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BIOGRAPHISCH-
GENEALOGISCHE BLÄTTER
AUS UND ÜBER
SCHWABEN
VON
D R - EBERHARD E. VON GEORGÜ-GEORGENAU.
STUTTGART.
DRUCK UND VERLAG VON EMIL MÜLLER.
1879.
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UM: 6 1961
Rechte vorbehalten.
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SEINER KÖNIGLICHEN HOHEIT
»EH
PRINZEN WILHELM VON WÜRTTEMBERG
OBERST TOD COMMANDEUR
DER 27. KAVALLERIE-BRIGADE (2. KÖNIGLICH .WÜRTTEMBERGISCHEN )
D* JURIS
DEM GNADIGEN GÖNNER WISSENSCHAFTLICHEN STREBENS
IN T1EF8TER EHRFURCHT GEWIDMET
TOM
VERFASSER.
L
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Vorwort
Die biographisch-genealogischen Blätter aus und über Schwaben,
welche ich hiemit der Oeffentlichkeit zu übergeben die Ehre habe,
beruhen auf fragmentarischen Aufzeichnungen, die ich im Laufe mehr-
jähriger anderweitiger Studien in verschiedenen Archiven und Biblio-
theken gemacht und gesammelt habe, und waren ursprünglich in
keiner Weise dazu bestimmt, vor ein grösseres Publikum zu treten.
Erst nachdem \ler Stoff sich wider Erwarten unter der Hand vermehrt,
und durch das freundliche Entgegenkommen vieler Familien immer
reicheres, häufig auch bisher ungedrucktes, urkundliches Material sich
angehäuft hatte, konnte der Gedanke an eine Veröffentlichung auf-
tauchen.
Die einzelnen Familien, die in diesen Blättern beschrieben sind,
durften zum grösseren Theile schon seit Jahrhunderten in dem jetzigen
Württemberg ansässig sein, nur einige wenige davon sind erst in
späterer Zeit vom Auslande in Schwaben eingewandert. Selbstredend
konnte in dieser ersten Serie nur ein Theil der nennenswerthen
schwäbischen Familien behandelt werden, wie eben gerade, manchmal
durch zufällig'© Umstände veranlasst, der Stoff sich darbot ; aber auch
schon dieses Bruchstück lässt den Württemberger mit Stolz erkennen,
welch* reiche Zahl bedeutender und denkwürdiger Theologen, Politiker,
Militairs, Juristen, Staatsbeamten, Kaufleute, Aerzte und Naturforscher,
Schriftsteller, Dichter und Künstler sein kleines Vaterland in wenigen
Jahrhunderten hervorgebracht hat. Die Biographieen konnten bei
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VI
dem massigen Baume, auf welchen sie zu beschränken waren, meistens
nur kurze Skizzen werden. Diejenigen geneigten Leser, welche im
einzelnen Falle tiefer einzudringen wünschen, möchte ich auf die
reiche Auswahl der hienach aufgeführten Quellen, aus welchen ge-
schöpft und compilirt wurde, verweisen. Des fragmentarischen Cha-
rakters und der , verschiedenen Mängel dieser meiner Aufzeichnungen
bin ich mir selbst wohl am meisten bewusst, um so dankbarer werde
ich für alle Berichtigungen und Ergänzungen sein, die das Wohl-
wollen der Leser mir zukommen lassen will, und gerne wäre ich be-
reit, derartige nachträgliche Notizen in einem Supplementbande zu
verwerthen. Für denjenigen, der genealogische Werke zu praktischen
Zwecken gebraucht, z. B. für die Bewerbung um Stipendien — und
auch diesen Zwecken möchten die vorliegenden Blätter dienen — sind
selbst die scheinbar unbedeutendsten Daten und Notizen oft von
grossem Werthe.
Bei den vielfachen Beziehungen, mit welchen die von mir be-
schriebenen Familien zu dem württembergischen Begentenhause ge-
standen sind, glaubte ich eine kurze historische Skizze des Letzteren
beifügen zu sollen nach dem Vorbilde der durch das K. Statistisch-
Topographische Bureau im Jahr 1863 herausgegebenen Beschreibung
des Königreichs Württemberg, und unter Anschluss einer Stammtafel
des hohen diesem erhabenen Hause entstammten Prinzen, welcher
nicht blos durch Zufertigung eigenhändiger pietätsvoller Aufzeichnungen
über seinen früheren Lehrer und Erzieher von Günther, sondern
auch durch gnädigste Annahme der Widmung des vorliegenden Werkes
mich zum ehrfurchtsvollsten und wärmsten Danke verpflichtet hat.
Einige weitere Beilagen , nämlich die Verzeichnisse über :
I. Den standesherrlichen Adel Württembergs ; IL Den ritterschaftlichen
Adel; III. Die Standeserhöhungen, Adelserneuerungen, Adelsanerken-
nungen, Adelsbestätigungen und Namensvermehrungen, welche seit der
Erhebung Württembergs zum sou verainen Königreiche vom 1. Januar
1 806 an bis zum Jahre 1878 von Ihren Majestäten den Königen Friderich,
Wilhelm und Karl von Württemberg verfügt worden sind; IV. Den
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VII
Geheimeratb, resp. dessen Mitglieder und die verschiedenen Departe-
ments-Chefs seit 1816 und die Cabinets-Chefs , (,da der jeweilige
Cabinets-Chef zugleich Sitz im Geheimen Rathe hat); V. die in
Württemberg eingewanderten Waldenser, — dürften vielleicht gleichfalls
manchem Laser nicht unerwünscht sein. — Ich erlaube mir hiebei
zu bemerken, dass das Verzeichniss III. über die Standeserhöhungen
das Resultat eingehender Studien in den diessfalligen Nobilitirungs-
akten der Königlichen Ministerien der auswärtigen Angelegenheiten und
des Innern ist und dass ich das Verzeichniss IV. über den Geheimen
Rath von Sr. Excellenz dem Herrn Geheimen Rath von Mohl, welchem
ich hiefür zu verehrungsvollstem Danke verbunden bin, gütigst mit-
getheilt erhalten habe. Diesem Dank habe ich denjenigen anzureihen,
welchen ich den Herren Beamten des Geh. K. Haus- und Staats-Archivs,
der K. Oeffentlichen Bibliothek, der eben genannten beiden K. Ministerien,
sowie des hiesigen Standesamtes schulde. Ich bin ihnen Allen für
das entgegenkommende Wohlwollen, mit welchem sie mir stets die
gewünschte Auskunft ertheilt haben, innigst verpflichtet.
Und so mögen denn diese Blätter vor die Oeffentlichkeit treten
und einen Kreis geneigter und nachsichtiger Leser finden! Mögen
sie insbesondere dazu beitragen, dass der alte württembergische Wahl-
spruch: »Furchtlos und treu*, der durch das ganze Leben vieler
von mir geschilderten grossen Söhne des engeren Vaterlandes aus
früheren Jahrhunderten hindurchtönt, auch in unserer ernsten Zeit
die Herzen der Württemberger immer aufs Neue belebe und dass die
Bande der Liebe zwischen König und Volk sich stets fester schlingen l
Stuttgart im September 1878.
D r Eberhard E. von Georgii-Georgenau.
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Inhalts-Verzeichniss.
Einzelne Familien:
8elte
Regentenhaus Württemberg XIII
Ahnentafel Sr. Königlichen
Hoheit des Prinzen Wil-
helm von Württemberg XXIX
Andrea 1
Autenrieth 21
Backmeister, Bacmeister . 31
Bardili 37
Bengel 42
Betulius 46
Bidenbach 48
Bilfinger 51
Binder 59
Bloss 65
Blum 66
Blumhardt 68
Bohnenberger 71
Brenz . 72
Breuning 77
Breyer 81
Brodbeck, Brotbeck ... 86
Bühler ....... 89
Büschler 97
Buntz, Bonz 99
Bork 102
Burkhardt 104
Camerer, Cammerer . . .110
Cless 115
Commerell, Kommerell . . 124
Conz 126
Denzel 129
Seite
Doertenbach 130
Dornfeld 140
Duttenhofer 142
Duvernoy . . .... 146
Efferen 150
Eisenmenger . . . . 152
Eiben 154
Elwert 163
Entringer 165
Enzlin, Enslin 167
Essich 172
Etzel 178
Eysengrein 181
Faber 189
Fallati 195
Feuerlein 196
Fischer 201
Flatt ....... 206
Flattich 208
Gabelkhofer 212
Gärtner 215
Gärttner 219
Gall 222
Georgii, Georgy .... 224
Gerlach 238
Gerok 243
Gessler 248
Gmelin 253
Golther 262
Goppelt 271
Griesioger 273
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Seite
Gros, Gross 285
Günther 287
Günz'ler 295
Haage 298
Haakh 300
Hallberger 307
Harpprecht 309
Hartmann 317
Hauff 329
Hang 332
Hedinger 337
Heerbrand 339
Hegel 342
Heyd 344
Hiller 348
Hochstetter 351
Holder 372
Hofacker, Hoffacker ... 376
Hoffmann 379
Holland 390
Huber . ; 398
Hummel 403
Jäger von und zum Jägers-
berg und Jäger .... 407
Jenisch 417
Jobst 421
Kapff 424
Kauila 432
Keller 436
Keppler 445
Kerner 452
Kirchhofer 466
Klaiber 468
Klemm, Cleram 472
Knapp 485
Köstlin 495
Kohlhaas 511
Krafft, Kraft 513
Lauterbach 517
Seite
Lentilius 519
Leyrer 527
Löffler 528
Machtholf. ...:.. 534
Maerklin 538
Magirus 541
Majer, Mayer 544
Meurer 554
Mögling 557
Mörike 578
Mohl 589
Moser 598
Müller 622
Seuffer 632
Neuheuser 642
Oetinger, Oettinger . . . 646
Osiander 654
Ostertag 668
Pfaff .671
Pfizer , 679
Pistorius 683
Pregizer 693
Reinhardt 701
Renz, Rentz 710
Reuchlin 716
Reuss 721
Reuter 728
Riecke 730
Rieger 749
Römer 762
Rössler 766
Rümmelin, Rümelin . . . 770
Sattler 776
Scheffer 782
Schelling 787
Schickhardt, Schikhardt . 792
Schiller 798
Schleicher 805
Schlossberger, Schlossberg . 815
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XI
Schmidlin 838
Schmidt 843
Schott 850
Öcbüz 870
Schwab 881
Schweigger 893
Seeger 899
Seybold 914
Sick 928
Sigwart 934
Stählin, Stalin 944
Steinheil 953
Steinhofer 970
Stickel . 979
Stockmayer 990
Storr 993
Süskind, Süsskind .... 1000
Tafinger 1008
Seite
Uhland 1018
Urlsperger 1032
Waechter 1037
Wagner 1049
Weckherlin 1055
Weikersreuter .... 1063
Weinland 1072
Welsch 1081
Wider, auch Wider von der
Au 1083
Widmann 1091
Wieland 1095
Wolfahrt 1109
Wucherer ...... 1110
Wundt 1112
Zeitter 1119
Zeller 1121
Zorer 1141
Anhang.
I. Standesherrlicher Adel Württembergs 1146
II. Ritterschaftlicher Adel Württembergs 1147
III. Standeserhöhungen, Adelserneuerungen, Adelsanerkennungen,
Adelsbestätigungen und Namensvermehrungen, welche
seit der Erhebung Württembergs zum souverainen König-
reiche vom 1. Januar lß06 an bis zum Jahre 1878 von
Ihren Majestäten den Königen Friderich, Wilhelm und
Karl von Württemberg verfügt worden sind . . . . 1150
IV. Der Geheimerath, resp. dessen Mitglieder und die verschie-
denen Departements-Chef 8 seit 1816, dergleichen die
Cabinets-Chefs, da der jeweilige Cabinets-Chef zugleich
Sitz im Geheimen Rathe hat 1170
V. Die in Württemberg eingewanderten Waldenser .... 1184
Register über die bei den einzelnen Familienbeschreibungen vor-
kommenden sonstigen Geschlechtsnamen 1189
Quellen 1220
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Das Regentenhaus Württemberg.
Ehe die einzelnen Familien, deren Beschreibung die folgenden
Blätter sich zur Aufgabe gemacht haben, des Näheren besprochen
werden, dürfte es sich empfehlen, sowohl einen kurzen Bückblick auf
die Urgeschichte des erhabenen württembergischen Regentenhauses zu
werfen, als auch eine kurze genealogische Skizze dieses hohen Hauses,
zu welchem so viele Mitglieder jener Familien in näheren oder ent-
fernteren Beziehungen gestanden sind, vorauszuschicken.
Zur Urgeschichte des Hauses Württemberg.
Ueber die Abstammung und Namens-Entstehung eines fürstlichen
Geschlechts sind nicht leicht so verschiedene Erklärungen versucht
worden, wie über die des Hauses Württemberg. Als ursprüngliche
Heimath zwar wird Oberschwaben mit ziemlicher Sicherheit angenommen,
allwo die Familie mit den Grafen von Grüningen, von Landau, von
Veringen und von Neuenbürg, welche sämmtlich in ihren Wappen
die Hirschhörner führen, eng verwachsen war und wahrscheinlich ein
gemeinschaftliches Geschlecht bildete. Die urkundlichen Spuren führen
zu der Ansicht, dass ihr Gebiet von Veringen über Riedlingen und
Altshausen bis gegen Jsny gereicht hat. Es mag damals ein Con-
dominat gewesen sein, womit nicht ausgeschlossen ist, dass jede
Linie wieder ihre abgesonderten, eigenen Burgen und Landhäuser besass.
Namentlich war Altveringen ehmals ein besonderes Eigenthum des
Grafen von Wirtemberg. Wann aber und warum die württember-
Digiti
zedby G00gk
XIV
gische Linie umgezogen sei, ebenso ob sie den Namen Wirtenberg
schon mitgebracht haben, darüber ist nichts Bestimmtes bekannt.
Zum Gebietswechsel mögen sie gewichtige Gründe veranlasst
haben. In der alten Heimath zu verbleiben, wäre ihnen wohl un-
gemüthlich geworden, die Grenzen waren zu eng, die freie Bewegung
fehlte, die Concurrenz mit den benachbarten Edeln wäre nicht wohl
ohne Anstösse geblieben. Gelegenheit, sich zu arrondiren und aus-
zubreiten, würde kaum sich ergeben haben, die Beibungen und Fehden
zwischen den Vorfahren der mächtig werdenden Weifen und Ghibel-
linen, von denen jene hier präponderirten , während das Herz der
Wirtemberger für diese schlug, alles dieses mag mitgewirkt haben,
ein für eine glänzende Zukunft geborenes Geschlecht an eine weiter-
führende Veränderung denken zu lassen. Haben sie desswegen auch
ihre Gutsherrschaften verlassen, ein schöneres Loos winkte ihnen und
der Namen, den sie vielleicht mitgebracht oder aber erst angenommen
haben, blieb ihnen eine süsse Erinnerung an die Vergangenheit
und wurde der Stern und Kern im neuen Lande, wo sie im mittleren
Neckarthaie schon frühe einen bedeutenden Güterbesitz hatten.
Das Stammschloss Württemberg auf dem rothen Berge bei Untertürk-
heim stund bis zum Jahre 1818.
Der Name «Württemberg> kommt erstmals im 11. Jahrhun-
derte vor, in welchem die Deutschen Grafen überhaupt erst anfiengen,
sich nach Burgen zu schreiben. Der früheste (im Jahre 1090) ge-
nannte Herr von Württemberg ist Conradus de Wirtineber g ; im
12. Jahrhundert werden aufgeführt die Gebrüder Ludwig und Emich,
und Hartmann und Ludwig. Der Name Eberhard -erscheint erst-
mals im Jahre 1236, der Name Ulrich im Jahre 1241 mit Ulrich
mit dem Daumen. Um die Mitte des 13. Jahrhunderts zeichnet sich
ein Hartmann von Grüningen sehr aus und wurde desshalb von
E. Wilhelm mit der ßeichssturmfahne belohnt. Einer seiner Söhne,
Eberhard, nannte sich Graf von Landau.
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XV
Die Regenten Württembergs.
Graf Ulrich I. mit dem Daumen (der Stifter.)
Geb. 1226. Regierungsantritt 1250. t 20. Febr. 1265.
Gemahlinnen : I. vor 5. Sept. 1253 Mechthilde, Tochter Hermann's V.,
Markgrafen TOB Baden, Gräfin von Ochsenstein , welche bei der Geburt
ihres nachbenannten II. Sohnes Eberhard starb und kurz vor ihrem Tode,
nachdem sie das Kind gesehen hatte, die Worte sprach: „tund hin das
Kind, die wyle es lebt, so gibt es allem Lande zu Schwaben zu schaffen
mit Kriegen. u II. Agnes, Tochter des Herzogs Boleslav II. von Liegnitz.
Der Energie und der Sparsamkeit seiner Grafen, sowie dem
Umstände, dass sich dieselben möglichst vor Theilang des Landes
hüteten und ihren Nachruhm nicht in bedeutenden Klosterstiftungen
suchten, verdankt Württemberg sein Emporblühen.
v. Stalin in seinem Werk „Wirtembergische Geschichte*', Stutt-
gart und Tübingen 1841, äussert sich hierüber also: Diesen Grafen
— Ulrich — meint der Zeitgenosse Albertus Bohemus, Decan des
Capitels in Passau, seit 1239 päbstlicher Legat in Deutschland,
wenn er sagt:
„Der Graf von Wirtemberg leuchtet hervor durch blutbefreun-
dete Streiter und kriegerische Macht und beherrscht Schwaben mit
Hilfe seiner Blutsfreunde."
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XVI
Auf Ulrich I. folgten seine beiden Söhne:
Graf Ulrich IL
Geb. 1253/64, regierte mit seinem Bruder 1265—1279 ; | ohne männliche Nachkommenschaft.
Gemahlin : Irmengard, geb. Gräfin von Hohenberg.
«Ein gütiger und friedfertiger Herr.»
und
Graf Eberhard L, der Erlauchte (lllustris).
Oeb. 20. März 1265; Regierungsantritt 1265, t 1325.
Gemahlinnen :I. Adelheid, Gräfin von Werdenberg, f 1296; II. Irmgard,
geb. Markgräfin von Baden.
„Gottes Freund und aller Welt Feind/ 4 war der Wahlspruch
des Grafen Eberhard. *
Nach König Albrecht' s Tod im Jahre 1309 wäre es für den
Grafen kein zu kühner Gedanke gewesen, die Hände nach dem er-
ledigten Königsthron auszustrecken, aber die deutschen Fürsten hätten
wohl den mächtigen und ländergierigen Grafen nicht zum Beichs-
oberhaupte gewollt.
Ueberhaupt fühlte er sich den Kaisern gegenüber nicht sehr
zur Untertänigkeit geneigt. „Er sei Niemands Diener", erklärte
er dem Kaiser auf dem Reichstage zu Speyer.
Eberhard verlegte in Folge der Zerstörung des Schlosses
Württemberg und des Stifts Beutelsbach, 1320, seinen Sitz und 1321
auch das Stift mit der Gruft,** nach Stuttgart, so dass Stuttgart, bisher
Filiale von Cannstatt, eine reich dotirte Stifts- und Parochialkirche
erhielt und Landeshauptstadt wurde.
* Der Kriegsrahm des Grafen war ein aussergewöhnlicher, so dass selbst der
Herzog von Kämdten, der die böhmische Krone zu erhalten trachtete, den Grafen
Eberhard um Hilfe gegen König Albrecht (welch letzterer seinen II. Sohn auf den böh-
mischen Königsstuhl setzen wollte), anrief, (1306), ein Beistand, der so kraftig war,
dass Albrecht ihm abermals weichen musste und Eberhard mit Sieg gekrönt fröhlich nach
Hause zurückkehrte.
** Die Feinde hatten sich zum grossen Kummer des Grafen selbst an den
Leichnamen seiner dort beerdigten Ahnen y ergriffen.
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zedby G00gk
XVII
Auf Eberhard folgte sein zweiter Sohn (der erste starb vor
dem Vater, der dritte begab sich in den geistlichen Stand):
Graf Ulrich OL
Geb. 1398, Regierungsantritt 1325, t 1341.
Gemahlin: Sophia, geb. Gräfin von Pfirt.
Ihm folgten seine beiden Söhne :
Graf Eberhard II., der Gieiner (Zänker), „der Rauschebart".
Geb. 1315 ; Regierungsantritt 1344, t 1392.
(Begierte mit seinem Bruder.)
Gemahlin : seit 1342 Elisabeth, älteste Tochter des Grafen Heinrich XII.
von Henneberg, Schleusinger Linie.
Dem Heldenmuthe Eberharde verdankte Kaiser Karl in der
Schlacht gegen den Gegenkönig Günther bei Elberfeld im Rheingau
(1349) seine Rettung aus Lebensgefahr wie den wesentlichen Bei-
trag zum Sieg.
Ueberfall des Grafen im Wildbad durch Wolff von Wunnenstein,
der ,, gleissend Wolf genannt, und andere Raubritter, die sogenannten
,, Martins vögel" (da sie sich am Martinstage mit einander verbunden
hatten) und Flucht desselben nach Zavelstein 1367 im Frühjahr.
Die dem Grafen auf der Heimkehr von der Schlacht bei Döf-
fingen, in welcher sein Sohn Graf Ulrich, (geb. 1342, verm. seit
26. April 1362 mit Elise, Tochter Kaiser Ludwigs JF. von Bayern)
am 3. Aug. 1388 ruhmvoll kämpfend fiel, durch die Ankündigung
der Geburt eines Ureukels gewordene Freude besingt Uhland mit fol-
genden Versen:
„Ich bring* euch frohe Mähre: Glück zum Urenkelein!
Antonia hat geboren, Ein Knäblein hold und fein."
Da hebt er hoch die Hände, Der ritterliche Greis:
7t Der Fink hat wieder Samen, Dem Herrn sei Dank und Preis!"
v. Georgii-Qeorgtnau, Biographiscn-Genealogische Blätter etc. H
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zedby G00gk
XVIII
und Graf Ulrich. IV.*
Regierungsantritt 1344, f 1366.
Gemahlin: vor 1361 Cathariua, geb. Gräfin Ton Helfenstein.
Der Graf überlässt 1362 die Alleinregierung seinem vorbe-
nannten älteren Bruder.
Auf Eberhard folgten nach einander sein Enkel und der am
Tage der Döffinger Schlacht geborene Urenkel, welche beide gleich-
falls den Namen Eberhard fährten.
Graf Eberhard III., der Milde.
Geb. 1364, Regierungsantritt 1392, t 1417.
Sohn des gefallenen Grafen Ulrich.
Gemahlinnen: I. seit 1386 die reiche Prinzessin Antonia von Mailand;
II. seit 27. März 1406 Elisabeth, Burggräfin von Nürnberg.
Bekannt durch seine Fehde mit den Schleglern, einer Verbin-
dung vieler Adeligen aus Schwaben und am Rhein, in der Absicht,
fürstlicher Landesherrschaft entgegenzuarbeiten, von einem silbernen
Schlegel, den die Mitglieder als Abzeichen am Halse trugen, diesen
Namen führend. Gefangennahme der Schlegelkönige in Heimsheim 1395.
Nach Absetzung des charakterlosen deutschen Königs Wenzel
wurde von den mitverbündeten Reichsfürsten und Herren im Jahre
1400, 1. Febr., der Beschluss gefasst, einen neuen König zu wäh-
len, welcher jedoch nur aus den Häusern Bayern, Sachsen, Meissen,
Hessen, der Burggrafen von Nürnberg und der Grafen von
Württemberg genommen werden dürfe.
* Die erste Regierungszeit dieser Grafen war durch Misswachs, Sturme, Üeber-
achwemmungen, Erdbeben (deren heftigstes in Süddeutschland 40 Tage forttobte), unge-
heure Sehwärme ton Heuschrecken und besonders durch den sogenannten schwarzen
Tod, eine furchtbare pestartige Seuche, welche von China aus in 6 Jahren (von 1846 an)
die ganze Erde durchsog und gegen 40 Millionen Menschen weggerafft haben soll, heim-
gesucht
Digitized by VjOOQIC
XIX
Graf Eberhard IV., der Jüngere,
Sohn des Vorigen.
Geb. 1388, Regierungsantritt 1417, t 1419.
Gemahlin: seit 1406 die mannhafte, herrschsüchtige, übrigens sehr ver-
ständige und muthvolle Henriette, Tochter des tapfern 1396 in der
Schlacht bei Nikopolis gefallenen Heinrich des Jüngern, Grafen von
Mömpelgard, Herrn von Orbe (aus dem Hause Montfaucon), durch
welche die Grafschaft Mömpelgard an Württemberg kam.
Das Haus Württemberg nahm jetzt bereits eine solch hohe
Stellung ein, dass die Erhebung in den Fürstenstand von dem Willen
des Grafen abhieng.
Nach dem Tode des Grafen erfolgte die vormundschaftliche
Regierung Henriettens über ihre beiden minderjährigen Söhne Lud-
wig und Ulrich.
Graf Ludwig I.
Geb. 1409, Regierungsantritt 1419, f 1460.
Gemahlin: seit 19. Oct. 1434 Mechthild, Tochter Ludwig's III., des
Bartigen, von der Pfalz nach Ludwig's Tode mit Albrecht VI, von
Oesterreich vermählt;
und Graf Ulrich V., der Vielgeliebte.
Geb. 1410, Regierungsantritt 1419, t 1480.
Gemahlinnen: I. seit 27. Janr. 1440 Margaretha, Tochter Adolph's
Herzogs von Oleve; II. seit 26. Febr. 1445 Elisabeth, Prinzessin von
Bajern-Landshut ; III. seit 9. Juli 1453 Margaretha, des Herzogs Ama-
deas Vin. von Savoyen Tochter, vorher mit Ludwig, König von Neapel,
und Ludwig, Kurfürst von der Pfalz, vermählt
Die Grafen Ludwig I. und Ulrich V. nahmen 1441 eine
Landeetheilung vor, wodurch die Uracher und Neuffener Linien,
letztere später Stuttgarter Linie genannt, entstanden. Diese Theile
waren im Allgemeinen das Land links und das Land rechts vom Neckar.
Uraeher Linie.
Auf Ludwig I. folgten in Urach seine Söhne, anfangs unter
Vormundschaft Ulrich' s F., aus deren Anlass die Landstandschaft
der Städte zum ersten Male auftritt:
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XX
Ludwig IL, geb. 1439, regierte 1450-1457 und
Eberhard V. im Bart, geb. 1445, regierte als Graf seit 1457,
t 1496 (siebe auch unten).
Der Letztere unternahm 1468 10. Mai die Pilgerfahrt zum heil.
Grabe, stiftete die Universität Tübingen (1477), vereinigte durch
den Munsinger Vertrag (1482) das 42 Jahre hindurch getheilte
Land wieder und wurde nachmals I. Herzog.
Stuttgarter Linie.
In Stuttgart dagegen widmete Graf Ulrich V., um einer wei-
tern Theilung vorzubeugen, seinen Sohn Heinrich, geb. 1448, t 1519,
dem geistlichen Stande; allein obgleich seit 1461 Domherr und bereits
zum Coadjutor in Mainz bestimmt, verliess Heinrich wieder den
geistlichen Stanä; ein Rücktritt, dem Württemberg die Erhaltung
seines Mannsstammes verdankte.
Gemahlinnen des 1519 f Heinrich von Württemberg: I. seit 10. Jan.
1485 die treffliche geistvolle Elisabeth, Tochter Simon 's VI., Grafen
von Zweibrttcken und Bilsch, welche bei der Geburt ihres nachmals
znr Regierung berufenen Sohnes Ulrich, geb. 1487, f 1550, starb; II. seit
21. Juli 1488 Eva, Tochter Johann's VIL, Grafen von Obersalm, welch
letzterer Ehe ein Sohn Georg, geb. 1498, f 1558, entsprosste, dessen
Sohn der nachmalige Herzog Friedrich I., geb. 1557, f 1608, war.
Gräfin Eva war dem Grafen nach Hohenurach gefolgt.
Auf Graf Ulrich V. folgte sein ältester Sohn :
Graf Eberhard VI. (II. Herzog), der jüngere, geb. 1447,
regiert seit 1480, f 1504.
Der Graf entsagte im Munsinger Vertrage zn Gunsten des vor-
erwähnten Grafen Eberhard im Bart der Regierung und wird nach-
mals II. Herzog.
Digiti
zedby G00gk
XXI
Württemberg zum Herzogthum erhoben. 1495.
I. Herzog obiger Eberhard im Bart oder der Aeltere, der Stifter.
1495-1496.
Gemahlin: seit 3. Juli 1474 die durch Geistes- und Herzensvorzüge wie
vielfache Kenntnisse ausgezeichnete Barbara, des Markgrafen Ludwig III.
Ton Mantua (aus dem Hause Gonzaga) und der Barbara, geborenen
Markgräfin Ton Brandenburg, Tochter.
Der Herzog war es, der einst bei einem grossen Festmahle
der Herzoge von Sachsen auf dem Reichstage zu Worms in weitem
Fürstenkreise, wo ein jeder von ihnen die Vorzüge seines Landes
aufzählte, als seinen Buhm den hervorhob, dass er ohne Begleitung
bei stockfinsterer Nacht im dichtesten Walde oder anf freiem Felde im
Schoose eines jeden seiner Unterthanen sicher sich zu schlafen getraue.
Bekannt ist, was Kaiser Maximilian L am Grabe dieses Her-
zogs sprach, nämlich: «Hier ruht ein Fürst, klug und tugendhaft,
wie keiner im Reich; sein Rath hat mir oft genützt.»
II. Herzog. Obiger Eberhard IL, der Jüngere.
Wiederholter Regierungsantritt 1496, t 1504.
Gemahlin: seit 3. Juni 1465 die tugendhafte und allgemein hochge-
schätzte Elisabeth, des Kurfürsten Albrecht Achilles von Brandenburg
Tochter.
Der Herzog dankt 1498 zu Gunsten seines Bruderssohnes
Dlrich, resp. dessen Vormundschaft ab, und somit folgte auf ihn als
HI. Herzog. Ulrich.
Geb. 1487, BeglenxngMntritt 1498, t 1550.
Sohn des vorbenannten Grafen Heinrich.
Gemahlin: seit 1. März 1511 Sabina, Tochter Herzogs Albrecht IV. von
Bayern-München, Schwestertochter des Königs Maximilian.
Digiti
zedby G00gk
XXII
Der Herzog führte nach Wiedererlanguug seines Landes durch
Mithülfe des frommen Landgrafen von Hessen nach der Schlacht bei
Lauffen 13. Mai 1534 die Reformation im Lande ein, wozu er
Männer wie Brenz und Andrea auserwählte. Herzog Ulrich zeigte
sich in seinem vielbewegten Leben als einen Regenten von ausser-
gewöhnlicher Thatkraft.
IV. Herzog. Christoph.
Sohn des Vorigen.
Einer der edelsten Fürsten, die jemals einen Thron inne gehabt haben.
Geb. 1515, Regierungsantritt 1550, t 1568.
Gemahlin: seit 24. Febr. 1544 Anna Maria, Tochter Georg's des Frommen,
Markgrafen von Brandenburg-Baireuth.
Der Herzog verbrieft seinem Oheim, dem oben erwähnten
Grafen Georg (Sohn Graf Heinrich 1 s und der Gräfin von Salm),
welcher sich auf seine Veranlassung mit Barbara, des Landgrafen
Philipp von Hessen Tochter, vermählt hatte, Mömpelgard, durch welche
Heirath er klüglich verhinderte, dass im Jahre 1593 Württemberg
als eröffnetes Lehen an Oesterreich heimfiel.
Herzog Christoph, durch eine harte Jugend geprüft, dem Schick-
sal, in ein spanisches Kloster gesteckt zu werden, durch die Flucht
entronnen, später noch am französischen Hofe in Gefahr, als Opfer des
Neids durch Meuchelmord zu fallen, war Schöpfer und Vollender einer
ganz neuen Ordnung der Dinge, und lebte bis zuletzt noch in dem
grossen Gedanken, »dass doch einst mit dem Sturz aller Glaubenstyrannei
eine einhellige Reformation unter allen christlichen Völkern zu Stande
kommen und dass Gott der Herr den Deutschen so viel Gnade verleihen
werde, darin voranzugehen. Zeit und Mittel aber wisse allein Gott.«
V. Herzog. Ludwig der Fromme.
Sohn des Vorigen.
Geb. 1554, Regierungsantritt 1568, t 159a
Gemahlinnen : I. seit 7. Nov. 1575 Dorothea Ursula, Tochter des Mark-
grafen Karl II. von Baden-Durlach, kinderlos f 1583 j II. seit 10. Mai
Digiti
izedby G00gk
XXIII
1585 die fromme Ursula, Georg Johann's I. von Pfalz- Veldenz Tochter,
welche ebenfalls kinderlos starb.
In die Zeit des Herzogs fiel die Pariser Bluthochzeit, über die
er eiust den Ausspruch that, >dasa, so lange die Welt stehe, der
Rhein diese Gräuel dem französischen Könige nicht abwaschen
werde."
Dem Herzoge folgte in der Regierung sein Vetter:
VI. Herzog. Friederich I.
Geb. 1657, Regierungsantritt 1593, t 1608,
ältester Sohn des oben erwähnten Grafen Georg von Württemberg-
Mömpelgard.
Der Herzog befreite sich von der österreichischen Afterlehen-
schaft durch Bezahlung von 400,000 fl., welche die Landstände nach
vieler Weigerung übernahmen.
Gemahlin: seit 22. Mai 1581 Sibille, geb. Prinzessin von Anhalt.
VII. Herzog. Johann Friedrich.
Sohn des Vorigen.
Geb. 1586, Regierungsantritt 1608, t 1628.
Gemahlin: seit 5. Nov. 1609 Barbara Sophia, Prinzessin von Branden-
burg«
Ausbruch des dreissigjährigen Kriegs 1618.
Der Herzog hinterliess 3 Söhne, von denen der älteste noch
nicht 14 Jahre alt war, wesshalb Vormundschaftsregierungen zweier
Brüder Johann Friedrictis eintraten.
Ludwig Friedrich von Mömpelgard, Administrator.
Geb. 1686» regierte von 1628 an, t 1631.
Julius Friedrieh, Administrator,
Bruder des Vorigen.
Geb. 1588, f 1636,
regierte bis 1633.
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zedby G00gk
XXIV
VIII. Herzog. Eberhard III.
Sohn Herzog Johann Friedrichs.
Geb. 1614, Regierungsantritt 1628, t 1674.
Gemahlinnen: I. seit 26. Febr. 1637 Anna Catharina, Tochter des Wild-
und Rheingrafen Johann Casimir von Salm-Kyrbnrg; II. seit 20. Juli
1656 Marie Dorothea Sophie, Gräfin von Oettingen, deren Leben
ein Spiegel schönster Tugend gewesen.
Durch die unglückliche Schlacht bei Nördlingen, in der 4000
Württemberger fielen (1634), wurde das Land der Schauplatz un-
erhörter Verwüstung und Gräuelthaten. Von 450,000 Einwohnern
blieben kaum noch 48,000 übrig.
Fünf um Württemberg hochverdiente Männer fallen in diese
Zeit als: Wiederhold, Löffler, Burkhard, Varnbüler und Johann
Valentin Andrea.
IX. Herzog. Wilhelm Ludwig,
Sohn des Vorigen.
Geb. 1647, Regierungsantritt 1674, f 1677.
Gemahlin: seit 6. Nov. 1673 Magdalena Sibilla, Prinzessin von Hessen-
Darmstadt.
Auf den Herzog folgt sein einziger Sohu Eberhard Ludwig,
bei des Vaters Tod noch nicht 1 Jahr alt. Daher Vormundschafts-
regierung seines Oheims:
Friedrich Carl, Administrator.
Geb. 1652, t 20. Deoembcr 1698.
Gemahlin: seit 31. Oct. 1632 Eleonora Juliana, Prinzessin von
Brandenbnrg-Ansbach.
X. Herzog. Eberhard Ludwig.
Geb. 1676, Regierungsantritt 1677, t 1733.
Gemahlin: seit 6/16. Mai 1697 Johanna Elisabetha, Prinzessin von
Baden-Dnrlach.
Gründet die Stadt Ludwigsburg.
Digiti
zedby G00gk
XXV
Da der Herzog zwei Jahre vor seinem Tode seinen einzigen
Sohn, Friedrich Ludwig, 33 Jahre alt, verloren hatte, ging die
Regierung auf den Sohn des vorerwähnten Administrators Friedrich
Carl, Herzog Carl Alexander, zu der sogenannten Winnenthaler
Linie gehörig, über.
XL Herzog. Carl Alexander.
Geb. 1684, Regierungsantritt 1733, t 1737.
Gemahlin: seit 1. Mai 1727 Maria Angnsta, Prinzessin von Thurn und
Taxis.
Der Herzog hatte sich als Kaiserl. Feldmarschall in dem Tür-
kenkriege einen grossen Kriegsruhm erworben.
Nach einander folgten ihm seine drei Söhne auf dem Throne.
Für den ersten kaum neunjährigen Carl Eugen übernahm die Vor-
mundschaft :
Karl Rudolf von Neuenstadt. Administrator.
Neffe Ebtrhard's III. und Enkel des vorbenannten Herzogs Johann
Friedrich.)
Geb. 1667. Regierte seit J738, t 17. Nov. 1742.
Herzog Karl Rudolph legte die Vormundschafts-Regierung
schon 1739 nieder und an seine Stelle trat als Administrator bis
1744 Karl Friedrich (Urenkel des bereits erwähnten Administra-
tors Julius Friedrich) Herzog von Württemberg-Oels. t 1- Decem-
ber 1761.
XH. Herzog. Karl Eugen.
Geb. 1728, Regierungsantritt 1744, t 1793.
Gemahlinnen: I. seit 26. September 1748 Elisabeth Friederike Sophie,
Prinzessin von Brandenburg- Bai reuth ; IL seit 2. Febr. 1786 Franrisca
Theresia, geb. Freiin von Bernerdin, Reichsgräfin von Hohenhelm.
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zedby G00gk
XXVI
Der Herzog stiftete die hohe Karlsschule.
Interessantes Manifest des Herzogs an seinem 51. Geburtstage.
XIII. Herzog. Ludwig Eugen. (Karl Eugens Bruder.)
Geb. 1731, Regierungsantritt 1798, t 1795.
Gemahlin: seit 10. August 1762 Sophie Albertine, geb. Reichsgräfin
von Beachlingen.
XIV- Herzog. Friedrich Eugen. (Karl Eugeris und Ludwig
Eugens jüngster Bruder),
Geb. 1732, Regierungsantritt 1795, t 1797.
Gemahlin: seit 29. Nov. 1753 Friederike Sophie Dorothea, Prinzessin
von Branden burg-Schwedt, Nichte Fridrich's des Grossen Eine Ehe,
welche, mit 8 Prinzen und vier Prinzessinnen gesegnet, die Erhaltung
des Regentenhau868 sicherte.
Der Herzog zog, bereits Canonicum in Salzburg und Constanz
(1741), preussiche Kriegsdienste vor, und erwarb sich Ruhm im
siebenjährigen Kriege, in welchem er schwer verwundet wurde.
Vor seinem Regierungs-Collegium erklärte der Herzog: „Ich
will Gerechtigkeit üben; denn auch ich trete früher oder später vor
Gottes Richterstuhl."
Sämmtliche Kinder wurden auf den Rath Friedrichs des
Grossen in der lutherischen, als der Landesreligion, erzogen.
XV. Herzog. Friedrich II.,
ältester Sohn des Vorigen.
Geb. 1754, Regierungsantritt 1797.
Unter ihm wird
Württemberg Zurfürstentlmm 1803.
Digiti
zedby G00gk
XXVII
Königreich 1806.
I. König. Friedrich L, vormals Herzog und Kurfürst.
1806, f 1816,
Gemahlinnen : I. seit 15. October 1780 Augusta, geb. Prinzessin Ton
Brannschweig- Wolfenbüttel; II. seit 18. Mai 1797 Charlotte Auguste
Mathilde, Tochter Georgs III., Königs Ton Grossbritannien.
König Friedrich war ein Mann von vorzüglichen Geistesgaben,
hoher politischer Weisheit, jedoch durchaus Autocrat.
IL König. Wilhelm I.
Geb. 27. September 1781, Regierungsantritt 1816, t 1864.
Gemahlinnen: I. seit 18. Juni 1808 Charlotte Auguste, des Königs
Maximilian I. von Bayern Tochter; II. seit 24. Jan. 1816 Catharina,
Tochter Kaiser Paul's I. von Russland, geb. 21/10. Mai 1788, f 9- Ja-
nuar 1819; III. seit 15. April 1820 Pauline, Prinzessin von Württem-
berg, geb. 4. Sept. 1800, f 10. März 1873.
Am Morgen des 30. Oct. 1816 verkündigte ein Manifest dem
Volk den Begierungsantritt des neuen Königs mit der Zusicherung,
dass „die Wohlfahrt und das Glück seiner Unterthanen das einzige
Ziel seiner Bemühungen und dass es sein ernstes Bestreben sein
werde, die Erreichung dieser hohen Zwecke durch eine dem Zeitgeist
und den Bedürfnissen des Volkes entsprechende und seinen Wohlstand
erhöhende Verfassung sicher zu stellen." Die Begierungsgeschichte
des Königs Wilhelm ist nichts Anderes als die Verwirklichung dieses
königlichen Wortes.
in. König. Karl I.
Geb. 6. März 1823, Snccedirt 25. Juni 1864.
Gemahlin: seit 13. Juli 1846 Olga Nicolajewna, geb. 11. September
(30. August) 1822, Tochter Nicolaus I., Kaisers von Russland,
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zedby G00gk
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XXIX
Ahnentafel
Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Wilhelm von Württemberg.
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Andrea.
Jacob Andreft, auch Schmidlin (Fabricins) genannt, theol. Dr.,
wurde den 25. März des Jahres 1528 zu Waiblingen geboren. Sein
Vater war Jacob Endris *, »so dem Kriegswesen in Böheim, Ungarn,
Frankreich und Hispanien nachgezogen, welcher Länder Sprach er
kündig worden, 1527 2. Februar sein Mannrecht bekommen und
Bürger zu Waiblingen worden ist.« Die Mutter war Anna, geb. Weiss-
kopf, von Gundelfingen; der Grossvater Steffan II. Endris, Bürger
in Mockelaw, aichstettischen Bisthums in Franken; die Grossmutter
Anna, eine geb. Herdlin; der Urgrossvater Steffan I. Endris, welcher
in Ingolstadt gestorben zu sein scheint, da er daselbst begraben
wurde; die Urgrossmutter Elisabeth, geb. Holzapfel«
Jacob, von seinem Vater nach dessen Einwanderung in Waib-
lingen zum Schmid bestimmt (daher der Name Schmidlin), studirte
in der Folge auf Anrathen des berühmten Reformators Dr. Schnepf
Theologie und erhielt den Baccalaureusgrad im Kloster zu Hirsau,
wohin sich damals ein Thoil der Professoren der Philosophie der Pest**
wegen begeben hatte. Kaum 18 Jahre alt erhielt er das Diaconat
bei der Stuttgarter Stadtkirche, wo er, der jüngste unter den fünf
** Weitere Sohne desselben : Georg Endria, Bürger und Schmied in Waiblingen,
FkQipp Andrea, Pastor in der Reichsstadt Giengen, Michael Emiria.
** Zu Tübingen hielten, wie Crnsius in seiner „Schwäbischen Chronik" Frankf.
1733 berichtet, zur Zeit dieser schrecklichen Seuche folgende Prediger bei ihren Schäfleln
ans : Dr. Thtodoricua Schnepf, Pfarrer, und die drei Helfer M. Jacob Gering, M. Eliae
Benign** (ein Johann Benignus Professor der Beredsamkeit daselbst und 1540 Decan der
philosophischen Faculfcet hielt 1660 die Trauerrede über Herzog Christoph) t 1585
10. Septbr. als Pfarrer zu Nürtingen, nebst M. Michael Otto; sämmtliche verwalteten ihr
Amt treulich sowohl im Lehren als Krankenbesuchen.
t. Georgii-Qeorgenau, Biographisch-Genealogische Blätter etc.. 1
Digiti
zedby G00gk
— 2 —
Geistlichen Stuttgarts, uebst seiner Gattin keineswegs vor den ein-
dringenden Truppen des Herzogs Alba sein Heil in der Flucht suchte,
sondern im Gegentheil alle Predigten und kirchlichen Handlungen
übernahm, ja selbst den kaiserlichen Offizieren, welche sich zu den-
selben und selbst zu Disputationen mit ihm herandrängten, durch seine
Festigkeit Ach tuug und Vertrauen abgewann. Hierauf wurde er 1548,
da auch er dem eingetretenen Interim (einer Verfügung des Augsburger
Reichstages, bis zum Concilsbeschluss alles beim Alten zu lassen, in
Folge dessen alle Mönche wieder das Land überschwemmten) weichen
musste, von Herzog Ulrich, der ihn liebgewonnen, nach Tübingen be-
rufen und 1549 daselbst zum Diaconus ernannt. Als nach dem 1550
eingetretenen Tode des Herzogs diesem sein durch alle Tugenden
ausgezeichneter Sohn Herzog Christoph * in der Regierung folgte
und den Freund Luthers und Melanchthon's, den Reformator Würt-
temberg^, Johann Brenz, zum Stiftspropst in Stuttgart und zu seinem
vertrautesten Rathgeber in Kirchensachen gemacht hatte, Hess er
Andrea mit Unterstützung aus den Kirchenmitteln doctoriren (1553) und
setzte ihn zugleich zum Pfarrer und Superintendenten, später General-
Superintendenten in Göppingen ein.
Bald darauf leistete Andrea bei Einführung der Reformation
in Nachbarländern, welche ihn dazu vom Herzoge sich erbaten,
Dienste, so 1554 bei den Grafen von Oettingen und 1556 bei den
Grafen von Helfenstein, bei dem Markgrafen Karl von Baden und
in Rothenburg a. d. Tauber. 1555 musste Andrea den Herzog auf
4en Reichstag nach Regensburg und dann nach Frankfurt begleiten,
und im August sandte ihn sein Fürst mit Brenz nach Worms;
1557 führte ihn der Letztgenannte in die litterarische Theilnahme
an der erneuten Streitigkeit über das Abendmahl ein.
* Kurz nach seinem Regierungsantritt Hess der Herzog die württembergische
Confesslon auf dem Concil zu Trient übergeben (1551), welche von den päpstlichen
Legaten unterdrückt, von auswärtigen Bischöfen gesucht, auch im Herzogthum Preussen
als Vorschrift des Glaubens und der Lehre aufgestellt wurde. Die württembergischen
Theologen aber waren die ersten Protestanten, welche sich in Trient vernehmen Hessen,
gleich darauf folgten die sächsischen Abgesandten.
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— 8 —
Als 1561 Herzog Christoph von Catharina von Medwi und
dem Könige von Navarra zu der Synode zu Poissy, (9. September bis
13. Oktober 1561), welche die Schlichtung der zwischen den Päpst-
lichen und den Hugenotten obwaltenden Streitigkeiten bezweckte, um
Ueberlassung einiger bedeutender Theologen, wohl nur um den Herzog
von den französischen Reformirten und deren Unterstätzung so viel als
möglich abzuziehen, gebeten worden war, sandte der Herzog Andrea,
sowie Dr. Beurlen und Dr. Balthasar Bidenbach unter Beigabe des
in der französischen Sprache besonders bewanderten Edlen Melchior
von Salhausen dahin ab. Nach 16tägiger Reise kamen dieselben in
Paris an, wo sie jedoch das Collegium bereits aufgelöst fanden. Der
Bischof Montluc benutzte dabei die Gelegenheit, Andrea gegen den noch
in Paris weilenden Beza aufzubringen, welcher »die Anerkennung der
Augsburgischen Confession verweigert habe, wozu sich doch der Cardinal
Guise erboten habe. « Andrea und Bidenbach übergaben dem Könige
von Navarra ihr Gutachten, die Augsburgische Confession betreffend, er-
hielten indess keine Antwort darauf. Was Dr. Beurlin betrifft, so sollte
derselbe nicht mehr in's Vaterland zurückkehren. Nach ihrer Ankunft
in Paris nemlich waren die Abgesandten in Erwartung des könig-
lichen Befehls in das Collegium des Königs geführt worden, woselbst
Dr. Beurlin mit der Einsichtnahme der dortigen, aus den besten
Schriftstellern bestehenden Bibliothek beschäftigt, plötzlich von einer
Krankheit überfallen wurde, welche anfangs für eine Erysipelas (Roth-
lauf) gehalten, sich bald als die in diesem Collegium grassirende Pest
entpuppte, von deren Vorhandensein die Abgeordneten zu unterrichten
man nicht für nothwendig gehalten hatte. Beurlin starb .den 28.
October und wurde in Paris in dem dortigen heiligen Kreuz Kirchhofe
beigesetzt. 1562 nahm der Herzog auf inständiges Bitten der vier
Brüder Ghtise, insbesondere des Cardinais von Lothringen, persönlich
nebst Brenz, Andrea und Bidenbach an dem in Elsass-Zabern abzu-
haltenden Colloquium Theil. Auf demselben gelobten die Guisen mit
Handschlag dem Herzoge, dass sie nicht wieder gegen die Hugenotten
mit Heftigkeit und Gewalt vorgehen wollten. Trotzdem richteten
Digiti
zedby G00gk
— * —
gerade die Guisen auf dem Rückweg das bekannte Blutbad von Vassy
an, womit sie die Hugenottenkriege begannen, die in der Pariser
Bluthochzeit 24725. August 1572 und in dem darauf folgenden
allgemeinen Blutbade gipfelten.
Von Tübingen aus verkehrte Andrea viel und gerne mit dem
aus altadligem Geschlechte stammenden Johann von Au in Wachen-
dorf, (dessen erste Gemahlin Bosine, Markgräfin von Baden, war), einem
durch Tugend wie durch Weisheit, Frömmigkeit und Grossmüthigkeit
ausgezeichneten Manne, und half ihm seine Kirche der Augsburgischen
Confcssioii gemäss reformiren. Johann von Au starb 1571, 29. October,
nachdem ihm am 27. August desselben Jahres seine zweite Gattin,
Maria, geb. von Ncuneckh, im Tode vorangegangen war. Nach
dem im Jahre 1615 erfolgten kinderlosen Ableben des Neffen des
Johann von Au fiel Wachendorf an die noch heutzutage blühende
Linie v. Ow-Felldorf und wurde trotz des fürsorglichen Testaments
Johann 1 s nach und nach wieder zum Katbolicismus zurückgebracht.
Der Herzog selbst lernte in der Folge Andrea immer mehr
schätzen, zog ihn zu allen seinen mit Brenz auszuarbeitenden kirch-
lichen Aufgaben und ernannte ihn zuletzt an Stelle des verstor-
benen Dr. Beurlin zum Propst und Kanzler der Universität Tübingen,
ein Amt, das Andrea bis zu seinem Tode bekleidete.
1565 ging Andrea mit Abt Christoph Binder nach Hagenau,
wo er den Magister und Dr. der Theologie Philipp Heerbrand als
Pfarrer einsetzte; nach dessen 1575 daselbst erfolgtem Tode wurde
M. Georg Volmar dahin abgesandt.
Zu. wie viel Fürsten und Grafen, zu wie viel Reichsstädten
Andreü, dessen Verstandes- und Weisheitsruf überall hin sich ver-
breitet hatte, zu Reformirung ihrer Territorien in der Folge reisen musste,
zu welcher Masse von Disputationen und Gesandtschaften er von
seinem Herzoge erwählt wurde, ist allgemein bekannt und folgen hier
nur einige davon: Nach dem Tode Herzog Heinrich 1 s von Braun-
schweig, des alten Gegners von Luther, zu dessen Nachfolger dem
Herzoge Julius 1568, zu den Kurfürsten Joachim IL von Branden-
Digiti
zedby G00gk
— 5 -
borg und August von Sachsen, zu den Seestädten und nach
Dänemark.
Selbst Kaiser Maximilian besprach sich einst zu Prag, 16.
und 17. März 1570, privatim mit Andrea über die Concordienformel,
lobte dessen Weisheit und entliess ihn huldvollst.
Im Jahre 1576 folgte Andrea, nachdem er in der Zwischenzeit
im Süden Mömpelgard, Strassbnrg, Memmingen, Hagenau, Aalen,
Lindau, Pfalz-Neuburg und Eegensburg bereist und viele Disputationen
daselbst gehabt hatte, abermals einer Einladung nach Kursachsen,
war zugleich im Kloster Bergen bei Magdeburg ein thätiger Mitarbeiter an
dor »Concordienformel«* und disputirte 1586 auf Wunsch des Herzogs
Friedrich von Württemberg mit seinem alten Gegner Beza zu
Mömpelgard.
Die letzte öffentliche Verhandlung Andreas fand statt bei dem
Colloquium zu Baden 1589, wo er mit dem wieder katholisch ge-
wordenen Dr. Johann Pistorius Niddanus, Sohn des frommen und
gelehrten Hessischen Superintendenten Pistorius, disputirte. In diesem
Jahre äusserte Andrea noch bei voller Gesundheit gegen seinen Freund,
den Dr. und Professor der Theologie Jakob Heerbrand, »sein Geist
verkündigo ihm, dass er nicht länger lebend bleiben werde, er habe
seinen Lauf vollendet.« Von Baden nach Stuttgart zurückgekehrt
(1589 December), erkrankte A ndreä an einem heftigen Catarrhfieber,
wozu sich in der Folge noch starker Husten gesellte. Den 6. Januar
des folgenden Jahres (1590) liess er den ßector und Senat der
Universität zu sich bitten und bekannte ihnen, dass er mit der christ-
lichen Lehre, welche er 44 Jahre lang mündlich und schriftlich ge-
lehrt, fröhlich vor dem Kichterstuhl Christi erscheinen wolle; dessen
zum Zeugniss habe er sie zu sich gebeten, da er wohl wisse, dass
Papisten und Calvinisten das Gerücht ausstreuen werden, er sei eines
schrecklichen Todes gestorben, ßector und Senat nahmen diess auf
* Andrea erhielt, nachdem er die Concordienforniel unterschrieben, von dem
Kurfürsten August von Sachsen 1580, 2L Dez., beim Abschied einen vergoldeten Pokal
von 73 L*oth. (Auf einer alten Gopie seines Wappenbriefes bemerkt.)
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— 6 —
Wunsch des Sterbenden zu Protokoll, und sorgten für die Veröffent-
lichung. Die am Schluss der Urkunde befindliche Beglaubigung lautet.
»Actum wie obstehet uff Zinstag, den 8. tag Januarij, gleich nach
der Morgenpredig zwischen 10 und 11 Ubr. Anno 1590. In gegen-
wertigkeit nachfolgender hiezu beruffener Personen, benantlich: Dr.^in-
dreas Planeri, Rectoris; Dr. Joannis Brentij; Dr. Joannis Georgij
Sigwardi, parochi; Dr. Nicolai Varenbüleri, Decani Juris; Dr. Ana-
stasii Demleri, Jure consulti ; Dr. Georgij Hanibergeri, Decani Medi-
cinae ; Dr. Phüippi Gramen, Medici ; M. Georgij Liebleri, Decani Artium ;
M. Christophori Stehelin, M. Eberhardi Bidenibachij, Diaconorum.«
Den folgenden Tag, nachdem Andrea die Nacht theilweise im Sessel
sitzend zugebracht, legte er sich um 7 Uhr Morgens zu Bette und
sagte zu dem neben ihm sitzenden Pfarrer: »Mein lieber Pfarrer,
es muss geschieden sein, da wird nichts anders aus«; ferner: »in
manus tuas, Domine, commendo spiritum meura«. Als ihm hierauf
sein zunächst stehender Sohn M. Johann ins Ohr rief: »Ob er
nun glaube, dass ihm hinfort die Krone der Gerechtigkeit beigelegt
würde«, sah er ihn mit weitgeöffneten Augen an, nickte ihm zu, ant-
wortete mit stockendem Athera »Ita« (Ja), und entschlief sanft.
So verschied im Jahre 1590 den 7. Januar Morgens zwischen
8 und 9 Uhr der Mann, welcher seit dem Tode des berühmten Refor-
mators Johann Brenz, als das eigentliche Haupt der württember-
gischen Kirche galt, der sich um Württemberg wie um viele evan-
gelische- Kirchen des Auslandes ein bleibendes Verdienst erworben hatte,
und stets für die Einigkeit der lutherischen Kirche thätig gewesen war,
seines Altere im 62., seines Predigtamts im 44. Jahre. Die würt-
tembergische Kirchen-Verfassung, die er im Auftrag Herzog Christophs
mit Brenz ausgearbeitet und eingeführt, ist im wesentlichen die bis
heute gebliebene (Synodus, General- und Special-Superintendenzen
u. s. w.). Andrea hat über 150 grossen theils deutsche Schriften verfasst.
Seine I. Gattin war Anna, geb. Entringer, (t 23. Juli 1583),
deren Vater im Alter von 103 Jahren starb, welcher Ehe 9 Söhne
und 9 Töchter entsprossten, von denen 4 Söhne und 4 Töchter den
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- 7 —
Vater überlebten; die IL war Regina, geb. Prenzinger von München,
kinderlos t 16. September 1591. Beide ruhen auf dem alten Tübinger
Kirchhofe, und ihre Namen finden sich heute noch auf ein und dem-
selben Grabstein verzeichnet. Die Kinder Andreä's, soweit über sie
Näheres bekannt ist, sind:
I. Susanna Andrefi, geb. 1552, verm. mit dem Herzoglich
Württemberg. Consistorial-Director Balthasar Eisengrein.
II. Blandina, geb. 1557, verm. mit dem Med. Dr. Anton
Schweickhardt. Derselbe war ebenfalls bei Abfassung des
vorbenannten Protokolls zugegen.
III. Maria, geb. 1560, verm. I. mit dem Pfarrer in Mühringen
J. Georg Schütz; II. mit dem Professor zu Tübingen, Johann
Harpprecht.
IV. Coroua, verm! mit dem Med. Johann Jacob Freu
V. Hedwig, geb. 1571, verm. mit dem Abt zu Lorch Johann
Magirus.
VI. Jacob, geb. 1549, Pfarrer zu Hagenloch 1569, zu Duss-
lingen 1573, zu Metzingen 1588, welch letztere Pfarrei er
1617 mit der des Specials M. Ulrich Pauli zu Kirchentellins-
furth vertauschte. Er starb, nachdem er noch einige Zeit vorher
neben seiner Pfarrei das Decanat des Capitels zu Reutlingen
bekleidet hatte, 1630, 14. September, seines Alters im
81., seines Predigtamts im 60. Jahre. Seine I. Gattin war
Anna, eine Tochter des Herzoglich Württembergischen Raths
in Stuttgart Caspar Beer, mit welcher er die Verlobung in
dem Closter zu Denkendorf bei dem Probst Bartholomäus
Käs, die Hochzeit aber zu Tübingen in der Probstei (1571,
9. Januar) gefeiert hatte; die II. Catharlna, geb. Mann,
welch' letzterer Ehe 9 Söhne und 4 Töchter entsprossen sind.
Vü. David, geb. 1551, Pfarrer zu Hagenloch, zu Jesingen bei
Tübingen, zu Gültstein 1576 — 1585, verm. I. mit Agnes
Greis (Oreinsin); II. mit Margaretha Godelmann. Er
starb 1588 mit Hinterlassung von 6 Töchtern und einem
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- 8 —
Sohne Namens Jacob, welcher Pfarrer in Haslach war, und
ebenfalls Nachkommen hatte.
VIII. Ulrich, Med. Dr. und Physikus zu Lindau 1588, verm.
mit Ursula Franz, welcher Ehe zwei Töchter entspros-
sen sind; diese verheiratheten sich beide mit Mitgliedern
der Familie Mögling , nemlich Anna mit Med. Lic und
Physikus zu Heilbronn, nachmals in Calw, Johann David
Mögling; Regina« Blandina aber mit dem Med. Dr. und
Professor zu Tübingen Johann Ludwig Mögling.
IX. Daniel, Curiao Württemberg. Collega t 1615.
X. Johann, Special zu Herrenberg 1 589 , nachmals auch
Herzoglich Württerabergischer Rath und Prälat zu Königs-
bronn 1591, verm. mit Maria, des Vogts von Herrenberg,
Valentin Moser Tochter. Dieser Ehe entsprossten :
1. Anna Andrea, geb. 1580, verm. mit dem Vogt von Hoideu-
heim Sixt Brauch.
2. Margaretha, geb. 1584, verm. mit dem Pfarrer von Pfaffen-
hofen Johann Balthasar Plieninger.
3. Regina, geb. 1592, verm. I. mit dem Med. Dr. und
Physikus zu Aalen Sebastian Hesch; II. mit dem Med. Dr-
und Professor zu Tübingen Balthasar Simonius.
4. Jacob, geb. 1577, Pfarrer zu Birkenfeld, verm. mit
Margaretha, geb. Hof mann, welcher Ehe 7 Kinder ent-
sprossen sind. Er starb 1631, 11. Februar.
5. Johann, Pfarrer zu Oberkirch 1608, zu Hochdorf 1610, zu
Beilstein 1616, 1 1620. Seine Gattin war Barbara, ältere
Tochter des Pfarrers zu Poppenweiler, M. Josua Orüninger.
6. Johann Ludwig, Feldprediger, t 1610, 9. August.
7. Johann Valentin Andrea.
Geboren den 17. August 1586 zu Herrenberg, verlor Johann
Valentin Andrea in seinem 15. Jahre den Vater, wurde im 19. Jahre
Magister und ertheilte schon im 20. Schülern Unterricht, wodurch er sich
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jährlich die für die damalige Zeit hohe Stimme von fl. 100 verdiente ;
damit ersparte er sich nach und nach so viel, um auf seine Kosten die
Universitäten Strassburg, Laningen in der Oberpfalz und Heidelberg zu
besuchen, auch eine Reise über die Schweiz nach Paris auszuführen.
In neun Jahren, seit er das mütterliche Haus verlassen hatte, kostete
er, wie er selbst sagt, die Seinigen nicht mehr als 50 Gulden, von
denen er in der Folge 20 wieder ersetzte. Schon in damaliger Zeit
verfaaste Andrea mehrere Aufsätze. 1607 war er Hofmeister bei
den jungen Freiherren von Catianer in Lauingen, 1608 aber bei den
jungen Truchsessen Heinrich und Burkar d von Hö fingen. Zu Anfang
des Jahres 1610 begab er sich zu seinem Bruder, dem Feldprediger,
inV Lager nach Dachstein im Elsass und wohnte der unglücklichen
Belagerung bei, reiste in der Folge, da er wegen eines im Jahr 1 607
stattgehabten Excesses mit österreichischen Commilitonen keine Aussicht
auf eine geistliche Anstellung hatte, zu einem längeren Aufenthalt nach
der Schweiz, resp. hauptsächlich nach Genf, wo wenige Jahre zuvor
Beza gestorben war. 1611 nahm er abermals eine Hofmeisterstelle
an und zwar bei dem Sohne des Philipp Eberhard von Gemmingen,
Herrn zu Eappenau und Buttenhausen, in Rappenau, welch' letztge-
nannten Schüler er auf die Universität Tübingen geleitete. Hierauf
reiste er nach Oesterreich und Italien über Ulm, Lauingen, Donau-
wörth, Ingolstadt, Passau, Linz, Kärnthen, Venedig, (unterwegs von
Banditen verfolgt und nur durch die Klausen nach Treviso entronnen),
Padua, Vicenza, Verona, Rom und kehrte über Trient, Brixen, Inns-
bruck, Landsberg und Augsburg, in welch letzterer Stadt er von der
ihm anverwandton Familie Werner Seuters, einst Consulenten
des Staats, freundlichst aufgenommen wurde, wieder in's Vaterland
zurück.
In demselben Jahre noch (1612) hospitirte er eine Zeit lang
im Stipendio illustri zu Tübingen, cultivirte gleichzeitig die hebrä-
ische, griechische, französische, italienische und spanische Sprache,
hielt ein später im Druck erschienenes Collegium mathematicum (1613)
— welcher Wissenschaft er sich schon von Jugend auf mit grosser Vor-
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liebe gewidmet hatte — und übte sich auch daneben in der Mechanik
und allerhand sonstigen künstlichen Arbeiten.
Im Jahre 1614 wurde er Diaconus in Vaihingen an der Enz,
als welcher er Tag und Nacht seine Studien fortsetzte, auch nicht
weniger als 26 Tractätlein und Bücher daselbst schrieb. In diese Zeit
fallen, wie Griesinger in seinem „Universal-Lexikon von Württemberg,
Hechingen und Sigmaringen 4 * Stuttgart und Wildbad 184t sagt:
,,8eine so sehr missverstandene Schriften: „Beformen der ganzen
weiten Welt," „Fama fraternitatis" und die schon um 1604 geschriebene,
aber erst 1616 gedruckte „Hochzeit des Christian Rosenkreuz". In
seinem Plane hatte nemlich von Jugend auf die Stiftung einer Gesell-
schaft gelegen, welche durch rein geistige Mittel die Verbesserung der
ganzen Welt bewirken sollte. Durch diese Schriften nun ward er die
Veranlassung zu den nachmaligen Rosenkreuzerischen Ordensverbin-
dungen, die sich später durch ganz Europa verbreiteten . Er hatte indess in
diesen Schriften nichts gethan, als seinen Entwurf zur politisch-religiösen
Weltverbesserung in ein poetisches Gewand gekleidet ; allein eben dess-
wegen ward er missverstanden. Von dieser Zeit an schlug er daher
einen andern Weg ein und suchte durch beissenden Witz die Thor-
heiten, Verkehrtheiten und Ceppigkeiten seiner Zeit ins rechte Licht
zu stellen.
1618 reiste Andrea in wichtigen Geschäften nach Oesterreich.
1620 wurde er Special-Superintendent in Calw, welchem Amt er als
ein wahrer Bischof dieser Stadt 19 Jahre lang vorstand. In diesem Zeit-
raum war er jedoch grossen Widerwärtigkeiten ausgesetzt, denn nicht
nur wurde die ganze Stadt nach der blutigen Nördlinger Schlacht von
dem Kurbaierischen Eriegsvolk überfallen, ausgeplündert, in Brand ge-
steckt, wobei (abgesehen von allen von ihm besessenen künstlerischen
Antiquitäten und Raritäten, seinen Dürer und Holbein) seineAmtswohnung,
der grössteTheil seines Vermögens, seine ganze Bibliothek, sowie die uner-
setzbaren Manuscripte seiner Vorfahren und anderer gelehrten Theologen
sammt seinen eigenen zu Grunde gingen. Er selbst musste mit Frau und
Kindern in den Wäldern und Bergen umherirren, überdiess trat auch
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— 11 —
gleich darauf Pestilenz, Theuerung und Hungersnoth ein. Dennoch
vergass er der eigenen Noth und wnsste grosse Summen für die
Kranken und Verarmten herbeizuschaffen. Im Jahre 1638 wurde
die Stadt aufs Neue von der Besatzung zu Philippsburg Oberrum-
pelt und geplündert, so dass er sich zu flüchten genöthigt sah.
Kaum sollte man es für möglich halten, dass ein so sehr geprüfter
Mann, wie Andrea, der in den Wäldern und auf den rauhen
Bergen nur mit Mühe und Noth den ihm nachsetzenden feind-
lichen Soldaten entrinnen konnte, dem von einem Musquetier auf
der Strasse eine Kippe mit einer Musquete entzwei gestossen wor-
den, der, während 773 Personen in der Stadt Calw von der Pest
dahingerafft wurden , standhaft auf seinem Posten geblieben war,
dennoch den Muth hatte, seine Arbeit zur Hebung dieser Stadt von
Neuem zu beginnen. Aber „In te Domine speravi" (auf Dich, Herr
traue ich), sagt er selbst, „war allezeit mein Losungswort". Damit
stiftete er nicht nur im Verein mit Demnüer, JDörtenbach, Schau-
ber, Schill* und anderen Kaufherren mehr das bekannte Färberstift
zur Unterstützung von Kirchen und Schulen, für Arme und Kranke,
eine Anstalt, die er dem Unglücke der damaligen Zeiten entgegen-
setzte, sondern verschaffte auch der Stadt durch seine Verbindungen
im In- und Auslande so viel Hülfe, dass sie sich in kurzer Zeit
wieder erholen konnte. Als 1624 die verwittwete und fromme Her-
zogin Ursula aus dem pfälzischen Hause Veldenz, im Kloster Hirsau
Wohnung nahm, um von da aus das Liebenzeller Bad zu gebrauchen,
Hess dieselbe Andrea mehrmals zu sich rufen, um sich in Privat-
angelegenheiten Eaths bei ihm zu erholen, correspondirte auch in spä-
terer Zeit noch viel mit ihm und beschenkte ihn reichlich. Auch ihre
Oberhofmeisterin, Anna Maria Stimmelin, aus denT Stamme der von
GülÜingeti, die damals bei Andrea** Wohnung nahm, war eine Gön-
* Alle 4 altangesehenen Calwer Familien entsprossen.
** Amdreä erwarb um diese Zeil auch ein Landgut tu „Kürpach*, Oberamt«
BraeltnheUn, 9 Kirpach M , der sogenannte Thlergarten im Zabergau, wo ehemals die Ober-
forttmeister dea Strombergs wohnten.
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nerin Andreas. 1 639 wurde er Herzoglich Württembergischer Hofpre-
diger und Consistorialrath, als welcher er die Cynosura (eine Kirchen-
ordnung) zu Stande brachte, hierauf Dr. der Theologie 1541 (1642),
Geistlicher und Kirchen-Rath des Herzogs August von Braunschweig und
Lüneburg, mit dem er in fortwährender Correspondenz stand, so dass
er innerhalb 21 Jahren 600 eigenhändige Briefe dieses Herzogs empfing.
Es folgt hier ein kleiner Auszug aus einem Briefe Andreas*
an diesen Herzog, d. d. 1642 am Tage des heiligen Andreas, aus
welchem Andreä's Lebensanschauung ersichtlich wird:
„Dem Durchlauchtigsten Fürsten und Herrn, Herrn
August,
Herzoge von Braunschweig und Lüneburg,
seinem gnädigsten Herrn,
Heil und Glüke!
Vor Dir, Durchlauchtigster und mächtigster Herzog! einem der
Magnaten Deutschlands, erscheine ich, ein deutscher Mann, vor dem
Luther'schen Fürsten ein Lutherischer Theologe, vor dem, der den
christlichen Staat auf seinen Schultern trägt, ein Glied des christ-
lichen Körpers, vor dem Vertheidiger der Wahrheit ein Bekenner der
Wahrheit, vor dem Retter der Rechtschaffenheit ein Anhänger der
Rechtschaffenheit, vor dem Muster des Guten ein Verehrer des Guten,
* Andrea scheint überhaupt mit diesem Fürsten (er correspondirte übrigens
mit 3 BraunschweJgischen Prinzen) auf dem intimsten Fusse gelebt zu haben, denn in
seiner von ihm selbst verfasgten Biographie schreibt er unter Anderem:
„Von August erhielt ich ein doppeltes, eines August's würdiges, Geschenke von
Golde, das erste den 23. Okt. sein Bild in der Gestalt eines Nachdenkenden, das zweite
am 23. Dez. ebendasselbe geharnischt, von einem Werthe von 300 Gulden, wodurch mein
Hauswesen — ewiger Dank seie ihm! — sehr unterstützt wurde."
Auch von anderen Seiten bekam Andrea vielfach Geschenke ; so verzeichnet er u. A. :
„Meine häuslichen Umstände wurden durch einige kleine Geschenke unterstützt,
unter denen die vorzüglichsten ein Pokal von der regierenden Herzogin und ein künst-
lich gestochener Jaspis, welch letzteren mir „die drei württembergischen Grazien" (drei
Schwestern des Herzogs) verehrten.
Ebenso sandte ihm Herzog Ernst von Gotha, der Andres ausserordentlich hoch-
schätzte und den hinwiederum Andrea als unvergleichlich darstellt, ansehnliche Ge-
schenke, wie auch die Herzogin Sophia Elisabetha, geb. Prinzessin von Mecklenburg (t 1676),
einen kostbaren Diamant.
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'— 13 -
vor dem Inbegriffe der Gelehrsamkeit ein schwaches Werkzeug der
Gelehrsamkeit, vor dem Rächer der Unschuld ein, trotz seiner Un-
schuld, angeklagter Mann ; und lege diese Geschichte meines, unter
so mancherlei Schicksalswechsel und den Zeitstürmen herumgeschleu-
derten, Lebens vor dem Altar Deiner Frömmigkeit und Herzensgüte
demütbig nieder etc. etc. etc. So betreibe und wünsche ich dieses ein-
zige, dass Verbindung der wahren Religion mit einem rechtschaffenen
Leben als der Hauptgrund des christlichen Lebens festgesetzt, und
durch meine sowohl weltliche als geistliche Bemühungen befördert werde.
Aber freilich, das verabscheut Satan ! Seine Geheimnisse, die er
in pseudo-evangelischer Hülle aufdrängt, will er nicht verrathen lassen.
Er duldet nichts offenes, nichts aufrichtiges, ernsthaftes, gründliches.
Alles soll maskirt, gefärbt, übertünkt sein. Denn die Welt, die von
ihm regiert wird, glaubt nicht, was sie bekennt, und, was sie glaubt,
bekennt sie nicht. Was sie sagt, thut sie nicht, und sagt nicht,
was sie thut. Was sie verlangt, will sie nicht, und verlangt nicht,
was sie will. Was sie lehrt, weiss sie nicht, und was sie weiss,
lehrt sie nicht. Jammernd lacht sie, und mit Lachen jammert sie.
Sie heischt Geld, und verkauft Wind. Sie lobt das Licht, und liebt
die Finsterniss, verbeut die Lügen, und hasst die Wahrheit, reicht
das Gerade dar, und drängt das Krumme auf, verspricht alles, um
nichts zu halten, sucht den Himmel, den sie flieht, meidet die Hölle,
in die sie sich stürzt, betet mit dem Munde an, den sie im Herzen
verläugnet, und erbaut mit der Zunge, was sie durch die That zer-
stört. So ist alles Larve der Menschen und Hülle des Satans!
Dass ich nun diesen Wind und Schaum, dieses Schattenspiel,
diese Seifenblasen oder wonn's noch etwas leichteres giebt, als das
leichteste, durch Erfahrung — der göttlichen Gnade sei es gedankt!
— im Innersten kennen lernte, und mit lauter Stimme tadelte, reuet
mich nicht im Geringsten.
Zwar ist meine Absicht, mit treuer Thätigkeit in Unschuld ver-
banden, all diese Täuschungen aufzudecken und zu strafen, Deiner
Hoheit schon längst bekannt, und hat mir auch, wenn ich nicht irre,
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— 14 — '
Deine Gnade erworben. Daher möchte es überflüssig scheinen, vor Dir
ein weitläufiges Zengniss abzulegen, weil so wohl meine Schriften laut
davon reden, als auch meine guten Gesinnungen durch Privatbriefe
Dir hinreichend bekannt sind. Allein da durch den schrecklichen
Calwer Brand alles, was ich in dieser Absicht sorgfältig ausgearbeitet
hatte, nämlich, mein Theophilus und die Apologie meiner Arbeiten
und meines Charakters, zu Grunde giengen, und nicht leicht bey dem
anhaltenden Sturme von Geschäften wieder hergestellt werden können,
so glaubte ich, eine aufrichtige Darstellung meines kummervollen
Lebens — das einzige, was, bei treuen Freunden hinterlegt, von
dem Feuer unbeschädigt blieb ! — Deiner Hoheit vorlegen zu müssen.
Aus dieser kannst Du mich nun nicht nur näher kennen lernen, und
davon, wenn Dir gefällig ist, für Dich Gebrauch machen, sondern
ihr auch, durch Dein grosses Ansehen und Deine ausserordentliche
Klugheit, bei andern Beifall verschaffen, und so die Sache des
Christenthums , auf die es hier allein ankömmt, von der Hinterlist
des Satans, die er mir durch beissende Verleumder stellt, klüglich und
mächtiglich retten. Nach Deiner übergrossen Gütigkeit wirst Du
auch wollen und kannst mir noch bei meinem Leben oder todt nach
Deiner Macht diese Gunst erweisen, als warum ich Dich bei allem,
was heilig ist, bitte. Dieses Lob Deiner Gnade will ich vor dem
Richterstuhle Christi, im Angesichte aller heiligen Streiter, namentlich
auch eines Luthers, Brenz, Andrea, Arnd, Hafenreffer, GerJiard,
und anderen treuen Hirten der göttlichen Heerde gegen die Eitel-
keitskrämer, Schwäzer, Bauchpfaffen, pseudo-evangelische Feueran-
bläser, Böke und Schweine, niederlegen. Lebe wohl, Du Krone der
Fürsten.
Geschrieben zu Stuttgardt, am Tage des heil. Andreas 1642
Deiner Durchlaucht
unterthänigster Verehrer
Joh. Vol. Andrea,
der Theol. Dokt.
eigenhändig/'
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Im Jahre 1650 kam Andrea als Abt nach Bebenhausen, von
wo ans er sich zu seiner Erholung* im Monat Mai über Stuttgart nach
Calw begab; von dort aus wartete er in dem nahen Teinach dem
Herzoge und dem Hofe auf, besuchte sodann den Einsidel, durch den
Herzog Eberhßrd I. im Bart sein Andenken verewigt hat,* und fand an
einem alten Thurme Spuren der alten Zeit, indem da eingehauen war :
„Attempto (ich wags!) angefangen 1482" (10 Jahre nach dieser Zeit
erfolgte die Stiftung des Klosters zu St. Peter im Schönbuch), er-
neuerte seine Freundschaft mit dem Commandanten Conrad v. Wieder-
hold, und kehrte wieder nach Bebenhausen zurück. 1651 übernahm
er die General-Superintendenz über die Kirchen, und begab sich
bald darauf zum Landtage nach Stuttgart. Als er im Jahr 1652
ziemlich erkrankte, besuchte ihn die Prinzessin Antonio,, < die in die
Reihen der gelehrten Prinzessinen** gehörende Tochter des Herzogs
Johann Friedrich von Württemberg, in Begleitung des Grafen von
Solms, des englischen Grafen JRobert Mandeville, des Herrn von
Münchingen und von Flemming.
1653 kehrte Herzog Eberhard III. auf einer Schweinsjagd
begriffen mit einem zahlreichen Gefolge in Bebenhausen *** ein,
indess konnte ihm Andrea Krankheits halber nicht aufwarten,
dafür ihn dann die Prinzessin Anna Johanna mit der Gräfin
Stolberg besuchte. 1654, im Monat Februar, wurde Andrea als
Abt nach Adelberg versetzt, musste jedoch schon Ende März als Mit-
glied des engeren Landschaftsausschusses nach Stuttgart reisen, wo
* Daselbst, sagt Andrea in seiner Selbstbiographie, ist auch der Hagdornbaum,
der, zu 52 Ellen ausgebreitet, auf 40 Säulen ruht, nach der Sage von Jerusalem gebracht,
und zum Andenken da verpflanzt wurde.
** Ein Andenken von ihr ist die in der Kirche zu Teinach aufgehängte Tafel,
Turris Antonia genannt, die zu erklären Dr. Raith eine nachher gedruckte Predigt hielt.
Antonien'» Lehrer im Hebräischen und in der Cabbala war der Pfarrer zu
Monster bei Cannstadt, M. Joh. Jacob StrSlin.
*** Seifbold In der von ihm im Jahre 1799 herausgegebenen Selbstbiographie
Valentin Andrea' 's sagt:
Wegen des nahen Schönbuchs ist immer eine Niederlage von Jagdgeräthen im
Iloster Bebenhausen. Zur Sitte jener Zeit scheint zu gehören, dass auch Hoffrauen-
zünmer auf die wilde Schweinajagd giengen.
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— 16 —
er den 27. Juni desselben Jahres, als er eben im Begriff war, einen
noch an demselben Tage Mittags an Herzog August diktirten Brief
zu unterschreiben, auch noch die zwei ersten Buchstaben seines Namens
zusammengebracht hatte, am dritten vom Tode gehemmt, im Beisein
der Schwester des Herzogs Eberhard, Anna Johanna , % und 7 Geist-
licher Abends 7 Uhr seinen Geist aufgab.
Noch kurz vorher hatte er bestimmt, man solle seinen Leich-
nam auf dem Kirchhofe ausserhalb der Stadt unter dem freien Himmel
zu anderer Christen Körper begraben und mit seinem Begräbniss kein
Gepränge treiben, da es lauter Eitelkeit sei.
Am 30. wurde er unter grossem Gefolge auf dem äusseren
Hospital-Kirchhofe zu Stuttgart beerdigt und, wie Seybold wörtlich
verzeichnet, • auf sein Grab folgendes Epitaph gesetzt:
„A. I. H. S. 0.
JOH. V. A. S.S. T. D. Herronb. Jo. Abbatis Regiof. F. Jacobi,
Theologi incompar. Nepos, Abbas Adelb. P.P. Augusti, Br. & Luneb.
itidem Eberhardi Virtemb. Consiliarius Patriae Antistes longe meritiss.
postquam Ecclesiae Christi Vaihingae VI., Calvae XIX. Stutg. in
aula XL, Bebenhusae IV. ann. voce & exemplo, litteraturae Chri-
stianae & disciplinae Eccles. heroico spiritu & calamo L. annos omni
fide & dexteritate, Vir Dei, inserviisset, Decus rei litter. artif. mechanic.
orthodoxiae regulärem vere Theologus matrim. XL. aet. LXVII.
27. Jun. M.D.C.LIV. vitae simili morte placide obdormiens, huc ad
Tubae Dei Sonitum depositus, desiderium."
In der Kirche selbst aber ist an der steinernen Emporkirche
ein anderes Epitaph angebracht mit folgender Inschrift:
„JOH. VALENT. ANDREAE, Vir Dei, Theol. D. nat. 1586.
d. 2. Aug. Herrenb. P. Johannem Abb. Regiofont. Jacobi Herois fil.
habuit. Tota vita Deo, Liter, artibus, Eccles. Mechan. omnibus perutilis ;
postquam IX., Schol. Sc peregrinando, Vaihingae Diaconatum VI. Calv.
XIX. in aula <fc Curia XI. Abbas Bebenhus. IV. Praesul. Adelbergensis,
Patriae Antistes, P.P. Augusti Brunsv. & Luneb. ab Eberhardi Wur-
tenb. Consiliarius fidissimus absolvisset, raaritus Agn. Elisab. Grünin-
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geria-Efferinae XL. A. regulariß orthodox. & vitae exemplum mor-
talitatem exuit, A. M.D.C.LIV, d. XXVII. Jun."
Andrea war ein Mann, der, wie Herder sagt, in seinem Jahr-
hunderte wie eine Böse unter den Dornen blühte.
Der bekannte Dichter Conz, ein Nachfolger Andrea 's im Diako-
nate zu Vaihingen, sagt in einem auf Andrea gemachten Gedichte
n. a. Folgendes:
„Nein! ich täusche mich nicht, ich seh' dich im heiligen Glänze,
Fühle mich näher dir da, wo du gelebt und gewirkt,*
Wo du im engen Bezirk' und auf undankbarem Boden
Saaten streutest, verkannt, dennoch nicht müd' in dem Fleiss;
Hart vom Schicksal geprüft, dem Schicksal nimmer erlägest,
Sondern im Kampfe dich nur stähltest zu härterem Kampf etc.*
Yon dem schon erwähnten Herausgeber der Selbstbiographie
Johann Valentin Andreü's, dem Professor Seybold, rührt folgendes
Gedicht her:
An
3öh. Valentin Andrea.
In deinem Calw — da war dirs einst so wohl,
Verewigter! und nur der Gottheit Wink
Riss dich heraus aus deinem Thal', wo du
Die Früchte deiner Arbeit erndtetest.
Nach Stuttgardt wanderst du aus Stolze nicht —
Nein! nur den Blick nach höherm Ziel gelenkt,
Fürs Vaterland zu werden, was du warst für
Calw —
Der guten Sitten und des wahren Christenthums
Beförderer! doch Neid' und Hass und Geiz
Bestreuten deinen Pfad mit Dornen oft.
Da stärktest du alljährlich fast
In deiner Calwer Arm, an Teinachs Born,
Zum neuen Kampf mit Nattern dich.
Kehr' nun nach deinem lieben Calw zurück,
Und leb' in deinem Leben da aufs neu,
Und freue dich der Edeln, die du find'st.
* Von 1614—20.
0. Oemrgii'Gtorgenatt, Biographigoh-Genealoglache Blätter etc.
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Du findet wohl Dörtenbache noch,
Vielleicht auch Ritalin, Demmlere vielleicht,
Wo nicht dem Namen, doch den Werken nach,
Ganz deiner Liebe würdig, ihrer du!
Auch blühet noch dein Lieblingswerk,
Das Färberstift, dem schönen Zweck geweiht,
Zu nähren fromme Armut und Talent.
Dein Geist umschweb 1 der Nagold regen Strand,
Auch mir durch Schwestern, Schwäger, Bruder
werth,
Und werth durch manchen Bidermann!
Andrea verfasste auch im Jahre 1630 den noch heutzutage
von der Stadt Calw geführten Wahlspruch:
„So lang Calw ehrt die Göttlich Waid
Und hört der Obrigkeit Bescheid,
Handelt redlich und treibt Arbeit,
Erhält Frieden und Einigkeit,
Bewahret Hauszucht und Reinigkeit,
Ist wohl vergnügt mit Massigkeit,
Nimbt sich der Armut an allzeit
Und bleibt bei alter Tracht und Kleid,
So lang hat Calw Glück, Ehr und Freud,
Gott geb, dass ihr der kein's erleid*.
Das schönste und bezeichnendste Zeugniss gab der bekannte
Gottesgelehrte Jacob Spener dem Wirken Andreä's mit dem Aus-
spruche: »Könnt ich Jemand zum Besten der Kirche von den Todten
erwecken, es wäre Valentin Andrea.«
Andreä's Ehegattin war Agnes Elisabeth, des Pfarrers zu Poppen-
weiler Josua Grfluinger* und der Barbara des Superintendenten zu
Mömpelgard, nachmaligen Pfarrers zu Winnenden Heinrich von
* Bruder des Erasmua Grtlnmger, Oberhofpredigers und Consistorialraths in
Stuttgart, Probsta daselbst, Stifter der Erasmus Grüninger'achen Stiftung, vermählt
I. mit Agnes, geb. Kommer eil; II. mit Ursula, geb. Kieatl: III. Agmts, geb. v. YarenbMer,
(Gründerin der Varenbuler-Gruninger-Hiller'achen Stiftung.)
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Eiferen, Tochter, welcher Ehe 9 Kinder entsprossen sind. Von ihnen
starben folgende in der Jugend: Conoordia, Agnes Elisabeth, Ehren-
reich, Varemnnd, Johann Valentin und Patientia, die übrigen
sind:
I. Maria geb. 1616, vermählt mit Jung reter Walther,
Mitstifter des Färberstifts in Calw.
IL Agnes Elisabeth, geb. 1620, vermählt als dritte Frau mit
JoMnn Buhle, Kaufmann in Calw. Dessen I. Gattin war Anna
Maria, geb. Kleinbub; die II. Catharina, geb. Schauber;
die IV. Anna Maria Ergenzinger.
HI. Gottlieb, geb. zu Calw 1622, 19. September, studirte zu
Nürnberg und Altorf, wurde Vicar zu Stuttgart 1642, Dia-
conus zu Cannstatt 1643, Pfarrer in Wangen 1650, Diaconus
in Weilheim 1659 und in letzterem Jahre auch Poeta lau-
reatus. Er starb 1683, 10. Docember. Seine Gattin war
Barbara, eine Tochter des Johann Saubert, Pfarrers zu St.
Sobald in Nürnberg, welcher Ehe 9 Kinder entsprossten.
Ebenfalls aus der Andrea 1 sehen Familie entstammt, nach Pro-
fessor Dr. A. Haakh in Stuttgart, Schiller's Laura und zwar in der
Person der durch Geist, wie durch Schönheit ausgezeichneten Wilhelmine
Andrei, einer Tochter des Med. Dr. in Stuttgart, Jacob Eberhard
Andrea und der Marie Louise Friedericke, geb. Mffgling. Dieselbe,
eine Nichte der Hauptmännin Vischer, welch letztere nur die Ver-
traute von des Dichters Liebe war, vermählte sich den 3. Juni 1783
mit dem Stabs- Amtmann in Freudenthal, zuletzt Finanzrath in Stutt-
gart, Joh. Friedrich Bayha.
Der Andreä'sche Name blüht noch heutzutage in Frankfurt a.
Hain und in Mühlheim am Rhein; in letztgenannter Stadt sollen
Nachkommen dieses Geschlechts eine Seiden-Fabrik besitzen, welche
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Branche dem Vernehmen nach von einem ihrer Vorfahren im XVI.
Jahrhundert von Calw aus dahin verpflanzt wnrde.
Du Fürstlich Württembergische Dienerbuch enthält folgende höhere Beamte des
Kamera Andrea (Andre*): 479. — Eberh., Probat 295.— Georg Leonh., d. Pfleger 263, 278. —Joe.,
C&ncelUrias 579; Exped. Bath 143; Pfarrer 434. — Joh u Abt 298; Pfarrer 452. — Joh.
Frid. Zach., Ambtsschreiber 323. — Joh. Ludw., Geiatl. Verwalter 449. — Joh. Marx,
Vogt 488. — Joh. Val, Abt 238, 257 ; Hofprediger 191, Pfarrer 410. — Enderie (Endtrin)
Hang, Vorstmaister 522. — Joh., Cl.Pfleger 343, . Stiftsverwalter 372. — Joh. Jac, Vorst-
malster 522. — Joh. Wilh. t Cl. Pfleger 285, 334. Gtaistl. Verwalter 479. — Matthäus.
Vogt 383, 488.
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Autenrieth.
Der Name „Autenrieth" auch in anderen Schreibarten Authen-
rkth, Autenried, Audenried, Uttenried, Utenried u. s. w. kommt
in ganz Deutschland und der Schweiz, vorherrschend aber in Süd-
deutschland vor ; am häufigsten auf den Dörfern der württembergischen
Alb zwischen Blaubeuren und Münsingen, in diesen beiden Städten
selbst, sowie auch in Ulm und Heidenheim.
Wober nun dieser seltsame und originelle Name?
Unweit Günzburg im Königreich Bayern liegt ein Dorf Auten-
ried mit einem schönen gutsherrlichen Schloss, nach zahlreichem Wechsel
der Besitzer jetzt dem Freiherrn von Neurath gehörig. Im Jahr 1409
besass Autenried ein Hiob von Antenried •, welche Familie aber wie
es scheint 1488 ausgestorben ist, denn in diesem Jahr fiel das Be-
sitzthum an Heinrich von Euchel.
Auch im bayrischen Allgäu liegt ein Weiler Namens Autenried.
Bei Erlangen aber findet sich ein Ort Uttenreuth und im württem-
bergischen Oberamt Gaildorf ein Ort Ottenried, sonst kommen in
Bayern noch Ottenrieth und Ottoried vor.
Ob der Familien-Name Autenrieth von einem dieser Orte herrührt,
steht gleichwohl sehr dahin. Diese Orte alle hiessen wahrschein-
lich zuerst Otto- (Udo-) Küti (Reute), von dem, der sie zuerst als
Einzelhof gegründet und das Feld urbar gemacht hat.
* Eine freiherrliche Familie von Autenried, die Im Jahr 1783 den Adel erhielt»
Mäht Im GroMheraogthum Hesaen.
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Der vor einigen Jahren verstorbene Professor Holtzmann in
Heidelberg in seiner Schrift «Kelten und Germanen» hat einen andern
Fingerzeig gegeben.
Er führt eine Reihe Namen ans der ältesten Zeit, die offen-
bar germanischer Natur seien, darunter auch <Autarit> auf und
bemerkt,, dass bei diesem letzteren Namen in der Jetztzeit kein an«
nehmbares Analogon sich finde. Es war ihm nicht bekannt, dass der
Name Autenrieth so häufig ist und auch im Grossherzogfchum Baden
vorkommt, z. B. in Lahr und in Mannheim unter den höheren
Ständen.
Gedachten Namen hat Holtzmann im Geschichtswerk des Polybius
gefunden. Autarit war Anführer einer gallischen Hülfsiegion der
Carthager, seine Schicksale beschreibt Polybius an verschiedenen Stellen
seines Buches.
Eine davon lautet:
„Tolc 8s icepi tov Auiapnov, tov tu>v raXaxiv ijYejiova"
(Polybius I. 77).
Der Name des „Autharich", Königs der Longobarden, t 590,
Gemahls der Prinzessin Theodolinde von Bayern, mag derselbe sein.
Ob diese Namen Zusammenhang haben mit den «Autariaten»,
einem Volk in Illyrien, ebenso wie der in Württemberg häufig vor-
kommende Name «Morlok» mit dem dalmatinischen Volksstamm der
Morlaken, wer kann es wissen?
Die älteste Spur des Namens Autenrieth bei uns findet sich,
soweit bekannt, in einer Pergament-Urkunde von 1333, also bald nach
dem Aufkommen der bürgerlichen Geschlechtsnamen, wo Lanrentius
Uttenriet in Blaubeuren eine Gült verschreibt. Der letzte katholische
Abt in Lorch , welcher Laurentins Antenried hiess , hat 1535 bei
der Sekularisation des Klosters mit Leibgeding sich abfinden lassen.*
Die beiden Benediktiner-Klöster Blaubeuren und Lorch standen
wechselseitig in besonders befreundeten Beziehungen; diese beiden
* Vgl. v. Stalin, .Geschieht« von Wirtemberg", 4. Theil, L Abtheilung, Seite 394.
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Laurentius mögen daher von gleicher, vermuthlich namhafter Familie
gewesen sein.
Ein anderer Autenrieth von Blaubeuren war zu Anfang des
vorigen Jahrhunderts Gestütsmeister in Offenhausen.
Von der in Stuttgart längst eingesessenen Familie, die tradi-
tionsweise ihre Abstammung auch von .Blaubeuren ableitet, sind zu
bemerken :
Jacob Friedrich Antenrieth, geboren 1740 zu Stuttgart, stu-
dirte Cameral- und Rechtswissenschaft, verwaltete hierauf mehrere
Jahre das seiner Mutter zugehörende, durch ihren ersten Gatten von
der Pw/oriWschen Familie erkaufte, Kunkellehengut Waidenstein und
Schorndorf, und trat später als Regierungs-Secretär in den Staats-
dienst. 1 778 wurde er Professor an der hohen Karlsschule in Stutt-
gart, 1787 Rentbeamter zu Schorndorf, reiste wenige Jahre nachher
1794, wie es scheint missmuthig über die jählings erfolgte Aufhebung
der hohen Karlsschule, nach Nordamerika* (Boston), um sich dort an-
zukaufen, kehrte jedoch bald zurück, wurde wiederum bei der Rent-
kammer und zwar als Vicedirektor angestellt 1795, und zum wirk-
lichen Geheimenrathe ernannt. Er starb mit Hinterlassung vieler
Schriften im Jahr 1800. Sein Grabstein, eine runde Marmorsäule,
steht im mittleren Wege des Hoppenlau- Friedhofes zu Stuttgart.
Söhne desselben:
August Friederich Antenrieth, geboren 22. Aug. 1771. Der-
selbe hatte sich dem Cameralfache gewidmet, machte später die Reise
des Vaters nach Amerika mit und kehrte von da in Gemeinschaft
des letztgenannten und seines Bruders Ferdinand, da sie sich durch
* Vor einigen Jahren starb als vielfacher Millionär in ledigem Stande zu
Philadelphia ein Leid» Andenried , Miteigentümer grosser Steinkohlen -Geschifte in
Philadelphia, Boston etc. r welcher im Jahre 1874 auch in Stuttgart weilte. Er war der
8ohn eines aas der Gegend von Basel im 21. Jahre nach Amerika ausgewanderten
Lewis Andenried, geb. im Canton Basel 22. October 1757. Der Vater des Letztgenannten
fahrte nach den Mittheilungen seines Urenkels, des jetzigen Amerikanischen Obersten
in Washington, Joe. C Andenried, die Namen Johann Caspar, machte unter dem Marschall
«m Backten im Jahre 1745 die Schlacht von Fontenoy mit und war mit Rosine Köhler ver-
mählt Geschwister dem Lewis Andenried des Aelteren waren : Nikolaus jung t ; Caspar
und RoeaUnde.
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die dort herrschende Unredlichkeit abgestossen fanden, in's Vaterland
zurück, wo er als Oberrevisor des Steuercollegiuras den 27. Mai 1832
starb. Autenrieth war ein besonders wohlthätiger Mann und hinter-
liess das von ihm bewohnte kloine Haus Nr. 1 der Hospitalstrasse
als Stiftung zu Schullehrer- Wohnungen. Dasselbe trägt noch heut-
zutage folgende Gedenk-Tafel :
» Schullehrer- Wohnung
gestiftet
von C. F.* Autenrieth 1832.
Ehre seinem Andenken.«
Johann Hermann Heinrich Ferdinand von Autenrieth,** geb.
ebenfalls zu Stuttgart den 20. Oct. 1772, erhielt seinen ersten Unter-
richt auf dem Gymuasium seiner Vaterstadt. Schon nach dem 13.
Lebensjahr besuchte er die an der hohen Karlsschule zu Stuttgart ge-
haltenen Vorlesungen über Naturwissenschaften und Heilkunde. Sein
frühreifes Talent, grosser Fleiss und wie er öfters erwähnte, der be-
lebende, bildende Umgang mit akademischen Freunden, wie Jäger,
Hopfengärtner, Klein, Hartmann u. s. w. (lauter ihm vorangegangene
berühmte Schüler der Academie) machten es möglich, dass er schon
im 20. Lebensjahre die medicinische Doctorwürde erwarb. Gleich
darauf bereiste er ganz Oberitalien, besuchte längere Zeit die Vor-
lesungen Scarpa's und Frank's zu Pavia, ging von hier über Triest
und Wien nach Ungarn und kehrte 1794 als praktischer Arzt nach
Stuttgart zurück. In Zeitschriften theilte er seine Reisebemerkungen
über die medicinische Schule zu Pavia und über die Bergwerke zu
Chemniz mit. 1794 reiste er mit seinem Vater nach Nordamerika
(Pennsylvanien) , praktizirte V2 Jahr zu Lancaster und überstand
daselbst das gelbe Fieber. Während dieser Zeit schrieb er Mehreres,
* C. F. ist übrigens nicht richtig, es sollte A. F. heissen.
** Seine Schwester Luise Friederick«, geb. zu Stuttgart 0. Sept. 1776, t 7. Novbr.
1843, vermählte sich 8. Juli 1798 mit dem damaligen Oberrregierungsrath und späteren
Präsidenten Benjamin Ferd. von MoM , und wurde so die Stammmutter der berühmten
vier Brüder dieses Namens.
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u. a. auch über die Seekrankheit. Nach IV2 Jahren nach Stuttgart
zurückgekehrt, erhielt er den Titel Hofmedikus. Noch vor der ge-
setzlichen Volljährigkeit ward er von dem akademischen Senat an
Stelle des verstorbenen Clos&ius zum ordentlichen Professor der
Anatomie, Physiologie, Chirurgie und Geburtshilfe berufen , ein Er-
satz, den die Universität nicht glücklicher hätte treffen können.
Bald war Atäenrieth eines der tbätigsten, einflussreichsten,
berühmtesten Mitglieder der Universität. Achtzehn gelehrte Gesell-
schaften des Auslandes erwählten ihn nach und nach zu ihrem Mit-
gliede; er legte übrigens auf diese Ehre wenig Gewicht.
An sogenannten akademischen Yokationen konnte es einem
solchen Manne natürlich nicht fehlen (die lockendsten waren nach
Halle, Breslau, Bonn, Berlin), aber, ohne je eine auch nur zu einer
Besoldungs- Verbesserung zu benutzen, lehnte er sie alle ab, weil,
wie er sagte, er es nicht für Recht hielt, seine Dienste dem Vater-
lande zu entziehen.
1812 ehrte ihn der König durch Ertheilung des Civilverdienst-
ordens, 1818 durch den Orden der württembergischen Krone. 1819
wurde er Vicekanzler mit den Rechten und Obliegenheiten eines
Kanzlers, bald darauf Königl. ausserordentlicher Bevollmächtigter in
Bezug auf die Bundestags-Beschlüsse, 1822 wirklicher Kanzler der
Universität, 1829 Chef der Universität, eine Stellung, die er bis zur
Organisation vom Jahre 1831, die ihn in die frühere Stellung eines
Kanzlers zurückversetzte, behielt. Viermal bekleidete er das Rektorat ;
17 mal das Decanat der medicinischen Facultät.
Autenrieth besass eine Vielseitigkeit, eine Detailkenntniss des
Gesammtgebiets der Heilkunde, wie sie, in einem Manne vereinigt,
höchst selten gefunden wird.
Eine grosse Anzahl berühmter Aerzte des Auslandes waren
seine Schüler; die ganze damalige Generation der württembergischen
Aerzte (mit wenigen Ausnahmen) verdankte ihm grossentheils ihre
ärztliche Bildung.
Das Clinicum ist recht eigentlich eine Schöpfung Autenrieths.
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Unterstützt von dem Minister Spittler , begann unter den mannig-
faltigen Schwierigkeiten und unter der speziellen Leitung Autenrieths
der Bau des Clinicums im Jahr 1803. Im vollsten Glanz jugend-
lichen Talentes zeigte sich Autenrieth als Lehrer der Anatomie und
Physiologie. Sein treffliches Gedächtniss, das ihm die ganze Masse
der Thatsachen jener Wissenschaften in jedem Augenblick zu Gebot
stellte, seine räumliche Phantasie, seine Kunst durch sinnige Be-
nützung der vergleichenden Anatomie und der gesammten praktischen
Heilkunde den vorliegenden Leichnam gleichsam zu beleben, machte
ihn zu einem der geistvollsten Lehrer dieser Wissenschaften. Unver-
gleichlich war sein bewunderungswürdiger Scharfblick, mit dem er
die verwickeltsten chronischen Krankheitsfalle, die dem neu errichteten
Clinicum und seinem berühmten Vorsteher weit und breit zuströmten,
oft in wenigen Augenblicken durchschaute, den Zusammenhang der
Erscheinungen definirte, und oft von den überraschendsten Erfolgen
gekrönte Heilplane entwarf.
Hospitirende fremde Aerzte gestanden oft, hier in einer Stunde
mehr Neues als in Jahren sonst gelernt zu haben. Von seinem
Clinicum ging die Entwicklung der Lehre vom Genius morborum
epidemicus und eine bessere Aetiologie der chronischen Krankheiten
aus. An der völlig neuen Gestaltung des gesammten Medizinalwesens
Württembergs nahm Autenrieth mannigfach thätigen Antheil.
Autenrieth war ein geborener Arzt. In die verwickeltsten
Krankheitsbilder wusste sein Geist Klarheit zu bringen, und indem
er selbst glaubensvoll Rath ertheilte, weckte er unerschütterlichen
Glauben bei seinen Kranken.
Sein theilnehmendes Wesen, das keine Aufopferung oft bis
zum kleinsten Krankenwärterdienst für seine Kranken scheute, seine
einnehmende Persönlichkeit, die schon an sich Vertrauen erweckte,
trug wohl ebensoviel als sein ärztlicher Scharfsinn und seine um-
fassenden Kenntnisse zu den glänzenden Erfolgen seiner Praxis bei.
Nach Plouquet's Tod war er der beschäftigtste Arzt Tübingens; vom
In- und Auslande suchte man seinen ärztlichen Rath.
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Nach dem Tode Jägers ernannte ihn der König zu seinem
consnltirenden Leibarzt. Sein Ruf als Arzt war europäisch.
Autenrieth, sagt einer seiner Beurtheiler, verdient als Arzt die
ungetheilteste Hochachtung der medizinischen Welt; denn nur zu den
seltensten Erscheinungen gehören Männer, die wie Autenrieth Theorie
und Praxis mit so kräftigem Geiste umfassen. —
>Am 16. März 1835, Abends 8 Uhr, im Heimgehen vom
Universitäts-Gebäude, bekam ich einen Anfall von Brustlähmung«, das
sind seine eigenen Worte, mit denen er sich diese Begebenheit notirte.
Nach diesem Anfall, obgleich er sich wieder erholt zu haben
schien, hielt er sich für unfähig, seine mannigfaltigen amtlichen
Pflichten weiter zu erfüllen, und zögerte auch keinen Augenblick, die
Regierung um seine Pensionirung zu bitten ; doch, noch ehe diese ein-
trat, erhielt er in der Nacht des 3. Mai, nach einem heitern Abend-
essen im Kreise seiner Familie einen zweiten Anfall, der ihn schon
nach einer Viertelstunde tödtete.
Seiner gediegenen Werke sind es viele. —
Hermann Friedrich Autenrieth*, Sohn des Vorigen, geboren
1799 zu Tübingen, widmete sich dem Studium der Medicin, wurde 1823
ausserordentlicher, 1826 aber ordentlicher Professor der Medicin daselbst.
Er verfasste mehrere bedeutende Schriften und starb 1874. Kinder:
1. Malrina Autenrieth, vermählt mit dem Universitätsrath Stark
in Tübingen.
II. Katalle, vermählt mit dem Decan Kuhn in Urach.
Hl. Kreißgerichtsrath Autenrieth in Rottweil.
IV. Professor Autenrieth, Ingenieur und Mechaniker am Königl.
Polytechnikum zu Stuttgart.
Ebenfalls hierher gehörten:
Friedrieh Autenrieth, Königl. Württemb. Stallmeister, Bruder
des vorerwähnten Kanzlers, ein Schüler des berühmten Meisters in der
* ran« Schwester desselben, Pauline, geb. 1808, ist mit dem Oberjoattzrsth von
S4 9 both*n vermihlt.
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Beitkunst, Obersten von Bühler in Tübingen, und in seiner Jugend
selbst ein ausgezeichneter Reiter; er wurde nach längerem Aufent-
halte im Auslände als Assistent des Gestüts Verwalters Hartmann in
Marbach angestellt, auch nach dessen Tode langjähriger Verwalter
des Hauptgestüts Marbach. Später erhielt er den Titel eines Stall-
meisters. Im Hinblicke auf seine hervorragenden Fachkenntnisse er-
nannte ihn König Wilhelm auch zum Mitglied der Landesgestüts-
Commis8ion in Stuttgart. Er war ein äusserst gebildeter Mann von
grösster Herzensgüte und von einer musterhaften Wahrheitsliebe, Recht-
lichkeit und Generosität. Es war ihm gestattet, auf Staatskosten in
Marbach ein paar Pferde halten zu dürfen, was ihn veranlasste, wieder-
holt junge Fohlen aufzuziehen. Wenn er ein solches Thier verkaufte,
so bezeugten seine Bekannten von ihm, er sage dem betreffenden Pferde
eher zu viel als zu wenig Fehler nach.
Kaufte er von einem Bauern ein Fohlen, welches besser einschlug,
als es den Anschein bei dem Kauf hatte, so schickte er nachträglich
demselben zu dessen Ueberraschung eine ansehnliche Summe, weil das
Pferd so gut eingeschlagen habe. Diese Redlichkeit bewährte er in
allen Verhältnissen, obwohl ohne eigenes Vermögen und mit einem
so bescheidenen Einkommen ausgestattet, dass er auf's sparsamste
leben musste und lebte.
Er war von allen, die ihn kannten, als einer der edelsten und
liebenswürdigsten Männer verehrt. In seinem Fache hat er ein halbes
Jahrhundert segensreich in Württemberg gewirkt. Autenrieth war
der erste, der, gegenüber der Vorliebe des Königs Wilhelm für die
Beförderung der Zucht eines leichten Reiter-Pferdschlags, auf die Not-
wendigkeit einer Zucht schwerer Pferde aufmerksam machte und dazu
die Erwerbung von Stuten aus der Normandie empfahl, zu welchem
Ende er von dem Könige auch in die Normandie geschickt wurde.
Er starb im Sommer 1838 zu Niedernau, wohin er sich eben krank-
heitshalber begeben hatte, mit Hinterlassung mehrerer angesehener
Schriften über Reitkunst und Pferdekrankheiten. —
Von derselben Familie ist Stadtrath Autenrieth, resignirter
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städtischer Waldmeister in Stuttgart, noch lebend. Von anderer Linie
ist der Kaufmann Carl Autenrieth in Neuenstadt am Kocher (so
?iel bekannt aus der Marbacher Gegend stammend). Dessen Söhne sind :
Der verstorbene Hofbaumoister Wilhelm Autenrieth, geboren
20. Aug. 1794, f 1836, und Ludwig August ron Autenrieth, geboren
1803, 1 1872, 28. Nov., Regierungsdirektor in Reutlingen, Commenthur
d. Ord. d. W. Kr. und Commenthur I. Kl. des Fr. Ord. Ein Sohn
jenes Hofbaumeisters, Architekt Carl Autenrieth in Philadelphia, hat
sich durch viele grössere Bauten ruhmlich bekannt gemacht.
Von Blaubeuren stammen: der Kameralverwalter Autenrieth,
in Hall f 1844, sowie der Königl. Württembergische Oberfinanzrath
Aitearieth, f 1835. Söhne des Letzteren:
1. Julius von Autenrieth, geb. zu Heilbronn 1806, Commenthur
des Kr. 0., Commenthur I. Cl. des Friedrichs-Ordens, Ritter
des Königl. Preuss. rothen Adlerordens III. CL, welch letztere
Auszeichnung nebst einem schönen Andenken der beiden Fürsten
von Hohenzoliern er angestrengten Arbeiten für die Begrün-
dung und Entwicklung des Zollvereins in den Jahren 1832
bis 1836 verdankt. 1833 Finanz-Assessor in Stuttgart, 1840
Finanzrath in Ludwigsburg, als solcher erhielt er 1843 einen
Ruf in die neu errichtete Eisenbahn-Commission , nachdem er
zuvor in Wort und Schrift für das neue Verkehrs- Vehikel sich
aufgethan hatte, wurde Oberfinanzrath 1858, Director des
Steuerkollegiums 1862. Seit 1871 mit dem Titel und Rang
eines Präsidenten, vertauschte er 1872 seine Vorstandsstelle
mit derjenigen der Oberrechnungskammer und Staatskassen-
Verwaltung.
II. Otto Autenrieth, geboren zu Stuttgart 1811, ausgezeichneter
Mechaniker, starb 1860. Derselbe lieferte mehrere bedeu-
tende Aufsätze in technische Zeitschriften und war bekannt
durch Ausstattung der Realschulen im In- und Auslande mit
physikalischen Apparaten.
III. Albert Autenrieth, geboren zu Stuttgart 1813, studirte Theo-
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logie, flüchtete sich jedoch 1833 vor einer Untersuchung wegen
demagogischer Umtriebe von Tübingen aus in die Schweiz,
machte dort den Einfall in Savoyen unter General Ratnorino
mit, trat 1 834 in das Völker sehe Erziehungs-Institut zu Liver-
pool 1 in England als Lehrer ein, siedelte nach fünf Jahren in
Folge der Auflösung dieses Instituts nach Norwegen über und
wurde nach einiger Zeit Professor an der Militär-Akademie in
Christania, in welcher Stellung er 25 Jahre blieb. Als solcher
hat er durch deutsch-norwegische und norwegisch-deutsche Lehr-
bücher , die über ganz Norwegen verbreitet sind , sich einen
Namen gemacht. Er hat von Christiania aus die meisten euro-
päischen Länder bereist und ein Jahr in Urlaub in Italien und
auf Sicilien zugebracht. Während eines halbjährigen Aufenthalts
der Königlich Schwedischen Familie in Christiania waren ihm
die beiden Prinzen, worunter der jetzige König Oskar IL im
Unterricht anvertraut, wofür er von der Königin eine Brillant-
Nadel erhielt. 1869 nach Württemberg zurückgekehrt, starb er
1873 in Cannstatt, wo auf dem Ulf-Kirchhof sein Denkstein steht.
Schliesslich sind noch zu erwähnen:
Ernst ttottfrid Autenrieth, geb. 9. April 1699, Pfarrer zu
Neuhausen an der Erms 1747, schrieb »Vollständiges Württember-
gisches Magister-Buch« vom Jahre 1705 — 1771. —
Carl Autenrieth aus Carlsruhe, 1801 badischer Hofgerichts-
Advokat, 1807 Begierungs-Secretär, 1814 Oberamtmann, 1821 Hof-
gerichtsrath, 18280berhofgerichtsrath, 1837 Oberhofgerichts-Kanzler in
Mannheim, ein verdienter Staatsbeamter, der 1837 mit dem Ritterkreuz,
1841 mit dem Commandeurkreuz des Ordens vom Zähringer Löwen
ausgezeichnet wurde. Er trat 1849 in den Buhestand und starb am
20. Oktober 1854.
Das Fürstlich Württembergißche Dienerbuch enthält folgende höhere Beamte
dea Namen* : AuUnrieih (üttenried): Heinrieh, Cl. Schreiber 302. — Joe. Frid. t Exped.-
Bath 114; Gel. Geh. Rath 29 ; Keller 635, O.R. Registratur 83 ; Renth-C.Director 108.
— Joh. Ludw., Ambtmann 456 ; EeUer 480. 498 ; Laur., Abt 304*
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Backmeister, Eacmeister.
Johann ron Backmeister wurde den 1. Januar 1657 zu Bostock
geboren. Sein Vater Johann Backmeister, Med. Dr., war Hochfürst-
lich Mecklenburgischer Rath und Leibmedicus, auch 30 Jahre lang
Professor bei der Universität in Rostock; die Mutter Hedwig, eine geb.
Wolfrath;* der Grossvater Matthäus Backmeister, Phil, und Medic.
Dr., Hochförstlich Sachsen-Lauenburgischer Rath und Leib-Medicus,
auch Stadtarzt zn Lüneburg; die Grossmutter Sophia, des Bürger-
meisters von Rostock Johann Keüermann's Tochter; der Urgrossvater
Lucas Backmeister, S. S. Theol. Dr., Königlich dänischer Hofprediger,
nachgehends Professor der Theologie bei der Universität Rostock, auch
Superintendent daselbst, welcher die Concordienformel zusammenge-
tragen hat; die Urgrossmutter Johanna, des Phil, und Med. Dr.
Jacob Bording und der Francisco, des Patriziers zu Genua Thermi
Nigreni Tochter; der Urgrossvater Johann Backmeister lebte zu
Lüneburg ; die Ururgrossmutter Anna, eine Tochter des Matthäi Lnbing
und einer geb. Krnsen, „aus dem altberühmten Geschlecht der
Crusiorum."
Johann studirte auf der Universität zu Helmstädt die Rechte,
kam sodann nach Tübingen, (1677), in welcher Zeit seine Vater-
stadt durch eine zweitägige Feuersbrunst heimgesucht wurde, der
800 Häuser, darunter auch das seines Vaters mit all seinen kostbaren
Schätzen, sowie der darin befindlichen aus mehr als 4000 Bänden
bestehenden Bibliothek zum Opfer fielen.
* Dem Bruder derselben, Adolf Edlen von Wolfrath, Kurkölniscbem Geheimen .
Kriegarath, wurde Tom Kaiser Leopold I. der bei der Wolfrathischtn Familie von Alters
her gestandene Adel renorirt.
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Von Tübingen aus setzte er seine Studien in Altorf, Leipzig,
Strassburg fort und wurde nach Absolvirung derselben bei der da-
maligen Frankfurtischen Reichs-Deputation von Sachsen- Weimar als
Legations-Secretär angestellt. Nicht lange nachher trat er in Würt-
tembergische Dienste, in denen er im Jahre 1690 zum Geheimenraths-
Secretär befördert wurde.
1693 erhielt er das Prädicat eines Raths, 1695 das eines
Württembergischen Oberraths, 1696 wurde er von den Fürsten und
Ständen des Schwäbischen Kreises zu deren Rath und Syndicus, 1702
zum Hochfürstlich Württembergischen Geheimen-Legationsrath und
wenige Monate nachher zum Geh. Regimentsrath ernannt. Von dem
Antritt seiner Württembergischen Dienste bis zu seinem Austritt aus
denselben hatte er 76 Kreistagen als Gesandter beigewohnt und
11 Gesandtschaften an den Kaiserlichen Hof verrichtet. Als er im
Jahre 1698 zur Erledigung und Empfangnahme Kaiserlicher Reichs-
und Böheimischer Lehen für das Hochfürstliche Haus Württemberg ab-
geschickt war, bot ihm Kaiser Leopold 1. die Renovirung des bei
seinen Voreltern mütterlicher Linie gestandenen Adels öfters an, was
er jedoch jedesmal dankend ablehnte, bis ihm im Jahr 1701, da er
abermals als Gesandter des Schwäbischen Kreises nach Wien kam,
der Kaiser dieselbe Gnade aufs Neue antrug, und zwar in Verbin-
dung der Reichshofraths-Stelle, auch dabei ihm das Diplom nebst der
Erhebung in den Adelsstand mit dem Prädicat Edler von Back-
meister zuschickte, welche Ehre derselbe nicht mehr ausschlagen konnte.
Er starb den 22. Januar 1711.
Seine Ehegattin war Jobanna Christiana, Tochter des Herzogl.
Württembergischen vieljährigen Geheimen Regiments-Raths Johann
Christoph Keller. Dieser Ehe entsprossten:
I. Maria Hedwig, vermählt den 12. September 1701 mit dem
Herzoglich Württembergischen Ober-Justiz- und Kriegsrath,
nachmaligem Hessen-Darmstädtischen wirklichen Geheimerath
Wilhelm Ludwig Maskosky.
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II. Anna Jobanna, verm. 19. Juli 1707 mit dem Obristwacht-
meister Freiherrn Eberhard Friedrich von Gaisberg.
III. Johannes, t in seinem 2. Lebensjahre.
Ebenfalls dieser Familie entstammten:
Lucas Bademeister, geboren 1570, 2. November, Theol. Dr.,
Professor und Superintendent zu Rostock, f 1638. —
Lucas Backmeister, Sohn des Vorigen, Professor Theol. zu
Rostock, geboren 1605, f daselbst 1679. —
Heinrich Buckmeister/ J. U. Dr., Herzoglich Württembergischer
Oberrath und Cammer-Procurator, t zu Stuttgart 1692. —
Johann Backmeister, Med. Dr. und Professor in Tübingen, ge-
boren zu Travemünde 1680, vermählt mit Maria Sophia, geb. Mögling.
t 1748. -
Adolf Backmeister, Dr. Phil., Schriftsteller, vormals auch Re-
dakteur der Allgemeinen Zeitung in Augsburg und des Auslands, ein
Mann von hervorragender origineller Begabung, vielseitiger Bildung
und übersprudelndem Humor, der sich zur glücklichen Stunde bis zu
poetischer Genialität steigern konnte. Der Grund seines Wesens aber
war, wie bei allen ächten Humoristen ernst und tief, so dass ihm
mit Recht nachgerühmt wird, sein Herz sei immer dem Hohen zu-
gewandt gewesen und seine Feder habe immer im Dienste des Aechten
and Edlen gestanden.
Ueber seine Vorfahren schreibt er selbst in seinen »Germani-
stischen Kleinigkeiten« (Alte Familiennamen, Der Ursprung der Sprache
etc., Stuttgart 1870) Folgendes:
* Dieser ist in der Leichenrede des Johann von Bademeister als ein Vetter des
Letzteren Aufgeführt. Eine Tochter von ihm, Johanna Dorothea, wurde die Gattin des
Stabs- Amtmanns in Laichingen Georg Phü. Zech; ein Sohn dieser Ehe, Philipp Eberhard,
Freiherr von Zech, geb. 1696, Herzoglicher Geheimerrath, Kreisdirectorial-Geaandter, Oon.
sittorial-Prisident, Präses der Waldenser Deputation , ward von Kaiser Franz I. von
Österreich «wegen seinem guten Herkommen, stattlicher Vernunft, sonderbarer Fähig-
und Geschicklichkeit etc. in des Kaiserlichen und Römischen Reichs-Alt-Edlen-Panner-
tmd Freyherrenstand erhoben, gleich als ob er von i Ahnen vaterlich und mütterlicher,
seits hergeko mme n und geboren wäre.* Eben dabin gehört der Obrist «Lieutenant und
des Schwabischen Kreises Ober-Kriegscommissär Johann Carl Zech, t 1749.
e. Georgii-Georgenau, Biographisch- Genealogische Blätter etc. 3
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— 34 -
»Ich für meine Person bekenne aufrichtig, dass es mir ein be-
hagliches Gefühl ist, die Geschichte meines Geschlechts bis auf vier-
hundert Jahre zurück verfolgen zu können, seine Wandlungen und
Wanderungen zu beobachten, von der Backstube auf der Lüneburger
Haide nach den Küsten der Nord- und Ostsee, nach dem eisigen
Russland, in die harzduftigen Forste der Abnoba und an die Beben-
gehänge des schwäbischen Landes, zuletzt gar unter die Palmen von
Indien, an die Ufer der kanadischen Seen und an die Gestade des
stillen Oceans!
Und was Alles haben wir in diesen vierhundert Jahren für die
Welt geleistet ! Wir haben den Herzogen von Braunschweig ihr täg-
liches Brod gebacken, den Lüneburgern ihr Bier gebraut, der Königin
Wittwe Dorothea von Dänemark Hofpredigten gehalten, unter schwe-
dischen Fahnen uns sechs Jahre für unbestimmte Zwecke in Deutsch-
land herumgehauen, in Rostock, Kiel und Tübingen »Juristerei und
Theologie« gelehrt und geübt, den Mecklenburgischen Bauern in
Fritz Beuters Dialekt und den braunen Hindus in canaresischem
Prakrit das Evangelium verkündigt, den Herzogen zu Wirtemberg
und Teck ihr Ländlein regieren und ihre Finanzen verbessern helfen,
in Petersburg den St. Wladimirorden verdient, theologische, medi-
cinische, historische Werke geschrieben, auch »Persische Erzählungen«
und deutsche Kirchenlieder gedichtet, dem Lande Hannover einen
Minister, der stark dem Rückschritt, und den Yaukee's Lokomotiven
geliefert, die dem entschiedensten Fortschritt huldigten, wir haben
für die deutschen Grundrechte gefochten und gesessen, dem Admiral
Farragut den Mississippi erstürmen helfen, Zeitungen redigirt und
schliesslich dieses vortreffliche Büchlein geschrieben. Denkt man sich
aber wieder rückwärts in die Halbscheid des fünfzehnten Jahrhunderts
hinauf in die Zeit hinein, da wir uns noch Lüdike Willens schrieben
— wenn wir überhaupt schreiben konnten — so schliesst der freien
Phantasie eine unbegrenzte Bahn sich auf von Ruhmesthat und
Heldenthum. Dass die Willens mindestens einmal das heilige Grab
erobern halfen, mag nur nebenher erwähnt sein; es zu bestreiten
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— 35 —
hat noch kein Geschichtsschreiber gewagt; dass sie dem grossen
Kaiser Karl das Leben sauer genug machten, ehe sie als unentbehr-
liche Vorbereitung zu der späteren theologischen Laufbahn der Blut-
und Wassertaufe sich gefügt, dass ein Zweig des Geschlechts unter
Hengist und Horsa gen Britannien zog und Kelten und Römer ver-
tilgte — das sind Dinge, die Jedermann aus den Handbüchern der
Geschichte erfahren kann. Ist ja sogar urkundlich erwiesen, dass
im neunten Jahrhundert Liudiko van Katingthorpa fuäntich muddi rokkon,
20 Hetzen Roggen, an das neugestiftete Kloster Frekenhorst zehntete,
wie nicht minder Herr Willico van Grafthorpa 12 Metzen Roggen
und 1 Metze Gerstenraalz, dessgleichen Williko van Wersithorpa nigon
muddi maltes, 9 Metzen Malz (M. Heyne, Altniederdeutsche Denk-
mäler. Paderborn 1867.)
Haus Ludicke Willens eder Wilkens war damals noch in zwei
Linien geschieden. Weiter zurück wird die Sache freilich etwas
dunkel ; die letzten Spuren gibt Tacitus, wesswegen auch ein dank-
barer Enkel des Geschlechts seine Germania ins Deutsche übertragen
hat. Cetera jam fabulosa — mit eben diesem Autor zu reden. Ob
wir zu Puss über die Wolga und Weichsel aus Asien zugereist, auf
Schlittschuhen über das baltische Meer gefahren oder etwan, als die
Aera der skandinavischen Eiszeit zu Wasser wurde, auf einem errati-
schen Block in die herkynischen Wälder hinabgerutscht kamen —
hoc ego, lauten die Schlussworte besagter Germania, ut incompertum
in medium relinquam. Dagegen finden wir uns beim Thurmbau zu
Babel wieder lebhaft betheiligt und als das Unternehmen in Folge
verschiedener Unzukömmlichkeiten sich auflöste, entschieden wir uns
für das Arische als Familiensprache und verdienten unser Brod durch
Privatstunden im Altgothischen. Die hebräischen Studien nahmen
wir erst später in Rostock und Tübingen wieder auf, blieben jedoch
bis in die neuere Zeit herab der Germanistik ergeben. Die Geschichts-
quelJen für die Zeit vor Babel sind Jedermann geläufig; spezielle
Familienpapiere hat bekanntlich nur die Familie de la Tour aus der
ffoachiscben Sintfluth gerettet.
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— 36 —
Der schimmernde Herbstfaden, an dem wir mit einem leichten
Hauch des Mnndes unsere Fantasie Jahrtausende rückwärts gesponnen
— er Hesse mit einem zweiten Hauche sich ebenso leicht in um-
gekehrter Richtung in die Nebel der Zukunft hinaustreiben. Zwischen
protologischen und eschatologischen Polen, zwischen dem, was war und
dem, was sein wird, schwankt ja ewig die von Fragen und Zweifeln
durchzuckte Menschenseele.
Den einen freut es, ein Enkel zu heissen und er fragt —
was waren meine Ahnen?
Den Andern gelüstet eine Ahne zu werden und er fragt —
was werden meine Enkel sein? — Wie lange wird "mein Name und
wird er in Ruhm und Ehre dauern ? in Nacht und Schande ver-
löschen? Für das einzelne Geschlecht kann Niemand stehen; über
Dauer oder Untergang unserer Familiennamen, wie sie heute sind,
bietet die Geschichte einige Auskunft» etc.
Bacmeister starb von Jedermann hochgeschätzt 1873 den
25. Februar zu Stuttgart im 46. Jahr seines Alters.
Das Fürstl. Württemb. Dienerbuch enthält folgende höhere Beamte des Namens
Bademeister (Bacmeister, Backhmeister, Packmeister) : Dr. 119, 123, 386. — Carl Fr id., Reg
R.Secretarlus 74. — Christoph Heinr., Gelstl. Verwalter 525. — Friederich Benjamin
Heinr., Gel.O.Rath 62; Krlegs-Rath 100; Pageninformator 198. 199, Vogt 509. — Joe.,
Reg.R.Secretarius 74. — Adolph, Exped.Rath 111 ; Kriegs-Rath 100; Landschreib. Verwalter
116. — Rent. Ch.Secretar 125. — Joh., CraysSecretarlus 84; Geh. Secretarius 83; O.R.
Secretarius 70. —Joh. Frid, Keller 369, 467; Joh.Ueinr., Bergw.-Inspector 430;Cammer-
Procurator 109.
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izedby G00gle
Bardili.
Bnrckhard Bardili, J. Consultus, aus einer der ehemaligen Graf-
schaft Burgand angehörenden Familie stammend, wurde den 11. October
1629 zu Tübingen geboren. Sein Vater war Dr. Carl Bardili, Kaiserl.
und Herzogl. Württembergischer Rath und Leibmedicus, auch Professor
der Medicin daselbst; derselbe hinterliess 7 verheirathete Kinder,
nämlich 5 Söhne, (deren 4 Doctores, fürstliche Käthe und Professores
wurden, und einer .die Würde eines Prälaten errang) und 2 Töchter.
Dem Dr. Carl Bardili ist von dem Kaiserl. Pfalzgrafen und Ober-
vogte von Tübingen, v. GrüntJial, im Jahr 1637 der Wappenbrief
erneut worden. Die Mutter Regina, eine Tochter des »aus altadeligem
Burckhardtischzm Gescblechte entsprossenen« Professors der Philo-
sophie Georg Burckkardt; der Grossvater Carl Bardili, Emigrant;
Die Grossmutter Maria, Tochter des Pfarrers zu Eidingen Peter
Rottenburger. Ueber den ebengenannten Carl Bardili und seine
Familie äussert sich eine ältere Urkunde folgen der maassen : „Dise
famili ist eine urallte guthe famili aus der Franche Comte,
oder Gravschafft Burgund, und in specie auss der Stadt Dole
gebürttig und herkommend, allwo Sie vor mehr als 200 Jahren
hausshäblicb gewohnet; wie dann daselbst noch ein und andere
vestigia und monumenta davon zu finden. Nachdem aber vihle
familien von daraus wegen der Religion vertriben worden, hatt sich
der Stamm- Vatter der jetzt florirenden Bardilinischm famili, Carl
Bardili, anfangs in der Gravschafft Mömpelgardt und dasiger Fürst-
licher Residenz-Stadt, hernach in dem Herzogthumb Wirtenberg, und
zwar gleichfalls in der Fürstlichen Residenz-Stadt Stuttgardt, ohnge-
fähr umb das Jahr Christi 1580 häusslich niedergelassen." Er war
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— 38 —
es, der im Jahr 1592 Herzog Friedrich von Mömpelgard die Nach-
richt vom Tode Herzogs Ludwig brachte. Der Herzog schätzte Bardüi
besonders hoch.
Burckhard Bardüi widmete sich auf der Universität zu
Tübingen Anfangs dem Studium der Philologie und Philosophie,
trat jedoch bald darauf zum Studium der Rechtswissenschaft über
und doctorirte 1653.
Nachdem er noch in demselben Jahre zum ausserordentlichen
Professor, 1655 aber zum ordentlichen Professor der Rechte an be-
sagter Universität ernannt worden war, bereiste er in der Folge in
Begleitung mehrerer Freunde, n. a. des Dr. Lauterbach, die Säch-
sischen und Lüneburgischen Höfe, trat mit den dort befindlichen
berühmtesten Männern in enge Beziehungen und nahm dann über
Lübeck, Hamburg, Holstein, Schweden, Bremen, Westphalen und
Hessen den Bückweg ins Vaterland. Im Jahr 1660 wurde er von
Herzog Wilhelm Ludwig zum Rath und Assessor des 'Herzoglichen
Hofgerichts ernannt und zugleich als Assessor des fürstlichen Collegii
angestellt.
Das Bectorat der Universität bekleidete er sechs Mai, das
Decanat der juridischen Facultät gleichfalls mehreremale. 1689 wurde
er auf Kaiserlichen Befehl in der Compromiss- Angelegenheit der
Grafen v. Hohenlohe nach Nürnberg gesandt, wo er über 8 /4 Jahre
verweilte. Hauptsächlich berühmt wurde er durch die unter Lauter-
hactis — dessen Schüler er gewesen — und unter seinem Namen
erschienenen »Conclusiones theoretico-practicae ad Pandectas« (1692)
und durch Hinterlassung vieler sonstiger gelehrter Schriften.
Er starb, durch Belesenheit und practische Erfahrung ausge-
zeichnet, tief betrauert von Jedermann den 10. April 1692.
Seine Gattin war Justina, eine Tochter des Herzoglich Würt-
tembergischen Raths, auch vieljährigen hochverdienten Hofgerichts-
Assessors und der freien Reichs-Ritterschaft in Schwaben, Orts am
Neckar, Schwarzwald und der Ortenau Syndicus und Consulenten
Johann Philipp Ecker, und der Sabina, geb. Schlossberger.
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— 39 —
Kinder des BurcJchard Bardili:
I. Justina, vermählt mit dem Dr. jur. und Professor in Tübingen
Gottlieb Majer (Cmsianus).
IL Sabina Regina, vermählt mit dem Closterverwalter zu Beben-
hausen Johann Isaac Andler*
III. Christina Dorothea, vermählt erstmals mit dem Professor zu
Tübingen, Benedict Hopffer, zum zweitenmale mit dem Med.
Dr. und Professor, auch fürstlich Oettingen'schen Leibarzte,
Johann Zeller.
IV. Maria Magdalena, vermählt mit dem Eammerrath Ludwig
Michael Hirschmann.
V. Maria, vermählt I. mit dem Rentkammer-Expeditionsrath und
beider Rechte Doctor Samuel Hoser; IL mit dem Consulenten
in Augsburg Jeremias Setz.
VI. Burckhard Bardili, geb. 1658, Dr. jur., Herzoglich Württem-
bergischer Oberrath, vermählt mit der Tochter des Bürger-
meisters von Biberach Georg von Oanpp.
VII. Johann Philipp, Closterverwalter zu Maulbronn, Expeditions-
rath, vermählt mit Maria Catharina, geb. Mayer.
VIII. Heinrich, geb. 1666, Lieutenant im Herzoglich Württember-
gischen Leibregiment zu Pferd, gefallen bei Heilbronn durch eine
französische Kanonenkugel 1693 im Mai.
IX. Wilhelm Ludwig, geb. 1668, des innern Raths- und Bürger-
meister zu Heilbronn.
* Eine ebenfalls altwnrttembergische Familie, welche seit 1556 dem Württem-
bergiscben Staate fast ununterbrochen Dienste geleistet, auch sich nach Oesterreich ver-
zweigte, woselbst Nachkommen im XVII. Jahrhundert in den Adels-, später Freiherrn-
xmd zuletzt Grafenstand gelangten. Von der in Württemberg ansässigen Familie dieses
Namens stammt u. a. der vormalige Decan zu Heilbronn , Wilhelm Carl Victor Andler,
t 1831, dessen Nachkommenschaft noch jetzt in Württemberg fortblüht. Mehrere Epi-
taphien der Andler'schen Familie sind an der Kirche in Herrenberg angebracht. Conf.
die von Pfarrer Joh. Jacob Neu/fer in Dürrwangen d. a. 1767 beglaubigten genealogischen
Erläuterungen der AndUr'Bchen Familie, sowie die in der i/w* 'sehen „Chronik von Herren-
berg* enthaltenen Aufzeichnungen über dieselbe.
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X. Carl, geb. 1669, Pfarrer zu Untertürkhoim , vermählt mit
- Johanna Jnditha, Tochter des Probsts und Generalsuperinten-
denten zu Denkendorf Johann Friedrich Hochstetter.
XI. Felix Wilhelm, geb. 1670, Pfleger zu Vayliingen, verm. mit
Clara, Tochter des Superintendenten und Predigers zu Wert-
heim M. Förtsch.
Brüder des Burckhard Bardili:
I. Georg Conrad Bardüi, geb. 1626 f 1700, Med. Dr. und
Closter-Arzt zu Tubingen und Bebenhausen, verm. mit Catha-
rina Barbara, des Bürgermeisters von Cannstatt , Christoph
Kftlblin, Tochter.
II. Johann Joachim Bardili, geb. 1633 f 1705, Prälat zu
Blaubeuren, verm. mit Anna Catharina, Tochter des M. und
Pfarrers zu Gültstein Graeter. Ein Enkel Bardili 's, Namens
Carl Bardili, starb als Herzoglich Württembergischer Feld-
prediger in Brabant.
III. Andreas Bardili, geb. 1638 t 1700, J. ü. Dr., Herzoglich
Württembergischer Consistorialdirektor und Oberrath. Seine
I. Gattin war Anna Catharina, des Bürgermeisters von Tübingen
Erhard Wild, Tochter; die II. Ursula Dorothea, Tochter des
Bügermeisters von Esslingen Johann Philipp Weickersreutter.
IV. Carl Bardili, geb. 1641 t 1711,, Med. Dr Stadt- und
Land-Arzt in Göppingen , verm. : I. mit Christiana, des J.
U. Dr. und Syndicus von Reutlingen Johann Wendel Knrrer,
Tochter; II. mit Helene Cordnla, geb. Faber.
Ebenfalls dieser Familie gehören an:
Wendel Bardili, Herzoglich Württembergischer Bath. Derselbe
begleitete als Oberster-Hofmeister 1703 den kaum 14jährigen Maxi-
milian Immanuel, Prinzen von Württemberg, zur Armee CarVs XII. ,
blieb daselbst in der Eigenschaft eines Gouverneurs des Prinzen stets
in der Begleitung des grossen Schweden-Königs und kehrte erst nach
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des Prinzen in der Schlacht bei Pultawa erfolgtem Heldentod ins
Vaterland zurück.
Bardili starb im Jahre 1740 als Württembergischer Bath und
Probst zu Herbrechtingen.
Seine Ehegattin war Maria Eleonore, Tochter des Prälaten in St.
Georgen und Rectors des Gymnasiums in Stuttgart Tobias Menrer. —
Christ Gottfried Bardili, ein Vetter Schelling's geb. 1761,
17. (18). Mai zu Blaubeuren, wurde 1786 Repetent am theologischen
Stift zu Tübingen, 1790 Professor an der Karlsschule zu Stuttgart,
(wie es in Wagners „hoher Karlsschule" heisst: „An der Stelle des
an die philosophische Fakultät in Tübingen beförderten Professors
Abel, Repetent Bardili als Professor ordin. ernannt"), nach Auf-
hebung der Akademie 1794 Professor am dortigen Gymnasium und
Hofrath. Als Philosoph ist er noch heute durch «eine keimartige
and unvollkommene Entwicklung einer der Schelling-Hegerschen Phi-
losophie verwandten Weltansicht» bekannt. (Allg. Deutsche Biogr.
H., 56.) Er starb 1808 mit Hinterlassung mehrerer Schriften. —
Christian Wilhelm Heinrich Bardili, geb. 1789 zu Kirch-
heün unter Teck, wurde 1813 Diaconus zu Urach und starb 1847
als Professor und Bibliothekar zu Stuttgart.
Dessen Gattin, Frau Professor Bardili, welche in Urach lebt,
besitzt eine reichhaltige Sammlung von Alterthümern seltener Art,
Bildern in Oel gemalt und eingelegt, Glasmalereien, Krügen, Waffen
u. s. w., deren Besichtigung die Besitzerin mit grösster Liberalität
gestattet.
Dm Fürstlich Württemb. Dienorbuch enthält folgende höhere Beamte des Namens
Bardili (Bardely): Dlrector 63, 301; Dr. 152; Vlaitat. Secretarins 158. — Andreas Gel.
O.Ratb 62; Klrch.CaBtentAdvocat 149 ; KirchenRDirector 142; KriegsRath 100. — Burkh.
Cl.Pfleger 262; O.Rath 6a ; Prof. 98. — Card., LeibMedicus 195. — Christoph, Pfarrer 368.
— /Vttx WW$ t CtPfleger 293, 301, 316; Cl. Verwalter 324. — Georg Carl, Oaistl. Verwaltter
A72 ; Raya.8chaUheias 608. — Heinr. Wilh. t Amptochrelber 246. — Joach., Special 478.
— Joh. Joath. Abt 268 ; Pfarrer 532 ; Prälat 190 ; Probst 295. — Juh. Phil., C1.8cbaffner
$38; CLVerwaltter 316; ExpedRath 145; Pfarrer 465; RecbenbanckhsRath 152. — Wedlet,
Probrt 295.
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Bengel.
Johann Albrecht Bengel, „der Begründer einer biblisch-prophe-
tischen Schule in der protestantischen Theologie und hervorragender
Exeget des N. T.," wurde den 14./24. Juni 1687 zu Winnenden ge-
boren. Sein Vater, M. Albrecht Bengel, Diaconus daselbst, starb früh
als ein Opfer treuer Amtsverrichtung zur Zeit einer Seuche ; die Mutter,
Barbara Sophia, war die Tochter des Herzoglich Württemb. Con-
sistorialraths und Stiftspredigers, auch Abts zu Herrenalb Johann
Lorenz Schmidlin, und 4er Barbara Sophia, geb. Hafenreffer;* der
Grossvater, Joseph Beugel, Stiftsverwalter in Stuttgart; die Gross-
mutter Chrigtiana, eine geb. Vaihin, t 1661; der ürgrossvater,
M. Joseph Bengel, Pfarrer in Bennigheim, 1 1626; die Orgrossmutter
Euphrosina, geb. Megeuhart, t 1626; der Urur-Grossvater, Conrad
Bengel, Vogt zu Marbach, t 1610; die Ürur-Grossmutter, Anna,
geb. Ruthart, t 1616; der Urur-Urgrossvater Johann Bengel, dessen
in der von Erh. Cellius über den Tod Schnepfe gehaltenen Paren-
tation Erwähnung geschieht.
Johann Albrecht, wegen eingetretener gefährlicher Schwachheit
gäh getauft, ward, nachdem er 6 Jahre alt seinen Vater durch eine
Seuche verloren hatte, auch in demselben Jahre Winnenden von den
* Die Hafenreffer' sehen Voreltern Bind :
Magister David Hafenreffer, Special In Cannatatt, f 1627, dessen Gattin Elisa-
beth*, geb. von Egen, f 1666; Dr. Matthias Hafenreffer, CanceU. Tab., t 1619, dessen erste
Gattin Agatha, des berühmten Probate In Stattgart, Johann Brenz, Tochter, Matthias
Hafenreffer, Scholtheiss in Lorch, dessen Gattin Anna, geb. Heinriehmann ; Martin Hafen-
reffer, dessen Gattin, Christiana, geb. Kuch. Johann Hafenreffer in Rochberghausen.
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— 43 -
Franzosen eingeäschert worden war, mit seinem Bruder dem nach-
maligen Expeditionsrath und Vogte zu Sulz Joseph Bengel, t 1752,
(vermählt mit Angusta Sophia, geh. Beerlin,)* nach Marbach zur
Schule geschickt. Später kam er nach Schorndorf, zuletzt nach Stutt-
gart, (1699), in welch* letzterer Stadt er das damals unter dem
bekannten Bector Essich stehende Gymnasium besuchte. Im Jahre
1703 in das Herzogliche Stipendium in Tübingen aufgenommen, ma-
gistrirte er 1704, widmete sich nun ganz der Theologie, nach deren
Absolvirung er 1707 zu Mezingen u. Urach vicarirte. Im folgenden
Jahre wnrde er Bepetens im forstlichen Stipendio, zugleich 1709
Vicar zu Nürtingen, 1711 bei der Stadtkirche zu Tübingen und im
Sommer des gleichen Jahres in Stuttgart. 1713 zum Closter-Pro-
fessor und Prediger zu Denkendorf ernannt , bereiste er von da aus
Franken, Sachsen, Thüringen, Hessen und die untere Pfalz. Das clöster-
liche Amt bekleidete er 28 Jahre. Die damaligen Pröbste dieses
Clostere waren B. Hochstetter, Knoll, Drommer und Weissensee;
seine Collegen der nachmalige Abt zu Anhausen, Lieschiny, der als
Special in Nürtingen starb, und Steinweg.
1741 wurde Bengel zum Bath und Probst des Closters Herbrech-
tingen ernannt, 1747 kam er in den grossen, 1748 aber in den
engeren Landschaftsausschuss ; 1749 erhielt er die Prälatur Alpirs-
bach mit dem Wohnsitze in Stuttgart.
In seiner Lebensbeschreibung sagt er selbst u. a. : »Gegen
Höhere hielt ich mich als einen geringeren, gegen meinesgleichen
handelte ich je und je nach der Gleichheit, und geringere sah ich an
als solche, denen* zu Diensten die grösseren da sind.«
Bengel starb, nachdem ihm noch ein Jahr vorher die theo-
logische Fakultät in Tübingen die Doctorwürde ertheilt hatte, zu
Stuttgart 1752, den 2. November.
* Der Vater derselben war Johann Caspar Beerlin, Neustädtischer Forstverwalter zu
locberetefnafeld, vermählt mit Anna Maria, des Stadtpfarrers und Dekans in Reutlingen,
Magister Johann Jacob Fischer, Tochter ; der Grossvater Eberhard Beerlin, Neustädtischer
Forstverwalter zu Kocherateinsfeld.
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— 44 —
Er war, heisst es in einer der auf seinen Tod gemachten
Epicedien :
Ein Augo den Blinden,
Ein Rath den Sehenden,
Ein Leiter der Schwachen,
Ein Muster den Starken,
Ein Glanz den Gelehrten,
Eine Zierde der Kirche.
Seine Werke* sind weltbekannt geworden, es sind deren nicht
weniger als 29. In seinem Gnomon N. T. (Scholien zum N. T.),
Tübingen 1742, nahm er die Apokalypse als prophetisches Buch
an, berechnete nach ihr die Dauer der Welt auf 7777 7/9 Jahre,
bestimmte die Zeit Offenb. 12, 14 auf 777 7/9 Jahre; Alles was
von Offenb. 12, 14 — 20 steht, habe sich in den Begebenheiten seit
1058 wirklich zugetragen, das übrige aber werde sich in der Folge noch
vollziehen; so dass mit dem Jahre 1836 das Ende herbei komme.
Die Irrthümer in seiner Zeitrechnung hat Wurm nachgewiesen. Be-
sonderes Verdienst erwarb er sich um die Berichtigung des Textes
des N. T. ; die erste Ausgabe des N. T. mit dem kritischen Appa-
rat erschien Tübingen 1734, im Auszuge von Büttig Leipz. 1730
(später ohne den Apparat Stuttg. 1734, 38, 53, 77, Leipz. 1737.)
Als Dichter ist er ebenfalls bekannt geworden.
Seine Gattin war seit 1714 Johanna Regina, des Landschafts-
Einnehmers Friedrich Seeger Tochter. Kinder:
I. Sophia Elisabeth, vermählt mit dem Herzoglich Württem-
bergischen Hof- und Reise-Arzt D. Albert Jieichart Renss.
* Diese verlegte hauptsächlich die Firma „Joh. Christ. Erhard & Söhne/' sowie
„J. Chr. Erhard's Sohne" (J. B. Metzler). Die Verlagsthätigfceit dieser Firma war um die
Mitte des vorigen Jahrhunderts eine sehr bedeutende. Im Jahre 1873 14. August starb
der letzte Chef des Erhard' sehen Namens, Heinrich Erhard, geb. IC. Aprü 1796 als Sohn
des Herzogl. Advokaten und Buchhändlers Christoph Heinrich Erhard, und der Auguste
geb. MeUler. Seine Gattin war Elise, Tochter des aus Mömpelgard gebürtigen früheren
Karlsschülers, Freundes und Zimmergenos<jen von Schilter, Grammont. Heinrich Erhard
selbst übergab 18t>7 das Geschäft seinen beiden Schwiegersöhnen Leopold Werlitz und
Adolf Born.
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- 45 —
II. Johanna Rosina, verm. mit dem Kaiserlichen «wirklichen»
Bath zu Esslingen Christian Gottlieb Williardt.
III. Maria Barbara, vermählt mit dem Specialsuperintendenten und
Stadtpfarrer in Markgröningen M. Philipp David Burlc.
IV. Catharina Margaret ha, verm. mit dem Specialsuperintendenten
und Stadtpfarrer in Sulz am Neckar M. Eberhard Friedrich
Hellwag.
V. Victor Bengel, Medic. Lt. Practicus in Stuttgart, verm.
18. April 1758, mit Magdalena Elisabetha, geb. Moser.
Er starb 12. September 1759.
VI. Ernst Bengel, geb. 12. März 1735 zu Denkendorf. Der-
selbe trat in die Fusstapfen des Vaters und starb 1793,
1. April, als Superintendent und Abendprediger in Tübingen.
Seine Gattin war Maria Friederika, Tochter des Dr. Johann
Conrad Gmelin, in Tübingen. Sohn:
Ernst Gottlieb von Bengel, geb. 3. Nov. 1769 zu Zavelstein,
erst Prediger in Marbach 1800, hierauf erster Professor der Theologie
in Tübingen, 1800 Mitglied des Senats, später Superintendent des
dortigen evangelisch-theologischen Stifts und Probst der St. Georgen-
kirche, erhielt 1820 den Titel eines Prälaten und starb 1826, 23.
März, mit Hinterlassung verschiedener Schriften.
Gattin: seit 27. Febr. 1800 Jahanna Elisabetha, Tochter des
Decans in Neuffen Carl Friedrich Hartmann und der Sophia geb.
Becherer,
Die BengeFsche Familie blüht noch heutzutage im Manns-
stamm durch den einzigen Sohn des Vorbenannten:
Carl Ernst Albert Bengel, geb. 21. Sept. 1809, einen ange-
sehenen Arzt Württembergs.
Das FürstUch Württemb. Dienerbuch enthält folgende höhere Beamte des
Namen« Bengel (Bengell): Conr., Cl.Hofmateter 341; Vogt 488. — Joh. Albr., Abt 244;
Gei*tL Conaist-Rath 139 ; Probst 296. — Joseph, Cl.Verwaltter 269, 27* ; Galstl. Verwaltter
397; Schnltbeiaa 364: Stattachreiber 414; StlftsVerwaltter 553; Vogt 571.— Melch.
Diacon 548; Special 596.'
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Betulius.
Christian Betulius, „der Stammvater aller noch in Württem-
berg sich befindenden Betuliusischen", wurde im Jahre 1619, nach
anderen 1620 zu Wildenstein bei Eger geboren. Sein Vater, Daniel
Betulius, eigentlich Birkener, war Pfarrer in Wildenstein bei Eger
1629, und wanderte, da er der Religion wegen sein Vaterland ver-
lassen musste, nach Nürnberg aus, wo er in der Folge als Diaconus
an der heiligen Geist-Kirche angestellt wurde; d«»r Grossvater, Daniel
Betulius , Pfarrer zu Frauenreuth bei Eger ; der Urgrossvater, Wolf-
gang Betulius (Birken, Birkener), Pfarrer zu Stolberg am Harz.
Ueber Christian Betulius ist in der Betulius'schen Genealogie
Folgendes angeführt: «er 'wanderte mit seinem Vater und übrigen An-
gehörigen, insonderheit auch seinen zwei Brüdern, Sigmund von Birken/
(t 1681, 12. Juli), welcher seit 1645 unter dem Namen Floridan
Mitglied, seit' 1662 aber Präsident des edel gekrönten Blumen-Ordens
an der Pegniz gewesen, und Johann Salomo Betulius, nachmaligem
Pfarrer zu Grenzkirch in Curland, auch fürstlichem Hofprediger zu
Mitau, ebenfalls seit 1670 Mitglied besagten Blumen-Ordens unter
dem Namen Orontes, im Jahre 1629 in der Böhmischen Verfolgung
der Evangelischen, mit Zurücklassung alles zeitlichen Vermögens, von
Wildenstein in Böhmen aus ins Reich nach Nürnberg.»
* Sigismund a Birken dict. Betulius Com. Palat. Cacs., dramatischer Dichter
nnd bekannt durch sein historisches Werk „Oesterreichischer Ehrenspiegel", Nürnberg
1668, geb. 1626 zu Wildenstein, war seit 1646 zweiter Erzieher des Prinzen Anton Ulrich
nnd Ferdinand Mbrecht zu Brannschweig. Das Kaiserliche ihm zngetheilte Beichsadels-
Diploni, d. a- 1654 (das Kaiser Ferdinand ihm nebst einer Onadenkette verliehen), die
Palatinats, adelige nnd andere ansehnUche Privilegien enthaltend, nebst noch weiteren
Gnadenzeichen beaass noch im Jahre 1780 Joh. Chr. Betulius, priv. Antiquar ins in Stuttgart.
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In Nürnberg wurde er 1646 als Lehrer am Egidiengym-
nasium angestellt, darauf zum Pfarrer in Balzenheim, 1655 aber zum
Rector und „Extraordinariprediger" in Oettingen ornannt, 1657 — 60
war er ohne Amt in Nördlingen, wurde hierauf 1660 Diaconus in
Blaubeuren, Klosterpräceptor in Hirsau bei Calw 1668, Pfarrer in
Dusslingen 1674, zuletzt Stadtpfarrer in Sindelfingen, als welcher er
1677, 2C. Jan., starb. Betulius war auch kaiserlich gekrönter Poet
und seit 1669 Mitglied des oben erwähnten Blumen-Ordens unter
dem Namen Makaristo. Er schrieb: Andächtiger Gotteslieder erstes
Duzend, Nördlingen 1658.
Seine Gattin war Anna Maria, geb. Rubinger aus Nürnberg,
welcher Ehe zwei Söhne entsprossten.
Derselben Familie entstammte:
Johann Ludwig Betulius, geb. zu Eger, Pfarrer zu Neuen-
kirchenberg in Böhmen, «um der Religion willen vertrieben». Exulant
in Nürnberg 1626, Hofprediger in Hohenlohe- Waidenburg 1632,
Pfarrer in Untersteinbach 1636.
Seine I. Gattin war Anna Maria, geb. Hochstetter aus Eger,
welche im October 1634 nebst 3 Söhnen und 2 Töchtern an der
Pest starb, noch zwei weitere Töchter hinterlassend; die II. Anna,
Tochter des Vogts zu Vellberg Mich, Abel, die III. Margaretha, geb.
Seebach von Oehringen; die IV. Margaretha, des Pfarrers zu Langen-
beutingen, Fried. Pfaff, Wwe. Die V. ist nicht bekannt.
Er hinterliess 2 Söhne und 3 Töchter.
Ebenfalls hieher gehört der Capitän-Lieutenant und Auditor
Betnllns, welcher diese Stellung im Jahre 1793 bei dem Infanterie-
Regiment Württemberg bekleidete.
Dm Fürstlich Württemb. Dienerbuoh enthält folgende Betulius : Ambtmann 423.
- Htinr. Christ., Vogt 413.
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BidenbacL
Eine im XVI. Jahrhundert aus Hessen in Württemberg einge-
wanderte Familie, als deren Stammvater Johann Bidenbach, Vogt
zu Brakenheim (1534), bekannt ist. Seine Nachkommenschaft zeich-
nete sich ebenso in der theologischen wie in der juridischen Lauf-
bahn aus. Unter ihr sind besonders die drei Söhne des Genannten
hervorzuheben:
Eberhard Bidenbach, Dr. und Professor, geb. zu Grünberg
in Hessen 2. Juli 1528, Diaconus zu Herrenberg 1552, Dr. der
Theologie 1557, Decan in Vaihingen 1558, später Goneralsuperinten-
dent und Abt in Bebenhausen, zugleich Herzoglicher Rath, 1594
Delegirter auf dem Reichstage zu Regensburg. Er starb, seiner vor-
trefflichen Eigenschaften und Mildthätigkeit wegen gerühmt, den
24. April 1597 zu Bebenhausen. Seine Gattin war Sophie, eine
Tochter des berühmten Reformators Brenz.
Balthasar Bidenbach , Dr. der Theol., Biograph Herzog Chri-
stoph' s, ebenfalls in Grünberg geboren 1533, zuerst Decan in Blau-
beuren, dann Hofprediger Herzog Christoph' 's und Assessor des Kirchen-
raths in Stuttgart 1562, endlich Probst (als Nachfolger Nies Brenz)
daselbst. Er war mit Lucas Oslander das Haupt der evangelischen
Kirche in Württemberg. Mit Beurlin und Jakob Andrea wohnte
auch er dem Gespräch zu Poitiers bei, erhielt auch durch Letzteren
in Paris die theologische Doctorwürde. Durch die getreue Schilderung
der damaligen Zeit, wie durch die richtige Zeichnung des Charakters
seines Herzoglichen Freundes ist er rühmlichst bekannt geworden. Er
starb an Melancholie 1578. —
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Wilhelm Bidenbach, geb. 1538, Freund des Dr. Brenz, Pro-
fessor an der Artistenfacultät in Tübingen, Pfarrer zu St. Leonhard
in Stuttgart 1559, Dr. theol. 1563, Prediger an der Stiftskirche
daselbst (als College des Brenz), Herzoglicher Consistorialrath und
Hofprediger, ein eifriger Streiter für die lutherische Kirche. Sein
litterarischer Nachlass bestand hauptsächlich in Streitschriften gegen
die Jesuiten. Er starb, ebenfalls der Melancholie verfallen, durchs
einen zufälligen Fall von einem Thurme herab, 6.- April 1572 zu
Bebenhausen bei seinem Bruder. Er hielt die Leichenrede über
Herzog Christoph. —
Felix Bidenbach, Sohn des Vorigen, geb. 8. Sept. 1564 in
Stuttgart, Herzoglich Württembergischer Rath und Hofprediger 1592,
Dr. der Theologie 1604, Abt in Adelberg 1606, dann in Maulbronn,
gleichzeitig auch General-Superintendent und Mitglied der Landschaft.
Im Jahr 1601 ging er im Auftrag Herzog Friedrich? s mit dem
Kanzler Andreas Oslander nach ßegensburg. Er zeichnete sich
besonders durch Frömmigkeit, Gelehrsamkeit und Fleiss aus und
starb 1612, 7. Januar, während einer Sitzung mit den dortigen
Theologen vom Schlage gerührt; daselbst liegt er auch ' begraben.
Bidenbach schrieb Mehreres.
Seine Gattin war eine Enkelin von Brenz.
Ebenfalls hierher gehört:
Georg Wilhelm Bidenbach von Treuenfeis, auch zu Ossweil und
Ehningen, geb. 1614 zu Tübingen, wo sein Vater, nachher iger kaiser-
licher Beichshofrath, damals Professor war. Derselbe widmete sich dem
Studium der Jurisprudenz und wurde im Jahre 1644 zum Herzoglich
Württembergischen Oberrath ernannt, welche Stelle er nach des berühmten
Varenbüler's Tod, dessen Tochtermann er war, mit der eines Obervogts
von Leonberg und Geh. Regimentsraths vertauschte. Vom Kaiser auf An-
trag Herzog Eberhards III. in den Reichsadelstand mit dem Beinamen
ton Treuenfels erhoben starb er, nachdem er von seinem Herzoge
oftmals als Gesandter bei Kreis- und Reichstagen gebraucht worden
war, ebensosehr seiner seltenen Treue und Redlichkeit als seiner
n. titergil-Georgenan, Biographisoh-Qenealogiache Blätter etc. 4»
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— 50 —
geistigen Ueborlegenheit wegen hoch geschätzt, 107 7, 23. August,
zu Leonberg. Seine Gattin war seit 7. April 1657 Susann^ Tochter
des Com.-Palat., Geh. Regimentsraths und Obervogten Johann Conrad
Vambüler yon and zu Hemmingen.
Das Fürstlich Wdrttemb. Dienerbuch enthält folgende Bidembach (Bidtnbach,
Bydtmbach) : Balth., Geistl. Rath Im Oonslst 135 , Hofprediger 190 ; Probst 543 — Christoff,
Archivariua 38 ; O.R.Beglstrator 82. — Eber*., Abt. 247 ; Special 696. Felix, Abt 237, 238.
812. Decan 395 ; Hofprediger 191 ; StifftsDiaconus 550 ; Stiffte-Prediger 644. — Herc, Vogt
426 ; Vorstmaiater 428. — Joh., Gel. Hoffcer.Beyaiteer 78 ; Vogt 402. — Wilh., Gel. O.Rath
61 ; Hofprediger 191 ; StiftsPrediger 544.
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Bilfinger.
Georg Bernhard Bilfinger, aus einer altangesehenen württem-
bergischen Familie abstammend, wurde den 23. Januar 1693 zu
Cannstatt geboren. Sein Vater, Johann Wendel Bilfinger *, t 1722,
15. Februar, war Special-Superintendent in Cannstatt, zuletzt Prälat zu
Blaubeuren; die Mutter, Anna Kunignnda, eine Tochter des ältesten
Predigers der alten freien Reichsstadt Worms Hartmann Mantz
und der Anna, geb. Renter; der Gross vater Ludwig Bilfinger,
Klosterverwalter in Denkendorf 1649, Stadtschreiber in Nürtingen
1654, in Spütler's «genealogischen Nachrichten von der Bilfinger' -
sehen Familie» Stuttgart 1802 als Stammvater „aller noch heut-
zutag blühenden Branchen" aufgeführt; die Grossmutter Anna Maria,
eine Tochter des Verwalters in Nürtingen Andreas Hornnng, und
der Maria, Tochter des Probsts zu Denkendorf Schropp; der Ur-
gros3vater Wendel Bilfinger, t 1661 , 12. April, Decan zu Nür-
tingen 1636 , nach dem westphälischen Frieden der 1. Abt zu
Lorch and des engern Landschafts -Ausschusses Assessor; die Ur-
grossmutter Elisabeth*, geb. Mayer; der Umr-Grossvater Lndwig
Bilfinger, t 1633, 6. December; die Urur-Grossmutter Maria
„Gültlingerin"; der Urur-Ürgrossvater Wendel Bilfinger, t 2. Sep-
* Nach unverbürgter Ueberlieferung ist der Name Bilfinger, BQlfflnger aus Viel-
flngtr Ton einer in der Familie vererbten Missbildung der Hand und Zehen enstanden,
in Wirklichkeit aber wohl eher von einem Orte Bllnngen , etwa dem Badlaehen , abzu-
leften. Uebrigens kam Qeorp Bernhard Bilfinger mit 12 Fingern und 11 Zehen sur Welt
und wurden ihm die überflüssigen Glieder wenige Tage nach der Geburt abgenommen.
»Ir war auch,'* heieet ea in seiner Leichenrede, „mit einem Feuer-Strich an der Stirne
f«eichnet M
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— 52 —
tember 1588, Bürgermeister von Leonberg. Um 1400 kommt ein
Ludwig Bfilfflnger als «Monachus in Monasterio Blabyrensi, sepultus
in Monasterio Wibligensi» vor, ferner um 1500 Ludwig Bfllfflnger?
Monachus Herrenalbensis, sowie endlich ein Ludwig Bülfflnger, civis
Leonbergensis, vixit 1478, Ein Zweig der Familie liess sich später
in Sickingen in der Pfalz nieder.
Georg Bernhard studirte anfangs in den Klöstern Blaubeuren
und Bebenhausen Theologie, und kam hierauf in das theologische Stift
nach Tübingen, wo er sich hauptsächlich auch auf das Studium der
Mathematik und Physik verlegte, in welch beiden Wissenschaften
er denn auch bald ausgezeichnete Kenntnisse erlangte. Diese Be-
schäftigung führte ihn zu einer andern, die seinen lebhaften, forschenden
Geist wo möglich noch mehr anzog. Es war diess das Studium des
von Wolf in Halle auf den Ideen des grossen Leibniz neu aufgestellten
Lehrgebäudes. Stundenlang konnte er nun , um seinen Gedanken
besser nachhängen zu können, oft ohne ein Wort zu reden, auf einer
Stelle stehen bleiben, ja er fiel sogar einmal, nachdem er also eine
Zeitlang stumm und starr vor dem Ofen gestanden hatte, plötzlich
um. Angstvoll eilten seine Genossen herbei und fragten: Was ihm
sei, wie er sich befinde? Er aber antwortete: Sie ist doch ein uner-
forschliches Geheimniss, die Verbindung zwischen Seele und Leib.
Nach Vollendung seiner Studien und nach einem rühmlich bestandenen
Examen wurde er Vicar, hierauf Schlossprediger zu Tübingen und
bald nachher Repetent im theologischen Stift, und da gab es nun
auf der Hochschule keinen, der ihm gleichgekommen wäre oder ihn
übertroffen hätte.
Doch jetzt fühlte Bilfinger eine solche Begierde die Welt zu
sehen, und vor Allem den Urheber des von ihm so sehr verehrten,
neuen philosophischen Lehrgebäudes, persönlich kennen zu lernen.
Er ging daher nach Halle, wo ihn der Umgang mit Wolf so
sehr fesselte, dass er 3 Jahre daselbst verweilte. Ins Vaterland
zurückgekehrt, erhielt er, da die damaligen Theologen fest am alten
orthodoxen System hingen, nur mit Mühe die Stelle eines ausserordent-
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zedby G00gk
- 53 —
liehen Professors der Philosophie an der Hochschule (1721), wozu
1724 noch das Amt eines Professors der Moral und Mathematik am
'Collegium illustre, einer Staatsanstalt für die Bildung des jungen
Adels, kam.
Es erschienen nunmehr seine ausgezeichneten Schriften über
die menschliche Seele etc.
Im Jahre 1725 folgte er einem durch die Vermittlung Wolffs
an ihn ergangenen Kufe Peters des Grossen von Bussland als Professor
der Philosophie und Mathematik bei der neu errichteten Akademie in St.
Petersburg, wohin damals die gelehrtesten Männer der Welt gezogen sind.
Gleich nach seiner Ankunft daselbst wurde er der Kaiserin vorgestellt,
wobei Bilflnger eine Ansprache an dieselbe in deutscher Sprache hielt.
Sein damals schon bei der Königlichen Akademie zu Paris hoch
stehender Ruhm vergrößerte sich in seiner neuen Stellung hauptsächlich
noch dadurch, dass er den von den Gelehrten für die Lösung der Frage „de
causa gravi tatis corporum" ausgesetzten Preis mit 1000 Reichsthaler n er-
rang. Für eine nicht bekannt gemachte Erfindung in der Befestigungs-
knnst erhielt er vom Petersburger Hofe 2000 Gulden.
Als sich Bilfinger, wie oben erwähnt, im Jahre 1724 nach
Petersburg begab, Hess er noch vorher sein Bildniss mit folgender
Unterschrift zurück:
»So sieht mein Letten-Haus an Stirn und Händen aus;
Die Seele sucht durch Lehren dea grossen Gott zu ehren.«
Im Jahre 1731 von seiner Landesregierun gzurückbemfen, wurde er
von dem Herzoge zum Schrecken der orthodoxen Theologen Tübingens zum
Professor der Theologie und zum Superintendenten des Stifts in Tübingen
ernannt; vom Predigen wurde er indess auf sein Verlangen freigesprochen.
Während seiner theologischen Professur lernte ihn besonders
Herzog Karl Alexander seiner mathematischen Kenntnisse wegen
schätzen und blieb mit ihm von Belgrad aus in beständiger Corre-
spondenz. Als der Herzog einst sich mehrere Wochen in Wildbad
aufhielt, musste Büfinger die ganze Zeit über an seiner Seite zubringen.
I
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zedby G00gk
- 54 —
Nach Herzog Karl Alexanders Regierungsantritt 1733 stieg
Bilfinger rasch zum wirklichen Geheimen Rath und 1737 zum
Consistorialpräsidenten und Grossen Jagd-Ordens- Sekretär empor und*
es ist so aus dem Philosophen und Professor nun plötzlich ein Minister
geworden. Er war nun eines der thätigsten und wichtigsten Mit-
glieder des Ministeriums, das während der Vormundschaft sich keine
geringe Gewalt zu verschaffen wusste. Selbst Süss, der Allgewaltige,
vermochte ihn nicht zu stürzen. Bilfinger s Gutachten über die
mährische Brüdergemeinde verdankte u. a. auf Oeiingers Anregung
Zineendorf die Aufnahme in den geistlichen Stand durch die würt-
tembergische Kirchenbehörde.
Nach Karl Alexanders im Jahre 1737 erfolgtem Tode spielte
Bilfinger als mitvormundschaftlicher wirklicher Geheimer Rath eine
bedeutende Rolle. Einen Beweis seiner intelligenten und zugleich
humoristischen Anschauung mag folgender kurzer Auszug aus einem
sub 16. Juni 1742 an den mitvormundschaftlichen wirklichen Ge-
heimen Rath Georgii in Berlin gerichteten Briefe * Bilfinger' s geben :
Stuttgart, den 16. Juni 1742.
Hochgeehrtester Herr Geheimerath!
Euer Wohlgeboren Herr Bruder wird in ungefähr 8 Tagen
auf die Höhe fahren und sein Netz auswerfen. Dominus benedi-
cat
Stuttgart, 12. August 1742.
Die Frankfurtische Negotiation Ihres Herrn Bruders hat schwer
angefangen, ist in ein gutes Geleis gekommen. Nun warte ich täg-
lich auf den Ausgang.
Stuttgart, 22. August 1742.
Dass Serenissimus gegen den B. Hof indisponiret seye, ist mir
wissend. Die Stunden in der Welt sind nicht gleich. Man kann
* Conf. Sammlung von Lebensbeschreibungen, Briefen und sonstigen Urkunden
betreffend die Georgii'sche Familie, zugleich Beiträge zur Geschichte Württemberg»
und Deutschlands. Stuttgart 1876. Herausgegeben von Generalconsul von Georgü-
Georgenau.
Digiti
zedby GpOgle
— 55 —
ja schon um 11 Uhr ungedultig sein, und um 12 Uhr vergnügt
werden, wenn indessen einläuft, was man erwartet, oder wenn sich
das Zweideutige indess aufschliesst.
Dass die Baireut'schen Herrschaften im Demach missvergnügt
gewesen, weiss ich nicht. Im Anfang gab's Missverstand mit den
Fräulein, da man nach hiesiger Mode die Hofdames nach den ver-
heuratheten Dames setzte, ob sie wohl in Baireuth den Bang gleich
nach den Geheimerathsfrauen haben. Man hat sich aber hernach von der
hiesigen Mode belehren lassen und ist lustig gewesen und hat brav getanzt.
Wegen Einrichtung der Akademie ist nichts zu thun, so lange
Krieg ist, so lange man nur Franzosen gebraucht, so lange man
mehr auf belles lettres als sciences ddnkt, und so lange man das
Detail selber einrichten will.
P. P.
Ich praetendire, dass man Ihrem Herrn Bruder vorher seine
Sachen ausmache, sonsten thue ich keinen Zug.
Wenn einmal Imperator von Frankfurt hinweg ist, so ist der
casus abscheulich vulnerirt. Ich fürchte immer, man wird uns hier-
nach mit unsern Beversalien laufen lassen. Das Beste ist, dass als-
dann der König iu Preussen mit seiner Negotiation sich so stark
eingelassen, dass Ers per honores hinausführen muss. N. B. ver-
gessen Euer Wohlgeboren nicht, per amicum nostrum es dahin zu
bringen, dass zu denen Preussischen Capitulationsactis eine Roubrique
und Notamen gemacht werde, die Reversales nach unsern letzten
petitis loco allegato einzurücken. Wir wissen nicht, was bei künf-
tigen casibus vor Leute in Stuttgart und Berlin leben: vinculiren
wir jene durch die jezige zum Voraus. Adieu.
Bilfinger.
Bilßnger war Mitglied der auswärtigen kaiserlich russischen
Academie und der königlich preussischen Gelehrten Gesellschaft. Er
starb unvermählt von Jedermann hochgeschätzt und tief betrauert
den 18. Februar 1750.
Das höchste Lob spendete den Manen Bilfingcrs Friedrich der
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zedby G00gk
— 56 -
Grosse, indem er nach einer Ueberlieferung in Bilfingers Familie zu
einem von dessen Neffen sagte: »Das war ein grosser Mann, dessen
Andenken ich stets verehre!«
Bilfingers Wahlspruch war: Das ganze Leben muss ein un-
unterbrochenes Streben nach Besserung sein, oder wie er diess öfters
bildlich auszudrucken pflegte, das Leben des rechtschaffenen Mannes
muss sein, wie die grossen Fracturbuchstaben Ein Zug durchs ganze
Leben hindurch. Er war es auch, ein wahrhaft grosser Mann, von
ungeheuchelter Religiosität, die sich in Worten und Handlungen bei
ihm aussprach; fest hing er am Christenthum , und war innig von
dessen Wahrheiten überzeugt. Die Lehren der geoffenbarten Religion
behandelte er mit Ehrerbietung und bediente sich seiner Philosophie
zu ihrem Schutze, nicht zum Angriff auf sie. Auch zeigte er gegen
Andersdenkende grosse Duldsamkeit. Neid und Hass waren ihm
gänzlich fremd.
Ebenfalls dieser Familie entstammten:
Christian Lndwig Bilfinger, Med. Dr., geb. 1736 (nach Andern
1739) in Sielmingen, Stadt- und Landphysicns in der Stadt Isny
und dem dortigen Reichsstifte, auch Hospitalpfleger. —
Gottfried Lndwig von BHfinger, Herzogl. Wörttemb. Oberst und
Commandant des III. Infanterie-Regiments, 1762 (» von Gabelenz*). —
Expeditionsrath und Landschafts - Einnehmer Jacob Fried. Bil-
flnger hatte 7 Kinder, von denen 1 Tochter, Namens Johanna
Elisabeth«, die Gattin des Oberstlieutenants und Commandanten von
Hohentwiel Wolf gang Glaser* wurde, welcher 1756 starb. —
Wendel von Bilflnger, geb. 2. Sept. 1758 als Sohn des Her-
zoglich Württembergischen Regierungs-Rathes in Stuttgart Ferdinand
Friedrieh Bilflnger, Königlich Preussischer Kriegsrath, später Ge-
heimer Legationsrath und Landrath des Kreises Schlawe in Pommern,
* Ein anderer dieses Namens, Karl von Glaser, geb. 2. September 1797, machte
als Lieutenant die Feldrüge mit und starb 1852, von meuchlerischer Hand ermordet
als Königlich Württembergischer Major im Ehreninvalidencorpe. Ein dritter endlich,
Friedrich von Glaser, geb. 16. Oct. 1767, als Sohn des Hauptmann Joh. Georp von Glaser,
war Königlich Württembergischer Oberst. Derselbe vermählte sich mit Carolins, einer
Tochter des Oberstlientenants Freiherrn von Welling und der Carolins, einer geb. von Zech.
Digiti
zedby G00gk
- 57 —
wurde laut Diploms yom 8. Februar 1791 in den preussischen Adels-
stand erhoben. Er nannte sich >Herr auf Postamin« und ist 1835
mit Hinterlassung männlicher Nachkommen gestorben. —
Ludwig Büflnger, Bruder des Vorigen, geb. 10. Sept. 1756,
Stallmeister in Hannoverschen Diensten. —
Engen Ton Büflnger, Königlich Württembergischer Major, t
1865, 7. Februar im 70. Jahre seines Alters. —
Friedrich Ludwig Ton Büflnger, Sohn des Bergraths Ludwig
Büflnger, t 1863 und der Friederike, geb. BUfinger, Bergrath und
Saliuenyerwalter in Friedrichshall. Er war es, der zuerst daselbst Sohle
und Steinsalz fand, auch die Saline Friedrichshall, die erste Saline ganz
Süddeutschlands, gründete. BUfinger starb im December 1863. —
Hermann Wendel tob Büflnger, Sohn des Vorigen, geb. 2.
November 1808, Bergraths-Director in Stuttgart, Ritter des Kron-
und Friedrichsordens, Commenthur des Kaiserlich Russischen St. Annen-
Ordens, verm. den 26. October 1837 mit Jeanette, geb. 16. Mai
1814, Tochter des 1832 t Hüttenverwalters Alois Hefele, (Bruder
des Bischofs) und der Eleonore, geb. von Winkler, 1 1844. Kinder:
L Friederike Eleonore, geb. 23. December 1841, ledig. IL Anna,
geb. 25. Februar 1841, vermählt seit 8. Mai 1862 mit Max
Römer, Hüttendirektor in Kindberg (Steyermark). III. Luise, geb.
1. Januar 1851, verm. seit 2. April 1878 mit Julius Giger, Revier-
förster in Bermaringen O.-A. Blaubeuren. IV. Hermann, geb. 21.
September 1838, Kaufmann in Marseille, ledig. V. Gustav Adolph,
geb. 6. März 1840, Professor am oberen <Tymnasium in Stuttgart,
ledig. Vi. Ludwig Eugen, geb. 4. September 1845, k. Revierförster
in Alpirsbach, ledig. VII. Eugen Christoph, geb. 18. October 1847,
Dr. Med., praktischer Arzt in Neuenstadt an der Linde, ledig. -
Georg Bernhard von Büflnger, Director der Königlichen Ober-
rechnungskammer, Mitglied der Centralstelle für die Landwirthschaft,
der Centralleitung des Wohlthätigkeitsvereins, der Staatskassen -Ver-
waltung, Ritter des Ordens der Württembergischen Krone, des rus-
sischen St. Annen-Ordens 2. CK, des St. Stanislaus-Ordens 2. Cl. ;
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— 58 —
Commenthur 2. Cl. des badischen Zähringer Löwen-, des oldenburgischen
Haus- und Verdienst-Ordens, Ritter des bayerischen Civil -Verdienst-
Ordens, des Hannoverschen Guelfen-Ordens, Ritter 1. Cl. des Gross-
herzoglich Hessischen Ludwigs - Ordens , Offizier der französischen
Ehrenlegion, t 1872, 18. März, zu Stuttgart. —
Carl Johann August Bilflnger, Kameralyerwalter in Vaihingen
a. d. Enz, geb. 12. Jan. 1776. Gattin: Dorothea Friedrike, geb.
Henglin. Kinder :
A) M. Carl Friedrich Bilflnger, Dr. und Pfarrer in Dizingen,
geb. 24. Jan. 1806. Gattin: seit 1838 Adelheid, geb. Frank, geb.
24. Febr. 1817.
Kinder:
I. Marie Elisabeth, geb. 8. März 1840, vermählt mit Felix
Buttersack, Professor in Heidelberg. II. Hermann von Bilflnger,
geb. 8. März 1843, Hauptmann und Generalstabsofficier in Berlin.
Gattin: Henriette, geb. Ruoff. Kinder: III. Adolf, geb. 5. März
1846, Garnisons Pfarrer. Gattin: Sophie, geb. Weizsaecker. Kinder:
IV. Paul, geb. 4. Mai 1847, Hauptmann im 8. Infant.-Regiment in
Strassburg. Gattin: Anna, geb. Hander. —
B) Albert, geb. 6. Aug. 1807, Kameralverwalter. Gattin:
Caroline, geb. Mebold. C) Otto, geb. 12. April 1811, Pharmaceut.
Gattin: Emma, geb. Becker. D) Paul, geb. 26. Juli 1830, Kanzlei-
rath. Gattin: Elisa, geb. Christian.
Das Fürstlich Württembergische Dienerblich enthält folgende höhere Beamte
des Namens Bilflnger (BOlflnger, Pülflnger): CLPfleger 294; Gaistl. Verwalter 440; Keller
82; Lehen-Secretär 82; Reg R.Secretar. 76: SpitalDiacon. 552; Stattschreiber 494. - Andr.
C l Pfleger 204. — Carl Frid., Gaistl. Verwaltter 598; Pfarrer 527; Vogt 473, 516. -
Christian Lud*., Geh.B.Registrator 46. - Christof Frid., Keller 592; RechenbanckhsRath
122; Visitat.Secretar. 158. — Fried. Ferd., Gel.O.Rath 67. — Hans Ludw., SUttachreiber
517 . _ Heinr. Christian, Abt 300. — Joe. Andr., Cl. Verwaltter 269. — Joe. Frid., Land-
Bchaffts-Einnemer 559. - Joh. Bernh., Consiat.Praesident 136; Gel. Geh.Rath 27. - Joh.
Ludw., Cl.Verwaltter 276. - Joh. PhU., Cl Verwaltter 324; Gaistl. Verwaltter 598. - Joh.
Wendel, Abt 268, 305; LeibMedicus 196; Pfarrer 413. — PhU. Ooltfr., ClHofmetoter 345;
Keller467: Stattschreiber 517. — Phil. Ludw., Ol.Pflegcr 322. — Wendel, Abt 305; Pfarrer 516.
Digiti
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Binder.
Christof Binder, württembergischer Theologe, geb. 1519 in
Grützingen bei Nürtingen, Sohn des Georg Binder, Pfarrers daselbst,
welcher mit Herzog Ulrich während dessen Exils bestandig in
Correspondenz stand. Er studirte zu Tübingen, magistrirte daselbst,
wnrde hierauf znm Pfarrer in Denkendorf ernannt und kam von da
in der Folge auf die Pfarreien Grötzingen und Nürtingen, welch*
letztere er 8 Jahre lang bekleidete. Nach dem Tode des berühmten
Reformators Dr. Schnepf, Professors und Pfarrers zu Tübingen, trat
er an dessen Stelle. 1565 ging er als Generalsuperintendent und
Abt nach Adelberg und wurde bald darauf von der Herzoglich Würt-
tembergischen Landschaft in den grossen Ausschuss gezogen. Mehr-
mals war er von seinem Landesfürsten in wichtigen Kirchensachen
nach auswärts entsendet worden, so 1562 nach Reichenweyher, nach-
her mit dem Probst und Canzler Andrea zu der Stigelischen Contro-
verse (Synergismus) nach Jena und Weimar, dann nach Mömpelgard
1571, zuletzt 1594 von der Landschaft im Verein mit Dr. Eber-
hard Bidenbach, damaligem Abte von Bebenhausen, auf den Reichs-
tag nach Regensburg 1594. Seit seiner Rückkehr von dieser letz-
teren Sendung fing er an zu kränkeln und starb, nachdem er 31 Jahre
lang die Abtei von Adelberg als Vorsteher der dortigen Klosterschule
:ür künftige Geistliche bekleidet hatte, von Jedermann hochgeschätzt
1596, den 31. October. Er hinterliess 12 Kinder und Stiefkinder»
Einer seiner Tochtermänner war der Abt und Generalsuperintendent
zu Maulbronn, Wilhelm Holder; einer seiner Söhne war Magister
Christoph Binder, Pfarrer in Göppingen 1575, in Neckarhausen
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— 60 —
1578 — 86, Pfarrer in Regensburg, t wit Hinterlassung männlicher
Nachkommenschaft; ein weiterer ufteorg Binder, Pfarrer in Rosswälden
1577 — 1620. Ein Sohn dieses letzteren war der Herzoglich Würt-
tembergische Hofprediger und Consistorialrath, Dr. Christof Binder,
Prälat in Maulbronn, Hofprodiger und Consistorialrath 1609, und
Landschaftsassessor, t 1616, äen 3. Juni.
Ebenfalls dieser Familie gehören an:
Johann Friedrich Ton Binder, welcher im Jahre 1646, 5/15.
October, zu Colmar in Ober-Elsass als Sohn des älteren Stättmeisters
daselbst und gleichzeitigen Reichskammer-Gerichts-Beisitzers zu Speier,
Friedrich Binder II,, und der Urania, einer geb. Barth, („jene aus
dem Herzogthum Württemberg; diese die Barthischen aus der ge-
freiten Grafschaft Burgund stammend,") geboren wurde. Ein Urgross-
onkel Friedrich' $ war der von der schweizerischen Eidgenossenschaft zu
Anfang des Jahres 1555 mit 33 Fähnlein Landsknechten dem Kaiser
Karl V. gegen die Türken und Rebellen in Ungarn zu Hilfe ge-
sandte Hauptmann Ludwig Binder, welcher die ihm aufgetragene
Sendung so glücklich ausführte, dass er schon im Monat Februar
die Rebellen vollständig aus dem Felde schlug. Der Kaiser erhob
ihn 6. Februar 1550 in den Reichsadelstand.* Mehrere von dessen
Anverwandten und Nachkommen haben in der Folge in Kaiserlichen
Kriegsdiensten, theils als Feld-Obriste, theils als CommandanW ihr
Leben gelassen.
Friedrich besuchte das Gymnasium seiner Vaterstadt, welches
damals unter dem Rectorate seines Onkels, Emannel Binder, nach
* Was Wappenbrief wie Reichsadels-Diplom der Familie Binder von KritgUtei*
in frühester Zeit betrifft, so sind deren folgende zu verzeichnen:
1509, 29. M&rz: Erbietung eines kaiserlichen Wappenbriefes an Wendelin Binder,
Syndicus zu Colmar.
1589, 27. Oktober: Bestitigungsdiplom des Reichsadels mit Vermehrung des
Wappens an Friedrich Binder von Kriegist ein.
1634, 12. Juli und 1648, 12. Juli : weitere Bestätigungsdiplome und zwar ersteres
an Stephan, KaiserL und Kurbayer. Oberst ; letzteres dagegen an Fried-
rich IL, Binder von KriegUtein, 8tattmei*ter zu Colmar und Reichs-
kämme r- Beisitz er zu Speyer; beide waren Brüder.
Digit
izedby GoOgk
— 61 —
diesem letzteren aber unter dem des Johann Georg Volniar, Bruders- ,
sohns des ehemaligen Kaiserlichen Ministers Isaac Volmar, stand, und
begab sich, nachdem er noch vorher mehrere Jahre zur Erlernung der
französischen Sprache in Mömpelgard zugebracht hatte, auf die Uni-
versität nach Strassburg, woselbst er sich dem Studium der Rechts-
wissenschaft widmete. Nach Absolvirung derselben ging er nach
Speyer, um bei dem damaligen Kaiserlichen Kammergerichts- Advokaten
con Jülchen die Cameralia practiseh zu erlernen. Hierauf machte er
Reisen, nach deren Beendigung er von der Stadt Landau zu ihrem
Syndicus berufen wurde. Vielerlei Drangsale hatte er in diesem Amte,
besonders als 1672 der Krieg ausgebrochen und sich in die Chur-
pfalz gezogen hatte, auszustehen, denn nicht nur wurde er, während
die Stadt Landau von den Franzosen eingenommen und geschleift
wurde, oftmals zu den beiderseitigen Armeen gesandt, sondern er
schwebte auch, als diese Stadt bald von den Franzosen, bald von
der Kaiserlichen alliirten Armee überrumpelt und ausgeplündert
wurde, als treuer Anhänger des Kaisers und seines deutschen Vater-
landes wiederholt iu sichtbarer Lebensgefahr. Dazu wurde er einst
auf einem Bitte von Landau nach Speyer in der Hälfte des Weges
von Räubern überfallen, vom Pferde gerissen, entwaffnet, in den
Wald geschleppt, ausgezogen und völlig geplündert, und gelang ihm,
während er eben erschossen werden sollte, die Flucht nur dadurch,
dass er, während die Räuber selbst über die Theilung ihres Raubes
uneinig waren, diesen Augenblick benützte und ihnen entrann. Nach-
dem ihm eine Regierungsrathsstelle in Heidelberg und gleichzeitig
die eines Syndicus der freien Reichsstadt Strassburg angetragen
worden war, entschied er sich für die letztere. Viele Sendungen an
den Kaiserlichen Hof führte er in dieser seiner neuen Stellung
aus and verwaltete dieselbe mit ausgezeichneter Umsicht und Klug-
heit solange, bis die Franzosen sich der Stadt Strassburg bemäch-
tigten und ihm, als einem treuen Diener von Kaiser und Reich,
bevorstand, in die Festung Quincpercurantin in der äussersten Küsten-
provinz der Bretagne gesteckt zu werden. Dieser Aussicht aber
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zedby G00gk
— 62 -
entzog er sich durch eine rasche Flucht nach Frankfurt a/M., wo
er von seinen Anverwandten, hauptsächlich dem Churfürstlich Säch-
sischen Geheimenrathe und Gesandten, Anton von Schott, aufs herz-
lichste aufgenommen wurde und durch dessen Vermittlung, sowie
durch die der damals daselbst anwesenden Kaiserlichen Minister, der
Grafen Rosenberg und Strattmann, die Stelle eines Syndicus dieser Stadt
erlangte, als welcher er bald darauf in der Eigenschaft als ComHial-
Gesandter nach Regensburg ging. In dieser Zeit wurde ihm vom Kaiser
•durch den Reichshofraths-Präsidenten , Fürsten von Schwarzenburg,
die € wirkliche > Reicbshofrathsstelle verliehen, in die er im Jahr 1686
zu Wien introducirt ward. Auch dieses Amt verwaltete er gewissen-
haft. 1698 wurde er seiner Gesundheit wegen von den Aerzten in
die Bäder nach Schwalbach und Schlangenbad gesprochen. Als er
«ben im Begriff war, von Frankfurt aus seine Function wieder anzu-
treten, erhielt er den Kaiserlichen Befehl, als Subdelegat dem zwischen
dem Kaiser und der Krone von Frankreich obsch webenden Orleanisti-
schen Successions-Compromiss in der Churpfalz am Ober-Rhein zu
Risswick anzuwohnen, welch' schwere Negociation er zur vollsten
Kaiserlichen Zufriedenheit ausführte; er war es, der hauptsächlich
dazu beitrug, dass der von dem Königlichen französischen Minister,
Praetor und Schiedsrichter, von Obrecht, aufgestellte Antrag vollständig
verworfen und dass vom Kaiser diese Verwerfung bestätigt wurde.
Nach Erledigung dieser Angelegenheit kehrte Binder wieder nach
Wien zurück, wo er indess schon den 17. Juni im Jahre 1709 in
seinem an der Wien gelegenen Hause starb und auf dem evangelischen
Gottesacker in der daselbst befindlichen Gruft oder sogenannten Erb-
Blindfülle derer von Binder und von WiUisen {Wülussin) mit Nr. 36,
37, beigesetzt wurde.
Seine Gattin war seit 1671, 23. October, Anna Catharina,
Tochter des Gräflich Rappolsteinischen Leib- und Hofarzts, auch
-Stadtarzts von Colmar, Johann Valentin Will (von Wülussin). —
Friedrich III. Binder von Krieglstein , Bruder der Vorigen.
Derselbe, vermählt mit Elisabeth, einer Enkelin des Martin Binder-
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— 63 —
Krieglstein, Stättemeisters zu Colmar, welch letzterer schon zu Anfang des
16. Jahrhunderts einen Wappenbrief besass nnd 1595 mit dem Prä-
dicate von Wandelburg im Adelsstande bestätigt wurde, scheint von
dem Adel keinen Gebrauch gemacht zu haben, da von ihm Johann
Binder, kaiserl. Beichshofrath und Administrations-Commissär der
eroberten preussischen Lande, stammt, welcher nebst seinem Bruder
Ludwig Binder, kurfürstlichem Kath, laut Diplom von 1 723 in den
Beichsritterstand erhoben wurde mit dem Prädicate : Edler von Kriegl-
stein. Johann Binder wurde sodann im Jahre 1759 noch in den
Freiherrnstand erhoben. Die freiherrl. von Binder'sche Familie blüht
noch heutzutage in Oesterreich und hat sich aus ihr namentlich
Freiherr Friedrich yon Binder, geb. 1708, als kaiserl. Legations-
Secretär, als welcher er den Fürsten Kaunitz, dessen Intimus er war,
auf seinen Gesandtschaften begleitete, ausgezeichnet.
Friedrich von Binder starb als kaiserl. wirklicher Geheimer Rath.
In Württemberg haben sich nachstehende Träger des Binder'-
schen Familiennamens ausgezeichnet:
Christian Binder, Sohn des 1766 t Prälaten in Königsbronn,
Christoph Binder und Urenkel des Seite 59 erwähnten Christoph
Binder. Geb. zu Hedelfingen 25. December 1741 legte derselbe den
Grund seiner Studien in den lateinischen Schulen zu Bietigheim und
Ludwigsburg, zunächst aber bei dem 1 797 verstorbenen Pfarrer Flattich
in Mündungen, damals in Metterzimmern, bezog hierauf die Universität
Tübingen 1759, wurde Vicar zu Ludwigsburg 1762, zu Königsbronn
(bei dem Vater) 1765, Pfarrer in Dachtel 1769, in Eberstatt 1770,
zu Ottmarsheim und Liebenstein 1738 und zu Budersberg 1801.
Er ist der Verfasser der »Wirtemb. Kirchen- und Lehrämter etc.«
Tübingen 1798—1800. —
Christian Binder, Königl. Württemb. Hofrath, 1 1840, 29. März,
Verfasser der trefflichen > württembergischen Münz- und Medaillen-
kunde« (ergänzt und herausgegeben von C. B. Stalin, Stuttgart 1846).
Söhne:
Prälat Dr. von Binder, Generalsuperintendent zu Ludwigsburg,
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— ■ 64 -
und als solcher Mitglied der Kammer der Abgeordneten seit October
1860, Commenthur II. Kl. des K.Friedrichs- und Ritter des Königl.
Württembergischen Kron-Ordens. t 1868, 21. Oktober im 65. Jahre
seines Alters; und
Dr. Gustav von Binder, geb. 1807 in Augsburg, Director der
Königl. Württembergischen Cultministerial-Abtheilung für Gelehrten-
und Realschulen, Commenthur des Krön- und Friedrichs-Ordens. —
Wilhelm Christian Binder, geb. 1810 in Weinsberg, widmete
sich seit 1828 dem Studium der Theologie und Philologie in Tübingen,
wurde 1831 Professor der deutschen Literatur und der Geschichte zu
Biel, hierauf wissenschaftlicher Arbeiter an der Staatskanzlei in Wien
1833, welche Stellung er 1841 quittirte; nun zog er nach Ludwigs-
burg, lebte daselbst als Privatmann und trat zur katholischen Kirche
über.
Er ist Verfasser verschiedener Schriften. x
* Du Fürstlich württembergische Dienerbuch enthält folgende höhere Beamte
des Namens Binder: Capitan 471. — Abrah., KeUer 286. — Carl. Frid., StifftsVerwalter
555. — Christoph, Abt 237. 312 ; Diaconus 548 ; Qaistl. Rath im Consist 137 ; GaistL
Verwaltter 396, 454 ; Hofprediger 191 ; Pfarrer 377, 516, 545; Special 537; Stiffts-Dia-
conns 550; Vogt 605. — Christoph Peter, Abt 299; Special 387, 485. — Conr , Cl Hof-
meister 346. — Ernst Friedr., Vogt 510. — Ferd. Theoph., Vogt 427, 510. — Friedr. Joach.,
KeUer 586. — Georg, Cl. Verwaltter 296 ; Keller 513. — Jac, CLPfleger 285. — Joach.
Fridr., Ambtmann 471. — Joh., Stattechreiber 441. — Joh. Bapt., Oaistl. Verwalter 454 ;
Vogt 300. — Joh. Christoph, AmptschreiberX246 ; Geistl. Verwaltter 409; Rays. Schultheis«
417. — Joh. Georg, Pfarrer 456. — Peter, Ambtmann 470; Vogt 473. — Samuel, Statt-
sohrelber 468. — Thomas, Vogt 376, 5S7.
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zedby G00gk
Bloss.
Johann Bloss wurde im Jahre 1545 zu Münsingen geboren.
Derselbe widmete sich dem Studium der Philosophie uud Mathematik,
magistrirte zu Tubingen im Jahre 1565, bereiste hierauf Oester-
reich, Böhmen und Bayern, und wurde nach seiner Rückkehr als
Vice-Professor der Mathematik in Tübingen angestellt. 1572 kam
er als Professor der griechischen Sprache in das Kloster Maulbronn,
1574 aber wieder in seiner früheren Eigenschaft als Professor der
Mathematik nach Ulm, welches Amt er viele Jahre lang mit grosser
Aaszeichnung bekleidete. Er war zweimal vermählt und hinterliess
aus erster Ehe 13 Kinder , von denen ein Sohn Dr. der Medicin
wurde. Bloss starb zu Ulm den 6. September 1637 im 87. Jahre
seines Alters.
Ebenfalls dieser Familie entstammt:
Sebastian Bloss, Med. Dr., geb. den 4. November 1559 zu
Münsingen als Sohn des dortigen Bürgermeisters Johannes Bloss.
Er studirte Medicin, wurde 1580 Magister, 1584 aber Doctor und
Professor der Medicin zu Heidelberg. Im Jahre 1586 folgte er
einem Rufe als Stadtarzt nach Ulm und kam hierauf als Professor
der Medicin nach Tübingen, bekleidete auch daselbst das Bectorat.
Er starb zu Sulz am Neckar, wohin er sich eben zu seiner Erholung
begeben hatte, den 4. März 1627.
Bloss war erstmals mit Susanna, geb. Unseld, zum zweiten-
male mit Anna Maria, des Herzoglich Württembergischen Geheimen
Bath und Consistorial-Directors Dr. juris Balthasar Eisengrein
Tochter, deren mütterlicher Grossvater der Probst und Canzler
Dr. Jacob Andreae in Tübingen war, vermählt und hinterliess 7
Söhne und 5 Töchter.
Dm Fürstlich Württembergische Dienertrach enthält folgende höhere Staats-
dieser des Namens Bloss (Plots): Johann Tobias, Schultheis« 568; Vogt 395. — Octav.,
KeUer 467.
v. Otorgii-Gtorgenau, Biographisch-Genealogische Blätter etc. 5
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Blum.
Johann Friedrich Blum wurde den 20. Juli 1759 zu Speyer
geboren. Sein Vater, Philipp Heinrich Blnm, t 1767, war Raths-
schreiber und Geoineter daselbst; der Grossvater Johann Conrad,
geboren zu Gessdorf bei Hannover, von Curtischer Verwalter zu
ümstadt; der Urgrossvater Heinrich, Freiherrlich von Mischer Ver-
walter zu Gessdorf.*
Johann Friedrich , anfangs Rechnungs-Probator in Markgrö-
ningen, Geh. Rechnungsrath in Stuttgart, Oberamtmann in Mark-
gröningen, zuletzt Kameralverwalter in Göglingen, verfasste das jetzt
auf der Königlich Württembergischen Oeffentlichen Bibliothek befindliche
Manuscript: «Blum'sche genealogische Sammlung», welches mit vielem
Fleiss und grossem Zeitaufwand zusammengetragen, für genealogische
Studien, ohngeachtet mancher Mängel, vielfach sehr erepriessliche
Dienste leistet.
Seine Gattin war seit 20. Juli 1788 Ernestine Friederike,
Tochter des Oberamtraanns von Markgröningen Ernst Ludwig Vollmar,
und der Friederike Juliane, Tochter des Klosterhofmeisters in Lauffen
Friedrich Jacob Hölderlin. Kinder:
I. Sophie Caroline , geboren in Stuttgart 14. April 1791,
Gattin des Oberzollers Christian Friedrich Maulen.
* Blum selbst verzeichnet letzteren als vermuthlichen Sohn des Fürstlich Hol'
steinischen Amtmanns und" Oonfercnzraths Hans von Blum, dessen Vater Hans von Blum,
Herr zu Seedorf und Holsteln-Gottorpisoher Landoberj&germeister, 1640, dessen Orossvater
Hans von Blnm, Holsteinischer Rath und Amtmann zu Hadersleben, dessen urgrossvater
Hans von Blum, Königlicher Rath und Amtmann zn Hadersleben, gefallen im Dlthmar'-
schen Krieg 1500, und dessen Urur-Qroasvater Dietrich von Blum gewesen seien, welch letz-
terer ein Regiment Reiter aus dem Braunschweigischen nach Holstein geführt habe (1460).
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- 67 —
II. Amalfe Friedrike, geb. 18. Mai 1801, verm. mit dem
Amtsnotar in Schwaigern Christian Friedr. Schuster.
III. Ernst Friedrich Blum, Oberamtsactuar zu Schorndorf 1810,
Auditor und Kegimentsquartiermeister beim Königlich Wflrttember-
gischen Jäger-Bataillon Nr. 2, starb bei dem unglücklichen Rückzug
der französischen Armee aus Sussland 1813 jenseits Wilna bei
Malodeznow vor Hunger und Kälte.
IV. Carl Heinrich Blum, geb. in Stuttgart 2. Dezember 1792,
Kaufmann, diente 1812 in der Armee und erhielt die Verdienst-
medaille.
V. Ferdinand Ludwig Blum, geb. in Markgröningen am 25.
September 1803, Uragelds-Commissär in Hall, Revisor in Stuttgart,
vermählt mit Emma, Tochter des Kameralverwalters in Schönthal
Gottfried Heinrich Hesler, welcher Ehe 1 Sohn, Namens Carl Fried.
August, geb. 14. April 1839 und 1 Tochter entsprossten.
VI. Franz Hermann Blum, geb. 18. März 1807, Gutsbesitzer
in Hellmuthhausen bei Constanz, in Gemeinschaft mit dem vorbe-
nannton Bruder Carl Heinrich.
Das Fürstlich Württembergische Dienerbuch enthält folgende höhere Beamte
de« Namens Blum: Vogt 440. - Wolffg., Vogt 570.
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zedby G00gk
Blumhardt.
Christian «ottlieb Blumhardt, wurde den 29. April 1770 zu
Stuttgart geboren. Derselbe, anfangs zum Lehrer bestimmt, besuchte
später das Gymnasium seiner Vaterstadt, wurde hierauf in das theo-
logische Seminar in Tubingen aufgenommen und nach Absolvirung
seiner Studienzeit in seinem 24. Jahre als Secretär der deutschen
Christen thumsgesellschaft an Stelle des nach London übergegangenen
Steinkopf nach Basel berufen, welchem Ruf er freudig Folge leistete.
In dieser ihm bald liebgewordenen Stadt wirkte er nun eifrig mit znr
Gründung der dortigen Bibelgesellschaft. Im Jahr 1807 wurde er
von dem württembergischen Consistorium in sein Vaterland zurück-
berufen, wo er eine ungetheilte Achtung und Liebe unter den edelsten
Männern geribss und in verschiedenen Landgemeinden als Vicar wirkte.
1809 wurde er Pfarrer an der Gemeinde Burg bei Neustadt und
vermählte sich im gleichen Jahre mit Jnlie Maier von Tübingen.
Während er diesem neuen Wirkungskreise einerseits das Evangelium
mit der ihm eigenen Klarheit und Eindringlichkeit verkündigte,
arbeitete er auf der anderen Seite mit angestrengtem Fleisse an der
Ausbildung seines eigenen Geistes fort, übersetzte mehrere ausge-
zeichnete englische Werke ins Deutsche, liess sie im Druck erscheinen,
und dehnte so seine Thätigkeit immer weiter aus.
Nachdem inzwischen mitten in dem Kriegsgetümmel des Jahres
1815 in Basel ein Missionsveroin, ein Institut zur Bildung von Missio-
nären, gegründet worden, kehrte er, einem Rufe der Leiter dieser Anstalt
folgend, 1816 als Director derselben nach Basel zurück, und bekleidete
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— 69 -
dieses Amt 23 Jahre laug", bis an seinen Tod, der den 19. Decoinber
1838 erfolgte, mit segensreicher Wirksamkeit. Eine grosse Zahl
von Missionszöglingen stand im Laufe dieser 23 Jahre unter seiner
Täterlichen Pflege. Neben den 23 Jahrgängen des Missionsmagazins
arbeitete er auch das werth volle Werk einer »Missionsgeschichte« in
fünf Bänden aus, und fährte es bis zur Reformation, welchen Zeit-
punkt er sich von Anfang an als Ziel festgesetzt hatte, fort. Ausser-
dem gab er noch mehrere sonstige Schriften heraus. Blumhardt
starb hoch verdient um Ausbreitung des Christenthums mit Hinter-
lassung einer einzigen Tochter, Julie, Wittwe des Pfarrers Bommel.
Der gleichen Familie gehört Johann Christoph Bluinhardt an,
welcher den 16. Juli 1805 ebenfalls zu Stuttgart geboren wurde.
Derselbe studirte Theologie, wurde 1830 Lehrer an der Basler
Missiousanstalt, 1838 aber zum Pfarrer in Möttlingen bei Calw er-
nannt, welch letzteres Amt er 14 Jahre lang" mit besonderer Kraft
bekleidete. Nach Ablauf derselben erwarb Blumhardt das bekannte
Königliche Bad Bell, und siedelte, zum grössten Leidwesen seiner
ihn überaus hochschätzenden und ihm mit herzlicher Zuneigung an-
hängenden Gemeinde, 1852 dahin über. Seit bald 25 Jahren wirkt
er daselbst als Seelsorger unermüdet fort und beläuft sich die Zahl
derjenigen, welche in dem erwähnten Zeiträume in seinem schönen
und weiten Familienkreise verweilt haben, auf gegen 30,000. Im
Jahr 1838, den 23. Juli, vermählte er sich mit Johanna Dorothea,
geb. Köllner.*
Von den Kindern Blumhardt's gehören zwei, Christoph und
Theodor, dem geistlichen Stande, ein dritter, Carl, dem kaufmännischen,
ein vierter endlich, Nathanael, dem ökonomischen Berufe an. Die
einzige Tochter, Maria, ist die Gattin des Emil Brodersen, der mit
* Eino Schwester von ihr ist die Gattin des Pfarrers zu Kornthal, Jacob Heinrich
Sttntdt; ein Bruder, der ehemalige Probst zu St Petri in Berlin, Nath. Köllner, starb
21. Oktober 1873 in BoU mit Hinterlassung von 7 Kindern.
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Beinein Bruder Theodor Brodersen bald nach der üebersiedelung
BlumhardVs nach Boll * ans Schleswig dahin gezogen ist.
Blumhardt ist nicht nur seiner bedeutenden Kanzelreden, seiner
Psalm- und Prophetenlieder etc., sondern auch seiner herzgewinnenden
Freundlichkeit und wahrhaft frommen, von aller Engherzigkeit freien
Richtung wegen weltbekannt geworden.
* Für Bad Boll hegte besonders Herzog Friedrich von Württemberg Interesse.
Er lies« daselbst für die damalige Zeit seltene Früchte wie Melonen, Gurken. Blumen-
kohl u. 8. w. in einem eigens dazu angelegten Garten pflanzen.
Eine alte Badeordnung verbot nicht blos starke Diät, sondern auch das Fluchen
und Streiten, gebot dagegen das Beten und Besuchen des Gottesdienstes. Schon 1593
zählte BoU 400 Gäste.
*/« Stunde entfernt vom Bade liegt das Pfarrdorf Boll, das 1302 von den Her-
zogen von Teck an Württemberg verkauft wurde, und woselbst 1831 ein Graf Ulrich von
Württemberg, Enkel Eberhard'» des Erlauchten, Probst war.
Digiti
zedby G00gk
Bohnenberger.
Gottlieb Christoph Bohnenberger, geboren den 1. März 1732
in Simmozheim, Pfarrer daselbst 1762, Pfarrer zu Altburg 1784— 1807,
zeichnete sich als guter Mechaniker aus und war überhaupt als sehr
talentvoller Mann bekannt. Besondere Berühmtheit erlangte er durch
seine > Beschreibung einer auf neue sehr bequeme Art eingerichteten
Electrisinnaschine«, Stuttgart 1784, 1786 — 1791, und Beiträge zur
theoretisch-praktischen Electricitätslehre , ebendaselbst , 1793 — 95,
5. Hefte u. a. mehr. —
Johann Gottiieb Friedrich Ton Bohnenberger, Sohn des
Vorigen, geb. 1765, 5. Juni, magistrirte 1786, war seit 1789 Pfarrer
in Altburg, lebte nachher längere Zeit in Gotha und Göttingen, wurde
1796 bei der Sternwarte in Tübingen angestellt und 1798 zum aus-
serordentlichen, 1803 aber zum ordentlichen Professor der Mathe-
matik und Astronomie daselbst ernannt. Er unternahm die erste
Landesvermessung Württembergs, in Folge deren er mit Ammann
eine Karte von Schwaben in 60 Blättern herausgab. Auch war er
durch mehrere astronomische, auch physische Werke hoch berühmt
und starb 1831. —
Christof Friedrich Bohnenberger, Bruder des Vorigen, Ober-
Umgelder in Tübingen. —
Wilhelm Gottlieb Bohnenberger, Sohn des Vorigen, geb. 3.
December 1798, Professor in Ellwangen, in Blaubeuren, 1859, Kitter
I. KL des Friedrichs-Ordens, t Altenstaig 15. November 1873.
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Brenz.
Johann Brenz, der bekannte Reformator Württembergs, einer
der eifrigsten Anhänger und Frennde Luthers, wurde den 24. Juni
1499 zu Weil d. Stadt* als der älteste von 3 Söhnen des dortigen
Stadtschultheissen Martin Brenz und der Catharina, geb. Hennig,
geboren und erhielt in der Taufe den Namen desjenigen Heiligen,
mit dessen Gedäcbtnisstag der Tag seiner Geburt zusammenfiel. Brenz
bezog schon 1512 die Universität Heidelberg. Das damalige wieder-
auflebende Studium der alten classischen Literatur im Südwesten
Deutschlands wirkte ungemein fördernd auf den Jugendunterricht,
so dass schon 1524 Luther es rühmen konnte, es lerne ein Knabe
jetzt in drei Jahren mehr, als man bisher in zwanzig und mehr
Jahren in Klöstern und hohen Schulen gelernt habe. 1520 wurde
Brenz Baccalaureus , (der niederste academische Grad beim Ueber-
gang von den philologischen Studien zur Philosophie), 1517 aber
erhielt er das veilchenblaue Barett des Magisters und begann nun
das theologische Studium. Gleichzeitig trat er dem Kreise von
Studirenden in Heidelberg bei, die — wie Melanchthon, Oekolam-
padius, Buccr, Lachmann, Schnepf — das Haupt der Reformation,
Luther, bei dessen im Jahr 1518 erfolgter Ankunft daselbst mit
Begeisterung aufnahmen und in dem grossen Reformator die Hoffnung
erweckten, sie würden einst die richtigen Grundpfeiler der wahren
Gotteslehre werden.
* Nachdem das begonnene Reformationswerk In Weil schnell wieder zerfallen
war, würde daselbst seinen beiden Eltern die Begräbniss-Statte der Gemeinde verweigert,
so dass ihre Leichname ausserhalb der Stadt in ungeweihter Erde beigesetzt werden
mussten.
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zedby G00gk
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1519 wurde Brenz Regens (Repetent) der Burse der Realisten,
«Ist sogenannten Schwabenburse, Aufseher einer Anzahl von Studirenden,
&w zusammen wohnten und arbeiteten, und fährte dieselben in Vorträgen
über das Evangelium Matthäi in die biblische Gottesgelehrsamkeit ein.
1521 erhielt er in Speyer die Priesterweihe, las hierauf die
erste Messe in seiner Vaterstadt Weil, verliess jedoch Letztere 1522
wegen der von der österreichischen Regierung beabsichtigten Aus-
rottung der Artheischen Lehre und folgte einem an ihn vom Rath
zu Schwäbisch Hall auf die Empfehlung Johann Ismmann (eigentlich
Eisenmann, Eisenmenger) hin ergangenen Ruf als Prediger dieser
Stadt. Bis 1523 las er daselbst die Messe, erklärte jedoch, dass er
sie keineswegs als Opfer betrachte. Während des Bauernkrieges
predigte er ebenso über den Gehorsam der Unterthanen gegen die
Obrigkeit wie über die Versäumnisse der Obrigkeit, der er zu Herzen
zu führen suchte, dass sie ein christlich Regiment halten müsse.
Schon 1529 hatte er die Reformation in Hall und der ganzen Um-
gegend vollendet. Im schmalkaldischen Kriege, als die Kaiserlichen
zu Anfang des Jahres 1547 in Hall einzogen, war Brenz der uner-
schrockene Bekämpfer des Interims, nicht nur genöthigt, anfangs in
die nahen Wälder, hierauf wegen des Auslieferungsbefehls Granvellas
mit Zurücklassung seiner Familie in die Schweiz zu flöchten, wo
indess seine Frau starb, sondern musste noch, als er nach der Rück-
kehr nach Stuttgart diese Stadt von den Spaniern besetzt fand, in
einem Hause der oberen Stadt seine Zuflucht nehmen. Zwischen
einem Holzstoss und dem Dach verborgen, fristete er von einem mit-
geföhrten Brodlaib , und dem Ei , das eine Henne jeden Morgen in
seiner Nähe legte, sein Leben, bis der Abzug der Feinde erfolgt war.
Herzog Ulrich verbarg ihn in der Folge längere Zeit auf der
Burg Hohenwittlingen 1548. Daselbst arbeitete Brenz an seiner
Erklärung des 93. und 130. Psalms wie an seinem grossen Kathe-
chismus. Später gab ihm Herzog Ulrich auf Burg Hornberg, wo
auch des Herzogs Kinder sich befanden, ein Asyl und hier nun
lebte er als fin^irter Vogt unter dem Namen Huldreich Engster
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(Artigster). Die Leute aber wollten ihn für keinen rechten Vogt
halten, da er, wie sie sagten, viel zu gottesfürchtig sei und nicht
fluche und zeche wie die andern Beamten. An dem »Abendmahls-
streit« nahm Brenz hervorragenden Antheil. (Begründung der
lutherischen Abendmahlslehre gegen die Schweizer). Hoch verdient
um die im unteren Lande vor sich gehende Reformationssache machte
sich auch Dietrich von Gemmingen, ein besonderer Freund von Brenz.
Nach dem Tode Herzogs Ulrich betraute ihn Herzog Christoph
1551 mit der Ausarbeitung der Württembergischen Confession. 1552
wurde Brenz zum Probst der Stiftskirche in Stuttgart ernannt, als
welcher er die, vielen andern in der Reformirung begriffenen Ländern
als Muster dienende, »grosse württembergische Kirchenordnung <
verfasste.
Von vielen Fürsten und Städten wurde Brenz um Rath gebeten
und selbst Luther gab ihm das Zeugniss, er sei der beste Ausleger
der heiligen Schrift.
Auch ein Landgut zu Bulach, die sogenannte Burg, mit Schenne
und Garten verdankte Brenz der Freigebigkeit seines Herzogs. Daselbst
brachte er jedes Jahr einige Zeit im Sommer zu. Dieses Gut wurde
von den Vormündern seiner Kinder verkauft.
Brenz, ein an Geist und Gemüth gleich ausgezeichneter Mann,
gerühmt als hochgebildet und sehr gastfreundlich, von inniger, unge-
heuchelter Frömmigkeit und tadellosem Wandel, demüthig und
uneigennützig im Umgang, freundlich und liebreich, starb, erschüttert
durch den am 28. December 1568 erfolgten Tod seines geliebten
Landesherrn,* den 11. Sept. 1570 zu Stuttgart, seines Alters im 72.,
seines Predigtamtes im 50. Jahre, und wurde in der Gruft der
dortigen Stiftskirche beigesetzt. Noch bei Lebzeiten hatte er geäussert,
er wünsche daselbst begraben zu sein, damit er, wenn ein Geistlicher
* «Wie gern, .rief er bei der Todeskunde seines geliebten Fürsten aus, hitte
ich sein Leben mit dem meinigen sammt Allem, was loh habe, erkauft, wenn es mit
Gottes Wül geschehen könnte !•
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auf seiner Kanzel etwas* anderes als den reinen evangelischeu Glauben
predige, aus seinem Grabe steige und jenen von der Kanzel vertreibe.
Brenz bat nächst Ambrosius Blarer und Erhard Schnepf die meisten
Verdienste um die Württembergische Evangelische Kirche.
In der ihm von Dr. Wilhelm Bidembach den 15. September 1570
in der Stiftskirche gehaltenen Leichenrede heisst es unter Anderm:
«Nach 25tägiger Krankheit fiel er in einen tiefen Schlaf,
wölcher in die dreyzehend Stund und bis ins ewige Leben gewehrt.
Dann er von solchem nicht mehr aufgewacht, sonder gesterigs Mon-
tags den 11. Septembris zwischen zwölf! und ein Uhr gleich Nach-
mittag hat ine der, so seiner Gleubigen Tod ein Schlaff nennet, der-
massen so sanft entschlaffen und ausschlaffen lassen, dass er mit
Christlichen Gebetten und Trostsprüchen von den Umbßtehenden Gott
bevolhen, seinen Geist ohne einiche sondere Bewegung des Leibs, der
Glider (wölches wir so darbey gewesen, warhafftig und eigendtlich
Acht genommen), seinen Schöpfer, Erlöser und Tröster aufgegeben
hat, fast gleicher weiss und gestalt, wie sein und unser aller Gnä-
diger Füret und Herr, Herzog Christoph, seliger und Christmiiter
Gedächtnuss entschlaffen ist. Dass, gleich wie sie beide einander
hertzlich geliebt und geehrt und in ungleichem Beruff fast mit gleichen
Graben und Tugenden begnadet gewesen, also auch fast ein gleichförmiges
End und Abechid auss diser Welt genommen, und sich zu ewigen un-
aussprechlichen Freuden auss disem Jammerthal hinaufgeschwungen.»
Seine I. Gattin war Margaretha, Tochter des Senators Caspar
Griter , Wittwe des Raths Wetzel in Hall und Schwester von Michael
Grraeter, Pfarrer zu St. Catharina in Hall, der mit Brenz das Syn-
gramma unterschrieben; sie starb zu Hall, während Brenz vor den
kaiserlichen Horden auf der Flucht begriffen war. Die II. Gemahlin,
Katharina, die mit trefflichen Eigenschaften des Geistes und Herzen*
ausgerüstete Tochter seines Jugendfreundes und früheren Amtsbruders
in Hall, damaligen Stadtpfarrers zu TJrach, Johann Insenmanu. Der
ersten Ehe sind 6 Kinder entsprossen, von der zweiten Ehe überlebten
den Vater 10 Kinder:
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Von ihnen sind näher bekannt:
I. »Sophia, verm. mit dem Dr. Eberhard Bidcnüach, Diaconus
in Herrenberg, später Generalsuperintendent von Bebenhausen.
JI. Barbara, verm. mit Dr. und Professor der Theologie in Tübingen
Dietrich Schnepf, des berühmten Erhard's Sohn.
III. Katharina, verm. mit Diaconus Gähring.
IV. Agathe, verm. I. mit Diaconus Spindler; II. mit dem Canzler
der Universität Matthias Hafenreffer. «Sie wurde die Stamm-
Mutter verschiedener, in Württemberg noch blühender Familien,
wie der Ben gel, Schmidlin, Camer er, Georgii, Weisser u. a.»
V. Johann, schon im 23. Jahre Dr. und Professor der Theologie
und Superattendent des Stifts in Tübingen, Abt zu Hirsau,
t 20. Januar 1595 (nach Andern 1596) mit Hinterlassung
von zwei Söhnen.
VI. Joseph, Dr. der Medicin, starb im besten Mannesalter als
Stadtarzt zu Hall 1586.
Mit einem Enkel von Brenz, Johann Hippolytns Brenz,
(Sohn des Tübinger Professors), der Dekau in Herrenberg, zuletzt
Consistorialrath und erster Stadtpfarrer in Ansbach war, starb der
Brenz'sche Mannsstamm aus.
Verschiedene Brenz, Nackommen von Brenz's Brüdern Ludwig,
Jurist, und Leonhard , von denen letzterer öfters von Melanchthan in
seinen Briefen an Brenz gelobt wird , finden sich in den Verzeich-
nissen der Württembergischen Kirchendiener.
Das Fürstlich Württembergische Dienerbuch enthält folgende höhere Beamte des
Namens Brentz (Brentins, auch Haldenreich Aengster) : Hans, Cl.Hofmeister 360. — Joh.,
190; Abt 280; Exped.Rath 143; O.Vogt 457; Probst 643. — Joh. HippoL, StifftsDiaconns
550. — Wendel, Cl . Hofmeister 348.
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Breimiiig.
Conrad und Sebastian Rrenning, im Jahre 1514 Obervogte
von Tübingen und Weinsberg, sind geschichtlich bekannt geworden.
Der Erstere, einem Tübinger Patricier-Geschlecht angehörend,
war in Diensten Herzogs Eberhard im Bart und zwar als Beisitzer
des Hofgerichts und Rath in der Kanzlei, wurde auch von dem Her-
zoge vielfach in vertraulichen und diplomatischen Aufträgen ver-
wendet. Bei dem jungen Herzog Ulrich bekleidete er während des
bayerischen Erbfolgekrieges 1504 die Stelle eines Geheimschreibers.
Nachmals erwarb er sich als Vogt von Tübingen, namentlich bei der
Verhandlung des Tübinger Vertrages (1514) und iq demselben Jahre
bei dem blutigen Armen-Conrad- Aufstand , grosse von Ulrich selbst
rühmlich anerkannte Verdienste. In den in der Folge durch Hutterfs
Ermordung entstandenen Umwälzungen machte sich Brcuning als
einen der an Talent wie an Charakter hervorragendsten Staatsmänner
seiner Zeit bekannt, indem er bemüht war, zu gleicher Zeit das
Wohl des Herzogs, wie des Staates zu wahren. Hierdurch aber
erregte er bei Herzog Ulrich Verdacht und dieser entliess ihn.
Ohngeachtet der Landtag Breuning in Schutz nahm, ward er nebst
einigen anderen Vögten, darunter sein Bruder Sebastian, welcher als
Obervogt von Weinsberg eine hochangesehene Stellung bekleidete, an-
fangs auf Hohen-Urach, später auf Hohen-Neuffen gefangen gesetzt,
nnter Mitwirkung des ränkevollen Kanzlers Ambrosius Volland der Absetz-
ung des Herzogs beschuldigt und von dem willkürlich zusammengesetzton
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Landgerichte nach unmenschlichen Folterqualen zum Tode durch
Enthauptung verurtheilt. Die ihm mittelst der Folter erpressten
Geständnisse widerrief er immer aufs Neue, vorzüglich noch kurz
vor seiner Hinrichtung.
Derselben Familie gehört an:
Hans Jacob Breuning* von und zu Buchenbacb, geb. 1552
zu Buchonbach bei Winnenden, «bereiste nach dreijährigem Aufenthalt
in Frankreich, England und Italien, die Türkei. Griechenland, Egypten,
Palästina, Syrien u. s. w. und kehrte erst 1595 wieder ins Vaterland
zurück. Zum Herzoglich Württembergischen Oberhofmeister ernannt,
begleitete er Herzog Johann Friedrich von Württemberg auf die
Hochschule. Auf Bitten seines Zöglings gab er seine Reise im Jahre
1612 in Strassburg heraus unter dem Titel: «Orientalische Beyss
des edlen und vesten Hans Jacob Bräuning von und zu Buchen-
bach, so er selbander in der Türkei sowolh in Europa und Afrika
benamtlich in Griechenland, Egypten, Arabien, Palästina, das heilige
gelobte Land und Syrien, nicht ohne sondere und grosse Gefahr vor
dieser Zeit verrichtet. Alles in fünf unterschiedentliche Meerfahrten
*
disponirt!» Strassburg 1612. Noch 1595 stellte ihn sein Herzog
an die Spitze einer Gesandtschaft nach England. Er starb im Jahr
1600 (1616) noch vor Beendigung seines Werkes.
Ebenfalls diesen Namen führten:
Oottlieb Breuning, Med. Dr. den 10. Mai 1606 geb. als
Sohn des Joseph Breuning, welcher 38 Jahre lang Pfarrer in
Hedelfingen gewesen, und der Kunigunda, Tochter des Special-Super-
intendenten und Spitalpredigers in Stuttgart Hillmayer.
Breuning ging, nachdem er sich anfangs dem Studium der Theo-
logie gewidmet hatte, zu dem der Medicin über, besuchte die Universitäten
Strassburg und Basel und bereiste von letzterer Stadt aus die Schweiz
* Seine Gattin bo\\ Anna Susanna, Tochter des Kaiserlichen Hofgerichts-Advokaten
zu Speyer Johann von Nerven (genannt Mfurer), f 1595 gewesen sein.
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— 79 —
und Italien, resp. Mailand, Mantua, Padua, Ferrara, Bononien, Florenz,
Siena, Venedig, Rom und Neapel. Nach seiner Rückkehr von dieser
Reise doctorirte er zu Tübingen 1628, practicirte anfänglich in Mark-
gröningen, nnd Hess sich darauf in Stuttgart häuslich nieder. Nach
der Nördlinger Schlacht, in Folge welcher Württemberg durch Feuer
nnd Schwert verheert wurde, sah er sich genöthigt, mit seiner Familie
zu flüchten und im Exile zu leben. In Speyer fand er bei der da-
maligen Württembergischen und Weimar'schen Armee Anstellung, bis
er 1635 den 8. Juli wieder nach Stuttgart zurückkehren konnte.
Obgleich er gewisser Ursachen willen in der Stadt unerkannt zu
sein wünschte, und dieselbe desshalb verhüllt betreten hatte, ward
er doch von einem der damals anwesenden Stadt-Bürgermeister er-
kannt und aufgefordert, da die eben eingetretene Pest bereits 3 Aerzte
weggerafft hätte und die übrigen Aerzte geflohen wären, die Stelle
eines Stadtarztes anzunehmen. Viele Tausende von Kranken behandelte
er in dieser seiner neuen Stellung ; zugleich wurde er seinem Vater zur
Stütze, der durch die Wuth der Soldaten in grosses Elend gerathen war.
Im Jahre 1644 wurde er zum Herzoglichen Hofarzt, 1654
aber zam Rath und Leibarzt des Herzogs Eberhard ernannt, in
welchem Amte er vielfach an die Markgräflich-Badischen und an-
dere benachbarte Höfe, einst auch zu der Herzogin von Ostfries-
land, einer Tochter seines Herzogs, gesandt wurde. Er starb den 12.
October 1678.
Seine Gattin war Anna Christina, des v. Nippenburgischen
Amtmanns zu Markgröningen Johann Molltor Tochter, aus welcher
Ehe 2 Söhne und 2 Töchter entsprossten. —
Ludwig Gottlieb Breuning, Sohn des Vorigen , geb. 1641
(1645), studirte ebenfalls Mediän und zwar zu Tübingen, Strass-
burg und Paris, bereiste hierauf einen Theil von Spanien und Italien
nnd erlangte nach seiner Rückkehr zu Tübingen die Doctorwürde.
Wegen seiner Kenntnisse in der Botanik wurde er von Herzog Eber-
liard zum fürstlichen Garteninspcctor , 1669 aber zum Hospitalarzt
in Stuttgart ernannt. Er starb schon 1670, den 27. Februar.
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- 80 -
Seine Ehegattin war Sibylla Barbara, Tochter des Herzoglich
Württembergischen Tutelar-Raths Eiden Johann Varabfller, welcher
Ehe 2 Söhne nnd 1 Tochter entsprossten. —
Das Fürstlich Württembergische Dienerbuch enthält folgende höhere Beamte des
Namens Breuning: Breuning v. Buochenbach : Hant Jac, O.Vogt 600. — Breuning (Browning):
Vogt 542. — Abr. t Ambtsschreiber 898 ~ Bat., Vogt 412, 605. — Conr., 16; Geh.8ecreUr.
30; Vogt 575. - Georg Ludic., Vogt 452, 624. — Gottlieb, LeibMedlc. 195, StattPhysic
557. — Hans Jac, O.Vogt 615 — Jöh. t Cl Pfleger 260. — Joh. Fried., Revisor 165. — Jok.
Heinr., StifftsDiacon 550. — Phil. Leonh., Geh.Secretar. 33 ; Keg. R. Secretar. 71. — 8*b«
Stattschreiber 560.
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Breyer.
Ludwig Friedrich Breyer wurde den 26. Februar 1675 zu
Ober-Bronn im Elsass geboren. Sein Vater Georg »Leonhard Breyer,
war Graf). Leiningischer Kanzlei-Director und Oberamtmann, zuletzt
Hohenlohischer Kanzlei-Director in Langenburg; Die Mutter Kuni-
rondm Catharina, eine geborene Leutwein, deren Grossmutter väter-
licherseits eine geb. Feteerin und Descendentin von der berühmten
Burckhardischen Familie war ; der Grossvater, Georg Breyer, Bürger
und Mitglied des ßaths in Seh weinfurth ; der Urgrossvater David
Breyer, Pfarrer in Rothenacker 1558.
Ludwig Friedrich, dessen Vater, wegen der leidigen Kriegs-
zeiten nach Langenburg übersiedelt, und daselbst bald nachher,
ohne Vermögen zu hinterlassen, gestorben war, ward es durch seinen
Stiefvater, den .Hohenlohe-Oehringischen Stadtpfarrer Philipp Martin
Kteffer, ermöglicht, sich dem Studium der Medicin zu widmen. Im
Jahre 1693 bezog er die Nürnbergische Universität Altdorf, wo
er auf Empfehlung der Fetzerischen Familie in das von derselben
nmdirte Stipendium aufgenommen wurde. Nachdem er daselbst 4
Jahre verweilt hatte, ging er auf die Universität Tübingen und
practicirte sodann bei seinen Eltern in Oehringen. Besonderes In-
teresse schenkte er bei seinen in diese Zeit fallenden mehrfachen
Beisen den rheinischen Bädern. 1699 folgte er einem von der aus
ihrer Asche neu erstandenen Reichsstadt Speyer an ihn ergangenen
Bufe als Stadtarzt, in welcher Stellung er die schrecklichsten Kriegs-
zeiten und die sie begleitenden Krankheiten mitmachte. 1706 wurde
9. (itorgii-Georgmau, Biographisch Genealogische Blatter etc. 6
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— 82 -
er zum Gräfl. Hohetdohe-Oehring'schen Leibarzte, 1712 aber von
Herzog Eberhard Ludwig zum «wfirklichen» Hofarzte ernannt.
1716 treffen wir ihn im Gefolge de» Landprinzeu bei dessen Ver-
mählungsreise nach Berlin; 1727 erhielt er die Doctorwürde, und
1734 machte ihn Herzog Karl Alexander zu seinem wirklichen Leib-
arzte, als welcher er auch 1746, 15. April, starb. — Ein Bildniss
Breyers trägt die unter demselben angebrachte Inschrift seines Freundes,
des damaligen Gonsistorialraths und General-Superintendenten, auch
Probst zu Denkendorf, Phil. Heinrich Weissensee, also lautend:
Kunsterhaben, Dienstgeflissen,
Kluge Tugend, freyer Mund,
Heitrer Anblick, treuer Grund,
Muntrer Umgang, gut Gewissen,
Hertzhaft, Fromm, Gelassen, Mild.
Siehe da, Herrn Breyers Bild.
Seine Gattin war seit 1700 Maria Regina, Tochter des Ober-
raths (Oberjustiz-Raths) in Stuttgart Johann Baur, und dessen Gattin,
fliner geb. Böhm. Söhne:
I. Johann Heinrich, Bambergisch- und Wflrzburgischer Hofrath,
Oberamtmann in Markgröningen, vermählt I. seit 1733 mit
Maria Dorothea, Tochter des Raths Heinrich Kraffl; II.
mit Agnes Magdalena, Tochter des Expeditionsraths Zellcr.
II. Gottfried Daniel, Herzogl. Württemb. Expeditionsrath und
ältester Rentkammer-Secretär, verm. 1736 mit Eberhardina
Friederica, Tochter des Expeditionsraths Hegel. —
Johann Friedrich Brejer, ältester Sohn des Vorigen,
erhielt seine Bildung in den württembergischen theologischen
Lehranstalten und erlangte 17. October 1758 die philo-
sophische Magisterwurde unter dem Decan M. Gottfried
Ploucquet, wurde 1761 evangel. Prediger in Livorno, hierauf
während seines mehrjährigen Aufenthaltes in Italien 1766
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zum Repetenten am theologischen Stipendium in Tübingen
ernannt, kehrte aber erst 1769 ins Vaterland zurück. 1770
wurde er Professor ord. der Philosophie und der schönen
Wissenschafken in Erlangen, 1776 Aeltester des Königlichen
Instituts der Moral und der schönen Wissenschaften ; Branden-
burgischer Hofrath 1782, charakter. Königl. Baierischer
Hofrath 1820. Er starb 28. Juni 1826 im 88. Jahre
seines Alters zu Erlangen mit Hinterlassung mehrerer
philosophischer Werke.
Seine Gattin war seit 11. September 1776 Jobanna
Wilhelm ine, Tochter des Regierungsraths in Stuttgart, Max
Frost, welcher Ehe 1 Sohn und 3 Töchter entsprossten.
Von letzteren wurde eine die Gattin des Oberhofpredigers
Ammen in Dresden, eine andere die des Predigers und
Seniors in Frankfurt a. M., Wilh. Friedr. Hufnagel.
HI. Ludwig Friderich, Pfarrer zu Münster, verm. seit 1730
mit Sophia Elisabeth, Tochter des Pfarrers Neuliäusser zu
Obertürkheim.
IV. Julius Friderich, Herzoglich Württembergischer Hof- und
Stadtarzt in Ludwigsburg, vermählt 1735 mit Maria Eli-
sabeth, Tochter des Bürgermeisters Els&sser in Wimpffen. —
V. Philipp Jacob, Hofapotheker in Stuttgart, vermählt mit
Eva Maria, geb. Wagner, welche nach dem Tode dieses
ihres Gatten den Ober-Diaconus Heller heirathete. Breyer
selbst starb 15. Mai 1745.
VI. Heinrich August, geb. 1720, 23. Julr, M. und Repetent
im fürstl. Stipendium in Tübingen, starb bei dem Pastor
und Senior zu St. Anna in Augsburg, M. Samuel Urlsperger,
im 27. Jahre seines Alters, 9. April 1746.
VIT. Johann «ottlieb Breyer, Auditor mit Hauptmannsrang bei
einem Kaiserlichen Regiment in Ungarn, nachmals Herzoglich
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Württembergischer Geheimer Secretär 1754, Regierungsrath
und Geheimer Rath. Er erwarb sich als fleissiger Forscher
der vaterländischen Geschichte and Verfassung einen be-
deutenden Namen. Ihm verdankt u. A. Württemberg die
erste und einzige gedruckte systematische Darstellung des
durch den Ausspruch von Fox (er kenne nur zwei Verfas-
sungen, die englische und die württembergische) berühmt
gewordenen Staatsrechts des vormaligen Herzogthums Würt-
temberg unter dem Titel: »Elementa jur. publ. Wirtemb.
ac ducum privati«, 1782.
Ebenfalls dieser Familie gehören an:
Jobann Christoph Friedrich Breyer, geb. 2, Februar 1749,
Doctor der Rechte, Herzoglich Württember/rischer Geheimer Archivar
(1769), hierauf ausserordentlicher, seit 1774 ordentlicher Professor
der Rechte in Tübingen, zugleich Herzoglicher Rath und Hofgerichts-
assessor. Er starb 12. October 1777. Seiner Schriften sind mehrere. —
Heinrich August Breyer, Auditor unter dem fränkisch-Zet7t'-
schen Kreis-Regiment 1746. —
Christian Ludwig Breyer, Regierungs-Secretär in Stuttgart
1778, dessen Nachkommen nach Neapel übersiedelten. —
Karl Wilhelm Friedrieh von Breyer, bekannter historischer.
Schriftsteller, geb. 1771 zu Heutingsheim bei Ludwigsburg, ausser-
ordentlicher Professor der Geschichte an der Universität in Jena 1803,
Professor der Geschichte und Statistik an der Universität Landshut
1804, ward hierauf von dem Minister Montgelas als Mitglied der
reorganisirten Akademie der Wissenschaften nach München berufen,
auch gleichzeitig daselbst zum Professor der Geschichte am Lyceum,
und zum Hofrath ernannt, und in der Folge zum Lehrer eines König-
lichen Prinzen in der Geschichte und Littoratur berufen.
Breyer starb, von schweren häuslichen Heimsuchungen betrof-
fen., 28. April 1818 zu München. Sohn:
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— 85 —
Max Breyer, geb. München 14. September 1810, Oeconom,
Bentier in Illingen. Eine Schwester desselben, Johanna Charlotte
Friediüre Fanny, wurde 11. November 1835 die Gattin des Stadt-
pfarrers in Reutlingen Johann Carl Fischer. —
Die Breyer'ache Familie blüht noch im Württembergischen.
Dm> Fürstlich Württembergische Dienerbuch enthält folgende höhere Staate-
diener mit Namen Breyer' Geh. Regim.R RegJstrator 45. — Christian Lud»., Beg.KSe-
cretartna 74. — Christoph Heinr., RenthGhAecrctar. 13«. — Gottfr. Dan , Expe&Rath 113.
— Joh. Christ., Holiger. Beeret. 80; Begistrator 83; Beg.R.Becretar. 76. — Joh. Christoph
Frid-, Archivar. 41- — Johann Gottlieb, Geh. Seoretor. 34. — Joh. Heinr. , Gel. O.Bath
67; Vogt 489. — Jui. Frid., LelbMedlc. 196. - Ludw. Frid* LeibMedicue 196.
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Brodbeck. Brotbeck.
Johann Conrad Brodbeck, Med. Dr. und Professor, wurde den
28. Aug. 1620 geboren. Sein Vater war Johann Conrad Brodbeck, *
Pfleger in Roseck, nachmals Procurator Stipendii in Tübingen; die
Mutter Barbara, eine geb. Nördlinger ; der Grossvater Johann Brodbeck
der jüngere, Kl. Herrenalbischer Amtmann zu Langensteinbach, nach-
her Pfleger in Roseck, zuletzt Visitationsrath in Stuttgart ; die Gross-
mutter Margaretha, geb. Herbst; der Urgrossvater Johann Brodbeek
der ältere, genaunt Eisenkrämer, Fürstl. Rath, wohnte zu Unter-
Türkheim und starb 1575; der Urur-Grossvater Joachim Brodbeck,
Stadtsch reiber in Kirchheim, t 1557: der Urur-Urgrossvater Conrad
Brodbeck, der jüngere, in Bernhausen, t 1518, dessen Vater Conrad
Brodbeck, der ältere, von Bernhausen 1447 starb. Der Vater des
Letzteren Jacob Brodbeck, Württembergischer Beamter, Vater von 23
Kindern, lebte noch 1451 ; der Gross vater endlich Httglin Brodbeck III.
war im Jahr 1393 Vogt zu Stuttgart.
Johann Conrad studirte Medicin zu Tübingen, wo er auch
1646 die Doctorwürde der medicinischen Facultät erhielt. Noch in
demselben Jahre wurde er von dem Magistrate der damaligen Reichs-
stadt Esslingen zum Stadtarzte berufen, ein Amt, das er 3 Jahre
lang bekleidete. Im Jahre 1650 ernannte ihn Herzog Eberhard
* Dm im Jahr 1627 gestiftete Brodbek- Stick el'tche Stipendium rührt gleichfalls
tod einem Johann Conrad Brodbek her, welcher aber Herzoglicher Rath und Kammer-
secretir In Stuttgart war. Nach der AV/#r'schen Genealogischen Sammlung wurde
Johann Conrad, Johann Georg und Johann Brotbeck, Gebrüder und Vetter von Kaiser
Ferdinand IL d. d. 25. August 1627 geadelt Laut des Adelsdiploms, welches in Spener'»
„Operis Heraldicis* enthalten ist, geschah diese Erhebung, weil Joh. Conrad' $ Vater unter
Kaiser Rudolph dem Reiche gegen die Türken grosse und wichtige Dienste geleistet hatte.
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— 87 —
zum ausserordentlichen Professor der Astronomie zu Tübingen, 1653
zum ordentlichen Professor der Physik, und 1657 zum ordentlichen
Professor der Medicin. Das Bectorat der Universität bekleidete er
zweimal, das Decanat der medicinischen Facultät 16mal. Er starb
1677 22. Februar.
* Seine Gattin war seit 1646, 10. August, Christiana, des Med.
Drs. und Professors, auch Herzogl. Württemb. Raths und Leibarztes
Carl Bardill Tochter. Folgende Kinder überlebten den Vater:
I. ltegina Magdalena, vermählt mit dem J. U. Dr., Oberrath
und Hofgerichts- Assessor, Johann Ulrich Pregitzer.
II. Sibylla Agnes, verm. mit dem Secretär der freien Reichs-
Ritterschaft in Schwaben des Orts am Neckar, Schwarzwald
und der Ortenau Johann Joachim Bader.
III. Maria Dorothea, verm. mit dem Diaconus zu Herrenberg,
M. Ernst Conrad Bernhard.
IV. &V. Christina und Susanna.
VI. David, Med. Dr. und Physikus in Herrenberg, f 1734.
Seine I. Gattin war seit 17. April 1694 Maria Chri-
stine, geb. Beinffhl; die II. Ottilie Barbara, geb. Hiller;
die III. Sibille Margarethe, geb. Niedermajer.
VII. Georg Conrad Brodbeck, M. und Diaconus zu Mezingen und
Urach 1676, zu Kirchheim 1683, Decan in Leonberg 1688,
in Nürtingen 1694, in Schorndorf 1704, in Kirchheim 1708,
Prälat in Murrhard 1713. f 1714.
Seine I. Gattin war seit 23. Mai 1676 Maria Judlthe, des
Prälaten in Bebenhausen, Johann Conrad Zeller Tochter; die II.
Maria Jndiihe, Tochter des Probsts in Denkendorf, Eberhard Knoll ;
die III. Maria Amalie Ktthorn. %
Georg Conrad' s Wahlspruch war:
Memorare novissima &
in aeternum non peccabis.
Was du thust, so bedenke das End,
So wirst du nimmermehr Uebels thtm,
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— 88 —
Die Nachkommenschaft der beiden letztgenannten Söhne blähte
noch im 18. Jahrhundert.
Das Fürstlich Württembergische Dienerbuch enthalt folgende höhere Beamte
mit Namen Brodbtck (Brodtbeekh, BrotUckh, BrottUekh): Med. Dr. 197 ; Vogt 271. — Conr..
Visitat.Secretar. IM. — Goora Conr., Abt 327; Special 478. — Gottfr., Cl.-Pfleger 971. —
Hans Conr., Ch.8ecretarius 104; Ol.Pfleger 263; HofcanzleiSekretar. 104; Stipendien-Pro-
curator 582. — Hans Goora, OLHofmeister 345, 346, 352; Bechenbankhs Bath 118; Schult-
heisa 520. — Houglin, Vogt 540. — Joachim, Schnltbeiss 620 ; Stattschreiber 660. — Joh.,
Cl.Pfleger 263. — Gaistl. Yerwaltter 396. — O.R.Secretar, 69; BechenbanckhsBath 150;
Stiffts-Verwaltter 554 ; Vogt 394, 675. Joh. Christoph, Cl.-Pfleger 246. — Johann Conr., Geh.
Secretar. 31, 47.
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Bühl er (von Bühler.)
Der Name der Familie Bühler, auch Pühler, Bihler, wird
meist vom Worte Bühl, noch jetzt in Dialecten und bei Dichtern
gebräuchlich abgeleitet. Grimm: Bühel, Buhl, althochdeutsch puhil,
mittelhochdeutsch bfihel, vom alten biugan, gleich collis, Hügel. Die
ältesten Bühler, welche den Namen führten, mögen nach dieser Ab-
leitung Leute gewesen sein, welche Haus und Hof an einem Buhle
liegen hatten. So wird unter den ritterlehens- und rechtsfähigen
Geschlechtern Gmünds geradezu genannt:
1283 Fridericus in colle, identisch mit dem 1303 daselbst
genannten Friedrich Bühler, und dem Friedrich auf dem Bühel anno
1297.
Doch läset das Auftreten vielleicht derselben ritterlichen
Familie van Bühler am Bühlerfluss in der Gegend von Hall, an
welchem noch die Orte Bühler, Bühlerzell, Büblerthann liegen,
schliessen, - dass der Familienname von diesem Flussnamen herrührt,
welcher nach Bacmeister einer der ältesten überhaupt genannten
Namen ist. Schon 1024 wird der Flussname in der Urkunde, welche
den Forst um Ellwangen Virgunda zu einem Bannforst erklärt,
genannt.
Von der ritterlichen Familie, welche an der Bühler sass, ist
mit Urkunde 1382 ein Eberhard von Btthler et uxor Catharlne jon
*er Hefte belegt. Diese erscheint 1400 — 1 404 als Wittwe mit zwei
Söhnen Eckhard und Eberhard und einer Tochter Ellen, Ihre Guts-
Terkäufe zeigen, dass es damals mit dem Stand der Familie den
Niedergang gieng. Wir finden in der Gegend Bühler- und Remsthal
abwärts, längs der Albtraufe Bühler, als Hofbauern und Bürger, ja
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an mehreren Orten Süddeutschlands in allerlei Beschäftigungen, dass
verzichtet werden muss, einen Zusammenhang überall herzustellen.
Von vielen seien wenige hier genannt:
Gegen 1425 lebte Hans Bttheler, einer der besseren Dichter
dieser Periode, er kam als Dienstmann an den Hof des Friedrich
von Seewart, Erzbischofs von Cöln.
1491 schenkt Hans Btthler von Stuttgart dem Kloster Adel-
berg 2 Imi Weingilt.
1514. Btthler Bernhard, Magister, Pfarrer zu Güglingen.
1574. Btthler Martin von Stuttgart, Mag., Diaconus zu Gross-
ingersheim; auch werden zu Hall um diese Zeit mehrere Bühler
genannt.
1587 erhält Georg Btthler einen Gnadenbrief von Erzherzog
Ferdinand von Tirol; unter seinen Meriten werden auch die guten
Dienste genannt, die derselbe dem Kaiser Carl V. vor Ingolstadt
wider den schmalkaldischen Bund geleistet.
1598 — 1626 ist ein Georg Btthler herzoglich württember-
gischer Hauptmann und Burgvogt zu Schorndorf und Hohenasperg.
Derselbe hat 1599 auf Bevelch S. F. Gn.: Hohenrechberg und Stauf-
feneck eingenommen.
Von den in Nürnberg blühenden Bühler wird dem Nicolaus
Btthler, Abgesandtem des grossen Raths von Nürnberg in Wien,
zugleich auch dessen „lieben Brüdern Christophen und Gevettern
Danieln Btthler" 1622, 21. Aprilis zu dem „silbernen Perglein auf
blabem Schild" eine Wappenvermehrung mit adelicher Freiheit er-
theilt: Zu Hall bat 1595 ein Nicolaus Btthler von Nürnberg seinen
Hausstand gegründet.
1620. Wilhelm Btthler, herzoglicher Berg- und Schichtmeister
zu Freudenstadt etc. etc.
Die zusammenhängende sichere Genealogie beginnt erst 1615,
dem Geburtsjahre des Georg Btthler II., Sohn von Georg Btthler I.
Er war Hofbesitzer und Schultheiss zu Wolpertshausen am Buhle r-
flu8s, zugleich Bürger zu Hall. Nach der Stellung seiner gelegent-
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lieh genannten Freunde und Gevattern zu Hall u. a. 0. muss er
ein angesehener und wohlgebildeter Mann gewesen sein.
Das Hofgut zu Wolpertshausen, also nur wenige Stunden von
den Fundorten der Bühler weiter oberhalb des Flusses entfernt, ist
bis heute im Besitz der Familie Butler geblieben.
Von den zahlreichen Söhnen zieht auch Johann Peter Bflhler
in die Fremde. Das Glück war ihm hold. Als Bürgermeister der
Stadt Backnang gewann er in einer Tochter des Johann Christoph
Herbort, jur. utr. Licent., Hofgerichtsadvocaten und späteren Vogts zu
Bietigheim eine vorzügliche Hausfrau, welche ihn zugleich in den
Kreis der alt württembergischen Familien einführte. Er starb 71
Jahre alt, den 22. April 1731. Von den hinterlassenen Söhnen sind
als Begründer der beiden blühenden Hauptzweige besonders für die
Familiengeschichte wichtig: Johann Christoph, geb. zu Backnang,
11. Januar 1699 und Johann David, geb. 27. Januar 1702, welcher
als Bürgermeister seinem Vater im Amte nachfolgte; ein weiterer
Bruder Felix Gottlieb, starb als Specialsuperintendent zu Blaubeuren,
wieder ein anderer fiel als kaiserlicher Hauptmann.
Johann Christoph Bflhler, herzoglicher Vogt zu Dornstetten,
dann Bentkammer - Expeditionsrath und Landschreibereiverwalter zu
Stuttgart, war vermählt mit Margaretha Barbara, Tochter des Vogts
von Backnang, Veit Jacob Neuffer. Sein Name ist unglücklicher
Weise in die für Württemberg so traurige Jud Süss'sche Episode
verflochten. Da die verschiedenen Geschichtsschreiber ihn oberflächlich
und ungründlich neben einem Hallwachs, Metz und Consorten ver-
dammen, so sei hier zu seiner Ehrenrettung angeführt, dass er, 1737
verhaftet, Jahre lang auf Festungen und im Gefangniss als Staats-
gefangener, nach langwierigem Prozess 1746 freigesprochen wurde.
Auf sein dringendes Bitten um unparteiische Richter wurden endlich
die umfangreichen Akten der Juristenfakultät zu Göttingen übergeben,
und der Schluss des reeponsums in causa Bühleriana lautet S. 363
u. ff.: >das8 auch nicht das geringste vestigium sich äussern wollen,
pacb welchem man nur verrauthen könnte, dass Bühler in societatem
Digiti
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alicujus lucri mit dem Juden eingetreten sey, oder sonst sein Be-
zeigen sich das mindeste Widerrechtliche habe procuriren wollen.
Ans dem Allen nun zusammen erhellet, wie Inquisitus bei denen
vielen speciebus delictorum in allen und jeden Fällen, aUen dolum
lediglich abgeleinet, nicht minder seines Vornehmens überall gültige
Ursachen angezeiget und solche bescheiniget. Und wann auch bei
dem Höchsten rigore noch übrig bleiben sollte, dass Bühler, als er
an diesen Strohm gekommen, von Anbeginn mehrere Vorsicht, sich
demselben zu entziehen, hätte gebrauchen, auch in währendem Laufe
dieser Sachen, um eines und des andern Zumuthens sich zu ent-
brechen grösseren Fleiss und Behutsamkeit hätte anwenden sollen,
diess insgesammt eventualiter mit alle dem Übel, was mittelst dieser
wider ihn Formirten harten Inquisition ihn betroffen, und mit Er-
stattung der schwehren Unkosten compensiret werden müsse. Als
sind wir, wie in dem Urtheil enthalten, zu erkennen bewogen worden.
Von Rechtswegen. Mense Januario. 1745.«
Bühler, durch Kummer und Sorge um Ehre und Existenz
gebrochen, starb noch im Jahre seiner Freisprechung. —
Drei Söhne stellten den unschuldig beeinträchtigten Namen
wieder her.
Albrecht Jaeob, geb. 1722 zu Dornstetten, vermählt mit
Maria Elisabeth Gross, Tochter des Stadtvogts zu Stuttgart, wirk-
licher Geheimer Rath, Geheimer Beferendarius und Directorialgesandter
beim schwäbischen Kreise, wurde der vertrauteste Diener des Herzogs
Karl nach dem Sturze Montmartins. Das grosse Zutrauen, das
ihm seine Rechtschaffenheit und Tüchtigkeit erworben, benützte er
mit Franziska, welche beiden sich gegenseitig eng verbunden hatten,
voll Takt und mit genauester Kenntniss des Charakters des Herzogs,
wie die zweite Regierungsperiode Karl's zeigt, sehr zum Segen des
Landes, und bewahrte es, bis er 1792 starb. Kaiser Joseph II.
hat ihn in Anerkennung seiner grossen Verdienste d. d. Wien 1784
in des heiligen Römischen Reichs Panner- und Freiherrnstand erhoben.
Wappen: der silberne Bühl auf blauem Schild.
Digiti
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Der zweite Sohn Adolph Christoph, geb. zu Dornstetten 1729,
wurde herzoglicher 1. Stallmeister und Obrist Seine Reitkunst,
seine Kenntnisse in der Zurichtung der Pferde und sein Talent als
Lehrer hatten ihm nach dem Urtheil seiner Zeit bei Männern von
Fach und an allen Höfen europäischen Ruf erworben. 1792 kam
er nach Wien und musste auch vor dem Hofe reiten, hiebei erregte
er solche Bewunderung, dass ihn Kaiser Leopold als echten Ritter
(d. d. Wien 15. Febr. 1792) in den Ritterstand des Reichs erhob.
Noch im gleichen Jahre, 21. Mai 1792, erhob ihn Kurförst Carl
Theodor von Bayern, ein grosser Verehrer seiner Kunst und seines
Talents, als Reichsvicarius gleichfalls in den Reichsfreiberrnstand.
Er starb zu Tübingen 1809.
Sein Sohn, Friedrieh Christoph von BUhler, geb. 1761, Stall-
meister der Karlsakademie, dann Kaiserlich Russischer Kapitän der
Palasttrabanten in St. Petersburg, zuletzt Grossherzoglich Badischer
Landesoberstallmeister, vermachte bei seinem Tode 1833 der Univer-
sität Tübingen eine ansehnliche Stiftung. Vermählt war dieser mit
Friederike von Freistedt«
Der dritte Bruder war Magister Gottlieb Friedrieh Btthler,
geb. 27. September 1737, vermählt mit Juliane Neuheusser aus
Esslinger Patriciat, wurde Pfarrer zu Obertürkheim, sodann lang-
jähriger beliebter Geistlicher zu Echtordingen , von wo aus er ein
häufiger und gern gesehener Gast des herzoglichen Paares in Hohen-
heim war. Starb 1809 den 7. Januar.
Von hervorragenden Männern dieses Johann-Christoph'schen
Zweiges führen wir weiter an: Freiherrn Carl von Bühler, geb. 1748
zu Stuttgart, gest. 1811, Sohn Albrecht Jacobs. Seine Ehe mit
Catharina Charlotte von Schilling blieb kinderlos. Käiserl. Russischer
Geheimer Rath und Gesandter am Reichstag zu Regensburg, sowie
an verschiedenen deutschen Höfen, ein schöner und genialer Mann,
nahm er eine bedeutende Stellung in der damaligen höchsten Ge-
sellschaft ein. In der Russischen Diplomatie ist er eine historische
Grösse; speciell zu Gunsten der Vergrösserung des mit dem Russischen
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Hofe Hirten Badens hatte er seiner Zeit mit grossem Erfolg gewirkt.
Inhaber der Grosskreuze von Alexander-Newsky, S. Anna, Wladimir
etc., war er auch Oberbaillif des Malteser-Ordens.
Sein zweiter Bruder Freiherr Christoph Albrecht tob Bflhler,
geb. 1752, gest. 1808, war vermählt: I. mit Elisabeth, Tochter
des aus Gothas Wahrheit und Dichtung bekannten Bürgermeisters
von Frankfurt, von Olenschlager ; II. mit der verwittweten Gräfin
Vieregg, geb. Gräfin Lerchenfeld, deren Grabmonument mit dem
BüJder-Lerchenfeld'schen Allianzwappen auf dem Friedhof zu Heil-
bronn steht. Christoph Albrecht war langjähriger Herzoglicher
Gesandter und Minister am Kaiserhofe in Wien, zuletzt wirklicher
Geheimerath und Landvogt zu Heilbronn.
Auch der dritte Sohn Friedrich, Freiherr von Bflhler, geb.
1760, nahm eine hohe Stellung im rassischen Reiche ein. Einer
der talentvollsten Karlsacademiker — es waren 9 Bühler in der
Academie — , Ritter des academischen Ordens, trat er nach rascher
Carriere als Regierungsrath von württembergischen in russische
Dienste über und starb 1822 in St. Petersburg als wirklicher Staate-
rat h, Grosskreuz, Malteser-Ritter etc.; vermählt war er mit Elisabeth
von Braun.
Sein Sohn Freiherr Carl von Bflhler, geb. 1805, starb 1868
unvermählt auf dem v. &aZi$'schen Erbgute Zizers in der Schweiz,
als kaiserlich russischer General der Cavallerie, Generaladjutant des
Kaisers und Adlatus des Oberbefehlshabers vom Petersburger Militär-
bezirk, Groesftirsten Nicolaus, ausgezeichnet durch im Kaukasus und
in der Türkei geleistete Dienste und gleich verdient um die Orga-
nisation der Armee.
Der vierte Sohn Albrecht Jacob's war Heinrich, Freiherr von
Bflhler, geb. 1763 zu Stuttgart, gest. 1843 auf dem Ritterguto
Palla im Kreise Dorpat. Kaiserlich Russischer wirklicher Geheimer
Rath, Senater, Grosskreuz, Malteser-Ritter etc. Vermählt war er
in 1. Ehe mit Stephanie von Kntnzow, verwittweten Bakunin, in
II. Ehe mit Alexandrine von Palmenbach.
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Von den lebenden Familienhäuptern dieses Zweigs ist zn nennen
der Sohn des letztgenannten: Baron Theodor von Bflhler, Excellenz,
kaiserlich Russischer Geheimer Rath, Hofmeister des Kaisers, Director
de6 Hanpt- and Staatsarchivs des Ministeriums der auswärtigen An-
gelegenheiten zu Moscau, geb. 3./15. April 1821, vermählt mit
Fürstin Maria Bekovitseh-Tseherkassky.
Ferner als Aeltester der Gesammtfamilie: der königlich württem-
bergische Finanzrath G. Bflhler in Stuttgart, geb. 1800, und endlich
Hofrath G. von Btthler zu Slaventzitz, Generaldirector der fürstlich
Hohenlohe - Oehringischen Besitzungen in Württemberg, Sachsen,
Schlesien und Russland, geb. 13. December 1817. 1877 Mitglied
des deutschen Reichstags.
Von ausgezeichneten Persönlichkeiten des jüngeren Johann-
Datschen Zweigs fahren wir Hofrath Christian Friedrich Christoph
von Bflhler an, Dr. jur. utriusque, Mag. philosophiae , herzoglich
württembergischen Oberamtmann von Stadt und Amt Kirchheim u.
Teck, Verfasser verschiedener historischen Schriften. Von Kaiser
Josef IL in des Reichs Adelstand erhoben de dato Wien 1769. — '
Wappen: grüner Bühl auf silbernem Felde. Gest. im Jahre 1810
— vollständig erblindet — als Regierungsrath zu Stuttgart.
Da er ohne männliche Descendenz war, erhebt auf seine Bitte
Kaiser Franz die Söhne seines Bruders Friedrieh Theophil Bühler,
herzoglichen Oberamtmanns zu Backnang, — Carl August, Friedrich
und Eberhard, d. d. 7. Sept. 1802, gleichfalls in des Reichs- Adelstand.
Carl August von Bflhler, geb. 12. August 1765 zu Backnang,
langjähriger Regierungspräsident, Staatsrath, Ehrenmitglied des Ge-
heimen Raths, Excellenz, Grosskreuz etc. Gest. den 23. Februar
1848 zn Stuttgart, ein Mann, ebenso verdient um Württemberg, an
dessen Nenorganisirung er zu Anfang dieses Jahrhunderts als erster
referirender Rath des Regierungs-Directoriums ausgezeichneten Antheil
hatte, als besorgt für die Familie, deren angesehene Stellung er,
ein vermöglicher Mann und Herr des Schlosses Ossweil, durch Grün-
dung eines Fideicommisses zu sichern suchte.
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— 96 —
Sein Bruder Friedrieh von Bflhler, königlich württembergischer
Hofrath, zu Schwaigern Administrator der gräflich neipperg'schen
Besitzungen, hat die Fortdauer der Familie erhalten durch drei Söhne,
deren jüngster . Carl Edmund von Bflhler, Herr zu Brandenburg an
der Hier, von seiner Majestät König Karl von Württemberg in den
Freiherrnstand erhoben wurde, den 13. Oct. 1873, kurz vor seinem Tode.
Zur Zeit Senior dieses Zweigs ist Cavallerie-Major
Carl von Bflhler, geb. 1833, Ritter des eisernen Kreuzes.
Es wäre aus vorliegendem Material noch viel des Interessanten,
mancher stille schöne Familienzug und manches ehrenwerthe Glied
der Familie anzuführen, das in bescheidener, ihm vom Schicksal zu-
gewiesener Stelle den Kampf des Lebens gekämpft hat, doch würde
diess den gegebenen engen Bahmen überschreiten und bleibt daher
einer Familienchronik vorbehalten, welche, wie wir hören, bereits in
Arbeit ist.
Nach Traditionen stehen in ursprünglichem Zusammenhang mit a
dieser Familie die Bühler von Oberroth (Gaildorf). Von der Des-
cendenz des gräflich lim bürg. Kammerraths in Oberroth, Georg Caspar
Bflhler, geb. 1752, ist anzuführen:
Ernst Christoph Bflhler, königlich württembergischer Ober-
förster (ausgezeichneter Forstmann, s. Galerie württembergischer
Forstleute 1855). t
Georg Wilhelm von Bflhler, königlich württembergischer
Oberbaurath. t
Ritter Ernst von Bflhler, Eisenbahndirector in Wien.
Dm Fürstlich Wdrttembergieche Dienerbuch enthält folgende höhere Beamte
des Namens Bühler (BihUr): Advocat 306, 307. — Albr. Jak., Gel. Geh.Rath 28; GeL O.-
Rftth 67 ; HoffRath 181. — Carl Frid., Regiatrator 160. — Ftlix Gottl., Pferrer 891. -
Frid. Gottl., Keller 592; Vogt 371. — Qtorg, Borg Vogt 529; Hauptmann 366, 529; O.-
Schulthais 619. — Jak. Frid., Geh. Secretar. 35; Reg. B.SecreUr. 75. — Joh. Christoph,
Exped.Rath 112; Landaohreiber 116; Vogt 421. — Joh. Frid., Ambtmann 469. — Martin,
Ambtmann 469.
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Büschler.
ESne ehemals zu den angesehensten Geschlechtern der Reichs-
stadt Hall zählende Familie, welche im Jahre 1471 von Kaiser
Friedrich in der Person Hans BOschler's >aus dem ohrwürdigen
Sieben Burger Geschlecht« zum Ritter und Adelichen Geschlecht er-
hoben wurde.
Ebendemselben Geschlechte entstammten:
Friedrich BBschler, geb. zu Hall in Schwaben, 1479 beim
Tonrnier in der Woche am Lichtmesstag unter 68 Rittern gegen-
wärtig. —
Philipp Busehler, vermählt 1522 mit Affra Senfftin von
Snlbnrg. —
Philipp BBschler, geb. 1543, fiel (in Frankreich) in der
Schlacht auf Conde* scher Seite. —
Conrad BBschler, StättmeUter, starb 1579, 10. April, »hat
»an St. Michels Kirchen sein Stein. Seine Haussfraw Anna, geborene
»tob Rossdorf, von der Sophia Büschhrin erzeugt.« -
Hermann BBschler, anno 1526 Stättmeister zu Hall, wurde
von den Sieben Bürgern verfolgt und starb 1543.
Der Letztgenannte spielt in der Hallischen Geschichte eine Rolle,
denn seinetwegen entstand eine grosse Zwietracht unter denen von
Adel, so daes wie es wörtlich heisst: »Ir vil auss Hall gefaren, und
seither ir wonung nit mehr alda gehabt.«
Pfarrer Glaser in seiner »Geschichte der Stadt Hall« (M. S.
de Anno 1780) führt u. a. folgendes Aber dieses Geschlecht an:
v. GcorgU-Gtnrgenau, Biographisch-Genealogische Blätter etc. 7
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>l)er letzte Bäschler von Ansehen, so mir vorkam, ist 1577
Todes verblichen, die Familie selbst ging bis diese Stunde nicht
unter, versank aber innerhalb 200 Jahren in Niedrigkeit. Vor wenigen
Jahren noch lebte ein ßttschler in Hall, dem das Andenken seiner
glänzenden Vorfahren den Kopf verrückte, er mochte auf seiner er-
lernten Profession nicht arbeiten, duldete lieber die bitterste Armuth,
enthielt sich da und dort in Wirthshäusem und wartete auf einen
Bissen, den ihm ein Mitleidiger reichte, baute sich endlich eine Hütte
oberhalb der Stadt auf der Anhöhe beim Eisen hof, träumte dabei
immer von wichtigen Forderungen, die er von seinen Vorfahren her
an die Stadt zu machen habe, und begieng auffallende Unschicklich-
keiten, daher sich der Magistrat genöthigt sah, ihn in ein Arbeits-
haus einzusperren.«
»Ein Geschlecht kommt, das andere vergeht!«
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Buntz, Bonz.
Darid Bnntz, geboren als Sohn des Amtmanns zu Ebersbach,
Oberamts Göppingen, Johann Bnntz* von Weidenstädten und der
Barbara Schlumberger von Setzlingen, Oberamts Ulm, besuchte die
Ulmi8chen und Göppingischen Schulen, trat nach Absolvirung der-
selben in die Stadtschreiberei in letztgenannter Stadt ein, und begab
sich in der Folge zu weiterer Ausbildung zu seinem Bruder, dem
damaligen Kaiserl. Kammergerichts-Advocaten und Procuratoren in
Speyer, Johann Bnntz. Im Jahr 1577 kam er als Secretär zu dem
Grafen Johann zu Salm, Herrn zu Viviers etc., Marschall des Herzog-
tums Lothringen und Gubernator zu Nancy, welcher ihn bald darauf
zu seinem Rentmeister beförderte. Nachdem er im Jahr 1595 nach
Esslingen zurückgekehrt war, auch sich im gleichen Jahre daselbst
Terheirathet hatte, gelangte er 1597 in den kleinen Bath dieser
Reichsstadt, ward ein Jahr nachher ebendaselbst zum Forstmeister,
hierauf zum Stadt- Amman 1601, sowie auch zum Oberbürgermeister
ernannt 1602. Das letztere Amt bekleidete er innerhalb 17 Jahren
achtmal. Er starb mit Hinterlassung zweier Sühnlein, Namens Hans
DtTid und Hans Conrad den 25. August 1619.
Seine erste Gemahlin war Susann* , des gewesenen Bürger-
meistere von Esslingen Johann Legers unterlassene Wittwe, eine
eeb. Datt, welche kinderlos starb; die zweite, Christina, eine Tochter
des Herzogl. Württembergischen Pflegers des Klosters Denkendorf
• In Vaher'a „Württembergiechen FamÜien8tlftungen a . Stuttgart 18ß8, Ist die
Familie anter dem Namen Bonz aufgeführt.
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— 100 —
in Esslingen, Conrad Schlossberger und der Sabina, geb. Besserer
Ton Basserstein; ans dieser zweiten Ehe stammten die vorerwähnten
zwei Söhnlein. —
Johann Jacob Buntz, Neffe des Vorigen, wurde den 7. August
1574 zu Speyer als Sohn des dortigen Kaiserl. Kammergerichts-
Advocaten und Procurators, auch beider Rechten Doctors Johann Buntz
und der Magdalena Simmer geboren. Derselbe,, in der Augsburgi-
schen Confession erzogen, wurde nach dem 1 588 erfolgten frühzeitigen
Tode seiner Eltern von seinen Vormündern nach Württemberg und
zwar nach Urach gebracht, woselbst er die lateinische Schule besuchte
und von da aus die hohe Schule in Tübingen bezog. Im Jahr 1594
ging er, durch die Fest veranlasst, nach Speyer zurück, und begab
sich in demselben Jahre noch nach Heidelberg. 1595 ging er wieder
nach Tübingen, 1598 abermals nach Speyer, 1600 nach Jena, 1602
nach Leipzig, Wittenberg und Helmstadt, von wo aus er die Städte
Lübeck, Hamburg, Bremen, Königsberg in Preussen, und so fort,
durch die Mark Brandenburg, das Herzogthum Braunschwei& besuchte
und über Nürnberg nach Speyer zurückkehrte. In der Folge prak-
tizirte Bunte zu Worms bis 1606, in welchem Jahr er von dem
Markgrafen Georg Friedrich zu Baden und Hochberg als Hofmeister
dessen Sohnes, des. Markgrafen Carl, angenommen wurde. 1607 be-
suchte er, von diesem huldvollst entlassen, auf's Neue Speyer, begab
sich von da nach Basel und licentiirte daselbst in der Rechtswissen-
schaft 1609. 1611 wurde er von dem Bath der Stadt Worms zu
deren Advocaten und Syndicus berufen, ein Amt, das er in vielen
wichtigen Verschickungen und Commissionen zu Kurfürsten und Herrn,
viele Jahre lang vertrat. 1629, 12. November, ernannte ihn der
Kurfürst von Brandenburg zum Beisitzer des erwähnten Kaiserlichen
Kammergerichts, als welcher er auch, nachdem er namentlich unter
den spanischen und anderen damaligen Einquartirungen viel Drangsal
zu erleiden gehabt hatte, den 8. Februar 1656 starb.
Seine Ehegattin war Margarethe, Tochter des Raths und Schult-
heissen zu Worms, Bernhard Christof Schlatt, welcher Ehp 4 Söhne
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— 101 —
und 7 Töchter enteprossten, von denen bei seinem Tode noch folgende
am Leben waren:
I. Maria Margaretha, vermählt mit dem Fürstlich Speyer 'sehen
Commandanten der Festung Magdeburg, Robert von Losslin.
II. Johann Jacob Buntz, geboren 22. April 1614 zu Worms.
Derselbe absolvirte seine akademischen Studien in Heidelberg
und Strassburg, praktizirte hierauf bei seinem Vater in den
Kaiserl. Kammergerichts-Prozessen , nnd wurde im Jahr 1648
von dem Herzoge von Württemberg zum Bebenhausischen Pfleger
zu Esslingen ernannt. Als solcher starb er den 30. Mai 1666.
Seine Gattin war seit 8. September 1645 Christina, Tochter
des Stadt-Ammans von Esslingen Johann Andreas Sehlogs-
berger, mit welcher er 3 Söhne und 3 Töchter erzeugte, die
ebenfalls Nachkommen hinterlassen haben. Sein Symbolum war:
Dum spiro spero.
Derselben Familie gehören ferner an:
Johann Jaeob Buntz, J. ü. Lt., geb. 27. März 1673, t 3.
Februar 1743: (nach Blum von nun an Bonjs genannt) Herzoglich
Württembergischer Archivar, vermählt mit Sybilla Barbara, Tochter
des Med. Dr. in Stuttgart Ludwig Gottlieb Brenning, welcher Ehe
2 Söhne qnd 2 Töchter entsprossten. —
Christoph Gottlieb Bonz, Sohn des Vorigen, geb. 1706, Herzogl.
Wörttembergischer Expeditionsrath, erstmals vermählt mit Gonradlne
Elisabeth, geb. Schuokhardt; zum zweitenmale mit Christina Dorothea
Veronika, geb. ttolther, welchen Ehen 2 Söhne und 2 Töchter ent-
sprossten. —
Johann David Bonz, geb. 1676, Eathsherr und Kaufhaus-
verwalter in Esslingen, Mitbegründer der ifoni'schen Stiftung da-
selbst, t 1737.
Dm Fürstlich Württembergische Dienerbuch enthält folgende höhere Beamte
dm Namens Bont (Bonu, Butmtz, Bunt»): CanzleiAdvoc. 96; Registratur 160. — Ernst
Christoph, BenthÜh.SecreUr. 125. - Gottlieb Christoph, ViattatSecreter. 168. - Je*.,
QalstLVerwaltter 671 — Joh. Jak., Archiyar 40; GantzleiAdvoc. 94; Cl.Pfleger 362, Reg.,
BJBecretar. 74 ; Begistrator 83.
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Burk.
Philipp David Burk, wurde den 26. Juli 1714 zu Neuffeu
geboren. Sein Vater Philipp Jacob Burk, t 1744, war Präceptor
zu Neuffen; der Grossvater Philipp Jacob Burk, t 1699, Pfarrer
zu Mezingen u./ürach ; der Urgrossvater Philipp David Burk, t 1679
Vogt von Nürtingen; der " Urur-Grossvater Caspar Burk, t 1624,
Vogt von Nagold; die Urur-Grossmutter Margaretha, eine Tochter
des David von Dettighofen zu Erkheim und der Veronika, geb.
Keller ; der Urur-Urgrossvater Philipp Bork, Syndicus in dem Stifte
zu Oehringen (1555) lebte noch 1561 und ist der älteste bekannte
Stammvater dieser Familie.
Phüipp David* studirte Theologie und war, nachdem er vor-
her auf mehreren Pfarreien vikarirt hatte, im Jahr 1738 Vikar und
Amanuensis bei seinem Schwiegervater Bengel in Denkendorf; hierauf
Pfarrer in Bolheim bei Heidenheim 1742, in Hedelfingen bei Stutt-
gart 1750, Dekan in Markgröningen 1758, Stadtpfarrer und Special-
Superintendent in Kirchheim, als welcher er 22. März 1770 starb.
Er dachte, lehrte und schrieb ganz im Geiste seines Schwiegervaters
und war überhaupt ein Seelsorger im eminentesten Sinne des Worts.
Seiner Schriften sind viele.
Sein früh verstorbener Sohn M. Johann Albrecht Burk, geb.
2. März 1747, hat eine Biographie des Vaters geschrieben, welche
in Lübeck 1771 herauskam. —
* Seine Brüder waren: I. M. Michail Christoph Burk, Pfarrer in Kohlstetten
II. Johann Phüipp Jacob Burk, Kaufmann in Neuffeu ; III. Wilhelm Gottfried Burk, Kauf,
mann in Leonberg.
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— 103 —
Christian Friedrich Bnrk, Enkel des vorerwähnten Spezial-
Superintendenten, war Pfarrer in Thailfingen, Stadtpfarrer in Gross-
bottwar, Archidiaconus bei St. Leonhard in Stuttgart 1857, zuletzt
Pfarrer in Echterdingen, und lebt jetzt im Pensionsstande zu Lichten-
stern, woselbst einer seiner Söhne das Inspectorat der Kinderrettungs-
und Schullehrer-Bildungs-Anstalt bekleidet.
Dm Fürstlich Württemberglache Dienerbach enthUt folgende höhere Staata-
d jener des Namen» Burckh (Burg Burgkh): Caspar, Gl. Pfleger 250; Schultheias 363;
Vogt 500. - Hans, ßtadtechreiber 366. — Hans Ludw., OI.Hoftnaister 340 ; Gaiatl. Ver-
walter 474, 475 ; — Harn Mtlch., Cl Hoftnaiater 340 ; Gaiatl. Verwalter 474. — Joh. Ludw.,
Vogt 473. — Joh. PML, ExpedJtath 111. — Joh. Phil., Vogt 516. — Phil. Da»., CLPlleger
319; Pfarrer 441, 465, Vogt 506, 515. - Wilh., GLHofinaiater 340; Gaiatl. Verwalter 476;
Voratmalater 44S.
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Burkhardt.
Es folgt hier ein über diese altfränkische, seit 1560 auch
Württemberg angehörende Familie gedruckter historischer Bericht, d.
a. 1719, also lautend:
»Diese alte und berühmte Fanuli, hat ihren Ursprung aus
Francken, und ist unter die Alte Fränckische Familien von Adel,
biilich zu zehlen, war auch schon von etlich Seculis her in Francken
bekannt und hatte schöne Adeliche Güter um Baunach besessen. In
der Genealogi kan man zwar nicht höher steigen, als bis auff Con-
rad Burkhardten der ums Jahr 1476. gelebet, gleichwohlen muss
derselbe und seine Famili damahlen schon in grossem Ansehen ge-
standen seyn, dieweilen er sich mit dem Uralten Adelichen, und heu-
tigs Tags sehr hohem Geschlecht, deren von Lichtenstetn durch Heu«
rath verknüpftet: inmassen Er Mariam Elisabetham von Lichtenstein
zur Ehe gehabt, und vielleicht diejenige seyn mag, welche von Bu-
cellino, in seiner Genealogica Germaniae Notitia, einem Burkhardten
von Wcispriach in gleichem Zeit periodo zur Ehe gegeben wird, deren
Vatter Wilhelm von Lichtenstein gewesen. Indessen ist obgedachter
Conrad Burkhardt durch erstgemeldte Mariam Elisabetham von
Lichteustein ein Stamm- Vatter worden, der Burkhardtischen, und vieler
davon descendirenden theils Adelichen, als der Burkhardten von der
Klee, u. a. m. theils andern berühmten Familien, worunter in specie
die Bardilin- Brotbek- und Scheinetnannische zu zehlen, deren Ge-
nealogie in gegenwärtigem Stamm-Baum mit mehrerem zu ersehen.
Was sonsten noch den Adel der Burkhardtischen Famili anbelangt,
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m
so ist dessen anter anderm ein klarer Beweisstirom, indeme die Burk-
hardten, wegen ihrer Güter and Geschlechts, anter denen Adelichen
Vasallen des Klosters Bantz in Francken vor Zeiten ohndispntirlich
gewesen, wie solches der vortreffliche Abht Johannes Burkhardt,
obgedachten Conradi Enckel, und tfeorg Burkhardts, des Stamm-
Vatters innvermeldter Familien, leiblicher Bruder, gegen diejenige, die
Ihme und seiner Famili diesen Adel disputiren wollen, gründlich
dargethan und behauptet hat. Von diesem Abbt Johanne ist inson-
derheit noch dieses zu melden, dass derselbe wegen seiner sonder-
bahren Klugheit, Verstands, Gelehrsamkeit und Frommkeit, schon in
dem 208ten Jahr seines Alters von dem tapffern Abbt des Closters
Schwartzach im Stift Würtzburg, Wolfgang Zobeln zu denen wich-
tigsten Geschafften und Verrichtungen nutzlich gebraucht, und dess-
wegen von Ihme bald darauf nicht nur zum Prior dieses Benedictiner-
Cloeters bestellt, sondern auch noch vor seinem Tod dem Convent
zu einem Successore und künftigen Abbt recommendiret, und einmüthig
darzu erwählet worden, Anno 15(52 ohnerachtet er damahlen erst das
26ste Jahr seines Alters erreichet hatte. Dieweilen er nun durch
kluge Administration und vortreffliche Einrichtung der Oeconomie
sich einen grossen Böhm erworben, ward er von Bischoff Julio zu
Wirteburg aus eigener Bewegung, wider seine protestation, gleichfalls
zu einem Abbt des Closters Bantz ohnweit Coburg 1575. bestimmt
und ernennet, um dem fast gäntzlich zerfallenen Cioster-Wesen wieder
aaftzuhelffen, welches Er auch von dem grossen Schulden Last nicht
allein heraus gerissen, sondern auch in kurtzem die Closters Einkünften
ansehnlich vermehret hat. Endlich ward Ihme auch die Administration
des schönen und berühmten Closters, St. Stephani in der Vor-Stadt
zu Wirtzburg aufgetragen, 1590. Er starb 1598. mit allgemeiner
Betaurung seiner vortreffllichen Tugenden und Qualitäten, und ward
zu Schwartzach begraben, allwo noch sein Epitaphium zu finden,
darinnen Er Trium Monasteriorum Conservator & Bestitutor genennet
wird. Im übrigen seynd noch in der Stadt Bannach verschiedene
Monumenta zu finden, welche ohnverwerfflliche Zeugen seynd, von dem
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Alter und Adel der Burkhardten, gleichwie auch noch selbiger Gegend
von etlichen Seculis her, der Burkhardts-Wald, item die Burkhardts-
Stra8S etc. bekannt. Hievon ist zu lesen: Oratio Punebris, in Obi-
tum Abbatis Johannis Burkhardi, &c. Authore Johanne Burkhhardo,
J. U. D. , Ducali Consiliario Francico, Wirzburgi 1601. Conradi
Dinneri, JCti, Generi Burkhardiani, Catalogus & Descriptio Abbatum
Monasterii Schwarzach, Wirzburgi 1572. Ejusdem Catal. & De-
scriptio Abbatuni Monasterii Banthensis, vulgo Banz. Wirzburgi, 1589.
Michaelis Ziegleri, D. Med. & Prof. Phys. & Log. zu Tübingen, Pane-
gyricu8 in obitum Georgii Burkhardti, Prof. Log. Anno 1608. Item
Rumetschii Annotationes Historico-Philologicae , Scriptae in Votum
Nuptiale, Sulzero-Bardiliano Conjugio dicatum, Anno 1692.
Obgemel<Jten Conradi Burlchardts und Marke Elisabeth von
Lichtenstein leiblicher Sohn, war Heinrich Burkhardt, welcher bey
3. Marg-Grafen zu Brandenburg, nehmlich Fridriclien, Georgen und
Georg Fridrichen in Diensten, und wegen seiner sonderbahren Treu
und Fleisses in grossen Gnaden gestanden, und endlich als ein ge-
treuer Diener des Hoch-Fürstl. Hauses Brandenburg sein Leben ge-
lassen, dann da Er mit 500 zu Pferd, und dem Land -Ausschuss,
welchen Er commandiret, die Fürstl. Anspachische Land und Gräntzen
wider die aus Ingolstadt aus- und nach denen Niederlanden mar-
schirende Spanische Besatzung bedeckte, diese von dem rauben und
plündern abhielte, und darüber mit denenselben in ein Gefecht geriethe,
ward er Anno 1550 von denenselben erschossen. Er hatte zur Ehe
Evam, Sebastian Widmanns, Mark-Graf Georgen zu Brandenburg
Cubicularii Tochter, mit deren Er unter anderen Kindern 2 tapffere
Söhne gezeuget und hinterlassen, nehmlich obgedachte Johannem,
nachgehende Abbt, und Georgium Burkhardnm, welche aber noch
unerzogen waren. Bey ihrer ferneren Education hatten beede grosse
Gefahr wegen der Rom. Catholischen Religion, worein jener verfallen,
dieser aber derselben durch Gottes sonderbare Schickung, (vermittelst
einer gottseeligen Magd seines Vatters Bruders, Johannis Burkhardti,
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Vogts zu Ochsenfurt, der ihn nach seines Vatters Henrici Tod auff-
genommen), glücklich entgangen, wovon obgedachter 2>. Ziegler in
dem Panegyrico Georgii Burkhardi einige denkwürdige Umstände
anführet, und dabei ferner meldet, wie dieser
Geotgius BurJchardus endlich in das Herzogthum Wirtenberg,
und zwar nach Stuttgart im 18. Jahr seines Alters kommen, allwo
sich seiner der tapffere Theologus und Probst Johannes Brentius,
wie auch der damahlige berühmte Paedagogarcha Wdker, getrealich
angenommen; da er dann wegen seines stattlichen Ingenii, ohner-
müdeten Fleisses und tugendsamer Aufführung willen seine Auffeilt -
haltung und Beförderung dergestalten erlangt, dass er über 40 Jahr
bey der TJniversitaet zu Tübingen Professor Logices, auch Paedagogarcha
der Schulen dieses Hertzogthums ob der Steig gewesen. Von dessen
gantzem Leben, Fatis, Studiis, Officiis, Meriten, Qualitäten, doppelten
Ehestand, und Ende obberührter Panegyricus wohl zu lesen. Wobey
ihme in dem Programmate Universitatis publico bey seiner Begräbmiss
dieses rühmliche Zeugnuss gegeben wird, dass er gewesen : Vir insigni
pietate, magna eruditionis, politi judicii, fidei integerrimus, aman-
tissimns sequi, laborum impiger, & indefessus. Durch seine beede
geseegnete und glückliche Ehen ward er vermittelst Göttlichen Seegens,
ein Vatter 23 Kinder, und ein Stamm- Vatter vieler berühmter und
tapfferer Familien in Francken, Sehwaben, und Wirtenberg, welche
noch heutige Tags schön floriren. Unter vielen Söhnen, welche, so
viel deren erwachsen, zu Geistlich und Weltlichen Ehren-Aemptern,
die Töchtern aber alle ebenfalls zu ansehnlichen Heurathen im Geistlich-
uud Weltlichen und auch Professor-Stand gelanget, waren sonderlich
berühmt: Albertus, und Andreas. Jener war aus 1. Ehe, und ein
tapfferer berühmter Mann, inmassen er, J. U. D. , der Stadt Nürn-
berg, wie auch vieler Reichs Fürsten und der Fränckischen Bitter-
schafft Kath und Advocatus gewesen, von welchen die Burhhardti&chs,
Breueriache, JaAnische, 0rtöische, Leutweinmlie, und andere anver-
Digiti
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- 108 -
wandte Familien, in Stuttgart, Hohenlohischen, und anderswo abstammen.
Aus der andern Jähe aber war
Andreas Burkhardt, J. U. D., Fürstlich Wirtenbergischer Ge-
heimer Rath und Cantzlar, auch ehemahliger Gesandter bey denen
Westphälischen Friedens-Tractaten. Ein vortrefflichor, und wie um
das gesammte Evangelische und Gemeine Wesen in Teutschland, also
auch um sein Vatterland, dieses Hochlöbl. Hertzogthum, durch viele
getreue und nutzliche geleistete Dienste, in specie aber auch bey denen
ihme nächstverwandten Bardilin- Brotbek- Scheinemann, und Schloss-
bergischen Familien und denen davon descendirenden Linien noch anff
den heutigen Tag, auch nach seinem Tod, hochmeritirter Mann. Dessen
Gedächtnuss billich bey allen getreuen und ehrliebenden Patrioten,
sonderlich aber bey erstvermeldten Familien und derselben gesammten
Descendenz billig im Seegen solle verbleiben; besonders da derselbe
ein reiches Stipendium ä 12000 Gulden vor erstvermeldte Familien
gestiftet, wie der vorhergehende Extract aus seinem Testament aus-
weiset, welches viele Descendenten derselben bisher zu grossem Behnff
ihrer Studien, uud mit schuldigem gebührendem Danck, theils ge-
nossen, theils dato noch geniessen: daher man zu dessen immer-
währendem danckbarem und .ruhmwürdigen Angedencken das schöne
Epicedium, welches auf dessen Grabstein in dem Chor der Hospithal-
Kirche zu Stuttgart zu lesen, und der Leich-Predigt des seel. Herrn
Cancellarii beygedruckt worden, aber nicht viel mehr zu finden, dieser
Burkhardtischen Genealogie, wie hiernächst folget, anbey fügen wollen,
worinnen die grosse Meriten, und rare Qualitäten dieses vortrefflichen
Ministers mit Verwunderung und Vergnügen zu lesen. Wobey von
dem Verfasser dieser nervösen und schönen Inscription, Johanne
Frischmann, so viel noch zur Nachricht zu melden, daas derselbige
der ehemalige berühmte Frantzösische Resident zu Strassburg ge-
wesen, welcher sich einen Tochtermann des sei. Herrn Andreae
Burkhardti schrieb. (Seine Gattin war eine Stieftochter des
Letzteren.)
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— 109 -
Zu dem Geschlechte der Burkhardt van der Klee , aus dem
Schlosse Kleeberg in Schwaben stammend, zählt die in Böhmen und
Mähren begüterte, 1723 in den österreichischen Freiherrnstand er-
hobene Familie.
Dm Fürstlich Württembergische Dienerbuch enthält folgende Burckkard (Bure*
kardt, Bmrekkardi, Burchhari): Geh. Begim.Bath M; Professor 18. — Andr , Cantiler
18, 40; GeLO.Batb 61; VlceGantsler W.-Gtorg AMb., Syndic. 40.— Han* Cornr.. Gsistl.
Verwaltter 597. — Beinr. Mart« Archivar 40; CantsleiAdvoc. 94; GeLO.Rath 65. — Jac. t
Keller 614. — Jbh^ Amptmann 337 ; CL Hoftnaister 344 ; Cl.Pfleger 284 ; GainU. YerwsJtter
507. — Mari., Archivar 80; Pagenlnformator 190.
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Camerer, Cammerer.
Elias Rudolph Camerer, der Philosophie und Medicin Doctor,
einer in der württembergischen Gelehrtenwelt wohlbekannten Familie
angehörend, deren Glieder als Aerzte, Lehrer und Schriftsteller sich
angesehene Namen erworben haben, wurde den 7. Mai 1641 zu
Tübingen geboren. Sein Vater, Johann Rudolph Camerer IL, t 1675,
(in der Camererschen Genealogie als Stammvater der älteren oder
Tübinger Liuie aufgeführt) war Med. Cand. und Pharmaceut daselbst;
die Mutter war Agnes, geb. Schön; der Grossvater Johann Rudolph
Camerarias I., geb. 1588, Med. Dr. und Physicus, welcher anfangs
in der ehemaligen Reichsstadt Esslingen, hernach zu Reutlingen lebte
und seiner verschiedenen Schriften wegen grosse Berühmtheit erlangte;
die Grossmutter Sara, geb. Gilg; der ürgrossvater Alexander Ca-
merarius IL, Med. Dr. und vieljähriger Physicus zu Reutlingen; der
Ururgrossvater Alexander Camerarlus L, * f 1585, vieljähriger
Bürgermeister zu Tübingen, dessen Epitaphium in der St. Georgen-
kirche daselbst angebracht ist.
Elias Rudolph erlangte, nachdem er unter die Zahl der aka-
demischen Bürger aufgenommen worden war, 1655 das Baccalaureat,
* Ein anderer diese« Namens, Joachim I. Cameroriue, Philolog, geb. 12. April 1500
in Bamberg, (1536 von Herzog Ulrich von Württemberg nach Tübingen berufen, um
der Universität eine neue Organisation zu geben), stammte aus einem alten fränkischen
Geschlecht, das seine Ahnen in Kaiser Heinrich» II. Zeit setzte, ursprünglich sich Lieb-
kard, seit etwa 1100 als Kammermeister der Bischöfe von Bamberg „Kammermeister* nannte,
was dann Camerariu» latinisirte. Camerariua ging 1521 mit Eobanue Heeeue nach Wittenberg,
wo er Melanchthona Freund wurde. Von Tübingen aus begab er sich nach Leipzig.
Die Gattin den Catnerariu» war Anna, geb. Trucheeeein von Grünsberg. Ein
Sohn aus dieser Ehe, Philipp Cammerer \ geb. 16. Mai 1537 zu Tübingen, Rechtegelehrter,
war Prokanzler der damals neu errichteten Universität Altdorf 1581 und starb 22. Juni
1624 zu Nürnberg.
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- 111 —
1658 aber die Magisterwurde. Hierauf verlegte er sich »nach dem
Exempel seiner Voreltern« auf das Studium der Medicin und wurde
17. Augost 1663 zum Dr. dieser Wissenschaft creirt. 1672 von
seinem Herzoge zum Kath und Leibarzt, 1677 zum Professor der
Medicin und Senator ernannt, ward er in der Folge von Herzog
Friedrich Carl und Herzog Eberhard Ludwig bestätigt. Laut
seinem Krankenverzeichnisse haben über 33,000 Patienten in seiner
Behandlung gestanden, von denen die meisten ihre Gesundheit wieder
erlangten. Als Arzt machte er sich namentlich um die Verbesserung
des Studiums der Medicin verdient. Er starb, nachdem er noch
vorher von seinen Freunden schriftlich Abschied genommen, auch von
den meisten derselben wieder Antwort erhalten, u. A. auch von der
verwittweten Frau Herzogin, 7. Juni 1695. In einem der ver-
schiedenen ihm nach seinem Ableben gewidmeten Epitaphien heisst
es u. A.:
»Dein Grab blüht hier und dort, und dein berühmtes Leben
Hatt schon vor langer Zeit erlanget diesen Preiss:
Der b'rühmte Camerer kann nicht begraben werden,
, Drum schliesse Niemand ihn doch gar so enge ein.
Da überall wo noch Gelehrte seyn auf Erden,
Da wird sein Ehre-Mahl und Grabe-Stelle seyn.«
Seine Gattin war Regina Barbara, Tochter des Stadtschreibers
zo Tübingen Johann Ludwig Neuffer und der Susanna, geb. Frisch.
Kinder:
I. Agnes 8nsanna, vermählt mit dem Herzogl. Württemb. Rath
und Professor Johann Osiander.
II. Regina Barbara, verm. mit dem Ober-Diaconus zu Tübingen
Professor theol. daselbst Andreas Adam Hochstetter.
HI. Sibylla Sara, Gattin des Dr. jur. und Professors in Tübingen
Georg Friedrich HarpprechL
(V. Maria Barbara, Gattin des Dr. jur. und Bürgermeisters von
Esslingen Joh. Phil. Weihet sreuter.
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— 112 —
V. Elias Rudolph, geb. 17. Februar 1672 (1673) zu Tübingen,
Med. Dr. und Professor Extraordinarius, ein übrigens der Magie
und den geheimen Künsten aufs Eifrigste ergebener Mann,
dabei ein entschiedener Gegner aller Neuerungen und Fortschritte,
vermählt mit Benign* Dorothea, Tochter des Herzoglich
Württembergischen Amtsvogts von Stuttgart Johann Christoph
Wfflfflvg.
VI. Rudolph Jacob Camerer, geb. 17. Februar 1665 in Tübingen,
Arzt und Botaniker, Philosoph, auch öffentlicher Professor zu
Tübingen, vermählt mit Christina Magdalena, Tochter des
Theol. Drs. und Professors der Philosophie zu Tübingen, zuletzt
Raths und Abts zu Älpirsbach Johann Graflt (Krafft).
Camerer, der bedeutendste Gelehrte in seiner Familie, starb,
nachdem er sich grosse Verdienste im Gebiete der Naturwissen-
schaften, besonders in Bezug auf die Sexualität der Pflanzen
erworben, 11. December 1721. —
Alexander Camerer, Sohn des Vorigen, geb. 3. Februar
1696, studirte ebenfalls Medicin, doctorirte 1717, machte hier-
auf mehrere Reisen, und worde nach seiner Rückkehr von
denselben von Herzog Eberhard Ludwig zum ausserordentlichen
Professor der Medicin, 1721 aber zum ordentlichen Professor
in Tübingen ernannt. Im Jahre 1723 wurde er Decan, 1724
Rfcctor, welch beide Aemter er mehrere .Male bekleidete. Mit
vielen fürstlichen Höfen, insbesondere aber mit dem Reicha-
Freiherrlich von Ulmischen Hause, das ihn sehr hochschätzte,
stand er in beständiger Verbindung.
Er starb 1736, den 13. November, seines Alters im
40. Jahre. Seine Gattin war seit 1720 Clara Hedwig,
Tochter des Med. Drs. und Professors, auch Herzogl. Württem-
bergischen Raths und Leibmedicus, Joluinn Zeller, welcher
Ehe mehrere Kinder entsprossten.
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— 113 —
I« seiner Leichenrede findet sich folgende Widmung:
ülcit Alexander mortem Camerarios arte
Non medica, sed vi fidei, sed morte beatä.
Praestantissimo
dam viveret
medico
hoc pietatis monumentum scripsit
lugens meritoque
Christoph. Matthäus Pfaff D.
Cancellar. Tubing.
Philipp Eberhard Camerer, Bruder Johann Rudolph' s II.,
geb. 17. Juni 1634, Bürgermeister von Reutlingen, Stammvater
der jüngeren oder Reutlinger Linie, welche vorzüglich Geistliche hervor-
brachte, f 26. März 1686. Gattin: seit 16. Sept. 1661 Maria Marga-
retha, geb. Heerbrandt.
Ebenfalls hieher gehören:
Johann Wilhelm von Camerer, Theologe, geb. zu Ohnastetten
in Württemberg, 27. Februar 1763, war Diaconus an der St. Leon-
hardskirche in Stuttgart, nachmals evangelischer Prälat, als welch
letzterer er ein biographisches Werkchen von dem bekannten Refor-
mator Brenz veröffentlichte. Auch als Mathematiker und Astronom
erwarb er sich einen Namen; beide Wissenschaften lehrte er längere
Zeit am Gymnasium in Stuttgart. * 1821 wurde er zum Director der
genannten Anstalt befördert und starb 31. Mai 1847 zu Stuttgart,
seines Alters im 85. Jahre.
Friedrich von Camerer, Herzogl. Württembergischer General-
lientcnant, Feldzeugmeister und Kriegsraths-Präsident 1807 — 1809, ~
führte im «Jahre 1814 den Oberbefehl über sämmtliche Artillerie
nnd wurde laut Diploms d. d. 6. Juli 1807 in den Württembergischen
Freiherrnstand erhoben. —
Major von Camerer, im Jahre 1811 Comtnandant des Kur-
fürstlich Württembergischen Infanterie-Regiments Nr. 9. —
p. Gtorgii-Georgenau, BJotfrÄphiHcb-GenealogiRclie Blätter etc. 8
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— 114 -
Carl vou Camerer, Director der Abtheilung für das Staats-
strassen- und Wasserbauwesen, Vorstand des Verwaltungsraths der
Gebäudebrandversicherungsanstalt, Kommenthur II. KL des Friedr.-O.,
R. d. 0. d. w. Kr., früher Stadtschul theiss in Reutlingen, Ab-
geordneter für die Stadt Reutlingen auf den Landtagen von 1833
bis 1843, t 17. Januar 1863, 62 Jahre alt.
Gattin: Lotte, geb. Buob. —
Obertribunalrath von Camerer, R. d. 0. d. w. Kr., Mitglied
des Staatsgerichtshofes und Abgeordnetor für das Oberamt Neresheim
auf den Landtagen von 1851 — 1861, auch Mitglied des weiteren
Ausschusses, t 25. Januar 1863, 59 Jahre alt.
Dessen Wittwe: Anna, geb. Gräfin Adelmann von Adel-
mannsfelden, geb. 1814. vermählt 1843.
Dm Fürstlich Württeraberglsche Dienerbuch cnthilt folgende höhere Beamte
des Namens Cntntrer, CnmtraHu*: Diaeon 533. — Elia», LeibMed. 19«. — Elia* Rudj
LeibMedic. 195, 196. — Johann Dar., StattPbysic. 657.
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C 1 e s s.
Martin Cläss, „der Stammvater aller heutzutage noch in Würt-
temberg blühenden CZm'schen Branchen", mit dem Zunamen Uhwgrr,
von dem Flecken Uhingen bei Göppingen, „dem Stuttgart Bethlehem,
Uhingen aber Nazareth war", wurde im Jahr 1491 zu Uhingen
geboren. Derselbe widmete sich dem Studium der Theologie, er-
hielt im Jahre 1509 das Baccalaureat , 1514 aber die Magister-
würde zu Tübingen. 1510 wurde er in der Domkirche zu Constanz
zum Priester geweiht und las als solcher am Sonntag Jubilate in der
Pfarrkirche zu Göppingen seine erste Messe. 1521 wurde er Pfarrer
zu Leonberg (damals Speyerischer Diöcese), hernach 1524 Pradicant
and Canonicus im Stift Oberhofen zu Göppingen. Wenige Jahre nach-
her (1529) musste er, wegen seiner Hingabe an die lutherische Lehre
gehasst und verachtet, unter der damaligen königlichen Regierung
samt seiner Mutter mit Zurücklassung aller seiner Güter die Flucht
ergreifen, auf der er von dem edlen Philipp von Rechberg auf dessen
Schlosse Ramsberg aufgenommen wurde. Cless entsagte nun ganz
dem Papstthum und nahm die Lehre Luthers an, um deren willen er
in der Folge vieles erleiden musste. Im Jahre 1530 folgte er einem
an ihn ergangenen Rufe der Reichsstadt Biberach als Pfarrer daselbst.
Dort besuchte ihn Philipp Melanchthon von Tübingen aus, wo
Letzterer auf Wunsch des Herzogs Ulrich die Universität visitirte^
auch den Hallischen Theologen Johann Brenz zum Professor der
Theologie einsetzte.
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- 116 —
1543 wurde Cless nach Cannstatt transferirt; 1548 neb3t an-
dern württembergischen Predigern des damaligen Interims wegen ent-
lassen, ward er im folgenden Jahre als Prediger zu St. Leonhard in
Stuttgart wieder angestellt. Hier starb er im Jahre 1552, 25. Juli,
im 61. Jahre seines Alters. Seine irdische Hülle wurde in der
St. Leonhardskirche vor der Kanzel beigesetzt.
Die ihm zu Ehren errichtete ziemlich lange Grabschrift enthält
u. A. folgende Verse:
Ille hie Martinus situs est, cognomine Claessius:
Moribus ingenuis et pietate nitens.
Qui Christi pneco triginta sedulos annos,
Insuper atque duos laude vigente fuit.
Munere quo fungens, multa est perpessus acerba:
Exilia atque fugas damnaque magna rei:
Immotus tarnen in eunetis constansque remansit:
Et verum est semper rite secutus iter.
Seine Ehegattin war Appolonia, geb. Aulber; sie liegt in Göp-
pingen begraben.
Martin Cless, Sohn des Vorigen, geb. 16. Januar 1535; studirte
Theologie, wurde Diaconus zu Waiblingen 1555, hierauf Pfarrer zu
Hohenacker 1556 — 1558, zu Knittlingen 1558, Special-Superintendent
dasei bst 1560. Im Jahre 1570 sandte ihn sein Herzog zur Reformirung
der Kirchen über den Rhein nach Rhoden unter Ripperg, später nach
Oberkochen. 1573 wurde er Spitalprediger und Superintendent in
Stuttgart, dann Prälat zu Königsbronn und General-Superintendent der
Herrschaft Heidenheim, zuletzt Abt zu Anhausen 1591, als welcher
er den 4. December 1615 starb. Cless erhielt von dem Pfalzgrafen
bei Rhein, Philipp Ludwig, einen Wappenbrief.
Seine I. Gattin war Agnes, geb. Dempf, t zu Knittlingen
den 8. December 1564 an der Pest; die II. Vincentia, geb.
Rcringcr; die III. Margaretha, geb. Daur. Söhne:
I. Martin Cless, geb. 1558 zu Knittlingen, Pfarrer zu Steinen-
berg , wurde auf Gesuch der oberösterreichisehen Stände von
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— 117 —
Herzog Johann Friedrich nach Linz als Diaconus der dortigen
Landhanskirche abgesandt und starb daselbst, 61 Jahre alt)
im Jahr 1619.
II. Christoph Cless, geb. 1559, Pharmaceut zu Rothenburg an
der Tauber.
III. Valentin, geb. 1561, zeichnete sich besonders durch seine
fielen und allgemein geschätzten Gedichte aus, erhielt 1581,
den 16. August, lauream secundam, und wurde im Jahre 1583
von dem Herzog zur Erlernung der arabischen Sprache in das
„fessanische Königreich (hinter Spanien) 1 * gesandt. Von da zu-
rückgekehrt wurde er Hofprediger des Grafen Hieronymus
Schlich in Passau (1585) und erhielt von Paul Melissas,
francus comes palatinus, tertiam laureain poöticam. Im
Jahre 1587 kam er als Diaconus nach Murrhardt, erhielt 1591
die Pfarrei Ehningen, zuletzt im Jahre 1629 die zu Weil im
ßchönbuch.
In demselben Jahre noch ertheilte ihm Johann Joachim
von Grünthal krafft Römisch Kaiserlicher Vollmacht die quartam
lauream und nobilitatem, nebst der Berechtigung, den bisher
geschlossenen Helm im Wappen offen zu führen.
Cless starb den 5. April 1634.
Seine Gattin war Anna, des Professors zu Tübingen M.
Bartholomäus Megerlin Tochter« Die Söhne aus dieser Ehe waren:
1) Valentin, geb. 12. Mai 1593 zu Weil im Schönbuch,
Privat-Secretär des Obervogts von Freyberg zu Liebenzeil.
Als solcher starb er schon 10. December 1631.
2) Johann Jacob, geb. ebendaselbst 6. März 1597, Pfarrer
zu Weil der Stadt 1633, zu Sindelfingen 1636—1650, iq
welch letzterem Jahre er starb.
Der Pfarrer und Superintendent zu Böblingen, M.
Johann Martin Spcidel, sagt in einem auf Cless gemachten
Epicedium u. A.;
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— 118 —
Vivere, morte mori, sophicis contraria habentur:
Dulcia nam vitae pocula, amara necis.
Clessi, te fatis functo haec contraria dicam,
Dico: dulce fuit vivere, dulce mori."
Cless war erstmals seit 1627 mit Sabina, Tochter des
Ehingischen Obervogts zu Oberbalzheim, Walliser; zum zwei-
tenmal seit 1629 mit Anna Maria, Tochter des v. Thumb 1 -
sehen Vogts in Köngen, Joh. Klein; zum dritten Male
mit Sara, geb. Wieland, vermählt.
3) ttebhard, geb. 1602, civis Academ. Tubing. 1618, Archi-
grammateus Bebenhusanus 1629, t 1630. Gattin: seit
1629 Elisabeths, Tochter des J. U. Dr. Christoph Walch
in Tübingen.
4) David, geb. 1604, Diaconus zu Markgröningen 1635, her-
nach 32 Jahre lang Special-Superintendent daselbst, hielt
als solcher 4838 Predigten.
Seine Gattin war : Catharina, geb. Ezel, „einem alten
Geschlecht entstammend."
Söhne:
I. Johann Friedrich, geb. 18. November 1636 zu Markgröningen,
Vogt zu Möckmühl, zu Vaihingen a. d. Enz, vermählt mit
Antonia Sophia, geb. Wächter, die sich nach dem Tode dieses
ihres Gatten mit einem Manne Namens Isenflamm auf dem
Erlachhofe wiedervermählte. Der letzteren Ehe enteprossten
der Pfarrer Isenflamm in Neuenbürg, wie zwei weitere Söhne,
welche sich als Bankiers in Wien niederliessen.
Eine von dem Pfarrer in Eglosheim auf Cless gemachte
Epicedie lautet:
„Isto pax, pietas, virtus, candorque quieseunt
Marmore, Theilogici quanta Corona chori!
In
Mnemosynes templo locabat
M. etc."
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— 119 —
Söhne :
1) Jonathan, Pfarrer zu Schüzingen 1699, zu Asperg 1709 —
1720, wo er starb. Sein Sohn Friedrieh ging als Pfarrer
nach Ungarn.
2) Friedrich David, Vogt zu Sachsenheim 1693, zu Waiblingen
1699, zu Kirchheim u. Teck 1704, starb den 20. Febr. 1711.
Seine Gattin war Regina , Tochter des Kaiserlichen
Residenten und Württembergischen Pflegers zu Esslingen,
Job. Heinrich Palm, welcher Ehe entsprossten :
Johann Heinrich Ritter and Edler von Cless, der als
K. K. Oesterreichi8cher Generalmajor (General- Feldmar-
schall-Lieutenant) laut Diploms d. a. 1753 in den Beichs-
freiherrnstand erhoben wurde, und:
Friedrich David Cless,* geb. 10. October 1696,
t 10. Februar 1767, Pfarrer in Bommelshausen. Der-
selbe ward von seinem vorbenannten Bruder zum Erben
eines Kapitals von mehreren tausend Gulden eingesetzt.
Gattin: Sophia Magdalena, Tochter des Prälaten und
Stiftspredigers in Stuttgart , Johann David Frisch, Sohns
des 1705 t Vogts von Liebenzell Joh. David Frisch,
Enkels des J. U. Dr., Oberraths und Kammer-Procurators
in Stuttgart David Frisch, Urenkels des J. U. Dr. und
Hofgerichts-Advokaten in Tübingen Salomo Frisch.
Kinder:
David Jonathan,* geb. 1731, Helfer zu Calw, ver-
mählt mit Friederika, Tochter des Closterverwalters zu
Alpirsbach Heyd; Heinrich Friedrich, geb. 1735, Kauf-
mann in Amsterdam; Christian Gottlieb, geb. 1743, Phy-
sikus in Cannstadt 1762. —
David Friedrich Cless, Sohn des ebengenannten David
Jonathans, Diaconus in Schorndorf, Decan in Beutlingen.
* Detten Taofp^the wir u. A. Johann David Freiherr von Palm, Kaiserlicher
Hoftammemth in Wien.
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— 120 —
Derselbe erwarb sich durch „seinen Versuch einer
kirchlich-politischen Landes- und Cultur - Geschichte von
Württemberg bis zur Reformation", Gmünd 1802, einen
bedeutenden Namen. Gattin : Sophie Dorothee, geb. Kapff.
Tochter: Louise, t 15. November 1876, seit 10. August
1830 Gattin des am 28. October 1855 t Oberamtspflegers
in Göppingen, Karl Friedrich Bommel. Aus dieser Ehe
sind 4 Söhne hervorgegangen, nämlich: Karl Eberhard
Eugen, geb. 10. Mai 1832, Rechtsanwalt in Flensburg,
vermählt seit 1862 mit Ernestine, geb. Bauer; Karl,
geb. 23. Februar 1835, Kaufmann, Agent, verm. seit
4. Juli 1865 mit Adelhaid Eberhardine, geb. Sandel; Aug.
Otto, geb. 8. December 1836, Dr. phil.; Gattin seit 19. Oct.
1876 Agathe, geb. Werhagen, aus Bewerwyk in Holland;
Aug. Martin, geb. 1. April 1839, Kaufmann.
II. Johann Jacob, geb. ebenfalls zu Markgröningen 1649, Pfarrer
zu Pflugfelden 1682, zu Bissingen a. d. Enz 1694, f daselbst
1717.
Gattin : Maria Magdalena, fochter des Pfarrers in Möglingen,
Ludw. Schweizer. Deren Sohn:
Ludwig David Cless, geb. 1682, Pfarrer in Schützingen,
vermählt mit Susanna Agatha, Tochter des Specials in Mark-
gröningen Jeremias Laux, Sohn:
Wilhelm Jeremias Jacob Cless, geb. 1710 zu Schützingen,
war Stadtpfarrer bei St. Leonhard in Stuttgart und hinterliess
neben einer Tochter Wilhelmine Dorothee, die sich mit dem
Professor Johann Philipp Bardili vermählte, folgende Söhne:
A. Heinrich David, Prälat zu Denkendorf, unverheirathet gestorben.
B. Conrad Friedrich, geb zu Stuttgart den 11: Juli 1744,
starb als Kammerrath und Stabskeller zu Hohenasperg 10.
Mai 1806.
Seine Gattin war Johanna Wilhelminc, geb. Burk. Söhne:
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— 121 —
I. Carl Heinrich, geb. zu Ludwigsburg 5. December 1781,
Advokat 1n Stuttgart 1807, nachmals Regierungsrath und Crimi-
nalrichter daselbst 1820, erhielt 1822 den Charakter als Ober-
justizrath, wurde 1832 auf sein Verlangen als Oberamtsrichter
nach Oannstatt versetzt, wo er auch als Pensionär den 20. Juni
1852 starb. Seine Gemahlin war seit dem 13. August 1809
Friderike, Tochter des Oberamtsarztes in Brackenheim, Rueff,
welcher Ehe 4 Töchter und 1 Sohn entsprossten, nämlich:
Friedrike, geb. 1810, vermählt seit 1834 mit dem 1836
verstorbenen Pfarrer in Lauterburg, Scholl; Nane, geb. 181 1>
vermählt mit Kaufmann Staudenmayer in Gundelsheim; Carl,
geb. 1817, Advokat in Cannstatt und später in Stuttgart, verm.
mit Elisa, Tochter des Salinenkassiers zu Hall, Gmelin, aus
welch letzterer Ehe iudess nur eiuo Tochter hervorging; Carl
Cless ist 1876 gestorben.
II. Georg Philipp von Cless, Dr., geb. im Jahr 1786, Medizinal-
rath, früher vieljähriger Vorstand des Katharinenhospitals, R.
d. 0. d. w. K., f 18. April 1860. Derselbe hatte sich nach
ausgedehnten Reisen im Anfanger dos Jahres 1810 zu Stutt-
gart als Arzt niedergelassen. Sein Name ist aufs Innigste ver-
knüpft mit der Geschichte des Katharinenhospitals zu Stutt-
gart. Seit der Eröffnung dieses Krankenhauses im Jahre 1827
hat er 30 Jahre hindurch bis zu seinem freiwilligen Rücktritte
die innerliche Abtheilung und das ganze Hospital als erster
Arzt geleitet. Seinen umsichtigen Bemühungen verdankt diese
segensreiche Anstalt die feste Begründung ihrer inneren Ord-
nung und ihres äusseren Rufes. Als das Hospital 1852 das
Jubiläum seines 25jährigen Bestehens feierte, wurden die Ver-
dienste des ersten Arztes durch die Verleihung dos K. Kron-
ordens anerkannt. Die Liebe und Verehrung seiner Kollegen
fand ihren lebendigen Ausdruck in dem denkwürdigen drei-
fachen Doctorjubiläum, welches Cless mit zwei seiner Studien-
genossen im Frühling 1858 feiern durfte,
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— 122 —
Seine Gattin, Louise, Tochter des Geheimen Registrators
und Legationsraths Harppreeht, starb den 25. November 1824.
Söhne :
1) Georg Heinrieh Friedrich Ton Cless, geb. zu Stuttgart, den
20. August 1815, seit October 1838 practischer Arzt und
Obermedicinalrath in Stuttgart, verm. seit 16. Juli 1850
mit Elisabeth, geb. Fischen
2) Hermann Conrad, geb. den 12. Dezember 1821, studirte
die Rechte, bereiste gemeinschaftlich mit seinem nach-
stehenden Bruder Heinrich Frankreich, England und Deutsch-
land, wurde Oberamtsrichter in Nürtingen 1853, als welcher
er starb.
Seine Wittwe: Louise, Tochter des Oberamtsrichters
Kap ff in Münsingen.
3) Heinrich Ernst, geb. den 24. December 1822, wurde Feld-
postmeister der württembergischen Truppen in Schleswig-
Holstein, Postrath, Oberpostmeister 1848.
Gattin: seit 2$. August 1850 Julie, geb. Dnvernoy.
C. Eberhard Friedrich, ebenfalls Sohn des Wilhelm Jeremias,
Jacob, (conf. oben Seite 120) geb. den 12. October 1747,
Diaconus zu Tuttlingen 1777.
D. Carl Maximilian, geb. den 10. September 1753, starb als
Oberamtmann in Königsbronn 1806.
Seine Gattin war Charlotte Auguste, Tochter des Prä-
laten Kansler daselbst. Sohn:
August Eberhard Carl yon Cless, geb. den 15. Juli
1794 zu Königsbronn, studirte Theologie, wurde Senior des
Stifts 1816, bereiste Deutschland, Oesterreicb, Italien. Nach
seiner Rückkehr ins Vaterland wurde er Repetent im theol.
Stift zu Tübingen, dann Hofkaplan in Stuttgart, Professor
am oberen Gymnasium daselbst 1825, und erhielt im Sep-
tember 1853 das Ritterkreuz des K.-O.
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- 123 —
Seine Gattin war Julie, Tochter des Professors Eiben
in Stuttgart. Kinder:
1) Sophie, geb. 26. Mai 1822, verin. seit 1843 mit
Geh. Hofrath Professor Dr. von Fehling.
2) Marie, geb. 1826, Wittwe des verstorbenen Kauf-
manns Eisenlohr in Stuttgart.
Da« Forstlich Württembergische Dienerbnch enth&it folgende höhere Beamte des
Namens Cfos«: Keller 370; OL Pfleger 241; Qalsti. Verwalttcr 602; Stifts-Prediger 562.
Carl Max., Vogt 301. — Da*., Pfarrer 441. — Dav. H*inr., Abt 289. — Dav. Jon-, Pfarrer
435. — Dav. Tobias, Pfarrer 613. - Fried. Dav., Fürstl Wittum!» Vogt 527; Vogt 464, 526,
601. — Ueinr. Dav., Abt 268. — Joh. Frid., Vogt 492, 596. — Mart., Abt 251, 298; Pfarrer
546. — WilM. Jtrem. Joe., StUTteDlacon 551.
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Commerell, Kommereil.
Johann David Commerell, geb. zu Strassburg den 22. Sept.
1630, Sohn des Senators Commerell daselbst und der Martha, einer
geb. Klans, studirte zu Strassburg, wurde 1656 Doctor der Philo-
sophie, begab sich hierauf auf Reisen und zwar über Basel nach
Lyon, Paris, von da nach Verona, Padua, Venedig, Rom und kehrte
erst 1639 ins Vaterland zurück. Ein Jahr darauf 1660 wurde
er Herzogl. württemb. Rath, hernach Ober-Justizrath 1662, Kirchen-
kastens-Advocat 1667 und starb 17. Februar 1675.
Gattin: seit 1660 Sibille Catharina, Tochter des Oberraths
und Kammer-Procurators David Frisch. Näher bekannte Kinder:
I. Slbilla Margaretha, vermählt Stuttgart 6. Februar 1683 mit
dem Advocaten JoMnn Christoph Stkrlin, J. U. Dr.
II. Christina Dorothea, seit 1691 Gattin des Stadt-Physikus
Dr. Joh. Samuel 'Knisei.
III. Johann David Kommereil, geb. in Stuttgart 1661, Decan in
Urach, vermählt seit 24. Juli 1691 mit Elisabeth Regina,
Tochter des Rentkammer - Buchhalters in Stuttgart Johann
Christoph Benner*
IV. Johann Kommereil, Herzogl. Württemb. Rath und Pfleger zu
Heilbronn, vermählt I. mit Helene, Tochter des Obefamtmanns
Joh. Ambrosius; II. mit Benigna Christina, Tochter des
Pfarrers in Aldingen Joh. Ulrich Hopffer. Söhne:
1) Johann Christian, geb. 1713, Herzogl, Württemb. Rath
und Consistorial-Präsident, t 1781,
Digiti
zedby G00gk
- 125 -
2) Johann Panl Kommereil, geb. 29. Juli 1720 zu Heilbronn,
studirte in Tübingen Theologie, bereiste Deutschland, Holland
und England, wurde nach seiner Rückkunft Feldprediger,,
hierauf Stadt- und Hofdiaconus in Carlsruhe, Kirchenrath,
und kam 1767 als Stadtpfarrer und Special-Superintendent
nach Göppingen, t 1774. Er schrieb Hehreres.
V. Paul KommereU, Stadtschreiber in Brackenheim, vermählt mit
Johanna Maria, Tochter des Klosterverwalters David Megerün.
Ebenfalls diesen Familien-Namen führen:
Ezechiel KommereU, geb. als Sohn des Raths -Verwandten in
Tübingen Friedr. Burkhard Kommereil, Med. Lt. in Freudenstadt,
in Waiblingen, Physikus in Heidenheim, Besitzer des Hofguts Reut-
hin, O.A. Nagold.
Gattinnen: 1. seit 24. Juni 1649 Anna, geb. Leyrerj II.
Maria Barbara, geb. Canstetter. —
Friedrieh Adam KommereU, Sohn des Vorigen, geb. 24. Febr.
1654, gest. 6. Februar 1729, Procurator in Tübingen, vermählt
seit 3. Februar 1679 mit Johanna Barbara Kehl von Heidenheim.
Deren Sohn:
Adam Friedrich KommereU, geb. 26. Februar 1692, Hof-
Mosicus in Stuttgart.
Gattin : Elisabetha Maria, geb. Kercher.
Ferdinand KommereU, geb. 1818, Dr. und Professor, Vorstand
der Realschule zu Tübingen, vermählt mit JnUe, geb. Steudel. Er
starb 24. Februar 1872 mit Hinterlassung von 5 Kindern.
Das Fürstlich Württembergische Dienerbach enthält folgende höhere Beamte
des Namens Commertll (KummertÜ): CastenPfleger 665; Conaist. Präsident 136. — Antut.,
Vogt 383. — hurtkh., CUPfleger 249; Vogt 383. — Frantz, Vogt 500. - Joh., Cl.Hof-
n*bter339; CL Pfleger 343. — Joh. Christian, CantzlclAdvoc. 95; Cnammermalster 107;
0«). Geh.Rath 28; Gel. O.Rath 67; Vogt 466, 485. — Joh. Dav., Gaistl. Vorwaltter 38 1 (
«0: Keller 277; Kircb.Oast.Advoc. 149. — Joh. Paul, Pfarrer 434. — Paul, Statt-
»chreibcr 405,
Digiti
zedby GoÖgk
C 112.
Carl Philipp Conz, bekannter Dichter, wurde den 28. October
1762 zu Lorch geboren. Sein Vater war Johann Philipp Conz,
Amtsschreiber in Lorch, t 1767; die Mutter Sofia Rosamunde, geb.
Blifer; der Grossvater Israel Conz, Pfarrer in Möglingcn, t 1741;
die Grossmuttcr Maria Susanna, Tochter des Pfarrers in Wangen
Joh. Göttlich Männer; der ITrgrossvater Georg Lndwig Conz, Pfarrer
in Münster, t 1691; die Urgrossmutter Christina Catharina, Tochter
des Pfarrers in Eningen Joh. Georg Hegel.
Carl Philipp vicarirte, nach Absolvirung der theolog. Studien zu
Adelberg, Welzheim und Zavelstein, und wurde 1789 zum Repetenten in
dem theologischen Stifte zu Tübingen ernannt. In dieser Zeit machte
er eine kürzere Reise in die Schweiz und eine längerdauernde durch
Deutschland. Nach seiner Bückkehr versah er als Vicar zu Stutt-
gart die Geschäfte eines Predigers an der damaligen Carls-Academie
und schloss mit den meisten der daselbst befindlichen Lehrer einen
dauernden Freundschaftsbund. Im Jahr 1793 wurde er zum Dia-
conus in Vaihingen ernannt, 5 Jahre hernach aber in gleicher Eigen-
schaft nach Ludwigsburg transferirt. Bald darauf verliess er die
theologische Laufbahn und widmete sich nun gänzlich der Schrift-
stellerei und Poesie, mit der er schon als Student in Tübingen ver-
traut geworden war, bis zum Jahr 1804, in welchem er einem an
ihn ergangenen Rufe als ordentlicher Professor der klassischen Lite-
ratur an der "Universität Tübingen folgte, 8 Jahre darauf übernahm
er dazu noch die Obliegenheiten eines Professors der Eloquenz und
trat zuletzt als ordentliches Mitglied in die philosophische Fakultät
ein, deren Decanat er mehrmals zu verwalten hatte.
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izedby G00gk
- 127 —
Conz war ein feiner Kenner der alten Literatur Latieiis und
Griechenlands, bewandert in den Sprachen Palästina's, Arabiens und
Persiens, nicht unbekannt mit mehreren Idiomen jüngerer Völker.
Sein forschender Geist drang in die Schulen der älteren und neueren
Weltweisheit ein und förderte daraus nicht unerhebliches zu Tage.
Dessgleichen beleuchtete er mehrere Theile ans der Geschichte der
Welt, einzelner hervorragender Männer und der Literatur. Mit vor-
züglicher Liebe aber fühlte er sich zur Dichtung hingezogen, deren
Grundsätze er nicht nur fester zu stellen suchte, sondern die er
auch mit vollen gelungenen Gesängen in jeder ihrer Gattungen
wirklich bereicherte. Schon aus seinem 18. Jahro besitzen wir von
ihm einen dramatischen Versuch, und sein erstes Trauerspiel „Con-
radin von Schwaben" kam schon im Jahr 1782 zu Tübingen heraus.
Im Jahr 1787 erschien von ihm „Moses Mendelssohn, ein lyrisch-
didactisches Gedicht in 4 Gesiingon." Wie hoch er die Dichtkunst
schätzte, das gibt er in folgenden Zeilen zu erkennen:
Wem ich der dichtenden Kunst Erscheinung vorgleiche? — die Leiter,
Die im Traum vordem sah der prophetische Mann:
Hoch von der Erde zum Himmel empor die göttliche reichen
Sah er, und Engel des Lichts stiegen hinauf und hinab.
Aber in der That war auch seine Muse reine heilige Tochter
des Himmels, welche das Höchste, das Schöne und Sittliche, be-
zweckte, welche selbst in den Ergüssen seiner frohen Laune niemals
das Schickliche und Tugendliche verletzte.
Als Lehrer war ihm das angenehmste Geschäft, die alten Schrift-
steller Griechenlands und Roms zu erklären. Sein Gemüth war zur
Freundschaft, Geselligkeit und Liebe gegen Nähere und ihm ferner
Stehende geschaffen. Wie eng und treu verbrüdert blieb es mit
denjenigen von seinen Zeitgenossen, deren Neigungen und Beschäf-
tigungen in irgend einem Punkte mit den seinigen zusammentrafen!
Welche ihm voraus den ernsten Weg des Todes gehen mussten, denen
widmete er gewöhnlich noch Worte warmer Bruderliebe. So rief er
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zedby G00gk
— 128 —
noch wenige Jahre vor seinem Tode einem Freunde in das Grab
folgende prophetische Worte nach:
Täuscht mich Schwer rauth, oder aus der Ahnung
Sprichst du Geist zu mir der Prophezeiung?
Bald vielleicht hebt mir auch sich der Hügel,,
Und ich finde meinen Freund im reinen
Land der Seelen und der Geister wieder.
Conz starb hochverehrt als philosophischer Dichter und all-
gemein geliebt den 20. Juni 1827 im 65. Jahre seines Alters.
Seiner Schriften sind viele.
Seine Gattin war seit 3. März 1794 Christians Dorothea,
Tochter des Prälaten zu Bebenhausen Yolz. Söhne:
I. Eduard Conz, Diaconus in Göppingen, vermählt seit G. October
1825 mit Wilhelmine, Tochter des Decans daselbst Biirk.
Sein Sohn ist der jetzige Stadtpfarrer in Bönnigheim.
II. Christian Conz, Stud. jur.
Ebenfalls diesen Familien-Namen führen:
Immanuel Gotthold David Conz , welcher als Oberamtsrichter
zu Böblingen starb. Sohn:
Ludwig Friedrich Conz, geb. zu Tuttlingen 8. März 179G, f
21. November 1837, als Universitäts-Secretarius zu Tübingen. Er
war vermählt mit Charlotte, Tochter des Begierungsraths und Ober-
amtsrichters zu Nürtingen Heinrich Günzler. Söhne:
1) Gustav Heinrich Conz, geb. 26. September 1832 zu Tübingen,
Maler und Professor. Gattin: seit 11. Mai 1867 A.nna Marie
Julie Angnsta Henriette geb. Freiin von Phall, geb. 5. Mai 1843.
2) Emil, geb. 8. Mai 1834, Pfarrer, verm. 1867 mit Helene, geb.
Hackmann, geb. 30. August 1842.
3) Heinrich Imannel, geb. 20. August 1836, Kaufmann in Genua,
verm. mit Lonisa, geb. Lasagua, geb. 1842.
Das Fürstlich Württembergische Dienerbach enthält folgende höhere Beamte
des Namens Contz (Conz, Cum): Eman. Gott fr. Dav., Vogt 384. — Georg Christ., Rechen -
bankhsRath 1SB; Lmnan., Keller 584. - Joh. Fried., Registrator 100. - Joh. Phil., Amt-
Schreiber 309. ;
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D e n z e 1.
Christoph Samuel Denzel, geb. den 27. November 1774 zu
Zell als Sohn des Christoph Heinrich Denzel, Pfarrers in llsfeld
und der Julie Jacobine, Tochter des Ludwig Heinrich Bnrry,
Diaconns zu St. Anna in Augsburg, war Hofprediger bei der Königin
Catharina von Westphalen, nachmals auch Decan und Stadtpfarrer
in Heilbronn. Seine Gattin war Angnste Wilhelmine, geb. Henglin.
Von DenseVs Schwestern war die eine:
Johanna Friederike, geb. in Zell 18. December 1775, seit
21. Juli 1801 mit dem Pfarrer in Hochdorf bei Kirchheim Johann
Christian Greiner, Sohn des Bürgermeisters Greiner von Kirchheim
vermählt. — Die andere dagegen:
Anna Eleonore Barbara, geb. in Zell 28. Januar 1779, wurde
die Gattin des Pfarrers in Vaihingen auf den Fildern Andreas Lud-
wig Friederich Nagel, Sohns des Pfarrers Nagel in Möhringen.
Ferner ist unter den Trägern dieses Namens zu nennen:
Bernhard «ottlieb Denzel, geb. 29. December 1773 in Stutt-
gart, Pfarrer in Pleidelsheim 1806, Diaconus und Rector des 1811
errichteten ersten wurttemb. Schullehrerseminars (in Esslingen). Der-
selbe organisirte 1817 das Schulwesen zu Idstein im Herzogthum
Nassau und starb 1838 als Prälat. Ihm verdankt man vorzuglich
die Hebung des Volksunterrichts in Württemberg.
Das Fürstlich Württembergische Dienerbuch enthält folgende höhere Beamte
des Namens Denzel: ChrUtoph Heinr., Abt 262: QeistL Consist.Rath 139; Pfarrer 546, 547:
Stifft»Pr<Hll{rer 544.
r. G*+rffii-G»orgmatt, Biographisch-Genealogische Blätter etc.
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zedby G00gk
Doertenbach.
Hans Jacob Doertenbach, der „Alt" genannt, Sohn Jacob 9 »
oder Petert von Domstetten, Stammvater einer seit drei Jahrhun-
derten in Calw blähenden kaufmännischen Familie, siedelte sich zu
einer Zeit in Calw an, wo der bekannte nachmalige Prälat Johann
Valentin Andrea das Decanat daselbst bekleidete. Nicht lange mochte
Doertenbach in Calw eingesessen sein, als sich auch schon unter
Andrea 1 s* Leitung die Vereinigung von 13 Calwer Herrn vollzog,
welche laut Urkunde vom 12. November 1621 das sogenannte Calwer
Färberstift bewerkstelligte. Die Stiftung selbst, deren Name davon
herrührt, dass der grösste Theil der Stifter zu der früher in Calw
bestandenen Färber-Compagnie gehörte, geschah durch Zeichnung und
nachherige Erlegung bestimmter Capitalien, theils zu Zwecken der
Wohlthätigkeit für Kirche und Schule, theils aber auch zu solchen
für die Nachkommen der Unterzeichner.
Die Urheber dieser Stiftung, Doertenbach, Demmler, Andrea,
Schauber, Schill, Wagner, Zahn etc., die beiden Ersteren besondere
Freunde AndreiVs, haben sich durch dieselbe ein bleibendes Verdienst
erworben. Mit einem grossen Vermögen dotirt, wirkt sie heute noch
ungemein viel Gutes.
Eine weitere Stiftung, gegründet von 23 hervorragenden Bür-
gern Calws, darunter auch Doertenbach, war die Calwer Zeug-Hand-
lungs-Compagnie, welche, auf der von Herzog Eberhard III. am
* Andrea in seiner Selbstbiographie sagt: „Bei der Mahlzeit in Scherzig (Schers-
heim, 5 Stunden von Strassbnrg und eine halbe von Lichtenau) legte ich den ersten
Grund au dieser Unternehmung."
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— 131 —
1. Februar 1650 ertheilten Färbei^Ordnung fussend, eine der merk-
würdigsten Anstalten Württembergs wurde, sowohl in Bezug auf die
Ausdehnung ihres Handels (Wollwaaren) in- und ausserhalb des Landes
und den durch sie erreichten Zufluss fremden Geldes, als auch in
Betreff der Menge von Menschen (gegen 8000), die durch sie ihre
Nahrung zogen.
Die wichtigsten Privilegien, die der Gesellschaft 1688 von dem
Landesherrn ertheilt und genehmigt wurden, betrafen theils das Recht
zu verlangen, dass die Zeugmacher in gewissen Districten und Ober-
ämtern des Landes Niemanden als ihr die gefertigten rohen Waaren
liefern durften, welche hernach gefärbt und ausgerüstet von der Ge-
sellschaft verkauft wurden, theils die Befugniss, mit gewissen Waaren
allein — mit Ausschluss aller übrigen Fabrikanten und Handelsleute
im Lande — zu handeln. Die Mitglieder selbst schrieben sich
„Maier, Walter und Mitverwandte (Compagnie- Verwandte)", und die
Söhne dieser letzteren besassen nicht nur das Privilegium der Militär-
freiheit, sondern hatten auch keine landesherrliche Dispensation nöthig,
um sich innerhalb der Minderjährigkeit und vor completem 25. Jahre
zu verheirathen. *
Doerienbach starb mit Hinterlassung zweier Söhne den 3. Sep-
tember 1638 tiefbetrauert von seinen Mitbürgern. Kein schönerer
Nachruf hätte ihm wohl zu Theil werden können, als der, den ihm
Andrea in seiner Selbstbiographie mit folgenden Worten widmete:
„Von meinen Mitbürgern starben in diesem Jahre (1638)
Jacob Doerienbach und Christoph Demmler ** (t 25. Aug.) —
Männer von nicht gemeinem Muthe und Verstände, deren ich
* Vergl. von Qeorgii „Nachrichten von der Calwer Zeug-Handlungs-Compagnie,
ausgefertigt im Dezember 1787,* Handschrift der K. öffentl. Bibliothek in Stattgart (Cod.
hiat. Fol. Nr. 282).
•• Diese noch blühende Familie hat ebenfalls den Rahm, den Johann Valentin
Andrea ihr Tor bald 250 Jahren beilegte, bis jetzt erhalten. Ihr gehört u. A. auch der
rormalige Professor in Tübingen Anastaeius Demmler an. Dessen Tochter Barbara war
die Gattin des bekannten Erhard Hörn, von seinem Geburtsorte Cell bei Worms Celliu»
genannt, welchen Namen auch die spateren Nachkommen als Geschlechtsnamen be-
hielten.
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zedby G00gk
— 132 —
mich, so lange wir im Wohlstande waren, öfters zur Ver-
besserung der öffentlichen Wohlfahrt bediente; beide in aus-
wärtigen Verrichtungen, jener zu Nürnberg, dieser zu Cann-
statt, daher auch beide von mir gepriesen/
Ebenfalls dieser Familie gehören an:
Johann Jacob Dörtenbach, geb. zu Calw 20. August 1670,
Pfarrer zu Althengstett, Frühprediger in Biberach 1710; vermählt
mit Snsanna, Tochter des Prälaten zu Königsbronn, Peter Schertlin.
Von seinen Töchtern war die eine, Justina Dorothea, geb. 1704,
mit dem Stadt- und Amts-Vogt von Herrenberg, auch Herzoglichen
Kath und Hofgerichts-Assessör, Gottlob Friedrich Hess, Stifter des
Hess-DörtenbactischQTi Stipendiums, Verfasser der „Herrenberger-
Chronik," die andere, Christina Susanna, mit dem Markgräflich
Badischen Rath Sprenger verheirathet. —
Christoph Mose Dörtenbach, geb. 6. September 1729, Comp.-
Verwaudter, t 1753. Seine Gattin war Sibille Rosine Friedericke,
Tochter des Hüttenschreibers in Alpirsbach, Georg David Anton Ruoff,
Sohn des Bürgermeisters von Wimpfen und der Maria Margaretha,
einer Tochter des Pfarrers zu Alpirsbach Krämer; Letzterer war ein
Sohn des Johann Georg Krämer, Exulanten aus Raab in Oesterreich. —
Georg Christoph Mose Dörtenbach, Sohn des Vorigen, geb.
29. März 1753, Comp.-Verwandter, 1 5. April 1819. Dessen Gattin war
Eva Maria, Tochter des Johann Martin Viseber, Comp. -Verwandten
daselbst und der Sibille Agnes Kotter. t 18. December 1812. Kinder:
I. Sibylle Louise, verm. mit dem Calwer Comp.-Verwandten da-
selbst Johann Jacob Schill.
II. Christiana Friederike, verm. mit dem Kaufmann Friedr.
Andreas Braun* daselbst.
III Johanna Wilhelmine, verm. mit dem Bergrath Eberfiard Hein-
rich Georgii. —
* Eine Tochter desselben, Mari*, geb. 1808, lebt in Warmbronn; eine weitere
Amaiie Wilhelmine Mari*, ist die Wittwe des am 18. April 1854 t Obertribunalraths in
Stuttgart, Abgeordneten für Tuttlingen Johann Conrad von Teuffei, Bruders des in Carls-
ruhe f. Grossherzoglichen Leibarztes, Geh Baths Dr. von Teuffei.
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— 133 —
Ferner ist hier zu nennen:
Johann Friedrich Dörtenback, geb. zu Calw 16. September
1790, f 29. Januar 1870, Comp.-Verwandter, Kaufmann in
Stuttgart.
Sein Vater war Christoph Martin Ddrtenbach, geb. zu Calw
den 18. März 1751, f 3. April 1827, welcher zu seinem 74. Ge-
burtstag eine von Hofrath Carl Friedrich Sich angelegte Stamm-
tafel seiner sämmtlichen Nachkommen erhielt, die danu 1874 von
Archivrath Dr. Stalin erweitert und vervollständigt wurde. Christoph
Martin Dörtenbßch war 3mal vermählt und zwar 1. seit 7. October
1773 mit Johanna Sabina, Tochter des Compagnie- Verwandten in
Calw Ernst Friedrich Wagner und der Sabine Barbara, geb.
Schanber; II. seit 8. Januar 1788 mit Eberhardina Sophie, Tochter
des Probsts zu Herbrechtingen Johann Friedrich Voltz; III. seit
8. Mai 1794 mit Christiana Dorothea, verwittweter Wagner, Tochter
des Pfarrers in Althengstett Johann Christian Zahn.
Der Grossvater Joh. Friedrichs war Johann Jacob Dörteu-
baeh, geb. 1726, Comp.-Verwandter und Bürgermeister in Calw, auch
Landschaftsassessor; die Grossmutter, Sibylle Justine, geb. Notter.
Der Urgrossvater Johann Jacob Dörtenbach, geb. 1699,
Comp.-Verwandter; die Urgrossmutter, Sophie, des Moses Zahn,
Decaus in Calw, Tochter; der Ürur-Grossvater, Mose Dörtenbach*
Comp.-Verwandter; die Urur-Grossrautter , Dorothea, geb. Mayer,
deren väterlicher Grossvater Bürgermeister und Landschafts-Assessor
in Calw gewesen; der Urur-Urgrossvater, Johann Jacob Dörten-
bach, Comp.-Verwandter, vermählt mit Anna Dorothea, des Jacob
Israel Geissei aus Waldsachsen, Comp.-Verwandten in Calw, Tochter;
der weitere Ahnvater, Mose Dörtenbach, • Comp.-Verwandter daselbst,
dessen Vater der Eingangs erwähnte Hans Jacob Dörtenbach, der
„Ali« war.
* Ein Bruder dcMelben Jacob, geb. Uornstetten 1506, Diakonus in Freudenstadt,
Ptarrer in Khningen 1626—1638 war mit Anna, geb. Hummel vermählt und starb ohne
Hinterlassung männlicher Nachkommenschaft.
Digiti
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— 134 -
Johann Friedrich Dörtenbach war in I. Ehe seit 20. Jan. 1814
mit Marie Charlotte, geb. Zahn; in II. Ehe seit 24. November
1825 mit Eleonore Louise, Tochter des Oberamtsarztes in Stuttgart,
Dr. Johann Victor I/udwig Riecke, vermählt. Söhne:
I. tieorg Christoph Dörtenbach, geb. 17. December 1814, f 25.
September 1854, Theilhaber der Firma Zahn & Comp, in
Stuttgart.
Gattin: seit 18. Mai 1844 Sophie, Tochter des 1837
verstorbenen Hofraths Karl Friedrich Sick. Sohn:
Carl Friedrich Dörtenbach, ebenfalls Theilhaber der vor-
erwähnten Firma.
Gattin: seit 2. Juli 1868 Emilie, geb. Meurer. —
II. Ferdinand Friedrich Dörtenbach, geb. 18. Februar 1816,
Obercon8istorialrath in Stuttgart, t 4. December 1865.
Johann Georg, Bruder des vorerwähnten Johann Friedrich,
Commercienrath, geboren ebenfalls zu Calw, 8. Juni 1795, besuchte in
seiner Jugend die Schule der Vaterstadt, wobei er das Glück hatte,
den Unterricht vortrefflicher Lehrer, wie des M. Haas, nachmaligen
Dekans in Calw, zuletzt Stiftpredigers und Prälaten in Stuttgart, und
des M. Widmann, späteren Pfarrers in Maichingen, zu geniessen.
Besonders anregend und bildend aber wirkten auf den Jüngling die
Brüder Dr. med. Joh. Georg Zahn* und Dr. Jur. Christian Jacob
* Derselbe, geb. 07. April 1759 zu AlthengBtett als Sohn des dortigen Pfarrers
M. Johann Chrietian Zahn, wir sie Arzt an die Stelle des 1783 verstorbenen Physika*
Dr. Platter in Calw getreten und erwarb sich durch seine rastlose medicinlscbe Thatig-
keit grosse Berühmtheit. Er war einer der Ersten in Württemberg, der einen Blitxab-
leitet anf das Hans setzte und der die Idee der Anwendung des Galvanlsmus als Heil,
mittel mit lebhaftem Interesse ergriff. Zahn fühlte das Bedürfnis* eines Vereinigungs-
punktes für zwanglose gesellschaftliche Unterhaltung von politischer Leetüre auf daa
Lebhafteste und wurde daher einer der thätigsten Begründer der 1798 gestifteten Calwer
Abendgesellschaft. Er starb 11. Februar 1831.
Sein oben erwähnter Bruder, der von 1815 an Abgeordneter von Calw war und
die Verfassungsurkunde von 1819 mitunterzeiohnete, verband sich mit einem Freunde.
Frhrn. Johann Friedrich von Colta, im Jahre 1789 eine Zeitlang zum Betrieb der be-
rühmten rotta'schen Buchhandlung und Gründung der Allgemeinen Zeitung, bis er dann
in Calw andere Geschäfte gründete.
Johann Georg Zahn'» Gattin war seit 17. Juni 1790 Friederike, geb. Zahn. Kinder
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— 135 —
Zahn, welch letzterer durch die Herausgabe des Tacitus, wie durch
geniale Com Positionen Schiller'scher Lieder sich einen Namen erworben.
Im Jahre 1809 kam Dörtenbach nach Stuttgart, wo er sich als
Volontär theils in dem Geschäfte von Zahn db Comp., dessen Theil-
haber sein Vater war, theils im Geschäfte von G. H, Keller's Söhnen,
dessen Chef sein Schwager war, kaufmännische Kenntnisse erwarb*
1810—1814 lernte er in dem neuerrichteten Indigogeschäft von
SeybM & Comp , und begab sich hierauf auf Reisen und zwar an
den Rhein, Belgien und Frankreich, von wo zurückgekehrt er in das
Geschäft von Wagner, Schill & Comp, in Calw, eine Firma, iie später
in die von Dörtenbach und Schauber umgeändert wurde, eintrat.
Die Thätigkeit dieses Geschäfts bestand anfänglich in Fabrikation von
wollenen Zeugen für Italien, welche Branche in Folge der politischen
Verhältnisse der Jahre 1805 — 1809 bis dahin unmöglich gewesen
war. Es war so gleichsam eine Fortsetzung der alt berühmten Zeug-
handlungs-Compagnie. 1857 wurde diese Firma unter besonderer
Mitwirkung Dörtenbach 1 s mit der Firma Schill und Wagner, (Fabrik
von Flanellen und wollenen Teppichen) vereinigt.
Seit 1827 -bis zu seinem Tode participirte Dörtenbach als Vor-
stand für den Calwer Zweig an dem Holzhandlungsgeschäfte Stalin
& Comp, in Calw und Mannheim, das später unter der Firma Mohr
& Comp, in Calw und Mannheim neu gebildet wurde und dem auch
sein Schwiegersohn Federhaff angehört.
Mit einem seiner treuesten Freunde und Gesinnungsgenossen,
P. Cavallo, (Fabrikbesitzer, Abgeordnetem des Bezirks für Neuenbürg
von 1857 — 1870, von 1860—70 Mitglied des weiteren Ausschusses,
f 7. December 1873) gründete er 1834 unter der Firma P. Cavallo
h Sibylle Friederike, t im Alter Ton 16 Jahren.
Tl. Sophie Heloiee, rennählt seit 10. October 1818 mit dem Postverwalter von Horlacher
in Calw; sie starb 7. August 1827 an den Hasern, an welcher Krankheit ihre
Ton ihr liebevoll gepflegten Kinder daniederlagen.
III. EmÜi* Louise, venu, seit 26. September 1826 mit dem Med. Dr. Joh. Chrietoph
SchAz, welcher am 1. Mai 1803 geboren und am 23. Dec 1852 gestorben ist Emilie
Louise ist am 19. Januar 1836 gestorben.
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— 136 —
& Comp, die Maschinenpapierfabrik zu Wildbad, welche jetzt Eigcn-
thum des Commörzienraths Eduard von Hallberger ist.
1837 errichtete er unter der Firma Dörtenbach & Schauber
eine Fabrik von Baumwoll- und Wollkrazen, die erste dieser Art im
Lande, uud 1845 gründete er in Gemeinschaft mit Bergrath Geargii
und den beiderseitigen Söhnen das Bankhaus Dörtenbach & Comp,
in Stuttgart.
Nachdem sein Schwiegervater, Vicepräsident Dr. Zahn, seine
Stelle als Abgeordneter des Oberamtsbezirks Calw aus Gesundheits-
rücksichten niedergelegt hatte, ward er zu dessen Nachfolger gewählt
und begann damit seine politische Wirksamkeit.
Hauptsächlich thätig war er im Emporbringen der vaterlän-
dischen Industrie, und eines seiner Hauptverdienste ist die im Jahr
1830 beim Landtag eingebrachte Motion zur Gründung der Gesell-
schaft für Gewerbe und Handel, welche auch genehmigt ward.
25 Jahre lang behielt er das Abgeordnetenmandat und suchte
geistige und materielle Erleichterung des Volks und des Einzelnen
zum alleinigen Ziele seines Strebens zu machen, eine Stellung, die
ihn mit TJhland, Pfleiderer, Deffher, Klett, Pfizer, liötner, Duver-
noy, doppelt aufs Engste verband.
Viele Jahre lang war er Mitglied des grösseren ständischen
Ausschusses und 1848 und 1849 Mitglied des engeren Ausschusses,
ferner wurde er zum stellvertretenden Mitgliede des Staatsgerichts-
hofes berufen.
Bei allen wahren Verehrern des Vaterlandes fand die viel-
seitige, unermüdete, gediegene, nur das Wohl des Vaterlandes an-
strebende Thätigkeit Dörtenbachs die verdiente Anerkennung. Im
Jahr 1843 überreichte ihm eine bedeutende Anzahl seiner Wähler
einen kunstvoll gearbeiteten silbernen Pokal mit der Inschrift:
„Dom Abgeordneten von Calw, Johann Georg Dörtetir
bach f in dankbarer Anerkennung seiner landständischen Wirk-
samkeit gewidmet von 145 seiner Mitbürger von Hirsau und
Calw."
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- 137 -
Im Jahr 1848 ward ihm durch Hörnet das Finanzministerium
angetragen, welches er jedoch ablehnte, und das dann von Goppelt
übernommen wurde.
Dörtenbach, dessen edle Gesichtszüge das in ihm wohnende
rege, geistige Leben verkündigten und aus dessen Auge das Wohl-
wollen, das er seinen Mitmenschen entgegenbrachte, hervorleuchtete,
starb allgemein hochgeschätzt 8. September 1870, nachdem ihm am
6. November 1869 sein jüngerer Sohn Paul, Theilhaber von -
„Dörtenbach dt Comp." in Stuttgart, in der Blüthe der Jahre,
noch nicht 37 Jahre alt, vermählt seit 1866 mit Pauline, geb.
Baumeister, sowie bald darauf ein Bruder, Friedrieb Dörtenbach,
und eine erwachsene Enkeltochter, Melanie Dörtenbach, im Tode
vorangegangen waren.
Dörtenbach! s Gattin war seit 31. Juli 1821 Louise Eugenie,
Tochter des Vice-Präsidenten der Kammer der Abgeordneten, Dr. jur.
Christian Jacob Zahn in Calw, t 28. August 1860.
Ueberlebt haben ihn folgende Kinder:
I. Georg, Bankier, Königl. Bayerischer Consul in Stuttgart, Mit-
glied des Vorsteher-Collegiums der Württembergischen Spar-
kasse, Bitter I. Classe des Friedrichs-Ordens und des Königl.
Bayerischen St. Michael Verdienst-Ordens, Inhaber des Bayer.
Verdienst-Kreuzes für 1870/71, verm. seit 1849 mit Louise,
geb. Schnabel. Kinder:
1) Lucie Eugenie, geb. 10. November 1850, verm. seit 6.
Juni 1872 mit Alfred Reinhard Freiherr von Röder, Sohn
des Obersts Freiherr Carl von Röder.
2) Georg Heinrich Karl Arthur, geb. 28. Juni 1862.
3) Irene Eleonore, geb. 11. October 1869.
IL Louise, Gattin des Ludwig Federhaff ', Vorstands des Calwer
Zweigs des Holzhandlungsgeschäfts *Mohr & Comp.«
111. Emilic Georgine, verm. 19. Oct. 1869 mit dem Med. Dr. in
Calw, Eberhard Müller, Sohn des am 2. Januar 1877 t Med.-
Raths Dr. Mittler, daselbst.
Digiti
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- 138 -
Carl Christoph Dörtenbach,* Bruder Johann Georgs, geb.
den 5. November 1799 in Calw, Kaufmann, Comp.- Verwandter, an-
fangs im Comptoir des Vaters thätig, von wo ans der Bau und Be-
trieb der Dörtenbach'schen Berg- und Blaufarbwerke bei Alpirsbach
und Wittichen geleitet wurde. Später trat er in ein Etablissement
seines Vaters in Stuttgart (Zahn & Comp.) ein, wo er bis zum
Jahre 1820 beschäftigt war. In demselben Jahre noch übernahm er
die Geschäftsleitung des Handlungshauses seines 1819 verstorbenen
Schwagers Johann Christian Volte in Heilbronn.
Im Frühjahr 1824 verliess er Heilbronn wieder und kehrte
nach Calw zurück. Noch in demselben Jahre übernahm er die
Mitleitung des Dörtenbach'schen Schmalten-Fabrik-Geschäfts bis zu
* Sieben Schwestern glengen ihm im Tode voran als ;
I. Johanne Sabine, vermählte Seybold.
II. Christiane Justine, geb. 1775, t 1775.
III. Justine Friederike, seit 3. October 1797 Gattin des Banquiera und Finansrsths in
Stuttgart Andrea» Gottlob Federer. Kinder:
1) Mathilde, geb. 1812, renn, mit dem Major a. D. Karl Albert von Schraishuon-
Seubert-Bretlgny.
2) Gottlob Friedrieh Federer, geb. 1799, Bankier und Königlich Belgischer Consul
in Stuttgart, verm. seit 8. Mai 1824 mit Amine Euginie, Tochter dec Professors
der französischen 8prache am Gymnasium in Stuttgart, Joseph Friedr. Orammont.
8) Adolph Gottlob Federer, Banquier, geb. 12. September 1807, verm. I. seit 11.
September 1834 mit Marie Auguste, Tochter des Präsidenten des K. Steuer-
kolleginms, 8taatsraths von Süsskind; II. seit 9. Mai 1844 mit Louise Agnes,
Tochter des t Oberregierungsraths Boger. Verheirathete Kinder I. Ehe:
a. Julius, geb. 1. August 1836, Banquier, Königlich Belgischer und Italienischer
Consul, verm. seit 12. September 1861 mit Alwine Henriette Louise, Tochter
des Banquiera Karl Emil Klüpfel in Stuttgart
b. Adolf geb. 22. März 1838, Banquier und Argentinischer Gonsul, verm. seit
17. October 1871 mit Anna Sophie Friederike, geb. 19. April 1848 za Neu-
Osge, Regierungsbezirk Arnsberg, Tochter des Rentiers Karl Ludwig Dietsseh
und der Julie Friederike Elisabeth, geb. Juniger.
Kinder IL Ehe:
a. Marie Louise Federer, geb. 27. Mars 1845.
b. Wilhelm Friedrieh Federer, )
c Ernst Wilhelm Federer, I Zwillinge, geb. 17. Januar 1850, Bankiers.
IV. Jacobine Wilhelmine, verm. Volte.
V. Sophie Christiane, verm. Keller.
VI. Sibylla Elisabetha, verm. Stalin,
VII- Ernestine Jacobine, I. verm. Schauber, 11. verm. Sich;
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— 139 -
dessen Auflösung und trat gleichzeitig in die Wollspinnerei- Unter-
nehmungen von Wagner, Schul & Comp. , bei welchen sein Schwieger-
vater betheiligt war, ein; anch stund er der später angenommenen
Firma Dörienbach und Schauber in Verbindung mit anderen Theil-
habern bis zu seinem Ableben ununterbrochen thätig vor.
Nach dem Hingange seines Schwiegervaters im Jahre 1843
hat er auch mit zwei weiteren Tochtermännern desselben an der unter
der Firma von Schul & Wagner betriebenen Wollstofffabrikation
Theil genommen, welche sich allmälig bis zu ihrem jetzigen Bestände
ausdehnte.
An gemeinnützigen Gesellschaften und Vereinen betheiligte sich
Dörtenbach vielfach ; er war seit Gründung der Gesellschaft für Be-
förderung der Gewerbe im Jahre 1831 bis zu deren Uebergang in
die Königliche Centralstelle für Gewerbe und Handel Mitglied der-
selben, Mitglied des Calwer Gemeinderaths, ebenso langjähriges Aus-
schussmitglied des Calwer Gewerbe- Vereins, des Vereins für vater-
ländische Naturkunde, des Handels- Vereins, der Weinbauvereine u. s. w.
Das Vertrauen, welches er sich in allen diosen mannigfachen
Verhältnissen verdiente und erwarb, wurde wesentlich dadurch ge-
hoben, dass ein tiefer innerer Trieb in ihm lag, nichts zu verschieben,
immer zu erledigen, was ihn berührte oder ihm anvertraut war, und
seinen oft wiederholten Ausspruch zu bekräftigen, dass man bei ihm
zu jeder Zeit Alles in Ordnung finden müsse. —
Dörtenbach starb 8. November 1865.
Seine Gattin war seit 14. September 1824 Juliane Sophie,
Tochter des Comp.-Verwandten in Calw, Christ. Heinrich Schill.
Digiti
zedby G00gk
Domfeld.
Joachim Dornfeld, aus einer in den Niederlanden ansässig ge-
wesenen Familie abstammend, wurde zwischen 1566 und 1573 während
der spanischen Verfolgungszeit unter Herzog Alba aus den Nieder-
landen vertrieben, und liess sich zu Angermünde in der Mark Bran-
denburg nieder. Sein Sohn Peter Dornfeld, Bürgermeister und Raths-
Consulent zu Angermünde 1650, vermählte sich mit Dorothea, geb.
Klingsporn von Wernigerode, welche gleichfalls einer aus den Nieder-
landen vertriebenen Familie entstammte. Dieser letzteren Ehe entspross:
Johann Domfeld, geb. zu Angermünde 21. September 1640,
Theol. Dr. und Pastor an der Nicolaus-Kirche in Leipzig, f den
6. October 1720.
Gattinnen: 1. Anna Margaretha, Tochter des Ober-Gerichts-
Assessors und Advocaten in Leipzig Theoder Nössel; II. Maria
Salonie, Tochter des Drs. der Theologie und Pastors zu Danzig
Andreas Kitten; III. Anna Margaretha, Tochter des Kammer-
Musikus in Dresden Joh. Jäger.
Von seinen Söhnen vermählte sich der älteste, Johann Jacob
Dornfeld, geb. 11. Januar 1698, Bechts-Cousulent, mit Johanna
Sophia, Tochter des Joh. Andreas Platen, Bürgermeisters in Grossen-
hayn; der Jüngere dagegen, Christian Friedrich Dornfeld, geboren
13. Juli 1701, kam als Hofmeister nach Esslingen und wurde 1728
Stiftsprediger in Oberstenfeld.
Dieser letztere hinterliess einen Sohn Namens Dietrich Dorn-
feld, geb. 14. Juni 1745, welcher Pfarrer in Neckar weih ingen wurde
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— 141 —
and sich mit Charlotte Beate, Tochter des Specials zu Bietigheim
Georg Hartmann vermählte. Söhne:
I. Heinrich Christof Wilhelm Dronfeld, geb. 23. Sept. 1783,
Kameral- Verwalter in Weinsberg, vermählt I. mit Luise, Tochter
des Expeditions- Raths und Kameral- Verwalters in Gaildorf Lud-
wig v. Konig; II. mit Panline, Tochter des Bergraths in
Stuttgart Friederich Ludwig Bilflnger.
II. »ottlob Friederich Eberhard Dornfeld, geb. 19. Juli 1787,
Kaufmann zu Epernay in Frankreich, unverheirathet gestorben
25. August 1833.
III. Immanuel August Ludwig Dornfeld, geb. 15. Mai 1796, Um-
gelds-Commissär in Oehringen 1827, Kanzleirath in Stuttgart
1838.
Die Familie blüht noch jetzt im Württembergischen.
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Dutt en hof er.
Christ. Trangott Friedrich Duttenhofer wurde den 4. August
1778 zu Gronau im Württembergischen geboren. Sein Vater, Christian
Friedrich Duttenhofer, war Prälat zu Heilbronn ; die Mutter,
Johanna Christina, des Stadtpfarrers in Sindelfingen Johann Ben-
jamin Hammel Tochter ; der Grossvater, Jacob Friedrich Duttenhofer,
geb. 25. Januar 1697 , Herzoglich Württembergischor Hofgerichts-
und Landschafts-Assessor ; die Grossmutter, Johanna Elisabetha, des
Kammerrath8 in Stuttgart Johann Friedrich Spittler Tochter.
Christ. Friedrich, der schon in der Jugend besondere Vor-
liebe für Malerei und Zeichenkunst und hauptsächlich Kupferstecherei
hegte, widmete sich in der Folge ganz der letzteren und zwar für
das landschaftliche Feld derselben. Nach Erwerbung der für diese
Kunst vorgezeichneten Kenntnisse begab er sich nach Dresden, wo
ihm der tägliche Besuch der dortigen Gallerie oblag. Schon hier
leistete er nur Ausgezeichnetes, allein dem inneren Drange folgend,
seine Kenntnisse immer weiter auszudehnen, begab er sich von da
nach Wien, um sich die Vortheile der dortigen Academie anzueignen.
Das bekannte Blatt „Gebirgslandschaft nach Annibal Caracci", ein
nicht nur seiner Grosse und Mühseligkeit, sondern auch der ausser-
ordentlichen Correctheit des Stichs und Genauigkeit der Zeichnung
wegen von Kennern allgemein beifällig aufgenommener Stich, erwarb
ihm plötzlich einen bedeutenden Namen.
Nun trat er, 31 Jahre alt, grössere Reisen an, besuchte Paris,
wo er einer besonderen Auszeichnung genoss und ihm der Auftrag zu
Theil wurde, für das Museum Napoleon Blätter nach Dominichino,
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— 143 —
C. Poussin, Both, Wynanths und Paul Brill auszufahren. Nachdem
er diese Aufgabe glänzend erfüllt hatte, wandte er sich nach Italien
und bildete sich daselbst durch Anschauung der alten Kunstwerke
der Griechen und Römer vollends ganz zum Künstler.
Nun erst als Mann von mehr als 40 Jahren kehrte er ins
Vaterland zurück und führte daselbst die grossartigste Arbeit seines
Lebens, das grosse Blatt über den Cölner Dom aus, das wohl noch
von keinem Künstler, — was gothische Architektur anbelangt, keines-
falls so gelungen — fertig gestellt ward. —
Derselben Familie gehören ferner an:
Georg Jacob Duttenhofer, geb. 1729 zu Calw, Spezial in
Wildberg. Derselbe hinterliess mehrere Schriften. Söhne:
I. Jacob Heinrich Duttenhofer, Pfarrer in Klein- Reichenbach,
1794.
II. Jacob Friedrich Duttenhofer, Diaconus bei St. Leonhard in
Stuttgart, verm. mit Charlotte Wilhelmine, Tochter des Geh.
Hofraths, Kirchenraths-Expeditionsraths Karl Gottlob Mohl,
welcher Ehe 1 Sohn und 3 Töchter entsprossten. —
Carl August Friedrich von Duttenhofer, Königlich Württem-
bergischer Oberst und Oberwasserbau-Director, Commenthur des Kron-
ordens, geb. 3. December 1758 zu Obereusingen als Sohn des dortigen
Pfarrers Duttenhofer und der Katharina, geb. Baser von Kirchheim.
Derselbe besuchte die lateinischen Schulen zu Nürtingen und
Kirchheim a". d. T., wurde hierauf, 9. Januar 1773, als stud. juris
civilis und cameralis vom Herzog in die hohe Carlsschule auf der Soli-
tude aufgenommen, später aber, 1775, mit dieser Pflanzschule in die
Militär-Akademie zu Stuttgart als Zögling, abermals mit der Be-
stimmung für die Kameralwissenschaft, versetzt. Bei Einweihung der-
selben in Stuttgart im Jahre 1782 wurde ihm nach vorhergegangener
Disputation die Würde eines Magisters der Philosophie ortheilt.
Duttenhofer war der erste von dieser Universität kreirte Magister.
Mit besonderer Vorliebe verbreiteten sich nun seine Studien auf die
Artillerie und die ganze Kriegswissenschaft, und seinem Eifer ver-
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- 144 —
dankte er es, dass ihm schon 1788 das Patent eines Lieutenants des
von Nikolafschen Artillerie-Regiments ertheilt ward, sowie er auch
um dieselbe Zeit zum Professor der Mathematik und Artillerie bei
der hohen Karlsschule bestellt wurde, ein Amt, das er bis zur Auf-
hebung dieser Akademie (1794) bekleidete, wo er alsdann die Er-
nennung zum Ingenieur-Lieutenant und Wasserbau-Director erhielt.
Hauptsächliches Talent zeigte er im Festungsbau und durch seine
militärische Aufnahme des Schwarzwaldes von Bruchsal an bis in
die Gegend von Hauenstein und Waldshut, die er nach dem zwischen
Oesterreich und Frankreich ausgebrochenen Kriege in den neunziger
Jahren des vorigen Jahrhunderts fertig stellte, gelangte er bei Kennern
zu grosser Ehre. Für letzteres zeugt auch der Umstand, dass der da-
malige Commandant des französischen Genie-Corps in Paris (General
Moreau) diese Blätter requirirte und bei deren Zurücksendung den
Verfasser durch wissenschaftliche Geschenke wie durch die schmeichel-
haftesten Ausdrücke beehrte. Wegen seiner besonderen Kenntniss des
Schwarzwaldes ward er auch eine Zeit lang dem k. k. Ingenieur-Haupt-
mann d'Anthon als Ingenieur zugetheilt. Bei den militärischen Ver-
richtungen der württembergischen und österreichischen Truppen be-
wies Duttenhofer persönlichen Muth. — Vornehmlich aber richtete sich
sein Augenmerk auf das Fach des Wasserbaues, das er insbesondere
auch in Hinsicht auf das Maschinen- und Mühlwesen vollkommen
zu ergründen suchte. Bald erhielt er auch die Inspection über die
Mühlen im Lande. 1796 wurde er zum Ingenieur-Hauptmann, 1798
aber, von welchem Zeitpunkt an er nicht mehr militärische Dienste leistete,
zum Major und Oberwasserbau-Director ernannt, womit ihm zugleich die
Ober-Aufsicht über das ganze Landes-Mflhlwesen übertragen wurde.
Bei den nachfolgenden Veränderungen in den Formen der
Staats- Verwaltung in den Jahren 1803/4 wurde er Mitglied der
Directionen des Landbaues, des Strassen-, Brücken- und Wasserbaues
und im Jahre 1807/8 Vice-Director des Ober-Bauraths mit dem Cha-
rakter als Oberst, auch Mitglied der k. Hofdomänenkammer.
Nach der Auflösung des Ober-Bauraths entfaltete er nicht nur
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- 145 —
im Fache des Wasserbaus bei den Ministerien des Innern and der
Finanzen eine fortwährende Thätigkeit, sondern stand auch wegen
seiner Ober-Aufsicht über das Mühlwesen mit sämmtlichen Kreis-
Finanz-Kammern und Regierungen in amtlicher Verbindung.
Duttenhofer war Mitglied der naturforschenden Gesellschaft in
Schwaben, des landwirtschaftlichen Vereins und des Vereins für
Vaterlandskunde. Er starb, seiner Kenntnisse, seiner Rechtlichkeit nnd
Uneigennützigkeit wegen von Jedermann hochgeschätzt, 16. Sept. 1836.
Die im Auftrage der Regierung von ihm ausgeführten Werke
sind u. A. der Wilhelms-Kanal in Heilbronn, das Mühlwehr in Berg,
die Brücke bei Hohlbach und die Stuttgarter Wasserleitungen.
Seine Gattin war seit 1790 Luise Wilhelmine, eine Tochter
des Amtmanns in Dettingen am Schlossberg Klett, welche ihm 1823
durch den Tod entrissen wurde. Kinder:
I. Caroline, verm. mit dem Oberfinanzrath Nördlinger.
II. Therese, Gattin des Rittmeisters von Vischer in Calw.
III. August Duttenhofer, Königlich Württembergischer Hauptmann.
IV. Carl tou Duttenhofer, geb. 28. Juni 1801, gest. 2. Juni 1871
in Ulm, Königlicher Oberbaurath, verm. 11. Februar 1839
mit Franziska, geb. Epting. Kinder:
1) Fanny Louise, geb. 22. Mai 1842.
2) Fanny Engende, geb. 6. Juni 1844, verm. seit 8. August
1872 mit dem Fabrikanten Leidersdorf in Milwaukee (Wis-
consin, Nord-Amerika).
3) Pauline Therese, geb. 26. Juli 1851, verm. seit 7. Oct.
1873 mit Kaufmann Wüh. Friedr. Zurhellen, Sohn des
Pastors Christ. Georg Wüh. Zurhellen.
4) Carl Eugen, geb. 4. Febr. 1841 , Rittmeister und Esca-
dronschef im Ulanen-Regiment König Wilhelm (2. Württ.)
Nr. 20. Seit 10. Mai 1871 vermählt mit Marie Woodroof
Taylor aus New- York.
Dm FänrtHch Württembergische Dienerbuch enthilt folgende höhere Beamte
des Namens Duttenhofer : Diacon an 8t. Leonhard 653 ; Spital Diacon 552. — Georg Joe.,
Pfarrer 613. — Jac. Fried., Landschaft-Einnehmer 559.
9. GtorgH-Qeorgmt i u, Biographisch-Genealogische Blätter etc. 10
Digiti
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Duvemoy.
Von dieser, der ehemaligen Grafschaft Mömpelgard, seit dem
XVII. Jahrhundert auch Württemberg angehörenden Familie sind
u. A. zu erwähnen:
Hugo Duvemoy, Hauptmann in Mömpelgard 1650. —
David Duvernoy, Sohn des Vorigen, Dr. und Chirurgus in
Stuttgart, vermählt seit 25. April 1682 mit Barbara Sofia, einer
Tochter des Herzoglich Württembergischen Kammerraths Hieronimus
Welsch, Sohns des Nördlingischen Porstmeisters Welsch.
Kinder aus dieser Ehe:
I. Sophia Margaretha, venu, zu Stuttgart seit 22. Februar 1707
mit dem Proviant-Offizier Christoph Friederich Deffner.
U. Justina Regina, verm. 1715 mit dem französischen Prediger
und nachmaligen Prälaten zu St. Georgen Johann Georg
Blanchot, Sohn des Pfarrers in Breveliera Peter Blanchot.
III. Juliana, vermählt 1716 mit dem Professor der französischen
Sprache in Stuttgart Georg Meguillet.
IV. Johann David, geb. 1688 zu Stuttgart, Pfarrer in Bohracker
1723, f 1752. Gattinnen: I. seit 1715 Johanna Catharlna,
Tochter des Professors am Gymnasium in Stuttgart Caspar
Canstetter; II. Maria Agnes, Tochter des Pfarrers in Nehreu
Joh. Friedr. Sartorins. Kinder I. Ehe:
1) Maria Regina, verm. mit dem Pfarrer in Spielberg Joh.
Gottlieb Trüschler, Sohn des Pfarrers in Dusslingen Joh.
Georg Tritschler, Bruder des 1802 verstorbenen Geh. Hof-
Digiti
zedby G00gk
— 147 —
raths Elias Benjamin Tritschler, Stifters der Tritschler'-
sehen Stiftung'.
2) Maria Catharina, verm. mit dem Forstmeister in Esslingen
Georg Andreas Eckher.
3) Sophie Juliana, verm. mit dem Pfarrer in Baltmannsweiler
Eberh. Friedr. Hamid, Sohn des Stabs-Kellers in Mün-
singen Joh. Georg Friedr. Honold.
4) Georg Friedrich Duvernoy, Herzoglich Württembergischer
Kammerrath in Stuttgart, t 1794. Sohn:
David Hermann Heinrich Duvernoy, Königlich Würt-
tembergischer Major und Kriegsrath in Stuttgart 1812. —
5) Johann Ludwig Duvernoy. —
Carl August Duvernoy, geb. 6. August 1757, Königlich Würt-
tembergischer Major und General-Kriegscommissär, auch Secretär des
Königlich Württembergischen Militär- Verdienstordens. —
Samuel Duvernoy, t 1734 als Decan in Balingen. —
Johann Georg Duvernoy, geb. 1691 zu Mömpelgard, Leib-
und Hofarzt des Herzogs Leopold Eberhard von Württember£-
Mömpelgard 1712, Professor der Medicin in Tübingen, von wo aus
er 1725 einem von der Academie zu Petersburg an ihn ergangenen
Buf als Professor der Chirurgie und Anatomie folgte. Besondern
Ruhm erwarb er sich als Anatom und starb 1759 zu Kirchheim. —
Peter Duvernoy , geb. 1683 in Mömpelgard als Sohn des
Joh. Jacob Duvernoy, Bürgermeisters daselbst. Derselbe begab sich
von der Schule und Privat-Information weg nach der Universität
Tübingen, kam von da nach Basel, reiste später nach Paris und
wurde nach seiner Rückkehr in seiner Heimath Advocat ord. bei der
Kanzlei. Einige Zeit nachher ging er nach Frankfurt a. M., und
wurde auf die Dauer von 6 Jahren Hofmeister bei den Grafen von
Slolberg-Geldern. 1712 kam er nach Jena, wo er 1714 zum
Doctor creirt wurde. —
Pierre Christoph le Duvernoy, Prävöt des Fürstentums Möm-
pelgard 1740. —
Digiti
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— 148 —
Charles Duvernoy, Professor in Mömpolgard, 1803 —
Medicinalrath vom Duvernoy, gest. 12. April 1829.
Es folgt noch ein Extractus Protocolli Cons. secr. d. d. 4.
Januar 1794 »Reg.-Rath-Gutachten, die Rückkehr der Familie Dm-
vernoy in ihr Vaterland betreffend:«
„Refrratur Serenissimo :
Es habe der General Major und Coramandant von Georgii *
bey Serenissimo unterthänigst gebetten, höchst Dieselbe möchten
den Kindern des Advocaten Duvernoy von Mömpelgardt, 2 Töch-
tern und 1 Sohn, mit welchen deren Verwandte eine Tochter
und Sohn des Pfarrers Duvernoy in Gesellschaft in ihr Vater-
land dem wiederholten dringenden Ansinnen ihrer Väter zu-
folge zurückzukehren wünschen, diese Rückkehr gn. gestatten.
Dieses herzogl. Collegium habe hierüber nach Anleitung des
gn. Decrets vom 27. Dec. 1793 von herzogl. Regierung Gut-
achten anverlangt, welches unter Beziehung auf das von dem
General Major von Georgii seinem Exhibitum beygelegte
Promemoria dahin gehe:
da weder in den Kayserlichen avocatorien noch sonsten ein
rechtlicher Grund vorliege, die Dnvernoy'schen Kinder von
der Rückkehr in ihr Vaterland abzuhalten : So könne herzogl.
Regierung ihren rechtlichen Antrag nicht anders als dahin
machen, dass denselben diese Rückkehr um so weniger zu
erschwehren seyn möchte, als sonsten theils für sie selbst,
theils für ihre Eltern die nachtheiligste Folgen daraus ent-
stehen möchten.
Unterthänigst subsignirte hätten nun auch ihres Orts diese
Gründe wohl erwogen, und fänden bey vorliegenden Umständen
keinen Grund, aus welchem diesen jungen Leuten die Rückkehr
in ihr Vaterland ersch wehret werden könnte, wesshalb dem
* Ein Bruder von ihm war in II. Ehe seit 1762 mit Margusrite, Tochter de«
oben verzeichneten Prevöto von Mömpelgard DMtemoy, vermählt.
Digiti
zedby G00gk
— 149 —
General Major von Georgii zu erkennen zu geben wäre, dass
Serenissimus den Duvernoy 'sehen Kindern die vorhabende Rück-
kehr in ihr Vaterland gnädigst gestatten wollten."
Carl Wilhelm Ludwig Duvernoy, Sohn des Eammerraths Georg
Friedrich Duvernoy, geb. 13. Juli 1786, Dr. med. t 1. Februar
1837. Ein Bruder von ihm Benjamin Georg Christian, geb.
25. September 1783 ist verschollen.
Gattin: seit 20. October 1814 Christiana Julia, geb. Wolpert.
Deren Sohn:
Carl August Julius Heinrieh, geb. 13. Dec. 1815, Kaufmann,
t 3. April 1874. Gattin: seit 7. Oct. 1845 Emilie Auguste, geb.
Zimmermann von Heidelberg, welcher Ehe ein Sohn entsprosste Na-
mens Max Ludwig Adolf Wilhelm Eduard Arthur, geb. 19. Mai
1849, sowie eine Tochter Namens Clara Emma Sophie Betty, geb.
18. Juli 1846. —
Ludwig Herrmann Heinrich Duvernoy, geb. 16. Oct. 1788,
Kaufmann, f 4. März 1828. Gattin: seit 31. Oct. 181(5 Wilhel-
mine Henriette, geb. Benner. Deren Sohn:
Ludwig Heinrich, geb. 11. Nov. 1817, Kaufmann, verm. seit
17. April 1849 mit JuHe, geb. Hartmann. —
Gustav Heinrieh von Duvernoy, geb. 5. Juli 1802 als Sohn des
18. Dec 1819 f David Herrtnan Heinrich Duvernoy, Königl. Würt-
tembergischen Majors und Generalkriegs-Cassiers, Dr. jur., Staats-
rate und Chef des Departements des Innern 1848.
Dm Fürstlich Württembergische Dienerbach enth< folgende höhere Berate
des Namen*: Ihtvtmoy, CanzleiAdroc. 9«. — JoK Georg, CantzleiAdvoc, 94.
Digiti
zedby G00gk
Efferen.
Hartmann ab Efferen, Rheinländischer Adels-Ritter, war im
Jahre 1480 Spitalmeister bei St. Martin in Cöln. Sein Sohn:
Caspar ab Efferen, vermählt mit Agnes, geb. von Schltten.
Sohn:
Heinrich ab Efferen, Dr. theol., geb. 1530, welcher als Jüng-
ling seiner Studien wegen nach Paris geschickt wurde, trat, ergriffen
von der Sündhaftigkeit der Protestanten bei den Verfolgungen Franz I.,
selbst zum Protestantismus über. Im Jahre 1550 kam er als Dia-
conus zu Schorndorf in württembergische Dienste; 5 Jahre später
reformirte er die Klöster Herbrechtingen und Lorch, 1558 wurde er
Dr. der Theologie, 1563 Superintendent zu Bietigheim. Von Herzog
Christoph wurde er auch als Inspector des Cultus nach Möm-
pelgard gesandt; endlich starb er als Stadtpfarrer in Winnenden
im Jahre 1590. Von ihm haben sich erhalten cDreyzehen Christ-
liche Predigten aus dem XXXVIII und XXXIX Capitel Ezechielis
von Gog und Magog oder den Türeken, mit kurtz einverleibter
Historischer Erzehlung vom Anfang, Ursprung und Zunehmung des
Mahometischen Kayserthums», (Strassburg 1571, Leipzig 1596).
Gattin: Barbara, geb. Btihler, welcher Ehe ein Sohn ent-
sprosste, Superintendent zu Cannstatt und Stuttgart, zuletzt Abt
zu Anhausen, welcher einer der bedeutendsten Theologen Würt-
tembergs war. Seine Geschwister waren Hermann von Efferen;
Caspar von Efferen; Regismnnda von Efferen, letztere verm. mit
dem Pfarrer zu Hohen-Geren Caspar Kurtz; Enda, vermählt mit
Digiti
zedby G00gk
- 151 —
dem Pfarrer zu Weltzheim Martin Linck, welch letzterer Ehe eine
Tochter Namens Anna Maria entsprosste, die in der Folge die Gattin
des Vogts von Tübingen Johann Wilhelm Speidel wurde.
Dm Fürstlich Wütttexnbergische Diener buch enthilt folgende höhere Beamte
des Namens Effertn, (Eff§rhm) : Dan., Ffirstl. Informator 198 ; Stsdtschreiher 373. —
Hans. Heinr., Amptschreioer 246. — Htinr., Abt 362 ; Ambtaschrelber 2öa — Joh. «/W»r.,
CL Venmütter 263, 276, 307.
Digiti
zedby G00gk
Eisenmenger.
Eisenmenger, Landsmann Melanchthons, nach dessen Beispiel
er auch seinen deutschen Namen in Siderokrates übersetzte, wurde
den 28. September 1534 geboren. Derselbe widmete sich zu Wit-
tenberg nicht nur den philologischen, sondern auch den philosophi-
schen und mathematischen Studien, daher er, vermuthlich auf Me-
lanchthons Empfehlung, als Lehrer der Mathematik im Jahre 1556
in Tübingen angestellt wurde. Während er aber docirte, lernte
er. zugleich Medicin, und wurde bald nach erhaltener Doctorwürde
so berühmt, dass mehrere Fürsten, der Markgraf Karl von Baden,
der Kurfürst von Cöln, sowie die Bischöfe von Strassburg und Speier
ihn zum Leibarzte begehrten. Er verliess Tübingen gerne, nachdem
Jacob Andrea ihn als Schwenkfelder angeklagt hatte.
Den geistlichen Fürsten lag weniger daran, was er glaubte,
wenn er sie nur orthodox heilte. Er starb 1585 in der Bischöf-
lichen Speier'schen Residenz Bruchsal, nicht in Brüssel, wie einige
melden, durch das Wort Brussellae verführt.
Eben diesen Familiennamen trägt:
Johann Christoph Eisenmenger, Med. Dr., geb. den 6. Sep-
tember 1592 zu Heilbronn, als Sohn des Jeremias Eisenmenger,
Physicus der damaligen Reichsstadt Wimpfen, zuletzt Physicus zu
Heilbronn, und der Catharina, Tochter des Patriciers in Ulm August
Roth.
Johann Christoph studirte auf der Universität Heidelberg 1608
bis 1612, zu Basel 1612 bis 1614 die Medicin, wurde in letzterer
Stadt Doctor der Medicin, kam hierauf nach Frankfurt, und von da
Digiti
zedby G00gk
— 153 —
1616 nach Heilbronn, woselbst er nach Ableben seines Vaters an
dessen Stelle zum Stadtarzt ernannt wurde.
Er vermählte sich erstmals 1616 mit Maria Magdalena, geb.
Imlin, mit welcher er innerhalb 37 Jahren 4 Söhne und 6 Töchter
erzeugte. Er starb den 20. Februar 1663. Von seinen Unter-
lassenen Söhnen sind näher bekannt:
I. Johann Ludwig, »der Reichsstadt Schwäbisch Hall verordneter
Amtmann zu Vellberg.«
II. Johann Christoph, geb. zu Heilbronn 26. Mai 1620, Med.
Dr. und Stadtarzt daselbst Derselbe studirte zu Jena 1641,
kehrte wegen der damaligen Kriegszeiten 1642 nach Hause
zurück, und besuchte noch zu» Ende desselben Jahres die
Universität zu Padua. Auf der Bückreise doctorirte er zu Basel,
prakticirte zu Strassburg, wurde hierauf Physicus zu Rothen-
burg an der Tauber 1646, zu Marbach, zu Heilbronn 1663,
in welch letzterer Stadt er 3. April 1670 starb.
Seine I. Gattin war Enphrosina, geb. Kelberger aus
Strassburg; die II., Sibylla, Tochter des Med. Doctors zu Rothen-
burg an der Tauber Josaphat Weinlin; die III. Barbara
Jagtina, Tochter des Med. Doctors in Nürtingen Martin Sol-
fleiss, aus welch in. Ehe 1 Sohn und 2 Töchter hervorgiengen.
Ebenfalls hieher gehört:
Johann Andreas Eisenmenger, geb. 1654 in Heidelberg, starb
als Professor der orientalischen Sprachen daselbst 1704.
Bekannt ist 'seine Schrift: »Entdecktes Judenthum«, Frankfurt
1700, welche die Juden möglichst zu unterdrücken suchte und
wogegen dieselben kaiserliche Edicte auswirkten. Der König von
Preus8en Hess die neue Auflage, Königsberg 1711, auf seine Kosten
drucken-
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Eiben.
Christian Gottfried Eiben, Gründer des weithin bekannten
„Schwäbischen Merkurs", geb. den 4. Mai 1754 als Sohn des
Amtmanns in Zuffenhansen Johann Caspar Eiben, geb. 24. Febr.
1716, f 26. Angust 1783, und der Susanna, geb. Zaiser, wurde
im Jahr 1777 für ein Novellisticum nnd das Lehrfach der Geo-
graphie an der hohen Karlsschule zum Professor ernannt, und
bekleidete dieses Amt bis zur Aufhebung derselben, 1794. In
Verbindung mit der in der hohen Karlsschule befindlichen Kupfer-
druckerei stand auch eine Buchdruckerei, in welcher die offizielle
Beschreibung der hohen Karlsschule von Batz 1783, Schubarts
Gedichte 1785, dessen Vaterländische Chronik und seit 1789 des
Professors Eiben Schwäbischer Merkur gedruckt wurden. Letzterer
trat an die Stelle des 1731 gegründeten zweimal wöchentlich in
klein 4. erschienenen, „über See und Land dahineilenden Mercurius"
(auch Stuttgarter Ordinari-Chronik genannt). Beide Bedactoren Schu-
lart und Eiben hatten damals als Herausgeber öffentlicher Blätter
zum obersten Censor eigentlich den Herzog Karl Eugen in höchst
eigener Person. Ueberhaupt war im Jahre 1783 vom Herzoge der
Plan zur Errichtung einer Vocal-, Instrumental-, Musik-, Kupfer-,
Landkarten- und Buchdruckerei in Verbindung mit der hohen Karls-
schule genehmigt worden. Das Organ aber des Herzogs in dieser
Angelegenheit war der Intendant der hohen Karlsschule, Oberst
von Seeger. Es war die Zeit des Waltens des Geistes Friedrichs
des Grossen von Preussen, 1740-1786, und Kaiser Joseph? s IL
1779—1790, wodurch in Deutschland die zuvor sehr beschränkte
Presse zu grösserer Freiheit erhoben wurde.
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— 155 -
In Preussen war die Presse schon unter Friedrich Wilhelm I.
ziemlich frei, und Friedrich der Grosse sprach seinen Grundsatz da-
hin ans, dass Gazetten, wenn sie interessant sein sollen, nicht genirt
werden müssen; „wegen des Artikels von Berlin", fügt er hei, „ist
„diess instinkte zu observiren, wegen auswärtiger Puissancen aber cum
„grano salis und mit guter Behutsamkeit". Am strengsten war Bayern.
Dort mussten selbst die Leser anstössiger Schriften 15—100 Thaler
Strafe zahlen ; unversehene Visitationen wurden angestellt, in Privat-
bäuser wurde eingedrungen, ein Buchhändler ohne ürtheil ins Arbeits-
haus mit täglich sechs Pfennigen gesteckt, bis er den Einsender einer
Correspondenz nannte. In den geistlichen Gebieten kam die Polizei
des römischen Stuhls dazu. In Oesterreich z. B. waren noch unter
Carl VI. alle unkatholischen Bücher schlechthin verboten, aber sie
kamen gleichwohl herein. Der Erzbischof von Wien bekam Grund,
in einer Denkschrift zu klagen, dass unter 12 gelernten Buchhändlern
kaum 4 katholische seien und von diesen neben einem Katalog guter
und unsträflicher Bücher, immer noch ein anderer, heimlicher geführt
werde. Unter Maria Theresia 1752 war eine Legitimation des
Seelsorgers vonnöthen und zahlte jedes Buch ohne dessen Siegel und
Handschrift 3 fl. Strafe. 1751 kam die Censur aus den Händen
der Jesuiten in die ihres Feindes van Surieten, der sein Amt ge-
mässigt und klug verwaltete. Ganz anders aber wurde es unter Kaiser
Joseph. Er bildete 1781 eine Censurcommission aus aufgeklärten
Männern, und sein Censurgesetz von 1781 ist «ein wahres Muster von
Weisheit gegenüber der bisher stattgehabten Ordnung.
Aus solchen Vorgängen erklärt es sich, dass am 2. Juli 1787
das akademische Collegium zu Stuttgart auf Bewilligung der „Censur-
Freiheit" Ar SchubarVs vaterländische Chronik „bei der wirklich
ohnehin in Europa ausgebreiteten Pressfreiheit " anzutragen wagte,
und dass der Herzog dieselbe bewilligte.
Allein ungeachtet der „geringeren Gefahr bei Eiben", traf
doch den Schwäbischen Merkur ein ähnliches Schicksal wie Schubart's
Chronik, indem in Folge von Beschwerden des Kurfürsten von Pfalz-
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— 156 —
Bayern im November 1788 über einen „verfänglichen Artikel von
München" und im Juni 1789 wegen eines Artikels im Nr. 70 der
Chronik, betreffend „das Münzwesen in dem schwäbischen Craiss",
dem Prof. Eiben noch vor Schubart die Censurfreiheit wieder ent-
zogen wurde. Auf diesfallsige Vorstellung aber nahm der Herzog
im September 1789 diese Entschliessung wioder zurück.
So ward denn auch von dem Intendanten dem Herzog am
10. November 1787 vorgetragen, „dass der bei der hohen Karlsschule
für ein Novellisticum und für das Lehrfach der Geographie mit 100 fl.
Gehalt angestellte Professor M. Eiben, welcher neben dem, mit
herzoglicher Erlaubniss in der akademischen Buchdruckerei seit einem
halben Jahre gedruckten, sogenannten schwäbischen Merkur seit zwei
Jahren noch eine Schwäbische Chronik mit vielem Beifall herausgibt,
und solche bloss um der Censur-Freiheit willen in Esslingen drucken
lässt, durch ein Promemoria seine Neigung zu erkennen gegeben
habe, auch diese Schwäbische Chronik in der Verbindung mit dem
Schwäbischen Merkur in der akademischen Buchdruckerei drucken zu
lassen, wenn ihm, gleich den meisten andern Zeitungsschreibern in
andern Staaten und Residenzen, auf seine Gefahr die Censur-Freiheit
von seinen beiden Zeitungen, von deren einer er sie durch den Aus-
weg der Reichsstadt Esslingen ohnehin schon geniesst, gestattet, ' oder
wenigstens nur auf eine anderwärts gewöhnliche akademische Censur
eingeschränkt würde," mit dem Antrag auf höchste Bewilligung unter
der Bedingung des'Wfeglassens des Druckorts und des Privilegiums
und mit dem Ausdrucke der Hoffnung, „dass es bei Eiben mit ge-
ringerer Gefahr als bei dem Hofdichter Schübart geschehen könne"
und mit der weiteren Bemerkung, „dass sehr oft zum Lob des Staats
oder einzelner Anstalten und Personen in demselben (Blatt) etwas
gesagt werden könnte, das in eine privilegirte Hofzeitung einzurücken
wider die Bescheidenheit wäre," worauf auch durch Entschliessung des
Herzogs vom 14. November für beide Blätter die Censur-Freiheit
„unter der Bedingung, dass letztere (Chronik) in Meiner hohen Karl§-
schule gedruckt werde", bewilligt ward.
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- 157 —
Eiben starb von Jedermann hochgeschätzt den 4. Februar
1829 im 76. Jahre seines Alters.
Seine Gattin war seit 1. October 1789 Caroline Angnsta
Magdalena, eine Tochter des Herzoglich Württembergischen Regie-
nmg8rathes in Stuttgart Karl Friedrich Fenerleln. Kinder:
1. Anguste Sophie, geb 2. Dec. 1796, verm. seit 30. Nov. 1816
mit dem Kameralverwalter, nachmaligen Oberfinanzrath Ludwig
Friedrich von Jäger.
II. Julie, geb. 3. April 1803, verm. 1820 mit dem Hofcaplan,
Professor Gymn. Aug. Eberhard Carl Cless, Sohn des Advocaten
und Oberamtmanns zu Königsbronn Carl Maximilian Cless.
III. Albrecht Carl Willibald Eiben, geb. zu Stuttgart 31. Juli
1790, f 18. December 1854, Redacteur des „Schwäbischen
Merkurs", verm. 6. Aug. 1819 mit Wilhelmine, Tochter des
Studienraths-Directors Friedrich Gottlieb von Süskind. Kinder :
1) Louise Sophie, geb. 31. Juli 1820.
2) Herrmann Otto Carl, geb. 30. Januar 1823, Dr. jur.,
Chef-ßedakteur des Schwab. Merkurs, 1871—76 Mitglied
des deutschen Reichstags, seit 1868 Mitglied der württem-
bergischen Kammer der Abgeordneten für Böblingen, Prä-
sident des schwäb. Sängerbundes, Ehrenbürger der Stadt
Böblingen, verm. 2. März 1848 mit Sophie, Tochter des
Oberamtsrichters Kapff. Kinder:
a) Hildegard Franziska Wilhelmine, geb. 16. Febr. 1849,
verm. 5. September 1868 mit Emil Engelmann, Kauf-
mann in Stuttgart.
b) Adelheid Sophie Caroline, geb. 5. Mai 1850, vermählt
18. Oct. 1873 mit dem Gamisons-Auditor in Ludwigs-
burg Schwab.
c) Hedwig Luise, geb. 8. Mai 1856.
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— 1 58 —
d) Carl Sixt Ludwig, geb. 4. Februar 1855.
e) Friedr. Otto Manfred, geb. 15. Juni 1861.
f) Hermann Arnold, geb. 3. April 1865.
IV. Eduard Eiben, geb. zu Stuttgart, 28. April 1792, starb un-
vermählt als Königlich Wörttembergischer Oberlieutenant zu
Mergentheim.
V. Ernst Martin Emil Eiben, geb. zu Stuttgart 11. August 1795,
t 9. Octobcr 1873 im 79. Jahre seines Alters, Dr. phil.,
Mit-Herausgeber des „Schwäbischen Merkurs", verm. 4. Mai
1823 mit Louise Angnsta Leopoldine, Tochter des Kaufmanns
in Stuttgart, Johann Nepomuk Leopold Friedrich Conrad!,*
Sohns des t Hof kammer-Renovators Conradi in Bretten. Kinder :
1) Louise Angnsta Sophie, geb. 30. April 1824, verm. 10.
Jan. 1847 mit Adolf Mohl, Kaufmann in Stuttgart.
2) Emilie Theophanie Marie, geb. 8. Oct. 1830.
3) Marie Panline, geb. 18. Mai 1833, 1 1866, verm. 7. Mai
1850 mit Aug. Wilh. Bothermundt, Kaufmann in Stuttgart
4) Mathilde Sophie, geb. 31. Oct. 1836, verm. 15. Mai 1860
mit Ernst Gaab, Dr. phil., Pfarrer.
5) Sophie Charlotte, geb. 6. Juli 1841 t 5. Oct % 1853.
6) Anna Marie, geb. 13. Aug. 1845, verm. mit dem Gatten
ihrer vorbenannten t Schwester Aug. Wilh. Bothermundt.
7) Angnste Panline, geb. 25. März 1847, verm. 4. September
1866 mit Emil Eduard Otto Ege f Gutspächter des Schwörzer-
hofs bei Neckarsulm.
8) Christian Leopold Eduard, geb. 12. Sept. 1825, Rechts-
consulent und Redacteur des Schwäbischen Merkurs, verm.
* Einer der Söhne Conrodi'e, Arthur Conradi, Chef des Handlungshauses Carl
Feuerlein, vom Februar 1866 bis Juli 1858 Abgeordneter der Stadt Stattgart, früher Mit-
glied des Gemeinderaths und Bürgeranaschusses von Stuttgart, starb 23. Januar 1868 im
55. Jahre seines Alters.
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— 159 —
5. Apr* 1852 mit Mathilde, Tochter des Präsidenten
v. Eiben. Kinder:
a) Charlotte Mathilde, geb. 14. Juni 1854, verm. mit dem
Gymnasial-Professor in Ulm Ableüer.
b) Marie Louise, geb. 5. Januar 1856, verm. mit dem
Major im Generalstab der 26. (1. Königl. Württemb.)
Division .Johann von JDetünger.
c) Elisabeth, geb. 15. November 1860.
d) Emil, geb. 13. Mai 1853, Landwirth.
e) Christian Leopold Eduard, geb. 27. Mai 1862.
Gustav, geb. 12. August 1864.
9) Wilhelm Gustav Carl, geb. 19. Mai 1838, Kaufmann in
St. Petersburg, verm. zu Frankfurt a./M. 16. Febr. 1863 mit
Anna Katharina Emma Brofft, geb. zu Frankfurt 21. April
1838. Kinder:
a) Louise Johanna Emma, geb. zu Petersburg 20. Nov. 1863.
b) Julius Friedrich Robert, geb. zu Pau 13. Dec. 1864.
c) Adolf, geb. 12. Mai 1867.
10) Adolph Gustav, geb. 6. Januar 1840, Kaufmann zu St.
Petersburg, f 12. Mai 1867, verm. zu Petersburg 6./18. Juli
1864 mit Agathe, geb. Bartelink, geb. 16. Juni 1842.
Kinder:
a) Clara Agathe, geb. zu Petersburg 24. October 1865.
b) Marie, geb. zu Petersburg 18. Jan. 1867.
VI. Gustav von Eiben, geb. zu Stuttgart 27. Januar 1797, Dr.
jur., Oberfinanzrath, Präsident der Oberrechnungskammer und
Ablösungscommission, Commenthur II. Cl. des Friedrichs-Ordens,
Bitter des Kronordens.
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1Ü0
Derselbe begann seine dienstliche Laufbahn im Jahre 1820
als Gerichtsaktuar in Cannstatt und trat, nachdem er kurze Zeit
als Rechtsconsulent practicirt hatte, 1§23 ins Finanzdepartement
als Assessor der Finanzkammer in Reutlingen ein.
1832 zum Justitiar der Oberzolladministration ernannt,
wurde er im darauffolgenden Jahre zum Ministerium berufen,
wo er 1847 mit der Stelle des vortragenden Baths und 1858
mit dem Direktorium der Ablösungskassen -Commission be-
traut ward.
Sein unermüdlicher Fleiss, seine vorzügliche Tüchtigkeit
und Berufistreue erwarben ihm überall die grösste Anerkennung.
Eiben starb den 27. August 1869 zu Stuttgart.
Uneigennützigkeit und eine tiefe, echte Humanität waren
seine Charakterzüge. Nichts Hohes war ihm fremd, aber auch
das Geringste fasste er mit edlem Sinne an; und wie er im
persönlichen Verkehr den Höheren gern alle Ehre gab, so
machte er, ungeachtet einer oft förmlich scheinenden Ausseu-
seite, den unter ihm Stehenden und den Bedrängten jeder Stufe
es leicht, sich mit Vertrauen ihm zu nähern.
Seine Gattin war seit 10. Nov. 1825 Charlotte, Tochter des
Obertribunaldirektors von Pfizer. Kinder:
1) Emilie Sophie Charlotte, geb. 9. September 1826, verm.
28. Juni 1847 mit August Otto Nathanael Kösttin, Dr. und
Professor am Gymnasium in Stuttgart.
2) Mathilde, geb. 28. September 1830, verm. 15. April 1852
mit Christ. Leop. Eduard Eiben, Rechtsconsulent und
Redakteur.
3) Ottllie, geb. 3. Januar 1836, verm. mit Stadtdekan Teich-
mann in Stuttgart.
4) Christian Carl tinstav, geb. 6. Oct. 1832, Staatsanwalt,
Kreisgerichtsrath in Esslingen bei der Strafkammer des
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- 161 -
Kreisgerichtehofs, verm. 3. September 1863 mit Louise,
Tochter des Ober-Pinanzraths Dr. v. Fischer in Stuttgart.
Ans dieser Ehe gingen 3 Kinder hervor. ,
VII. Ernst Eiben, geb. zu Stuttgart, 25. October 1798, Med. Dr.,
Kaiserlich Russischer Militärarzt. Derselbe wurde , kaum von
einer bedeutenden Krankheit genesen, von Kalarasch nach Si-
listria berufen und erlag dort einem durch die Anstrengungen
seines Berufes herbeigeführten Nervenfieber 17. November
1829.
VIII. Albert Eiben, geb. in Stuttgart 26. November 1806, f 5. Juli
1861, Fabrikant in Pfullingen, verm. 26. November 1832
mit Wilhelmine Christiana, Tochter des dortigen Stadtraths
Ernst Ludwig Philipp Laiblin. Kinder:
1) Albert, geb. 18. Februar 1834, verm. zu Pfullingen
19. Mai 1857 mit Pauline Krauss, geb. zu Adolzfurth
3. Februar 1832. Kinder:
a) Amalie, geb. 5. August 1861.
b) Eduard, geb. zu Neu-ulm 17. Juli 1858.
c) Oscar, geb. 26. Januar 1863.
IX. Otto Eiben, geb. zu Stuttgart, den 17. December 1813,
Med. Dr., Ober-Medizinalrath in Stuttgart, f 27. September
1876.
Gattin: seit 3. Juni 1841 Emilie, Tochter des Ober-
tribunal-Direktors von Pfizer, 9. Febr. t 1862. Kinder:
1) Clotilde, geb. 8. Juni 1843, verm. 20. Februar 1868 mit
Theodor Friedrich Schott, Professor, Bibliothekar.
2) Carl Rudolph, geb. 24. März 1846, prakt. Arzt in Stutt-
gart, vermählt seit 1875 mit Fanny, Tochter des Staats-
rats v. Mayer, welcher Ehe 2 Kinder entsprossten.
t. Q«>r9ii-G«>rgtnau, Biographisch-Genealogische Blätter etc. 11
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- 162 —
Ebenfalls hieher gehören:
Johann Christ. Eiben, Brnder des Eingangs erwähnten Christ.
Gottfried Eiben, Pfarrer in Fellbach, t 1805. Söhne:
Christoph Eiben, f 1847 als Stadtpfarrer in Heimsheim.
Dessen Sohn: Christoph Eiben, t 1875, Oberamtsrichter in
Ravensburg.
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Elwert.
Philipp Ton Elwert, geboren zu Wianden in Luxemburg, war
Kaiserlicher Rittmeister und wurde als solcher von Kaiser QMaximi-
lianIL den 20. September 1576 geadelt. Sein Sohu Philipp Jacob
ton Elwert, Kaiserlicher Obristlieutenant, fiel 1596 im Kriege.
Dessen Sohn, Hleronlmus Ton Elwert, starb zu Wertheim 1639 und
hinterliess Johann Philipp Elwert, geb. zu Wertheim 5. April 1621,
welcher später Superintendent und Nassauischer Consistorialrath in
Idstein geworden ist. Näher bekannte Söhne des Letzteren:
I. Philipp Jacob Elwert, Consulent in Speyer, gest. 1607. Sohn:
Johann Philipp E., Physikus in Reutlingen, in Vaihingen. Sohn
dieses Letzteren:
Johann Friederich, t 21. März 1787, Leibarzt in Stuttgart.
II. Nieolans Caspar Elwert, Kur-Mainzischer Leibarzt. Sein Sohn
Carl Elwert war Amtmann und Kammerrath in Dornberg und
starb 1774.
111. Johann Philipp Elwert, Physicus in Reutlingen anno 1680.
Gattin : seit 3. Juli 1680 Margaretha Maria, Tochter des
Superintendenten von Reutlingen Christoph Ensiin. Söhne:
1) Michael, Physikus in Reutlingen.
2) Johann Philipp Eberhard Elwert, Oberhelfer daselbst.
Gattin: Anna Maria, geb. Cless, aus welcher Ehe 4
Söhne und 1 Tochter hervorgiengen.
3) Johann Georg Elwert, Pharmaceut und Bürgermeister in
Heidenheim.
4) Jon Christoph Elwert.
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— 164 -
IV. Johann Philipp von Elwert, Rathsherr in Strassburg. Der-
selbe trat zum Katholicismus Aber und Hess sich seinen Adel,
den sein Vater aufgegeben hatte, wieder erneuern.
Ebenfalls hieher gehören:
Immanuel Gottlieb Elwert, Physicus in Cannstatt. —
Johann Gottfried Elwert, Rector in Reutlingen, Spitalpfarrer
daselbst, zuletzt Pfarrer in Wannweil 1754. —
Philipp Eberhard Elwert, Sohn des Vorigen, ebenfalls Rector
und Spitalprediger in Reutlingen, Pfarrer in Ohmenhausen 1785,
t 31. 0#>ber 1816. -
Dr. Elwert, Hofmedicus, vermählt mit Hedwig Eleonore Char-
lotte, Tochter des Regierungsraths und Stadt-Oberamtmanns in Stutt-
gart Georg Christof Maximilian Grlesinger. Sohn :
Eduard von Elwert, Dr. Theol., geb. 22. Februar 1805, früher
Helfer in Nagold, dann Professor der Theologie in Zürich 1836,
hierauf Pfarrer in Mötzingen 1838, später Professor in Tübingen
1839, auf die Pfarrei Mötzingen zurückgetreten 1841 unter Vorbe-
halt von Titel und Rang eines Universitäts-Professors, t als Ephorus
in Schönthal und Ritter I. Cl. d. 0. d. württembergischen Krone und
des Fried.-0. 1865.
Seine Gattin war Emilie, Tochter des Geh. Legationsraths Chri-
stian Ludwig von Bilflnger in Stuttgart. Kinder:
I. Emilie Charlotte Marie, geb. 24. September 1836 in Zürich,
war vermählt mit dem f Waisenhausrector in Markgröningen
Ernst Hory.
II. Anna, geb. zu Tübingen 19. März 1841, verm. mit dem
Rector der Mädchenmittelschule und Redacteur des Evangelischen
Kirchen- und Schulblatts in Stuttgart Otto Herrmann.
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Entringer.
„Als in Anno 1534 Hertzog Ulrich von Wirtemberg noch
„seiner Land und Leute entsetzet, und neben andern getrewen Wir-
„tembergischen Dienern auch Hanns Enttrlnger, vieljähriger Guardi-
„Soldat auf Höhen-Tübingen, beurlaubt gewesen, hat gomelter Entringer
„nichtsdestoweniger sein gewohnlich Hofkleid mit Hertzog Ulrichs
„Hoffarbe auff den Ermein gemacht : „Mit Frewden hindurch ge-
bühret" und sie nicht herab thun wollen. Auff ein Zeit hat gemeldter
„Soldat zu Tübingen auff dem Bahthauss ein Zech gethan, und als er
„wollen wider heimb gehen, hat er auff dem Markt ein Jauchtzer
„gelassen und geschryen: „Hie gut Wirtembergisch Grund
„und Boden." Solches ist dem damaligen Undervogt zu Tübingen,
„Conrad Breming (Breuninger), angezeigt worden, der hat nach ge-
„meldtem Soldaten geschickt, ihn hart angeredt: Mändle, Mändle, was
„hast gestern für ein Geschray auff dem Markt gehabt? Der gute alte
„Soldat hat sich verantwortet so gut er gekönt, er hab einen guten
„Trunck gehabt, und an seinen alten Herren gedacht, der ihm viel Gutes
„gethan: wegen seiner langwürigen Dienst, bittet umb Verzeihung, mit
„dem Versprechen, es müss nicht mehr geschehen. Der Vogt gab ihm
„den Beschaid: Mändle, Mändle, magst jetzt wohl heimb ziehen; wann
„ich deines Alters nicht verschonte, (dann er zur selben Zeit Ein und
„Neuntzig Jahr alt war) müstest du neben dem Kopff hingehen, wo er
„aber solche Beden mehr von ihm hörte, wolle er seiner nicht schonen.
„Aber diser alte Soldat hat erlebt, dass Hertzog Ulrich von Wür-
„temberg Tübingen wider erobert, hat gelebt biss Anno 1546 als er
„Hundert und Drey Jahr alt worden , und nur vierzehen Tag vor
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— 166 -
„seinem End noch über den Wöhrt von einem Thor zu dem anderen
„gegangen.
„Dem auch Hertzog Ulrich, wegen seiner ßedligkeit, (darumben
„er auch auff der NeckarBrucken von einem trewlosen Mann hinckend
„geschlagen worden) ein Leibgeding, und alle Jahr ein Hofkleid geben,
„mit der Hoffarb : „Mit Frewden hindurch," welches er biss in sein
„End getragen, wie sein, dess Soldaten, Contrafeht aussweiset, welches
„sein Sohn, Nicolaus Entringer, Prior zu Weingardten, hatt mahlen
„lassen. Hingegen hat der Soldat nicht allein erlebt, dass Hertzog
„Ulrich ist wider einkommen, und er kecklich hat dörffen sagen:
„Hie gut Würteinbergisch Grund und Boden," und bey
„dem Hertzogen in allen Gnaden gewesen, sondern dass gemeldter Vogt,
„Conrad Breuning, müssen ausreissen. Sonston er ungestraft nicht
„davon kommen were. Dieser Hans Entringer ist zwayer Geistlichen
„Vatter, und dreyer fürnehmer Theologen Schwehr worden. Sein auch
„von ihme innerhalb 100 Jahren, bey 300 Personen, so bey Kirchen,
„Policey, hohen und nieder Schulen, ansehnliche und gute Dienste ge-
„than, (darunter 70 Doctores zehlen) entsprungen."
Ehre dem braven biedern Schwaben Entrluger, der den Wahl-
spruch „Furchtlos und treu" zur Wahrheit machte!
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Enzlin, Enslin.
M. Johann Enslin (Enslin), Herzogl. Württembergischer Kirchen-
rath, zeichnete sich dadurch besonders ans, dass er, der vom Jahre
1567 bis 1584 Director des damals gemeinschaftlichen Consistorinms
und Kirchenraths war, nach Niederlegung dieser Stelle ohne Murren
die Demüthigung ertrug, in der bescheidenen Stellung eines einfachen
Baths den Sitzungen auch fernerhin beizuwohnen.
Er starb, nachdem er seinen Sohn noch in höchsten Gnaden
bei Herzog Friedrich gesehen, noch vor dessen Fall, den 23. April
1601. Seine Gattin war Maria, eine Tochter des 1570 verstorbenen
bekannten thätigen Reformators Württembergs Matthäus Alben»,
welcher eigentlich AuXber hiess, indess nach der Sitte der Zeit den
vorbenannten lateinischen Namen annahm. —
Matthäus Enzlin, Sohn des Vorigen, geb 16. Mai 1556 (nach an-
derer Quelle 17. März 1558), studirte zu Tübingen Jurisprudenz, doc-
torirte 1577 und schwang sich bald vom Rechtslehrstuhl, auf dem er
sich als Professor zu Heidelberg 1579, (woselbst er 1583 das Rec-
torat sowie die Stelle eines Kurmainzischen Raths bekleidete), sowie
später im Jahre 1585 als Professor Jur. in Tübingen in verdienten
Ruhm gesetzt hatte, unter dem am 8. August 1593 au die Regierung
gekommenen Herzog Friedrich I. von Württemberg-Mömpelgard, einem
Herrscher von starker Willens- und Thatkraft, aber in Grundsätzen
der französischen Gewaltherrschaft erwachsen, zur höchsten Stelle im
Lande, zum Geheimen Rathe und dirigirenden Kanzler, empor.
Der „Geschichte der Württembergischen Vesten Hohenurach und
Hohen-Neuffen und ihrer merkwürdigsten Staatsgefangenen" Stuttgart
1838, entnehmen wir* Folgendes ; «Der Herzog fand beim Antritte
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— 168 —
seiner Regierung eine im Lande verbreitete geistliche wie weltliche
Familienaristokratie vor, einen Verwandtschaftshimmel, vom gemeinen
Volk das Vetterlensgericht genannt. Diese Aristokratie, bisher ge-
wöhnt eigenmächtig zu herrschen und sich in die Staats- und Kirchen-
ämter zu theilen, fühlte sich jetzt die Zügel entschlüpfen, als Enzlin
ans Ruder kam, ein Geschäftsmann wie ihn der Herzog, was Raffi-
nement und Energie betrifft, nicht besser hätte finden können.
Mit Widerwillen und nur aus Geldnoth hatte der Herzog auf dem
ersten Landtage den Tübinger Vertrag, die Grundveste der Verfassung,
angenommen, denn als Fürst von übermässiger Energie hatte er keine
grosse Lust, die Landstände über seine mancherlei Projecte erst zu
fragen. Um von diesem lästigen Verhältniss sich wieder loszumachen,
berief der Herzog nach mehreren misslungenen Versuchen am 16. März
1607 einen weiteren Landtag zusammen, auf dem Enzlin in Betracht
der Unmöglichkeit, den Wunsch seines Monarchen nach Alleinherr-
schaft auf einen Schlag zu bewerkstelligen, das Ziel mit feiner List zu
erschleichen gedachte, indem er die Aufhebung des Tübinger Vertrags
von Weitem einzuleiten suchte, und zwar unter Angabe, es bedürften
die einzelnen Punkte des Vertrages der zeitgemässen Erläuterung.
Fürst und Diener erreichten, wie bekannt, wirklich theilweise
ihre Absicht. Allein, nachdem der Herzog am 29. Januar 1608
gestorben war, ward Enzlin das Opfer, und es führte ihn nuu sein
Verhängniss stufenweise bis zum Tode.
Wohl begnügte sich der neue Herzog mit des Kanzlers Ent-
lassung, aber die Gegenpartei fühlte sich vor Enzlin s Ränken nicht
sicher und wollte ihn noch ihre Zurücksetzung unter seiner Verwal-
tung auf's Grimmigste fühlen lassen.
So gelangte Enzlin auf die erste Stufe, die den Zweck haben
sollte, ihn durch gerichtliche Infamirung politisch todt und unschädlich
zu machen; hieran reihte sich im Laufe des Processes der übrigens
nicht vollständig erwiesene Vorwurf des Eingriffes in die geheime
Truhe, und dadurch gelangte er in Folge der Anklage des Wuchers,
Geizes, der Bestechlichkeit, des Diebstahls Aid Meineides auf die
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— 169 —
zweite Stufe eines peinlich Beklagten, einer Anklage, der er, da man
ihm die Wahl zwischen oinem peinlichen Prozesse, dessen Ende er
wohl voraussehen konnte, und dem ewigen Gefängnisse liess, dadurch
entgieng, dass er tlas letztere w&hlte. Auf diese Weise bekannte er
sich zugleich schuldig und musste wegen ungetreuer Verwaltung
119,496 Gulden nebst den Arrest- und Untersuchungskosten bezahlen,
dabei inbegriffen Rückerstattung aller erhaltenen Gnadengeschenke und
Beschlagnahme seiner Güter (er besass mehrere Dörfer, darunter Hoch-
dorf) und Vermögensbann.
Auf die dritte und letzte Stufe endlich gelangte er, indem er
selbst im Kerker, wo er 5 Jahre und 8 Monate, theils zu Stuttgart,
theils zu Hohen-Neuffen and Hohen-Urach, vom Frühjahr 1608 bis
Spätjahr 1613 zubrachte, und von wo aus er durch Bestechung in
Verbindung mit seinen Söhnen einen Process beim Reichs-Kammer-
gericht zu entspinnen gewusst hatte, nicht aufhörte gefährlich zu sein.
Nachdem Endin von Hohen-Neuffen nach Hohen-Urach gebracht war,
bestach hauptsächlich Enzlins jüngster Sohn den dortigen Comman-
danten Johann Schweizer sowie 2 Gardeknechte, worauf Schtoeizer
nebst einem der beiden Soldaten durch ein Kriegsgericht, bestehend
aus 24 Personen, am 5. Juli 1613 unter freiem Himmel nach
uraltem deutschem Herkommen und Kriegsgebrauch auf dem Markt-
platze zu Urach zum Tode verurtheilt wurde, während der andere
Soldat, der die Sache wie es scheint verrathen hatte, auf ewig Landes
verwiesen wurde.
Enzlin selbst musste der Eiecution beiwohnen; es war das
Vorspiel seines eigenen Todes.
Da Enzlin zuletzt abermals seine Freiheit durch Bestechung des
neuen Commandanten Ludung van Weüer bewerkstelligen wollte, wurde
ihm sofort der peinliche Process gemacht und das Todesurtheil verkün-
digt, auf das ihn dann vier Tage lang zwei Geistliche vorbereiteten.
Die Eiecution geschah auf derselben Stätte, wo den Sommer
zuvor Commandant Schweizer und der Gardesoldat geendet hatten,
22. November 1613.
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So traurig schloss das Leben eines Mannes, der in vieler Hin-
sicht mit ausgezeichneten Geistesanlagen begabt war, und der wohl
desshalb gleich zu Anfang des ihm erstmals gemachten Processes, aus
Angst vor dem Folterzwang, im Andenken vielleicht- an die furchtbare
Marter, die einst Conrad Breuning erlitten hatte, die Verteidigung
aufgab und alle Beschuldigungen auf sich liegen liess, um nur den
Leib unversehrt davon zu tragen.
Des Eingriffs in die geheime Landsehaftstrnche konnte er, wie
schon oben bemerkt, wenn auch noch so verdächtig, doch nicht über-
wiesen werden. Wegen seiner Motionen aber gegen den Tübinger Ver-
trag konnte man auch der Landtagsversammlung den Vorwurf machen,
dass sie nicht, da doch im Wege der Verhandlung zu Werke gegangen
ward, den gleich beharrlichen Widerstand geleistet, den ihre Vorgänger
bewiesen hatten. Die Begnadigung aber, die er von dem Fürsten
zu hoffen hatte, ward ihm aus leidenschaftlichem Hass seiner mächtigen
Gegner vereitelt. Sein zweiter Process war ein durchaus tumul-
tuarisches Verfahren; die Handlungen, die ihm da zur Last fielen,
waren Desperationsversuche; das Ziel seiner Widersacher lag klar
vor Augen, sie wollten um ihrer Ruhe willen ihn sich um jeden
Preis vom Halse schaffen.»
SpitÜer, nach Durchforschung von Enzlins Processacten, äusserte,
er habe den Mann sich vorher anders gedacht, als er ihn gefunden.
Ob zu seinem Vortheil oder Nachtheil? wird nicht gesagt. Doch
urtheilte ein Bruder des Geschichtschreibers, der Oberamtmann Spitüer*
der auch Auszüge aus Enelins Process, vielleicht von seinem Bruder,
besass, es sei ihm zu viel geschehen.
Enzlins Gattin, Sabina, Tochter des J. U. Dr. und Professors,
auch Herzogl. Württembergischen und Brandenburgischen Hofraths,
Nicolaus Yarnbfihler, und die zwei ältesten Söhne wandten alles an,
um den Vater zu befreien; die Letzteren, die beim Eammergericht
zu Speier angestellt waren, waren selbst an des Kaisers Hof gegangen,
die Freilassung des Vaters zu verlangen.
Die Familie selbst hatte allerdings gerechte Ursache zur Jfcr
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seh werde, insofern durch den Vermögensbann auch Schwiegersohn
und Bruder unschuldig belastet, die Strafe auf ihre Kinder erstreckt
war, und so der Rachedurst in ungerechter Weise den Buin der
ganzen Familie bezweckte.
Parlamentarische Angriffe, die vor Jahren auf den deutschon
Reichskanzler Fürsten von BismarcJc gemacht wurden, bewogen den-
selben zu der allgemein bekannt gewordenen Aeusserung, dass wir
nicht mehr in Zeiten leben, in welchen einem Kanzler wegen politischer
Uebergriffe der Kopf abgesprochen werde, wie diess einst, so viel er
sich erinnere, in Schwaben vorgekommen, bei dem Württembergischen
Kanzler Enelin.
Ebenfalls diesen Namen führten:
Christoph Enslln, geb. 1573 als Sohn des Conrad Enslln und
der Susanna Glaser, deren mütterlicher Urgrossvater Alexander Glaser
sich in dem der Reformation ergebenen Aalen niedergelassen hatte;
studirte Theologie, wurde Diaconus zu Urach 1599, zu Sindelfingen
Morgen-Frediger und Dekan des Capitels zu Reutlingen 1610, auch
Senior and Superintendent. Er starb, allgemein beliebt als treueifriger
Seelsorger namentlich während der Pestzeit, 12. Juni 1657, seines
Alters im 83., seines Pfarramts im 58. Jahre.
Gattinnen : I. Agatha Wolf, welcher Ehe 6 Kinder entsprossten ;
II. Margaretha, Wittwe des Herzogl. Secretarius Martin Seidel. —
Georg Ernst Enslin, geb. zu Ludwigsburg 30. Januar 1731,
Pfarrer zu Wolfenhausen, hinterliess mehrere Schriften. —
Johann Balthasar Enslln, geb. als Sohn des Reichshofraths
Balthasar Enslln, war fJyndicus der Stadt Giengen und starb 1660
mit Hinterlassung von drei Söhnen , von denen sich mehrere in
kaiserlichen Kriegsdiensten auszeichneten.
Dm Fürstlich WArttembergltche Dienerbach enthält folgende Enslin (Enss-
lin, FMlslin): Geh. Bath 687. - Carl Fried-, BechenbankaRath 154. — Hans, Cantelei-
AdYoc. 92. — Jae. Fried., Vogt 446. — Joh., ExpecLBath 143 ; Factor 449 ; Gen.Factor
308; KirchenB.Director 141; Landach Einnemer 558; Scholtheisa 520; Stiffte- Verwalter
654. — Joh. Joe., Amptmann 291, 33«. — Joh. Frid., Cl Pfleger 263, 278. — Joh. Uonh.
HanbtaoUer 460. — Joh. Max., TutelarSecretar. 99. — Matthäus, Geh. Regün.Kath 21. —
.V« . Wilh , CLPfleger 264, CLVerwalter 263.
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Essich.
Eine alte Familie, welcher in der Person Georg Essictis von
Kaiser Karl V. d. d. Augsburg 20. August 1530 „von wegen der
getreuen und nutzlichen Dienst, so Er Uns und dem Heiligen
Reiche bissher offt williglich gethan hat und noch hinfuhr ktrafftig-
lich wohl thun mag" ein noch heuzutage im Besitze des Herrn Hof-
domänenraths von Essich befindlicher Wappenbrief verliehen wurde.
Johann Georg Essich, aus einer oberösterreichischen Familie,
deren Nachkommen Ober 100 Jahre lang die Vogteien zu Bulach
und Wildbad inne hatten, abstammend, wurde den 22. Februar 1645
geboren. Sein Vater, Johann Georg E., geb. 1617, war Stadt-
schreiber zu Vaihingen, hernach Amtsschreiber zu Maulbronn und
Stifter eines Stipendiums; die Mutter war Anna Maria, des Vogts
zu Maulbronn Anselm Rieger Tochter; der Grossvater Jaoob E.,
geb. 12. Juni 1582, Bürgermeister von Bulach, vermählt I. mit
Anna, geb. Korn; II. mit Maria, Tochter des Kellers zu Wildberg
Georg Fischer; der Urgrossvater Johann E., Bürgermeister von
Bulach f 1601 ; die Urgroßmutter Elisabeth Catherine, geb.
Schauber,* t 14 M Febr. 1605; der Urur- Grossvater Bartholomäus
E., Vogt von Bulach, f den 23. März 1584; der Ürur-Urgross-
vater Georg E., geb. 1490, Vogt von Bulach und Wildbad, er-
hielt den oben erwähnten Wappenbrief; die Urur - Urgrossmutter
* Eine altangesehene, noch heutzutage durch Ctory Schoubvr, vermählt mit
MathHd«, geb. Fi&her, vertretene Calwer Familie,
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— 173 -
Sabin», eine Tochter des Vogts von Cannstatt Conrad Fautt,*
welcher im Jahre 1515 den Herzog Ulrich der Begierung entsetzen
wollte und daher 1517 enthauptet wurde; weitere Ahnväter Math.
Essleh in Bulach und Sebastian Essich, geb. 1460 , aus der Ober-
Thönach in Tyröl, welch letzterer mit Einschluss seiner 5 Kinder
(ein 6. kam nach) vom Pabst Alexander VI. und dem Cardinal
Raymund einen Indulgenz -Brief d. a. 1502 erhalten hat.
Johann Georg, der Erstgenannte, widmete sich dem Studium
der Theologie, magistrirte 1664, wurde 1667 Unter-Präceptor im
Kloster Blanbeuren, hierauf Diaconus zu Göppingen 1671, Ober-
Präceptor zu Blanbeuren 1668, Pädagogarch zu Stuttgart 1683,
in welcher Stellung er die jetzige Form dieses Gymnasiums schuf,
auch bald darauf die Ernennung zum Rector dieser Anstalt erhielt.
Zuletzt zum Rath und designirten Prälaten zu St. Georgen ernannt,
starb er allgemein hochgeschätzt den 6. October 1705 zu Stuttgart.
Er schrieb die bekannte Essich'sch* , von Volz 1773 fortgesetzte,
Weltgeschichte.
Seine Ehegattin war seit 1671 Anna Juditha, Tochter des
Bürgermeisters von Blanbeuren Veit Deschler, aus welcher Ehe fol-
gende Kinder den Vater überlebten:
I. Maria Juditha, vermählt mit dem Herrenalbischen Pfleger in
Vaihingen, Heinrich Andreas Leissler.
Tl. Johann Georg Essich, Herzoglich Württembergischer Geheimer
Secretär und ßegierungsrath in Stuttgart. Dessen Sohn:
Victor Stephan Essich, ** geb. den 2. März 1709, Hofrath und
Oberamtmann zu Besigheim, starb zur Zeit einer Kälte, welche
der von 1709 gleich war, 21. Januar 1775. Ein Sohn dieses
* Beul Vater, Johannes Fautt (Vautt, Voyt) genannt zum Stock, Schultheis* In
ZnJfenhanaen, war mit Elisabeth, einer geb. Edlen von Plieninoer vermählt; eine »einer
Töchter Agnat beirathete nachmale den Bürgermeister Gallus Sehweickhardt.
** Als »eine Taufpatben finden »ich im Stuttgarter Taufbuch verzeichnet : Ihro
Durchlaucht der Begierende Hertzog. Die rerwittibte Frau Hertzogin. Die Prinzessin.
Frau Anna Juditha R—ich, Rector in. M. Johann David ürieh , Pfarrer zu Oüglingen.
B. Beinrieh Andreas Leuuler, Pfleger zu Vaihingen.
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Letzteren, Philipp Friederich Jacob E., war im Jahre 1776
Pfarrer zu Heumaden.
Ebenfalls hieher gehört:
Jacob Essich, Bruder dos vorerwähnten Prälaten, Kaiserlicher
Notar, Herzoglich Württembergischer Rath und Universitäts-Secretär
zu Tübingen 1703, vermählt seit 23. Januar 1683 mit Maria Elisa-
betha, einer Tochter des Special-Superintendenten und Stadtpfarrers
zu Vaihingen an der Enz M. Gottfried Coehorst, Sohn des Schwä-
bischen General Münz-Wardeins gleichen Namens.
Im Jahre 1692 war Essich genöthigt, nach der unglücklichen
Schlacht bei Oetisheim die Flucht zu ergreifen. Seine Gattin verlor
1693 durch die Einäscherung Vaihingens ihr Haus daselbst. Sie
selbst starb bei der Geburt eines Töchterleins den 9. Juli 1703.
Ein von dem Gatten auf ihren Tod gemachtes Gedicht lautet:
1.
,,Ihr Entz-» und Neccar-Flüss,t> nemmt meine Thränen an
Lasst Euren schlanken Laüff durch selbe sich vermehren;
Weil bei Euch ruhen die, so Ich nun muss entbehren
Und deren Seelen seynd geraisst die Himmels-Bahn.
2.
Ach Entz: an deinem Strand seynd in das Grab gesenkt
Ein Tochter, ach! drey Söhn,* wo die VorEltern® schlaffen,
Vayhingen an der Entz, eine liebliche 8taat im Würtembergisohen, hiebevo T
Gräfliche Residenz.
Tübingen am Neocar, uralte Universität und andere Haupt-Stadt Im Herzog-
thumb Würtemberg.
Zu Vayhingen f Maria Jacobina d. 18. Februar 1690.
t Georg Gottfried, 9. Martii 1686. f Jacob Israel, 8. Sept 1691. t Jacob
Cunrad, 10. Sept. 1691.
t Avia Materna, Maria Jacobina Rothfelderin, 1. Januar 1638. t Anus Matern**,
Anaheimtu Sieger, Vogt zu Vayhingen , 18. Februar 1640. (Die Gebeine der
Vor Eltern Vätterlleher Linie, Vogt und Bürgermeister, ruhen von langer
Zeit in der Berg-Stadt Bulsch.) t Vattcr Johann Georg Esaich , Bfaulbron-
nischer Arapt-Schreiber , 15. Jnni 1682. f Schwab r-Vattor M. Gottfried Coc-
homt, Spezlal-Superintendcnt und Stadt-Pfarrer zu Vayhingen, 9. April 1684.
t Mutter Anna Maria Eeeichin, gebohrene Siegerin, 1. Maji 1689.
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Die Krieges Schrecken auch, die leider! Uns betraffen,
Hinnahmen einen Sohn,' den gleichfalls Gott geschenkt.
3.
Der Musen Neccar-Sitz hallt, neben Einem Sohn, 8
Zwey Töchtern * eingesendet. Ach ! nun muss ich beklagen
Mein Hertz 1 mein Ander Ich 1 * das zu Grab wir getragen !
Wie ? Eltern ? Töchtern ? Söhn ? wie Hertz ? flieht Ihr davon!
4.
Doch leben noch vier Zweig, k so lang es Gott gefäll't;
Ihm leben, sterben wir,* Er hat es Alles geben,
Er nemmt es wider hin, und schenckt das ewig Leben
Uns allen, Er ist Herr,m Ihm alles heimgestellt! n
. An dem Entz- und Neccar Strand laydmüthig
ausgerichtet von dem Herzbetrübten Wittwer. —
Job. Gottlieb Essleh verunglückte nnd ertrank als Lieutenant
des Infanterie-Regiments Württemberg Nr. 56, das häufig auch das
Indische oder Caper Subsidien-ßegiment genannt wird, 1791 bei der
Ueberschiffnng des Regiments vom Cap der guten Hoffnung nach
Batavia auf dem Schiff Schlotterhofen.
Mehrere Grabmale und Epitaphien der Essictischm Familie
finden sich noch heutzutage, als:
Ein Bartholomäus Essich'ncher Grabstein, in der Kirche zu
Bulach vor dem Altar liegend, bogreift das Essich'sche Wappen und
trägt folgende Umschrift:
f. Zu Grossen- Bottwar, wohin nach unglücklicher Oetisheimer Schlacht die
Flucht über den Neccar genommen wnrde. t Anonymus, 9. October 1692.
g. zu Tübingen, f Jacob FHedsrirh, 29. Marfcii 1703.
h. f Sophia Magdalena, 29. November 1698. f Anonyma wenige Zeit vor der
aeel. Mutter in der Geburt 9. Juli 1703.
I t üxor Maria Elisabeths Essichin, geb. Coehorstin, bald nach der Geburt.
9. Juli. 1703 6 hör. mat.
k- Maria Elisabetha E., Christiana Margarttha E„ Johanna Jacobina E., Jacob
David Esaich.
L Rom. c. 14 v. 8.
m. Job. c. L v. 21.
n. Psalm 30 v. 6.
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- 176 —
Anno Dni. 1584 den 23. Martii starb der Ehrenhaßt und fiirnehm
Barthclomaeus Essich, Vogt zu Bulaeh 19 Jahr, dessen Leichnam
hie begraben der fröhlichen Auferstehung warttet. G. M. V. —
Der Hans Essich'sche Grabstein in derselben Kirche lautet:
Anno Dnj. 1601 den 18 Tag Novembris starb .... Ehrsam und
Erbar Hans Essich, zum Zehenden mahl Bürgermeister in Bulaeh.
Stiftet den Armen dieser Kirchen 40 Gulden.
Ein weiteres Grabmal:
Anno Domini 1605 uff den 14. Tag Februarii ist in Christo
seliglich entschlaffen die Ehrn- und Tugendreiche Fraw Eltsabetha
Schauberin, des Ehrehafften und fürnehmen Hanss Essich
allhier zu Bulaeh Eheliche Hauafraw, deren Gott durch
Christum eine fröhliche Auferstehung verleihen wolle. Amen.
Der an der Kirchhofemaner daselbst aufgerichtete Grabstein des
Bürgermeisters Jacob Essich trägt folgende Inschrift:
Rom. 14.
Unser Keiner lebt ihm selber, Unser Keiner stirbt ihm selber.
Sodann unter dem ausgehauenen Essich'schen Wappen:
Als man Tausend Sechshundert Jahr
Und dreissig zehlen that fürwar.
Auf den Sieben Septembris tag
Zu Bulaeh starb mit grosser Klag,
Der Ehrnvöst vorgeächte Herr
Jacob Essich Bürgermeister.
Der ßchläfft allhier in sanffter Ruh
Biss komt der jüngste Tag herzu.
In erster Ehe lebt ungefähr
Mit Anna Körnin* Zehen Jahr,
* Ihr Grabstein liegt im Chor in der Kirche daselbst. Die Wappen der Familie
Eatith und Korn sind ftnf dem Steine neben einander angebracht Ueber demselben
stehen folgende Spräche:
„Leben wir eo Leben wir dem Herrn, sterben wir etc. etc. Rom. 14.
Herr nun laesat da . . . u. s. w. bis: Volke Israel!"
unter demselben befindet sich nachstehende Notia :
„den 3. tag Maji Ao. 1614 starb die Ehrn- and Tagendsame Frau
Anna, Herrn Jacob Katich'* Eheliche Hansfraw, Ihres Herkommens
eine Körne, welcher Gott am Jüngsten Tag eine fröhliche
Ufferstendnus gnädig verleihen wolle. Amen."
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— 177 -
Nenn Kinder Er mit Ihr bekam
Die der Tod biss an Zwey hinnam,
Mit Maria Fischerin zwar
Hat er gelebt wohl Sechzehn Jahr,
Acht Kinder auch gezeuget frey
Mit Ihr, so leben bis an drey,
Gott wolle Ihn am jüngsten Tag
Mit Weib und Kindern ohne Klag
Auffwecken, und mit Frewden geben
Die Seeligkeith und öwigs Leben.
Amen.
Ebenfalls dieser Familie gehört an:
Carl GnstaT Albert von Essich, geb. 27. September 1811, als
Sohn des Obertribunalraths Carl Äug. Essich , Hof-Domänenratb
a. 1)., Mitglied der Landesgestüts-Kommission , Bitter des Kron-
ordens mit Krone.
Gattinnen: I. seit 24. Mai 1846 Emma, geb. Dietrich, Tochter
des Obersts tob Dietrich; II. seit 7.0ct. 1858 Louise Julie, Tochter
des Begierungsratus yon Abel. Kinder:
1) Lina, geb. 1. Juni 1856.
2) Marie Therese Julie, geb. 15. Juli 1859.
3) Anna Wilhelmina, geb. 31. März 1862, f 19. Nov. 1872.
Dm Fürstlich Württembergische Dienerbach enthalt folgende höhere Beamte
des Namens E**Uh (Easig): Atcan., Ambtmann 471; Cl.Pfleger 328; Vogt 439. — Bar Hin,
Vogt 40«; Frid. Joe, Exped.Rath 147; TutelarBath 98; Vogt 400. — Georg, Vogt 609;
Rechenbenckhs-Rath ISO. — Hans Com-., 8yndlo. 681. — Hatu Georg, Ambtschrelber 323.
— Joe., Ambtmann 292. — Joh,, Paedagogaroha 562. — Joh. Conr., 01.8ohaffner 290; Vogt
442. — Joh. Georg, Abt 335; Geb. Secretar. 33, Gel. O.Rath 64; O.R.Secretar. 71. -
Victor 8Hpkan, Geistl. Verwalter 381; Keller 277. 498; Vogt 380, 381.
t. GeorgU-Georgmau, Biographisch-Genealogische Blatter etc. 12
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E t z e 1.
Eberhard von Etzel, geb. den 15. December 1784 als Sohn
des Johann Eberhard Ezel, Herzoglich Württembergischen Baumeisters
und Landbau-Controleur in Stuttgart, (von welch' Letzterem eine
Notiz sagt: »baut die berühmte Brüke von Blochingen; hat Aufträge
nach Engelland«) und der Maria Magdalena, geb. Bohnenberger,
Königl. Württemberg. Oberbaurath, zeichnete sich besonders als
treulicher Techniker aus. Ihm verdankt Württemberg sein ausgezeich-
netes Strassennetz , wesshalb ihm auch im Jahre 1842 zu ewigem
Angedenken das auf der neuen Weinsteige, die ebenfalls von ihm
entworfen und unter seiner Leitung gebaut wurde, befindliche Denkmal
errichtet ward. Dasselbe trägt auf der Vorderseite folgende Inschrift:
DEM DEM
KÖNIGL. WÜRTTEMBERG. TREFFLICHEN
OBERBAURATH GEWEIHT
V. ETZEL, VON SEINEN
COMTHÜR FACHGENOSSEN
D. 0. D. WÜRT. UND
KRONE. VEREHRERN
Auf der Rückseite dagegen: 1842.
Etzel starb allgemein hochgeschätzt 30. November 1840. —
Noch grösseren und weiter verbreiteten Ruf erwarb sich sein Sohn:
Karl von Etzel , General-Direktor der K. K. Oesterreichischen
Südbahn in Wien, Königlich Württembergischer Oberbaurath, Ritter
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des Königlich Württembergischen Kroiiordens, Kommenthur II. Cl. des
Königlich Württembergischen Friedrichsordens, Commandeur des Kaiser!.
Rassischen St Annenordens 2. CL, Bitter des Kaiserl. Oesterreichischen
Ordens der eisernen Krone, des Grossherzoglich Badischen Ordens vom
Zähringer Löwen, Commandeur des Kaiserlich Mexikanischen Gua-
delupeordens. Geboren den 6. Januar 1812 zn Heilbronn, wurde
er schon frühe von seinem Vater zum Studium der Theologie be-
stimmt;; allein das Beispiel des Letzteren wirkte schon in den Jugend-
jahren bestimmend auf ihn ein, indem es eine entschiedene Hin-
neigung zu den technischen Fächern bei dem Knaben hervorrief, welche
jedoch vom Vater keineswegs begünstigt wurde. Nachdem er den
Gymnasialkurs in dem Gymnasium zu Stuttgart und im Seminare zu
Blaubeuren, nicht ohne seinen Lieblingsfächern in- und ausserhalb
der Lernzeit besondere Pflege zuzuwenden, absolvirt hatte, erklärte
er den besimmten Entschluss, sich dem technischen Fache widmen
za wollen, und sein Vater widerstrebte nun nicht länger. Den
bis dahin getriebenen gründlichen humanistischen Studien verdankte
Etzel seine vorzügliche allgemeine Bildung, durch welche er sich
vor vielen seiner Berufsgenossen so vorteilhaft auszeichnete. Unter
Leitung seines Vaters, sowie der Architekten Prof. Heigelin, Hof-
baumeister Prof. v. Thouret und des Oberbaurathes Fischer betrieb
Etzel mit regem Eifer seine technischen Studien und insbesondere das
der Architektur. Zu weiterer praktischer Ausbildung begab er sich
1835 nach Paris, war daselbst unter Clapeyrori's Leitung bei dem
Bau der Eisenbahn nach St. Germain in der Architektur-Abtheilung
der Bauleitung thätig und fand hier Gelegenheit durch ein Project
für die Brücke über die Seine bei Asnieres die besondere Aufmerksam-
keit Clapeyron's auf sich zu ziehen. Es ward nicht nur sein Ent-
wurf denen der übrigen Ingenieurs vorgezogen, es wurde ihm auch
die Ausführung der Brücke anvertraut. Gleichzeitig wurde Etzel in
das Kabinet des bauleitenden Ingenieurs aufgenommen und so in
das Ganze des Eisenbahnbaues eingeführt. Im Winter von 1836 auf
1837 unternahm Etzel eine Studienreise nach England, nach deren
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Beendigung er als Ingenieur I. Classe zum Bau der Vorsailler Bahn,
rive gauche, übertrat. In jener Zeit schrieb er sein erstes Werk
über die Erdarbeiten, das in Paris in französischer Sprache erschien.
Nachdem er 1838 ins Vaterland zurückgekehrt war, suchte man ihn
vergebens für den Staatsdienst zu gewinnen. 1839 führten ihn
seine mit dem verstorbenen Architekten Förster angeknüpften Ver-
bindungen nach Wien und er führte dort Anfangs in Verbindung
mit letzterem, später allein, verschiedene Hochbauten aus, als z. B.:
das Baron Pereira'sche Haus in der Weihburggasse, den Dianabad-
saal, das Hotel Wandl etc.
1843, im Alter von 31 Jahren, trat Etzd nach vielfach
vorausgegangenen Verhandlungen als Oberbaurath in den württem-
bergischen Staatsdienst, in welcher Eigenschaft er. das Eisenbahnnetz
für Württemberg selbstständig entwarf, auch dasselbe als Regierungs-
Coramißsär in der Kammer vertrat. Der kühne und grossartige
Viadnct über die Enz bei Bietigheim ist sein Werk. 1852 folgte
er einem Rufe der schweizerischen Centralbahngesellschaft nach Basel
als oberster Leiter der von dieser Gesellschaft auszuführenden Bauten,
wobei ihm bei den so schwierigen Terrainverhältnissen in der Schweiz
hauptsächlich sein vortreffliches Geschick im Traciren zu Statten kam.
Die Brücke über die Sill in St. Gallen, Aarebrücken bei Ölten und
Bern und das Bankgebäude in Basel führte er aus. Die verdiente
Anerkennung fand sein damals veröffentlichtes Werk »Brücken- und
Thal Übergänge der schweizerischen Centralbahn«. Nach Lösung
seiner Aufgabe in der Schweiz trat er, einem an ihn von Wien aus
ergangenen Rufe folgend, bei der neugebildeten Kaiser- Franz-Josef-
Orientbahngesellschaft als Director ein. Die Gesellschaft vereinigte
sich in der Folge mit der neugebildeten Südbahngesellschaft und
Etzd erhielt als Baudirector der neuen Gesellschaft ebenfalls die
Leitung des Baudienstes und zwar in dem nichtitalienischen Theile
des grossen gesellschaftlichen Netzes zugetheUt.
Die Linien Ofen - Pragerbahnhof , Alba-Uj-Szöny, Steinbrück-
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Sissek und Agram - Karlstadt, Marburg -Villach, Oedenburg - Kanizsa,
ferner der Umbau der Stationen und der meisten Brücken Wien-Triest
wurden unter seiner Leitung theils neu gebaut, theils vollendet.
Efzel widmete sich in hervorragender Weise literarischer Tbä-
tigkeit, mehrere ausgezeichnete Werke legen davon Zeugniss ab.
Mit dem damaligen Oberbaurathe, späteren Präsidenten, v. Klein
in Stuttgart redigirte er (seit 1. Januar 1844) die in Stuttgart
erschienene Eisenbahnzeitung. Scharfe Beobachtungsgabe, Sinn für
systematische Ordnung in allem und jedem, schnelles und zutreffendes
ürtheil, Energie und Beharrlichkeit im Wollen waren die ihn charak-
terisirenden geistigen Eigenschaften. Dabei hatte Etzel ein reiches
und weiches Gemöth, das er nur nach schwäbischer Art unter einer
kalten Aussenseite zu verstecken liebte. Etzel war bei seiner Art,
planmäasig und gründlich vorzugehen, Entschlüsse mit Schnelligkeit
und Entschiedenheit zu fassen und sich durch Kleinigkeiten nicht
beirren zu lassen, ein ausgezeichneter Organisator und Administrator,
dabei beaass er eine wahrhaft ausserordentliche Arbeitskraft. Viele
seiner Ideen wurden in schlaflosen nächtlichen Stunden verarbeitet und
erschienen am Tage als zur Niederschrift fertige Projekte. Auch wenn
er unbeschäftigt schien, arbeitete sein reger Geist unaufhaltsam fort.
Personen, welche das innere Leben EtzeVs nicht kannten,
mussten ihn häufig für zerstreut und wortkarg halten, weil es nicht
seine Art war, sich durch eine unbedeutende Unterhaltung von den
eigenen Gedanken abbringen zu lassen. Er sprach überhaupt nicht
viel, aber wenn er sprach,* so war es von Bedeutung, so wusste er
dem Gespräche eine entscheidende Wondung zu geben. Etzel steckte
sich seine Ziele hoch und ging mit unbeugsamer Energie darauf los.
Untergeordnete Dinge und Formsachen beachtete er vielleicht oft
weniger als klug war, und so fehlte es ihm nicht an Conflicten mit
solchen, denen derartiges Beiwerk Hauptsache ist. Die ihm an-
vertrauten Interessen wahrte Etzel mit strengster Gewissenhaftigkeit.
Eine grosse athletische Gestalt und ein schöner ausdrucksvoller Kopf
zeichneten seine äussere Erscheinung aus.
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Die Vollendung seines grössten und liebsten Werkes, des
Brenner - Ueberganges , das er wohl selbst als Schiassstein seines
Wirkens im praktischen Eisenbahndienste ansah, sollte er nicht er-
leben. Immerhin wird diese erste Eisenbahn über die Oentralalpen
als EtzeVs Werk zu betrachten sein. Er entwarf das Detailproject,
leitete den Bau ein. Die ihn zu Ende geführt, waren von ihm ge-
bildet, arbeiteten in seinem Geiste fort.
Den 2. Mai 1865 verschied Etzel unterwegs auf Station Kem-
melbach in Folge eines Schlaganfalls, der ihn am 1 3. November des
Jahres zuvor in Wien getroffen hatte.
Mit ihm ist einer der ausgezeichnetsten und tüchtigsten
Eisenbahntechniker dahingegangen.
Die »Wiener Zeitung«, der wir die meisten dieser Notizen
entnommen, ruft ihm am Schlüsse des Artikels folgende anerkennende
Worte nach:
* Etzel ist todt! Ja, Etzel war ein ganzer Mann, ein seltener
Mann. Sein Andenken wird bestehen bei allen, die grosse Eigen-
schaften und grosse Leistungen neidlos anzuerkennen vermögen.«
Seine Gattin Marie, Tochter des Königlich Württembergischen
Staatsministers v. ttaerttner, geb. 2. Juli ^828, folgte ihm 1871
den 23. Juni im Tode. Von seinen Kindern wurde eine Tochter:
Clara, geb. 1848, die Gattin des Königlich Württembergischen
Obersteuerraths und Bevollmächtigten zum Bundesrath Rudolph von
Moser; ein Sohn dagegen:
Karl, geb. ist Seconde-Lieutenant im Dragoner-Regiment Königin
Olga (1. Württembergisches) Nr. 25.
Dag Fürstlich Württembergiscbe Dienerbuch enthält folgende höhere Beamte
des Namens Etzel (Esel): Weltl. Werckhmeister 565. — Veit, 8tattsch?eiber 615 j Vogt
407. - Zach., Abt 326; Ambtechrelber 240; Vogt 327. 473.
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Eysengrein.
„Dieses Eysengrein- oder hengreynische Gesohlecht ist eine
„uralte Familie secundum Crusium in Annalibus Suevicis, welche
„von Kaiser Cardio V. Anno 1541 geadelt worden. Anno 870
„wäre ein heengrinus Bischoff in Regensburg. Ao. 1160—80 wäre
„ein anderer Abbas Ottenbyranus. Sie waren der Pfalzgrafen und
„Grafen von Württemberg von Haus aus bestellte Diener mit 2
„Pferden.
„Sie hatten die beede Höfe Gros- und Klein-Glattbach schon
„vor viertehalbhundert Jahren her als eigen besessen."
Als bekannter Stammvater dieser Familie gilt:
Martin Eisengrein I., Besitzer der Höfe Gross- und Klein-
Glattbach. Derselbe wurde zwischen 1410 — 1420 nebst seinem Sohne
Martin II. von zwei Raub-Edelleuten v. Heslinsschwerdl und Rosenberg
von seinem Hofe Glattbach entführt und auf dem Raabschlosse Drachen-
fels lange Zeit verborgen gehalten. Der Sohn rettete sich durch
einen hohen Sprung, entdeckte die Gefangenschaft seines Vaters und
klagte' diesfalls bei Kaiser Friedrich 111. Dieser versprach ihm
zwar Hülfe, starb jedoch darüber und der alte Eysengrein, als ein
bekannter reicher Herr, kaufte sich endlich mit vielem Gelde los
und starb bald darauf. Von 18 Kindern sind alle sammt ihren
Kindern ohne weitere Descendenz gestorben, ausser dem Sohne:
Martin Eysengrein III. Dieser war am Hofe des Herzogs
Eberhard im Bart sehr beliebt, welcher letztere auch selbst dessen
Begräbnisse in Tübingen beiwohnte ; er wurde in der BarfOsserkirche
begraben, aus welcher später das Collegium illustre und in diesem
Jahrhunderte das Wilhelmstift geworden ist.
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— 184 -
Seine Gattin war Agnes von Löthen (Lot t in) aas Bruchsal,
deren Mutter aus dem von Zeitter 'sehen Geschlechte war. Söhne:
I. Johann, in Wien verueirathet, scheint ohne männliche Nach-
kommenschaft gestorben zu sein.
IL Martin IT., t 13. October 1531, Pfleger unserer lieben
Frauenkirche in Berg 1528; nachher Bürgermeister in Statt-
gart, vermählt seit 1504 mit Agathe Schnell. Von deren
11 Kindern sind 8 in die Ehe gekommen, nämlich 6 Töchter
und 2 Söhne, und. zwar :
1) Anna Elbabetha, geb. an St. Ottmarsabend 1505, t 24.
August 1556 zu Wien. Sie war vermählt mit Jacob
Janas Freiherr van Montfort eu Triburg und Neuburg,
Kaiserlichem Kanzler, früher Professor der hebräischen und
griechischen Sprache zu Tübingen, welcher den 28. December
1558 auf der Beise nach Augsburg auf den Beichstag zu
Abendsberg kinderlos gestorben und in Ingolstadt begraben
ist. Seine Eltern waren: Leanhard Janas van Montfort
in Feldkirch und Clara Bieneer.
2) Agathe, geb. am guten Tag post nativitatis Mariae 1509,
vermählt I. mit Joh. Heinrich Gaisberg; II. mit dem Stadt-
schreiber in Weil d. Stadt Gabriel Lue.
Kinder I. Ehe :
a) Katharina, verm. mit dem Jur. Gand. in Günzburg, auch
Kaiserlichen Vice-Kanzler Joh. Ulrich Zasius.
b) Anna, verm. mit Wilhelm van Bellenstrass in Gmünd.
c) Ursula, verm. mit Christof von Golther oder Umgelder
zu Trissenhausen.
Kind II. Ehe:
Agatha, vermählt mit dem 1582 von Kaiser Rudolf IL
in den Beichsadelstand erhobenen Geheimen Begimeuts-
rath Melchior Jäger von Gärtringen, zu Höpfigheim, auf
Ebersburg und Jägersburg.
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— 185 —
3) Agnes, geb. 27. December 1515, t 18. Februar 1539,
vermählt mit Sebastian König.
4) Katharina, geb. am guten Tag nach der Stuttgarter Kirch-
weihe 1518, t 17. December 1588, vermählt I. mit Stefan
Burkhardt, f 1541 ; IL mit dem Württembergischen Geh.
Bath Johann Knoderer, t 26. Juni 1565, 80 Jahre alt.
5) Barbara, geb. am Mittwoch post crucis 1520, f 12. No-
vember 1557, verm. mit dem ersten Landschaftseinnehmer
in Stuttgart Veit Ziegler.
6) Margaretha, geb. am guten Tag vor Simon und Judä
(27. Okt.) 1523, f 21. August 1570, verm. mit Ulrich
Betz von Betzekh.
7) Jacob, geb. |£-JtLü 1506 > t 10. September 1568, war 30
Jahre lang Leser beim Kammergericht in Speyer und wurde
mit seinem Bruder Martin 1541 geadelt. Seine Gattin
war Elisabetha Ffirderer von Richtenfels.
In den alten Tübinger Genealogieen stehen folgende
Kinder der Letztgenannten:
a) Margaret ha, vermählt mit dem Mainz'schen Kanzler
Jacob Faber.
b) Barbara, verm. mit Jacob {Andreas) von Bürkh (Brük),
österreichischem Adeligen und Kaiserlichem Hofdiener.
c) Wilhelm, genannt Fürderer von Bichtenfels, verm. mit
Barbara Fürholzer (Finholzer), t 21. Sept. 1567,
begraben im Kloster Reinheim bei Ingolstadt.
d) Johann Jacob von Richtenfels, — (es scheint, die männ-
lichen Nachkommen haben alle der Mutter Namen an-
genommen), — Kaiserlicher Kanzler zu Prag, Kammer-
gerichts- Assessor in Speyer, dann Reichshofrath und Re-
ferendar ius, f 2. December 1597, vermählt mit Anna
Graober von tiruoben aus Baiern.
8) Martin Eyaengrein, geb. 29. Sept. 1507, Bürgermeister,
dann Stifts-Verwalter in Stuttgart. Vermählt I. mit Anna,
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— 186 —
geb. Klenzer; II. mit Marie, Tochter des Kammerraths
Moser in Stattgart; III. mit Katharina, geb. Gaisberg;
IV. mit Veronika Berler aus Dinkelsbühl. Kinder:
I. Agatha, geb. 27. Januar 1532; vermählt I. mit dem Burger-
meister in Wimpfen Jacob Hang; II. mit dem Jur. Dr., auch
Bath und Deutschordensmeister in Neckarsulm Theodor Asot.
II. Dorotkee, vermählt 27. Augast 1558 mit dem Stiftsverwalter
in Stuttgart M. Blasius Wagner von Schwieberdingen.
III. Anna, geb. 7. März 1539, vermählt mit Veit Villenbach,
Schulmeister in Schwieberdingen.
IV. Christine, geb. 25. Mai 1 542, vermählt mit dem Kaiserlichen
Controleur, Zahl- und Kentmeister Jacob von Gaisberg.
V. Marie Jacobine, geb. 29. November 1544, verm. I. mit Jacob
Fessler, Secretär, Sohn des Johannes Fessler, Kanzlers; II.
mit dem Gewölbs-Verwalter in Stuttgart Wolfgang Gratis.
VI. Amalle, geb. 13. December 1545, vermählt mit dem Rent-
kammor-Bath Joh. Hippolitus Dreher, Sohn des Dr. Joh.
Dreher in Speyer.
VII. Beatrix, geb. 26. Januar 1556, verm. mit Philipp Plezger,
Kanzleibeamten, Sohn des Wolfgang Plezger in Speyer.
VIII. Martin Eysengreln, geb. 28. November 1535, bezog 1549
zuerst die Universität Tübingen, hierauf im Jahr 1553 die
Universität Ingolstadt als Studirender der Rechtsgelehrtheit,
zuletzt die Universität Wien, wo er 1554 die philosophische
Magisterwtirde erlangte und bereits 1555 Professor oratoriae,
später Professor der Physik wurde. Nachdem er auf Andringen
des Kaiserlichen Vicekanzlers Jacob Jonas y der an eine
Schwester seines Vaters verheirathet war, die katholische Con-
fession angenommen hatte und in den geistlichen Stand einge-
treten war, wurde er 1559 Canonicus ad S. Stephanum in Wien
und 1560 Procancellarius der Universität, sowie mit einem
Kirchenamte betraut. 1562 kam er hierauf als Professor der
Theologie nach Ingolstadt, wo er noch im gleichen Jahre zum
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— 187 —
Bector erwählt und 1563 nach einander Baccalaur, Licent.
der Theologie, ßath des Herzogs Albrecht yon Bayern und
Probst zu Mossburg wurde.
Als er 1564 zum zweiten Male Bector wurde, war er
ausserdem noch Protonotarius und Com. Palatin. Apostol. 1571
wurde er Dr. Theol., vorher schon war er Canonicus ecclesiae
Pataviensis geworden. Endlich wurde er Probst der Kathedral-
kirche zu Passau und der Collegiatkirche zu Alt-Oettingen, wie
auch Vice-Eanzler und Superintendent der hohen Schule zu
Ingolstadt. Eysengrein stiftete ein Stipendium für seine Ver-
wandten; wo aber dieses verwaltet wird, ist nicht angegeben.
Er starb 4. Mai 1578 in dem Alter von 43 Jahren.
IX. Balthasar Eysengrein , geb. 24. Nov. 1547, Dr., Oberratb,
Kirchenraths-Director in Stuttgart, erhielt nebst dem Oberrath
Dr. Jacob Eaug den Auftrag, die Revision des Landrechts zu
bearbeiten. Es sollte übrigens nicht ein ganz neues Landrecht
entworfen, sondern nur „an Orten, wo das bisherige wider-
wärtig oder unlauter oder etwa unvollkommen oder auch der
Billigkeit ungemäss, solchen Mängeln durch Declarationes, cor-
rectiones oder additiones et secundum normam aequitatis ge-
brauchte Moderationen abgeholfen werden/'
Das Hauptgewicht wurde dabei immer auf das Erbrecht
gelegt Eysengrein war ein rascher und eifriger Arbeiter, der
namentlich nach dem Tode Herzogs Friedrich I. unter dessen
Nachfolger Friedrich IL grossen Einfluss erlangte. Er starb
13. Januar 1611.
Seine Gattinnen waren: I. Susanna, Tochter des Kanzlers
Jacob Andrea; II. mit Anna Zangmeister. Kinder:
1) Anna Maria, verm. mit dem Med. Professor zu Tubingen,
Sebastian Bloss, Sohn des Bürgermeisters Johann Bloss
in Münsingen.
2) Yeronika, verm. mit dem Fürstlichen Rath Conrad Reiser,
Sohn des Mathäus Reiser in Lauingen.
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— 188 —
3) Johann Balthasar, f 4. Juli 1631, Herzoglich Württem-
bergischer Kammerrath, verm. mit Justine, Tochter des
Bürgermeisters in Markgröningen Johann Vimpel. Kinder:
a) Anna Jnstina, geb. 3. Juli 1605, verm. mit dem Bath
und Vogte in Markgröningen Johann Conrad Jooss.
b) Johanna, verm. mit dem Oberraths-Secretar Anton Rössler.
c) Johann Martin Eysengreln, geb. 11. November 1619,
t 26. März 1690, Herzoglich Württembergischer Ober-
rath, verm. I. mit Anna Margaretha, geb. Thill; II. mit
Anna Margaretha, geb. Speidel; IN. mit Anna Barbara,
Wittwe des Capitans in Hohen -Neuffen Michael de Bullt.
4) Johann Martin, geb. 8. Febr. 1581, Bebenhäuser Pfleger
in Esslingen, vorm. mit Barbara, Tochter des Württem-
bergischen Kloster Denkendorfischen Pflegers Conrad Schloss-
berg und der Sabine, Tochter des Geheimen Baths von
Memmingen, Georg Besserer von Besserstein.
5) Tobias, geb. 2. Juli 1584, Med. Dr. in Tübingen, verm.
mit Barbara, geb. Schaupp.
X. Reinhard Eysengreln, geb. 6. November 1550, t 4. Januar
1585. Bürgermeister in Stuttgart, verm. mit Marie, geb.
Danr. Er hinterliess nur 1 Tochter Namens Marie, welche
sich erstmals 3. October 1592 mit dem Kammergerichts-
Advokaten Jacob Grünberger, zum zweitenmale mit Dr. Schul-
bok vermählte.
XI. Johannes Eysengreln, geb. 15. Dezember 1553, f 1608,
Kurbaierischer Rath und Probst des Stifts Straubingen und
Domherr zu Passau.
XII. Caspar, geb. 3. Januar 1559, Kurbaierischer Rath zu Zag-
stall und Pfleger zu Vichthaach, verm. mit Katharina, Tochter
des Fürstlich Baierischen Baths und Leibmedicus Johann
Heinrich Hunzinger.
XIII. Lukas, geb. 6. Januar 1566, soll jung gestorben sein.
Pas Fürstlich WürttembergtBche Dienertrach enthalt folgende höhere Beamte
des Namens Eisengrein ( Eysengreln): Balth., Gel. Hofger. Bey sitzer 78; Gel. O.Rath 59;
KirchenR-Dlrector 141 — Uans Matt., CLPfleger 262. — Hart., 8tifftsVerwaltter 5M.
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P a b e r.
Sebastian Faber, Dr. der Rechte, nächster Stammvater ver-
schiedener noch heutzutage in Württemberg blühenden Zweige, dessen
Nachkommen dem Staat nnd der Kirche viele verdienstvolle Männer
geliefert, ist geb. den 16. November 1564 zu Prodfeldeu im ehe-
maligen Kurfürstenthum Mainz, als Sohn des Kurmainz'schen Keller 's
daselbst Sebastian Faber (Schmid), J. U. Dr., und der Justina, einer
Tochter des Walther von Herborn, Rheingräflichen Raths zu Kirn-
burg, und als Enkel des Gräflich Nassanischen Pflegers in Mayen-
burg, Jnstns Faber, verm. mit Christina, einer gebornen von Keller.
Sebastian besuchte bis ins 9. Jahr die Schule seiner Vater-
stadt, worauf er von seinen Eitern wegen des Papismus in die
evangelische Schule nach Wertheim geschickt wurde. Im Jahre 1580
kam er in das Pädagogium in Marburg und begab sich von da aus
1583 auf die Hochschule nach Heidelberg, 1584 aber nach Witten-
berg. 1588 trat er eine Reise nach Italien an, von welcher zurück-
gekehrt er die Universität Basel bezog, wo er auch 1591 doctorirte.
In der Folge ernannten ihn die Grafen von Mandelslohe und Griechingen
zum Rath und 1601 berief ihn die Stadt Regensburg zu ihrem Syn-
dicus. 1606 wurde er von Herzog Friderich von Württemberg-
Mömpelgard als Geheimer Rath und Vice-Canzler in Tübingen ange-
stellt, in welcher Eigenschaft er von diesem seinem Herzoge oftmals
in kaiserlichen Commissionen verschickt wurde, und als Gesandter
verschiedenen Reichstagen beizuwohnen hatte.
Faber starb 1(324 den 2. December und ruht in der Stutt-
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— 190 —
garter Stiftskirche, wo ihm rechts neben dem westlichen Portal
folgendes Epitaphium errichtet wurde:
Sacrum memoriae Nobilis ac magni lcti Dni Sebastiani Fabri,
qui cum serenissimo Duce Wirtembergico a consiliis secretioribus
et procancellarii munero strenue functus esset, senio confectus animam
Deo reddidit Vit. Die Decemb. Ann. Dni. MDCXXIV. Aetai vero. LX.
Seine Gattin war seit Michaelis 1598 Cordula, des Kaiserlichen
Kammergerichts-Advocaten und Procurators Vitus Erasmus Adel-
mann, beider Rechten Doctors, hinterlassene Wittwe, und Tochter
des Kaiserlichen Kammergerichts - Assessors zu Speyer, Hieronimus
Reinhart, welcher Ehe 3 Söhne und 1 Tochter entsprossten, nämlich :
I. Helena Cordnla, Gattin des Bittmeisters Hermann Schön
von Bremen.
11. Georg Abraham, Herzogl. Rentkamm errath, hinterliess 2 Söhne.
III. Nikomedes Sebastian, t als französischer Oberst im 30jährigen
Kriege.
IV. Wilhelm Christian, J. U. Dr. Oberrath, Konsistorial-Director,
hatte 8 Söhne.
Ebenfalls dieser Familie gehören an:
Jnstns Achilles Faber, Bruder Sebastians, Kaiserl. Oberst
und Commandant in Dachstein im Elsass 1610, hatte 2 Söhne. —
Seine übrigen Brüder waren:
1. Johann Jnstns Faber, J. U. Dr., Pfalzgräflicher Rath zu
Birkenfeld. Söhne:
1) Jnstns Sebastian, Hoch für stl. Rath.
2) Johann Friderieh, Königl. Schwedischer Oberstlieutenant in
dem SchonenBcheu Dragoner-Regiment 1630.
3) Georg Wilhelm Faber, Kaiserl. Hauptmann.
4) Carl, Pfarrer in Münster in Gregorienthai.
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- 191 -
5) tfodofred, Stadtschreiber in Münster. Von seinen Söhnen
waren Georg Wilhelm Senator in Colinar; Carl Dänischer
Baudirector in Kopenhagen; Philipp Oberstlieutenant.
IL Christof Faber, Hofmeister im Kloster Weil.
III. Johannes Faber, J. U. Dr., Hohenlohischer Geheimerrath.
IV. Achilles Faber, Kaiserl. General und Commandant zu Dachstuhl
in Ungarn, kinderlos t 1615.
V. Georg Albrecht Faber, Württembergischer Kammerrath.
VI. Georg, in dem Magisterbuch als Höfingensis aufgeführt, wahr-
scheinlich weil seine Eltern sich wenn auch nur zeitweise auf dem
adeligen Gut Höfingen aufgehalten haben und er vielleicht daselbst
geboren worden ist, Pfarrer in Magstadt 1602 — 1634. —
Wilhelm Eberhard Faber, geb. 20. September 1664 zu Kirch-
heim u. Teck, studirte Theologie, nach deren Absolvirung er Informator
bei dem damaligen Land- und Erbprinzen, dem nachmals regierenden
Herzog Eberhard Ludwig von Württemberg, wurde. Während des
Feldzugs in den Jahren 1696 und 1697 begleitete er den Herzog
als Hof- und Reiseprediger, wurde hierauf Subdiaconus an der Stifts-
kirche in Stuttgart 1700, Stadtpfarrer zu St. Leonhard 1704,
Hoepitalprediger 1712, Stiftsprediger und Consistorial-Rath 1714,
Prälat zu Herrenalb 1716, Engerer Landschaf ts-Ausschuss-Assessor
1724.
Seine Gattin war Julie, Tochter des Herzoglichen Begierungsraths
Johann Jacob Dempnd,
Die Trauung fand zu einer Zeit statt, in welcher Faber mit
seinem Fürsten auf der Flucht nach Heidenheim war, da der Feind
die Residenzstadt Stuttgart besetzt hielt und sie in Asche legen
wollte. Faber starb 1726 den 17. Februar mit Hinterlassung von
3 Söhnen und 3 Töchtern, seines Amtes im 33., seines Alters im
62. Jahre. —
Wilhelm Eberhard v. Faber, Sohn des Vorigen, Herzoglich
Wörttembergischer Geheimer Rath und Gouverneur in Mömpelgard,
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- 192 —
geb. 25. Januar 1701, vermählt erstmals mit Christiaa Louise,
Tochter des Geheimeraths Johann Andreas Fronimann, zum zweiten-
mal mit Johanna Dorothea, Tochter des Geheimeraths Caspar ron
Pfan. -
Friedrich Gotthnrd Faber, geb. zu »Kirnbach 5. Mai 1726,
Special-Superintendent und Stadtpfarrer zu Neuenstatt 1770, schrieb
Einiges. —
Johann Gottlieb Faber, Dr. theol., geboren 1717 in Stutt-
gart, Vicar daselbst 1744, Professor der Geschichte und Beredtsam-
keit an der Universität Tübingen 1748, Professor der Moral 1750,
Professor der Theologie und Stadtpfarrer daselbst 1V55, wurde im Jahr
1767 Consistorialrath und Abt zu Alpirsbach, 1772 Stiftsprediger in
Stuttgart und 1773 Oberhofprediger, Generalsuperintendent und Mit-
glied der Universitätsdeputation. Er starb 1779 in Tübingen mit
Hinterlassung mehrerer Werke.
Faber war einer der ersten, der die deutsche Muttersprache
im Gegensatze gegen die lateinische, welche damals noch immer
wenn nicht Umgangssprache doch Schriftsprache der Gelehrten war,
zu heben suchte. —
M. Christ. Friedrich Faber, Abt zu St. Georgen zugleich Special,
hernach Stiftsprediger zu Stuttgart, t 1744. Dessen Sohn:
Georg Friedrich Faber, französischer Capitain 1724, 1 1772. —
Christian Wotfgang Baron v. Faber, Sohn des Sebastian
Caspar Faber, Kirchenraths, Expeditionsraths und Urur-Urenkel des
Vicekanzlors Sebastian Faber, geb. 1710, Kaiser!. König]. General-
Feldzeugmeister, welcher laut Diplom J. anno 1779 mit dem Prä-
dicate dn Fanr in den erbländ. -österreichischen Freiherrnstand er-
hoben wurde. —
Georg Albrecht Faber, geb. 31. August 1737 als Sohn des
Pfarrers Faber in Kaltenwesten, Herzog]. Württembergischer Oberst
d*r Kreis-Dragoner, starb allgemein hochgeschätzt 1808. Seine
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— 193 —
erste Gattin war Philippine Friedrike, geb. Zoller; * die zweite Eber-
hardina Christina Sofie, Tochter des Stadtschreibers in Stuttgart
Jacob Friederich KlHpfel, welcher Ehe 4 Söhne und 1 Tochter
entsprossten. —
Achilles Christian Wilhelm Friedrieh Faber, Bruder des Vori-
gen, geb. 2. December 1786, Königlich Württembergischer Bergrath
in Wasseralfingen. —
Johann Christor, und Matthäus Frid. Carl Faber, diese beiden
Pfarrer in Charlestown (Amerika). —
Christian Heinrich Faber, ßankdirector daselbst. —
Wilhelm Eberhard Ton Faber, Sohn des Stadtpfarrers in Win-
nenden Immanuel Gottlieb Faber, geb. 17S7, Oberaintsarzt in Schorn-
dorf, R. d. Kr.-O., f 9. December 1872, 85 Jahre alt. —
Gottlieb Heinrich Faber, Bruder des Vorigen, geb. 1781,
Auditor in Bussland. —
Karl Angnst Friedrich Faber, geb. 1811, Kaufmann in Stutt-
gart, Mitglied der Handels- und Gewerbe-Kammer daselbst, R. d. Fr.-O.;
t 23. Januar 1870. Wittwe: Christiana, geb. Bender. —
Karl Angnst ron Faber, Prälat, geb. in Zaisersweiber 8. Sept.
1782, als Sohn des Pfarrers Karl Friderich Faber daselbst, wurde
nach dem Tode seines Vaters dessen Amtsnachfolger 1812, hierauf
Pfarrer in Altenstadt, Oberamts Geislingen, und zugleich Decan der
Diöcese Geislingen 1821, Decan in Reutlingen 1832, Prälat und
Generalsuperintendent in Hall 1839, sodann des Sprengeis Reutlingen
mit dem Wohnsitze in Stuttgart 1841.
r. Faber vermählte sich 3. August 1819 mit Charlotte, Tochter
des Canzleiraths Hang in Stuttgart, und starb auf einer Amtsreise
in Reutlingen am Herzschlage. Kinder:
* Der Groesvster derselben war Tobiaa Zotltr, des grossem Batbs und Steuerschreiber
in Ksslingen, geb. 23. Januar 1669, t 1719; er war vermählt mit Anna Fligabeth, Tochter
dea Stadtpfarrers in Winnenden Jok. Georg Hegel. Beide wurden hei der Explosion der
PnlTermäble in Esslingen erschlagen.
r. Qeorgii-Qeoratnnu, Biographisch-Genealogische Blätter etc. 13
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- 194 —
1) Friedericke, geb. 7. Mai 1820, vermählt mit Diaconus Karl
Jetter in Herrenberg (späterem Diaconus in Reutlingen); t
in Herrenberg 1845.
2) Charlotte, geb. 28. Juli 1821 ; vermählt mit dem Oberamtmann
Franz Mayer in Neckarsulm (späterem Oberamtmann in
Göppingen, zuletzt Staatsrat!) in Stuttgart); t in Neckar-
sulm 1846.
3) Eduard Caspar von Faber, geb. 30. Dec. 1822, Dr. jur. Excellenz,
wirkl. Geheimerrath in Stuttgart. Gattin: seit 7. März IS 54
Emma Charlotte Sophie, geb. 15. Sept. 1832, Tochter des
3. April 1877 t Ludwig Eduard von Ergensinger, Hof-
kammerpräsidenten, * und der Marie, geb. Scholl.
4) Karl Faber, geb. 13. August 1828, Stadtpfarrer in Möckmnh).
5) Gustav, geb. 19. December 1829, Kreisgerichtsrath in Stutt-
gart, t 1871.
Dm Fürstlich Württembergische Dienerbuch enthält folgende höhere Beamte
des Namens Faber (Fahr, Fabri, Fabrlcins): 145; OantaleiAdTOC 96; Castkeller 318;
Dr. 20; Exped.Bath 146; Leütenampt 686; Pfarrer 618. - AUx., Vogt 689. — Amandus
FHä., CantxlelAdvoc. 96. - Andr., Abt 288; Diacon. 649; Pfarrer 646; 8tifftsDiacon
660. — Beat., CantxleiAdvoc. 92, 93. - Christian, Abt 335. — Christian Frid., Pfarrer
441, 546; 8 tifftsP rediger 644. — Christoph, Ambtmann 42) ; Castkeller 554; Cl.Hofmeister
354; Keller 480; Vogt 439. — Christoph Frid., Geist]. ConslstRsth 138: StifftsDiaoon
561. — Eberh. Lud*., Ol. Pfleger 262, 297. — Erh., Vogt 537. — Frid., Pfarrer 441, 460. —
Georg Abrah., Renthkamm JBxped.Bath 19, 110. — Georg Albr., Pfarrer 632. — Georg
Frid., Banverwalter 486; Vogt 380. — Georg Bheinh., Begistrator 169; Vlsitat-Secretar.
157. — Gotthard Frid., Pfarrer 276, 606, 512. — Gottlieb Ferd., Vogt 516. — GottL Frid.,
Pfkrrer 411, 613; Vogt 377. — Hone Carl, Cl.Hofmeister 366. — Hone Weither, Osntslei-
Advoc. 93. - Heinr. Abrah., Exped.Bath 111 ; TutelarRath 97. — Joach., Gel. O.Bath
61. — Jobet, O.Vogt. 608. - Joh., Pfarrer 466, 589; Vogt 394. 438. - Joh. Christian,
CantalelAdvoc. 96; Visltat.Secretar. 158. — Joh, Christoph, Amptmann 620; Vogt 418. —
Joh. Ebtrh., Pfarrer 502. — Joh. Erh., Vogt 426, 439, «55. — Joh. Frid., ConsistDlrector
136; Oonsist.Prasident 136; Gel. Geh.Bath 28; Gel. O.Bath 67; Begistrator 83; Tutelar-
Rath 98. — Joh. Gottlieb, Abt 238, 244, 289. Exped.Bath 146; GeisÜ. Oonsist.Bath 139;
Hofprediger 193; Stattschreiber 465-, StifftsPrediger 544; Kirch.Cast Verwalter 148. —
Joh. Joe., Cl.Pfleger 242. — Jnh, Leonh., Ambtmann 470. — Joh. Reinh., Exped.Bath 111 ;
Keller 467 ; BechenbanckhsBath 118. - Jost, ObristLientenant 172. — Maith., Schultheis«
363. — Phil. Gottfr., Pfarrer 607 ; Stiffts-Diacon 651. - Phtt. Jac, Keller 686, 592. —
Sebast., ViceCantzler 19; Vogt 600. — Sebast. Caspar, OLPfleger 262; Cl.Schaffner 333. —
8eb. Frid., Vogt 380. 462, 510. — Wilh. Christian, Ambtmann 536 ; Cl.Verwalter 269 ;
Gel. O.Bath 61 ; O.Bath 19 ; BechenbankhsBath 152 ; Vogt 271 ; 393. - Wilh. Eberh., Abt
289; Geistl.Bath im Cousist. 138; Gel. O.Bath 66; Pfarrer 546; StifftsDiaoon 660; Stiffts-
Prediger 644.
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P a 1 1 a t i.
Johann Fallati, geb. 1809 zu Hamburg, als Sohn eines aus
ßovigo stammenden Kaufmanns studirte in Tübingen und Heidelberg
die Rechtswissenschaft, trat darauf in den württembergischen Staats-
dienst und kam 1837 als Privatdocent für die Fächer der Statistik
und Geschichte an die Universität Tübingen, bei welcher er 1842
auch zum ordentlichen Professor in der staatswirth schaftlichen Fa-
cultät und 1850 zum Oberbibliothekar vorrückte. Im Jahr 1848
nahm er als Abgeordneter sowohl an den Verhandlungen der würt-
tembergischen Kammer, als an dem Frankfurter Parlamente, wo er
zur Partei des linken Centrums gehörte, Antheil; im August d. J.
trat er auch als Unterstaatssecretär des Handels in das Reichs-
ministerium ein; im Mai 1849 trat er freiwillig aus der National-
versammlung wieder aus. Er starb, auf einer Reise begriffen, am
5. October 1 855 im Haag. Ausser mehreren hiuterlassenen Schriften
war er auch Mitherausgeber der Zeitschrift für die gesammte Staats-
wissenschaft.
Bruder '•
lficolaus Fallati, Med. Dr., Badearzt in Wildbald, f 3. Nov.
1868 zu Civita-Vecchia.
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P e u e r 1 e i n.
Theophilus Feuerlein, * geb. 1636, entstammte einer anch
in Franken und Nürnberg verbreiteten Familie und war der Sohn
des 1670 im Alter von 88 Jahren gestorbenen Ansbachischen Pfarrers
der Kirchen zu Emmezheim und Holzingen Joh. Feuerlein. Von den
weiteren Vorfahren unterschrieb Johann Feuerlein, Pfarrer im Decanat
Schwabach und Capitels Senior daselbst, die Concordienformel 1582 und
flüchtete sich ein zweiter Johann Feuerlein, nachdem er das Diaconat
der evangelischen Kirche zu Ansbach bekleidet hatte, der vielen
Drangsale und Verfolgungen wegen nach Schlesien ; er erhielt von Kaiser
Karl V. einen Wappenbrief d. d. 15. Juni 1551.
Theophilus selbst war Pfarrer in Dornhausen im Ansbach 'sehen
und starb den 20. Februar 1687. Söhne:
I. Willibrody Feuerlein, geh. 1. September 1667, Pfarrer in
Trommezheim im Ansbach'schen, t 25 September 1730 mit
Hinterlassung von 5 Töchtern und 3 Söhnen. Letztere waren:
1) Johann Friedrich, geb. 25. October 1700, Pappenheimischer
Pfarrer in Trommezheim, verm. mit Maria Juliana, Tochter
des kaiserlichen Obristlieutenants G. Tiedemann.
2) Johann Wilhelm, geb. 27. August 1702, Pfarrer auf der
Festung Wülzburg, verm. mit Anna Barbara, Tochter des
Künspergischen Vogts zu Turnau Johann Philipp ütsu
3) Johann Christian Fenerlein, geb. 19. April 1705, f 9. Mai
1799, Herzogl. Wfirttembergischer Eegierungs-Secretär, auch
* Dessen Bruder Johann Caspar Feuerlein, t 1728 als Pfarrer zu Emmezheim mit
Hinterlassung eine« Sohnes Namens Johann Georg Christoph Feuerten, geb. 2. April 1877,
Bector in Ansbach, Prodecan in Emmezheim» zuletzt Decan in Weimertheim.
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Mömpelgardischer Registratur und Archivar in Stuttgart,
vermählt mit Hedwig, Tochter des Advocaten Perdrix in
Mömpelgard. Dessen Sohn:
Rudolf Ferdinand von Fcnerlein, geb. 6. August 1744,
unverheirathet t 3. Juni 1821, Königlich Württembergischer
Oberfinanzrath, Ritter des Königlichen Civil-Verdienst-Ordens,
errichtete in seiner letzten Willensverordnung vom 27. Nov.
1815 und den ferneren ^Beilagen eine Familien-Stiftung.
II. Walfried Fenerlein , geb. 24. Nov. 1669, Pharmaceut in
Pappenheim, verm. I. mit Johanna Maria, Tochter des Chirur-
gen in Bern Nicolaus Lang; II. mit Rosina, Tochter des Hof-
Pharmaceuten in Oettingen Peter Streiln, welchen Ehen 4
Töchter und 4 Söhne entsprossten. Letztere waren: Johann
Feuerlein, geb. 1702, blieb bei der Belagerung von Mantua,
32 Jahre alt; Wilhelm Stephan, geb. 1712, Pharmaceut;
Friedrich Ernst, geb. 1715, Chirurg ; Georg Daniel, geb. 1719,
Kaufmann.
III. Wilhelm Fenerlein, geb. 29. Juli 1676, Pharmaceut, t 25.
Februar 1731.
IV. Wunibald Feuerlein, des inneren Raths und Steueramts Assessor
in Weissenburg, verm. I. 5. Oct. 1706 mit Margaretha geb.
Dolthopf; IL 23. Juli 1708 mit Julia Maria Catharina, geb.
Döderlin.
V. Willibald Feuerlein, geb. 22. Dezember 1686, Herzoglich
Württembergischer Eegierungs- und Kriegsrath, vermählt mit
Dorothea Eufrosina, Tochter des Ansbach'schen Hofraths und
Vo^ts in Sachsenheim Georgii.
Feuerlein starb 19. August 1777. Söhne:
1) Johann Christian Leopold, geb. 1. Mai 1732.
2) Karl Friedrich Fenerlein, geb. in Mömpelgard den 6. März
1730, t in Stuttgart 15. März 1808; Herzoglich Württem-
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bergischer Regier ungsrath, vermählt seit 26. August 1766
mit Elisabeth Franziska, geb. Fischer. Kinder:
a) Louise Auguste Sofie Magdalena, vermählt seit 1. Oct.
1785 mit dem Oberamtmann in Liebenzell Ernst Christoph
Wilhelm Heller.
b) Sofie Karolina Augnsta Magdalena, vermählt seit 1. Oct.
1789 mit dem Professor an der Academie, Redacteur
des Schwäbischen Merkurs Christian Gottfried Eiben.
c) Friederike Auguste Emilie, vermählt I. seit 3. August
1795 mit dem Kaufmann in Calw Johann Martin
Vischer; IL seit dem 31. October 1803 mit dem Hof-
rath, Geh. Legationsrath Johann August Ferdinand
von Pistorius.
d) Henriette Auguste Charlotte, vermählt seit 19. No-
vember 1800 mit dem in Constantinopel geborenen Kauf-
mann und Fabrikanten in Cannstatt Panagiot Wergo.
e) Wilhelmine Auguste Louise, vermählt seit 19. No-
vember 1804 mit dem Kaufmann in Stuttgart Nepomuk
Leopold Friedrich Conrad^ Sohn des Hofkammer-Reno-
vators Conradi in Bretten.
f) Julie Auguste Friederike, vermählt I. seit 14. Februar
1809 mit dem nachmaligen Finanzrath Victor Heinrich
Jäger; II. seit 27. Juni 1825 mit dem Pfarrer in
Bezingen Friedrich August Hoffmann.
g) Eleonore Ernestlne Auguste Wilhelmine, vermählt nach
dem Tode ihrer obangeführten Schwester Friederike,
mit deren Gatten, Geh. Legationsrath von Pistorius.
h) Auguste Adelgnnde Christiane, vermählt nach dem Tode
ihrer vorerwähnten Schwester Julie rajt deren Gatten, .
Pfarrer Jloffmann in Bezingen.
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i) Karl Willibald Feuerlein, geb. 1. September 1770,
Kaufmann, starb kinderlos.
k) Fflrchtegott Gustav Willibald Feuerlein, geb. in Stutt-
gart 24. Juni 1781, Pfarrer in Wolfschlugen, t 2. Juli
1848.
Seine Gattin war seit 28. Mai 1812 Luise Chris-
tiana, Tochter des Majors und Kriegsraths David Her-
mann Heinrich Duvernoy. Kinder:
aa) Auguste Sofie Henriette, vermählt seit 17.0ctober
1833 mit dem nachmaligen Rector des Schullehrer-
Seminars in Nürtingen Theodor Eisenlohr, Sohn
des Christian Friedrich Eisenlohr t Diaconus in
Herrenberg.
bb) Franziska Luise Charlotte, vermählt 7. Mai 1839
mit dem Med. Dr., nachmaligen Oberamtsarzt in
Esslingen Paul Eduard Kapff.
cc) Hermann Gustav Willibald Feuerlein, geboren in
Wolfschlugen 17. Mai 1816, Rechtsconsulent in
Aalen.
dd) Karl Emil August Feuerlein, geboren in Wolf-
schlugen 20. März 1818, Diaconus in Herrenberg,
vermählt seit 4. September 1 847 mit Julie Ma-
rlene, Tochter des Oberjustizraths in Tübingen
Karl Friedrich Mayer.
1) Ehregott August Willibald Feuerlein, geboren in Stutt-
gart 24. Juni 1781, Jur. Dr., Oberjustiz-Procurator in
Stuttgart, in Tübingen, Oberbürgermeister in Stuttgart,
Obertribunalrath, f 29. September 1850. Gattin seit
10. Februar 1810 Auguste Henriette, Tochter des Land-
schafts- Coinmissärs Johann Christof Schott. Kinder:
aa) Aufrüste Marie, vermählt seit 19. September 1839
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mit dem Professor der Philosophie in Tübingen
Ernst Christian Friedrich Walz* Sohn des David
Friedrich Wälz, Pfarrers in Münklingen.
bb) Hedwig Auguste, vermählt seit 6. August 1838
mit dem Regierungsdirector in Reutlingen Ludwig
August von Autenrieth.
cc) Sofie Hedwig, vermählt seit 15. Juni 1846 mit
Friederich Wilhelm Köbel, geb. 27. Juni 1818,
Chef des Handelshauses Köbel, Jameson & Cie.
in London, Sohn des Karaeralverwalters Köbel in
Riedlingen.
dd) Ferdinand Friedrich Karl Feuerlein, geb. in Stutt-
gart 31. Juli 1813, Oberamtsrichter in Besigheim.
ee) Otto, geb. in Stuttgart 16. April 1822, Kaufmann
in Stuttgart, vermählt seit 1. Mai 1848 mit
Mathilde Augnste Charlotte, Tochter des Ober-
kriegsraths August Friedrich Ludwig von Ströbel.
* Ebenfalls dieser Familie entstammte:
Gustav Walz, geb. 30. December 1804, früherer Director an der Akademie
Hohenheim, Mitglied der landwirtschaftlichen CentralsteUe, t 30. October 1876.
Das Fürstlich Württembergische Dienerbuch enthält folgende höhere Beamte
des Naruona Feuerlein (Feutrlin): Carl Frld., OantzleiAdvoc. 95; Gel. CBath 88. — Jok.
Christian, Frantzös. Secretar. 76 ; Reg.B.8eeretar. 73. — Joh. Christ, Leop., OantsleiAdroc
95; Vogt 483. - Rud. Ferd., Kircb.Oast. Verwalter 149. — WiUibald, Gel. O.Bath 67;
£riegsBath 100.
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Fischer.
Johann Jacob Fischer, J. U. Dr., Tntelarraths-Präsident, wurde
den 21. Februar 1647 in der damaligen Reichsstadt Esslingen als
Sohn des 1686 in Cannstatt t Johann tteorg Fischer, Vogts in
Kirchheim, und der Anna Agnes, Tochter des Physikus und Med. Dr.
Walen, geboren. Er besuchte anfangs die lateinische Schule in
Waiblingen, wo sein Onkel, M. Eder, Helfer war und nachmals,
als dieser nach Calw versetzt wurde, die in Nürtingen, wo ebenfalls
ein zweiter Onkel von ihm, der Physikus Dr. Walen, ansässig war.
Hierauf kam er nach Vaihingen a. d. Enz, und endlich, als sein
Vater die Vogtei Kirchheim erhielt, in* die dortige Schule. 1663
gieng er auf die Universität Tübingen, studirte in der Folge noch
in Strasburg und Leipzig, erhielt das Licentiat und wurde nun
Gouverneur des Sohnes des Barons v. Pollheimb.
Im Jahre 1677 erhielt er den Doctorstitel und begab sich hierauf
mit seinem jüngsten Bruder, dem nachmaligen Stadt- und Amtspfleger
in Nagold, auf Reisen und zwar nach der Schweiz, Frankreich, Hol-
land, Piemont und Italien, von welch letzterem Lande er nach
dreimonatlichem Aufenthalt daselbst übe'r Tirol und Augsburg wieder
nach Tübingen zurückkehrte.
Bald nachher sandte ihn der Herzog Administrator Friedrich
Karl unter gleichzeitiger Verleihung des Prädikats eines Herzog-
lichen Baths an das Kaiserliche Kammergericht nach Speyer, um
daselbst eine rechtshängige Process-Sache zu urgiren. Nach Erle-
digung derselben erhielt er die Stelle eines ausserordentlichen, 1686
die eines ordentlichen Oberraths, in welcher Stellung er oftmals zu
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wichtigen, vielfach mit Gefahr verbundenen Kaiserlichen Commissionen,
theils zu beständigen, theils zu Tempofal-Deputationen verwendet
wurde. Die beste Probe seines Patriotismus aber gab er in Fol-
gendem: Als wegen der im französischen Kriege von dem Feinde
geforderten, aber im Augenblicke nicht aufzubringenden 600,000 fl.
Cöntributionsgelder das Herzogthum mit Brand und Plünderung bedroht
ward, übernahm er mit Hintansetzung seiner damals hochschwangeren
Gattin und seiner noch unerzogenen Kinder die mit Leibes- und
Lebensgefahr verbundene Geisseischaft. Der Verlauf derselben war
folgender:
Fischer traf im August 1693, von einer Kaiserlichen Com-
mission in Dinkelsbühl nach Ulm zurückgekehrt, daselbst seine ge-
sammte Familie, welche dahin geflüchtet war, weil die 80,000
Mann starke feindliche französische Armee unter dem Dauphin das
Herzogthum überschwemmt hatte. Kurz darauf veranlasste ihn der
Herzog, mit dem Oberrath Dr. Burkhard Bardili zu ihm nach
Heidenheim zu kommen und machte hier ihnen beiden den Vorschlag,
unter Versicherung bald möglichster Erlösung und aller forstlichen
Gnaden an ihnen und den Ihrigen, die Geisseischaft zu übernehmen,
wozu sie sich dann auch und zwar Fischer, wie es wörtlich heisst:
»nach dem löblichen Exempel seines seeligen Herrn Vatters und
Gross-Vatters (welche gleichfalls in dem dreyssig -jährigen Krieg
mittelst übernommener Geisselschafften vor das Herfoogthumb als
getreue Patrioten sich erwiesen)« willig verstanden.
Ohue von den Ihrigen Abschied zu nehmen, reisten sie
den 10. August von Heidenheim über Göppingen ab und stellten
sich dem unfern Ebersbach stehenden 4000 Pferde starken Corps
des Generals Talard, welch letzterer sie mit den Worten empfing:
»Ihr seid gerade recht gekommen und rechte Erlöser und Engel
eures Vaterlandes, denn wo ihr noch länger ausgeblieben wäret,
hätte ich wohl gewusst, wie ich euch herbeibringen sollte.«
Und wirklich hatte der General auch bereits die Ordre erhalten,
noch denselben Tag mit der Urandleguug Göppingens und 20 anderer
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Ortschaften anzufangen und damit bis zum Eintreffen der Geissein
fortzufahren; eine schreckliche Weisung, die man nun sofort sistirte.
Fischer wurde mit den Geissein, welche inzwischen noch unter-
wegs zu ihnen gestossen waren, erstlich zur feindlichen Haupt- Armee
bei Vaihingen, sodann weiter nach Strassburg als Gefangener gebracht
und anfangs auf dem sogenannten Fort Saint Pierre an dem Stein-
strassen-Thor, einige Zeit nachher aber zur mehreren Mortification
in der Citadelle daselbst internirt.
Obwohl sie nun alles Ungemach geduldig ertrugen in der
Hoffnung, dass es bald ein Ende nehmen und ihre gänzliche Be-
freiung nächstens erfolgen werde, so nahm doch die Erbitterung
und Ungeduld am französischen Hofe so sehr zu, dass scharfe Ordre
nach Strassburg ergieng, die gesammten Geissein sollen von der
Citadelle nach Metz gebracht, und bis zur Erlegung der Gelder
oder Leistung hinlänglicher Caution in enge Gefangnisse gesetzt
werden. Sofort wurden daher die gesammten übrigen Geissein zu
ihrer grossen Disconsolation dahin abgeführt, Fischer dagegen wurde,
da ihn eine tödtliche Krankheit überfiel, gestattet, in der Citadelle
zu verbleiben. Anderthalb Jahre lang lag er anfangs an einem
hitzigen Fieber, das sich nachher zu einem beständigen, zuletzt in
ein quartanes verwandelte, darnieder.
In dieser Krankheit aber fand er reiche Erquickung dadurch,
dass seine geliebte Gattin, welche bald nach seiner angetretenen
Geisseischaft mit einem Söhnlein, Christian Friedrich, niederge-
kommen war, zu ihm ohne Achtung aller Gefahr und Mühe gelangte
und 10 Tage bei ihm verweilte.
Nachdem er von seiner Krankheit wieder hergestellt war, be-
mühte er sich, die völlige Befreiung der gesammten württember-
gischen Geissein möglichst zu befördern, wie dieselbe denn auch nach
fast dreieinhalbjährigem unaussprechlichem Ungemach und Aengsten
endlich vor sich gegangen und die Wiederaukunft und der Einzug der
Geissein in der Herzoglichen Residenz den 29. November 1696 zu
allgemeiner Freude der Herrschaft und des Landes glücklich erfolgte.
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Fischer lag nach wie vor seinen Amtsgeschäften mit allem
Fleiss und Eifer bis zu seinem, den 15. September 1705 an einem
Schlagfluss erfolgten, Ende ob.
Seine Gattin war seit 16. November 1680 Maria Jacobina,
Tochter des Visitations - Expeditions-Raths und Kirchen - Kastens-
Verwalters Johann Schmid, aus welcher mit 13 Kindern gesegneten
Ehe 4 Söhne und 8 Töchter den Vater überlebten. —
Von weiteren Trägern dieses Namens mögen hier angeführt
werden :
Eberhard Ludwig Fischer, geb. 1695 in Grossheppach, an-
fangs Pfarrer in Zavelstein, zuletzt Oberhofprediger und Consistorial-
rath, f 1773. Besondere Thätigkeit entfaltete er, die magna
Charta Württembergs zu Stande zu bringen ; auch gab er mit Tafmger,
Hammer und Bühuber das Württembergische Gesangbuch, Stuttgart
1741, heraus. —
Johann Eberhard Fischer, geb. 1697 in Esslingen, Prorector
am Gymnasium in Petersburg, nachmals Professor der Geschichte
und Alterthumskunde. Derselbe machte 1739—1747 die Expedition
nach Kamtschatka mit und starb 1771 in Petersburg mit Hinter-
lassung mehrerer Schriften. —
Reinhard Ferdinand Heinrich Fischer, geb. 1746 in Stuttgart,
Herzoglich Württembergischer Oberbaudirektor und Major, t 1813.
Unter seiner Leitung entstanden vorzugsweise die Park-Anlagen
nebst Gebäuden zu Hohenheim und Scharnhausen. Seine Gattin war
Juliana Charlotte, geb. Bllflnger. —
Friedrich Christoph Jonathan Fischer, geb. 12. Febr. 1750
in Stuttgart, studirte in Tübingen die Rechtswissenschaft und doc-
torirte daselbst. Im Jahr 1775 reiste er nach Wien und nahm
dort 1776 die Stelle eines Secretärs bei der badischen Gesandtschaft
an, musste sich aber 1778 von Wien wegbegeben, worauf er sich
theils in Regensburg und Augsburg aufhielt, bis er als Herzoglich
Zweibrückischer Legationssecretär nach München kam. Später, im Jahre
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1779, zum Professor des Staats- und Lehenrechts in Halle und zum
ordentlichen Mitgliede der dortigen Juristen - Fakultät ernannt, starb
er 30. September 1797. -
Friedrieh Ton Fischer, Königlich Württembergischer Staats-
rat^ Kommenthur des Kr.-O., t 2. Januar 1841. —
Ferdinand Ton Fischer, geb. 1784 in Stuttgart, Baurath 1818,
Vorstand und Hauptlehrer an der Polytechnischen Schule 1834,
Oberbaurath 1844, 1852 in Ruhestand getreten, t 20. September
1860. —
Wilhelm von Fischer, Dr. juris, Sohn des Vorigen, Oberßnanz-
rath, Ritter des W. K.-O. I. Cl., vermählt mit Marie, geb. Sattler.
Er starb den 16. August 1875. —
t. Fischer, Sohn des Stadtdirectors t. Fischer, Excellenz,
6ros8kfeuz des Fr.-O., Königlich Württembergischer Generallieutenant,
Kommandant der Infanterie-Division, Gouverneur von Stuttgart, t 4.
October 1868.
Das FüntUchWürttembergiacbeDienerbnch enthält folgende höhere Beamte des
Kamen« Fischer (Pisearius, Viseher): Amptmann 456; Cl- Verwalter 258, 260; O.Rath 63;
Pfleger 475 ; TntelarBath 97 ; Vogt 506. — Caspar, Vogt 445. — Christian, Btattschreiber
603. — Christ. Fried., Pfarrer 460. — Christoph Ludwig, Gel. O.Rath 66; Vogt 541. —
Kherh., Hofprediger 193; Pfarrer 547. — Ferd. Christoph, CantzleiAdvoc. 96. — Frans
Dan,, Ol. Verwalter 253: Vogt 446. — Fried., CLPfleger 286. — Gsorg, Geiatl. Verwaltter
611; Keller 614, Vogt 412. — Georg Ändr., Cl.Hofmeiater 349; Cl. Schaffner 290; Gaistl.
Verwaltter 387. — Georg Dan., Rechenbanckh&Rath 153 ; WaysenHansaPfleger 556. — Georg
FristL, Hersogl. O Bibliothecar 42. — Georg Mich., Stattachreiber 388. — Hans, Ambtmann
470; Waldvogt 503. — Hans Georg, Ambtmann 471; KeUer 453, 614; .Rays. Schultheis
417; Vogt 464. — Hein,: Frid., Cl. Pfleger 286. — Joh, C I.Pfleger 322, Stattachreiber 414;
StiftaKeUer 374; Vogt 306, 423. — Joh. Conr., Abt 243. — Joh. Kherh., CunteleiAdvoc.
94. — Joh. Georg, CLPfleger 320; Cl. Verwalter 324; SUttachreiber 578, Vogt 62, 413, 452,
470. — Joh. Joe., Regtetrator 83; Carole! Advoc 95; Gel. O.Rath 62. — Joh. Wilh. Chri-
stian, LebenSecretar 82: Reg.RSecretar 75. — Israel, Stattachreiber 388 — Ludw. Chri-
stoph, Cammer-Procurator 109. — Ludw. Eberh., Abt 238, 281 , CammerProcurator 109 ;
Oantzlei Adroc. 95, Geiatl. ConnlstRath 138; Gel. Geh.Rath 28; Gel. O.Rath 68; Pfarrer
546; Mittwochs Prediger 651; RenthCh.Dlrector 108; Vogt 532. — Ludw. Frid., Statt-
achreiber 422. — Mart., Ambtmann 470. — Mich., Gämmerer 215; Cl. Pfleger 286. —
Otto, Vogt 604. — Feter, StiftaVerwalter 436. — Phil. Christ., Vogt 390, 532, 54l. - Phil.
Crmfft, CLPfleger 840. 848; Vogt 696, 606. — PhU. Joe., Geiatl. Verwalter 617; Renth-
Cb.Becretar 125. — Rupert, StiffteDiacon 549. — Steph. Ludw., RentCh.Secretar, 126. —
Wolf Vir., Müntzmaieter 664.
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Platt.
Johann Jacob Flatt, geb. 18. October 1724 in Balingen,
widmete sich dem Studium der Theologie nnd stieg nach und nach
bis zu den höchsten Kirchenstufen Württembergs empor.
Im Jahre 1749 wurde er Repetent in Tübingen, hierauf Dia-
konus in Leonberg 1753, Diakonus an der St; Leonhardskirche in
Stuttgart 1759, Stadtpfarrer daselbst 1781, Hofprediger 1783, Con-
sistorialrath 1784, Abt zu Herrenalb 1791, als welch letzterer er
auch im folgenden Jahre starb. Als 1769 die Universität Göttingen
einen Preis für die beste Abhandlung über die Sünde wider den
heiligen Geist aussetzte, erhielt er ihn, überhaupt gab er viele höchst
bedeutende philosophische und theologische Werke heraus.
Weit berühmter noch als der Vater wurde der Sohn:
Dr. Johann Friedr. von Flatt, welcher den 20. Februar 1759
zu Tübingen geboren wurde. Derselbe absolvirte das Gymnasium in
Stuttgart und bezog hierauf die Universität und das Stift zu Tübingen.
1781 wurde er Bibliothekar und Repetent an jenem Stifte und hielt
daselbst mathematische und dogmatische Vorlesungen.
Nachdem er wenige Jahre darauf von einer gelehrten 'Reise
aus Norddeutschland zurückgekehrt war, wurde er 1785 in Tübingen
als ausserordentlicher Professor der Philosophie angestellt, 1792 aber
zum ausserordentlichen Professor der Theologie und 1798 zum Su-
perintendenten am evangelischen Stifte und ordentlichen Professor der
Theologie ernannt. 1817 bekam er die Probstei Stuttgart und 1820
die Würde eines Prälaten, als welcher er auch 24. Nov. 1821 starb.
Flatt entfaltete eine vielfach literarische Thätigkeit und hul-
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digte als theologischer Lehrer und Schriftsteller dem supranaturalisti-
schen Systeme Siorr's, das er in seinen Schriften mit der Kantischen
Philosophie in Einklang zu bringen suchte.
Ein ebenso eifriger Theologe und Schriftsteller wie der Eben-
genannte war sein Bruder:
Dr. Carl Christian von Flatt, Prälat und Studienraths-Director,
geb. 18. August 1772 zu Stuttgart. Derselbe studirte zu Tübingen
Theologie und wurde nach Absolvirung derselben zuerst als Biblio-
thekar, hernach als Repetent im Seminar in Tübingen angestellt.
Im Jahr 1803 kam er als Stadtvikar nach Stuttgart, wurde
im Spätjahr desselben Jahres Helfer in Cannstatt und ebenfalls noch
im gleichen Jahre als Professor der Theologie nach Tübingen berufen.
Im Jahr 1812 erhielt er die Stelle eines Stiftspredigers und Ober-
Consistorialraths in Stuttgart, und im Jahre 1813 die Ernennung
zum Mitglied des Königlichen Oberstudien raths. 1829 kam er als
Generalsuperintendent nach Ulm und wurde nach dem Tode des
Directors von Süskind mit dem Directorium des Königlichen Studien-
raths betraut.
Flatt bezeigte sich ebenso eifrig wie sein Bruder in der Ver-
teidigung der Störrischen theologischen Ansicht und starb 1843.
Ober-Consistorial-Bath Dr. von Klaiber sprach am Schlüsse
der im Namen der Synode, des evangelischen Consistoriums und des
Königlichen Studienraths am Grabe des Verstorbenen gehaltenen
Rede u. A. Folgendes: „Gott gebe dem auch dir so theuren Vater-
lande, Er gebe der Kirche, deren treuergebener Sohn und Hirte du
warst, Er gebe den Lehranstalten, die du auf dem Herzen trügest,
fortan Männer, wie du warst, Edler! Unvergesslicher!"
Da« Forstlich Württembergische Dienerbuch enthalt folgende höhere Beamte
des Hamens Flatt: Carl Christ. StifftsPrediger 645. — Joh. Joe., Abt 289; Geistl. Oonsist.-
Ratb 139. - Hofprediger 193 ; Pfarrer 625, 648 ; SpitalDiacon 562 ; StüTts-Diacon 651.
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Flattich.
M. Johann Friedrich Flattlch, der in Württemberg durch seine
Originalität und seinen christlichen Sinn allbekannte Pfarrer zu Mün-
chingen, Sohn des Baths-Amtmanns in Beihingen Jon. Wilhelm
Flattlch, und der Maria Verontca, Tochter des Stiftungsverwalters
Kapff in Backnang, Enkel des Levl Flattich aus Mähren, wurde
zu Beihingen den 3. October 1713 geboren.
üeber seine Herkunft erzählt er selbst Folgendes:
„Mein Voreitere vor 200 Jahren war ein Edelmann.* Dieser,
„weil er sollte katholisch werden, vcrliess um des Glaubens willen
„sein Edelmannsgut Sein Fürst gab ihm aber einen Adelsbrief,
„dass, wenn mit der Zeit er oder seine Nachkommen sollten die
„Religion ändern, so sollte er seinen Flecken, der Flattach hiess,
„wieder bekommen."
„Dieser Edelmann zog nach Nussdorf. Sein Sohn wurde allda
Schultheiss, sein Enkel wurde ein Pfarrer."
„Mein Vater, der in den Kriegszeiten von seinen Eltern weg-
„kam und in seinem 17. Jahre bei einem Edelmann Koch wurde,
„diesen wollte die Tochter von dem Edelmann heirathen, wenn er
„nur auch ein Edelmann wäre. Er reisete desswegen heraus und
„forderte seinem Vater den Adelsbrief ab, sagte aber nichts davon,
„dass er einen andern Glauben annehmen wolle. Sein Vater Hess
„seinen altern Sohn holen. Dieser forschte seinen Bruder aus und
* Derselbe hiess Ferdinand Lewin Ftattich auf Flattach und lebte zu Brunn In
Mähren.
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„nahm wahr, dass er seinen Glauben ändern wolle, um diese Edel-
„mannstochter heirathen zu können." Es wurde aber nichts daraus.
In Württemberg fand der Exulant Flattich eine neue Heimath.
Ein Nachkomme von ihm war der Special in Freudenstadt, Johann
David Flattich, welcher sein Amt mit aller Treue verwaltete und
daselbst 1735 im 71. Jahre seines Alters starb.
Seine Grabschrift lautet:
Ein Flattich von Geburt, nicht flatterhafter Geist,
Johannes in der That, als Werk und Nam beweist,
Ein David, der im Tod den Goliath besiegt,
Und jetzt in Zionsburg lebt selig und vergnügt.
Johann Friedrich Flattich, anfangs Garnisonsprediger auf
Hohenasperg, hierauf Pfarrer zu Metterzimmern, zuletzt zu Mün-
dungen. Flattich war ein Mann fürs Volk und wusste sich durch
seine klaren und einfachen, von Weisheit erfüllten, Predigten eine
solche Zuneigung und Liebe nicht nur seiner Gemeinde, sondern des
ganzen Landes zu gewinnen, dass an Sonntagen seine Kirche von Zu-
hörern aus allen Theilen des Landes überfüllt "war. Als Beweis des
guten Humors, den Flattich mit einem gesunden Christenthum ver-
einigte, möge Folgendes dienen:
Als zu FlatticKs Zeit die Mode des Puderns (die Haare mit
Mehl zu bestreuen) eingerissen und überall im Schwünge war, sah
man ihn selbst dennoch nie gepudert. Als nun einst bei einem
Gastmahl auf Herzog Karls Solitude u. A. auch Flattich eingeladen
war, sah man natürlich lauter gepuderte Köpfe mit Ausnahme
FlatticKs. »Warum bat er sich denn nicht gepudert?« sagte der
Herzog. »Euer Durchlaucht,« erwiderte der Pfarrer, »weil ich mein
Mehl zu den Rnöpfle brauch.«
Flattich vermählte sich den 12. Mai 1742 mit Christiana Mar-
garetha, Tochter des Pfarrers Johann Melchior Gross in Murr, mit
welcher er in 29 jähriger, sehr glücklicher Ehe lebte. Als sie in
ihrem 50. Jahre, den 13. December 1771 ihm von der Seite ge-
nommen wurde, stellte er ihr folgendes köstliche Zeugniss aus:
9. Qeorgii-Qeorgtnau, Biographisch-Genealogische Blätter etc. 14
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— 210 —
„Eine Ehegattin, welche vor ihren Ehemann treulich besorgt war,
„eine Mutter von 14 Kindern, wovon 8 gestorben, und 6, nemlich
„2 Söhne und 4 Töchter, noch leben, eine Stiefmutter von mehr als
„200 jungen Leuten, welche sie seit 30 Jahren in der Kost und
„Information ihres Mannes treulich verpflegte; eine Hausfrau, welche
„Mägde und Taglöhnerinnen ohne Herrschsucht mit Liebe und Sanft-
„muth behandelte; eine Pfarrerin, welche nicht herrschsüchtig und
„eigennützig war, sondern in Gottesdienst, Demuth, anhaltender
„Arbeit und andern Tugenden der Gemeine ein gutes Exeinpel gab;
„eine Gutthäterin, die sich's sauer werden Hess, um Gutes thun zu
„können; und die es vor seliger hielt, zu geben, als zu nehmen;
„eine Kreuzesträgerin, welche von Kindheit auf durch ihren Waisen-
„stand, durch viele Geburten, durch kränkliche und sterbende Kinder,
„durch eine schwächliche Leibesconstitution und manche harte Krank-
„keiten, durch eine immerwährende weitläufige Haushaltung, welche
„fast niemals unter 20 Personen war, bewährt wurde, eine Ueber-
,, winder in, welche im Glauben und Geduld auch in ihrer letzten
„Krankheit gestorben ist"
Flattich starb den 1. Juni 1797, im 83. Jahre seines Alters.
Kinder :
I. Regina Beate, verm. 8. Juni 1776 mit dem bekannten Pfarrer
und Mathematiker in Echterdingen Philipp Matthäus Hahn.
II. Elisabethe Friederike, verm. erstmals im Jahr 1793 mit
Pfarrer Johann Andreas Schmidt von Böckingen a. Brenz;
zum zweitenmale mit Pfarrer Christoph Friedrich Hartmann
von Grossheppach.
III. Regina Veronica, verm. 16. Mai 1776 mit Stiftsamtmann
Wilhelm Friedrich Trautwein.
IV. Helena Maria, verm. 28. Februar 1786 mit Georg Michael
Hörmann, Notar und Amtssubstitut.
V. Andreas Friedrich Flattich, geb. 13. (22.) December 1752,
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Pfarrer in Engstlatt 1789, verm. seit 12. October 1786 mit
Christiana Friedrike, Tochter des Hofgerichts- Assessors und
Borgermeisters von Tübingen Jacob Heinr, Dann, Schwester
des Stadtpfarrers Dann.*
VI. Christian Ludwig Flattich, geb. 7. (16.) October 1756, t
29. December 1822, Pfarrer in Suppiugen 1797, Heimsheim
1803, Münchingen 1817, verm. mit einer geb. Hartmann.
* Dann hatte noch 4 weitere Brüder, nämlich:
L Joh. Wolfgang Heinr., Hofgerichts- Advokat, nachmals Hof-Muaictiß in Pforz-
heim ; IL Immanuel Gottlob, Vlce-Oommandant auf Hohenasperg ; III. Christoph Gottlieb,
Pfarrer in Weilheim bei Tübingen ; IV. Joh. Friedr., Oberjustizrath.
Das Fürstlich Württembergische Dienerbuch enthält folgende Träger des Namens
Flattich: Andr. Jac, Ambtschrelber 293. — Christian Wilh., AmbtBchreiber 293; Gastkeller
554; Exped.-Rath 113. — Joh. Albr., Cl.Pfleger 250; Keller 404; Schulthciss 567; Vogt
501. — Joh. Mari., Cl.Pfleger 323 ; Geistl. Verwaltter 449. — Wilh. Frid., Registrator 45.
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Gabelkhofer.
Osswald Gabelkhofer, geb. 3. September 1539 zu Memraingen
als Sohn des Med. Dr. Osswald Gabelkhofer und der Barbara Frd-
schelmoser von Salzbarg, stammte ans einem altadeligen Geschlechte,
welches Jahrhunderte lang Bayern angehörte und grosse Ritter- und
Lehen-Güter daselbst besass. Um 1467 verliess das Geschlecht der
damaligen Eriegszeiten wegen das Vaterland, liess sich in Oesterreich,
Kärndten, Steyermark, der Forstlichen Grafschaft Cyli und andern
benachbarten Fürstentümern nieder und verzweigte sich daselbst in
grosser Anzahl.
Der vorbenannte Vater Gabelkhofers, der ein Sohn Wolff-
gangs III. Gabelkhofer und der Margaretha Pöglen (welches Ge-
schlecht hernach den Freiherrntitel führte) war, kam von Steier-
mark nach Memmingen, wo ihm, wie schon bemerkt, sein Sohn
Ossuoald geboren wurde.
Letzterer widmete sich zu Tübingen dem Studium der Medicin
und doctorirte 1563 zu Bologna.
Im Jahr 1563 ernannte ihn Herzog Christoph zum Stadtarzt
in Göppingen. Mehrmals wurden ihm in der Folge von verschiedenen
Kurfürsten und Reichsstädten ansehnliche Stellen offerirt, welche er
indess der reinen Religion wegen jedesmal ausschlug.
1580 zum Hofarzt Herzog Ludwigs ernannt, starb er, nach-
dem er 4 regierenden Herzogen von Württemberg in 54 jähriger
Dienstzeit die erspriesslichsten Dienste mit besonderer Treue geleistet
hatte, 31. December 1616.
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- 218 —
In der von dem Herzoglich Württembergischen Bath und Probst
in Stuttgart, Erasmus Grüninger, auf ihn gehaltenen Leichenrede
heisst es u. A. wörtlich wie folgt:
„Ueber dem, dass er ein sehr nutzliches Arzneibuch schrieb,
versah er auch gleichzeitig die Stelle eines Württembergischen
Bibliothekars und lag, da er grosse Lust und Liebe für das Studium
der Geschichte und der Genealogie hegte, denselben mit ausserordent-
lichem Eifer und unsäglicher Mühe ob. Aus allerhöchstem Auftrag
schrieb er die heute noch als vorzüglich geltende Württembergische
Geschichte, welche er nebst seinem Sohne, der ihm adjungirt worden
war, innerhalb 20 Jahren ausarbeitete."
Durch seinen aussergewöhnlichen Pleiss und durch Benützung
der Urkunden und Actenstücke, die er im Archive vorfand, war es
ihm möglich, Verschiedenes, was bisher nur von einem Geschichts-
forscher den andern nacherzählt worden war, auszumerzen, wobei ihn
in der letzten Zeit sein nachbenannter Sohn Johann Jacob Gäbel-
khofer, der ebenfalls Leibarzt und zugleich merkwürdigerweise als
Begistrator (Archivar) angestellt war, unterstützte. Gabelhhofer war,
wie Pfaff in seinem „Württembergischen Plutarch" sagt, ein Mann
von trefflichem Charakter, Geiste, redlich, mildthätig, (die Armen
behandelte er stets unentgeltlich), fromm, eifrig und treu in seinem
Berufe. Er vereinte viel theoretische Kenntnisse mit einem ausge-
breiteten praktischen Wissen, aber sein wichtigstes Verdienst, das ihn
eigentlich unsterblich machte, sind seine Arbeiten über die Württem-
bergische Geschichte.
Seine Gattin war seit 1565 Ursula, Tochter des Dr. Uieronymus
Cterhart, Herzoglich Württembergischen Vice-Canzlers.
Kinder:
. I. Barbara Gabelkhofer, geb. 28. August 1576, verm. mit dem
Vogt zu Maulbronn Heinrich Eberhard Herbst.
II. Ursula, geb. 16. December 1581, vermählt mit dem Prälaten
zu Blaubeuren Joseph Osiander,
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— 214 —
III. Wolfgang Gabelkhofer, Med. Dr. und Physikus in Calw.
IV. Hieronymus Gabelkhofer, Herzogl. Württembergischer Canzlei-
Advocat.
V. Johann Jacob Gabelkhofer, Herzogl. Württembergischer Leib-
arzt und Hofregistrator.
VI. Christoph Gabelkhofer, J. U. Lic, widmete sich dem Studium
der Rechte zu Tübingen, Jena, Giessen und wieder zu Tübingen,
worauf er von der Gräfin Elisabetha von Manderscheid, geb.
Gräfin von Stolberg, zu deren Rath ernannt wurde. Nach dem
Tode der Letzteren kam er in gleicher Eigenschaft zu den
beiden Preiherrn Hermann und Moritz von Criechingen.
1624 wurde er Stadt-Ammann in Esslingen, 1627 Bürger-
meister dieser Stadt. Nachdem er noch zum Besten der Stadt
zwei Reisen zum Könige von Schweden in dessen Lager unter-
nommen, starb er den 19. Mai 1632. Seine Gattin war seit
1616 Barbara, Tochter des Reichs-Ritterschaftlichen Secretars
Jerg Jang.
Ebenfalls dieser Familie gehörte an:
Wolfgang Gabelkhofer, Pfarrer zu Eschingen 1561 — 1566,
t 1566.
Das Fürstlich Württemberglscho Dienerbach enthält folgende Gabtlkhovtr (Gabel-
chover): Hier oh., CantzleiAdvoc. 93. — Joh. Jak., Archivar 38. — ■ Oswald, LeibMedlc u.
Historie. 38, 104, Stattphysic. 436. Wolffg., LeibMedic. 195.
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Gärtner.
Acliatius Gärtner, wurde zu Tübingen den 23. November 1662
als Sohn des in Folge des dreissigjäbrigen Krieges aus seiner Wohnung
und seinen Aemtern zu Weissenburg am Sand der Beligion wegen
vertriebenen Acfaatlns Gärtner geboren. Derselbe erlernte die Phar-
macopoea und wurde nach Absolvirung dieses Studiums von seinem
Herzoge einer Gesandtschaft nach Spanien als Beichs-Apotheker em-
pfohlen, welche Sendung er jedoch ablehnte, da er dabei für seine
Religion fürchtete.
Hierauf wurde er an dem chemischen Laboratorium der Einhorn-
Apotheke in Würzburg angestellt, wo er bald darauf zum Hofapo-
theker ernannt werden sollte, was er wiederum wegen Gefahrdung
seiner Religion abschlug, da er, wie es wörtlich heisst, „vielmehr
das ewige Gut dem zeitlichen Glück vorzog." Von Würzburg aus
kam er nach Frankfurt a. M., von da nach Nürnberg als Provisor
in die StöberUn schs Apotheke. Nach dem französischen Einfall und
der Einäscherung der Stadt Calw wurde er von 16 Apothekern in
Anbetracht seiner besonderen Wissenschaften zur Wiederaufrichtung
der dortigen Apotheke berufen, auch zuletzt als Stadt- und Land-
Apotheker in Calw angestellt, ein Amt, das er 36 Jahre lang als
ein Jedermann, besonders aber den Nothleiden*len,'sich gerne behülf-
lich erzeigender Mann verwaltete. Er starb 3. April 1728.
Seine Ehegattin war seit 20. August 1695 Maria Elisabeth»,
Tochter des Bürgermeisters und engeren Landschafts-Ausschuss-, auch
Handlung8-Compagnie- Verwandten Christoph Meyer. Söhne:
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- 216 -
I. Achatias Gärtner, Land- und Stadt- Apotheker - in Calw, verm.
seit 17. August 1723 mit Regina Margaretha, Tochter des
Special-Superintendenten und Stadtpfarrers zu Wildberg Uher,
welcher Ehe 2 Söhne entsprossten.
II. Christoph Gärtner, Herzoglich Württembergischer Hofgerichts-
Advocat.
III. Joseph Gärtner, geb. 23. Januar 1707. Derselbe hatte in
seiner Jugend den M. Flattich, nachmaligen Garnisonsprediger
in Kehl, zuletzt Pfarrer zu Münchingen, zum Informator, stu-
dirte hierauf zu Tübingen unter den Doctoren Elias und
Alexander Gammer er Mediän, begab sich 1729 auf Reisen
nach .Heidelberg, Frankfurt, Giessen, Coblenz, Bonn, Cöln,
Aachen, Löwen, Maastricht, Brüssel, Antwerpen und weiter bis
Amsterdam und nach England. Von da reiste er über
Dover und Calais nach Paris, wo er sich längere Zeit aufhielt,
und kehrte, nachdem er inzwischen 1730 von der Tübinger
Universität zum Doctor der Medicin ernannt worden war, einige
Monate später über Nancy, Luneville, Colmar, Strassburg,
Kastadt und Carlsruhe nach Hause zurück.
Als er 1731 die Ernennung zum Herzoglich Württem-
bergischen wircklichen Hofmedicus erhalten, auch eben zu
Ludwigsburg durch den abgelegten Eid Possession genommen
hatte, überfiel ihn zu Stuttgart ein hitziges Fieber, welchem
er den 21. Juli 1731 in seiner Vaterstadt Calw erlag.
Seine Gattin war Eva Maria, Tochter des Johann
Ludwig Wagner, Handlungs-Compagnie-Verwandten in Calw.
Derselben Familie gehören an:
Joseph Gärtner, geb. 1732 in Calw; er widmete sich zu Tü-
bingen und Göttingen dem Studium der Medicin, verlegte sich aber,
ob er gleich keinen Theil dieser Wissenschaft vernachlässigte, haupt-
sächlich auf Botanik.
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— 217 —
Nachdem er mehrere Jahre Europa bereist hatte, wurde er
zum Professor der Anatomie in Tübingen ernannt und erhielt bald
darauf einen Ruf nach St. Petersburg, dem er auch 1768 folgte.
Zwei Jahre lang wirkte er als Professor der Botanik und Director
des botanischen Gartens daselbst, indem er zugleich seine Stellung
zu vielen Reisen bis in die Ukraine, wo er für die Pflanzenwelt eine
Menge neuer Entdeckungen machte, benützte. So fasste er den Ge-
danken, den inneren Bau der Früchte und Samen der Gewächse ge-
nauer und umfassender, als bisher geschehen war, mit dem anato-
mischen Messer und dem Mikroskop zu untersuchen und hiemit die
Grundlagen zu einer Classification der Gewächse zu gewinnen, auf
welche dann Jussieu sein natürliches System gründete. 1770 kehrte
er ins Vaterland zurück, wo er als Privatmann lebte und sich mit
botanischen Studien beschäftigte. Noch als älterer Mann unternahm
er mehrere Reisen nach England und Holland und starb 1791. Die
von ihm begründete Unterscheidung der Pflanzen nach der Frucht-
bildung gab der Botanik eine neue Richtung. Eine Fortsetzung
seines bedeutendsten Werkes »de fructibus et seminibus« mit 180
Kupfertafeln nach Gärtners eigenen Zeichnungen, Stuttgart 1789,
gab sein nachbenannter Sohn unter dem Titel: >Supplementum
carpologiae«, Leipzig 1805, heraus. —
Carl Friedrich von Gärtner, Dr. med., Sohn des Vorigen, geb. 1.
Mai 1772 in Calw, liess sich, nachdem er seine Studien an der hohen
Karlsschule zu Stuttgart und an der Universität Tübingen, dann in Göt-
tingen vollendet und wissenschaftliche Reisen durch Deutschland, Holland,
England und Frankreich gemacht hatte, als praktischer Arzt in Calw
nieder, widmete sich aber daneben fortwährend dem Studium der Natur-
wissenschaften und insbesondere der Botanik. Im Jahre 1824 begann
er seine Untersuchungen über die Befruchtung der Gewächse und die
Bastarderzeugung, welche er in beinahe 10,000 Versuchen ein Vfer-
teljahrhundert hindurch fortsetzte, und zu deren ungestörter Betrei-
bung er sich von der ärztlichen Praxis zurückzog. Nachdem er schon
1837 für die erste Veröffentlichung seiner Arbeit von der hollän-
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dischen Akademie der Wissenschaften zu Harlein den goldenen Ehren-
preis nebst der ausserordentlichen Belohnung erhalten hatte, erschien
das vollendete Werk in zwei Bänden 1844 and 1849. Die von
Vater und Sohn hinterlassene bedeutende Sammlung von Naturgegen-
ständen aus allen Naturreichen machte die Tochter des Sohnes, Emma,
im Jahre 1860 dem botanischen Institut der Universität Tübingen
zum Geschenk, worunter insbesondere ein reiches Herbarium, ferner
die historisch merkwürdige Sammlang der Früchte und Samen, deren
Untersuchung den Stoff zu der classischeu Carpologie geliefert hat.
Eine weitere Tochter Bertha Emilie Caroline, geb. 21. August
1824, ist seit 28. Mai 1859 die Gattin des Dr. phil. Bcrnliard
Hückel, geb. 19. Mai 1826 im Departement de bas Bhin.
Gärtner war mit Sybille Christians, geb. Wagner, vermählt
und starb ohne mäunliche Nachkommenschaft zu hinterlassen, im
Jahre 1850.
Das Fürstlich Württembergische Dienerbuch enthält nur einen Beamten Namens
Gärtner: Christoph, Vogt 282.
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Gärttner.
Carl Friedrich von Gärttner, geb. 16. Nov. 1787, Sohn des aus
Zelle in Hannover stammenden Stadtum gelders in Backnang Christian
Heinrich Gärttner und der Margaretha, geb. Baumeister, machte an-
fangs 8 Jahre lang als Unterlieutenant die Napoleon ischen Feldzüge mit,
wohnte der Völkerschlacht bei Leipzig bei, wurde Regimentsarzt und er-
hielt in dem letzten Feldzug, welchen er im Jahr 1814 nach Frank-
reich machte, den Königl. Civil- Verdienst-Orden , nahm seine Ent-
lassung, studirte in der Folge noch zu Tübingen und machte solche
Fortschritte, dass ihm 1816 die erledigte Stelle eines Universitäts-
Operateurs übertragen wurde. 1817 wurde er Lehrer an der, mit der
klinischen Anstalt verbundenen wundärztlichen und Hebammenschule
und erhielt am Reformationsjubelfeste das Diplom eines Doctors der
Chirurgie, in welch letzterer er in tausendfältigen Operationen sich
Jahre lang Erfahrungen gesammelt hatte. Im folgenden Jahre wurde
er ausserordentlicher Professor und starb 17. Oct. 1833.
Gattin: seit 12. Oktober 1817 Louise Friederike, Tochter des
Universitäls-Cameralverwalters Jöh. Fried. Gess. Kinder:
I.« Carl Friedrich Gärttner, Pharmaceut in Stuttgart, geb. 27. Juli
1818, verm. seit 25. Nov. 1847 mit Bertha, Tochter des t
Stadtraths Merkel in Stuttgart.
II. Gustav Hermann Gärttner, practischer Arzt in Tübingen, geb.
10. Oct. 1820, verm. mit Louise Bossert von Tübingen.
III. Heinrich Otto von Gärttner, geb. zu Tübingen 26. April 1822,
Dr. med. et chir. , Augenarzt, Königlicher Leibarzt, Ober-
Medicinalrath ; verm. I. seit 18. Juli 1857 mit Rosine Louise,
geb. Schumann; II. seit 13. September 1864 mit Clara,
Tochter des Fabrikanten Merkel in Esslingen.
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IV. Oskar Wilhelm Gärttner, geb. 19. December 1830, Oberamte-
actuar in Tübingen, Reg.-Assessor in Stuttgart, verm. mit Auguste
Elsässer, Tochter des Pfarrers Elsässer in Kaltenwesten. —
Carl Gottlob Christian von Gärttner, geb. zu Bietigheim den
14. September 1788 als Sohn des Kameral Verwalters in Bietigheim
Philipp Ludwig Gärttner, Königlich Wörttembergischer Geheimer Le-
gationsrath, Staatsrat!), dann vom 31. August 1844 bis 9. März 1848
Finanzminister, Mitglied des Geheimen Raths, vormals Hofkammer-
Präsident, lebenslängliches Mitglied der Kammer der Standesherren,
Ehrenmitglied der Centralstelle für Landwirtschaft, Commenthur des
Ordens der Württembergischen Krone, Grosskreuz des Friedrichs-
Ordens, sowie des portugiesischen Ordens des hl. Jacob vom Schwert.
Er starb 18. Juli 1861 im 72. Jahre seines Alters.
von Gärttner war ein Mann von aussergewöhnlicher Befähigung
und mit Recht sagte von ihm der Präsident der Kammer der Standes-
herren, dass durch seinen Tod die erste Kammer eines ihrer thätigsten
und ausgezeichnetsten Mitglieder, hervorragend durch hohe Einsicht
und unermüdeten rastlosen Eifer, verloren habe.
Seine Gattin war seit 23. September 1815 Friederike, geb.
Autenrieth. Kinder :
I. Marie, geb. 2. Juli 1828, verm. 3. Jan. 1847 mit dem General-
director der K. K. Oesterreichischen Südbahn, auch Königlich
Württerabergischera Oberbaurath von Etzel in Wien.
IL Sophie, verm. 3. Mai 1847 mit Generalconsul von Georgii-
Georgenau.
III. Eduard von Gärttner, Königlich Württembergischer Staatsrath
und Cabinets-Chef, verm. seit 10. Jan. 1852 mit Emilit, geb.
Kuhn. Eine Schwester der Letzteren, Ottilie Caroline, wurde
29. September 1855 die Gattin des Bankiers Wilhelm Georgii*
Sohns des 1852 t Bergraths Georgii in Stuttgart, weicher
* Ein Bruder desselben, Paul Georg Eberhard, geb. 15. August 1812, ist Ober-
amtsrlchtcr in Rottweil, Ritter den Friedrichsordens, vermählt mit Anna, Tochter des t
Med. Dr. Lipp, aus welcher Ehe eine Tochter Namens Marie, geb. 29. November 1867
hervorging.
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Ehe 1 Sohn Namens Alfred, geb. 27. Mai 1864, entsprosste;
eine weitere Schwester Julie, geb. 17. September 1837, ist seit
23. October 1866 die Gattin des Particuliers Breitling; ein Bruder
endlich, Carl Kuhn, Particulier, geb. 27. September 1838,
vermählte sich am 29. Mai 1869 mit Agnes, geb. Reuss. —
Gottlob Gärttner, Bruder des Vorigen, Königlich Württember-
gischer Oberzollinspector in Ulm, starb vor mehreren Jahren daselbst.
Gattin: Emilie, geb. Diefenbach. —
Ein weiterer Bruder war:
Ludwig August von Gärttner, geb. 30. Sept. 1790, Präsident
der Oberrechnungs-Kammer, Ritter des Kron-Ordens, Commenthur I.
Classe des Friedrichsordens, langjähriger Vorstand der Centralleitung
des Wohlthätigkeitsvereins. Derselbe war, nachdem er früher den
Oberämtern Besigheim und Cannstatt vorgestanden hatte, 1837 — 48
Stadtdirektor in Stuttgart, hatte 1866 sein 50 jähriges Dienstjubiläum
gefeiert, und sich 1868 in den Pensionsstand zurückgezogen. In
den Jahren 1826 — 1830 hat er das Amt Heilbronn als Abgeordneter
in der zweiten Kammer vertreten.
Gattin: seit 2. August 1823 Caroline Wilhelmine, geb. Wolff,
t 4. Februar 1830. Sohn:
Emil August Gärttner, geb. 26. Mai 1824, Begierungsrath
a. D., Bitter des Friedrichs-Ordens, venu. 25. Juli 1854 mit Ottilie
August*, Tochter des Fabrikanten in Faurndau Adolf Friedrich
Beekh. Kinder:
1) Ottilie, geb. 6. November 1855, verm. 11. December 1873
mit dem Hauptmann v. Flaiz.
2) Julie Emilie, geb. 25. Mai 1857.
3) Marie Eugente, geb. 12. Mai 1860.
4) Elise Augnsta, geb. 19. April 1863.
5) Augnsta Caroline, geb. 10. Juli 1865.
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Gall.
Joseph Anton «all, geb. zu Weil der Stadt 27. März 1748,
erhielt seine Bildung in Rottenburg a. N., Heidelberg und Bruchsal,
wurde Katechet an der k. k. Normalschule in Wien, Hofkaplan der
Kaiserin Maria TJieresia, Pfarrer in Burgschleinitz, Oberster Schul-
inspektor, Domherr in Wien, und von Kaiser Joseph IL, der ihn
hoch schätzte, 1788 zum Bischof in Linz ernannt, wo er am 18. Juni
1807 starb. Sein Tod erregte allgemeines Bedauern. Die Linzer,
denen er besonders bei dem Einfalle der Franzosen sich hilfreich er-
wiesen hatte, beweinten ihn wie einen Vater, und bei seinem Leichen-
begängnisse waren über 15,000 Menschen versammelt. Er war
ein sehr aufgeklärter Mann, von äusserst milder, duldsamer Gesin-
nung und machte sich besonders um Verbesserung des Schulwesens
verdient. Seiner zweiten Heimath hinterliess er aber nicht blos
seine geistigen Schätze, sondern auch reiche Stiftungen zu Schul- und
Lehrzwecken. Er schrieb auch viele interessante Schriften.
Derselben Familie gehörte an:
Franz Johann Joseph Gall, der bekannte Phrenolog, welcher zu
Tiefenbronn den 9. (nach Andern 19.) März 1758, als das 5. von 10
Kindern des dortigen Kaufmanns Joseph Anton Gall und der Maria,
geb. KlUinger, geboren wurde. Sein Vetter, der vorbenannte Bischof
Gall, Hess ihn nach Wien kommen und auf seine Kosten Medicin studiren.
Bis 1805 prakticirte er daselbst als Arzt; während dieser Zeit bil-
dete er seine neue anatomische Lehre vom Schädel und Gehirn aus,
die sich auf die Wahrnehmung gründet, dass gewissen ausgezeich-
neten Geistesvermögen eine bestimmte äussere Schädelbildung und
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umgekehrt entspreche. In dieser Beziehung heisst die GalVsche Lehre
Kranioscopie, Kraniologie (Topographie des Schädels). Sie stützte
sich auf die Vorstellung, dass das elementare Leben auf 24 Funk-
tionen oder auf Anlagen wie Verschlagenheit, Sinn für Farben, Kindes-
liebe etc. beruhe und erregte be; ihrem ersten Auftreten ungeheures
Aufsehen.
Da man im Gehirn etwa 60 verschiedene Theile unterscheidet,
so brauchte Gall einen Leitfaden, um zu erfahren, welche Theile
denn das Ganze ausmachen und glaubte nun diesen, da er Sonderungen
im Gehirn nicht finden konnte, in den Erhebungen des Schädels con-
statiren zu können.
Seine Schüler haben dann die Topographie des Schädels allein
zur Wissenschaft gemacht, dadurch aber das wenige Gute von der
Lehre ihres Meisters vollends verdorben.
Heutzutage ist GalVs Lehre ein überwundener Standpunkt, in-
dem die gedachten Andeutungen am äusseren Schädel in den wenig-
sten Fällen so scharf sind, dass sie für sich herausgehoben einen
sicheren Schluss verstatten; zudem erscheint es auch meistenteils
sehr fraglich, ob solche Erhöhungen nicht weit eher von den vielerlei
Verletzungen und Krankheiten, denen der Mensch in der frühesten
Jugend schon ausgesetzt ist, herrühren.
Gegen GalVs Lehre schrieben: Johs. Müller in seinem „Handbuch
der Physiologie des Menschen" und Flurant „la Phrenologie etc." 1863.
Immerhin aber war Gall ein geistreicher Mann und feiner
Beobachter, der durch seine Lehre jedenfalls der Wissenschaft nützte.
Gall starb in Paris am 22. August 1828.
Dm Fürstlich Wärttembergische Dienerbuch enthält folgende höhere Beamte
de« Namens Gall: Christoph, Stadtschreiber 864. — Joh. Andreas, Stadtschreiber 366;
Vogt 609. — Joh. Christoph, Stadtschreiber 366. — Joh. Ernst, Amptschreiber 260. 287.
- PhU. Frid., Vogt 488. 610.
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Georgii, Georgi, Georgy.
»Die württembergische Familie Georgii* stammt, nach den eigen-
händigen Aufzeichnungen des im Jahre 1837 im Alter von 75 Jahren
zu Andeer in Graubündten verstorbenen Obersten von Schorsch, von einer
anno 1298 aus Pavia nach Splügen in Graubündten eingewanderten
Familie ab, welch 1 letztere sich auch Schorsch, Georg, Georgii und
a Georgiis schrieb. Von Pavia kam Georg a Georgiis 1298 nach
Splügen und wurde 1325 Landamman des ßheinwalds. Dessen Nach-
kommen nennt Guler unter den rhätischen Edeln; sie bekleideten
grösstenteils Jahrhunderte hindurch angesehene Staatsämter im Veltlin
oder zeichneten sich in fremden Kriegsdiensten aus und wurden dann
freilich, wie Andere auch, in die wiederholten politischen Parteiungen
verwickelt.
Landeshauptmann Georg von Georgii z. B. half nach dem zweiten
Müsser-Krieg 1531 Frieden schliessen mit Johann Jacob von Medicis,
und ging bald darauf als Gesandter zum Erzherzog Ferdinand von Oester-
reich. Ritter Georg von Georgii unterzeichnete 1622 „im Namen des
Hochgerichts ßheinwald und Schams tt den von ihm mitabgeschlossenen
Mailänder Vertrag. Mit Oberst Georg von Schorsch in Splügen, starb
1837 das Geschlecht, das auch zu Andeer, Thusis und Flims Vertreter
* 8o Dr. Lech» er' s, Pfarrers in Thusis, 1875 erschienenes Werkchen „Tnus!*."*
In einer Lebensbeschreibung des t Ober-Tribunal-Prasidenten von Georgii, welche in dem
schwäbischen Volksbilderkalender vom Jahr 1847 erschienen und von Generalcontul
von Georgii in der von Letzterem veröffentlichten „Sammlung von Lebensbeschreibungen,
Briefen und sonstigen Urkunden, betreffend die Georgii'Bche Familie, zugleich Beiträge
zur Geschichte Württembergs und Deutschlands ; Stuttgart 1876/ wieder gegeben ist. be-
findet sich u. A. folgende Stelle: „er — der Ober-Tribunal-Präsident — stammte aus einer
jener altehrwürdigen Familien, welche wie die Varnbüler und Duvernoy (die Familien
Duvernoy und Georgii waren seit 1762 verschwägert) erst aus der Schweiz und aus Frank-
reich eingewandert waren.*
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hatte, in Graubündten ans. Der Genannte bestätigte in seinen
Familien - Schriften , was auch andere Geschichtswerke (darunter
das helvetische Lexikon von Leu) berichten, dass im XVII. Jahr-
hundert seine Vorfahren sich auch nach Württemberg verzweigten
und dort hohe Ehrenstellen erhielten. Ein Nachkomme dieser in der
Württembergischen Geschichte wohlbekannten Familie, der Königlich
Niederländische Generalconsul von Georgii-Georgenau in Stuttgart,
in dessen Händen sich auch eine Sammlung der schweizerischen
Familien-Urkunden befindet, hat eine interessante Sammlung von
Familienurkunden drucken lassen. Die Georgii waren auch verwandt
mit den Salis, Planta, BuoU etc.
Von demjenigen Stamme, der vor nunmehr bald zwei Jahr-
hunderten in Württemberg eingewandert ist, mag in erster Linie hier
aufgeführt werden:
Johann Eberhard von tieorgil, Herzoglich Württembergischer
Staatsminister und Consistorial -Präsident, Excellenz, mitvormundschaft-
licher würklicher Geheimdeßath und Gesandter am Hofe Friedrichs
des Grossen zu Berlin, geb. 1694, t 1772. Sein Vater Hans Martin,
war Pfalzgräflich Veldenz'scher Amtmann der Grafschaft Lützelstein,
Markgräflich Badischer Vogt von Durlach zur Zeit der Zerstörung
dieser Stadt durch die Franzosen, als welcher er als Abgesandter
des Markgrafen Magnus, mit dem er auch in Basel weilte, vielfach
mit dem feindlichen General zu verkehren hatte; ferner war er Land-
vogt der Markgrafschaft Hochberg und nach seiner Einwanderung in
Württemberg Herzoglich Württembergischer Rath und Vogt von Urach,
auch erster Erwerber der im Wittlinger Thal gelegenen Erblehengüter
tfeorgenau.* Er war vermählt seit 1687 mit Margaretha, Tochter
des Markgräflich Badischen Raths KiefTer**, J. U. Lt., und der
Susanna Margaretha, Tochter des J. U. Dr. Dagger (Dagker).
Der Grossvater Johann Eberhard's war der Hof- und Kammer-
* Ha** Martin hatte 7 Söhne, von denen nur ein einziger Namens PtUr unver-
mahlt starb.
** Dessen einzige Schwester, Sophia Margaretha, war die Gattin des Geheimen-
raths ä Kulpi».
v. Georgii-Georgenau, Biographisch- Genealogische Blätter etc. 15
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— 226 —
Rath »des weltberühmten eifrig evangelischen Fürsten und Herrn
Herrn Leopoldi Ludovici, Pfalzgrafen bei Rhein, Herzogen in Bayern,
Grafen zu Veldenz« Jacob Simon tfeorgii,* geb. 1629, f 1702 zu
Hornberg**; er bekleidete auch mehrere Jahre lang das Amt eines
Assessors des Grossen Raths der freien Reichsstadt Strassburg.
Die Wegnahme Strassburgs durch Ludwig XIV. 1681 und
der Widerruf des Ediktes von Nantes bewirkten, dass er mit seiner
Familie dieser Stadt den Rücken kehrte. Er zog mit seinem vor-
benannten Sohn Hans Martin nach Württemberg, das er nunmehr
zu seinem bleibenden Aufenthaltsort wählte, während ein anderer Sohn
von ihm, Jacob Simon, t als Hofrath, nach Bayern sich begab. Ein
Sohn des Letzteren, Friedrich Ludwig, starb gleichfalls als Ans-
bachischer Hofrath. Jacob Simon Georgii (der Vater) war bei seiner
Uebersiedelung nach Württemberg neben seinem Sohne auch von seiner
ihm am 6. October 1657 angetrauten Gattin Eva Johanna, geb. von
Stänger,*** »welche«, wie die ihr gehaltene Leichenrede vom 19. Decbr.
1700 sagt, »obgleich aus einem alt vornehmen Geschlecht geboren,
wegen der sehr grossen dreissigjährigen Kriegsdrangsalen mit der liebsten
Frau Mutter sich nach Strassburg aus dem Rheingräflichen und von
da ihren Gütern retiriren, nachmals in anno 1690 durch die franzö-
sische gewaltthätige Verfolgung ihr Vaterland, Wohnung und Güter im
Elsass und Westerich quittiren, anbei fast all ihr zeitliches Vermögen
im Stich lassen, hernach sich heraus ins Reich begeben müssen.« —
* Eine Tochter von ihm, Johanna EUsabelha, war die Gattin Heinrich» von OeUn-
Sacken, Generaladjutant des Prinzen Louis von Württemberg, Kaiserlichen und de« Schwabi-
schen Kreises Generalfeldmarschalls.
** Daselbst bekleidete sein Sohn Samson, geb. 18. Februar 1664, t 1735, die Vogts-
und OberamtmannssteUe. Derselbe hatte von 1689 — 1692 den Grafen von Hanau in der
Eigenschaft eines Secretärs und Proourators ftsci provincialis auf dessen Reisen in Frank-
reich, den Niederlanden und Spanien begleitet. Seine Gattin war seit 21. Mai 1695
Roeamumde, Tochter des OberstUeutenants und Commandanten von Hohentwlel von Roth.
Von seinen Kindern zogen einige nach Sachsen ; aus diesem Stamme gingen bis zu An-
fang des XIX. Jahrhunderts verschiedene Geistliche und Medioiner hervor..
*** Tochter des Hochgr&fl. Rheingrifl. Raths und Vogts der Herrschaft Mörchingen
und Diemeringen, Samson von Stangen (der Stänger genannt) auf Falkenstein und Deh-
lingen (ein Sameon von Stangen war Liegnitz'scher Rath, t 1608) — und der Maria
Elieabetha, geb. von Bütchler, genannt Schleieher, deren Vater Offizier zu Hagenau gewesen.
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— 227 —
Johann Eberhard trat nach vollendetem Stadium der Rechts-
wissenschaft auf Empfehlung des damals in Wien weilenden Herzogs
Carl Alexander von Württemberg, K. K. Feldmarschalls, in Oester-
reichische Dienste und machte anfangs als Auditor, später als
General-Auditor und Kriegs-Secretär unter dem Commando der Grafen
Caraffa und Mercy von 1717 bis 1720 die Spanisch-Sicili sehen
Kriege mit. In letztgenannter Stellung erhielt er nach dem Abschluss
des Friedens den Auftrag, die Huldigung auf den Liparischen Inseln
einzunehmen, worauf er eine Reise nach Livorno, Venedig, Mailand,
in die Schweiz und nach Lothringen machte. Doch nun erwachte in
ihm die Sehnsucht nach dem Vaterlande nnd er kehrte nach 6jähriger
Abwesenheit wieder nach Württemberg zurück und wurde von seinem
Herzoge im Jahre 1722 zum Regierungsrath ernannt. Als solcher
siedelte er auch im Jahr 1727 mit der Kanzlei nach Ludwigsburg über.
1731 wurde er Kammer- Procurator, 1736 aber Kammer- Director.
,, Segensreich war sein Wirken in diesen Aemtern, denn treu und
redlich diente er seinem Fürsten und Vaterlande; durch seinen Fleiss
und seine Geschicklichkeit, durch die Gewandtheit und die mancherlei Er-
fahrungen, welche er in seiner früheren Laufbahn erworben hatte, leistete
er ihnen die ersprießlichsten Dienste. Er sorgte eifrig für die Empor-
bringung des zerrütteten Kamraergutes, der Gewerbe und des Handels; er
gab die Veranlassung zu Gründung des Zucht- und Arbeitshauses in Lud-
wigsburg (1736) und brachte auch sonst manche guten Gesetze und An-
stalten in Vorschlag. Er wurde zu mancherlei Sendungen in Staats-,
Finanz- nnd Handels -Angelegenheiten nach der Pfalz, nach Bayern
und Würzburg gesandt, und vollbrachte sie grösstenteils glücklich.
Auch Süss-Oppenheimer , welcher jetzt ans Ruder kam, hätte
daher gerne den so brauchbaren Mann, den man in seinem Amte
nicht leicht entbehren konnte, beibehalten, aber Georgias unbestech-
liche Redlichkeit Hess sich nicht für seine Plane gewinnen. Unbe-
sorgt, was daraus für ihn entstehen würde, nur seiner Pflicht ein-
gedenk, legte er die schändlichen Betrügereien des Süss im Münz-
wesen dem Herzog offen vor Augen und — bekam darauf plötzlich
seine Entlassung (26. December 1736).
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Doch damit war die Rache des berüchtigten Finanzkünstlers
noch nicht gesättigt, er wollte seinen Widersacher ganz verderben;
einer seiner Spiessgesellen , der Regierungs-Rath von Lamprechts,
musste den abgesetzten Kammer-Director wegen ungetreuer Amtsführung
verklagen und nun kam der Befehl,, ehe diese untersucht sei, sollte
sich Georgii nicht entfernen.
Dieser hatte zwar das beste Bewusstsein, allein dennoch musste
er Schlimmes fürchten, denn es wäre das Erstemal nicht gewesen,
dass Süss mit seinen Helfershelfern durch niedrige Ränke, durch heil-
lose Verfälschungen und schändliche List auch den redlichsten Mann
als einen Verbrecher dargestellt hätte.
Aber der schnelle Tod des Herzogs rettete Georgii, der Vormund
Karl Eugens setzte ihn in seine Aemter wieder ein, die Anklage gegen
ihn ward untersucht, er unschuldig befunden und nun Lamprechts zu einer
Ehren-Erklärung verurtheilt, welche Georgii ihm grossmüthig erliess.
Im Jahre 1738 wurde er zum Geheimen-Rath ernannt und
arbeitete nun vereint mit Büfinger, Hardenberg und den übrigen
Mitgliedern der Vormundschaftlichen Regierung für Württembergs Wohl.
In den gefährlichen Zeiten von 1741 — 1744, wo 'die Be-
hauptung der Neutralität für Württemberg fast zur Unmöglichkeit
wurde, die religiösen Wirren des Landes aber eine Lösung verlangten
und die Württembergischen Besitzungen im Elsass von Frankreich
sequestrirt waren, wurde er zum mitvormundschaftlichen würklichen
Geheimden Rath (Administrationsrath) und Gesandten am Hoflager
Friedrichs des Grossen in Berlin ernannt. Dort verweilte er mit den
drei Württembergischen Prinzen Karl Eugen, Ludwig Eugen und
Friedrich Eugen, die nach einander den Württembergischen Thron
bestiegen, theils um die Oberaufsicht über ihre Erziehung zu führen,
theils um die Angelegenheiten Württembergs, welches sich damals
näher an Preussen anschloss, zu besorgen, 3 Jahre, indem er auch
der Uebergabe der Majorennitäts-Urkunde Kaiser KarVs VII. durch
Friedrich den Grossen an Herzog Karl den 5. Februar 1744 im
Königlichen Schlosse zu Berlin anwohnte. Seit 1755 verband er
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mit seiner bisherigen Stelle auch die eines Präsidenten des Con-
si8toriums. Es war diess ein Posten, wozu viel Gewandtheit gehörte,
denn die Vermittlung und Fürsprache Preussens war damals in so
mancher, zum Theil sehr wichtigen, Angelegenheit nöthig, und in
Berlin musste Vieles, was zu Stuttgart eingeleitet worden war, erst
ausgemacht werden. Georgii musste daher die Preussischen Mi-
nister zu gewinnen suchen, was ziemlich Geld kostete, denn, wie
er an Bilßnger schreibt, in Berlin war damals Nichts umsonst, als
der Tod, jeder jagte dem andern einen Hasen in die Küche. Er
musste gegen fremde Umtriebe, wie gegen eine feindselige Partei am
preussischen Hofe selbst kämpfen, welche, in Verbindung mit dorn
Bischof von Würzburg, ihm eifrig entgegen wirkte, sogar seine Briefe
and Berichte unterwegs auffieng, und ihm Alles, was sie konnte, zu
Leid that. Denn er arbeitete gegen ihren Plan, die Volljährigkeit
Karl Eugen's zu beschleunigen, anstatt, wie sie ihm den Antrag ge-
macht hatte, ihn zu befördern.
Wegen Verwerfung des von Montmartin aufgestellten neuen
ungerechten Steuerplans fiel er abermals in Ungnade. Karl Eugen
selbst erkannte sein Unrecht bald, im Jahr 1766 bot er Georgii
die Wiedereinsetzung in alle seine vorigen Aemter an. Dieser aber
schlug sie aus, er hatte zu viel Erfahrungen über die Unbeständigkeit
der fürstlichen Gunst, über den täuschenden Schimmer hoher Würden
gemacht, als dass er sich hätte in seine frühere Lage zurückwünschen
sollen. Er wollte den Schluss seines Lebens in Buhe zubringen,
seine Blicke, der Erde abgewendet, waren auf das Jenseits gerichtet,
und in der Beschäftigung mit Wissenschaften, mit der Geschichte,
vornehmlich mit der Naturkunde und der klassischen Literatur, in
einem ausgebreiteten freundschaftlichen Briefwechsel und in der Er-
ziehung seiner hoffnungsvollen Enkel, welche neben seinem Zimmer
wohnten und lernten, suchte er seine Erholung, suchte er eine Ruhe,
welche er im Geräusche des Staatslebens so lange hatte entbehren müssen."
üeber die Georgii zu Theil gewordenen, ehrenvollen diplo-
matischen Aufträge geben die Eingangs erwähnten, die Georgii' 'sehe
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Familie betreffenden Sammlungen und in solchen insbesondere folgende
durch den Druck veröffentlichte Urkunden und Acten nähere Auskunft:
I. Acten, betreffend die Sendung nach Mömpelgard zur Posses-
sionsergreifung dieses Landes im Fall eintretenden Todes Herzogs
Leopold Eberhard von Württemberg -Mömpelgard und deren Aus-
führung d. a. 1723.
IL Acten über die Mission an den französischen Marschall von
Berwick und Intendanten de Brou zu Contributions- Verhandlungen
d. a. 1733; dessgleichen:
III. Zu dem Generallieutenant Quadt nach Pforzheim, ferner
IV. Zum Herzoge, der mit des Kaisers Armee zu Heilbronn stand.
V. Gesandtschafts-Relationen aus Berlin de annis 1741 — 1744.
VI. Originalbrief der Herzogin Maria, den Befehl an Oberst
von Laubshy enthaltend, in Angelegenheiten der Prinzen über alles,
was es auch Namen haben möge, mit Georgii, in den sie grosses
Vertrauen setze, zu conferiren.
VII. Das Creditif Georgiis als Abgesandten* an Friedrich den
Grossen.
VIIL Antwortschreiben Friedrich^ des Grossen, welches also lautet:
„Durchlauchtiger Fürst, Freundlich Lieber Vetter.
Da Eure Liebden, wie ich aus Dero freundvetterlichem
Schreiben vom 28. Dezember des jüngst abgewichenen Jahres er-
sehen, gut gefunden, den an mich accreditirt gewesenen Mitvor-
mundschaft!. Würklichen Geheimerath von Georgii von hier zu-
rückzuberufen, So habe Ich Ihm nicht nur hiemit das wohlverdiente
Zeugniss von seiner hieselbst mit vieler prudence, Dexteritaet und
Geschicklichkeit und zu meinem ganz besonderen Vergnügen ge-
führeten Negotiation ertheilen, sondern Euer Liebden auch er-
suchen wollen, Ihm in Allem, was Deroselben Er von Meinetwegen
zu hinterbringen haben wird, völligen Glauben beizulegen, als wohin
ich mich beziehe und woraus Euer Liebden Beydes, Meine dem
* Vergl. hierüber auch den von Dr. Paul Stark in den Württembergischen Jahr-
büchern für das Jahr 1875 veröffentlichten Aufsatz: „Fürstliche Personen des Hause«
Württemberg und Ihre bewährten Diener im Zeitalter Friedrichs des Grossen.*
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dortigen Fürstlichen Hause beständig gewidmete Freundschaft
und die aufrichtige Zuneigung zu verspüren haben werden, mit
welchen ich ohnausgesetzet bin und bleibe
Eurer Liebden Freundwilliger Vetter
Friedrich.
Berlin, den 3. Januar 1744.
Graf von Podewils.
An den Herzog Administrator C W. Borcke.
zu Württemberg.
IX. Acten über die nach Absterben des Kaisers Carl VII.
erfolgte Sendung nach Augsburg, nebst Berichten an den regierenden
Herzog Karl von Württemberg, aus den Monaten Februar-April 1745,
betreffend Georgias Verkehr mit dem Feldmarschall Grafen von
Sechendorf, während der Verhandlungen, welche den Füssener Frieden
zur Folge hatten; ebenso
X. Ueber die Mission an den Kaiserl. K. Feldmarschall Grafen
von Traun wegen Abwendung einer beschwerlichen Cantonirung der
Königlichen Armee im Schwäbischen Kreise, d. a. 1745. Endlich
XI. Ueber eine Mission nach Mömpelgard zur Besitzergreifung
der von Frankreich bis dahin sequestrirten , nunmehr restituirten
Seigneurien 1747.
» Johann Eberhard war ein Mann von seltener Kraft, offen und
ohne Rückhalt, entfernt von allen kleinlichen Rücksichten, in hohem
Grade uneigennützig und wohlthätig. Professor Scybold in seinem
»Vaterländischen Historionbüchlein « Tübingen 1801 äusserst sich
folgendermassen über ihn: »Den Erbvergleich, 2. März 1770, der
einen Theil der Magna Charta ausmacht, zu erleben, mithin seine
Grundsätze gerechtfertigt zu sehen, hatte er noch die Freude. Wie
ruhig er sterben könne, im Bewusstsein seiner Verdienste unTs Vater-
land — sagte ihm ein Freund in der letzten Viertelstunde seines
Lebens.« »Meine Beruhigung ist das Vertrauen auf Gottes Gnade!«
antwortete der Sterbende.« —
Der 20. Juni 1772 war sein Todestag.
Pf äff sagt : „Neben Bilfwger y Gemmingen etc. wird der Freund
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des Vaterlandes auch Georgias Namen immer mit Liebe und
Achtung nennen.«
Derselben Familie entstammten:
1) Friedrich Heinrich Georgii, geb. 23. December 1692, Her-
zoglich Württemb. Landschafts -Consulent und wirklicher Regierungs-
rath, wirkte als ausserordentlicher Bevollmächtigter im Jahre 1742
beim Kaiserlichen Reichshofrath in Frankfurt a. M. während der An-
wesenheit Kaiser CarVs VII. die Bestätigung der Württembergischen
Privilegien aus, unterstützt durch seinen vorbenannten Bruder, Staats-
minister G-eorgii, der damals am Hofe Friedrichs des Grossen dessen
Verwendung für die Sache beim Kaiser erlangte. Er starb 28. Aug. 1755
und hinterliess 4 Söhne, von denen nur einer, Namens Peter, kinderlos
starb; in II. Generation stammt von ihm Friedrich Heinrich Anglist
von Georgii, der als Pfarrer in Degerloch im Jahre 1834 starb. —
2) Jacob Simon, geb. 8. März 1698, Bruder Friedrich Heinrich 1 s,
Herzoglich Württ. Amtmann, f 1764 in Feuerthal bei Schaff hausen.
Gattin : Anna Catharina, geb. An hörn von Hartwies. (Schweiz.) Sohn :
Jacob Friedrich, geb. 25. Januar 1734, Reichsgräflich Lim-
burgischer Regierungsruth und Oborforstmeister, dessen weitere Nach-
kommen indess unbekannt sind. —
3) Philipp Anton, geb. 22. Mai 1702, ebenfalls Bruder Fried-
rich Heinrichs, Herzoglich Württemberg ischer Hofrath und Oberamt-
mann, t 7.0ctober 1771; eine Tochter von ihm, Maria Friderica, wurde
die Gattin des Hessen-Darmstädtischen Geheimenraths Wilhelm Gottfried
von Moser, Sohns des berühmten Landschafts-Consulenten von Moser. —
4) Friedrich Carl, geb. 23. April 1704, Bruder des Vorigen,
Herzoglich Württembergischer Vogt ao. 1739; von ihm stammen in
III. Generation Lonis von Georgii, geb. 1810, Prälat zu Tübingen
und August Wilhelm Georgii, geb. 1812, Bruder des Vorigen, f als
Decan zu Balingen. —
5) Eberhard Angnst,* geb. 22. Juli 1700, ebenfalls Bruder
* Derselbe erhielt im 23. Jahre seines Alters als damaliger Kanzlei-Dircctor von
den Bürgern der Stadt Ravensburg eine mit silbernen Bändern beschlagene Bibel (Jetzt
im Besitze des Herrn Generalconsuls von Georgii- Oeorgenau zu Stuttgart) zum Geschenke.
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des Staatsministers, studirte zu Pont ä Mousson in Lothringen und zu
Strassburg die Rechte, wurde schon im 23. Jahre Kanzlei-Director
der freien Reichsstadt Ravensburg, hierauf Syndicus daselbst 1735, und
nachmals einer unmittelbaren freien Reichsritterschaft, Orts am
Neckar und Schwarzwald, Consulent. Er starb 11. Juli 1742. .
Gattin: seit 11. April 1724 Anna, geb. you Weltz, Tochter
des Wohl- Adeligen Patriciats- und eines Consistorii Präsidenten Thomas
you Weltz in Lindau und der Anna, geb. you Ebertz. Sohn:
Heinrich August, geb. 22. Juli 1732, Herzoglich Württem-
bergischer Special-Superintendent und Decan , t 31. Juli 1797.
Gattin: seit 17. August 1762 Maria Friderica, Tochter des
J. U. Lt., Herzoglich Württemberg. Vogts und Raths Johann Reinhard
Rosser und der Eberhardina Louisa, geb. you Keller,* Tochter des
Herzoglich Württemb. Oberstlieutenants Fried. Heinrich von Keller. —
6) Christian Eberhard von Georgii, geb. 18. Novbr. 1724,
Chevalier, Herzoglich Württembergischer General, Commenthur** etc.
Derselbe trat 11. Dec. 1741 als Fähnrich bei dem Württembergischen
Kürassier-Regiment »Herzogin Maria Augusta von Württemberg«
ein und gieng mit dem Regiment, als dasselbe 1741 zu einem
Dragoner-Regiment umgewandelt wurde und im Mai 1742 in König-
lich preussische Dienste kam, in solche über. 1750 kam von Georgii
aus preussischen Diensten zurück und avancirte 1750 zum Haupt-
* Brüder von ihm waren : Joh. David von Keller, Herzoglich Württembergischer
Hofrath und Chrietoph Dietrich von Keller, Erb- und Gerichtsherr auf Stetten, Fürstlich
Sachsen-Gothaischer und Herzoglich Württembergischer wirklicher adeliger Geheimerrath.
•• Cf. hierüber Wagner** „Geschichte der Hohen Karls-Sebule*, Würzburg 1866,
in welchem Werke bei Beschreibung des Festes der Einweihung der Karle-Akademie,
vom 11. Februar 1782, sich nachstehende, der Stuttgarter privilegirten Zeitung entnom-
mene Stelle findet: „Stuttgart, den 17. Februar. Es war Seiner Herzoglichen Durchlaucht
gnädigst gefällig, Dero höchstes Geburtsfest, den festlichsten Tag für aUe Dero treue
ünterthanen, zur Einweihung Höchst Dero Karls-Akademie zu bestimmen. Schon vor-
her waren hieza viele vornehme Deputirte von den benachbarten Hochstiften, Ritter,
Cantons, Reichsstädten, auswärtigen Universitäten und Herzoglichen Landstädten ange-
kommen etc. etc. Nachdem hierauf Seine Herzogliche Durchlaucht die Generalmajors
r. Gemmingen, v. Gabelem, ». Holle, v. Harling, v. Bouwinghamen und v. Georgii zu Com-
mandeurs de« Herzoglich militärischen St. Karlsordens gnädigst ernannt hatten, so ver-
fügten sie sich zom Gottesdienst in die Herzoglich Catholische Hofcapelle 1 * etc. etc.
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mann, hierauf zum Major im Februar 1757, zum Oberstlieutenant
im April 1757, erhielt als solcher in dem Feldzug 1757 das Com-
mando des dritten Grenadier-Bataillons, wurde in der unglücklichen
Schlacht bei Leuthen von den Preussen gefangen und kam 1759
aus preussischer Gefangenschaft (Magdeburg) wieder zurück. 1759
im Februar wurde er zum Oberst ernannt unter gleichzeitiger Ver-
setzung zum Dragoner-Regiment von Degenfeld, dann Regiments-
Commandant bis 1765, wo das Regiment in die Reduction fiel.
Wie so viele Officiere wurde er als reducirter geführt bis 11.
April 1770, von welcher Zeit an er zum Regiment Grenadiers ä Cheval
ä la suite kam. 1771 erhielt er den Charakter als Geueralmajor,
wurde zugleich Regiments-Commandant, bis er 11. Februar 1772
wirklicher Generalmajor wurde; 1775 im November zum Stadt-
Commandanten von Stuttgart ernannt, starb er 15. October 1796.
»Er war ein dem Rechte wie dem Vaterland treu und fest er-
gebener Charakter.« —
7) Eberhard Friedrich von Georgii, Dr. jur., Excellenz, Com-
menthur etc., geb. 18. Januar 1757. Derselbe las bereits 1780 als
Professor an der Hohen Karls-Schule, wohin der Herzog die talent-
vollsten Köpfe berief, über Natur und Kriegsrecht. Von hier aas
wurde er Oberamtmann, dann I. Rath und Stellvertreter des Kirchen-
raths-Directors, und zugleich Consistorial- und Regierungsrath 1788.
Im Jahr 1797 ging von Georgii als ausserordentlicher Abgesandter der
Württembergischen Landschaft zum Fried enscongress nach Rastatt und
wurde 1817 zum Obertribunal-Director, 1819 aber zum Präsidenten dieses
Tribunals und ausserordentlichen Mitglied des Geheimen Raths ernannt.
Von besonderem Interesse sind seine Gesandtschafts-Berichte
von Rastatt, namentlich über die Audienz bei Napoleon.*
Bei seiner ganzen Geschäftslaufbahn, besonders aber, seitdem
er in einer höchst kritischen Zeit von der württembergischen Land-
schaft in ihren Dienst berufen worden war, hatte er sich als einen
* Conf. die in obenerwähntem Urkundenbnche, Seite 8», aufgeführte Vollmacht
der Stände, sowie den Bericht über seine erste Unterredung mit dem damaligen General
Buonaparte im Jahre 1797.
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muthigen Vertheidiger der Rechte und der Verfassung des Landes
erwiesen und sich dadurch die Achtung, die dem Patrioten gebührt,
in vollem Masse erworben ; als er aber im Jahre 1 805, da das alte
constitutionelle Gesetz mit allen demselben gemässen Institutionen
mit einem Schlage zertrümmert wurde, einer der wenigen öffentlichen
Diener war, die den Eid des unbedingten Gehorsams verweigerten,
ward ihm von seinen Landsleuten, welche, obgleich fügsamer in das
Gebot der Gewalt, als er, doch das Edle in dieser Weigerung leb-
haft fohlten, der Name des letzten Württembergers zuerkannt.
Als Rechtsgelehrter und früherer Professor des Kriegsrechts
der hohen Karlsschule war er schon durch seine amtliche Laufbahn
ein ausgezeichneter Kenner der früheren Staats- und kirchenrechtlichen
Verhältnisse seines Vaterlandes, ein grosser Verehrer des römischen
Civilrechts, als derjenigen Gesetzgebung, welche in ihren meisten
Theilen dem Ideal eines allgemeinen Vernunftrechts am nächsten
komme, durchdrungen von der Würde und Heiligkeit des Richter-
Amts und ein eifriger Vertheidiger der Befugnisse desselben.
»Georgii hat den seit mehreren Jahrhunderten in seiner Familie
fortvererbten Grund-Charakter männlicher Kraft, unerschütterlichen
Rechts-Sinnes und christlicher Religiosität treulich bewahrt. Er war
tiefdurchdrungen von dem höheren Endzwecke des irdischen Daseins,
wie auch von den Offenbarungen des Christenthums , das er als
höchstes Bedürfniss und einzige Beruhigung des Menschengeschlechts
betrachtete. Mit Gelassenheit, ja Freudigkeit sah er dem Tode ent-
gegen, so dass er noch in den letzten Stunden seines irdischen Da-
seins von seinem baldigen Dahinscheiden mit der entschiedensten
Ruhe sprach. Er hatte das Glück, bis zu seinem Tode in vollem
Besitze seiner Geisteskräfte zu sein.
Zu seiner Zeit ein wahrer Hort dor kirchlichen Angelegenheiten
war er zugleich von unermüdlicher Thätigkeit für Alles, was er als
dem allgemeinen Besten zuträglich erkannte.« —
Seine schriftstellerischen Arbeiten im philosophisch-juridischen
und politischen Fache sind bekannt.
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8) Carl Gottlob von Georgii, geb. 1771, aus Sächsischer Linie,
Herzogl. Hauptmann und Compagnie-Chef des Regiments von Koseritz
(VII. Württ. Prinz Paul) 1803, garnisonirte bis 19. Sept. 1812 in Dan-
zig an der Ostsee, wo er von Ende Augusts bis Mitte Septembers in
den Vorwerken von Danzig-Fahrwaschen und Weichselmünde das Bom-
bardement der russisch-schwedischen Scheerenflotte zu bestehen hatte.
Am 20. September trat das Regiment den Marsch nach Russland an und
kam 19. October nach Minok , wurde hier von dem Gouverneur
Bronihowski wegen der aus der Moldau anrückenden russischen Corps
von Tschitschagow aufgehalten, am 16. November angegriffen und
retirirte nach Borisow, woselbst es den Brückenkopf zu besetzen hatte.
Den 21. Nov. erstürmten die Russen den Brückenkopf und die Stadt
Borisow ; die Division Dombrowsky, zu welcher das Regiment gehörte, trat
den Rückweg nach Smolensk an. Gleichzeitig fand der Rückzug der
ganzen grossen französischen Armee von Moskau nach Borisow statt.
In dem Gefecht am 21. November 1812 wurde Hauptmann
von Georgii von den Russen gefangen und starb, wie später einige aus
der Gefangenschaft Zurückkehrende versicherten, an Hunger und Kälte. —
9) Augast Eberhard von Georgii, Grosskreuz des Ordens di
S. Giorgio della riunione, Ritter des St. Mauritius- und Lazarus-
Ordens, Inhaber des Königlich Preussischen Ordens pour le merite etc.,
geb. 27. Juli 1768, Kaiserlich Königlich Oesterreichischer Brigade-
General in Mantua, Festungs-Commandant von Gaeta. Nach den Auf-
zeichnungen seines Adjutanten Baron Gerstner ', nachmaligem k. k. Feld-
marschall-Lieutenants, genoss von Georgii bei den böhmischen Regimen-
tern einen ausgezeichneten Ruf der Tapferkeit, welchen er sich als Com-
mandant eines Grenadier-Bataillons im Feldzuge .des Jahres 1809 in
den Schlachten von Eckmühl, Aspern und Wagram erworben hat.
Feldzüge, die er mitgemacht hat: Gegen die Türken 1789;
gegen die Niederländischen Insurgenten 1790; gegen Frankreich
1792, 1793, 1794, 1796, 1797, 1799, 1800, 1805, 1809, 1813,
1814 und 1815; gegen Neapel 1821. Den 9. Mai 1826 wurde
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er mit seinem Wagen umgeworfen, brach das rechte Schenkelbein
und starb darauf in Mantua, wo er auch beigesetzt wurde.
(Conf. Lebensbeschreibung des K. K. Oesterr. Generals August
Eberhard von Georgii, verfasst von seinem ehemaligen Adjutanten,
dem nachmaligen K. K. Oesterreichischen Feldmarschall-Lieutenaut
Baron von ßerstner, d. d. 24. April 1857, desgl. von Feldmarschall-
Lieutenant Heller von Hellwald, d. d. Capua 31. Oct. 1823.) —
10) Eberhard Heinrich von Georgii, geb. 2. September 1765,
General- Auditor der Königl. Württembergischen Armee mit Obersten
Bang — eine Stelle, die König Friedrich geschaffen und die in
directem Rapport mit dem Könige stand — nachmaliger Königlich
WUrttembergischer Ober - Tribunal - Director in Stuttgart. Commen-
thur etc., f 26. Mai 1841. Gattin: seit 12. Juli 1787 Henriette,
geb. von Wider (»Wider von der Au«). Sohn:
Eberhard Heinrich, geb. 9. Mai 1788, Bergrath und Gutsbe-
sitzer, auch Theilhaber der Compagnie, welche unter dem Namen »Calwer
Haus in Stuttgart« seit 100 Jahren im In- und Auslande bekannt ist,
f 4. November 1852 mit Hinterlassung von 5 Söhnen und 3 Töchtern.
Gattin: seit 12. October 1810 Wilhelmine, geb. Dörtenbach,
t 28. April 1875. —
Weitere und eingehendere Mittheilungen über diese Familie, sowie
Aber bedeutendere Mitglieder derselben finden sich in dem bereits erwähn-
ten archival. beglaubigten Urkundenbuche, herausgegeben von dem
Sohne des Vorigen, dem Königl. Niederländischen General-Consul Emil
Wilhelm von Georgii-Geor genau, geb. 1. December 1820, vermählt
seit 3. Mai 1847 mit Sophie Emilie, Tochter des t Staatsministers
von Gürttner, sowie in den bezüglichen Nachtragsblättern, resp.
weiter gesammelten Urkunden.
Dm Fürstlich Württemberg! sc he Dienertmch enthält folgende Georgii (Georgy):
Geh. Bath 107. — Dar. Samson, Special 373. — Eberh. Frid., Qel. O.Rath 68, Kirch. Cast.-
Adroc. 149; O Amtmann 409: Vogt 384; Weltl.Consi8t.Rath 140. — Eberh. Heinr., Cl Pfleger
319 : Pfleger 487 ; Vogt 395. — Franz Jae., StifftaVerwaltter 566. — Frid. Carl, Vogt 568,
«9. — Frid. Heinr. , Reg.B.8ecretar 72; Vogt 576. — Heinr. Äug , Special 378. — Joh.
Eberh., CammerProcnrator 109: ConsisiPräsident 136; Gel. Geh.Rath 27. — Joh. Frid.,
KeUer 584; Vogt 314, 485. — Joh Heinr., ViaitatSecretar. 158. — Joh. Mart., Vogt 306,
589. — Joh. Phil., Vogt 391. — Phil., Anton, Vogt 589. - Samson, Exped.Rath 111 ; O.
Ambtmami 469; Vogt 606, 515.
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Gerlach.
Stephan tf erlach wurde den 26. December 1546 zu Knittlingen
als Sohn des Georg: Stephan Gerlach, Steinmetzen aus Oesterreich,
welcher des Anabaptismus verdächtig mit seiner Familie nach Mähren
flöchten musste und zuletzt nach Württemberg kam, geboren.
Stephan besuchte das Herzogliche Pädagogium in Stuttgart,
kam von da nach Maulbronn , wurde 1564 Baccalaureus , 1567
Magister und widmete sich hierauf dem Studium der Theologie in
Tübingen.
1573 wurde er Reiseprediger des Kaiserlichen Gesandten bei
der Ottomanischen Pforte zu Constantinopel, Freiherrn Dav. Ungnad
von Sonneg, welches Amt er 5 V* Jahre bekleidete, wobei er mit den
Griechischen Kirchen-Patriarchen in enge Beziehungen trat, auch ihnen
ihre Kirchen-Ceremonien und griechischen Predigten verbessern half.
Nach seiner 1579 erfolgten Rückkehr von Constantinopel erlangte
er den Doctorstitel und wurde zum Professor der Theologie in
Tübingen, später zum Pro-Kanzler ernannt. 33 Jahre lang wirkte
er an der Tübinger Hochschule als hochverständiger trefflicher Theologe
und. starb 30. Januar 1612. Eine eingehende Biographie von ihm
findet sich bei Fischlin, »Memoria Theologorum Wirtembergensium
Resuscitatac, Ulm 1710.
Seine Ehegattin war Brigitta, Tochter des Herzoglich Württem-
bergischen Hofarztes Johann Schwärt z, welcher Ehe 4 Söhne und
5 Töchter entsprossten.
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— 239 —
Kinder :
I. Julia, vorm. mit dem Univeraitäts-Syndicus Joh. Eberh. Gilg,
J. ü. Li.
II. Theodora, f als Gattin des M. Thumm.
III. Margaretha, verm. mit dem Stiftsprediger in Stuttgart M.
Jacob Grab.
IV. Christina, verm. mit dem Pfarrer in Nussdorf, M. David
Schmidlin.
# V. Theophil Gerlach, f ccelebs.
VI. Ellsäns Gerlach, Pfarrer in Bernhausen, verm. mit Susanna,
geb. Kraus. Sohn:
Stephan Ger lach, geb. 6. Mai 1621. Derselbe er-
hielt seinen ersten Unterricht in Stuttgart und Tübingen,
wurde 1637 in das theologische Stipendium zu Tübingen
aufgenommen, worauf er den 3. März 1641 unter dem
Decan M. Johann Martin Rauscher Magister philoe. wurde.
Er begab sich zu seiner weiteren wissenschaftlichen Aus-
bildung über Lübeck nach Königsberg und studirte dort
4 Jahre und nachher noch einige Zeit in Helmstedt. 1653
kehrte er in sein Vaterland zurück und wurde Pfarrer zu
Beinstein. 1657 berief ihn Churfurst Carl Ludwig von
der Pfalz als Professor der Kirchengeschichte und kirchlichen
Altertümer nach Heidelberg, welche Stelle er 36 Jahre
lang bekleidete, bis zu der 1693 eingetretenen traurigen
Katastrophe in Heidelberg, wobei er sein ganzes Eigenthum
mit seiner Bibliothek verlor.
Er wurde htedurch veranlasst, in sein Vaterland zu-
rückzukehren und nahm seinen Aufenthalt in Tübingen, er-
hielt auch eine Pension und den Titel eines Professors
honor. Antiquitatum ecclesiasticarum. Er starb 12. Juni
1697 xu Tübingen. Seine Gattinnen waren:
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T. C'ordnla Sophia, Tochter des J. Cons. und Pro-
curators am Reichskammer-Gericht zu Speier Sigmund
Hafner, welche im ersten Wochenbette mit dem Töchterlein,
das sie geboren, starb; II. Regina Margaretba, Tochter
des Raths in Stuttgart Laurentius Herbort, mit welcher
ihr Gatte 18 Jahre in kinderloser Ehe lebte; III. Elisabeth,
Wittwe des Quirinus Berband, Churpfalz. Obristwachtiueisters.
VII. Johann Georg Gerlach, f als theol. stndiosns.
VIII. Samuel Gerlach, geb. zu Tübingen, Dia Conus zu Göppingen,
Pfarrer in Kilchberg, Decan in Wildbad, in Göppingen, verm.
I. mit Helena, Tochter des Abts zu Hirsau JoA. Hucel; II.
mit Snsanna, Tochter des Vogts in Güglingen Johann Steeb ;
t 1639. —
Elisäns Gerlach, Sohn des Vorigen, ebenfalls zn Göp-
pingen geboren 24. Juni 1634, Diaconus zu Bietigheim,
verm. mit Jnllana Margaretha, Tochter des Med. Dr. und
Phjsikus in Reutlingen Johann Rudolph Camerer.
Gerlach starb 17. Januar 1704 als Pastor in Mittel-
stadt, O.-A. Urach.
Söhne des Letzteren:
I. Samuel Gerlach, geb. in Unter-Oewisheim 1. October
1664, Vicar zu Mittelstadt, starb unverheirathet.
IL Johann Christoph, Med. Dr. , Herzoglich Wfirttember-
gischer Rath und Leibarzt, geboren den 2. October 1670
zu Unter - Oewisheim, O.-A. Maulbronn, besuchte die
lateinische Schule in Tübingen und widmete sich in der
Folge daselbst dem Studium der Medicin. 1692 bereiste
er Ulm, Nördlingen, Nürnberg und Altdorf, wo er mit
vielen berühmten Aerzten und Physikern, als D. Beutel,
Bommel, Lmtüius, den beiden Volckmar, Lechner,
Hofmann, Brun und Sturm bekannt wurde. Nach seiner
Rückkehr dkputirte er pro Licentia (1693) und erlaugte
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gleichzeitig mit den nachmaligen Aerzten Brodbeck in
Herrenberg und Caspar in Sulz den Grad eines Doctors,
• worauf er ein Jahr lang in Tübingen praotizirte.
1694 folgte er einem Rufe als ausserordentlicher
Land-Physikus nach Göppingen, von wo er indess 1695
wieder nach Tübingen zurückkehrte. Im Frühjahr 1696
erhielt er die Stelle eines ordentlichen Land-Physicus in
Calw, mit welcher die Inspection des Teinacher Sauer-
bronnens, des Wildbades und Zeller-Bades verbunden war.
Da er sich in dieser Zeit durch seine grosse Erfahrung,
• Kenntnisse, wie durch Klugheit, Leutseligkeit, Freund-
lichkeit allgemein beliebt machte, verlieh ihm im Jahr
1708 sein Herzog den Charakter und Rang eines Raths
und Leib-Medicus, 1713 aber die volle Besoldung eines
Leibarztes.
Er starb den 25. März 1716 an Apoplexie, einer
Todesart, die er sich anderthalb Jahre vorher beim Ver-
scheiden seines auf der Kanzel vom Schlage betroffenen
Freundes Dr. Frommann gewünscht hatte.
Seine Ehegemahlin war seit 30. October 1693,
dem Tage seines Doctorats, Maria Catharina, Tochter
des Professors der Theologie Dr. Michael Müller,
damaligen Stadtpfarrers und nachherigen Kanzlers.
Kinder :
I. Jollana Sibylla, verm. mit dem Med. Dr., auch Stadt- und
Amtsarzt in Nürtingen Georg Tobias Weismann, Sohne des
Prälaten in Maulbronn.
II. Justin* Maria, verm. mit dem Kanzlei- und Hofgerich ts-
Advocaten Jacob Heinrich Tafel, Sohne des Johann Hein-
rich Tafel, ritterschaftlichen Raths.
III. Maria Catharina, verm. mit dem Hofgerichts-Advocaten in
Tübingen Heinrich Cammerer.
v. Gtorgii-Qeorgenau, Biogrophiech-Oenealogiache Butter etc. 16
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IV. Samuel Gerlach, geb. in Calw 1697, Pfarrer zu Neckar-
thailfingen, t 1728. Gattin: Christina Barbara, Tochter
des Stadtschreibers Pfeilstieker in Laufen.
V. Christoph David Gerlach, J. U. Lic, Professor der Rechte,
t 1742.
VI. Christian Gerlach«
Ebenfalls dieser Familie entstammte:
Samuel Gerlach, Pfarrer in Grebyn bei Danzig, Stadtpfarrer
in Heubach 1652, Decan in Wildbad 1655, in Markgröningen 1670,
Abt zu St. Georgen 1675, t 1686.
Seine Gattin war Christina, geb. Witternalk aus Flensburg in
Holstein.
Dm Fürstlich Wurttembergiache Dienerinich enthilt folgende höhere Beamte des
Namens Gerlach: Extraord. LeibMedic. 196. — Georg, Keller 396; Vogt 394. — Harns
Andr., Vogt 626. — Joh. Andr., Ambtmann 471. — Joh Georg, Vogt 386. — Leonh. (lAemkJ,
Oaisü. Verwalter 697 ; Cl. Vogt 313, 696. — 8am., Abt 336 ; Pfarrer 441, 610, 613. —
Stephan, CanceUar. 679.
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Gerok.
Karl Friedrich tob Gerok, Königl. Württembergischer Prälat
und Oberhofprediger, Oberkonsistorialrath , als Canzelrednor wie als
Dichter gleich berühmt und verehrt, wurde den 30. Januar 1815
zu Vaihingen an der Enz geboren.
Sein Vater war Christoph Friedrich von Gerok, Prälat a. D.,
Mitglied der Kammer vom langen Landtag (1848) an bis 1860, R. d.
0. d. w. Kr., t 2. Juli 1865; die Mutter Charlotte, Tochter des De-
cans in Dürrmenz Johann Ludwig Lenz; der Grossvater Christoph
Friedrich Gerok, Pfarrer in Ofterdingen; die Grossmutter Louise,
geb. Dapp; der ürgrossvater Georg Friedrich Gerok, Herzoglich
Württemb. Vogt und Keller in Neidlingen, auf dessen an der
Anssenwand der Kirche zu Neidlingen eingemauertem Grabsteine
die Worte eingegraben sind: »Hier ruht die Asche eines würdigen
Greisen, eines Christen, eines Freundes Gottes und der Menschen,
des weil. Tit. Herrn Georg Friedrich Gerok, seit anno 1736
gewesenen Herzoglich Württembergischen Vogts und Kellers zu
Neidlingen, geb. anno 1705 zu Grossenbottwar, vermählt anno
1733 den 8. September zu Neidlingen, gestorben anno 1793 den
13. Jan. — Dem würdigen Greisen und treuesten Vater widmen
dieses Grabmal dessen hinterlassene 9 Kinder: 1. Maria Frie-
derika Memmingerin. 2. Beate Christiana Budthartin. 3. Maria
Juditlia Wunderlichin. 4. WüMmina Sabina Wagnerin. 5. Maria
Agnes Brechtin. 6. M. Christoph Friedrich, Diak. zu Weilheim
(der obengenannte Grossvater Geroks). 7. Amandus Friedrich,
Oberamtmann zu Alpirsbach. 8. Heinrika Dorothea, (We. eines
Dr. Landerer). 9. Gottlob Friedrich, Diak. zu Kirchheim an der
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Teck (starb als Pfarrer in Rosswag). Leichentext 2. Tim. 4, 7.
8.« Die Urgross mutter war Agnes Friederike eine geb. Kerner,
deren Gedächtnisstafel an derselben Kirche die Worte trägt: »Zum
Andenken der allhier ruhenden Tit. Frau Agnes Friederika Gerokin,
geb. Kernerin. Geb. anno 1712 d. 11. Mai zu Göppingen, verm.
den n. s. w. u. s. w., mit dem sie 16 Kinder erzeugte, t anno
1779 d. 9. März. Der 47 Jahre getreuesten Gattin, der zärtlich-
sten Mutter, der wahren Verehrerin der Religion widmen dieses
Grabmal dero hinterlassener Wittwer und 9 Kinder. Leichentext
Hiob 19. Vers 25—27.« Der Ürur-Grossvater war Johann Frie-
drich Gerok, Gerichtsverwandter und Hospitalpfleger in Grossbottwar,
in Weilheim u./Teck, geb. 18. Oct. 1676; die Urur-Grossmutter
Anna Hegina, Tochter des Stadtpfarrers in Winnenden Johann Georg
Hegel; der Urur-Urgrossvater Johann Friedrich Gerok, gleichfalls
Gerichtsverwandter und Hospitalpfleger, geb. 1649, dessen Vater
Jacob Gerok, vieljähriger Bürgermeister, als ein frommer Mann den
31. Januar 1687 hn 84. Jahre seines Alters starb.
Karl von Gerok fahrt in seinen »Jugenderinnerungen«, Bielefeld
und Leipzig 1876, selbst an, dass weherhinauf die Kirchenbücher iu
Gross-Bottwar nicht reichen, wie sie denn im 30jährigen Kriege fast
allenthalben im Lande vernichtet worden seien. Nur ein altes würtfcem-
bergisches Magisterbuch fähre im vorigen Jahrhundert einen Bischof
Gerok in Nordamerika auf. Ebenso habe er schon als Jünghng mit
froher Ueberraschung in Goethefs Selbstbiographie eine Familie Gerok
zu Frankfurt verzeichnet gefunden, deren zahlreiche Trichter mit der
Schwester Goethe* s Kornelia, eng befreundet gewesen seien.
»Die stolzeste, freilich auch unsicherste Familienermnerung unsrbs
Hauses aber« — so heisst es in den »Jugenderinnerungen« weiter
— »reicht in die graue Vorzeit zurück. In Dr. Baur's, des
berühmten Stifters der neueren Tübinger Schule, Vorlesung über
Kirchengeschichte, die ich im Jahre 1836 hörte, ging eines Morgens
eine heitere Bewegung durch den Hörsal und alle Blicke richteten
sich theilnehmend auf mich, als der verehrte Lehrer — nicht ohne
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wohlwollendes Lächeln — einen Propst Geroch in Reichersberg auf-
führte, der sich in den kirchlichen Händeln unter Kaiser Heinrich IV.
hervorgethan habe. Ich acceptirte natürlich sofort, um so unbe-
denklicher, da der Cölibat der Kleriker eben damals von Gregor VII.
erst durchgeführt wurde, die Abstammung von dieser verschollenen
Celebrität und spürte derselben gelegentlich weiter nach. — Ein
alter Schweinslederband mit merkwürdigen Holzschnitten, Werlichius
Kronik der Reichsstadt Augsburg, Frankfurt a. M. 1595, im Besitz
meines Schwagers, des Oberkriegsraths Dr. von Kapff, sagt im »an-
dern Theil«, S. 50, zum Jahr 1083, in margine: *Gerochus ein
berühmter Priester vom Keyser dess Landes verwiesen.« Daneben
im Text: »Wie auch dazumaien Gerochus oder Gerocalus von
Reichensperg, Priester zu unser Frawen, ein sehr hälftiger Mann,
nicht wenig berhümpt gewesen. Und ob der wol gegenwertigen
Tumult mit einem Büchlein, so er öffentlich aussgehen lassen, zu
stillen sich unterstanden, darinnen aber mehr des Bapsts als des
Keysers Sachen schmückete, ward er vom Keyser in das Elend ver-
trieben.« Der Augsburger Allgemeinen Zeitung, 1866, Nummer
216, Beilage, entnahm ich folgende Notiz. »Ein deutscher Refor-
mator im 12ten Jahrhundert. Probst Gerhoch von Reichersberg am
Inn, 1093 bis 1169. Gebürtig von Polling im südwestlichen Ober-
bayern, eine Zeit lang Scholasticus an der Domschule zu Augsburg.
Sein Grundsatz: Gebt Gott was Gottes und dem Kaiser was des
Kaisers ist, brachte ihn in Konflikt mit Papst und Kaiser. Er
hatte zwei Brüder, Rüdiger und Friedrieh, für die er, da sie ihrer
Ueberzeugung wegen verfolgt wurden, in Pavia bei Kaiser Friedrich L
Schritte that« —
»Also bis hinter die Hohenstaufenzeit reicht der Glanz unsres
Namens zurück, und wenn allerdings auf den Schreiber dieses weder
von dem kirchlichen Reformatorenberuf, noch von der theologischen
Streitlust des »berhümpten« mittelalterlichen Propstes sich etwas ver-
erbt hat, — sollte nicht, fragte ich manchmal die Zweifler und
Spötter in der Familie, der Name „Friedrich", der durch unsere
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Geschlechtsreihe fast ununterbrochen sich fortgepflanzt, sollte nicht
das hohe Alter sowie das cholerische Temperament, welches mein
seliger Grossvater mit jenem streitbaren Kirchenpolitiker gemein hatte,
sollte nicht der geistliche Beruf, dem die Träger unsres Namens auch
in jüngster Zeit so vielfach getreu geblieben sind, sollte nicht das
Alles mindestens ebenso sichere genealogische Anhaltspunkte abgeben,
als die, an welchen so manches erlauchte Geschlechtsregister sich
durch die Nacht der Jahrhunderte hindurch tastet ? Lassen wirs
übrigens dahin gestellt«.
Gattin: seit 15. October 1844 Caroline Friederike Sophie,*
Tochter des Obertribunalraths und Dirigenten des Gerichtshofs in
Tübingen Dr. Johann Friedr. Melchior von Kapff. Kinder:
a. Sophie Luise Charlotte, geb. 22. Juni 1847, verm. 10.
März 1873 mit dem Diaconus in Sulz a. N., Pfarrer in
Maulbronn, Stadtpfarrer in Friedrichshafen, Köstlin.
b. Thekla Maria/ geb. 3. April 1851.
c. Emma Eleonore, geb. 10. Juni 1865.
d. Gustav Adolf, geb. in Böblingen 25. August 1845, Pfarrer
in Weingarten, Helfer in Brackenheim, verm. 28. October
1871 mit Emilie, geb. Goldmann.
e. Carl Christoph, geb. 6. October 1848, Dr. med. und Ober-
amtswundarzt in Göppingen. Gattinnen: 1) seit 1874
Louise, Tochter des Professors Dr. Eduard Friedr. v. Reusen
und der Emilie, geb. Rieeke, t 29. Februar 1876; 2)
vermählt den 19. März 1877 mit Emilie, Schwester der
letzteren.
Kinder: I. Ehe: 1 Sohn; II. Ehe: 1 Tochter.
f. Siegfried Theodor, geb. 25. October 1856.
g. Carl Imannel, geb. 9. März 1860, f 10. April 1866.
h. Erich Theo bald, geb. 19. Januar 1863.
i. Hermann Carl, geb. September 1867, f 10. März 1868-
Geschwister Karl Friedrichs von Gerok:
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I. Louise Christiane Charlotte, geh. 6. August 1819.
11. Charlotte Amalie, geh. 8. Decemher 1820, verm. 4. Juli
1844 mit Diaconus Lang in Sulz, jetzt Prälat in Ulm.
Kinder: 2 Söhne und 1 Tochter.
III. Amalie, geh. 20. Decemher 1821, verm. 1849 mit Gymnasial-
lehrer Kfinkelen in Bern, später Pfarrer in Flein, f 1873.
Kinder: 1 Sohn und 1 Tochter.
IV. Pauline, geh. 10. September 1823, verm. 19. August 1852
mit Stadtpfarrer Oslander in Hall, jetzt Decan in Blaufelden.
3 Kinder.
V. Johanna, geh. 11. Decemher 1828, verm. 14. Mai 1861 mit
Revisor Göz, nachmals Kameralverwalter in Teltnang, jetzt in
Reutlingen.
3 Kinder.
VI. Theodor Friedrieh, geb. 27. März 1816, Dr. und Pharmaceut
in Baltimore, verm. mit einer geb. Speidel, t September 1858
beim Schiffsbrand der Austria.
Kinder: 1 Tochter.
VII. Christoph Friedrieh, geb. 11. December 1817, Kanzleirath in
Tübingen, verm. 14. September 1850 mit Heinrtee Louise,
geb. Kapff.
Kinder: 2 Söhne und 1 Tocbter.
VIII. Heinrieh Eduard Gottlieb, geb. 22. Februar 1826, Pfarrer
in Osteisheim, Stadtpfarrer in Hall, verm. 30. April 1836 mit
Marie, geb. Pistorins.
Dm FnntUch Württemberglsohe Dlenerbueh enthält folgende höhere Beamte
am Kamen« Gtrock: GL VerwaUtter 245. — 0#ory Frid., Vogt 469.
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Gessler.
Aus dieser ehemals Augsburg angehörenden, später im Hohen-
lohischen, jetzt auch im Württembergischen blühenden Familie,*
findet sich im XV. Jahrhundert ein Mitglied als Baumeister der da-
maligen freien Reichsstadt Augsburg verzeichnet.
In Alt- und Neu- Bayern finden sich in dem von Professor
E. L. Rochhole, verfassten Werke „Teil und Gessler in Sage und
Geschichte nach urkundlichen Quellen", Heilbronn 1877, u. A. fol-
gende Gessler verzeichnet:
1319, 8. Mai: Werner Gessler, Priester in Fultenbach. —
1330, 20. Juni: Peter, genannt M eye, Offula, seine Gemahlin und
sein Bruder Dietrich Spijs, Edelknechte, entleihen von der
Lyeba, genannt Flemenzen von Worms, 50 Pfd. Heller und
* Die Familie führt dasselbe Wappen wie die Gesslei- in der 8ohwelz. Letztere
stammen ursprünglich aus dem Aargauer Dörflein Wiggwil, gelegen in den oberen Frei-
ämtern des Aargaus, einem Dörflein, das heute noch wie bei seinem erstmaligen ge-
schichtlichen Vorkommen eine Filiale der alten Pfarrei and Wallfahrt Beinwil ist. . Der
Grund, warum der vielverzweigte GeschlechUname der Gttuler seit dem XVI. Jahrhun-
dert in der inneren Schweiz erlosch' und heute von keinem einzigen dort eingebornen
Geschlechte mehr geführt wird, lag in der allgemeinen Feindseligkeit, mit welcher hier
seit den Kriegen der Länderkantone gegen daB Haus Oesterreich aller habsburgische
Adel betrachtet wurde. Der stehende Ausdruck, mit dem man diese missgdnstige Stim-
mung in den einheimischen OesohichtsqueUen selbst verzeichnet findet, heisst .• „Verhas-
sxmg des Adels*. Nicht etwa erst Kaiser Maximilian /. brachte diese Benennung auf,
sondern er setzte sie bloss frisch in Umlauf, als er in seinem 1499 erlassenen Beichs-
manifeBte (datirt Freiburg im Breisgau, Montag nach Jubilate) den Schweizern zum Vor-
wurf machte : »Die Verfolgimg des teutschen Adels und die Verhassung der teutschen
Nation."
So erloschen vielfach die Namen der alten und geschichtlichen Adelsgeschlechter,
die, zur Auswanderung oder Namensänderung gezwungen, entweder das erstere wählten,
oder durch Befolgung der letzteren, wie die Zurlsuben u. A. mehr, als bürgerliche
Familien sich fortpflanzten.
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geben ihr davon als Zins jährlich 10 Malter Korn. Presen-
tibus : Engllmanno dicto Gesseler, Joh. de Meckinheim, Theo-
dorico de Haselach, militibus ; Theodorieo Gesseler et Petro
Gesseler, armigeris de Lamsheim; Cunrado scnlteto, Hein-
rico dicto Kolbe et Joh. Fabro, hubariis de Wissen. —
1432: Heinrich Gesler, Kaplan zn Mäsenhausen bei Freising, be-
endigt die Abschrift der von Heinr. Hettür (13. Jahrhundert)
gereimten, 23000 Verse haltenden Apokalypse. —
1613: Helena Gessler, Aebtissin der Franziskanerinnen zu Speyer. —
1620: Die Gassler Ton Klaham gehören dem altbaierischen Brief-
adel an. Ihr Wappenbrief stammt jedoch erst von 1620.
Ein P. P. Gässler war 1742 Kurfürstlicher Kriegskassier;
das Adelsdiplom für Joh. Mich. Gässler, Malteserordens-Amt-
mann zu Landshut, ist von 1799.
Ferner mögen aus dem Verzeichnisse der in demselben Werke
geschilderten, weiteren in Deutschland ansässigen Gessler'schen
Linien, Unterabtheilung: Die Gessler von Ulm und Augsburg 1292
bis 1871, folgende hier Erwähnung finden:
1292: Amman von Heysenspurg, genannt Glasier.
1344: 7. März, München. Kaiser Ludwig der Baier genehmigt die
Anweisung von 550 Pfd. Heller, welche sein Sohn seinem
Wirthe Otto dem Bezeerer und Johann dem Geszeler, Bürgern
zu Ulm, gegeben hat.
1361 : Heinrieh der Gessler.
1366, 23. April: Hans der Gösseler, der Alte, Burger zu Ulm,
besiegelt daselbst den an das dortige Spital gemachten Ver-
kauf des Hofes von Ober-Bubenshain. Das Siegel hängt. —
1374, 4. Sept. : Hartmann der Gessler, Ammann zu Ulm, sitzt zu
Gericht daselbst auf dem Kaufhaus und besiegelt mit eine
Urkunde. —
1380, 4. April: Ulrich Gessler, Pfarrer zu Ulm.
1396: Ulrich Gessler, Patricius Ulmensis et Canonicus Augustensis.
1399: Habs Gessler, und seine Hausfrau Eliaabet die Rötin.
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1401, Montag n. Valentin, Rotenburg a. Neckar. — Hang der Gess-
ler t. Ulm und Ulrich v. Rot empfangen von Herzog Leo-
pold v. Oesterreich die Veste Rietheim zu Lehen.
1404, 4. Sept. Tann.: Herzog Friedrich von Oesterreich belehnt
Luczen Gessler, Burger zu Ulm, mit dem Weiler Betlishausen
und dem Hofe zu Eissendorf, des Gesslers Erbe von seinen
Brüdern Hans und Peter.
1419: Ulrich Gessler, Domherr zu Augsburg und Pfarrer zu Ulm;
sein Bruder Lutz Gessler, Burger zu Ulm. —
1425, 24. Sept. : Bürgermeister, Räthe und Richter von Ulm, unter
denen als sechster Ludw. Gessler angeführt steht, bevoll-
mächtigen den Dr. Heinr. Neidhard, das von Papst Martin Y.
genehmigte, mit der Abtei Reichenau unterhandelte Abkommen
zur Erledigung zu bringen, nemlich die Ulmer Pfarrkirche
von genannter Abtei zu eximiren. —
1490: wurde Hans Gessler zu Augsburg als Schüler des Ludw.
Schonauer vor dem Handwerke der dortigen Malerzunft losgesagt.
Er war mehrere Jahre daselbst thätig, ist aber im dor-
tigen noch vorhandenen Malerbuche nicht unter den Todten
eingetragen. —
1500: ca. Felix Faber, Dominikanermönch zu Ulm, t 1502, ver-
fasste daselbst den Tractatus de civitate Ulmensi, handelt
darin von der sechsfachen Standeordnung, nach welcher im 15.
Jahrhundert dio Ulmer Bürgerschaft gegliedert war, und zählt
unter deren dritten Klasse, welche von Mutter oder Vater her
adeliger Abkunft zu sein hatte, das Ulmer Geschlecht der
Gessler mit auf. —
1522, 29. Oct.: Die Familie Gessler hat sich nebst andern Ulmi-
schen Geschlechtern im Kriege gegen Frankreich durch treues
Festhalten an Kaiser und Reich hervorgethan und erhält da-
für von Kaiser Karl V. eine Adelsconfirmation.
Was nun die Eingangs erwähnte Württembergische Linie der
Gessler betrifft, so wohnte dieselbe seit ihrer Auswanderung aus
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— 251 —
Bayern im vorigen Jahrhundert im Hohenlohischen und gehören ihr
aus neuerer Zeit an:
Christian Gessler, Königlich Wfirttembergischer Kameralver-
walter in Ellwangen mit dem Titel Finanzrath, f 6. Januar 1863.
Söhne:
I. Ernst Ton Gessler, Excellenz, geb. 27. October 1818, König-
lich Württembergischer Staatsminister des Innern a. D., Ge-
heimerrath, Grosskreuz des Krön- und Friedr.-Ordens etc.
Gattin: 1) seit 9. Sept. 1845 Luise, Tochter des Ge-
richtshofedirectors Friedrich Ludwig v. Gaupp , t 9. März
1855. 2) seit 1. Mai 1856 Hertha, Tochter des Oberkriegs-
raths August Friedrich Ludwig v. Ströbel in Stuttgart.
Kinder I. Ehe:
1) Luise Mathilde, geb. 16. October 1846, verm. 17.
December 1872 mit Ingenieur Baumann in Heilbronn.
2) Luise Friederike Mathilde, geb. 3. Februar 1855.
3) Ernst, geb. 6. December 1848, Präceptor in Beilstein,
Philolog.
4) Friedlieh Wilhelm, geb. ft. October 1850, Regierungs-
Assessor.
5) Carl Christian Ludwig, geb. 29. Mai 1853, Premier-
Lieutenant, verm. 1. Mai 1876 mit Marie, geb. Bach.
Kinder II. Ehe:
6) Hermann Julius, geb. 27. Februar 1857, med. stud.
7) Ludwig Otto, geb. 22. December 1857, Seecadet.
II. Dr. Theodor tou Gessler, Excellenz, geb. 16. August 1824,
früher Kanzler der Universität in Tübingen, Staatsminister des
Kirchen- und Schulwesens, Grosskreuz des Krön- und Friedrichs-
Ordens etc., bekannt durch seine „Geschichte der Verfassung
Württembergs", Stuttgart 1869.
Gattin seit 12. Aug. 1851 : Mathilde, Tochter des Ge-
richtshof8director8 v. Gaupp in Ellwangen.
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- 252 —
Kinder :
1) Mathilde Luise, geb. 2. Juni 1852, verm. 11. April
1874 mit Archivrath Stalin.
2) Ludwig Heinrich, geb. 16. September 1862.
3) Theodor Wilhelm, geb. 27. September 1864.
Ein Bruder obigen Christian Qessler's war:
Wilhelm von G essler, Fürstlich Hobenlohischer Hofrath und
Domänendirektor, f 1876. Gattin: seit 6. November 1822 Sophie
Dorothea Friederike, Tochter des 5. Mai 1807 t Stadtpfarrers in
Neuenstein, Friedrich Jahn, Enkels des Stadtpfarrers daselbst Justus
Joachim Jahn*
Das Fürstlich Württembergische Dienerbuch enthält folgende höhere Beamte
des Namens G***Ur: Hans Cl .Pfleger 263 — LeonK, OclstL Verwaltter 409.
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Gmelin.
Johann Georg Gmelin, Med. Dr., Stifter der Stuttgarter Linie,
Königlich Polnischer, wie auch Churfürstlich Sächsischer, Herzoglich
Württembergischer und Hochfürstlich Hessen- Darmstädtischer Rath
und Leibarzt, wurde den 10. September 1652 zu Tübingen geboren.
Sein Vater war Samuel Gmelin, Special-Superintendent und
Stadtpfarrer in Herrenberg 1672 ; die Mutter Catharina, Tochter des
Pfarrers in Ehningen M. Hegel; der Grossvater M. Wilhelm Gmelin,*
Scholarch in Bebenhausen, Special zu Böblingen, f daselbst an der
Pest 1. November 1635 ; die Grossmutter Judltha, Tochter des
Herzoglich Württembergischen Hofpredigers, nachmaligen Abts in
Hirsau Johann Parsimonius; der Urgrossvater Wilhelm Gmelin,
Pfarrer in Gärtringe^ t 1612, erlebte 40 Enkel und 19 Stiefenkel;
die Urgrossmutter Magdalena, Tochter des Bürgermeisters von Cann-
statt Bieger; der Urur-Grossvater Michael Gmelin, Präceptor zu
Weilheim u. Teck; die Urur-örossmutter Margaretha Nägel in.
* «Alss der Keyser dnroh den General Oisa slle Wurttembergische Klöster ein-
nemen und mit Mönchen besetzen laseeto, war Omettw »11dm (von Bebenhausen 1630) ver-
trieben, und musste sieh mit den 8etnfgen zu Tübingen in seiner eigenen Behausung
saffenthalten, bis« er zur Pflttt Ktrolieuteftiittirart sin Neckar transferirt. Auch in
Böblingen hatte er Tiel erlitten und war daselbst aller sefaer Sachen beraubt worden,
sonderlich den 8. September 1634 von den Oroaten unmenschlich tractiret, sich mit
100 Bthlr. ranzlonlren mdsseh, im November wiederum mit 14 Bthlr., item im April
mit IS Bthlr. Mit 6 Söhnen sambt 6 Doehtermfonern hat er die Oantzel sumal be-
treten können. Unter seiner Disciplin (als Klosterpr&ceptor) in Bebenhausen sind
sufs wenigste 1000 gewesen, die ins öffentliche Predigtamt kamen. In erfolgtem all-
gemeinen Land-8terbend und grausamer Pestilenzzeit hat er mit fleissiger Verrichtung
seines Amtes bis zu Ende ausgedauert, dass er in kurzer Zeit dreien Diaconis nach ein-
ander die Leica-Predigten gehalten und unter Allen, die damals an der giftigen Seuche
gestorben, er der letate gewesen und gleichsam die Thor zugeschlossen.*
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— 254 —
Ueber den Ursprung der Familie sagt Archivrath Omelin in
seinem »Stammbaum der Familie Gmelin*, Karlsruhe 1877, Folgendes:
„Woher der Stammvater der Familie kam, ob von Rom oder anders-
woher, und zu welcher Zeit er in Süddeutschland eingewandert ist,
muss dahin gestellt bleiben, und wir müssen es mit dem alten
Auggener Special Jeremias Qmelin, halten: »indem keine gnugsame
Documente ob Händen, lasset man solches an seinem Ort beruhen.«
Der Beziehung des Namens Omelin auf das lateinische Lentidus*
bleibt dabei durch eine nicht zu verläugnende Charaktereigenthütn-
lichkeit eine gewisse Berechtigung gesichert und in dem Wahlspruch
der Familie: festina lente (Eile mit Weile) spricht sich ein humo-
ristischer Zug gesunder Selbsterkenntniss aus. Mag es nun aber um
die deutsche oder nichtdeutsche Abstammung der Familie bestellt
* Die tfsst'sche Kronik von Herrenberg enthilt als weitere directe Vorführen
des auf voriger Seite erwähnten Michael Gm., — Petru» Gm. in Weilheim — WüMm Gm.
— Petru* Gm. Ebenso verzeichnen Blum n. A. m. die Vorfahren des Pfarrer« in Gärtrin-
gen als von Italien abstammend, und oitiren dabei folgenden Vera :
„Die noch von der Römer Samen
Ans dem alten Pabstthnm kamen,
Lernt ihr Kinder nachzuahmen
Ihrer frommen Eltern Namen.*
Auf ahnliche Weise lautet ein Hochzeitscarmen :
.Denn siehe lange Zeit —
Und vor Lnthero noch
Da man schon weit und breit
und hin und her verspürte,
Wie in Europa Gott
Sehr vieler Hersen rührte,
Die allerseits sich suohten su bemühen,
Des Papstes Joch nun bald sich su entstehen,
Fand durch des Herren Schluss
ürbanus Lentulus
Aach sich gerühret.*
Ein schlimmer Anachronismus in einem Kirchenbuch-Einträge endlich laset die
Lenttdu* geraden um der «evangelischen Religionsverfolgung 11 willen aus Rom vertrieben
werden.
p. Moor in seiner Geschichte Ourratiens, Bd. II. Abth. I., führt unter den
nach Graubündten geflüchteten aus vornehmem Stande entsprossenen 36 italienischen
Welt- und Kloster-Geistlichen, welche ihrem Glauben su Liebe Heimath, Vermögen,
selbst die theuersten Familienbande geopfert haben, und den ersten Samen des Evan-
geliums zu Oliven in dem Veltlln legten, auch einen 8eipio Lentuln* auf.
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- 255 —
sein wie es wolle — eine gutdeutsche, und zwar gutschwäbische
Familie im vollsten Sinne des Wortes ist sie sicherlich geworden."
Johann Georg studirte zu Tübingen und Basel Medicin, wurde
1675 zum ordentlichen Arzte in Marbach ernannt und erhielt ein
Jahr nachher von der Tübinger Universität den Doctors-Titel. Von
Marbach aus wurde er seiner ausgezeichneten Amtsverwaltung wegen
von dem Herzoge Administrator von Württemberg als ausserordent-
licher Hofarzt nach Stuttgart berufen und ihm gleichzeitig die Lei-
tung des neuen Hof-Spitals, sowie die Inspection des medicinischen
Hofgartens anvertraut. Kurze Zeit darauf ernannte ihn der Herzog
zu seinem ordentlichen Leibarzte nach eben eingetretener Vakanz
dieser Stelle. 1688 bei dem von Seiten Frankreichs erfolgten Einfall
ins Württembergische erhielt er den Befehl, sich mit dem Landprinzen
nach Regensbnrg zu begeben, wohin er in der Folge seine Frau und
Kinder nachkommen. Hess und wo er 9 U Jahre lang verweilte.
Sowohl seiner glücklichen Praxis, wie seiner bedeutenden Kennt-
nisse wegen ward er daselbst allgemein beliebt und gelangte zu
grosser Berühmtheit. Der Landgraf von Hessen-Darmstadt ernannte
ihn zum Leibarzte, ebenso in der Folge der Churfittrst Georg III.
and Johann Georg IV. Churfürst von Sachsen und König von Polen,
wie die Churfürstin.
4 Jahre lang bekleidete er die letztgenannte Stelle und kehrte,
von dem Herzoge von Württemberg wieder an seinen Hof berufen,
nach vorher eingeholter Königlicher Conoession 29. September 1698
wieder ins Vaterland zurück, wo er auch nach 6jährigem rühmlichen
Wirken mit Hinterlassung von 7 Kindern im Jahr 1705 den 7. März
starb.
Seine I. Qattin war seit 31. Januar 1676 Christiana, Tochter
des Procurators des theol. Stipendiums zu Tübingen Friedrich Engel;
die IL seit 30. Sept. 1684 Anna Sabina, Tochter des Canzlei- Ad-
vokaten und Tutellarfaths in Stuttgart Johann Ludwig Sattler, welch
beiden Ehen 12 Kinder entsprossten.
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— 256 —
Derselben Familie gehören unter andern bedeutenden Gliedern
ferner an:
Sigmund Christian Gnielin, ältester Sohn des Pfarrers in
Löchgan Johann Wilhelm Gmelin, geb. zn Pfallingen 15. März 1679,
Diaconus zu Herrenberg, schloss sich als solcher den pietistischen,
separatistischen Gegnern der kirchlichen Lehre an, welche in den
Reihen der jüngeren Geistlichkeit wie in Laienkreisen seit der II.
Hälfte des XVII. Jahrhunderts in Württemberg auftraten. In
Verbindung mit 2 Studiengenossen, dem Candidaten P. J. Bauer
und dem Repetenten Ch. ff. Schmoller, griff Gmelin die Kirche von
allen Seiten als ein verweltlichtes Institut an, rügte die steifen
Formen des Gottesdienstes, den dürren Inhalt der Predigten, die
unnütz gelehrten Studien der Geistlichkeit, das opus operatum der
Andachtsübungen, die Unsittlichkeit unter allen Ständen, überhaupt
den grossen Mangel christlicher Gottesfurcht, und drang auf die
Förderung eines inneren Glaubenslebens und wahrer Gottseligkeit.
Wenn auch vielfach von dem kirchlichen Dogma abweichend (er ver-
warf z. B. die Taufe etc.), suchte er sich doch in seinem Vortrage
darüber möglichst vorsichtig und bescheiden zu fassen, wie ihn denn
unverkennbar in seinem ganzen Auftreten treuer Eifer und tiefe Be-
geisterung geleitet hat. Wie seine beiden Freunde wurde er vom
Amt entlassen nnd des Landes verwiesen. Schmoller und Bauer
starben im Gefängniss; er selbst hielt sich noch einige Zeit bei
gteichgesinnten Freunden «u Calw auf, wo sich auch sein jüngerer
Bruder Wilhelm Christian der separatistischen Bewegung ansdiloss.
Ate man seinen Aufenthalt erfahr, so wurde ihm bedeutet, sich als-
bald über die Grenze zu machen; Sigmund Christian 8 Bitte, man
möge ihm erlauben, um eines Augenübels willen noch eine Zeitlang
im Hause des Moses Dörtenbach bleiben zu dürfen, war vergeb-
lich. Er musste das Land sogleich räumen , wandte sich nach
Schwarzenau im Berlenburgischen , wo er 12. October 1707 ge-
storben sein soll. —
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— 257 —
Georg Friederich, Gmelln,* geb. 13. Juli 1679, Sohn des Vo-
rigen, Med. Dr., Herzoglich Württembergischer ßath und Leibarzt
1705. Von seinen hinterlassenen Söhnen waren Philipp Jacob Gmeliu
Oberpfarrer, zugleich Consistorialassessor und Ephorus der Schulen
zu Speyer, t den 23. November 1781 mit Hinterlassung von Nach-
kommen ; Friedrich Wilhelm Umelin, Expeditionsrath in Stuttgart,
t den 2. August 1790, ebenfalls mit Hinterlassung von Nach-
kommen. —
Jeremiftg tfmelin, geb. zu Bebenhausen 18. Januar IG 13, Spe-
cial-Superintendent äVr Landgrafschaft Sausenberg 1672, f Auggen
6. März 1698 im 86. Lebensjahre, Stifter der oberbadischen Gmelin-
schen Linie.
Gattinnen: I. seit 2. Mai 1636 Catharina, Tochter dos Pfarrers
zu Oetlingen Christoph Föckler, IL seit 2. Mai 1659 Rosina Bar-
bara, Tochter des Diaconus in Pforzheim Johann Eberhard Lutz,
welch beiden Ehen 23 Kinder entsprossten. —
Georg Adam Gmclin, geb. Baden weiler 13. Novoinber 1721.
1748—1754 Capitän, trat 1757 als Capitän in englische Dienste,
machte als solcher in Nordamerika die Eroberung vom Cap Breton
(1758), von Quebek (1761—62), die Expedition nach der Havanna
mit, nahm Ende 1763 seinen Abschied, lebte von 1764 an in Frank-
fort, erhielt hier 1771 die Ernennung zum oberrheinischen General-
quartienneister, Marsch- und Musterungskommissär mit dem Hang
eines Obersten. 1782 erhielt er die Bestallung in derselben Eigen-
schaft zugleich vom Kurrheinischen Kreis, 1784 den Charakter eines
oberrheinischen Generalmajors; t Frankfurt 14. August 1799. —
* Derselbe ist im Stuttgarter Taufbuch als Vater eines Georg Friederich, geb.
6- April 1706 aufgeführt, bei welcher Taufe folgende Personen alu Tanfpathen ver-
zeichnet sind :
*Ihro Durchlaucht die regierende Hertzogin Johanna Klisahetha.
Ihro Durchlaucht die verwittibte Hertzogin Magdalena Sihylla.
„ „ der Landprinz.
„ Gnaden Freifraulein von Gemmingen.
« „ Oberhofmarschall von Staffhorgt.
r. fieoraii-Georqenau, Biograph iftch»0encalogi8cho Blätter ntc. 17
Digiti
zedby G00gk
— 258 —
Wilhelm Gottfried Gmelin, geb. in Dresden 7. December 1695,
Herzoglich Württembergischer Leibarzt, t 27. Februar 1760. Der-
selbe hatte 19 Kinder, von denen 2 Söhne den Mannsstamm fort-
setzten, nemlich: Christoph Friedrich Gmelin, geb. 25. April 1744,
Tfarrer zu Neuweiler, O.A. Calw, 1772, Grossglattbach 1784, Wit-
tendorf 1806, f den 29. September 1809, und Johann Christian
Friedrich, geb. 2. Janr. 1753, Pfarrer in Nattheim 1806, t da-
selbst 23. December 1820. -
Christoph Friedrich Gmelin, Sohn des Vorigen, geb. zu Stutt-
gart 25. April 1744, Pfarrer zu Neuweiler, O.A. Calw, 1772, Gross-
glattbach 1784, Wittendorf 1806, f 29. September 1809. —
Johann Georg Gmelin, der ältere russische Reisende, geb. 1709
in Tübingen, Med. Dr., begab sich 1727 als practischer Arzt nach
Petersburg, wurde daselbst 1731 als Professorder Chemie und Natur-
geschichte angestellt; reiste sodann auf kaiserliche, Kosten nach
Sibirien, um das für Russland neu erworbene Land zu untersuchen,
und kehrte nach 1743 wieder ins Vaterland zurück. — 1749 wurde
er Professor der Botanik und Chemie in Tübingen und starb daselbst
20. Mai 1755.
Das von ihm unter dem Titel „Reisen durch Sibirien" heraus-
gegebene äusserst interessante Werk wurde in viele fremde Sprachen
übersetzt.
Gattin: seit 22. April 1749 Maria Barbara, Tochter des Pro-
fessors der Theologie J. Ulrich Fromniami. —
Philipp Friedrich, Bruder des Vorigen, Stifter der jüngeren
Tübinger Linie, geb. 19. August 1721, wurde schon im Alter von
29 Jahren (1750) Professor der Medicin in Tübingen, 1755 Professor
der Naturgeschichte und Botanik daselbst, als welcher er 9. Mai
1708 mit Hinterlassung eines Werkes starb. —
Johann Friedrich, Sohn des Vorigen, geb. 8. August 1748 in
Tübingen, widmete sich ebenfalls dem Studium der Medicin in Tü-
Digiti
zedby G00gk
— 259 —
hingen, wurde 1771 zum Professor der Naturgeschichte und Botanik
daselbst, 1778 aber zum Professor der Medicin in Göttinjen ernannt,
wo er 1. November 1804 starb. Gmelin schrieb hauptsächlich über
mineralische Gifte und über die Pharmacie. Er ist offenbar unter
allen Gmelin der thätigste gewesen. —
Christian Gottlieb von Gmelin, Dr. jur., Bruder des Vorigen,
geb. 1749 in Tübingen, ordentlicher Professor der Rechte in Tübingen,
Herzoglicher Rath 1780, Mitglied des Ober- Appellations-Tribunals
1813, f Tübingen 6. März 1818. —
Samuel Gottlieb Gmelin, der jüngere russische Reisende, geb.
4. Juli 1744 in Tübingen, doctorirte schon 1763 und folgte 1766
einem Rufe als Professor der Botanik nach Petersburg. Bald nach-
her bereiste er mit Pallas, Güldenstedt und La gochin die südöstlichen
Provinzen Russlands und starb, auf der Rückkehr begriffen, von
Usmey, dem Chan der Chaicatten gefangen, zu Achmetkent im
Kaukasus 27. Juli 1774 an der Ruhr. Der Chan hatte für seine
Auslieferung ein Lösegeld von 30,000 Rubel verlangt, Catharina
aber befahl seine Befreiung durch Gewalt zu bewerkstelligen, woran
sie indess durch den Aufruhr Pugatchefs verhindert wurde. Gmelin
hinterliess vielo literarische Arbeiten. —
Christian tob Gmelin, Dr. juris, geb. 23. Januar 1750 in
Tübingen, Professor der Rechte in Erlangen, in Tübingen 1781,
Herzoglich Württembergischer Rath und Königl. Preussischer Hof-
rath, Ritter des Königl. Württembergischen Civil-Verdieust-Ordens
1808, t ö. Juni 1823. -
Eberhard Gmelin, Bruder des Vorigen, geb. 1751 in Tübingen,
Arzt und Physikus in Heilbronn, einer der ersten Anhänger des
tbierischen Magnetismus in Deutschland, f 1809. —
Wilhelm Friedrich Gmelin, geb. 26. November 1760 zu Baden-
weiler im Breisgau, berühmter Kupferstecher zu Rom, Erfinder einer
Maschine für Kupferstecher, f 1820 in Rom. —
Digiti
zedby G00gk
— 260 -
Karl Christian Gnielin, geb. Badenweiler 18. März 1762, Dr.
Med. und practischer Arzt zu Carlsruhe 1784, Director des Forst-
lichen Naturalienkabinets und der botanischen Gärten 1786, Hofrath
1797, Mitglied der General-Sanitäts-Commission 1803, Geheimer
Hofrath 1808, Mitglied der Bergwerks-Commission 1814, Geheimer
Rath II. Cl. 1830, f Carlsrahe 26. Juni 1837. —
Christian Heinrieh Gmelfo, geb. Tübingen 15. December 1780,
Dr. jur. und Hofgerichte-Advocat 1801, Professor der Rechte zu
Bern 1805, zu Tubingen 1813, Oberjustizrath zu Ulm 1824, f Ulm
13. December 1824. —
Ferdinand Gottlob von Gnielin, Neffe obgenannten Professors
Samuel GottlieVü, geb. 1782 in Tübingen, Dr. Med. 1802, Pro-
fessor der Naturgeschichte und Medicin in Tübingen, t 21. December
1848 daselbst. —
Christian Gottlob Gmeltn, Bruder des Vorigen, geb. 1 792 in
Tübingen, Professor der Chemie und Pharmacie daselbst, correspon-
direndes Mitglied der Academio der Wissenschaften zu Berlin, t
Tübingen 13. Mai 1860. -
Friedrieh Ludwig von Gmolin, geb. zu Tübingen 27. November
1784, Dr. jur., Obertribunalrath 1832, Staatsrath und a. o. Mitglied
des König]. Geheimen Raths 1841, Commenthur des Friedrichs-Ordons
und des Ordens der Württembergischen Krone, Abgeordneter zur 2.
Kammer für Freudenstadt 1815 — 1825, Mitglied der ständischen
Commission bei der constituirenden Landesversammlung 1819, Abge-
ordneter für Geislingen 1825—1831, für Nürtingen 1831—47,
t Stuttgart 18. October 1847. —
Eduard Gnielin, geb. zu Göttingen 10. October 1786, Dr.
jur , Oberjustiz-Procurator zu Tübingen, t daselbst 20. März 1873. —
Leopold Gnielin, geb. 2. August 1788 in Göttingen, Dr.
Med., Privatdozent zu Heidelberg 1813, Professor der Medicin und
Chemie und Badischer Geheimer Hofrath, auch titul. Geheimer Rath
in Heidelborg, Ritter des Zähringer Löwen-Ordens, t 1 3. April 1853. —
Digiti
zedby G00gk
- 261 -
Johann Georg Gmelin, geb. zu Rom 3. Februar 1810, f im
Kloster Montecalvi bei Kom 24. Mai 1854, erwarb sich als Land-
schaftsmaler einen geachteten Namen. Von seinen bedeutendsten
Gemälden befinden sich einige auf dem Königl. Landhause Rosenstein
bei Stuttgart. —
Die Gesammt-Biographie und Genealogie der Gmelin' 'scheu
Familie findet sich in dem von dem Grossherzoglich Badischen Archiv-
rathe in Carlsruhe Moriz Friedrich Gmelin, Enkel des Fol. 258 er-
wähnten Christoph Friedrich Gmeliu, Pfarrers in Wittendorf, ver-
fassten »Stammbaum der Familie Gmelin*, Carlsruhe 1877. In
derselben sind 32 bedeutendere Mitglieder der Familie Gmelin bio-
graphisch behandelt.
Das Fürstlich Wörttembergische Dienerbuch enthält folgende höhere Beamte
de« Namens Gmähiin (Gmälin, Gtnehlin, Gmelin): - Christian Göttlich, Abt 268. — Vrid.
Wilh., VisitatSecreter. 158. — Georg Fried., LeibMedic. 196. — Georg Lud*., Pfarrer
452 ; Special 583. — Joh. Georg, LeibMedic. 196 ; Visitat-Socretar. 158. — Jos., Paedago-
gsrcha 562. — Sam., Pfarrer 671. - Wüh., Decan 395.
Digiti
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G o 1 t h e r.
Johann Balthasar Golther, geb. zu Nürtingen, Pfarrer zu
Iptingen 1637, zu Sielmingen 1639- 79, verra. mit Catharina, Tochter
des Pfarrers Matthäus Gaspar, Sohns des Abts in Murrhardt, zum
dritten mal vermählt seit 6. November 1677 mit Regina, Tochter
des Prälaten in Hirsau Bernhard Wlldersin. (Seine erste, resp. zweite
Gattin ist nicht bekannt.) Kinder:
I. Johann Balthasar, geb. Sielmingen 1640, Pfarrer in Warth
1659, in Nussdorf 1665, Dekan in Vaihingen 1698—1706,
t 20. März 1710.* Kinder:
* Auf dem Kirchhofe der Alexanderskirche in Marbach a. N. befindet sich folgen-
den an der Aussenseite der Kirche recht* neben dem Hauptportale angebrachtes Epita-
phium der Golthtr' sehen Familie:
Hier ruhet im* Herrn
M. Joh. Balthasar Golther
Specialis zu Vaihingen
starb den 20. Martzii Anno 1710
im Ministerio 50 alt 70 Jahr
und neben ihm sein vierter 8ohn
Matthäus Geistlicher Verwalter all hie
starb den 26. October Anno 1713 alt 44 Jahr
Auch sein dritter Sohn
Jokatm Jacob J. Ltus,
Kantzley Advocatu*
starb den 3. Jan. 1719 alt 50 Jahr
bey 2 Enckeln
Eva Regina
M. Fried. Wilhelm seines zweiten Sohns
Pfarrers zu Iptingen Töchterlein
starb in der Flucht Anno 1707 alt 1 Jahr 6 Monate
Und Joh. Jacob Friedr.
Maria Agnes seiner andern Tochter
Jung Joh. Jacob Heinlena Eheweibs
15tigiges Söhnlein starb 25. Sept. 1718
Maria Agnen seine 2te Tochter Joh. Jac. Heinlena Ehefrau
allhier, starb 24. Jan. 1740 alt «3 Jahr 3 Monat.
Digiti
zedby G00gk
— 263 —
1) Johaiin Balthanar, geb. 1662, Vogt in Besigheim, verm.
25. Juni 1689 mit Elisabeth, Tochter des Decans in Blau-
beuren Johann Ulrich Brastberger, welcher Ehe nur 1
Tochter entsprosste.
2) Friedrich Wilhelm, geb. 1665, Pfarrer in Iptingen 1693,
verm. 22. Januar 1695 mit Agatha, Tochter des Pfarrers
zu Kloster Reichenbach Joli. Lconh. Lindenmaier.
3) Johann Jaeob, geb. 1669 J, U. Ltus., .Kanzlei- Advokat
t 3. Januar 1719.
4) Matthäus, geb. 1669, Geistlicher Verwalter in Leonberg
t 1706. Gattin: seit 8. Januar 1701 Marie Eufrosine,
Tochter des Ritterschaftlichen Syndicus in Esslingen Johann
Datt.
II. Matthäus Golther, Syndicus der Universität Tübingen 1668,
Gattin: Helena Magdalena, Tochter des Vogts in Stousslingen
Georg Philipp Hegel. Söhne:
a) Matthäus Golther, geb. 22. Januar 1672, Herzoglich
Württembergischer Keller in Brackenheira 1698, in
Pfullingen 1699, in Heidenheim 1701, t 1724. Gattin:
seit 1. November 1698 Dorothea, Tochter des Rentkamraer-
raths in Stuttgart Joh. Erhard Reinhardt. Sohn:
Christoph Jonathan Golther, geb. 7. December 1699 in
Pfullingen, f 1742 ohne männliche Nachkommenschaft, Vogt
in Heidenheim, in Lustnau, verm. seit 13. Februar 1725 mit
Maria Catharina, Tochter des Kellers in Kirchheim Joh.
Fried. Bacmeister.
b) Jaeob Friedrich, geb. 13. März 1677, Pfarrer zu Reinerzau,
t als Pfarrer zu Magstadt 23. November 1765 im 89. Jahr
seines Alters. Gattin: Maria Magdalena, Tochter des Hof-
gerichte-Assessors und älteren Bürgermeisters von Stuttgart
Johann Guethler (Güettler), welcher im Jahre 1695 von
Digiti
zedby G00gk
— 264 —
den Franzosen als Geisel für seine Vaterstadt nach Mete
abgeführt wurde.
Von 8 Kindern sind folgende 2 Söhne bekannt:
a) Jacob Friederich, geb. zu Reinerzau, Pfarrer in Wittlingen
1742, in Ruith 1749, in Wangen 1757, t 15. August
1708. Seine Gattin war eine geb. Duvernoy. —
I») Jonathan Salomou, Herzoglich Württembergischer Hof-
kammerrath. Geb. 12. Juni 1709.
Letzterer voa seinem Vater nicht nur im Lateinischen und
Griechischen, sondern auch, da er Liebhaber von verschiedenen
Zweigen der Naturkunde war, in der letzteren unterrichtet, studirte
u. A. zwei Jahre zu Strassburg uud widmete sich in der Folge
mit besonderer Vorliebe dem medicinischen und chirurgischen Fache,
wobei ihn Herzog Karl Alexander mit Geldmitteln unterstützte.
Der Herzog, der den Vater Jonathans hochschätzte, schickte nämlich
<len Sohn , dessen Eltern wenig bemittelt waren , auf höchst eigene
Kosten nach Landau, indem er ihn dem damals daselbst an dem
französischen Hospital angestellten Dr. Bergerot empfahl.
Im Jahr 1734 berief ihn Herzog Karl Alexander, der in-
zwischen die Regierung angetreten hatte, von Landau zurück und
nahm ihn im folgenden Jahre auf seinen Feldzügen am Rhein in
sein Gefolge auf. Im Frühjahr 1736 schickte ihn der Herzog mit
dorn Gefolge nach Brüssel, das den Erbprinzen Karl Eugen, welcher
dort bis in sein achtes Jahr bei seinem mütterlichen Grossvater, dem
Fürsten von Thum und Taxis, erzogen wurde, ins Vaterland zu-
rückbrachte.
Als Karl Eugen 1 744 zur Regierung gelangte, erhielt Golther
den Titel eines Hofkammerraths 1 746, und der Herzog, dessen besonderer
Gunst er sich zu erfreuen hatte, übertrug ihm gleichzeitig die Ver-
waltung seiner Privatkasse, — ein Vertrauensposten, den Golther 41
Jahre laug mit besonderer ausgezeichneter Berufstreue bekleidete.
Golther starb, nachdem ihm das seltene Glück zu Theil ge-
Digiti
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— 265 —
worden war, die ersten Jahrzehnte von zwei Jahrhunderten zu erleben,
bei vollem Cenuss aller Seelenkräfte, den 8. März 1801, im 02.
Jahre seines Alters.
In dem nach seinem Tode erschienenen Nekrologe hoisst es u.
A. wörtlich wie folgt:
„Menschenliebe, geprüfte Redlichkeit, eine ebenso kluge Offenheit
als strenge Verschwiegenheit, Eifer und unerschütterliche Treue in
seinem Amte, verbunden mit seltener Ordnungsliebe, waren die Haupt-
bestandteile seines Charakters, wovon man die vielen einzelnen Züge
zusammenfassen müsste, um ihn ganz in dem vorteilhaften Lichte dar-
zustellen, in welchem er denen, die in näherer oder entfernterer Ver-
bindung mit ihm standen, erschien.
Hiedurch erwarb er sich nicht nur die Liebe und Achtung
aller derer, die ihn kannten, sondern auch vorzüglich das Vertraueu
und die Zuneigung seines Fürsten, die aber auch von ihm mit seltener
Treue und Anhänglichkeit erwidert wurde.
Beides gründete sich auf eine, beinahe in allen Perioden des
Lebens, mehr als 60 Jahre hindurch fortgedauerte wechselseitige
Bekanntschaft und seine Dienstverhältnisse.
Da es ihm an Beobachtungsgeist nicht fehlte, so mag er
manche Züge, besonders aus dem Privatleben seines Fürsten, aufge-
fasst haben, die für den künftigen Biographen desselben nicht ganz
unwichtig gewesen sein würden. Allein dergleichen Dinge pflegte er
in einem feinen guten Herzen zu bewahren und sein Mund öffnete
sich nur, so oft er zum Lobe seines Fürsten etwas zu sagen
hatte.
Das bekannte „Ehrlich währt am längsten/' bestätigte sich
an ihm vollkommen. — Wem die vielseitige denkwürdige Regierung
Karls mit allen den verschiedenen Auftritten, Abwechslungen und
Ereignissen bekannt ist,, dem wird die Behauptung: dass die Ehr-
lichkeit des Dieners die Feuerprobe erstanden habe, nicht übertrieben
scheiuen. — Brachte ihn gleich sein Amt in keine unmittelbare
Berührung mit eigentlichen Staatsgeschäften," so kam er doch oft-
Digiti
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— 266 —
mals durch Aufträge, Verschickungen und dergl., mit welchen er
durch das Zutrauen seines Fürsten beehrt wurde, in Lagen, aus denen
er sich nur durch Klugheit, durch seine vieljährige, in der Hof-
philosophie gemachte Erfahrung, durch Menschenkenntniss und vor-
züglich durch unerschütterliche Strenge in den. Grundsätzen loswickeln
konnte. In Folge des 1793 erfolgten Tods des Herzogs Karl, den
vielleicht wenige wie er betrauerten, wurde er in Buhestand versetzt.
Gofther erlebte 8 Kegenten Württembergs, von denen einer,
Herzog Karl, allein an 50 Jahre regierte.
Von 8 Geschwistern erreichte ausser ihm nur seine Schwester,
die verwittwete Expeditionsräthin Elsässer, welche 1787 im 84.
Jahre starb, ein ähnliches hohes Alter. a
Seine Gattin war seit 1746 Maria Helena, Tochter des Kriegs-
raths Oetinger. —
Dr. Carl August Golther, Sohn des Vorigen, geb. 7. November
1746 zu Stuttgart, Königlich Württembergischer Oberjustizrath, brachte,
anfangs zum Geistlichen bestimmt, die Jahre 1761 — 1763 im Kloster
Blaubeuren, die folgenden zwei im Kloster Bebenhausen zu. Nun
aber trat er zum Studium der Rechtswissenschaft über, das er auf
der vaterländischen Universität absolvirte, woselbst er zuletzt 1770 in
Gegenwart des Herzogs Karl disputirte. Im folgenden Jajire wurde
er zuerst unter die Zahl der Hofgerichts- Ad vocaten, später aber in
die der Kanzlei-Advocaten aufgenommen. Die Praxis indess war nie
nach seinem Geschmacke, dazu wurde sie durch die damals grosse
Anzahl von Ad vocaten erschwert. Erwünscht war ihm daher der
erhaltene Antrag, den jungen Freiherrn von Senkenberg, ältesten
Sohn des vormaligen Reichshofraths von Senkenberg, auf Reisen zu
begleiten. Er begann solche im August 1772 und kehrte von den-
selben, nachdem er n. a. anch Italien bereist und in Rom bei dem
Papst Clemens XIV., von dessen Geistesgrösse und Leutseligkeit er
besonders eingenommen war, zweimal Audienz gehabt hatte, 1775
ins Vaterland zurück.
Im Jahr 1784 kam die zweite Consulentenstelle bei dem Ritter-
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- 267 —
kanton Neckar-Schwarzwald zu Tübingen in Erledigung. Er bewarb
sich um diese Stelle und erhielt solche.
Ohnerachtet des ausgebrochenen französischen Revolutionskriegs
hatte er doch in den ersten Jahren desselben noch ziemlich ruhige
Zeit. Erst nach dem Rheinübergang im Jahr 1796 lernte er die
Hebel des Kriegs auch in seiner amtlichen Stellung kennen.
Alle Last der Besorgung von Lieferungen in die Magazine und
Hospitäler, von Einquartirungen und dergleichen lag nicht nur in
Hinsicht auf Leitung, sondern auch meistens im Einzelnen ausschliess-
lich auf ihm, der häufigen beschwerlichen Reisen in beiderseitige
Hauptquartiere nicht zu gedenken.
Dieses wirkte schädigend auf seine Gesundheit.
Nach Auflösung der Ritterschaft im Jahr 1806 wurde er als
Rath bei dem Königlichen Ober-Justiz-Collegium II. Senats und zu-
gleich bei dem Tutelarrath angestellt, in kurzer Zeit darauf aber zu
dem Ober-Appellations-Tribunal nach Tübingen versetzt, und bei
diesem Anlass von der juridischen Facultät daselbst mit dem Diplom
eines Doctors beider Rechte beehrt.
Die im October 1816 erfolgte Trennung von der treuen Ge-
fährtin seines Lebens war ein harter Schlag für ihn. Seine körper-
lichen Kräfte schwanden sichtbar. Da er fühlte, dass er seinen Be-
rufspflichten nicht mehr mit gewohnter Pünktlichkeit nachzukommen
vermochte, so suchte und erhielt er, nachdem er dem Staate 42 Jahre
lang treue Dienste geleistet hatte, die Versetzung in den Ruhestand
unter Beibehaltung seines vollen Gehalts, worauf er im Spätjahr 1817
nach Stuttgart zog.
Hier suchten alte biedere Freunde, von welchen ihm übrigens
einige noch im Tode vorangingen, dem stets munteren Greis durch
gesellige Unterhaltung die letzte Lebenszeit zu würzen ; vorzüglich aber
benützte er seine Müsse dazu, sich seiner Lieblingsbeschäftigung, dem
Lesen religiöser Schriften, zu widmen.
Unter mannigfaltigen körperlichen Leiden erheiterte sich sein
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Geist durch ungetrübten Kückblick auf die vollendete Laufbahu, durch
frohes Dankgeföhl für die darin aus der Hand .einer väterlichen Vor-
sehung genossenen Sognungen und Freuden , und durch die zuver-
lässige Hoffnuug, nun bald noch besser und noch glücklicher zu sein.
Goltlier starb 10. Juni 1821.
Seine Gattin war seit 1775 die jüngste Tochter des Professors
Steinweg. Kinder :
I. Carl August Golther, geb. 30. Januar 1779, Oberamtmann in
Balingen und Weingarten, verm. mit Louise, geb. Rieger; Sohn:
Carl, Rechtsanwalt, geb. 7. September 1822, vermählt seit
14. December 1849 mit Elise, geb. Jenatsc b, geb. 14. Sep-
tember 1822. Kinder:
1) Antonie, geb. 28. Januar 1857.
2) Valerie, geb. 23. Sept. 1850, verm. Sept. 1874 mit Gustav
Fedor Benedict, Banquier, geb. 5. Juli 1841 , Sohn des
Banquier Sigmund Franz Benedict*, geb. 7. Mai 1809,
t Strassburg 14. Nov. 1852, und der Louise, geb. Lebret,
und Enkel des Banquiers Moses Benedict, geb. 17. Febr.
1772, t 8. Juli 1852, und der Flora, geb. von Geldern.
* Ein Bruder des t Banquiers Sigmund Benedict ist der bekannte Componist
Julias ltitter v. Benedict in London, geb 27. Nov. 1804, dessen Compositionen «ich durch
die deutsche Gründlichkeit verbunden mit italienischer Süssigkeit auszeichnen. Gattin :
Ade 7 e Jean. Kinder:
Adeline, Wittwe des Obersten Heim; Freiherrn von Hügel.
Georgin«, Gattin des Dr. med. Simpson.
Alice, Gattin des Kaufmanns Boulan in London.
Ernst, Ingenieur, geb. 1836.
Eine Schwester des Julius v. Benedict, Henriette-, ist die Wittwe des t Dr. Samuel
Dreifus8.
Deren Kinder:
1) Theodor Freiherr von Dreifus, geb. 9. Mai 1830, verm. zu Frankfurt a. M 10.
Aug. 1859 mit Charlotte, *geb. Stein, geb. 19. Nov. 1839.
2) Bertha, f Gattin des Bankiers Haas.
3) Rosa, geb. 9. Nov. 1832, verm. mit dem Grafen Gotthanl Saurma-Jellsch.
4) Emilie, geb. 28. Jan. 1834 vermählt mit Freiherrn von Einsiedel.
5) Paul ine, Gattin des Präfekten Latour. \
6) Franziska, Gattin des Advocaten Dr. Donnenberg in Hamburg.
7) Robert, Agent.
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II. Gottlieb Ludwig- Golther, Oberjustiz-Secretär in Ulm, verin.
mit Anna Maria, geb. Röscheisen. Söhne:
1) Carl Ludwig von Golther, Excellenz, geb. 11. Jan. 1823 zu
Ulm, durchlief bis zu seinem 18. Lebensjahr das Ulmer
Gymnasium, studirte alsdann 4 Jahre an der Universität
Tübingen. Die ersten beiden Jahre der Universitätszeit ver-
wendete er auf das Studium der Philosophie, die letzten beiden
Jahre auf das Studium der Rechtswissenschaft. Nach Er-
stehung der beiden höheren juristischen Staatsdienstsprüfungen
betrat er die richterliche Laufbahn, war vom Herbst 1846
bis Herbst 1849 Gerichtsaktuar beim Oberamtsgericht Kün-
zelsau, von da an bis Sommer 1851 zuerst Hilfsarbeiter, dann
Assessor und Staatsanwalt bei dem Gerichshof in Ellwangen.
Im Sommer 1851 trat er in das Departement des Innern
über, wo er als Begierungsrath und später als Oberregierungs-
rath zuerst bei der K. Ablösungscommission und dann beim
K. Ministerium des Innern fungirte. Im April 1861 über-
nahm er das Ministerium des Kirchen- und Schulwesens,
zuerst mit dem Titel Staatsrath, sodann mit dem Ministers Titel.
Im Frühling 1867 vereinigte er mit dem Cultministerium das
Präsidium des Geheimen Raths. Alsbald nach Uebernahme des
Cultministerium s im Januar 1861 setzte er das Concordat mit
der römischen Curie ausser Kraft und noch in demselben
Jahre führte er eine gesetzliche Regelung des Verhältnisses
der Staatsgewalt zur katholischen Kirche herbei, welche der
neuesten preussischen Kirchengesetzgebung vielfach als Muster
diente. Hierauf entwickelte er eine organisatorische Thä-
tigkeit in den verschiedenen Zweigen des Unter richtswesens.
^Während seiner ministeriellen Verwaltung wurde er vom
König mit dem Grosskreuz des Kronordens und des Fried-
richsordens ausgezeichnet.
Im März 1870 nahm er seine Entlassung als Minister
und Geheime-Raths-Präsident und zog sich auf das Präsi-
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270
dium der evangelischen Oberkirchen- und Oberschul-Behörde
zurück, mit welchem Amt er seit Herbst 1872 das Präsi-
dium der Centralleitung des Woblthätigkeits-Vereins ver-
band.
Verheirathet war v., Golther seit 20. August 1850
mit Fanny, Tochter des t Hofkammerbaumeisters Autenrieth
von Stuttgart. Er hinterliess 2 Kinder, eine Tochter Namens
Fanny Hedwig, geb. zu Ellwangen 13. Juni 1851, und
einen Sohn Carl Wolfgang, geb. 25. Mai 18p3; ein weiterer
Sohn ist ihm im Jahr 1864 durch den Tod entrissen
worden.
v. GolÜier war ein Mann von unermüdlicher Arbeitskraft,
von der höchsten Achtung für das Recht beseelt und von
ungemeiner Liebenswürdigkeit im Umgange, stets beflissen
für das Wohl des Staats wie des Einzelnen; er starb den 17.
September 1876.
Im Jahre 1874 ist ein Werk von ihm erschienen,
das Epoche machte. Es führt den Titel: »Der Staat und
die katliolische Kirche im Königreich Württemberg. Dar-
stellung der geschichtlichen Entwicklung des Verhältnisses
zwischen beiden und des geltenden Rechts auf Grund der
Gesetzgebung von 1862, mit besonderer Beziehung auf die
neuesten preussischen Kirchengesetze von 1873. c —
Ein von ihm im Manuscripte (unterlassenes philoso-
phisches Werk »Ueber Materialismus und Idealismus« sieht
seiner Veröffentlichung durch den Druck demnächst entgegen.
Du Fürstlich Württembergische Dienerbuch enthält folgende höhere Beamte
dos Namens Golther (Golter, Goltter): Carl Aug., OantzleiAdvoc. 96. — Christoph Jon.,
Vogt 258. 446. - Joh. Balth., Vogt 380. - Matth., GLPfleger 331 ; Oaiatl. Verwaltter 479,
490 ; Keller 404, 621 ; Statisch reiber 578 ; Syndlc 681 ; Vogt 446.
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G o p p e 1 1.
Adolf Goppelt, Kaufmann und Staatsrate a. D., wurde den
2. Januar 1800 zu Heilbronn geboren als Sohn Georg Goppelt's,
des im Jahr 1831 f Inhabers der in der Mitte des vorigen Jahr-
hunderts von Johann Gottfried Goppelt, aus Crailsheim gegründeten
Firma, and der Friederike, einer geb. Müller.
»Derselbe besuchte das Gymnasium zu Stuttgart, wo er in das
ihm verwandte Haus des Staatsraths von Bühler aufgenommen wurde,
trat hierauf mehrjährige Reisen an, kehrte nach dreijähriger Abwesen-
heit wieder nach Haus zurück und widmete sich von da an ganz dem
väterlichen Geschäfte.
1839 wurde er erstmals für die Stadt Heilbronn in die Kammer
der Abgeordneten gewählt, wo er, da er selbst bei Fragen, die ihn
tiefer erregten, sich die gehörige äussere Ruhe zu erhalten verstand
und oft durch eine rasche feine Bemerkung das Unhaltbare der
gegnerischen Behauptung zu zeigen wusste , ein willkommenes und
hochgeschätztes Mitglied der liberalen Partei war und mit deren
hervorragenden Führern in enge Beziehungen trat. Unter sein«
Freunde zählte er besonders Dörtenbach, Camerer von Reutlingen,
Deflher und von Zwerger.
1848 — 1849 wurde er Chof des Finanzdepartements, hierauf
nahm er auf das Drängen seiner politischen Freunde 1850 in Lud-
wigsburg für die zweite Landesversammlung, dann 1851/52 in Urach,
für Heilbronn und Stadt nochmals 1863 bis Januar 1866 die Ab-
geordnetenstelle an ; ferner wirkte er als Vorstand der neu gegründeten
Heilbronner Handelskammer von 1856, als Qemeinderath von 1862
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— 272 -
an. Die Centralstelle für Handel und Gewerbe zählte ihn zu ihren
einflussreichsten Mitgliedern, auch war er Beisitzer der Oberhandels-
kammer des Obertribunals. Von 1 857 — 58 war er Mitglied der
deutschen Handelsgesetzgebungs-Commission in Nürnberg, 1870 wurde
er zum Mitglied des Staatsgerichtshofs gewählt, 1871 — 73 folgte er
dem von Heilbronn an ihn ergangenen Ruf in den ersten Reichstag.
Er starb, nachdem noch ein Jahr vor seinem Tode seinem Hause
die Ehre und Freude zu Theil geworden war, den deutschen Kron-
prinzen zu beherbergen, 13. October 1875 ohne Kinder.«
Goppelt war im Umgang ein Mann der feinsten Form, in der
Stille wohltbätig, allem Guten dienstbar, ein Meister des Ausdrucks,
der klugen, geschmackvollen, feinen Rede und sein Auftreten, sei es
im geselligen und Familienkreise, oder in öffentlicher Versammlung
trug immer das Gepräge geistiger Weihe. „Kein Glück," sagte er
einst, „ist so gross, aus dem der Mensch nicht Unglück, kein Un-
glück, aus dem er nicht Glück zu ziehen verstände."
Seine Gattin war Caroline, geb. Heermann, mit der es ihm
vorgönnt war 1873 die goldene Hochzeit feiern zu dürfen.
Ein Bruder und Associe Goppelt- s, Heinrieh Goppelt, starb
schon 1831.
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Griesinger.
Die Familie Griesinger stammt unzweifelhaft aus Griesingen,
O.A. Ehingen, ob von den Herren v. Griesingen, Ministerialen der
einst in Oberschwaben sehr mächtigen Grafen v. Berg •— wie Theo-
dor Griesinger in seinem Universallexikon von Schwaben vermuthet,
— mag dahin gestellt bleiben.
Von Griesingen aus verbreitete sich die Familie in der benach-
barten Gegend und Zweige derselben finden sich vom fünfzehnten
Jahrhundert an in Ulm, Urach und Münsingen, auf welch letzteren
Ort die noch heute blühende Familie dieses Namens ihren Ursprung
zurückführt.
Der älteste bekannte Griesinger ist:
Jakob Griesinger, der »heilige Jakob von Ulm,« geb. 1407
zu Ulm, Sohn des angesehenen Kaufmanns Dietrich Griesinger da-
selbst, der 103 Jahre alt wurde, ohne dass ihm die Zähne ausge-
gangen wären, oder er eines Stockes bedurft hätte. Er befasste sich
schon frühe mit der Mechanik, wallfahrtete im 25. Jahre seines
Alters nach Rom, wo er sich indess aus Mangel an Geld entschloss,
bei König Alfons in Neapel Kriegsdienste zu nehmen. In Bologna
trat er in den Dominikanerofden; das fromme Leben, das er daselbst
geführt, veranlasste 1825 Pabst Leo XI L, ihn selig zu sprechen.
Als Mönch widmete sich Griesinger der Glasmalerei und erwarb sich
den Ruf eines grossen Meisters. In San Petronio zu Bologna finden
sich Glasmalereien von ihm. Er t 11. October 1491 in Bologna.
Der Münsinger Linie gehören an:
A. Georg Friedrich von Griesinger, Theol. Dr., wurde den 16.
». GtorgH-Gtorfmau, Biographisch-Genealogische Blätter etc. 18
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- 274 — .
März 1734 zu Marschalkenzimmern geboren als Sohn des 1698 in
Urach geborenen nachmaligen Pfarrers daselbst ttriesinger.
Derselbe widmete sich dem Stadium der Theologie und machte
nach Absolvirung desselben eine gelehrte Reise nach Norddeutsch-
land. Nach seiner Rückkehr von derselben wurde er Repetent am
Stifte zu Tübingen 1761, Diaconus an der St. Leonhardskirche zu
Stuttgart 1766, erster Diaconus an der Stiftskirche 1780, Stadtpfarrer
an der Leonhardskirche 1783, Consistorialrath 1786, Prälat zu St.
Georgen 1791. Im Jahre 1797 ward er in den landschaftlichen
Ausschuss erwählt und blieb in demselben, bis dieser 1. Januar 1806
mit der damaligen württembergischen Verfassung aufgehoben wurde.
Griesinger, ein ehrwürdiger, freundlicher, milder Greis, dem
nichts Menschliches fremd geblieben schien, der jedes Anliegen und
jede Klage mit sichtbarer Theilnahme anhörte, Berichtigungen und
Zurechtweisuugen immer in schonender, den Fehlenden ermuthigender
Rede ertheilte, nie ermüdete, wo es darauf ankam, Rath und Hülfe
zu ertheilen, genoss die Verehrung, die Liebe und das Vertrauen
der protestantischen Geistlichen in Württemberg, wie keiner vor oder
nach ihm, und alle erkannten in ihm ihren Vater und nannten ihn so.
Zu dieser durch seine humane Art erworbenen Anhänglichkeit kam
aber auch die allgemeinste Achtung für seine Verdienste. Itn Jahre
1822 in Ruhestand versetzt liess er sich nicht abhalten, fast allen
Sitzungen des Consistoriums beizuwohnen; er unternahm sogar im
hohen Alter noch Reisen nach Italien, Holland und Oeeterreicb. Er
war, insoferne in seiner geistigen Organisation Phantasie, Gefühl und
lebendige Anschauung besonders hervortraten, ein genialer Theologe,
wobei er nicht nur die Wissenschaft in ihrer Tiefe. und in ihrem
ganzen Umfange, einen reichen Apparat von Gelehrsamkeit beherr-
schend, umfasste, sondern sie auch mit selbstständigem, originellem
Geiste behandelte und im hellsten Lichte darstellte.
Griesinger hat zur Verbesserung des vaterländischen Kirchen-
und Schulwesens viel gewirkt, und Manches, was die spätere Zeit
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Doch weiter entwickelt hat, verdankt ihm die erste Anregung. Unter
seine Hauptarbeiten gehören die Bearbeitung des Evangeliums Johannis
in den biblischen Summarien und die 1790 besorgte Herausgabo
des Württembergischen Gesangbuchs.
Er starb, nachdem er von seinem Könige 1824 durch das
Bitterkreuz, 1828 aber durch das Commenthurkreuz des Eronordens
ausgezeichnet -worden war, zu Stuttgart am 27. April 1828 im 62.
Jahre seines Wirkens und im 95. seines Alters als Senior der
vaterländischen Kirche.
Seine Gattin war seit 2. Juli 1767 Henriette Christiana,
Tochter des Hofgerichts -Assessors und ältesten Kirchenraths-Ex-
pedition8raths Wilhelm Friedrich Knebel und der Christiana Barbara,
ältesten Tochter des Herzoglich Württembergischen wirklichen Geheimen
Raths Christoph Heinrich Korn. Ein Bruder von ihm :
Johann Gottfried Griesinger, studirte die Rechte, wurde Kanz-
lei-Advokat in Stuttgart, 1767 Tutelarrath, 1769 Herzoglicher wirk-
licher Geheimer Secretär und Begierungsrath und verheirathete sich
1770 mit Luise Reeg von Stuttgart, aus welcher Ehe sieben Töchter
ent8prossten ; f 4. August 1804.
B) Christoph Friedrich Griesinger, geb. 21. Mai 1771, Her-
zoglich Württembergischer Begierungssekretär, t 8. April 1795 im
25. Jahre seines Alters. — •
C) Christof Maximilian von Griesinger, geb. den 25. November
1763 in Leonberg. Sein Vater war Georg Christof Griesinger, J. U.
Lt., Herzoglich Württembergischer Begierungsrath und Stadt-Oberamt-
mann in Stuttgart, t 1782; der Grossvater Georg Christof Grie-
singer, geb. 1697 in Kirnbach, Stadtpfarrer in Nagold, Special in
Hornberg, in Wildberg und zuletzt in Calw, wo er auch 1765,
68 Jahre alt, starb; der ürgrossvater Georg Daniel Griesinger,
Pferrer in Kirnbach im Thiergarten, t 1715 als Stadtpfarrer in
Oberriexingen ; der Ur-Urgrossvater M. Georg Griesinger, geb.
in Machtolsbeim 1633, Pfarrer in Wittershausen 1656, in Neustadt
bei Waiblingen 1657, in Gross-Glattbach 1664, 44jähriger, treu-
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— 276 —
eifriger Seelsorger, t 12. December 1708. Von ihm rührt folgende
Notiz im Kirchenbuche her: Anno 1666 Dom. Reminiscere mea ehea!
Mater dilectissima Elisabetha, aet. 67, natura extrema persolvit et
seq. die Lunae terrae gremio tradita, concio fonebris habita fhit a
M. Johann-Bichardo Langio, Pastore Enz-Mülhusano.
Christoph Maximilian war erst Canzlei-Advocat in Stuttgart,
kam sodann als Oberamtmann nach Leonberg, von da im Jahre 1814
als Eegierungsrath und Amts-Oberamtmann nach Stuttgart, wo er
den 4. Juli 1831 starb. Griesinger war Ritter des Königlich
Württembergischen Civil- Verdienst- Ordens.
Seine Gattin war Regina Friederica Catharina. geb. Bllflnger,
t 29. November 1841. Kinder:
I. Louise Friderike, geb. in Leonberg 18. Mai 1801, verm. mit
dem pensionirten Stadtpfarrer Ernst Georg Haldenwang (in
Gross-Sach8euheim lebend), Kitter I. Cl. des Friedrichs-Ordens.
II. Caroline Sofie, geb. 12. September 1802, verm. mit dem Pfarrer
in Bommelsbach M. Johann Christian Engel, Ritter I. Classe
des Friedrichs-Ordens.
III. Sofie Auguste, geb. 7. Nov. 1805, unverheirathet, Kammerfrau
der Königin Sofie von Holland.
IV. Marie Ernestine, geb. 11. Juli 1823, verm. mit dem Decan
in Geislingen Ludwig Majer, Ritter I. Cl. des Friedrichs-Ordens.
V. Gustav Friderich Griesinger, geb. in Leonberg 24. Jan. 1804,
Helfer in Münsingen 1834—39, hierauf 20 Jahre lang Stadt-
pfarrer in Leutkirch 1839 — 59, als welcher er streng an
seinen religiösen und politischen Ueberzeugungen hielt, sowie
die Interessen der Protestanten zu wahreu suchte; 1859 kam
er als Pfarrer nach Ehningen. Griesinger ist bekannt als ge-
rn üth voller und humoristischer Dichter.
Seine Gattin ist Ernestine Catharine, geb. Neubert von
Bernstatt. Kinder :
1) Gustav Griesinger, geb. 1835, unvermählt, t als Rechts-
anwalt in Stuttgart 1863.
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— 277 —
2) Riehard, geb. 1837J f als Seminarist in Maulbronu 1852.
3) Oskar, geb. in Leutkirch 27. Januar 1844, früher Domänen-
pächter in Reuthin, dann Gutsbesitzer auf dem Gollenhof,
verm. erstmals mit Marie, geb. Kranz ; zum zweitenmal e
mit Marie, geb. Reichert.
VI. Ludwig August Griesinger, geb. in Leonberg 3. Januar 1808,
froher Gutsbesitzer in Eisbach bei Gaildorf, später Pächter des
badischen Gutes Geroldseck bei Lahr, Privatier in Heidelberg,
verm. mit Marie, geb. d'Alerit von Wertheim.
VII. August Ferdinand von Griesinger, geb. 10. Januar 1816,
Königl. Württemb. Major a. D. in Stuttgart, verm. mit Mathilde,
geb. Jenisch, weicher Ehe eine Tochter Namens Marianne
Emllie Friderike Christiana, geb. 16. Nov. 1851, entsprosste,
verm. seit 1876 mit dem Hauptmann im 4. Infanterie -Regiment
Nr. 122 v. Fischer in Ulm.
Geschwister des Christof Maximilian von Griesinger:
I. Louise Regina Dorothea, t 1842 als Wittwe des Pfarrers in
Schnaith M. Imanuel Frauer.
II. Hedwig Eleonore Charlotte, Wittwe des in Cannstatt f Hof-
medikus Dr. Elwert.
in. Johanna Justina Eberhardina, verm. mit dem t Tutelar-Rath
und Cameralverwalter Jacob Christian Knapp.
IV. Ludwig Frlderieh Griesinger, geb. in Stuttgart 2. Juni 1767,
erst Kanzlei- Advocat daselbst, wurde 1804Stadtconsulent, Rechts-
. anwalt,bis 1807 Director des Consulenten-Collegiums, spater
Professor der Rechte in Tübingen, Mitglied der württembergischen
Kammer, Verfasser des seiner Zeit berühmten Commentars
zum württembergischen Landrecht und Fundator einer der an-
sehnlichsten Stiftungen unserer Landesuniversität, des Griesin-
^«rschen Stipendiums, (neuer Nekrolog der Deutschen, 23.
Jahrgang), unverheirathet gestorben 22. Februar 1845.
V. Georg August Ritter von Griesinger, geb. 8. Januar 1769,
t 9. April 1849 als Königlich Sachsischer Geheimer Legations-
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rath und Grossherzoglich Sachsen-Weimar'scher Geschäftsträger
in Wien, Commenthur des Sächsischen Civil- Verdienst-Ordens
und des Sachsen- Weimar'schen Hausordens vom weissen Falken.
Griesinger war 1819 in den Ritterstand erhoben worden und
hinterliess mehrere bedeutende Schriften.
Seine Gattin war Maria, geb. von Lagmslns aus Wien.
VI. «frttfried Ferdinand Griesinger, geb. 17. Mai 1772, t als
Stiffcungsverwaiter in Stuttgart (durch Mörderhand) 1. Mai 1836.
Gattin: Caroline Louise, geb. Dürr. Kinder:
1) Louise Charlotte, geb. in Stuttgart 2. October 1813, verm.
mit dem 1861 verstorbenen Regierungs-Secretär in Lud-
wigsburg, Oberamtmann in Saulgau, in Wangen, in Vai-
hingen Friderich Heinrich Ernst Cunradi.
2) Emil Griesinger, geb. in Stuttgart 10. Mai 1812, Professor
der französischen Sprache an dem Pädagogium und der
Realschule in Esslingen, f 26. December 1853. Ans seiner
Ehe mit Maria Beata, geb. Köstltn, entsprosste Anna, geb.
4. April 1847, verm. mit dem Königlich Württembergischen
Major a. D. Kuhn in Stuttgart.
3) Wilhelm von Griesinger, Med. Dr., geb. in Stuttgart 29.
Juli 1817.
Wilhelm von Griesinger besuchte das Stuttgarter Gymnasium
in Gemeinschaft mit seinen beiden, ihm bis zuletzt tren ergebenen
Freunden Böser und Wunderlich : alle 3 Knaben waren in einer Strasse
Stuttgarts geboren. Im Frühjahr 1834 bezog er die Universität
Tübingen, von da ging er nach Zürich, 1838 promovirte er in Tübingen
mit einer Dissertation über Diphtheritis — die Krankheit, welche
einst sein eigenes Leben fordern sollte. Nun brachte er einige Zeit
in Paris zu und Hess sich dann 1839 als practischer Arzt in Fried-
richshafen nieder. Von da aus bewarb er sich um die ausgeschriebene
Assistenzarztstelle an der Irrenanstalt Winnenthal in Württemberg,
welche ihm auch zugetheilt ward. In Winnenthal eröffnete sich für
ihn eine neue Welt, in die er sich mit voller Hingebung versenkte ;
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mit dem Director der Anstalt, dem Hofrath Dr. Zeller, schloss er
einen Freundschaftsbund, der bis zuletzt gedauert hat. Das bis in
die späteste Zeit freundschaftliche, herzliche Verhältniss zu Herrn
ZeUer und dessen Familie ist um so bemerkenswerther, als beide
Manner ausserordentlich verschiedenen Anschauungen — namentlich
auf religiösem Gebiete — huldigten.
Die Hauptfreude v. Ghriesinger's war das Studium der Psychiatrie.
1840 und 1841 wirkte er in Winnenthal und trug sich mit
der Idee, selbst eine Privatanstalt an einem reizend gelegenen Orte
in der Nähe Cannstatt's anzulegen.
1842 ging er abermals nach Paris, besuchte Wien und liess
sich noch in demselben Jahre in Stuttgart als practischor Arzt
nieder. Hier schrieb er sein Lehrbuch: »Pathologie und Therapie
der psychischen Krankheiten«, das, bereits in Winnenthal vorbereitet,
1845 im Druck erschien. Einer Aufforderung Wunderlich?*, der da-
mals Kliniker in Tübingen war, zu ihm als sein klinischer Assistent
zu kommen, Folge leistend, fungirte er 3 Jahre in dieser Eigenschaft,
habilitirte sich auch zugleich 1843 als Privaidocent. »Es war eine
Lust, ihn zur Hülfe zu haben« sagt Wunderlich. »Ein Wort, ein
Gedanke genügte, um von ihm in kürzester Frist eine schriftliche
Arbeit zu erhalten, ganz und gar nach der eigensten Intention, so
das8 ich ihm oft im Scherz sagte, wenn ich der Fürst MeUernich
wäre, bäte, ich ihn, mein Cabinetssecretär zu werden.«
1847 erhielt er die Ernennung zum ausserordentlichen Professor,
1849 den Ruf nach Kiel als ordentlicher Professor der Poliklinik und
Mitglied des Sanitätscollegiums. Nachdem er vom 1. Sept. 1849 bis
Anfang Mai 1850 in Kiel zugebracht, folgte er einem Eufe nach Gairo
als President du conseil de sante, directeur de l'ecole de medecine
und als Leibarzt des Vicekönigs von Egypten Albas Pascha, theil-
weise veranlasst durch das augenblickliche Darniederliegen des medi-
riniachen Unterrichte in Folge des Schleswig-Holsteinischen Krieges,
theils aber auch durch die Hoffnung geleitet, auf dem Gebiete der
Epidemiologie wichtige Beobachtungen machen zu können.
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Zwei Jahre brachte er in Cairo zu, ohne dass er die gewünschte
Befriedigung gefunden hätte, denn die Lage aller wissenschaftlichen
Dinge in Egypten war durchaus nicht geeignet zur Ermöglichung
einer erspriesslichen Wirksamkeit. So kehrte er denn 1852 wieder
nach Württemberg zurück und schrieb in Stuttgart über die Infections-
Krankheiten. 1854 im Frühjahr zum Professor der innern Klinik
in Tübingen ernannt, trat er zugleich in Beziehungen zu der Idioten -
anstalt Mariaberg.
Da nach AutenrietVs Pensionirung Griesinger' s Bestrebungen,
die Poliklinik mit der stationären zu verschmelzen, auf Widerstand
stiessen, nahm er 1860 einen Ruf nach Zürich an. Hier hat er
schöne Tage einer befriedigenden Wirksamkeit verlebt.
Der Bau der neuen Irrenanstalt, deren Commissionsraitglied
er war, erfolgte ganz seinen damaligen Ideen gemäss. Die von ihm
organisirte psychiatrische Klinik, die er 1863 in dem alten Irren-
hause eröffnete und regelmässig im Wintersemester abhielt, zeigt sein
Interesse für den psychiatrischen Unterricht.
1864 erhielt Griesinger zuerst eine private Anfrage wegen
Uebernahme einer ordentlichen Professur in Berlin und 1865 nahm er
die ihm gebotene Stellung an. Am 2. Juni 1868 erkrankte Griesinger
in Wien, wohin er zu einer Consultation berufen war: am 4. Juni
von Wien nach Hause zurückgekehrt, musste er das Bett hüten und
man glaubte eine Perityphlitis wahrzunehmen, indess besserte sich
sein Zustand zusehends wieder, so dass er sogar eine Ausfahrt machen
konnte. Bald trat jedoch ein Anfall von Ohnmacht ein, er musste
abermals das Bett hüten, das er dann auch nimmer verlassen sollte.
Den 26. Oktober 1868 erlag er unter einem entsetzlichen Zu-
stand der Suffocation, der erst eine Stunde vor seinem Tode wieder einer
gewissen Erleichterung Platz machte, einem Abscess in der Bauchhöhle.
Als er auf der Höhe der Erstickungsnoth von einem an seinem
Lager stehenden Freunde gefragt wurde, ob er viel litte, erwiederte
er, muthig und ungebeugt wie immer: »es ist allenfalls auszuhalten!«
— So schied er aus dem Leben.
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- 281 -
Ueber Griesinger äussern sich Professor M. Lazarus wie
Dr. C. Westphal in Berlin wie folgt:
Griesinger hat das Studium der wissenschaftlichen Psychiatrie
mächtig gefördert, ja er bildete dadurch, dass er einerseits vor-
handene Thatsachen in wissenschaftlicher Weise zusammenfasste und
die Psychiatrie mit zahlreichen eigenen fruchtbringenden Ideen berei-
cherte, einen Markstein für die Entwicklung der Psychiatrie.
Griesinger hat einen neuen Aufschwung, einen frischen Zug
in die Frage der Irrenverpflegung gebracht, wie es noch nie vorher der
Fall gewesen. Er, den Manche einen Theoretiker und Idealisten
schalten, hat in der kurzen Zeit seiner Wirksamkeit practische Dinge
zu Stande gebracht, wie keiner vor ihm: er hat eine Nervenklinik
gegründet und in Verbindung mit der psychiatrischen Klinik gebracht;
er hat unter den schwierigsten äussern Verhältnissen das englische
No-restraint durchgeführt und der Irren-Abtheilung der Charite in
Berlin dadurch einen neuen Charakter gegeben, er hat die persönliche
Untersuchung bei zweifelhaften Gemüthszuständen in der höchsten
Instanz eingeführt. Ein zweites sehr wesentliches Verdienst war es,
das sich Griesinger um die Psychiatrie erworben hat, — welches der
Medianer am wenigsten vergessen sollte — dass er die pathologische
Anatomie mit derselben verbunden hat.
»So lange man immer von den Nerven allein und von der Seele
allein, von Denken und Geist auf der einen und dem Körper nnd
seinen Organen auf der andern Seite handelt und die Verbindung
beider nur als eine Art von Räthsel auffasst, so lange wir nicht den
fort und fort zwischen ihnen sich vollziehenden Prozess, die Aus-
lösungen desselben ins Auge fassen: so lange kann weder die Psy-
chologie noch die Nervenlehre fruchtbares, zum Ziele führendes für
die Psychiatrie zu Stande bringen.«
Während seiner langen qualvollen Krankheit beschäftigte ihn
nur Eins: die Zukunft des Irrenwesens. Noch in den lotzten Tagen
gab er, wie oft, dem Gedanken Ausdruck, dass er mit seinen Ueber-
Zeugungen sterbe; er wollte, dass Jedermann es wisse.
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- 282 —
Und so lassen Sie mich, sagt Dr. C. Westphal am Schlüsse
der am 17. November 1868 in der Medicinich - Psychologischen
Gesellschaft in Berlin gehaltenen Gedenkfeier Griesinger's, mit den
Worten des Dichters schliessen, die Griesinger einen Tag vor seinem
Tode mit schon ersterbenden Lippen citirte:
Ein Posten ist vakant! — die Wunden klaffen —
Der Eine fällt, die Andern rücken nach —
Doch fair ich unbesiegt, und meine Waffen
Sind nicht gebrochen — nur mein Herze brach.
Griesinger gründete 1867 das »Archiv für Psychiatrie und
Nervenkrankheiten« und veröffentlichte eine Reihe der bedeutendsten
Aufsätze und Arbeiten über Gemüths-, Nervenleiden u. dgl.
Seine Wittwe ist Elisabeth Joseflne, geb. von Rom.
VII. Albrecht Eberhard Griednger, geb. 23. Januar 1775, Stabs-
amtmann in Brenz, verm. erstmals mit Luise Catharina, geb.
Strtilin, f 1814; zum z weitenmale mit Johanne Marie Fri-
derike Henricke, geb. Bemtel. Er starb 29. September 1823 mit
Hinterlassung einer Tochter Fridertke Albertine, geb. 21.
October 1823.
VIII. Ernst Benjamin Griesinger, geb. 16. October 1779, viel-
jähriger Obersalzfactor in Stuttgart, f daselbst den 12. Januar
1838, in früheren Jahren Hofopernsänger und bis zu seinem
Ende beliebter Bassist in den musikalischen Kreisen Stuttgarts.
Seine Ehe mit Charlotte, geb. Heerbrandt, blieb kiuderloe. —
D) Johann Jacob Griesinger, (dessen Vater Geschwisterkind
des Eingangs erwähnten Prälaten), t 1833 als Pfarrer in Gültstein
bei Herrenberg. — Dessen Sohn:
Karl Theodor Griesinger, geb. 1809 in Kirnbach bei Horn-
berg im badischen Schwarzwalde; Vicar in Trossingen, Oberamts
Tuttlingen; Decanatsvicar in Freudenstadt auf dem Schwarzwalde
1833 — 1835. Er bat sich durch sein Universallexikon von Würt-
temberg, .Hechingen und Sigmaringen, Stuttgart 1840, und ver-
schiedene andere Schriften bekannt gemacht. —
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- 283 -
E) Eberhard Philipp Adolf Grleslnger, geb. 17. August 1800,
Enkel des vorerwähnten Joh. Jacob, and Sohn des Württembergischen
Stabsamtmanns in Entendorf, Königlich Württembergischer Eisenbahn-
hanptkassier, zuerst im Departement des Innern als Oberamtsactnar in
Münsingen, Cannstatt, Tübingen, von 1832— 1844 Königlicher Ober-
Polizeikommissär in Stuttgart, trat bei Errichtung der Eisenbahnkommis-
sion zur Eisenbahn- Verwaltung über, wegen leidender Gesundheit 23.
Febr. 1857 in Pensionsstand versetzt, starb 31. März 1857.
Er gab heraus 1831: „Zusammenstellung der Gesetze über
die allgemeine Gewerbeordnung im Königreich Württemberg" und
1839 „das Polizeistrafgesetz für das Königreich Württemberg mit
Anmerkungen".
Vera, erstmals 1832 mit Marie, geb. Herbort; zum zweiten
Male 1835 mit Nanette, geb. Stiefel, und 1839 zum dritten Male
mit Kathinka, geb. Ran.
Söhne:
I. Jollms von Grleslnger, jur. Dr., geb. 28. September 1836,
besuchte bis zum 18. Jahre das Gymnasium in Stuttgart,
widmete sich dann dem Studium der Rechtswissenschaft in
Tübingen und München, promovirte 1860 mit einer Abhand-
lung über die Ratihabition der Rechtsgeschäfte, machte nach
Erstehung der beiden höheren juristischen Staatsdienstprüfungen
grössere Reisen zu wissenschaftlichen Zwecken in Norddeutsch-
land, Holland, Belgien, Schweden, England, Frankreich und
Italien ; wurde nach seiner Rückkehr Hilfsrichter bei der Justiz-
abtheilung des Gemeinderaths, 1862 bei dem K. Stadtgericht
in Stuttgart, 1864 als Sekretär in das Kabinet des Königs
berufen, 1865 Geheimer Legationssekretär, 1869 Legationsrath,
18T1 Geheimer Legationsrath, Ritter I. Klasse des Ordens
der württembergischen Krone und des Friedrichs-Ordens, Com-
menthur des Königlich Preussischen Kronen-Ordens und des
Kaiserlich Russischen St. Annen- und St. Stanislaus -Ordens.
Gattin seit 1862: Panllne, Tochter des Präsidenten der
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— 284 -
K. Oborrechnungskammer y. Aotenrietb in Stuttgart. Kinder :
1) Julies Adolf, geb. 25. August 1863.
2) Alice Pauline, geb. 16. Mai 1866.
II. Albert Uriesingcr, Gutsbesitzer auf dem Plapphof, 0. A. Gail-
dorf, geb. 22. Januar 1840.
Gattin seit 1868: Emilie, geb. Klein von Stuttgart.
III. Robert Griesinger, Kaufmann in San Francisco in Nordamerika,
geb. 27. November 1841.
Gattin seit 1870: Lina, Tochter des t Kaiserlich Rus-
sischen Generalconsuls Johns in New-Orleans. Sohn :
Adolf, geb. 17. November 1872.
IV. Theodor Griesinger, Premier-Lieutenant im 2. Ulanen-Regi-
ment Nr. 20 in Ludwigsburg, geb. 26. September 1852.
Das Fürstlich Württembergische Diener buch enthält folgende höhere Beamte .
des Namens Griesinger: Abt 336. — Christ. Maxim., Vogt 542, 589. — Christof Frid.,
Reg.R.Secretar 76. — Georg Christ., Pfarrer 410, 503, 613 ; Vogt 477, 541. — Georg Frid.,
Geistl. Consist.Bath 130 ; Pfarrer 548 ; SpitalDiacon 562 ; StifftsDiacou 551. — Joh. Georg
Frid., Amptmann 456. — Joh. Gottfr., Cantzlei-Advoc. 96 ; Geh. 8ecretar. 35 ; Registratur
45 ; TutelarRath 98.
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Gros, Gross.
Johann Jacob Gros, Rittmeister, Kriegsrath, nachgehende Kloster
Lichtenstern 'scher Pfleger zu Heilbronn 1698, starb auf seinem Gute
zu Ottmar8heim, 1715. Seine I. Gattin war eine geborene Jäger?
die II. eine geb. Irnsinger von Heilbronn. Söhne:
I. Christ. Friedrich yon Gros, t 1742 bei der Staats-Revolution
in Russland.
II. Heinrich Gottfried von Gros, geb. 1714, Kaiserlich Russischer
Staatsrate und Gesandter in Dresden, im Haag und in London.
III. Johann Jacob Gros, J. U. Lic, Expeditionsrath und Stadt-
vogt in Stuttgart, t 5. Mai 1750. Söhne dieses Letzteren:
1) Friederich Ulrich von Gros, Kaiserl. Russischer Staatsrath
und Gesandter in Hamburg. Unverheirathet gestorben 1796.
2) David Eberhard Gros, Major und Regimentsquartiermeister
beim Schwäbischen Kreis, t zu Gaisburg den 25. Decembor 1786.
Gattin: seit 20. Februar 1748: Maria Johanna, Tochter des Ex-
peditionsraths und Postmeisters in Cannstatt Joh. Ulr. Mittler. Söhne :
I. Eberhard Heinrich, Hauptmann, t 1816 zu Esslingen.
II. Jacob Friederich, Kameralverwalter in Münsingen, f 1831.
III. David Friedrich, t 1809 in Horrheim.
IV. Angost Wilhelm, Kanzleirath in Tübingen.
V. Carl Albrecht, t 1817 als Secretär bei der Finanzkammer in
Stuttgart. Söhne des Letzteren :
1) Carl August Theodor Gros, Med. Doctor in London.
2) Carl Heinrich, Ober-Revisor in Stuttgart, f 1840.
3) August Friederich Louis, Kaufmann in Tuttlingen.
4) Gustav Friederich, Amts-Notar in Gross- ßott war.
5) Carl Ludwig Adolph, t 1825 im Seminar in Urach. —
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Carl Heinrich von Gros, Königlich Wflrttembergischer Ober-
tribunal-Präsident, geb. 10. November 1765, als Sohn des M. Fer-
dinand Gros, Decans in Urach und der Regina Elisabetha, Tochter
des Stadtpfarrers in Sindelfingen M. Johann Benjamin Hummel,
t als Königlich Württembergischer Geheimerrath 9. November 1840.
Derselbe studirte in Tubingen, wo er 1785 die philos. Magister-
würde erlrelt, später in Jena und Göttingen. 1778 wurde er Instructor
dos nachmaligen Königs Wilhelm von Württemberg und dessen Bruders,
des Prinzen Paul. 1792 ging er zu der Rechtswissenschaft über und
wurde 1 795 J. U. Dr., hierauf 1796 Jur. Professor ord. zu Erlangen. Nach
einigen Jahren nahm ihn die württembergische Landschaft zu ihrem
Consulenten an. 1804 kehrte er auf die Stelle in Erlangen als Pro-
fessor juris, ord. zurück und wurde zugleich Königlich Preussischer
Hofrath. 1817 ins Vaterland zurückberufen, wurde er Präsident des
Königlichen Criminal-Tribunals in Esslingen und noch in demselben
Jahre Präsident des Criminal-Senats, des Obertribunals in Stuttgart
und ausserordentliches Mitglied der 11. Abtheilung des Geheimen-
raths, 1818 Ritter des Ordens der Württ. Krone, 1819 Commenthur
dieses Ordens, 1820 wirklicher Geheimerrath. Gattin: Christiana,
geb. Eiring aus Göttingen. Söhne : 1) Konrad Sigismnnd von Gros,
Königlich Württemb. Staatsrat h, Commenthur des Kronordens, Commen-
thur I. Cl. des Württemb. Friedrichsordens, des Spanischen Isabellen-
Ordens, t 14. März 1870 im 61. Jahr seines Alters. 2) von Gros,
Obertribunalrath, Ritter des Kronordens etc. t 22. April 1809. —
von Gros, Königlich Württembergischer Oberbaurath a. D.,
t 26. September 1861. —
von Gros, Medicinalrath a. D., Ritter des Kronordens, t 8. Dec.
1868 im 82. Jahr seines Alters.
Dag Fürstlich Württembergiscke Dienerbuch enthält folgende höhere Beamte
des Kamen« Gros (Gross): Pfarrer 617. — Aug. Wilh., Regit Secretar 76. — Carl Albr.,
Registratur 160. — Christoph Ferd., Pfarrer 443, 460, 500. — Christoph Gottl., Stadt-
schreiber 366. — David Eberh , Reg.R Secretar. 74. — Jac. Frid., Cl.Pfleger 264: Statt-
schreiber 502. — .loh. Fried., Reg.R.Secretar. 74. — Jah. Joe., CantzlciAdvoc. 95; 01.-
Hofmaistor 339 ; Cl.Pfleger 3 13 : Vogt 541. — Mich., Vogt 458.
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Günther.
Friedrich Wilhelm Günther, geb. 31. Juli 1724 zu Esslingen,
Sohn des am 20. April 1G88 daselbst geborenen, 17. April 1752
gestorbenen vieljährigen wohlmeritirten Conrectors des Pädagogii in
Esslingen M. Joh. Wilhelm Günther, und der ihm seit 5. October
1723 angetrauten Gattin Elisabetha Johanna, Tochter des 1099 f
Diaconus und Rectors in Esslingen Joh. Caspar Ledermann, Sohns des
Pfarrers Joh. Georg Ledermann* in Ekendorf im Hanau- Lichten-
bergischen im Elsass, hernach zu Benringen in Oesterreich; Enkel
Jolu Georg «ttnther'a, Weber- und Blaichermeisters und Zunft-Mit-
Meisters zu Esslingen, geb. 1658, f 4. August 1719, und der ihm
seit 18. Februar 1688 angetrauten Barbara, Tochter des Weber-
und Blaichermeisters in Möhringen David Ulmer; Urenkel des jung
* Ein Enkel desselben, Johann Heinrich Ledermann, Chirurgus in Stuttgart, ver-
mählte sich 30. Mai 1769 mit Johanna Marie Jakobine, Tochter des Chirurgen in Stuttgart
Johann Erhard d' AUrin, Sohns de« als Pfarrer in G&chingen bei Münsingen 23. März 1755
t Antonius d'Attrin, welcher 21 Kinder hatte. Der Grossvater des letztgenannten Antonius
d'Attrin* französischer Oberst im 30jährigen Kriege, 1639 Commandant von Urach, geb.
in Lothringen oder in der Champagne, wurde von der Stadt Urach, weil dieselbe unter
srfnem Commando gegenüber anderen Städten in Württemberg so viel Schonung und
Schutz genossen, was man vorzüglich der redlichen Liebe zu seiner späteren Frau, der
Tochter des damaligen Obervogts von Urach zu verdanken hatte, nach dem Tode seines
Schwiegervaters dem Herzog als Nachfolger im Amte empfohlen, eine Bitte, welche der
Herzog gerne gewährte; d'Attrin bekleidete dies Amt wohl gegen 20 Jahre.
Der Schwiegervater tfAUrin'a hatte seine Zustimmung zur Heirath seiner Tochter
davon abhängig gemacht, dass d'Attrin nach erfolgtem Frieden den Abschied aus dem
Militärdienst nehme, auch die Kinder aus dieser Ehe in der evangelisch-lutherischen
Religion erziehen lasse. In einer alten Aufzeichnung über d'Attrin'» Schicksale findet
sich darüber n. A. folgender Passus: „Er aber blieb aufgeklärter Weise Katholik ....
aacb verordnete er in seinem Testament, dass seine Leiche in einem bleiernen Sarge auf
dem Klosterkirchhof in Sevllngen (Söflingen) bei Ulm begraben werde/
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Georg Günther in Möhringen auf den Fildern, Webermeisters und
Blaichers; Urur-Enkel Hans Georg Gttnther'g, gen. Michel's Sohn,
und dessen seit 4. Juni 1638 angetrauter Gattin Margaretha Ulmer.
In Möhringen,* wo die Weberoi sehr stark blühte und in regem Ver-
kehr mit den benachbarten Ortschaften stand, war die 6rt*nJÄ<?r'sche
Familie jedenfalls schon seit dem Anfang des 15. Jahrhunderts an-
* Eine alte Möhringe r Chronik erzählt über die Geschicke Mnhringens im 30j ih-
rigen Kriege u. A. Folgende«:
„17. November 1646 kam eine sehr starkhe Parthey Bayerische von Asperg und
Hallbronn vor die Statt Esslingen, namen aldort vor dem Gliensacker Thor Ein grossen
Hauffen Schaff weg, weilen sich aber die von Esslingen darnmb zu wehr gestelt, Ihnen
sehr starkh nachgejagt, gedachte Schaaf wider abgenommen, sind sie dergestalt erbittert
worden ; sich off hieher begeben , die Nacht uff dem Kirchof retteriert , volgUch gegen
dem Tag wider uffgebrochen, die letztere aber davon (ohn Zweiffei uff gehaiss Ihrer
Offleier) Einen Brandt von ihrem gehabten Wachtfeuer genommen, dess Fleckben Schearen
zwischen Martin Emha^dt, Hans Millers wittib and Hans Günther Thomas Sohn 's Schearen ge-
legen, nicht allein hierdurch solche, sondern auch Hangt Güntters Schearen und besagte
Hans Millers Wittib Behausung verbrennen, solche drey gebey sind wenigst beschätzt
uff 1000 nV»
Anno 1647 mussten die Möhringer wegen der starken Streifschaaren vom Heere
des Marschalls Turenne, der damals das Tübinger Schloss belagerte, mehreremale ihren
Ort ganz im Stiche lassen. Die Gesammtbeit der Kriegskosten und des durch Plün-
derung u. s. w. angerichteten Schadens von 1634—1660 wurde nach dem geringsten An-
schlag auf 122,484 fl. 21 kr. geschätzt *
Noch möge ein durch einen besonders glücklichen Zufall gnädig beseitigter
feindlicher UeberfaU, welcher Möhringen zugedacht war, hier Erwähnung finden :
Am 19. Juli 1796 bedeckten dichte Züge französischer Truppen die Strasse,
welche von Böblingen her führte. Schon erblickte man sie auf der Höhe bei Rohr,
da versammelten sich schnell Schultheiss, Gericht und Ratb und schickten ihnen den
Spitalhofmeister und Gerichtsschreiber Johannes Wolf und den Bäckermeister Wolf, einen
der franzosischen Sprache vollkommen kundigen Mann, entgegen, um beim französischen
General um Gnade und Schonung für die Gemeinde zu bitten. Mittlerweilen wurden
Tische mit Speisen und Getränken zur Erfrischung der Offiziere am Eingang des Ortes
aufgestellt. Die beiden Abgeordneten sahen auf dem halben Weg nach Vaihingen die
Vortruppen des zahlreichen Heeres. Sie baten um Gehör beim Oeneral, das ihnen so»
gleich bewilligt wurde. Der Bäckermeister, ein stattlicher, verständiger Mann von vieler
Welt- und Mensohenkenntniss, trug die Bitten der Gemeinde dem General eindringlich,
vor. Dieser fragte, wo und wie er das Französische bo gut erlernt habe, worauf Wolf
erzählte, dass er lange in der französischen Marine gedient habe, indem er zugleich das
Schiff, auf dem er damals als Bäcker angestellt gewesen, seinen Gapitän und die Offiziere
nannte. Erinnerst du dich auch noch der Sohiffsjungen, fragte der General? Allerdings,
war die Antwort, und zwar noch besonders gut eines muthwUUgen, aber guten und lieben
Knaben, der Laroche hiess. Da sprang der General rasch vom Pferde und umarmte,
mit dem Ausrufe: „Ich bin Laroche, kennst du den kleinen Scbiffskadet nimmer!* vor
seinen erstaunten und gerührten Offizieren seinen ergrauten Sohiffsbäcker, wie einen
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— 289 —
gesessen, da sich daselbst in den Kirchen- und Lagerbüchern, die
merkwürdigerweise noch vorhanden sind, viele Glieder dieser Familie
vorfinden, so z. B. :
tieorg Glnter, Martin Ginter's Sohn und Barbara, Conrad
Brentzling's Tochter, verm. 2. Febr. 1579; Jacob Günther 1581,
Martin Günther 1540, 1581; Benz Günther 1409.
Johann Wilhelm war Anfangs ein Zögling des Collegii alumnorum
zu Esslingen und widmete sich in der Folge auf den Universitäten
Tübingen, Leipzig und Strassbnrg dem Studium der Medicin, Hess sich
sodann als Med. Dr. in seiner Vaterstadt nieder und starb daselbst
hochgeschätzt und vielbetrauert als erster Stadtarzt 18. Januar 1793.
Das obenerwähnte, nunmehr eingegangene Collegium alumnorum,
in welchem Joh. Wilhelm erzogen wurde, ist eine auf Veranlassung des
bekannten, in Ungnade gefallenen und nach Esslingen geflüchteten Dr.
Lucas Oslander von dem Rath dieser freien Reichsstadt am 29.
Juli 1598 ins Leben gerufene Stiftung, welche vorzüglich die Ein-
führung des deutschen Choralgesanges und der Choralmusik, sodann
aber auch Fortsetzung der Studien im Auge hatte. Durch die Kirchen-
Musik sollte besonders nach der Ansicht des grossen Reformators Jjuther
alten Freund, den Offizieren erzählend, wie er Wolft Liebling gewesen sei und dieser
ihm manches Stück Backwerk zugesteckt habe. Die Bitte der Möhrlnger wurde sogleich
bewilligt und ihnen Schutz und Schonung zugesichert, ein Versprechen, das, §o lange
•ich Laroche in Schwaben befand, auch getreulich gehalten wurde. Während der Ge-
neral and seine Offiziere sich an den ihnen angebotenen Speisen und Getränken erlabten,
muesten sämmüiche Truppen, in der Stärke von 8 bis 10,000 Mann, an Möhringen vor-
bei nach Degerloch, Buith und den benachbarten Orten ziehen, wo die jungen, an müi-
tärische Zucht und Ordnung noch wenig gewöhnten Republikaner mancherlei Unord-
nungen und Gewalttaten verübten« Den Möhringern liess Laroche eine Schutz wache
und einen Schutzbrief zurück, welche auch von den zahlreich nachrückenden Feindes-
■cbaaren so lange respekürt wurden, als Laroche und der Obergeneral Moreau, der da.
mala auf den Möhrlnger Feldern Heerschau hielt, in der Nähe waren. Bei dem Vorrücken
der Franzosen nach Baiern aber wurde die Schutzwache abgerufen.
80 ging der erste Eriegssturm zu Ende des 18. Jahrhunderts glücklich an Möhringen
vorüber, doch blieb es mit Naturallieferungen und Vorspannen nicht verschont, welche
« vornehmlich auch für die Stadt Esslingen (Möhriugen gehörte nemlich 600 Jahre lang
bis 1802 dem Spital in Esslingen zu eigen) leisten musste.
Im Vebrigen liess Esslingen bei seinen ehemaligen Unterthanen das Andenken
•einer wohlwollenden Verwaltung der regierenden Herren von Esslingen, der 8pital-Vor-
«teher und Beamten zurück, das noch in den Nachkommen fortlebt/
9. QtvrgU-Qtorgmau, Biographisch-Genealogische Blätter etc. 19
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— 290 -*-
der öffentliche Gottesdienst an Würde, Feierlichkeit und Rührung gewin-
nen; es konnte daher diese Stiftung nicht verfehlen, bei allen Bewohnern
Esslingens, die den hohen Werth der Volksbildung zu schätzen wussten,
Anklang zu finden. Von dieser Stiftung sagt ein dieselbe betreffendes
Decret, «das so errichtete Collegiura alumnorum erreichte nicht bloss
vollkommen seinen Zweck, sondern gelangte auch in der Folge durch
weitere nachträgliche Dotationen, welche bedeutende Vergrösserungen
ermöglichte, zu reicherer Blüthe, so dass diese Anstalt von 1598 bis
1798 474, bis 1808 484 Collegiaten zählte, welche nebenher in den
verschiedenen Classen des Esslinger Pädagogiums den Unterricht im
Lateinischen, Griechischen, in Geographie, Geschichte &c. genossen und
von denen viele in späteren Jahren sich auszeichneten.» Von ihnen wurde
Zech Württemb. Geh.-Rath, Harsch Kaiserl. General, Theologen 92,
Latein. Schullehrer 57, Deutsche 62, Professoren 4, Juristen und Medi-
aner 19, Schreiber 44, Musiker 15, Apotheker 3, Kaufleute 6, andere
Gewerbsleute 18, 10 waren damals (1808) noch in der Anstalt.
Johann Wilhelm Günther war zweimal vermählt, nämlich:
1. seit 3. Dec. 1748 mit Maria Magdalena, Tochter des Diaconus
in Esslingen Elias Gottlieb Dietrich; IL seit 27. Juli 1778 mit
Rosiiia Juliana, Tochter des Med. Dr. und Physicus in Esslingen
Phil. Jacob Schlotterbeck« Kinder L Ehe:
I. Johanna Margaretha, geb. 13. September 1740, Gattin des
Bürgermeisters von Urach Carl Wilhelm Scherpf.
IT. Helene Barbara, geb. 2. April 1754, Gattin des Accis- Ver-
walters in Esslingen Andreas Wolfgang Friedrich Banz,
welcher aus einer altangesehenen Esslingischen Familie stammte.
III. Elisabetha Dorothea, geb. 20. Sept. 1756, Gattin des Lieute-
nants bei dem schwäbischen Kreis Wolfgang Philipp Erhard
Honold, Sohns des Lieutenants Eberlmrd Friedrich Konoid
und der Christina Magdalena, geb. Marchthaler, und Enkel
des 1742 f Syndicus von Giengen Abraham Honold.
IV. Conrad Eberhard ÜOnther, geb. 19. Juni 1752, Pharmaceut
und Dr. med., t 1806 kinderlos.
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Weitere Träger dieses Namens sind:
Friedrich Gotthilf Günther, geb. 21. Mai 1800, Stiftungs-
commissär in Esslingen, t 8. Juli 1835 als Yerwaltungs-Actuar in
Möhringen, O.-A. Stuttgart, Sohn des 15. November 1801 t Jon.
Peter Günther, Gewerbsmanns, und der Christina Margaretha, geb.
Elsässer; Enkel des Johann Philipp Günther, Bleicher- und Weber-
Meisters, auch Zuhft-Mitmeisters und dessen seit 13. October 1767
angetrauter Gattin Marie Helena Seyerlen; Urenkel Johann Georg
Gflnther's, Weber- und Bleicher-Meisters, auch Zunft-Mitmeisters
Ürur-Enkel Wilhelm GUnther's und dessen seit 14. November 1682
angetrauter Gattin Anna Maria, geb. Dürr; Urur-Urenkel Johann
Georg's, Webermeisters von Möhringen.
Gattin: seit 11. Mai 1830 Eleonora Louise, Tochter des mit
Anna Eleonore, geb. Denzel, vermählten Pfarrers in Vaihingen Lud-
wig Friedrich Nagel. Sohns des Pfarrers in Möhringen, Diaconus zu
Esslingen Joh. Ludwig Nagel, geb. 11. Mai 1752; Enkels des Raths-
Consulenten von Esslingen Paul Friedr. Nagel, t 1765; Urenkels des
J. U. Lt. und Geh. Registrators Georg Friedrich Nagel, geb. 1671.
Söhne des Friedrich Gotthilf Günther:
1. Gotthilf Alhert Lodwig, geb. Esslingen 3. September 1831.
II. Carl Theodor, geb. Möhringen 28. Mai 1834, Dr. med., in
Hampton Wick bei London, verm. 15. August 1871 mit Florence
Georgine, geb. Tompson von S. Leonards bei Hastings, geb.
24. Juli 1848 zu Bei ton in England, welcher Ehe 2 Söhne,
Namens Arthur, geb. 29. Juli 1872, und Eduard, geb. 4. Mai
1877, und 1 Tochter, Marie Louise, geb. 6. September 1875,
entsprossten. —
Gottlieb Carl von Günther, geb. 14. Mai 1825 in Heilbronn,
langjähriger Lehrer und Erzieher Sr. Königlichen Hoheit des Prinzen
Wilhelm von Württemberg, Königlicher Hofkaplan, Bitter des Kron-
ordens I. Klasse.
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— 292 —
Sei« Vater, der wie die Voreltern das Seckler-Gewerbe betrieb,
war Gottlieb Erhard Günther, geb. zu Marbach 12. October 1775,
später in Heilbronn etablirt, f 29. Juni 1854; die Mutter, verm.
31. October 1805, Elisabeth Friederike, geb. Gramer von Ludwigs-
burg, f 23. Oct. 1869; der Grossvater Erhard Friedrich Günther,
geb. zu Marbach 2. Juli 1745; die Grossmuter, verm. 10. Juli 1770,
Elisabeth, geb. Glocker; der Urgross vater Johann Erhard Günther,
Bürger und Seckler-Meister, f 14. Mai 1758 am hitzigen Fieber
und Friesel; die Urgrossmutter, verm. 9. Febr. 1739, Anna Catha-
rina, geb. Pauli.
Von weiteren Giinther'achen Familiengliedern finden sich in
den Tauf-, Ehe- und Sterbe-Registern von Marbach folgende Glieder:
Johann Georg Günther, verm. seit 16. Juli 1743 mit Anna
Elisabeth, geb. Eisenlohr, welch letztere 6. Aug. 1794, 72 Jahre
alt, starb. Johann Jacob Günther 1702. Der Vater Johann Jacob' s
war Georg Günther, nach dem Ehebuch ein in Marbach eingewan-
derter Gewerbsmann
Eigenhändigen, dem Verfasser dieser Blätter gnädigst zur Be-
nützung überlassenen, Aufzeichnungen Sr. Königl. Hoheit des Prinzen
Wilhelm, Obersts und Commandeurs der 27. Kavalleriebrigade (2.
Kgl. Württ.), Ehrendoctors der juristischen Facultät, über seinen lang-
jährigen viel verdienten Lehrer entnehmen wir Folgendes:
« Gottlieb Carl Günther, das 4. Kind und einziger Sohn einer
zahlreichen Familie, erhielt seine erste Erziehung im elterlichen Hause
und besuchte dann das Gymnasium seiner Vaterstadt. Im 15. Jahre
bezog Günther nach glücklich bestandenem Landexamen das Seminar
zu Maulbronn, nachdem er sich schon früh für den geistlichen Beruf
entschieden hatte. Nach vier Jahren vertauschte er das Seminar mit
der Universität und war während der nun folgenden weiteren vier
Jahre Zögling des Stifts in Tübingen. Nach Absolvirung der ein-
schlagenden Examina wurde Günther Vicar in Unter-Ensingen, wo er
einige Jahre hindurch dem dortigen Pfarrer Hoffmann, zur Seite
Digiti
zedby GoOgk _
— 293 —
stand. Von Unter-Ensingen wurde Günther zum Pfarrverweser in
Schönthal ernannt, in welcher Stellung er wiederum einige Jahre
verblieb, bis er eine wissenschaftliche Reise nach England und den
Vereinigten Staaten von Nordamerika antrat. Zu dieser Reise, die haupt-
sächlich das Studium des Sectenwesens der genannten Länder zum
Zweck hatte, war ihm eine Staatsunterstützung zu Theil geworden, da
man seine bedeutenden Fähigkeiten an massgebender Stelle bereits zu
wnrdigen gelernt hatte.
Von der Reise nach America zurückgekehrt — - welche in die
Jahre 1852 bis 1853 fiel uud wohl 3 /* Jahre in Anspruch nahm —
erhielt er eine Anstellung als Lehrer der Religion am Gymnasium in
Stuttgart.* Im März 1855 wurde er Erzieher des Prinzen Wilhelm
von Württemberg und blieb in dieser Stellung, die er mit der auf-
opferndsten Pflichttreue 7 1 /* Jahre lang ausfüllte, bis zum September
1862. Zu dieser Zeit wurde er zum Hof kaplan an der Schlosskirche
in Stuttgart ernannt, in welcher Eigenschaft er auch am 13. Decbr.
1863 seinen früheren Zögling konfirmirte. Wenige Jahre später ver-
tauschte er diese Stelle mit einer Professur am Obergymnasium in
Stuttgart, wo ihm wieder der Religionsunterricht zufiel, nachdem er
auch schon während seines früheren Amtes nicht aufgehört hatte,
den Prinzen Wilhelm von Württemberg in den dahin einschlagenden
Fächern (Religions- und Sittenlehre, Dogmatik etc.) sowie in Ge-
schichte zu unterrichten. Seine zunehmende Kränklichkeit, deren erste
Keime schon in der Zeit seiner Erzieher-Thätigkeit bemerkbar waren,
hinderte ihn bald — manchmal auf längere Zeit — an der Ausübung
seines Berufs, so dass er am 30. Dezember 1871 um seine Ver-
setzung in den Ruhestand bat. Am 21. September 1874 endete der
Tod seine in der letzten Zeit oft sehr beschwerlichen Leiden, so
dass er sein so reich angelegtes Leben nur auf ein Alter von
49 Jahren und vier Monaten brachte.»
* Gleichzeitig erhielt er einen Ruf an die 8t TrinitatiBkirche in Philadelphia,
deren Gemeinde ihm zugleich einen lübernen Pokal und eine Prachtbibel verehrte.
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zedby G00gk
294
Schwestern von Günthers:
1) Louise Amalie, geb. 21. Aug. 1809, Wittwe des Kaufmanns
Georg Lang in Marbach. Kinder:
a) Emiüe, verm. Amtsnotar Raidelhuber in Göppingen.
b) Marie, verm. Kaufmann Setzer.
c) Otto, lebt in Amerika.
2) Wilhelmine, geb. 28. August 1812, Wittwe des Werkmeisters
Ohnmris in Ludwigsburg. Kinder:
a) Mathilde, geb. 29. April 1838, vermählt mit Bijouterie-
fabrikant Meurer, Bruder des Oberamtmanns Carl Meurcr
in Heilbronn.
b) Jnlie, geb. 10. October 1842, I. vermählt mit Fabrikant
Kämmerer, II. vermählte Ruber, jetzt Wittwe.
3) Friederike, geb. 1. Juli 1821, Wittwe des Bauraths Dünger
in Heilbronn. * Töchter:
a) Anna Elise, geb. 3. Dec 1844, vermählte Kaufmann HUttner
in Heilbronn.
b) Elise Hermine, geb. 31. Nov. 1850, vermählte Architekt
Burhhardt.
4) Pauline, geb. 1. August 1828, Gattin des Particuliers Louis
Hentges in Heilbronn. Kinder:
a) Carl, geb. 13. Sept. 1853, Kaufmann in Spanien.
b) Elise, geb. 17. Juli 1856, vermählt mit Kaufmann Frech
in Stuttgart.
Das Fürstlich Württembergische Diener buch enthält folgende höhere Beamte de«
Namens Günther (Günter, Güntter): Joach. Dan., Keller 480. — Joh. Dan., Keller 496;
Pageninformator 199.
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zedby G00gk
Günzler.
Eine von Nördlingen nach Württemberg gekommene Familie, als
deren ältest bekannter Stammvater
Heinrich, der Günzler von Altheim bekannt ist. Derselbe wurde
im Jahre 1538 Bürger zu Nördlingen und hinterliess einen Sohn Namens:
Yeit II«, Jud. Assessor, verm. mit Katharina, geb. Degenhart,
welcher Ehe 4 Söhne entsprossten. Von diesen war der II. Sohn:
David Günzler, geb. 30. August 1591, Assessor (1616) und
Stadtarzt von Nördlingen (1626), mit Juditha, Tochter des Raths
Ulrich Wüest daselbst, vermählt. Söhne dieses Letzteren:
I. Christian Günzler, der Herzogin Christina in Gotha Secre-
tarius, t kinderlos 1689.
IL Hieronymus Günzler, Chirurgus 1662.
IIL David Günzler, 30jähriger Stadt- und Hospitalarzt in Nörd-
lingen. f 1695.
IV. Veit Ulrich Günzler, geb. 1636, Kaiserlicher Notarius und
32jähriger Hospitalmeister in Nördlingen, verm. mit Sophia Eli-
sabeth* Geuder, Tochter des Geheimen Stadt- und Kammerschrei-
bers in Nördlingen-. Er starb 1699. Söhne desselben:
1) Johann Georg Günzler, Hochfürstl. Sachsen-Gotbaischer Bent-
kammer-Secretar. t 1726.
2) David Melchior Günzler, Hüttenschreiber in Heidenheim, f 1704.
3) Christian Ulrich Günzler, Stadtschreiber und Amtsverwalter
in Blaubeuren, nachher Kanzleirath bei dorn Herzog Admini-
strator Carl Bitdolph in Neustadt, Rentkammer-Expeditionsrath
in Stuttgart t 1745. Gattin: Anna Jnstina, Tochter des
Stadtschreibers in Blaubeuren Tabee Sadler, Sohns des Johann
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zedby G00gk
— 296 —
Sadler, Stadtschreibers und der Judithe, Tochter des Frühpredigers
in Biberach Jacob Zoller. Söhne:
I) Christian Gttnsler t unverheiratet.
II) Johann Georg Gflnzler, Pfarrer in Pliezhausen, 1 1778. Söhne:
1) Amandas Wilhelm, t 1808 als Pfarrer in Affalterbach.
Söhne: a) Amandns Friedrich, t 1833 als Decan in Leon-
berg. Dessen Sohn: Otto, Pfarrer in Beinstein, b) Carl
Friedrich, t 1831 als Verwalter in Heutingsheim. Dessen
Sohn: Carl Friedrich, Professor in Stuttgart, c) Ferdinand,
Hofgerichts- Aktuar, t 1853 kinderlos, d) Wilhelm Friedrich,
t 1874 als Rechnungsrath in Stuttgart. Dessen Söhne:
Carl, Pfarrer in Mittelstadt, Albert, Apotheker in Laichingen
und Julius, Instrumentenroacher in Stuttgart.
2) Johann Friedrich, t 1836 als Stadtscbreiber in Marbach.
3) Georg Ferdinand, t 1830 als Kaufmann in Nantes.
III) Amandns, geb. 9 Mai 1714, t 1787, Amtsoberamtmann in
Stuttgart, verheirathet mit Christina Margaretha, Tochter des
Titularraths Leonhard Heinrich Jahn. Söhne:
a) Friedrich Amandns, Postexpeditor in Heilbronn, f 1788ohneKinder.
b) Johann Christof, t 1803 als Kirchenraths-Expeditionsrath.
Gattin: Johanna Dorothea, Tochter des Kentkamroer-Expedi-
tionsraths Zorer. Dessen Söhne: Carl Friedrich Amandas,
Registratur im Steuerkollegium, t 1830.
c) Christian Heinrich, t 1842 als Regierungsrath in Stuttgart
Verheirathet mit Auguste Friederike Solle, Tochter des Klosterhof-
meisters Christian Friedrich Linsenmann in Offenhausen. Söhne :
aa) Amandns Heinrich von Günzler, geb. den 12. November
1787, f den 3. Januar 1840 als Geheimerraths-Kanzlei-
director in Stuttgart. R. des K.O. Gattin: seit 12. Juli
1818 Louise Friederike, geb. Löchner.
bb) Amandas Friderich Gflnzler, geb. den 1. Jan. 1789, t den
6. Sept. 1874, als pensionirter Oberamtmann von Oehringen.
Gattin: seit 24. Juni 1819 Friederike, Tochter des Ober-
amtraanns in Waiblingen Friedrich Steck, Söhne:
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— 297 -
1) Robert Amandas Eberhardt Heinrich Gttnzler, geb. den 3.
Mai 1820, Pfarrer in Weiler, O.A. Bockenheim;
2) Victor Amandas Einst Gttnzler, geb. den 28. August
1831, Hofdomänenrath in Stuttgart. Gattin: seit 15. Mai
1860 Julie, Tochter des Directors der Königl. Forstdirection
Ton Brecht. Sohn: Hugo, geb. den 10. October 1870.
cc) Amandas Carl Gttnzler, geb. 8. Nov. 1792, t in Nürtingen als
Pfarrer von Frickenhausen 22. Nov. 1864; verm. mit Auguste
Friederike, Tochter des Kaufmanns Veil in Schorndorf. Söhne:
1) Amandas Heinrich Theodor Gttnzler, geb. den 20. August
1821, wohnhaft in Nürtingen, verm. mit Lisette geb. Rieh-
mann von Hall. Söhne: a) Amandas Hermann, geb. 9. Febr.
1858. b) Amandas Otto, geb. 19. Nov. 1862.
2) Amandas Gustav Gttozler, geb. den 3. März 1832, Pfarrer
in Königsbronn, verm. mit Julie, Tochter des Musikdirektors
Silcber in Tübingen. Sohn: Amandas Friedrich Wilhelm
Uflnzler, geb. den 6. August 1870.
dd) Amandas Wilhelm Gttnzler, geb. den 4. Februar 1799, t den
17. April 1844 in Tübingen als Oberamtsrichter von Sulz a/N.,
verm. mit Sophie Heinricke, Tochter des t Apothekers Märklin
in Tübingen. Söhne:
1) Amandus Heinrich Adolf Gttnzler, geb. den 24. Mai 1832,
Med. Dr. in Leonberg, verm. mit Marie, Tochter des pens.
Kameralverwalters Bllflnger in Hall. Söhne: a) Amandas
Otto Wilhelm, geb. 15. März 1865. b) Amandas Carl Adolf,
geb. 19. Juli 1862.
2) Amandas Gustav Gttnzler, geb. den 29. November 1838,
Bevisor bei der K. Eisenbahnbau-Gommission in Stuttgart,
verm. mit Marie, Tochter des Canzleiraths Gess in Stutt-
gart. Sohn: Wilhelm Amandas, geb. 4. März 1876.
Du Fürstlich Wörttembergiscbe Dienerbnch enthält folgende höhere Beamte
des Namens Günter (OÜntzlsr): Stattachrelber 491. — Amand., CantzleiAdvoc. 95; Vogt
Mi — Christian Heinr., Vogt 641, 642. — Christian Ulr., Stattachrelber 393. — Frid.
Vogt 434. — Joh. ChrUlian, Exped.Rath 147. Joh. Christ oph, VisitatSecretar. 168.
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Haage.
Johann Bartholomäus Hange, Prälat in Adelberg, geb. 6.
August 1633 in Gussenstadt, O.A. Heidenheim, wurde zweimal getauft
(das zweite Mal 3. Mai 163G) und hielt sich selbst die Leichenrede.
Jenes ereignete sich folgendermassen : Kaum 2 Jahre alt verlor
Haage seine Eltern durch die in Folge der Nördlinger Schlacht ein-
getretene Noth und Pestilenz. Seine Schwester Barbara, ein Mäd-
chen von 16 Jahren, floh mit ihm in die Wälder, nährte sich und
das Kind eine Zeit lang von Gras und Nesseln, Wurzeln und Kräu-
tern; als sie sich jedoch nicht mehr des Hungers erwehren konnte,
trug sie das Kind nach Ulm, legte es auf eine vor dem Spital be-
findliche Bank, wo es vom Thorwart gefunden und dann im Spital*
aufbewahrt wurde. Weil aber durchaus nicht zu erfahren war, wer
die Eltern des Kindes waren und ob es getauft sei, so wurde es in
Ulm den 3. Mai 1636 noch einmal getauft und ihm der Name
Johannes Fund beigelegt, welchen er auch bis zum Jahre 1646 be-
hielt. Zu dieser Zeit kam der älteste Bruder Haage's, Georg Haage,
aus Egolsheim nach Ulm, verlangte das Kind, wobei es sich her-
ausstellte, dass es bereits mit dem Namen Bartholomäus getauft
* Nach einer andern Version, vergl. Blum, wurde Haage in den Wäldern ans«
gesetzt gefunden, von Menschenfreunden in das Waisenhaus nach Ulm gebracht uud
daselbst von der Waisenhausmutter lioaina Hämmerlin, sowie einer 50jährigen Jungfrau
Barbara Erhardtin mütterlich verpflegt und auferzogen. Um ihn zu kleiden und tinter-
richten zu lassen, entzog sich seine Pflegemutter im Spital selbst das Notlüge, ja sie
ersparte sich das Geld, damit er hier Magister werden konnte. Als endlich im Jahr
164G entdeckt wurde, wer seine Eltern waren, nahm man ihn im Tübinger 8tift auf ond
beförderte ihn wegen seines Fleisses und seiner Rechtschaffen hei t von Stufe zu Stufe.
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sei, daher Haage dann zum ewigen Gedächtniss die beiden Namen
Johann Bartholomäus führte.
Seine Leichenrede verfasste er selbst — »um nicht gelobt zu
werden. «
Haage war erst Pfarrer in Faurndau, dann in Kolberg, kam
hierauf als Prediger nach Pfullingen, 1677 aber als Superintendent
nach Blaubeuren. 1681 wurde er Hofprediger und starb zuletzt als
Prälat in Adelberg 1709.
Seine I. Gattin war seit 9. Mai 1653 Elisabetha, geb.
Schweickard; die II. seit 1666 Elisabetha Barbara, Tochter des
Pfarrers in Bernhausen Johann Martin Laiblin, welch beiden Ehen
18 Kinder entsprossten. Von ihnen sind näher bekannt:
I. Anna Margaretha, verm. mit dem Kammerrath in Stuttgart
Johann Georg Haupt,
IL Friedrieh Haage, geb. in Pfullingen 4. Nov. 1668, Pfarrer
in Schwaikheim 1719, verm. mit Yeronika Margaretha, geb.
Lnz.
III. Johann Conrad Haage, geb. in Pfullingen 6. Juni 1672, Pfle-
ger in Westheim, verm. mit Rosine Catharine, Tochter des
Decans in Tuttlingen Johann Caspar Baldenhofer.
IV. Gottfried Haage, geboren in Blaubeuren, Pfarrer in Adelberg,
verm. mit Anna Elisabetha, Tochter des Klosterverwalters in
Bebenhausen Jacob Mezger. Sohn des Letzteren:
Jobann Bartholomäus Haage, geb. in Adelberg 1706, t
16. April 1743 als Pfarrer in Dürnau. Seine Gattin war
Maria Elisabeth, Tochter des Diaconus in Winterbach Johann
Rudolf Mögling.
Dm Füritlicb Württembergische Dienerbach enthält folgende höhere Beamte
da Namen* Haag (Haage, Häg, Hägen, Hägin): Barihol., Abt 238 ; Gaistl. Rath im Consigt.
137 ; Hofprediger 193. — Bereht., Vogt 418, 420. — Com-., Keller 435 ; Stiffts-Verwaltter
435. — Georg, ßtiffta-Verwaltter 435. — Georg Cour., Gl.Pfleger 329. — Joh. Conr., CLPfleger
246. — Martin, Vogt 495. — Thom., Keller 435 ; StifftoVerwaltter 435 ; Vogt 433. — UJr.,
Pfarrer 332.
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zedby G00gk
H a a k h.
Johann Friedrich Haakh wurde im Jahre 1745 den 21. Dec.
zu Stuttgart geboren. Seine Eltern verliessen zerrütteter Vermögens-
umstände halber den 3jährigen Knaben nebst dessen 4 Schwestern,
um niemals mehr etwas von sich hören zu lassen. »Einst«, heisst
es in 'seiner vou ihm selbst 1778 verfassten Lebensbeschreibung,
»erwachte eines Morgens die Jüngste der Schwestern, damals ein
3jähriges Mädchen, welches bei Anverwandten gleich als ein eigenes
Kind auferzogen wurde, wobei man zugleich sorgfältig verhütete, dass
sie jemals erfuhr andere Eltern gehabt zu haben, und erzählte ihrer
Pflegemutter: Es sei diese Nacht ein Herr und eine Frau zu ihr
gekommen, der Herr habe sich auf die Bank beim Tische hinge-
setzt, den Arm auf den Tisch und seinen Kopf auf die Hand ge-
lehnt und sei traurig gewesen, die Frau aber sei zu ihr hingelaufen,
habe sie freundlich angeredet mit den Worten: Kennst du deine
Eltern ? und darauf seieu beide verschwunden. Die Pflegeeltern aber
erzählten nachmals wohl 100 Mal, das Kind habe bei dieser Ge-
legenheit seine Eltern so richtig geschildert, dass kein Ei dem andern
gleicher sei, auch hat das Kind in seinem späteren Alter diese Er-
scheinung nie vergessen«.
Im Februar 1755 wurde Johann Friedrich ins Waisenhaus
zu Stuttgart aufgenommen, kam später zu einem Chirurgen Namens
Wolff in Obertürkheim in die Lehre, wurde hierauf bei dem Waisen-
pfleger Tritschler, nachherigem Geheimen Hofrath, den 2. November
1761 aufgenommen. Der Bericht, den Tritschler, der von dem
Herzoge zum General-Cassier und wirklichen Rath des Kammer-
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CollegiiMn die Kanzlei berufen ward, desshalb sub 2. Nov. 1761 an
den Herzog richtete, lautete folgendermassen:
Durchlauchtigster Herzog!
Gnädigster Herzog und Herr!
Während meiner 8jährigen Dienstzeit in dem allhiesigen Herzog-
lichen Waisenhause war unter Anderem auch dieses eine meiner zwar
pflichtschuldig — aber zugleich auch angenehmsten Bemühungen,
dass ich immerzu etliche Waisenknaben von gutem Herkommen und
geäusserten besonderen Gaben in meine Schreibstube gezogen, die-
selbe in den Arbeitsstunden der andern Waisenkinder zum lateinisch
Lernen und Rechnen, hauptsächlich aber zu Angewöhnung sauberer
Handschriften aufmunterte etc. Dieser nun bald vollends in dem 16.
Jahre stehende saubere junge Mensch {Haakh) hat sich seit 2 Jahren
dermassen wohl angelassen, dass ich und andere, welche ihn kennen,
glauben dürfen, er werde unter frommem göttlichem Segen und Bei-
stand seiner Zeit einen brauchbaren, folglich auch dem Waisenhaus
Ehren bringenden Menschen geben. Desto mehr habe ich mir auch
angelegen sein lassen, ihn nach meiner unvermutheten Dienständerung
noch fernerhin wohl zu berathen und den Stadtschreiber Dertinger
zu Göppingen — einen sehr habilen, fleissigen Mann, dahin zu be-
wegen, dass er den Haakh in seine Schreibstube nehme, er mir
auch bereits das Wort gegeben. Dieser gute junge Mensch aber
hat, ausser Gott und guten Freunden, als eine' verlassene Waise,
keinen Heller im Vermögen, und da Euer Herzogliche Durchlaucht bei
anderer dergleichen Gelegenheit sich dahin zu entschliessen gnädigst
geruhet, dass ein und andere Waisenknaben zu Erlernung der Hand-
lung, der Chirurgie oder anderer Professionen 40, 50, 60 fl. Lehr-
geld über die sonst gewöhnliche zu Geld gerechnete, sich gegen 14 fl.
erlaufende, Aussteuer aus der Pflegeamts-Casse abzureichen gnädigst
bewilligt worden, als nehme ich mir die unterthänigste Freiheit,
Eure Herzoglichen Durchlaucht im Namen des Waisenknaben Haakh
zu bitten, zu Beförderung seines Vorhabens und davon abhängenden
zeitlichen Glücks, a proportion obberwähnter gnädigst bewilligter
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— 802 -
Kost- und Lehrgelder, ihm ebenfalls ein Ergiebiges um lo mehr
gnädigst auszuwerfen, und die bereits schon vom Waisenhaus an-
gefangene Kleidung an seiner Aussteuer nicht abzuziehen, als zwar
weder ich noch der Stadtschreiber Dertinger zu Göppingen für die auf
den Haakh bereits schon verwendete und noch ferneres zu verwendende
Fürsorge und Bemühung lediglich nichts verlangen, hingegen aber
uns gleichwohl nicht wird zugemuthet werden können, den Haakh
auch noch in der erforderlichen Kleidung und Weisszeug so lang zu
erhalten, bis er solches selbst zu verdienen in Stand kommen wird.
Was also Euer Herzogliche Durchlaucht dem Haakh gnädigst aus-
zuwerfen geruhen wollen, wird von mir sicher angelegt in Ver-
wahrung behalten und nur die äusserste Nothdurft davon je und je
bestritten werden. Euer Herzogliche Durchlaucht anhoffende Gnade
und grosse Wohlthat aber wird der Haakh jetzt und künftig mit
dem tiefsten Dank zu erkennen, lebenslang nicht vergessen, mir selbst
aber wird es zum submissesten Dank und zur grossen Freude ge-
reichen, einem armen Waisen auf diese Weise den Weg zu seinem
zeitlichen Glück gebahnt — und noch öfter Gelegenheit zu haben,
an diesem und andern Waisenkindern Barmherzigkeit und Liebe aus-
zuüben.
In tiefstem Respect beharrend Euer Herzoglichen Durchlaucht
unterthänigster etc.
Tritschler.
Auf diesen Bericht hin wurden dem jungen Haakh laut Her-
zoglicher Resolution vom 12. Nov. 1761 — \- 60 fl. Lehrgeld und
16 fl. Kleidergeld, zusammen also — .'• 76 fl. ausgesetzt. 1. Dec.
1761 trat er seinen neuen Posten in Göppingen an.
In demselben Jahre noch wurde Haakh in seine frühere Stelle
ins Waisenhaus berufen und zwar unter dem neu ernannten Waisen-
pfleger Erliardt.
Haakh gab im Jahr 1762 die Predigten des in diesem Jahre
gestorbenen Waisenpfarrers Seiz, die er als Knabe nachgeschrieben
hatte, heraus. 1764 kam er als Substitut (Ober-Scribent) zu dem
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zedby G00gk
— 803 —
Stadtschreiber Ghros in Altenstaig mit 60 fl. Jahresgehalt, 1766
aber als Stadt- Amts-Substitut nach Cannstatt. Im Jahre 1768 Hess
der Gerichtsschreiber Belser durch seinen Tochtermann, den Pfarrer
Müller in Altenstaig, an Haakh den Antrag stellen, seinen Dienst
zu Obernehmen und seine Tochter zu heirathen, was dieser jedoch
besonderer Umstände wegen ausschlug.
1771 wurde er von der Herzoglich Sachsen-Gotha-Roda sehen
und Gräflich Leiningen-Hardenburgischen Regierungskanzlei zu Gail-
dorf berufen, in Gemeinschaft des dortigen Hof- und Regierungsraths
Walter eine Commissions-Revision über den Kammerrath, Landamt-
mann und Landschaftskassier Salvelder zu Gaildorf zu übernehmen,
welcher des Betrugs und der Unterschlagung beschuldigt war ; Letzterer
hatte u. A. einen Galgen um 1500 fl. bauen lassen, über dessen
Rechnung sich bedeutende Betrügereien ergaben. Früher schon war
eine Commission, die 4 Jahre dauerte und von 2 Fürstlich Bohenlohe-
Ingelfingen'schen Räthen dirigirt wurde, des nämlichen Zweckes wegen
angeordnet worden. Die, mit der Commission Betrauten tractirten
das Geschäft langsam und meistens von Haus aus, Hessen dem Sal-
velder, der ein verschlagener Kopf war, zu viel Zeit und Raum,
Schlupfwinkel zu suchen und endlich, nachdem sie Salvelder ihre
Commissions-Sentenz , nach welcher er über 4000 fl. in seine
geführte und veruntreute Casse restituiren sollte, publicirt hatten,
war Salvelder damit nicht zufrieden, und appellirte an ein Reichs-
gericht. Um diese Appellation abzuschneiden, setzten die Herrschaften
eine Commissions-Revision nieder, und hierin bestand also HaaWs
Geschäft.
Die Betrügereien Salvelder'* waren so stark, dass ihm Haakh
während der Untersuchung, wenn Salvelder ihn mit Läugnen gar
zu unwillig machte, oft sagte: er habe es am Galgen verschuldet,
dass man ihn hänge. Durch die Revisions-Sentenz wurde Sal-
velder in eine noch weit grössere Restitutions-Summe condemnirt,
bekannte sich auch, als er sah, dass ihm kein anderer Ausweg mehr
blieb, schuldig.
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— 804 -
Diese Geschäfte nahmen Haakh um so mehr in Anspruch, als
er auch zur Untersuchung der Kammer-Stadt- Amts-, Forst und Land-*
kasse zu Gaildorf beigezogen wurde. Denn alle diese Beamte hatten
meistens dem eingewurzelten bösen Beispiel Salvelder's gefolgt.
Seine Geschäfte in Cannstatt musste er in dieser Zeit dem
Substitut Cless überlassen, welcher auch Haakh's Stelle, als dieser
bald darauf ganz aus dem Dienste schied, erhielt. Einige Zeit später
begab er sich, durch Hofrath Walter und den Vicar Steinhofer in
Gaildorf bestimmt, nach Tübingen, um das Studium Juris württem-
bergici anzutreten ; durch Vermittlung des Pfarrers zu Kornwestheim,
M. Hartmann, kam er zu dem Procurator Heller ins Kloster zu
Tübingen gegen Besorgung des Rechnungswesens in Kost, neben
einem jährlichen Honorar von 60 fl.
Seine Universitätsfreunde waren der nachmalige Regierungs-
und Cousistorialrath Eberhard Friedrich v. Georgii zu Stuttgart
und der nachmalige Archivar Reuss zu Heilbronn, mit denen zu-
sammen er privatim so viel immer möglich studirte.
Im Jahre 1775 22. September zum Hofgerichts- Advocaten er-
nannt, ward er als solcher durch den Geheimen Rath van Tauben-
Jieim in diese Stellung eingeführt. Ein Jahr nachher doctorirte er,
erhielt 1781 von dem Herzoge von Mecklenburg-Schwerin auf Ver-
anlassung der Erbprinzessin von Mecklenburg, einer geb. Prinzessin
von Gotha-Roda, nachmaliger regierenden Herzogin, das Patent als
Mecklenburgischer Hofrath.
1 782 ward er als Gräflich Erbach'scher Canzlei-Director nach
Erbach berufen und zwar bei demselben kunstsinnigen Grafen Erbach,
dessen Stammschloss berühmt ist wegen des herrlichen Rittersaals,
den er selbst im Schlosse baute, und mit schönen Glasmalereien
an den hohen Fenstern ausschmücken Hess und worin er die Rüstungen
denkwürdiger Personen des Mittelalters aufstellte, z. B. Kaiser
Maximilians I., Götz' von Berlichingen , Gustav Adolfs, Wal-
lensteins etc., ferner wegen des Museums, das' viele griechische,
römische, altägyptische, vorzüglich aber deutsche Alterthümer, auch
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— 305 —
▼iele ausgezeichnete Gemälde und Zeichnungen aus den neueren
Schulen enthält, sowie endlich wegen der in ihrer Art einzigen
Gewehrkammer und der gothisch verzierten Begräbniss-Kapelle mit
den aus dem Kloster zu Seligenstadt hieher gebrachten Särgen
Eginharcfs und Emtna's. Das fränkische Grafengeschlecht von
Erbach leitet seinen Stammbaum bis auf Eginhard, den Geheim-
schreiber Carls des Grossen und Gemahl der Kaisertochter Emma,
hinauf. Noch jetzt befinden sich die Grafen von Erbach im Besitze
des Landes, welches Eginhard von Kaiser Ludwig dem Frommen
815 zum Geschenk erhielt und das er dem Kloster Lorsch 819 unter
den Bedingungen vermachte, dass dasselbe seinen Nachkommen als
Lehen verabreicht würde.
Haakh besorgte als Canzlei-Director den Verkauf eines Theils
der Herrschaft Limburg an Herzog Karl trefflich. In der Folge
jedoch eines für den Grafen verloren gegangenen Prozesses wegen,
der von Neidern, (namentlich einem Amtmann Bosch, der schon
längst auf das von Haakh bekleidete Amt spekulirte), Letzterem zur
Last gelegt ward, gekränkt, quittirte er mehrere Jahre nachher
dieses Amt, um im Auftrag der Herzogin von GIücksburg-Braun-
schweig, einer geb. Prinzessin von Nassau-Saarbrücken, nach Paris
zu gehen und daselbst die Herausgabe der von den Franzosen occupirten
Nassau-Saarbrückischen Besitzungen (bezw. Allodial-Güter) zu er-
wirken. Die Gattin des Grafen Erbach bedachte . kurz vor ihrem
Tode, welcher in Folge einer Niederkunft erfolgte, Haakh in ihrem
Testament mit einem Geschenke von fl. 4000, auch befahl sie Haakh
ihre Kinder, indem sie beifügte, sie wolle am jüngsten Tage Rechen-
schaft desswegen von ihm fordern. —
Haakh starb, erdrückt von den vielen schweren Prüfungen,
die er im Dienste des Grafen bestanden, im Tiefsinn, als Königlich
Dänischer Etats-Rath 1817, 70 Jahre alt.
Seine Gattin war seit 6. Mai 1776 Johanna Beata, eine geb.
Conz, geb. 26. Juni 1756, »von Urgrosseltern und Eltern als in
geistlichem Berufe herstammend, Tochter des damaligen Pfarrers in
r. Qeorgii-Qtorgenau, Biographlsoh-Oonealogliche Blätter etc. 20
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Frommem bei Balingen, welcher Ehe 4 Söhne und 4 Töchter ent-
sprossten, von denen 5 am Leben blieben. Söhne:
Imanuel Israel Gotthold Haakh, geb. 9. Juli 1783, Kaufmaun
in Heilbronn, t 1812. Gattin: seit 4. Februar 1809 Charlotte
Auguste Elisabeth, Tochter des Oberregierungsraths in Stuttgart
Jacob Gottlieb Renas, aus welcher Ehe 1 Sohn und 1 Tochter
hervorgiengen.
Benjamin Friedrich Haakh, t 9. August 1825, Braunschwei-
gischer Hofrath, brachte längere Zeit in Paris zu und gehörte als
2maliger Abgeordneter der Oberämtor Besigheim und Heilbronn zur
Zeit der württembergischen Verfassungskämpfe der Opposition an.
'Gattin: Elisabeth, geb. Liesching. Söhne:
I. Carl Friedrich Haakh, geb. 5. Mai 1811, studirte in den
Seminarien die Theologie und wurde nach Absölvirung der-
selben Vikar in Magstadt 1833, Stuttgart, Grossheppach und
Backnang, 1835 aber Repetent an dem Seminar zu Schönthal.
Im darauffolgenden Jahre kam er in gleicher Eigenschaft nach
Tübingen, wo er 2 Jahre lang verblieb. Seine wissenschaft-
liche Reise trat er im Frühjahr 1838 an und, von derselben
zurückgekehrt, bekleidete er von Februar bis Mai des Jahres
1839 die Stelle eines Pfarramtsverwesers zu Waidenbuch und
von Mai bis November desselben Jahres diejenige eines Stadt-
vikars zu Stuttgart, worauf er im December 1839 zum zweiten
Helfer in Reutlingen, nach Verfluss von fünf Jahren aber im
April 1846 zum zweiten Helfer an der Stiftskirche in Stutt-
gart ernannt wurde. Er starb 23. August 1851.
Seine Gattin war Maria, Tochter des Oberamtsarztes in
Cannstatt Dr. Tritschler.
IL Friedrich Adolph Haakh, Dr., geb. zu Heilbronn 8. April
1815, Professor, Mitglied der Kunstschuldirection und Inspector
des Königlichen Museums der vaterländischen Alterthümer.
Dm Forstlich Württembergiiche Dienerbuch enthalt nnr einen Beamten, Nameni
Haackh: Hayderich, Vogt 362.
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Hallberger.
Johann Albrecht Hallberger, Pfarrer zu Pfuel, Ulm er Gebiets,
Btiftete kraft eines von dem Kaiserlichen Notarius Hans Christof Kraß
aasgestellten Instruments, d. d. 19. April 1611, in das Stipendium
Martinianum 500 fl. Von näheren Bestimmungen dieser Stiftung
ist nichts bekannt. —
Ein anderer dieses Namens Wolfgang Hallberger, war Pfarrer
zo Hassfelden im Hällischon. —
Ein Dritter Johannes Wolfgang Hallberger, Sohn des Vorigen,
Lt., verm. zu Strassburg 28. Mai 1630 mit Anna Maria, Wittwe
des Herzoglich Württembergischen Raths Essig« -
Ein Vierter, Immanuel Hallberger, geb. zu Endingen 26. August
1762, als Sohn des Johaun Daniel Hallberger, Pfarrers in Groningen,
8tudirte ebenfalls Theologie und wurde Pfarrer zu Anhausen. —
Ein Fünfter, Ludwig Wilhelm Friedrich Hallberger. geb.
1796 zu Plochingen, associrte sich, nachdem er sich vorher der
Handlung gewidmet und für eine Seidenfabrik grosse Reisen gemacht
hatte, im Jahr 1820 mit der Leinen-, Wollen- und Baumwollen fabrik
von G. F. Barrier in Stuttgart und errichtete 1830 ein dem vorigen
ähnliches eigenes Geschäft en gros. Zugleich trat er durch die Er-
werbung der Frankh sehen Buchhandlung in Stuttgart und München,
zu dem Buchhandel über. Ausser dem Münchener Geschäft beschäftigte
damals schon die Hallberger' sehe Verlagshandlung in Stuttgart eine
eigene Druckerei. Söhne:
I- Friedrieh von Hallberger, Obertribunalrath. Ritter des Kron-
Ordeus I. Ciasse.
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— 308 —
IL Eduard von HaUberger, Chef der berühmten HaUberger'schen
Verlagsbuchhandlung, Königlich Württembergischer Commercien-
rath, Ritter des Kron-Ordens etc., geb. 29. März 1822.
Seine Gattin war seit 31. Juli 1849 Henriette, geb.
Bauzenberger, geb. 16. März 1830, f 29. Mai 1874.
Kinder:
1) Henriette Gabriele, geb. 17. Mai 1850, verm. seit 26.
April 1870 mit dem Banquier in Breslau Ph. Eichborn.
2) Friederike Marie Helene, geb. 15. November 1854, verm.
seit 1877 mit dem Rittmeister im Ulanen-Regiment König
Karl und Adjutanten des Kriegsministers, Freiherrn C.
von Reiteenstein.
III. Karl, geb. 8. October 1823, Interessent der vorerwähnten
Verlagsbuchhandlung.
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Harpprecht.
Johann Harpprecht, geb. zu Walheim im Jahr 1560, ist der
Stammvater einer an Rechtegelehrten und überhaupt in der Wissen-
schaft ausgezeichneten Männern reichen Familie.
Derselbe studirte anfangs mit seinem Schwager Carl Mettman,
Sohn des Hyppclit Mettman, Capitäns Kaiser Carls 7., in Strassburg
die Rechte und begab sich von da wegen der damals daselbst grassiren-
den Pest nach Tübingen. 1586 bezog er die Universität Marburg,
kehrte 1589 wieder nach Tübingen zurück, wo er bald darauf den
Doctors-Titel erhielt und fast gleichzeitig zum Markgräflich Badischeu
Bath in Speyer ernannt wurde. 1592 wurde er als Professor der
Rechte nach Tübingen berufen, als welcher er 50 Jahre lang so
treu und fleissig wirkte, dass sein Lobredner Lancius von ihm sagt:
„er habe während seiner ganzen 48jährigen Amtsführung nur eine
einzige Lection um Privat-Angelegenheiten willen versäumt/ 1 Im
Jahre 1607 berief ihn Herzog Friederich von Württemberg und
Teck gleichzeitig auf den grossen Landtag nach Stuttgart, wo er,
so oft als beim Herzoglichen Hofgerichte ein Assessor mangelte, diese
Stelle versah.
Harpprecht war 7 Mal Rector und 20 Mal Decan der juristi-
schen Facultät und starb den 18. September 1639 im 79. Jahre
seines Alters.
Durch seine vielen Disputationen und Schriften erwarb er sich
einen grossen Namen, so dass, wie es wörtlich in einer auf ihn ge-
haltenen Leichenrede heisst:
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— 310 —
„man auch in Italia, wann mann sein Namen genennet, den
Huot abgenommen hat. Er ist ein Ornamentnm und rechte
Zierde an dieser Universitaet gewesen."
Sein Symbolum war:
„Omnia si perdas, ChriRtum servare memento,
Latius Imperium Csesare Christus habet,
vel
Quo 8emel amisso postea nullus eris." .
In seine Bibel schrieb er eigenhändig:
Nobile vincendi genus est Patientia, vincit
Qui patitur: si vis vincere, disce pati.
Wer mit Gedult und Glümpff ausshelt:
Der siget endlich ob aller Welt.
Still seyn, verhören helt den Platz,
Glümpff und Gedult ein edler Schatz.
Gedult ist diss das christlich Kraut,
Welches nicht ein Jeder im Garten baut.
Gedult zu sehr vil Sachen dient,
Mit Gedult man all Ding überwindt.
Wer Gedult gebraucht in allen Sachen,
Der thut seine Feinde zu Schanden machen. tf
Seine erste Gattin war seit 1590 Maria, Tochter des Probsts
und Kanzlers Dr. Jacob Andrea; die zweite seit 2. October 1625
Anna geb. Barth, Wittwe des Herzoglich Württembergischen Hof-
gerichts-Advokaten Georg Otthon, welchen Ehen 7 Kinder entsprossten,
von denen indess nur 3 Töchter den Vater überlebten. —
Christoph Harpprecht, geb. 1596, Dr. der Rechte, Sohn des
Vorigen und dessen I. Gattin, Herzoglich Württembergischer Hofgerichts-
Advocat, auch von der Reichsstadt Heilbronn erbetener, jedoch wegen
frühen Todes nicht eingetretener Syndicus, verm. mit Ursula, Tochter des
Rectors an dem Gymnasium in Regensburg Otto Gryphina. Sohn:
Johann Christoph Harpprecht, J. U. Lt., vieljähriger Herzoglich
Württembergischer Hofgerichts-Advocat, verm. mit Anna Maria, Tochter
des J. U. Dr. und Professors in Tübingen Martin Neuffer.
Als Töchter Johann Christoph^ finden sich, jedoch ohne An-
gabe des Standes ihrer Männer, verzeichnet:
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— 311
Maria Susan na, Gattin des J. U. Lt., Hofger ich ts- Ad vocaten
Philipp Jacob Bayer.
Maria Benedieta, Gattin des J. TL Lt., Hofgerichts- Ad vocaten
Joh. Joe. Kerner.
Maria Kosina, Gattin des Pfarrers zu Nürtingen Joh. Daniel
Maria Regina, verm. I. mit dem Kloster Praeceptor in Blau-
beuren Christoph Conrad Joos : II. mit dem Pfarrer in Gomaringen
Phil. Jacob Uingher.
Als Söhne:
I. Ferdinand Christoph Harppreeht, J. U. Dr. und Pfalzgraf,
36jähriger Professor der Rechte in Tübingen, auch Herzoglich
Württembergischer Rath und Hofgerichts-Assessor. Geboren
den 3. Juni 1650 in Tübingen, studirte er daselbst die Rechts-
wissenschaft, doctorirte und wurde im Jahr 1677 vom Herzog
Friderich Carl nach Stuttgart berufen. Bald darauf musste
er den Herzog nach Wien begleiten, wo er demselben bei der
üebernahme der Administration der herzoglichen Lande wesent-
liche Dienste leistete. Nach Hause zurückgekehrt wurde er
Herzoglicher Rath (1677), 1678 aber ordentlicher Professor
der Rechte.
1680 erhielt er von dem Herzog Administrator in wichtigen
Angelegenheiten, die Herrschaften Burgund, Hericouit, Clemont,
Chastelot und Blamont betreffend, eine Mission nach Mömpelgard,
welche Sendung er so glücklich vollführte, dass ihn der Herzog
im folgenden Jahre, nebst dem Oberhofmeister, Obervogten
von Tübingen, Freiherrn JoJiann von Varnbüler von Hern-
min gen, abermals dahin beorderte, um neben anderen wichtigen
Geschäften die gesammte Grafschaft in Huldigung zu nehmen.
1688 wurde er Hofgerichts-Assessor uud ihm gleichzeitig eine
Gesandtschaft bei dem Reichs- Kammergerichte angetragen,
welche er indess ablehnen zu müssen glaubte. Dieselbe über-
nahm hierauf sein nachstehend verzeichneter Bruder. Er besass
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- 312 —
ferner die Bestallung eines ßaths des Grafen Maximilian
Felix zu Wolkenstein und Eberstein, des Prinzen Ludwig
van Baden, der Reichsstadt Reutlingen, des Closters Frauenalb,
ebenso die Würde eines Comitis Palatini, welche er von dein
Vice-Kanzler Grafen von Schönborn im Namen des Kaisers
empfangen hatte. Harpprecht war der erste in Tübingen, der
das Württembergische Recht mit dem gemeinen Rechte verglich.
Er schrieb Hehreres und starb den 9. November 1714.
Seine erste Gattin war Anna Magdalena, Tochter des Med.
Dr. und Professors Georg Balthasar Metzger ; die zweite Maria
Magdalena, Tochter des J. U. Dr. und Professors am Collegio
illu8tri, auch Hofgerichts-Assessors und Landschafts-Gonsulenten
David Scheinemann. Söhne:
1) Ferdinand Christoph Harpprecht, Pfarrer in Gomaringen,
verm. mit Agnes Maria, Tochter des Specials in Cannstatt
Eberhard Brauch, welcher Ehe 3 Söhne und 2 Töchter
entsprossten.
2) Georg Friedrich Harpprecht, Herzoglich Württembergischer
Rath und Hofgerichts-Assessor, t als Professor der Rechte
1754. Seine Gattin war Sibylla Sara, Tochter des Med.
Dr., auch Herzoglich Württembergischen Loibmedicus und
Professors Rudolph Cammerer. Dieser Ehe entsprosste ein Sohn.
II. Johann Christoph Harpprecht, Herzoglich Württembergischer
Expeditionsrath und Vogt des Bebenhäuser Klosters 1690,
vermählt mit Anna Catharina, Tochter des Closterverwalters in
Pfullingen Stephan Stockmaier, aus welcher Ehe 2 Söhne und
1 Tochter hervorgiengen.
III. Ferdinand Wolffgang Harpprecht, geb. 23. März 1654, wid-
mete sich in den Klöstern dem Studium der Theologie, vika-
rirte nach Absolvirung desselben anfangs bei seinem Onkel M.
Martin Neuffer, Pfarrer in Jesingen bei Tübingen, später in
Weil im Dorf und Leonberg und "kam im Jahre 1680 in das
Bepetenten-Collegium,
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— 313 —
1683 wurde er Vicar bn St Leonhard in Stuttgart, hierauf
Diaconus in Waiblingen 1684, Diaconus in Tübingen 1686,
als solcher starb er den 12. März 1690. Ueber seinen Tod
wird Folgendes berichtet : Derselbe wurde zu dem kranken Todten-
gräber gerufen, jedoch von diesem, als er ihm Trost zusprechen
wollte, in der Verwirrung an den Haaren genommen, mit dem
Ausrufe : „Ihr müsst mit." Darauf ging Harpprecht nach Hause
und starb in Folge der Alteration gleichzeitig mit dem Todtengräber.
Seine Ehegattin war seit 6. Mai 1684 Julie, Tochter des
Herzoglich Württembergischen Visitations-Secretärs Johann
Jacob Moser, welcher Ehe zwei Söhne Namens Immanuel
Wolffgang und Johann Christoph entsprossten.
IV. Tobias Harpprecht, Substitut in Hirsau 1690 ledig f.
V. Mauritius David Harpprecht, Dr. juris, geb. 14. Juli 1664
in Tübingen, widmete sich dem Studium der Rechtswissenschaft,
wurde Hofgerichts-Advocat und verrichtete als solcher viele
wichtige Kaiserliche Gommissionen an den Chur-Mainzischen,
Wolffenbüttel'schen, Aichstettischen, Dillingischen, Markgräflich
Badischen, Hohenzollerischen , Fürstenbergischen , Nassauischen
und anderen Höfen und Canzleien. In der Folge ernannte ihn
der Fürst von Hohenzollern und bald nachher der Graf von
Geyer zu ihrem Rath und der König von Preussen versicherte
ihn in einer Audienz, dass wenn er — Harpprecht — je
wegen der damals gefährlichen Zeiten genöthigt sein würde,
sein Vaterland zu quittiren, er einer gnädigsten Aufnahme
und Anstellung in seinen Landen versichert sein dürfe. Die ihm
beim Kaiserlichen Reichshofrath in Wien aufgetragenen Ge-
schäfte, zu deren Erledigung er ein ganzes Jahr daselbst ver-
weilen mus8te, bereinigte er mit ausgezeichnetem Erfolge.
Nachdem er schon vorher die Bestallung eines Syndicus der
freien Reichsritterschaft in Franken, Steigerwaldischen Cantons,
erhalten hatte, ernannte ihn sein Herzog im Jahre 1703 zum
wirklichen Regierungsratb und trug ihm die Gesandtschaft beim
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— 314 -
Kaiserlichen Roichskammergericht auf, welche er zur Aller-
höchsten Zufriedenheit vollführte.
„Ich habe", schrieb er in einem in der £eit seiner Ge-
sandtschaft verfassten Schreiben, „diese einige Consolation, dass
ich meine Meinung jedermahlen candide herausgesagt und den
Mantel nimmermehr nach dem Wind gehängt habe; obgleich
nicht weniges darüber leiden müssen."
Besonders befreundet war er mit dem Kaiserlichen Kammer-
gerichts- Arzt Georg Christoph Möller, dem Kaiserlichen
Kammergerichts-Advocaten Johann Ulrich von Gülchen, dem
Markgräüich Brandenburg-Culm'scben Legations-Secretär Johann
Christoph Frank, dem Herzoglich Württembergischen Rath
und Leibmedicus Bosinus Lentüius und den bekannten Rudolph
und Elias Cammerer.
Er starb hochgeschätzt von seinem Fürsten uud von Jeder-
mann tief betrauert den 4. September 1712 und ist in der
Pfarrkirche der damaligen Kaiserlichen Freien Reichsstadt
Wetzlar beigesetzt.
Seine Gattin war seit 21. September 1689 Anna Rosina,
Tochter des Expeditions-Raths und Vogts in Stuttgart Johann
Valentin Moser, J. U. Lt., welcher Ehe 11 Kinder, 7 Söhne*
und 4 Töchter entsprossten, worunter 3 Söhne und 1 Tochter
dem Vater im Tode vorangegangen waren und ein 12. noch
bei dessen Tode unter dem Mutterherzen ruhte.
Ebenfalls dieser Familie gehören an:
Stefan (Christoph) Harpprecht von Harpprechtstcln, Urenkel
Jobann's, geb. 1676 in Tübingen, studirte Jurisprudenz, wurde 1709
Regierangsrath und Kammer- Procurator in Stuttgart, widmete indess
seine Dienste nicht lange dem Vaterlande, denn er trat wohl in Folge
der Gräven Aschen Gewaltherrschaft 1713 in Lichtenstein'sche Dienste
als Hofrath und Kamme rdirector, später in Mannsfeld'&chQ als Kanzler,
♦ Zwei cUron waren Johann Valentin, philo«. Candid., Mauritius Daeid, Stad. Jur
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in Holstein'sche 1722 als Justizrath und Jur. Professor and zuletzt
Prokanzler in Kiel, in Meiningen'sche 1730 als Geheimer Rath des
Herzogs Anton Ulrich von Sachsen-Meiningen.
Viele Verdienste erwarb er sich um all diese Fürstenthümer
und besonders uro Meiningen, so dass ihn der Herzog zu seinem
Geheimen Rath ernannte.
Kaiser Karl VI. erhob ihn unter dem Titel: Harbrecht von
Uarpprechtstein in den Reichsadelsstand und beehrte ihn mit dem
Charakter eines Geheimen Raths.
Er starb am 11. Januar 1735 zu Meiningen, nach anderer Quelle
zu Wien.
Gattin: seit 8. Mai 1698 Christina Dorothea, Tochter des
J. U. Lt. und Oberjustizraths Friedrich Jacob Widt. Söhne:
I. Johann Andreas toii Harpprecht, Bürgermeister von Esslingen
und ritterschaftlicher Consulent, vermählt in I. Ehe mit Pauline
Sophie Bürgermeister von Deizisan; 11. mit einer geb. von
Kinckel.
II. Johann Friedrich von Harpprecht, Herzoglich Württembergi-
scher Rath und Reichshofraths-Agent in Wien. —
Johann Heinrich Freiherr von Harpprecht, geb. 1702 in
Tübingen, Reichskammer-Gerichts-Assessor, später Reichskammer-Rath
in Wetzlar, wurde laut Diploms von 1745 in den Reichsfreiherr nstand
erhoben und starb mit Hinterlassung mehrerer für das Reichskammer-
gericht wichtigen Schriften 1783 in Wetzlar. —
Christoph Friedrich Harpprecht, geb. in Tübingen 1700,
Herzoglich Württembergischer Rath und Hofgerichts-Assessor, nach-
mals 45 jähriger Professor der Jurisprudenz an der Universität
Tübingen, t 23. Juni 1774 mit Hinterlassung vieler bedeutender
Schriften. Harpprecht war der erste Lehrer, welcher sich um die
Geschichte des Württembergischen Privatrechts verdient gemacht hat.
Christian Ferdinand Harpprecht, geb. 1718 ebenfalls zu Tü-
bingen, Professor der Rechte daselbst, zeichnete sich durch ausge-
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breitete Gelehrsamkeit nicht blos in der Rechtskunde, sondern auch
in der Philosophie, Mathematik, Philologie, den Naturwissenschaften
und schönen Künsten aas. —
Obertribunalpräsident t. Harpprecht, Kommenthur des Ordens
der Württembergischen Krone, Grosskreuz des Friedrichsordens, lebens-
längliches Mitglied der Kammer der Standesherren, verm. mit Marie,
geb. DnTernoy; t 10. Februar 1859 mit Hinterlassung von 5
Söhnen.
Du Fürstlich Württembergische Dienerbuch enthält folgende höhere Beamte
des Namens Harpprecht: Cl.-Pfleger 330; Cl.Verwaltter 324 ; Registrator 45 ; SpiUlDiaeon
552. - Auguttim Christoph, Vieitat-Secretar. 158. — Ferd. Christoph, Vogt 268, 576. — Ferd.
Frid., Cl.Verwaltter 277 ; Oalatl. Verwaltter 397. — Joh. Jndr., Gel. O.Rath 67. - Joh.
Christoph, Galatl. Verwaltter 397 ; Vogt 258, 328, 575. — Joh. Frid. WUh., Gel. O.Rath 66.
Joh. Hsinr., Keller 50 J. — Joh. Volant., Abt 313 ; Spee.8uperintendent 259. — Moritz Do**
Gel. O.Rath 64. — Stephan Christoph, CamxnerProcurator 109 ; Gel. O.Rath 64.
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Hartmann.
Johann Andreas Hartmann, Pfarrer, wurde den 28. Augnst
1677 als Sohn des M. Andreas Hartmann, gewesenen vieljährigen
Pfarrers zu Oeschingen, Oberamts Tübingen, der — wie er selbst sagt :
»von Vater, Gross- und Uhr^Gross-Vatter von Dienern Evangelischer
Kirchen herunterstammet, worunter der letztere, Namens Hartmann,
der Anno 1587 im Predigtamt stunde, als ein wenig bemittelter
Pfarrer 5 Söhne studiren Hesse, die alle auf des Vaters Kanzel ge-
standen haben«, — und der Anna Barbara, des Pfarrers zu Bodels-
hausen M. Elias Steeb Tochter, geboren.
Nach Absolvirnng seiner theologischen Studien in Tübingen
zum Pfarrer in Truchtelfingen ernannt 1709, kam er später in
gleicher Eigenschaft nach Döffingen, Oberamts Böblingen, und folgte
zuletzt einem Rufe als Waisen-Prediger in das neu angelegte Waisen-
haus zu Stuttgart, wo er auch den 15. Dec. 1729 starb.
Seine Gattin war Catharina Margaretha Tochter des Specials
zu Böblingen M. Gebhard Keppelmann, welcher Ehe 1 Sohn und
1 Tochter entsprossten.
Ebenfalls dieser Familie entstammte:
Johann Friedrich Hartmann, geb. 4. September 1653, starb
als Pfarrer zu Jebenhausen 16.. März 1713.
Ein auf seinem Grabe daselbst befindliches eisernes Epitaph
trägt folgende Inschrift:
»Herr M. Johann Friedrich Hartmann, 32 jähriger Pfarrer
der christlichen Gemeinde in Jebenhausen ist geboren 1653,
starb den 16. Mai 1713. Dessen Symbolum war: „Mihi
Omnia Jesus.« —
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— 318 —
Einer anderen, ans dem Voigtland eingewanderten zuerst in
Plieningen ansässigen Familie gehören die Folgenden an:
Johann Georg Hartmann, Herzoglich Württemb. Rentkammer-
Expeditionsrath, zuletzt Hofdomänenrath , wurde im Jahre 1731 als
Sohn des Georg Hartmann, Herzogl. Württemb. Stutenmeisters im
Kloster Offenhausen, später in Marbach, welcher unter Herzog Karl
Alexander als Rechnungsführer der Lieferungsbehörde die Feldzöge
am Rhein und bei Belgrad mitmachte, und der Magdalena, geb.
Koch geboren.
Derselbe schrieb das im Jahr 1773 unter dem Namen seines
Vaters (ein kurzer Aufsatz des letzteren über Anlegung und Behand-
lung eines Gestüts hatte den Sohn zur Weiterausführung veranlasst)
bei Meteier erschienene Werk über Pferde- und Maulthierzucht nebst
einer Geschichte der württembergischen Stutereien, das 1776 unter
dem Titel : Anleitung zur Verbesserung der Pferdezucht ganzer Länder
und einzelner Privatwirthe, nebst Unterricht im Beschlagen n. s. w.
mit einer Zueignung an seinen Vater, bei Cotta in Tübingen neu
aufgelegt und 1778 ins Französische übersetzt wurde.
Diese Schrift verschaffte ihm nicht nur viel Beifall, sondern er
verdankte ihr auch die Aufnahme in verschiedene gelehrte Gesell-
schaften, ja selbst einen Ruf in preussische Dienste, den er aber
aus Liebe und Treue für sein Vaterland ablehnte.
Zu den ab- und zugehenden Hausfreunden Hartmann's gehörten
auch Schiller 1 s Eltern. Der Vater Schiller hatte sein Absteigquartier,
wenn er von der Solitude nach Stuttgart kam, gewöhnlich in seinem
Hause. Als der Dichter nach seiner Flucht ans dem Vaterlande das
erstemal wiedor nach Stuttgart kam, wandte er sich zuerst in's
//aWiwawn'sche Haus.
Im Jahr 1780 wurde der regierende Herzog Karl August von
Sachsen-Weimar mit dem Geheimenrath von Goethe auf einer unter
fremdem Namen durch die Schweiz unternommenen Reise, von dem
intimen Freunde Hartmann! s, dem bekannten Lavater in Zürich, an
Hartmann adressirt, um sie, da sie ihr Incognito beizubehalten
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— 319 -
wünschten, mit den damaligen Merkwürdigkeiten Stuttgarts und seiner
Umgebung, insbesondere der hohen Karlsschule, bekannt zu machen,
lndess wurde ihre Absicht in so weit wenigstens vereitelt, als sie
bereits in der Schweiz erkannt worden waren und die öffentlichen
Blätter Kunde davon gaben. Nicht sobald hatte der Herzog die
Ankunft der berühmten Gäste erfahren, als er auch sogleich dieselben
zu Hof einladen Hess und ihnen einen Besuch abstattete. Doch war
Goethe täglicher Gast im Hartmanrischen Hause, Hartmhnn selbst
aber wurde, da der Herzog es sich nicht nehmen Hess, grössere
Festüchkeiten zu Ehren Karl August's zu veranstalten, auch diese
selbst durch Hartmanns Hände gingen, stetiger Begleiter bei allen
diesen 14 Tage lang währenden Hof- Festlichkeiten.
Der eben erwähnte Lavater Hess den Kopf seines Freundes
Hartinann sowie dessen Sohnes Heinrich für seine Physiognomik
zeichnen. Als einst das Gespräch sich auf die Anhänger der ver-
schiedenen politischen Parteien in der Schweiz lenkte, die sich so
gehässig anfeindeten, erwiderte Lavater: »man muss das Gute an
Jedem ehren; ja,« sagte er weiter, »wenn ich etwas Gutes am Tüfel
(wie er sich in seinem Schweizer Dialekt ausdrückte) sähe, so würde
ich's auch am Tüfel schätzen."
Der Dichter Schübart ferner wurde, nachdem er seiner langen
Haft entlassen war, wie von allen seinen Freunden, so auch im
Hart mann scheu Hause mit doppelter Liebe empfangen. Oefters auch
kamen Schubart, Haug, Conz, Petersen, Hartmann u. A. des Abends
im Andreä'schen Bade (nachmaligen Königsbad) zusammen.
Auch Künstler und Kunstfreunde waren willkommene Gäste und
Hartmann selbst besass eine sehr hübsche Gemäldesammlung. Zum-
steeg namentlich, dessen Compositionen (wie die Oper Geisterinsel) zu
jener Zeit grossen Beifall fanden, war mit Hartmann eng befreundet.
Ein Vetter Hartmann s y der Ludwigsburger Waisenhaus-
Schullehrer :
Israel Hartmann, geb. 1726, wurde von der Familie mit be-
sonderer Ehrfurcht behandelt, und er stand, obgleich nur ein ein-
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- 320 —
facher Lehrer, dennoch mit vielen Gelehrten seiner Zeit in Verbin-
dung. Jung-Stilling erwähnt in seinem Leben rühmend desselben und
Lavater sagte von ihm: »Wenn Christus jetzt unter uns wandelte,
er würde ihn zum Apostel wählen.« Der Sohn dieses Israel Hart-
mann:
Gottlob David Hartmann, geb. 1752, starb als Professor in
Mietau schon im Jahr 1775, nicht ohne einen rühmlichen Dichter-
und Schriftstellernamen hinterlassen. zu haben. Hauptsächlich schätzte
ihn u. A. der Herzog Peter von Curland, der nach Jf artmann s
Tode ein besonders herzliches Schreiben an den Vater desselben
richtete; dasselbe findet sich in dem Schwäbischen Magazin von ge-
lehrten Sachen aufs Jahr 1775 abgedruckt.
Johann Georg Hartmann selbst starb tief betrauert von Hoch und
Nieder am 9. Juli 1811 zu Stuttgart im 80. Jahr seines Alters.
Seine Gattin war Juliaua Friederike, geb. Spittler, welcher
Ehe 6 Söhne und 1 Tochter entsprossten. Kinder:
I. Johanna Henriette Friederike, geb. 1762, seit 1785 Gattin
des v. Helmstädt'schen Amtmanns und nachmaligen Hofraths
Friedrich Christoph Mayer; Eltern des als Dichter geschätz-
ten Ober-Justizraths Karl Mayer.
II. Johann Georg Angast von Hartmann. geb. 5. October 17G4,
Königl. Württembergischer Geheimerrath, Präsident der Cen-
tralleitung des Wohlthätigkeitsvereins, Gross-Kreuz etc., t 1 849.
Derselbe studirte in Tübingen und Heidelberg die Rechtswis-
senschaft und wurde an letzterem Platze von dem damals daselbst als
Professor angestellten bekannten Jung-Stilling als Tischgenosse auf-
genommen, schloss mit Stüling auch ein solch enges Freundschaftsband,
dass sie sich später gegenseitig Töchter aus der Taufe hoben. Auch
die damals von Mesmer und Pichegru in Carlsruhe errichtete Ge-
sellschaft zur Anwendung des thierischen Magnetismus als Heilmittel,
-an der alle dortigen Aerzte Theil nahmen und für die eine schöne
Localität im Schlosse eingeräumt war, besuchte Hartmann mit Stüling;
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— 321 —
er wurde später auch Mitglied derselben und vollzog in der Folge
selbst mehrere magnetische Kuren.
Da der Vater Hartmanns das schon erwähnte Buch über Pferde-
zucht den Kaiserinnen Katkarina IL und Maria Theresia von
Oesterreich zugeschickt hatte, wollten ihm beide Herrscherinnen eine
Gnade dafür bezeigen, Maria Theresia Hess ihm 2 Cadettenstellen
für seine Söhne anbieten, wozu August Hartmann, ehe er die Uni-
versität bezogen, grosse Lust bezeugte; weil indess die Mutter ent-
schieden dagegen war, ergriff man lieber das Anerbieten der Kaiserin
von Russland, einen der Söhne im Hüttenfache zu versorgen, wenn er
sich die gehörigen Kenntnisse der Bereitung des Eisens und Stahls
angeeignet hätte. Daher legte sich nun Hartmann bei seinen Studien
in Heidelberg besonders darauf und machte nach vollendetem Uni-
versitätsjahre Proben in Stahlbereitungen zu Sigmaringen bei dem Vater
seines Schwagers Mayer, der dort Hüttenbeamter war. Allein da,
als man die Anzeige seiner Disponibüität nach Russland machte, die
Kaiserin sich auf Reisen in der Krim befand und die Akademie der
Wissenschaften Hartmanns Vater benachrichtigte, dass die Anstel-
lung bis zur Rückkehr der Kaiserin verschoben werden müsse, da ferner
Graf Manteuffel, früherer Günstling der Kaiserin, den Hartmann
in Heidelberg kennen gelernt hatte, entschieden davon abrieth, so
verging Hartmann alle Lust dazu und es zerschlug sich diese Carriere.
»Sie sind viel zu redlich um dahin zu gehen,« wiederholte ihm Man-
teuffel mehrmals, »Sie wären dort sicher verloren.«
Manteuffel selbst kam später mit seiner noch ganz jungen
Frau nach Stuttgart, wo die letztere im Hartmanri sehen Hause wie
ein Kind aufgenommen und geliebt war.
Nach vollendeten Studien bereiste Hartmann mit seinen zwei
Freunden, den. Brüdern Trenhlenburg, Holland und einen Theil von
Norddeutschland und wurde, nach Hause zurückgekehrt, zum Professor
der Nationalökonomie an der Hoben Karlsschule ernannt.
Die Liebe zu dieser Anstalt lebte fort in Allen, die ihr je als
Schüler oder Lehrer angehörten und die sich schon weit über Deutsch-
v. Oeorgll-Oeor genau, Biographisch-Genealogische Blätter etc. 21
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— 322 —
land und die angrenzenden Länder verbreiteten und die ausgezeich-
netsten Männer jeden Fachs zu den ihrigen zählten.
Als 1828 der 100jährige Geburtstag des Herzogs Karl von
den ehemaligen Lehrern und Schülern der Akademie gefeiert wurde,
eilten sie von tiberall herbei und feierten* mit Dank und Rührung das
Andenken ihres fürstlichen Erziehers. Grossen Anklang bei all den
verschiedenen Gästen fand das schöne Gedicht, betitelt: „Herzog Karl
an die am 11. Febr. 1828 versammelten Zöglinge der ehemaligen
Hohen Karlsschule/' zu dem die Jugenderinnerungen und das Andenken
des Herzogs Hartmann damals begeisterten und das auch später noch
bei den alljährlich wiederkehrenden Zusammenkünften der Akademisten
jedesmal wieder mit Rührung von einem der Gäste vorgetragen ward.
In dem seinem Ende entgegengehenden Deutschen Reich bestund
noch das sonderbare Institut der Pfalzgrafen, einer Art Reichsnotare, die
von den Reichsständen ernannt wurden und die Befogniss hatten, Doctoren
zu creiren, Dichter zu krönen und uneheliche Kinder ehelich zu machen.
Auch Hartmann wurde vom Fürsten von Fürstenberg zum Pfalzgrafen
ernannt und hatte oft Gelegenheit, seine Rechte als solcher auszuüben.
In der Folge trat Hartmann als Rath in den evangelischen
Kirchenrath und wurde unter König Friedrich nach Auflösung der
Landesverfassung 1806 als wirklicher Rath bei der Forstdirection
angestellt, 1808 zum Geheimen Oberfinanzrath , 1811 zum Chef
der Stiftungssection, 1812 zum Staatsrath ernannt. Ueber ein Gut-
achten Hartmann's, betreffend die Verminderung oder, wie einige
vorschlugen, die Ausrottung des Wildbretstandes, der zu jener Zeit
ein Gegenstand allgemeiner Klage war, in welchem Gutachten Hart-
mann vorschlug, Parks anzulegen, um den Landmann vor Verheerung
• seiner Felder zu schützen und zugleich einen mässigen*Wildstand zu
erhalten, da, wie er sich ausdrückte, der Mensch nicht befugt sei,
ein Thier der Schöpfung, und wäre es selbst ein schädliches, .ganz
zu vertilgen, äusserte der König gegen seinen Günstling, den Grafen
Dillen: „Das ist ein Ehrenmann."
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- 323 —
Um jene Zeit nahm die Herzogin Louise von Dessau, die sich
zum Theil durch ihr übles Gehör veranlasst sah, sich für einige
Zeit vom Hofleben zurückzuziehen, ihren Aufenthalt in Stuttgart,
und wohnte daselbst im Bartmann sehen Hause auf dem Bollwerk
und zog die Familie in ihren näheren Umgang.
Auf einer Schweizerreise, die Hartmnnn ausführte, traf er in
Bern mit dem französischen Gesandten Grafen Reinhard zusammen,
der sich die Freude nicht nehmen Hess, dem Jugend- und Universi-
täts-Freunde selbst die Schweiz zu zeigen, ihn auch zu dem damals
zu Ehren des Geburtstags des Kaisers Napoleon statthabenden Fest-
mahle einlud. Bei demselben war es, dass am Schlüsse Reinhard
sein Glas erhob und sagte:
„Napoleon, der immer Wort gehalten, und der auch
der Schweiz das ihr gegebene Versprechen halten wird, ihre
Unabhängigkeit zu wahren, lebe hoch!" worauf Georg Kerner ,
Reinkard's Freund, sich erhob und sprach:
„Napoleon, der niemals Wort gehalten, der den un-
glücklichen Bewohnern des Simplon Ersatz für das Unrecht,
das an ihnen begangen wurde, versprochen und nicht gehalten
hat, er soll dennoch leben!"
Reinhard hiess Kerner sich entfernen und in Bauernkleidern
fliehen, weil ihn die anwesenden Franzosen nach Frankreich ausliefern
wollten, während Reinhardts eigene Existenz durch diese Unvor-
sichtigkeit des Freundes bedroht war.
Die Einsicht, welche Hartmann in das Leben der Schweiz
erhielt, war keine günstige. Er hatte durch verschiedene Universi-
tätsfreunde, die er dort wiederfand, Gelegenheit, sowohl die höchsten
aristokratischen als die demokratischen Kreise kennen zu lernen und
konnte sich in beiden von dem Hass und der Bitterkeit überzeugen,
welche die verschiedenen politischen Ansichten und Meinungen in
das Innerste der Familien brachten.
Der gesellige Kreis Hartrnanris in Stuttgart war lange Zeit
einer der interessantesten, die sich denken lassen.
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Im Antikensaale des Dannecker sehen Hauses versammelte
sich alle Abende eine Gesellschaft von Männern ans verschiedenen
Ständen, deren geistreicher Unterhaltung es nie an Abwechslung
und Leben fehlte. Alle ausgezeichneten Fremden wurden hier ein-
geführt. Die Dichter Petersen, Weisser, Beinbeek, Lehr, später auch
Rückert, und Justinus Kerner; Staatsmänner wie Wangenheim,
von Grerner, von Neurath, Aerzte wie Storr und Jäger, der
geist- und witzreiche Gonsistorialsecretär Grüneisen, fanden sich
hier oftmals bei einem Glase Wein zusammen; dahin kam auch
Schelling, der Philosoph, der während eines Besuches in Stuttgart
Privatvorträge hielt, in denen er sein System darlegte.
Später, als der Tod und die verschiedenen Geschicke die ein-
zelnen Glieder dieser Gesellschaft trennten, bildete sich in Hartmanns
Hause ein Kreis, welchem Wangenheim, Matihisson, Therese Jluber
mit ihrer Tochter, Louise von Herder, Reinbeck, Duttenhofer
mit seiner Frau, der geistreichen Künstleriu, Justinus Kerner,
Schwab und Lenau, Emma von Niendorf und andere angehörten.
Nach dem Tode Königs Friedrich wurde Hartmann 1816
zum Mitglied des General-Finanz-Collegiums und wirklichen Geheimen-
rath, 1819 aber zum Präsidenten der Oberrechnungskammer und
der Centralleitung des Wohlthätigkeits-Vereins ernannt.
Bei der Wiederherstellung der Verfassung thätig, war er in
Folge von Differenzen mit dem Minister von Malchus im Jahr 1818
aus dem Geheimen Rathe getreten, um bald darauf nach dem Tode der
Königin Catharina, deren Vertrauen er in hohem Grade besass,
die Leitung aller Anstalten, welche sie ins Leben gerufen, als ein
theures Vermächtniss, das der König in seine Hände legte, zu
übernehmen.
Die Königin Catharina, die Hartmann bei allen ihren Schö-
pfungen zu Bath gezogen hatte, sah vorerwähnte Differenzen und
Hartmanns Bücktritt vom Geheimen Bathe mit innigstem Bedauern.
Ihr verdankt das Land bekanntlich das Catbarinenstift, den
Wohlthätigkeits verein, der von seinem Entstehen an im Hungerjahre
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1817 bis auf diese Zeit schon so viel Gutes gewirkt hat, sowie den
landwirtschaftlichen Verein und die Akademie Hohenheim nebst
vielen anderen Stiftungen, bei deren Gründung und Erhaltung auch
Hartmann mit allem Eifer und aller Liebe thätig war.
Auch König Wilhelm bezeugte Hartmann nach dessen Rück-
tritt aus dem Geheimen Rath fortwährend Theilnahme und Anerken-
nung, was er zuletzt noch in dem Handschreiben ausdrückte, in
welchem er ihn im Jahre 1847 seines hohen Alters wegen von den
Geschäften des Wohlthätigkeitsvereins suspendirte, ohne ihm den Titel
als Präsident wie den damit verbundenen Gehalt zu entziehen, obgleich
Hartmann um seine Pensionirung gebeten hatte.
Das Vertrauen aber, das die hochherzige Königin CatJiarina
Hartmann geschenkt, ward ihm nach deren Tode noch insbesondere
vielfach durch die Anhänglichkeit der beiden Prinzessinnen Marie
und Sophie (jetziger Königin der Niederlande) bestätigt
Hartmann starb den 4. April 1849 im 85. Jahr seines Alters.
Seine Gattin war seit 6. Aug. 1792 Anna Mariette, Tochter
des Hofraths Dannenberger und einer geb. Martens;* letztere war
die Tochter eines der ersten und angesehensten Kaufleute Hamburgs,
Conrad Martens, welcher Ehe 7 Kinder entsprossten, von denen
indess nur 4 Töchter die Eltern überlebten und 3 in die Ehe gelangten :
Emilie, geb. 22. Janr. 1794, verm. seit 7. Juni 1817 mit
Hofrath Georg von Reinbeck, t 1845.
Julie, geb. 1795, t 1869.
Louise Mariette, geb. 9. Sept. 1802, seit 6. October 1832
Gattin des Georg Zoeppritz. Sie starb 21. März 1874.
Charlotte, geb. 6. Janr. 1808, verm. seit 2. Febr. 1840 mit
dem Regierungsrath und nachherigen Geh. Raths-Kanzleidirector Karl
v. Weisser, f 1870.
* Mehrere Söhne ihres Onkel« Martina lebten tbeila in Venedig, theila an andern
Orten ; drei davon traten in württemberffische Dienste und eine Tochter wurde dje
Gattin de« Grafen Imnzi auf der Insel Zante,
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— 326 -
III. Ludwig Friedrich von Hartmanu, geb. 1766, t 1852, Com-
merzienrath und Fabrikbesitzer in Heideuheim, Bitter des Kr.O.,
verra. mit Christiana, geb. Heyd, feierte 1846 seine goldene
Hochzeit Kinder:
1) Louis Hartmann, geb. 1797, Kaufmann in Stuttgart, verm.
mit Aiigaste, Tochter des Kaufmanns Couradi daselbst.
2) Friedrich Hartmann, geb. 1798, zuletzt Oberamtsrichter in
Heidenheim, Ritter des Friedrichs-Ordens, verm. mit Auguste
Ofterdingar.
3) Carl Hartmann, geb. 1799, der mit seinen Brüdern die
väterlichen Geschäfte übernahm, f
4) Panline, geb. 1803, t 1864.
5) Adelheid, geb. 1805, verm. mit Jakob Zöppritz, Com-
merzienrath und Ritter des Friedrichs-Ordens.
6) Wilhelm, geb. 1807, t 1837.
7) Georg Hartmann, geb. 1811, Pfarrer in Bonlanden.
8) Paul Hartmann , geb. 1812, Fabrikant in Heideuheim,
verm. mit Friederike Tröltsch aus Weissenburg.
9) Lottchen Hartmann, geb. 1814, verm. mit (t) Pfarrer
Khmim in Ebertingen.
10) Eduard Hartmann, geb. 1816, Fabrikant in Herbrechtingen.
11) Augnst Hartmann, geb. 1817, Fabrikant in Heidenheim, t
IV. Ernst August Friedrich von Hartmann, geb. 1767, f 1852
als Oberamtsarzt in Göppingen, Ritter des Kr. 0., erwarb sich
als Mediciner wie als Mineralog einen bedeutenden Namen und
seine interessanten Petrefactensamralungen führten Fremde aus
allen Weltgegenden zu ihm.
Seine Gattin war Luise, geb. Hagmaier. Kinder:
1) Luise, verm. mit Hofrath Link in Stuttgart, f 1848.
2) Friederike, verm. I. mit Kaufmann Gutfier in Triest; IL
mit Maler von Stirnbrand in Stuttgart.
3) Gustav Hartmann, t als Arzt in Petersburg.
4) Louis Hartmann, t 1845.
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5) Friederich Hartmann, Oberamisarzt in Keutliiigen, Ritter
des Friedrichs-Ordens.
V. Christoph Heinrich Hartmann, geb. 1769, Rechnungsrath,
nachmals Oberfinanzrath bei der Kreis-Finanzkammer in Lud-
wigsburg, f 1857, verm. I. mit Elisabeth, geb. M5gling;
II. mit Wilhelmine, geb. Gflnzler. Kinder:
1) Heiniich Hartmann, t 1857 als Pfarrer in Steinenberg,
verm. I. mit Wilhelmine, geb. Metiger; II. mit Pauline,
geb. Mayer«
2) Sofie Hartmann.
3) Karl Hartmann, Zollverwalter in Langenargen.
VI. Gottfried Wilhelm Hartmann, geb. 1770, widmete sich dem
Studium der Medicin in der Karls- Akademie, besuchte hierauf
mit seinem Jugendfreunde, dem nachmaligen Kanzler Aulen-
ricth, die damals berühmte Universität Pavia, prakticirte nach
seiner Rückkehr zuerst in Heidenheim, hierauf 1798 in Back-
nang, an welch letzterem Platze er auch Oberamtsarzt wurde
und 1823 starb.
Seine Gattin war seit 1798 Auguste Friederike, Tochter
des Oberamtmanns Landerer in Lichtenstern. Kinder:
1) Wilhelm Hartmann, t als Repetent in Tübingen 1826.
2) Jnlins Hartmann, Dekan in Tuttlingen, Ritter des Kron-
und des Friedrichs-Ordens, verm. mit Luise, geb. Helfferich.
3) Gustav Hartmann, Oberamtsarzt in Aalen, verm. I. mit Emilie,
geb. Sprösser; II. mit Caroline, geb. Bürger,
4) Emilie, verm. mit Pfarrer Helfferich in Hall.
VII.' Christian Ferdinand Hartmann, geb. 1774, erhielt in der
Karls-Akademie seine erste Bildung als Künstler und brachte
die Jahre 1794—1797 zu seiner Vervollkommnung in Italien
zu, wo das Zusammentreffen mit den ersten Künstlern jener
Zeit von entschiedenem Einfluss auf seine Ausbildung war. In
Rom lernte er auch die Fürstin Luise von Dessau und deren
Begleiter Matthisson kennen, die ihn nach seiner Zurüokkunft
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in ihre Kreise zogen. Unter ihrem geineinsamen Einfluss ent-
stand jener Eros und Anteros, der 1803 durch Böttgers Er-
klärung in der Jenaer Lit. Zeitung grosses Aufsehen machte.
Fast zu gleicher Zeit gewann er einen von Goethe ausge-
setzten Preis für seinen Abschied Hectors von Andromache.
1810 wurde er Professor der Historienmalerei bei der Kunst-
akademie in Dresden, deren Directorium er später erhielt
1822 bereiste er mit einjährigem Urlaub abermals Italien,
1828 begleitete er den damaligen Prinzen Friedrich von
Sachsen eben dahin ; 1839 unternahm er eine längere Reise
nach den Niederlanden und Paris.
Er starb unvermählt nach langwierigen Leiden 6. Januar
1842 in Dresden, hochgeachtet als ein an Geist und Herz
gleich ausgezeichneter Mann. Sein in der kaiserlichen Galerie
in Petersburg befindliches grosses Gemälde, der Abschied
Hectors, und andere Gemälde, wie die salbende Magdalena,
der Erlkönig, Hector und die Trojanerinnen, Hector nach der
Schlacht, Hylas, Theseus, ftercules und der nemeische Löwe
gehören zu den «Hauptwerken der classischen Richtung jener Zeit.
Das Fürstlich Württembergische Dienerbach enthält folgende höhere Beamte des
Namens Hartmann: Abt 250. — HofRath 114; Reg.R.Secretar 76; Pfarrer 474,506. — Carl
Frid., Pfarrer 391. — Christoph Erh., Pfarrer 618. — Christ. Frid., Cl.Pfleger 317; Statt-
schreiber 490. — Georg, Exped.Rath 118; Landschreiber 117. — Georg Christ., Special
387. — Georg Heinr., VorstVenralltter 240, 308. — Joh* Albr., Vogt 492. — Joh. Georg,
RechenbanckhsRath 121. — Joh. Georg Aug., Exped.Rath 147. — Joh. Seb., Pfarrer 452.
610. — Just. Ulr., Keller 405. — Wo\ffg. % Amptmatm 290.
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Hauff.
Daniel Hauff, J. U. Lt., wurde den 29. September 1629 zu
Urach geboren. Sein Vater, Daniel Hauff, Herzoglich Württembergischer
Eipeditionsrath, t 1652 (nach Andern 1653), war wegen der leidigen
Oesterreichischen Reformation aus Uuter-Oesterreich unter Zurück-
lassung aller zeitlichen Güter ausgewandert und hatte sich in Urach
niedergelassen (1628); die Mutter war Helena, eine Tochter des Rent-
meisters Müller aus Unter-Oesterreich ; der Gross vater Georg Hauff,*
Bürger in Steinheim a. d. M., Besitzer eines adeligen Lehens in
Oesterreich, das ihm nach dem Tode seines Bruders Adam Johann
Ton Hauff, welcher - kinderlos starb, zugefallen war.
Daniel Hauff besuchte, da seine Eltern der damaligen Kriegs-
zeiten wegen nach Ulm flüchteten, die dortige lateinische Schule und
begab sich von da auf die Hochschule nach Tübingen, wo er sich
der Rechtswissenschaft befliess. Im Jahr 1662, den 8. Juli wurde
er von dem Magistrat der damaligen Reichsstadt Esslingen auf die
erledigte Advokaten-Stelle daselbst berufen.
1665 kam er in das Geheime-Raths-Collegium, erhielt in
demselben Jahre noch die Inspection der Ober-Kasten-Pflege und
starb 1676.
Seine Gattin war seit 8. Mai 1653 Ursula Dorothea, geb.
8. August 1633, Tochter des im Jahre 1635 gestorbenen vieljährigen
Stadt-Ammanns in Esslingen Johann Andreas Schlossberger, welcher
Ehe 7 Kinder entsprossten, von denen 2 Söhne und 2 Töchter den
Vater überlebten.
* Er selbst soU von Kaiser Rudolph im Jahr 1029 geadelt worden sein.
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Als bedeutende Vertreter der Familie sind aus neuerer Zeit
insbesondere nachfolgende zu nennen:
I. Wilhelm Hauff, geb. 29. Nov. 1802 in Stuttgart. Sein
Vater war Augost Friedrich Hauff,* Geh.-Secretar in Stuttgart 1799;
die Mutter Hedwig Wilhelniine, Tochter des Kegierungsraths Carl
Friedrich EMsser; der Gross vater Johann Wolf gang Hauff, Vogt zu
Markgröningen, Landschafts-Consulent in Stuttgart, t 1801 ; die
Grossmutter Christiana Margaretha, Tochter des Herzoglichen Leib-
medikus Gottlieb Friedrich Faber; der Urgrossvater Johann Wolf gang
Hauff , Stadtpfarrer in Weilheim 1726'; die Urgrossmutter Sofie Ca-
therine, Tochter des Pflegers in Leidringen Johann Friedrich Heller ;
der Ururgrossvater Georg Friedrich Hauff, des Grossen Raths in Ess-
lingen t 1690; die Urur-Grossmutter Agnes Catharina, Tochter des
Pfarrers in Neckarhausen Ludwig Zimmermann; der Urur- Urgrossvater
aber der Eingangs erwähnte Daniel Hauff, des Geh. -Raths in Esslingen.
Wilhelm Hauff, einer der berühmtesten Dichter des Schwaben-
landes, widmete sich dem Studium der Theologie« wurde Hofmeister
in Stuttgart, dann Redakteur des Morgenblattes und erlag den 18.
September 1827 in Stuttgart einem Nervenfieber. Im Jahr 1840
wurde ihm bei Lichtenstein (Württemberg) ein Denkmal gesetzt.
Seine Märchen, ferner sein »Lichtenstein«, »der Mann im
Mond« und viele andere mehr sind weltbekannt geworden.
II. Hermann Hauff, Dr. Professor und Bibliothekar, Bruder des
Vorigen, ebenfalls Redakteur des Morgenblatts in Stuttgart, schrieb
u. A. Skizzen aus dem Leben und der Natur, Stuttgart 1840, 2 Bde.
Er starb 16. August 1865.
Seine Wittwe ist Friederike, eine Tochter des Gerichtsnotars
* Eine Schwester von ihm, Henriette Goitliebin, war seit 29. November 1799 die
Gattin des Ober-Regierungsraths Carl Christian Heinrieh Grüneisen in Stuttgart, Sohns
des Hofraths und Wechselgerichta-AssessorB in Stuttgart Johann Franz (Jruneisen und
dessen II. Gattin (die erste war Tabitha Elisabeth, geb. Meurer, Enkelin des Prälaten
gleichen Namens \ Marie Kevine, Tochter des Exped.-Baths in Stuttgart Franz Carl Wächter.
Den beiden ebengenannten Ehen Carl Christian Heinrieh Grüneisen' s entsprosaten 4 Söhne.
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Braun in Schwaigern. Aus dieser Ehe sind 1 Sohn und 2 Töchter
hervorgegangen.
Eben diesen Namen führten:
Johann Gottlieb Hauff, geb. 1790 in Tübingen, Pfarrer in
Schwarzenberg, später in Grünthal in Württemberg. Er schrieb
Mehreres. —
Carl Victor yon Hauff, geb. 2. September 1753 in Bothnang
bei Stuttgart als Sohn des Pfarrers in Kornwestheim Carl Albrecht
Hauff, Enkel des Vogts zu Maulbronn Albrecht Hauff, und der
Catharina Margaretha, Tochter des Bürgermeisters von Biberach
Georg von tiaupp. Er war Diakonus in Waiblingen, hernach Professor
in Bebenhausen, Decan und Stadtpfarrer in Cannstatt und starb 1832
mit Hinterlassung mehrerer Schriften.
Seine Gattin war seit 1784 Philippine Christiane, Tochter des
Pfarrers in Plieningen Tobias David Zorer. —
Johann Carl Friedrich Hauff, geb. 21. April 1766 in Stuttgart,
Professor der Philosophie und Mathematik in Marburg 1 794, Professor
der Mathematik in Wien 1808, am Physikalisch-technischen Institut
in Augsburg 1809, Fürstlich Äafonsischer Forst-, Berg- und Hütten-
direktor zu Blansko in Mähren, Professor am Gymnasium in Cöln
1815, Professor der Mathematik und Physik in Gent 1817, f nach-
dem er noch vorher in Folge der Revolution von 1830 aus dieser
Stadt ausgewiesen worden war, 1846 in Brüssel.
Auch von ihm sind verschiedene Schriften hinterlassen worden. —
August Gottfried Hauff, geb. zu Ludwigsburg 19. Sept. 1794,
Pfarrer in Dachtel, Professor in Schönthal, Stadtpfarrer in Waidenbuch.
Das Fürstlich Württemberg. Dienerbnch enthält folgende höhere Beamte des
Namens Hauff: CantzleiAdvoc. 96; Pfarrer 683 ; Beg.B.Secretar. 76. — Aug. Fried., Bot-
ger.Secretar 80. — Dan., Ambtschreiber 392. — Dan. Ulr., Vogt 271. — Frid. Albr., Cl.
Pfleger 250; Vogt 501. — Frid. Wolffg., Oonslst. Secretar. 141. — Hans, Burg Vogt 529,
— Joh. Albr., GaistL Verwaltter 535 ; — Joh. Andreas, Begistrator, 159. — Joh. Dan.,
Ambtschreiber 272. — Joh. Htinr. Ludw., Vogt 604. — Joh. Ludw., KriegsB.8ecretar. IUI.
O.B*Secretar. 71. — Joh. Wolffg., Vogt 439, 446. — Ludw., Exped.Bath 110; Vogt 531.
— Ludw. Albr., Vogt 314, 380, 386, 403, 464, 492, 606.
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zedby G00gk
Hang.
Johann Jacob Hang, Med. Dr., geb. den 31. Januar 1567
in Augsburg als Sohn des Matthäus Haus „Geschlechter Stands" und
der Lada, geb. Mair, stndirte Medicin, doctorirte 1592 und kam
hierauf als Stadtarzt nach Hoilbronn. 1607 folgte er einem Ruf
als Professor der Medicin nach Tübingen, wo er auch, nachdem er
das Rectorat, mehrere Male auch das Decanat bekleidet hatte,
im Jahr 1616 starb. Hang war mit der Enkeltochter des bekannten
Theologen Dr. Beurlin vermählt und hinterliess Nachkommen.
Einer andern Familie dieses Namens gehörten an :
Balthasar Hang, Dr., Professor der Kunst- Alterthümer an der
hohen Karlsschule, geb. den 4. Juli (15. Sept.) 1731 in Stammheim bei
• Calw, wo sein Vater Jon. Georg Hang Kloster Hirsauischer Amtspfleger
war. Auf den Bath und die Unterstützung des damaligen Vogts Gürttier
in Hirsau widmeten ihn seine Eitern dem Studium der Theologie.
Anfangs Pfarrer in Niederstotzingen wurde er 1763 Pfarrer in
Magstadt, hierauf Professor am Gymnasium in Stuttgart 1766, neben
welcher Professur er noch 1775 das Amt eines Professors der Philo-
sophie an der Karlsschule erhielt. Gleichzeitig übernahm er auch die
ihm übertragene Mittwochs-Prädicatur an der Stuttgarter Stiftskirche.
Die Gegenstände seines Lehrunterrichts waren vorzüglich My-
thologie, deutscher Briefstyl und Kunstalterthümer.
Schon in früheren Zeiten hatte sich Jlaug durch poetische und
prosaische Schriften grossen Beifall und verschiedene Ehrenbezeugun-
gen errungen.
So erhielt er z. B. 1761 wegen eines Gedichts auf die Kaiserin
Maria Theresia durch den Reichshofrath von Hertenstein den Lor-
beerkranz und den 4. März 1769 von dem Fürsten von Fürstenberg
ein Diplom als Kaiserl. Hof- und Pfalzgraf. Er war Mitglied vieler
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gelehrten Gesellschaften und starb hochberühmt als Erwecker und
Beförderer schöner Wissenschaften in Württemberg den 3. Januar
1792 in Stuttgart im 61. Jahr seines Alters.
Seine Gattin war Jacobina Friderika, geb. Elsässer.
Kinder :
I. Henriette Friederike, geb. 3. Februar 1760, verra. mit dem
Pfarrer in Upfingen Perrenon.
II. Charlotte Friederike, geb. 23. August 1763, verm. mit dem
Pfarrer Baumeister in Thuningen.
III. Johann Christoph Friedrich Hang, geb. 9. März 1761 zu
Niederstotzingen. Derselbe trat 1776 in die Karls- Akademie
ein und ging nach vollendetem philologischem und philosophi-
schem Kursus zum Studium der Kechtswissenschaft Ober. In
letzterem zeichnete er sich so sehr aus, dass er durch 4 in
verschiedenen Zweigen derselben erhaltene Prämien den vom
Herzoge gestifteten akademischen Orden errang. Nach Be-
endigung seiner Studien wurde er vom Herzoge Karl 1783
als Secretar in dessen Geheimem Cabinete angestellt und llaug
selbst erzählte noch oftmals als Greis, wie viele Huld und
väterliche Nachsicht dieser Fürst ihm habe angedeihen lassen,
ihm — dessen Dichter-Talent sich damals schon entfaltet hatte,
dessen Witz sich bereits zu äussern begann, und der sich in ein
strenges Dienst-Reglement nicht immer recht zu schicken wusste.
Unter Herzog Ludwig Eugen wurde er zweiter Kabinets-
Secretär, unter Herzog Friedrich Eugen Secretar beim Ge-
heimenrathe, dem nachmaligen Staatsministerium, (ein Amt, das
er 11 Jahre lang bekleidete), und endlich unter König Fried-
rich Bibliothekar an der Königlichen öffentlichen Bibliothek mit
dem Charakter eines Hofraths.
Ifaug starb im Februar 1829 im zu Ende gehenden 68.
Lebensjahre.
Ungeachtet seiner Ironie und seines oft beissenden Stachels
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hatte Hang dennoch mehr Freunde als Feinde. Seine Grab-
schrift, die er sich selbst schon früher gedichtet hatte, lautet:
Der hier ruht
War froh und gut;
Einst hoff ich taug's
Zur Grabschrift Haug's.
IV. Alexander Maximilian, M geb. 9. August 1769.
V. Carl Engen, geb. 9. October 1770, Herzogl. Württemberg.
Consistorial-Secretär.
VI. Christian Friederich, geb. 22. December 1771, Zögling der
hohen Karlsschule und beider Rechte Candidat.
Vir. Philipp Friedrich, geb. 19. September 1766, ebenfalls Zög-
ling der hohen Karlsschule und Kameralist t 1799.
Ebenfalls diesen Familien-Namen führten:
Jacob Hang, Herzogl. Rath in Stuttgart, Mitarbeiter an dem
Landrechte, verm. 4. Epiph. 1578 mit Ursula, Tochter des Kammer-
Procurators Martin Hiller und der Marie, Tochter des Kanzlers
Johann Fessler. Von seinen 2 Söhnen ward der eine, Matthias,
Kanzlist in Stuttgart, der andere Capuciner in Wien. —
Carl Christoph Friedrich Hang, geb. zu Stuttgart den 27.
Januar 1795, studirte Theologie als Angehöriger des evangelischen
Stifts auf der Landesuniversität Tübingen und brachte hierauf 2 Jahre
in Holstein zu als Hofmeister bei den Söhnen eines dänischen Kammer-
herrn von Buchwald zu Seedorf. Nach kurzen Dienstleistungen als
Vicar in Qündelsbach und Welzheim kehrte er im Februar 1820
als Repetent in dem theologischen Seminar nach Tübingen zurück.
1821 wurde er ausserordentlicher, 1829 ordentlicher Professor der
Geschichte. Er unternahm einige grössere Reisen nach der Schweiz,
England, den Niederlanden, Belgien und Italien.
Haug starb den 11. März 1869. Er war zweimal vermählt,
das erstemal seit 7. October 1823 mit Johanna Charlotte, geb.
Reuss; zum zweitenmale seit 2. Februar 1833 mit Theophanie, einer
Tochter des Kaufmanns Leopold Conradl in Stuttgart und der Louise,
geb. Fenerlein, Schwesteg des Gründers des Handlungshauses Karl
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Feuerlein, welcher Firma seit des Letzteren Tode, nämlich im Jahr
1811 Conradi vorstand. Der letztgenannten Ehe entsprossten :
I. Lotte, verm. 24. Nov. 1855 mit Wilhelm Roser, Professor
der Chirurgie in Marburg, t 10. Februar 1870.
II. Theophanie, verm. seit 4. Mai 1861 mit dem damaligen
Finanzassessor, jetzigen Director des Königl. statistisch-topo-
graphischen Bureau Karl von Rieche.
III. Luise, verm. 4. August 1855 mit Ludwig Roser, Kaufmann
London, jetzt in Stuttgart, Chef der Firma Karl Feuerlein.
IV. Mathilde.
V. Marie, verm. 25. April 18(57 mit Ferdinand Pistorius, Kauf-
mann in Neapel, t 30. April 1868.
VI. Helene.
VIT. Amalie, verm. seit 1871 mit Wilhelm Roser, Professor der
Chirurgie in Marburg.
VIII. Anna, verm. 19. November 1872 mit Gustav Roser, Justiz-
assesor in Böblingen, jetzt in Rottenburg a. N.
IX. Karl, geb. 25. August 1838, Fabrikbesitzer in Mühle am
Baum bei Miesbach und Luisenthai bei Gmünd am Tegernsee
in Oberbayern.
Haug's Geschwister:
I. Mathilde, geb. 1801, Gattin des Kameralverwalters Keller in
Waiblingen, t 1855.
II. Nanette, geb. 1817.
III. Louis, geb. 1799, Kaufmann in Amsterdam, t 1854.
IV. Ferdinand, geb. 1807, Decan zu Leonberg, t 1864.
V. Adolf, geb. 1815, Mechanikus, geb. 1815, f 1859. —
Martin Hang, geb. in Ostdorf, Oberamts Balingen, Dr., ordent-
licher Professor des Sanscrit und der vergleichenden Sprachwissenschaft
an der königlichen Universität in München und ordentliches Mitglied
der kgl. bayerischen Akademie der Wissenschaften.
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— 336 —
»Derselbe ging 1859 als Superintendent der Sanscritstudien an
dem Colleg in Puna nach Bombay, um dort unter den eingeborenen
Brabmanen in der altindischen Wissenschaft zu wirken ; der Ruf seiner
grossen Gelehrsamkeit war bei den Brahmanen wie bei den Parsen
gleich ehrenvoll anerkannt. Als reife Frucht seines indischen Aufenthalts
darf nur die Herausgabe des Aitereya Brahmana des Rigveda mit
Uebersetzung und Noten in zwei umfangreichen Bänden und seine Essays
über die heilige Sprache, Schrift und Religion der Parsen genannt
werden, um zu wissen, wie Hang auch unter dem heissen Himmel
Indiens unermüdet thätig war für die Erforschung des Alterthums.
Der siebenjährige Aufenthalt griff dort indess schliesslich stark
seine etwas zarte Konstitution an und er musste 1866 zur Wieder-
herstellung derselben nach Europa zurück, bei seinem Scheiden von
Indien aufs höchste geehrt von den eingeborenen Brahmanen und Parseu.
wie vor ihm keinem europäischen Gelehrten widerfahren war. Dass
nach seiner Rückkehr die eine und andere Regierung damit umging,
ihn, den gewiegtesten Sanskritisten und Zendisten, auf den Lehrstuhl
einer Universität zu berufen , kann nicht verwundern, denn nur ein
weiterer Ruhm der Gelehrsamkeit und Wissenschaft konnte der Hoch-
schule zufallen,' an die er berufen wurde.
Die bayerische Hauptstadt sollte die Stätte seiner Lehrthätigkeit
werden und daselbst bestieg er den akademischen Lehrstuhl des
Sanskrit, und nicht nur Deutsche, sondern auch Engländer, Ameri-
kaner, Spanier und Portugiesen zählten daselbst zu seinen dankbaren
Schülern, die mit höchstem Interesse den lebendigen Vortrag des für
die reine Wissenschaft so sehr begeisterten Lehrers vernahmen.«
Hang starb am 3. Juni 1876 zu Ragatz, wohin er sich zur Erholung
seiner angegriffenen Gesundheit begeben hatte, im 50. Lebensjahre.
Das Fürstlich Württembergische Dienerbuch enthält folgende höhere Beamte
des Namens Haug: Regia tr stör 140; Geh. Secretar. 36.— Albr., RechenbanokhsBath 150.
— Balth., MittwoohsPrediger 552. — Beruh., Hofger.Secretar. 79. — Caatolus, LeibMedic
195. — Endres, Stattschreiber 405. - Haintz, ClJBoftnaiater 346. — Jac, CLPtleger 343;
Gel. O.Rath 59. — Joh., BechenbanckhsRath 118. — Joh. Aeg., Reglstrator 159. — Ln-
reutz, Vogt 281 ; Hofger.Beysitzer v. d. Landschaft 79 ; Schnltheiss 363. — Hei eh., Abt
336. - Paul Pfarrer 646. — Thom., Amptmann 519. — WWi., KeUer 369.
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Hedinger.
Johann Reinhard Hedinger, J. U. Lt., wurde den 7. November
1639 als Sohn des ritterschaftlichen Legations-Secretärs Johann
Reinhard Hedinger und der Catkarina, geb. Heinrich, geboren. Der-
selbe studirte zu Heidelberg, wurde 1661 Canzlei- und Stadt-Gerichts-
Advocat zu Stuttgart und starb als solcher 1668 den 16. September.
Seine Gattin war Anna Christiana, Tochter des Abts von Hirsan,
anch Adelbergischen Generalsuperintendenten Johann Schttbler« —
Johann Reinhard Hedinger, Sohn des Vorigen, geb. 1664
7. September, widmete sich dem Studium der Theologie und ging
1687 mit Prinz Johann Friedrich von Württemberg als Reisepre-
diger und Secretär nach Frankreich. Im Jahr 1688 begleitete er
den Prinzen Karl Rudolf nach England, und machte in der Folge
grosse Eeisen nach Norddeutschland, Holland, Dänemark und Schwe-
den. 1692, im Feldzuge gegen Frankreich, war er als Feldprediger
im Gefolge des Administrators Friedrich Karl; 1694 ging er als
Professor des Natur- und Völkerrechts nach Giessen, 1699 aber als
Hofprediger und Consistorialrath nach Stuttgart. Die theologische
Doctorwürde erhielt er 1696.
Hedinger war ein Mann von grosser Freimütigkeit und Un-
erschrockenheit, der, was er für Wahrheit hielt, sagte und schrieb.
Den reformirten Gelehrten Hottinger nannte er den seligen Hottinger,
angeachtet die Lutheraner in der ersten Hälfte des vorigen Jahr-
hunderts es anstössig ^fanden, einen Calvinisten selig zu preisen.
So fromm er selbst war, schrieb er doch gegen die Pietisten*
und eiferte gegen Schwärmereien. Gegen das Hofleben predigte er
». Q*orgil-Geor genau, BJographinrh -Genealogische Blätter etc. 22
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- 338 —
scharf und wünschte einst in einer Neujahrspredigt öffentlich den
Höflingen, die den Herzog verführen, den ewigen Fluch. Ja auf
dem Todtenbette sagte er noch: »Bisher habe er mit einem Schwerte
dreingeschlagen : wenn er aber wieder aufkomme, wolle er mit zweien
dreinschlagen, und gleich das erstemal so scharf predigen, dass man
ihn abschaffe.« Was hätte er erst gepredigt, wenn er die Grawe-
mVechen Zeiten erlebt hätte! Dem Tode nahe, liess er sich auf der
Harfe Lieder vorspielen. Sein bekanntestes Werk ist sein »Neues
Testament«, das öfters gedruckt wurde, und wo er den Muth zeigte,
zuweilen von Vater Luthers Uebersetzung abzuweichen. Auch gab er
das Württembergische Gesangbuch verbessert heraus als »Andäch-
tiger Herzensklang«, Stuttgart 1700 (nachmals das Hedinger'scto
Gesangbuch genannt). Er starb kinderlos 1704 den 28. December.
Seine Ehegattin war seit 15. Mai 1694 Christiana Barbara,
Tochter des Stadtvogts von Kirchheim u. T. Johann Greorg Zierfoss.
Du Fürstlich Württembergische Dienerbuch enthält folgenden höheren Beamten
des Namens Hedinger: Joh. Reinh., Gaistl. Bath im Gonsist. 187; Hofprediger 192.
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Heerbrand.
Eine altangesehene, aus dem Julich'schen nach Württemberg
gekommene Familie, als deren ältester bekannter Stammvater Peter
Heerbrand bekannt ist , über welchen sich in den gedruckten
Vischer 'sehen Ahnentafeln von Moser von 1728 S. 15 Folgendes
verzeichnet findet:
»Conf. Cellii Orat. fnnebr. Jac. Heerbrandi F. C. Er kam fremd
nach Giengen, wurde daselbst Bürger und zeugte ausser Andreas noch
3 Söhne.
Cellius führt aus Trithenio folgende Stelle an, um zu erweisen,
dass die Heerbrandische Familie alt sei:
Michael Heerbrand de Düren (einer Stadt im Julich'schen),
Ordinis S. Mariae semper Virginis de Monte Carmeli fuit Erat
aatem vir doctissimus atque singulari eloquentia praeditus, adeo, ut
non solum in vicinia, sed otiam ad remotiora loca et Cathedrales Ec-
clesias evocatus, admiratione maxima concionaretur. Postea factus
est Prior Conventus Creuznachensis in Dioecesi Moguntina, praeterea
3. Theologiae Lector, quae officia magna diligentia optime peregit.
Itaque apud Johannem, Comitem Spanheimensem ultimum, erat in
magna auetoritate ita, ut ob familiärem cum eo conversationem multa
bona suo conventui impetrarit. Scripsit is Collationes Synodales atque
Sermones de tempore et sanetis cum aliis. Floruit circa annum 1412.«
Von seinen 4 Söhnen ist nur Einer bekannt geworden, nämlich:
Andreas Heerbrand, studirte zuerst, erlernte aber hernach das
Handwerk des Apostels Paulus und wurde Teppichmacher in Giengen.
Dabei war er auch in der Arithmetik, und Vocal- und Instrumental-
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— 340 -
Musik sehr bewandert und beschäftigte sich hauptsächlich damit,
die neue Lehre Luthers mit der hoiiigen Schrift selbst zu ver-
gleichen.
Söhne :
I. Jacob Heerbrand, Dr. theol., geb. in Giengen 12. August
1521, widmete sich in Wittenberg unter Luther und Mclanch-
thon dem Studium der Theologie 1538 — 43. Daselbst studirte
er so fleissig, dass die Studenten ihn nur die „schwäbische
Nachteule" nannten. 1543 wurde er Diakonus in Tübingen,
1548 jedoch wegen des Interims entlassen. 1550 kam er
als Superintendent nach Herrenberg, wohnte im Auftrage Her-
zogs Christoph 1551 dem Concil zu Trient an, um das von
Brenz verfasste württembergische Glaubensbekenntniss zu ver-
teidigen, reformirte 1556 die Markgrafschaft Baden und die
damalige Reichsstadt Hagenau, und wurde 1557 als Professor
der Theologie nach Tübingen berufen. Ileerbrand starb 22. Mai
1600 als Probst und Kanzler der Universität, seiner Dienst-
fertigkeit, Wohlthätigkeit und Humanität wegen allgemein
hochgeschätzt. Von ihm sagt Fischlin: „Fürsten und Grafen
in Oesterreich, Kärnthen, Krain, Ungarn, ja in der Türkei
hatten zu ihm als einem Orakel ein besonderes Vertrauen, denen
er auch auf Begehren viele redliche und gelehrte Kirchendieuer
zugeschickt hat."
Seine Gattin war seit Februar 1547 Margaretha, Tochter
des Bürgermeisters und Hofgerichts- Assessors in Tübingen Con-
rad Stammler, welcher Ehe 6 Söhne und 2 Töchter entsprossten.
11. Philipp Heerbrand, Dr. theol., geb. in Giengen ca. 1539.
Pfarrer in Lustnau 1560, Stadtpfarrer in Lauffen 1565, nach-
mals Superintendent in Hagenau, machte sich daselbst um die
Reformation hoch verdient und starb in grossem Ansehen
4. Febr. 1575.
Seine Gattin war Margaretha, geb. Beringer« Aas
dieser Ehe sind 6 Kinder hervorgegangen.
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- 341 —
Ebenfalls hieher gehört:
Wilhelm Hierbrand, geb. 16. Mai 1582, Enkel des obener-
wähnten Jacob Heerbrand, Herzoglich Württembergischer Hofprediger
und Consistorialrath, auch Probst und Generalsuperintendent in Denken-
dorf mit dem Wohnsitz in Stuttgart. Er stiftete im Jahr 1655 ein
Stipendium von 100 fl. in das Pädagogium in Stuttgart und starb
12. Mai 1658, mit dem Rufe eines frommen, gewandten und klugen
Geistlichen.
Seine I. Gattin war Cordula, Tochter des Universitäts-Syndikus
in Tübingen Conrad Essich; die 11. Marie, geb. Welser von Augs-
burg; die III. Anna Maria, geb. Gerlach, welcher Ehe 8 Söhne,
6 Töchter und von diesen wieder 27 Enkel mit 11 Urenkeln ent-
spros8ten.
Dm Fürstlich Württemberg sehe Dienerbach enthält folgende höhere Beamte
des Namens Hserbra$td: Joe., Oancellar. 579 ; Pfarrer 459; Schultheis« 566; Hofger.-Secretar.
79; Landschrsfb. Verwalter 115. — Wüh. t GaiütL Bath im Oonsist. 137; Hofprediger 191;
Probet 275.
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Hegel.
Georg Wilhelm Friedrich Hegel, bedeutender Philosoph, scharf-
sinniger und tiefer Denker, wurde den 27. August 1770 in Stuttgart
geboren.
Sein Vater war Georg Ludwig Hegel, Herzoglich Württem-
bergischer Bentkammer-Secretar in Stuttgart; die Mutter Maria Mag-
dalena, geb. Fromm; der Grossvater Georg Ludwig. Hegel, Bath
und Vogt in Altenstaig; die Grossmutter eine geb. Enslln; der Ur-
grossvater Georg Ludwig Christof Hegel, geb. in Winnenden 29. Juli
1687, t 1730, Bentkammer-Expeditionsrath, yormals auch Vogt in
Rosenfeld ; die Urgrossmutter Agnes, Tochter des Vogts in Balingen
Speidel; der Ururgrossvater Johann Georg Hegel, geb. in Sondel-
fingen 26. September 1640, t 1712 als Stadtpfarrer in Winnenden,
verm. I. mit Catharina, geb. Glück, IL mit Anna Barbara, geb.
Mangold; der Urur-Urgrossvater Johann Georg Hegel, geb. zu Nür-
tingeu ca. 1615, Pfarrer in Ehningen, verm. I. mit Regina Barbara,
Tochter des Superintendenten in Beutlingen Laubenberger; II. mit
Agatha, Tochter des Syndicus in Kempten David Megerlin; III. mit
Margaret ha, geb. Grttnlnger; ein Sohn des Johann Hegel, Pfarrers
in Würtingen, nachher in Ehningen, t 1641. Dessen Vater Job.
Hegel, Exulant aus Kärnthen, flüchtete, „wie so viele andere unter
unsern bekannteren Familien vor der fanatischen Härte der Habsburger
aus Kärnthen in das glaubens- und sinnverwandte Württemberg/'
liess sich in Grossbottwar nieder und wurde daselbst zum Bürger-
meister ernannt.
Georg Wilhelm Friedrich widmete sich dem Studium der Theolo-
gie, Philosophie und Mathematik im theologischen Stifte zu Tübingen,
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— 343 —
bekleidete hierauf die Stelle eines Hauslehrers in der Schweiz und in
Prankfort a. M., wurde 1801 Privatdocent in Jena und gab daselbst
mit ScheUing das Kritische Journal der Philosophie, Tübingen 1802 uff.,
2 Bde., heraus. Nach und nach trennte er sich in seinen Ansichten
von ScheUing, was zuerst in seinem „System der Wissenschaft" her-
vortrat. 1807 zog er von Jena weg und lebte als Privatmann in
Bamberg, wo er die dortige politische Zeitung herausgab. 1808
wurde er Professor der philosophischen Vorbereitungswissenschaften
und Bector des Gymnasiums in Nürnberg. 1817 folgte er einem
Rufe als Professor der Philosophie nach Heidelberg und trat 1818
an Fichte's Stelle in Berlin, wo er den 14. November 1831 an der
Cholera starb. Hegel war Ritter des Preussischen rothen Adler-
Ordens III. Classe.
Die HegeVache Philosophie, welche sich seiner Zeit geradezu
als die einzig wahre, absolute Philosophie erklärte, zählt heute nur
noch vereinzelte Anhänger und ist so ziemlich überwunden. Diess gilt
speciell auch von dem practisch wichtigsten Theil derselben, der
Rechts-Philoeophie , welche eine ziemliche geraume Zeit hindurch
die preussische Regierungs-Philosophie und eine Empfehlung für das
Fortkommen im preussischen Staatsdienste war.
Schon 9 Jahre nach HegeVs Tod, 1840, wurde ihr und ihren
Anhängern in Preussen, aus Besorgniss, als gefährde sie das Christen-
tum, ja die Religion überhaupt, die öffentliche Gunst entzogen.
ScheUing ', welcher nach dem Abfalle HegeVs von ihm sein stiller
Gegner war, wurde nach HegeVs Tode dessen öffentlicher Tadler.
Heget 8 Gattin war eine geb. v. Tucher aus Nürnberg t 1855.
Dm Fürstlich Württemberglache Dienerbuch enthält folgende Hegel: Georg,
Pfrrrer 618. — Georg Christoph, Exped.Rath 113 ; .Vogt 434, 485, 534. — Georg Lud».,
Beg.B.8ecretor. 73 ; BenthCh-SecreUr. 126 ; Schultheis» 364. — Georg Phil., Vogt 386,
587. — Joh. Wendel, Adelberg. Pfleger 603 ; Cl.-Pfleger 241 ; ö»istl. Verwaltter 602.
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He yd.
Johann Georg Friedrich Ton Heyd wurde den 30. Januar
1748 zu Alpirsbach geboren. Der Vater war Jacob Friedrich
Albrecht Heyd, Geistlicher Verwalter in Alpirsbach; die Mutter
Christiana Dorothea, geb. Dörtenbach; der Grossvater Johann Bern-
hard Heyd, t 1735, Verwalter in Alpirsbach; die Grossmutter Jo-
hanna Elisabetha, geb. Römer ; der ürgrossvater Georg Baltas Heyd,
geb. 12. März (17. März) 1644, Steuerherr des innern Raths in
Heilbronn; der Ururgrossvater Jacob Heyd, geb. 22. August 1604,
t 1676, Rathsherr in Heilbronn, — Sohn des Conrad Heyd daselbst,
geb. 13. Februar 1582 und der Margaretha Waldmann, Enkel des
Lorenz Heyd in Heilbronn — verm. I. seit 20. October 1627 mit
Anna Maria, geb. Fischer; Tl. seit 15. März 1636 mit Maria Magda-
lena, Tochter des Pfarrers in Heilbronn Joach. Münster; 111. seit
21. Juni 1670 mit Margaretha, Wittwe des Rathsherrn Feierabend.
Derselbe studirte die Rechte, wurde Professor der Jurisprudenz an
der Herzoglichen Karls-Akademie in Stuttgart, nachmals auch Director
des Königlich Württembergischen Ober-Tribunals, zuletzt Staatsrath
und Commandeur des Ordens der Württembergischen Krone.
Er starb zu Stuttgart den 10. November 1834.
Seine 1. Gattin war seit 23. September 1773 Henriette Marie,
geb. Ton Btthler; die II. seit 21. September 1775 Christina Maria,
Tochter des Raths und Leibmedicus in Stuttgart Albrecht Rickard
Renss und der Sofie Elisabeth, Tochter des Cousistorialraths und
Prälaten in Alpirsbach Johann Albrecht Bengel; die III. seit 25.
Mai 1783 Elisabeth»! Eleonore, geb. tfmelin.
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— 345 —
Kinder IL Ehe:
I. Christiane Dorothee, geb. zu Stuttgart den 9. October 1777,
verm. mit dem Commercienrath Carl Ludwig Friedrich von
Hartmann, Ritter des Kronordens.
II. Charlotte Friederike, geb. zu Stuttgart 9. December 1778,
verm. mit dem Obertribunal-Director Carl Immanuel GotÜob
von Pfizer, Bitter des Ordens der Württembergischen Krone.
III. M. August Friedrich Herd, geb. zu Stuttgart 27. Oktober
1776, Pfarrer zu Gross-Ingersheim 1803, zu Mössingen 1823,
zu Plochingen 1824. Verm. zu Gross-Ingersheim 22. November
1803 mit Johanna Friederika, Tochter des Pfarrers daselbst
(in Bizfeld) M. Carl Friedrich Mittler.
Von diesem Pfarrer Heyd stammen:
Kameralvorwalter Hejd in Leonberg.
Oberamtsrichter Hejd in Tettnang.
Der t Pfarrer Heyd in Gammesfeld.
Der f Pfarrer Heyd in Hassfelden.
IV. Christian Heinrich Heyd, geb. zu Stuttgart 27. Mai 1780,
Kaufmann in Heilbronn. Verm. daselbst 21. November 1813
mit Charlotte Auguste Elisabeth, Tochter des Ober-Eegierungs-
raths Jakob Gottlieb Reuss. Hinterliess bloss oine Tochter
Benigna, verm. an Kaufmann Volz in Heilbronn.
Ebenfalls dieser Familie gehören an:
Johann Jacob Heyd, geb. Alpirsbach 9.. November 1717, Sohn
des Eingangs erwähnten Johann Bernhard, t 20. Juli 1788, ßath,
Holzfactor in Bissingen. Gattin seit 11. Februar 1749 Charlotte
Auguste Elisabeth, Tochter des Pfarrers in Heimsheim Leonhard
Dietrich Fulda. Söhne:
A) Friedrieh August Heyd, Decan in Weinsberg, geb. 1. December
1749, t 12. März 1840. Gattin: seit 12. Juni 1781, Christiana
Knnignnde, Tochter des Bürgermeisters und Landschaftsassessors
in Leonberg Johann Christof Homer.
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— 346 —
Kinder :
I. Christiane Friedrike, verm. I. seit 1805 mit dem Ober-
jnstiz-Prokurator in Stuttgart Samuel Christoph Herbort ; II.
seit 1814 mit dem Kriegsrath Wilhelm Ulrich Eisetüohr;
III. seit 1716 mit dem Kameralverwalter in Weinsberg
Joh. Christoph Friedrich Göe.
II. Justine Jacobine, verm. 1810 mit dem Decan in Blau-
beuren Ludwig Ernst Carl Bockshammer.
III. Wilhelmine Sophie, verm. 1813 mit dem Decan in Knitt-
lingen Gottlieb Ulrich Osiander.
IV. Friedrich August Heyd, Gerichtsnotar in Sulz, f
Y. Ludwig Ferdinand Heyd, Decan in Heilbronn, geb. 15. Juui
1798, f 30. August 1868 als Pfarrer in Untertürkheim.
Gattin : Friederike, Tochter des Prälats MBrklin. Kinder:
a) Ludwig, Rathschreiber in Heilbronn. Gattin: Maria
Feyerabend von da.
b) Carl, Kaufmann, derzeit in Stuttgart, ledig.
c) Ernst, f in Amerika.
B) Carl Ferdinand Heyd, Rath, Holzfactor in Bissingen, geb. 29.
Oct. 1755, t 1835 in Ludwigsburg. Gattinnen:
I. Heinrike Charlotte, geb. Hummel; II. Cbristoflne Regine,
geb. Zeeh.
Söhne erster Ehe:
1) Carl Friedrieh von Heyd, Oberjustizrath a. D., vieljähriger
Oberamtsrichter in Ludwigsburg, Abgeordneter von Weins-
berg 1845—1848 I., R. d. 0. d. w. Kr., t 27. Juni 1873,
85 Jahre alt. Gattin : Charlotte Dapp, Tochter des Ober-
justizraths in Stuttgart. Kinder:
a) Karl, Kanzleirath in Heilbronn. Gattin: Louise geb.
Bommel von Nürtingen.
b) Victor, Oekonom in Poppenweiler. Gattin: eine geb.
Grub von Illingen.
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— 347 —
2) Ludwig Friedrich, Stadtpfarrer in Markgröningen, geb. 19.
Februar 1792, t 6. März 1842. Sohn:
Wilhelm Christoph von Herd, Oberstudienrath,
Oberbibliothekar, Ritter des Krön- und Friedriche-Ordens,
geb. 23. October 1823. Gattin: Louise, Tochter des
obenerwähnten Decans Ludwig Ferdinand Herd, welcher
Ehe 3 Töchter entsprossten.
Sohn zweiter Ehe:
3) Gustav Herd, Oekonom, geb. 3. Februar 1804, lebt in
Stuttgart. Gattin :
Wilhelmine, Tochter des Stadtpfarrers Glanz.
Dm Fürstlich Württemberg. Dienerblich enthält folgende höhere Beamte des
Namens Heyd (Haid, Hayd, Heid): OantsleiAdvoc 96. — Btnj. Ludw., Oeiatl. Verwaltter
572. — Com-., Vogt 390. — Georg Frid., Gel.O.Rath 68. — Hont, Voratmaister 590. —
Joe. Fried., Amptachreiber 246. — Joh., Cl.Pfleger 246, 293 ; Gaistl. Verwalter 697. —
Joh. Beruh,, Amptachreiber 246. — Joh. Ludw. Vogt 328. — 8am., Gel. Hofiger. Bey-
sitzer 78. — Tob. Alb., Vogt 384.
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Hiller.
Philipp Friedrich Hiller, der beste Kirchendichter Süddeutsch-
lands, wurde den 6. Januar 1699 in Mühlhausen geboren. Sein
Vater Johann Jacob Hiller, f 1701, war Pfarrer in Mühlhansen
a. d. Enz ; der Grossvater Johann Philipp Hiller, t 1 666 (studirte
in Strassburg), Herzoglich Württembergischer Hofgerichts-Advokat in
Stuttgart; der Urgrossvater Matthäus Hiller, Oberrath und Kirchen-
Kastens-Advokat, flüchtete, als Württemberg in österreichische Hände
kam, mit seiner zahlreichen Familie nach Strassburg; nach seiner
Rückkehr von dort verdächtigten ihn die Kaiserlichen Regimentsräthe,
er führe mit dem schwedischen Residenten Machet, seinem Anver-
wandten, einen heimlichen Briefwechsel und nahmen ihn desshalb in
Göppingen in Gewahrsam ; die Urgrossmutter war Anna Maria, Tochter
des Johann Kielmann von Kielmannseck ; der Urgrossvater Marens
Hiller, 1 1605, Consnlentin Herrenberg ; der Urur-Urgrossvater Marens
IV. des Raths in Herrenberg t Esslingen 1564. Dessen Vater war
Marens HL, Vogt von Herrenberg ao. 1544, welcher nebst seiner Gattin
300 Fl. dem Spital legirte ; der Grossvater Marens IL, Bürgermeister
von Herrenberg ao. 1521 ; der Urgrossvater Marens I. von Tübingen.
Philipp Friedrich studirte in den Seminarien Theologie, wurde
Pfarrgehülfe 1724, Informator in Nürnberg 1729—31, Pfarrer in
Neckargröningen 1732, in Mühlhausen, seinem Geburtsort, 1736, und
starb als Pfarrer in Steinheim bei Heidenheim 1769 den 26. April.
Seine vielen und schönen Lieder sind bekannt
Seine Gattin war seit 1732 Maria Regina, Tochter des Pfarrers
zu Hessigheim Johann Friedrich Schickhard, welcher Ehe 5 Söhne
und 6 Töchter entsprossten. —
Von ersteren starb der älteste, Philipp Friedrieh, als Med.
Stud> auf der Flucht in Stuttgart 1751; der II., Johann Christian,
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— 349 —
Pfarrer in Gedungen, nachmals zweiter Kloster-Professor zu Maul-
bronn 1781, Prälat in Anhausen 1803 t 28. Januar 1820; der
III, Ludwig Jacob, Pfarrer in Meimsheim 1786. Der IV., Benjamin,
Scribent in Köngen, Rechnungs-Probator zu Königsbronn, reiste 1767
nach Holland, sodann nach Ost- und West-Indien, sammelte ein schönes
Vermögen und wollte 1787 wieder nach Europa zurück ; unglücklicher-
weise litt er aber unterwegs Schiffbruch und verlor seine ganze Habselig-
keit. Er engagirte sich hierauf in einer Eisen- und Schiffholz-Handlung
in London. Der V., August Wilhelm, ledig, t als Kaufmann 1769.
Von den ebengenannten Söhnen hinterliess nur der III. Bruder
männliche Nachkommenschaft.
Derselben Familie entstammten:
Matthäus Hiller, geb. 1646 in Stuttgart, welcher als Professor
der Theologie und der orientalischen Sprachen in Tübingen grosse
Berühmtheit erlangte und unstreitig unter die ersten Orientalisten
seines Jahrhunderts zu rechnen ist. Er starb als Prälat in Königs-
bronn 1725. Auf seinem Grabsteine ist das Hüler'sche Wappen
nebst folgender Inschrift angebracht:
D. 0. M. S.
Hie situs est
Matthäus HiUer
Stuttgard.
Abbas Regiof. Per Ann. IX.
Ante Hac Ultra IV Lustra
Theol. et L. L. 0. 0. Profess. Tubing.
Genere Virtute Religion e Eruditione
Si Qui8quam Clarus
Non Patriae non Germaniae Sed
Europae atque Universo Orbi Literato
Notus
Et Graecis Et Barbaris Chams
Suis Desiderat is8imti8
Octogenarius Fere
Obdormivit in Domino
m. Non. Febr. Anno MDCCXXV.
Seino I. Gattin war Maria Catharina, geb. Caspar; die II.
Eleonore Sibylla yon Hechter aus Mömpelgard, welch letztere ihm
mehrere Kinder gebar.
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- 350 —
Ebenfalls diesen Namen führten:
Martin Hiller, — Sohn des Heinr. Hiller, welch letzterer wegen
seiner vorzüglichen Dienstleistungen nicht nur von Herzog Friedrich von
Württemberg zu seinem Kammerrath und Geheimen Staatssecretar ernannt,
sondern auch von Kaiser Ferdinand II, 1628 in den erblichen Adelsstand
erhoben wurde* und Enkel des aus einem Graubündtnerischen Adels-Ge-
schlechte stammenden Martin Hiller, Pfalzgräflich Neuburgischen Hof-
raths, — ist gestorben 1685 als Bebenhausischer Pfleger in Tübingen.
Gattin : Brigitte, geb. Schickhard, Enkelin des bekannten Bau-
meisters gleichen Namens. Dieser Ehe ontsprossten 4 Kinder, näm-
lich: I. Brigitta, Gattin des Pfarrers in Thailfingen und Entringen
Michel Hosen. II. Johann Martin, Pfleger in Tübingen, venu, mit
Ottilia Könlerin von Herrenberg. III. Jon. Heinrich, Physicus iu
Marbach, kinderlos f. IV. Johann Hiller von Gärtringen, geb. 1658,
Geh. Bath und Abgesandter in Regonsburg, bekommt das Gut zu
Gärtringen, wird von Kaiser Leopold geadelt, f 1714. Gattin:
Regina Catharina, geb. Bardili. —
Christian Heinr. HiUer, geb. Kirchheim 30. October 1696,
Sohn des Jur. Dr., Württemb. Raths und Bürgermeisters in Biberach
and der Maria Elisabeth, Tochter des Senators in Esslingen Joh.
Jacob Bunz, Professor jur. und Hofgerichts-Assessor in Tübingen, t
1770, Stifter des Hiller'schen Stipendiums d. d. 21. April 1770 im
Betrage von 7000 fl.
* Er soU auch im Jahr 1609 das Patriciat in Born erhalten haben.
Dae Fürstlich W4rttem bergische Dienerbuch enthalt folgende höhere Beamte des
Namens; HilUr p. : Hauptmann 520. — Joh. v., Amptmann 292. — HilUr: Abt 252; Beben-
haus.Pfleger 567 ; O.Rath 63. — Adam, Ambtmann 471. — Conr., Galstl. Verwaltter 454.
— Frid. Conr., Oantzlei-Advoc. 94. — Hang Heinr., Ambtmann 325- — Hans Marx, Gen.-
Factor 431. — Heinr., Ohammermaister 106; Ohammer-Secretar. 104; Exped.Rath 110;
Geh. Secretar. 31; Landschafft-Advoc. 557. — Joh., GaistL Verwaltter 678; Geh. Begim.
Rath 25; Gel. O.Rath 62. 66; KrlegsBath 100; Verwaltter im foratL Oolleg. 582. - Joh.
Mart., Amptmann 292 ; CLPfleger 261, 264, 271 ; Keller 614 ; Verwaltter im fürstl. Colleg.
582. — Joh. Phil., Cl.Pfleger 318. — Kilian, Cl.Pfleger 321 ; Keller 287. — Marcus, Beehen-
banckhsBath 120. — Mart., BebenhausJ>fleger 68 ; Cammer-Procorator 108 ; Gel. Holger.-
Beysitzer 78. — Marx, Cl.Pfleger 264; Keller 283; McJhäu», Abt 288, 299; Amptsohreiber
246; Cantslel-Advoc. 93; Cl.Pfleger 320; Gl Verwalter 315; Exped.Rath 144, 148 ; Gel.
O.Rath 61; Kirch.Oast. Advoc. 149; Kirch.Oast. Verwaltter 148; Beohenbanckhs-Rath 150 ;
TutelarRath 97.
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Hochstetter.
Die Familie stammt ans Augsburg, wo sie im 16. Jahrhundert
sehr angesehen war. Ein Zweig derselben zog sich nach Württem-
berg und breitete sich von da in verschiedenen Ländern, insbesondere
Sachsen, Franken, Schwaben, Elsass und England aus und ward von
Kaiser Carl V. und Ferdinand I. mit vielen und hohen Begnadi-
gungen angesehen.
In Württemberg gingen aus dieser Familie im 17. und 18.
Jahrhundert besonders viele Theologen hervor, als:
Conrad Hochstetter, Herzoglich Württembergischer Special-
Superintendent, wurde im Jahr 1583 zu Gerhausen, O.-A. Blaubeu-
ren, als Sohn des Martin Hochstetter, Bichters daselbst und als
Enkel von Abraham Hochstetter, Med. Dr. in Tübingen geboren.
Derselbe war 35jähriger Spezial in Kirchheim u. T., wo er 12 Jahre
mit Conrad Widerhold, dem Vertheidiger von Hohentwiel und nach-
maligem Obervogt von Kirchheim, zusammen wirkte. Siehe Näheres
in dem nachfolgenden Bericht über die Familienzusammenkunft der
Hochstetter.
Sein Wahlspruch war: „in silentio et spe" (durch Stillesein
und Hoffen werdet ihr stark sein).
Er hatte 5 Söhne, welche Geistliche waren und nach welchen
sich seine Nachkommen in folgende 5 Linien theilen:
1. Die Dettinger Linie von dem ältesten Sohn Job. Ulrich, Pfarrer
in Dettingen.
2. Die Bebenbauser Linie von Joh. Andreas, Prälat in Beben-
hausen, geb. 1637, t 1720/
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— 352 —
Er und noch mehr sein Sohn Andreas Adam haben sich
am die evangelische Kirche Württembergs besonders verdient
gemacht.
Johann Andreas Hochstetter, der Stifter der Bebenhauser
Linie, geb. 15. März 1637, Diaconus in Tübingen 1659, Pfarrer in
Walheim 1668, Decan und Stadtpfarrer in Böblingen 1672, Pro-
fessor der griechischen Sprache und Ephorus des Stipendium Illustris
1677, ordentlicher Professor der Theologie, zugleich Special und
Stadtpfarrer in Tübingen, Generalsuperintendent und Prälat zu Maul-
bronn 1683, Prälat in Bebenhausen 1689, engerer Landschafts-
Ausschuss-Assessor, in welch letzterer Stellung er oft mit Lebens-
gefahr zu den landschaftlichen Conventen reiste. Eine seiner Lieb-
lingsideen war das Zustandebringen einer Gesellschaft zur Ausbildung
von Missionaren. Kr starb, allgemein geliebt, hochgeachtet und
verehrt den 8. November 1720 im 84. Jahre seines Alters.
Seine 1. Gattin war Elisabetha Barbara, Tochter des Schwäbi-
schen General-Münzwardeins GoUfrid Kuhorst; die II. Anna (Katha-
rina, Tochter des Professors Joh. Georg Linden.
Söhne desselben:
1. Gottfried Conrad Hochstetter, geb. 13. Juli 1664 zu Tübin-
gen, Herzoglich Württembergischer Special-Superintendent und
Stadtpfarrer zu Owen 1702, zu Tuttlingen 1710, verm. mit
Eva Maria, Tochter des M. und Pfarrers in Bommelshansen
David Hörmann. Er starb 1730 den 2. Juli.
II. Andreas Adam Hochstetter, geb. 13. Juli 1668 ebenfalls zu
Tübingen, studirte daselbst, dessgleichen zu Strassburg, Basel
und Leipzig Theologie, verweilte hierauf längere Zeit bei dem
bekannten Dr. Spener, bereiste sodann Niedersachsen, Braun-
schweig, Preussen, die Hansestädte, Holland und England und
wurde nach seiner Bückkehr ins Vaterland zum Diaconus seiner
Vaterstadt ernannt. 1697 wurde er Professor der Beredtsam-
keit und der Theologie daselbst, und erhielt einige Jahre
später zugleich das dortige Stadtpfarramt. In der Folge be-
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— 353 -
rief ihn Herzog Eberhard Ludwig zu seinem Oberhofprediger
nach Stuttgart mit dem Beifügen: »Er hoffe mit ihm in den
Himmel zu kommen.« Als 1712 in Calw durch den Haus-
lehrer Gmelin eine separatistische Bewegung entstanden war,
so wurde eine eigene Commission nach Calw gesendet, bestehend
aus dem Consistorialrath Dr. Bardüi, dem Oberhofprediger
Andr. Ad. Hochstetter und Prof. Frommann von Tubingen.
Nach geschehener Untersuchung empfahl die Commission den
Weg der Milde, der dann auch eingeschlagen wurde. Nur
der 'Hauslehrer Gmelin wurde als Hauptursächer der Trennung
entfernt. — Von Andr. Adam wurden in Württemberg die
Wochen-Einderlehren eingeführt. Es war das eine Frucht der
Bekanntschaft mit Dr. Spener, welchem der Jugendunterricht
besonders angelegen war. So sehr Hochsfetter sich in dieser Stel-
lung auszeichnete, wurde er doch bald auf Grund seiner freimü-
thigen wahrheitsliebenden Aeusserungen, mit denen er selbst dem
inzwischen eingetretenen Verhältnisse des Herzogs mit der Grä-
veniz gegenüber nicht zurückhielt , wieder entlassen und auf
seine vorige Stelle zurückversetzt, mit der er in der Folge noch
die Abtei St. Georgen und das Rectorat der Tübinger Universität
verband. Er starb, nachdem er das Jahr vor seinem Tode
geäussert hatte, er wisse gewiss, dass dieses sein letztes Lebens-
jahr sei, den 26. April 1717 zu Tübingen. Grossen Ruhm
erwarb er sich als Gelehrter durch sein Collegium Pufendorfia-
num, das eine dreimalige Auflage erlebte. In dem ihm nach
seinem Tode von dem Rector Hagmejer in der Aula gehaltenen
Nachrufe sprach derselbe die Worte: »So folgte in 99 Jahren
einem grossen Sigivarto, in gleicher Rectorat-Magnificenz, ein
grosser Hochstetter.*
Hochstetter s Gattin war Kegina Barbara, Tochter des
Med. Professors zu Tübingen Elias Rudolph Camerer, wel-
cher Ehe 8 Kinder entsprossten, von denen 1 Sohn Namens
Johann Andreas und 3 Töchter den Vater überlebten.
9. Oiorgii-G cor genau, Biographiftch-Genealogiflche Blätter etc. 23
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— 354 —
III. Augustin Hochstetter, geb. 19. April 1671 zuWalheiin, Ober-
amts Besigheim, Diaconus in Sindelfingen 1700, Pfarrer da-
selbst 1706, Decan in Bebenhansen und Pfarrer zu Lustnau
1713, Decan in Böblingen 1719, Probst in Herbrechtingen
1724, Prälat in Herrenalb 1726, Abt in Königsbronn 1728.
Als im Jahr 1730 Herzog Eberhard Ludwig nach Königs-
bronn kam, fragte derselbe, nachdem er zuvor mit seinem Hof-
staat der Predigt Hochstetter' s beigewohnt hatte, ob er ihm
mit Conferirung der Prälatur Maulbronn eine Gnade erweisen
könne; Hochstetter bejahte diess, worauf ihm dieselbe. sofort vom
Herzoge zugetheilt wurde. 1732 wurde er grösserer, 1743
engerer Landschafts- Assessor und starb 1748 den 15. Septbr.
Sein Grabdenkmal ist in der Klosterkirche zu Maulbroun.
Seine Ehegattin war Justina Sibylla, Tochter des Pro-
fessors in Tübingen Benedict Hopffer.
Kinder desselben:
1) Catharina Jnstina, verm. mit dem evangelischen Prediger
in Biberach Johann Georg Zell.
2) Augunta Dorothea, verm. mit dem Professor und Prediger
in Maulbronn Johann Christian Lang, Sohn des Prälaten
zu Blaabeuren.
3) Andreas Burkhard Hochstetter, Vogt in Gochsheim, verm.
mit der Tochter des Specials in Knittlingen Speidel.
4) Benedict Adam Hochstetter, Diaconus in Gochsheim, verm.
mit Christina Dorothea, Tochter des Stadtpfarrers M .
Georg Christoph Bauerlen.
IV. Christian Hochstetter, geb. 21. October 1672 zu Böblingen,
Herzoglich Württembergischer General-Superintendent, engerer
Landschafts-Ausschuss-Assessor und Abt zu Bebenhausen.
Seine I. Gattin war seit 27. Juli 1700 Brigitte Rosina,
Tochter des Bebenhausischen und Blaubeuriachen Pflegers in
Tübingen Joh. Mariin Hiller; die II. Maria Margaretha,
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- 855 —
Tochter des Kriegsraths und Obristlieutenante, auch Oberamt-
manns in Merklingen Friedrich Heinrich Keller, verwittibte
Prälatin Hiemer.
Er selbst starb den 2. Januar 1733. Die Inschrift auf
seinem Grabstein lautet:
D. 0. M. S
Ad latus amantissimae quondam
Conjugis Hilleriae
Heic plaoide quiescit
Dimissus in pace a Domino Servus,
Vir vere Christianus
Hinc in Bummo honoris Culmine,
Dum viveret, a Deo constitutus
Dn. Christianus Hochstet ter,
Concil. Wärt. General-Superint. Abbas Bebenhusanus,
Stat. quoq. Provinc. Secret. Ord. Assessor.
Selectus Venerandus Doctus Facundus Prudens, Fidus
Maritas IL Conjug.: ParenB X. libb. Avusq. XI. Nepot.
Optimus, Pius, Blandus.
Pauperum quoq. Viduarum, Orphanorumque
Evergeta strenuüB
Uno verbo:
B. Parentis et in officiis et virtutibus felix
Utinam modo etiam in longaevä senectä successor
Ast in vigore adhuo Anni LXI. '
Forti Apoplexia
Stantem mane in Cathedra
Laetum nativitatis D. N. J. Praeconem
Vesperi prostratum
Qnartoque post die 28. Dec. 1732
Duro sie fato eheu! extinetum
Lußfent superstitea,
Pietatem Lapide hoc sepulchrali ultimam
Cum lacrimis ipsi testantes
Altera Conjux, nata Kelleria,
Filii tres, filiaeque totidem,
Gener i duo, cum nepotibus.
Textus Funebr. Luc. IL 29. 30.
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— 856 -
Kinder desselben:
1) Anna Rosina, verm. mit dem Special-Superintendenten, Prä-
laten in Maulbronn, M. Johann Valentin Harpprecht
2) Christina Brigitta, vermählt mit dem Archidiaconus bei
der Stuttgarter Stiftskirche Joh. Gottfried Hoffmann.
3) Catharina Regina.
4) Johann Andreas Hochstetter, geb. 19. Februar 1705, t
26. März 1764, als Prälat von Herbrechtingen. Unter
seinen Unterlassenen 5 Kindern waren 3 Söhne, als:
a) Jobann Ludwig Freiherr von Hochstetter, geb. 25. Juli
1742, Königl. Preussischer Geheimerrath und Minister
beim Oberrheinischen Kreise, vermählt mit Friedrike
Augnsta, Tochter des Christian Albrecht Carl Edlen
von Hochstetter.
b) Carl Wilhelm Hochstetter, geb. 11. März 1744, Pfarrer
zu Obereisisheim, verm. mit Dorothea Euphroslna, geb.
Niethammer, welcher Ehe 2 Söhne und 1 Tochter ent-
sprossten.
c) Johann Christian Friedrich , geb. 24. August 1747,
Lt. jur., Preussischer Oberst, Stifter der Preussischen Linie.
5) Christian Albrecht Carl Ritter von Hochstetter, J. ü. Lt..
Herzoglich Württembergischer Hofgerichts-Advocat, Mitglied
des Kirchenraths, nachmals auch Kirchenrathsdirector, wurde
vermöge Diploms d. d. 9. Juni 1779 in den Eeichsritter-
stand mit dem Prädicate von Hochenstadt erhoben. Er starb
1785 2. November zu Stuttgart. Ein Enkel desselben,
Christian Albrecht Carl Ritter von Hochstetter, geb. 1774,
Königlich Bayerischer und Fürstlich Oettingen-Wallersteini-
scher quiesc. Justizcanzlei-Rath wurde in die Adelsmatrikel
des Königreichs Bayern aufgenommen.
V. David Hochstetter, geb. 1680, Pfarrer in Darmsheim, t 1 72 °
verm. mit Johanna Antonio, geb. Bez.
_ J
- 357 —
3.* Die Denkendorfer Linie von Johann Friedrich, Herzoglich Würt-
tembergischem Consistorialrath, Oberhofprediger, Generalsuperin-
tendenten, auch Probst zu Denkendorf, verm. mit ttenophefa,
geb. Hauber von Kirchheim u. Teck, geb. 1640, t 1720.
In dieser letzterwähnten Linie zeichnete sich unter den Theo-
logen besonders der Sohn Johann Friedrich's,
Jacob Friedrich Hochstetter, aus. Derselbe wurde den 6. Decbr.
1663 zu Zavelstein, wo sein Vater damals Pfarrer war, geboren**
und widmete sich ebeifalls dem Studium der Theologie. Im Jahr 1689
kam er, nachdem er vorher auf verschiedenen Pfarreien vikarirt hatte,
als Informator des Prinzen Carl Alexander von Württemberg an den
Hof nach Stuttgart Hierauf wurde er Diaconus in Tübingen 1692,
Pfarrer in Lustnau und Special-Superintendent in Bebenhausen 1707,
Rath und Prälat des Klosters Murrhardt (nach Absterben des Prälaten
Georg Ehrenreich Remmelin), 1738 t 3. August 1739.
Seine Gattin war seit 11. Juli 1693, (dem unglücklichen Tage,
an dem die feindliche französische Armee unter dem Commando des
Dauphin abermals ins Land eingefallen war, auch die Stadt Vaihingen
a. d. Enz in Asche gelegt hatte, so dass Jedermann aus Schrecken
die Flucht ergriff), Maria Philippina, Tochter des Herzoglich Würt-
tembergischen Cammerraths und Kastkellers Faber in Stuttgart.
Aus dieser Ehe sind folgende Kinder hervorgegangen.
I. Maria Philippina, verm. mit dem Pfarrer in Frickenhausen
Johann Rebstock.
EL Regina Margaretha, verm. mit dem Special-Superintendenten
und Stadtpfarrer in Göppingen Gottlieb Helfferich.***
III. Christoph Friedrich Hochstetter, Pfarrer zu Beihingen am
Neckar, verm. mit Sophia Maria , Tochter des Professors in
Tübingen Christian Neu.
* Die weiteren 2 HochsMUr'Bchen Linien siehe unter Seite 361.
** (Tnter seinen Tanfpathen sind genannt die Prinzessin Antonio von Württem-
berg, sowie Jacob Friedrieh von Bomoinghanten.
*** Ebenfalls einer um Württemberg verdienten Famüie entsprossen.
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- 858 -
IV. Johann Andreas Hochstetter, Diaconus in Marbach, verm. mit
Justina Regina, Tochter des Herzoglich Württembergischen
ßaths und Abts in Murrhard, auch engeren Landschaftsaus-
8chus8-As8essor8 Conrad Haselmejer.
V. Johann Friedrieh Hochstetter, Herzoglich Württembergischer
Rentkammer-Expeditions-Rath , verm. I. mit Juliana, Tochter
des Herzoglich Württembergischen Rentkammer-Expeditionsratbs
Ferdinand Hopfenstock, II. mit Johanna Friederika, Tochter des
Herzoglich Württembergischen Kriegsratbs und des Schwäbischen
Kreises Ober - Kriegscommissärs Johann Friedrich Oetinger.
VI. Jacob Friedrieh Hochstetter, Vogt in Nürtingen, verm. mit
Margaretha, geb. J fidler.
VII. Christian Hochstetter , Kaufmann, verm. I. mit Anna Sibylla
geb. Kirchlln, II. mit Sophia Catharina, geb. Wal«.
Unter den jüngeren Gliedern ist zu nennen:
Johann Heinrieh, Urenkel des Johann Friedrich, Prälaten in
Denkendorf, Dr. jur., Sohn von Joh. Heinrich, Diaconus in Calw und
Ludwigsburg und Friederike Salome, geb. Liesehing von Nürtingen.
Er war geb. 1751 in Ludwigsburg, studirte zuerst Theologie, ging
aber zur Rechtswissenschaft über, wurde Professor an der Herzog-
lichen Karls- Akademie in Stuttgart, erhielt 1787 einen Ruf als Syn-
dikus nach Frankfurt a. M. und kehrte von dort 1793 in das Vater-
land zurück, da er von der Landschaft zum Landschaftskonsulenten
bestimmt worden war. In dieser Stellung zeigte er sich als uner-
schrockenen Vertheidiger der Landschaft. Daher auch die Landschaft
nach seinem frühen Tode 1796 znm Zeichen der Dankbarkeit die
7 vaterlosen Waisen für Kinder des Vaterlandes erklärte, und den-
selben von Vaterlands wegen den Prof. Drück in Stuttgart zum
Vormund setzte, auch der Wittwe, neben der Pension, eine namhafte
Summe zur Erziehung der Kinder aussetzte.
Seine Frau war Christiana, Tochter des Rektors Schlegel in
Heilbronn.
Per Sohn dieses Joliann Heinrich war:
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— 359 —
Christian Ferdinand Hochstetter, Professor und Stadtpfarrer
in Esslingen, geb. 16. Februar 1787 in Stuttgart. Besuchte das
Gymnasium seiner Vaterstadt, studirte hierauf in den Seminarien und
dem theologischen Stifte zu Tübingen. Seine Universitätsstudien
wurden indess 1808 dadurch unterbrochen, dass sich Hochstetter mit
mehreren Gleichgesinnten (Wagner, Beichenbach, Georgii u. A.) zu
dem Otahaiter-Bund vereinigt hatte, welcher auf Otahaiti ein neues
Utopien gründen wollte, aber der Regierung als staatsgefährlich ge-
schildert worden war, so dass die Verhaftung der Mitglieder, sowie
eine 70tägige Einsperrung derselben auf dem Schloss erfolgte.
Später begab sich Hochstetter nach Erlangen, wirkte daselbst 6
Monate an einer Privatanstalt als Lehrer, dann 4 Jahre lang als
Haaslehrer in dem Hause des Ministers von Ältenstein, beschäftigte
sich in, der Freizeit auch mit Botanik und kam zuweilen mit Wüdenow
und Boucht in Berührung. 1816 folgte er einem Kufe als Prediger
und Schulinspector der protestantischen Kirche in Brunn (Mähren),
eine Stelle, neben der er bald darauf auch das Seniorat über mehrere
evangelische Gemeinden Mährens übertragen erhielt. Während seines
Aufenthalts in Brunn legte er eine Sammlung von Pflanzen des
Brünner Kreises an, beschäftigte sich ferner mit Mineralogie, indem
er eine Sammlung für seine Schule anlegte, 1819 kehrte er in die
Heimath zurück, erstand das Professoratsexamen und kehrte hierauf
wieder nach Brunn zurück. 1824 wurde er zum Professor an dem
Schullehrerseuainar in Esslingen ernannt, wohin er nach 8 jährigem
Wirken in Brunn und ehrenvoll beschenkt von der dortigen Gemeinde
und von ihren Segenswünschen begleitet im Mai 1824 übersiedelte.
Katechetik, Naturgeschichte, Physik, Mathematik, deutsche Sprache
hatte er in seinem neuen Amte zu lehren und bald übernahm er
auch den Religionsunterricht in einer mit dem Seminar verbundenen
Musterscbule für Mädchen. Ende 1825 wurde ihm auch die erledigte
Diakonatpfarrei übertragen. In Esslingen hatte er an Dr. E. Steudel
einen eifrigen Botaniker gefunden, an den er sich bald nahe anschloss.
Sie gaben 1826 einen Ueberblick der deutschen und schweizerischen
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- 360 —
Flora heraus : , Enumeratio plantarum Germaniae Helvetiaeque indige-
narum. Stuttgart, Cotta 1826. Ferner stifteten sie zusammen den
botanischen Reiseverein und sandten der Reihe nach jüngere Botaniker
aus, um die Floren weniger bekannter Länder zu erforschen. Die
wissenschaftlichen Resultate wurden dann meist in der Regensburger
botanischen Zeitung bekannt gemacht, wodurch Hochstäter mit den
ausgezeichnetsten Botanikern Deutschlands und der Nachbarländer
in vielfachen Verkehr und Freundschaft kam. 1829 wurde er zum
zweiten Stadtpfarrer ernannt und starb, nachdem er einige Jahre
zuvor um Enthebung von dem letzteren Berufe gebeten, sein Lehramt
indess bis an sein Ende fortgesetzt hatte, 1860 den 20. Februar,
im 75. Jahre seines Alters. Er veröffentlichte viele Schriften, auch
im Gebiet der Theologie und Pädagogik. Bekannt sind namentlich
seine Naturgeschichte, Botanik und Mineralogie.
Seine 1. Gattin war seit 1814 eine geb. Schmidt von Berlin
t 1815 ; die IT. seit 1817, eine Tochter des Brünner Fabrikanten
Leidenfrost, t 1818; die III. seit 1819 die Wittwe eines Kaufmanns
Orth, t 1825; die IV. die Schwester seiner dritten Gattin, ans
welch letzteren 3 Ehen 5 Söhne und 3 Töchter hervorgegangen sind.
Von diesen Söhnen gründete der ältere, Karl Hochstetter, in Mähren
mehrere grossartige Fabrikgeschäfte; der zweite, Wilhelm ist
Universitätsgärtner in Tübingen; der dritte, Dr. Ferdinand Hoch-
stetter, Geolog und Physiker, hat als Naturforscher mit der K. K.
Fregatte Novara-Expedition glücklich die Beise um die Welt vollbracht
und am Polytechnikum in Wien eine Anstellung als Professor er-
halten und ist auch von dem König von Württemberg mit dem Bitter-
kreuz des Kron-Ordens beehrt worden; ein vierter weilt als Apotheker
in Chili, und von den Töchtern verheirathete sich eine sehr glücklich
nach Neapel, hat aber jetzt ihren Aufenthalt in Stuttgart. Die
jüngere hat in Verbindung mit Fräulein v. Prieser ein Töchter-
pensionat in Stuttgart.
Neben den oben Seite 351 und 357 erwähnten 3 Linien der
Familie Hochstetter sind ferner aufzuführen:
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— 361 —
4. Die Anhauser Linie von Johann Sigmund, Prälat in Anhausen
t 1718.
5. Die Weinsberg-Nenenstadter Linie von Johann Ludwig, Stadt-
pfarrer in Weinsberg, t 1693. Von ihm stammen mehrere
Bürgermeister in Neuenstadt a. d. Linde ab. Unter den Geist-
lichen dieser Linie ist bekannt:
Gottlob Ludwig, geb. 1790, Pfarrverweser auf Hohen-
twiel, Pfarrer in Simmozheim, Hohengehren und Urspring. Er
war ein vertrauter Freund von Dr. Barth in Calw und Mit-
arbeiter an dessen Jagendblättern, sowie an den Schriften des
Calwer Verlagsvereins.
lieber eine Hochstelter'schQ Familienzusammenkunft, welche am
27. Juli 1865 zu Cannstatt stattgefunden hat, enthält das betreffende
Protokoll folgende Notizen:
Hochstetter'sche Familien-Zusammenkunft in Cannstatt
am 27. Juli 1865.
Eine grössere Zusammenkunft von im Inland und Ausland zer-
streut wohnenden Hochstettern fand seit unvordenklicher Zeit nicht
statt; es wurde nunmehr ein solcher Tag, veranstaltet durch Herrn
Dekan Hochstetter in Esslingen, im Wilhelmsbad in Cannstatt ge-
feiert, und waren anwesend folgende Hochstetter:
Carl August Bernhard, pens. Dekan, wohnhaft in Esslingen,
nebst Tochter.
Ferdinand Friedrich, Stadtschultheiss in Dornhan.
Friedrieh, Regierungs-Revisor in Ludwigsburg, nebst Sohn und
Neffen, Sohn des Christoph Friedrieh, Dom.-Raths in
Langenburg.
Wilhelm, Rechtskonsulent in Kirchheim.
Paul, Pfarrer in Stuttgart, nebst Frau und zwei seiner Kinder.
Friedrieh, Oekonomie-Rath in Hohenheim.
Karl Heinrieh, Stadtpfarrer in Waidenburg.
Hermann, Pfarrer in Merklingen.
Karl Christian Friedrieh, Fabrikant in Hruschau, nebst Sohn.
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— 362 —
Christi a u, Conditor in Ludwigsburg.
Karl, Oberjustiz-Sekretär in Esslingen, nebst Kind.
Eduard Friedrich, Pfarrer in Gutenberg.
Wilhelm Christian, Universitätsgärtner in Tübingen, nebst Frau
und drei seiner Kinder.
Christian Gottlob Ferdinand, Professor in Wien.
Riehard, Apotheker in Stuttgart.
Wilhelm Heinrich, Pfarrer in Möhringen.
Christian Albert, Apotheker in Esslingen, und seine Schwester
Sophie.
Christian Patriz Gotthard, Assistent in Gingen.
August Friedrich, Theolog. stud. in Tübingen.
— . . 32 Hochstetter,
Pfarrer Hochstetter aus Gutenberg begann im Namen der Ver-
einigten mit folgendem Gebete:
Himmlischer Vater, der du ein Vater bist über alles was Kinder
heisst im Himmel und auf Erden, und der du deine Kinder auf
Erden gern erfreust, wir danken dir, dass du auch uns heute einen
Tag der Freude geschenkt hast. Wir bitten dich, segne uns an dem
heutigen Tage nach deiner Güte; wir befehlen uns, die anwesenden
Glieder unserer Familie, in deine Hand, wir befehlen dir ebenso die
abwesenden Glieder, die fröhlichen wie die trauernden. Leite du
unser aller Wege nach deinem gnädigen Willen und bring uns einst
in dein ewiges, himmlisches Vaterhaus. Amen.
Pfarrer Hochstetter aus Stuttgart sprach:
Verehrte Freunde des Hochstetter 'sehen Stammes und Namens!
Erlauben Sie mir, dass ich Sie zunächst in die Vergangenheit führe.
Es sind jetzt mehr als zwei Jahrhunderte verflossen, als zu Konrad
Hochstetter in Kirchheim, unserm gemeinsamen Stammvater, welcher
in höherem Lebensalter noch viel unversorgte Kinder um sich ver-
sammelt sah, einer seiner Bekannten sagte: aber, wie wird es diesen
Kindern nach dem Tode des Vaters ergehen I »0 wohl, wohl, Gott
wird schon sorgen« — antwortete Konrad Hochstetter mit bewegter
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— 863 —
Stimme. Dieses Gottvertrauen des ehrwürdigen Mannes ist auch
nicht zu Schanden worden. Nicht allein sind fünf seiner Söhne in
ausgezeichneter Weise versorgt worden und hat jeder von ihnen eine
Linie gestiftet, welche heute noch hlüht, sondern auch seine Enkel
und Urenkel hahen sich im Laufe der Zeit so weit ausgehreitet, dass
der Literarhistoriker Haug im Jahr 1780 vierhundert Glieder zählte
und dass heute die Zahl von tausend Nachkommen um ein gutes
überschritten sein wird ; dass das Geschlecht- der Hochstetter, welches
jetzt in das siebente und achte Glied der Abstammung sich verzweigt
hat, nur an Mitgliedern des Mannsstammes, welche in das reifere
Lebensalter eingetreten sind, einen häuslichen Heerd gegründet und
einen bestimmten Lebensberuf ergriffen haben, über achtzig zählt; dass
die Hochstetter, welche von Württemberg, vom Fuss der schwäbischen
Alb ausgegangen sind, nunmehr in fast allen Hauptstädten Europa's,
in Paris, London, Berlin, Wien, Petersburg, Konstantinopel, Neapel
sich niedergelassen haben, nach Indien, China, Nordamerika gekommen,
und im eigentlichen Sinne die Erde durchschritten sind. Meine ver-
ehrten Freunde! Das Geschlecht der Hochstettar hat immer eine ge-
wisse Familienpietät und Tradition zu bewahren gesucht. Daran
wollen auch wir festhalten. Das Zeitalter, in welchem wir leben,
macht sich durch eine Zersplitterung der Bestrebungen und Interessen,
durch ein zu schnelles Blühen und Verblühen merklich; der eine
kennt den andern nicht und will ihn nicht kennen lernen, er geht
fremd an ihm vorüber und einzig seinem Geschäfte nach. Das was
man mit dem Ausdrucke »familienhaft» bezeichnet, kennt man nicht
mehr in allen Häusern. Wir, meine Freunde, wollen unsers gemein-
samen Stammes und Bandes froh bleiben. Unser Geschlecht ist ein
bürgerliches Geschlecht: die acht bürgerlichen Tugenden eines häus-
lichen Sinnes, der Ordnungsliebe, der Arbeitsamkeit und Berufstreue,
vor allem die Furcht Gottes, welche der Weisheit Anfang ist, wollen
wir auch fortan in unsern Familien pflegen, wollen sie unsern Kin-
dern einprägen. Durch sie haben unsere Vorfahren das Glück ihres
Lebens erkannt und gefunden;
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— 364 —
ein Conrad Hochstetter, Special zu Kirchheim und Nürtingen,
welcher seinem Wahlspruche gemäss in silentio et spe »in Stillesein
nnd Hoffen« (Jes. 30, 15) lebte und daraus seine Stärke schöpfte;
ein Johann Friedrieh Hochstetter, Prälat zu Denkendorf, wel-
cher den Psalmvers, »mihi vero Deo adhaerere bonum est« sich vor-
hielt, (das ist meine Freude, dass ich mich zu Gott halte, Ps. 73, 28),
und zu welchem sanften, mildgesinnten Manne als ihrem Grossahn die
zahlreichen Friedriche unter den Hochstettern aufblicken, die im
Frieden Gottes gelebt und gewirkt haben ;
ein Johann Andreas Hochstetter, Prälat zu Bebenhausen, wel-
cher kräftige Charakter als ein Patriarch in seinem Kreise waltete
und für die Kirche dieses Landes wie nicht minder für die Einrich-
tungen und Freiheiten im Staat viel Segen brachte;
ein Andreas Adam Hochstetter, Oberhofprediger in Stuttgart,
welcher als Bector der Universität zu Tübingen starb, nachdem er
seine Unerschrockenheit in dem Bekenntniss der Wahrheit seinem Landes-
fürsten gegenüber bewährt hatte, und welcher auch, dass ich nichts
vergesse, der Vorgänger aller der reiselustigen Hochstetter ist, denn
er ist als junger Stiftler der Ersten Einer, schon vor 180 Jahren,
nach Holland und übers Meer nach England gezogen, was zu jenen
Zeiten eine Seltenheit war und hat die Früchte seiner gelehrten Reise
in einem Buche: »von dem Nutzen der Reise nach England« nieder-
gelegt Ihrer aller, der . Reiselustigen und der zu Hause Thätigen,
der Friedliebenden und doch Mannesmuthigen, wollen wir als wackerer
Vorbilder eingedenk bleiben, treu unserer gemeinsamen Abstammung,
wie das Wappenschild unserer Familie uns mahnt, treu uns selbst, treu
ein jeder in dem von Gott ihm anvertrauten Berufe.
So lassen Sie uns denn in unsere besten Wünsche einschliessen
alle Abkömmlinge von Konrad Hochstetter, die heute leben und blühen,
alt und jung, nah und fern, alle Hochstetter, sie sollen leben und
blühen, sie leben hoch!
Nach sich anschliessendem freien Austausche fuhr Pfarrer Hoch-
stetter aus Stuttgart fort :
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— 365 —
Das Geschlecht der Hochstetter ist ein gesegnetes auch dadurch,
dass viele seiner Glieder ein hohes Lebensalter erreicht haben. Gleich
unser Stammvater:
Konrad , wurde 78 Jahre alt, und er starb — heisst es in den
Personalien — > obgleich seiner Augen Licht noch nicht erloschen
und seine Kraft noch nicht zerfallen war.« Und denken wir daran,
dass er nicht wie wir friedliche und stille Zeiten gesehen hat. Seine
Lebenszeit, seine ganze Amtszeit fiel in die Zeit des dreissigjährigen
Kriegs und da ist in mehr als Einem Jahre Verheerung, Plünderung
und Baub über seinen Wohnort und sein Haus ergangen, ist er mehr
als Einmal in Gefahr dos Todes geschwebt bei Ausübung seines Be-
rufes, selbst auf der Kanzel bei der Predigt des Wortes Gottes (wir
wissen wie es damals unter dem Drucke der katholischen Heere
namentlich den Geistlichen in unserm Lande ergangen ist), hat er
als Pfarrer in Stuttgart die Pestzeit durchgemacht, wo während eines
halben Jahres allein in der Stadt Stuttgart 36 Geistliche starben,
und er mit freiem Erbieten es auf sich nahm, die Kranken und
Sterbenden mit seinem Zuspruch, mit Rath und That zu versorgen,
was er in aufopfernder Liebeserweisung mit solchem Erfolge auch in
leiblicher Hinsicht gethan hat, dass Pfaff in seiner Geschichte Würt-
tembergs (1. Auflage) den Geistlichen als Arzt bei diesem Anlass
namhaft gemacht hat; und ebenso später, als er in Kirchheim war,
starben drei seiner Helfer im geistlichen Amte kurz nach einander,
und einer nach unmittelbarem Besteigen der Kanzel an der Pest,
worauf Konrad Hochstetter dem Consistorium vorstellte, man solle
ihm keine so junge, vollblütige, för den Giftstoff empfängliche Männer
schicken, er wolle das ganze Amt allein versehen, wie er denn das
auch treulich ausgeführt hat. Dort, in Kirchheim, wirkte Hochstetter
zwölf Jahre zusammen mit einem Andern, welcher auch Konrad hiess,
mit Konrad Wiederhold, so dass durch diese beiden Konrade, von
welchen der letztere ihr weltlicher, der andere ihr geistlicher Vorstand
war, die Stadt Kirchheim gut regiert ward.
Gehen wir über auf Konracfs Sohn:
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- 366 —
Johann Andreas , Prälat in Bebenhansen ; dieser wurde 83 Jahre
alt. Wir dürfen nur das Bild dieses Mannes betrachten, welches ich
in Kupferstich mitgebracht habe, nnd welches in der Kirche zu Beben-
hansen in Oel zn sehen ist, um uns zu überzeugen, welch kraftiger
Charakter auch dieser Hochstetter gewesen ist. Ich beschranke mich,
von ihm nur Eines hervorzuheben. Als er das Ende seines Lebens
herannahen fühlte, sagte er zu den Seinigen, er wolle aufstehen von
dem Bette, man möge ihm seinen Talar anlegen, einem Streiter Christi
gezieme es, gerüstet dem Tode entgegenzutreten nnd ihm ins Ange-
sicht zu sehen. Und so, stehend und aufrecht, erwartete er den Tod.
Das war ein 83jähriger Mann.
Von dieser Bebenhäuser Linie begegnen uns noch weiter:
Augnstin, Prälat in Maulbronn 77 J. alt.
Andreas Adam, Prälat von St. Georgen, war sein älterer,
Christian, Prälat in Bebenhausen, war sein jüngerer Bruder.
Christian, Eirchenraths-Director in Stuttgart . . . 78 „ „
Gottfried Adam, preußischer Geh.-Bath in Frankfurt . 70 „ „
Johann Ludwig, preußischer Geh.-Bath, in Esslingen
gestorben 80 „ „
Carl Wilhelm, Pfarrer in Dettingen 73 „ „
Johann Amandns, Kirchenraths-Direktor , Geh.-Bath in
Stuttgart . . 71 „ „
Es hat sich sofort diese Linie in ihren jüngsten Gliedern ins-
besondere im Militärfach hervorgethan. Da begegnen uns:
Christian Friedrieh, preussischer Oberst, welcher die preussische
Linie stiftete. Er war der Sohn des Johann Andreas, Prälaten von Her-
brechtingen. Sein Sohn, welcher als preussischer Oberst, gegen Napoleon
kämpfend, durch einen Schuss in die Brust (1812) ruhmvoll fiel.
Sein zweiter Sohn , welcher als preussischer General noch vor
wenigen Jahren zu Berlin lebte; ferner deren
Vetter, welcher als russischer Hauptmann gleichfalls gegen
Napoleon kämpfte. Ihm wurde beim Einmarsch in eine feindliche
Stadt siedendes Wasser auf den Kopf geschüttet, was ihm eine uif»
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- 367 -
heilbare Krankheit zuzog, an welcher er in Illenan, 74 Jahr alt,
1849 starb. Sein Neffe, Sohn des Stallmeisters Koiirad von Hoch-
stetter, in Berlin, begann als württ. Lieutenant in Esslingen, als
kühner Reiter, und starb vor kurzem in Petersburg als russischer
Oberst. Auch er fand Gelegenheit, seine persönliche Unerschrocken-
heit an den Tag zu legen, u. A. einmal durch Bettung des Kaisers
Nikolaus in Petersburg aus augenscheinlicher Lebensgefahr. Nach
anderen Nachrichten war es die Kaiserin, die Pferde am kaiserlichen
Wagen waren scheu geworden, Hochstetter war gerade in der Nähe,
fiel den Pferden in die Zügel und brachte sie zum Stehen. Diesen
Offizieren reihen sich noch Manche an, so aus der Denkendorfer Linie:
Zwei Brüder, Friedrieh Ludwig und Christian Ludwig Hochstetter,
welche beide, in Esslingen geboren und frühzeitig verwaist, in das
Stuttgarter Waisenhaus aufgenommen und von da zum Kriegsdienst aus-
gehoben worden sind, in welchem sie als Hauptleute den russischen
Feldzag mitgemacht haben und in Bussland verschollen sind.
Auch von den andern Linien, namentlich der Heilbronner, sind
Hochstetter als Offiziere im Felde gestanden, und von der grossen
Zahl der Geistlichen unserer Familie haben Manche ihr Amt als
Feldprediger begonnen.
Gehen wir zu der Denkendorfer Linie:
Der ehrwürdige Stifter dieser Linie, Johann Friedrich, Ober-
hofprediger in Stuttgart, und zuletzt Prälat in Denkendorf, wurde
80 Jahre alt. Ausser vielen homiletischen Büchern hat er das heute
noch in unsrer Landeskirche übliche Betstunden-Gebet verfasst, und
wir können an ihn füglich anreihen die lange Folge der Geistlichen
des Eochstetter'Behen Namens, welche his auf uns über 60 zählt,
wesshalb man die Hochstetter zumeist als das Geschlecht anführt,
welches vorzugsweise dem württ. Kirchendieuste sich gewidmet hat.
Matthias Konrad, sein Sohn, Prälat von Murrhard, wurde 72 Jahr alt.
Jakob Friedrich, dessen Bruder gleichfalls Prälat von
Murrhard wurde 76 ,, „
Christoph Friedrich Pfarrer in Bittenfeld, wurde . 78 „ „
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- 368 — "
Es folgen mehrere Andere, die in Staats- und Gemeideämtern
gewirkt haben:
Georg Friedrich, Kirchen r. Expeditionsrath in Stutt-
gart wurde . . 72 Jahr alt
Johann Sigmund , Klosterverwalter in Königsbronn
wurde 70 „ „
Ferdinand Friedrieh, Bath in Rechentshofen wurde . 73 „ ,,
Christian Friedrieh, Stabsamtmann in Hohenkarpfen
wurde 70 „ „
Wilhelm Friedrich, Stadtrath in Winnenden wurde 83 „ „
Georg Christoph, Stadtrath in Möckmühl . . . . 70 „ „
August Friedrich, Sekretär in Stuttgart, mein s. Vater
wurde 71 „ ,,
Sigmund Christian, Amtsnotar in Lorch wurde . . 70 „ „
Johann Heinrich, Regierungsrath in Stuttgart wurde . 78 ,, „
Der letztere, der Herausgeber des württ. Landrechts hatte den
Johann Heinrich, Landschafts - Consulent in Stuttgart , zum
Enkel, dessen Kinder nach dem frühzeitigen Tode dieses Vorkämpfers
für die Rechte des Landes von der württ. Landschaft als > Kinder
des Vaterlands« erklärt und adoptirt wurden.
Der von dem Regierungsrath Johann Heinrich begründete Ast
hat sich in unsern Tagen in zwei Zweigen ausgezeichnet durch Pflege
der Naturwissenschaften:
Kari Wilhelm, Professor der Medicin zu Bern, starb eines plötz-
lichen Todes auf freiem Felde, als er von einer wissenschaftlichen
Reise von Italien zurückkehrte; seine Freunde haben ihm in der
Kirche zu Frutigen im Berner Oberland eine Gedenktafel errichtet.
Er war zu Leonberg geboren, in demselben Hause und Zimmer, von
welchem nach einander drei ausgezeichnete Männer, Paulus, ScheUing,
HochsteUer, hervorgingen.
Karl Wilhelm, ein Mann frei von allem Egoismus, oder ihn
wenigstens so beherrschend, dass weder Begierde nach Besitz, noch
Sucht nach Ehre und Genuss ihn zu irgend einer Handlung be-
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stimmten, denn diese Triebfedern des alltäglichen Lebens hatte er
der Vernunft untergeordnet; trachtete bloa nach dem Wahren, Schönen
und Guten, und nur das, was mit diesen seinen höheren Zwecken
übereinstimmte, leitete seine Handlungen. Sein Wahlspruch war das
Geüerfsche «fac ea quae moriens facta fuisse velis.»
Durch diese edle Tendenz erhielten seine Handlungen eine
Freiheit, die keine Furcht oder Abhängigkeit von äusseren Umständen
kannten, eine Besonnenheit, die nicht leicht irrte, und eine Reinheit,
die nur eine Folge des zartesten Gewissens sein kann ; sein ganzes Wesen
gewann eine Heiterkeit und Buhe, die blos das Gefühl erfüllter Pflichten
und tiefe Einsichten in den Entwicklungsgang der Menschheit gewähren.
Heber das Ziel seines Lebens drückt er sich in seinem Lebens-
buche u. Anderm so aus:
»Ich möchte den ganzen grossen Baum des Lebens von der
Wurzel bis zur Blüthe und Frucht anschauen und verzeichnen; was
ich glaubend und handelnd ins Leben schicken soll, das muss auf
dem tiefsten Grunde der Menschheit ruhen. Der reinen Wahrheit
mich ergeben zu können, ganz und absolut, das ist meines erkannten
Strebens höchstes Ziel, — was ist Genuss, Glück, Ehre ohne sie?
Nur frei die Wahrheit verkündigen. Nur in der freien Seele wohnt
die Wahrheit und sie allein ist das einzig Bleibende, nach dem wir
streben können.«
Ein Bruder Hochstetter s, Christian Heinrich Hochstetter,
Medicinalrath, lebt gegenwärtig in Isny bei seinem Sohne, dem
Stadtpfarrer Eduard Hochstetter.
Ernst Friedrieh, der dritte Bruder, lehrte gleichfalls die Na-
turwissenschaften, und war als Gymnasialprofessor in Stuttgart auch
mein verehrter Lehrer.
Der andere Zweig hat den gleichen Lebensberuf verfolgt in
Christian Ferdinand, Professor in Esslingen, dessen frische Verdienste
ich nicht erst namhaft machen darf, und welchem, als er, 73 Jahre
alt, im Hochgefühle seines Lebens vor fünf Jahren starb, seine wür-
digen Söhne den Palmenzweig auf die Bahre niederlegen durften.
#. Oe^rgH-Qtorgenau, Biographtooh-Gene*logiBche Blätter etc. 24
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— 37Ö -
Gehen wir zu der Neustätter Linie,
so begegnen uns gleich zum Anfang
August Bernhard, Bürgermeister in Neustatt . . . 84 Jahr alt
Friedrich August, Bürgermeister in Neustatt . . .80 ,,
Christian Friedrich, Bürgermeister in Neustatt . . 77 „
Vater, Sohn und Enkel, welche nach einander in den gleichen Aem-
tern das Wohl ihrer Vaterstadt berathen und dieselbe in der Land-
schaft zu Stuttgart vertreten haben. Ferner:
tiottlob Ludwig, Pfarrer in ürspring ..... 73 Jahr alt
Karl, Kaufmann in Nördlingen 73 „
Friedrich Ludwig, Bürgermeister in Eppingen . .77 ,.
Christian August, Konditor in Eppingen, welcher das
80. Jahr erreicht hat.
Auch die Anhäuser Linie:
Johann Sigmund, Prälat in Anhausen, von welchem die Per-
sonalien erzählen, dass es schon daran war, dass er, scheintodt, be-
erdigt worden wäre, als er mit den Worten: was habet ihr mit mir
vor? erwachte, er erreichte ein Alter von 75 Jahren. Sein Enkel
Johann Friedrich, Prälat in Königsbronn, starb im Jahr 1749.
Gottfried Ulrich, Pfarrer in Neuhausen .... 85 Jahr alt.
Von der Dettinger Linie:
Johann Ulrich, Pfarrer in Dettingen, dann in Owen 75 J. a.
Diese alle stammen von Konrad.
Da habe ich Ihnen nur allein solcher Uochstetter über dreissig
angeführt, welche in das siebente und achte Jahrzehnt ihres Lebens
aufgestiegen sind, in Bewahrheitung des Spruches: des Menschen
Leben währet 70 Jahre, und wenns hoch kommt 80 Jahre, und —
haben sie alle erfahren — wenns köstlich gewesen ist, so ist es
Mühe und Arbeit gewesen. Sie ruhen in Frieden!
Gedenken wir der Lebenden, so steht der Senior der Hochstetbr,
Medicinalrath Christian Heinrich, welcher durch seine vielerprobte
Kunst Vielen zur Gesundheit und zu einer gleichfalls hohen Alters-
stufe mitverholfen hat, im 85. Lebensjahre. Er konnte freilich nicht
unter uns heute erscheinen.
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- 371 -
Aber als verehrter Senior weilt heute unter uns Herr Dekan
Karl August Bernhard Hochstetter, welcher schon vor mehr als
einem Menschenalter in dieser Stadt als ihr geistlicher Vorstand und
in der Umgegend segensvoll gewirkt und nunmehr in Geistesfrische
das 75. Lebensjahr zurückgelegt hat.
Herr Dekan Hochstetter, unser Senior, er lebe hoch!
Nach der Mittagstafel ergriff Dekan Hochstetter aus Esslingen
ein 150 Jahre altes mit dem Hochstetter' 'sehen Familienwappen ge-
ziertes Trinkglas, welches die Runde machte, spracli den Versammelten
för ihr Erscheinen den Dank aus, und fügte seine herzlichen Wünsche
an für das beste Blfihen und Gedeihen bis in späte Zukunft.
Es wurden Stammbäume vorgezeigt und ergänzt, Bilder von
alten Hochsiettern eingesehen und Photographieen ausgetauscht ; manch-
fache Nachrichten über Hochstetter aus Vergangenheit und Gegenwart
wurden im Andenken aufgefrischt und erhöhten die Stimmung.
Der schöne Tag verstrich unter vollkommen befriedigendem
freundlichem Zusammensein, und allseitig gab der Wunsch sich kund
nach zeitweiliger Wiederholung einer solchen Vereinigung der Hoch-
Steuer zur Pflege nahem Bökanntwerdens und zur Kräftigung eines
wohlberechtigten Familienbewusstseins.
Das Fürstlich Württembergtache Dienerbuch enthält folgende höhere Beamte des
Namen« Hochatetter (Böchatetfr) : Cl.Pfleger 363, 278; Fürst Informator 198 : Paedagogarcba
5«2: Pfarrer 607. — Andr., Decan 395. — Andr. Adam, Abt 335; Hofprediger 192. — Andr.
Bnrrkh., Amtmann 431. — August in, Abt, 289, 299, 313; Special8uperintendent 259.— Carl
PrUL, CantxleiAdTOC. 95.— Chrirtian, Abt 267; Exped.Rath 145; Kirchen-R.Director 143.—
Cowr., Diacon 548; Pfarrer 547; StiftaDiacon 560. — Conr. Ferd. , 8tattachreiber 008.
- Eberhard Frid., Och. Secretar 35. — Ferd. Conr., Vogt 606. — Ferd. Frid. , CLHof-
melater 349. — Frid. Aug , OantaleiAdYOc 95; Vogt 371. — Frid. Siom., CantalelAdvoc.
M. — Georg Frtdr., Regiatrator 83 ; Visitat.ßecretar. 158. - Joe. Frid, Abt 327. — Joh.
Amand., Geh. Secretar. 34. — Joh. Amand. Andr., Exped.Rath 147 ; Kirohenli.Director 143.
- Joh. Andr., Abt 227, 312; Ol .General 235; Pfarrer 434, 489; Probat 296; StiftaDiacon
•»51. — Joh Frid., Abt 299; Exped.Rath 112; GaisU. Rath im Consist. 137; Hofprediger
192; Koller 535; Pfarrer 512; Probat 275, 295. — Joh. Ifrinr,, Ehoger Secrntar. 81; Hof-
S*»r.8eeretar. 80; Reg.R-Secretar. 72; RcnthCh.Secretar. 125. — Joh. Mich., Cl.Pfleger 285,
m. 334. - Joh. Siarn., Abt 252; Cl.Pfleger 241; Vogt 301. — Matthffua Conr., Abt 289
327 — Wilh Frid., Special 601.
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Holder.*
Heinrich Helder, Baumeister (Steinmetz) in Erfurt, geboren in
Wandersleben bei Gotha. Dessen Sohn:
Johannes Helder, M., geb. 1551 zu Erfurt, Hofprediger nnd
Superintendent in Gotha, t daselbst 1621. Dessen Söhne:
1) Bartholomäus Helder, geb. zu Gotha, Pfarrer in Renstädt
bei Gotha, bekannt als Dichter und Componist geistl. Lieder.
2) Christoph Helder, t 1637 als 31 jähriger Vogt in Neu-
lingen. Gattin : Waldburga, Tochter des Pfarrers zu Nabero
Christoph Baier, t um 1650. Sohn:
Johann Conrad Helder, geb. 1611 in Neidlingen, DiaconnsiD
Kirchheim 1637, Pfarrer in Dettingen 1646, inNeidlingen 1650 bis 1662.
Vermählt mit: Anna Maria, Tochter des Diakonus in Kirchheim nnd
nachmaligen vieljährigen Rectors des evangelischen Collegiums zu St
Anna in Augsburg, Professors in Tübingen, Peter Meiderlin. Sohne:
1. Johann Christoph Helder, Pfarrer zu Hafnerhaslach 1675, zo
Bieringen 1690, zu Oberwälden 1693-1713. Dessen Sohn,
Christoph Otto, war zuletzt Pfarrer in ßesenfeld 1734 bis 1754.
II. Johann Conrad Helder, Keller** in Asberg, dann Kriegsrath in
Stuttgart. Gattin: Philippine Benedicta, geb. Moser, geb. 16
Aprü 1661. Söhne:
1) Carl Ludwig Holder, Üentkammer-Secretär.
2) Benjamin Benedict, Reg. Baths-Secretär, t 1741, Gattin:
Maria Elisabeth, Tochter des ritterschaftlichen Consulenten in
Tübingen Christoph Casimir Obrecht. Söhne:
* Der Name wurde erat im Jahr 1702 von Kriegsrath J. C. WH<Ur mit oe, «*-
her immer mit e geschrieben, erat von da an datirt die moderne Schreibart HSdtr
s. u. a. das Fremdenbuch von Hohentwiel im K. Staatsarchiv, nnd das Taufbuch von
Neidlingen, (O.A. Kirchhelm).
** Militärische Verwaltungsbeamte.
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— 878 —
I. Johann Karl Holder, geb. 1709, t 1776, zuletzt Spezialsuper-
intendent in Waiblingen. Gattinnen: 1) Maria Christiana, geb.
Clemens von Zuffenhausen; 2) Maria Kleopha, geb. Leger von
Fellbach. Söhne 2. Ehe: 1) Philipp Adam Holder, Karlsschüler,
Dr. der Mediän (in Tübingen), geb. 1757, 1 1813, K. Russ. Hofrath
und Ritter verschiedener Orden. 2) Lebrecht Benjamin Holder,
geb. 1749,preuss. Offizier zu Tilsit. (Todestag unbekannt.) 3) Fried-
rich Karl Holder, ritterschaftlicher (Kanton Odenwald) Rechnungs-
kommissar in Kochendorf, geb. 1754, f 1805. Gattin: Juliane
Margarethe, Tochter des Justizamtmanns Hirsch in Albers-
hausen, f 1836. Söhne: a. Friedrich Wilhelm Holder, Amts-
notar in Laufen a. Neckar, geb. 1786. Gattin: Friederike
Wilhelmine, Tochter des Pfarrer Binder in Zaberfeld. b. Fried-
rich Ludwig Ferdinand Holder, geb. 1791, Rentbeamter in Ber-
wangen. Gattin: Henrike, Tochter des Stadtpfarrers Haab in
Schwaigern, c. Karl Ludwig Damlan Holder, geb. 1796, Rent-
beamter in Fürfeld. Gattinnen : I. Karoline, Tochter des Justiz-
amtmann H5sner, kinderlos ; II. Magdalene, Tochter des Baier.
Rentamtmann von Sauer in Eurendorf (Franken).
II. Daniel Benedict Holder, geb. 30. Sept. 1713, Canzlei-Advocat in
Stuttgart; t in Maulburg bei Basel 24. März 1805. Verfasser
der Schrift: Die Zeiten des neuen Bundes, aus der Offenbarung
Jesu Cliristi und den Danielischen Weissagungen. 2 Theile.
Frankfurt und Leipzig. 1777. Gattin: Juliane Christiane Beate,
geb. 1. März 1833, Tochter des Hofmedicus und Stadtphysikus zu
Stuttgart F. 6r. Orth aus dessen 2. Ehe mit A. M. Mögling.
IU. Christoph Ferdinand Holder, geb. 1712, t 1783, Physikus in Waib-
lingen, verm. I seit 25. Sept. 1736 mit Christiana Barbara,
Tochter des Med. Dr. und Physikus in Herrenberg David Brod-
beck, t 1748; II. mit Julie Margaretha, geb. Lavenstein.
1) Sohn erster Ehe: Christof Benedict Holder, geb. 6. Febr. 1740,
t als Pfarrer in Ruith den 9. Mai 1802, verm. den 6. October
1772 mit Christiana Magdalena, Tochter des Pfarrers in Höfingen
Joh. Jacob Kumpel, welcher Ehe 17 Kinder entsprossten.
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— 374 -
Erwachsene Sühne: a. Benjamin Ferdinand Christoph, geb.
24. Febr. 178G, verunglückt an der Küste von Frankreich 26. März
1806. b. Friedr. Christoph Benedict Holder, geb. 19. Mai 1781,
Gerichtsnotar in Stuttgart, verm. 10. Sept. 1811 mit Christiana
Angnsta, Tochter des Pfarrers in Degerloch Friedr. Heinr. Georgii,
(dessen Sohn, Wilh. Aug. Georgii, Professor med. in Tübingen,
mit einer Schwester Friedr. Christoph Haiders vermählt war). Sohn :
Hermann von Holder, Dr. med. &c, Oberraedicinairath, Ritter
des Ordens der Württemb. Krone I. Klasse <fcc, geb. 17. Oct.
1819. Gattin: Engenie, Tochter des Ober-Kriegsrath von Schult-
heiss in Stuttgart, geb. 9. Juli 1823.
2) Söhne zweiter Ehe:
Johann Christian Holder, geb. 22. Febr. 1742, Kirchenraths-
Expeditionsrath in Stuttgart, f H. Juni 1786, verm. 4. Juni 1705
mit Elisahetha Friedrike, Tochter des Probsts in Herbrechtingeu
Andr. Hochstetter, welcher Ehe ein Sohn entsprosste Namens
Friedrich Augast, Secretär in Stuttgart, f als Registratur beim
Steuerkollegium.
Carl Ferdinand Holder, geb. 21. Mai 1752, Kloster-Verwalter
in Bebenhausen, t 28. August 1789. Gattin: seit Oct. 1775
Eberhardine Elisabeth, Tochter des Expeditionsraths Lang. Kinder:
1) Christian Gottlieb, geb. 20. Oct. 1776, Professor am Gymnasium
in Stuttgart. 1 1850. Gattin: seit 10. Juli 1806 Caroline, geb.
Ganpp. Söhne: a) Otto, geb. 13. März 1811, Prof. in Stuttgart.
Gattin : Pauline, Tochter des Kriegsraths von Ströbei. b) Adolph
Gottlieb, geb. 30. Nov. 1807, t als pensionirter Oberjustizrath.
2) Carl Friedrich, geb. 24. Aug. 1783, Kaufmann in Stuttgart, f iu
Oeffingen 1839, verm. seit 30. April 1815 mit Charlotte Friede-
rike, geb. Ganpp. Söhne : a) Ewald, geb. 2. Mai 1 824, Kauf-
mann in Pforzheim, b) Paul, geb. 28. Dez. 1826, Kaufmann
in Stuttgart.
3) Eberhard Ludwig von Holder, geb. 21. Dez. 1788, Kriegsratbs-
Direktor in Stuttgart, Mitbegründer und Vorstand der Privat-Feuer-
versicherungs- Gesellschaft, früheres langjähriges Mitglied des Kura-
Digiti
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— 375 —
toriums and Gesammt- Ausschusses der allgemeinen Rentenanstalt,
ehemaliger Vorstand der Rottenburger Wittwen- und Waisenpeu-
sionsanstalt, Bitter des Kron-Ordens, flh. Octbr. 1861, 72 Jahr
alt. Gattin: seit 25. Juni 1818 Louise, Tochter des Pfarrers in
Münster bei Cannstatt Joh. Friedrich Franz Mittler. Sohn :
Julius Ton Holder, geb. 24. März 1819, Dr., Rechtsanwalt,
Beichstagsabgeordneter, Präsident der Kammer der Abgeordneten,
Commenthnr des Kronordens. Gattin: seit 18. Juli 1850 Marie,
Tochter des Pfarrers Ludwig Gfeorgii in Gaisburg, welcher Ehe
2 Söhne und 5 Töchter entsprossten.
c. Friedrich Benjamin Holder, geb. 7. April 1754, Oberamtsarzt
in Waiblingen, t 25. December 1823. Gattin: Juliane Friederike
Rosamunde, Tochter des Med. Dr., badischen Raths und Hof-
medicus Joh. Franz Textor. Sohn: Friedrich Wilhelm, geb.
21. Oct. 1796, Revierförster in Bermaringen, t als Revierförster
in Mochenthal; Gattinnen: I. Regina Dorothea, geb. Blumeuschein,
II. Wilhelmine, Tochter des Pfarrers Rdsler in Bermaringen.
d. Ludwig August Holder, geb. 16. Mai 1756, Rentbeamter in
Gaildorf, t als O.-A.-Pfleger in Aalen. Gattin: Friederike Willicl-
mine Louise, geb. Faber, geb. 24. Februar 1763. Sohn: Johann
Carl, Pfarrer in Neilingen, zuletzt in Münchingen. Gattin: seit
10. Juni 1819 Auguste Friederike Amalie, Tochter des Pro-
fessors Beuss in Tübingen.
e. Ernst Wilhelm Gottfried Holder, geb. 22. Aug. 1761. Kloster-
Verwalter in Bebenhausen, t 1796. Gattin: seit 25. October
1789 Charlotte Christiane Kosine, geb. Ebner. Söhne: 1) Carl
Christian Wilhelm, geb. 4. Juni 1792, Kaufmann in Ulm, verm.
10. November 1818 mit Johanna, Tochter des Dr. med. Hierlcn
in Ulm. 2) Ludwig Friedrich Ferdinand, geb. 6. December 1 793,
Finanz-Kammer-Assessor in Ludwigsburg. —
Das Fürstlich Württembergische Dienerbuch enthält folgende höhere Beamte
de« Namens Holder: Cautzlei*Advoc. 96; Kirch.RathsRenovat Revisor 165. — Bened.
Bf»j., O.B.Secretar. 71 — Carl Ferd., Ci. Verwaltter 260. — Carl Ludw., RenthCh.Recre-
tar. 12«. — Christoph, Vogt 469. — Dan. Bened , CantzleiAdvoc. 95. — Joh. Carl, Special
601. — Joh. Christian, Expcd.-Rath 147 ; Kirch.Cast*Verwalter 149 ; RechenbanckhsRath 151
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Hofacker, Hoffacker.
M. Wilhelm Gustav Lndwigr Hoffacker, Pfarrer, wurde den
15. April 1798 zu Wildbad geboren. Sein Vater, Carl Friederich
Hoflacker, war Stadtpfarrer und Amtsdekan zu Stuttgart, ein edler,
charaktervoller Mann, t 1824; der Grossvater Wilhelm Friederich
Hoffacker, Stadt- und Amtsschreiber in Nagold, t 1790; der Ur-
grossvater Carl Sigmund Hoflacker, Stabsamtmann in Böhringsweiler,
f 1743; der Ururgrossvater Carl Christoph Hoffacker, Stadt- und
Amtsschreiber zu Sulz, t 1687; der Urur-Urgrossvater Georg Ulrich
Hoffacker, Stadt- und Amtsschreiber ebendaselbst, f 1677.
Der erstgenannte M. Wühelm Hofacker wurde nach Absolvi-
rung des Studiums der Theologie Pfarrer in Rielingshausen und starb
daselbst, erst 30 Jahre alt, den 18. Nov. 1828. Seine Predigten,
die nicht weniger als 8 Auflagen erlebten, beurkunden den Eingang,
den seine lebendige und eindringliche Predigtart gefunden. Ein
Bruder von ihm:
Wilhelm Friederich Immanuel Hoffacker, geb. den 1 16. Febr.
1805 zu Gärtringen bei Herrenalb, studirte ebenfalls Theologie,
ward nach Absterben seines vorbenannten Binders Pfarrvicar zu
Rielingshausen , machte hierauf grössere Reisen nach Elberfeld,
Barmen, Hamburg, Bremen, Kiel, Wittenberg, Halle, Leipzig, Berlin,
in welch letzterer Stadt er sich längere Zeit aufhielt, und kehrte
nach halbjähriger Abwesenheit wieder ins Vaterland zurück. Im
Jahr 1830 wurde er als Repetent in das theologische Seminar nach
Tübingen berufen, kam hierauf als Stadtvicar nach Stuttgart, 1833
als Diaconus nach Waiblingen, 1835 aber in gleicher Eigenschaft
zu St Leonhard nach Stuttgart, wo er den 10. August 1848 allge-
mein betrauert starb.
Seine Ehegattin war Louise, Tochter des Staatsministers
von Weokherlim
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— 377 — -
Stadtpfarrer Knapp sagt in seiner auf den Tod Hoffackers
in der St. Leonhardskirche in Stuttgart gehaltenen Predigt:
„An die goldene Kette der aaserwählten Rüstzeuge Gottes in
unserer Stadt, an die Namen eines Hedinger, G. C. Rieger, Hoch-
stetier, Tafinger, J. C. und 6. Chr. Storr, C. H. Bieger, C. A. Dann
und — dass ich ihn nicht vergesse, — Ludwig Hoffacker, reiht sich
hinfort als ein ebenbürtiges Glied der Name: Wilhelm Hoffacker an."
Ebenfalls dieser Familie gehören an:
Carl Christ. Hofacker, Dr., Sohn des Expeditionsraths Ferd.
Hofaeker, und der Friederike Sofie, geb. Bilflnger, geb. zu Böhrings-
weiler den 26. Febr. 1749, einer der ausgezeichnetsten Juristen seiner
Zeit, t als Professor zu Tübingen den 20. April 1793. Seine dank-
baren Schüler setzten ihm in der Stiftskirche zu Tübingen ein Denkmal.
Es ist ein Obelisk von weissem Marmor, mit einer Urne von schwar-
zem Marmor und folgender Aufschrift:
Hofackern Seine Schüler.
t 20. April 1793.
Friede sei um diese Stätte her.
Ach! sie haben einen edlen Mann begraben
und Uns war er mehr.
Sanfter Friede Gottes. —
Gattin: seit 6. October 1775 Luisa, Tochter des Geh. Kaths
Johann Gottlieb Breyer. Söhne: 1) Carl Ludwig, geb. 25. Juni 1775,
Finanzrath. 2) Ludwig Wilhelm, geb. 25. April 1780, Procurator
in Tübingen. Gattin: seit 20. Januar 1819 Charlotte, geb. Chardon.
Johann Daniel Hofacker, geb. 30. Sept. 1788 zu Worms als
Sohn des dortigen reichstädtischen Consulenten, besuchte die Schule
in Worms, nach der Rückkehr der Eltern ins Vaterland aber die
lateinischen Lehr- Anstalten in Cannstatt und Alteustaig, begab sich
von da auf die Universität Tübingen, wo er sich den medicinischen
Stadien widmete. Nach Vollendung der academischen Laufbahn be-
sachte er Wien, um sich dort praktisch, namentlich auch in der
Thierarzneikunde, zu vervollkommnen. Im Jahre 1811 kehrte er
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' — 378 -
von Wien nach Saulgau, dem damaligen Oberamtssitze seines Vaters,
zurück, Hess sich nach dessen bald erfolgtem Tode- als praktischer
Arzt zu Tübingen nieder, und übernahm im Jahr 1812 an der
Universität daselbst das Professorat der Medicin und Thierarzneikunde,
als welcher er auch am 30. April 1828 mit Hinterlassung mehrerer
Schriften starb. —
Karl Wilhelm Ludwig von Hofacker, geb. 26. Juni 1794,
Sohu Carl Friedrich^, Stadtpfarrers und Dekans in Stuttgart, und
Enkel des Stadt- und Amtsschreibers in Nagold Wilhelm Friedrieh
Hofacker, Obertribunal -Direktor, Abgeordneter für den Bezirk Welz-
heim auf den Landtagen 1826 bis 1827, 1828 und 1830, Kom-
menthur des Krou-Ordens. 72 Jahr alt t 16. Oct. 1866. Sohne:
1) Cäsar Hofacker, geb. 27. Juli 1831, Rittmeister a. D.,
Landesoberstall meisten Gattin: seit 11. September 1860 Anna, geb.
Freiin von Varnbüler, (verwittwete Freifrau von Schott von Schotten-
stein.) 2) Carl Friedrich, geb. 1. Nov. 1832, Justizassessor in Urach
3) Gustav Ludwig, geb. 4. Dec. 1833, Dr., Chemiker. —
Friedrich Wilhelm Hofacker, geb. 11. Novbr. 1781, Sohn
des Amtmanns in Saulgau Friedrich Ferdinand Hofucker und der
Friederike, geb. Taflnger, Amtsnotar in Dornstetten, in Untertürk-
heim. Gattin: seit 15. Nov. 1814 Franziska, geb. Eh rat, welcher
Ehe 5 Söhne und 3 Töchter entsprossten. —
August Friedrich von Hofacker, geb. 6. Juni 1824, Postdirec-
tor, Commenthur, Ritter des Krön- und Friedrichs-Ordens, verm. 18. Oct.
1853 mit Natalie Caroline, Tochter des Oberamtsarzts in Geislingen
Christian August Grundler. Kinder: 1) Sophie Auguste NaUlie
Therese, geb. 24. Aug. 1854, verm. 4. Juli 1875 mit Dr. med.
llarpprecht. 2) Emma Louise Eugenie, geb. 24. October 1856.
3) Elisabeth Marie Helene, geb. 30. Juli 1862. 4) Karl August
Friedrich, geb. 31. Juli 1870.
Das Fürstlich Württembergische Dienerbuch enthält folgende höhere Beamte
des Namens Hofacker (Hofaclcher): CantzlciAdvoc. 96; O.Amtmann 3G4. — Carl Christ-,
8tattschreiber 572. - Carl Fenl., Exped.Ratb 113; Keller 514; Vogt 473 - Carl Frid.,
pfarror 548. — Wilh. Frid. Stattschreiber 602.
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Hoffmann.
tieorg Hoffmann, Herzogl. Württemb. Expeditiousrath und Con-
sistorial-Secretar in Stuttgart 1659 — 1678, «Stammvater der in Würt-
temberg verzweigten Hoffminnschan Familie», wurde den 19. Juni 1024
zu Straubiz in Schlesien geboren als Sohn des Georg Hoffmann/
eines edlen Märtyrers der evangelischen Kirche, der zu Hirschberg
in Schlesien, wohin er von Breslau aus gekommen war, seines Glaubens
wegen sein Leben elendiglich durch einen Haufen Feinde verlor.
Der erstgenannte Georg flüchtete mit seiner Mutter aus Schlesien
nach Strassburg, wo er die Rechte studirte. Als talentvoller Kopf und
besonders durch sein musikalisches Talent wurde er dem ebenfalls
nach Strassburg geflüchteten Herzog Eberhard III. von Württem-
berg bekannt, welcher nach der Rückkehr in sein Land Hoffmann
in seine Dienste zog und im Jahre 1659 zum Consistorial-Secretär und
Expeditionsrath ernannte. Hoffmann starb den 23. Juli 1678.
Seine Gattin war seit 4. Mai 1658 Anna Catharina, eine Tochter
des Syndicus in Hall Hieronymus Klopfer, Dr. jur, und der Catharina,
Tochter des dortigen Consulenten David Smalcalder.**
Kinder:
I. Catharina Barbara, verm. mit dem Dekan in Waiblingen
Johann Friedrich Hirschmann.
* Nach anderen Quellen war der Vater Matthäus Hoff mann, evangelischer Pfarrer
tu Schlesien, welcher als ein eifriger Streiter für den evangelischen Glauben auf dem
Marktplatz zu Liegnitz enthauptet wurde.
** Dessen erste Gattin war seit 1597 Leonort), Tochter des Kaiscrl. Hatschiers,
wärttembergischen Burgvogts und Hauptmanns der Festung Schorndorf BaumJutuer; die
II Catharina, Tochter des Consulenten in Hall Sebastian Dietrich,
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— 880 -
II. Georg Christof Hofhnann , Dekan in Balingen 1704, verm.
seit 16. October 1688 mit Anna Rosina* geb. Pezold, welcher
Ehe 1 Sohn und eine Tochter entsprossten.
III. Johann Daniel Hoffmann, geb. zu Stuttgart 26. Juni 1663, t
1732, Bürgermeister und Landschafts- Assessor daselbst, verm.
seit 18. Februar 1690, mit Cordula Praxedes, Tochter des
Expeditionsraths in Stuttgart Christof Faber. Dieser Ehe ent-
sprossten 2 Söhne.
IV. Christian Hoffmann, geb. zu Stuttgart 22. August 1664, t
30. März 1716, Herzoglich Württembergischer Kammerrath
und Landschafts-Registrator , verm. seit 1690 mit Smsmnna
Margaretha, Tochter des Physicus in Marbach Johann Jacob
Weber. Aus dieser Ehe gingen 3 Söhne hervor.
V. Gottfried Hoffmann, geb. zu Stuttgart 13. Mai 1669, Professor
der Theologie zu Tübingen. Derselbe studirte zu Tübingen,
Strassburg und Basel, trat hierauf eine grössere Reise an,
besuchte Jena, Dresden, Wittenberg, Leipzig, Berlin, Stralsund,
Rostock, die Hansestädte, Holland, ferner London, Oxford und
Cambridge, und kehrte den 28. Juni 1691 wieder in seine
Vaterstadt zurück. In demselben Jahre noch wurde er zum
Vicar in Stuttgart und ein Jahr nachher zum Diaconus bei
St Leonhard, später in gleicher Eigenschaft bei der Hospital-
und Stiftskirche angestellt, woneben er noch die Stelle eines
Predigers und Beichtvaters der Herzogin von Mömpelgard be-
kleidete. Im Jahr 1707 folgte er einem Rufe nach Tübingen
als Professor der Philosophie und Theologie und erhielt 1720
die Stelle eines Ober-Superintendenten des Stifts, als welcher
er den 8. December 1728 starb. Hoffmann besass einen
durchdringenden Verstand, scharfe Urthoilskraft, ausgebreitete
Gelehrsamkeit und war ein vorzüglicher Prediger und eifriger
Württembergischer Kirchenmann.
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— 381 —
Seine I. Gattin war seit 5. Juli 1692 Sosanna Dorothea,
Tochter des Herzoglich Württembergischen Oberraths Johann Jacob
Baur; die II. seit 18. Mai 1700 Anna Margaretha, Tochter des
Herzoglichen Regieningsraths Heinrich Zorer, welchen Ehen 6 Söhne
und 2 Tochter entsprossten.
Ebenfalls dieser Familie gehören an:
Daniel Hoffmann, geb. 25. November 1695 in Tübingen, f
1752, Med. Dr. und Professor daselbst, verm. I. seit 22. Februar
1718 mit -Regina Dorothea, Tochter des Dr. und Prof. in Tübingen
Elias Cammerer; IL seit 27. April 1727 mit Catharina Tabitha,
Tochter des Stefan Bürgermeisters von Deizisan, Kaiserlichen Baths ;
III. seit 23. April 1743 mit Sophia Christina, Tochter des Seniors
in Esslingen Carl Dlzinger. —
Gottfried Daniel Hoffmann, Dr. juris., Sohn des Vorigen,
aas I. Ehe, geb. zu Tübingen 19. Mai 1719, widmete sich dem
Studium der Jurisprudenz, wurde Professor derselben zu Tübingen,
als welcher er eine Menge kleinerer Schriften herausgab, die nicht
nur staatsrechtliche, sondern auch politische* und besonders vater-
ländische Gesichtspunkte erläuterten. 1752 erhielt er das voll-
ständige Amt eines Kaiserl. Hof-Pfalzgrafen, 1770 verlieh ihm sein
Herzog den Titel und Rang eines Geheimenraths. Das Decanat
seiner Facultät bekleidete er seit 1749 neunmal, das Bectorat der
Universität seit 1752 fünfmal. Von Franz I. erhielt er einen
goldenen Gnadenpfennig. Er starb 31. August 1780 mit Hinter-
lassung von 2 Söhnen.
Seine I. Gattin war seit 17. April 1742 Tabitha, Tochter des
Bürgermeisters und Hofgerichts- Assessors in Tübingen Johann Harpp-
recht; die IL seit 14. Juli 1744, Marie Friederike, Tochter des
Prof. Med. in Tübingen Burkhard David Mauchart; die III. seit
30. Juni 1750 Marie Friederike, Tochter des Syndicus von Heil-
bronn Johann Friedrich Salzmann.
Hoffntann war Ehrenmitglied der Karlsakademie und hielt u. A.
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- 382 -
auch am Stiftungstage der Hohen Karlsschule, 14. December 1773,
eine Rede von den Ober- Landesherrlichen Befugnissen über die Jugend
eines Staates etc. —
Johann Dnniel Ho ff mann, Sohn des Vorigen, aus des Vaterg
I. Ehe, geb. 7. März 1743, beliebter Professor der Bechtsknnde in
Tübingen, 1767-1790, Geheimerrath 1790, f 10. Juni 1814. —
Christof Eberhard Hoffmann, Bruder Gottfried DanieVs, aus
des Vaters II. Ehe, Med. Cand., geb. zu Tübingen 4. December 1738,
t daselbst 24. Mai 1764. welcher in seiner letzten Willensver-
ordnung vom 30. Januar 1764 ein Stipendium von fl. 1600 für
seine Anverwandten errichtete. —
Immanuel Hoffmann, Professor der Philol. in Tübingen, zu-
gleich Ephorus des* theologischen Stiftes 1756—1771. —
Gottlieb Wilhelm Hoffmann, Stifter und Vorsteher der Ge-
meinde Kornthal, wurde 19. December 1771 zu Osteisheim als Sohn
des Pfarrers daselbst, Christian Ludwig Hoffmann, geboren.
„Hoffmann, ein energischer Charakter hatte weit verzweigte
Verbindungen mit den hervorragendsten christlichen Persönlichkeiten der
verschiedensten Farben und Parteien im In- und Auslande, unter
denen besonders hervorzuheben sind : Pfarrer Machtkolf in Möttlingen,
der Pfarrer und Pädagog Flattich in Münchingen, der treffliche C
H. Bieger, nachmaliger Konsistorialrath, Jung-Stilling in Karlsruhe,
Lavater in Zürich. Pfarrer Machtkolf namentlich war es , air den
sich Hoffmann besonders attachirt fühlte und von dem er nicht oft
genug erzählen konnte, wie ihm einst dieser demüthige Pfarrer, nach-
dem er ihm die eifrige Leetüre von Luthers Werken anempfohlen
hatte, zu seinem schmerzlichen Erstaunen die 10 schweren Foliobände,
4 Stunden weit, nach Leonberg selbst in einem Zwerchsack hertrog.
Seine Hanptlectüre in der Jugend aber bildeten Schriften wie
die J. Böhme* s, Arnold' s, Zineendorfs, Tersteegeris und der württem-
bergischen Gottesgelehrten Bengel, Oetinger , Ph. Matthaus Hahn,
Mich. Hahn, SteinJiofer, Conrad und Heinrich Bieger.
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— 388 —
Namentlich mit Michael Hahn und dem Stadtpfarrer Pregizer
in Haiterbach, dem Special Hartmann, Helfer Dann, Informator
Jcremias Flatt, Graf Seckendorf u. A. mehr pflegte er intimen
Umgang. Besonders tiefen Eindruck machten auf ihn und seine
Freunde Bengers Schriften, unter diesen hauptsächlich die Apokalypse,
auf Grund deren sie sich mit der baldigen Vollendung des Reiches
Gottes auf Erden vertraut machten, indem sie die Auslegung selbst
durch den Charakter der Zeit und den grossen Umsturz aller früheren
Verhältnisse vielfach bestätigt fanden. Die Verbreitung dieser An-
schauungen vor Allem bewirkte, dass sich bald in der ganzen Um-
gegend eine weitgreifende Anregung geltend machte und unter Vielen
ein sehnsüchtiges Erwarten des Reichs Gottes entstand. Als beim
Ablauf des von Bengel für den Anfang des Reiches Gottes bestimmten
Termins von 1836* dieser nicht eintrat, so erschütterte dies den
Glauben Hoffmanns keineswegs, sondern er pflegte zu sagen: »wir
warten, beten und bereiten uns," wie wenn der Herr morgen käme,
aber wir bauen, pflanzen und wirken auf Erden, wie wenn es noch
1000 Jahre so fort ginge.«
Hoffmann' s Theil an der in den Jahren 1813 und 1814 ent-
standenen neuen Lebensregung im deutschen Volke, an der Gestaltung
der neuen Zeit ist kein kleiner. Theils wirkte er auf politischer
Seite durch seine Berufung in die constituirende Standeversammlung
1815 — 1810, wo er seine Stimme für die vollständige Herstellung
der alten Landesverfassung des Herzogs Christoph abgab, auch sich
gro8sentheil8 im Sinne der liberalen Opposition aussprach. Die Aus-
scheidung des Kirchenguts vom Staat war eine seiner leitenden Ideen,
* Bengtl selbst sagt in seiner „Erklärten Offenbarung Johannis oder vielmehr
Jt*u Christi", Stuttgart 1758» in der Einleitung n. A. : „Sollten aber z. E. diejenige
Zeiten, deren Ziel wir mit gutem Bedacht erst in dem Bescbluss dieser Erklärung
muthmaaalich ausdrucken, später oder auch früher auslaufen, so wird dennoch der
ganze erste Punkt bestehen, nämlich die historische Auslegung des XIII. und XVII. Kap.
nnd der zweite Punkt, nämlich die Kesolvirnng der prophetischen Zeiten an sich seibat
und folglich die ganze Einleitung, darin ich mit Flciss die Zeiten ganz in abstracto be-
trachte und nicht im geringsten auf gewisse Jahre ja nicht einmal auf die Historie
fähre, wird nicht weniger unversehrt bleiben.*
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— 384 —
Unabhängigkeit nnd Uneigennützigkeit der Volksvertreter eine seiner
ersten Forderungen. Systematische Opposition war durchaus nicht
seine Sache. Das Wohl des Vaterlandes und das Wirken für's Vater-
land lag ihm vor Allem am Herzen, zu letzterem namentlich bot
sich ihm in den Jahren der kriegerischen Durchzüge durch seine
Ernennung zum Landeskommissär, als welcher er für die Vertheilung
der fremden Truppen in 2 Kreisen des Vaterlandes auf die einzelnen
Oberämter zu sorgen hatte, treffliche Gelegenheit. Die auf ihn ge-
fallene Wahl zum Abgeordneten in 2 Oberämtern lehnte er, da ihm
der in der Ständekammer waltende Geist einen Abfall vom Christen-
thum zu verrathen und ihm ein gedeihliches Wirken unmöglich zu
machen schien, ab. Das damalige theilweise Herrschen des Kationa-
lismus in der Württembergischen Kirche, welcher in einem neuen
Gesangbuch und einer neuen Liturgie seinen kirchlichen Ausdruck
fand, hatte das alte kernhafte evangelische Glaubensleben im Volke
zum Gefühl eines peinlichen Widerspruchs zwischen dem Geglaubten
und dem Befohlenen gemacht. Die daraus für viele der ernstesten
Christen entstandene Gewissensbewegung und Unbehaglichkeit in der
Heimath veranlasste diese , ihre Blicke auf die Südprovinzen Boss-
lands als geeignete Orte der Niederlassung zu richten, besonders da
Kaiser Alexander von Bussland wegen seiner guten Gesinnung gegen
die Evangelischen allgemein bekannt war. Bald nahmen die Aus-
wanderungen solche Dimensionen an, dass die Württembergische Begie-
rung sich genöthigt fand, die Ursachen der Auswanderung gründlich
ins Auge zu fassen und Berichte zur Abhilfe einzufordern. Da war
es nun Hoffmann, welcher in seinem Berichte hervorhob, wie durch
die rationalistischen Kirchenbücher das Gewissen vieler beschwert
worden, wie bereits nur in der Hälfte des Landes wenigstens 5000
Seelen auszuwandern entschlossen seien und dass eine Abhilfe dafür
nur dann möglich sei , wenn die Errichtung privilegirter religiöser
Gemeinden mit dem alten Glaubensbekenntniss und mit der Berech-
tigung, »solche Einrichtungen in Kirchensachen zu treffen , welche
ihren Ueberzeugungen gemäss seien, erlaubt werde. « Nachdem Hoff-
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— 385 —
mann seinen Plan zur Gründung einer solchen Gemeinde näher ent-
wickelte, erfolgte im October 1818 die königliche Erlanbniss. Das
der Regierung übergebene Glaubensbekenntniss der Gemeinde war die
augsburgische Confession, unter Weglassung der Verdammungen und
des Punktes in Art. XVI., in dem der förmliche Eid als christlich
erlaubt bezeichnet wird. Was den kirchlichen Theil der Gemeinde-
Ordnung betrifft, so findet sich darin die Bestimmung, dass ein ordi-
nirter Prediger nach der Weise der altwürttembergischen Kirche den
Kultus und die Lehre handhabe, jedoch ohne Ausschluss befähigter
Nichtgeistlichen von der Theilnahme an erbauender Wirksamkeit in
und ausser der öffentlichen Versammlung.
Der Gemeindevorstand wacht über das christlich sittliche Ver-
halten der Gemeindeglieder, worüber einzelne Vorschriften aufgestellt
sind. In politischer Hinsicht hat die Gemeinde gegenüber dem Staate
keinerlei Vorrecht vor andern, in sich aber bildet sie zwei Klassen:
die eigentlichen Gemeindeglieder, die solidarisch für einander haften
nnd daher auch das Kreditwesen jedes einzelnen beaufsichtigen, und
die blossen Einwohner. Die Gemeindeglieder wählen ihre geistlichen
und weltlichen Vorsteher selbst etc. Auf Grund dieser Vorlage er-
folgte dehn 1810 ein königliches Privilegium unter Genehmigung
dieser Einrichtungen, sowie der Freiheit vom Konsistorialverband der
neuen Gemeinde mit Stellung unter das Kultministerium, worauf schon
im Sommer desselben Jahres die Gemeinde auf dem Rittergut Korn-
thal bei Stuttgart (das dem königlichen Oberhofmeister Grafen von
Görlitz und dem Freiherrn van Münchingen um 115,000 fl. abge-
kauft wurde) mit 68 Familien ins Leben trat Seitdem war die
Entwicklung dieser Gemeinde eine so segensvolle, dass sie schon 1846
nach 26 Jahren über 1000 Einwohner zahlte, 1877 belief sich deren
Zahl auf 1389, dadurch die Wahrheit bestätigend, dass eine wahr-
haft christliche Lebensordnung auch die sichere Grundlage ökono-
mischen . Wohlstandes ist. Weltbekannt sind Kornthals Institute,
nämlich: die Erziehungsanstalt für Knaben, gegründet von Johann
Kullen aus Hülben, ehemaligem Lehrer an einem kleinen Privatinstitut
9. OtHrrgii-Qtorgtn.au, Biographiscb-QenealogiAcbe Blätter etc. 25
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— 386 —
in Mezingen bei Urach, welcher dieses sein Institut nach Kornthal
verlegte. Dasselbe fand seine Fortsetzung durch die Gebrüder Patdus,
hernach bei der Verpflanzung ihrer Anstalt auf den Salon durch
Candidat Schlager, und wird das in Kornthal verbliebene Institut
gegenwärtig von Professor Dr. Pfleiderer als Director der Anstalt
geleitet. Die von Vorsteher Hoffmann 1821 errichtete Töchteranstalt
zur Bildung von Töchtern fürs bürgerliche Haushaltungswesen im
engern Sinn, welche vormals unter der Leitung Pfarrer Staudt's von
der Wittwe des t Kullen fortgeführt wurde, ist später in 2 Theile
abgeschieden worden, deren einer jetzt (resp. seit 1836) als eine Mittel-
anstalt von den Hauseltern Hoss fortgeführt wird, während der andere
Theil, das sogenannte höhere Töchterinstitut, das die wissenschaftliche
Ausbildung im Auge hat, gegenwärtig ganz unter der Leitung
Stand? s und dessen Gattin Lydia, einer geb. Köllner, Tochter des
Bürgermeisters Köllner von Sizenkirch im Badischen steht. Ferner
sind zu nennen: die Rettungsanstalt für verwahrloste Kinder 1822,
als eine der ersten in Württemberg; die Kleinkinderrettungsanstalt
auf der Schlotwiese bei Kornthal; die Gemeinde Wilhelmsdorf, Ober-
amts Ravensburg mit dem Privilegium wie Kornthal, zu deren Grün-
dung eine 1823 erfolgte Aufforderung König Wilhelm? s Anlass ge-
geben. In letzterer Gemeinde wurde 1830 eine Rettungsanstalt für
30 Knaben, 1835 eine solche für 30 Mädchen, 1837 ferner eine
wegen öconoraischer Schwierigkeit übrigens bald wieder eingegangene
für kleine Kinder von der Geburt bis zum 3. Jahre eröffnet, endlich
auch eine Taubstummenanstalt, sowie eine von Hoffmann auf eigene
Kosten auf Veranlassung des Vereins für entlassene Strafgefangene
auf dem Lindenhofe bei Wilhelmsdorf errichtete Zufluchts-Anstalt rar
weibliche Personen dieser Klasse.
Hoffmann, ein Mann von ungeheuchelter Gottesfurcht, frei von
Schrecken und Aengstlichkeit , von ungemeiner Gebetekraft pflegte
öfters zu sagen, er sei wohl in 20 Jahren nicht erschrocken und
Beweise davon hat er als Polizeibeamter in den Kriegsjahren viele
gegeben. Aber dieselbe Unerschrockenheit bewies Hoffmann auch
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in Bezeugung seines Glaubens vor Fürsten und Gewaltigen, wie vor
den kleinen Herren dieser Welt.
Ein jetzt verstorbener Edelmann erlaubte sich einst an Hoff-
mann's Tisch über ein Bibelwort spöttische Aeusserungen , worauf
ihn Hoffmann um Unterlassung solcher Spöttereien bat. Hierauf er-
wiederte der Edelmann: »Wie glauben Sie, dass es mir nach meinem
Tode gehen werde, wenn ich bleibe, wie ich bin?« Ho ff mann 1 s
Antwort lautete energisch: »Im Augenblick, wenn Ihre Seele den
Leib verlässt, wird sie arretirt und in die Gefängnisse der Ewigkeit
abgeführt.« Der Frager erbleichte und schwieg, knüpfte aber nach-
her eine ernsthafte Correspondenz mit Hoffmann über religiöse Dinge an.
Ein anderes Mal als Hoffmann zu Fuss von Stuttgart nach
Kornthal wanderte, begegnete ihm ein Edelmann, welcher ihn ein-
lud in seinem Wagen Platz zu nehmen, was Hoffmann gerne an-
nahm. Ueber Tisch in Eornthal warf nun der betreffende Cavalier
einige leichtfertige Aeusserungen über religiöse Dinge ein und auch
er befragte Hoffmann über sein zukünftiges Schicksal. Die Antwort
lautete: »Wenn Sie mich wieder als Fussgänger mit ihrem trefflichen
Rappen einholen, und die Güte haben, mich mitzunehmen, so steige
ich mit Vergnügen ein; aber, gnädiger Herr, wenn Sie einst aus
der Zeit in die Ewigkeit fahren, so sitze ich Ihnen nicht ein.«
Einst hatte ein berühmter* General Hoffmann in Kornthal
über den Wandel des Christen reden hören und machte nach Been-
digung des Vortrags die Bemerkung: »Aber Sie werden zugeben,
dass ein Soldat nicht so leben kann.« »Excellenz«, erwiederte
Hoffmann, »wenn aber der Herr an seinem grossen Tage Ihnen
einen nicht minder tapferen General aufstellte, der es gekonnt hat?
Denn so werden die Heiligen die Welt richten , dass aus jeder
Lebenslage wenigstens Einer da sein wird, der in ihr Christo treulich
diente.« »Merke du dir das, lieber Mann«, sagte mit bewegter
Stimme die Gemahlin des Kriegshelden. Dieser General blieb von
da an Hoffmann so freundlich gesinnt, dass er, wenn er ihm in
den Strassen seiner Garnisonsstadt begegnete, jedesmal seinen Arm
ergriff und unter religiösen Gesprächen ihn auf seinen Gängen begleitete.
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Hoffmann starb 29. Janaar 1846 zu Kornthal and wurde unter
dem Zulauf von über 3000 Personen aller Stände zu Grabe getragen.
Hoffmann besass die praktische Sicherheit und Gewandtheit
für Organisation und Leitung des politischen Gemeindelebens,, durch
die er sich auch bis an sein Lebensende auszeichnete, und die ihn
zum Bathgeber vieler Tausende machte«. Als ihm vor seinem Ende
vom Gericht am Fleische geredet wurde, sprach er : »Ich halte nichts
für ein Gericht, was an den Kindern Gottes geschieht, es ist nur
Erziehung. Das Gericht ist am Sohne, Gottes vollzogen worden und
darum bin ich frei«. Auf der Gnade als dem ewigen Felsen, auf
dem seine Seele ruhte, auf der Gnade im Blute Jesu Christi ent-
schlief er. »Als ein des Galgens Würdiger«, so sagte et einem
theuren Freunde wenige Tage vor seinem Tode, »bin ich erlöst, weil
Christus für mich am Kreuzes-Galgen gehangen 1 Es ist merkwürdig,
dass der Heiland nicht den frommen Simeon, die ehrwürdige Hanna
mit sich in den Himmel nahm, sondern dass ein vom Galgen kommender
Verbrecher der Erstling des durch ihn geöffneten Himmels war. Das
ist mein Trost, darauf sterbe ich.«
Seine I. Gattin war die Tochter seines ehemaligen Vorgesetzten
Oft erdinger, Nichte des obengenannten Pfarrers Flattich; die II.
Friederike, geb. Löffler; die III. ßeata, Tochter des Pfarrers Bai-
mann in Zainingen.
Kinder II. Ehe:
I. Wilhelm Hoff mann, Inspektor der evangelischen Missionsanstalt.
zu Basel.
II. Christian Hoffmann, Lehrer an der wissenschaftlichen Bildungs-
anstalt auf dem Salon. —
Ferner sind zu nennen :
Wilhelm Hoffmann, Dr. theolog., Königlich Preussischer Ober-
hof- und Domprediger, Oberkonsistorialrath und Domherr zo Branden-
burg, General-Superintendent der Kurmark, verm. in letzter Ehe mit
Panline, geb. Gräfin von Görlitz. Von den aus Ho ff mann' s ver-
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- 389 —
schiedenen Ehen entsprossenen 10 Kindern stehen 7 noch in jugend-
lichem Alter, die übrigen sind:
I. Marie, verm. mit dem Pfarrer Seeger in Seckmauern (Hessen)
II. Wilhelm Hoffmauu, Dr. phil., Professor am Sophieugymnasium
zu Berlin.
HI. Karl Hoffmann, Lt. theol., Pfarrer in Frauendorf, verm. mit
Elise, geb. Sarasin. —
Karl Hoffmaun, Herzoglich Württembergischer Lieutenaut im
Infanterie-Regiment Württemberg, t den 10. Mai 1800 zu Samarang
auf Java. —
Gottfried Eberhard Hoffmaan, Königlich Württembergischer
Hauptmann und als solcher den 26. August 1795 in Ostenburg auf
Ceylon gefangen, nach Madras gebracht, kehrte von da nach Europa
zurück und trat in Herzoglich Württembergische Civildienste. In
solchen Anfangs als Oberamtmann angestellt, wurde er später zum
Provinzial-Justiz-Director in Ulm ernannt ~
Peter von* Hoffmaun, Herzoglich Württembergischer Oberst im
III. Infanterie-Regiment 1842. —
K. H. L. Hoffmann, geb. 1807, Privatdocent für positives
Verwaltung8recht 1836, ausserordentlicher Professor 1838, ordent-
licher 1842.
Seiner Schriften sind mehrere.
Dm Fürstlich Württembergische Dienerbuch enthält folgende höhere Beamte
Uoffmatm (Hofmann): StiffUDiacon 551; Vogt 541. — Carl, Keller 600. - -
Omrl Amg„ Diaoon 553- — CkUian, LeibMedic. 194. — Christian, Registrator 569. — Christian
Gottl., LandtachantEinnemer 559. — Frid. Dav., CautzleiAdvoc. 95 ; Tutelarltath 98. -
Gottfr. f Stiffta-Diacon 550. — Hans, Vogt 464. — Hunt Jac, Vogt 488. — Joh,, üontsist.-
Secretar. 140 ; Vogt 540. — Joh. Benj., Vieitat.Secretar. 158. — Joh. Dan., Ci-Pfleger 318 ;
QeL OehRath 28; Vlaitat-Secretar. 168; Landtachafft-Einnehmer 659.— Joh. Fried., Reg.
R-fiecr«i*r. 78, 74. - Joh, Gottfr., StifftaDlaoon 561. — Maurü., Extraord. Leib.Mcdic. 19fi
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Holland.
Johann Adam Holland, Herzoglich Württembergischer Keller
zu Walheim, wurde den 13. März 1616 in der Pfalzgräflichen Stadt
Höchstett geboren. Sein Vater war der Stadt- und Landgerichts-
Procurator daselbst Wolffgnng Heinrich Holland, f 1619 ; der Gross-
vater Conrad Holland, Stammvater des Württemberg. Asts, welcher
durch den Magistrat zu Gundelfingen eine Copie des Wappenbriefes
vidimiren Hess; der Urgrossvater Caspar Holland, Bürgermeister zu
Gundelfingen im Fürsten th um Pfalz-Neuburg, gemeinschaftlicher Stamm-
vater der noch anno 1785 daselbst und im Württembergischen blühen-
den Hollandischen Familie, erhielt von Kaiser Ferdinand II. den
noch jetzt im Besitz der Familie befindlichen Wappenbrief d. d. Wien
28. October 1558; er starb 1572 zu Gundelfingen.
Johann Adam wurde schon in früher Jugend in Dillingen von
einem schwedischen Rent- und Proviantmeister, welcher damals mit
der Armee Gustav Adolph* s, Königs von Schweden, nach Donauwörth
gekommen war, angestellt und erhielt später die Stelle eines Amt-
manns zu Ravensburg im Kraichgau, zuletzt aber zn Walheim, wo
er auch mit Hinterlassung von Nachkommen 31. October 1690 starb.
Seine 1. Gattin war seit 1643 Regina Jnstina, Tochter des Her-
zoglich Württembergischen Canzleisecretärs Johann Georg Hfingerlin;
die II. seit 8. April 1673 Johanna Rosina, Tochter des Universi-
täts-Secretärs Abraham Schwarz. —
Derselben Familie gehören an:
Carl Christoph Friedrich Holland, geb. 8. Dezember 1789,
K. Württembergischer Oberjustiz-Prokurator. Sein Vater war Magnns
Friedrich Holland, Stadtschreiber in Tübingen ; die Mutter Johanna
Louise, Tochter des Professors der Theologie in Tübingen Christoph
Digiti
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Friedrich Schott; der Grossvater Christof Ehrenreloh Holland, Geist-
licher Verwalter in Kosenfeld; die Grossmutter Maria Rosina,* Tochter
des Amtspflegers daselbst Ludwig Wilhelm Keller ; der Urgrossvater
Johann Friedrich Holland/* Stadtschreiber in Rosenfeld; die Urgross-
nrotter Sophia Dorothea, geb. Boos; der Urur-Grossvater der Eingangs
erwähnte Joh. Adam, H. W. Kloster Denkendorfischer Keller zu Walheim.
Carl Christoph Friedrich wurde nach absolvirten Studien der
Bechtswissenschaft 1817 Secretär und Registratur bei dem Criminal-
öerichtshof für den Jagst- und Donaukreis, 1821 Secretär bei dem
Gerichtshof in Tübingen, 1823 Oberjustiz-Procurator daselbst.
Gattin: seit 20. Juni 1819 Sofie Caroline, Tochter des Pfarrers
in Unter-Riexingen Carl Ludwig Reyscher und der Charlotte, geb.
Lehret. Kinder :
1) Carl Adolph Holland, geb. 27. Januar 1825, Regierungsrath,
Oberamtmanu in Gmünd, 1870 — 71 während des deutsch-fran-
zösischen Kriegs Rath bei der deutschen Präfectur in Chalons.
Ritter 1. Classe des Friedrichs-Ordens &c. Gattin: seit 1867
Maria, Tochter des Regierungsvizedirektors von Waaser in Ulm»
2) Paul Eduard Holland, geb. 5. November 1830, Kreisrichter
bei dem Königl. Gerichtshof in Ellwangen. —
Christian Heinrich von Holland, Bruder des Carl Christoph
Friedrich, geb. 28. October 1792 zu Tübingen, widmete sich an-
fangs dem Rechtsfach, trat aber alsdann in den Militärstand und
zwar unter die Cavallerie als Cadett. Im Jahre 1812 wurde er
Seconde-Lieutenant beim Leib-Chevauxlegers-Regiment , machte als
solcher den Feldzug nach Russland und den Rückzug über die Beressina
mit, erhielt 1814 den Militär-Verdienst-Örden, wurde Oberlieutenant
im 4. Reiter-Regiment, 1841 Major und Stabsoffizier, später Oberst.
Gattin : seit 1. Mai 1821 Caroline Friederike, Tochter des
Ulmischen Oberamtmanns zu Langenau Max Philipp von Besserer-
Tfaalfingen und der Regina, geb. von Neubronn-Eisenburg. Kinder :
* Sie war in 1. Ehe mit dem Expeditionerath Krgenzinger in Stuttgart vermählt.
** Er hatte 5 Söhne und 2 Töchter ; erstere pflanzten alle ihr Geschlecht fort,
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1) Carl Friedrich Heinrich Holland, geb. zu Ulm 7. Febr. 1822,
KönigKch Württembergischer Forstmeister und Forstrath, derzeit
in Kirchheim u. T\, Ritter des Kron-Ordens II. Klasse. Gattin:
Sofie, geb. Sckmid von Heidenheim.
2) Heinrieh Max Friedrieh Holland, geb. zu Ludwigsburg 16.
August 1 827, Kaiserlich Königlicher Oesterreichischer Rittmeister
und Schwadrons-Commandant im 10. Kürassierregiment »König
Ludwig 1. von Bayern«, gefallen in der Schlacht bei König-
gräz 1866. Seine Leiche wurde nicht aufgefunden.
3) Heinrich Franz Joseph Holland, geb. zu Ulm 24. November
1832, Württ. Hauptmann z. D. und Adjutant des Landwehr- '
bezirks-Commandeurs in Heilbronn. Gattin: Wilhelmine, Tochter
des Fabrikanten Wanzenried in Pforzheim.
Georg Jonathan Freiherr von Holland, Professor der Mathe-
matik, geb. 1742 zu Rosenfeld als Sohn des Stadt- und Amtsschreibers
in Rosenfeld Christian Gottlieb Holland, und als Enkel des Seite 391
erwähnten Stadtschreibers in Rosenfeld Johann Friedrich Holland.
Derselbe widmete sich dem Studium der Theologie und Mathematik
(letzteres soin Lieblingsstudium) in den Seminarien und in dem Stifte
zu Tübingen und wurde in der Folge zum Lehrer des Prinzen (Her-
zogs) Friedrich Eugen ernannt. Als solcher gewährte ihm sein Aufent-
halt in Mömpelgard und Lausanne den Vortheil, den Verfasser „des
Systems der Natur" in französischer Sprache widerlegen zu können;
diess that er in seinen philosophischen Betrachtungen über dasselbe
(Bern 1772 und Neufchatel 1775) nach dem Urtheit der Kenner
mit mehr Glück als die andern Gegner der Materialisten. Als dank-
barer Schüler hatte er schon den logikalischen Kalkül Phucquets
(1763) verthoidigt.
Holland, der in der Folge als Prinzen-Instructor der 5 Würt-
tembergischen Prinzen Friedrich, Louis, Eugen, Wilhelm, Ferdinand
mit diesen 1775 nach Berlin kam, hatte sich daselbst der besonderen
Gunst Friedrichs des Grossen zu erfreuen, der auch Gelehrte von
positiver Richtung zu schätzen wusste, wenn er in ihnen nur tüchtiges,
vorurtheilsfreies Streben fand.
Holland stund mit dem bekannten, ausgezeichneten Gouverneur
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— 898 -
der Prinzen, dem am 28. April 1796 als Generalmajor verstorbenen
Freiherrn Friedrich von Maucler, wie mit dem Prinzen Friedrich
(nachmaligem Könige von Württemberg) in regem Briefwechsel. Die
betreffenden Correspondenzen befinden sich nach Jahrgängen geordnet,
von König Friedrich gesiegelt und überschrieben: „Lettres de feu
mon bon ami Mr. de Holland 1774 etc." im K. Geheimen Haus-
nnd Staatsarchiv zu. Stuttgart; ein kleinerer Theil derselben ist mit
Höchster Ermächtigung von Dr. Paul Stark (Aufsatz der Württ.
Jahrbücher pro 1875 und Separat- Ausgabe) „Fürstliche Personen des
Hauses Württemberg und ihre bewährten Diener im Zeitalter Friedrichs
des Grossen", Stuttgart 1876 veröffentlicht worden.
Als von Holland 177G den Auftrag erhielt, den ältesten
Prinzen, Friedrich, welcher in russische Dienste übertreten wollte,
nach Petersburg zu begleiten, fand er bei der Kaiserin Katharina
die wohlwollendste Aufnahme, ja er erhielt von ihr ein Hauptmanns-
Patent und ward später 23. Februar 1780 hauptsächlich auf ihre
Fürsprache von Joseph II., der ihn ebenfalls hochschätzte, in den
fteichsadelsstand erhoben, »von wegen seiner Abstammung von ver-
dienstvollen Voreltern, welche vor mehr als hundert Jahren die an-
sehnlichsten magistratischen Aemter und Ehrenstellen bekleidet und
durch ihre nutzliche und getreue Dienste sich um das deutsche Vater-
land sowie um das durchlauchtigste Erzhaus wohlverdient gemacht
haben, und da einem Vorfahren, Namens Conrad Holland, Burger-
meister der Stadt Gundelfingen, auch schon im Jahre 1551 von
Kaiser Ferdinand dem Ersten ein Kaiserlicher Wappenbrief gnädigst
ertheilet worden seye.«
von Holland verliess Russland besonders auch mit Rücksicht
auf seinen Zögling den Prinzen Eugen von Württemberg und begab
sich nach Lübben in Schlesien, wo dessen in preussischen Diensten
stehender älterer Bruder, Prinz Friedrich, in Garnison war.
Von der Auszehrung ergriffen eilte er von da in die Heimath ;
daselbst starb er am 11. April 1784 in einem Alter von 42 Jahren.
Seine verschiedenen philosophisch-theologischen und mathemati-
schen Schriften, ferner seine poetischen Erzeugnisse in deutscher und
französischer Sprache, sowie sein Geschick in der Leitung der Jugend
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und seine ausnehmenden geselligen Talente haben ihm einen berühmten
Namen erworben, ja die »Strassburger gelehrten Nachrichten«
Jahrgang 1 784, 38. Stück, S. 454, bezeichnen ihn, indem sie gleich-
zeitig seine Beziehungen zu dem Könige von Preussen hervorheben,
als eine Zierde des Herzoglichen theologischen Stifts in Tübingen,
aus dem er hervorgegangen. —
Ueber die philosophischen Anschauungen Hollands äussert sich
Dr. Stark in der obenerwähnten Schrift folgende rmassen :
Um von den Reflexionen Holland' 's im Einzelnen eine An-
schauung zu geben, heben wir Einiges aus dem Abschnitte über das
Vorhandensein des Uebels in der Welt aus, welches dem Gegner
Hollands fruchtbaren Stoff gegeben hatte', gegen die Macht und
Güte Gottes sich zu ereifern. Wenn ein Gott ist, führt Holland aus
(Beil. II, 64 ff.), so ist alles gut, alles ist auf dem Vollkommen-
heitspunkte, der ihm zukommt. Ein höchst vollkommenes Wesen
kann nichts anderes wollen oder vollführen, als was das Beste ist
Sobald ich von seinem Sein überzeugt bin, fusse ich auf einem Felsen,
gegen welchen alle Einwürfe nichts ausrichten können. Es findet
sich alsdann in der Welt kein wahres Uebel mehr, und wenn mir
auch der Anschein solches zeigen sollto, so lege ich die Schuld den
Grenzen meiner Verstandeskräfte und nicht dem Urheber meines
Daseins bei. Mein Vertrauen auf ihn ist nicht blind; seine Führung
heisse ich gut, ohne sie zu begreifen; sein Dasein, das mir die ganze
Natur ankündigt, und seine Güte, die davon eine nothwendige Folge
ist , benimmt mir alle Zweifel. Da der Satz : alles ist gut , eine
Folge von der Existenz Gottes ist, so ist es unmöglich, ihn dem-
jenigen zu beweisen, welcher den Hauptsatz nicht einräumt, und es
ist ungerecht, von dem Theisten einen Beweis zu verlangen, der von
dem Grundbegriffe, auf welchen er seinen Glauben gründet, unab-
hängig ist. Unsere wahren Uebel sind das Werk der Menschen,
und Gott ist nicht der Urheber derselben, es müsste denn insofern
sein, als er den Menschen einen freien Willen gegeben hat. Hätte
er etwa, um die Menschen zu verhindern, böse zu sein, aus ihnen
Pflanzen machon sollen, die keiner Tugend uud keines Lasters fähig
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sind? hätte er uns den Genuss unserer selbst, die innere Zufrieden-
heit, welche unsere guten Handlungen begleitet, entziehen, uns allen
Weg zum Glück abschneiden sollen, damit wir nicht fähig wären
uns unglücklich zu machen? „Nein, Gott meiner Seele, ruft der
Weltweise aus (im „Vicaire Savoyard"), ich werde dir niemals den
Vorwurf machen, dass du mich nach deinem Bilde geschaffen hast,
damit ich frei, gut und glücklich wie du sein könne." Dies, fügt
Holland hinzu, ist die Sprache eines jeden Menschen, der über sein
Wesen nachdenkt und die Würde seiner Natur zu schätzen weiss.
Der Verfasser des Natursystems leugne zwar die Freiheit des Menschen,
aber sein ganzes Werk beweise, dass er an dieselbe glaube, ohne es
zu wissen. Das Gefühl der Freiheit sei in ihm so lebhaft, ja un-
überwindlich, dass er es mit allen seinen Trugschlüssen nicht dahin
habe bringen können, sie in sich selbst zu ersticken; wie er donn
habe hoffen mögen, andere zu überzeugen? Alle seine Ermahnungen,
seine Vorwürfe, seine Bathschläge setzen freie Menschen voraus. Der
Verfasser sage unumwunden (Syst. de la nat. 1, 16, 346), dass
unsere Irrthümer nicht das Werk der Natur seien, dass uns der üble
Gebrauch unserer Kräfte lasterhaft und unglücklich mache, und dass
kein anderes Uebel sonst vorhanden sei, als welches wir uns selbst
verursachen. Dieses Bekenntniss erscheine hinreichend. Wenn die
Natur gerechtfertigt ist, so muss es ihr Urheber noch mehr sein.
Wir wollen also jener Unstern Laune Stillschweigen gebieten, die dor
Gottheit unsere Uebel zur Last legt und uns fälschlich überreden
will, sie seien nicht zu heilen oder die Heilungsmittel seien nicht in
unsern Händen. Wir wollen die Anzahl unserer Irrthümer und Ge-
brechen zu vermindern suchen, worauf unsere Widerwärtigkeiten in
gleichem Verhältnisse abnehmen werden. Auf die Einwendung, dass
Gott nicht allmächtig sei, weil er das Böse, welches ihm missfalle,
nicht verhindern könne, bemerkt Holland , Gott verhindere das Böse
nur aus dem Grunde nicht, weil er nicht unsere Natur heruntersetzen
und ans in Maschinen verwandeln wolle, die unfähig seien, Gutes
oder Böses zu thun. Auf eine weitere damit verbundene Einwendung
(Refl. II, 70), die Gerechtigkeit Gottes halte mit seiner Güte das
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Gleichgewicht, wobei die Güte Gottes nur dann stattfinde, wenn seine
Gesetze entweder mangelhaft oder zu streng sind, wird am a. O.
gesagt: die Güte, die Weisheit, die Gerechtigkeit, die Milde sind in
der Gottheit nicht abgesonderte Eigenschäften, welche einander die
Wage halten, oder deren eine der andern einen Abbruch thun könnte.
Es sind dies bloss verschiedene Ausdrücke, mit welchen man für die
menschliche Anschauung denselben Begriff eines unendlich vollkommenen
Gottes zu bezeichnen sucht, der in den verschiedenen Wirkungen
seines Willens derselbe ist. Man bediene sich dieser Ausdrücke auf
der christlichen Lehrkanzel, um sich an die Fassungskraft des christ-
lichen Volkes anzuschliessen und sich nach seinen Begriffen zu richten.
Der Verfasser des Systems sagt weiter (Refl. II, 72): „ warum hat
Gott das traurige Geschenk der Freiheit ausgedacht, da er voraus-
sehen konnte, die Menschen würden dasselbe missbrauchen? hätte er
nicht besser gethan, wenn er uns gezwungen hätte, ihn anzubeten,
und dadurch eine unaussprechliche Glückseligkeit zu verdienen?
Darauf antwortet Holland: ein Gut, von welchem man Übeln Ge-
brauch machen kann, dessen rechter Gebrauch aber unfehlbar zum
Glücke führt, ist kein trauriges Geschenk und wird dies nur durch
unsere eigene Schuld. Es ist eine Verleumdung des Theismus, oder
des Glaubens an einen lebendigen, in der Welt wirkenden Gott, wenn
man ihm die Lehren und Verbrechen des Aberglaubens zur Last legt, der
immer sein ärgster Feind gewesen ist. Eine Religion, welche sich auf das
Sein eines allmächtigen Gottes, eines Belohners des Guten und Richters
des Bösen, gründet, hat nie ein Uebel angerichtet, es ist sogar unmöglich,
dass sie jemals ein solches wird anrichten können. Alle böse Hand-
lungen sind förmliche Uebertretungen ihrer Gebote (ReH. II« 74.)* —
tfeorg Friedrich von Holland, Neffe des Georg Jonathan
Freiherrn von Hofland, Sohn des Immanuel QotÜieb Holland \
Stadt- und Amtsschreibers in Rosenfeld, geb. 1780, vermählt mit
Louise Friederike, geb. Bayha, aus dem Geschlecht des Reformators
Andrea, wurde 1804 Königl. Hofjagd-Sekretär in Stuttgart, 1844
Kanzleirath und Ritter des württembergischen Kronordens, t 1848 ;
er hinterliess 2 Söhne:
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1) Friedrieh Holland, geb. 7. August 1821, König]. Notar und
Rechtsanwalt in Stuttgart. Gattin: Sofie, geb. Klippinger.
2) Dr. Wilhelm Holland, geb. 9. August 1822, Professor der alt-
romaniscben und deutschen Sprachen an der Landesuniversität. —
Christoph Eberhard Holland, weiterer Sohn des bereits er-
wähnten Stadtschreibers in Rosenfeld Johann Friedrich Holland,
Stadt- und Amtspfleger in Rosenfeld, f 1759. Gattin: Maria Dorothea,
geb. Harttenstein. Sohn:
M. Jacob Priedr. Holland, geb. 1747, Pfarrer in Denkendorf
und Weil im Schönbuch, anlässlich des Reformations-Jubiläums 1817
von der Universität Tübingen zum Doctor der Philosophie honoris causa
ernannt. Gattinnen: I.Sophie Dorothea, geb. Oslander; II. Friederica
Dorothea, geb. Donner, welch beiden Ehen 5 Söhne entsprossten.
Von ihnen sind näher bekannt:
M. Eberhard Ludwig Holland, geb. 13. October 1784, Pfarrer
in Rglosheim, f 1. November 1841. Gattin: Rosine Gottliebin, geb.
Breeh. Eine Tochter, Marie Pauline, geb. 1824, wanderte 1848 mit
ihrem Gatten Med. Dr. Zipperlen nach Amerika aus. Letzterer machte
in der Armee des Generals Sherman als Brigadearzt 5 Jahre lang den
amerikanischen Secessionskrieg mit und lebt seit 1869 in Cincinnati. -
Uustav Albert von Holland, Sohn des Vorigen, geb. 19. Mai
1819, widmete sich anfänglich der Landwirtschaft, dann dem Kameral-
fach, wurde 1865 Regierungsrath bei der K. Centralstelle für Ge-
werbe und Handel und Mitglied der Kommission für die gewerblichen
Fortbildungsschulen, 1874 Oberfinanzrath, Ritter des württember-
gischen Eron-Ordens I. Classe etc., vermählte sich in I. Ehe 1844
mit Wilhelmine, geb. Siegel; in II. Ehe 19. Mai 1859 mit
Sofie, geb. Gdhrung aus Brackenheim, Nichte des Hofraths Med.
Dr. Zipperlen, Gründer der Wasserheilanstalten Herrenalb und Teinach.
Da« *Für»tiiob Württembergische Dienerbach enthält folgende höhere Beamte den
Namen« IfoUamd (Hokmd): Christian Ehrtnrsieh, G eis tl. Verwalter 525. —Christian Gott-
IM>, Rtattecfareiber 526. — Erna*. Gottlieb, Stattschreiber 625. — Jae. Frid., Pfarrer 276. —
ä*. Adam, Keller 276. — Mag*, Frid., Stattach reiber 579. — Maxim., GalstL Verwalter
41*. — Phil. Lud*.. Cl.Hofmeiiter 365; Vogt 386, 408.
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Huber.
Peter Samuel Huber, geb. 10. März 1569 zu Ulm, besuchte
das Gymnasium daselbst, bezog hierauf die Universität Strassburg,
wo er Theologie studirte, wurde 1593 Pädagog am Wilhelmitischen
Collegium daselbst und kehrte 1595 ins Vaterland zurück. 1596
erhielt er das Diakonat zu Leipheim und wurde im gleichen Jahre
noch zum Prediger am Münster in Ulm ernannt, welches Amt er
45 Jahre lang mit aller Treue verwaltete. Er starb 1641, den
29. Mai, seines Alters im 72 Jahre.
Seine I. Gattin war seit 1596 Euphrogina, geb. Amann; die
II. seit 1599 Rosina, geb. Strohmayer. —
Peter Huber, Vetter des Vorigen, geb. 28. Januar 1603 zu
Ulm, studirte zu Tübingen und Strassburg Theologie, wurde hierauf
Helfer in Langenau 1631, in Geisslingen 1634, Pfarrer daselbst
1645. Im Jahre 1645 wurde er als ausserordentlicher, 1654 aber
als ordentlicher Pfarrer am Münster in Ulm angestellt, wo er auch
den- 28. December 1670 starb.
Seine I. Ehegattin war seit 1631 Helena, geb. Möller; die II.
seit 1636 Anna, geb. Veilmann; die III. Huldberga, geb. Merck. —
Johann Peter, Sohn des Vorigen aus II. Ehe, Pfarrer in
Stetten 1670.
Eben diesen Namen führten:
Victor Aim6 Hnber, Sohn des Ludwig Ferdinand Hoher,
Kursächsischen Legations - Secretärs in Mainz zuletzt Königlich
Bayerischen Landesdirectionsraths in Ulm, t daselbst 1804, nnd
Enkel des Lectors der französischen Sprache in Leipzig Michael
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— 399 -
Huber, geb. VI 21 zu Frontenhausen in Bayern, welche beide als
Schriftsteller sich Namen erwarben.
Victor AimS ist im Jahr 1800 in Stuttgart geboren; studirte
Medicin in Göttingen und Würzburg, ging in der Folge 1821 nach
Paris, nach Spanien, Portugal und England, gab die Medicin auf und
begann für die Cotta'schen Journale (besonders die Allgemeine Zeitung)
zu arbeiten. 1827 kehrte er wieder nach Göttingen zurück, war 1828
bis 1829 Lehrer an der Handels- und Gelehrten-Schule in Bremen, folgte
1833 einem an ihn ergangenen Rufe als Professor der Literatur-
geschichte und neueren Geschichte nach Rostock, 1836 aber einer
ihm angetragenen Professur der abendländischen Sprachen und Li-
teratur in Marburg und ging 1842 nach Berlin. Im Jahre 1847
wurde er im Auftrage der Regierung nach England geschickt, zog
sich 1851 aus dem Professorenverband in Berlin und lebte von da
an als Privatmann in Wernigerode. Seine vielen Schriften sind be-
kannt, u. A. insbesondere: Die englischen Universitäten, Kassel 1839;
Mecklenburgische Blätter, Parchin 1834; die conservative Partei,
Halle 1841, und viele a. m. worunter auch medicinische. —
Ferner sind zu nennen: *
Johann Ludwig Huber, am 4. März 1723 (nach Pfaff 1725)
zn Gros8heppach geboren. Guter Liederdichter, hatte Theologie studirt,
verliess indess dieses Studium wieder, da er sich dadurch gekränkt
fohlte, dass man in der Lokation ihm ungerechter Weise einen Pro-
fessorssohn vorgesetzt hatte. Hierauf legte er sich auf die Rechts-
wissenschaft, wurde später Hofgerichts-Advocat, sodann Oberamtmann
in Bebenhausen, Regierungsrath und Oberamtmann in Tübingen. Als
solcher widersetzte er sich aber im Jahr 1764 dem neuen Steuer-
systeme unter der Montmartin'schQn Gewaltherrschaft und brachte
dasselbe dadurch zu Falle, dass er es nur einfach in der Amts Versamm-
lung ablas und keineswegs unterstützte. Für diese Kühnheit ward er
auf den Asperg gebracht und daselbst in sechsmonatlicher Haft gehalten.
Huber starb im Privatstande 18. Sept. 1800 in Stuttgart. Treu und
eifrig lag er seinem Amte ob, wie er denn von sich selbst bekennt: „Ich
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habe mein Amt geliebt, ich habe meine Untergebenen geliebt, als meine
Bruder; ich war ein fleissiger Mann ; ich habe keinen Rechtstag, keinen
Gerichtstag, keinen Amtstag versäumt, ohne dringende Notwendigkeit;
ich habe alle meine Protokolle selbst geführt, alle meine Berichte selbst
gefertigt und geschrieben ; ich habe Ordnung geliebt, Frieden gepflanzt
und erhalten, wo ich gekonnt habe; ich habe mit meinem Gelde Par-
thieen untereinander verglichen und Processe verhindert; mein Amt
und die Wahrheit und die Gerechtigkeit, und die Besetzung der mir
untergeordneten Aemter waren mir um keinen Preis feil." Seine Ge-
schicklichkeit und gute Amtsführung erwarben ihm Achtung auch
bei seinen Vorgesetzten und der Herzog Karl selbst, der ihn persön-
lich kannte, schätzte ihn und gab ihm, ohne sein Verlangen, den Hof-
raths-Titel. Als er aber 1761 sich um eine Begierungsraths-Stelle
in Stuttgart unmittelbar an den Herzog wandte, und eine Aufforderung
des berüchtigten WUtleders, der damals mit allen Bedionstungen Handel
trieb, sich an ihn zu wenden und die Stelle zu kaufen, geradezu
abwies, so erhoben sich Hass und Verläumdung gegen ihn.
Noch in seinem letzten Lebensjahr gab ihm der Herzog Beweis
davoq, dass er den Groll gegen ihn abgelegt habe. Bechtschaffenheit,
Biederkeit und Wahrheitsliebe waren Grundzöge in seinem Charakter,
schon in der Jugend hatte er die Sitten der feineren Welt kennen lernen,
ohne deren Fehler anzunehmen. Er verfasste sich folgendes Epitaph:
«Guter Wirtemb. Mann! wenn du vorübergehst bey diesem kleinen
Grabmale, so wisse: hier ruhen die Gebeine eines deiner treuen Mit-
bürger! Unter mancherley Gefahren hat er sein Vaterland geliebt,
gönne ihm izt des Grabes Ruhe und das Glück des ewigen Vater-
lands!» Die erste Sammlung seiner Gedichte erschien 1751.
Carl David GottHeb Huber,* geb. zu Stuttgart 25. December
1780, t 10. August 1851, Geheimer Secretär des verewigten Prinzen
Paul von Württemberg, verm. mit Johanna Adelheid, Tochter des
Bürgermeisters von Hildburghausen Johann Elias Christoph KQbn*]-.
* Eine Schwester von ihm war Franziska Louise FrUderile, geb. 1785, Gattin d«e
Ober Poataekretärfl Johann Jalob Christian Ptlatgus.
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Sein Vater war Gott lieb Philipp Huber, geb. zu Steinheim a. d.
Murr am 22. Januar 1750, Königlich Württembergischer Hauptmann
und Regimentsquartiermeister in Stuttgart," seit 1792 Hofrath und
Ktoeterhofmeister in Steinheim a. d. Murr; die Mutter Christiana
Beata, Tochter des Stabs-Kellers in Liebenstein Bernhard Gottlieb
Binniker; der Grossvater Philipp Jacob Huber, Bürgermeister in
Steinheim; die Grossmutter Maria Elisabetha, geb. Heerbrandt; der
Urgrossvater Johann Christof Huber, Kaufmann in Stuttgart (1706);
die Urgrossmutter (Anna) Maria Catharina, eine Tochter des Amtmanns
in Ehingen, nachherigen Kellers in Pfullingen Johann Conrad Knoll,
Sohns des Klosterrerwalters in Blaubeuren Johann Conrad Knoll. —
Carl David Gottlieb Huber starb mit Hinterlassung eines
Sohnes Gottlieb, Directors des K. J£reis-Gerichtshofes in Heilbronn,
Mitglieds des Staatsgeriohtshofes, Commenthurs des Kronen- und Fried-
richs-Ordens,' vermählt mit einer geb. Bless; ferner einer Tochter
Charlotte, Gattin des Decans in Knittlingen, nachmaligen Professors
in Leipzig Dr. Gotthard Victor Lechler, Sohns des Victor Heinrich
Lechler, zuletzt Pfarrers in'Oberboihingen und der Louise Christiana,
Tochter des Specials in Wiidbad Philipp Ludwig Finkh. —
Carl Friedrich Wilhelm Huber, Bruder des Vorigen, geb. den
26. Januar 1790 zu Stuttgart, wurde Bechnungsrath in Stuttgart
1817, Kanzlei-Director bei dem Finanzministerium 1817, Finanz-
rath 1822, der Oberrechnungskammer zugetheilt 1827, Finanzrath
in Ellwangen 1828, in Ludwigsburg 1840, in Stuttgart 1850. Er ist
Verfasser de9 „Stammbaums der Familie Weckherlin", Stuttgart 1857.
Gattin: seit 20. Juni 1822 Christiana Friederika Angnsta,
Tochter des Königlich Württembergischen Finanz- und Staatsministers
August Ferdinand Heinrich von Weckherlin.
Kinder :
I. Christiana Franziska Angnsta, geb. zu Stuttgart 18. Juli
1825, verm. daselbst 20. Juni 1854 mit dem Chef des Kriegs-
departements, Generalmajor Theodor von Wundt.
IL Maria Emilie Pauline, geb. zu Ellwangen am 21. Oct. 1838.
9. OtorgU-Gtorgenau, Biographlflch-Oenealogiftche Blätter etc 26
Digiti
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— 402 -
III. Carl Ferdinand von Haber, geb. zu Stuttgart 26. Juli 1823,
Ober-Ju8tizrath 1857, Obertribnnalrath, verm. seit 17. Nov.
1855 mit Emilie Augnsta, geb. Benz.
IV. Ferdinand Gottlob Augnst Huber, geb. in Stuttgart 16. Febr.
1827, Director der Württembergischen Handelsgesellschaft da-
selbst, Ritter des Friedrichs-Ordens, verm. seit 7. Mai 1861
mit Anna Engenia, geb. Ren«, Schwester der Vorigen.
V. Adolph Julius Wilhelm Huber, geb. in Ellwangen 1. Dec.
1829, Königlich Württembergischer Oberlieutenant und Ba-
taillons-Adjutant, verm. seit 25. Juli 1853 mit Anna Wilhel-
mine Friederike, Tochter des Particuliers Wilhelm Päd
Neubert, und der Ursula Rosina, geb. Bauer von Stallikon
bei Zürich«
VI. Gustav Fran* Huber, geb. zu Ellwangen 28. Januar 1831,
t 1848.
VII. Wilhelm Eduard Richard Huber, geb. in Ellwangen 1833.
Stadtpfarrer in Biberach, verm. seit August 1864 mit Sophie,
geb. Laitenberger.
VIII. Otto Ernst Huber, geb. in Ellwangen 6. October 1836, Ge-
heimer Ober-Eegierungs-Bath im Reichskanzleramt zu Berlin,
verm. seit Mai 1865 mit Pauline, Tochter des Rectors Schwenk
in Ludwigsburg.
Du Forstlich Württembergisohe Dienerbuch enthält folgende höhere Beamte
dea Namens Hueber (Huober, Huber): Ol.Hofmeister 353. - Joh. Lud*., CLPfleger J50:
Vogt 268, 501, 676. — Joh. Walther, Amptmann 387. — Peter, Pfarrer 647. — OTr., Kell«.
466. — Urban, OVorstmeister 186.
Digitized by
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Hummel.
Johann Friedrich Hammel wurde im Jahre der Nördlinger
Schlacht 1634 den 20. (28.) Oct. geboren. Sein Vater Johann
Bernhard Hummel, Sohn des 1635 an der Pest f Urban Hummel
war Kaufmann zu Stuttgart (deren es damals in der ganzen fürst-
lichen Residenzstadt nur 2 gab); die Mutter Sara, eine geborene
Zimmermann von Esslingen. Die Letztgenannte flüchtete sich kurz
vor der Geburt ihres Sohnes (Johann Friedrich' s) aus Angst vor
den anrückenden Croaten in den Bothnanger Wald,* um daselbst
ihre Niederkunft zu erwarten, kehrte jedoch noch ehe letztere erfolgte,
wieder in ihre Wohnung zurück. Kurz nach der Geburt des Sohnes
drangen die Croaten in die Stadt , logirten sich 16 Mann stark im
HumtneVschen Hause ein, und warfen Mäntel, Waffen aller Art u. A.
auf die Wiege, in welcher der kleine Neugeborene lag ; glücklicher-
weise kam das Kind, ohne Schaden zu nehmen, mit dem Leben davon.
Johann Friedrich absolvirte die für Württembergische Theo-
logen gewöhnliche Laufbahn und wurde hierauf Vicar zu Asperg. Im
Jahr 1656, in seinem 22. Jahre erhielt er das Diakonat Nagold,
wurde sodann Pfarrer zu Höfingen 1658, Pfarrer zu Bothnang 1661
bis 1680, zu Ehningen 1680-1717.
Hummel starb 1717 den 4. April, seines Alters im 83., seines
Predigtamts im 61. Jahr.
Sein Symbolum war: „Mea Jesus futura haereditas summa."
Seine Gattin war Susanna Barbara, Tochter des Herzoglich
Württemb. Kammerraths Johann Christoph Koch.
• Daher die Tradition, Hummel sei im Bothnanger Walde geboren.
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— 404 —
Söhi\e:
I. Bernhard Friederieh Hummel, Special-Superintendent zu Knitt-
lingen, hatte 2 Söhne.
IT. Georg: Christoph Hummel, Herzoglicher Keller zu Gemmerig-
heim.
III. Johann Christian Hummel, Dr. Med. und Physicus zu Mark*
gröningen. Dieser hinterliess 4 Söhne.
IV. Benjamin Friederich Hummel, Klosterverwalter zu Bebenhan-
sen, verm. mit Maria Dorothea, Tochter des Prälaten zn Blan-
beuren Johann Wendel Bilflnger. Söhne:
A) Friedrich Wendel Hummel, geb. 1701, Closter Bebenhäusi-
scher und Blaubeurischer Pfleger in Tübingen, f 14. October
1750 (1758). Seine Gattin war Christina Elisabetha, Tochter
des Herzoglich Württembergiachen Regierungsraths und Assessor«
bei der Kaiserlichen Kammergerichts-Viaitation zu Wetzlar Moria
David Harpprecht, welcher Ehe 10 Kinder entsprossten, von
denen 3 dem Vater im Tode vorangiengen. —
Georg Friedrieh Hummel, Sohn des Vorigen, geb. 7.
Mai 1733, J. ü. Lt. und Markgräflich Baden-Durlach'scher
Canzlei-Advocat in Carlsruhe, nachmals Hof- und ßegierungs-
rath, zuletzt Geh. Hofrath daselbst. Gattin: seit 15. Mai
1759 Justina Elisabetha, Tochter des Herzoglich Württem-
bergischen Regierungsraths und Tutelarraths-Präaidenten Phil.
Friedrich Jäger, welcher Ehe 1 Sohn und 4 Töchter ent-
sprossten. —
B) Johann Benjamin Hummel, geb. in Bebenhausen 27. December
1712, Diaconus in Sindelfingen, zuletzt Stadtpfarrer daselbst.
Gattinnen : I. Louise Hedwig, Tochter des Stiftspredigers in
Stuttgart Jacob Friederich Spittler; II. Johanna Christin*,
Tochter des Begierunggrath Lang.
Ebenfalls diesen Namen führten:
Johann Eberhard Hummel, geb. 30. Aug. 1765 zu Spiegel-
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berg als Sohn des dortigen Herzogl. Kammerraths Hummel, Ober-
justizrath, t 6. März 1839.
Carl Daniel Gottleb von Hummel, welcher den 28. September
1705 zn Stuttgart geboren wurde und als Königlich Würt-
tembergischer Geheimer Legationsrath und Ritter des Kron-
ordens den 20. Juli 1875 starb.
« Derselbe, wohl bei seinem Tode der Nestor der aktiven Beamten
des Landes, trat, nachdem er das Gymnasium seiner Vaterstadt be-
sacht hatte, auf den Rath eines im damaligen Kabinetsministerium,
späteren Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten, angestellten Ver-
wandten hin, beim Schreibtische dieses Ministeriums ein und zwar als
Kanzlist, erst 17 Jahre alt. König Friedrich, dem die vortreffliche Hand-
schrift des jungen Mannes auffiel, veranlasste die Versetzung des
Kanzlisten in das K. Kabinet, in welch letzterem er denn auch 62
Jahre lang bis zu seinem Tode verblieb. Hummel ward in seiner
Stellung als Begistrator und Kassier schon anfangs zu mehrfachen
Aufträgen, die weit über den Rayon seiner eigentlich dienstlichen
Stellung hinausgingen, verwendet, und erhielt in der Folge von König
Wilhelm 1842 Titel und Rang eines Legationsraths, von König Karl
1872 Titel und Rang eines Geh. Legationsraths.
Schon im. Jahre 1815 befand er sich in der Begleitung des
Königs Friedrich, als dieser auf den Congress nach Wien reiste;
am 24. September 1819 schrieb er in einer Nacht das Exem-
plar der Verfassungsurkunde, welches König Wilhelm am 25. Sep-
tember der konstituirenden Ständeversammlung übergab. Stets war
er der treue ergebene Begleiter des Königs Wilhelm, wie auch Sr.
Maj. des Königs Karl.
Erprobte Zuverlässigkeit, unermüdlicher Floiss, praktisches Ge-
schick und klarer Blick, verbunden mit einem seltenen Takt und einer
bis zur Selbstverleugnung gehenden Diskretion, diess waren HummeVs
Charakterzüge, die ihm das Vertrauen von drei Königen erwarben.
Hummel besass ausser den Württemb. Orden den K. Preuss.
Rotben Adlerorden III. CL, den Preuss. Kronenorden II. Cl., den
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Russischen Stanislausorden IL GL, den St. Wladimirorden IV. Cl.,
das Bitterkreuz des Oesterreich. Ordens der eisernen Krone, des
Bayrischen Civilverdienst- und des Niederländischen Ordens der Eichen-
krone, den französischen Ehrenlegion- und den päpstlichen Piusorden.
Hummel wurde vor seinem Schreibtische sitzend von einem
Schlaganfall betroffen. Zu seinem sich eben in demselben Zimmer
befindenden Collegen konnte er noch die Worte sagen: »Ich glaube,
es hat mich ein Schläglein getroffen«, selbst konnte er noch die Treppe
hinabgehen, um in den sogleich herbeigeholten Wagen zu steigen,
aber bei demselben angekommen brach er zusammen und musste in
seiher Wohnung die Treppe hinauf getragen werden.
Jene Worte waren seine letzten gewesen, sanft ohne wieder
zum Bewusstsein gekommen zu sein, entschlief er an demselben Tage,
den 20. Juli 1875.»
Gattin: Henriette Charlotte, geb. Braun, welcher Ehe ein
Sohn, Major a. D. von Hummel, und 3 Töchter entsprossten. —
Du Fürstlich Württembergisohe Dienerbach enthält folgende höhere Beamte
des Namens Hummel (Bummell): Benj. Frid., Vogt 328, 427. — Bert , Vogt 588. — Frid.
Wendel, CLPfleger 261, 272 ; Verwalter Im fürstl. CoUcg. 582. - Georg Christof, Cl-Pfleger
301. — Joh., Abt 326. - Joh. Benj., Pfarrer 668. — Joh. Ebern. Frid., RegJLSecretar 76. -
Jon. Wendel, Pfarrer 391.
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Jäger von und zum Jägersberg und Jäger.
Johann Friderich Jäger von und zum Jägersberg, Herzog-
lich Württembergischer Geh. Regiments- und Oberrath, auch Ober-
vogt zu Brackenheim, wurde im Jahr 1596 den 10. März geboren.
Sein Vater Martin Jäger von und zum Jägersberg war Bürger-
meister zu Brackenheim; die Mutter Maria, Tochter des Bürger-
meisters von Stuttgart Johann Megenhart ; der Grossvater Wolfgang
Jäger, welcher mit Herzog Ulrich von Württemberg in der Jugend
viele Jahre im Exil herumwanderte, nachgehends von Kaiser Rudolph II.
in den Adelsstand* erhoben und mit vielen Privilegien dotirt wurde.
Ueberhaupt leisteten die Jö^erischen Ascendenten über die 200
Jahre dem Herzoglichen Haus Württemberg Dienste und war schon
der erstbekannte dieses Namens, Fridrieh Jäger, Jägermeister zu
Stuttgart.
Johann Friderich studirte die Bechte zu Tübingen, Altdorf,
Jena, Helmstadt, Wittenberg, Leipzig, Heidelberg, Paris, Burges,
Lyon, practizirte zu Speyer bei dem Kaiserlichen Reichs-Kammer-
gericht, doctorirte zu Basel in der Rechtswissenschaft 1620, wurde
1622 Herzoglich Württembergischer Rath, auch Oberrath und
ging in verschiedenen Gesandtschaften nach Kur-Sachsen, Kur-Bran-
* Ebenfalls geadelt wurde der bekannte Melchior Jäger, scherzweise auoh Herzog
UeUhior genannt, der verträumtste Rath Herzog Ludwufn, der als adeliger Geheimer
Rath in seiner Würde sogar dem Kanzler und Vice-Kanzler vorging. Jäger thellte sich
mit dem Landhofmeister Eraermts von Leiningen und dem Oberhofprediger Lukas Oektn-
<Ur in die Regierung, und diese Häupter besetzten nun alle Stellen mit ihren Anhängern.
Jäger trieb indess mit seiner Gewalt keinerlei Missbrauoh, sondern wirkte im Gegentheil
•ehr viel Gutes, Nach des Herzogs Tode fiel Jäger in Ungnade, dagegen setzte ihn
Herzog Johann Friedrich wieder ein und überliess ihm z. B. 1609 und 1610, als er sich
zur Badekur nach Wildbad begab, fast sämmttiohe Begierungsgeschäfte.
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denburg, zu dem Erzbischof von Magdeburg und Halberstadt., zu
Eva Christina , Markgräfin von Brandenburg, einer geb. Herzogin
von Württemberg, zu Fürst Carl von Liechtenstein u. a. mehr.
1829 ward er zur Verhinderung einer wegen des Kaiserlichen
Ediktes von 1629 besorgten Occupirung der Stifter und Clöster
Württembergs zu den Klöstern Ueberlingen, Ravensburg, Denken-
dorf und an den Kaiserlichen Hof nach Regensburg gesandt.
Als kurz nachher ein allgemeiner Compositions-Tag zu Frank-
furt a. M. beschlossen wurde, versah er die Stelle eines Gesandten
daselbst und kehrte erst 1634 wieder ins Vaterland zurück und zwar
4 Tage vor Besetzung des Herzogthums, so dass er gerade Zeit hatte,
seinem Herzog ins Exil nach Strassburg zu folgen, wo er 4 Jahre
lang aushielt. In dieser Zeit aber führte er so viele Gesandtschaften
seines Herzogs nach Heilbronn, Wallerstein, Wien, Linz und Regens-
burg aus, dass er in den erwähnten 4 Jahren im Ganzen wohl kaum
dreiviertel Jahre bei seiner Familie in Strassburg verweilen konnte.
1637 begleitete er seinen Herzog an den Kaiserlichen Hof, auf wel-
cher Reise er von einer Partie Reiter (50 Pferden) nahe bei Ebere-
bach, Oberamts Göppingen, im Angesichte seines Herzogs durchsucht
und ausgeplündert wurde. Im Jahre 1638 war er nicht nur bei der
in demselben Jahr erfolgten Restitution der Württembergischen Lande,
sondern auch später bei dem Münsterischen und Osnabrück'schen all-
gemeinen Reichsfrieden thätig.
9 Mal hatte er in verschiedenen Gesandtschaften bei Kaiser
Ferdinand III. Audienz, welch* letzterer ihm auch die Confirmation
seines Adels uud seiner Privilegien ertheilte, und ihn zum Kaiser-
lichen Pfalzgrafen ernannte.
Jäger starb 26. Februar 1656.
t Seine erste Gattin war Catharina, Tochter des Bürgermeisters
von Brackenheim und Herzoglich Württembergischen Landschafts-Aus-
schuss- Verwandten Stephan Schmid und der Catharina, geb. Hlgler*
die zweite Susanna, eine geb, Vambttier von und in Hemmingeiu
Derselben Familie entstammte;
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Johann Wolfeang Jäger, geb. 17. März 1647, Kanzler and
Probet zn Tübingen, Sohn des Kirehenraths-Expeditionsraths Johann
Friedrich Jäger, und der Margaretha, geb. Menrer, Enkel des
Johann Christoph Jäger, Bürgermeisters zn Brackenheim, Urenkel
des Eingangs erwähnten Martin Jäger von und zum Jägersberg.
Johann Wolf gang wurde nach Absolvirung des theologischen
Stndinms im Jahr 1671 zum Repetenten, 1676 aber zum Informator
und Reiseprediger bei den Söhnen Herzog Eberhards III. ernannt.
Im Jahr 1678 wurde er Peldpredigor bei dem Prinzen Georg
Friedrich, hierauf ausserordentlicher Professor der Geographie und
lateinischen Sprache in Tübingen 1679, ordentlicher Professor der
griechischen Sprache 1681, Professor der Moral und Ephorus des
theologischen Stifts 1 684, Professor der Logik und Metaphysik, auch
Yisxtator der Schulen ob der Staig 1689, ausserordentlicher Professor
der Theologie und Superattendens des theologischen Stifts 1690, Dr.
theolog. 1693, Abt zu Maulbronn und Professor theolog. honorarius,
zugleich Rath und General-Superintendent 1694, Consistorialrath und
Stiftsprediger 1699, Kanzler und Probst zu Tübingen und Professor
theoL primarius 1702, Abt und Generalsuperintendent zu Adelberg
1709. Jäger starb 1720 2. April.
Seine T. Gattin war Anna Magdalena, Tochter des Dr. und
Kanzlers zn Tübingen Johann Adam Oslander; die IL Maria Ca-
tharina, Tochter des Kaiserlichen Kammergerichts-Prokurators Äbrah.
Ludwig von Gttlcben. Von den zwei Töchtern war die eine, Anna
Magdalena, mit dem Consistorialrath und Stiftsprediger in Stuttgart,
auch Prälaten zu Adelberg Johann David Frisch, die andere da-
gegen, Dorothea Jnliana, mit 'dem Regierungsraths-Secretär Georg
Frid. Stockmayer vermählt
Einer andern Familie dieses Namens gehören an:
Philipp Friedrich Jäger geboren 14. October 1707.
Sein Vater war Georg Friedrieh Jäger, Stadtschreiber in Schorn-
dorf t 1731; die Mntter Anna Maria, Tochter des Stadtschreibers
Phüipp Heinrich Wölflng, der Grossvater war Carl Friderlch Jäger,
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Vogt zu Herrenberg, t 1711; die Grossmatter Johann* Bosina,
Tochter des Amtsschreibers zu Maulbronn Johann Georg Essich ; der
Ür-Grossvater Georg Friderieh J*ger, # t 9. October 1679, viel-
jähriger Vogt von Urach ; die Ur-Grossmutter Anna Bosina, Tochter
des Herzoglich Württembergischen Oberraths Johann Jacob Müller;
der Urur-Grossvater, Georg Jäger III, Forstmeister zu Böblingen,
stammte aus dem Fürstenthum Anhalt und starb 1635 an der Pest;
die Urur-Grossmutter Margaretha, eine Tochter des Pfarrers in
Uhlbach M. Friederich Carioth, Sohn des Kanzlers in Mömpelgard
Oarioth — »aus vornehmem Cariot Zusehen Geschlecht.«
Philipp Friedrich Jäger war Herzoglich Württembergischer
würcklicher Regierungsrath und Hofgerichts-Assessor, auch Präsident
des Herzoglichen Tutelar-Raths-Collegiums, zugleich Herzoglicher
Wittumbs-Bath der Erb-Prinzessin und Herzoglicher Lehenrath und
starb 2. August 1745 im 39. Jahre seines Alters. Unter seinem
von Andreas Fridrich jun. in Augsburg gestochenen Bilde steht
folgender Vers:
Gedächtnuss und Verstand zugleich in hohem Grad,
Mit unverwandtem Fleiss dem Herrn und Lande nützen,
Das Recht mit vestem Muth und reinen Händen schüzen,
Gelehrtheit, Gottesfurcht und Freundschaft mit der That
Ist Jäger*8 wahrer Ruhm, der nicht mit Ihm verblühet,
Sagt Jeder, der von ihm noch diesen Schatten (Bild) siehet.
Seine Gattin war seit 15. August 1730 Charlotta Regia»,
Tochter des Herzoglich Württembergischen Vogts in Kirchheim u.
Teck Friederich David Cless und der Anna, geb. Palm, welcher Ehe
9 Kinder entsprossten, von denen 4 Töchter den Vater überlebten. —
* Dieser hinterließ noch 6 Sohne, als :
deorg Friederich, Kanzlei- und Hofgerichts-Advocat und der Stadt Stuttgart Consulent
1683, vermählt mit Conetantina, Tochter des Tutelarratha Johann von Vambükler,
Stifterin des Varenbühler-Jäger'sohen Stipendium«, er starb 1687.
Johann Friderieh, Amtsschreiber.
Jacob Friderieh, Stadtpfarrer in Altenstaig.
Eberhard Friderieh, Pharmaceut in Mühlhausen in Thüringen.
Christoph Friderieh, Stadtschreiberei-Scribent in Stuttgart.
Philipp Friderieh, Med. Stud.
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DaTid Friedrich Jäger, geb. 13. Januar 1684, Stadtpfarrer,
t als Pastor zu St. Leonhard in Stuttgart 11. December 1728.
Einst äusserte er, da sein Söhnlein Christian Friedrich eben
krank lag: »Einer von ihnen beiden werde den kommenden Christtag
sterben, und der andere acht Tage hernach.« Beides traf richtig ein.
Unter anderen gebrochenen Worten während seines Abscheidens
sagte er: »Das ganze Reich Gottes wird in meiner Seelen offenbar«. —
Christian Friderich von Jäger, Herzoglich Württembergischer
Eatb und Leibarzt, geb. 13. October 1739 zu Stuttgart als Sohn
des Georg Friderich von Jäger, # geb. 1714, Med. Dr., Stadt- und
Amtsarzts in Nürtingen und der Christiana Friederica, Tochter des
Bürgermeisters zu Stuttgart Jacob Rheinwald.
Christian Friderich studirte zuerst in den Klöstern Denken-
dorf und Maulbronn Theologie, kam hierauf in das theologische Stift
nach Tübingen 1758, magistrirte 1760 und vertauschte hierauf das
Studium der Theologie mit dem der Medicin, die er anfanglich zu
Tübingen, hernach zu Leyden, Berlin und Wien studirte. Nachdem
er 1767 "zum Dr. der Medicin und ausserordentlichen Professor der-
selben, auch ordentlichen Physicus am theologischen Stift zu Tübingen
und beim Closter Bebenhausen ernannt worden war, stieg er in der
Folge bis zum Königlich Württembergischen Rath und Leibmedicus.
Als solcher starb er mit Hinterlassung von 5 Söhnen, wegen seiner
vortrefflichen Kenntnisse, in der Medicin, den Naturwissenschaften
und der Mathematik hochberühmt, im Jahr 1828.
Gattinnen: I. seit 22. Nov. 1788 mit Christiana Elisabeth,
Tochter des Professors in Tübingen Philipp Friedrich timelin; II.
mit Luise Friederike, Tochter des Hofraths und Obervogts in Pforz-
heim Friedrich Sonntag, Sohn des Burgvogts der Grafschaft Hoch-
berg Engelhard Sonntag. —
Karl Christ« Friderich von Jäger, Sohn des Vorigen, Kö-
niglich Württemb. Hof- and Leibarzt, auch Ober-Medicinal-Rath,
wurde den 2. Nov. 1773 geboren. Derselbe besuchte von 1790
* Denen Bruder nach einer vorUegenden Leichenrede obiger Philipp Friderich,
geb. 1707.
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bis 93 von Hause ans die hohe Karlsschule in Stuttgart, wurde im
letzten Jahre Doctor der Medicin und hielt sich hierauf in Würzbarg,
Erlangen, Göttingen und Wien längere Zeit auf. 1795 wurde er
von Herzog Friedrich Eugen von Württemberg zum Hofmedicus,
1797 zugleich zum Aufseher des Naturalien-Cabinets in Stuttgart
ernannt. 1821 erhielt er den Charakter eines Königlichen Leibarztes,
sowie den ehrenvollen Auftrag, dem aus dem russischen Feldzuge
zurückkehrenden Kronprinzen entgegen zu reisen, dessen Krankheit
den König und das Vaterland in die grösste Bestürzung gebracht
hatte. 1813 wurde er Hofpflege- Arzt, Mitglied der Section des
Medicinalwesens, bald nachher wirklicher Leibarzt, in welcher Eigen-
schaft er König Friedrich auf 2 Reisen nach Wien und Frankfurt
begleitete. 1820 ward ihm in Verbindung mit dem Hofbaumeister
von Thouret der Entwurf für den Bau und die innere Einrichtung
des Katharinen-Hospitals übertragen, zu welchem Zwecke er eine
Reise nach München, Bamberg und Würzburg machte. Der Eröffnung
des Instituts, 9 Januar 1828, sowie der Feier des 100jährigen Ge-
burtsfestes des Herzogs Karl (11. November 1828) beizuwohnen ward
ihm noch vergönnt Sein Tod erfolgte aber noch in demselben Jahre.
Besonderen Buhm erwarb er sich durch seine Schrift über die
Natur und Behandlung der krankhaften Schwächen des menschlichen
Organismus (1805). —
Gattinnen: I. Luise Wilhelmiie, Tochter des Geh. Oberfinanx-
raths Burkh. Pfaff; II. Caroline Augaste Sophie Friedrike, Tochter
des Geh. Archivars Carl Friedrich Pfaff. —
Gottlieb Friederioh Jäger, Bruder des Vorigen, geb. 7. Juni
1783, ordentlicher Professor der Philosophie zu Tübingen. Der-
selbe trat im Jahr 1800 in das evangelisch-theologische Seminar
zu Tübingen und widmete sich hier während eines fünfjährigen Kursus
den vorgeschriebenen philosophischen und theologischen Studien unter
der Leitung von Süskind, Flatl, Rödtr, Pfleiderer, Gaab, Schott und
Bohnenberger mit dem besten Erfolge, am meisten hatte er jedoch den
berühmten Schnurrer zu verdanken, für dessen Fächer er schon da-
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mals eine Vorliebe hatte, und der ihn seiner besonderen Gunst und
seines väterlichen Rathes würdigte. Nach vollendetem Universit&tslanf
nahm er eine Hofmeisterstelle in dem Hause des Grafen van Bantzau
in Kiel an. Die Verhältnisse dieses Hauses, das ein Mittelpunkt
schöner Geselligkeit war, der Umgang mit dem trefflichen and feinge-
bildeten gräflichen Paare, der freundschaftliche Verkehr mit Männern
von Geist und Gelehrsamkeit, unter denen sein berühmter Landsmann
Pfaff, der schon von früher her mit ihm verbunden war, sich befand,
die pädagogische Aufgabe selbst, die ihm gestellt war, dieses Alles
mus8te auf den jungen, kaum erst der Universität entwachsenen Mann
auf 8 vielseitigste anregend und bildend einwirken. Im Jahre 1808
kehrte er zur Annahme einer Repetentenstelle ins Vaterland zurück,
von wo er 1811 als Vicar nach Stuttgart ging. Noch während der
Tübinger Bepetition, im Herbst 1810, hatte ihm der Kurator der
Kieler Universität durch Pfaff die Stelle eines ausserordentlichen
Professors der Theologie unter günstigen Bedingungen antragen lassen
und Jäger war nicht abgeneigt sie anzunehmen ; die Erlaubnis hiezu
wurde ihm jedoch mit Rücksicht auf die damaligen Verhältnisse und
die von ihm als Seminaristen übernommenen Verpflichtungen gegen
dag Vaterland verweigert.
1811 wurde er Pfarrer zu Thamm bei Ludwigsburg, 1816
ordentlicher Professor der Philosophie in Tübingen, wo er in der
doppelten Eigenschaft eines Lehrers der biblischen Philologie und
eines Ephorus des evangelisch-theologischen Seminars an der Landes -
Universität wirkte, zwei Aemter, von denen er das erste bis zu
seinem Tode, das zweite bis zum Jahre 1834 behielt. ,
Jäger starb mit Hinterlassung mehrerer Schriften 1843.
Gattin seit 5. Aug. 1811 Elisabeth Christiana, geb. Bessert,
welcher Ehe 3 Sfihne und 3 Töchter entsprossten. —
Georg Friederieh von Jäger, Bruder des Vorigen, Ober med icinal-
rath, Bitter der 0. d. w. Kr., R. I. Kl. des bayrischen V. 0. v.
h. M., wurde den 25. December 1785 zu Stuttgart als der jüngste
seiner Brüder* geboren.
* Vom swei weiteren Brüdern itarb der eine, Friederieh Jäger, all Oberconnistorial-
ratb, der andere als Chef eines Bankhauses in Frankfurt a. M.
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Derselbe trat als Repräsentant der vierten Generation in die
Fussstapfen seiner ärztlichen Vorfahren. Während seine zwei ältesten
Brüder längst schon die Karlsschnle besuchten, war anch er schon
vom Herzoge zur Aufnahme in dieselbe» ausersehen worden.
Einst als Jäger mit seinem Vater einen Spaziergang auf die
Weinsteige ausführte, kam ihnen der Herzog entgegen, fragte den
Vater: „Ich sag', ist das Sein Jüngster?" Auf die darauf erfolgte
Bejahung der Frage fuhr der Herzog fort : „Den kann Er mir auch
auf meine Akademie schicken". Indess vereitelte der bald nachher
erfolgte Tod des Herzogs, dem die Aufhebung der Akademie auf dem
Fusse folgte, diesen Plan.
Georg Friederich ward nun in das Stuttgarter Gymnasium
geschickt, bezog 1802 die Universität Tübingen, wo er einen Kreis
trefflicher Lehrkräfte vorfand. Der berühmteste derselben war der
geniale Kielmeyer, (geboren 1765, t 1844). Neben ihm glänzte
Autenrieih (f 1835). Viele Freunde gewann er während dieser seiner
Studienzeit, darunter den Dichter Karl Mayer, Ludwig Uhland
(t 1862), (O.-Med.-Rath v<mKöstlin(f 1859), O.-Med.-Kath vonHärlin
(t 1865), Staatsrath von Böser (f 1861), Präsidenten von KösÜin.
Den intimsten Verkehr aber führte er mit Justinus Kerner; ein
Frenndschaftsbund, der bis zu des Letzteren Tod im Jahre 1862
dauerte. Von Tübingen aus wandte sich Jäger nach Göttingen, von da
nach Paris, das damals der glänzendste Sammelplatz für Kunst und Wis-
senschaft war und wo er an den berühmten Cuvier, (einen Mömpel-
garder und auf der Karls-Akademie erzogen, t 1832), Empfehlungen
mit sieb» führte. Mit den edelsten Schätzen des Wissens bereichert,
nahm er dann den Bückweg nach der Heimath über Montpellier,
Marseille, Genf und Bern. Durch den Einfluss seines älteren Bruders,
der der erste und zugleich auch der beliebteste Arzt der Residenz-
stadt war, gewann auch Jäger bald eine ausgedehnte Praxis, die
durch seine angenehme persönliche Erscheinung, durch die Lie-
benswürdigkeit seines Wesens, durch die edle Offenheit, die es ver-
schmähte, in geheimnissvoller Ueberlegenheit zu glänzen, in kurzer
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Zeit zd einer ganz bedeutenden anwuchs. Er wusste im wahren
Sinne des Wortes der Freund desjenigen Hauses zu werden, in das
ihn sein Beruf führte.
Erst im Alter von 70 Jahren entsagte er der ärztlichen Thätigkeit.
Seine wissenschaftlichen Arbeiten sind ganz bedeutend.
> Cuvier war der die neue Aera der Naturgeschichte eröffnende
»Genius und an ihn schloss sich bald eine Reihe ausgezeichneter
»Geister, die seinen Spuren folgten, an, bestätigend, ergänzend, weiter
»bauend und vollendend, was jener begonnen hatte. Unter diesen
»aber war Jäger einer der ersten und sein in zwei Auflagen er-
schienenes Werk über die fossilen Reptilien Wüttembergs trug seinen
»Namen weit über die Grenzen des deutschen Vaterlandes hinaus.
»In verschiedenen Zeitschriften fand eine Reihe von Aufsätzen
»von ihm die ehrenvollste Aufnahme. Von solch kleineren Arbeiten
»aber ist seine Biographie Kielmeyer' s unter dem Titel: »Ehren-
»gedächtniss des K. württemb. Staatsrats von Kielmeyer« im XXI.
»Band der Akten der Leopoldmischen Kanonischen Akademie der
»Naturforscher 1845 eine der gelungensten.
»Von 1819 an widmete er sich als Custos der Naturalien-
»sammlung während 40 Jahren dieser Anstalt. Auch wirkte er ,als
»geschätztes Mitglied der obersten Sanitätsbehörde, des Medicinal-
»koUegiums, wo er anfangs zum Assessor ernannt, später Titel und
»Rang eines Obermedicinalraths erhielt. Durch das Referat über die
»Bäder, das er hatte, erwarb er sich besonders auch dadurch, dass
»er als der erste die Vermehrung des Zuflusses der Wildbader Quellen
»durch Bohrversache, die in späterer Zeit einen so glänzenden Erfolg
»lieferten, in Anregung brachte, grosse Verdienste.
»Noch bis in seine letzten Jahre machte er häufig grössere
»Reisen, namentlich stattete er gerne den Versammlungen der Natur-
forscher Besuche ab und kam so nach Prag, nach Berlin, nach
»Wien, wo ihn seit seiner Jugend ein inniges Preundschafksverhältniss
»mit seinen Namensvettern Karl und Friedrich Jäger, den berühmten
»Augenärzten verband; nach München, wo ihm bei der Vorstellung
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»König Ludwig freundlich zurief: »Nun in Schwaben sind ja die
»guten Köpfe zu Haus«, er aber kurz und bescheiden antwortete:
»Geblieben, Euer Majestät!««
Jäger starb, nachdem er seinen ältesten Sohn, den tüchtigen,
liebenswürdigen Arzt, Obermedicinalrath Hermann Jäger, renn, mit
Emma, geb. Ostertag, seine beiden trefflichen Schwiegersöhne, den
Diaconus H. Plank in Esslingen (f 1859) und den Decan Mehl in
Stuttgart (f 1862) vor sich ins Grab sinken sah, 10. September
1866 im 81. Lebensjahre.
Seine 1. Gattin, eine geborene Hoffmann, mit der er sich 1812
vermählt hatte, wurde ihm 1818 von der Seite gerissen; die II.
dagegen, CharUtte, eine Tochter des Geh. Hofraths Schwab und
jüngste Schwester Gustav Schwab 1 s überlebte den Gatten. —
Oscar Jäger, jüngster Sohn des Vorigen, geb. 1830, Dr.,
Director des Friedrich Wilhelms-Gymnasiums in Cöln.
Gattin : Wilhelmine, Tochter des Preuss. Geheimeraths Ellers.
Das Fürstlich Wnrttembergisohe Dienerbuch enthalt folgende höhere Beamte de«
Namena: Jäger (Jsger) CammerProcurator 100; Cantzler 73; Ol. Verwalter 870; Kriegs»
Bath 101 ; Reg.-Bath 193 ; Special 601 ; StiftsPfleger 382. - Carl Christian, Exped.Bath
147. — Carl Frid., Abt 336 ; Begistrator 45 ; Pfarrer 413 ; Stattschreiber 398 ; Vogt 396, 452.
— Christian Fried., Oel.O.Bath 66; LeibMedio. 196. — Christoph Adam, Exped.Bath 145.-
Christoph Frid^ Ambt8chreiber 303 ; OLPfleger 316 ; CLVerwaltter 269 ; GaisU.Verwaltter
468; Stattschreiber 484; StifftsVerwaltter 464. — Dat>., Vorstmaister 466. — Dav. #W,
Stiffts-Diaoon 661. — Erhard, Ol Hofmeister 360; Vogt 394. — Frid., Beg.B.8ecretar. 76.
— Georg, Vorstmaister 397. — Georg Frid., Vogt 689 ; Oantzlei-Advoo. 93 ; Schultheis! 567 ;
Stattschreiber 536; Vogt 408, 439. — Gottl. Frid , Vogt 488. — Hans, Ambtmann 470 ;
Exped.Bath 109. — Hans Christoff, Amptmann 519 ; KeUcr 586. — Heinr., Vogt 306. —
Heinr. Fridr., Vogt 282. — Joe., Keller 204; Vogt 500. — Joh. Christoph, CLPfleger 343;
Keller 534, 584; Vogt 464 - Joh. Frid., Ambtmann 481, Ambtsschreiber 593; Archrw
41; OantzleiAdvoo 96; OLPfleger 241 ; Exped.Bath 144 ; GaistL Verwalter 602; Oel.O.Bath.
61 ; Keller 535; Begistrator 169; VisitatSecretar. 157 ; Vogt 434. — Joh. Gottlieb, Statt-
schreiber 603. — Joh. Wolffg., Abt 238, 312 ; Cancellar. 580 ; Gaistl. Bath tm OonslsL 138.
— Isaae, Vogt 606. - Ludw., Vogt 637. - Mrlch., Geh. Bath 590; Geh. BegimBath 18;
Geh.Secretar. 30; Vogt 390, 506, 689; Vorstmaister 397. — Wolff, CLHofmeister 541:
Fürstl. Informator 197; Hofger .Beysltzcr v. d. Landschaft 79; StifftsPrediger 644. —
Wolffg. Phil., Ol Hofmaister 339; Vogt 357; Vorstmaister 466. — Jäger v. Gärtringc»
(Gertringen): Melch., Geh. Begim.Bath 21 ; Oh.Secretar 103. — Jäger von und tvm
Jilgersperg: Joh. Frid., Geh. Begim.Bath 22; O.Vogt 402.
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Jenisch.
„Dieses Geschlecht hat sich vor Alters in den Niederlanden
„aufgehalten, als aber 1560 der König in Spanien daselbst wegen
„der evangelischen Beligion zn reformiren angefangen, sind sie von
„dannen geflohen, und haben sich an unterschiedene Orthe gesetzet-
„auch injuria temporum, sonderlich im 30jährigen Kriege, noch mehr
„zerstreuet worden; es finden sich Jenische zu Augsburg, zu Leut-
„tireh, in Kempten etc. Von diesem Geschlecht ist ein auf Regal-
„Papier mit allen Wappen gemahlter und mit Leinwand unterlegter
„alter Stammbaum noch vorhanden."
„Bartholomäus Jenisch lebte im Jahr 1437 zu Augsburg
Seme Nachkommen zählten daselbst unter die ersten Patrizier-Ge-
schlechter und verbanden sich durch Heirath mit den ersten Augs-
bn«gisch-Kemptisch-Ulmischen Geschlechtern wie den Welsern, den
Konig, den Born und Seuiern."
Der Stifter der Stuttgarter Linie:
■ Paul Jenisch wurde im Jahr 1558 den 17. Juni zu Antdorff
(Antwerpen) geboren als Sohn des Hleronimus Jenisch, „vornehmen
Kaufherrn". Dem Letzteren bestätigte Kaiser Ferdinand IL den
'"rem Grossvater, Hans Jenisch, Sohn des obgenannten Bartholomäus.
ron Maximüian I. verliehenen Adel.
Paul besuchte in seiner Jugend die Schule zu ' Breda und
flüchtete mit seinen Eltern, nachdem im Jahre 1567 die Verfolgungen
fcr Evangelischen in den Niederlanden ausgebrochen waren, in dem
Wagen des Grafen Wilhelm von Nassau, Prinzen von Oranien,
»eichen dieser ihm eigens dazu überlassen hatte, nach Augsburg,
*o er seine Studien fortsetzte; in der Folge bereiste er Italien,
»»ohl zur Kaufmannschaft bestimmt, hegte er doch eine grosse
f. O-rgii-Otortma», Biogr»phi*>h.Gene»logtoche Blitter etc. 27
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— 418 —
Vorliebe für das Studium der Theologie und bewog desshalb seine
Eltern zu Gestattung dieses seines Wunsches. Nachdem er diess
erreicht hatte, begab er sich auf das Gymnasium nach Lauingen, von
da 1580 auf die Universität Tübingen, wo er in der St. Jacobs (Spital-)
Kirche öfters predigte und zwar u. a. in Anwesenheit des Grafen
Conrad von Tübingen, dos Dr. Jacob Andrea und des Dr.
Theodoricus Schnepf. Ebenso hielt er in der Kirche des benach-
barten Dorfes Derendingen, wo damals der bekannte Trüber aus
Kärndten das Pfarramt bekleidete, den Gottesdienst. Im Jahre 1584
besuchte er die Universitäten Jena, Leipzig und Wittenberg, kehrte
sodann wieder nach Tübingen zurück und wurde hierauf nach Augs-
burg berufen und zum Kirchenprobst daselbst ernannt.
In Folge des Wiederausbruchs der Verfolgungen der Evan-
gelischen in dieser Stadt musste er 1595 mit Verlust seiner zeitlichen
Güter sein eigentliches Vaterland verlassen und zog nach Lauingen.
Von da begab er sich 1609 nach Stuttgart, wo er in den damaligen
theuren Jahren ohne irgend eine Anstellung 11 Kinder unter viel-
fachen Sorgen zu ernähren hatte. Da eine erledigte Kirchenstelle
nicht vorhanden war, verlieh ihm Herzog Johann Friedrich seines
musikalischen Talentes willen* die Stelle eines Capell- Verwandten
und setzte ihm eine Lautenisten- Besoldung aus. Als er zuletzt
Alters halber sein Amt nicht mehr versehen konnte, bedachte ihn
Herzog Eberhard mit einer Pension, die er bis zu seinem Tode
genoss. Er starb, nachdem er schon mehrere Jahre vorher sein
Epitaph und Grabmal hatte verfertigen und in der St. Leonhards-
kirche aufhängen lassen, zu Stuttgart den 18. December 1647 im
90. Jahre seines Alters.
Jenisch sammelte und gab heraus den bekannten „Seelenschatz"
in 5 Theilen, wegen dessen er hauptsächlich auch Augsburg hatte
verlassen müssen. Der erste Theil desselben erlebte eine 12malige
Auflage und den 5. und letzten Theil beendigte er in seinem 88.
* Schon in Augsburg hatte er mehrere Jahre lang ein OoUegium Mnsfcom
gehalten.
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- — 419 —
Jahre unter Mithilfe seines Vetters, des gewesenen Syndicus zu
Memmingen D. Jacob Jenisch.
Seine I. Gattin war Maria, geb. Bossart von Augsburg; die II.
Helena, Tochter des Bürgermeisters Johann Keller von Memmingen,
welchen Ehen 19 Kinder entsprossten, von denen 5 den Vater über-
lebten. —
Joseph Jenisch, Sohn des Vorigen, der bekannte Pfarrer in
Münchingen, den 26. November 1606 zu Lauingen „ohne Zunge"
geboren, welche jedoch, wie er wörtlich sagt, „durch Gottes Gnade
nach noch nicht vollendetem ersten Jahre gewachsen ist." Derselbe
studirte ebenfalls Theologie, wurde Vicar zu Lichtenstern 1633, Diaconus
zu Böblingen 1635, Pfarrer zu Münchingen 1637, und starb den 10.
April 1675, seines Alters im 69., seines Predigtamts im 40. Jahre.
Seine I. Ehegattin war Anna, Tochter des Pfarrers M. Blasius
Braun in Münchingen ; die II. Agnes, eine geb. Engel. Aus diesen beiden
Ehen giengen 25 Kinder hervor ; 1 1 von ihnen überlebten den Vater.
Ebenfalls dieser Familie gehören an:
Christoph Friedrich Jenisch, Sohn des 5. März 1757 im 37.
Jahre seines Alters t Pfarrers in Kayh Christian Friedrich Jeniseh
nnd der Christiana Sophie, geb. RQhlen, Enkel des Heinrieh Jacob
Jeniseh und der Catharina Juliana, geb. Ettlinger, Urenkel des
Christian Jenisch und der Anna Maria, geb. Sonder, Ururenkel des
vorerwähnten Joseph Jenisch, geb. in Kayh 24. October 1753, Kauf-
mann, verm. seit 11. Februar 1781 mit Juliana Barbara, geb.
Zimmermann. Er starb 5. Juli 1820. Kinder:
1. Eberhard Friederieh, geb 4. Sept. 1789, t 22. Mai 1862.
Gattin: seit 10. Januar 1814 Sabina Friederike, geb. Bander.
Kinder: a) Marie, geb. 29. Juli 1816, verm. seit 12. Sept. 1839
mitHofrath Philipp Adam Andreas Roth, geb. 6. Juni 1807, f
4. März 1869. b) Caroline Luise Catharine Sophie Emilie,
geb. 12. November 1818, verm. seit 12. September 1837
mit dem Dr. med. Carl August Krauss, t 3. Juli 1849.
c) Mathilde, geb. 24. Dec. 1821, verm. seit 15. Febr. 1851
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- 420 — "
mit Major von Griesinger. d) Pauline, geb. 25. April 1826,
vermählt seit 20. November 1853 mit Bankier «7. B. HärÜ
in Stuttgart, e) Fanny, geb. 28. März 1832. f) Julie, geb.
10. Februar 1834, t 14. März 1854. g) Julius, geb. 28.
November 1814, t 9. April 1856. h) Albert Friedr. Jenisch,
Kaufmann, geb. 31. Dec. 1824. Gattin: seit 26. August
1871 Auguste Mathilde, geb. Böse, geb. 24. Juni 1837.
i) Gustav Eberhard, geb. 8. December 1829, t 9. Mai 1842.
2. Friederike Dorothee, geb. 16. August 1793, verm. 30. Mai
1812 mit Kaufmann Schnabel.
3. Carl Ludwig, geb. 26. Sept. 1794, Kaufmann, t 21. Aug. 1863.
Gattin: seit 4. Mai 1822 Christiana, geb. Mann. Kinder:
a) Hertha Christiana Julie, geb. 23. März 1824, verm. seit
29. Juni 1847 mit Kaufmann Adolf Friedrich Schill, geb. 25.
Sept. 1818. b) üugenie Sophie, geb. 3. März 1825, t 18.
October 1862. Gatte: seit 23. August 1853 der Königlich
Württembergische Handelsconsul in Antwerpen Johann Ludwig
Hang, geb. 28. Sept. 1819. c) Ottilie Friederike Luise, geb.
5. März 1826, verm. mit Dr. Carl Kohler in Genf, d) Christiane
Sophie, geb. 25. Dec. 1827. e) Johanna, geb. 7. Jan. 1845.
f) Paul Friedrich Wilhelm, geb. 6. April 1823, Kaufmann,
unverheiratet t 24. Sept. 1849. g) Ernst Hermann, geb.
14. Sept. 1836, Kaufmann, h) Ludwig, geb. 20. Juni 1838,
Kaufmann, verm. seit 16. Mai 1867 mit Marie Friedrike, geb.
Schmidt, geb. 25. October 1840. —
Eberhard Friedrich Jenisch, geb. 17. September 1752, t als
Pfarrer in Kirchheim a./N. 19. Januar 1832. Gattin: seit 25. Nov.
1779 Friedricke, Tochter des Decans Faber zu Neuenstadt a. d. Linde,
welcher Ebe 3 Söhne und 3 Töchter entsprossten. —
Heinrich Jenisch, geb. 15. November 1754, t als Vicar in
Aidtlingen 21. September 1779. —
Dm Fürstlich Württembergiache Dienerbuch enthält frlgende höhere Beamte da
Namens Jenisch: Gtorg Frid. t Vogt 393.— Heinr. Joe., Pfarrer 453. — Joh., Cl.Pfleger ?41 :
Joh. Bernh., GaistL Verwalter 440. — Phil. Joseph, Abt 268; Bawmeister 307.
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J l s t.
Friedrich Heinrich Rudolph tob Jobst, Bitter des Ordens der
Württemberg. Krone und des Bayerischen Ordens vom heiligen Michael,
wurde den 2. Jannar 1786 zu Stuttgart geboren und stammte aus einer
bayerischen Familie. Nachdem sich derselbe in Stuttgart und Nürnberg
dem DrogTien-Geschäft gewidmet hatte, etablirte er im Jahr 1808 ein
eigenes Geschäft zu Stuttgart. Im Jahre 1820 errichtete er ein
Institut zur Unterstützung würdiger Gehilfen der Pharmacie, die durch
Alter oder Krankheit in dürftige Umstände gerathen waren, und
brachte die Kasse desselben in den ersten fünf Jahren durch wohl-
wollende Beiträge auf mehr als 3000 fl. Im Jahr 1828 gründete
er eine chemische Fabrik, hauptsächlich zur Erzeugung von Chinin,
damals die erste in Deutschland, welche dann später durch seine
Söhne noch beträchtlich vergrössert wurde. Das Fabrikat erhielt auf
den Weltausstellungen in Berlin, London, München und Paris die
ersten Auszeichnungen und Prämien. Auch zu Coblenz errichtete er
ein DrogTien-Geschäft, welches er in der Folge an einen seiner Freunde
ganz abtrat. Im Jahr 1855 betheiligte er sich in einer den aus-
gedehnten Bestand und die Betriebsfähigkeit sehr fördernden Weise
bei der Maschinenfabrik und Eisengiesserei der Firma Kuhn in Berg.
Eine besonders glückliche Idee von ihm war auch die Ausführung
einer bei der in Stuttgart abgehaltenen zwölften Versammlung
deutscher Naturforscher und Aerzte von seinem Hause veranstalteten
Ausstellung von Droguen und Chemiealien aus den verschiedensten
Welttheilen, wobei die Waaren in ihrer Original -Verpackung und
in ihrer natürlichen Beschaffenheit, gerade so, wie sie von den Bezugs-
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platzen kamen, und in ihren verschiedenen Abstufungen zur Anschauung
dargestellt waren, so dass zugleich Gelegenheit dargeboten wurde,
die Unterscheidung des Echten und des Verfälschten zu erleichtern.
In Folge dieser Ausstellung, welche sich der Anerkennung und des
Dankes aller Sachverständigen zu erfreuen hatte, wurde der Chef des
Hauses zum Mitglied vieler pharmaceutischen und naturwissenschaft-
lichen Vereine und Gesellschaften ernannt. Auch sonst erwarb sich
Jobst durch Errichtung eines Actien -Vereins zur Verbesserung des
württembergischen Weinbaues, ferner 1846 als Mitglied der K. Ge-
treide-Commission , welche den Auftrag hatte, Weizen vom Ausland
herbeizuschaffen, einen bedeutenden Namen.
Er starb, von dem Könige von Württemberg mit dem Titel
eines Commerzienraths und Geh. Hofraths ausgezeichnet, von Jeder-
mann hochgeschätzt, 1859 den 13. September im 74. Jahre seines
Alters. Seine erste Gattin war Babette Räbel von Nürnberg, die
zweite Nanny, geb. Klein. Kinder:
1. Friedrich Carl Ludwig Jobst, Fabrikant, geb. 22. Juli 1814,
tll. October 1858 in Mailand. Gattin: seit 7. September
1837 Emilie, geb. Schnabel. Kinder:
1) Friedrich Heinrich Carl Julius Jobst, Dr. phil., Inhaber
mehrerer Orden, geb. 19. Juli 1839, Fabrikant, war im
Jahre 1866 Preisrichter bei der grossen Amsterdam'schen
Ausstellung und zwar bei der tropischen Abtheilung der
Botanik; bereiste im November und December 1870 mit
seinem Freunde Dr. Julius Euting,* jetzigem Kaiserlichen
Reichs-Bibliothekar in Strassburg, die europäische Türkei,
die Euting schon früher besucht hatte.
Gattin seit 1866: Mathilde Henriette, Tochter des
Kaufmanns in Messina Carl Löffler und der Ernestine, geb.
Tobler, von St. Gallen.
* Sohn des Kanzleiraths Franz Euting in Stuttgart und der WUMmim /ViV
Jerike, geb. Kie recker, geb. 11. Juli 1839.
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- 423 -
2) Clara, geb. 3. Sept. 1852, vermählt mit dem Particulier
Gustav Zorn, Sohn des Particuliers in Stuttgart Georg
Zorn, Ritters des Friedrichs-Ordens.
3) Eiigenie, geb. 15. April 1856, vermählt seit 1877 mit
Friedrich Raimund Constantin Graf von Degenfeld-Schom-
burg, Rittmeister und Escadronschef im Dragoner-Regiment
Königin Olga Nr. 25 in Ludwigsburg.
IL Carl August Gottlieb Jobst, Bruder Friedr. Carl lAidmg's,
geb. 3. August 1816, Commerzienratb, verm. mit Julie, geb.
Schnabel. Kinder:
1) Emma, geb. 25. November 1846, verm. seit 6. Mai 1873
mit Dr. phil. Schady in Göttingen.
2) ttalwina, geb. 22. Juni 1849, vermählt 1871 mit dem
Bittergutsbesitzer Planck von Planckburg, in Linz, Wittwe.
3) Friedrieh Carl Alfred, geb. 21. November 1844, Fabrikant,
renn. 23. April 1867 mit Eugenie Charlotte Louise
Christiane Josephine, geb. Winter.
4) Friedrich Carl Max, geb. 15. Februar 1854.
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Eapff.
In der Registratur des Klosters Adelberg finden sich mehrere
Andeutungen, dass die Familie Kapff den vormals zum Klosteramte
Lorch, jetzt zur Gemeinde Yordersteinenberg, O.A. Gaildorf, gehörigeu
Weiler Kapf* seit langer Zeit inne gehabt hat. Dessen letzter
Besitzer war:
Peter von Kapff, der 1481 beim Hofgericht zu Tübingen
eine Apellationssache hatte und als Stammvater der Familie anzusehen
ist. Derselbe war Bürger in Schorndorf und verkaufte 1486 laut
Spitallagerbuch von Blaubeuren den dritten Theil von dem Dorf March-
bronn an den Spital von Blaubeuren ; er baute unweit seines Stamm-
hauses eine Capelle zur heil. Maria, welche 1674 noch stand. Nach
einer Pergament Urkunde vom Gericht zu Salach von 1478 hatte ein
Hans von Kapff mit einem Peter Schenk von Schorndorf wegen
Viehtriebsgerechtigkeit einen Process; ob aber Ersterer ein Bruder
des Peter von Kapff war, ist nicht zu ermitteln. Letzterer hatte
einen Sohn:
Thomas von Kapff, geb. 1536, und dieser einen Sohn:
Hans von Kapff, Bürgermeister in Schorndorf, der sich bei
Herzog Ulrich von Württemberg in den damaligen drangsalvollen
Zeiten durch Geldanlehen verdient gemacht hatte und im Jahre 1548,
als er im Begriff war sich auf seine Güter zu begeben, zwischen
Winnenden und Backnang von den Feinden meuchlings angefallen
und ermordet wurde. Sein Leichnam wurde in der Stiftskirche zu
Backnang beigesetzt. Dessen Sohn war:
* Sein Stammhaus „Kapffen" wurde von den Oesterreichern verbrannt und er
inuaste seine Güter an Oestcr reich abtreten.
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Georg Ton Kapff, verm. mit Agnes Bühler. Dessen Sohn:
Thomas von Kapff, Herzog Friedrichs Kammerjunker, verm. mit
der Tochter des Bürgermeisters Melchior Breidncr in Schorndorf.
Dessen Sohn:
Johann yon Kapff, geb. 25. März 1592, Vogt zu Schorndorf,
verm. mit Ursula Hirsehmann. Dessen Sohn :
M. Sixt yon Kapff, geb. 30. Februar 1628, 1660 Pfarrer in
Urbacb, verm. mit Catharlna Hirsehmann. Dessen Sohn:
M. Johann Thomas Kapff, Pfarrer in Oberurbach, Stifter des
Kapff'schen Stipendiums, d. d. 5. Februar 1733, ist kinderlos ge-
storben. Von seinen 7 Geschwistern stammen die verschiedenen Linien,
genannt:
Urbacher-, Sulzer-, Grossbottwarer-, Steinenberger-, Stuttgarter-
Schorndorfer und Heimsheimer Stamm.
Ans diesen Stammen werden folgende Descendenten hervorge-
hoben:
A) Ulrich David Kapff, geb. 17. Mai 1739, genoss während seiner
Jugend den Privatunterricht des Vaters und kam nach erstandenem
Examen in Stuttgart 1752 als Hospes ins Closter Blaubeuren, wo
er 1754 als Alumnus aufgenommen wurde. Von da gieng er ins
Closter Bebenhausen 1755, zuletzt nach Tübingen 1757, wo er die
philosophischen und theologischen Studien absolvirte. Nachdem er
seit 1762 eine Hofmeistersstelle hn dem Sohn des Grafen von Orten-
bürg bekleidet hatte, kehrte er 1766 wieder ins Vaterland zurück,
wurde Vikar in Blaubeuren und Seissen, hierauf 1767 II. Diaconus
in Göppingen, wobei ihm gleichzeitig die Pfarrei Bartenbach über-
tragen wurde. 1776 zum ersten Diacouus in Göppingen ernannt, starb
er 27. Januar 1780 im 41. Jahr seines Alters.
Seine Gattin war seit 1767 Christiana Eligabetha, Tochter des
Raths und Prälaten Gottfried Känfelin zu Blaubeuren, welche ihm
7 Söhne und 3 Töchter gebar, von denen 2 Söhne frühzeitig dem
Vat^r im Tode vorangiengen. Die übrigen waren:
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I. Sofie Dorothea, vermählt mit dem nachmaligen Decan in Reut-
lingen David Friedrich Cless.
IL Angnsta Friederike, vermählt mit dem Pfarrer in Herbrechtingen
Christoph Ferdinand Moser.
III. Christiana Friederike, geb. 11. Mai 1773.
IV. Gottfried Ulrich David, geb. 9. Febr. 1768, zuletzt Decan in
Herrenberg, verra. seit 14. August 1798 mit Eberhardine)
Tochter des Oberamtmanns Christian Friedrich Hehl in Calw.
V. Sixt Eberhard, geb. zu Göppingen 4. October 1774, König].
Württemb. Staatsrath, Geheimerrath in Stuttgart f 31. Aug. 1851.
Gattin: Eleonore, geb. Heigelin.
B) Sixt Gottlieb Kapff, geb. 31. Dec. 1724 zu Gomadingen
als Sohn des Pfarrers daselbst Sixt Kapff, und der tiottliebin,
geb. Gräter, studirte Theologie, wurde Diaconus in Marbach 1753,
dann Professor in Denkendorf 1762, starb 1780.
Seine Gattin war seit 1. Juli 1753 Friederike Christiane,
Tochter des Hofkammerraths Joh. Conrad Spring in Stuttgart. Kinder:
1) Justina Gottliebin, vermählt seit August 1791 mit dem Pfarrer
in Benningen August Friedrich Pauli, nachmaligem Professor
in Maulbronn, zuletzt Pfarrer in Mössingen.
2) Friederike Christiana, vermählt seit 20. Februar 1786 mit
dem Pfarrer Johann Wilhelm Mohl in Heumaden.
3) Sixt Gottlieb, geb. 24. December 1754, Advokat. —
C) Carl Friedrich Kapff, Sohn des Johann Thomas Kapff, Bech-
nungs-Commissärs in Hausen, und der Helene Catharina, Tochter des
Vogts von Nürtingen, Gebh. Friedrich Molventer, Enkel des Vogts von
Grossbottwar Johann Melchior Kapff, war Kaufmann in Stuttgart
und starb 1773.
Gattin: seit 11. August 1763: Friederike, Tochter des Com-
merzienraths in Stuttgart Johann Fricdr. Zoller und der Christine
Margaretha, Tochter des Lieutenants in Stuttgart Johann Jacob
Schuhmacher. Sohn :
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Friedrieh Carl Kapff, geb. 22. Juli 1765, Kaufmann in
Stuttgart, t 22. Mai 1817, verm. mit Dorothea, Tochter des
Jacob Heinrich Keller, Kaufmanns in Stuttgart. Kapff
hinterliess 3 Söhne, von denen einer ohne Hinterlassung mann?
licher Nachkommen starb; die beiden anderen sind:
I. Heinrich Carl Kapff, geb. 28. October 1800, Kaufmann in
Stuttgart, Inhaber der heutigen Firma F. C. Kapff.
Gattin : Augnsta, geb. von Stockmayer, Tochter des Königl.
Württ. General- Lieutenants von Stockmayer. Söhne:
1) Carl Kapff, geb. 5. März 1828, Kaufmann. Gattin:
Mathilde, geb. Chnr.
2) Wilhelm Kapff, geb. 21. Juli 1832, Kaufmann. Gattin:
Marie, geb. Bezzenberger.
II. Carl Friederich Kapff, geb. 7. Januar 1802, Kaufmann in
Stuttgart und Mitglied des Vorstehercollegiums der Würt-
tembergischen Sparkasse, vermählt seit 3. October 1826
mit Victorine Eleonore Henriette, geb. Stückten; starb 9.
November 1867. Aus seiner mit Kindern reich gesegneten
Ehe blieb nur ein Sohn am Leben, Paul Kapff, geb. 15. April
1841, Banquier in Stuttgart und Mitglied des Vorsteher-
Collegiums der Württembergischen Sparkasse, vermählt seit
19. Juni 1866 mit Marie Louise, Tochter des t Archiv-
raths Pistorius, Ritters des Friedrichsordens I. Classe und
des Oesterreichischen Ordens der eisernen Krone. —
D) Sixt Jacob von Kapff, Württembergischer Geh. Rath, geb.
1735, t 1821, Sohn des Johann Melchior Kapff, Pfarrers zu Plüder-
hausen, und der Euphrosina Catharina, geb. Cotta, Tochter des
Universitäts-Buchhändlers Johann Georg Cotta zu Tubingen und
Schwester des 1779 f Kanzlers der Universität Dr. Johann Friedr.
Cotta, Stifters des reichen Cotta- Kapff sehen Stipendiums.
Derselbe studirte zu Tübingen die Jurisprudenz, wobei er
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— 428 —
nebenher den Privatunterricht seines Vetters, des damaligen Repeten-
ten, nachherigen Klosterprofessors in Denkendorf, Sixl Gottlieb Kapff,
wie auch seines älteren Bruders, M. Johann Melchior Kapff, nach-
herigen Pfarrers zu Lorch, genoss. 1757 wurde er J. U. Lt. und
in demselben Jahre noch unter die Zahl der Hofgerichts-Advokaten
aufgenommen. Von nun an widmete er sich der juridischen Praxis,
verband aber damit die Fortsetzung der Theorie, und hielt unter
besonderem Beifall Privatvorlesungen, darunter eine über römische
AlterthOmer und Institutionen, welche der damals sich zu Tübingen
aufhaltende Prinz Johann Carl Ludwig von Pfalz- Zweybrück-Birken*
feld besuchte. 1761 wurde er ausserordentlicher Rechtslehrer bei der
Universität zu Tübingen, hierauf Hofgerichts-Beisitzer 1765, Professor
des Collegii illustris 1766, VII. ordentlicher Rechtslehrer und Beisitzer
der juristischen Facultät 1767, 1770 rückte er in die VI. ordentliche
Lehrstelle vor und musste nun nach damaliger Observanz die Bei-
sitzersstelle bei dem Herzoglichen Hofgerichte nebst der Professur
des Collegii illustris verlassen, wofür ihm aber 1 780, auf Absterben
Hofmann 's, das Primariat bei beiden übertragen wurde. 1794 er-
hielt er von Herzog Ludwig Eugen den Charakter eines Herzogl.
Geh. Raths und 1804 von König Friedrich als damaligem Kur-
fürsten die Stelle eines wirklichen Geheimenraths. Als 1806 an
die Stelle des ehemaligen Hofgerichts das Königliche Obertribunal
trat, wurde Kapff zum Director desselben und zugleich zum Com-
menthur des Königlichen Civil -Verdienst -Ordens ernannt. 1817
erhielt er das Prädicat Excellenz. Im gleichen Jahre noch, als
das Königliche Obertribunal von Tübingen nach Stuttgart verlegt
wurde, trat er in Ruhestand: er starb, nachdem er noch 1819 das
Commenthur- Kreuz des Ordens der Württembergischen Krone er-
halten, den 18. November 1821 im Alter von 85 Jahren 10 Monaten.
Seine Gattin war seit Juli 1768 Maria Elisabeths, Tochter
des J. U. Lt., Herzoglichen Raths- und Hofgerichts-, auch Landschafts-
Ausschusses- Assessors und Burgermeisters von Tübingen Jacob Hein-
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rieb Dann, welcher Ehe ein Sohn Jacob Friedrich entsprosste, der
aber in der Blüthe des jugendlichen Alters starb. —
£) M. Johann Melchior Kapff, Bruder des vorerwähnten Sixt
Jacob, geb. 1727, Pfarrer in Lorch. Kinder:
1) Christiane Enphrosine, verm. mit dem M. Schall in Dürrmenz.
2) Maria Catharina, verm. mit dem Pfarrer M. Heuss zu Neubulach.
3) Sixt Jacob, geb. 27. Januar 1765, Decan in Pfullingen, in
Schorndorf, Prälat in Ludwigsburg, t zu Esslingen. Gattin:
Christina, Tochter des Oberamtmanns Johann Christof Gottlieb
Pistorius in Göppingen, welcher Ehe 2 Söhne und 4 Töchter
entspros8ten.
4) Johann Friedrich Melchior von Kapff, geb. 8. Januar 1769,
Obertribunalrath, Dirigent des Gerichtshofs in Tübingen, Ritter
des Kron-Ordens, t 11. Januar 1847.
Gattin seit 24. Februar 1807 Christiana, geb. Rapp.
Kinder:
1) Maria, vermählt mit Prälat, Stiftsprediger und Oberconsisto-
rialrath Sixt Carl Ton Kapff; dieselbe t 1871.
2) Sixt Friedrich Jacob Dr. von Kapff, geb. 4. Decbr.1809, Ober-
kriegsrath a. D., Ritter d. Kron-Ordens I. Kl. mit Krone, des Fr.-
Ordensl. Kl. etc., vermählt seit 10. Oct. 1839 mit Bertha,
Tochter des t Oberamtsarzts Dr. Vogel in Saulgau, aus
welcher Ehe 10 Kinder hervorgiengen.
a) Bertha, geb. 5. Juli 1840, verm. mit Kaufmann Carl Müller
in Mannheim, tt 19. März 1874 und 9. Juü 1875. Kinder: 5.
b) Cornelie, geb. 18. October 1841, verm. mit Julius Heuss,
Fabrikbesitzer in Moskau. Kinder: 7 Söhne.
c) Louise, geb. 12. Januar 1843, verm. mit Albert liooschüe,
Consul a. D. in Bern, Kaufmann und Fabrikbesitzer. Söhne : 5.
d) Engenie, geb. 2. April 1845, verm. mit Arthur Bohnen-
berger aus Pforzheim, Gutsbesitzer in Pforzheim, Petersau
in Rheinbaiern und in Stuttgart. Kinder: 3.
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e) Hermann Dr. Kapff, geb. 5. April 1848, Assistenzarzt I. El.
beim Ulanenregiment in Stuttgart.
f) Anna, geb. 26. März 1851, verm. mit Gustav Brügemann,
Kaufmann in Moskau. Kinder: 3.
g) Johann Friedrich Melchior, geb. 9. April 1853, med. cand.
in Tübingen.
b) Clara, geb. 20. Mai 1855.
i) Sophie, deren Zwillingschwester, verm. mit Max Speidel,
Kaufmann in Moskau,
k) Georg Peter, geb. 23. August 1856, jur. stud. in Tübingen.
3. Sophie Friderike Caroline, geb. 18. Mai 1827, verm. mit Prälat,
Oberhofprediger und Oberconsistorial-Rath Dr. Carl van Gterdk.
F) Franz Gottfried Kapff, König]. Württemb. Oberstudien-
rath, ßedacteur der Feuerwehr-Zeitung, t 20. Juli 1865, 66 Jahre alt.
Gattin: Lotte, geb. Landerer.
G) Carl Friedrich Kapff, geb. 2. August 1772, Dekan in
Tuttlingen, vermählt I. mit Sophia, geb. Landott aus Neuveville,
Canton Bern; II. mit Caroline Charlotte Christiana, Tochter des
Obersten von Stnmpe. Söhne:
I. Sixt Carl von Kapff, (aus I. Ehe) geb. 22. October 1805
zu Güglingen, Theol. Dr., Pfarrer in Kornthal, Dekan in Mün-
singen, in Herrenberg 1851, Prälat und Generalsuperintendent
von Reutlingen, Oberconsistorialrath und Stiftsprediger in Stutt-
gart, Mitglied der Central-Leitung des Wohlthätigkeits -Vereins,
Commenthur des Friedrichs- Ordens II. Classe, Bitter des Kron-
Ordens, vermählt seit 19. Februar 1833 mit Marie Friederike
Catharine, Tochter des Obertribunalraths in Tübingen Johann
Friedrich Melchior von Kapff, welche 29. März 1871 gestorben
ist. Kinder :
1) Sophie Christiana, geb. 17. Januar 1836.
2) Marie Beata, geb. 3. October 1838, verm. in Heilbronn 0.
April 1864 mit Kaufmann Theodor Gaiser.
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— 431 —
3) Luise Christiana, geb. 20. August 1841.
4) Ciara Elisabeth, geb. 30. Jan. 1847, verm. 22. Febr. 1872
mit Kaufmann Carl Kirchhof er.
5) Carl Sixt Kapff, geb. 13. December 1833, Oberhelfer in
Cannstatt, verm. 12. November 1861 mit Friederike Marie,
geb. Reihlen.
6) Wilhelm tfottlieb, geb. 31. März 1837, Pfarrer in Bieth.
II. Eduard Ernst Reinhard Kapff, geb. 26. October 1810, K. W.
Hauptmann a. D. und amerikanischer Oberst a. D., t 14- Aug.
1869. Gattin: seit 21. Juli 1850 Johanna Caroline, geb.
Kranss.
III. Sixt Ludwig Kapff, geb. 11. Juni 1817, Buchhändler in Tutt-
lingen, t 1877.
IV. Franz Martin Kapff, geb. 11. Nov. 1818, Pfarrer in Wilhelms-
dorf, 0. A. Ravensburg, nun in Grossbottwar.
H) Sixt Eberhard von Kapff, geb. zu Göppingen 4. October
1774, Königlich Württembergischer Staatsrath, Geheimerrath in Stutt-
gart, im Jahre 1831 Chef des Ministeriums des Innern, sowie des
Kirchen- und Schulwesens; t 31. August 1851. Gattin: Eleonore,
geb. Heigelin, Wittwe des Pharmaceuten Gaupp in Stuttgart.
Das Fürstlich Württemb. Dienerbach enthält folgende höhere Beamte des Namens
Kapff: Joh. Melchior v, Gaiatl. Verwalter 397; Stifts Verwalter 372. — Thom. t\, Vogt
239 ; — Kapff, (Capf, Capff, Kapf) Gantzlei Advoc. 96 ; Gasten Pfleger 665 ; Vogt 421. —
CkriHian Dav., Vogt 239. — Christoph Dav., Visitat. 8eoretar 158. — Frid. Theod., Ver-
waltter 378. — Georg Dav., Cl. Verwaltter 269 ; Registratur 160. — Gott!. Frid., Ampt-
mann 456. — Joh. Vogt 531. — Joh. Max. Gottlieb, Gl. Pfleger 294 ; Oaistl. Verwaltter
397. — Joh, Melch., Gaiatl. Verwaltter 602, 617 ; Pfarrer 307 ; Vogt 383 ; 400. — Joh.
Sigm., Cl. Pfleger 284 ; Cl. Verwaltter 245. — Joh. Thom., Amptmann 336. — Joh. Ulr.
Cl. Schaffner 834; Vogt 239. — Sixt Jac, Gaistl. Verwalter 397; Pfarrer 607. 618. -
Theod. Fried., Cl. Pfleger 248.
Digiti
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Kauila.
Eine in der Bankwelt wohlbekannte Familie, welcher u. A. :
Nathan Wolf Kanlla entstammte. Derselbe geb. 1784 in Darm-
stadt als Sohn des Hirsch Raphael Kanlla, Hofagenten in Darmstadt,
nnd der Marianne, geb. Levi, widmete sich der kaufmännischen Lauf-
bahn und vermählte sich im Alter von 20 Jahren 22. August 1804
mit Lea Kanlla , Tochter des K. K. Österreichischen Kaths und
Württembergischen Bankiers Jacob Kanlla in Hechingen. Bald nach
seiner Verheirathung Hess er sich in Stuttgart nieder und trat bei der
wenige Jahre zuvor errichteten Kurfürstlichen, später Königlichen Hof-
bank ein. In der Folge als Gesellschafter dieser Bank und zugleich auch
als Stellvertreter der mit diesem Institut verbundenen Familie Kardia
aufgenommen, entfaltete er eine hervorragende Thätigkeit. —
1826 erhielt er den Titel eines Königlichen Kommerzienraths.
Grosses Verdienst erwarb er sich um das Zustandekommen des Juden-
gesetzes (25. April 1828), das hauptsächlich auf seine Anregung hin
sein Freund, der nachmalige Minister von Schleyer, in der Kammer
durchbrachte. Bei Besetzung' der israelitischen Oberkirchenbehörde
1831 wurde ihm die Stelle eines weltlichen Vorstehers derselben zu Theil.
Er starb allgemein hochgeschätzt 1. Februar 1838. Kinder:
1) Caroline, verm. mit Salomon Mayer Kanlla. 2) Bebeeca,
verm. Morris Jacob. 3) Henriette, vermählte Simon in Hannover.
4) Hannchen, verm. Wolfskeehl. 5) Mathilde, verm. Massenbach
in Bühl. 6) Hermann Kanlla, geb. 1806, Dr. med., ledig f. 7) Leo-
pold von Kanlla, geb. 22. März 1813, Rechtsanwalt, Obertribunal-
procurator in Stuttgart, Geh. Hofrath, Mitglied des Vorsteherkollegiums
der Württembergischen Sparkasse, ist nach dem Tode seines Bruders
Rudolf an dessen Stelle bei der K. Hofbank getreten. — Gattin :
seit 20. April 1842 Henriette, geb. Kanlla. —
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— 433 -
8) Rudolf ron Kaulla, geb. 10. August 1814, König]. Würt-
tembergischer Geh. Hofrath und fast 30jähriger Director der K. Hof-
bank, Mitglied des Vorsteherkollegiums der Württembergischen Spar-
kasse, Ritter des Kronordens , Commenthur des Friedrichs-Ordens.
t 15. Juni 1872 im 58. Jahre seines Alters.
It. v, Kaulla war ein Mann, dem für das Wohl und die Ehre
des Landes, wie der Stadt kein Opfer, weder an Zeit, noch an Geld
zu gross und zu schwer war; wo nur immer ein gemeinsames Werk
gestiftet oder aufrecht erhalten werden sollte, wo irgend eine gemein-
nützige Anstalt zu ihrem Fortbestehen der Unterstützung bedurfte,
da konnte man mit Sicherheit auf ihn zählen, da fehlte er dem Rufe
nicht. — Hoch und Nieder erwies er sich stets gleich aufmerksam
und von beiden ward er hochgeschätzt und sein Tod tief betrauert. —
9) Salonion, f als Gymnasiast.
Eine Schwester des Seite 433 erwähnten Jacob Kaulla war
die bekannte mit tiefem Geschäftsblick begabte Carola Kaulla, ver-
mählte Riefe- Auerbach, welche 1809 starb. Sie war es eigentlich,
welche die grossen Armee-Pferde-Lieferungen des Mannes betrieb. Eine
Frau von ungemeinem kaufmännischen Geiste, die in weiteren Kreisen
Bewunderung fand. Bei Potentaten und Fürsten in hoher Gunst,
ward ihr selbst vom Kaiser Joseph II. der Grafenstand angetragen,
den sie indess, da sie dabei wegen ihrer Nachkommen für den ange-
stammten Glauben fürchtete, ausschlug. Ein gelungenes Porträt von
ihr befindet sich in der ITawMa'schen Familie; dasselbe stellt sie
mitten unter ihren Pferden sich befindend dar. Sie hatte 4 Söhne,
nämlich :
A) Mayer Kaulla, Hof-Agent, Bankier, geb. 1 757, zu Hechingen,
t 1823. Gattin seit 1788 Beele, geb. Levi. Kinder:
I. Esther, geb. 10. März 1797, verm. mit Gutsbesitzer in
Weikersheim Aaron Pfeiffer.
II. Jeannette, geb. 1801, verm. in I. Ehe mit Sflsskind Ober-
Maier, in II. Ehe mit Adolf Benedict in Stuttgart.
IU.8alömon,Particulier,geb. 17.0ct. 1790(1791), verm. 24. Mai
9. G+orffii-Qeorgenau, Biographiach-Genealoglsche Blätter etc. 28
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— 434 —
1827 mit Caroline, Tochter des oben erwähnten Nathan Wolff Kanlla.
Kinder: a) Emilie, geb. 29. März 1837, vermählt mit Bankier Jacob
Elzbacher in Köln, b) Anna, geb. 17. März 1839. c) Max Kanlla,
geb. 21. Juli 1829, Rechtsanwalt, verm. mit Jeannette, geb. Gold-
schmidt, d) Albert Kanlla, geb. 21. Febr. 1833, Hofrath, Ritter
des Friedrichs-Ordens, verm. mit Bertha, geb. Stranss. e) August,
geb. 26. Febr. 1834, Kaufmann in Cöln. f) Wilhelm, geb. 27. Sept.
1844, Kaufmann in London.
IV. Raphael, geb. 11. December 1803, Bankier, in Wien ver-
heirathet. Ein Sohn desselben:
Ferdinand, verheirathet in Wien mit Fanny, geb. Wertheimer.
B) Yeit Kanlla, Bankier in Kriegshaber, geb. 1764, K. Bayerischer
Hoffactor in Augsburg, t 1811. Gattin: Blflmle, geb. Goldschmidt,
welcher Ehe 2 Söhne und 1 Tochter entsprossten.
C) Raphael, geb. 1750, Hof-Bankier in München, verm. mit
seiner Nichte Miehl Kanlla. Kinder: 1) Salonion, geb. 1798. 2) Wolff,
geb. 1800. 3) Jacob, geb. 1802, lebte in Venedig. 4) Israel
(Isidor), 5) Magdalena, verm. mit Salomo Hirsch Kanlla in Dann-
stadt. 6) Sarah, verm. von Hirsch in Wurzburg. 7) Hannah,
verm. Levi in Venedig. 8) Hindel, geb. 1804. 9) Xannette.
D) Wolff von Kanlla, geb. 6. August 1768, K. K. Oesterreichi-
scher Rath und Hofbankier, verm. seit 15. Novbr. 1800 mit der
Tochter des Hessischen Hofagenten Bing. Söhne:
1) Josef von Kanlla, geb. 1805, Bankier, Bittergratsbesitzer
wurde laut Diploms d. d. 29. November 1841 in den Adelsstand
des Fürstentums Hohenzollern-Hechingen erhoben und starb 3. März
1876 zu Ulereichen in Bayern, im 72. Lebensjahre, v. Kauüa war
mit der Tochter des Bankier Hirsch in München vermählt. — Sohn:
Theodor von Kanlla, geb. 11. Octbr. 1833, K. K. Oester-
reichischer Rittmeister a. D. —
2) Salomon Friedrieh KauUa, geb. 1807, Bittergutsbesitzer in
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— 435 -
Oberdischmgen, verm. 5. Dec. 1837 mit Luise,* geb. 26. Januar 1820,
Tochter des 1842 f Bankiers und Hofraths Marx Pfeiffer. Letzterer
vermählt I. mit Henriette Kaulla, II. mit Dorothea Kaulla, III,
mit Panllne Wittersheim.
Ebenfalls dieser Familie gehört an:
Salomon Jacob Kaulla, Sohn des Seite 432 erwähnten Jacob
Kaulla, geb. im Januar 1793, Bankier, Königlicher Hofagent und
Oberkirchen Vorsteher. — Gattin: Mamie, geb. Kaulla. Kinder:
1) Caroline, geb. 27. Juli 1817, verm. 1839 mit Rechtsanwalt
Jul. Jordan, Vetter des Rechtsanwalts, Regierungsraths Isidor Jor-
dan in Stuttgart. 2) Rebecca, geb. 27. März 1819, verm. 1839
mit Gutsbesitzer Aug. Cohen, f. 3) Henriette, geb. 21. Mai 1820,
verm. 1841 mit Geh. Hofrath Leop. von Kaulla. 4) Emilie, geb.
16. Juli 1821, verm. 1846 mit Domänenpächter Jacobson, f« 5)
Mathilde, geb. 27. Sept. 1822, verm. 1849 mit Dr. med. Sigmund
Oppenheimer in Würzburg, f. 6) Eleonore, geb. 5. Juli 1828,
verm. 1852 mit Fabrikant Franz Mager in Wien. 7) Anna, geb.
24. März 1830, verm. mit Bankier Jacob Emden in Frankfurt 8) Max
Kaulla, geb. 3. März 1816, Bankier, verm. mit Rosa, geb. Schnapper.
9) Robert, geb. 19. Aprü 1827, Particulier.
»Geschwister derselben sind: ans L Ehe: Henriette, geb. 13. April 1812, verm. mit
Bankier Biedermann in Wien ; ans II. Ehe : Julie, geb. 29.Dec. 1818, verm. Kusel in Carlsrahe ;
Helene, geb. 14. Jan. 1821, verm. mit Buchhändler Kugelmann in Paris; Joseph, geb. 23.
Mai 1822, Großhändler in Wien, verm. I. mit Fanny, Tochter des Bankiers Königewarter
in Wien; II. mit einer geb. Biedermann; ans HL Ehe: Bosalie, geb. 23. April 1824, verm.
Dreifuee in Btrassbnrg; Clarieee, geb. 4. Mai 1826, seit 1849 Gattin des Dr. Kaulla in
Btraasbnrg, deren Sohn: Alfred, Bankier nnd ReaerveUeutenant im Ulanenregiment König
Karl, L Wnrttemb. Nr. 19; Esther, geb. 23. August 1827, verm. Walkenhauser in Ant-
werpen; Marie, geb 4. Mai 1830, verm. Schuster in Frankfurt a. M.; Ernst, geb. 14. Mai
1831, Particulier; Mathilde, geb. 1. Marx 1834, verm. Schwäbeln Manchester; Eduard, geb.
24. Kov. 1835, Dr. phiL, Schriftsteller, Bitter des Preuss. Kron-Ordens, verm. 12. Sept.
1872 mit Julie, geb. Kann, geb. 24. Februar 1843, Wittwe des Louis Ferdinand Victor
Benary in Paris.
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Keller.
Johann Christoph Keller, Bürgermeister in Stuttgart, wurde
im Jahr 1582 als Sohn des Herzogl. Württemb. Kammerraths Are-
gorius Keller und der Margaretha, geb. Rohr, geboren. Nachdem
er zu Tübingen, Marburg, Jena studirt, einige Jahre zur Erlernung
der französischen Sprache sich in Frankreich aufgehalten, wurde er
1620 nach seiner Rückkehr in's Vaterland, in das Stuttgarter Stadt-
gericht aufgenommen und in der Folge 1620 kleines Ausscbuss-
Mitglied, 1621 aber zum Bürgermeister dieser Stadt ernannt, als welcher
er auch 1628 den 24. September starb. — Seine Gattin war:
Elisabeth, Tochter des Dr. und Kaiserl. Kammergerichts- Ad vo-
caten zu Speyer Johann Kalten, welcher Ehe 7 Kinder entsprossten.
Eben diesen Familiennamen führten:
Georg Heinrich Keller, Dr. theol. und Abt zu Alpirsbach,
geboren im Jahr 1624 zu Hornberg. Sein Vater Cornelius Keller,*
f 1638, war Herzogl. Württemb. Vogt von Hornberg (ein Amt, das da-
selbst schon im Jahr 1521 ein Heinrich Keller inne hatte); die Mutter,
Anna Maria, stammte „aus dem altberühmten Moser'schen Geschlecht" ;
der Grossvater, Cornelius Keller, ebenfalls Vogt von Hornberg; die
Grossmutter, 1581 vermählt, Maria, geb. Beg von Herrenberg, t 12.
März 1634; der Urgrossvater M. Urban Keller in Stuttgart.
Georg Heinrich wurde nach Absolvirung seiner theologischen
Studien und nachdem er längere Zeit vicarirt hatte, zum Stadt-
Diaconus zu Kirchheim u. Teck ernannt. 1658 kam er als Pfarrer
nach Derendingen, wobei ihm gleichzeitig die Superintendenz der
beiden Aemter Tübingen und Bebenhausen anvertraut wurde. Im
Jahr 1660 wurde er Stadtpfarrer und Special zu Böblingen, hierauf
• Brüder von ihm waren Johann Burkhard Keller, geb. 1584, hat „Candia and
ganz Italien durch re int und Ist Anno 1605 zu Venedig gestorben" ; Eberhard Friedrieh,
Kaufmann, \ 28. Febr. 1635, war verm. mit Agnen, geb. Schlegel von Strassbnrg.
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Professor extraord. TheoL und Superintendent in dem fürstl. Stipendio zu
Tübingen, auch Abendprediger bei der Stiftskirche daselbst 1 670, wirklicher
Professor und Decan ebendaselbst 1681. Innerhalb dieser letztern 11
Jahre seines Berufs bekleidete er 4 Mal das Amt eines Rectors, mehrere
Male das eines Decans der theol. Facultät, und wurde auch mit der Vice-
Canzlers-Stelle betraut. Er starb als Herzogl. Württemb. Rath, Probst der
Stiftskirche zu Tübingen und Abt zu Alpirsbach den 1. October 1702
seines Alters im 78. Jahre, seines Ehestandes im 49., seines Predigt-
amts im 50. Jahr. Sein Symbolum war: In te Domine speravi, non con-
fundar in aeternum. Ein auf seinen Tod gemachtes Epigramm lautet:
Victa jacet pietas? terras Astraea reliquit?
Falsum est, in terris dum tua mens habitat.
Seine Ehegattin war seit 31. Januar 1654 Martha, Tochter
des Bürgermeisters von Weilheim Christoph Reuchlin. Kinder:
I. Agnes Verooica, vermählt mit dem Pfarrer zu Oberesslingen
Johann Conrad Knisei.
II. Anna Maria, vermählt mit dem Herzogl. Württemb. Hofgerichts-
Advocaten Christian Bayer, J. U. Lic.
HL M. Cornelius Keller, geb. 1654, Special und Stadtpfarrer zu
Leonberg, Blaubeuren, Markgröningen, vermählt seit 12. Mai
1685 mit Jnliana, geb. Ob recht.
IV. Christoph Heinrich Keller, geb. zu Kirchheim 25. Januar 1656,
t 1704, Königlich Polnisch und Churfürstlich Sächsischer
Hauptmann und Postmeister in Enzweihingen.
V. Johann Friedrich Keller, geb. 1680, Wachtmeister zu Hohen-
twiel. Dessen Sohn, Georg Friedrich, war Pfarrer in Stetten.
VI. Daniel Keller, Herzogl. Württemb. Regierungs-Raths-Cancellist,
t mit Hinterlassung eines Sohnes.
VIL Johann Wilhelm Keller, geb. zu Tübingen 3. Januar 1671,
t Weissach den 5. Januar 1735, M. und Diaconus in Hornberg
1701, Harrer zu Baltmansweiler 1705—20, Reuth 1720—24,
Weissach 1724—35, vermählt seit 1701 mit Maria Elisabeth,
Tochter des Klosterhofmeisters in Lichtenstern Oetinger.
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— 438 —
Söhne, von denen Näheres bekannt ist:
1) Johann Heinrich, geb. Hornberg 6. März 1702, kinderlos
t 25. October 1775, Decan in Knittlingen.
2) Philipp Wilhelm, geb. 26. October 1703, Pharmaceut in
Niederstotzingen.
3) Hieronvmus Adam, t 1770 als Holländischer Chirurg io
Rotterdam.
4) Georg Heinrich Keller, geb. 17. November 1710, Kaufmann
in Stuttgart, t 13. April 1773 mit Hinterlassung von 3 Söhnen. Seine
I. Gattin war seit 31. August 1745 Catharina Dorothea Tellier;
die II. seit 24. April 1760 Justina Dorothea, geb. Speidel.
Jacob Heinrich KeUer, Sohn des Vorigen, geb. 26. April 1747,
ebenfalls Kaufmann in Stuttgart, t 30. April 1817, vermählt seit
27. Sept. 1774 mit Marie Sibylle Dorothea, geb. Schmid. Söhne:
I. Georg Heinrich, geb. 4. Dec. 1775, Kaufmann und Commercien-
rath in Stuttgart, starb daselbst 7. Juni 1831. Seine Gattin
war seit 2. März 1802 Sophie Christiana, Tochter des Kauf-
manns und Compagnie-Verwandten Christoph Martin Dorten-
bach in Calw. Söhne:
1) Georg Heinrich, geb. 30. Juni 1805, Kaufmann und
Commercienrath in Stuttgart, vermählt seit 14. Mai 1835
mit Pauline, geb. Stttcklen. Er starb 5. Sept. 1865.
2) Karl Christoph Keller, geb. 22. Mai 1810, Kaufmann und
Commercienrath, t 27. Januar 1875. Gattinnen: I. seit 23.
Juni 1837 Marie Eberhardine, Tochter des Kaufmannsund
Compagnie-Verwandten Friedrich Dbrtenbach; II. seit 23.
November 1856 Auguste Sophie, Tochter des Kaufmanns
Friedrich Karl Kapff in Stuttgart.
3) Christoph Hermann Keller, geb. 19. Mai 1819, Banquier,
vermählt seit 26. October 1848 mit Hertha, Tochter des
Kaufmanns Gottlieb Reiniger. Kinder: a. Hertha Sophie
Regine, geb. 18. August 1851. b. Marie Luise, geb. 31.
October 1859, c, Hermann Georg KeUer, geb. 8. März
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1850, Bankier, Premierlieutenant der Landwehr im Grenadier-
Regiment Königin Olga I. Württ. Nr. 119, verm. 25. April
187fr mit Anna, Tochter des Postraths Cless. d. Christoph
Heinrich, geb. 25. Juli 1853, Sec.-Lieut. der Reserve, im
Dragoner-Regiment I. Königl. Württemb. Nro. 25. e. Karl
Wilhelm, geb. 22. December 1856. f. Georg Emil, geb.
3. August 1862.
II. Friedrich Wilhelm Keiler, geb. 22. Juni 1779, Kaufmann,
Gutsbesitzer im O.A. Esslingen, f 3. Sept. 1845.
Gattin: Elisabeth, Tochter des Kriegsraths Rheinwald.
in. Johann Ludwig, geb. 11. Mai 1781, t im Juni 1848 als
Revierförster in Rothenberg, Sillenbuch und Hedelfingen, ver-
mählt seit 1812 mit Christiane Caroline Martz.
IV. Carl Christian, geb. 16. März 1783, Kaufmann, wanderte nach
Amerika aus.
V. Philipp Jacob, geb. 3. Juli 1789, f 4. Oktober 1834, Kauf-
mann in Stuttgart. —
Eine weitere Familie, die den Namen Zeller trägt, ist nach-
stehende, ursprünglich der Reichsstadt Esslingen angehörige:
Alexander Keller, Zunftmeister in Esslingen. Sohn:
Alexander Keller, Stadtammann in Esslingen, f 1609. Kinder:
A. Agnes, vermählt I. mit Caspar Roth, Sohn des Geh. Raths
in Esslingen ; II. mit Joh. Ernst Flelner, Spitalmeister in Ess-
lingen. B. Leonhard Keller, f 1629. C. Alexander Keller,
1 1610. D. Amandas Keller, t 1630: E. Joachim Keller, des
kleinen Raths in Esslingen, f 1632. Gattin : Catharina, Tochter #
des Stadtammanns von Esslingen Jeremias MOgling. Kinder:
1) Katharina Keller, vermählt mit dem Bürgermeister von
Esslingen Spindler.
2) Brigitta Keller, verm. mit Seiter von Plattenhart
3) Alexander Keller, des kleinen Raths, t 1690.
4) Jeremias Keller, t 1656. Gattin seit 13. Mai 1633 Christina,
geb, Elsftsser. Kinder:
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— 440 —
I. Rosina Keller, Gattin des Dr. Bilger.
IT. Joachim Keller, des kleinen Raths in Esslingen, t 1710. Gattin:
seit 16. October 1676 Anna, geb. Barth. Sohn:
Alexander Keller, des grossen Raths, f 1746. Gattin: Anna
Maria, geb. Kenner. Kinder:
1) Marx Keller, geb. 1713, t 1795.
2) Joachim Keller, des äusseren Raths, 1715 - 1787.
3) Jeremias Keller, 1720—1763.
4) Alexander Keller, 1730 — 1808. Sohn:
Johann Jacob Keller, geb. zu Esslingen 5. August 1 764,
Pfarrer in Oberifflingen, Diaconus in Esslingen, Pfarrer in Pleidels-
hoim, f 1832 als Stadtpfarrer in Bietigheim; Gattin: seit 13. Februar
1797: Marie Susanne, Tochter des augsburgischen Rathsherrn und
Burger ineisters, späteren badischen Polizeiraths Philipp Adam Benz
in Karlsruhe. Sohn:
Heinrich Adelbert yon Keller, Dr. phil., geb. 1812, Professor
in Tübingen, Verfasser mehrerer sehr bedeutender Werke, Präsident
des unter dem Protectorat des Königs stehenden literarischen Vereins
in Stuttgart, Commenthur des Friedrichsordens, Ritter des Kronordens
I. Classe, Ritter des Niederländischen Ordens der Eichenkrone, Commen-
thur des E. Spanischen Isabellenordens und Ritter des K. Sicilischen
Ordens Franz I. Gattinnen: I. seit 24. August 1837 Lotte, Tochter
des Pfarrers in Beutelsbach Gottfried Heinrich Scholl; IL seit 23. Aug.
1 858 Sophie, Tochter des f Obertribunalraths t. Weisser. Kinder :
I. Otto Keller, geb. 1838, Professor in Graz. Gattin: seit
h 1869 Eugenie, Tochter des Medicinalraths Lenbe in Ulm.
II. Cornelie Keller.
III. Hildegard Keller, Gattin des Pfarrers in Breitenholz Paul Stoll.
Dom auf vorhergehender Seite aufgeführten Alexander Keüer,
Stadtammann in Esslingen, ist im Jahre 1595 folgender Wappen-
brief verliehen worden :
„Ich Samson Hertzog Reiser! icher Comes Palatinus vnd des
Heiligen Reichsstatt Esslingen Rath vnd Aduocat Bekenne öffentlich
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- 441 —
mit diesem brieff, vnd thue kunth allermeniglich, Demnach weilant
der allerdurchleuchtigst, grossmächtigst vnd vnüberwündtlicbst Fürst
vnd Herr, Herr Maximilian der ander. Römischer Keiser, Zu allen
Zeiten mehrer dess Reichs, mein allergnedigster Herr, hochlöblichster
vnd miltester gedechtnns, aass sondern gnaden, mir vnder andern stat-
lichen begnadungen vnd Priuilegien (als Notarion zucreirn, Bastard vnnd
vnehliche zu legitimirn, Vormund : vnnd Einkindschafften zu confirmirn,
verleümbde vnnd ihrer ehrn mit oder one Recht entsetzte personen
zu restituirn etc.) auch allergnedigst verliehen vnd macht gegeben hat,
Dass Ich ehrlichen redlichen Leüthen einem ieden nach seinem stand
vnd wesen, Zeichen, auch wapen mit Schildt vnnd Helm geben vnd
verleihen möge, wie Irer Maiestat darüber verfertigter Keiserlicher
brieff aussweiset, von wort zu wort also lautend: Wir Maximilian
der annder von Gottes gnaden, Erwöhlter Römischer Keiser Zu allen
Zeiten mehrer des Reichs etc. bekennen öffentlich mit diesem brieue
vnnd thun kunth allermeniglich, Als wir hieuor vnnsern vnnd dess
Reichs lieben getrewen Samson Hertzogen, vmb seiner erbarkeit,
redlicheit vnnd erfahreuheit willen, auch aus andern vnns darzu
bewegenden vrsachen, in die ehr vnnd würde vnnserer Keiserlichen
Pfaltz: unnd Hoffgraven, Zu Latein Comites Palatini genannt, erhöhet,
gewürdigt vnnd gesetzt, wie solches vnser Kaiserlicher Begnadungs-
brieff inn Latein darüber verfertigter aussgangen, dessen anfang also
lautet, Maximilianus secundus diuina fauente dementia Electus
Romanorum Imperator semper Augustus etc. vnnd sich endet, Datum
in ciuitate nostra Vienna, Die vigesima octaua Mensis Martii, Anno
Domini MDLXXII, Regno'rum nostrorum Romani Dcciino, Hungarici
nono, Bohemici vero vigesimo quarto, mit mehrerm auss weiss t etc. etc.
Vnnd aber ich angesehen vnnd wahrgenommen solch tugent erbar:
vnnd redlicheit, damit der ehrnuest, fürsichtig vnnd weiss Herr
Alexander Keller von Esselingenn, Raths: vnnd Gerichtsuerwandter
daselbst berhümt, dass er auch Irer Mayestät vnnd dem heiligen Reich
künfftiger Zeit getreue nützliche dienst, darzu er sich dann gantz
guetwillig erpeut, wol thun mag vnnd soll. So hab Ich darauff mit
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- 442 —
guettem zeitigenn Rath vnnd Rechter wissen, inn crafft meines ha-
bendenn Gewalts vnnd Keiserlicher Freiheit, der aller besten, be-
ständigsten weiss, mass vnnd form, wie es immer crafft vnnd macht
haben soll vnnd mag, Demselben Herrn Alexander Keller, auch
seinen ehelichen Leibserben, Vnnd derselben Erbenserben, für vnnd
für inn ewige Zeit, dise nachgeschriebene Zaichen, anch wapen vnnd
Cleinot mit Schilt vnnd heim : Mit namen einen roten oder Rosinfarben
Schilt, darin Zwerch vonn dem hindern obern inn das vorder Vnndereck
Schilts ein Schlüssel, seiner natürlichen eisenfarb, den barth vber sich
kerennd, erscheint. Auff dem Schild ein Stechhelm, daraoff für sich
aufrechte, mit einem langen braunnen Knebel: vnd sonst gestutzten
spitzigen parth, ein Manssbild halb biss vnder den gürttel, inn einem
rotten oder rosinfarbenn engen, vnnd vornen herab inn Silberinn
knöpfflin beschlossnen Kleid, (die Helmdeckin rot vnnd weiss vonn
sich gebend) Mit weissen am kragenn vnnd ärmelnn vberschlägen,
auch inn der waich mit einer gelbenn oder guldin fliegenden binden
vmbgürttet: Habend auff seinem haupt einen roten oder Rosinfarben
zugespitzten, vnd hinder sich gebognen heidnischen huett, mit einem
silbern Stülp vnnd guldin quast : Beide hännde stracks vber sich vnnd
inn ieder einen Schlüssel, (dessen barth vom Mann gekert) haltendt:
Als dann dieselben wapen vnnd Cleinot inn diesem gegenwerttigen
brieff gemahlet, vnnd mit farbenn aigentlich aussgestrichen seind,
Souil den heim vnnd andere wapensfreiheiten anlanngt, vonn newem
verliehen vnnd gegeben, Denselben auch seine Ehliche Leibserben, vnnd
derselben Erbennserben, für vnnd für inn ewig Zeit, also wapenns:
vnnd Lehenns genoss gemacht, goschöpfft, erhebt, vnnd thue solches
alles in crafft ditz brieffs, Also dass gedachter Herr Alexander
Zetter, auch seine eheliche Leibserbenn, Vnnd derselben Erbennserben,
solche Zaichenn, Wapen vnnd Cleinot, auch Schilt vnnd Helm, für vnnd
für inn ewig Zeit haben, füehren, vnnd, derenn inn allen vnnd ieden
redlichen Sachen vnnd gescheuten zu schimpff vnnd Ernst, inn Streiten,
Kempffenn, Gestechen, Gefechten, Veldtzügenn, Panirn, Getzeltenn,
Auffschlagenn, Insigeln, Pittschafften, Cleinoten, Begräbnüssen, vnnd
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sonnst ann allen ennden vnnd ortenn, nach Ihren notturfffcen, willen
vnd wolgefallen gebrauchen, Darzu auch alle vnnt iegliche gnad,
freiheit, ehr, würde, vortheil, Recht vnnd Gerechtigkeit, mit ämptern
vnnd Lehenn, Geistlichen vnnd weltlichen znhabenn, zuhalten vnnd
zutragenn, mit anndern der Eeiserlichen Maiestat vnnsers allergnedigsten
Heims, vnnd des heiligen Reichs Lehenns vnnd Wapens genossleüthenn,
Lehen vnnd all anndere Gericht vnnd Recht zu besitzen, Vrtheil zu
schöpfen vnnd Recht zu sprechen, vnnd des alles theilhafftig, würdig,
entpfenglich vnnd darzu tauglich, schicklich vnnd guet sein, inn
geistlichenn .vnnd weltlichenn Stenden vnnd Sachenn, vnnd sich dess
gebrauchen vnnd gemessen sollen vnnd mögen, als anndere Irer
Maiestät vnnd des heiligen Reichs Lehenns vnnd wapenns genoss-
LeQthe, solches alles haben vnnd sich dessen frewen vnnd geniessen,
vonn Recht oder Gewonheit, vonn allermeniglich vnuerhinndertt. Doch
anndern die villeicht der obberürtenn Wapen vnnd Cleinoten gleich-
führten, ann iren Wapenn vnnd Cleinoten oder Rechten vnschädlich. Mit
vrkunth ditz brieffs, den Ich mit aigner hand vnderschrieben, vnnd meinem
Palatinat Insigel besigelt. Gegeben zu Esselingen den driten Monats-
tag Junij, Nach Christi vnnsers Lieben Herrn vnnd Seligmachers
geburt , im fünfftzehenn hunndert vnnd fünff vnnd neuntzigsten Jare.
Samson Bertzog S. Lateran. Pal. aulaeque C®s. et Imperial.
Consistorij Com. Palatinus scripsit.«
Ebenfalls diesen Familiennamen führten:
Friedrich Heinrich Keller, Herzogl. Württemberg. Kriegsrath
und Oberst-Lieutenant, Commandant in Tübingen, zuletzt Oberamt-
mann in Merklingen. Sein Vater, Johann Heinrich Keller, war
Vogt von Laufen; der Grossvater, Philipp Keller, Kanzleiverwandter
zu Stuttgart; die Grossmutter, Beatrix, Tochter des Kastkellers
daselbst, Matthäus Aulber, Sohns des Kanzlei-Advocaten in Stuttgart.
Derselbe vermählte sich erstmals mit Maria Magdalena, Tochter
des Forstmeisters in Schiltach Joh. Budolph von Gemmingen; zum
zweitenmale mit Maria Magdalena, Tochter des Prälaten in Maul-
bronn Johann Zeller« Söhne:
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- 444 -
I. Rudolf Heiiirich, Hauptmann. IL Johann Friedrich, Land-Re-
novator und Tricesimations- Verwalter. III. Johanu Christof, M. und
Stadtpfarrer zu Bottwar. IV. Johann David von Keller, Fürstlich
Württemb. Hofrath, Erb- und Gerichtsherr auf Stetten, vermählt mit
Maria Christina, Tochter des Consistorial - Direktors Joh. Scheffer
(nach anderen Angaben mit Mathilde Buoff). —
Christof Dieterich ron Keller, geb. 1699 25. Nov., Erb-
und Gerichtsherr auf Stetten, fürstl. Sachsen-Gotha- und Württem-
bergischer wirklicher adelicher Geheimer-Rath und Staatsminister.
Derselbe wurde als Herzogl. Württemb. Gesandter am K; K. Hofe zu
Wien 14. Sept. 1737 in den Adelsstand erhoben und stammte, wie
das Adels-Diplom angibt: ,,aus einer im Herzogthurae Württemberg
bereits seit vielen Jahren in gutem Ansehen gestandenen Familie."
Von seinen hinterlassenen Söhnen erlangte der ältere, Dorotheas
Ludwig Christoph Graf von Keller, K. Preussischer bevollmächtigter
Minister und ausserordentlicher Gesandter am K. K. Hofe zu Wien,
den Grafenstand den 29. Nov. 1789, während der Jüngere, Ludwig
Friedrich Heinrich Ferdinand Freiherr von Keller, K. privileg.
Landrath des Mansfelder Kreises a. D., der Stifter der jüngeren den
freiherrlichen Titel führenden Linie des Geschlechts wurde.
Dm Fürsttich Württembergische Dienerbach enthält folgende höhere Beamte
des Namens Keller: Met. Christoph v., Geh. Regim.Rath 26.; Geh. Secretar. 33, 70;
Stattschreiber 437. - Albr., Vogt 356. — Andr., Pfarrer 613. — Christoph, Keller 277,
569. — Christoph Diet., Geh. Secretar 44; Gel. O.Rath 66. — Christoph Fried., Vogt 510.
— Cornel., Keller 453 ; 8chultheiss 423 ; 8peciat 478 ; Vogt 452, 459 ; Vorstmalster 528. -
Eberh., Decan 396. - Eberh. Dav., Geistl. Verwalter 381. — Erasmus, «.Pfleger 261. -
Ernst Vrh., Abt 289; Geistl. Conaist Rath 139; Pfarrer 474, 610; 8tifftsPrediger 545. -
Frid. Heinr., Amptmann 292 ; Hauptmann 367, 574. — Georg Christoph, Keller 405. —
Georg Heinr., Abt 244; Decan 395. — Greg., Cl. Pfleger 261; Stifft* Verwalter 463; Vogt 327.
- Hans, Vogt 394. — Hans Heinr., Ambtmann 325. — Heinr., Vogt 458. — Jae., Oastkeüer
193. — Joh., Castkeller 553; Cl.Hofmeister 348; Vogt 615, 540, 675. — Joh. Burckh., Ampt-
mann 292; Cl.Pfleger254; Vogt 282, 427, 464. — Joh. Christoph, Amptmann 292; aPfleger
270; CraysSecretar 32; Geh. Secretar. 31 ; Geistl. Verwaltter 425 ; Pfarrer 384, 400 ; Stiffts-
Pfleger 496: Vogt 495. — Joh. Heinr., Amptmann 431 ; Rays. 8chultheiss 599; Vogt 473.-
Marl , Probst 543; Vorstmeister 188. — Melch., Vogt 531. — Seb., CLHofmeister 350,
354; Cl.Pfleger 355 ; Vogt 515. — Simon, Geh. Secretar 30. — Urb Em., Cantalei-
Advoc, 95; RcnthCh.Secretar 1.0; Vogt 403. — Wernher, Geh. Secretar 30; Vogt 477.
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E e p p 1 e r.
Johann Keppler, einer der grössten und berühmtesten Ma-
thematiker aller Zeiten, wurde den 27. December 1571 zu Weil der
Stadt geboren, woselbst sich seine, einst von Kaiser Sigismund in den
Ritterstand erhobene Familie, welche sich auch Kepner, Keppner
schrieb, zu Anfang des XVI. Jahrhunderts niedergelassen hatte.
Der Einfluss der Kepplerlschen Familie daselbst bewirkte hauptsächlich
den raschen Eingang der Reformation, in Folge welcher Weil die Stadt
gegen Ende des XVI. Jahrhunderts nur noch etwa gegen dreissig
katholisch gebliebene Familien zählte.
Leider gelang, als Keppler's Vorfahren Greise geworden, auch
ihre Nachkommen sich nach anderen Gegenden zerstreut hatten, die
Gegenreformation , an deren Spitze der berühmte und gelehrte Dr.
Johann Baptist Fikler*, der erste Instructor des Herzogs Max von
Bayern, stand, so vollständig, dass die Stadt im XVII. Jahrhundert
wieder vollständig zum Katholicismus zurückgekehrt war.
Der Vater Johanns, Heini ich Keppier, stand 1574 als Söldner
unter Herzog Alba, kehrte in der Folge wieder in seine Vaterstadt zu-
rück, verlegte seinen Wohnsitz nach Leonberg, ging 1576 abermals als
Söldner nach Belgien, wo er einst Gefahr lief gehängt zu werden,
versah 1589 unter dem Grafen Lodron die Hauptmannsstelle im
Seekriege der Neapolitaner gegen Anton von Portugal, welcher die
canarischen Inseln belagerte, und starb, eben im Begriff mit seinem
* Ein Neffe von ihm war Johann Michael Fikler, Jur. Dr., Kammergericht*-
Advocat und Procurator in Speyer, der Stifter der bekannten FikUr'Bchen Stiftung, d. d,
14. Augnat 1586.
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— 446 —
Fähnlein ins Vaterland zurückzukehren, in der Nähe von Augsburg;
die Mutter Katharina war eine geb. Guldenmann, deren Base zu
Weil als Hexe hingerichtet wurde ; der Grossvater, Sebald Keppler,
hoch angesehener Bürgermeister der freien Reichsstadt Weil (hinter-
liess 12 Kinder); die Grossmutter Katharina, geb. Müller, Enkelin
des reichen Midier in Marbach am Neckar „Reichsmiiller" genannt;
der Urgrossvater, Sebald Keppler, „Vilam concessit" 1520, soll
namentlich in dem Kriege CarVs V. und Franz I. Lorbeeren er-
rungen haben (von seinen Söhnen, er hatte 9, waren ebenfalls einige
im Felde), auch wurde ihm nebst seinem Bruder Daniel im Jahr 1563
vom Kaiser das althergebrachte Familienwappen bestätigt ; der Urur-
Grossvater, Sebald Keppler, wurde Bürger in Nürnberg und sass
daselbst «eine lange Zeit als Buchbinder in guttem Leumutth häuslich
und häbig» ; der Urur-Urgrossvater , Caspar Keppler, Kaiserlicher
Hofpoststallraei8ter zu Worms, rüstete als solcher die prächtige
Gesandtschaft nach Spanien aus, welche Maximilian I. an seinen
Sohn Philipp schickte ; der Vater der letztgenannten endlich, Friedrich
Keppler, ward mit seinem Bruder Heinrich auf der Tiber-
brücke zu Born zum Bitter geschlagen.
Was die Aufgabe des Adels in der Keppler sehen Familie
anbelangt, so rührt dieselbe von dem ebenerwähnten Urur- Gross vater
Johanns her, indem derselbe, als er ein bürgerliches Gewerbe ergriff,
seinen Namen änderte, und da damals das Vorurtheil bestand, dass
die Arbeit entadle, sich auch nicht mehr des adeligen Prädicats
bediente. Denn «der verarmte Ritter schämte sich, den edlen Namen
seiner Vorfahren durch eine Handthierung zu beflecken und änderte ihn.»
Obgleich Johann sich nie des adeligen Prädicats bediente,
konnte er sich doch, wenn ihm Adelsstolz hochmüthig entgegentrat,
sehr wohl desselben erinnern. Als Beweis hiefür mag Folgendes
dienen : Einst schrieb an ihn Graf Vincenz Blanchus aus Venedig,
er danke täglich Gott, dem Höchsten und Besten, dass er ihn aus
einer alten und ritterlichen Familie entspringen Hess und dass Kaiser
Sigismund alle rechtmässigen Angehörigen seiner Familie mit dem
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Grafentitel geschmückt habe. Keppler antwortet ihm mit feiner
Ironie: „die Philosophie selbst, welche bis jetzt bei mir im bürger-
lichen Kleide wohnte, hat hente auf die Nachricht hin, zu welch
hochadligem Manne sie mir als Botin dienen sollte, ein vornehmeres
Gewand angezogen. Denn auch in mir hat Kaiser Sigismund einen
adeligen Geist erweckt. Er hat, wie mir überliefert wurde, einen
meiner Ahnen Friedrich, zugleich mit dessen Bruder Heinrieh, unter
andern schwäbischen Reitern, die in seinem Gefolge waren, 1430
auf der Tiberbrücke zu Born zum Bitter geschlagen. (Später urkund-
lich erwiesen.) Durch Dürftigkeit sanken jedoch meine nächsten
Vorfahren schon seit etwa 100 Jahren zu Kaufleuten und Hand-
werkern herab."
Als ächte Reichsstädter waren Keppler's Vorfahren von kriege-
rischem Charakter.
Denn die Reichsstädte wussten, da sie als Mittelpunkte der
Gewerbs- und »Handelstätigkeit zu höherem Wohlstande gelangten,
sich auch das Waffenrecht u. A. zu erwerben, welches zuerst die
Stadt Worms anno 1073 von Kaiser Heinrich IV. für geleisteten
treuen Beistand erhielt. Dieses Recht aber erregte bei Fürsten und
Adeligen grosse Eifersucht und führte in der Folge zu häufigen
Fehden mit den Städten.
Jeder, welcher als Bürger aufgenommen wurde, sich ver-
heirathete oder ein selbstständiges Gewerbe zu treiben anfing, musste
mit „Wehr und Harnisch" versehen sein, und keiner durfte ohne
besondere Erlaubniss in fremde Kriegsdienste treten, der Verkauf
der Waffen aber war bei schwerer Strafe verboten. Den Oberbefehl
über die gesammte städtische Wehrmannschaft führte der Bürger-
meister oder ein eigener Stadthaüptmann (capitaneus) ; das Stadt-
banner trug einer der Rathsherren. Wer das Bürgerrecht (z. B. in
Ulm) erhielt, musste geloben, der Stadt zu wachen mit einem Harnisch
und wer einen solchen nicht besass, konnte weder das Marktrecht
noch das Zunftrecht erlangen. Jeder musste schwören, seinen
Harnisch weder zu verpfänden, noch zu verkaufen und Niemand
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— 448 —
durfte ihn als Pfand annehmen oder etwas darauf leihen; auch
wurde alljährlich eine Harnischschau veranstaltet. Wer gedenkt
dabei nicht der Spartaner, die nach einer Schlacht entweder mit
oder auf dem Schild zurückkehren mussten.
Johann selbst, der sich stets ohne Adelsprädicat unterzeich-
nete, widmete sich Anfangs dem Studium der Theologie, absolvirte
die Klosterschulen, bezog die Universität Tübingen, wurde 1588
Baccalaureus und errang 1591 den II. Platz (den I. erhielt Brenz,
Enkel des Reformators) in der Magister würde. Nun aber verliess
er die Theologie und schon 1593 treffen wir ihn als Professor der
Mathematik und Moral am Gymnasium zu Grätz, welch erstere Wissen-
schaft sammt der Astronomie er schon in Tübingen mit grosser
Vorliebe getrieben hatte. Während des damaligen Kalenderstreits
trat Keppler auf Seite des neu einzuführenden Kalenders. An seinen
Lehrer Mästlin in Tübingen, der gegen die eigene Ueberzeugung
auf die Seite des alten Kalenders trat, schrieb Keppler, „Gleich-
förmigkeit in der Zeitrechnung gehört zur Zierde des Landes. Es
ist eine Schande für Deutschland, wenn es allein diese Verbesserung
entbehren will." Keppler war ein entschiedener Christ, der durch
seine reichen Kenntnisse nicht von Gott weg, sondern zu Ihm hin-
geführt wurde. Sein grösstes Werk schloss er mit den Gebetworten:
»Ich sage Dir Dank, Herr und Schöpfer, dass Du mich erfreut
hast durch deine Schöpfung, da ich entzückt ward über die Werke
deiner Hände. Ich habe den Ruhm deiner Werke den Menschen
geoffenbaret, soweit mein beschränkter Geist deine Unendlichkeit
fassen konnte. Ist etwas von mir vorgebracht worden, das deiner
nicht würdig ist, oder habe ich eigene Ehre gesucht, so verzeihe
mir es gnädiglich!« Seines Glaubens wegen konnte er sich zu
Grätz nicht heimisch finden, auch wurde er durch den fanatischen
Glaubenseifer des Erzherzogs Ferdinand mit Hinterlassung seiner
Guter von da vertrieben. Der Erzherzog hatte zu Loretto der heiligen
Jungfrau geschworen, die Protestanten mit Rumpf und Stumpf aus-
rotten zu wollen. „Wer Luther' s Bibel Host," schreibt Keppler
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— 449 —
„wird der Majestätsbeleidigung angeklagt und geht seiner Güter
verlustig." Zwar waren ihm die Jesuiten seiner Kenntnisse wegen
wohl gewogen, allein er machte durchaus keinen Hehl daraus und
bezeugte, „ich bin ein Christ, ich habe die augsburgische Confession
aus dem elterlichen Unterricht, aus oft wiederholter Prüfung, aus
täglichen Uebungen in Versuchungen geschöpft; ihr hange ich an,
heucheln* habe ich nicht gelernt !"
Er lenkte nun seine Schritte nach Ungarn 1598 und, da ihn
2 Jahre später der berühmte Tycho de Brake, der indess Keppler
an Talenten weit nachstand, nach Prag einlud, um gemeinsam astro-
nomische Messungen anzustellen, so folgte er dieser Einladung. Hier
ward er in der Folge von Kaiser Rudolph II. zum Kaiserl. Mathe-
matikus, Hofastronomen, jedoch ohne bestimmten Gehalt ernannt, was
ihn noch zum Studium der Mediän als Brodstudium nöthigte.
16 12 folgte er einem Rufe nach Linz, wo ihn der Super-
intendent Hitzl&\ ein Württemberger, verketzerte; 1613 finden wir
ihn im Gefolge des Kaisers nach Regensburg; 1626 aber im Dienste
des berühmten Herzogs von Friedland, Wallenstein, mit dem haupt-
sächlichsten Aufenthalte in Sagan.
% 1621 eilte er, da seine Mutter Katharina als Hexe angeklagt
war und eben im Begriffe stand verurtheilt zu werden, 70 Meilen
weit zu ihrer Verteidigung nach Hause herbei , und errettete diese
unter Anwendung seiner ganzen Geistesschärfe vom gewissen Tode.
Als endlich 1630 der Kaiser auf den Reichstag nach Regensburg
zog, eilte Keppler dahin, um diesen an die Bezahlung seines rückstän-
digen längst verdienten Gehaltes zu erinnern, starb indess daselbst von
den Mühen der Reise entkräftet den 15. November des genannten
Ja'.ires im 60. Jahre seines Alters und wurde auf dem Gottes-
acker zu St. Peter beigesetzt.
Das ganze Leben hindurch waren Noth urd Sorge seine Be-
gleiter. Was seine unschätzbaren astronomischen Entdeckungen
betrifft, so wurde durch ihn das Kopernikanische System bestätigt,
das wahre Gesetz der Schwere aufgeschlossen, die Dioptrik zur
v. (itorgii-Oeorgtnau, Biographisch-Genealogische Blätter etc. 29
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- 450 —
Wissenschaft ausgebildet und die bis dahin von ihrem Erfinder geheim
gehaltene schwere Theorie der Logarithmen u. s. w. und vieles andere
noch bekannt gemacht.
Nur mit Müho konnte sein Grabstein in Regensburg aufgefunden
werden. Die Inschrift auf demselben, die er sich selbst gewünscht,
lautet in Deutsch übersetzt, ungefähr folgendermassen :
Himmel mass ich zuvor,
Nun mess ich Schatten der Erde:
Himmlisch war ja der Geist,
Erde bedeckt nun den Leib !
»Nächst Schiller ist Keppler der grösste Genius, den Würt-
temberg hervorbrachte.«
Ein Schwabe ohne Menschenscheu,
Dem Vater lande furchtlos treu,
Ein Geist voll klarer Wissenschaft,
Ein Herz bewährt in Glaubenskraft,
Das Aug im Flug zum Sternenlicht,
Dem Freund ein holdes Angesicht,
Ein Fürst des Geistes, stark und mild:
So glänzt uns unsres Keppler' $ Bild.
Im Jahre 1808 wurde ihm zu Regensburg, im Jahre 1870
zu Weil der Stadt, seiner Geburtsstadt, ein Denkmal gesetzt.
Die erste Gattin Keppler' s war Barbara Müller von Mühleck,
»eine Tochter des Ehrsamen und fürnemben Meister Jobst Müller
zu Gessendorf sesshaft,« welcher das Schlösschen Mühleck besass;
die zweite Susanna, geb. Rettinger (oder Reitinger) , damals erst
12 Jahre alt, von Efferding. Kinder:
I. Susanna, geb. 1602, vermählt erstmals 1630, 5. März mit
Jacob Bartsch, Med. Dr., Keppler' 's astronomischem Gehülfen
in Sagan, welcher nach vier Jahren an der Pest starb; zum
zweitenmale mit einem Martin Killer.
U. Cordula, geb. 1621.
III. Anna Maria, geb. 1630.
IV. Ludwig Keppler, geb. 1607 21. December, Med. Dr. in
Königsberg, vermählt erstmals zu Königsberg 2. Januar 1640
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— 451 —
mit Maria, geb. Reimer (nach anderen Angaben mit r Anua
Benner«); zum zweitenmale mit Anna Thornhaken. Er starb
1663 in Regen8bnrg.
V. Sebald, geb. 1619.
VI. Fridmar, geb. 1623.
VII. Hildebert, geb. 1625.
Von den Geschwistern Keppler s finden sich folgende verzeichnet:
I. Margare tha, vermählt zu Leonberg 16. October 1608 mit
Georg Binder, Pfarrer in Heumaden 1609 — 20, in Kosswälden
1620 — 35. Der Letztere heirathete nachmals 1616, Susanna,
Wittwe des Joh. Schüler, geb. zu Göppingen 1554, Pfarrers
in Hagelloch 1576, Stadtpfarrers in Stuttgart, Decans in Kirch-
heim 1586-1614.
II. Heinrich Keppler, kränklich, kam im Jahre 1587 zu einem
Tuchscherer in die Lehre; entfloh 1589 nach Oester reich, gieng
1591 in die Türkei; begab sich sodann nach Wien und 1592
wieder nach Weil der Stadt; 1593 nach Mainz, Strassburg,
Belgien und kehrte verarmt nach Hause (Leonberg) zurück.
III. Christof, Zinngiesser in Leonberg, Trillmeister, dann Lieutenant
bei der Landmiliz, Gerichtsverwandter; Spitalmeister in Leon-
berg; vermählt Eltingen 3. März 1612 mit Katharina 5 Tochter
des Caspar Wendel, Schultheissen daselbst.
Noch im Jahr 1868 lebte ein Nachkomme der Keppler 'sehen
Familie, Gottlob Kepler, als ßothgerber in Leonberg.
Das Fürstlich Württembergische Diener buch enthält folgende höhere Beamte
des Namens Keppler, (Käppier, Kappeier): Peter, Vogt 407. — SeboJd , Stadtschreiber
366; Vogt »86, 526.
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zedby G00gk
Kern er.
Justinus Kerner, einer der besten lyrischen Dichter seiner Zeit,
wurde den 18. September 1786 zu Ludwigsburg geboren als jüngster
Sohn des dortigen Oberamtmann? und Regierungsraths Kerner, und
einer geb. Stockmayer, deren Vater* Oberamtmann in Weinsberg,
Stadt-Oberamtmann in Stuttgart, nachmals Kammerprocurator in Stutt-
gart gewesen ist.
Er entstammte einem Kärntnischen Geschlechte, welches in der
Person des ältesten Stammvaters Michael, Kaths und Finanzbeamten
des Kaisers Maximilian, von Letzterem in den Adelsstand erhoben wurde,
unter gleichzeitiger Ertheilung des noch heute von der Familie ge-
führten Wappens.
Wir geben in Folgendem als Beitrag zur üfcrw^r'schen Familien-
geschichte einen Auszug aus Just. Kerner s »Bilderbuch aus meiner
Knabenzeit,« Braunschweig 1849:
»Die Nachkommen, unbegütert und meistens im Dienste der
Kirche und des Staats, machten von dieser Kaiserlichen Gnade keinen
Gebrauch. Michaels Söhne, von denen der ältere Michael, der jüngere
Balthasar hiess, hatten sich dem geistlichen Stande gewidmet, aber
das Licht der Reformation lockte sie zu Luther nach Wittenberg.
In ihr Vaterland zurückgekehrt, suchten sie den lutherischen Kate-
chismus einzuführen, wurden aber von da vertrieben, flohen nach
Württemberg, und der ältere Michael, von dessen Linie Jastinus
abstammt, wurde Prediger und Rector zu Schwäbisch Hall, der jüngere
* Eine «weite Tochter desselben verm&hlte sich mit dem vormals Erlsngi-
schen Professor, nachherigen Stuttgarter Reglerungsrath Elsätter. Ein Sohn ans dieser
Ehe widmete sich der Heilkunde nnd wurde ein sehr geschätzter Arzt und Schriftsteller
im Fache der Augenheilkunde und starb 1813 zu Neustadt a. d. Linde. Ein Sohn des Letzt-
ge nannten ward die Zierde der vaterlandischen Aerzte. Eine Schwester des ebenerwihn*
ten Augenarztes El süsser vermählte sich mit dem Secretär Hauff in Stuttgart und würde
die Mutter des bekannten Wilhelm Hauff.
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— 458 -
Bruder aber Prediger am Münster zu Ulm, wo ihm ein Sohn im
Amte nachfolgte, der aber keine Kinder hinterlieös. Der Gross-
vater von Justinus (geb. im Jahre 1704) war in seiner Jugend
Rath zu Hechingen. Nach dem unerwarteten Tode des Forsten ent-
zweite er sich mit dem Administrator und wurde auf die Feste Hohent-
wiel verwiesen, wo ihn indess der aus Wien zurückgekehrte Suc-
cessor bald befreite und rechtfertigte, überdiess empfahl er ihn an
den württembergischen Hof, so dass er zum Oberamtmann in Göp-
pingen ernannt wurde.
Jtistinus selbst erhielt schon in früher Jugend, da der Vater
von Ludwigsburg nach Maulbronn versetzt wurde, durch das mit
der Wohnung zusammenhängende Kloster tiefe Eindrücke, hervorgebracht
durch die Erinnerung an die Vergangenheit desselben. Sehr oft
durchwandelte der Knabe bei Nacht ganz allein die schwarzgrauen,
mit den steinernen Grabmonumenten längst verstorbener Aebte und
Mönche ausgelegten, Kreuzgänge des Klosters. Aber auch das Innere
der Kirche selbst, das für die Phantasie eines Knaben grosse und
neue Eäthsel bot, machte einen nicht zu unterschätzenden Eindruck
auf ihn. Solcher Richtung seines Phantasiespieles entquollen die ersten
seiner Verse, von denen ihm, wie er selbst sagte, nur noch folgende
Strophen erinnerlich:
»Würde wahrlich nicht erschauern,
Sohwebtet ihr aus Grabesmauern
In den Kutten, schwarzen, weissen,
In den Barten, langen, greisen,
Im Gesichte Geistertrauern.
Schläfer! auf zum Rebenthaie!
Dort im bunt bemalten Saale
Warten euer die Pokale,
Warten auf dem Eichen tische
Wildpret und gebackne Fische
Jetzt im hellen Mondenscheine
Glänzen licht die bunten Fenster
Und es heben die Gespenster
Ihrer Gräber morsche Steine.«
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In diese Zeit schon fallen seine häufigen magnetischen Traume
bei dem Schulunterricht, den Kerner in Maulbronn genoss. So fühlte
er sich hauptsachlich durch den Unterricht in der Physik, den der
nachmals als Dekan in Leonberg verstorbene Amandus Gründer
ertheilte, besonders in Betreff auf die Erscheinungen der Electricittt
angezogen. 1799 kehrte er nach dem inzwischen eingetretenen Tode
des Vaters in seine Vaterstadt zurück, und trat, nachdem er noch
vorher längere Zeit die Schule besuchte, in das Comptoir der herzog-
lichen Tuchfabrik daselbst ein. Ebenfalls tief berührt wurde Kerner
in dieser Zeit durch Stilling, der ihm in Begleitung mit seiner
Gattin und dem Waisenhauspfarrer Scholl auf dem Rückwege von dem
Ludwigsburger Waisenhause, das er besichtigt hatte, begegnete ; er schil-
dert ihn als eine lange interessante Gestalt, mit der eigenen hohen
Stirne, der Adlernase und den Liebe und Sanftmuth strahlenden Augen.
Kerner, der in der kaufmännischen Laufbahn weder Befriedigung
noch Neigung zu derselben empfand, legte sich viel lieber auf das Studium
der Naturwissenschaften, einem Studium, zu dem ihm hauptsächlich
auch der Chemiker Staudenmeyer rieth, ein eigener origineller Mann der
damaligen Zeit, bei dem er manche freie Stunde zubrachte. Der
Letztgenannte, der viele Jahre als Chemiker und nachher als Admi-
ralitätsapotheker in Petersburg gelebt, hatte daselbst bei Giessung einer
neuen Metall-Composition ein Auge eingebüsst. Ein von Staudenmeyer
erfundenes Surrogat für die Chinarinde ward mit bestem Erfolge in
den Spitälern, besonders auch in Hamburg angewandt.
Staudenmayer s Bathe nun folgte Kerner, und begab sich mit
Hilfe des bekannten ehemaligen Diaconus in Ludwigsburg Conz, der
damals die Stelle eines Professors an der Universität Tübingen bekleidete,
und von Kerners Mutter die Erlaubniss für den Sohn zum Univer-
sitätsstudium auswirkte, 1804 nach der Hochschule. Vier Jahre
studirte er Naturwissenschaften und Medicin, und behandelte auch
schon Kranke mit Geschick und Erfolg. 1809 wurde er Dr. Med.
und gieng auf Reisen, 1810 Hess er sich als praktischer Arzt in
Wildbad nieder, und verfasste als solcher die »Beschreibung dieses
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Bades.« 1812 zog er nach Welzheim ; 1815 wurde er Oberamts-
arzt in Gaildorf, wo ihn hauptsächlich anch die Untersuchung der
»Fettgifte und die Fettsäure« beschäftigte, wie sein 1822 darüber
erschienenes Werk heisst. 1819 wurde er Oberamtsarzt in Weins-
berg, und baute sich nun arm Fusse der Weibertreue das Haus
mit der reizenden Anlage , das mit den nach und nach erwei-
terten Gärten den Schauplatz der Entfaltung des reichen Idylls des
Dichterlebens bis zu seinem am 21. Februar 1862 erfolgten Tode
abgeben sollte. Hier ist es, wo er sich als Dichter, als Arzt und
Forscher im Felde des Somnambulismus und der Geisterwelt, aber
anch als Mensch in seinem häuslichen Leben und seinen geselligen
Beziehungen gezeigt hat, und zu grosser Berühmtheit gelangt ist.«
In der in der Schwäbischen Kronik über Kerner erschienenen
Biographie heisst es o. A. :
»In seinen Werken macht mehr als Ein Dichter einen bedeuten-
»deren Eindruck auf uns, als Kerner: aber einen, dessen Persönlichkeit
»einen gleich poetischen auf uns gemacht hätte, haben wir unter
»denen, die wir persönlich kennen gelernt haben, nicht gefunden.
»In seiner Nähe, in seiner Atmosphäre waren die Menschen wirklich
»besser, wenigstens leidlicher als oft anderwärts, und so vertrugen
»sich auch in seinem Hause Gegensätze, die sich sonst ausschlössen,
»wie ohnehin sein weites Herz Grosse und Kleine, Eothe und Schwarze,
»Klage und Einfältige, Gläubige und Ungläubige mit gleicher Liebe
»und doch mit feiner Unterscheidung umfasste«.
Unter seinen hohen Verehrern und Verehrerinnen waren u. A.
auch die entthronte Königin von Neapel, die Tochter seines Zither -
spielenden Gönners, der auch Kerner besonders huldigte, wie der
Prinz Adalbert von Bayern.
Kerner's Gattin war seit 1813 Friederike (sein „Rlckele"), eine
Tochter des Pfarrers Ehemann zu Buith auf den Fildern, früheren
Professors an der Klosterschule Denkendorf, sie starb 1854. Sohn:
Theobald Kerner, bekannter Arzt zu Weinsberg, erwarb sich
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darch seine electrischen, wie pneumatischen Euren in Cannstatt
einen Ruf. Auch als Dichter hat er sich bekannt gemacht
Jnstinus Kerner's Geschwister waren :
L Wilhelmine, vermählt mit dem 1762 zu Vaihingen a. d. Enz
geborenen nachmaligen Pfarrer zu llsfeld bei Heilbronn Stein-
beis, von deren Söhnen in der Folge der älteste Ferdinand
von Steinbeis, geb. zu Oelbronn, O.A. Maulbronn 5. Mai
1807, Dr., Excellenz, Präsident der Königlichen Centralstelle
für Gewerbe und Handel, Grosskreuz etc., sich 13. August
1833 mit Catharina Friederike, geb. Klumpp vermählte.
Ein Sohn dieser letzteren Ehe Otto Steinbeis ist Ingenieur zu
Brannenburg, O.A. Rosenheim und mit Fanny Caroline, geb.
Lerch vermählt.
IL Louis Kerner, Pfarrvikar in Knittlingen, nachmaliger Garnisons-
prediger auf Asperg.
III. Carl Friederich Freiherr von Kerner, geb. zu . Ludwigsburg
7. März 1775, Königl. Wurttemb. Generalmajor, Generalstabs-
chef im russischen Feldzuge, Geheimerrath und Bergraths-Präsi-
dent in Stuttgart. Derselbe nahm im Jahr 1806 an der
Belagerung von Glogau, Breslau, Schweidniz, Neisse und Glatz
als Commandant der reitenden Batterie Theil. 1807 wurde er
Oberstlieutenant in der Artillerie, welch letztere er mit einer
neuen Construction der Munitionswagen bereicherte. Die Con-
struction fand allgemeine Anerkennung, ja selbst Kaiser Na-
poleon wusste dieselbe zu würdigen. 1808 während der kurzen
Waffenruhe ward er zum Chaussee-Oberintendanten und Obersten
ernannt. 1809 finden wir ihn wieder im Felde und seine
Leistungen von Napoleon durch Aufnahme in die französische
Ehrenlegion anerkannt. Bei dor glänzenden Waffenthat der Würt-
temberger 16. Mai 1809 gegen ein überlegenes feindliches Armee-
korps bei Linz verdankte man sehr viel seiner kaltblütigen
Umsicht, auch ward ihm von seinem Könige in Anerkennung
derselben das Commenthurkreuz des Militarverdieiistordens ertheilt.
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von Napoleon aber wurde er mit dem Offizierskreuz der Ehren-
legion ausgezeichnet. In diesem Feldzug wurde er auch zum
Generalquartierraeister-Lieutenant ernannt. Vom Feldzuge zu-
rückgekehrt widmete er sich den Künsten des Friedens als
Direktor der Strassenbauten, der sämmtlichen Berg- und Hütten-
werke, der Gewehrfabrik Oberndorf. König Friedrich ertheilte
ihm für seine gelungenen Bestrebungen das Commandeurkreuz
des Civilverdienstordens. 1812 machte er als Chef des würt-
tembergischen Generalstabs don russischen Feldzug mit. Auf
Grund seiner Leistungen vor Smolensk in der mörderischen
Schlacht an der Moskwa erhielt er das Kommenthurkreuz I. Cl.
des Militärverdienst-Ordens, bald nachher das Grosskreuz des
Civilverdienst - Ordens und die Erhebung in den Freiherrn-
stand. Von diesem Feldzuge zurückgekehrt, fand er seine
Gesundheit geschwächt und zum Militärdienste nicht mehr
tüchtig. Zum Staats rath und Chef des Berg- und Hüttenwesens
ernannt, ward nun sein weiteres Leben ausschliesslich den aus-
gedehnten Eisenwerken des Staates mit dem grössten Eifer und
schönsten Erfolge gewidmet. 1817 von König Wilhelm zum
Geheimenrath und provisorischen Minister des Innern ernannt, be-
hielt er sich den Rücktritt in seinen ihm liebgewordenen Ge-
schäftskreis vor. Als Geheimerath stimmte er stets für die
freisinnigsten bürgerlichen Einrichtungen , besonders in den
Gemeinden, und beförderte die Pressfreiheit.
1817 "nahm er als Commissionsmitglied an den neuen
Militäreinrichtungen lebhaften Antheil und wirkte bis zu seinem
Tode als Mitglied der Vereine für Wohlthätigkeit , Landwirt-
schaft, Gewerbe, Kunst und die Verbesserung der Strafgefangenen.
Schöner aber als sein thätiges äusseres Wirken war sein
inneres Leben, seine Biederkeit, seine Religiosität, sein fester
Glaube. Von der Gewissheit eines zukünftigen Lebens war
er auf seinem Sterbebette ganz durchdrungen, das Irdische
ihm dagegen zum Ecke! geworden. In den letzten Tagen vor
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seinem Ende strahlte sein* Gesicht schon ganz verklärt. Er
sagte : Wer von der Nothwendigkeit, ja der Schönheit des Todes
so Oberzeugt ist, wie ich, schon so hinüber sah, und das Diesseits
mit Jenseits vergleichen kann, den soll man nicht mehr hier
aufhalten, diesem zerrütteten Körper bleibt kein Recht mehr
an den Geist.
Kerner starb 12. April 1840.
Seine in Eisen gegossene Büste ist in dem Saale der
Modelle in Wasseralfingen aufgestellt.
IV. Georg Kerner, geb. 1770 ebenfalls zu Ludwigsburg, besuchte
als Medianer die Karlsakademie, wurde daselbst Chevalier und
machte später, von Jugend auf dem Idealen zugewendet, kühn
und selbstvergessen, begeistert für die Anfänge der französi-
schen Revolution, wider des Vaters Willen als Jacobiner diese mit,
sagte sich aber zuletzt ganz von den Letzteren los, indem er
zugleich kühn der Guillotine trotzte. Einst sprach Delaveau,
ein gefahrlicher Jacobiner, zu Kernet-, als er eben mit äusserster
Lebensgefahr ein Plakat des Maires von Strassburg an-
schlug, die bedeutungsvollen Worte : > Die Guillotine ist per-
manent. «
Später ging Kerner zur Diplomatie über, veranlasst
durch seinen Landsmann Reinhardt, nachhefigen Grafen und
Pair Frankreichs ; als Reinhardt Gesandter in Hamburg wurde,
war er dessen Begleiter in der Eigenschaft eines Privatsecre-
tärs, ohngeachtet ihre politischen Gesinnungen oft sehr von
einander abwichen. Ein enger Freundschaftsbund umschloss beide.
Die Jahre 1798 — 99 lebte Kerner in Italien, von dem
Minister Reinhardt vielfach mit wichtigen Aufträgen und
Sendungen betraut ; so auch u. A. zu General Bonaparte, von
dem er zu Tisch geladen wurde. Auf einer Reise durch
Italien war er der Begleiter der Schwester Bonaparte's, Pauline,
damals noch Generalin Ledere. Auch führte er einzelne Sen-
dangen, so z. B. nach Holland zu Brune ins Hauptquartier aus, wo
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er in seiner Lebhaftigkeit auch noch persöulich an einem Treffen der
Franzosen gegen die Russen und Engländer, das während seiner
Anwesenheit vorfiel, Theil nahm und dabei durch eine Mus-
ketenkugel am Arme verwundet ward. Als Secretär der fran-
zösischen Gesandtschaft ging er mit Bernhardt nach der
Schweiz, ferner nach Mailand, wo es sich fügte, dass er den
grossen Zug der französischen Armee über den Bernhard mit-
machte. Später als die Franzosen ihre Freiheit aufgaben, vor-
liess er, alles Vortheils ohngeachtet, die französischen Dienste, in-
dem er dem Nachfolger Reinhardt' s im Ministerium, Talleyrand,
seine antibonapartistischen Gesinnungon so offen darlegte, dass
er genöthigt war, schleunigst die Flucht zu ergreifen. In
diese Zeit fällt sein schon oben Seite 308 erwähnter Trink-
spruch gegen Napoleon. Nun lenkte er seine Schritte nach
Hamburg, wo Bernhardt damals Gesandter war, gründete da-
selbst ein politisches Journal mit dem Titel »Nordstern«,
hauptsächlich gegen die Despotie' Bonaparie's und seines
Anhanges gerichtet, dem der Verfasser zu lang und zu tief
in die Karten geschaut hatte, um nicht der verwundbaren
Punkte genug treffen zu können. Aber Napoleons Arm
erstreckte sich auch damals schon dorthin , die Unterdrückung
des »Nordsterns« ward vom Senate verlangt und die Sicher-
heit des Verfassers gefährdet. Nun gieng er nach Schweden,
über das er seine Ansichten in dem im Jahre 1803 in der
Cotia'schen Buchhandlung erschienenen Werk »Reise über
den Sund« darlegte.
Schwedens schöne Natur, sein üppiger Ackerbau, seine
starken und freien Männer gewannen sein Herz, aber sein
verwundetes Gemüth, der Gram über seine fehlgeschlagenen
Hoffnungen, sein zu nichte gemachter Glaube an ein freies
Volk blicken durch all' das, was ihn dort erfreute, schmerz-
lich hindurch.
Von Schweden aus datirt das von ihm am 6. August
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1802 aus Lund gerichtete Schreiben, in dem er am Eingänge
hauptsächlich Schwedens schöne Gegend schildert :
»Manchmal unter einer Eiche ins Grüne hingestreckt,
ȟberblicke ich die letztverflossenen dreizehn Jahre, und die
»Sonne muss so schön leuchten, wie seit einigen Tagen, und
»die Nacht durch den im Norden so belebten Schimmer der
»Gestirne beinahe zum hellen Tag werden, damit ein Bückblick
»auf die Vergangenheit die Seele nicht mit tödtendem Gram
»fülle und der Gedanke an die Zukunft nicht jeden Trost raube.
» — Voriges Jahr, beinahe um die nämliche Stunde, warnte ich
»die Schweizer noch gegen neue Schmach und gegen neuen
»Jammer. (In einem gedruckten Aufsatze über die Einrichtung
»des Centralwahlausschusses von August Wartenburg, Zürich
»1801). Damals erhielt jeder Blick auf die majestätischen
» Alpen meinen sinkenden Muth und meinen erschütterten Glauben
»an die Möglichkeit eines freien Volkes, jetzt suche ich Trost
»im Anschauen der wogenden See und Buhe im Genuss der
»ländlichen Scenen auf schwedischem Boden, an den ich nie-
»mals dachte, wenn ich so manchmal bei mir selbst die Gegenden
»aufzählte, in die mich der Sturm des Schicksals einst noch
»verschlagen könnte! — An den Ufern des Finnen -See's in
»den Waldgegenden Schwedens verweilte ich wieder einige Tage
»in stiller Einsamkeit, ganz den Betrachtungen hingegeben, wozu
»so viele neue Gegenstände Stoff und Gelegenheit herbei führten.
»Hier, so wie in andern abgelegenen Gegenden der Provinz,
»fand ich Ursache, das Kunstgefühl und den natürlichen Ge-
»schmack zu bewundern, den der schwedische Handwerksmann,
»auch fern von den Städten, seinem gesunden Auge und seinem
»richtigen Verstände dankt.
»So unvollkommen die äussere Physiognomie Schwedens
»ist, so unregelmässig sie von den äussern Punkten aus er-
schien, auf denen ich verweilte, so bietet sie dennoch tausend
»einzelne Züge dar, die mit unwiderstehlicher Kraft an sich
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»ziehen, Huldigungen gebieten, oder Zuneigung in die Seele
»zaubern. Wenn jemals die Unruhen Europas sich erneuern,
»wenn in einigen sudlichen Ländern der neue Coloss zu lästig
»werden sollte für den Mann von unabhängigem Nationalsinn „
»so rathe ich denen, die das Joch des Eroberers nicht tragen,
»Europa nicht verlassen, und dennoch nicht auf selbstständig-
»keitslosem Boden leben wollen, des schwedischen Volks und
»des schwedischen Bodens sich zu erinnern. Mit eiuem massigen
»Vermögen, das sie retten können, werden sie, im Fall sie das
»Landleben nicht scheuen, zwar hier keine Goldgruben, allein
»die Möglichkeit eines angenehmen thätigen Daseins, unter einem
»Himmelsstriche finden, der ungleich besser als sein Ruf ist,
»unter einem Volke reich an Kraft, an physischen und mora-
»lischen Anlagen, und auf einem Boden, der frei von solchen
».ist, die ihr Vaterland in einem zerrissenen kraftlosen Zustande
»erhalten, der aus den Gemuthern entweder die Zufriedenheit
»bannt, oder in ihnen den letzten Funken von Nationalgefühl
»zernichtet.
»Ich wollte der Bekämpfung der geistigen Gebrechen der
»Menschheit mein Leben weihn, es gelang mir nicht. Nun
»kehre ich zur Bestimmung meiner Jugend zurück, zur Be-
» kämpf ung körperlicher Gebrechen der Menschen. Ich begebe
»mich nach Kopenhagen und weihe mich dort wieder dem
»Studium der Arzneikunde«.
In Hamburg wirkte er nun als praktischer Arzt 9 Jahre
lang und ward daselbst hauptsächlich durch seinen Eifer die
damals noch in ihrer ersten Ausübung befindliche Einimpfung
der Kuhpocken gänzlich durchgeführt. Auch ward er von den
Städten Bremen und Lübeck zu ihrem Agenten bei den französi-
schen Oberbehörden in Hamburg 1807 erwählt.
Viele alte Freunde fand er wieder und machte viele
neue Bekanntschaften. Unter die ersteren zählten neben
Brutw, damaligem französischen General gouvemeur der Hanse-
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Städte in Hamburg, Bemadotte, der Fürst von Ponte-Corvo,
den er auch nachher in seinem Hauptquartier in Fühnen be-
suchte, sowie der bekannte politische Gesinnungsgenosse Kerners
Marquis de la Bomana. Der Letztgenannte, der als Befehls-
haber eines spanischen Corps unter Bcrnadotte gestanden,
hatte diesen mit dem grössten Theil der unter ihm dienenden
Spanier verlassen, um seinem bedrängten Vaterlande zu Hülfe
zu kommen und weihte nun Kerner in sein patriotisches Vor-
haben ein, zum Schutze Spaniens daselbst Guerillas zu bilden,
ein Vorhaben, das bald nachher Spanien die herrlichsten
Dienste leistete.
In Hamburg traf Kerner auch seinen Jugendfreund Bein-
hold (beide waren Karlsschüler gewesen), der als Privatsecretär
des holländischen Gesandten Abermar seine Laufbahn begonnen
hatte, später als Gesandter nach Hamburg gekommen war und
von da 1809, als die Gesandtschaft in Folge der damaligen
Vereinigung Holland's mit Frankreich aufhörte, als hollän-
discher Gesandter nach Berlin ging; im September 1810 kam
er wieder nach Hamburg und da sahen sich die Freunde zum
letzten Male.
Olmgeachtet sich der politische Himmel immer trüber
für Kerner gestaltete, hörte dieser doch <nie zu hoffen auf;
erst als Hamburg und man könnte sagen ganz Deutschland
Frankreich einverleibt ward, da versiegte auch sein Lebensquell,
nicht aber seine Liebe noch Bereitwilligkeit zu helfen.
Nur zuweilen brach sein Gram, brachen seine durch
Frankreich so getäuschten Hoffnungen in Erbitterung aus, wovon
auch ein Gedicht zeugt, das er damals unter der Aufschrift:
»Das blaue Fieber« schrieb und das nach seinem Tode, nach
Varnhagens von Ensc's Zeugniss, im Jahre 1815 den 3 Mon-
archen in Paris zur Ergötzung gereichte, ein Lied, das Kaiser
Franz bald auswendig wusste und dessen bald allgemein be-
kannte Zeilen er bei hundert Gelegenheiten , ja fast täglich
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citirte, was allerdings keine allzugrosse Vorliebe für seinen
Schwiegersohn verrieth.
Eine Vorahnung eines höheren Heimgehens schien es zu sein,
dass Kerner auf einmal von einer Sehnsucht nach der Heimath
befallen wurde ; er wollte mit Frau und Kindern nach Schwaben
ziehen, er wollte im Schoose des engern Vaterlandes ruhen.
Alles war schon zur Abreise bereit, da erkrankte Kerner
am Typhus, von dem er im Zuchthause, wo er eine grosse Anzahl
Nervenfieberkranker zu behandeln hatte, angesteckt worden war
und von dem er nicht mehr genesen sollte.»
In seinem Taschenbuch e fand man folgende Verse ein-
geschrieben, wohl Ahnungen eines baldigen Todes vor seinem
Erkranken :
»Hin ist hin, yerloren ist verloren.
Für das Grab bist du geboren,
Heimathluft wird nimmer dich umwehn,
Wirst nicht mehr den Mutterboden sehn,
Auf den glänzendrothen Wangen
Hat der Tod schon angefangen,
Ohne dein Gemüth zu trüben,
Furchtbar seine Siegeskraft zu üben.
Aus der Feuersglut der Augen
Wollen Hoffnung deine Freunde saugen,
Aber aus den hingewelkten Zügen
Straft der bessre Wunsch sich selber Lügen, c
Am 7. April des Jahres 1812 entschlief Kerner, der
Mann, dessen ganzes Streben nie das eigene »Ich« , sondern
das Wohl der Menschheit zum Zwecke hatte. Der »Hamburger
Correspondent« brachte einen von den Senatoren und Bürgern
der Stadt Hamburg veranlassten Artikel also lautend:
Hamburg, vom 10. April 1812.
»In der Blüthe seiner Jahre, in der schönsten Periode des
Lebens, wo der Mann seine Kraft im rühmlichen Wirkungskreise
herrlich entfaltet, ward uns vorgestern Herr Doctor Georg Kerner,
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ausübender Arzt und Geburtshelfer, entrissen. Von jenem warmen
Eifer für seine Kunst erfüllt, ohne welche sie nur eine todte Wissen-
schaft ist, starb er, ein Opfer seines schönen Berufs. Mit. Recht war
daher sein Name unter den ausgezeichnetsten dieser Stadt genannt
Freund alles Schönen, Beförderer alles Guten, ward er von allen
denen geschätzt, die übereinstimmend mit ihm dachten, vereint mit
ihm wirkten, und sein Verlust wird um so lebhafter empfunden, je
seltener die Menschen sind, die bei so vielseitiger Ausbildung und
gleicher Reife des Geistes von einem so glühenden Eifer für das
Wohl ihrer Mitmenschen beseelt sind.
Wie viel gerechter ist bei so seltenen Eigenschaften die Trauer
derer, die durch Bande der Liebe oder der innigen Freundschaft mit
ihm näher verknüpft waren, und in seinem hellen Verstände eben so
' viele Belehrung und Unterhaltung schöpften, als sie in seiner Anhäng-
lichkeit und seiner uneigennützigen Aufopferung Beweise von der
Vortrefflichkeit seines Herzens zählen. Die ausserordentliche Geschick-
lichkeit des Verstorbenen als Geburtshelfer und seine grossen Ver-
dienste als Armenarzt, ein Beruf, den er einer glänzenden Praxis
vorzog, wurden von seinen Mitbürgern gewürdigt. Neun Jahre lebte
er als ausübender Arzt unter uns, Ihm ward der Segen von tausend
Armen und Unglücklichen, denen er mit einer Menschenliebe als Arzt
unserer Armenanstalt, des Zucht- und Entbindungshauses, Gesund-
heit und jede nöthige Hülfe gewährte.
Eine sich selbst vergessende Uneigennützigkeit, eine seltene
Genialität und eine nichts verhehlende Offenheit machten ihn unter
anderm seinen Freunden doppelt theuer.
In vielen Ländern , in welche ihn seine merkwürdigen Schick-
sale führten, hinterlässt er deren, welche seinen frühen Verlust nie
vergessen und nur darin eine Beruhigung finden werden, dass er in
einem kurzen aber gehaltvollen Leben die Summe eines langen Daseins
erschöpft und dessen Zweck erfüllt zu haben scheint.»
Kerners Gattin war seit 1804 Friederike Dunker, eine Ham-
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burgerin, die an Geist, Bildung und Liebenswürdigkeit unter die aus-
gezeichnetsten Frauen ihrer Zeit gehörte.
Dieser Ehe entsprossten 1 Sohn Namens Reinhold, (nach dem
Freunde Kerners den Namen tragend), welcher sich der Wasser-
baukunst widmete und seiner Vaterstadt Hamburg mit vieler Aus-
zeichnung diente, und 2 Mädchen Bonaflne und Clara.
Dm Fürstlich Württembergische Dienerbach enthält folgende höhere Beamte des
Namens Kerner: Christoph Ludtc., Vogt 314, 485. — Georg Andr. Vogt 390, 408. —
Joh. Fried., CLPfleger 241. — M. Georg, Vogt 434 ; 486. — Mich. Keller 369 ; Vogt 408.
Georgü-Georgenau, Biogrsphisch-Gfrenealogische Bl&tter etc. * 30
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Kirchhofer.
Eine in der Stadt Schaffhausen ansässige Familie, welche von
Stein am Bhein und Herisau im Jahre 1634 m»d 1638 dahin
gekommen ist.
Ihr gehören an:
Johannes Kirchhofer, Professor der Theologie in Schaffhausen
1690, Conrector 1700. —
Johannes, Sohn des Vorigen, Landvogt zu Neunkirch 1734. —
Johann, Sohn des Vorigen, studirte Medicin und erwarb sich
als Med. Dr. zu Leiden einen Namen. Er schrieb „de circulatione
sanguinis.** —
Ebenfalls aus Schaffhausen stammen ab:
Johann Jacob Kirchhofer, Kaufmann in Schaffhausen (1790),
vermählt mit Ursula, geb. Frey, Söhne:
I. Conrad Kirchhofer, Stadt-Cassier daselbst.
II. Johann Jacob, geb. zu Schaff hausen 11. Juni 1792, Kaufmann
in Stuttgart. Derselbe bildete sich nach Erwerbung der kauf-
männischen Kenntnisse in Holland weiter aus und kam von da
nach Stuttgart, wo er sich den 7. Aug. 1825 mit Charlotte,
geb. Reuss, der Tochter eines Hauses vermählte, von welchem
er als Kaufmann in Geschäftsgemeinschaft gezogen wurde. Bald
nach seiner Verheirathung übernahm er dasselbe auch ganz.
Kirchhof er vermählte sich, nachdem 1830 seine I. Gattin ge*
storben war, zum zweitenmale 1832 mit Friederike, der
Schwester der ersteren; als auch diese ihm 1844 durch den
Tod entrissen wurde, zum drittenmale 1847 den 7. April mit
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Charlotte, geb. Sebald. Er starb 1851 den 11. Februar.
Der damalige Diaconus Hofacker, sein Beichtvater, äusserte
sich einst über ihn: „Der ist tief hinein gut." Seine Nach-
kommenschaft blüht noch jetzt im Württembergischen fort. —
Carl Ferdinand Kirchhofer, Vetter des Vorigen, eben-
falls von Schaffhausen stammend, geboren daselbst den 14. De-
cember 1801, t 18. Mai 1583. Er war Theilhaber der jetzigen
Eisenhandlung Zahn & Cie. in Stuttgart, und vermählte sich
3. September 1840 mit Anna Eleonore Julie, einer Tochter
des 1860 im 82. Jahre seines Alters t Professors und Land-
schaftsmalers, auch Vorstands der Kunstschule in Stuttgart
Friedrich Gottlieb von Steinkopf, Sohns des 1825 1 berühmtesten
Malers des XVIII. Jahrhunderts Johann Friedrich Steinkopf*
geb. 8. März 1738 zu Oppenheim, Professors an der Karlsschule,
dessen Thierstücken die hervorragendste Anerkennung zu Theil
wurde; die Pferde, die er malte, schienen auf der Leinwand zu
leben. Kinder :
I. Emilie Johanna, geb. 15. October 1849, venu. 21. October
1872 mit Fabrik-Director Vöhringer in Sontheim bei Heilbronn.
II. Carl Gottlob Kirchhofer, Kaufmann, geb. 10, April 1844.
Gattin: seit 22. Februar 1872 Clara Elisabeth, geb. 30.
Januar 1847, Tochter des Prälaten, Oberconsiatorialraths etc.
in Stuttgart Sixt Karl von Kapff.
III. Julius Kirchhofer, geb. 21. November 1847, Kaplan in Kirch-
berg a. d. J. Gattin: seit 14. October 1876 Helene, Tochter
des 1875 t Professors in Tübingen Dr. von Bonus.
* Ein weiterer Sohn von Johann Friedrieh Steinkopf war : Carl Friederieh Adolph,
geb. zu Ludwigsburg am 7. Sept. 1773, deutscher Prediger an der deutsch -lutherischen
Savoy- Gemeinde in London, vieljahriger Secret&r der britischen und auslandischen Bibel-
gesellschaft , auch in Deutschland rühmlichst bekannt. Auf seine Schilderang der
Bibelnoth auf dem Gontinente hin wurde die englische Bibelgesellschaft ins Leben ge-
rufen, ebenso war er es, der durch seine Reisen nach Danemark, Deutschland und die
ßchweiz die Bildung der württembergischen Bibelgesellschaft bewerkstelligte.
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zedby G00gk
Klaiber.
Jobann Michael K laiber, geb. zu Kirchheim u. Teck 16. Fe-
bruar 1688, studirte Theologie und wurde Pfarrer in Grafenberg
1719 ? in Dettingen, O.A. Kirchheim 1723. Er starb daselbst 1762
den 22. September.
Gattin : Christina Barbara, Tochter des Pfarrers zu Koru-
westheim Christoph Tobias Canstetter. Söhne:
I. Eberhard Christoph Klalber, Arzt in Hornberg, nachmals in
Kirchheim, geb. den 23. September 1722, t 4. Februar 1788,
verm. mit Christiana Gottllebin, Tochter des Diaconus in Freu-
denstadt Johann Andreas Schmid, und der Anna Catharina,
geb. Canstetter.
Kinder:
1) Friederike Christiana, verm. mit Johann Albrecht Burh,
Pfarrer in Grafenberg.
2) Johanna Eberhardina Augostina, geb. in Hornberg den 3.
• April 1755, verm. mit Marx Philipp BurJc, Pfarrer in
Weiltingen.
3) Christiana, Ehegattin des Pfarrers Hahn in Schlaitdorf.
4) Johann Andreas Klalber, Dr. der Arzneiwissenschaft, auch
Stadt- und Amtsarzt in Murrhardt, vermählt mit der Tochter
des Bürgermeisters in Kirchheim Ludwig Gottfried Spindler.
Eine Tochter desselben Namens Christiana Wilhelmine war
mit dem Pfarrer in Bohringen Christoph David Hofacker
— Sohn des Pfarrers in Breitenholz — vermählt.
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— 469 —
5) Christian Friedrieh Halber, geb. in Kirchheim u. Teck
den 7. Februar 1749, Kameralverwalter in Brackenheim.
t 3. Nov. 1810. Söhne:
1) Christian Eberhard, Pfarrer in Welzheim, später in
Gochsen, 0. A. Neckarsulm. Söhne:
I. Dr. Karl Friedrich Klaiber, geb. in Welzheim,
30. August 1817, Helfer in Nagold 1846, Pfarrer
in Frauenzimmern 1850, Garnisonsprediger in
Ludwigsburg 1861, Dekan in Göppingen 1870.
IL Gustav Klaiber, geb. in Gochsen 1830, Ober-
amtmann in Künzelsau 1870.
2) Friedrich, geb. 1795, Kameralverwalter in Schönthal.
3) Carl, geb. 1800, Kegistrator in Stuttgart.
6) Christian Wilhelm Klaiber, geh, zu Homberg 15. August
1757, Bechnung8rath in Stuttgart.
II. Christian Friedrich Klaiber, Garnisons-Prediger in Kehl 1749,
Pfarrer in Grabenstetten 1752, Mähringön bei Tübingen 1764,
t 1798. Seine Frau, Eva Margaretha, Tochter des Spital-
verwalters in Kirchheim Johann Christoph Benz — Sohns des
Pfarrers in Gßmmingen , Enkels des Kloster - Hofmeisters in
Rechentshofen. Söhne :
I. Johann Christian Klaiber, geboren in Kehl den 4. (30.) Juli
1749, Pfarrer in Wankheim 1781, in Eberdingen 1799,
in Rosswag 1810, t 1822. Er war seit 1781 vermählt mit
Christiana Enphrosina, geb. 9. Januar 1761 in Ebhausen,
Tochter des Zacharias Stänglin , dann als Pfarrer daselbst,
später in Beuren bei Neuffen, t 10. März 1832. Söhne:
1) Dr. theol. Christian Friedrich von Klaiber, geb. in Wank-
heim den 3. November 1782, Professor am obern Gym-
nasium in Stuttgart 1809, Konsistorialassessor 1824, später
Ober-Konsistorialrath und Ober-Studionrath mit dem Titel
Prälat. Vermählt I. seit 5. October 1809 mit Christiane
Louise, Tochter des Konsistorialraths und Oberhofpredigers
Digiti
zedby G00gk
— 470 —
Gottlob Christian Storr; II. mit Charlotte Friederike,
Tochter des Landvogts und Staatsraths in Stuttgart Joliann
Ludwig Christian von Breitschwert.
v. Klaiber starb, ohne Söhne zu hinterlassen, von
Jedermann hochgeschätzt, 1850.
2) Gottlob Klaiber, geb. in Wankheim 1785, Kaufmann in
Böblingen, t daselbst 31. December 1872.
3) Johann Gottfried Klaiber, geb. 15. Sept. 1796, Professor
am obern Gymnasium in Stuttgart 1823 — 1866. Söhne:
1) Wilhelm, geb. 18. März 1831.
2) Carl Hermann, geb. 8. Mai 1835, Pfarrer in Weiler,
0. A. Weinsberg 1866, in Wurmberg, 0. A. Maul-
bronn 1874.
4) Ernst Wilhelm Klaiber, geb. in Wankheim 14. Novbr.
1798, Helfer in Vaihingen a. E. 1825, Professor am
niedern Seminar in Schönthal 1828; t 21. April 1841.
Vermählt seit 2. Februar 1826 mit Sophie, Tochter des
Geheimen Sekretärs August Friedrich Hauff, und Schwester
des Dichters Wilhelm Hauff, geb. 18. October 1807, t 29.
Juni 1858. Söhne:
1. Wilhelm, geb. in Vaihingen 25. December 1826,
Kaufmann in Böblingen.
II. Theodor, geb. in Vaihingen 5. Juni 1828.
III. Julius, geb. in Schönthal 22. März 1834, Professor
am Gymnasium in Stuttgart 1865, am obern Eeal-
gymnasium 1868. Vermählt seit 26. September 1868
mit Sophie, Tochter des Ober - Medicinalraths und
Königi. Leibarztes Karl Ludwig von Elsftsser und
der Charlotte Friderike Gmelin, geb. 4. September
1841.
IL Christoph Benjamin Klaiber, geboren in Grabenstetten den
15. Sept. 1754, Pfarrer in Heubach 1814, verm. mit Hein-
Digiti
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— 471 —
rike Catharlne, Tochter des Decans zu Hornberg, Philipp
Heinrich Bosch.
Söhne:
1) Eberhard Ludwig Klaiber, geb. den 5. Januar 1795.
2) Christof Benjamin Klaiber, geb. den 7. April 1796, Pro-
fessor theol. in Tübingen, später Pfarrer in Stetten im
Remsthal, t 1836.
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Klemm, Clemm.
Johann Conrad Klemm, Dr. theol., wurde den 23. Nov. 1655
zu Herrenberg geboren. Sein Vater, Johann Conrad Klemm,
erlernte erst die Stadtschreiberei, war dann während der Kriegszeiten
bei dem Kurbaierischen Proviantamt thätig und kehrte, da er einsah,
dass er es ohne Changirnng der Religion zu nichts wichtigem bringen
werde, mit den besten Empfehlungen seiner Directoren an Herzog
Eberhard, ins Vaterland zurück. In der Folge erhielt er die Stadt-
schreiberei Herrenberg, wurde hierauf Vogt daselbst, zuletzt wieder
Stadtschreiber allda; er war auch Secretar des Herzogs Eberhard III.,
welcher Klemm überaus hochschätzte; die Mutter war Anna Dorothea,
Tochter des Stadtschreibers Veit Philipp Genckinger in Leonberg;
der Grossvater Johann Conrad Klemm, geb. 1590, Bürgermeister in
Herrenberg; „hat der Stadt 14 Jahre als Stadt- Advocat gedient;" die
Grossmutter Agnes, geb. Rnff; der Urgross vater Johann Klemm,
geb. 1515, welcher aus Sachsen nach Württemberg kam und die
erste Papiermühle „im Reich" errichtete.
Johann Conrad besuchte die Schulen seiner Vaterstadt und
genoss hauptsächlich den Unterricht des damaligen Praezeptors und
nachmaligen Rectors der Scholae Anatolicae zu Tübingen Michael
Wagner. 1669 wurde er in die Klosterschule in Hirsau aufgenommen
und hierauf stufenweise in die höhere Klosterschule Bebenhausen
1671 , in das Fürstliche Stipendium in Tübingen 1673 befördert
1676 erhielt er den Magister-Titel und widmete sich nun ganz dem
Studium der Theologie, indem er dabei hauptsächlich die Kollegien der
Professoren Wagner, Raith, Oslander und Keller frequentirte.
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1679 erhielt er die Stelle eines Klosters-Unter - Präzeptors in
Maulbronn, wo er den Umgang des dortigen Prälaten und Abts zu
Bebenhausen Johann Andreas Hochstetter wie den seines Collegen,
des nachmaligen Abts zu Lorch und Consistorialraths Christoph
Zeller, genoss. Nach 4jähriger Arbeit in der Klosterschule ver-
traute man ihm das Diaconat in Metzingen unter Urach an 1683.
Im Jahre 1688 kam er als Diaconus bei St. Leonhard nach Stutt-
gart, wo er alle Stufen der Diaconate durchmachte und' 12 Jahre
mit vieler Mühe und Arbeit unter tausenderlei Aengsten und
besonders Feindes Gefahren, aber auch mit vielem Seegen zubrachte.
Zu Ende des Jahres 1699 fiel er in eine tödtliche Krankheit;
auf dem Krankenlager wurde ihm im Auftrag seines Herzoges die
Ernennung zum Professor der Metaphysik in Tübingen mitge-
theilt. Er verwaltete dieses Amt, das er, dem Tode entronnen und
neu gestärkt, im Jahre 1700 antreten konnte bis zum Jahre 1707,
in welchem Jahre er, da Dr. Reuchlin starb, wieder den Kirchendienst
in der Abend - Praedicatur nebst der Superintendenz des fürstl. Sti-
pendiums antrat, mit unparteiischer Gerechtigkeit. Gleichzeitig doc-
torirte er und las Theologie.
Nachdem sein Vorgänger Dr. Hochstetter als Oberhofprediger
nach Stuttgart berufen worden war, folgte er diesem im ordentlichen
Professorat und der Special-Superintendenz und behielt, als der Erst-
genannte wieder nach Tübingen zurückkehrte, das Professorat allein.
Mehreremale bekleidete er das Ke ctorat, sowie das Decanat der
philosophischen und theologischen Facultät und das Deputirten-Amt.
Er starb den 18. Febr. 1717.
Klemm war ein vielseitig gebildeter Mann und nicht nur in
der französischen, italienischen und hebräischen Sprache, sondern
auch in der Poesie, Musik und Malerei wohl bewandert. Seine Auf-
richtigkeit leuchtete überall hervor und war aller Schwanke und
Verstellung Feind. Als Ehegattin stand ihm seit 29. Januar 1684
Anna Catharina, geb. Hauber, zur Seite. Kinder:
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I. Cliristiana Dorothea, vermählt mit dem Pfarrer in Gehers-
heim M. Johann Ulrich Helfferich.
IL Justina Oatharina.
III. Johann Conrad, Pfarrer zu Asch, Prälat und Special zu Leon-
berg, verm. mit Anna Maria, Tochter des Markgräfl. Baden-
Durlach sehen Kammerraths Merkel* aus welcher Ehe 5 Söhne
und 4 Töchter hervorgingen.
IV. Johann Christian, geb. 1688, Repetent und Professor im Sti-
pendio illustri in Tübingen, nachmals Professor der Philoso-
phie, der morgenländischen Sprachen und Theologie in Tübingen,
t 1 754, seines Wissens wie seiner Gelindigkeit und Sanftmuth
wegen allgemein hochgeschätzt. Er wurde durch seine Schrift:
Die nöthige Glaubenseinigkeit der Protestantischen Kirchen,
Tübingen 1719 (Regensb. 1720) und andere ähnliche Werke
der erste Urheber der Unionsversuche. Gattin: Johanna, Tochter
des Dr. Pfaff.
V. Johann Oottlieb, geb. 1694, Kaiserl. Rath, ein frommer gottes-
fürchtiger Mann, verm. I. mit Christina Sibilla, Tochter des
Prälaten August Hochstetter zu Maulbronn ; IL mit Ohristina
Rosina, geb. Eccard. Er starb 2. Mai 1774 mit Hinter-
lassung von 5 Söhnen.
Das ihm von Maria Theresia ertheilte Diplom als Kaiserl.
Rath lautet:
Wir Maria Theresia von Gottes Gnaden Römische Kaiserin
in Germanien, zu Hungarn, Böheim, Dalmatien, Croatien, Sclavonien
etc. etc. Königin, Erzherzogin zu Oesterreich, Herzogin zu Burgund,
Ober- und Nieder-Schlesien, zu Steyr und Kernten, zu Crain, Marg-
gräfin des Heil. Rom. Reichs, zu Mähren und Burgau, zu Ober- und
Nieder-Laussnitz , geforstete Gräfin zu Habsburg, zu Flandern und
* Ein Sohn desselben Matthäus Merkel, geb. zu Calw, Diaconus in Backnang, war
mit Magdalena Sibyüa, geb. Ostertag, vermählt, welcher Ehe Christof Friederich ent-
t^prosste, der im Jahre 1764 das Decaoat zu Pfedelbach bekleidete.
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Tyrol und zu Görz, Herzogin zu Lothringen und Baar, Grossherzogin
zu Toscana etc. etc. bekennen öffentlich mit diesem Brieff, und thun
kund jedermänniglich ; Wiewohlen Wir aus Kaiserlicher Würde, in
welche GOtt der Allmächtige Uns gesetzet, auch aus angebohrner
Güte und Müdigkeit, jederzeit geneigt sind, Aller und jeder Unserer
Unterthanen Ehre, Nutzen, Aufnahm und Bestes zu befördern: So
sind Wir doch billig mehr bewogen, denenjenigen, welche sich gegen
Uns und Unser König!, und Erzherzogliches Haus mit getreuen
Diensten in standhafter Devotion, durch eigene oder deren Ihrigen
eyffrige Dienstleistung verdient zu machen trachten, mit unsern
Kaiserlichen Gnaden zu begegnen.
Wann Wir nun gnädigst erwogen und betrachtet: die Ehrbare
Sitten, redliche Aufführung und andere gute Eigenschaften, mit
welchen Uns der Johann Gottlieb Klemm, Herzogl. Württembergischer
Bath und Stabs- Vogt der Reichs-Horrschaften Steisslingen und Justingen
begäbet zu seyn, nebst deme angerühmt worden, dass derselbe, wie
Jene Vorfortere, in allen Begebenheiten, sich zum Nutzen und Frommen
Unseres Königl. und Erzherzoglichen Hauses rühmlichst angewendet,
sondern auch zu werkthätiger Bezeugung seiner gegen Uns tragenden
Devotion, Uns Jüngsthin zur Bestreitung dermahlig Ungemeiner Aus-
laagen ein ziemliches Darlehen angebotten und geleistet, und benebst
in diessem seinem DienstEyfer noch ferner biss in seine Gruben
fortzufahren dess allerunterthänigsten erbietens seye ; Welches er auch
seinen besitzenden guthen eigenschafften nach wohl thun kann, mag
und solle.
Als haben Wir auss diessen vorangeführten Ursachen, mit
wohlbewu88tem Muth, guthem Kath, und rechtem Wissen, besagten
Johann Gottlieb Klemm zu Unserem Kaiserlich Königlichen Ratb
gnädigst gewürdiget und aufgenommen: nehmen auf und würdigen
Ihn darzu wissentlich und in kraft dieses Brieffs. Meinen, setzen,
ordnen und wollen , dass Er nun hinfüro unser Rath seye , von
männiglich davor gehalten, erkennt, geehrt, genannt, und Ihm solche
Titul auss allen Unsern Canzleien und sonsten gegeben und geschrieben
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werden, darzu Er alle und jede Ehre, Würde und Vortheil, Freiheit
und Gerechtigkeit, wie andere Unsere Rftthe haben und sich deren
erfreuen, gebrauchen, nutzen und gemessen solle, und möge, von
jedermänniglich ungehindert. Jedoch solle Er hingegen Unsere
Geheimheiten, die Ihme anvertraut werden möchten, biss in sein
Grab zu verschweigen, auch in Sachen und Geschafften, wozu Er
inskünfftige gebraucht werden möchte, Uns seinem guthen Verstand
nach das beste einrathen, Unsern Nutzen und Frommen zu beförtem,
allen schaden aber und nachtheil zu wenden und zu verhüthen,
schuldig seyn , auch sonsten insgemein all dasjenige zu thun , was
einem getreuen Rath gegen seiner Frauen zu thun gebühret und
geziemet, allermaassen , dann unser Gnädigstes Vertrauen in seine
Person gerichtet ist.
Mit urkund diesses Briffs, besiglet mit Unserm Kaiserlich
Königlichen auch Erzherzoglichen anhangenden grössern Insigel.
Der gegeben ist in Unserer Haupt- und Residenzstadt Wien den
Sechszehnten monathstag Julii nach Christi Unsers Lieben Herrn und
Seeligmachers Gnadenreichen Geburt im Siebenzehnhundert und Sieben
und Fünfzigsten Unserer Reiche im Siebenzehnten Jahre.
Maria Theresia.
Franz Wilhelm, Graf von Hazfeld,
K. K. Hof-Cammer-Präsident.
Johann Graff Chotek y
Ober-Canzler.
Ad Mandatum Sacra? Caesareo Re-
gia? Majostatis proprium
Joh. Christoph Freih. v. Bartenstein.
Theodor v. Thoren.
Registr. Joh. Friedrich Kirstein
r. Kirstenau,
Raths-Titul vor dem Herzogl. Wür-
tembergischen Ratji, Joh. Gottlieh
Klemm. Coli.
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Johann Christoph Klemm, Sohn des Vorigen, geb. 12. April
1732, Pfarrer in Hildrizhausen, vermählt I. mit Christi na Benigna
Tochter des Prälaten in Murrhardt Friedrich Christoph Oetinger;
II. mit Christina Margaretha, Tochter des Pfarrers in Walddorf
Joh. Sebastian Schmid.
Ueber seine Vicariats-Stellen sagt er selbst Folgendes:
Ich will die Orte nahmhaft machen, wo ich theils kürzer, theils
länger vicarirt habe. In alphabetischer Ordnung.
Augspur g. Bei St. Anna einmal, a. 1759. Mittwochs nach
Ostern, über Esaj. 53, 8. Senior Urlsperger forderte mich dazu
auf. Auf meiner ganzen Reise rechne ich den Umgang mit dem
sei. Senior Urlsperger unter das wichtigste und nfizlichsto. Ich
wurde fast alle Tage zu ihm zu Tisch geladen. Bey meinem Abschied
segnete er mich mit Auflegung der Hände unter vielen Thränen.
Er erzählte mir seinen ganzen Lebenslauf in Württemberg, wie er
zuerst Hofprediger und Consistorialis gewesen, nachmals Spefcial in
Herrenberg, und endlich Senior in Augspurg geworden. Er erzählte
mir unter anderm auch seine Conversation mit dem König Friedrich
Wilhelm in Preussen. Er musste dem König die St. Anna-Kirch
zeigen, ihm zur Seite gehen, hinter ihnen der Kronprinz und der
Feldmarschall von Sekendorf. — Kex fragte ihn: wie lang ist Er
hier? U. So und so lang. Rex: Wo ist Er vorher gewesen? U.
in Stuttgardt. Kex: Was? U. Hofprediger und Consistorial-Rath.
Rex : Warum ist Er von da weggekommen ? U. Weil ich die Wahr-
heit gesagt. Bex: Ist Er gern hier? U. ja. Rex: Sind seine
Colleges alle eines Sinnes mit Ihm? da sagte U. zu mir: das seye
eine sehr schwere Frage gewesen. Hätte Er nein gesagt, so hätten
seine Collegse ihn beschuldiget, Er habe sie in faciem eines Königs
verläumdet ; hätte Er ja gesagt, so hätte Er die Unwahrheit geredt.
Er sagte endlich: Ihr Majestät, sie sind alle Liebhaber von den
Spenerischen Schriften. Damit war der König zufrieden. — Rex:
Was hält Er von meinen Leuten? U. der sei. Professor Franke
war mein geistlicher Vater. — Endlich nahm der König den Hut
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ab, und dankte ibm vor seine Bemühung. TL nahm das Herz in
die Hand, sagte zum König : Werden Euer Majestät fortfahren, Recht
und Gerechtigkeit in Ihren Landen zu handhaben, und rechtschaffene
Leute zu schützen, so wird Ihr Königreich bestehen. Bex machte Ihm
nochmal ein Compliment, sagte : Lebe Er wohl, und wann Er nimmer
gern hier ist, und von seinen Collegen gedrükt wird, so komm Er zu mir.
Geneve.* Bey der teutschen lutherischen Gemeinde zweimal.
Lausanne. In etlichen Sommer - Monaten versähe für den
deutschen Pfarrer daselbst fast sein ganzes Amt. Einmal am all-
gemeinen Buss- und Fasttag, predigte über Ezech. 33, 11 von der
allgemeinen Gnade, ohne ein Wort von der Antithesi zu gedenken,
mit Beifall und Segen. Diss veranlasste mich, dass, nach meiner
Retour ius Vaterland, einen Tractact schrieb: De interna cordis
unione fidelium Lutheranse & Calvinianse Confessionis, unionem externam
non necessitante. Ich zeigte den Tractact dem Kanzler Eeuss. Er
lobte »ihn. Widerrieth den Druck. Ich zerriss ihn.
Von Lausanne machte eine Excursion nach Geneve, wo ich
mehrere Monate blieb. Ich ging zu Schiff dahin. Weil wir wenig
Wind hatten, war 3 Tag unterwegs. Wie ich das Schiff bestieg,
stellte mich an, als ob kein Wort französisch verstünde, damit um
so eher hinter die Gedanken der Menschen kommen möchte. Es
gieng bald über mich her; was das für ein tummer Hund seye, der
* Ich bin öfters gefragt worden, warum ich von Geneve nicht auch zu dem
berühmten Voltaire hinausgegangen? Ich furchte mir nicht vor ihm, hatte mich ihm
auch ohne allen Anstand entdeckt, dass ich ein Theologns seye; weil Er aber nur
französisch redte, ich aber diese Sprache noch nicht läufig reden konnte, so mochte mich
nicht exponiren. Ich hörte aber doch alle Tage von Ihm und seinen Sachen reden.
Graf Soltikov war damals in Geneve mit Papieren von der Russischen Kaiserin an Ihn
zu Ausarbeitung seiner Geschieht» von RussUnd. Soltikov ging bey Madame Movligni
zu Tische, wo ich auch speiste, sass neben mir, plauderte alle Tage von Voltaire, wollte
mich oft aufsetzen, ich schickte ihn aber etlichemal so heim, dass Er zufrieden seyn
konnte. Einmal meynte er, er habe gewonnen, ich kam ihm aber mit einer Antwort so
auf den Hals, dass er »agte : ce n'e»t pas petit, c'est grand. Er meynte, ich heisse Klein,
nicht Klemm. Es fällt mir da noch was von ihm ein. Er fragte mich, einmal, ob ich
wolle, dass Er sein Trinkglas et se ? Ich erschrak heftig, und sagte, das möchte Er doch
bleiben lassen. Er aber beisst etUche 8tück aus dem Glas, zerbeisst sie, speit sie wieder
aus, ued blutet entsetzlich.
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in ein französisch Land raise, ohne ein Wort französisch zu ver-
stehen. Ein einiger Teutscher war im Schiff, ein Schneider, mit
dem unterhielte mich. Es war in der Charwoche. Ich entfernte
mich öfters von dem rohen Schiffsvolk auf den obern Boden des
Schiffs, sass in den Schatten des grossen Segels, sang Passions-
Lieder. — Plözlich entstund ein Qeschrey : man sehe einen Menschen
schwimmen. Wie er uns nahe kam, zogen wir ihn aus dem Wasser.
Er war nackend, und also vermutblich beym Baden ertrunken. Da
thät nun den Mund auf, und hielt eine Straf-Predigt an das rohe
Volk. Sie erstaunten alle, wie sie hörton, dass ich plözlich fran-
zösisch mit ihnen spreche — kriegten eine grosse Liebe zu mir.
Wie ich in Geneve ausstieg, wollte der eine meinen Ueberrok, der
andere meinen Coffer in mein Logis tragen.
Zweimalige Verehlichung. Erstmals* den 27. August 1761
mit Christiana Benigna, Special Oetingers in Herrenberg Tochter.
Mein Schwiegervater predigte und copulirte. Text Ps. 116, 1. 2.
Zweitens, den 15. Januar 1765 mit Christina Margaret ha, Pfarrer
Schmids in Schlaitdorf Tochter. Vicarius Weissmann predigte
Ps. 45, 11. 12. Mein Schwiegervater, der damals nach einer
Krankheit das erstemal wieder in die Kirche kam, copulirte.
Meine erste Ehe währe te nicht länger als 2 1 /* Jahr. Meine
Benigne starb den 15. März 1764 am vierten Tag nach der Geburt
eines Töchterleins, nach ausgestandener operatione secundinarum an
einer Hseinorrhagia uteri. Der Geheime-Rath Georgii, ihr Gross-
Onkel, bildete Sie. Wie Sie starb, that sein Condolenz-Schreiben
den grösten Zug an meinem Herzen. Der Beschluss war: Fürchte
dich nicht, glaube nur. Das war Balsam in meine Wunden.
* Die Hochzeit war sehr einförmig. Ich führte die Braut selber in die Kirch
und zum Altar. Beym Mittagessen war, ausser den Eltern der Braut, niemaud als
Burgermeister Klemm c. Ux., Repetent Klemm, Kaufmann Stik und noch etliche. —
Ich hatte vorher meinen Schwiegervater gebeten, dass Ichs so machen dörfte. Er schriebe
dem Geheimen Bath Oeorgii. Dieser schrieb zurük: was der Bräutigam Euch sagt, das
thut. — Bey meiner zweiten Verehlichung war ich weit nimmer so meister. — Wie
andern sich die Zeiten.
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Meine Kinder I. mit Christiana Benigna Oetingerin.
1. Johanna Dorothea,* geb. zu Tuttlingen 1762 20. September,
Nachts 11 Uhr. Ein Herz ohne Falsch, voll Liebe. Der
HErr bleibe Ihr und Ihres Saamens GOtt.*
2. Sophia Christiana, geb. in Tuttlingen 1764 12. Merz, Nachts
11 Uhr. Ueber Ihrer Geburt starb die Mutter. Stiftsprediger
Bieger rühmte in einem Schreiben an mich ihre Tugend.
II. mit Christina Margaretha Schmidin.
3. Immanuel, geb. in Hildrizhausen 1767 27. Merz, Nachmittags
3 Uhr. Expedit im predigen. Ein guter Musicus.
4. Margaretha, geb. in Hildrizhausen 1768 8. May, Nachts
2 Uhr. Aufrichtig, gerad, offenherzig. Wird sie die Perle
des Reichs GOttes suchen, so wird sie solche finden.
5. Friedrika, geb. in Hildrizhausen 1770 22. October, Morgens
5 Uhr. Herrlichst begabt, unter allen meinen Kindern. Der
HErr bewahre diesen Weinstock. Er reinige ihn , dass er
immer mehr Früchte trage.**
6. Regina, geb. in Hildrizhausen 1771 7. December, Morgens
6 Uhr. Bey ihrer Tauffe machte ich drey Looszettel mit
dreyerley Namen; der benannte fiel ihr zu. Wird sie die Er-
scheinung JEsu lieb haben, so wird es an -der Krone der
Ehren in jener Welt nicht fehlen.
* Lebt in vergnügter Ehe mit M. Joh. Caspar Höklin , Praoeptor in Ebingen.
Kinder: 1. Joh. Christoph Friedrieh. 2. Christiana Benigna. 3. Sophia Friedrika. L
Johanna Gottlieb in. Einer ihrer Patben war Joh. Michael Wagner, Handelsherr in Venedig.
Mit diesem rechtschaffenen Mann, sagt Klemm, habe ich lange Zeit correspondirt. 4 Wochen
lang logirte ich bei ihm in Venedig , und genoss viele Gewogenheit and Liebe. Wann
am Essen der Oyperwein kam, war diss das Zeichen, dass es jetzt bald Zeit aeye auf-
zustehen. Ich. wurde von Ihm an die gröste Handlungshauser empfohlen. Es hiess
darinn: mio particolare k dlstinto Amico. - Wie ich nach Rom reisen wollte, adressirte
Er mich an zwei vornehme Handlungshäuser daselbst. Ich raiste würklich ab. Mit dem
von Venedig nach Rom abgehenden Courier, es war heiss, gl eng sehr schnell. Wie ich
nach CasteUo nuovo kam, war ich durch die Hitze so angegriffen, dass liegen bleiben
musste. Ich besorgte ein hitziges Fieber — ward Jedoch bald wieder so restituirt, dass
mich der Courier bey seiner Retour von Rom wieder mit nach Venedig nehmen konnte.
Die Lust aber, nach Rom zu reisen, vergieng mir.
** Lebt in vergnügter Ehe mit M. Carl Friedrich Ho ff acher, Diac. in Wildbaad.
Kind: Carl Wilhelm Ludteig, geb. 25. Juni 1794.
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7. Elisabeths, geb. in Hildrizhausen 1776 30. November, Nachts
1 Uhr. Die innigste Freundin und Gesellschafterin ihres Vaters.
Frölich, leutselig, gesprächig.
Unter allen solle mir Regina am ähnlichsten sehen. Der
HErr halte sie alle bei der Hand, leite sie nach seinem Rath, und
nehme sie endlich mit Ehren an.
Am Ende seiner Lebensbeschreibung fügt Klemm noch Fol-
gendes bei:
Nun will alles noch in folgendem Lied zusammenfassen:
1. Sonne, die aufs niedre sieht, da singt ein armer Staub, den
deine Kraft allmächtig zieht, ich rede, denn ich glaub.
2. Zuerst gesteh ich ohne Scheu, jedoch nicht ohne Schaam,
dass ich vom Licht ergriffen sey, das auf die Erde kam.
3. Ich weiss die angenehme Zeit, da mir die Gnad erschien; da
JEsu8 rief, war ich bereit, mit diesem Mann zu zieh'n.
4. Doch wie es zu geschehen pflegt, die Seele macht sich schwer,
wann JEsus auf die Achslen legt: so giengs hier eben her.
5. Der Heiland nahm mich, wie ich war, als einen todten Mann,
bey meiner Seelen Tod'sgefahr, zu seiner Pflegung an.
6. Ich bat um Hülfe: da Er nun mit seiner Hülfe kam, so scheute
ich das Wehethun, und war den Mitteln gram.
7. So müht sich unser HErr mit mir, nun schon die längste Zeit,
und hat noch wenig Ehr und Zier, von seiner Emsigkeit.
8. Ihr Töchter Salems! seht mich an, ob ich Gespielin sey: Nun
ist der Schleyer weggethan, nun ist das Herze frey.
9. Ach helft mir bitten, was ihr könnt, ihr Tochter helfet mir!
dass, da mein Herz von JEsu brennt, mein Thun die Lehre zier.
10. Was hör ich? Stimmen aus dem Chor, da Christus herrscht
und ruht; sie singen mir ganz lieblich vor: auf Seele! wohlgemuth!
11. Der König, unser Seeleufreund, hat einen solchen Trieb, der's
redlich mit uns allen meynt, und hat dich eben lieb.
12. So lange man auf Erden ist, so lange wird gebaut, zulezt
kriegt dannoch JEsus Christ, ein reines Herz zur Braut.
o. Gtorgii-Georgenau, Biographisch- Genealogische Blätter etc. 31 '
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Ebenfalls hieher gehören:
Heinrich Wilhelm Clemm, Professor Theol, geb. zu Hohen-
Asperg in Württemberg 13. Dec. 1725. (nach Andern geb. 31. Dec.
1726). Derselbe studirte in Tübingen Theologie und Mathematik,
war von 1750 — 52 Repetent daselbst, ging von da auf Reisen durch
die wichtigsten Städte von Deutschland, überall Bibliotheken besuchend
und gelehrte Bekanntschaften persönlich anknüpfend. Nach seiner
Rückkehr von dieser Reise wurde er Vicar bei der Hofcapelle in
Stuttgart 1753, dann Professor und Prediger im Kloster Bebenhausen,
Professor der Mathematik am Gymnasium in Stuttgart, Professor
der Theologie in Tübingen 1767.
Als Schriftsteller war Clemm nicht ohne Verdienst; von ihm
rühren verschiedene Werke her. —
Johann Christian Klemm, geb. in Steusslingen 12. April 1732,
M. der Philosophie und Pfarrer zu Neuhausen an der Erms, vorher
Pfarrer zu Hildrizhausen, schrieb Allgemeines Würtemb. Stiftungslexicon
und Wohlthäterdenkmal I. Theil Tüb. 1790. —
Jacob Friederich Klemm, geb. 1733 in Herrenberg, anfangs
Diaconus zu Balingen, hierauf 1782 Superintendent zu Nürtingen,
machte sich daselbst durch Stiftung einer Normal- oder Realschule ver-
dient. Sein Lateinisches Elementarbuch wie ein neuer von ihm heraus-
gegebener Atlas fanden allgemeinen Beifall. Seybold in seinem »Historien-
büchlein« sagt über Klemms Atlas: »Bekanntlich sind die Kärtchen
dabei so gemacht, dass man die Länder ausschneiden und der Jüngling
jedes wieder an den Ort, wo es hingehört, zusammen setzen kann.
Was hier bei Landkärtchen als Erleichterungsmethode geschieht, möchte
nun bald das Schicksal der Länder selbst sein, dass man sie nach
Belieben in die Länge und Breite zerschneidet und stückweise vertheilt.«
Klemm war auch ordentliches Mitglied der Naturforscher-Ge-
sellschaft in Halle in Sachsen 1780, und Mitglied der deutschen
Gesellschaft in Göttingen und starb 24. Juni 1803.
Er selbst sagt über die Anschauungsweise seines Berufs als
Prediger in Balingen Folgendes:
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- 488 —
»Zu allererst suchte- ich meine akademische Sprache, an die
ich in Einem fort 10 Jahre gewöhnt war, um vieles herabzustimmen,
und dadurch meinen Zuhörern in der Stadt und auf dem Dorfe ver-
ständlich und also nüzlich zu werden.
Mit meinem Studium der Natur verband ich jetzt die Geschichte
und lernte die Wege Gottes unter den Menschen durch alle Jahr-
hunderte bemerken, welches nach meiner Einsicht auch eine unent-
behrliche Erforderniss eines Predigers ist. Ich besuchte alle Werk-
stätten der Künstler und Handwerker, auch den Gärtner und Ackers-
mann und sammelte so die Woche über, damit meine Predigten
hernach von meinen Zuhörern in ihre tägliche Geschäfte verwebt, die
ganze Woche über angetroffen werden möchten. Vor allem aber
lagen mir die Schulen als Pflanzstätte künftiger Väter und Mütter
und eines folgenden Geschlechts am Herzen.«
Jereinias Friedrich Klemm, geb. zu Balingen 1766, Med.
Dr., studirte und practicirte in Tübingen und schrieb: De diagnosi
hermarum, tarn genuinarum, quam spuriarum. Tubing 1789. —
Johann Friedrich von Klemm, geb. 14. November 1793,
Sohn des Stabsamtmanns in Brenz, späteren Hof kameral Verwalters in
Lauffen a./N. Christof Heinrich Klemm, .Bitters des Kronordens (t
Stuttgart 1889), Enkel des gleichnamigen Oberaratsphysikus in Leon-
berg (t 1785), Urenkel des Seite 473 erwähnten Prälats in Herrenalb
und Specials in Leonberg Johann Conrad Klemm (t 1763).
Johann Friedrich war Aktuar und Revisor bei der Stadt-
direktion Stuttgart, Juni 1822 Oberamtmann in Tettnang, November
1835 in Ellwangen, October 1845 in Esslingen. Seine ausgezeichnete
Wirksamkeit für das öffentliche Wohl wurde vornehmlich im ersten
Bezirk seines Wirkeus anerkannt durch Verleihuug des Ehrenbürger-
rechts in Tettnang an ihn und seine Familie, und bleibend in gutem
Andenken behalten, was seine Wahl zum Abgeordneten des Bezirks
Tettnang beweist. Er vertrat letzteren von 1844 bis in die März-
tage 1848. Im Jahre 1846 wurde er Kitter des Kronordens, t
zu Esslingen 16. April 1858.
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- 484 -
Seine Gattin Lotte, geb. Jakobl, geb. in Stuttgart 16. Dec.
1799, f in Geislingen 8. Januar 1869, mit der er 1822 in die Ehe
trat, war eine Tochter des als Generalarmeearzt zu Stuttgart am
19. April 1812 verstorbenen Dr. Christian Friedrich von Jacobi,
Bitters des Kronordens. Dieser im gleichen Jahr mit Schiller geboren,
besuchte neben demselben die Karlsschule und war nicht blos noch
nachher im gleichen Regiment mit ihm als Medikus verwendet, son-
dern auch persönlich ihm befreundet, so dass Schiller noch nach
seiner Flucht, am 6. Novemb. 1782, ihm schrieb. Zwei andere frohere
Karlsschüler, Bibliothekar Petersen und Regimentsquartiermeister
Rheinwald waren noch später seine Hausfreunde und standen bei
seinen Kindern zu Gevatter. Bannecker verehrte ihm das Original-
gipsmodell zu der Büste Schülers. Jakobi starb frühe in Folge
der aufreibenden Thätigkeit, welche in jenen Kriegsjahren seine
Stellung mit sich brachte. Er genoss besonderes Vertrauen Seitens
des Königs Friedrich. Durch seine Frau, eine Tochter des Geheimen
Kabinetssekretärs und Regierungsraths Johann Gottfried Grimm in Lud-
wigsburg (f 1787) hing auch er mit dem württembergischen Beamten-
stand zusammen. Seine Kinder waren die ersten in Stuttgart, viel-
leicht in Württemberg, an denen Versuche mit der neuen Kuhpocken-
impfung gemacht wurden; sein Haus in Folge der besondern Be-
gabung der Hausmutter öfters ein Sammelpunkt musikalischer Kräfte
zur Aufführung von klassischen Opern im Privatzirkel.
Das Fürstlich Württemb. Dienerbach enthält folgende höhere Beamte des Namens
KUmm (CUmm): Amptmann 406. — Andr. Adam, Vogt 637. — Christian Cottr., Probst
296. — Frid., Reg. R. Secretar. 76. — Heinr. Wilh., O. R. Bibliothecar 43 ; Prediger
561. — Jac. Frid., Pfarrer 616. — Joh. Conr., Abt 289; Diacon 662; Special 478; Statt-
■ohreiber 464; Stints Diacon 560; Vogt 452. — Joh. Fried., Hofger. 8ecretar. 80; Reg.
R.8ecretar. 74. — Joh. Gottl., Vogt 537. — Leonh., Pfarrer 364.
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Knapp.
Thomas Knapp, Herzogl. Württemb. Forstmeister, wurde den
15. December 1647 als Sohn des Herzogl. Waldvogts von Tübingen
Thomas Knapp und der Agnes, geb. Eisenkrämer, und als Enkel des
1626 f Waldvogts in Tübingen Oseas Knapp, geb. 1564, dessen
Vater Oseas Knapp, geb. 1521, t 1598, vermählt mit einer geb.
List, schon in Reutlingen lebte, dessen Epitaph sich an der Kirchen-
mauer zu Weil im Schönbuch befindet und der Catharlna, geb.
Wenner (getraut 27. September 1601), geboren.
Derselbe besuchte die lateinische Schule zu Böblingen, genoss hier-
auf in Waidenbuch, wo seine Eltern damals sesshaft waren, den Unter-
richt des Vicars M. Christoph Schliessnecker und bezog von da aus
die Universität Tübingen, wo er sich dem Studium der Philosophie
widmete. Da indess Herzog Eberhard, der schon früher sich des
jungen Knaben angenommen hatte, wünschte, dass er in die Fuss-
stapfen des Vaters träte, kehrte Knapp von Tübingen nach Waidenbuch
zurück, wurde bald darauf 1668 dem Vater adjungirt und erhielt
1674 die Forstmeistern auf dem Stromberg. In Folge der vielen
Drangsale und Verdriesslichkeiten , die er auf diesem seinem neuen
Posten der Kriegszeiten und der durchziehenden kaiserlichen und fran-
zösischen Armeen wegen zu erleiden hatte, kam er um Transferirung
ein, welche anch stattfand, indem er zum Forstmeister in Liebenzell
und Wildbad ernannt wurde, welch beide Aemter er bis 1699 ver-
waltete, um welche Zeit ihn in dem Wildbader Forstamte Samuel
Fugner von Ruetmersbach ablöste. Er starb den 23. September
1709 zu Liebenzell.
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Seine Gattin war Anna Maria, Tochter des Bürgermeisters der
Stadt Pfeilungen Johann Jacob Henssler, Sohns des Kellers in Weins-
berg Ulrich Henssler, und der Catharina, Tochter des Bürgermei-
sters von Balingen Joh. Ulrich Ergenzinger. Kinder:
I. Anna Maria, verm. mit dem Pfarrer in Altbnrg M. Christian Mehl.
IL Christina Catharina, verm. mit dem Chirurgen in Weil im
Schönbuch Tobias Wurster.
III. Maria Agnes, vermählt mit dem Comp.-Verwandten in Calw
Johann Georg Gfrörer.
IV. Christina Regina, verm. mit dem (Decan in Hornberg) M.
Buttersack.
V. Rosina Catharina.
VI. Sophia Kunignndn.
VII. Jacob Thomas Knapp, geb. 29. Februar 1672, Forst-Verwalter
zu Freudenstadt, verm. mit Maria Rosina, Tochter des Pfarrers
zu Magstadt Johann Christoph Andler.
Christian Gotthold von Knapp, Königl. Regierungsrath , geb.
16. Februar 1750 auf dem Einsiedel bei Tübingen. Sein Vater
war der dortige Kl. -Hofmeister Ernst Bernhard Knapp, t 5 Nov.
1778; die Mutter Christiana, Tochter des Landschafts-Einnehmers
Joh. Jacob Ständlin. Ernst Bernhardts III. Gattin, von welcher
der nacherwähnte Gottfried Gabriel abstammt, war Tabitta, geb.
Schwarz; der Grossvater Ernst Friedrieh Knapp, Hofmeister zu Einsiedel;
die Grossmutter Sabina Regina Koppel; der Urgrossvater Eberhard
Friedrieh Knapp, Hofmeister zu Einsiedel; die Urgrossmutter seit
12. Mai 1657 Margaretha, geborene Kilgns; der Urur-Grossvater
Michael Knapp, geb. 18. Februar 1604, Präsenzmeister und Stadt-
schreiber in Hirschhorn, Vogt in Böblingen, t 1662; die Urur-
Grossmutter seit 1629 Catharina, Tochter des Präceptors in Kirch -
heini Andreas Wem; der Urur-Urgrossvater endlich der Eingangs
erwähnte Waldvogt von Tübingen Oseas Knapp.
Derselbe besuchte die Universität und wurde, nachdem er
einige Oberamtsverwesereien besorgt hatte, im Jahr 1777 als Kirchen-
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raths-Kammerrath angestellt. In dieser Eigenschaft, und nachher
als Expeditionsrath , half er das evangelische Kirchengut berathen
und besorgen, bis dasselbe 1806 mit dem Staatsgut vereinigt wurde.
Nun wurde dem erprobten Geschäftsmanne ein anderer Wirkungskreis
angewiesen. Der Staat nahm seine Dienste zunächst als Hof- und
Pinanzrath in Anspruch; später wurde er dem Oberlandes-Oekonomie-
Gollegium und der Retardaten-Commission zugetheilt. Als aber die
letztere am 17. Januar 1822 aufgelöst wurde, war auch für ihn
die Zeit gekommen, wo ihm nach 46 jährigem Staatsdienst ein ehren-
voller Ruhestand vergönnt ward. Eine öffentliche Anerkennung seiner
Tüchtigkeit wurde ihm nicht allein durch die verschiedenen , nach
und nach übertragenen Aeinter, sondern auch durch den Civil-
Verdienst-Orden (1806). Lange dauerte seine, unter fünf Regenten
Württembergs fortgesetzte, amtliche Thätigkeit, und unerschüttert
stand er bis zu seinem, im 83. Jahre seines Alters 1. Februar 1832
erfolgten Lobensende, ohngeachtet ihm der Tod tiefe Wunden in seinem
Familienleben schlug , * indem ihm in ein und demselben Jahre eine
Tochter und ein Sohn starben; Letzterer zum Kriegsdienst gezogen,
später den Wissenschaften zurückgegeben, hatte eben seine Studien
rühmlich vollendet, als er plötzlich sein Leben in den Wellen der
Werra bei Göttingen verlor. Ferner ward ihm 1822 ein weiterer
Sohn ebenfalls nach Vollendung seiner Studien von der Seite gerissen.
Knapp war ein Mann von erprobter Rechtschaffenheit , ein
bereitwilliger ßerathor der Verlassenen, ein Wohlthäter der Armen.
Folgendes Gedicht findet sich in der auf ihn gehaltenen
Leichenrede verzeichnet und spielt auf den Geburtsort Knapp s als
Knabe, den Einsiedel, an:
Einsam säuselt er nun, der altert hümliche Weissdorn,
W T o sioh der Knabe vordem grünende Reiser gepflückt.
ELcrhard hat ihn gepflanzt, als von Judäas Gestade
Kehrte der Grav; dorthin war er ein Pilger gewallt,
Trug auf dem Helme das Reis ; das steck't er in saftigen Boden,
Und Jahrhunderte schon perlten im grauen Gezweig!
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Dort einst hast du gespielt, Vollendeter! dort mit den Brüdern
Und mit den Schwestern floss kindlieh Dein Frühling dahin;
Dort einst wohnte der Vater, und wenn er vom Walde zurückritt,
Hielt ihm mit freudiger Hand Bruder um Bruder den Zaum —
Dort, weitprangend am Weg, war die Zeitungs-Eiche; dem Vater
Legte der Bote das Geld, ruhigen Muthes, hinein;
Denn noch blühte die Zeit, die biedere! — Keiner, im Traum auch,
Hätte dem Ehrenmann dort das Vertraute geraubt
Dort einst sammelte sich die Familie; silberne Locken
Schmückten das Haupt Dir schon würdig am bräutlichen Fest,
Als die erröthende Braut dort liebend grüsste der Enkel,
Und mit dem goldenen Ring weihte der Treue Gelübd\
Ach! da lebtest Du wieder im traulichen Hause des Vaters,
Alles von ältester Zeit war noch geblieben, wie sonst!
Jugendlich schlug Dir das Herz, Du standest in süssester Wehmuth,
Gingst mit den Lieben so froh durch die Gemächer umher:
Zeigtest: hier ward ich geboren! und hier erbleichte die Mutter!
Dort war die Schaukel, — und hier sass auf dem Füllen das Kind !
Sonnig stand im Azur der Weissdorn! — ach die Geschlechter—
Freu'n sich der blühenden Zeit über dem Staube des Ahns;
Geister fliehen vorüber, und nur das Leben der Schöpfung
Jauchzt in verjüngter Gestalt mit den Lebendigen fort!
Seine Gattin war seit 5. Juni 1777 Christians Friederika,
— Tochter des Geh. Hofraths Ton Moni, und Enkelin des Etatsraths
Johann Jacob von Moser, — welcher Ehe 11 Kinder entsprossten,
von denen nur 2 den Vater überlebten, nämlich :
Amalia Sofie Charlotte, Gattin des König]. Studienraths-Direc-
tors, Prälaten von Süskind.
Franz Gustav Adolf von Knapp, geb. Stuttgart 30. September
1791, Lieutenant im Württemb. 10. Infanterie-Regiment, Oberamts-
actuar, dann Oberamts verweser, später Oberamtmann in Lorch, in
Kirchheim, R. d. 0. d. W.. Kr., vermählt seit 7. Jnni 1819 mit
Friederike Wilhelmine, Tochter des Oberamtmanns in Tübingen
Joh. Carl Ludwig Senbert. Kinder:
I. Sofie, verm. 6. Mai 1841 mit dem Med. Dr. in Nenffen Ober-
amts- Wundarzt in Schorndorf Carl Gottl. Gaupp.
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IL Heinrich Frans Carl, geb. 4. Januar 1826, Offizier in Oester-
reichifichen Militär-Diensten.
III. Marie, geb. 1828, ?erm. mit Hofrath Römer in Stattgart.
IV. Frans Gustav Adolf, geb. in Kirchheim 25. April 1832, Land-
wirthschafts-Candidat. —
Gottfried Gabriel Knapp, Bruder des oben erwähnten Christian
Gotthold, geb. in Einsiedel bei Tübingen 1. December 1765. studirte
Philosophie und diu Rechte, wurde alsdann Advocat bei dem Hof-
gericht und später 1808 Oberamtmann, Kloster- und Forstverwalter
in Alpirsbach, Oberjustizrath in Tübingen, f 21. Juli 1828. Er
schrieb Mehreres. — Gattin: seit 15. November 1796 Lndoyike
Regine Helnrike Friedrike, Tochter des Hofkammerraths in Stutt-
gart Georg Jacob Finkh. —
Albert Knapp, Sohn des Vorigen, Stadtpfarrer bei St. Leonhard
in Stuttgart, bekannter schwäbischer Dichter, der, nur wenige
Monate nach Ludvrig Seeger dem Meister Uhland ins Grab gefolgt
ist, ward am 25. Juli 1798 zu Tübingen geboren, wo sein Vater,
Gottfried Gabriel Knapp, nachmaliger Oberjustizrath, als Hof-
gerichtsadvokat lebte. »Im Jahr 1800 wurde der Vater nach
Alpirsbach vorsetzt, woselbst dessen Familienwohnung mit dem alt-
ehrwürdigen, von den ältesten Hohenzollern gestifteten oder doch
begabten Klostergebäude, durch einen Gang zusammenhing, wäh-
rend sich die Kanzlei im Kloster selbst befand. In dieser gross-
artigen Schwarzwaldgegend, am Eingang in das malerische Kinzig-
thal, in den täglich betretenen Räumen einer dahin geschwundenen
frommen Vorzeit, empfieng die Seele des Knaben, welcher dort vom
2. bis 11. Jahr weilte, die ersten Grundanschauuogen, worunter
auch die ersten massgebenden Eindrücke für den künftigen Dichter-
beruf. Schon damals scheint durch diese letztern ein von der
Sichtbarkeit ungestillter Zug zum Jenseits gegangen zu sein, ob-
wohl ein solcher in dem ifnapp'schen Familienkreis, in welchem
schlichte . herzliche Frömmigkeit , sittlicher Ernst und unverdorbene
Gemüthlichkeit, keineswegs aber ein Wegsehnen aus dem Irdischen
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den Grundton bildeten, durchaus nicht vorherrschte. Vor dem Eltern-
haus stand, oder steht wohl noch jetzt eine mit einer steinernen
Rundbank eingefasste prachtvolle Linde*; unter ihr ergiesst ein vier-
röhr iger Brunnen seine Strahlen. Oft vermittelte dieser Baum wunder-
bare Anschauungen in dem Kinde. So wars ihm einmal, als er vor
Tagesanbruch an das Fenster trat, als stände ein herrlicher Cedern-
wald in dem nachtblauen Himmel ober der Linde, und helle Geister-
gestalten blickten grussend aus demselben herunter. Ein andermal,
es mochte in seinem 7. Jahre sein, sah der Knabe Morgens einen
goldnen Streif durch den westlichen Himmel gezogen, auf welchem
in leuchtendem Wagen ein schöner, freundlicher Mann dahin fuhr,
der ihm zuzuwinken schien« : „Komm mit, komm mit." —
Albert studirte Theologie, wurde 7. Nov. 1820 Vikar in Feuer-
bach bei Stuttgart; hier ging ihm hauptsächlich durch Einwirkung
seines in gleicher Eigenschaft in Stuttgart angestellten Compromotio-
nalen Ludwig Hofacker, Verfassers der so bekannt gewordenen Pre-
digten, »ein, wie er sich selbst ausdruckte, „neues Leben auf, indem
er nach schwerem innerem Kampf zum Glauben erweckt ward. 4 '
Im Jahr 1 821 kam er als Vikar nach Gaisburg bei Stuttgart, 1825
als Diaconus nach Sulz, 1831 aber auf den Wunsch der Frau Herzogin
Henriette von Württemberg in gleicher Eigenschaft nach Kirchheim u. T
1836 ward er als Diaconus an die Hospitalkirche nach Stuttgart versetzt,
wurde hierauf Archidiaconus an der Stuttgarter Stiftskirche 1 839, Stadt-
pfarrer bei St. Leonhard 1845, als welcher er auch den 18. Juni
1864 einer höchst schmerzhaften Brustwassersucht erlag
Knapp war ein Mann von ungemeiner Kindlichkeit und Naive-
t&t des Herzens. Sein Name als Dichter geht mit gerechter Aner-
kennung durch ganz Deutschland, ja selbst katholischerseits wurde
dem eifrigen Protestanten vielfach vollste Anerkennung zu Theil.
Zu erwähnen sind von seinen literarischen Leistungen neben
den in 3 Bänden in mehreren Auflagen erschienenen »Christlichen
* Die Linde wurde 28. Jnll 1872 vom Sturm umgerissen.
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Gedichten«, insbesondere das durch viele Jahre hindurch von ihm
herausgegebene Taschenbuch »Christoterpe«, und sein Lieder- und Ge-
dichten-Cyklus »Hohenstaufen« . Ueber das Letztgenannte sagt er selbst :
Wenn die Jungfrau Blumenkränze
Für das Fest des Maien flicht,
Sparet sie dem goldnen Lenze
Rosen und Violen nicht:
Also treibt es mich zu singen,
Bis ich für die Staufen ganz,
Mit lebendigem Gelingen
Äusgeflochten meinen Kranz.
Von der Tonkunst stets tiefergriffen und selbst ausgezeichneter
Klavierspieler, äusserte er im Hinblick auf seine Poesien:
Was über Worten schwebt, das schildert die Musik.
Wort — ist ein Ei;
Musik ist's, wenn der Vogel flück.
Knapp' s erste Gattin war seit 1828 Christiane, Tochter des
Generals von Beulwlz, eine der bevorzugtesten Schülerinnen des from-
men Stadtpfarrers Bann in Stuttgart; die zweite Emilie, geb. Hoffmann,
die Wittwe des Pfarrers Oslander, welcher Ehe 1 1 Kinder entsprossten ;
die dritte ist seit 1850 eine Tochter des als Rector zu Schöppenstedt
in Braunschweig verstorbenen Lerche. Kinder: I. Sophie Theodore,
geb. 18. Juli 1829, verm. 21. Januar 1868 mit Heinrich Zimmern,
Pfarrer in Graben (Baden). II. Marie Henriette, geb. 8. Januar
1840, verm. 27. October 1870 mit Buchhändler Aigner. III. Joseph
Nathanael, geb. 18. Januar 1839, Stadtvicar, verm. 14. Mai 1868
mit Louise Wilbelmine Wetzel. IV. Wilhelm Benjamin, Pfarrer in
Waldthann, geb. 2. September 1841, verm. 19. Mai 1874 mit
Kurie Liesehing. V. Gotthold Felieian, geb. 5. Juli 1848, Dia-
conus in Tuttlingen, verm. 16. Nov. 1876 mit Clara, geb. Renz. —
Hermann von Knapp, Bruder Albertus, Dr., Director des Königl.
Studienrathes, Vorsitzender der prov. Commission für die gewerblichen '
Fortbildungsschulen. Bitter des Ordens der württ. Krone, früher
Mitglied der Kammer der Abgeordneten, f 19. Juni 1859.
Gattin: Emille, geb. Pott. —
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Eduard Knapp, Bruder des Vorigen, geb. Alpirsbach 17. Dec.
1802, Pfarrer in Perouse 1828, Hohenstaufen 1835, Neckarthail-
fingen 1843, Gross-Süssen 1866.
Gattinnen: I. Caroline, geb. Lenz, t 1833; IL Amalia, geb.
Geiger, t 1837; III. Luise, geb. Geiger, Schwester der Vorigen,
t 1863. Kinder: 1) Caroline, geb. 15. Juni 1831, Wittwe des
Ernst Woerner, Docenten in Zürich. 2) Hermann, geb. 29. Mai 1833,
Dr. phil., t 1869 als Holzverwalter in Stuttgart, verm. mit Marie,
geb. Weiss von Kappel bei Oehringen. 3) Albert, geb. 15. Januar
1837, Pfarrer in Peterzell bei Sulz, verm. mit Nathalie, geb. Wem
von Gönningen. 4) Julius Eduard, geb. 3. September 1840, Helfer
in Marbach a. N., verm. mit Agnes, geb. Hohbach von Tübingen.
5) Paul, geb. 1. Januar 1844, Pfarrer in Bergen weiler bei Heiden-
heim, verm. mit Sophie, geb. Pfeilsticker von Ravensburg. 6) Amalle,
geb. 1. Aug. 1846, verm. mit Helfer Christian Kolb in Besigheim.
7) Otto, geb. 30. August 1848, Pfarrer in Lippoldsweiler bei Backnang,
verm. mit Henriette, geb. Pfeilsticker von Ravensburg. 8) Gotthold,
geb. 23. August 1850, Präceptor in Murrhardt. 9) Theodor, geb. 20.
Juli 1854, Präceptoratsverweser in Leutkirch. 10) Luise, geb. 22. Mai
1856, verm. mit Hermann Bietter, Arzt in Kaufbeuren, Bayern. —
Christian von Knapp, Excellenz, geb. Hohenheim 3. Febr. 1800.
Sein Vater war Jacob Christian Knapp, Kameral Verwalter in Leonberg
und bis 1802 Oekonomierath in Hohenheim, f 1833; die Mutter
seit 29. November 1798 Kegina Sophia, geb. Sandberger; der
Grossvater Jonathan Friedrich Knapp, geb. Einsiedel 26. Juni 1701,
Gehäg-Inspector in Ludwigsburg; die Grossmutter seit 10. Februar
1733 Catharina Elisabeth a Sontheim; der ürgrossvater, der auf
Seite 486 erwähnte Ernst Friedrich Knapp, Hofmeister in Einsiedel.
Christian von Knapp wurde im Jahre 1830 Hofkameral-
verwalter in Stammheim, Finanzrath 1838, Ober-Finanzrath 1844,
wirklicher Director der Eisenbahncommission 1845, in welch letzterer
Stellung er seine bedeutendste Thätigkeit entfaltete; der Eisenbahn
und ihrem Dienste widmete er bis in die genauesten Details und
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bis an sein Ende seine besondere Aufsicht und Wirksamkeit. 1850
trat er als Chef des Finanzministeriums in den hohen Posten ein,
den er, seit 1852 als wirklicher Minister, . bis an sein Ende beklei-
dete. Er behielt die Präsidentschaft der Centralbehörde für die Ver-
kehrsanstalten, mit welchen auch die Dampfschifffahrt auf dem Neckar
und Bodensee vereinigt wurde, neben dem Ministerposten bei. Von
den dem Finanzministerium untergeordneten Etablissements widmete
Knapp dem grossen Hüttenwerke Wasseralfingen , das ihm viele Er-
weiterung und seine spätere Bedeutung verdankte, sowie den Salinen
des Landes stets seine besondere Fürsorge und Vorliebe.
Seine Wittwe ist seit 1830 Friederike, geb. Hegelmajer.
Kinder: 1) Fanny Knapp, verm. mit Prof. Dr. Herzog in Tübingen.
2) Otto von Knapp, Oberfinanzratb, Ritter des Ordens der Württemberg.
Krone etc., verm. mit Marie, Tochter des Bürgermeisters zu Neustadt-
Magdeburg Clemens, 3) Reinhold Knapp, Bergrath, verm. 23. Sept.
1869 mit Louise, Tochter des Fabrikanten in Calw Adolf Stalin. —
Jonathan Friedrich Knapp, Bruder des Finanzministers, geb.
20. Juni 1802, Kaufmann in Stuttgart, t 14. Juli 1865. Gattin:
seit 28. Sept. 1828 Marie Philippine, gob. Krauth. —
Ludwig Angnst Knapp, Bruder des Vorigen, geb. 6. April 1812 in
Leonberg, Helfer, Stadtpfarrer in Ulm, Decan in Esslingen, verm. 22. Sept.
1842 mit Caroline, Tochter des Pharmaceuten in Stuttgart Johann
Friedrich Betuli ag, welcher Ehe 6 Söhne und 6 Töchter entsprossten. —
Friedrich Nathanael Knapp, Bruder des Vorigen, geb. 13. Oct.
1816, Kaufmann, t 22. April 1872. —
J. M« von Knapp, Hofbaumeister, Kommenthur IL Klasse des
Friedrichs-Ordens, t 71 Jahre alt 22. October 1861. —
Ebenfalls diesen Familiennamen führten:
Johann Jacob Knapp, geb. zu Langenbeutingen 14. October
1681 , als Sohn des Vogts von Langenbeutingen Georg Knapp,
Ober-Superintendent in Pfedelbach, in Oehringen.* Gattinnen: I. seit
* Dessen Brüder waren Georg David Knapp, geb. 1674, Spitalverwalter in Oeh-
ringen und Johann Georg, Stiftsprediger in Oehringen. Ein Sohn dieses Letzteren, Christ.
Friedrich, war Pfarrer in Hohebach.
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20. August 1709 Boslna Maria, Tochter des Pfarrers in Adelsheim
Christof Werner; II. seit 12. Januar 1723 Clara Margaretha,
Tochter des Rentkammerraths in Stuttgart Heinrich Jacob Müller.
Söhne, von denen Näheres bekannt ist:
I. Johann Jacob Knapp, geb. in Pfedelbacb 13. Januar 1711,
t als Kammerrath und Stifteverwalter in Oehringen.
IL Christian Friedrich Knapp, geb. in Pfedolbach 16. März 1719,
Hofprediger und Consistorialrath in Ingelfingen, vermählt mit
Marie Sofie Rosine, geb. Lang. Sohn: Gottfried Ludwig
von Knapp, Königlich Württembergischer Ober-Regierungsrath
in Stuttgart, Bitter des Krön- Ordens, t 1830 im 73. Jahre
seines Alters. Von seinen hinterlassenen Kindern studirte ein
Sohn Heinrich Ludwig Friedrich, Jurisprudenz, eine ' Tochter
war die Gattin des Generalmajor von Bembach, eine weitere,
Caroline Friedericke Augusta, geb. zu Kirchberg a. d. Jaxt
4. Januar 1807, vermählte sich mit dem damaligen Regierungs-
Assessor iu Reutlingen Eduard Friedrich von Breüschtvert.
III. Gottfried Wilh. Knapp, geb. 1726, Rath und Doctor in Offenbach.
IV. Christian Knapp, geb. 1727, Kammerrath in Meerholz.
V. Theodor Friedrich Knapp, geb. 1731, Hof-Kammerrath in Erbach.
VI. Johann Daniel Knapp, Ffirstl. Hohenlohe-Neuensteinischer Rath in
Künzelsau und Stifter des Knapp' sehen Stipendiums in Künzelsau.
Johann Georg Knapp von Oehringen, geb. 1705, studirte zu
Tübingen und Halle, lehrte an letzterem Platze 1732 als Königl.
Pädagog, wurde 1732 Prediger beim Cadottencorps in Berlin, 1733
aber nach Halle zurückberufen und Adjunct beim Waisenhause und
der theol. Facultat. 1737 zum Professor extraord., 1739 zum ord.
Theol., wie auch Dr. Theol. 1769 ernannt bekam er sodann das
erste Directorium des Waisenhauses. Er starb 30. Juli 1771. —
Das Fürstlich Württembergische Dienerbach enthalt folgende höhere Beamte
des Namens Knapp: CLVerwaltter 245. — Andr., Gaistl. Verwaltter 396, Keller 287. —
Christian Gotthold, Exped.Rath 147 ; RechenbancksRath 154. — Jac. Thomas, Vorstmaister
429. — Joh. Jac, RechenbancksRath 153; Visitat. Secretar. 158. — Mich., Vogt 396;
Vorstmaister 512. - Oseas, WaldVogt 578. — Thom., Cl.Pfleger 265 ; Vorstmaister 484, 638,
611; WaldVogt 678.
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Köstlin.
Cosmann Friedrich Köstlin, geb. 18. März 1711, Sohn des
Stadtpfarrers in Bönnigheim Tobias Köstlin, und Enkel des Diaconns
in Esslingen Cosmann Köstlin, studirte Theologie und bekleidete
im Jahr 1735 das Diaconat in Blaubeuren. Hierauf wurde er
Decan in Heidenheim 1747, Oberpfarrer (Senior) in Esslingen 1753
und starb 1790. Seine Gattin war seit 1733 Marie Sofie, Tochter
des Pastors zu Sebwina Joachim Christian Köpke. Söhne:
A. Victor Köstliu, geb r 1741, Diaconus in Esslingen, t 1766.
Gattin seit 23. Juni 1765 Maria Augnsta Hedwig, Tochter
des Obersts Eberhard Friedrich Honold. —
B. M. Nathanael Köstlin, geb. 1744, Diaconus in Nürtingen, Decan
in Pfullingen, in Urach, Prälat. Gattin seit 1. August 1775
Sibilla Friederike, Tochter des Stadtpfarrers in Stuttgart
Wilhelm Jeremias Cless. Kinder:
1) Magdalena Sofie Uottlicbin, vermählt seit 8. Mai 1798
mit dem Med. Dr. und« Physikus in Ehingen Wilhelm
Friedrich Schäffler.
2) Augnste Beate, vermählt I. seit 10. October 1810 mit
dem Med. Dr. und Oberamtsarzt in Urach Christian Ludwig
Hiller; II. seit 28. Januar 1827 mit dem Stadtpfarrer in
Liebenzeil G-eory Rapp, t als Pfarrer in Bernhausen.
3) M. Nathanael Friederich von Köstlin, geb. 1776, Diaconus
und Professor in Tübingen, Decan in Stuttgart, Stiftsprediger.
Oberconsistorialrath , Prälat und Generalsuperintendent da-
selbst, t 1855.
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Gattinnen: I. seit 18. April 1809 fleinrike, Tochter
des Kanzlers in Tübingen Christian Friedrich Schnorrer;
II. seit 8. October 1822 Henriette, geb. Bapp. Söhne:
a) Dr. Christian Reinhold KösUin, geb. 29. Januar 1813
zu Tübingen, widmete sich daselbst, sowie in Heidelberg
und Berlin dem Studium der Rechtswissenschaft, wurde
Advocat, Privatdocent 1839, Professor der Rechte in
Tübingen 1840 und starb daselbst 14. September 1856.
Juristischer und belletristischer Schriftsteller.
Seine Wittwe ist die berühmte Sängerin und Lieder-
componistin Josephine, geb. Lang in Tübingen. Kinder:
I. Henriette Therese Köstlin, geb. den 23. September
1847, vermählt mit Johannes Schleich , K. Hof-
Opernsänger in Berlin.
II. Maria Regina, geb. den 14. März 1849, vermählt
mit Dr. Bichard Kellinger, Besitzer einer themischen
Fabrik in Elberfeld.
III. Eugen Wilhelm Köstlin, geb. den 21. Juli 1845,
Mechaniker in Reutlingen.
IV. Heinrieh Adolph Köstlin, geb. den 4. September
1846, Dr. Phil., Pfarrer in Maulbronn, vermählt
10. März 1873 mit Sophie, Tochter des Prälaten
von Gerock.
b) Dr. Wilhelm Heinrich Köstlin, Oberamtsarzf in
Backnang.
4) M. Carl Wilhelm Gottlieb von Köstlin, geb. zu Nürtingen
11. Februar 1785, studirte Theologie, unternahm im
Jahr 1811 eine Reise nach München, auf welcher er im
Hause des von mütterlicher Seite her ihm verwandten
Philosophen Schelling freundlichste Aufnahme fand. Das
Jahr darauf reiste er nach Paris und wurde nach seiner
Rückkehr in's Vaterland 1812 als Stadtvikar in Stuttgart
angestellt. Im Jahr 1813 wurde er Helfer in Bietig-
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heim, hierauf erster Professor an dem damals neu er-
richteten Seminar in Urach 1818, als welch letzterer er
28 Jahre lang wirkte. Im Jahr 1846 wurde er, nachdem
ihm schon 1843 als Anerkennung seiner Verdienste der Titel
und Rang eines ordentlichen Professors der Universität ver-
liehen worden war, zum Ephorus daselhst ernannt. Er
starb, mit dem Ritterkreuz des Ordens der wörtterab. Krone
geschmückt, den 13. November 1854 im 70. Jahre seines
Alters zu Tübingen, wohin er sich in den Ruhestand
zurückgezogen hatte.
Gattin seit 16. October 1817 Johanna Luise, Tochter
des Oberhofpredigors , später Oberstudienrathsdirectors in
Stuttgart Friedrich Gottlieb von Süskind. Sohn :
Dr. Carl Beinhold von Köstlin, geb. 1819, Pro-
fessor der Aesthetik in Tübingen.
5) Dr. Karl Heinrich Gotthilf von Köstlin, Obermedicinalrath,
Common thur des Ordens der Württembergischen Krone, geb.
zu Nürtingen 20. Juli 1787. Köstlin widmete sich zu
Tübingen dem Studium der Medicin und reiste nach ab-
solvirter Prüfung für den Doctorsgrad zur Fortsetzung seiner
Studien nach Wien. In dieser Stadt war er ein begeisterter
Zeuge des patriotischen Aufschwungs, mit welchem im Jahr
1809 Oesterreich zum Kampf gegen die Napoleonische
Uebermacht sich ermuthigte, theilte nachher die Gefahren
der Beschiessung Wiens unter eifriger Mitwirkung zur Ab-
wehr der dem Dache seines Wohnhauses von französischen
Bomben drohenden Entzündung, musste übrigens dem Kriege
die vorzeitige Beendigung seines Wiener Aufenthaltes zum
Opfer bringen, da der König Friedrich seine in Oesterreich
sich aufhaltenden Unterthanen unter schweren Drohungen
nach Haus zurückrief. Er reiste nun nach München, brachte
daselbst einen vierwöchentlichen Aufenthalt in dem gast-
freundlichen Hause des Philosophen Schelling zu, kehrte
r. OwrgH-Qtorgenau, Biographisch-Genealogische Butter etc. 32
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hierauf iiTs Vaterland zurück und Hess sich 1809 als
praktischer Arzt in Stuttgart nieder. Im Jahr 1814 wurde
er zum Stadtdirektionsarzt, 1817 aber zum Medicinalrath
ernannt. 1828 erfolgte seine Berufung in das Medicinal-
collegium mit der Stellung einos Obermedicinalraths. Mit
dem Dienst im Medicinalcollegium verband er vom Jahr 1 833
an den eines Mitglieds der Aufsichtscommission für die Irren-
heilanstalt Winnenthal, deren Wirkungskreis später auch
auf die Bewahranstalt Zwiefalten ausgedehnt wurde, sowie
die Vorstandschaft bei der Commission für die Abfassung
einer neuen LandespharmacopOe. Im Jahr 1858 feierte er
das fünfzigjährige Jubiläum seiner Doctorspromotion.
Vor allem hielt Köstlin die Beobachtung der Natur
seiner Patienten hoch, die in dieser selbst liegenden Mittel
zur Heilung anwendend.
In seiner Berufswissenschaft verfolgte er besonders jene
Punkte, wo Philosophie und Empirie sich aufs Innigste be-
rühren, nämlich die Lehren vom Bau und von der Thätigkeit
des Gehirns und des übrigen Nervensystems, von der ge-
sunden und krankhaft veränderten Seelenfähigkeit.
Er starb, von Jedermann hochgeschätzt. 1859 den
18. August. Seine Ehegattin war Mathilde, Tochter des
Staatsraths und späteren Ministers und Geheimenraths-
Präsidenten von Otto, Kinder:
1) Mathilde, vermählt 1841 mit dem Professor der Staats-
wissenschaft zu Tübingen Dr. Hoffmann,
2) Thusnelde, geb. 2. December 1827, vermählt 1862
mit Stadtpfarrer Schmitt in Friedrichshafen.
3) Dr. Angust Otto NathanaSl Köstlin, geb. 19. November
1818, Med. Dr. und Professor der Naturwissenschaften
am Obergymnasiura in Stuttgart, verm. 28. Juni 1847
mit Emille, geb. Eiben.
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4) Theodor von Köstlin, geb. 14. Mai 1823, Vicedirector
im K. Justizministerium, Commenthur des Friedrichs-
ordens, Ritter des Kronordens mit Krone, auch Ritter des
St. Mauritius und Lazarus-Ordens. Vorstand der Central-
leitung des Wohlthätigkeitsvereins und der Armen-
commission , Mitglied des Strafanstalten - Collegiums und
der Commission für die Karl-Olga-Stiftung, vermählt mit
Mathilde, geb. Schelling.
5) Dr. Julius Theodor Köstlin, geb. 17. Mai 1826, Pro-
fessor der Theologie an der Universität zu Halle, verm.
seit 13. September 1855 mit Pauline, Tochter des
Pfarrers in Bodelshausen Carl Friedrich Schmid. —
6) August Friedrich von Köstlin, geb. 4. Juli 1792, Kon-
sistorial-Präsident , Staatsrate Derselbe widmete sich dem
Studium der Rechtswissenschaft in Tubingen und fand da-
selbst bei seinem ältesten Bruder, dem damaligen Helfer
und nachherigen Prälaten von Köstlin eine zweite Hei-
math. Sein nächstältester Bruder Heinrich, welcher sich
damals zum medicinischen Doctorexamen in Tübingen vor-
bereitete, führte ihn in die Freundeskreise von Uhland,
Karl Mayer, Justinus Kerner und anderer ein. Besondere
'Freundschaft und zwar eine für 's ganze Leben, knüpfte
Köstlin mit dem ihm gleichaltrigen Gustav Schwab an.
Im Jahre 1812 wurde Köstlin als Kriminalamts- Actuar in
Urach angestellt, hierauf Stadtdirektions-Actuar in Stuttgart
1814, woselbst sein Bruder Heinrich kurz vorher zum
Stadtdirektionsarzt ernannt worden war. 1816 wurde er
Ministerialregistrator beim königlichen Staatsministerium und
im December desselben Jahres zum Secretär im Geheimen-
rathe ernannt. In den Verfassungskämpfen von 1816 bis
1819 trat Köstlin entschieden auf die Seite der modernen
Staatsideen, wie sie in den Verfassungsentwürfen König
Wilhelm' s ihren liberalen Ausdruck gefunden hatten.
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Ebenso stand er auf Seite der Herausgeber der frei-
sinnigen Blätter wie des Hauptmanns Seybold, Redacteurs
der Neckarzeitung, des Rechtsconsulenten Schvibltr , des
Herausgebers des Volksfreundes, welche beschützt durch die
neue Pressfreiheit in Thätigkeit getreten waren.
Im Jahre 1822 erhielt Köstlin die Anstellung als
Regierun gsrath und war so an der Seite seines Freundes,
des Kanzleidirectors und nachherigen Ministers von Sehlaycr.
Mehrere Jahrzehnte hindurch beeinflusste Köstlin dieses
Kollegium durch den Reichthum seines Wissens und die
Reife seines Urtheils.
Da der weitere genaue Verlauf von Köstlin s Leben von
Interesse ist, so schalten wir hier den im Schwäbischen
Merkur über Köstlin erschienenen Nekrolog wörtlich ein:
Die zwanziger Jahre waren für Württemberg die Zeit des
vertrauensvollen Zusammenwirkens der gesetzgebenden Faktoren. Für
Köstlin war es eine höchst befriedigende Aufgabe, unter der Leitung
des Ministers v. Schmidlin an der praktischen Durchführung der
Verfassung, an der neuen Organisation der württemb. Verwaltung
mitzuwirken. Im Jahre 1823 hatte er eine längere Abhandlung
über die Verwaltungsjustiz nach französischen Grundsätzen ausgearbeitet.
Er war Mitglied der Kommissionen für die Revision der Znnftgesetze,
für eine neue Tax- und Stempelordnung, für die Reorganisation der
Waisenhäuser, sowie der neu errichteten Kommission für die Er-
ziehungshäuser. Von 1829 bis 1864 gehörte er der Centralleitung
des Wohlthätigkeitsvereins , von 1824 bis 1839 dem Strafanstalten-
kollegium an. Mit besonderem Interesse widmete er sich überall
den Zwecken der Humanität und der Volksbildung. Auch als Mit-
glied des Strafanstaltenkollegiums hatte er vielfache Gelegenheit, seine
humanen Gesinnungen geltend zu machen. Er hat dies besonders
bethätigt in der Angelegenheit von vier Männern, welche 1833 aus
Veranlassung des Koseriz'schen Attentates zur Untersuchung gezogen
worden waren. Wer die Jahre 1848 und 1849 durchlebt und
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deutlich erfahren hat, wie die milden Wahrsprüche der Geschwornen
bei den damaligen Anklagen anf Hochverrath nur zur Versöhnung
der Gemfi ther und zum Heil des Landes beigetragen haben, der wird
es nicht begreifen, dass Männer, die an „den Haupthandlungen des
damaligen Dramas'*, an der Verbindung mit den Urhebern des Frank-
furter Attentats keinen Antheil genommen hatten, nach den Qualen
einer 5jährigen Untersuchungshaft noch zu 6 Jahren Zuchthaus ver-
urtheilt wurden. Im Jahre 1839 versuchte es Köstlin, für diese
Vernrtheilten die königliche Gnade auszuwirken. Durch Köstlins
Bericht über eine Visitation in Gotteszell, dessen Auffassung und
Anträge von dem damaligen Chef des Justizdepartements, Geheimerath
v. Schwab, unterstützt wurden, Hess sich der König zur Begnadigung
unter der Bedingung bestimmen, das» die Verurtheilten oder ihre
Vertreter Gnadengesuche einreichten. Nur Buchhändler Franckh konnte
sich zu diesem Schritte nicht entschliessen ; die drei andern wurden
schon im August 1839, uach einjähriger Haft, vom Könige vollständig
begnadigt. — Im November 1830 wurde Köstlin zum Oberregierungs-
rath befördert. Es begannen damals die Arbeiten für die neue Be-
gründung des Württembergischen Irrenwesens. Köstlin unterstützte
kräftig seinen Bruder Heinrich, der als Obermedicinalrath für die
Gründung Winnenthals und für die Umwandlung Zwiefaltens haupt-
sächlich die Pläne zu entwerfen hatte. Er hat auch später diesen
Anstalten als Vorstand der Aufsichtskommission für Winnenthal und
Zwiefalten seine Kräfte gewidmet. — Im November 1839 wurde
Köstlin Vorstand der Kunstschule, im April 1840 Vorstand der
öffentlichen Bibliothek und der wissenschaftlichen Sammlungen des
Staates. Der letzteren Stelle wurde er 1847 wieder enthoben ; die
erstere verwaltete er bis zu der neuen Organisation der Kunstschule
im Ja'ire 1867. Um weitere Anschauungen der bildenden Künste
zu gewinnen, reiste er 1842 und 1858 nach München, 1855 zur
Weltausstellung nach Paris. Unter seiner Leitung nahm das vater-
ländische Kunstinstitut einen neuen Aufschwung. Sein feines ästheti-
sches Gefühl und das Massvolle seiner Ansichten gaben seiner Stimme
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auch im Rathe der Künstler eine bestimmte Geltung; er hat sie
immer besonders kräftig erhoben, wo es galt, junge strebende Künstler
zu unterstützen. Bald aber traten an ihn grössere und schwerere,
wechselvolle Aufgaben heran. Im Oktober 1 842 war er zum Kollegial-
direktor im Ministerium des Innern ernannt worden; im Juni 1843
wurde ihm die Direktion der im Ministerium des Innern neugegründeten
Eisenbahnkommission übertragen. Er bereiste noch im Herbste dieses
Jahres die belgischen Eisenbahnen. Die Frage des Eisenbahnbaues
bewegte die Gemüther aufs heftigste und in den verschiedensten
Richtungen. Man hatte den Gedanken aufgegeben, dass Württemberg
als blos ackerbauender Staat keine Eisenbahnen bedürfe. Der Finanz-
minister v. Herdegen hatte deswegen seine Entlassung genommen.
Jetzt wogten durch die Gemüther die Gegensätze von Privatbau oder
Staatsbau, von Vignoles oder Etzel, von See wiese oder Schlossstrasse
als Stelle des Stuttgarter Bahnhofs, von Gannstatt oder Stuttgart als
Centrum des Eisenbahnnetzes. Wenn das Ministerium ScIUayer sich
für den Staatsbau, für Etzel als Oberingenieur und für den Central-
bahnhof in Stuttgart entschieden, wenn es dadurch unserem ganzen
Eisenbahnwesen eine gesunde und entwicklungsfähige Grundlage ge-
geben hat, so gebohrt ein grosser Theil dieses Verdienstes gewiss
dem damaligen Vorstand der Eisenbahndirektion. Aber bald erwies
sich die Direktion der Eisenbahnen als eine zu grosse Ueberbürdung
des Ministeriums des Innern , und mit dem Uebergang derselben an
das Finanzministerium trat Köstlin in die Stelle eines Direktors der
Oberregierung zurück. Während der Theuerung in den Jahren 1846
und 1847 war er stellvertretender Vorstand der Kommission für den
Bezug von Brodfrüchten und andern Lebensmitteln. Im Februar
1847 trat er als wirklicher Staatsrath in den k. Geheimerath ein. —
Die Erschütterungen des Jahres 1848 trafen Köstlin nicht unvor-
bereitet. In dem vaterländischen Vereine, welchem er als thätiges
Mitglied angehörte, erklärte er sich entschieden für die Ideen Paul
Pfizer 1 s, für die Sammlung Deutschlands unter preussischer Führung.
Er gab dieser Ueberzeugung auch im Frühjahr 1849 einen bestimmten
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Ausdruck in einem an König Wilhelm gerichteten Memoire. Diese
Stellung gegenüber den grossen politischen Fragen war wohl auch
die Ursache, dass es damals nicht zur Uebernahme des Kult-
ministeriums durch Köstlin kam. Er wurde im Sept. 1849 dem
Staatsrath v. Buvernoy als Vertreter für die beiden Departements
des Innern und des Kultus beigegeben. Noch einmal, im Oktober
1849, als Preussen mit Sachsen und Hannover den Dreikönigsbund
geschlossen hatte, hielt es Köstlin für seine Pflicht, in einem Schreiben
an den König Wilhelm seine Ueberzeugung von den Gefahren einer
Isolirung Württembergs auszusprechen. Es folgte indess Enttäuschung
auf Enttäuschung. Das Gesetz über die verfassunggebende Landes-
versammlung hatte Württemberg in einen Zirkel hineingeführt, aus
dem auch nach Köstlin 's Ansicht nur durch Zurückgehen auf die
Verfassung und das Wahlgesetz von 1819 herauszukommen war.
Die Tage von Olmütz vernichteten für lange Zeit die Hoffnungen auf
Preussen und auf eine gesunde Entwicklung der deutschen Verhält-
nisse. — Vom Juli 1850 bis Mai 1851 war Köstlin Dirigent des
Geheimerathes. Im Nov. 1852 übernahm er die Stelle des Präsidenten
des evangelischen Konsistoriums. In einem Kabinetsschreiben erklärte
damals der König , dass Köstlin's „Persönlichkeit ihm Bürge sei,
dass er in einer Zeit des konfessionellen Haders gegenüber von dem
Streite der Parteien auf eine beruhigende und versöhnende Weise zu
wirken bemüht sein werde." In der That hatte Köstlin in kirchlichen
und religiösen Dingen etwas Versöhnendes nicht nur durch die Milde
seines äussern Benehmens, sondern auch durch das Innerste seiner
Gesinnung. Ein jetzt Dahingeschiedener hat an ihm „eine erleuchtete
Frömmigkeit" gerühmt. Gewiss entsprang sein Christenthum ebenso-
sehr aus dem eigenen gottsuchenden Herzen, als aus der klaren Ein-
sicht in das Wesen und die Bedürfnisse des Menschen im Allgemeinen.
Er war liberal gegen abweichende, ernst begründete Ansichten ; noch
in dem letzten Winter seines Lebens hat er eifrig Keim's Leben Jesu
studirt. Kirchengewalt und Kirchenzucht waren ihm antipathisch.
In den Kollisionen zwischen Kirche und Staat wahrte er dem letzteren
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sein volles Recht. Die Lehre von der Trennung von Staat und Kirche,
von der freien Kirche im freien Staat, wie sie seit den Bewegungs-
jahren gepredigt wurde, ging auch an Württemberg nicht spurlos
vorüber. Es sollte der katholischen, wie der evangelischen Kirche
eine selbstständigere Stellung gegeben werden. Die erste Folge hie-
von war die Vereinbarung der württembergischen Regierung mit der
päpstlichen Kurie, und es ergab sich hieraus als weitere Konsequenz,
dass im November 1857 auch die evangelische Synode aufgefordert
wurde, genau zu prüfen, „ob und wie weit in Folge der bei jener
Konvention zur Geltung gekommenen Grundsätze nunmehr auch in
dem einen oder andern Punkte des evangelischen Kirchenregiments
eine Aenderung wünschenswerth oder geboten erscheinen mößre." Das
Anbringen der evangelischen Synode vom 2. März 1858 enthielt
hauptsächlich folgende Anträge: es sollte der bestehende Synodus
durch gewählte Vertreter der einzelnen Sprengel im Interesse der
Kräftigung des Kirchenregiments zur Landessynode erweitert werden :
die evangelische Kirchenverwaltungsbehörde, zusammengesetzt aus dem
Konsistorium und dem Synodus, sollte in unmittelbarer Unterordnung
unter dem König und in unmittelbarem Verkehr mit demselben als
dem kirchenverfassungsmässigen Inhaber der Kirchenleitung stehen.
Die letztere Bestimmung widerstrebte dem praktischen Sinn und der
staatsmännischen Auffassung Köstlins, und er legte seine Ansichten
in einem Separatvotum nieder. Für ihn konnte kein Zweifel bestehen,
dass der König in seinem Verkehr mit der obersten Kirchenbehörde
sich einen Berather wählen werde, und er befürchtete, dass bei der
Wahl dieses Beirathes sich wechselnde Einflüsse geltend machen
könnten. Daher stimmte er dafür, dass der Verkehr des Königs mit
der Oberkirchenbehörde auch fernerhin mit gewissen Einschränkungen
durch den verantwortlichen Kultminister vermittelt werde. Die Ver-
handlungen über eine Verfassung der evangelischen Kirche führten
damals zu keinem Ziele. Erst unter König Karl wurden sie wieder
aufgenommen, und im December 1867 erging die k. Verordnung,
betreffend die Einführung einer Landessynode in der evangei. Kirche
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Württembergs. Die Synode bildet hiernach nicht einen Theil des
Kirchenregiments, sondern die Vertretung der Genossen der Kirche
gegenüber von dem landesherrlichen Kirchenregiment. Dem Kult-
ministerinm aber wird die Vermittlung zwischen dem Landesfürsten
und der obersten Kirchenbehörde in derjenigen Weise und mit den-
jenigen Einschränkungen zugewiesen, wie sie Köstlin früher vor-
geschlagen hatte. — Die Form von Selbstständigkeit, welche man
für die katholische Kirche in der Konvention mit Born gesucht hatte,
erwies sich bald als ein Missgriff. Auch Köstlin zog unbedingt die
Regelung der katholisch-kirchlichen Angelegenheiten durch die Landes-
gesetzgebung einem Staatsvertrage zwischen Württemberg und dem
päpstlichen Stuhle vor. Er war im März 18G1 von König Wilhelm
zu einem Gutachten über diese Angelegenheiten aufgefordert worden,
und als unmittelbar darauf, in Folge der damaligen Konflikte, Staats-
rath v. Rümelin von der Verwaltung des Kultministeriums abtrat,
wurde Köstlin die Stelle des Chefs dieses Ministeriums angetragen.
Er lehnte sie ab, gewiss auch mit Rücksicht auf seine vorgerückten
Jahre, welche ihm nicht mehr gestatteten, sich mit der früheren
Kraft in die Kämpfe der kirchlichen und politischen Parteien zu
mischen. — 1862 wurde Köstlin zum Vorstand des Verwaltungs-
rathes der Sammlung vaterländischer Kunst- und Alterthumsdenkmale
ernannt. Am 14. Juli 1866 feierte er sein 50 jähriges Amtsjubiläum,
wie es früher auch sein Vater und sein väterlicher Grossvater gethan
hatten. Auf die zahlreichen Glück wünschenden des Morgens folgte
am Mittag eine Versammlung der engeren und weiteren Familie um
das geliebte und verehrte Familienhaupt. Der jugendliche Geist des
Jubilars, der frische Winter seines Alters erfüllte Alle mit der Hoff-
nung auf eine längere Erhaltung seines Lebens. Bald nachher, am
8. August, trat er auf seinen Wunsch in den Ruhestand über. Er
blieb noch Ehrenmitglied des Konsistoriums und stellvertretender Vor-
stand der im Kultministerium gebildeten Kommissionen für die An-
gelegenheiten der bildenden Künste und für die Staatssammlung vater-
ländischer Kunst- und Alterthumsdenkmale. Im Frühjahr 1869 hatte
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er die Freude, der ersten evangelischen Landessynode als Abgeordneter
von Tuttlingen und als ihr Senior anzuwohnen. Die deutschen An-
gelegenheiten beschäftigten ihn fortwährend. Als nach den preußi-
schen Siegen von 1866 immer wieder das schwäbische Stammesgefühl
mächtig aufbrauste und Württemberg Gefahr lief, aus den ruhigen
Bahnen einer praktischen Politik sich auf die dunklen Pfade unbe-
rechenbarer Stimmungen und Antipathien zu verirren, da erhob Kösilin
wiederholt seine Stimme, um in öffentlichen Blättern und unbekümmert
um das ITrtheil seiner Gegner zur ruhigen Ueberlegung und zum
festen Anscbiuss an jenen Staat zu mahnen, welcher sich auch seither
wieder als Deutschlands Schild erwiesen hat. Die letzte Zeit seines
Lebens war aber vorzüglich dem traulichen Zusammensein mit * seiner
Familie gewidmet. Er verweilte öfters bei seinem jüngeren Sohne,
welcher als Richter in Heilbronn und Ellwangen wirkte. Wiederholt
besuchte er Wien, wo sein älterer Sohn sich als Eisenbahn ingenieur
eine ehrenvolle Stellung errungen hatte. Auch nach der Schweiz
riefen ihn öftere nahe verwandtschaftliche Beziehungen. Sein Familien-
sinn, wie sein Sinn für Natnrschönheiten fand auf diesen Beisen volle
Befriedigung. Im Herbst 1867 hatte er zum letzten Mal mit seiner
Gattin den Sohn in Wien besucht, als die letztere bald nach der
Rückkunft erkrankte und von einer Lungenentzündung rasch hingerafft
wurde. Ein Ehebund von seltener Innigkeit ist durch diesen Tod
getrennt worden. Es war, als ob die Mahnungen an das Ende alles
Irdischen sich für Köstlin immer mehr häufen sollten. Er hatte den
mächtigen deutsch-französischen Krieg noch miterlebt und mitgefühlt.
Da starb im Frühjahr 1871 plötzlich und aus der vollen Thätigkeit
heraus sein geliebter Schwiegersohn, Oberregierungsrath von Reinhardt,
und im März 1872 folgte diesem fast ebenso rasch dessen jüngere
Tochter. Im Herbste dieses Jahres wurde der ältere Sohn seiner
treuen Gattin durch den Tod beraubt. Die Lebensfreudigkeit, welche
Köstlin so lange bewahrt hatte, war gebrochen. Er sagte oft, dass
er sein Leben nur noch nach Semestern zähle. Seine kräftige Ge-
sundheit fing an zu wanken. Noch einmal besuchte er im Herbst
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1872 mit seinem Schwager Fritz Maper in der Schweiz die letzte
überlebende Schwester seiner Gattin. Der Winter verlief still, unter
philosophischen und ästhetischen Studien. Da wurde er im März
1873 von einer schweren Diphtherie befallen. Mehrere Monate ver-
gingen unter den Schwankungen der Krankheit; endlich erlag seine
Kraft am 12. August 1873. — Köstlin hatte während seines ganzen
Lebens wenig von Krankheit gewusst. Sein kleiner, aber kräftiger
Körper, gestählt durch Massigkeit und Uebung, folgte willig den
Impulsen seines rastlosen Geistes. Arbeit war ihm Bedurfniss und
Lust. Pest in seinen Ueberzeugungen, massvoll und bescheiden in dem
Ausdruck derselben, voll Humanität im Umgang mit allen Menschen,
von seinem Könige hochgeschätzt, als Beamter einflussreich und beliebt,
hat Köstlin nicht durch grosse politische Aktionen oder glänzende
Schöpfungen seinen Namen verewigt; aber sein reines, von Ehrgeiz
und Eigennutz freies Handeln hat auf vielen Gebieten heilsam , be-
fruchtend und versöhnend gewirkt. Wie er durch seine Herzensgüte
im Leben viele Herzen gewonnen hat, so wird auch sein Andenken
in engeren und weiteren Kreisen lebendig und gesegnet bleiben.
Seine Gattin war seit 17. Nov. 1822 Wilhelmine,
Tochter des Hofraths Friedrich Christoph Mayer in Heil-
bronn. Söhne :
Augnst, Oberingenieur in Wien.
Karl, Kreisgerichtsrath , Director des Zellengefängnisses
in Heilbronn.
C. Wilhelm Köstlin, geb. 1747, Senator in Esslingen, Rector des
Pädagogiums daselbst 1 1823 mit Hinterlassung von 3 Töchtern.
Gattin: seit 9. November 1775 Christiana Jnliana, Tochter des
Diaconus in Esslingen Christian Friedrich Oodelninnn, welcher
Ehe 3 Töchter entsprossten.
D. Friedrich Köstlin, geb. 1749, Pfarrer in Möhringen, Diaconus
in Esslingen, Stadtpfarrer daselbst, t 1828. Gattin seit
• 2. August 1774 Magdalena Dorothea, Tochter des Raths-
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Consulenteu und Kanzlei-Directors in Esslingen Joh. Wolfgang
Caspart. Kinder :
1) Magdalena Dorothea, vermäblt seit 28. Mai 1799 mit
dem Eector in Esslingen Friedrich August Herwig.
2) Maria Elisabeth> vermählt se