

108—96 

— 

Extensions¬ 

verband 

Geringes Flacher¬ 
werden der ein¬ 
zelnen Efflores- 
cenzen 

Keine wesent¬ 
liche Aenderung 
des Anfangs- 
statns 

Am 17-/1. 
1898 Exitus 
letalis 

T) 

112—122 

Ab u. zu 
geringe 
Infiltrat. 

Salicylum- 
schläge, Aus¬ 
kratzen und 
Verschorfen 

Deutliche Abnahme 
der Inflltr. schnelle 
Epithel, und Vernar¬ 
bung, Flacherwerden 
der Knötchen 

Glatte reactions* 
lose Narbe 

— 


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Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 





















408 


Kapp u. Grouven. 


Name 

Diagnose 

Behand¬ 
lungsdauer 
mit TR 

Inj. 

Mod. 

Höcbste 
Do«is 
in Mgr. 

Verhalten der 
Temperatur 

Allgemein¬ 

befinden 

Verhalten 

innerer 

Organe 

21. 

Br. 

Peter 

Lupus nasi 
etmalae, Scro- 
phulodermata 

14./10- 18./11. 

1897 

20./1.—ll./'l- 

1898 

II 

III 

s Ao 

7*o. 

Mittel 37 0 

r 

Ungestört 

r 

Keine 

Aenderung 

n 

22. 

Sch. 

Karl 

Lupus verrucos. 
colli 

25./10.-12./11. 

1897 

III 

7500 

Mittel 37*2 

Ungestört 

Keine 

Aenderung 

23. 

N. 

Johann 

Lupus vulgär, 
faciei, Daeryo- 
cystitis 

1./12. 1897 — 
29./3. 1898 

III 

52/ 

/ 500 

Mittel 87*0 
4mal Fieber 
bis 39*1 

Ungestört 

n 

24. 

L. 

Hermann 

Lupus vulgaris 
faciei (Beeidiv) 

1./12. 1897 - 
B./2. 1898 

III 

33/ 

/;.oo 

Mittel 87-0 
Höchste 
Temp. 87*8 

Ungestört 

r 

25. 

Schm. 

Peter 

Lupus vulgär, 
colli 

3./12. 1897 — 
24./1. 1898 

III 

! 

33' 

< 500 

Mittel 97*0 
2mal Fieber 
bis 39.2 

Ungestört 

r 

26. 

J. 

Josef 

Lup. vulg. nasi 
et umcos. nasi 
Dacryocystis 
Mal. Pottii san. 

13.|12.1897 — 
29-/3. 1898 

in 

4 '/500 

Mittel 37-0 
3mal Fieber 
bis 38.9 

Ungestört 

n 

27. 

Gr. 

Christine 

Lupus vulg. 
antibrachii 
utriusque 

23-/12.1897 — 
12.-1. 1898 

ui 

* V500 

Mittel 37 0 

Ungestört 

r 

1 

28. 

Schm. 

Margarete 

Lupus 

vulgaris nasi 
et colli 

21./12.1897— 
4./3. 1898 

in 

*7*.. 

Mittel 36-9 
einmal 39'5 

Ungestört 

| 

p 

29. 

B. 

Gertrud 

Lupus vulg. 
malae Tuber- 
culos. urogen. 
Phtisis pulm. 
inc. 

6./1.—26-/4. 
1898. 

in 

33/ 

/ 500 

Mittel 36-8 

Häufig Mattig¬ 
keit, Abge- 
schlagenheit, 
Schmerzen ind. 
Blasengegend 

p 

30. 

M. 

Jacob 

Lupus vulg. 
faciei et dorsi, 
uleus corneae 

10./1.—80./1. 
1898 

ui 

10 / 

/ 500 

1 

Mittel 37-0 
einmal 38'1 

1 

Ungestört 

p 


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Gck igle 


Original frorn 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 




Ueb. d. Resultate der TR-Behandl. a. d. Bonner Hautklinik. 


409 


Urinbefund 

Körper¬ 

gewicht 

Infiltrate 

Locale The¬ 

rapie bezw. 
Operation 

Locale Ein- | Befu " d nachBe - 
Wirkung d., TE|' 

Fernere Be¬ 
obachtung 
d. Kranken 

Frei v. path. 
Bestandth. 

n 

188—132 

133—131 

— 

Snblimatumacbl. 
Anskral zen nnd 
Brennen, Su¬ 
blimat, Pyro- 
gallus 

Abnahme d. In¬ 
filtration. Schnelle 
Vernarbung 

Gute Granulat, 
keine Knötchen. 
Geringe Epithel- 
defecte, keine 
Knötchen 

— 

n 

lil—62 


Exeision 

— 

Reactionslose 
Theilung per 
prim am 

Nach 7 Mo¬ 
naten kein 
Recidiv 

V 

46, 43, 44 

— 

Sublimo tum«chl. 
Aaokratsen und 
Vei'Hchorfcti, Py 
rogfclluN, Jodo- 
formölinjection 
in den TUrlneu- 
■ack 

Reinigung d. Ulcera 
Nach der Operation 
schnelle Vernarbung. 
Einige neue Knötch. 

Feste Narbe 
ohne Knötchen. 
Geringe Secre- 
tion aus dem 
Thränensacke 

Xach S Wochen 
Recidiv auf der 
WundachlelmJ 
haut. Wieder- 
aufbruch der 
Thränenflstel 

T) 

105—109 


Sublimat¬ 

umschläge, 

Operation, 

Pyrogallus 

Schnelle Vernar¬ 
bung. Einige neue 
Knötch. in der 
Narbe. 

Feste Narbe 
ohne Knötchen 

Anfang Juni 
leichtes Re¬ 
cidiv in der 
Narbe 

n 

127—127 


n 

Schnelle Epithe- 
lialisirung und 
Vernarbung 

n 

1 

i 

V 

51, 49, 51 

i 

Sublimatum- 
scbl. Operation, 
Pyrogallus, Jo- 
doformölinject. 
in den Tbränen- 
sack 

Abnahme der 
Röthung n. Infiltr 
Schnelle Vernarb. 1 
In d. Narbe einige! 
Knötchen. 

Feste Narbe 
ohne Knötchen 
Kein Secret aus 
dem Thränen¬ 
sacke mehr 

Bis jetzt 
kein Recidiv 

r> 

122—126 

i 

Excision 

i 

— . Prima intentio 

Nach 2 Mo¬ 
naten kein 
Recidiv 

n 

125—135 

Sublimat- 
— ! Umschläge, 

| Operation 

Keine 

Veränderung 

Reactionslose 
glatte Narbe 
ohne Knötchen 

Nach 14 Tg. 

einzelne 
Knötchen in 
der Narbe 

Andauernd ge¬ 
ringer Albumen 
gebalt. Im Sedi¬ 
ment Eiter und 
sahireiche Tu¬ 
berkelbacillen 

110, 116, 
108 

Ab u. zu 
geringe 
Infiltr. 

Excision 

Auffallend rasche 
Epitheliallslrung. 
Abnahme d. Infiltr. n. 
Röthe. Keiue Beein¬ 
flussung der Tuberc. 
urog. u. Phtbisis palm. 

Prima intentio. 

Im Uebrigen 
keine Aenderung 
d. Anfangsstatus 

Nach 3 Mon. 
recidivfrei. 
Sonst keine 
Aenderung 

Frei v. path. 
Bestandth. 

149, 149 

— 

Subiimat- 

schläge 

Schnelle Epithe¬ 
lial. Abnahme d. 
Infiltr. u. Hypertr. 
Einsinken der 
Knötchen 

Hypertrophie u. In¬ 
filtr. fast verschw. 
Geringe Epithelial- 
defecte. Keine 
Knötchen Ulcus cor¬ 
neae verheilt 

— 


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Original frorn 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 









410 


Napp u. Grouven. 


Name 

Diagnose 

Behand- 
luDgsdauer 
mit TR 

Inject. II 
Modus | 

Höchste 
Dosis 
In Mgr. 

Verhalten der 
Temperatur 

Allgemein¬ 

befinden 

Verhalten 

innerer 

Organe 

31. 

Sch. 

Maria 

Lupus vulgaris 
faciei 

1./2.—25./S. 
1898 

III 

*v 

/ 500 

Mittel 36-8 

Ungestört 

Keine 

Aenderung 

32. 

A. 

Christine 

Lupus vulgaris 
nasi 

16./1.—1./4. 
1898 

111 

37 / s .. 

Mittel 37*2 
5mal Fieber 
bis 38’8 

Leichte Fieber¬ 
beschwerden 

i 

*> 

33. 

R. 

Josef 

Lupus vulgaris 
faciei et pedis 
dextri 

2Ö./1.-22./1. 

1898 

III 

•V... 

Mittel 37-0 

Ungestört 

’ 

i 

34. 

Fl. 

Adolfine 

Lupus vulgaris 
faciei et mucos 

oris 

26./1.-1./6. 

1898 

III 

3 t»/ 

/ 500 

Mittel 87-1 
7mal Fieber 
bis 38-5 

Leichte Fieber¬ 
beschwerden 

I 

n 

35. 

L. 

Franz 

Tuberculosis 
linguae, Phthi- 
sis pulmonum 

13./2.—13./6. 
1898 

in 

1 

4«/ 

/ SOS 

i 

Morgens durch¬ 
weg 37*0, 
Abends 38’0 
keine höheren 
Temperaturen 

„Besser wie 
jemals zuvor“ 

Einmal stärkere 
Hlmaptae. Phy¬ 
sikalisch keine 
Aendernng im 
Spntnm seitdem 
Tnberkelbae. 

36. 

Fr. 

Karl 

Lupus vulgaris 
faciei et mu¬ 
cosae oris 

i 

9./3.—2./5. 
1898 

III 

18/ 

'800 

Mittel 37-0 
einmal 87’9 

Ungestört 

Keine 

Aenderung 

37. 

M. 

Karl 

Lupus vulgaris 
faciei, Scro- 
phulodermata 
dissem. 

_ 

, 

13. 3.—12./5. 
1898 

III 

J8/ 

/SOS 

Mittel 370 
einmal S9'3 

Einmal leichte 
Kopfschmerzen 


38. 

H. 

Mathilde 

Lupus vulgaris 
faciei et anti- 
brach. 

17./3.—4./6. 
1898 

III 

36/ 

/5 SO 

Mittel 36-7 
einmal 88*1 

Ungestört 

7» 

39. 

Sch. 

Mathias 

i 

Tuberculosis 

nasi 

4./4.-15./6. 

1898 

111 

I 

35 } 

1 600 

Mittel 37-0 
2mal Fieber 
bis 88-7 

rj 

71 


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Gck igle 


Original fro-m 

UNIVERSITY OF MICHIGAN 



Ueb. d. Resultate der TR-Behandl. a. d. Bonner Hautklinik. 


411 


Urinbefund 

Körper¬ 

gewicht 

Infiltrate 

Locale The -1 L j Ein . 

Befund nach Be¬ 
endigung der 
TR-Cur 

Fernere Be¬ 
obachtung 
d. Kranken 

Frei v. patb. 
Bestandth. 

112—112 

— 

Excision 


Prima intentio 

— 

' 

V 

3mal ge¬ 
ringe 
Infiltr. 

Sublimat- 

umschl. 

Eclatante Ab¬ 
nahme d. Röthung 
u. Schwellung. 
Epithelialisirung 
und Vernarbung 

Leicht hyper- 
ämische Narbe, 
keine Knötchen 

— 

n 

144, 140 

— 

Sublimat- 
umschl. Ope¬ 
ration, Pyro- 
gallus 

Abnahme der 
Schwellung. Röthung 
and Infilt ntion. Zu¬ 
sammenfällen der 
Knötchen. Schnelle 
Epithelialisirnng 

Feste Narbe, 
leichte Röthung, 
keine Knötchen 

Bis jetzt 
recidivfrei 

„ 1 106, 114 

Ab und 
zu ge¬ 
ringe 
Infiltr. 

71 

Abnahme der In¬ 
filtr. u. Röthung. 
Beginnende Epi- 
thelialisirung 

Reactionslose 
Narbe ohne Re- 
cidiv 

—- 

„ 127—127 

i 

i 

Milchsäure- 
pinsel. später 
Abbrennen 
mit dem Pa- 
quelin 

Anfangs Erwei- 
chungsersch. und 
geringer Rück¬ 
gang. Später 
Weiterschreiten 

Bi9 auf geringe 
Defecte fest ver¬ 
narbt 

Bis jetxt kein 
Recidiv. Stär¬ 
kere B ruit be- 
•ehw. seit Beend, 
der Inject. Ob¬ 
ject. keine 
Aenderong 

„ 117-113 

— 

| Sublimat- 
umschl. Ver¬ 
schorfung, 
Pyrogallus 

Abnahme der 
Schwellung und 
Infiltr. Schnelle 
Epithelialisirung 

Nur noch 
leichte Röthung. 
Keine Knötchen 

Nach 5 W. 
ausgedehntes 
Recidiv auf 
der Nasen¬ 
schleimhaut 

„ j 139—141 

I 


Sublimat- 
umscbl. 
Evidement 
u. Verschorf., 
Pyrogallus 

Abnahme d. In¬ 
filtr. lebhafte Epi¬ 
thelialisirung. 
Scrophuloderm. , 
unverändert 

Geringe gut 
granul. Defecte. 
Sonst alles fest 
vernarbt. Keine 
Knötchen 

— 

i 

, 

„ : 98-93 

— 

Sublimatum¬ 
schläge, Aus¬ 
kratzen und; 
Verschorfen 

i 

Geringe Abnahme 
der Infiltration 

Bis auf eine 
kleine gut gra¬ 
nul. Stelle alles 
fest vernarbt, 
ohne Knötchen 

Nach we¬ 
nigen Wo¬ 
chen Recidiv. 
Knötchen in 
der Narbe 

; ! 

„ 113—113i — 

1 

Sublimat, 
Pyrogallus, 
Auskratzen 
und Ver- 
schorfen 

Abnahme der 
Röthung und 
Schwellung 

Gute Granula¬ 
tion beginnende 
Epithel. 

Sehr bald 
wieder 
schlatte Gra¬ 
nulat. Noch I 
in Behänd 1. | 


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412 


Na pp u. Grouveu. 


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In der vorliegenden Arbeit haben wir die Erfahrungen 
niedergelegt, die wir an den Patienten, die bis zum 4. April 1898 
in der Klinik Aufnahme fanden, mit der TR-Behandlung gemacht 
haben. Es sind dies 39 an der Zahl, und zwar wurden davon 
klinisch 34, poliklinisch 5 behandelt. Die Patienten, die nach 
dem 1. Mai auf genommen und einer TR-Behandlung unterzogen 
wurden (12 an der Zahl), sind kurz im Schlussworte besprochen 
und werden bei einer eventuellen späteren Veröffentlichung ein¬ 
gehendere Berücksichtigung finden. Von den 39 Patienten 
litten 37 an Lupus, 1 an multipler Hauttuberculose, 1 an 
Zungentuberculose; von diesen zeigten 2 Complicationen mit 
Gelenk-, bezw. Knochentuberculose, 3 hatten deutlich nach¬ 
weisbare tuberculöse Lungenaffection, 1 war mit Tuberculose 
des Urogenitaltractus behaftet. 

Naturgemäss concentrirte sich unser Interesse auf die 
Haut- und Knochen-, bezw. Gelenks-Affectionen, ohne dass, wie 
wohl kaum liervorzuheben nothwendig wäre, die anderen 
Affectionen weniger gewissenhaft berücksichtigt worden wären. 
Wir haben regelmässig genaue Untersuchungen der inneren 
Organe vorgenommen, sowohl bei den Patienten, die bei der 
Aufnahme schon nachweisbare Veränderungen innerer Organe 
aufzuweisen hatten, als auch bei denen, die im übrigen gesund 
befunden wurden. 

Um es gleich vorweg zu nehmen, sei an dieser Stelle 
schon erwähnt, dass wir bei Tuberculose iunerer Organe keine 
objectiv nachweisbare Einwirkung des TR gesehen haben, weder 
Wendung zum Besseren noch zum Schlechteren. Es kommen 
hier die Patienten Sch., B. und L., die auf der Tabelle unter 
Nr. 1, 29 und 35 vermerkt sind, in Betracht. 

Bei Nr. 1 bestand geringer Tiefstand beider Lungenspitzen, 
leichte Verdichtung des linken Apex, anscheinend reichliche 
pleuritische Schwartenbildung linkerseits in Folge stattgehabter 
Pleuritis. Nie fand sich hier die geringste Reaction auf TR. 
Ab und zu klagte sie zwar über hin und wieder vermehrtes 
Seitenstechen, indessen war letzteres auch schon vor Beginn 
der Injectionscur beobachtet worden und zeigte sich auch 
während derselben ganz unabhängig von den Einspritzungen. 
Bei der Pat. Nr. 29, die die charakteristischen Symptome 


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Ueb. d. Resultate der TR-Behandl. a. d. Bonner Hautklinik. 41 3 

linksseitiger Spitzenaffection und Tuberculose der Harnwege 
darbot, gab Percussion und Auscultation stets den gleichen 
Befund und die mikroskopische Untersuchung des Urinsedi¬ 
mentes Hess stets die gleiche Menge Tuberkelbacillen und 
Eiterkörperchen bei allerdings in Bezug auf Quantität leichten 
Schwankungen unterworfenem Albumengehalt des Harnes er¬ 
kennen. Pat. Nr. 35, bei dem ausgedehnte Phthise der Lungen 
bestand, gab zwar während der Cur und nach Beendigung der¬ 
selben an, dass er sich allgemein „besser wie je zuvor“ fühle, 
zeigte aber stets den gleichen physikalischen Befund. Auch 
traten bei ihm Lungenblutungen von der gleichen Intensität 
während wie vor der Cur auf. Ebensowenig liessen sich bei 
den Patienten, bei denen die Untersuchung leichten Tiefstand 
der Lungenspitzen ohne ausgesprochene Dämpfung oder catar- 
rhalische Geräusche irgendwelche Veränderungen nachweisen. 

Auch zeigten die Kranken, die Erscheinungen von Tuber¬ 
culose innerer Organe darboten oder wenigstens darauf suspect 
waren, kein ungünstigeres Allgemeinbefinden, wie diejenigen, 
deren innere Organe absolut intact befunden waren. 

Ueberhaupt war das Allgemeinbefinden der mit TR-Be- 
handelten ein ausserordentlich wechselvolles. Es liessen sich 
darüber nicht mit der geringsten Sicherheit Vorhersagungen 
treffen. Es war weder der Fall, dass Patienten in mangel¬ 
haftem Ernährungszustände die Injectionen schlechter vertrugen, 
wie solche in guten und kräftigen Emährungsverhältnissen, 
noch dass das Alter der Patienten irgend eine Rolle spielte. 
So reagirten oft kräftig gebaute und gut ernährte Personen 
mit gesunden inneren Organen fast auf jede Injection mit mehr 
weniger starkem Gefühl von Abgeschlagenheit, Mattigkeit, Kopf- 
und Gliederschmerzen etc., ohne dass sich dafür die Erklärung 
in Temperatursteigerung, schmerzhaften Infiltraten oder sonstigen 
Veränderungen hätte finden lassen, während andere Individuen, 
bei denen mau auf stärkere Störungen des Allgemeinbefindens 
eher hätte gefasst sein müssen, wie Kinder und ältere wenig 
kräftige Leute, selbst bei höheren Temperatursteigerungen nie 
über wesentliche Beschwerden zu klagen batten. Nur mag hier 
erwähnt sein, dass diejenigen Patienten, die gesunde innere 
Organe darboten und bei denen vor Beginn der TR-Cur das 


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tuberculöse Gewebe operativ entfernt worden war — es sind 
dies 5 an der Zahl — die Injectionen stets ohne irgendwelche 
Beschwerden und ohne jegliche Temperatursteigerung vertrugen. 
Doch kann dies ja Zufall sein und es liegt uns fern, daraus 
einen Schluss auf Verallgemeinerung ziehen zu wollen. 

Schwerere und zum Theil direct bedrohliche Erscheinungen 
sahen wir nur bei 2 Patienten. Ersterer (M. Nr. 5) war ein 
14jähriger, wenig kräftiger Junge, der bis dahin die Injectionen 
ohne wesentliche Störungen des Allgemeinbefindens vertragen 
hatte. Nach einer morgens ausgefübrten Injection von 2/5 Mg. 
traten schon nach drei Stunden Schüttelfrost, heftige Kopf¬ 
schmerzen, Athemnoth, Rückenschmerzen, Cyanose des Gesichtes 
und ausserordentliches Schwächegefühl auf. Die Temperatur 
betrug 39*1 und stieg bis 40 6. Die Untersuchung der inneren 
Organe ergab absolut negativen Befund. Die Temperatur fiel 
langsam aber stetig in 3 Tagen zur Norm ab und erst in 4 
Tagen erreichte Pat. wieder seinen früheren Kräftezustand. 
Unangenehmer gestaltete sich der zweite Fall. Der kräftige, 
19jährige junge Mann (M. Nr. 16) hatte bis 6/5 Mg. die Ein¬ 
spritzungen stets gut vertragen. Auf genannte Dosis stieg die 
Temperatur bereits nach 4 Stunden auf 38'5. Gleichzeitig 
traten heftige Kopfschmerzen, Abgeschlagenheit und Schwindel- 
gefühl auf. Unter weiterem Ansteigen der Temperatur bis 
39 - 3 stellten sich dann plötzlich am Abend schwere Collaps- 
erscheinungen ein, die in hochgradiger Pulsbeschleunigung (172), 
fliegender Athmuug, Blässe, Cyanose, Kopfschmerzen und 
starkem Angstgefühle bestanden. Die Pupillen waren stark 
erweitert und reagiiten nur träge auf Lichteinfall. 

An den inneren Organen war nicht die geringste Ab¬ 
normität nachzuweisen. Reichliche Aethercampherinjectionen 
und Cognacdarreicliung hatten nur vorübergehenden Erfolg. 
Erst gegen Morgen wurde die Herzaction langsamer und regel¬ 
mässiger. Am folgenden Morgen 7 Uhr betrug die Temperatur 
39 - 5, Pulsfrequenz 120, Athmung 32. Das Gesicht war blass, 
von klebrigem Schweisse bedeckt, Patient klagte über heftige 
Kopfschmerzen und grosse Mattigkeit. Objectiv war auch jetzt 
an den inneren Organen nichts nachweisbar. Die Injections- 
stelle w r ar gänzlich reactionslos. 


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Ueb. d. Resultate der TR-Behandl. a. d. Bonner Hantklinik. 415 


Es wurden weitere grössere Mengen Cognac dargereicht. 
Abends betrug die Temperatur 38'5. Während der Nacht er¬ 
folgte dann unter starkem Schweissausbruche Temperaturabfall 
auf 36*9. Es bestanden nur noch leichte Kopfschmerzen und 
Abgeschlagenheit. Pulsfrequenz war wieder normal, die sub- 
jectiven Beschwerden schwanden in den nächsten Tagen völlig. 
Als Pat. jedoch versuchte, das Bett zu verlassen, stellten sich 
wieder Schwindel und Mattigkeit, starkes Herzklopfen und 
Oppressionsgefiihl in den unteren Thoraxpartien ein. Objectiv 
war nur Beschleunigung und geringe Anarythmie der Herzaction 
nachweisbar. Die Schwächeerscheinungen hielten noch mehrere 
Wochen an. Natürlich waren die Injectionen sistirt worden. 
Besonders hervorheben möchten wir, dass bei beiden Patienten 
kein TR vom neuesten Datum verwendet worden war, das TR 
wie stets vorher auf bakterielle Reinheit geprüft war und die 
übrigen Patienten, die mit der nämlichen Lösung injicirt worden 
waren, keine besonderen Erscheinungen zeigten. 

Im Allgemeinen war von grossem Einflüsse auf das All¬ 
gemeinbefinden das Verhalten der Temperatur. 

Fast regelmässig waren Temperatursteigerungen von 
Störungen des Allgemeinbefindens, die meist in gewöhnlichen 
Fieberbeschwerden bestanden, gefolgt, doch haben wir bei 
geringem Fieber recht häufig, ja in einzelnen Fällen auch bei 
höherem Fieber vollständiges Wohlbefinden bei verschiedenen 
Kranken angetroffen. W T ie die meisten anderen Autoren machten 
auch wir die Erfahrung, dass die Fieberbewegung nicht im 
Verhältnis zu der injicirten TR-Mcnge stand. Wir können 
auch nur bestätigen, dass häufig die nach stattgehabten Tem¬ 
peratursteigerungen oft bedeutend herabgeminderte höchste 
Injectionsdosis, auch wenn sie der nämlichen Lösung entnommen 
war, wieder Fieber, und zwar bisweilen solches um etliche ‘/io 
Grade höher, erzeugte. Ebenso machten wir die Beobachtung, 
dass das TR nicht immer ganz gleichwertig war, indem In¬ 
jectionen von TR einiger gewisser Herstellungsdaten fast bei 
sämmtlichen Patienten Fieber erzeugten, auch bei solchen, die 
bisher nie mit Fieber reagirt hatten und bei denen die Dosis 
nicht gesteigert worden war. Interessant ist es auch, dass wir 
an dem Tage, an dem wir zuerst die 20% Glycerinlösung statt 


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Napp u. Grouven. 


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der bis dahin benutzten 0'6% Kochsalzlösung als Verdünnungs¬ 
flüssigkeit benutzten, bei sämmtlichen injicirten Patienten mit 
einer Ausnahme eine abendliche Temperatursteigerung erfuhren, 
ohne dass wir ein anderes Präparat, als das beim letzten Male 
gebrauchte, angewendet hätten. Gewöhnlich beobachteten wir 
nur abendliche Temperaturerhöhungen, die am folgenden Tage 
wieder einer normalen Körperwärme Platz machten, nur fünf 
Mal blieb das Fieber noch Morgens bestehen, um in 3 Fällen 
auch am Abend des folgenden Tages noch nicht verschwunden 
zu sein; nie habeu wir aber erhöhte Temperatur von längerer 
Dauer wie 48 Stunden erfahren. Von unverkennbarem Einflüsse 
auf die Temperatur bei Frauen war das Zusammentreffen des 
Eintritts der Menstruation mit Injectionstagen. Fast in % der 
Fälle zeigten die menstruirten Patientinen, die zum Theile 
sonst nie gefiebert hatten, am Abend des Einspritzungstages 
mehr weniger hohe Temperaturerhöhung, bei einer derselben 
hielt letztere 1 '/ 2 Tage an. 

Ab und zu schien auch der Wechsel der nebenher ge¬ 
henden localen Therapie von 10% Pyrogallussalbe zu 1% 0 
Sublimatlösung und umgekehrt, die erfahrungsgemäss von 
stärkeren örtlichen Schmerzen gefolgt zu sein pflegt, nicht ganz 
ohne Einfluss auf die abendliche Temperatur zu sein. 

Da das Fieber bei dem TR aber nie ein typisch eintre¬ 
tendes ist, wie es bei dem alten Tuberculin fast regelmässig 
der Fall war, so lässt sich im einzelnen Falle auch wohl nie 
oder wenigstens nur schwer entscheiden, ob es allein auf die 
Injection oder auf ebengenannte, nebenher gehende Einflüsse 
in Rechnung zu setzen ist. Nicht in directem Zusammenhänge 
mit Temperatursteigerungen steht nach unseren Beobachtungen 
das Auftreten von Infiltraten an den Injectionsstellen. Wenig¬ 
stens haben wir bei grösseren Infiltraten, die oft mehrere Tage 
zur Resorption brauchten, nie constant, ja nur einmal abend¬ 
liches Fieber erlebt. 

Grössere Infiltrate haben wir nur im Anfänge und auch 
da nur sehr selten beobachtet. Es war auffallend, dass die¬ 
selben im Anfänge nur auf einer Station auftraten und nicht 
mehr zur Beobachtung gelangten, als von der localen Desin- 
fection mit 1% Sublimatalkohol Abstand genommen wurde und 


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Ueb d. Resultate der TR-Behandl. a. d. Bonner Hautklinik. 417 


nur absoluter Alkohol zur Verwendung gelangte. Geringere 
Infiltrate sahen wir verhältnissmässig häufig; dieselben schwanden 
indessen ohne jegliche Therapie gewöhnlich in einigen Tagen 
und zeigten keine andere Beschaffenheit, wie solche nach sub- 
cutanen Injectionen mit anderen Arzneimitteln, z. B. Arsen, zu 
erscheinen pflegen; wir sind deshalb geneigt, die nach TR auf¬ 
tretenden nicht als eine specifische Wirkung desselben „als 
locale Reaction“ aufzufassen. Ahscesse sahen wir nie, auch 
keine länger andauernde Schmerzhaftigkeit, oder erneute An¬ 
schwellung alter Injectionsetellen nach späteren Einspritzungen. 

Von Interesse war bei den Patienten die Schwank ung des 
Körpergewichtes. Von den 39 alle 6 Tage regelmässig ge¬ 
wogenen Patienten zeigten 8 constantes Gewicht, bei 15 Patienten 
war vom Beginne der Injectionen an eine Abnahme des Ge¬ 
wichtes zu constatiren. Bei 7 handelte es sich nur um einen 
Verlust von 1 bezw. 2 R, bei den übrigen war der Verlust 
etwas höher 4 bis 6 <8,, ein Patient verlor 8 'S,, ohne eine Ab¬ 
nahme der Körperkräfte zu erleiden, eine andere Patientin 
(es war der Fall mit multipler Hauttuberculose) gar 12 R bei 
nebenhergehendem deutlichem Kräfteverfall und Verschlechterung 
des Allgemeinbefindens. Eine andere Pat. nahm in der ersten 
Zeit 6 <8, zu, um nachher nach und nach wieder 8 ft zu ver¬ 
lieren, so dass schliesslich eine Einbusse von 2 zu verzeichnen 
war. Bei 16 Patienten stieg das Körpergewicht, bei 6 um 1 bis 2 R, bei 
6 um 3 bis 4 R, bei den übrigen um 8, 10, ja sogar 11 R. 
Die stärksten Gewichtsabnahmen gelangten bei den wenigen 
kräftigen, die stärksten Zunahmen bei den schon von vorneherein 
in gutem Ernährungszustände befindlichen Patienten zur Be¬ 
obachtung. Kleinere Schwankungen, die an dieser Stelle keine 
Berücksichtigung gefunden haben, waren auf die Operation zu 
beziehen und wurden bald wieder ausgeglichen. Von grösserer 
Wichtigkeit sind die Complicationen von Seiten innerer Organe, 
die auf TR-Wirkung zu beziehen sind. Auftreten von Albumen 
im Urin wurde bei 5 Patienten beobachtet. Bei 4 derselben 
war die Albuminurie nur sehr gering und verschwand im Laufe 
des Tages; sie zeigte sich bei 3 Patienten nur 1 Mal, ohne sich 
zu wiederholen, bei einer 4. Patientin ergab die Eiweissprobe 
5 Mal positiven Befund, indessen war es nur stets eine leichte 

Archiv f. Dermatol, u. ßyphil. Band XLVI. 27 


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Kapp u. Grouven. 


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Opalescenz, die bald wieder verschwand und wohl als eine 
febrile Albuminurie anzusehen. Bei dem 5. Patienten, einem 
14jährigen Jungen, zeigte sich nach 8 /aoo Mg. eine leichte 
Albuminurie ohne gleichzeitige Temperatursteigerung oder Störung 
des Allgemeinbefindens. Die mikroskopische Untersuchung des 
äusserst spärlichen centrifugirten Harnsedimentes liess das Vor¬ 
handensein zahlreicher körnig degenerirter Epithelien und einige 
spärliche gekörnte Cylinder erkennen. Sonstige nephritische 
Erscheinungen fehlten. Die Injectionen wurden erst nach dem 
nach 4 Tagen eintretenden Verschwinden des Eiweisses wieder 
aufgenommen, riefen aber wieder Albuminurie hervor, welche 
nach Aussetzen der Injectionen prompt verschwand. 

Als nach einigen Tagen die TR-Behandlung wieder aufge- 
nommen wurde, blieb der Urin eiweissfrei, trotzdem ‘/so Mg.-weise 
gestiegen wurde. Erst nach einigen Wochen riefen 7 / s0 Mg. 
wieder Eiweiss im Urin hervor, welches aber, ohne dass die 
Injectionen sistirt worden wären, verschwand. Dagegen 
stellte sich bei 1 Mg. eine hochgradige Albuminurie ein mit 
positivem Cylinderbefund, die zum Abbrechen der TR-Behandlung 
nöthigte. Auch jetzt verschwand das Eiweiss in wenigen Tagen 
aus dem Urin, stellte sich aber 14 Tage später auf ’/a Mg. wieder 
ein. Eine nach 6 Tagen vorgenommene weitere Injection von 
Va Mg. verursachte ausser stärkerer Albuminurie Fieber und 
Störungen des Allgemeinbefindens, so dass nunmehr definitiv 
von weiteren Injectionen abgesehen wurde. Das Albumen ver¬ 
schwand sehr schnell und zeigte sich auch im weiteren Verlaufe 
der Behandlung nicht wieder. 

Von Seiten der Milz sahen wir nur bei 1 Patienten Er¬ 
scheinungen. Auf n /i 0 Mg. trat bei diesem hohes Fieber 
(406), Schüttelfrost und stärkere Störung des Allgemeinbefindens 
auf. Der Urin war eiweissfrei, dagegen liess sich eine deut¬ 
liche Milzschwellung percussorisch und palpatorisch feststellen. 
Dieselbe bidete sich im Verlaufe von 14 Tagen vollständig 
zurück; die Injectionen waren nur vorübergehend ausgesetzt 
worden. 

Ein sehr kräftig gebautes, gut ernährtes Mädchen, bei dem 
sich 1 Mal leichter Albumengehalt des Urins constatiren Ress, 
reagirte bei jeder Temperatursteigerung mit Druckschmerzhaftig- 


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Ueb. d. Resultate der TR-Beband 1 . a. d. Bonner Hautklinik. 419 


keit der OYarien. Die combinirte Untersuchung ergab keine 
nachweisbare Veränderung derselben, ebensowenig eine Lage¬ 
veränderung des Uterus und seiner übrigen Adnexe. Bei der¬ 
selben Patientin trat 2 Mal leichter, in 4 bis 5 Tagen wieder 
verschwindender Icterus auf. Der Harn gab deutliche Gallen- 
farbstoffreaction, die Faeces zeigten das charakteristische Aus¬ 
sehen, die Conjunctiven und die Körperhaut waren indessen nur 
wenig ikterisch verfärbt. Dagegen war beide Male der Leber¬ 
rand deutlich intumescirt, fühlbar und leicht druckempfindlich. 
Die Injectionen wurden nur vorübergehend ausgesetzt. Nach 
dir Injection von 7 / 6 Mg. traten multiple stecknadelkopfgrosse 
Hautblutungen auf Brust, Armen und Oberschenkeln auf. Leider 
konnte dieser interessante Fall nicht weiter beobachtet werden, 
da Pat. trotz Gegenvorstellungen auf ihrer Entlassung bestand 
und sich nicht wieder vorstellte. 

Wenn wir jetzt auf die Einwirkung des TR auf das Lupus¬ 
gewebe eingehen, so ist es selbstverständlich von grösster Wich¬ 
tigkeit, die nebenhergehende locale Therapie zu berücksichtigen 
und danach die reine TR-Wirkung von der mit localer Be¬ 
handlung combinirten zu trennen. Zum besseren Verständnisse 
sei vorausgeschickt, dass an der Bonner Hautklinik in der Regel 
sämmtliche Lupuspatienten, sei es ulcerirter, sei es nicht 
ulcerirter Lupus vor und nach der Operation, die je nach den 
Verhältnissen in Auskratzen und Ausbrennen oder Kxcision be¬ 
steht, mit l%o Sublimatumschlägen behandelt werden. Es haben 
ja, wie Doutrelepont in den Monatsh. f.prakt. Dermatologie 
1884, Bd. III, Nr. (E.) 1 mitgetheilthat, schwache Sublimatlösungen 
1 bezw. als feuchtwarme Umschläge angewandt, ent¬ 

schieden eine specifische, ja sogar directe Heilwirkung auf tuber- 
culöses Gewebe. Wenn wir nun bei den mit TR behandelten 
Patienten ebenfalls Sublimatumschläge angewandt haben, so ist 
wohl ein Theil der beobachteten Heilwirkung auch auf diese 
zurückzubeziehen. Bei einigen Patienten haben wir daher, um 
eben die Sublimatwirkung ausschliessen zu können, nur Salicyl- 
umschläge angewandt. 

Vor der TR-Behandlung waren schon operirt 4 bezw. 5, 1 ) 

') Je nachdem Pat. Nr. 1 zu dieser Rubrik hinzugerechnet wird. 
Es war bei dieser der Lupus verheilt, der Fungus dagegen noch nicht. 

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während der TR-Behandlung wurden operirt 21, nicht operirt 
wurden 14, davon blieben ohne bezw. ohne differente locale 
Behandlung 7. 

Aus dieser kurzen tabellarischen Uebersicht geht hervor, 
dass 4 bezw. 5 von vorneherein aus der folgenden Betrachtung 
ausscheiden, da eben schon das tuberculöse Gewebe vor der 
TR-Behandlung entfernt war. Von diesen lässt sich nur sagen, 
dass der Heilverlauf der gesetzten Wunden ein absolut prompter 
UDd durch keine anderweitigen Complicationen gestörter war. 
Bezüglich der Recidive bei diesen verweisen wir auf die ff. Aus¬ 
einandersetzungen. Von den während der TR-Behandlung 
Operirten können wir ebenfalls noch 9 unberücksichtigt lassen, 
da bei diesen die Operation aus ökonomischen Rücksichten 
schon nach den ersten 4 bis 5 Injectionen vorgenommen werden 
musste. Jedoch lässt sich von diesen auch schon sagen, dass 
eine deutliche Abnahme der Röthe und Infiltration der lupösen 
Partien sich constatiren liess. Von den somit restirenden 
12 Patienten dieser Kategorie sehen wir bei 3 sozusagen gar 
keine TR-Wirkung. Zwar nahm die Infiltration etwas ab, indessen 
ist es nur zu wahrscheinlich, dass dies weniger TR-Wirkung wie 
Sublimatwirkung war. Von den verbleibenden 9 war bei 7 
die TR-Wirkung schon deutlicher. Es nahm die Schwellung und 
Röthe im Laufe der Einspritzungen sichtlich ab, die einzelnen 
Knötchen liessen sich nicht mehr genau differenziren und die 
täglich fortschreitende Epithelialisirung der anfangs ulcerirten 
Partien war unverkennbar. 

Bei zweien war die Besserung eclatant. Bei der einen Patientin 
handelte es sich um einen ziemlich ausgedehnten, vielfach 
ulcerirten Lupus der Nase und Wangen (cf. Tab. Nr. 20), bei 
der anderen um 2 Zehnpfennigstückgrosse ulcerirte Lupusstellen 
auf einer Wange (cf. Tab. Nr. 29). Bei beiden liess sich schon 
nach 3 / 500 eine ganz auffallende Involution und Neigung zur 
Epithelialisirung erkennen, bei der einen waren nach 10 / 500 , bei 
der anderen schon nach 7 / 500 die Ulcerationen völlig epithelialisirt. 
Waren nun bei der ersteren auch noch deutliche Knötchen 
und lividrothe Verfärbung sichtbar, so waren dagegen bei der 
anderen nur noch zwei etwa linsengrosse, leicht geröthete, ka nm 
intiltrirte Stellen vorhanden, in denen makroskopisch selbst mit 


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Ueb. d. Rr ultate der TR-Behandl. a. d. Bonner Hautklinik. 421 

Zuhilfenahme der Phaueroskopie absolut keine Knötchen mehr 
zu erkennen waren. Gleichzeitig ging mit der Resorption der 
tuherculösen Herde eine Abnahme der submaxillaren Lymph- 
drüsenschwellung einher. So gerne wir auch diese beiden Fälle 
weiter nur unter TR-Behandlung gelassen hätten, so mussten wir 
doch zur Operation schreiten, da die Patienten ihre baldige 
Entlassung verlangten und auf Operation bestanden. Bei der 
ersteren wurden die Stellen ausgekratzt und ausgebrannt und 
in verhältnissmässig kurzer Zeit bei der üblichen Nachbehandlung 
mit Sublimatumschlägen und 10% Pyrogallussalbenapplication 
schöne Vernarbung erzielt, bei der anderen wurde der Rest des 
Lupus excidirt und durch Naht zur Heilung per priman in- 
tentionem gebracht. Erstere Pat. hat sich bis dato nicht wieder 
vorgestellt, die zweite, die gleichzeitig an Phthisis pulmonum et 
urogenitaltractus erkrankt war, hat bis heute noch eine kaum 
sichtbare lineäre recidivfreie Narbe. 

Am wichtigsten zur Beurtheilung der Heilwirkung des TR 
sind die 14 während der TR-Behandlung nicht operirten Patienten, 
und von diesen wären die interessantesten — 7 an der Zahl — 
diejenigen, die nebenher keine locale bezw. keine differente — 
1 erhielt wegen des Lupus ulceratus in den ersten 10 Tagen 
zur Verhütung weiterer Infection von aussen her l%o Salicyl- 
umschläge — Therapie erfuhren. Von diesen scheidet ein Fall 
(cf. Tab. Nr. 30) von der Betrachtung aus, weil der betreffende 
Pat., ein ausgedehnter Lupus der ganzen linken Gesichts- und 
Halsseite, trotz deutlicher in Abnahme der Infiltration und theil- 
weiser Epithelialisirung bestehenden Besserung die Klinik vor¬ 
zeitig verliess. Bei den restirenden 13 sahen wir bei 4 und 
das sind gerade solche, die ohne jegliche locale Therapie ge¬ 
lassen wurden, keinen bessernden Einfluss des TR; immerhin 
könnte man aber eine TR-Wirkung auch bei diesen vielleicht 
darin sehen, dass wenigstens keine Neueruption von Knötchen 
trotz bei einigen monatelang möglicher Beobachtungszeit uns 
zu Gesicht kam. Bei 4 anderen Patienten (cf. Tab. Nr. 8, 10, 
12, 32) sahen wir schon nach den ersten 4 bis 5 Injectionen 
deutlichen Rückgang der Infiltration und Röthung; die exul- 
cerirten Stellen heilten bei gleichzeitig applicirten Sublimat¬ 
umschlägen mit leicht gerötheten Narben, in denen Knötchen 


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nicht mehr sichtbar waren, in einem Falle hatte Bich die an 
den Rändern des Lupus ziemlich weit unterminirte Haut völlig 
angelegt, in einem anderen Lupusfalle am Unterarme, der mit 
tiefen allerdings nicht direct auf erkrankten Knochen führenden 
secernirenden Fistelgängen complicirt war, schlossen sich diese 
vollständig, während gleichzeitig das lupöse Gewebe mit allerdings 
noch nicht ganz knötchenfreien Narben heilte. Auch bei dieser 
Patientin wurden nur Sublimatumschläge angewandt; die Fisteln 
wurden nicht local behandelt und trotzdem konnte man im 
Verlaufe der Cur deutlich verfolgen, wie die Sonde immer weniger 
tief in die Gänge hineingelangte und die Secretion immer 
geringer wurde, bis sie bei Schluss der Fistelöffnung völlig 
versiegte. Ein anderer Patient mit ausgedehntem Lupus ulceratus 
bezw. hypertrophicus des Armes wurde neben der TR-Cur bis 
zum bald eintretenden Schluss der Ulcerationen mit Sublimatum¬ 
schlägen und später nur mit indifferentem Puder bezw. Salben be¬ 
handelt. Trotzdem konnte Pat., als er nach einer Dosis von 7'/ 2 Mg. 
seine Entlassung wünschte, mit schönen weissen festen Narben, in 
denen keine verdächtigen Stellen mehr nachzuweisen waren, ent¬ 
lassen werden. Eine ebenfalls local mit Sublimatumschlägen be¬ 
handelte Frau mit markstückgrossem ulcerirten und an der 
Peripherie von zahlreichen Knötchen umgebenen Lupus der 
Nase und Oberlippe reagirte derart schnell auf TR, trotzdem 
nur Inj. Modus n zur Anwendung gelangte, dass schon nach 
3 /&oo Mg., also in 6 Tagen die Ulceration vernarbt war. Die 
Besserung nahm von Tag zu Tag sichtlich zu, so dass die 
Patientin, die sich jetzt noch in Behandlung befindet, jetzt nur 
noch eine leicht geröthete schuppende Partie ohne irgendwelche 
auch phaueroskopisch nicht sichtbar zu machende Knötchen 
an Stelle des anfänglich recht übel aussehenden Lupus aufzu¬ 
weisen hat. Pat. M. (cf. Tab. Nr. IG) erhielt keine locale 
Therapie. Trotzdem zeigte sich schon nach 3 Injectionen unter 
ziemlich starker Desquamation ein deutliches Zusammenfallen 
der Lupusknötchen unter gleichzeitigem Flacher- und Blasser- 
werden der befallenen Partien. Allmälig liess sich deutliche 
Vernarbung constatiren und zwar hauptsächlich im Centrum. 
Von diesem bildeten sich strahlige Narbenzüge zur Peripherie, 
innerhalb deren die Knötchen gewissermassen erdrückt zu werden 


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Ueb. d. Resultate der TR-Behandl. a. d. Bonner Hautklinik. 423 


schienen. Leider konnte eine höhere Dosis wie ®/ 5 Mg. nicht 
erreicht werden, da das Allgemeinbefinden — es trat bei diesem 
Pat. der oben geschilderte schwere Collaps ein — die weitere 
TR-Behandluug verbot. Eine ec)atante Heilwirkung entfaltete 
das TR bei 2 Frauen mit Lupus, von denen die eine gar keine 
locale Therapie, die andere nur iu den ersten 10 Tagen 
l 0 / 00 Salicylumschlage erhielt. Die erstere (Frau Dr. cf. Tab. 
Nr. 14) hatte beim Beginne der Cur ein dickstecknadelkopf¬ 
grosses typisches Lupusrecidiv auf der Nasenspitze. 

Schon nach den ersten 5—6 Injectionen zeigte sich ein 
Flacherwerden desselben. Unter den weiteren Injectionen sank 
dasselbe gewissermassen mehr ein und hinterliess eine steck¬ 
nadelkopfgrosse, kaum sichtbare weisse Narbe, die unter dem 
Niveau der umgebenden Haut lag, so dass das Knötchen wie 
ausgefallen erschien. Die zweite Patientin (Frau H. cf. Tab. 
Nr. 13) litt an ziemlich ausgedehntem Lupus hypertrophicus 
ulceratus beider Wangen in der Kieferwiukelgegend, am Kinn, 
am 1. Jochbein, der 1. Orbitalgegend, mit Ectropium compli- 
cirtem Lupus der Conjunctiva und einem Ulcus corneae des 
linken Auges. Schon nach etwa 3 Injectionen war deutliche 
Abnahme der Infiltration und Schwellung zu cunstatiren, die 
ulcerirten Stellen reinigten sich, die Secretioa liess nach, und 
nach weiteren 2 Injectionen war der Beginn der Epithelialisirung 
vom Rande aus unverkennbar, ebenfalls schossen kleine Epithel¬ 
inseln im Centrum auf, die sich schnell vereinigten, so dass 
bereits nach 9 Injectionen sämmtliche ulcerirten Stellen voll¬ 
ständig epithelialisirt waren. Im weiteren Verlaufe reinigte sich 
das Ulcus corneae, vernarbte mit geringer Trübung, und in der 
lupösen Conjunctiva zeigten sich lineare Narbenzüge. Als Pat. 
nach 5 Mg. als höchster Injectionsdosis wegen zu erwartender 
Niederkunft nach Hause entlassen werden mnsste, war der Lupus 
geheilt zu nennen. Die Narben waren fest und weiss und mit 
kleinen geschlängelten Gefässchen durchzogen. Doutrelepont 
demonstrirte auf dem 6. Congress der dermatologischen Gesell¬ 
schaft sowohl von dieser Pat. als auch von Pat. Schn. (cf. Tab. 
Nr. 10) vor und nach der TR-Behandlung aufgenommene 
Photographien. 


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Bei unseren sämmtlichen Patienten, bei denen das Tß 
seine günstige Wirkung entfaltete, zeigte sich also schon nach 
den ersten gering dosirten Injectionen stets immer die gleiche 
Erscheinung: Abnahme der Röthe und Infiltration, allmälig 
beginnende mehr weniger gute Vernarbung. 

Es war dies neben den nicht zu unterschätzenden Spar- 
samkeitsiücksichten auch der Grund, weshalb wir, nachdem wir 
im Beginn den oben geschilderten Modus I, der in schnellem 
Steigern der Injectionsdosen bestand, angewandt hatten, all¬ 
mälig langsamer mit den TR-Dosen stiegen und schliesslich nur 
Vsoo Mg.-weise die Dosis erhöhten. Erst in letzter Zeit arbeiten 
wir wieder mit höheren Dosen in schnellerer Steigerung, da die 
Höchster Farbwerke uns in entgegenkommendster Weise grössere 
Quantitäten von TR gratis zur Verfügung gestellt haben. W ; r 
sind auf diese Weise in den Stand gesetzt, auch die grossen 
von Koch als zur Immunisirung nothwendigbezeichneten Dosen 
anwenden zu können und nicht bei den bisherigen geringen — 
über 10 Mg. hat keiner der in vorliegender Arbeit besprochenen 
Patienten erhalten — stehen bleiben zu müssen. 

Gegenüber den vielfachen Berichten über locale Reactionen 
ähnlich denen beim alten Tubercu i; n beobachteten müssen wir 
noch hervorheben, dass wir nur in einem Falle eine solche ge¬ 
sehen haben. Es war dies der Fall M. cf Tab. Nr. 5. Während 
bis dahin das TR auch bei diesem Patienten nur die gewisser- 
massen resorbirend zu nennende Wirkung des TR auf den 
Process gezeigt hatte, die in Abnahme der Infiltration und 
Röthe und Flacherwerden der Knötchen bestand, trat nach 
einer Dosis von 3 / 5 Mg. am Abend unter leichten Fieber¬ 
erscheinungen deutliche Röthe und Schwellung sowohl des 
Lupus wie seiner Umgebung, vermehrte Secretion der ulcerirten 
Stellen und vermehrte locale Schmerzempfindung auf. Es war 
ganz das Symptomenbild der localen Reaction beim alten 
Tuberculin. Diese Entzündungserscheinungen schwanden in¬ 
dessen schon im Verlaufe des folgenden Tages. Auffallender¬ 
weise wiederholten sich nach den zwei folgenden Injectionen 
dieselben Reactionserscheinungen. Dieselben gingen aber 
ebenso prompt wieder zurück, wie sie gekommen waren, und 
wurden in gleicher oder auch nur ähnlicher Weise weder bei diesem 


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Ueb. d. Resultate der TR-Behandl. a. d. Bonner Hautklinik. 425 

noch bei irgend einem anderen Patienten späterhin wieder 
beobachtet. 

Bei zwei Fällen hatten wir Gelegenheit, die Wirkung des 
TR auf das tuberculöse Gewebe auch mikroskopisch studiren 
zu können. Es waren dies die Fälle B cf. Tab. Nr. 29 und 
M cf. Tab. Nr. 16. Bei ersterer wurde die Excision eines kleinen 
Lupusherdes yorgenommen, der durch 6wöchige TR-Behandlung 
so weit gebessert war, dass von 2 etwa lOpfennigstückgrossen 
ulcerirten Herden nur 2 etwa öpfennigstückgrosse leicht infil- 
trirte noch etwas livid geröthete Stellen restirten. Die mikro¬ 
skopische Untersuchung ergab noch den gewöhnlichen Lupus- 
befiind: mehrere gefässlose Tuberkel mit verschiedenartiger 
Zellinfiltration, ziemlich vielen Riesenzellen mit reichlichen 
Kernen; Tuberkelbacillen fanden wir nicht. In welcher Weise 
die Besserung hier eingetreten war, konnten wir mikroskopisch 
nicht erweisen, da wir kein Stück zum Vergleiche hatten, 
welches etwa vor der TR-Behandlung excidirt worden wäre. 
Da aber makroskopisch die Infiltration so sichtlich zurück¬ 
gegangen war, so lässt sich nur annehmen, dass die Ver¬ 
kleinerung des Lupusherdes auf Rechnung der Verminderung 
der Leukocytem zu setzen war. Diese Vermuthung konnten 
wir in dem zweiten Falle direct bestätigen, in dem wir in der 
glücklichen Lage waren, von demselben Lupusherde ein Stück 
vor und nach der TR-Behandlung untersuchen zu können. Hier 
wurde von einem markstückgrossen isolirten nicht ulcerirten 
Herde am Halse die Hälfte vor der TR-Behandlung excidirt 
und der Defect durch Naht geschlossen. Nach Beendigung der 
TR-Injectionen wurde der Rest sammt der Narbe ausgeschnitten. 
Das erste Stück enthielt mehrere charakteristische Tuberkel 
mit reichlichen Riesenzellen. Die Rundzelleninfiltration war eine 
ziemlich hochgradige. Um die einzelnen Tuberkel, die keinen 
Zerfall zeigten, war eine dichtgedrängte Leukocytenansamm- 
luDg sichtbar, die zum Theile in mehr weniger schmalen Zügen 
in den Tuberkel eindrangen. Die mikroskopische Untersuchung 
des nach der TR-Behandlung excidirten Stückes ergab einen 
wesentlich veränderten Befund, der sich schon bei Lupen- 
vergrösserung zu erkennen gab. Derselbe bestand in einer 
deutlichen Abnahme der Rundzelleninfiltration und Verminde- 


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rung der Lenkocytenansammlung. An den eigentlichen Tuberkeln 
konnten wir keine Veränderung erkennen. Die von Waelsch 
beobachtete Degeneration der einzelnen Zellelemente sahen wir 
nicht, B ämm tliche Zellcontouren waren noch deutlich sichtbar 
und Kerne und Protoplasma anscheinend nicht verändert. 
Abgesehen von der auffällig verminderten Zellinfiltration um 
die einzelnen Tuberkel herum liess sich aber auch in dieser 
noch das Auftreten junger Bindegewebszellen nachweisen. Hier 
und da — am meisten allerdings in der Nähe der Narbe, aber 
auch an von dieser entfernteren Stellen traten deutliche Spindel¬ 
zellen hervor, die in feinen Faserzügen das Gewebe durchzogen; 
ein Eindringen derselben in den Tuberkel konnten wir aller¬ 
dings nicht constatiren. 

Leider waren die Erfolge, die wir allein mit TR-Behandlung 
erzielten, nicht dauernd, die mit TR in Verbindung mit ent¬ 
sprechender Operation nur theil weise. Von den hier besprochenen 
39 Patienten verliessen vor der Heilung die Klinik und zeigten 
sich nicht wieder 8 Patienten, von den geheilt Entlassenen 
stellten sich nicht wieder vor 10 Patienten, von den verbleibenden 
21 befinden sich 4 noch in klinischer bezw. poliklinischer Be¬ 
handlung. Von den restirenden 17 sich in verschiedenen Zwischen¬ 
räumen wieder vorstellenden Patienten blieben bis jetzt ohne 
jegliches Recidiv 6. Die übrigen 11 zeigten zum Theile schon 
nach 8 bezw. 14 Tagen nach Beendigung der TR-Cur bezw. 
nach der Entlassung als geheilt sämmtlich mehr weniger aus¬ 
gedehnte Recidive, welche erneute operative Behandlung er¬ 
heischten. Unter den nach kürzerer oder längerer Zeit ein 
Recidiv aufweisenden Patienten befanden sich leider auch 
sämmtliche von uns ohne Operation nach Beendigung der TR- 
Cur als geheilt entlassenen Patienten. 

Bei der Kürze der Beobachtungsdauer — es sind erst 
15 Monate seit Veröffentlichung Koch’s verflossen—lässt sich 
natürlicherweise noch kein abschliessendes Urtheil über die 
Wirkung des TR fällen. Aus unseren Beobachtungen geht 
aber schon hervor, dass das TR, wenn es auch keine dauernde 
Heilung bringen kann, jedenfalls einen entschieden günstigen 
Einfluss auf Vernichtung des tuberculösen Processes auszuüben 
im Stande ist und bei vorsichtiger Anwendung keine weseDt- 


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Ueb. d. R ultate der TR-Behandl. a. d. Bonner Haut V’ : r ; k. 427 


1- chen Schädigungen des Gesammtorganismus im Gefolge hat. 
Wie weit es eine Immunisirung gewähren kann, können wir 
nach unseren Beobachtungen nicht entscheiden, da wir aus 
oben genannten Gründen nicht in der Lage waren, d’e zu- 
Erreichung dieses Zweckes nothwendigen hohen Dosen anzu¬ 
wenden. Ueberhaupt lässt sich wohl erst in mehreren Jahren 
darüber ein endgiitiges Urtheil lallen. 

JedenfaPs ist das TR wohl berechtigt, bei gleichzeitig neben¬ 
hergehender rationeller localer Behandlung als unterstützendes 
Moment in Anwendung gebracht zu werden und einen hervor¬ 
ragenden Platz unter den Mitteln zur Bekämpfung der Haut- 
tuberculose zu behaupten, wenn es auch nach unseren und von 
anderen gemachten Beobachtungen nicht allein eine radicale 
und definitive Heilung bringen kann. 


Nachtrag. 

Vom 1./1V. 98 bis zum l./VIII. 98 wurden ausser den 
noch in Behandlung befindlichen weitere 12 Patienten, d : e an 
mehr oder weniger ausgebreiteten Lupus bezw. Tuberculose 
der äusseren Haut und der Schleimhaut litten, der TR-Be- 
handlung unterworfen. 

Bis zum 15./VI. 98 wurden kleine Dosen injicirt und 
jedesmal nur V 5ü0 Mg. mehr verabreicht. Nachdem dann die 
Höchster Farbwerke der Klinik ein Versuchsquantum TR kosten¬ 
los zur Verfügung stellten, wurde bei sämmtlichen Patienten 
wieder schneller gestiegen, soweit angängig mit jedesmaliger 
Verdoppelung der Dosis. 

Die höchste einmalige Injectionsmenge beträgt bis jetzt 
15 Mg. 

Sowohl bezüglich der Resultate der TR Behandlung als 
auch hinsichtlich der Nebenwirkungen des TR haben sich auch 
in diesen Fällen bis jetzt keine principiellen Verschiedenheiten 
den oben mitgethedten Beobachtungen gegenüber ergeben. 


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Napp u. Grouven. 


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Litteratur. 

1. Adrian, Arch. f. Dermat. u. Syph. 1898, Nr. 45. 2. Beck, 
Deutsche med. Wochenschr. 1898, Nr. 23. 8. Bieck u. Lesser, Yrhdl. 
d. Berl. dermat. Ges. v. 6. Juli 1897. 4. Bosquier, These de Paris, 
1897. 5. Bandach, Deutsche med. Wochenschr. 1897, Nr. 34. 6. Bu- 
kowsky?, Wien. med. Wochenschr. 1897, Nr. 40. 7. Burghart, BerL 
klin. Wochenschr. 1898, Nr. 7. 8. Bussenius, Deutsche med. 

Wochenschr. 1897, Nr. 28. 9. de la Camp, Deutsche med. Wochenschr. 

1897, Nr. 34. 10. Camp ana, Ref. d. Ther. Wochenschr. 1897, Nr. 46. 

11. Doutrelepont, Deutsche med. Wochenschr. 1897, Nr.37. 12. Dou- 
trelepont, Sitzungsber. d. Niederrhein. Ges.f.Natur-u. Heilk. z. Bonn 
v. 13. Dec. 1897. 13. Finger, 69. Vers, deutsch. Naturf. u. Aerzte z. 
Braun8chweigl897. 14. Gerber u. Prang Deutsche med. Wochenschr. 1897, 
Nr. 39. 15. Herzfeld, D. med. Wochenschr. 1897, Nr. 34. 16. van 

Hoorn, Deutsch, med. Wochenschr. 1897, Nr. 39. 17. van Hoorn, 

Deutsche med. Wochenschr. Nr. 27. 18. Huber, Berl. klin. Wochenschr. 

1898, Nr. 7. 19. Jez, Wien. med. Wochenschr. 1897, Nr. 30. 20. 

Kaatzer, Deutsche med. Wochenschr. 1897, Nr. 39. 21. Kryszta- 

kowicz, Wien. med. Wochenschr. 1898, Nr. 3. 22. Lassar, Dermat. 
Ztschr. 1897, IY. 23. Le ick, Deutsche med. Wochenschr. 1897, Nr. 34. 
24. Letulle u. Perron, Presse medio. 1897, Nr. 69. 25. Mayer, 
Berl. dermat. Ges. 7. Nov. 1897. 26. Malcolm Morris, Dermat. 
Soc. of London 14. Juli 1897. 27. Morris u. Whitfield, Brit. med. 
Journ. 24. Juli 1897. 28. v. Neucki, v. Maczewski, v. Logucki, 
Presse med. 1897, Nr. 46. 29. Peters, Münchn. med. Wochenschr. 1897, 
Nr. 45. 30. Petrusch ky, Deutsche med. Wochenschr. 1897, Nr. 39 
u. 40. 31. Porges, Wien. klin. Wochenschr. 1898, Nr. 15. 32. Rad* 

cliffe Crocker, Brit. Journ. of Dermat. 1897, p. 334 u. 475. 33. 

Räude, Berl. klin. Wochenschr. 1898, Nr. 7. 34. Reinhold, Münchn. 
med. Wochenschr. 1898, Nr. 22. 35. Rossmann, Deutsche med. 

Wochenschr. 1897, Nr. 34. 36. Seeligmann. Deutsche med. Wochen¬ 
schr. 1897, Nr. 30. 37. Scheuber, Arch. f. Dermat. u. Syph. Band 
42. 38. Schnabel, Centralbl. f. d. ges. Ther. Oct. 1897. 39. Schreiber, 
Ref. Med. d. Gegenw. 1898 Nr. 2. 40. Schoeder, Münchn. med. Wochen¬ 
schr. 1897, Nr. 29. 41. Schulze, Deutsche med. Wochenschr. 1897, 

Nr. 28. 42. Slawyk, Deutsche med. Wochenschr. 1897, Nr. 34. 43. 

Spengler, Deutsche med. Wochenschr. 1897, Nr. 36. 44. Spiegel, 
Münchn. med. Wochenschr. 1897, Nr. 51. 45. Starck Münchn. med. 
Wochenschr. 1898, Nr. 17. 46. Sternthal, 69. Vers, deutscher Naturf. 
u. Aerzte zu Braunschweig 1897. 47. Trudeau u. Pfeifer, Fortschr. 
d. Med. 1898, Nr. 43. 48. Weintraud, Fortschr. d. Med. 16. Band 2. 
49. Wo er n er, Deutsche med. Wochenschr. 1897, Nr. 30. 50. v. Zie nas¬ 
sen, Münchn. med. Wochenschr. 1898, Nr. 1. 51. Zimmermann, 
Ophthalm. Klinik 1898, Nr. 8, 9 u. 10. 


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Zur Frage von der Behandlung der Augen- 

hlennorrhöe. 

Von 

Professor Edvard Welander 

in Stockholm. 


Die Erfahrung scheint uns mehr und mehr zu lehren, 
dass wir in den Silbersalzen unsere besten antigonorrhöischen 
Mittel zu sehen haben. Das von Neisser anempfohlene Pro- 
targol hat sich allgemeine Anerkennung erworben, und ich für 
meinen Theil habe gefunden, dass es ein ausgezeichnetes Prä¬ 
ventiv- und Abortivmittel ist. 

In der letzten Zeit ist ein neues Silberpräparat ange¬ 
priesen worden, nämlich das Largin, welches Pezzoli in 
Finger’s Ambulatorium im Allgemeinen Krankenhause zu Wien 
geprüft hat. Ich habe Gelegenheit gehabt, dieses Mittel — 
und dies mit dem grössten Erfolg — im Krankenhause St. Görau 
in einigen Fällen von Augenblennorrhöe anzuwenden, über welche 
mein Assistenzarzt Dr. Almkvist später im Detail berichten 
wird; einer dieser Fälle scheint mir jedoch ein so grosses 
Interesse darzubieten, dass ich es nicht unterlassen kann, schon 
jetzt über ihn zu berichten. 

P., 44 Jahre alter, verheirateter Polizeibeamter, hat nie eine 
venerische Krankheit gehabt; er fing zwischen dem 6. nnd 7. Juli an, 
Schmerzen im linken Auge zu fühlen; das Auge wurde roth, das Augen¬ 
lid schwoll an und es stellte sich bald ein bedeutender Eiterfluss ein. 
Am 11. Juli traten dieselben Symptome auch im rechten Auge auf. Die 
Augen wurden mit Spülungen und Atropin behandelt, bis der Patient am 
20. Juli Aufnahme in das Krankenhaus St. Göran fand. 

Stat. präs. an demselben Tage: Die Lider beider Augen ziemlich 
ödematös angeschwollen; die oberen Augenlider in Folge der Verdickung 


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der stark gerötketen Conjunctiva etwas ectropirt. Die Bindehaut in den 
Augen stark geröthet; bedeutende Chemosis. Die rechte Cornea ganz 
kla**; iu dem untersten Theil der linken Cornea eine stecknadelkopfgrosse 
Ulceration. Die Iris in beiden Augen dilatirt (nach Atropin). Von 
beiden Conjunctivalsäcken reichlicher purulenter Fluss, reich an Gono- 
coccen. Nicht der geringste Fluss aus der Urethra oder Spuren eines 
solchen. Ord.: Fleissiges Spülen der Augen und 5mal täglich langwierige 
Pinselung der Conjunctiva mit 2proc. Larginlösung. 

Den 21./VII. Die Anzahl der Gonococcen geringer; die Chemosis 
vermindert. 

Den 22./VII. Die Secretion bedeutend vermindert; ebenso die Ge- 
. ehwulst in den Augenlidern. 

Den 23./V1I. Die Secretion noch mehr veimindert; einzelne Gono- 
coccengruppen. 

Ord. Einlegung in die Augen von Largin - Gelatinetabletten na i 
jeder Pinselung. 

Den 25./VII. Unbedeutende Secretion, die Röthung vermindert, 
einzelne Gonococcengruppen. 

Den 26./VII. Im Secret au9 dem rechten Auge lassen sich keine 
Gonococcen entdecken; im Secret aus dem linken Auge finden sich nur 
einzelne Gruppen. 

Den 27./VII. Keine Gonococcen im rechten Auge; die Röthung der 
Conjunctivae hat sich mehr und mehr vermindert, am meisten im rechten 
Auge; in diesem Auge wird Pinselung und Einlegung von Gelatine nur 
einmal täglich ausgeführt. 

Den 28./VII. In beiden Augen Gonococcen nachweisbar; öftere 
Behandlung. 

Den 29./VII. und 80./V1I. in beiden Augen Gonococcen nachweisbar. 

Den 31./V1I. Keine Gonococcen zu entdecken; die Röthung und 
die Secretion bedeutend vermindert. 

Den 1./ VIII. Keine Gonococcen. 

Den 2./VIH. Wieder Gonococcen in beiden Augen, ebenso die 
folgenden Tage. 

Den 5./VIII. Im Secret keine Gonococcen; bei der Untersuchung 
des rechten Auges kam aber hei Druck auf den rechten unteren Thranen- 
canal ein höchst unbedeutender, kleiner Tropfen Eiter heraus, in welchem 
sich Gonococcen in ziemlicher Menge fanden; dasselbe war der Fall mit 
dem kleinen Eitertropfen, der bei Druck aus der unteren Mündung im 
linken Auge hervortrat. D^ese Mündungen wurden nun mittelst Bow- 
man’s Operation geöffnet und dann die Thränencanäle und die Thränen- 
säcke durch Einspritzungen mit einer sehr feinen Spritze reingespült > 
hierauf \ irden täglich Einspritzungen von einprocentiger L rginlösung 
in die Tliränencauäle gemacht; hierbei konnte der Patient fühlen, dass 
die Flüssigkeit in die Nase hinabkam; solche Einspritzungen wurden 
zweimal täglich und Pinselungen sechsmal täglich ausgef ;; hrt. 


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Zur Frage von der Behandlung der Augenblennorrhöe. 431 


Den 6./YIIL Im Secret aus den Thränencanälen Gonococcen in 
ziemlicher Menge, ebenso im Secret aus der oberen Mündung an der 
linken Seite; Bowman’s Operation wurde in diesem Thränencanal ge¬ 
macht. 

Den 7./VIII. Beide Augen bedeutend besser; im Secret aus den 
Thränencanälen finden sich Gonococcen, obschon nur sehr spärlich. 

Den 8./VIÜ. Im rechten Thränencanal Secret in sehr geringer 
Menge, in welchem sich jedoch ein paar Gonococcengruppen nachweisen 
lassen. Aus dem linken Thränencanal kein Secret zu erhalten. 

Den 9./V1IT. In keinem der Augen Gonococcen. 

Den 10./VIII. Keine Gonococcen; die Conjunctivae bedeutend 
gebleicht; unbedeutende, schleimige Secretion. Die kleine Ulceration in 
der linken Cornea in voller Heilung. 

Den 11./VIII. Keine Gonococcen — sehr unbedeutende Secretion. 

Den 14./VIII. Keine Gonococcen. Die rechte Conjuuctiva beinahe 
von normaler Bleichheit, die linke noch etwas geröthet; beinahe keine 
Secretion. Der rechte Thränencanal wird nun einmal, der linke zweimal 
täglich mit Largin behandelt. 

Den 16./VIII. Keine Gonococcen. Es wird mit der Behandlung 
mit Largin aufgehört; Ord.: Spülung mit Zink- und Boraxsäurelösung. 

Den 19./VIII. Der Patient wird geheilt aus dem Krankenhause 
entlassen. 

Ein besonderes Interesse bietet dieser Fall nicht nur des¬ 
halb dar, weil er zeigt, welches Vermögen das Largin besitzt, 
die Gonococcen zu tödten, sondern auch, weil er zeigt, dass 
die Gonococcen sich in dem Thränencanale verbergen und dann 
das Auge von neuem infectiren können. Zweimal war das 
rechte und einmal das linke Auge frei von Gonococcen. es 
traten aber Gonococcen bald von neuem auf, ganz sicher von 
den Thränencanälen aus verbreitet. Ob sich Gonococcen nur 
in den Thränencanälen oder auch in den Thränensäcken fanden, 
wage ich nicht zu entscheiden; bestimmte Zeichen einer acuten 
Dacryocystitis fanden sich nicht. Es kann ja sein, dass hier 
— gleichwie in dem Ausführungsgange der Bartholinischen 
Drüse, wo dies oft der Fall ist — nur der der Mündung am 
nächsten gelegene Theil des Canales infectirt gewesen ist. 

Ob nun solche Fälle wie der meinige oft Vorkommen, 
weiss ich nicht, es scheint mir aber von grossem Gewicht zu 
sein, dass wir unsere Aufmerksamkeit auf die Möglichkeit ihres 
Vorkommens gerichtet halten, umsomehr, als wir nun, wie es 
aussieht, ein Mittel haben, dieses Leiden, namentlich wenn es 
bei Zeiten beobachtet wird, leicht wirksam bekämpfen zu 


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können; bei Oeffnung der Mündung ist es leicht, den ganzen 
Thränenapparat auszuspülen, und wir haben dann alle Aussicht, 
die vorhandenen Gonococcen tödten zu können. Wir nehmen 
hier in dieser Hinsicht eine viel günstigere Stellung ein, als- 
nach einer solchen Incision z. B. eines Paraurethralganges oder 
des Ausführungsganges der Bartholini’schen Drüse, wo wir 
wohl Einspritzungen in einen solchen Gang machen, ihn aber 
nicht ganz durchspülen können (bei einer geöffneten Bartholini- 
schen Drüse würde sich dieses jedoch thun lassen). 

Was die Anwendung des Largins bei Augenblennorrhöe 
betrifft, so will ich hervorheben, dass dieses Mittel, um wirk¬ 
sam zu sein, ziemlich lange mit der Schleimhaut in Berührung 
sein muss; dieses ist der Grund, weshalb ich kleine Gelatine¬ 
tabletten, einprocentiges Largin enthaltend, anfertigen liess, 
von denen ein Stück ungefähr von der Grösse eines Augen¬ 
lides unter das Augenlid geschoben wird, wo es in circa 15 
Minuten schmilzt, welche Zeit also das Largin mit der Schleim¬ 
haut in Berührung ist. 

Es war mehr ein Zufall, dass ich für dieses Leiden Largin 
und nicht Protargol anwandte, mit welchem Mittel ich bei der 
Urethralgonorrhöe sehr günstige Erfolge erzielt habe. Es ist 
meine Ueberzeugung, dass das Protargol hier, wenn es lang» 
applicirt worden wäre, denselben Nutzen wie das Largin, 
welches ich übrigens auch mit grossem Erfolg gegen die Urethral¬ 
gonorrhöe angewandt habe, gemacht haben würde. 


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Ueber Leukoplakia oris bei Psoriasis und 
anderen Dermatosen. 

Von 

Dr. Josef Schütz 

in Frankfurt a. Main. 


Im Jahre 1885 behandelte ich einen kräftigen zehnjährigen 
Knaben an ausgedehnter Psoriasis vulgaris corporis, faciei, 
capillitii. Die Psoriasis bestand seit dem zweiten Lebensjahre. 
Sie war mehrfach mit Theer und Schmierseife, jedoch nie bis 
zum Schwund der Symptome, vorbehandelt. Aus derselben 
Familie behandelte ich ferner an leichterer Psoriasis nach ein¬ 
ander den Bruder, den Vater und eine Schwester. Die Er¬ 
krankung des erstgenannten kleinen Patienten, um welchen es 
sich hier ausschliesslich handelt, schwand unter rein äusser- 
licher Behandlung (Chrysarobin, Pyrogallol) in acht Wochen, also 
in relativ rascher Zeit, wenn man die Vorgeschichte berück¬ 
sichtigt. Nach 7 Monaten bereits trat ein Recidiv ein. Es 
hatte sich in wenigen Wochen eine Psoriasis universalis ent¬ 
wickelt. Aus Scheu vor den fleckenden neuen Mitteln waren 
die Eltern relativ spät wieder zum Arzt gekommen. Auch 
diesmal wurden nur äussere Mittel, Chrysarobintraumaticin, 
Pyrogallusspiritus angewandt. Wie das erstemal wurde die 
Behrndlung gut vertragen. 

In der sechsten Woche der Behandlung, als die Efflores- 
cenzen bereits vielfach abgeblasst waren, fiel mir eine milch- 
weisse Verfärbung beider Mundwinkel auf. Kinder bekommen 
Aehnliches bei reichlichem Obstgenuss, Verdauungsstörungen. 
Indess die Zunge war rein, die Verdauung in Ordnung. Nun 
fand ich zu meinem grossen Erstaunen eine ausgedehnte perl- 

Archiv f. Dermat. u. Syphil. Band XLVI. Oft 


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Schütz. 


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mutterweisse Verfärbung der rechten Wangeninnenfläche, des 
Gaumengewölbes bis zum Ansatz der Gaumenbögen, sowie 
einen blauweisslichen, horizontalen, etwa 1 Cm. breiten Streifen 
auf der linken Wangenschleimhaut von etwa 3 Cm. Länge. 
Von letzterem gingen einzelne feine, bläulichweisse, mehr oder 
weniger senkrechte, kurze Ausläufer nach oben und unten ab, 
von welchen wieder wenige ganz winzige Aestchen winklich 
abbogen, an den Biegungssteilen eine spitzige Prominenz bildend. 
Es fehlten Reizerscheinungen und subjective Beschwerden. 
Weder der Kleine noch die Eltern wussten um die Erscheinung. 
Sie hatte also wahrscheinlich schon länger bestanden und in 
letzterer Zeit nach den Mundwinkeln sich ausgebreitet. Speciell 
fanden sich keine abnorme Röthe, keine Rhagaden, nirgends 
Ulcerationen oder Epitheldefecte. Die Zunge war weder be¬ 
legt noch ganz oder theilweise abnorm geröthet, noch ganz 
oder an dem papillären Theil geschwollen. Beim Ueberstreichen 
mit einem Theelöffelstiel zeigte sieb das Epithel an der Unter¬ 
lage fest haftend; keine Pseudomembranen, keine Blutung. 
Zähne tadellos, keine leistenartige Schwellung des Zahnfleisches. 
Ge>ammtbefinden vorzüglich. Harn frei von Saccharum und 
Albumen. (In der Familie kommt indess mehrfach Diabetes vor, 
und habe ich die Grossmutter an gangräna diabetica der Unter¬ 
schenkelhaut behandelt.) 

Die erste Ordination gegen das Schleimhautleid« n bestand 
in sofortigem Aussetzen des Chrysarobins und Pyrogallols, täg¬ 
lichen warmen Bädern, fleissigen Gargarismen von folia Salvia. 
Nach vierzehn Tagen liess sich, wie eiwartet, kein Erfolg nack¬ 
weisen, eher eine kleine Verschlimmerung auf der linken 
Wangenschleimhaut. Dort war der weisse horizontale Streifen 
noch wehser und deutlicher geworden. 

Ich liess nunmehr täglich 5% Salicylspiritus aufpiüseln 
und die Psoriasisbehandlung in vollem Umfange wieder auf¬ 
nehmen. Es trat allmälig eine Loslösung des Epithels ein. 
In 6 Wochen war wenig mehr von einem bläulich weissen Ton 
der erkrankt gewesenen Schleimhaut zu sehen. Die äussere 
Psoriasis war schon vorher verschwunden. Da ich den Patienten 
wegen des Besuchs auswärtiger Verwandten längere Zeit nicht 
sehen konnte, empfahl ich prophylaktisch häufige Pinselungen 
mit 3% Salicylalkohol fortzusetzen. 


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Ueb. Leukoplakia oris bei Psoriasis und ander. Dermatosen. 435 


Im Laufe der Jahre hatte ich noch zweimal, wenn auch 
ganz vorübergehend, den jetzt zum jungen Manne gereiften 
Patienten mit mässiger aber anscheinend sehr renitenter Pso¬ 
riasis des Körpers gesehen. Er pinselte noch immer mit Salicyl- 
Alkohol und wies auf seiner Mundschleimhaut nur noch eine 
schleierhafte weissliche Trübung der Wangenschleimhaut auf. 

Der Fall ist etwas ganz Aussergewöhnliches. Mein erster 
Gedanke war: entweder „echte Psoriasis der Schleimhaut“ oder 
„mit Psoriasis complicirte Schwimmersche Leukoplakie bei 
einem Kinde“. Beide Annahmen waren indess so gegen alle 
Schulregeln, dass ich beschloss, methodisch weiter zu beobach¬ 
ten, die Literatur auszuforschen und vorläufig mich mit der weiten 
Diagnose „Leukokeratose bei Psoriasis“, einer flüchtigen Skizze 
und Ausarbeitung einer Krankengeschichte zufriedenzugeben. 

Handelte es sich doch um ein in den Kinderjahren 
stehendes Individuum, von strotzender Gesundheit, das nie ge¬ 
raucht hat, gesunde Zähne besitzt, frei von Syphilis war, keine 
Verdauungsstörungen oder Anämie oder Skrophulose aufweist, 
das ausser über seine ausgedehnte Psoriasis über nichts sich 
beschwert, das von seiner Schleimhauterkrankung selbst 
keine Ahnung hatte. 

Aber auch nach längerer Betrachtung und Literatur¬ 
studien kam ich nur in negativem Sinne weiter, auf dem 
Wege der Exclusion. 

Die einschlägigen Erwägungen waren kurz folgende, auch 
für die späteren Fälle theilweise zutreffende Gedanken: 

Eine chronische Stomatitis, durch Chrysarobin 
oder Pyrogallol erzeugt, wäre — zumal bei einem Kinde — 
wohl ohne acute Stadien, katarrhalische Schwellung, Schmerzen 
kaum denkbar. 

Das Gleiche gilt für genuine Stomatitiden. Nach 
Entzündung sah das ganze Bild nicht aus. 

Die von Pick (1) und später Winternitz (2) be¬ 
schriebene Stomatitis chronica squamosa kann nicht 
in Frage kommen, weil das Kind tadellose Zähne besass. 

Eine echte Psoriasis der Schleimhaut anzu¬ 
nehmen, hat man vorläufig kein Hecht, da ein Beweis für deren 
Vorkommen bisher nicht erbracht ist, und die meisten Lehr- 

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S chü< z. 


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bücher der Dermatologie ein derartiges Vorkommen bis 
jetzt ausdrücklich bestreiten. (F. Hebra II. Aufl. I. pag. 
347. — Kaposi II. Aufl. pag. 391. — Weyl, Ziemssens 
Handb. XIV. I. 1883 pag 496. — Neumann V. Aufl. pag. 
274. — Behrend II. Aufl. pag. 262. — Les8er II. Aufl. 
pag. 30 und s. f.) 

Für Schwimmer’s (3) Leukoplakie fehlen zwar die 
üblichen Vorbedingungen. Nach einem Literaturvermerk (4) 
soll indess bei einem Kinde im Munde schon Leukoplakie be¬ 
obachtet worden sein. Immerhin muss hervorgehoben werden, 
dass dem Aeusseren nach unsere Erkrankung der Leukoplakie 
einzig und allein entspricht. Schwimmer (5) selbst sah be¬ 
kanntlich schon Leukoplakie des harten Gaumens (Fall XIX). 

Pick’8(6)Epithelio8is mucosä beiDiabetesistaus- 
geschlossen, da mehrfach die 24stündige Haramenge frei von 
Zucker und Eiweiss befunden wurde. 

Nachträglich war dann die Frage nach Schleimhaut- 
lichen offen, von dem man damals in Deutschland noch 
wenig wusste. Die abbiegenden weissen feinen Ausläufer mit 
spitzigen Verdickungen an den Biegungsstellen fordern sogar 
hierzu heraus. Ferner sind Lichen ruber und Psoriasis nicht 
ohne Beziehungen zu einander. Lichen wird häufig in Familien 
gesehen, in denen Psoriasis zu Hause ist. Kaposi, Pez- 
zoli (21) und Neumann (22) erwähnen direct das gleich¬ 
zeitige Vorkommen von Psoriasis und Lichen an ein und dem¬ 
selben Individuum. Allein ich kann nachträglich, nachdem ich 
eine grössere Zahl Lichen mucosä gesehen und behandelt habe, 
auch diesen ausschliessen. Das feine Netzwerk, die sich in 
spitzige feine weisse derbe Stippchen auflösenden zarten Linien 
und Bogen bei Lichen sind so prägnant, dass sie unwillkürlich 
als etwas Besonderes auffallen. 

Bei dem jugendlichen Alter dürfen sodann die sog. 
Landkartenzunge (Caspary’s flüchtige, gutartige 
Plaques, Unna’s kreisfleckige Exfoliation, die 
L ngua geographica der Alten, wie sie neuerdings wieder 
Spehlmann nannte) nicht ganz ausser Acht gelassen werden, 
obgleich sie eigentlich gar keine Aehnlichkeit mit beregter 
Schleimhautaffection haben. Der gute Allgemeinzustand, da» 


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Ueb. Lenkoplakia oris bei Psoriasis und ander. Dermatosen. 437 


Fehlen von Kreisen und die Ständigkeit der Affection schliessen 
diese Diagnose aus. 

Lupus erythematosus, der auch gelegentlich weisse 
Verfärbungen der Mundschleimhaut hervorruft, ist meines 
Wissens solitär noch nie auf einer Schleimhaut diagnosticirt. 
Aus eigener Anschauung an wenigen Fällen kenne ich ihn nur 
als blaurothe Flecke und horizontale ebensolche Streifen am 
Zahnfleisch mit feiner weisser linearer Umsäumung. 

M. Josef (7) erwähnt sodann bei Möller’s Glossitis 
superficialis (Glossodynia Kaposi) weisse streifen¬ 
förmige Verfärbung der Wangenschleimhaut. Allein das gänz¬ 
liche Freisein der Zunge, der Mangel jeglicher subjectiven Be¬ 
schwerden unterscheiden auch hiervon unseren Fall. 

Syphilis war bei dem Kinde absolut ausgeschlossen. 
Die elegante perlmutterweisse Färbung und deren Ausdehnung 
und Localität würde zu dem weder mit den plaques mu- 
queu8e8 noch mit den weisslichen Narben nach sy¬ 
philitischen Schleimhautaffectionen in Verwechslung 
gerathen können. 

Die Erkrankungen der Schleimhaut, welche blasen- 
bildenden Affectionen der äusseren Haut entsprechen 
(Pemphigus mucosä, Herpes etc.) sowie infectiöse 
Schleimhautbeläge, Soor, Diphtherie, Stomatitis aphthosa 
sind wegen mangelnder Lockerung des Epithels, der fehlenden 
Allgemeinstörungen, des erheblich verschiedenen äusseren Bil¬ 
des ganz ausserhalb der Möglichkeit einer Verwechselung. 

Eine ganze Reihe von Jahren habe ich nun die Psoriasis¬ 
patienten auf die Integrität der Mundschleimhaut untersucht. 
Aber Analoges wollte sich nicht finden lassen, so dass ich 
schliesslich die Untersuchungen wieder einstellte und die na¬ 
mentlich literarische Bearbeitung bei Seite legte. Das hätte 
sich beinahe gerächt. 

Tun Januar 1896 erschien ein Fräulein von 27 Jahren mit 
Psoriasis vulgaris der Arme, Schienbein- und Kreuzbeingegend, 
sowie wenigen Numulis im Gesicht. 

Die Psoriasis heilte unter der (gerade zum Versuche 
dienenden) Chrysarobinzymoidinichthyolsalbe in 12 Wochen 
und zwar so langsam, weil zweimal starke Chrysarobindermatitis 


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Schätz. 


auftrat, die das neue Präparat umgehen sollte. Nachdem end¬ 
lich Patientin symptomfrei entlassen war, erhalte ich ein 
Schreiben eines Laryngologen mit dem petitum um Mittheilung 
der Diagnose des einstigen Hautleidens, da er Patientin (schon 
vor meiner Behandlung) fortlaufend an einer hartnäckigen 
Leukoplakie zu behandeln habe. Dieser Fall beweist so recht, 
welche Umstände alle eintreten können, um den Specialisten 
wichtige Thatsachen entgehen zu lassen, andererseits wie 
wichtig es ist, mit Müsse und stereotypen Fragestellungen über 
das Gesammtbefinden der Patientenindolenz zu steuern. 

Glücklicherweise bekam Patientin bereits im Juni 1897 
ein Recidiv der Hauterkrankung. Die Schleimhauterkrankung, 
welche bereits, wie schon bemerkt, vor Ausbruch der Psoriasis 
vulgaris bestanden hatte, war stets frei von Schmerzen oder 
Beschwerden gewesen. 

Zufällig vor dem Spiegel war Patientin ihrer gewahr 
geworden. Die angewandten Chromsäurepinselungen sollen gar 
keine Wirkung erzielt haben. Dagegen Ausbrennen mit dem 
Galvanokauter soll auf der Zunge sofort Besserung gebracht 
haben. Bei meiner Untersuchung fanden sich auf der Zunge 
rechts und links von der Mittellinie zwei ovale, blasse, 
wie glatt gebügelte Stellen von je der halben Grösse einer 
Krachmandel, ferner auf der Wangenschleimhaut beiderseits 
in horizontaler Richtung, entsprechend der Kaufläche der 
Zähne eine 1 Cm. breite, nach hinten spitz auslaufende weisse, 
wenig erhabene Leiste, von der nach oben und unten gemäss 
den Zwischenfurchen der Zähne kurze senkrechte Ausläufer 
abgehen. Isolirt hiervon findet man einzelne weisse continu- 
irlich Linienzüge, nirgends Knötchen oder Verdickungen. Das 
Ganze stellt ein getreues Bild der Leukoplakie dar. 

Auch dieser Fall besserte sich sehr unter Pinselungen 
mit Salicylspiritus und war mehrmals symptomfrei geworden. 
Alkalische Mundwässer, Pinseln mit 20% KJ-Lösung, Peru¬ 
balsam, Heidelbeerdekokt, Chromsäurelösungen hatten ungleich 
weniger genutzt. 

Die Dame ist heute noch in meiner zeitweiligen Behand¬ 
lung und zeigt, abgesehen von den zwei narbigen gebrannten 


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Ueb. Leukoplakia oris bei Psoriasis und ander. Dermatosen. 439 


Stellen des Zungenrückens, nur noch feine Andeutungen der 
Flächeuausbreitung gegenüber der rechten Zahnreihe. 

Auch dieser Fall ist merkwürdig und nach vielen Seiten 
hin beachtenswerth: Trägerin der Schleimhauterkrankung ist 
ein weibliches Wesen, das nie geraucht hat, keine Syphilis 
überstand, zwar einige plombirte Zähne hat, aber unter steter 
zahnärztlicher Pflege diese in gutem Zustand erhält. Die 
Schleimhauterkrankung bestand vor Ausbruch der Psoriasis, 
dann während derselben und überdauerte die Dermatose. Der 
Therapie gegenüber bewies die Schleimhautkrankheit die ganze 
Hartnäckigkeit der Leukoplakie. 

Leukoplakie tritt nach Schwimmer äusserst selten beim 
weiblichen Geschlecht auf, nämlich in 5% der Fälle von Leuko¬ 
plakie. In der Literatur konnte ich unter 600 Fällen 30mal 
Leukoplakie beim weiblichen Geschlecht finden, was also ganz 
genau mit Schwimmer’s Angaben übereinstimmt. Unter diesen 
waren aber eine grosse Zahl, welche Syphilis durchgemacht 
hatten oder wie Männer rauchten. Unsere Patientin gehört 
nicht zu letzteren. Nach einer unter Seifert’s Leitung von 
Borgzinner (16) erhobenen Statistik waren unter 251 Fällen 
14 weibl. Individuen = 5,2%. 

Im Juli 1896 sah ich alsdann noch einen dritten Fall 
von gleichzeitiger Psoriasis und Leukoplakie, abermals bei einem 
22jährigen Fräulein. Leider besuchte Patientin nur einmal 
meine Sprechstunde. Sie litt seit dem achten Lebensjahr an 
ausgebreiteter Psoriasis des Stammes. An der linken Wangen¬ 
innenfläche bestand, breit vom Mundwinkel ausgehend, ein 
horizontaler, wenig erhabener, nach hinten sich verschmälernder 
perlmutterweisser Streifen mit wenigen kurzen feinen, senk¬ 
rechten Ausläufern, ein vollständiges Pendant zu Fall II, 
wenn man vom fehlenden Zungenbefund absieht. 

Alle drei Fälle haben das Gemeinsame, dass die gewöhn¬ 
liche Aetiologie für Schwimmers Leukoplakie fehlt, dass es 
sich um Individuen handelt, bei welchen äusserst selten nur 
Leukoplakie vorkommt (Kinder, weibliche Personen), und dass 
endlich bei allen dreien ein und dieselbe Hautkrankheit die 
Schleimhauterkrankung begleitet (Psoriasis). 


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UMIVERSITY OF MICHIGAN 



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Schütz. 


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Diese Thatsachen erhöhen gewiss die Bedeutung jener 
Fälle, bei welchen in der Literatur ähnliche Constellationen 
bemerkt sind. 

Da sei erinnert, dass Schwimmer selbst bei seinen 
Fällen von Leukoplakie Nr. IV und VII ebenfalls Psoriasis der 
Haut antraf, d. h. unter 20 Fällen 2mal oder in 10%. In 
Schwimmer’s Fall VII bestand, wie in unserem Fall 2, die 
Schleimhauterkrankung vor Ausbruch der Psoriasis. 

Sodann führt Schwimmer selbst 5 Autoren an (Babing¬ 
ton (18), Bazin (19), Gibert (20), Wilson (20) und Gui- 
b o t) (20), welche schon früher gleichzeitig Psoriasis der Haut 
und Schleimhaut beobachteten. 

Unwillkürlich erinuert man sich ferner des zuletzt in der 
Literatur erwähnten Falles von Leukoplakie beim weiblichen 
Geschlecht. Es ist der Neisser’sche (8) vom IV. Dermato- 
logencongress. Auch diese Frau hatte — typische Psor : asis 
der Ellenbogen. 

In einer Fussnote von Lang’s (9) Vorlesungen über Syphilis 
finde ich sodapn folgendes Bekenntniss: 

„Uebereinstimmend mit den meisten Fachcollegen hatte 
auch ich ein Uebergreifen von Psoriasis auf Schleimhäute 
in Abrede gestellt (siehe meinen Aufsatz „Ueber Psoriasis“ 
in Volkmann’s Sammlung, klin. Vortr. Nr. 208, pag. 9). 
Seit jener Zeit bin ich aber zweimal in die Lage gekommen, 
Schleimhautaffectionen zu beobachten, die höchstwahrscheinlich 
mit der Schuppenflechte in Zusammenhang zu bringen waren. 
Das eine Mal handelte es sich um eine hartnäckige chro¬ 
nische Conjunctivitis bei einem mit universeller (auch die 
Lider einnehmenden) Psoriasis behafteten, sonst vollkommen 
gesunden Manne. Das andere Mal fanden sich ziemlich scharf 
abgegrenzte weissliche Auflagerungen vor, welche 
die Zunge und zum Theil auch die Wangen- und Lip¬ 
penschleimhaut in Form von stecknadelkopf- bis 
linsengrossen Plaques oder als grosse zusammen¬ 
hängende Streifen occupirten; die Plaques waren mit 
Hinterlassung einer leicht blutenden, gerötheten Stelle ab- 
schälbar und erwiesen sich unter dem Mikroskope als aus 
Epithelien und zwischen ihnen liegenden Pilzfäden und Sporen 


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“ÜNIVERSrnrOFMICHlGAN 



Ueb. Leukoplakia oris bei Psoriasis und ander. Dermatosen. 441 

bestehend; an der Hant lag Psoriasis vor, die seit dem ersten 
Lebensjahre bestand, nie behandelt wurde und insbesondere 
Kopf und Gesicht in ungemein schwerer Weise ergriffen 
hatte.“ 

Ferner hat Pospelow (10), welcher auch über den 
Lichen mucosä gearbeitet hat, „Ueber einen Fall von Psoriasis 
acuta der Haut und Schleimhäute“ berichtet. Im Original war 
der Aufsatz mir leider nicht zugänglich. 

Auch Polotebnoff (11) beschreibt in seiner bekannten 
Arbeit über die Aetiologie der Psoriasis eine „Psoriasis“ auf 
der Schleimhaut beider Wangen. 

Aus der Strassburger Klinik ist sodann durch Kutz- 
nitzky (12) ein Fall bekannt gegeben, bei welchem eine Pso¬ 
riasis der Lippen continuirlich auf die Schleimhaut Übergriff. 

Aehnlich berichtet sodann noch Sack (13) von einem 
Uebergreifen der Psoriasis vom Augenlid auf die Conjunctiva. 

Endlich sah E. Wagner (17) mehrfach bei allgemeiner 
Psoriasis der äusseren Haut eine Psoriasis des weichen Gaumens 
in Gestalt von linsengrossen, rothen, wenig erhabenen, deutlich 
umschriebenen Flecken, über denen das Epithel makroskopisch 
keine Veränderungen zeigte. 

Hiermit zeigt sich also, dass eine relativ bedeutende Zahl 
von Fällen es gibt, bei welchen Psoriasis der äusseren Haut 
mit einer Erkrankung der Schleimhaut gleichzeitig gesehen 
wurde und ferner, dass in 10 Fällen hiervon die mucosa oris 
befallen war. 

Schwimmer, Neisser u. A. behaupten nun von ihren 
Fällen, dass die Psoriasis der äusseren Haut bei den Leuko¬ 
plakien lediglich eine zufällige Complication sei. 

Demgegenüber sei bemerkt, dass Leukoplakia oris eine 
recht seltene Erkrankung darstellt, nach Schwimmer 4°/ 00 
der Hautkrankheiten, dass fernerhin auch die Psoriasis vulgaris 
immerhin keine sehr häufige Erkrankung ist, nachF. Hebra(14) 
unter 3000 Hautkranken 50 Psoriasispatienten sich befinden 
= 1*7%, nach Nielsen (15) die Psoriasis 6-5% unter den 
Dermatosen ausmacht. 

Wenn wir diese Procentzahlen nicht auf Dermatosen, 
sondern auf Krankheiten überhaupt zu berechnen im Stande wären, 


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Soh&tz. 


würde die Grösse des Zufalls eines Zusammentreffens einer 
Leukoplakie mit Psoriasis vulgaris noch mehr auffallen. Dem¬ 
gegenüber müsste die Häufigkeit des eingetretenen Zufalls ge¬ 
radezu stutzig machen. In den Verhältnissen des gewöhnlichen 
Lebens würde schwerlich jemand bei so geringen Chancen 
ernstlich auf die Möglichkeit eines Zufalls reflectiren, im 
wiederholt eingetretenen Falle aber eine ursächliche Aufklärung 
hierüber sicherlich verlangen. 

Wenn aber kein Zufall obwalten kann, dann muss ein 
directer oder indirecter Zusammenhang zwischen Psoriasis und 
Leukoplakie vorhanden sein. 

Wenn man wie Lang u. A. an einen directen Zusam¬ 
menhang, eine Identität zwischen Munderkrankung und Psoria¬ 
sis, denkt, so muss man zugeben, dass man sich in das Gebiet 
der Hypothese begibt, aus welchem eine exacte Beweisführung 
erst dann wieder herausführt, wenn die Fälle zahlreicher, die 
Symptome differenzirter geworden sind, wenn histologische Be¬ 
lege nicht mehr fehlen, und vor allen Dingen die Wesenheit 
der Psoriasis vulgaris selbst definitiv klargestellt sein wird. 
Andererseits hat aber Lang’s Vorstellung doch mehr für sich, 
als man unter dem unwillkürlichen Einfluss der massgebend 
gewordenen Schwimmer’schen Deductionen erwartet. 

Dass die bedeutendsten Kliniker hervorheben, bei Psoriasis 
nie eine analoge Schleimhauterkrankung gesehen zu haben, ist 
gewiss beachtenswerth, aber nach den Gesetzen der Logik 
durchaus kein Beweis für die faktische Nichtexistenz einer 
echten Psoriasis der Schleimhaut; und wenn Schwimmer 
sich wundert, wie Autoren eine Leukoplakie bei gleichzeitig be¬ 
stehender Psoriasis, Lichen etc. mit den betreffenden Derma¬ 
tosen haben identificiren können, so kann man sich meines 
Erachtens mit ebensoviel Recht darüber wundem, dass solch 
relativ häufigen Combinationen der seltensten Dinge überhaupt 
jeglicher Zusammenhang a priori abgesprochen wird. Dies wird 
einleuchten, wenn man einen kleinen Excurs macht und zurückdenkt 
an die Entwicklung unserer Kenntnisse vom Schleimhautlichen. 

Vor 1881 war derselbe in Deutschland unbekannt, obwohl 
die Engländer längst ihn beschrieben hatten. Insbesondere 
interessirt uns, dass Schwimmer^ Abhandlung vom Jahre 1878 


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t l N I VERSlTV QF M I C HIGAN 



Ueb. Leukoplakia oris bei Psoriasis und ander. Dermatosen. 443 


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ihn mit keiner Silbe berührt. In den letzten 10 Jahren aber 
sieht man den Lichen mucosä allenthalben, wie mir scheint, 
überwiegend mehr bei Krauen als bei Männern; in einigen 
60 (30 deutschen) Abhandlungen ist er beschrieben oder er¬ 
wähnt, seine Häufigkeit (gegenüber dem Lichen überhaupt) von 
9 bis zu 25, ja bis 50% geschätzt, man hat ihn gefunden nicht 
nur im Munde, sondern auch im Kehlkopf (Lukasiewicz, 
Polotebnoff, Jaffinger, Schech u. A.), an den Gaumenbögen 
und der hinteren Rachenwand (Rona), sogar auf der Anal¬ 
schleimhaut (Marx). Man sieht und diagnosticirt ihn primär 
und solitär (Crocker, Thibierge, Marx u. A.). Trotzdem mikro¬ 
skopische Untersuchungen (Juffinger) fast nicht von ihm 
existiren, ist er vollständig anerkannt. Unwillkürlich fragt man 
sich da, wo ist zu Schwimmers Zeit der Lichen mucosä 
gewesen, wo ist er untergebracht worden? 

Ferner, man kann über die noch unbekannte Aetiologie 
der Psoriasis eine Ansicht haben, welche man will, das Eine 
wird für alle feststehen, dass ihr Territorium sich nicht allein 
auf die äussere Hautdecke erstreckt. Ausser den begleitenden 
Neuralgien, welche schon F. Hebra zugab, den zahlreichen 
Complicationen mit Asthma, sind es namentlich die compliciren- 
den subacuten Gelenkerkrankungen, die Salicyl und anderen 
Antipyreticis trotzen, aber, wie ich neuerdings fand, bei ab¬ 
soluter Ruhe und innerlichen Gaben von Terpentinöl vorüber¬ 
gehend schwinden, die beweisen, dass bei Psoriasis ausser der 
Hautdecke noch andere Gewebe erkranken. Da wäre es fast 
wunderbar, wenn nicht bei seltenen Gelegenheiten auch einmal 
eine Schleimhaut mit erkrankte. 

Ich selbst nun neige mich zu der Ansicht, dass es sich nicht 
um eine echte Psoriasis der Schleimhaut in den angeführten 
Fällen gehandelt hat, dass aber trotzdessen indirecte Beziehungen 
zwischen Leukokeratose und Psoriasis vorliegen. Erstens ent¬ 
behren die Bilder der Schleimhautaffection der nöthigen Prägnanz, 
wie sie z. B. der Lichen mucosä für jeden aufweist, der nur 
einmal ihn deutlich gesehen hat, dann entspricht das Leiden der 
Schleimhaut dem Aeusseren nach vollständig der Schwimmer- 
schen Leukoplakie und endlich habe ich eben dieselbe Leuko¬ 
keratose noch bei zwei anderen Hautleiden u. z. Th. in Ab- 


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Schütz. 


hängigkeit davon gesehen, nämlich zweimal hei hartnäckigen 
Tylomen der Hohlhand 1 ) und fünfmal bei ganz eigenartigen 
chronischen, schuppigen Eczemen der Ellenbogengegend. 

Diese Ellenbogeneczeme hatten sämmtlich ein ganz con- 
formes Aeussere. Stets waren beide Ellenbogen symmetrisch, 
wenn auch in verschiedenem Grade, befallen. Stets waren nur 
die Streckseiten afficirt. Es bestand dort eine mässige Infiltration, 
geringe Röthung, kleienförmige Abschilferung, in der Umgebung 
eine leicht gelbliche, gleichsam leicht icterische Verfärbung. 
Der Ausbreitung nach ist der eczematöse Bezirk eiförmig, so 
dass das Olekranon das stumpfe Ende des Eies darstellt, und die 
Eispitze nach vorn, d. i. nach dem Handrücken zu, gerichtet 
ist. Ein Stadium vesiculosum oder papulosum habe ich nie 
bei diesen Eczemen gesehen, deshalb auch die Möglichkeit er¬ 
wogen, ob unter beschriebener Form nicht eine jener oft schwer 
diagnosticirbaren Arten von Lichen circumscriptus oder einem 
lichenificirten localen Pruritus versteckt sein könnte. Allein es 
liessen sich weder charakteristische Lichenpapeln zu irgend¬ 
welcher Zeit nachweisen, noch auch bestand heftiges Jucken, 
im Gegentheil war letzteres, wo es überhaupt vorkam, gering¬ 
gradig, endlich waren die meisten der Fälle bereits bei einer 
Reihe von Dermatologen mit Namen vom besten Klang unter 
gleicher Diagnose in längerer Behandlung gewesen. Die Therapie 
ist nämlich diesen Eczemen gegenüber ziemlich machtlos und 
kann nur durch Theer oder Carbol zeitweilig den etwaigen 
Juckreiz beseitigen. Ich gebe aber gern zu, dass der Begriff 
Eczem, wenn er auf Hautkrankheiten ausgedehnt wird, die nach 
Aussage der Patienten nie anders wie trocken und abschilfernd 
gewesen sind, vielleicht mit der Zeit Einschränkungen bedarf. 
Diese Eczeme stehen nun mit der Leukoplakie sowohl wie mit dem 
Gesammtbefinden der Patienten in einem unverkennbaren Connex, 
dergestalt, dass man beide Affectionen ohne Therapie gleich¬ 
zeitig sich verbessern und verschlimmern sieht, oder aber auch, 
dass gewisse Curen, welche das Allgemeinbefinden aufbessern, 
beide örtliche Leiden gleichzeitig günstig beeinflussen. So sah 
ich wiederholt bei einem älteren Herrn Leukoplakie und Ellen- 

*) Schwimmer’s Fall III scheint sieh mit meinen Beobachtungen 
tbatsächlich zu decken. 


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UN I YERS I TY OF M I CH I GAN 



Ueb. Leukoplakia oris bei Psoriasis und ander. Dermatosen. 445 


bogeneczeme synchron verschwinden, wenn derselbe jährlich eine 
Karlsbader Cur durchmachte, letzteres wegen Magenbeschwerden, 
deren Basis, Morbus Brightii, erst viel später von dem Haus¬ 
arzte eruirt werden konnte. Es war dies um so auffälliger, als 
die hochgradige Leukoplakie mit keinem der bekannten Heil¬ 
mittel für längere Zeit gebessert werden konnte. Aus Furcht 
vor Carcinomentwicklung und wegen erheblicher Schmerzen 
beim Kauact hatte mich Patient veranlasst, in Narkose mit dem 
Löffel und Paquelin die wie Tapetenfetzen herumhängenden 
Epithelschwarten definitiv zu zerstören. Umsonst, nach einem 
halben Jahr recht guten Aussehens kletterte die Leukoplakie 
von allen Seiten auf die alte Narbe. Carcinombildung trat bei 
diesem schweren Falle während öjähriger Beobachtung nicht 
ein. Patient erlag im urämischen Anfall. Grade letzter Fall 
beweist so recht, dass Haut- und Schleimhautleiden einer ge¬ 
meinsamen Abhängigkeit unterworfen sind und gewissermassen 
nur auf besonderem Boden gedeihen. Schwimmer selbst hat 
zweimal Aehnliches beobachtet, Fall Nr. VI und X: Besserung einer 
Leukoplakie nach Beseitigung von Magenaffectionen. Nichtsdesto¬ 
weniger hält er einen Zusammenhang beider Erscheinungen für nicht 
erwiesen und nur eine Prädisposition für Leukoplakie durch die 
Verdauungsalteration für möglich. Schwimme r’s eigene Wahr¬ 
nehmung an Fall XIH, dass Leukoplakia oris und vulvä gleich¬ 
zeitig Vorkommen, was die Literatur übrigens mehrfach bestätigt, 
spricht gegen die Natur eines rein örtlichen Leidens. 

Somit komme ich zu dem Gesammtschluss, dass das Zu¬ 
sammentreffen der Leukoplakie mit einigen Hauterkrankungen, 
welche mit einer vermehrten Hornbildung einhergehen: Psoriasis, 
Tyloma palmarum, Eczema chronicum squamosum beider Ellen¬ 
bogen nicht ein rein zufälliges ist, sondern dass hierfür ursäch¬ 
liche und gemeinsame Bedingungen im Körper vorhanden sind. 
Hierdurch wird das relativ häufige Zusammensein beider Er¬ 
krankungen erklärt, für die enorme ältere Literatur über Leuko¬ 
plakie und Synonyme aber eine erneute Werthschätzung ge¬ 
wonnen, welche ihr durch Schwimmers Lehre von der Idio- 
pathie der Leukoplakia oris fast vollends abhanden gekommen 
ist. Mit den thatsächlichen Angaben Schwimmer’s zeigen 
die eigenen Fälle, wie im Texte bereits angedeutet wurde, auf- 


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Schütz. 


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fallende Uebereinstimmung. Trotz der verschiedenen beider¬ 
seitigen Auffassung, können Schwimmer’s Fälle, namentlich 
Nr. III, IV und VH, als thatsächliche Bestätigung für unsere 
eigene Wahrnehmung und Deutung gelten. 

Literatur. 

1. J. P i c k, über Psoriasis der Schleimhäute, Böhm.Corresp.-BlJH,1875. 

2. Winternitz, zur Casuistik der Fleckenaffectionen der Zunge, 
Vierteljahrschr. f. Denn. u. Syph. XIX, 1887. 

3. Schwimmer, die idiopathischen Schleimhautplaques der Mund¬ 
höhle, Leukoplakia buccalis, Vierteljahrschr. f. Denn. u. Syph. 1877 u. 1878. 

4. Steiner, Beiträge zur klinischen Chirurgie, VI. Bd., 1890. 

5. Schwimmer, 1. c. pag. 568. 

6. Pick, über die Beziehungen von Hautkrankheiten zum Diabetes. 
Vierteljahrschr. f. Denn. u. Syph. 1876, pag. 399. 

7. Max Josef, Beitrag zur Glossopathologie, Deutsche med. 
Woch. 1891, Nr. 18. 

8. Ne iss er, Demonstration zweier Fälle von Leukoplakia oris bei 
einem Mann und bei einer Frau, Verhandlungen des IV. Congresses der 
deutsch, derm. Ges. 1894. 

9. Lang, Vorlesungen über Pathologie und Therapie der Syphilis, 
1884-1886, pag. 224. 

10. Pospelow, ein Fall von Psoriasis acuta der Haut und Schleim¬ 
häute, St. Petersb. med. Wochenschr. VII, pag. 385—87 und Vrach 
(St. Petersb.) III, pag. 685—87. 

11. Polotebnoft, über die Aetiologie, den Verlauf und die Be¬ 
handlung der Psoriasis (Denn. Unters, aus der Klinik des Prof. Polotebnoff 
an der militärärztl. Klinik in St. Petersb.) Lief. II, 1887. 

12. Kutznitzky, Aetiologie und Pathogenese der Psoriasis, Arch. 
f. Derm. u. Syph., 1897, XXXVIII, Heft 3. 

13. Sack, Psoriasis conjunctivä palpebrarum (Psoriasis ophthalmica) 
Intern. Atlas seltener Hautkrankheiten. Lief. IX, Taf. XXVII, 2. 

14. Hebra F., Lehrbuch der Hautkrankheiten, H. Aufl. I. pag. 850. 

15. Nielsen, klinische und ätiologische Untersuchungen über 
Psoriasis. Monatsh. f. pr. Dermatol. 1892, XV. 

16. Borgzinner, über Leukoplakia oris. In.-Diss. Paderborn 1891. 

17. E. Wagner, in Ziemssen’s Handb. der spec. Patb. u. Therapie 
1874. VH. Bd., I. Hälfte, pag. 160. 

18. Schwimmer, 1. c. pag. 524. 

19. Schwimmer, 1. c. pag. 533. 

20. Schwimmer, 1. c. pag. 519 u. folg. 

21. Pezzoli, Verhandlungen der Wiener derm. Ges. Arch. f. 
Derm. u. Syph. XLV, 3. Heft, pag. 4C2. 

22. Neumann, Verhandlungen der Wiener derm. Ges. Arch f. 
Derm. u. Syph. XLV, 3. Heft, pag. 411. 


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Bericht über die Leistungen 

auf dem 

Gebiete der Dermatologie und Syphilis. 



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Verhandlungen der Berliner dermatologischen 
Gesellschaft. 

Sitzung am 5. Juli 1898. 

Vorsitzender: Lesser. Schriftführer: Saalfeld. 

1. Lion stellt aus der 0. Rosenthal’schen Poliklinik mehrere Mit¬ 
glieder einer Familie mit Herpes tonsurans vor. Im März d. J. kam 
der erste Patient, ein Mützenmacher, mit typischen Kreisen am 
Halse, an den Vorderarmen und am Handgelenk. Acht Tage später 
brachte er den lVJährigen Sohn seines Bruders, in dessen Familie der 
Patient wohnt, mit; derselbe zeigte am Hals und Rücken ebenfalls die 
circinäre Form von Herpes tonsurans. Mitte April wurde ein älterer 
Knabe, der mit der Haarbürste seines Onkels gespielt hatte, mit einem 
thalergrossen Herpes tonsurans capillitii des Hinterkopfes vorgestellt: 
Die Haut war leicht geröthet, schuppend mit zahlreichen Haarstümpfen 
bedeckt, grösstentheils von Haaren entblösst. Schliesslich erkrankte der 
4 y, jährige Bruder des letzten Knaben, welcher die Mütze dieses Patienten 
häufiger aufgesetzt hatte. In diesem letzteren Falle waren 3 deutliche 
Plaques von Herpes tonsurans capillitii vorhanden; nur trat hier eine 
starke Entzündung hinzu, so dass das Aussehen einer Sycosis parasitaria 
hervorgerufen wurde: das typische Bild von Kerion Celsi. Mikroskopisch 
wurden in Borken und Haaren charakteristische Mycelien und Sporen 
nachgewiesen. 

Lesser hat in Bern mehrfach Herpes tonsurans in Familien be¬ 
obachtet, der dort gewöhnlich von Rindern auf Menschen übertragen 
wird. Auch er hat bei den einzelnen Gliedern einer Familie bald ober¬ 
flächliche, bald tiefgehende Formen gesehen, so dass die Verschiedenheit 
des klinischen Bildes auf die Differenz des Bodens und nicht auf die ver¬ 
schiedenen Arten des Pilzes zurückzuführen ist. 

2. Lion stellt aus der 0. Rosenthal’schen Poliklinik einen 41jähr„ 
Comptoirdiener vor, der in Folge seiner Beschäftigung mit Petroleum 
und Leimöl vor drei Monaten ein Gewerbeeczem beider Hände bekam, 
an welches sich ein Eczem der Nägel sämmtlicher Finger anschloss. 
Der Nagelfalz ist verdickt, die Nägel missfarbig, unregelmässig, die Matrix 
verdickt. 

Archiv f. Dermatol, u. Syphil. Band XLVI. 29 


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Verhandlungen 


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8. Kantorowicz stellt aus der Poliklinik von Oes t. reicher 
einen Patienten in der Mitte der fünfziger Jahre vor, welcher seit 
12 Jahren an einer Affect ion leidet, die sich längs der Stirnhaargrenze 
von einem Proe. mastoideus zum anderen ausdehnt. Die Haut ist roth 
intiltrirt und kolbig aufgetrieben, an den Schläfen ist dieselbe hart und 
pergamentartig. Der Pat. hatte vor 30 Jahren Lues, ist aber nur im 
Beginn und einige Jahre später mit Jodkali behandelt worden. Eine 
ordentliche Cur hat Pat. nicht durcbgemaeht. Bei der Diagnose schaltet 
K. Acne necrotica und Lupus erythematodes aus, um sich für Lues zu 
entscheiden. 

Isaac II glaubt, dass man auch an Psoriasis denken kann. 

Lesser möchte in Anbetracht der Chronicität und des Fehlens 
ausgedehnter Ulcerationen an Lupus erythematodes glauben. 

Kantorowicz schlies^t die Diagnose Psoriasis aus. 

4. Kantorowicz stellt aus der 0 e s t r e i c h e Eschen Poliklinik 
einen Fall von Verrucae planae auf Stirn und Handrücken vor, 
welcher mit dem von Joseph in der vorigen Sitzung als Acanthosis 
nigricans vorgestellten Fall eine gewisse Aehnlichkeit. hat. 

f>. Blase h ko stellt einen Fall von Herpes zoster interco- 
stalis vor, der die von ihm schon erwähnte Beobachtung demonstrirt, 
dass der Herpes zoster nicht dem Verbreitungsgebiet eines oder zweier 
In tercosfalnerven entspricht, sondern dass hier noch andere Momente 
vorliegen. Im vorliegenden Falle ist hinten der Raum zwischen 0. und 11. 
Rippe, vorn der zwischen 3. und 5. Rippe befallen. Vielleicht verlaufen 
in den Spinalgunglien die Nervenfasern nicht in derselben Weise wie in 
den Nerven selbst. Ferner zeigt der Pat. Schwellung der benachbarten 
Lymplidnisen. was B. in jedem Fallt» von Herpes zoster beobachtet hat. 
Ausser ihm haben auf diese Thatsache bisher nur Lesser, Metteu- 
heinier und Barthelemy aufmerksam gemacht. Da diese Schwellung 
schon am erbten Tage auflritt, so hält sie B. nicht für secundär. 

(». Heller: Zur Pathologie der Nagelerkrankungen, H. 
hat eine Reihe von mikroskopischen Untersuchungen angestellt, deren 
Resultate er mittheilt. Pen Nervenreichthum des Nagelbettes konnte er 
durch die modificirte Osmiummethode nachweisen; marklose Nervenfasern 
durch die Golgi’sche Methode aufzufinden gelang ihm aber nicht. Bei 
subungualen Blutungen traumatischer Natur gelang in den Nagelschnitzeln 
eine Eisenreaetion. Bei Gangrän des Nagels waren die elastischen Fasern 
zum grossen Theil geschwunden, ferner waren Vacuolen im subungualen 
Gewebe vorhanden und in den Epithelien der Nagolpapillen Verfettung 
nachweisbar. In zwei anderen Fällen von Gangrän nach Diabetes waren 
die Arterien primär und schwerer erkrankt, als die Nerven, ein Befund, 
der für den Begriff der neuritischen Gangrän von Bedeutung ist. Bei 
dem Finger einer egyptiseken Mumie gelangen die iarberischen und an¬ 
deren Methoden wie hei einem frischen Finger. Beim Unguis incarnatus 
find H. Kernvmnehrung und Papillenvergrö.^seriing, sowie auf beiden 
.Seiten der Nagelplatte »Schichten von Keratohyaliu. Bei der Onychomy- 


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der Berliner dermatologischen Gesellschaft. 


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cosis bestand eine Keratose des Nagels, die unter demselben befindliche 
Masse war weich und nur theilweise verhornt. In einigen Fällen von 
IchthyosiB congenita im 7—8 Monat war die Nagelanlage nur schwach 
angedeutet, dagegen waren im fötalen Nagelepithel Fasern sichtbar, 
welche die Färbung von elastischen Fasern annahmen. Bei einer nach 
Nervenverletzung entstandenen Onychogryphosis waren, wie Unna schon 
hervorgehoben hat, die Nagelleisten zu abenteuerlichen Gebilden aus¬ 
gewachsen und mit einer Membrana propria versehen. Eine Veren¬ 
gerung des Nagelbettes konnte H. nicht constatiren. 

7. 0. Rosenthal demonstrirt Stereophotogramme von verschie¬ 
denen Nagelerkrankungen. 

8. Blaschko berichtet über die Herpes zoster-Epidemie 
in diesem Jahre. Das Material, das B. vorlag, ist kein sehr grosses. So 
viel scheint aber daraus hervorzugehen, dass seit Beginn des Jahres ein 
Allmäliges Anschwellen der Zostererkrankungen stattfand, welche in der 
letzten Woche des März ihre Acme erreichte, um dann wieder allmälig 
abzunehmen. Beobachtungen von Uebertragungen oder Einflüsse von 
klimatischen Verhältnissen konnten in dem vorliegenden Material nicht 
oruirt werden. 

9. Blaschko: Ueber Syringo-Cystadenom. Die von Ka¬ 

posi als Lymphangioma tuberosum multiplex beschriebene Geschwulst¬ 
form ist von Jaquet und Darier als Adenom der Schweissdrüsen 
Aufgefasst und in Folge dessen als Hydradenoma beschrieben worden. 
Die von Brocke unter dem Namen Epithelioma adenoides cystoides an¬ 
geführten kleinen Geschwülste gehören aber nicht hierher. Während 
der Ursprung dieser Tumoren noch bestritten wurde, nehmen dieselben 
nach B ? s. Untersuchungen von den Ausführungsgängen der Schweiss¬ 
drüsen ihren Ausgang. Unna rechnet die hier besprochene Form zu 
den Missbildungen, weil dieselben schon embryonal entstehe, zum Unter¬ 
schied von den Geschwülsten, die sich erst pOBtembryonal entwickeln. 
B. lässt diese strenge Scheidung nicht zu. 0. Rosenthal. 


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Venerische Krankheiten. 

(Redigirt von Prof. Neisser und Dr. Schäffer in Breslau.) 


Sibut. Du traitement du syphilome primitif et de son 
influence sur le developpement ulterieur de la maladie 
These de Paris 1897. Ref. Gaz. hebd. de Medecine et de Chir. 18. Juli 1897. 

Sibut räth auf Grund seiner Erfahrungen, dass ungefähr 5°/ 0 aller 
Operationen von Primäraffeeten von Erfolg begleitet sind, unbedingt 
jeden Schanker, der nicht älter als 10—12 Tage ist, zu zerstören, even¬ 
tuell unter gleichzeitiger Exstirpation bereits vergrösserter Leistendrüsen. 
Man soll den Kranken auf die wahrscheinliche Erfolglosigkeit der Ope¬ 
ration aufmerksam machen und sich jedesmal von der Specificität de$ 
Schankers überzeugen. Auch ist es nöthig, den Operirten lange und 
öfters zu besichtigen, um rechtzeitig mit der Hg-Cur beginnen zu können. 
Sehr oft hat S. eine solche Abschwächung der Manifestationen durch die 
Zerstörung des Primärafleetes beobachtet, dass es grösster Aufmerksam¬ 
keit bedurfte, sie nicht zu übersehen, und nicht an eine vollständige 
Heilung zu glauben. Paul Oppler (Breslau). 

Spencer, Walter G. On the ineffieacy against early 
syphilisofjodide ofpotassium when administered alone. 
The Lancet. 9. Mai 1896. 

Spencer berichtet, dass ein Patient nach der Infection auf 
Anordnung seines Arztes zwei Jahre lang dreimal täglich. 
10 gran Jodkali nahm, nie etwas anderes. In der ganzen Zeit hatte er 
nie Erscheinungen bemerkt. 3 Monate nach Ablauf der 2 Jahre heiratete 
er. Nach weiteren 3 Monaten abortirte seine Frau und stellte sich nach 
ihrer Genesung dem Verf. mit typischem Exanthem und nächtlichen 
Knochenschmerzen vor. Nun wurden beide Eheleute mit Hg behandelt, 
worauf die Frau bald wieder schwanger wurde. Sie gebrauchte Hg 
während dieser Schwangerschaft regelmässig und bekam ein gesundes 
Kind, das jetzt (nach 1 Monat) noch gesund ist. 

Alfred Sternthal (Braunschweig). 

Sprecher, Florio. II Nitrito di Sodio nella cura della 
Sifilide. Giornale italiano delle malatt-ie veneree e della pelle. Anno- 
XXXI 1896, Fase. IV, pg. 453. 


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der Syphilis. 


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Sprecher verwendete, verleitet durch die Angabe Petrone’s 
(Riforma medica 1895. n 203), das Natriumnitrit (salpetrigsaures Natron) 
gegen die Syphilis. Es wurde in wässriger Lösung bis zu der Maximal¬ 
dosis von 50 Centigramm pro die injicirt. Die Erfolge waren, sowohl 
bezüglich des Allgemeinbefindens als auch der specifischen Erscheinungen 
bei 12 mit Syphilis condylomatosa behafteten Patienten höchst ungünstig; 
bei zwei Patienten trat nacb der ersten Injection von 8 Centigrammen 
Schwindel, Collaps, Erbrechen auf. 

Spietschka (Prag). 

Tarnowsky, B. M. Serotherapie als Heilmittel der 
Syphilis. Archives russes de Pathol., de Medec. clinique et de Bac- 
teriologie. 1896, Bd. II., pag. 145. Russisch. 

Tarnowsky’s Arbeit erschien in diesem Archiv, 1896, Bd. 36, 
p. 63. A. Grün fei d (Rostow am Don). 

Tommasoli. Di alcuni tentativi di cura abortiva della 
Sifilide fatti col metodo del Prof. Baccelli. Giornale italiano 
delle malattie veneree e della pelle. Anno XXXI 1896. Fase. V. pag. 572. 

Tommasoli hat die Abortivbehandlung der Syphilis nach Bac- 
celli’s Methode (Sublimatinjectionen) öfters angewendet und berichtet 
über 10 Fälle, bei denen mehr als 4 Monate seit der Infection verflossen 
sind. Nur bei 2 Fällen waren Allgemeinerscheinungen secundärer Natur 
(Roseola, Papeln) aufgetreten, doch hatte der eine die Behandlung erst 
48, der andere erst 44 Tage nach der Infection begonnen. Bei einem 

з. Falle, Beginn der Behandlung 20 Tage post Infectionem, traten nur 
einzelne rothe Fleckchen auf, die übrigen 7 sind bisher — zum Theile 
sind 6—7 Monate verstrichen, frei von secundären Erscheinungen. 

Spietshka (Prag). 

Tommasoli. Sulla Sieroterapia della Sifilide. Giornale 
italiano delle malattie veneree e della pelle. Anno XXXI, 1896. Fase. I, 
pag. 35. 

Tommasoli polemisirt zunächst gegen Pelizzari wegen eines 
Theiles einer grösseren Arbeit über die Serumtherapie der Syphilis, 
welcher am 31. Januar 1896 in Nr. 2 der Clinica moderna erschienen 
war, ferner gegen Mauriac (Traitement de la Syphilis, Paris 1896), na¬ 
mentlich gegen dessen chronologische Angaben über denselben Gegen¬ 
stand, und theilt schliesslich seine eigenen letzten Versuche auf diesem 
Gebiete mit. Von einem jungen Manne, welcher in Folge einer Leber- 
ßyphilis an schwerem Hydrops-Ascites litt, wurde durch Paracentese Serum 
gewonnen und zu Injectionen bei 7 Patienten mit recenter Syphilis ver¬ 
wendet. Er nennt diese Art der Behandlung ,Hydropotherapie der Sy¬ 
philis*. Die meisten der Patienten hatten früher keine specifische Be¬ 
handlung durchgemacht. Der erste, mit sehr schwerer Syphilis, mit Iritis 
des rechten Auges, welche bereits die Nothwendigkeit einer Enucleation 
des Bulbus ergeben hatte, erhielt in 8 Injectionen GS Ccm. des Serum in 
10 Tagen. Der zweite, mit Roseola, in 8 Injectionen 70 Ccm. in 13 Tagen 

и. s. w. bis zu 350 Ccm. in 37 Injectionen in 57 Tagen. Das Serum war 


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Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete 


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unter aseptischen Cautelen aufgefangen und in aseptischen Gefässen mit 
einigen Tropfen Chloroform versetzt kalt aufbewahrt. Die Injectionen 
erfolgten ad Nates und wurden stets gut vertragen. Unter dieser Be¬ 
handlung vermehrten sich die nicht specifischen aber durch die Syphilis 
bedingten Symptome, Uebelbefinden, Schwindel, Kopfschmerz, Knochen¬ 
schmerz etc., dauerten jedoch nur ganz kurze Zeit. Allgemeinzustand, 
Appetit und Körpergewicht hoben sich; im Harne war nie Eiweiss zu 
finden. Die spezifisch syphilitischen Erscheinungen wurden jedoch kaum 
durch die Injectionen beeinflusst, nur lässt sich sagen, dass bei dem 
grösseren Theile der Patienten weiterhin keine specifischen Erscheinungen 
mehr aufgetreten waren, so dass also die Heftigkeit der Infection durch 
sie gemildert wurde. 

Eine zweite Versuchsreihe umfasst die „Galactotherapie der Sy¬ 
philis“, so genannt, weil den Patienten, 7 an der Zahl, Milch injicirt 
wurde, welche von zwei syphilitischen Frauen herrührte, von denen die 
eine an recenter Syphilis, jedoch in der Latenzperiode, die andere an 
recenter Syphilis in Florition (papulöses Exanthem) litt. Die geringste 
injicirte Menge betrug 30 Ccm. in 3 Injectionen, die grösste 101 Ccm. 
in 12 Injectionen. Die Injectionen wurden ad Nates applicirt. Die 
Milch wurde unter aseptischen Cautelen aspirirt und frisch, ohne weitere 
Behandlung injicirt. Bei 2 Patienten trat eine rapide Besserung der 
specifischen Symptome ein, bei einem eine massige, bei den übrigen vier 
keine. Bei 6 Patienten bildeten sich je einmal Abscesse, und zwar bei 
allen nach der Injection an einem und demselben Tage, hier war also 
wahrscheinlich die Milch nicht antiseptisch geblieben. Bei einem Pat., 
welcher an einer anderen Krankheit starb, konnten die Nates untersucht 
werden, doch zeigte sich kein pathologischer Befund. 

Eine dritte Versuchsreihe, die Myelotherapie, sollte nur eine Unter¬ 
stützung der anderen Heilmethoden bilden, und bestand darin, dass den 
Patienten 20—40 Gr. Knochenmark vom Rinde pro die innerlich verab¬ 
reicht wurde. Dabei besserten sich vornehmlich die nicht specifischen 
Symptome. Spietschka (Prag). 


Syphilis. Allgemeiner Theil. 

Bruck, Franz. Uebor Riesenzellen bei Lues. Inaug.-Diss. 
Würzburg 1895. 

Ueber die Frage, ob die Lang er hansischen Riesenzellen für 
Tuberculose charakteristisch seien oder ob solche auch bei rein syphiliti¬ 
schen Producten, ohne Mischinfection, sich vorfinden, ist bisher viel hin 
und her gestritten worden. 

Bruck hat nun an 6 Fällen von reiner Syphilis in jedem derselben 
das Vorhandensein von Riesenzellen nach weisen können, und zwar zeigen 
sie sich in den luetischen Knötchen genau in derselben Structnr wie bei 
den tuberculösen Knötchen: peripher sind wallartig lymphoide Zellen 


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der Syphilis. 


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angeordnet, centralwärts zeigen sich epitheloide Zellen und zwischen 
diesen zerstreut liegen die Riesenzellen. 

Kd. Oppenheimer (Strassburg). 

Coubbs, J. A. Should a healthy niother suckle her con- 
genitally syphilitic child. To the editors of the Lancet. The 
Lancet, 11. Juli 1896. 

Coubbs, der sonst den Ansichten 0 g i i v i e’s über das Vorkommen 
von Ausnahmen vom Coli es’schen Gesetze beistimrat, glaubt doch dessen 
Rath nicht befürworten zu wollen, dass die gesunden Mütter dieser vom 
Vater her hereditär-syphilitischen Kinder diese nicht säugen möchten. 
Er hält — im Gegensatz zu Ogilvie — die Gefahr einer Infection für 
eine ganz minimale und glaubt andererseits, dass gerade diese Kinder, 
deren Lebenskraft an sich eine schwache ist, bei künstlicher Ernährung 
zu Grunde gehen würden. Er würde sich also bei diesem „Conflict der 
Interessen“ zu Gunsten der Kinder entscheiden. 

Alfred Sternthal (Braunschweig). 

Dötseh, Adolf. Ueber Combinationen von Syphilis und 
Tuberculose. Inaug.-Diss. Jena 1896. 

Der Fall Dötsch’s ist ein sehr zweifelhafter (Ref.) Fall von 
Syphilis und ein sicherer Fall von Tuberculose. Die an die Combination 
von Syphilis und Tuberculose geknüpften Bemerkungen bringen nichts 
Nenes. Ed. Oppenheimer (Strassburg). 

Ehrmann, S. Zur Pathologie der Syphilide. Vortrag 
geh. i. d. k. k. Ges. der Aerzte in Wien am 12. März 1897. 

Ehrmann’s Vortrag befasst sich mit der Pathologie, beziehungs¬ 
weise Histologie der Syphilide. Bezüglich der syphilitischen Initialsclerose 
kommt der Autor zu dem Resultate, dass das Virus in den Saft- und 
Lymphbahnen vorwärts schreitet, dass es aber durch seine Anwesenheit 
auf die benachbarten Blutcapillaren wirkt, diese theils zur Proliferation, 
die Blutkörperchen zum Austritte (Chemotaxis im Sinne Unna’s) anregt. 
An jenen Stellen, wo das Infiltrat die regressive Metamorphose eingeht, 
dort schwindet auch das neugebildete Capillarnetz. In jenen Fällen 
wieder, wo die Lymphdrüsenschwellung ausbleibt, ist möglicherweise das 
Virus nicht in, Bondern entlang den Lymphgefässen gewandert. 

Bei den secundären Syphiliden bildet nur der Gefässbaum (nicht 
die Lymphbahnen und SaftBpalten) den Grundstock des Infiltrates, was 
auch begreiflich ist, denn hier wirkt das Virus von der Blutbahu aus. 
Die Form der Efflorescenzen hängt von der Grösse des befallenen Ge- 
fassgebietes ab. Je umfangreicher ein solches Gebiet, desto tiefer sitzt 
die Effiorescenz in der Haut. 

Tiefsitzende und flache Syphilide. Das Aussehen der Syphilide 
hängt aber auch von den Veränderungen der Epidermis ab. 

Reichliche Leukocytenauswanderung und Vergrösserung der Epi- 
dermiszellen verursacht einerseits die breiten Condylome an den 
Stellen, die vor Verdunstung geschützt sind, andrerseits die crustösen 
Papeln an freiliegenden Stellen. In beiden Fällen färben sich die Epi- 


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Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete 


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denniszellen der Stachelschicht nur zur Hälfte nach gewissen Methoden 
(hemichromati8che Zellen des Vortragenden), beim breiten Condylom der 
untere Theil, bei der crustösen Papel der obere Theil, nämlich der der 
vertrocknenden Kruste näher liegende. Auch die Entstehung der Kupia 
syphil., sowie das kleinpustulöse Syphilid bei durch Alkoholmissbrauch 
und durch Scrofulose verändertem Gefässbaume und Geweben zieht der 
Vortr. in den Kreis seiner Erwägungen, ebenso die Wichtigkeit der zur 
Zeit der Infection in der Haut des Befallenen jeweilig herrschenden Ver¬ 
hältnisse der Blutvertheilung. (Cutis marmorata, Lichen pilaris hyper- 
aemicus), die Narbenbildung bei sogenannten gruppirten Hauttuberkeln, 
endlich die Verhältnisse der pathologischen Pigmentveränderungen in 
Folge von Syphilis. 

Die ausführliche Beschreibung der diesen resumirenden Betrach¬ 
tungen zu Grunde liegenden histologischen Befunde wird in der zu Ehren 
Prof. F. J. Pick’s demnächst erscheinenden Festschrift niedergelegt 
erscheinen. Karl Ullmann (Wien). 

Finger, E. Wann dürfen Syphilitische heiraten? 
Separatabdruck aus der Heilkunde 1897. 

Finger gibt in der vorliegenden Arbeit zunächst eine wegen ihrer 
Vollständigkeit höchst werthvolle Zusammenstellung der in der Literatur 
niedergelegten Ansichten über die Frage: „Wann dürfen Syphilitische 
heiraten?“ Es zeigt sich hier eine nicht unbeträchtliche Verschieden¬ 
heit der Auffassungen nach den Individualitäten der einzelnen Forscher, 
die auch wieder entsprechend den verschiedenen Zeitperioden selbst 
innerhalb desselben Landes, in derselben Schule, ja bei einem und dem¬ 
selben Forscher schwanken. (Z. B. Fournier nicht unerheblich.) Sich 
dabei von anderen heimatlichen und deutschen Collegen, wie Kaposi, 
Neumann, Lang, Lassaru. A. unterscheidend, die es vorziehen, in 
dieser wichtigen Frage einen ausgesprochenen Standpunkt nicht einzu¬ 
nehmen, sondern der Ansicht sind, dass hier allgemeine Regeln überhaupt 
derzeit nicht aufgestellt werden sollten, und dass dementsprechend geradezu 
ein jeder Fall seine eigene vorsichtig aber doch nicht allzu pedantisch 
gefasste Wohlmeinung seitens des Arztes erheische, schliesst sich der 
Autor vielmehr im Ganzen und Grossen an die diesbetreffenden Auf¬ 
fassungen Fournier’s an, die er gleich Neisser allerdings (gegenüber 
Fournier’s Standpunkt) wesentlich zu mitigiren für nothwendig findet. 
Er stellt, wie die meisten der zahlreichen Autoren, die in dieser Frage 
überhaupt präcise Stellung zu nehmen für gut befunden haben, erstens 
eine Reihe von Grundbedingungen für die Zulassung zur Ehe über¬ 
haupt, zweitens eine Reihe von Miniraalbedingungen über den Zeit¬ 
punkt der Eheschliessung post infectionem auf; grundsätzlich auszu- 
schliessen ist nach Finger jeder Syphilitische, der an einer schweren, 
complicirten, rasch zu visceralen Complicationen führenden Syphilis leidet, 
also die sogenannte maligne Syphilis. Ob für Lebenszeit, oder nur für 
einen sehr langen Zeitraum, sagt der Autor allerdings nicht mit ge¬ 
nügender Klarheit. Als Minimalbedingungen gelten: 1. Milder normaler 


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der Syphilis. 


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Verlauf. 2. Ein Intervall von mindestens 5 vollen Jahren zwischen 
Infection und Ehe. 3. Ein von Syphilissymptomen unbedingt freies Inter¬ 
vall von 3 Jahren zwischen den letzten Syphiliserscheinungen und der 
Verehelichung. 4. Eine systematische, chronisch-intermittirende Behand¬ 
lung, die so lange zu dauern hat, bis seit dem letzten Recidiv ein volles 
Jahr ohne Syphilissymptome vergangen ist. 5. Eine energische Queck- 
silbercur ziemlich unmittelbar vor der Ehe. 6. Der Arzt hat aber, auch 
bei Erfüllung aller der genannten Bedingungen, immer noch die Ver¬ 
pflichtung, jedes die Ehe schliessende Individuum darüber aufzuklären, 
dass die Ehe trotzdem nur nahezu, aber nicht unbedingt gefahrlos sei. 

Karl Ullmann (Wien). 

Gibert. Coexistence de lesions syphilitiques et tuber- 
culeuses chez le meme sujet. Societö d’anatomie et de 
Physiologie normales et pathologiques de Bordeaux. Söance, 
1. fevrier 1897. Ref. im Journal der mal. cut. et syph. 1897, pag. 285. 

Gibert will an der Hand der Krankengeschichte eines 25jährigen 
Mannes einen Fall von Zusammenbestehen von Syphilis und Tuberculose 
constatiren. Der ein halbes Jahr vorher am Zahnfleisch des Oberkiefers 
inficirte Patient zeigte am Körper neben universeller Scleradenitis ein 
reichliches, kleinpapulöses gruppirtes, sowie an den Unterschenkeln ein 
maculöses Exanthem. Am rechten Unterkieferwinkel finden sich neben 
einer alten, von einer vereiterten Drüse herrührende Narbe zahlreiche 
grosse, weiche, anscheinend tuberculose Drüsen. Diese, sowie eine Narbe 
am Arme und eine anamnestisch eruirte, vor 15 Jahren überstandene 
Pleuritis veranlassen Gibert zu der Diagnose: Tuberculose. Mit Recht 
vermisst An ton y in der Discussion die bakteriologische Bestätigung 
dieser Diagnose. Paul Neisser (Beuthen O.-S.). 

Goldfarb, M. 0. Syphilisinfection bei einem 9jährigen 
Mädchen. Wratsch 1896, Nr. 6, pag. 170. Russisch. 

Goldfarb behandelte ein Ehepaar, welches an Syphilis litt. Nach 
einiger Zeit stellte diese Familie ihr 9jähriges Mädchen vor mit einem 
typischen Ulcus durum ad labium raajus dextr. und beiderseitige Sclera¬ 
denitis inguinalis. Die Anamnese ergab, dass der syphilitische Vater die 
Gewohnheit hatte, mit dem Mädchen zu spielen, er legte das Kind dabei 
gewöhnlich aufs Bett, hob die Kleider auf und spuckte auf die Scham- 
gegend. A. Grünfeld (Rostow am Don). 

Grölt, Kr. Studien über gummöse Syphilis. Tillagshefte 
til Norsk Mag. f. Laeger. 1897 (October). 

Grön entwickelt zunächst, wie die Ricord’sche Definition von 
„tertiärer“ Syphilis nicht länger aufrecht erhalten werden kann, beson¬ 
ders in Betreff der Chronologie, ebenso wie die Abgrenzung von den 
anderen Stadien in der Regel weniger scharf ist. 

Die fehlende Infectiösität dieses Stadiums, welche früher als un¬ 
bewiesen betrachtet wurde, kann auch nicht länger festgehalten werden. 
Der Verfasser führt aus seiner eigenen Praxis zwei Beispiele von An¬ 
steckung in spätem Stadium an. Zu den Aeusserungsformen gummöser 


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Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete 


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Syphilis — Verfasser zieht diese Benennung der Benennung „tertiär“ 
vor — und ist geneigt mit Neisser, aber contra Fournier, H aal und 
u. A., Tabes und generelle Paralyse nicht zu rechnen. Was die maligne 
Syphilis anbetrifft, welche Fournier und Mauriac zur gummösen 
Syphilis, Haslund und N eisser zum secundären Stadium rechnen, ist 
er mit Sederholm der Meinung, dass dieselbe besonders rubricirt 
werden muss. Mit Rücksicht auf die Häufigkeit von gummöser Syphilis 
werden zunächst ausführlich alle die Fehlerquellen nachgewiesen, die an 
jeder Syphilisstatistik haften. 

Von einer grösseren Zusammenstellung von Statistiken mit Tabellen, 
umfassend 36.757 Syphilisfälle mit 4340 gummös Afficirten, hat er ein 
Mittelprocent von 11’8 ausgerechnet. Von der Hautkrankenabtheilung 
(Pharistämie) des ReichshospitalB sind 3471 Syphilisfalle für 25 Jahre 
(1871- 1895) zusammengestellt. Hievon sind 387 gummös Afficirte be¬ 
funden, was auch einen Procentsatz von ll’l (für Männer 10 7, Frauen 11*7) 
ergibt. Es wird besonders hervorgehoben, dass man trotz überwiegend 
amercurialer Therapie in Norwegen keine schlechteren Resultate der 
Syphilisbehandlung hat als anderswo, und dass der Procentsatz von 
gummöser Syphilis sogar etwas geringer ist als das berechnete Mittel¬ 
procent. 

In einer Zusammenstellung von verschiedenen Statistiken (Tabellen) 
wird nachgewiesen, wie die Verfasser überwiegend darin einig sind, dass 
gummöse Ausbrüche sich am häufigsten in einem verhältnissmässig frühen 
Stadium der Krankheit entwickeln. 

Zu demselben Resultat ist auch der Verfasser gekommen und fand 
den Procentsatz in Betreff der ersten Jahre sogar bedeutend höher als 
das Durchschnittsprocent aus den aus der Literatur gesammelten Stati¬ 
stiken. Der Verfasser gibt auch eine statistische Darstellung der Lo- 
calisation. 

In Betreff der visceralen Syphilis werden auch verschiedene sta¬ 
tistische Daten gegeben, basirt auf Untersuchungen aus den Obductions- 
protokollen des Reichshospitals für 25 Jahre (71—95). 

Unter den Aeusserungsformen nehmen die Endarteritiden den ersten 
Platz ein, darnach kommen Nieren- und Leberaffectionen, alles in Pro- 
centen angegeben, darauf kommen Gehirn- und Milzaffectionen. 

Bei der Besprechung der verschiedenen möglichen Ursachsfactoren 
für gummöse Syphilis werden auch zahlreiche statistische Daten ange¬ 
führt, die jedoch keine Verhältnisse aufweisen, die die Ursache zum 
Tertiarismus erklären können. 

Die Bedeutung des Alkoholismus ist nach der tabellarischen Zu¬ 
sammenstellung des Verfassers übertrieben. 

Dagegen findet Verfasser ein verhältnissmässig grosses Contingent 
für den Tertiarismus unter den Seeleuten. Den misslichen Verhältnissen, 
unter denen mit Syphilis behaftete Seeleute sich befinden sowohl mit 
Rücksicht auf Verpflegung als auch Behandlung, muss nach Meinung des 
Verfassers viel Gewicht beigelegt werden in Verbindung mit dem Ein- 


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der Syphilis. 


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flusse von peregriner Infection (Ansteckung in einem fremden Lande). 
Dies Verhältnis ist auch tabellarisch dargcstellt. Die extragenitale In- 
fectioneweise scheint keinen wesentlichen Einfluss auf den Tertiarismus 
zu haben. 

Die Behandlung scheint auch keine entscheidende Rolle zu spielen. 
Ob nun die Patienten mit Quecksilber oder nur local behandelt oder 
mit Jodkalium behandelt werden, zeigt die Statistik dasselbe Verhältnis 
mit Bezug auf die Häufigkeit der gummösen Syphilis. Verfasser be¬ 
trachtet jedoch sein Material nicht als geeignet, um einen ordentlichen 
Vergleich zu liefern. Krefting (Christiania). 

Haan. Syphilis et irritation de cause externe trau- 
matique. Journal des maladies cutanees et syphilitiques. 1897, p. 535. 

Zu dem interessanten Thema: Syphilis und Reizung bringt Haan 
als Beitrag 2 recht instructive Krankengeschichten. Die erste betrifft 
eine sieben Jahre früher inficirte 31jährige Patientin, bei der in Un- 
kenntniss ihrer Erkrankung die Auskratzung einer ulcero gummösen 
Stelle an der linken Wange vorgenommen wurde. Einige Tage später 
stellten sich neben nervösen Erscheinungen ein maculöses, maculo-papu- 
löses, papulo-squamöses Syphilid am ganzen Körper, eine Gumma auf 
der Tonsille, Plaques im Munde und Papeln an den Genitalien ein. — 
lm zweiten Fall handelt es sich um ein lljähriges hereditärsyphilitisches 
Kind, das vor 6 Monaten mit einer Stahlfeder in die Wange gestochen 
worden war. Die Wunde war nicht geheilt, und bei der Untersuchung 
zeigte sich eine tiefe ulcerirte mit Borken bedeckte Stelle, mit einem 
Worte, eine Rupia, die, nachdem sie allen anderen Behandlungsmethoden 
getrotzt hatte, unter antisyphilitischer Cur schnell heilte. 

Paul Neisser (Beuthen O -S.). 

Le Pileur. Syphilis acquise chez un sujet ne de pere 
syphilitique. Societe medicale de Telysee. Seance du 1. fevrier 
1897. Referirt im Journal des mal. cut. et syph. 1897, p. 488. 

Le Pileur erzählt die Krankengeschichte eines 20jährigen jungen 
Mannes, der an einer frischen Syphilis erkrankt ist Der Fall ist des¬ 
wegen interessant, weil Le Pileur bei diesem von einem luetischen 
Vater gezeugten Patienten als Kind aus ersterem Umstand, sowie wegen 
Missbildungen der Kiefer, deren Monlage er demonstrirt, wegen rhachi- 
tischer Veränderungen der Knochen und der sehr geringen Intelligenz 
eine hereditäre Syphilis diagnosticirt hatte und jetzt wegen der frisch 
acquirirten Syphilis glaubt, damals eine Fehldiagnose gestellt zu haben, 
ln der sich daran schliessenden Discussion leugnen namhafte Autoren, 
wie Le Pileur, Balzer, Wickham die Möglichkeit einer Reinfection, 
d. h. einer zweimal zu acquirirenden Syphilis überhaupt, während sie die 
Möglichkeit einer Reinfection bei einem hereditär Syphilitischen eher 
zugeben. Zum Schluss unterscheidet Le Pileur genau zwischen vererbter 
wirklicher Syphilis und zwischen nur vererbter Widerstandsunfähigkeit 
gegen gewisse sogenannte parasyphilitische Erkrankungen, ebenso wie er 
die hereditär Syphilitischen in solche mit infectiösen Erscheinun- 


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Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete 


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gen und solche im Latenzstadium, bei denen später nur Tertiär¬ 
erscheinungen auftraten, eintheilt. 

Paul Neisser (Beuthen O.-S.). 

Pröve, A. Mittheilungen aus der syphilitischen Ab¬ 
theilung der medicinischen Klinik zu Göttingen. Inaug. 
Diss. Göttingen 1896. 

In den Jahren 1888—1895 wurden in der med. Klinik zu Göttingen 
nach Pröve’s Statistik im Ganzen 362 Fälle von Syphilis beobachtet, 
und zwar 245 Männer, 111 Weiber und 6 Kinder, worunter 2 mit here¬ 
ditärer Syphilis. Aus der grossen Zahl der Fälle hebt Pröve durch 
Mittheilung ausführlicher Krankengeschichten besonders drei hervor, bei 
denen der Exitus eingetreten war. Bei dem ersten Falle handelt es sich 
um einen Exitus subitus bei einer 57jährigen Patientin, deren Haut- und 
Schleimhautsymptome aber nach Ansicht des Referenten nicht absolut 
auf Syphilis schliessen lassen, besonders da auch anamnestisch nichts zu 
eruiren gewesen und eine Section nicht gemacht worden war. Bei dem 
2. Falle — 39jähriger Mann mit frischer Lues — trat nach kurzem 
(17tägigem) Aufenthalte im Spital der Exitus ein. Die Section ergab 
ausser den Hauterscheinungen: beiderseitiger Hydrothorax und Hydroperi- 
cardium, subpericardiale Blutungen. Fettige Degeneration des Herz¬ 
muskels, Pneumonie, Milzhyperplasie. Nephritis parenchymatosa et 
mterstitialis haemorrhagica. Echinococcus der Leber und Geschwüre im 
Darm. — Auch hier durfte die Syphilis nicht das hauptsächliche ätiol. 
Moment, sondern die Nephritis und Herzaffection schon früher vorhanden 
gewesen sein. 

Bei dem dritten Falle handelt es sich um eine ausgedehnte gan¬ 
gränöse Zerstörung der hinteren Rachen wand, die in ihrer Folge die 
Pharyngea ascendens arrodirte und so durch Verblutung zum Tode führte. 
Welcher Natur dieses gangränöse Ulcus gewesen ist, lässt sich ebenfalls 
nicht aus der Krankengeschichte erkennen. 

Ed. Oppenheimer (Strassburg). 

Shaw-Mackenzie, John A. Syphilis in married women. 
The Lancet 5. Dcbr. 1896. 

Shaw-Mackenzie ist der Ansicht, dass Syphilis bei Frauen 
häufig ist, die von einem Vater concipirt haben, der vor der Ehe ein¬ 
mal Syphilis gehabt hat, und dass viele Fälle schlechter Gesundheit bei 
verheirateten Frauen auf Syphilis beruhen. Er glaubt aber nicht, dass 
diese Frauen secundär von ihrem hereditär syphilitischen Kinde erkran¬ 
ken, sondern dass sie primär von ihren Männern inficirt 
werden. Alfred Sternthal (Braunschweig). 

Tarassßvitsch. Contagiositö syphilitique tardive, con- 
tagiosite tertiaire. Gaz. hebdom. de raed. et de chir. XLIV. 
Nr. 81, p. 967, 10. Octbr. 1897. Theses de la Faculte de Paris. 

Nach Tarassevitsch kann später luetische Infection sowohl 
durch secundäre als auch durch tertiäre Processe erfolgen. Von secun- 
dären Stellen aus ist eine Infection noch nach 18 Jahren beobachtet, 


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der Syphilis. 


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während diese Affectionen selbst noch nach 23 nnd 29 Jahren gesehen 
worden sind. Bei der tertiären Syphilis entsteht die Infection zumeist 
in der Familie und geht sonst immer von Herden aus, die in der Mund¬ 
höhle localisirt sind. Bruno Löwenheim (Breslau). 

Winkler, Ferdinand. Ueber eigentümliche, specifisch 
färbbare Gebilde in syphilitischen Producten. Wiener 
klinische Wochenschrift Nr. 17, pag. 397, 1897. 

Winkler, der im Sperma eines Luetikers in mikroskopischen 
ungefärbten Präparaten eigenthümliche kugelige Gebilde gefunden hatte, 
die er bei gesunden Individuen nicht zu finden gewohnt war, unter¬ 
suchte nun den Gewebssaft recenter syphilitischer Producte, sowie Pa¬ 
peln, Condylomata lata, Indurativödeme und syphilitische Lymphdrüsen. 
Er verwende te zur Färbung der Deckglaspräparate sowie Ge websschnitte 
in concentrirter Carbolsäure gelöstes Thioniu, das entsprechend verdünnt 
wurde, zur Entfärbung und Differencirung aber verdünnte bis concen- 
trirte Formalinlösung. Unter Anwendung dieser Färbetechnik fanden 
Winkler und Ehr manu, in dessen Privatlaboratorium „dunkelroth 
violette Kugeln etwa ein Drittel so gross als Leukocyten“ meist einzel- 
stehend und zwar in 2erlei Typus, entweder (zumeist in Deckglaspräpara¬ 
ten auffindbar) als homogen gefärbte Kugeln oder als stärker gefärbte 
Kugeln mit heller gefärbtem Fleck im Centrum (mit dem ersten Typus 
in gleicher Zahl innerhalb der Ge websschnitte). An guten Präparaten 
kann man diese Gebilde sehr leicht von anderen Zellformen, namentlich 
von Mastzellen durch die absolut kugelige Form und den Mangel jeder 
Körnung unterscheiden. Gegenüber dem einkernigen Lymphocytus mit 
grossem Kern ist der Mangel eines Protoplasmasaumes, gegenüber den 
rothen Blutkörperchen ihre Lagerung und ihre Grösse charakteristisch. 
Die Autoren sind in der Deutung dieser bis jetzt von ihnen nur in 
syphilitisch, dagegen nicht in normalen oder lupös infiltrirten Geweben 
aufgefundenen Gebilde noch vorsichtig, doch glauben Bie an ihre organi- 
sirte Natur und an einem „Zusammenhang mit dem Syphilisvirus“. 

Karl Ullmann (Wien). 

Zambaco, Pascha. L’Antiquite de la syphilis. La France 
medicale XLIV, Nr. 52, p. 817, 24./VII. 1897. 

Zambaco Pascha gibt einen Ueberblick über die Geschichte 
der Syphilis und geht besonders auf den Zusammenhang ihrer schnellen 
Ausbreitung mit der Entdeckung Amerikas ein. Zum Schluss berichtet 
er über Zeichen von Lues an alten Sceletten. Er selbst fand Defecte 
am Schädel, Hyperostosen und Exostosen der Tibien bei zwei aus der 
Zeit der Pharaonen stammenden Sceletten aus Abydos. Endlich zählt 
er auch eine Anzahl von Befunden auf, die aus sehr alten Grabstätten 
Europas und Amerikas stammen. Bruno Löwenheim (Breslau). 

Zeissl, M. v. Sind die tertiären Producte der Syphilis 
infectiös oder nicht und was hat man unter maligner und 
galoppirender Syphilis zu verstehen. Wien. klin. Kundschau 
Nr. 29, 1897. 


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562 Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete 

v. Zeissl bringt die von ihm seinerzeit (intern, kl. Rundschau 
Nr. 6—21, 1887) bereits einmal ausführlich besprochene Frage von der 
Infectiosität der sogenannten tertiären Producte der Syphilis hier neuer¬ 
dings aufs Tapet. Er wendet sich auch hier gegen die Atmahroe einer 
absoluten Nichtinfectiosität syphilitischer Gummen, wie sie auf Grund 
negativ verlaufender Impfergebnisse von Finger und Anderen oft genug 
gefolgert wurde, v. Zeissl hält die syphilitisch-gummösen Producte von 
jeher wenigstens für ausnahmsweise infectiös. Als Ursache für die gegen¬ 
über Initial- und irritativen (secundären) Formen, weit geringere Virulenz 
der gummösen Producte führt Zeissl das von Jadassohn 1894 so 
treffend gebrauchte Analogon der verschieden virulenten Hauttuberculosen 
an, Lupus, bacillenarm und wenig infectiös gleicht dem Gumma, miliare 
Tuberculose oder andere bacillenreiche tuberculöse Affectionen gleichen 
den irritativen mehr infectiösen Frühforraen der Syphilis. Ausserdem 
enthält der Artikel noch eine Reihe interessanter, aber bereits bekannter 
klinischer Thatsachen über S. maligna präcox und S. gallopans. 

Karl U11 mann (Wien). 


Verbreitung und Prophylaxe der venerischen 
Krankheiten. Prostitutionswesen. 

Baratier. La syphilis et l’enfance au village. Journal 
des maladies cutanees et syphilitiques 1897, p. 513. 

Baratier bespricht in einem ausführlichen Artikel, der allerdings 
die Legende von der Tugendhaftigkeit und den reinen Sitten der länd¬ 
lichen Bevölkerung gründlich zerstört und uns mit ihrem Geiz, ihrer 
Indolenz, ihrer Unsauberkeit und ihrer Verderbtheit bekannt macht, die 
Syphilis und ihre Verbreitung auf dem Lande. Während die eigentliche 
Bevölkerung auf dem Lande durch den ausgesprochensten Maltusianis- 
inus immer mehr zurückgeht, herrscht in einzelnen Gegenden die Sitte, 
Säuglinge und Ziehkinder aus den grossen Städten in Pflege zu nehmen. 
(Es sind dies theils unehelich geborene, theils solche Kinder, deren 
Mütter nicht selbst nähren wollen.) Es ist dort nichts Seltenes, bei ein 
und derselben Amme zwei bis drei Säuglinge an der Brust zu finden, 
und bei denjenigen, die mit der Flasche aufgezogen werden, ist die Zahl 
der Aufzunehmenden noch weniger beschränkt. Diese Kinder bringen 
nun ihre hereditäre Syphilis mit, inficiren ihre Amme oder Pflegerin 
ebenso wie die anderen Säuglinge und Pflegekinder, denen dieselben, 
von dem syphilitischen Kind vorher benützten, ungereinigten Utensilien 
gereicht werden; auch die Landkinder, kleine wie grössere, die mit diesen 
bedauernswürdigen Pfleglingen spielen und sie küBsen, entgehen ihrem 
Schicksal nicht. Was von Kindern auf diese Weise noch nicht inficirt 
worden ist, wird es in der Schule durch die gemeinsam gebrauchten 
Federhalter, Lineale, Gummi u. s. w. und bei der Frühreifheit und Ver- 


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der Syphilis. 


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derbtheit der Kinder im 13. bis 14. Jahre durch den Coitus. Die inficirten 
Ammen theilen die Syphilis ihren Männern und Liebhabern mit und ge¬ 
bären hereditär syphilitische Kinder. Auf diese Weise ist schliesslich 
das ganze Dorf verseucht. Baratier plaidirt für möglichste Aufklärung, 
energische Behandlung und endliche Bekämpfung und Vernichtung des 
Vorurtheils, als ob die Syphilis etwas anderes wäre, als jede andere 
Krankheit. Paul Neisser (Beuthen O.-S.). 

Bergh , R. Aerztlicher Bericht über das Vestre- 
Hospital 1896. 

In dem Vestre-Hospital wurden 1896 im Ganzen 1838 Patienten 
behandelt, nämlich 1196 auf Abtheilung I (die öffentliche Prostitution) 
und 642 auf Abtheilung II (die geheime Prostitution). Im Laufe des 
Jahres ist kein einziger Sterbefall zu constatiren. 

Kopenhagen hat mit seinen Nachbarcomraunen bei einer Einwohner¬ 
zahl von 408.000 im Jahre 1896 nur 798 prakticirende Scorta gehabt, 
welche im Laufe des Jahres im Ganzen 30.098 regulären Visitationen 
unterworfen worden sind. — Wie gewöhnlich sind die privat wohnenden 
Scorta viel seltener behandelt worden als die bordellirten. 1896 ist das 
Verhältniss folgendermassen: auf 266 privat wohnende Scorta kamen 
631 Aufnahmen, auf 115 bordellirte 519. 

Pseudo-venerische Affectionen wurden am häufigsten bei den Pro- 
stituirten beobachtet, seltener bei der geheimen Prostitution. Von vene¬ 
rischen Affectionen kam Urethritis auf Abtheilung I in 477, auf Abthei¬ 
lung II in 462 Fällen vor. In verschiedenen Fällen konnte kein Secret 
nachgewiesen werden, aber in dem von der Harnröhre abgeschabten Se¬ 
cret fanden sich doch Gonococcen. In 20 Fällen von hartnäckigen reci- 
divirenden Urethritiden mit apartem weisslichem, breiigem AusHuss 
wurdeu keine Gonococcen nachgewiesen, dagegen ein kleiner kurzer 
Bacillus und ein langer, gegliederter Pilz. Erkrankungen der Glandula und 
des Ductus vulvo-vaginalis wurden in 50 + 74 Fällen, Parurethritis 
87 4- 93 Mal, von diesen 13 + 2 Mal ohne Urethritis, beobachtet. Ein¬ 
facher Cervikalcatarrh, wo also wiederholte Untersuchungen keine Gono¬ 
coccen nachwiesen, fand sich in 96 + 55 Fällen. Gonorrhoischer Cervikal¬ 
catarrh trat in 61 + 35 Fällen auf, Rectalgonorrhoe in 6 + 5. 32 + 37 

Patienten wurden wegen gonorrhoischer Erkrankungen der Adnexa be¬ 
handelt. Condylome wurden 89 (= 7*77„) + 159 Mal (— 25% aller Fälle) 
constatirt. Ulcera venerea beobachtete man auf Abtheilung I ein Mal am 
Collum uteri als ein Ulcus mixtum; auf Abtheilung II ebenfalls ein Mal. 
Bubonen 4 + 6 Mal in inguina. 

Wegen Syphilis wurden im Ganzen 158 (im Jahre vorher 183), auf 
Abtheilung 1 66, auf Abtheilung II 92 behandelt. 79 (22 + 57) hatten 
den ersten Ausbruch. Die einzelnen syphilitischen Symptome und Corn- 
plicationen werden später speciticirt. Zum Schlüsse wird von Geburten 
und Menstruationsanomalien, sowie von anderen nicht venerischen Krank¬ 
heiten berichtet. C. T. Hansen (Kopenhagen). 


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Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete 


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Eysel, Willy. Extragenitale Syphilisinfection bei Glas¬ 
bläsern, beobachtet an 12 Fällen. (Inaug.-Diss. Göttingen 1896.) 

Ueber eine Epidemie von extragenital erworbener Syphilis be¬ 
richtet Eysel aus der Glasfabrik zu Amelith: Von einem Arbeiter aus 
hat sich das Gift z. Thl. mit Hilfe von Zwischenpersonen auf ein weiteres 
Dutzend von Arbeitern ausgebreitet. Fast sämmtliche Patienten haben 
einmal, die einen weniger, die andern längere Zeit mit dem betr. Ur¬ 
heber der ganzen Epidemie zusammen gearbeitet. Dazu kam noch bei 
zwei Patienten der gemeinsame Gebrauch von Trink- und Essgeschirren, 
sowie ein längeres Zusammen wohnen mit dem Urheber. 

In allen Fällen war, wie aus der gemeinsamen Ursache — die 
sog. Glasbläserpfeife — leicht verständlich der Primäraffect im Bereich 
der Mundhöhle zu finden: Lippen, Mundwinkel, Zunge, Arcus glossopala- 
tiuu8 und Tonsille. Im Uebrigen war im Verlaufe nichts Abnormes zu 
bemerken. 

Am Schlüsse seiner Arbeit kommt Eysel mit Bezug auf diese 
relativ schwere Epidemie auf die Gefahren zu sprechen, denen gerade 
das Fabrikspersonal bei Benutzung gemeinschaftlicher Instrumente aus- 
gesetzt ist und gibt dann einige Gesichtspunkte an, nach welchen Aerzte, 
Hygieniker, Fabrikherren prophylaktische Massregeln zur Verhütung 
solch’ schwerer Massenerkrankungen treffen müssen. 

Ed. Oppenheimer (Strassburg). 

Haslund, Alex. Aerztlicher Bericht von der 4. Abthei¬ 
lung des Communehospitals im Jahre 1896. 

Auf der Abtheilung wurden im Laufe des Jahres 2240 Patienten, 
gegen 2175 im Jahre 1895, behandelt. 2020 wurden entlassen, 40 starben. 
— 13 kamen moribund auf das Hospital, von diesen 6 mit schweren 
Verbrennungen und 4 Kinder mit congenitaler Syphilis. Die Statistik 
über die Haut- und venerischen Krankheiteu der letzten 3 Jahre ergibt 
folgendes Resultat: 1894 — 1058, 1895 — 1119 und 1896 — 1249 vene- 
rif che Krankheiten; 1894 — 765, 1895 — 788 und 1896 — 699 Hautkrank¬ 
heiten. Die Zahl der venerischen Krankheiten ist in den letzten Jahren 
gestiegen. Was die Hautkrankheiten betrifft, wurden 149 Patienten 
wegen Eczeme, 52 wegen Impetigo, 130 wegen Scabies, 52 wegen Pso¬ 
riasis, 22 wegen Tinea maculosa corporis behandelt. 

Wegen Gonorrhoe wurden 426 Männer behandelt. An Complica- 
tionen kam 155 Mal Epididymitis, immer mit Funiculitis vor; 77 von 
diesen waren rechtsseitig, 64 linksseitig und 14 doppelseitig. Peri¬ 
urethrale Infiltration kam 25 Mal, acute Prostatitis 44 Mal, Cystitis 
7 Mal, Parurethritis 1 Mal, Ophthalmoblennorrhoe 1 Mal, Bubo ingu- 
inalis 4 Mal und Bubonulus penis 1 Mal zur Behandlung. Rheumatoide 
Affectionen wurden 32 Mal behandelt. 17 Männer hatten Ulcera venerea, 
nur 3 von ihnen bekamen Bubo. Wegen Rupturen, Herpes und ähn¬ 
lichen Affectionen wurden 91 behandelt. Wie gewöhnlich kam eine An¬ 
zahl pseudovenerischer Affectionen, Condylome, Balanitiden etc. zur Behand¬ 
lung. Bubonen kamen im Ganzen 4 Mal bei Gonorrhoe, 3 Mal bei Ulcua 


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der Syphilis. 


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venereum, 29 Mal bei anderen Ulcerationen, 8 Mal bei Syphilis und 
4 Mal als Bubo d’emblee zur Behandlung. 320 Männer hatten constitu- 
tionelle Syphilis und 23 Ulcus induratum, welche der poliklinischen Be¬ 
handlung uberwiesen wurden. Bei 26 Patienten kamen tertiäre Fälle 
vor; von diesen waren 7 gar nicht und 8 nur sehr unvollständig 
behandelt. 

100 Frauen hatten Gonorrhoe, 23 Bartholinitis, 79 Catarrhus eervi- 
calis, 44 Urethritis, 18 Parurethritis und 1 periurethrale Infiltration. 
Isolirt trat Bartholinitis 1 Mal, Cervioalcatarrh 6 Mal und Parurethritis 
1 Mal auf. 2 Fälle von rheumatoiden Affectionen, 6 Fälle von Ulcera 
venerea. Wie gewöhnlich wurde eine Anzahl von pseudovenerischen 
Fällen behandelt. 

238 Patientinen hatten constitutionelle Syphilis (gegen 170 im 
Jahre vorher), 107 mit erstem Ausbruch. 26 waren tertiäre Fälle; von 
diesen waren 9 gar nicht und 5 nur mangelhaft behandelt. 

22 Kinder wurden wegen Vulvitis, Elythritis und Urethritis be¬ 
handelt; 4 Kinder batten Condylome. 

Wegen congenitaler Syphilis wurden ausser den 16, welche starben, 
21 Kinder — 10 Knaben und 11 Mädchen — behandelt. Ein Knabe von 
14 Jahren und ein Mädchen von 15 Jahren hatten tertiäre Symptome. Bei 
12 Kindern zeigte sich übertragene Syphilis; ein Kind starb. 26 Patienten 
hatten Syphilis insons; 13 Kinder und 13 Frauen. Die mit der Abthei¬ 
lung verbundene Gratis - Consultation für Haut- und Geschlechts¬ 
krankheiten wurde von 2258 Patienten besucht. 

Chr. J. Hansen (Kopenhagen). 

SerebriakofT, M. W. Les maladies veneriennes chez les 
prostituees claudestines de Moscou. Moskauer Congress, ref. 
Gaz. hebd. de med. et de chir. 1897, Nr. 74, p. 885. 

Von Jahr zu Jahr nimmt die Zahl der geheimen Prostituirten in 
Moskau zu. Einen erheblichen Procentsatz bilden früher in Bordellen 
gewesene Frauenzimmer. Die Zahl der erkrankt in’s Hospital einge¬ 
lieferten geheimen Prostituirten bleibt sich seit Jahren gleich, sie 
beträgt für die Syphilis ungefähr 50% der Weiber. 

Felix Pinkus (Breslau.) 


Syphilis: Haut, Schleimhaut, Knochen and Gelenke. 

Ars lau. Deux cas de chancre sy philitiques des amyg- 
dales. Revue hebdomadaire de laryngologie d’otologie et de rhinologie, 
5. Dec. 1896. Referirt im Journal des mal. cut. et syph. 1897, pag. 498. 

Zwei Fälle von Primäraffecten auf den Tonsillen, von denen be¬ 
sonders der erste interessant und instructiv ist; in diesem Falle wurde 
die Affection wegen der enorm geschwollenen, entzündeten, hy perara i schon 
Archiv f. Dermat. n Syphil. Band XLVI. 30 


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466 


Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete 


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Tonsille für einen acuten Tonsillarabscess gehalten und incidirt, wonach 
sich erst die richtige Diagnose stellen Hess. 

Paul Neisser (Beuthen 0. S.). 

B&rthelmy. De quelques anomalies dans les symptomes 
et dass l’evolution de chancres syphilitiques et de syphili- 
des ulcereuses. Gaz. hebdom. de med. et de Chir. 1897, Nr. 67. 

Barth61my bespricht als Anomalien im Verhalten der Initial* 

sclerose: 

1. Das vollständige Fehlen derselben (syphilis d’emblee Verch&re). 

2. Die Abwesenheit der pathognomonischen Drüsenschwellungen. 

3. Die extrem unbedeutende und extrem übergrosse Entwicklung 
der Sclerose. 

Für letztere empfiehlt er locale Behandlung mit tropfenweisen 
Injectionen mit Cyanquecksilber oder anderen Präparaten; dieselbe Be¬ 
handlungsmethode soll auch gute Erfolge bei hartnäckigen tertiär-lueti¬ 
schen Affeetionen ergeben. 

Aus der secundären Syphilisperiode hebt B. als bemerkenswert!! die 
auffallend häufigen Recidive der Plaques muqueuses hervor. 

Zum Schluss erwähnt Barthelmy der chirurgischen Entfernung einer 
tertiären Affection, die aller anderen Therapie trotzte. 

. Gustav S. Falk (Breslau). 

Battier, M. Les angines diphtheröides de la syphilis. 
Th. d. Paris, Nr. 448. Gazett. hebdom. de med. et de Chir. 1897, Nr. 67. 

Battier macht auf die Aehnlichkeit 2 luetischer Erscheinungen 
im Rachen mit Diphtherie aufmerksam. 

Es handelt sich 1. um den Primäraffect an der Tonsille; 

2. um die specifisehen Anginen. 

Die Differentialdiagnose wird gesichert einmal durch die bakterio¬ 
logische Untersuchung und ferner durch die nachfolgenden costitutio- 
nellen Lueserscheinungen. Gustav S. Falk (Breslau). 

Billard. Sur un keratorae syphilitique palmaire de 
forme singuliere. Journal des maladies cutanöes et syphilitiques 
1897, pag. 413. 

Auf dem zweiten linken Metacarpophalangealgelenk gelegen befand 
sich bei einem 36jährigen Bäcker, einem Patienten Billard’s, ein etwa 
erbsengrosses, konisches, hartes Gebilde, das in einer kraterförmigen 
Vertiefung sass; rings herum war wieder ein deutlich erhabener Epider- 
miswall fühlbar. Nach der Excision heilte diese Wunde sehr langsam, 
bis man zufällig bei dem Patienten Papeln am Hoden und Penis ent¬ 
deckte und eine antisyphilitische Cur installirte, unter der die Wunde schnell 
heilte. B. will die gauze Entstehung dieses Gebildes unter die secundär- 
syphilitischen Erscheinungen rangiren, was doch wohl recht zweifelhaft 
erscheint. Paul Ne iss er (Beuthen 0. S.). 

Billard. Syphilis multilante du centre de la face. 
Journal dermat. cut. et syph. 1897, pag. 840. 


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der Syphilis. 


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Der Patient Billard's, welcher im Alter von 12 Jahren erkrankt 
war, zeigte jetzt mit 17 Jahren entsetzliche Verstümmelungen an Mund, 
Gaumen, Nase und rechtem Auge. Obgleich anamnestisch weder acqui- 
rirte, noch hereditäre Lues nachzuweisen war, stellte B. doch die Diag¬ 
nose auf Syphilis, welche durch den glänzenden Erfolg einer Inunctionscur, 
verbunden mit Jodkali, bestätigt wurde. 

Paul N e i s 8 e r (Beuthen, O.-S.). 

Bogdan. Deux chancres syphilitiques chez une petite 
fille de septans; excision, recidive sur place. Journal des 
mal. cut. et syph. 1897, pag. 278. 

Bogdan erzählt sehr ausführlich die Krankengeschichte eines 
7jährigen Mädchens, das, von einem Stubennachbar mehrfach geschlecht¬ 
lich gemissbraucht, 2 Sclerosen an den grossen Labien aufwies. Trotz 
deutlich ausgesprochener inguinaler Scleradenitis excidirte B. die eine 
Sclerose mit der Scheere, in der Absicht, auch die zweite zu excidiren. 
Die gesetzte Wunde indurirte sich aber sehr bald und es bildete sich auf ihr 
ein neuer Primäraffect, ebenso wie die Syphilis mit Exanthem und Plaques 
ihren normalen Weg ging. Paul Neisser (Beuthen 0. S.). 

Eisele, Anton. Zur Lehre von Ulcus durum et molle 
urethrae. Inaug.-Diss. Würzburg 1897. 

Bei dem ersten von Eisele beschriebenen Falle handelt es sich 
um einen periurethralen Abscess im glandulären Theile der Urethral¬ 
schleimhaut. Derselbe war Anfangs wegen seiner circurascripten Härte 
und des Fehlens jeglichen Ausflusses für ein Ulcus durum angesprochen 
worden, der weitere Verlauf aber, die spontane Eröffnung und Ausheilung 
entschied für die Diagnose: Abscess. 

Bei dem zweiten Falle handelte es sich um einen Bubo inguiu. 
suppur. unbekannten Ursprungs. Erst 3 Wochen nach Exstirpation des¬ 
selben traten unter Brennen in der Harnröhre und schleimigem Ausfluss 
ein Oedem des Präputium auf, das die Phimosenoperation nothwendig 
machte und alsbald auch ein Ulcus am Orificium urethrae erkennen lies9, 
das sich einige Centimeter in die Fossa navicul. erstreckt. Gleichzeitig 
Roseola, universelle Lymphadenitis und Plaques. (Es dürfte sich hier 
wohl um einen sogenannten Chancre mixte gehandelt haben mit consecut. 
Bubo inguin. supp. Referent.) Ed. Oppenheimer (Strassburg). 

Frey. Fracturen bei Syphilis. Vortrag, gehalten im Wiener 
medic. Club. Sitzung vom 17. Feber 1897. 

Frey bespricht im Zusammenhänge jene anatomischen Verände¬ 
rungen der langen Röhrenknochen im Gefolge von Syphilis, die sehr 
häufig zur sogenannten Spontanfractur dieser Knochen führen. — Neu 
in dessen Ausführungen sind die Erfahrungen des Autors über die Ver¬ 
schiedenheit des Verlaufes, beziehungsweise der Prognose solcher Frac¬ 
turen. Es kommen solche Fälle mit abnorm langer, aber auch solche 
mit abnorm kurzer Heilungsdauer vor. Der erstere Fall tritt ein, wo der 
Knochen auf grössere Strecken hin sclerosirt ist, wobei ein grosser Theil 
der Blutgefässe zu Grunde ging, die Markhöhle oft zum grössten Theile 

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Bericht über die Leistungen anf dem Gebiete 


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geschwunden, das Periost verödet ist, und in Folge dessen die Callus- 
bildung eine verlangsamte sein muss. Der letztere geführte Fall tritt 
ein, wo die Sclerosirung nicht weit vorgeschritten ist, die Ernährung dea- 
Knochen (offenbar durch reichlichere Yascularisation und damit reich¬ 
lichere Blut- und Kalkzufuhr zur Matrix des Knochens als unter normalen 
Verhältnissen; der Ref.) eine weit bessere sein wird, als normal, so das» 
die Callusbildung rascher erfolgt. Diese Thatsachen lassen sich, wie der 
Vortr. behauptet, statistisch erweisen. Karl Uli mann (Wien). 

Glanknay. Syphilome diffus de la verge Assoc. fran- 
Qaise d’urologie. La med. moderne 1897, pag. 717. 

Bei einem 30jährigen Manne traten 4 Jahre nach syphilitischer In- 
fection, die fast nicht behandelt wurde, gummöse Geschwüre auf der 
Glans und eine diffuse Infiltration der ganzen Harnröhre bis zum Damm 
auf mit schmerzhaftem Harndrang und fächerartigem Harnstrahl. Nach 
einer specifischen Cur hatten sich sämratliche Erscheinungen rasch zuruck¬ 
gebildet. Louis Geyer (Breslau). 

Guladse, J. S. Zwei Fälle von extragenitaler Syphi- 
lisinfection bei Soldaten, beobachtet im Warschauer Ujas- 
dow’schen Militärspital im Jahre 1893. S. A. aus d. Sammlung 
von Schriften des genannten Spitals 1893. Russisch. 

In dem einen Falle handelt es sich um eine Sclerose auf der 
Oberlippe und im anderen um eine an dem Zahnfleisch dicht am Frenu- 
lum labii super. In diesem letzten Falle, welcher einen Schuhmacher 
(im Soldatendienste) betraf, handelte es sich um Verletzung der genannte* 
Stelle durch ein Borstenhaar. Patient verkehrte stets mit seinem Kameraden, 
der syphilitisch war, und gebrauchte ausser gemeinsamen Geschirr auch 
sehr oft seine Cigaretten, die schon theilweise vom Syphilitiker angeraucht 
waren. A. Grünfeld (Rostow am Don). 

Highet, H. Campbell. A case of gumma of the ciliary 
region. The Brit. Med. Journ. 7. Nov. 1896. 

High et hatte Gelegenheit, einen Fall von Gumma des Ciliar¬ 
körpers zu sehen. Diese sind so selten, dass bis zum Jahre 1892 nur & 
Fälle bekannt waren. Der Patient des Verf., ein 30jähriger Malaye, hatte 
sich vor 2 1 /« Jahren inficirt und kam am 25. März 1896 mit der Angabe, 
vor 2 Monaten eine ähnliche Erkrankung am rechten Auge gehabt ztr 
haben, die mit gutem Erfolge local und constitutionell behandelt worden 
war. Seit 14 Tagen bestand Entzündung des linken Auges, die schon 
in einer Woche zu so schwerer Sehstörung führte, dass er die Finger 
nicht auf 10 Zoll zählen konnte. Verf. erhob am 25. März folgenden 
Befund: Am linken Auge beträchtliche, conjunctivale und ciliare Injection. 
Die Cornea ist getrübt, die vordere Kammer ist tief und enthält in ihrem 
unteren Theile eine Ansammlung von Puro-Lymphe. Im oberen und 
inneren Quadranten der Kammer sieht man einen gelblich-rothen Tumor 
vom Iriswinkel hervorragen, während oberhalb an einer Stelle, die dem 
Sitze dieser Wucherung entspricht, sich eine leichte Ausbauchung der 
Regio ciliaris findet, die dunkel purpurroth gefärbt ist Im unteren und 


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der Syphilis. 


46 » 


äusseren Quadranten der Iris befindet sich ein kleinerer und etwas unregel¬ 
mässiger Tumor, der ganz in Puro-Lymphe versteckt ist, und im anlie¬ 
genden Theile des Ciliarkörpers ist eine Schwellung ähnlicher Natur, wie 
schon beschrieben, nur viel weniger ausgesprochen. Die Spannung des 
Augapfels ist -f 1. Es findet sich ausgesprochene, ciliare Empfindlich¬ 
keit, und der Patient klagt über grossen Schmerz im Auge und an den 
benachbarten Theilen des Kopfes. Mit diesem örtlichen Zustand verbunden 
bestehen beträchtliche constitutionelle Störungen: Belegte Zunge, Appetit¬ 
losigkeit, Verstopfung, leichtes Fieber und Schlaflosigkeit. Unter geeigneter 
Behandlung gingen nach '/ 4 Jahre die Wucherungen zurück, die Spannung 
wurde normal und die Sehkraft gut. Verf. gab Sstündlich */ 4 Gran Calo- 
mel mit Opium, als sich Zeichen beginnender Salivation zeigten, wurde 
■die Dosis auf */, Gran Calomel pro die reducirt. 14 Tage später wurde 
ausser Calomel noch Jodkali gereicht. Oortlich wurden in den ersten 
Wochen Belladonnaformentationen und Atropineinträufelungen angewandt, 
nach einem Monat Eserin und Druckverband. 

Alfred Sterntbal (Braunschweig). 

Jacquet. Dermite, simple et dermite syphilitique. (La 
medecine moderne 15. Dec. 1897.) 

Jacquet weist auf die grossen Schwierigkeiten hin, die manchmal 
in der Differentialdiagnose zwischen einfacher und syphilitischer Derma¬ 
titis vorliegen. Es handelte sich um ein 4 Wochen altes Kind, das an 
oinem einfachen Eczem (Röthung und Schuppung) in Folge einer durch 
unzweckmässige Ernährung bedingten Enteritis litt, das aber zugleich noch 
Erscheinungen darbot, die auf den ersten Blick als Lues imponirten 
{Coryza, Krusten und nässende Rhagaden, Plaques muqueuses gleichende 
Ulcerationen in den Gefässfalten und Kniekehlen). 

Albert F r i c k e (Breslau). 

Jullien. Chanores bilateraux des amygdales. Annales 
•de dermatologie et de syphiligraphie. Tome VIII, Nr. 3. März 1897, 
pag. 273. 

Ein Fall von Syphilis insontium. Eine 17jährige Virgo intacta hat 
durch Saugen an den Brüsten einer Cousine, um die Warze zu bilden, 
sich inficirt. Jullien theilt den Fall wegen der ausnahrasweisen Bilate- 
ralität des Priraäraffectes mit. E. von Düring (Constantinopel). 

Koch, Josef. Ein Beitrag zur Kenntniss der syphili¬ 
tischen Erkrankung des Oberkiefers. Inaug. Diss. Greifs¬ 
wald 1896. 

Koch berichtet über 3 Fälle luetischer Nekrose des Oberkiefers, 
von denen der eine Fall trotz versuchter Operation wegen allzugrosser 
Zerstörung zum Exitus führte. 

Der zweite Fall bestand in einem luetischen Defect auf der linken 
Seite des harten Gaumens, der durch Schmiercur und Jodkali sich bald 
reinigte und besserte. Der dritte Fall, der zuerst als maligner Tumor 
diagnosticirt wurde, besserte sich erst, als nach der Entfernung käsiger 


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Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete 


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Massen aus der eröffneten Highmorshöhle, eine Schmiercur eingeleitet 
worden war. Ed. Oppenheimer (Strassburg). 

Kollbrunner, Emil. Ueber totale Verwachsungen des 
weichen Gaumens mit der hinteren Pharynxwand. Inaug. 
Diss. Strassburg 1896. 

2 Fälle von totaler Verwachsung des w’eichen Gaumens mit der 
hinteren Pharynxwand in Folge von Syphilis hereditaria, von der auch 
noch sonstige Zeichen vorhanden sind, theilt Kollbrunner mit. Beide 
Fälle wurden operativ behandelt, indem das Narbengewebe mit dem 
Thermokauter durchtrennt und alsdann Drainageröhren, später Prothesen 
eingelegt wurden, die eine rohrartige Verbindung zwischen Pharynx und 
Nase herstellten. Besonders in dem ersten Falle — der zweite war noch 
zu kurze Zeit in Beobachtung — trat bedeutende Besserung ein, indem 
sehr bald die Prothese entbehrt werden konnte und noch nach 4 Jahren 
die Patientin eine klare, deutliche Sprache und sehr gebessertes Gehör- 
und Schluckvermögen aufwies. Ed. Oppenheimer (Strassburg). 

Laurent, M. ßtude sur un cas de pseudo-syphilide 
pigmentaire chez un tuberculeux. Gazette hebdomadaire. 1897, 
Nr. 93, 21. Nov. 

M. Laurent hat 3 Fälle von Leukoderma bei Tuberculösen, bei 
denen Syphilis nicht nachweisbar war, gesammelt. Er glaubt daraus 
schliessen zu müssen, dass es nicht durchaus pathognomisch für Syphi¬ 
lis sei. Victor Klingmüller (Breslau). 

Marmonier. Observations de chancres syphilitiques 
ä la joue. Journal des mal. cut. et syph. 1897, p. 19. 

Marmonier berichtet über 2 Fälle von Primäraffecten an den 
Wangen einer 24jälirigen Frau und eines 16jährigen Mädchens, welche 
durch Küsse des betreffenden syphilitischen Ehemannes, resp. eines Ver¬ 
wandten verursacht waren. Beide Fälle machten diagnostisch bei der 
Anschwellung der Lyraphdrüsen der betreffenden Seite und bei dem 
erosiven Charakter der Affection keine Schwierigkeit; höchstens ist das 
absolute Fehlen jeglicher Induration in dem 2. Falle erwähnenswerth. 
In beiden Fällen stellte sich nach 47, resp. 50 Tagen ein Exanthem ein. 
Verf. bespricht dann noch, sich auf Fournier’s Autorität stützend, die 
irrige Ansicht, dass extragenitale Primäraffecte eine irgendwie schlech¬ 
tere Prognose quoad den Verlauf der Lues böten, als genitale. 

Paul Nei88er (Beuthen O.-S.). 

Meyer, Max. Oedema indurativum. Inaug. Diss. Würz- 
bnrg 1897. 

Meyer erklärt das Oedema indurativum, das sich zumeist an den 
äusseren weiblichen Genitalien, seltener an deo männlichen, vorfindet, als 
eine durch locale anatomische Verhältnisse bedingte Complication der 
syphilitischen Erkrankung, hervorgerufen durch die starke Affection der 
Blut- und Lymphgefässe. Er hat bei einem Falle ein Stück excidirt und 
frisch untersucht: die Gefasswandungen fand er in hohem Grade erkrankt, 
so dass durch die in Folge dessen stattgehabte starke Stauung mit In- 


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der Syphilis. 


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filtration und seröser Exsadation ins Gewebe das klinische Bild des 
Oe^pma indurativam leicht erklärt wird. Fibrinöses Exsudat konnte er 
weder endo- noch perivascular noch an einer anderen Stelle nachweisen, 
ebenso war die nach den verschiedensten Methoden angestellte Unter¬ 
suchung auf Bakterien, spec. auf Streptococcen, vollständig negativ. 

Ed. Oppenheim (Strassburg). 


Syphilis des Nervensystems nnd der Sinnesorgane. 

Broeckaert et Hennebert. La syphilis de l’oreille. Con- 
gres beige d’otologie et de laryngologie. Referirt im Journal des mal. 
cut. et syph. 1897, pag. 491. 

Broeckaert und Hennebert berichten über die Erkrankungen 
des Ohres bei acquirirter und hereditärer Syphilis, die noch wenig studirt 
seien. Bei ersterer kam sowohl das äussere Ohr an Sclerose und Papeln, 
wie das Mittelohr an meist von benachbarten Organen (Pharynx, Nase u. s. w.) 
fortgeleiteter Otitis media und das Labyrinth an acut oder chronisch 
auftretender Entzündung erkranken; auch der Processus mastoideus kann 
von sclerosirender Ostitis befallen werden. Bei der hereditären Syphilis 
spielt neben ulcerösen Syphiliden des äusseren Ohres und eitriger oder 
trockener Otitis media die Hauptrolle die zur Hutchinson’schen Trias 
gehörende Labyrinth er krankung mit ihrer consecutiven Taubheit, bei 
der subcutane Pilocarpininjectionen noch das beste Resustat geben. 

Paul Neisser (Beuthen 0. S.). 

Collin, Rudolf. Ueber einen Fall von syphilitischer 
Spinalparalyse. Inaug.-Diss. Berlin 1896. 

Der von Collin mitgetheilte Fall betrifft einen 43jährigen Arbeiter, 
der 4 Jahre vor seiner jetzigen Erkrankung eine Lues acquirirte und 3 
Monate vorher ein Trauma, bestehend in einer Quetschung des Rückens 
und der Rippen erlitt. Die jetzigen nervösen Symptome bestehen in einer 
allmälig zunehmenden Schwäche und Steifigkeit in den unteren Ex¬ 
tremitäten, Parästhesien etc. in den Beinen, Incontinenz der Blase und 
des Rectums und Schwächung der sexuellen Potenz. Objectiv: Geringe 
Parese der untern Extremitäten, spastischer Gang, hochgradig gesteigerte 
Sehnenreflexe und nachweisbare Sensibilitätsstörungen: also ganz das von 
Erb aufgestellte Bild der syphilitischen Spinalparalyse. 

Ed. Oppenheimer (Strassburg). 

Greef, Richard. Die Keratitis interstitialis (parenchy- 
matosa) in ihren Beziehungen zu Allgemeinerkrankungen. 
(Sammlung zwangloser Abhandlungen aus dem Gebiete der Augenheil¬ 
kunde von Vossius. I. Band, 8. Heft.) 

Die an sich gewiss hochbedeutsame Thatsache, der grossen Häuflg- 
keit des Auftretens der Keratitis parenchymatosa bei hereditär luetischen 
Individuen aufgedeckt, u, zw. in seiner Schrift „Diseaseä of the eye and 
ear consequent on inhereted Syphilis“ 1863 öffentlich bekannt gemacht 


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Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete 


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zu haben, ist ein unbestritten grosses Verdienst Hutchinson^. Diese 
Entdeckung wurde von ihrem Urheber selbst, sowie von seinen Anhängern, 
so sehr übertrieben, dass man lange Zeit hindurch als Ursache der 
Keratitis parenchymatosa ganz allein hereditäre Lues annahm und 
die Krankheit „Keratitis specifica“ nannte. 

Neuerer Zeit wurde diese Ansicht von einzelnen Autoren, besonders 
von E. v. Hippel auf Grund anatomischer und ausgedehnter statistischer 
Studien einer gründlichen Revision unterzogen. Diese Autoren scheinen 
jedoch in das andere Extrem zu verfallen und der hereditären Syphilis 
zu viel von ihrer ätiologischen Bedeutung bei der Keratitis parenchyma- 
tosa strittig zu machen. Greefs Verdienst um die Klärung dieser Frage 
besteht nun darin, dass er in der vorliegenden znsaramenfassenden Arbeit 
über diese Erkrankungsform der Hornhaut neben einer klaren Darstellung 
der Entwicklung, des klinischen Bildes, des Verlaufes und der Behandlung 
dieser Krankheit, besonders ausführlich die Aetiologie derselben behandelt. 
Mit einer bei speciell opbthalmologischen Darstellungen ganz ungewohnten 
Ausführlichkeit (von 44 Seiten sind derselben 18 gewidmet) bespricht 
Greef die Verhältnisse der Vererbung der Syphilis und die Symptome 
der hereditären Lues und glaubt, „wenn man sorgfältig untersucht, werden 
sich stets eine Anzahl Symptome finden, welche die Diagnose nicht 
zweifelhaft lassen ; u andererseits sei ihm „noch kein Fall von hereditärer 
Lues vorgekommen, bei dem sich nur ein Merkmal dieser Krankheit 
gezeigt hätte a . Speciell bespricht er ausführlich: Die Anamnese, die 
H u tchinson’sche Trias, die allgemeine Constitntion und die physische 
Entwicklung, sowie die Intelligenz der hereditär Luetischen, Schädel und 
Gesichtsbildung, Affectionen der Extremitätenknochen und die Gelenks¬ 
entzündungen. Von Seiten der Haut: die Rhagaden im Geeichte und 
Narben an den Mundwinkeln. Dann die glatte Atrophie des Zungen¬ 
grundes und die Vergrösserung der Lymphdrüsen. „Je mehr man sich 
gewöhnt allgemein und gründlich zu untersuchen u um so eher gelangt 
man zu der Ueberzeugung, „dass bei den typischen, acuten, beiderseitigen 
Fällen in ganz überwiegender Anzahl die hereditäre Lues zu 
Grunde liegt. u Die von einzelnen Forschern angegebenen Procentzahlen 
schwanken zwischen 55—80%, was sich aus der Verschiedenheit des 
Materiales erklärt und die Ansicht Uhthoff s, Vossius’ u. A. bestätigt, 
dass die Erkrankung entsprechend der Verbreitung der Syphilis in den 
grossen Städten procenlualisch mehr auf Syphilis beruht als in den 
Provinzstädten. Es werden auch die selteneren ätiologischen Momente 
(Toberculose, Rheumatismus, Malaria, Diabetes etc.) gewürdigt und auch 
des erwiesenen Vorkommens dieser Krankheit bei Thieren (Hund, Bär, 
Pferd, Ziege), die ja gegen Syphilis immun sind, gedacht und denen 
ohne Zweifel auch andere Ursachen zu Grunde liegen müssen, sowie auch 
des Umstandes, dass es oft trotz genauester Untersuchung nicht gelingt 
ein Allgemeinleiden zu constatiren. Dr. Camill Hirsch (Prag). 

Gross, S. Neuritis multiplex im Secundärstadium der 
Syphilis. Wiener klinische Wochenschrift Nr. 24—28. 1897. 


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der Syphilis. 


473 


Gross gibt die Krankengeschichte einer 28jährigen Magd (ans der 
Abth. Prof. Mraöek’s), bei der 6 Monate nach syphilitischer Infection 
gleichzeitig mit Recidiverscheinungen der Lues nervöse Storungen auf¬ 
traten, die sich zunächst im Gebiete des N. ulnaris der 1. ob. Extremität 
als eine vornehmlich sensible Lähmung mit spontanen Nachts exacer- 
birenden Schmerzen in den betroffenen Gebieten documentiren. Im 
weiteren Krankheitsverlaufe treten im Gebiete des N. peroneus analoge 
Erscheinungen auf. Unter antiluetischer Behandlung jedoch wieder die 
Rückbildung, u. zw. diese in der Reihenfolge, dass die jüngst aufgetre¬ 
tenen Störungen am raschesten weichen. Gross halt die Erkrankung 
als eine toxikämische, in Folge der manifesten Syphilis bedingte. 

Karl Ullmann (Wien). 

Haberer, Karl Albert. Ueber die Beziehungen der Lues 
zur Tabes dorsalis. Inaug.-Diss. Würzburg 1896. 

Eine Zusammenstellung der bisherigen Literatur über diese viel 
discutirte Frage, ohne einen neuen Beitrag hierzu. 

Ed. Oppenheimer (Strassburg). 

Kahane, Max. Demonstration eines Falles von Syphi¬ 
lis maligna praecox des Centralnervensystems. Wiener med. 
Club-Sitzung vom 24. Feber 1897. Wiener med. Presse Nr. 14, 1897. 

Kahane demonstrirt ein 28jähriges anämisches Mädchen mit 
recenter Syphilis von 4monatlicher Dauer seit der Infection, welches 
nebst einem Recidivexanthem in Form einer Rupia auch zahlreiche 
Symptome einer Läsion des Centralnervensystems aufweist. Mit Rück¬ 
sicht auf die Malignität des ganzen Krankheitsbildes und der frühen 
Betheiligung des Nervensystems fasst der Yortr. den Fall als eine S. 
maligna praecox der Haut und gleichzeitig des Nervensystems auf und 
findet es für zweckmässig, diese Formen der Nervenbetheiligung von 
jenen Nervensymptomen zu sondern, welche als Begleiterscheinungen des 
sogenannten Proruptionsstadiums beschrieben wurden. 

Karl Ullmann (Wien). 

Magnan. Gomme syphilitique du larynx et hemiplegie. 
Journal des mal. cut. et syph. 1897, pag. 238. 

Die 66jährige Patientin Magna n’s war ausser einigen Aborten in 
den ersten Jahren ihrer Ehe nie krank gewesen. Letzter Zeit klagte sie 
öfter über Athemnoth während des Gehens, die sich in den letzten 6 
Wochen steigerte. Eines Nachts erkrankte sie plötzlich unter Erbrechen 
und bemerkte gleichzeitig eine linksseitige Hemiparese der Extremitäten. 
Ins Krankenhaus aufgenommen wurde an den Lungen eine diffuse Bron¬ 
chitis und in den Unterlappen katarrhalische Pneumonie diagnosticirt. 
Nach einigen Tagen stellten sich Schlingbeschwerden ein, und die laryn- 
goskopische Untersuchung ergab ein Gumma unterhalb des linken Stimm¬ 
bandes. Vortragender fragt sich nun, ob in diesem Fall die Hemiplegie 
durch eine Arteriitis obliterans syphilitica oder ein geplatztes Capillar- 
aneurysma, das eine kleine Blutung veranlasst habe, verursacht sei. 

Paul Neisser (Beuthen 0. S.). 


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474 Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete der Syphilis. 


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Piatot, A. et Cestan, R. Syndrome de Brown-Sequard 
avec dissociation syringomy elique d’origine syphilitique. 
(Travail du laboratoire de M. leDr. Thibierge, a l’hopital de la Pitie.) 
Annales de dermat. et syphil. I. YII. Nr. 7. Juli 1897. pag. 713 ff. 

Der von Piatot und Cestan mitgetheilte Fall ist sehr interes¬ 
sant, umsomehr, als die Autopsie gemacht werden konnte. Wenn schon 
an und für sich bei luetischen Affectionen des Rückenmarks halbseitige 
Läsionen selten sind, so ist dieser Fall um so bemerkenswerther, als 
a priori stets ein Gumma als Ursache für eine so localisiHe Erkrankung 
angenommen werden muss, während es sich im vorliegenden Falle um 
eine mehr oder weniger ausgesprochene myelitische Systemerkrankung 
handelt. 

Die 1894 inficirto Patientin wurde Ende 1896 mit Paralyse der 
rechten unteren Extremität, Hyperästhesie am rechten, Thermoanästhesie 
und Analgesie am linken Bein aufgenommen. Durch Decubitus und 
secundäre Infection trat nach 12 Tagen der Exitus ein. Die Autopsie 
ergab Meningo-Myelitis mit zwei ausgesprochenen Erkrankungsherden, 
einer im linken Vorderstrang, der andere im rechten Seitenstrang im 
oberen Dorsalmark. Das supponirte Gumma wurde nicht gefunden. 

E. von Düring (Constantinopel). 


Buchanzeigen und Besprechungen. 


Schultz, H. Haut, Haare, Nägel, ihre Pflege, ihre Krankheiten 
und deren Heilung, nebst einem Anhang über Kosmetik. Vierte 
Auflage, neu bearbeitet von Dr. E. Vollmer, Kreuznach, 
Leipzig 1898, J. J. Weber. 

Angezeigt von Doc. Dr. Ludwig Wae 1 sch in Prag. 

Das kleine Büchlein, welches den obigen vielversprechenden 
Titel führt und einen Band der von der Verlagsbuchhandlung her¬ 
ausgegebenen „illustrirten Gesundheitsbücher“ bildet, ist wohl 
seiner ganzen Anlage und seinem Inhalte nach nur für Laienkreise 
bestimmt. Es würde dementsprechend eine Anzeige in dieser Fach¬ 
schrift nicht gerechtfertigt erscheinen lassen, wenn nicht doch einmal 
gerade von fachwissenschaftlicher Seite hingewiesen werden sollte 
auf den fraglichen Werth derartiger „Gesundheitsbticher“. 

Würden in diesem Büchlein nur allgemein-hygienische Fragen 
und deren Nutzanwendung auf die Hygiene der Haut erörtert, so 


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Buchanzeigen und Besprechungen. 


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könnte man es als eine willkommene Bereicherung populärwissen¬ 
schaftlicher Schriften auf das Wärmste begrtissen. Nachdem es 
aber diesen Rahmen überschreitet, und auch in einem speciellen 
Theil die verschiedenen Krankheitsbilder in einer wohl für das 
Laienpublicum berechneten laienhaften Form schildert, Darstel¬ 
lungen, die mit den ihnen angefügten therapeutischen Winken 
wohl nur geeignet sind, die medicinische Halbbildung mit allen 
ihren Consequenzen zu fördern, so muss der Werth dieses Buches 
sehr angezweifelt werden. 

Es finden sich aber auch noch in dem Buche grobe Unrich¬ 
tigkeiten; um nur eines hervorzuheben, heisst es p. 79: „Unter 
der von Hebra zuerst als Eczema marginatum bezeichneten Krank¬ 
heit, die Bärensprung, wo sie sich auf die Gegend der Leisten- 
und Achselhöhle beschränkte, als Erythrasma bezeichnete... Der¬ 
selbe (sc. Pilz des Eczema marg.) wurde durch Burchard ent¬ 
deckt und Mikrosporon minutissimum genannt.“ 

Man könnte einwenden, dass diese Unrichtigkeiten in einem 
für Laien bestimmten Buche wohl nicht schwer in die Wagschale 
fallen; dem gegenüber möchten wir aber den Standpunkt ver¬ 
treten, dass für ein Laienpublicum nur das Beste gerade noch gut 
genug ist, eine Bedingung, der dieses Büchlein wohl nicht ent¬ 
spricht. 


Lang, E, Der Lupus und dessen operative Behandlung. Wien, 
bei Josef Safar 1898. 

Angezeigt von Doc. Dr. Ludwig Waelsch in Prag. 

Im vorliegenden Werke hat Lang, der unermüdliche Vor¬ 
kämpfer der radicalen operativen Behandlung des Lupus, die Er¬ 
gebnisse dieser Behandlungsmethode, welche er an 52 Kranken 
erprobte, niedergelegt. Die Resultate müssen als sehr gute be¬ 
zeichnet werden, wie sich aus folgender Zusammenstellung ergibt. 

Von den 52 Fällen schaltet Lang selbst 3 aus, weil die¬ 
selben nicht ganz ein halbes Jahr seit der Operation in Beobach¬ 
tung standen, so dass sich Recidivfreiheit nicht mit Sicherheit be¬ 
haupten lassen kann. Von den übrigen 49 war ihm bei 35 Ge¬ 
legenheit geboten, dieselben 7a—4 Jahre genau zu beobachten, 
und zwar: bei 8 Kranken betrug die Beobachtungsdauer bis zu 


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Buchanzeigen und Besprechungen. 


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einem Jahr, bei 10 bis an 2 Jahren, bei nenn 2 bis 4 Jahre. Bei 
24 Kranken liess sich vollständiges Freibleiben von neuerlicher 
lupöser Erkrankung innerhalb der erwähnten Beobachtungszeit 
constatiren. Recidive im loco operationis zeigten 10 Fälle; bei 
4 Kranken konnten nach kürzerer oder längerer Zeit frische 
Lupusefflorescenzen ausserhalb des ursprünglichen Operationsge¬ 
bietes beobachtet werden. 

Der kosmetische Effect der Operation ist, wie aus den bei¬ 
gegebenen Illustrationen ersichtlich, ein ganz ausgezeichneter. 

Es muss also der Methode von Lang, welche die Kranken 
mit einem Schlage von ihrem Leiden befreit, sehr grosser Werth 
zugesprochen werden, wenn wir uns auch nicht verhehlen können, 
dass der am häufigsten von der Schleimhaut ausgehende Nasen¬ 
lupus nach wie vor die Domäne der leider zumeist ungenügenden 
Behandlungsmethoden, der Pacquelinisirung, Aetzung u. s. w. bleiben 
wird. Trotzdem ist aber diese operative Behandlungsmethode, 
wenn sie auch nur auf eine Auswahl von Fällen beschränkt bleiben 
sollte, als ein grosser Fortschritt auf das Freudigste zu begrtfssen, 
und ihr die möglichst ausgedehnte Verwendung und Verwerthung 
zu wünschen. Die in dem Werke enthaltenen klinischen und 
histologischen Schilderungen bilden mit den schön ausgefllhrten 
Illustrationen eine werthvolle Beigabe des seitens des Verlages 
mit grosser Sorgfalt ausgestatteten Buches. 


Berichtigung. 

In der Arbeit des Prof. Wel and er: „Einige Worte über die Form 
der Anwendung des Quecksilbers“ soll es auf pag. 253, Zeile 14 von oben 
heissen Lanz statt Lang und in der Fussnote bei innerer statt bei 
unserer Behandlung. 


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Di.u/toi' .fiicfet' sehr Krankheit uittl frliihvovis 

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ÜNIVEpS'fTY ÖF MICHIGAN 






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UNIVERSITV OF MICHIGAN 






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UNIVERSITY OF MICHIGAN 



-r i • 


Begründet von H. Auspitz und F. J. Pick. 


4 - 


ARCHIV 


Dermatologie und Syphilis. 


Unter Mitwirkung von 

Prof.tt’C ALL ANDERSON,Dr.ARNlNG,Prof.BEHREND,Dr. BESNIER,Prof. BERGI1,Prof. BOECK, 
Prof. DUHRING, Prof. v. DÜRING, Or. EHRMANN, Dr.KLSBNÖERG. Prof, EPSTEIN, Dr. FABRV, 
Prof. FINGER, Dr. J.GRÜNPELD, Prof. HASLUND, Prof. v. HEBRA, Prof. HALLOPEAU, Dr. C. 
LIBRXÜEIMBR, Dr. IIÖCHSINGER, Dr. liOROVITZ, Prof JADASSOUN, Prof.JANOVSKY, Prof. 

JA RISC II, Dr. JOSEPH, Prof. KÖRNER, Dr. KOPF, Prof. LANG, Dr, LEDEUMANN, Prof. LU- 
KASIE WICZ, Dr. LUSTGARTEN, Dr. du MESNIL, Prof. A1RACER, Prof. NEUMANN, Dr. OBER- 
LANDER, Prof. PETERSEN, Prof. POSPKLOW, J. K. PiiOKSÖH, Prof. RED ER, Prof. RIEHL, 
Prof. RILLE, Dr. RÖNA, Dr, O. R08ENTHAL, Dr. SCHIFF, Dr. SCHÜTZ, Dr. SCHUSTER, 

Dr. SCHUMACHER, Dr. SZADBK, Prof.TARNO WSKY, Dr. TOUTÖN, Dr. DLLMANN, Dr. VBIBL, 

Dr, v. YYAT&ASZBWSKI, Prof. WELANDBU, Dr, WINTERNITZ, Prof. WOLFF, Dr.v.ZKlSSL ; 

and in Genielimchftfl ralt 

Pro!. Casnary, Prof. Dontrelepoat, Prof. Kaposi, Prof, Lesser, Prol, Nässer, 


Knniiyshorg 


Bonn 


Wien 


Berlin 


Brentlftn 


herausgegeben von 

Prof. F. J. Pick in Prag. 


XLVI. Band, 3. Heft. 



Mit zwei Tafeln. 


Wien und Leipzig. 
"Wilhelm B r a u m ü 1 1 e r, 

k. a. k. Hof- and UniversUftUbnebbändlor. 

1898. 


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igitt: 


A.as&eg:eb<»B December 1898, 



















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Inhalt. 


Original-Abhandlungen. 


Seit* 


Ans der dermatologischen Abtheilung des städtischen Krankenhauses 
zu Frankfurt m. M. (Oberarzt Dr. Kail Herxheimer.) Ueber das 
Verhältnis^ der Darior’sfhen Krankheit zur Ichthyn.sis, Von Dr. 
Ernst D o e t o r, früherem Assistenzarzt, jetzigem Speeialarzt fi'jr 
Hautkrankheiten zu Frankfurt, a. M. (Hirn zu Taf. XII und XIII) .323 
Ans der Klinik des Hrn. Prof. Lesser in Perl in. Die Antipyrinexau- 

theme. Von Dr. Hugo Apolant in Berlin..34b 

Aus der Königlichen Universitätsklinik für Hautkrankheiten und 
Syphilis zu Bonn. IVbcr die Resultate der TR-Behandlung an der 
Bonner Hautklinik. Mit.: ‘theiit von Dr. Hermann Napp und Dr. 


Carl Grouven, Assistenzärzten der Klinik.399 

Zur Frage von d<>r Behandlung der Augenblennorrhöe. Von Prof. 

Edvard VV e i a n d e r iu M.o kbolm.429 

Ueber Leukoplakia oris bei Psoriasis und anderen Dermatosen. Von 
Dr. Josef Schütz in Frankfurt a. Main.433 


Bericht über die Leistungen auf dem Gebiete der Der¬ 
matologie und Syphilis. 

Verhandlungen der Berliner dermatologischen Gesellschaft.449 

Venerische Krankheiten .452 

Buchanzeigen und Besprechungen.474 

(Schultz, H. : Haut, Haare, Nä*ol Ihre Pflege, ihre Krankheiten und deren Heilung, 
uebat einem Anhang über Kosmetik.. — Lang E.: Der Lupus und dessen operatiro 

Behandlung.) 

Berichtigung.476 

Titel und Inhalt zu Band XLVI. 


! Originalarbeiten werden von jedem der Herren Herausgeber ent- 

1 gegengenommen. In allen Redaotionsangelegenheiten wolle man sich 
direct an Herrn Prof. F. J. Pick in Prag, Jungmannstrasse 41. wenden. 
Vom „Arohlv für Dermatologie und Syphilis“ erscheinen 
1 jährlich 3—4 Bände (ä 3 Hefte) mit schwarzen und farbigen Tafeln und 
Textabbildungen. Gr. 8°. Preis pro Band 9 fl. 60 kr. — 16 Mk. 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 













Wie behandelt man Ulcus molle? 

Dr. Th. Trapesnikow, Docent an der kaiserl. militärmedicinischen 
Akademie in St. Petersburg, schreibt hierüber (Therap. Blätter 1893, 
Nr. 2) unter anderem: 

„Bei Taglöhnern, die ihre Geschwüre ausserordentlich 
schmutzig halten und bei'solchen Kranken, die nur 1 —2mal 
wöchentlich ambulatorisch behandelt werden, genügten 1—2 Ein¬ 
streuungen mit fein verriebenem Natrium sozojodolic. pulv. (pure), 
um die Ulcera zur Heilung zu bringen. Bei gangränescirenden 
und phagedänischen Geschwüren genügte ebenfalls eine 2—Smalige 
Application des Pulvers, um diese Complication zum Stillstand 
zu bringen. Wenn man den Heilungsprocess des Ulcus 
molle bei Anwendung von Jodoform einerseits und 
Natrium sozojodolicum andererseits mit einander 
vergleicht, so lässt sich nicht verkennen, dass die 
letztgenannteBehandlungsweise der ersteren bedeu¬ 
tend überlegenist uud es scheint mir durchaus nicht 
übertrieben, wennichmirzubehauptenerlaube, dass 
man das Natrium sozojodolicum geradezu als ein Speci- 
ficum gegen das Ulcus molle ansehen kann. 4 

In gleicher und ähnlicher Weise äusserten sich: Prof. A. F asa.no 
(Archivio internazionale di Medicina e Chirurgia, Nr. 12, 1807) und in 
Privatmittheilungen vieler Herren Aerzte. 

Sonderabdruck gratis und franko durch 

H. Trommsdorff, Chem. Fabrik, Erfurt. 


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Jodoformogen (Knoii). 

(0. R. P. — Name geschützt) 

Eine Jodoformeiweiss-Verbindung, deren wirksamer Bestandteil 
kein chemisch neuer Körper, sondern das Jodoform selbst ist. 

— Staubfein, nicht ballend, unter dem Verbände fast geruchlos! 
Billiger und 3mal leichter als Jodoform. — Nach Privatdocent 
Dr. Kromayer, Halle a. S.: zur Zeit beste» Wundstreupulver. 

Siehe Berl. Klin. Wocheuachr. 1898, p. 217. — Literatur u. Muster zu Diensten, 
v 'm ä a w m geruch- u. geschmack- 

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Beste Form für 

innere Ichthyol-Anwendupg. 

Appetiterregend. — Ernährungsteigernd. — Stuhlregelnd. 

Siebe Dr. Sack: Deutache med. Wochenschrift, 1897, Nr. 23. 
Monatshefte für prakt. Dermatologie, 1897, Bd. 26. 

Inseraten-Anhang zum Archiv für Dermatologie und Syphilis. 
XLVI. Band. III. Heft. 



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UNIVERSITY OF MICHIGAN 




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PAUL ALTMANN, 

Luiseaatrassö 52 52 Luisenstrasse 


AW« Apparat« 
tör 

bakteri«lo$iecbe 

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mikroskopisch« 

Laboratorien. 

Apparate 

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klinische 

Mikroskopie 

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Compleie Ein¬ 
richtungen »on 
Chornischen 
Laboratorien i« 
mediciniachett 
Kliniken und 
Krankenhäusern. 

Apparate 

für 

Kjeldablscte 
Stickstoff 
bestimmung 
etc. etc. 


Zw.>.-kniäS‘j<i(iüt»: ünii l.iiligsl.« Harn-Cen triftige 
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Empfohlen durch erste Autoritäten. 

Hcsli*r .lydeturmersat/. — geruchlos rty«l nicht giftig. 

Mit . Erfol« angewandt gegen .«jfldiilttierb«' Krkvaoköög't« aller.; Art, 
entzündln-lif Augfiiorlrankuugt'ii v. ;< I liinilcuittrülmiiytjri «uti 
Abscessc .4'-.. wie im übrigen. Wj fdlen ehtrurgisi'lieji l'i-iiee^en. 
weiche bisle i- mit Jodoform behandelt /.u went-n (ülegtriu;. 

fein erysfoilUMrf, 

Öt*. Max Schaeffer,-^Jiegi&tect für Hals-, Rathen- 
und Na.-eu-Ei krankungen Besonder» empß>lv|r>n als bester Jodoform-- 
ersatz xnr Anwendung in der rbiaoforytigologisebeti Praxis. 

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Alfefnu»? F&brilcöatpfi 

Kalle & Lo,, Biebrich alth 


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in Originab 

/erpäcknng Jan h alle 

T)rogi>* TihnuH'i’ unft Äpdthtfken. 




F. Hoffmann-La Roche & Co. 

Fabrik chemisch-pharmac. Producte, Basel und Grenzach. 

AIROL ROCHE geschützt. 

Bester Ersatz f*ü.r Jocä.oform. 

Antiseptisch, geruchlos, ungiftig, reizlos, blutstillend, secretionsbeschrfinkend, 
granulationsfOrdernd, schmerzstillend. 

„Die Airolpaste erfüll: alle Bertingnnpren flir die Heilung unter dem ßchorf; 
aie trocknet ra«cb ein «nd haftet fest, aie ist von krättiger antiseptischer Wirkung, 
absolut reizlos für die empfindlichste Haut, dabei für seröse« Wundsecret durchlässig, 
was als Cardinalpunkt za betrachten ist. Die Occlusion mit Airolpas'e sichert auf die 
einfachste Weise eine tadellose PrimA intent’o.“ 

(P. Bruns: lieber den Occlusiwerband mit Airolpaste. Aus der 

Tübinger chirurgischen Klinik. — Beitr. z. Chir. Band XVIII, 2. Heft.) 

geschützt. ANESON ROCHE geschützt. 

Einziges, vollständig ungiftiges Local-Anaestheticum. 
Wasserklare Flüssigkeit. — Bester Ersatz für Cocain. 
Anwendung subcutan mittelst Pravazspritze, 
auf Schleimhäuten durch Aufpinseln oder Aufträufeln. Bezüglich der 
Wirkung einer 2—2'/,% Cocainlösung entsprechend. 

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Mit „oxydirter Pyrogallussäure nach Unna“ hergestellt, weniger giftig 
als Pyrogallussäure, daher bei Hautkrankheiten an Stelle der letzteren 

angezeigt. 

Literatur u. Muster stehen den Herren Aerzten gratis zur Verfügung. 



wird mit Erfolg angewandt: 


Die Ichthyol - Präparate 
werden von Klinikern und 
vielen Aerzten aufs Wärmste 
empfohlen und stehen in Uni- 
versitäts - sowie städt.Kranken¬ 
häusern in ständigem Gebrauch. 


bei Frauenleiden und Chlorose, bei Gonorrhoe, bei Krankheiten 
der Haut, der Verdauungs- und Circulations-Organe, bei Lungen- 
tuberculose, bei Hals-, Nasen- und Augenleiden, sowie bei ent¬ 
zündlichen und rheumatischen Affectionen aller Art, theils in¬ 
folge seiner durch experimentelle und klinische Beobachtungen 
erwiesenen reducirenden und antiparasitären Eigenschaften, 
anderntheils durch die Resorption befördernden und den Stoff¬ 
wechsel steigernden Wirkungen. 

Wissenschaftliche Abhandlungen nebst Receptformeln versenden 
gratis uud franco die alleinigen Fabrikanten 


Ichthyol-Gesellschaft, 

CORDES HERMANNI & Co., 

Hamburf. 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 





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Verlag 

von 

WILHELM BRAUMÖLLER, k. u. k. Hof- und Univers -Buchhändler, 

Wien und Leipzig. 


General-Register zum Archiv fttr Dermatologie und Sy¬ 
philis, einschliessl. der Ergänzungshefte. Jahrg. I - XXV. 1869 bis 1893. 
Zusammengestellt von Dr. med. A. Gränfeld. gr. 8. (VIII. 379 S.) 1894. 

9 fl. 60 kr. — 16 M. 

Gerber, Dr. med., Königsberg i. Pr. Spätformen hereditärer Syphilis 
in den oberen Luftwegen. Eine klinische Studie. Mit 12 Abbildungen 
im Texte. (Beiträge zur klinischen Medicin und Chirurgie. Heft 5.) gr. 8. 
(IV. 105 S.) 1894. 1 fl. 20 kr. — 2 M. 

Kaposi, Dr. M., a. ö. Professor der Dermatologie und Syphilis an der 
k. k. Universität in Wien. Die Syphilis der Haut und der angrenzenden 
Schleimhäute. Mit 142 Figuren auf 76 chromolithogr. Tafeln von Dr. C. 
Heitzmann. Neue unveränderte Ausgabe in 3 Abth. gr. 4. 1882. In 3 
Leinwandbänden. 60 fl. — 100 M. 

Kopp, Dr. Carl, in München. Die Trophoneurosen der Haut. Histor.- 
kritische, klin. und histolog. Studien über die Beziehungen des Nerven¬ 
systems zu Erkrank, der Haut. gr. 8. (II. 216 S.) 1886. 2 fl. 50 kr. — 5 M. 

Lang 1 , Dr. T., prakt. Arzt in Wien. Die Syphilis des Herzens, gr. 8. 

(82 S.) 1889. 1 fl. 80 kr. — 3 M. 

Ledermann, Dr. R. und Dr. Ratkowski in Berlin. Die mikro¬ 
skopische Technik im Dienste der Dermatologie. Ein Rückblick auf die 
letzten zehn Jahre. (Separatabdruck aus dem Archiv für Dermatologie und 
Syphilis.) gr. 8. (IV. 97 S.) 1894. 1 fl. 20 kr. — 2 M. 

Lustgarten, Dr. Sigm., Assistent an der dermatologischen Univers.- 
Klinik des Prof. Kaposi. Die Syphilisbacillen. Zweite Aufl. Mit 4 
lithogr. Tafeln, gr. 8. (n. 24 S., 4 Taf. 8.) 1885. 1 fl. — 2 M. 

MailSSurOW, Dr. N., Docent an der kaiserl. Universität in Moskau. 
Die tertiäre Syphilis, Gehirnleiden, Geisteskrankheiten (Psychosen) und 
deren Behandlung, gr. 8. (VIII. 234 S.) 1877. 2 fl. 50 kr. — 5 M.; 

herabgesetzter Preis 1 fl. — 2 M. 

Nelsser, Prof. Dr. A. in Breslau. Die neue dermatologische Klinik 
in Breslau. Nebst Bemerkungen über den Unterricht in Dermatologie und 
Sypbilidologie an den deutschen Universitäten. Mit einem Lichtdruck 
und 4 Plänen, gr. 8. (29 S., 1 Lichtdruck, 4 Taf. 8.) 1894. 

40 kr. — 80 Pl. 

Neu mann, Dr. Isidor, a. ö. Professor der Dermatologie und Syphilis 
an der k. k. Univers. in Wien. Atlas der Hautkrankheiten. 72 Tafeln 
in Chromo-Lithographie. Mit beschreib. Texte, gr. 4. (191 S., 72 Taf. 4.) 
1890. Zweite unveränderte Ausgabe mit um die Hälfte ermässigtem Preise. 

In eleg. Mappe 36 fl. — 60 M. 

-Lehrbuch der venerischen Krankheiten und der Syphilis. I. Theil. 

Die blennorrhagischen Affectionen. Mit 69 Abbild, im Texte und 2 Tat. 
gr. 8. (XIV. 614 S., 2 Taf. 8.) 1888. Statt 9 fl. 60 kr. — 16 M. 

für nur 2 fl. — 3 M. 40 Pf. 


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UNIVERSITY 0F MICHIGAN 



Verlag 

von 

WILHELM BRAUMOLLER, k. u. k. Hof- und Ünivers.-Buchhändler, 

Wien und Leipzig:. 

Oberländer, Dr. und Prof. Dr. Neelsen in Dresden. Beiträge 
zur Pathologie und Therapie des chronischen Trippers. Mit 7 cliromo- 
lithographirten Tafeln, gr. 8. (X. 162 S., 3 Taf. 8., 4 Taf. 4.) 1888. 

4 fl. 80 kr. - 8 M. 

Schnitzler, Dr. Joh., weil., k. k. Regierungsrath, Professor an der k. k. 
Universität und Director der allgem. Poliklinik in Wien. Klinischer Atlas 
der Laryngologie nebst Anleitung zur Diagnose und Therapie der Krank¬ 
heiten des Kehlkopfes und der Luftröhre. Unter Mitwirkung von Dr. M. 
Hajek und Dr. A. Schnitzler, Assistenten an der allg. Poliklinik in 
Wien. Mit 186 Abbildungen auf 28 chromolith. Tafeln und 56 Holzschn. 
im Texte. Lex. 8. (252 S. 28 Taf. Lex. 8 und Deckbl.) 1895. 

Preis cartonnirt 16 fl. 80 kr. — 28 M. 

VajcLa, Dr. L. von und Dr. H. Paschkis. Ueber den Einfluss des 
Quecksilbers auf den Syphilisprocess mit Berücksichtigung des soge¬ 
nannten Mercurialismus. Klinische und chemische Untersuchungen, zusara- 
mengestellt von Dr. L. v. Vajda, emer. klin. Assistent, Docent an der 
Universität zu Wien. Mit einem einleitenden Vorworte von Hofratb Dr. 
C. K. Sigmund Ritter von Ilanor und Professor Dr. E. Ludwig, 
gr. 8. (XII. 311 S.) 1880. 3 fl. - 6 M,; 

herabgesetzter Preis 1 fl. — 2 M. 

Verhandlungen der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft. Erster 
Congress, gehalten zu Prag den 10.—12. Juni 1889. Im Aufträge der Ge¬ 
sellschaft herausgeg. von Prof. Dr. F. J. Pick und Prof. Dr. A. Ne iss er. 
Ergänzungsheft zum Archiv für Dermatologie und Syphilis. XXI. Jahrg. 
1889. Mit 2 Taf. (XVI. 368 S., 2 Taf. 4.) 1889. 6 fl. — 10 M. 

- Dritter Congress, gehalten zu Leipzig den 17.—19. September 1891. 

Im Aufträge der Gesellschaft herausgegeben von Prof. Dr. A. N e i s s e r. 
Mit 18 Taf. u. Doppeltaf. gr. 8. (XX. 419 S., 15 Taf. 8, 3 Taf. 4.) 1892. 

9 fl. 60 kr. — 16 M. 

-Vierter Congress. (Breslau, 14.—16. Mai 1894.) Im Aufträge der Ge¬ 
sellschaft herausgegeben von Prof. Dr. A. Neisser. Mit 26 Tafeln, 12 
Stereoskopbildem und 21 Abbildungen im Texte, gr. 8. (XI. 724 Seiten, 
24 Taf 8, 2 Taf. 4 u. 12 Stereoskopbild.) 1895. 14 fl. 40 kr. — 24 M. 

Werthelm, Prof* Dp. Gust., k. k. Primararzt an der Rudolf-Stif¬ 
tung in Wien. Differential-Diagnose der verschiedenen syphilitischen 
Geschwüre, gr. 8. (16 S.) 1887. 20 kr. — 40 Pf. 

Zeissl, Dr. Max von, Docent an der Wiener Universität. Der gegen¬ 
wärtige Stand der Syphilis-Therapie. (Klinische Zeit- und Streitfragen. 
I. Band, 5. Heft.) gr. 8. (32 S.) 1887. 50 kr. — 1 M- 


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UNIVERSITY OF MICHIGAN 




Hönisch 


1 ' 1 ' S * M ■ S < gSgGB M T |F 

ehron, Rheumatismus, Gieht 

"'r lndeUvv}^-Pr,Äf»ar>.i niif *\i\m *«a ni!j}io;iv«fi0 Prot, fest 

juft ptse&Htxt. Im Eiwfiü«n»(iM qeburid*nem 

Die »ngfmeMex. Frei von a j| 6f| fq a benwirkung*r*. 

Lltentur ueä Prohaa Steher äoa Herr ca Aawtea *,«& danach kci.tenfrei mr 7a rfiguaj. 


Gh^m^cliv t 




LÄNOUNÜM PURISS.. LIEBREICH 

ar^erfn>i nml wnsß^rii*alt,ig, in bekannter abH»hU.er Hein heit \iru1 
ni.M>rtrf»'ffoucr Q, Halltet. 


ADE PS DANAE B. J. D 


sva$s#*rlf(n und wAHse,rhe}tig T hellfar^igi frei von fitertrcdv\fett«fcti*efrei 
manganirci and nicht klebrig 

Benno Jfafe & Bnrmstae<ltor, 

Lauolinfabnk, Marijniitenfelder bei Berlin:. 


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Verlag von WILHELM 8RAUMÜLLER. Wien und Leipzig. 

Neumann, mo*.. Lehrbuch der venerischen 


Krankheiten und der Syphilis. 1 Theil 


Die blennoiTiiagi§dieit Affeetionen 

M 1 1 jJÖim 'l\sxÜJ Tahiti; 8* XIV, *>14 SmrAn 

= Statt 9 fl, GO kr, für nur 2 ft. = . 

1 , •;,/ . ' J2vi jV\dc, 

M\ vn<;•?» »Tur-li XVilli^iiii ftraitrrinUfr & Sohn, I. (JraI*on 21. 


V vlj- 1 * '■ I /Ha Kti'.i UU ‘-i.f. A. vvjt 4 Y WO AU'lj i - 

jL- -lYm m% ’V>f : ss 

Z%;\- *. Jf** 'V N-«v..:, «•.. fV*i ■•:.• & 

-.vVe ^Artir^Sv^fp^«, '• i-v i'ri •‘!'*t;4;A>tt*>rO'V Veit XUvrkty 

. -VtA^i • ' ..•;/!.*■■■:■,' 

"JKT 4 Jjirr 4 TT 4 TaT wirkt in k- /'..(rasender'WeU-. «eitfuermiMeud, 1 * 11 1- 

\ /» |i B i| I i i| 1 £ftjH*4vr>g*tMs<rt£« r*isorbU'i'ew*4, rfcäftcterenrL alh 

■" ♦ -*** Ie»*eu<l, bidtoniL Venvarbiiu* befbi deru*^ *ntU««|» 

■WBHDMMnnMSQMMIM tiseK ft«*9$dur^Ir*aft uiul ÄtitiimyakUiir. 

%T 4 ÄiirÄ! 4 V 4 14T atfÄrdÄ mij beMam Krfoige «uKft'A*w»Jut bei Verbreit 

V A | A I i il 1 ntuts^p JÜ. ned 3» Cirwd«*; böJ entzündete« 

-4-»-.-*- .«-4 4.Ä- WjUftäiMt und (^ftwfif«n; »üßdedf Brüsten der 

■HMnBMHMMHiiMMlMnvnMMMM> 0 nnHHHKpnMu W (• ci>tf i.'t i>• l?] , WuiHl«wl|i der Sfcugilöff© , Decubitus. 
1 rö*U< bAdeti, AbHoeMei»-. HvhhKir*tafmn- Gfc*£bwiliibfl, Ubnfts nfiirl«,, Hdegmot«. n. *. f.; Im! 
KiiizUnriuuge.n Klirr Art: m kutan Ofj.i clo'«mi*eü«m X^yniphtlrnawu-l5ut*ftmluuggR und 0©- 
«cfwftlrften, Obi*p©i©Uuldrtl>«on. EouHuclun#, rÄroGH« p^yiüorpha, Htttedrü««» Enttüudiiug 
•flnd Au*fcl#x*eV‘ung bei B«. h^rlöth* l nü/^Juf^plrh^n ,? An*eh wellnttf nach ufcwim* par?«- 
yhyxoii&ttisf \t MÖua, ’.N’tjUiftis u. h. >t. ^ . Ori,i Ätia#T 4 i;iicb«i» and VerbÄ»4iullU‘I bei 

KpWydhidtl*, ,BiU«©n**n, l>artnn! Ji»‘h«ukVr 'ififa tijpbfit.Uwhßn Haut- 

aibiktfonWi; fax %'l»mvrze;ii rbe^mÄti^heu rvtid .giehtiM^n akijt«ra. 

rijltH.kmuui *wnd vliroüiMrittin »> lonkrij. um«U<irnm, 'Mnj.&t-irhnnniKfismuti, ftHc.lv ftnschmar/e« , 
H, «> wS; bti #iiet*rliuftg?n, V^rvnkujigeu, VwtautSiwiiKMU k*ur ali©n 
traun,aCMRU»'>> bei öeß v^Wrucnen; Itantfcr&iii'beit« x okatam, 

■M'4*hWt*ta/'}m8 cbcdüt^r)u J irii £)u#rti ? bei äim' «djpenaonü?u Öft\v^Y'6eäk4«ni^q T büt Bcteiup 
‘iJ.UiplejL dqd K'w'fitn. impetigiurMum, fmpbtig:'> £ *zfio>a tiqnjvraoanra. Pityri ist?, 

Jodf>f«vVmokr.eiri, jLieb^u, Pttivlg#, .bei ^flU>:n/ht>^« C»(>UUtn, Snborrhoea 
Kiccav iltÄrpea -bifeStt#»?»?, Sycnpia u. •*'.'; Hi. i»e#»leJitÄrirj'Sf4»t?t < Aca« •iThyl-v* und At'rn 
b'ßi ftaj'nt*iO»rt*a k r.mklieiten r nie grakius ti. t. t, 

KT ö f f q j o n «tgfrt i« saiilrvOtiben Gnlver^UÄtskUnHum und Htruttlnehen 
i.^1 £* I l u l a ü KvankeoUiiusern h» >t >ndlgem ßebranrh. ‘RthiUtncb in 
ApulltbWu.n. yi 'ihfVi ii ■ 1 .* 1 unr tili .'in; H frefa •! duteft 

NaTtaian-Gesellsehalt, << w, b U. zu Magdeburg-. 

Ausländ*-Vartratftr paäuuht. 


jod«Soolbad 


itiase. HahosLfttirj^is lanx aß der Dotiaa (Kremathalbatm), 

LU».u* ;st»*yr t i Lri.ühn) nnd WeliS* (Loeulbalm \Vel{?*Ut>terroW). 

— S^iioa voia 16. Mal bis SO, Septembor. — 

\cistiih?hi'iie J'n)8^eci.« in Mifehrertn Sptächett dureh die 


Curverwaitaii^ in BAD IIALL 


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Farbenfabriieo vorm. Friedr. Bajer & Co., Elberfeld. 



Pharmaceutische Prodncte: 

Protaryol. 

Organisches Silberpräparat 

zur 

Gonorrhöe- und Wundbehandlung, sowie 
für die Augentherapie. 

Hervorragende bactericide Eigenschaften bei grösster Reizlosigkeit. 


Jodothyrin 

(frühere Bezeichnung Thyrojodin) 
die wirksame Substanz der 

Hammelschilddrllse. 

Ind.: Struma, Obesitas, 
Myxödem, Rachitis, Menorrhagie, 
Psoriasis, Eczema etc. 

Uebl. Dosis : für Erwachsene 0*50—2 gr. tägl., 
für Kinder 0*10—1 gr. t&gl, 


Aristol 

hervorragendes Vernarlmngsmittel. 

Besondere Indicationen: 
Brandwunden, Ulcus cruris, Epidi- 
dymitis, Furunculosis, Epithelioma, 
Lupus exulcerans, venerische Ge¬ 
schwüre, parasitäre Ekzeme, Ozaena, 
Psoriasis. 

Anwendung: als Pulver mit oder ohne 
Borsäure zusatz und in 5—10°/ o Salbe. 


jßttropheit 

Ersatz für Jodoform in der kleinen Chimrgie. 

Mit grossem Vortheil verwendet bei: 

Ulcus molle, Bubonen, Condylomata lata, Gonorrhoea cervicis, 
syphilitischen Ulcerationen, Operationswunden, scrophul. 
Geschwüren, Brandwunden. 

Anwendung in Pulverform: Europhen, Acid. boric. pulv. a. p. aequ., 
als 3— 5°/ 0 Salbe und als Collodium spec. für Schnittwunden. 


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UNIVERSETY OF MICHIGAN 







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Andreas Saxiehner, 


ist ate dp BESTE bewährt und ärztlich empfohlen. 


Anerkannte Vorzüge : 

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Leicht und äüsdauethd vertragen. 
Gleichmässiger. hachhaitiger Effect. 
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warden die Freunde echter Htmyadi Janoa ftaelle gebeten, stet* 


in den Depöta zu verlangen und Nachahmungen zurückzm 
KAufticb in Alien Apotheken und Minft«)^A>^aerbäddi^Dgeo 



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Kohlensäurereichste Lithionquell 

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Bewährt sich in allen Fällen der harnsauren Diathese, bei 
mangelhafter Ausscheidung der Harnsäure aus dem Blute, 
bei Harngries und Sand, bei Nieren- und Blasenleiden, 
Gicht, Rheumatismus, Podagra etc. 

Von ärztlichen Autoritäten mit ausgezeichnetem Erfolg angewendet. 

Harntreibende Wirkung. 

Angenehmer Geschmack, Leichte Verdaulichkeit 

Alleiniges Versend« u g«rtcl it 

lEZeimricIh. Mattoni, 

Franzensbad, Karlsbad, Wien, Budapest. 


Moorbäder im Hause. 

Einziger natürlicher Ersatz 



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im Hause und zu jeder Jahreszeit. 

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(flüssiger Extract) 

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Langjährig erprobt bei: 

Uetritis, itindouietritis, Oophoritis, Parainetritis, Perimetritis, 
Peritonitis, Chlorose, Auaemie, Serophulosis, Rhacliitis, Resorption 
von Exsudaten, Fluor albus, Disposition zu Abortus, partiellen 
1 arulyseu, Paresen, Gicht, Rheumatismus, Podagra, Ischias und 

Hämorrhoiden. 

Heinrich Mattoni, 

FRANZENSBAD, Giesshübl Sauerbrunn, WIEN, KARLSBAD. 

Zn haben in allen Apotheken. Mineralwasser- n. Drogen-Handlungen. 


K. u. k, Hofbuchdruckerei A. Haasc, Prag. 

Alleinige Inseratenannalime durch das Annoncenbureau von 

KARL WIPPLINGER in Berlin, S. W., Bernburgerstrasse Nr. 34. 


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