BIOGRAPHISCHES JAHRBUCH
UND
DEUTSCHER NEKROLOG
UNTER STANDIGER MITWIRKUNG
VON
F. v. BEZOLD, ALOIS BRANDL, AUGUST FOURNIER, ADOLF FREY, HEINRICH
FRIEDJUNG, LUDWIG GEIGER, KARL GLOSSY, SIGMUND GttNTHER,
EUGEN GUGLIA, OTTOKAR LORENZ, JACOB MINOR, FRIEDRICH RATZEL,
PAUL SCHLENTHER, ERICH SCHMIDT, ANTON E. SCHONBACH U. A.
HERAUSGEGEBEN
VON
ANTON BETTELHEIM.
IV. BAND
MIT DEM BILDN18S VOX KOBEKT WII.HKLM BUNSEN
IN HEUOORAVUHE.
BERLIN.
DRUCK UND VERLAG VON GEORG REIMER.
1900.
BIOGRAPHISCHES JAHRBUCH
* * * * *
UND
• * * * •
DEUTSCHER NEKROLOG
VERLA
IERUN
®&$&U€®$' 1900* ^®%$2®€«®
s^fc&^J*
Vorrede.
Wiederum hat der Herausgeber mit Dank und Genugthuung wohl-
wollender Forderung durch seine Mitarbeiter zu gedenken. Deutsche,
osterreichische und schweizerische Staatsmanner Caprivi, Bamberger,
Simson, Graf Hohenwart, Graf Rechberg und Bundesprasident
Welti haben in Alexander Meyer, Heinrich Friedjung, Dr. Hans
Weber und Anderen berufenste Biographen gefunden. Das Referat
far deutsche Soldaten hat Oberst v. Frobel iibernommen. Den Nekrolog
Buns ens hat uns einer seiner Schiller, Professor Richard Meyer in
Braunschweig, den Nachruf fiir Oskar Baumann Friedrich Ratzel
geschenkt. Eine wiirdige Charakteristik von Anna v. Helmholtz
stammt aus der Feder von Professor R. Wachsmuth (Rostock). Karl
Du Prel's Lebenslauf und Lebensarbeit schildert sein Freund Alfred
Freiherr v. Mensi. Und auch sonst ist diesem Bande die Gunst alter
und neuer, der Fach- und Landes-Referenten in so reichem Maasse zu
Theil geworden, dass er sich neben den vorangegangenen wohl sehen
lassen darf.
Die Todtenliste fiir das Berichtsjahr 1899 hat Herr Dr. CarlHuffnagl
rechtzeitig druckfertig gestellt; sie erganzt den Nekrolog vom 1. Januar
bis 31. December 1899 in alien Fallen, in denen ein ausfiihrlicher Nachruf
nicht oder noch nicht zu erreichen war. Herr Dr. Georg Wolff ist
mit der Todtenliste fiir 1897 zur Stelle. Die Todtenliste fiir 1898 hat
er dagegen zum grossen Leidwesen des Verlegers und des Herausgebers
trotz allem Zuwarten nicht mehr vor dem Erscheinen dieses IV. Bandes
der Druckerei zu Gebote stellen konnen.
Damit senden wir diesen Jahrgang in die Welt und geben ihm als
Geleitspruch die tiefsinnigen Worte der Grafin in Marie v. Ebner-
Eschenbachs Erzahlung »Ihr Trauma mit auf den Weg:
IV Vorrede.
»Ich habe die Meinen nicht begraben. Nut ibren Staub. Die Seelen, die ihn be-
lebten, wohnen weit. . . Aber sie kommen — aus lichten Bereichen kommen, kraft ihrer
unsterblichen Liebe, meine Kinder zu mir. Ich fable, — wie oft! ihre beglttckende Nahe.
— Und wenn ich durchs Haus gehe, durch den Garten, aufs Dorf, scbeinbar allein, ich
bin es nicht — meine Todten gehen mit.«c
Wien, 14. November 1900.
Anton Bettelheim.
I n h a 1 1.
Seite.
Vorrede III
Deutscher Nekrolog vom I. Januar bis 31. December 1899 1
Erganzungen und Nachtrage zum »Deutschen Nekrolog von
i898« 326
I. Alphabetisches Namenverzeichniss zum Deutschen Nekrolog
vom I. Januar bis 31. December 1899 342
II. Alphabetisches Namenverzeichniss der Erganzungen und
Nachtrage zum Deutschen Nekrolog von 1898 348
Todtenliste 1897 1*— 116*
Erklarung der Abkurzungen 117* — 122*
Todtenliste 1899 * 123* — 190*
Nachtrag zur Todtenliste 1899 191*— 192*
DEUTSCHER NEKROLOG
VOM i. JANUAR BIS 3i. DECEMBER
i899.
Homo liber de nulla re minus, quam
de morte cogitat et ejus sapientia non
mortis, sed vitae meditatio est.
8 p i n o z a. Ethices para IV. Propos.
LXVII.
Biogr. Jahrbucb u. Deutscher Nekrolog. 4. Bd.
Deutscher Nekrolog vom i. Januar bis 31. December 1899.
Caprivi, Georg Leo, Graf von, * 24. Februar 1831 zu Charlottenburg,
f 6. Februar 1899 zu Skyren bei Crossen, General und deutscher Reichs-
kanzler.
Der al teste bekannte Ahnherr war Andreas Kopriva, in Krain ansassig.
Kin Zusammenhang der Familie mit dem italienischen Adelsgeschlecht der
Caprava, die wiederum mit den Montecucoli mehrfach verwandt waren, ist
nicht nachweisbar, so weit verbreitet die Legende auch ist.
Leo von C. hat jede Anspielung auf diese Verwandtschaft nur mit
Lacheln behandelt. Die Sohne von Andreas Kopriva wurden 1653 in den
rittermassigen Adelstand des heiligen Romischen Reichs und spater in den '
ungarischen Freiherrnstand erhoben. Ein Enkel eines dieser Sohne war
Julius Leopold von Kopriva, und wurde nach seiner Mutter, einem gebornen
Fraulein von Unruh aus dem Hause Nieder-Ulrichsdorf in der evangelischen
Religion erzogen. Schon sein Vater hatte sich in Schlesien ansassig gemacht
und so wurde er durch den Ausgang der schlesischen Kriege preussischer
Unterthan. Er nahm zuerst den Namen von Caprivi an und von ihm stammen
eine Anzahl von preussischen Officieren und hoherer Staatsbeamten, die unter
diesem Namen bekannt geworden sind.
Einer seiner Enkel war Julius Eduard v. C, geboren 10. September 1797,
gestorben 25. Dezember 1865 als Obertribunalsrat, Mitglied des Herrenhauses
und Preussischer Kronsyndikus. Er machte sich in den Jahren nach 1848
dadurch bekannt, dass er als Vorsitzender von Schwurgerichten in politischen
Processen eine sehr energische Haltung an den Tag legte und sich geflirchtet
machte. Verheiratet war er mit einer btirgerlichen Dame, Emilie Charlotte,
aus der Gelehrtenfamilie Kopke.
Das alteste von seinen flinf Kindern war der sp&tere Reichskanzler. Der
Erziehung dieser Kinder hat er grosse Sorgfalt gewidmet. So veranlasste er
den mathematischen Lehrer Dr. Runge, seinem Sohne Leo Privatunterricht
zu ertheilen, obwohl Runge lange widerstand, weil der Schuler der Nach-
htilfe nicht bedtirftig sei. Der Vater erwiderte darauf, sein Sohn solle ein
wissenschaftlicher Officier werden und nicht mit den herkommlichen
Kenntnissen sich begntigen. Und er setzte seinen Willen durch.
1*
4 Graf Caprivi.
Leo v. C. durchlief das Werdersche Gymnasium in Berlin, von dem er
Ostern 1849 a * s Abiturient entlassen wurde. Er war jederzeit ein guter
Schiiler, der tiber Betragen, Fleiss und Leistungen gute Zeugnisse erhielt.
Und zwar in alien Lehrgegenstanden gleichmassig. Er loste jede mathematische
Aufgabe selbstandig und schlug sich selbstandig durch schwierige Constructionen
des Tacitus durch. Er kannte jede Pflanze und jeden Kafer der Heimat und
war sicher in historischen Jahreszahlen. Trotzdem hat er sich nie durch be-
sonders hervorragende Leistungen ausgezeichnet und es lag ihm auch fern,
sich um die Gunst der Lehrer zu bemuhen. Das Horoskop, das ihm seine
Lehrer wahrscheinlich und seine Mitschiiler gewiss ausgestellt haben, lautete
dahin, dass er ein ttich tiger Mann werden wurde in jedem Berufe, den er
wahlte, aber dass er es nicht zu europaischem Ruhme bringen wurde.
Im Verkehr mit seinen Mitschulern war er heiter, freundlich und wahr-
haft gegen Jedermann, vorsichtig in der Auswahl derer, denen er sich naher
anschloss. Friih hat er eine grosse Sicherheit in der Lebensfiihrung an den
Tag gelegt, wie sie Jedem wlinschenswerth, dem Officier aber vor Allen noth-
wendig ist und flir diesen Beruf hatte er sich friih entschieden.
Das Jahr 1848 brachte eine lebhafte Bewegung auch in die Primanerklassen
der Gymnasien. Man hatte nicht umsonst verbotene Schriften gelesen. Eine
grosse Anzahl hatten ihre Stellung gewahlt; sie waren Demokraten. Freilich
traten ihnen andere gegeniiber, die sich als »Reaktionare« bekannten. C. wich
diesen Erorterungen aus. Er konnte ziemlich spottisch darein sehen, wenn
sich die Kopfe erhitzten. Fur die concreten politischen Fragen, welche den
Tag bewegten, hatte er gar kein Interesse. Aber ihm waren die politischen
Bewegungen jener Zeit ein Abfall von der Treue gegen den Konig und er
hatte die feste Ueberzeugung, die Macht des Konigthums wurde in vollem
Umfange wieder aufgerichtet werden.
So wenig wie seine politischen hat er seine kirchlichen Ueberzeugungen
zur Schau getragen oder gar Anderen aufgedriingt. Er verschloss eine schlichte
evangelische Frommigkeit im tiefsten Herzen. An frommelnden Gesprachen
hat er so wenig Freude gehabt, wie an dogmatischem Gezank.
Nach beendigtem Abiturientenexamen trat er als »Avantageur«, nach
dem Sprachgebrauch anderer Lander als Bewerber um eine Offizierstelle
beim Kaiser-Franz -Garde- Grenadier-Regiment ein. Verfasser erinnert sich,
von mehreren alteren Offizieren damals das Urtheil gehort zu haben, C. sei
ein »charmanter Officier «. Er hatte eine griindliche Bildung, eine stattliche
Figur, eine schallende Kommandostimme, war von gutem Adel und von
warmem Eifer flir seinen Beruf erfullt. Es giebt keinen Regimentskomman-
deur, der sich iiber einen solchen Anwarter nicht freuen wiirde.
Selbstverstandlich war es, dass ein Mann von seinen Kenntnissen zum Besuch
der Kriegsakademie zugelassen werden wUrde und er hat hier denselben Fleiss
entwickelt, wie einst auf dem Gymnasium, wenn es ihm auch unbequem war,
die Schulbank drticken zu mussen. Nun eroffnete sich ihm die Generalstabs-
carriere, die ein schnelleres Avancement mit sich bringt. Er wurde 1861 in den
Generalstab versetzt und dann immer nur auf kurze Zeit, wenn ihm eine Be-
forderung bevorstand, zum Dienst in der Front befohlen. Den Krieg von 1866
hatte er als Major im Stabe der Ersten Armee mitgemacht; der Krieg von 1870
traf ihn als Oberstleutnant und Chef des Generalstabs des zehnten Armeecorps.
Zwei Tage sind es, die ihm besonderen Ruhm eingebracht haben, der Tag von
Vionville, 16. August und der Tag von Beaune-la-Rolande, 28. November.
Graf Capri vi. c
Am 15. unci dem Morgen des 16. August war man bei dem deutschen
Oberkommando und bei dem Kommando der unter dem Befehl des Prinzen
Friedrich Karl stehenden zweiten Armee der Ansicht, dass es vor Metz und
an der Mosel nicht mehr zu ernsten Kampfen kommen werde. Man kannte
die politischen Gritnde nicht, die den Marschall Bazaine bestimmten, an Metz
festzuhalten und setzte voraus, er habe das gethan, was man aus militarischen
Grtinden fur ihn richtig hielt, nach Verdun abzumarschieren. Demgemass
wurden die Marschbefehle ausgefertigt und das zehnte Corps hatte den Befehl
nach Verdun abzumarschieren.
C, dem bei dem kranklichen Gesundheitszustande des kommandierenden
Generals von Voigts-Rhetz eine grosse Verantwortlichkeit fur die Operationen
zufiel, hatte die Ueberzeugung, dass die Ansicht des Oberkommandos eine
irrige sei. Er war iiberzeugt, dass er Bazaine noch vor sich habe, und ein
vielbesprochener Rekognoscierungsritt, den er unternahm, bestarkte ihn in
seiner Anschauung. Er musste allerdings dem erhaltenen Befehle Folge leisten,
traf aber doch seine Dispositionen so, dass er im Nothfalle sein ganzes Corps
wieder bei Vionville vereinigen konnte. Dieser Fall trat ein. Das dritte
Armeecorps unter General von Alvensleben war mit dem Gegner zusammen-
getroffen und hatte gegen dessen uberlegene Krafte einen schweren Stand.
Als man beim zehnten Armeekorps den Kanonendonner hfirte, erhielten
die nachruckenden Kolonnen den Befehl, auf Vionville zuriickzukehren und
dem dritten Armeekorps Hlilfe zu bringen. Diese Hulfe war wirksam; die
deutsche Armee konnte das Schlachtfeld behaupten. Der Glanz der Waffenthat
geblihrt dem Grafen Alvensleben; aber dass der Erfolg der Waffenthat nicht
wieder verloren ging, ist C. zu danken. Es handelte sich an dem ganzen Tage
urn eine Aufgabe der Defensive, aber dass die Defensive so wie geschehen
durchgeftihrt werden konnte, war entscheidend fur den Ausgang des Krieges.
Bei Beaune-la-Rolande lagen die Verhaltnisse umgekehrt; hier hatte das
zehnte Armeekorps den Kampf mit einem an Zahl tiberlegenen Gegner aus-
zuhalten, bis eine Division des dritten Armeekorps ihm zu Hlilfe kam. Hier
nun war C. derjenige, der, als sein vorgesetzter General die Befehle zum
Ruckzuge geben wollte, zum Ausharren rieth.
C. kehrte zurtick mit dem Rufe eines Officiers, dessen bisherige Leistungen
zu grossen Erwartungen ftir seine Zukunft berechtigten. Erst spater, als seine
staatsmannische Thatigkeit ihm Feinde erweckt hatte, fing man an, auch an
seinen militarischen Leistungen zu makeln. Man berief sich darauf, dass an-
geblich Moltke zu ihm in einem ktihlen Verhaltnisse gestanden hat und sogar
ihn als ungeeignet bezeichnet haben soil, sein Nachfolger als Chef des General-
stabs zu werden.
Die Aufgaben, die ihm gestellt waren, hat C. befriedigend gelost; dass
ihm niemals eine Aufgabe ersten Ranges gestellt worden ist, ist fur ihn kein
Vorwurf. Ob sich, wenn ihm solche Aufgaben gestellt worden waren,
Schranken seiner Begabung gezeigt haben wurden , kann Niemand wissen.
Sein Ehrgeiz war iibrigens eben so wenig darauf gerichtet, Moltkes als
Bismarcks Nachfolger zu werden. Wenn er sich seine Laufbahn nach seinen
Wtinschen hatte gestalten konnen, so ware er vielleicht Roons Nachfolger
geworden. Es war ihm aber nur beschieden, im Kriegministerium einige
Jahre als Chef einer Abtheilung zuzubringen, die mit minder wichtigen Ge-
schaften beauftragt war. Im Jahre 1877 wurde er General major, 1878
Brigadekommandeur, 1882 Generalleutenant und Divisionskommandeur,
6 Graf Caprivi.
Inzwischen hatte er auch Bismarcks Aufmerksamkeit auf sich gezogen.
Als nach den beiden Mordversuchen gegen Kaiser Wilhelm von der Moglich-
keit gesprochen wurde, dass man Emporung zu bekampfen haben werde und
einen General suchen miisse, der in Blut waten konne, soil Bismarck C. als
den geeigneten »Troupier« bezeichnet haben. Es ist zum Glttck nicht dahin
gekommen; C. wtirde sich schwerlich einem Befehle entzogen haben, allein
ein solcher Befehl ware ihm tief schmerzlich gewesen.
Aber ein anderer Auftrag wurde ihm zu Theil. Als General von Stosch,
der eigentliche Schopfer der deutschen Marine, seinen Abschied erhielt, wurde
C. sein Nachfolger als Chef der Admiralitat. Dieses Amtes hat er vom Marz
1883 bis 26. Juni 1888 gewaltet. Er hat hier organisatorische Geschicklichkeit
und Niichternheit an den Tag gelegt. Er entwickelte das Torpedowesen,
traf Vorbereitungen zur schnelleren Mobilmachung der Flotte und vertrat den
Marine-Etat mit Umsicht. Er drang in die technischen Einzelheiten des ihm
fremden Fachs ein.
Das Streben, die Flotte erheblich zu vergrossern, lag ihm fern. Er hielt
daftlr, dass die Aufrechterhaltung einer stark en Kriegsflotte neben einem
starken Heere unmoglich sei. Den Schutz der deutschen Kusten wollte er
zum grossen Theile von permanenten Anlagen erwarten. Die Vervollkomm-
nung der Torpedo-Divisionen lag ihm besonders am Herzen, auch soil er
schon 1885 den Erwerb von Helgoland in das Auge gefasst haben, der ihm
spater gelang. Die spatere Entwicfcelung zeigt, dass die Absichten des Kaisers
schon damals seinen Anschauungen entgegen gestanden haben mtlssen. Dass
er seine Entlassung forderte, ist um so begreiflicher, als ohnehin der Augen-
blick gekommen war, wo die Flotte einen Fachmann an ihrer Spitze haben
musste. Kaiser Wilhelm II. stellte ihm, als er ihn entliess, folgendes Zeugniss
aus: »Sie haben in den flinf Jahren Ihrer Kommandofiihrung die Fortentwicke-
lung der Marine in hohem Grade gefordert. Sie haben ihre Organisation mit
nicht genug anzuerkennender personlicher Hingabe durch Instruction und Be-
stimmungen vervollstandigt, die ein andauernder Schutz flir die Marine bleiben
werden, wobei ich Ihrer hohen Verdienste um die Forderung des zu immer
hohererBedeutunggelangendenTorpedowesensnochbesondersgedenke. Siehaben
es verstanden, Ihr militarisches Wissen und Konnen dem Officierkorps der Marine
in hohem Grade nutzbar zu machen und Sie haben wahrhaft wohlthatig auf
den Kernpunkt aller militarischen Dinge — auf den §inn des Officierkorps
eingewirkt. Das sichert Ihrem Namen fur alle Zeiten eine Ehrenstelle in der
Marine. «
Er wurde zum General der Infanterie und zum commandirenden General
des zehnten Armeecorps emannt, desselben Corps, dem er wahrend des
franzosischen Krieges als Generalstabschef angehort hatte. In dieser Stellung
verblieb er, bis ihn am 20. Marz 1890 der Ruf traf, der Nachfolger des
Ftirsten Bismarck, der zweite Kanzler des deutschen Reiches und zugleich
Ministerprasident von Preussen zu werden.
Das Ziel seines Ehrgeizes war es nie gewesen, diese Stellung einzunehmen.
Wiederholt hatte er sich dahin geaussert, dass derjenige, der Nachfolger
Bismarcks oder Moltkes werden wtirde, mit unabsehbaren Schwierigkeiten zu
ringen haben wtirde. Aber auf der anderen Seite sagte er sich, dass jeder
Andere mit den gleichen Schwierigkeiten zu ringen haben wtirde, wie er. Er
hielt es fiir seine Pflicht, den Befehl seines Souverains, der ihm diese Stellung
antrug, zu befolgen. Spdttische Vergleichungen zwischen seinem grossen
Graf Caprivi. y
Vorganger und dem Nachfolger waren nicht zu umgehen. Aber welcher
Nachfolger des Ftirsten Bismarck hatte solchen Vergleichen entgehen konnen.
Und ein Nachfolger musste doch gefunden werden; er hatte in dem Falle
gefunden werden mtissen, dass Bismarck durch den Tod aus seinem Amte
abberufen worden ware. Er musste auch jetzt gefunden werden, wo die
Stelle in anderer Weise zur Erledigung gekommen war.
Er vermied Alles, was zu solchen Vergleichungen hatte herausfordern
konnen. »Unter mir wird die Politik langweilig werden, « war eines der
ersten Worte, die er im Privatleben sprach. Er vermied es, bei den
parlamentarischen Abenden, zu denen er einlud, politische Gesprache zu
fiihren, die am folgenden Tage von den Zeitungen commentirt und vom Tele-
graphen verbreitet wurden. Er vermied es, in seinen parlamentarischen Reden
grosse Perspectiven zu zeichnen. So oft er im Parlament sprach, war er so
knapp und sachlich als moglich.
Ftirst Bismarck hat ihm einen Vorwurf gemacht, der ihn eben so
schmerzlich getroffen haben muss, als er ungerecht war. Er hat in Privat-
gesprachen behauptet, C. habe ihn zu eiliger Raumung des Ministerhotels
gedrangt, und dabei seien ihm werthvolle Besitzthtimer verloren gegangen.
Den Ftirsten Bismarck muss hier sein Gedachtniss getauscht haben. C. war
im Privatleben der anspruchsloseste Mensch, den man sich denken kann. Er
ist zeitlebens Junggeselle geblieben. Seine Privatbediirfnisse waren von
spartanischer Einfachheit. Er nahm sein Gehalt nie selbst in die Hand,
sondern sein Adjutant musste dafiir sorgen, dass es ausreichte, aber auch dass
es in sachlicher Weise verbraucht wtirde. Von dem grossen Ministerhotel
hat er einen Theil nie in Gebrauch genommen, und er hatte sich, wie in den
ersten Tagen seiner Kanzlerschaft, mit einem Zimmer im Gasthofe beholfen,
bis Filrst Bismarck seinen Umzug bewerkstelligte. Es ist wohl begreiflich,
dass Bismarck selbst, nachdem er entlassen worden war, eilte, das Haus und
die Stadt zu verlassen.
Am 15. April trat er zum ersten Male in seiner neuen Eigenschaft vor das
Abgeordnetenhaus. Seine kurze Programmrede betonte zunachst, wie sehr er die
Schwierigkeit empfinde, einen Mann wie den Ftirsten Bismarck zu ersetzen. In-
dessen hege er einen unverwiistlichen Glauben an die Zukunft des preussischen
Staats und des deutschen Reichs und sei tiberzeugt, das Gebaude sei hin-
reichend fest gefiigt, um jetzt der stiitzenden Hand seines Urhebers entbehren zu
konnen, zumal die Person des jungen Kaisers schon bedeutungsvoll in denVorder-
grund getreten. Er bestatigte eine Aeusserung des Kaisers, der Curs werde
der alte bleiben und erwarb hierdurch den Beifall der Conservatives Diese
Aeusserung war insofern selbstverstandlich, als in Preussen noch nie eine
neue Regierung mit der Erklarung ihr Amt angetreten hat und auch wohl
niemals antreten wird, sie wolle mit der Vergangenheit brechen. Aber diesem
Satze folgte ein Anderer, der dem neuen Minister den Beifall der Linken
erwarb; die Regierung werde das Gute nehmen, wo sie es finde. Das hiess
mit anderen Worten, sie werde auch Vorschlagen der liberalen Parteien, sofern
sie sie billige, ihre Zustimmung nicht versagen.
Der Landtag ging bald darauf auseinander. Als er wieder zusammen-
trat, legte C. ihm ein Bundel von neuen Gesetzen vor. Sie betrafen:
1. eine Landgemeindeordnung;
2. eine Finanzreform, die sich aus folgenden Bestandtheilen zusammen-
8 Graf Capri vi.
setzte: a) Einkommensteuer, b) Erbschaftssteuer, c) Ueberweisung von
Betragen an die Communalverbande, d) Gewerbesteuer;
3. ein Gesetz tiber die offentliche Volksschule.
Das Programm war ein vortreffliches. In alien drei Beziehungen handelte
es sich um Gegenstande, bei denen das Bedurfniss einer Reform seit langer
Zeit anerkannt, aber unbefriedigt geblieben war. Es handelte sich in der
That nicht um eine Aenderung des Curses, sondern lediglich um ein Fort-
schreiten, nachdem in den letzten Regierungsjahren Bismarcks unverkennbar
eine Stagnation eingetreten war.
Der Erlass einer Landgemeindeordnung war der Abschluss einer
Reform, die neunzig Jahre fruher begonnen worden war. Unmittelbar nach
der verhangnissvollen Schlacht von Jena hatte der Freiherr von Stein mit
kiihnem GriflFe eine Stadteordnung in das Leben gerufen, welche die Umgestaltung
der tibrigen communalen Korperschaften im Gefolge haben sollte. Aber der
Freiherr von Stein musste bald vom Platze weichen und seine Nachfolger
setzten sein Werk nicht fort. Die Art, wie im Jahre 1823 die Provinzial-
stande neu organisirt wurden, war nicht ein Abschluss, sondern die Ver-
laugnung der liberalen Reform, Der Versuch des Jahres 1 848, eine Gemeinde-
ordnung zu schaffen, endete damit, dass dieses Gesetz aufgehoben wurde,
bevor es durchgeftihrt war. Die neue Aera von 1859 erkannte die Noth-
wendigkeit, etwas zu thun, konnte aber nicht von der Stelle kommen. End-
lich machte sich im Jahre 1872 Graf Friedrich Eulenburg an das Werk, eine
Kreisordnung zu schaffen. Unter seinen Nachfolgern Graf Botho Eulenburg
und dem streng conservativen von Puttkammer folgten Provinzialordnungen,
Einftihrung der Verwaltungsgerichtsbarkeit, ein Gesetz iiber die allgemeine
Staatsverwaltung. Alles dies beruhte auf streng conservativen Grundlagen,
aber allmahlich waren doch die anstossigsten Rechte der alten Ordnung
beseitigt worden, namlich die patrimoniale Gerichtsbarkeit, die patrimoniale
Polizei und die Stellung der Rittergutsbesitzer als geborner Mitglieder der
Kreistage.
Aber eine Landgemeindeordnung fehlte noch immer. Dieselbe war
dringend nothwendig, um zwei Postulate durchzuftihren, die Schaffung einer
gewahlten Vertretung in jeder Landgemeinde und die Moglichkeit, die selb-
standigen Gutsbezirke, welche in den ostlichen Provinzen einen grossen Raum
einnahmen und die Entwickelung des communalen Lebens lahm legten,
wenigstens dort aufzuheben, wo das Bedurfniss es dringend erforderte.
Die Ausfiihrung war in die Hande des Ministers des Innern Herrfurth
gelegt, eines Mannes, der den Kreisen des grundbesitzenden Adels nicht an-
gehorte, sondern aus dem altpreussischen Beamtenthum hervorgegangen war,
der conservativ genug gesinnt war, um radikale Umgestaltungen der bestehen-
den Verhaltnisse nicht vorzunehmen, aber doch liberal genug war, um mit
unhaltbar gewordenen Einrichtungen aufzuraumen.
Diese Landgemeindeordnung erregte den hellen Zorn des Junkerthums
gegen C. und Herrfurth. Anfanglich schien es entschlossen, den Entwurf
geandert abzulehnen, aber da es sah, dass es sich einem unbeugsamen Willen
der Krone gegenliber befand, so begntigte es sich damit, Abanderungen
durchzusetzen. Das Gesetz kam in einer P'orm zu Stande, die viele Wtinsche
unbefriedigt liess, aber doch den Trost rechtfertigte, dass man um einen guten
Schritt vorwarts gekommen sei.
Eine Revision der Gesetzgebung iiber die directen Steuern war
Graf Capri vi. g
seit langer Zeit ein Lieblingsgedanke des Ftirsten Bismarck gewesen, nur war
er mit demselben nicht vorwarts gekommen, einerseits, weil ihm stets andere
Plane mehr am Herzen lagen und andererseits, weil ihm die geschickten
Hande fehlten, die ihn hatten unterstlitzen konnen. Es handelte sich darum,
die schwacheren Schultern zu entlasten, die kraftigeren starker heranzuziehen.
Als Mittel sollte die Einflihrung der Selbstdeclaration dienen. Die Ausfiihnmg
lag jetzt in den Handen des uberaus gewandten Finanzministers von Miquel,
der wenige Monate nach C. in sein Amt berufen war. Das Werk gelang,
man darf sagen, zur Zufriedenheit aller Parteien; dass das Erbschaftssteuer-
gesetz abgelehnt wurde, konnte kaum als eine Niederlage der Regierung
gedeutet werden gegemiber der Fttlle dessen, was sie durchgesetzt hatte.
Schiffbruch erlitt dagegen C. mit der dritten der Vorlagen, die er zu
einem Bundel vereinigt hatte, mit dem Volksschulgesetz. Die Preussische
Verfassungsurkunde hatte vorgeschrieben, dass das gesammte Unterrichtswesen
durch ein Gesetz geordnet werden soil. In vierzig Jahren war nur zweimal
ein Anlauf genommen worden, diese Verheissung zu erfullen, doch
waren schon die ersten Schritte auf Hindernisse gestossen. Das preussische
Unterrichtswesen ruhte auf sehr unsicheren gesetzlichen Grundlagen; jeder
Nachfolger konnte die Anordnungen. die sein Vorganger getroffen hatte, auf
dem Verwaltungswege mit Leichtigkeit umstossen. Der Versuch, gesetzliche
Grundlagen zu schaffen, war an sich sehr verdienstlich, auch wenn er sich
zunachst auf das Volksschulwesen beschrankte.
Unterrichtsminister war Herr von Gossler, ein Mann von politisch und
kirchlich sehr conservativen Grundanschauungen, dabei von ernstem, gewissen-
haften Charakter, dem das Interesse des Staates mehr am Herzen lag, als
das irgend einer Partei. Sein Entwurf stiess auf sehr entschiedenen Wider-
spruch auf der Linken und bei dem Centrum, bei der ersteren, weil den
Gemeinden und bei dem letzteren, weil der Kirche nicht genug Einfluss ein-
geraumt wurde. Herr von Gossler Uberzeugte sich bald, dass es ihm unmog-
lich sein wtirde, mit seinen Anschauungen durchzudringen, und da er von
denselben nicht lassen wollte, trat er vom Amte zurtick. Sein Nachfolger
wurde Graf Zedlitz-Triitzschler, der bereit war, der Kirche, der katholischen
wie der evangelischen, einen weit gehenden Einfluss auf die Schule einzu-
raumen.
C. Hess sich fur diesen Entwurf gewinnen. Er war bereit, dem Centrum
so weit entgegenzukommen, als es das Interesse des Staates gestatte, weil
er der Hulfe dieser Partei fiir andere Zwecke nicht entrathen zu konnen
meinte. Er Hess sich fur die Anschauung gewinnen, dass ein grosser Einfluss
der Kirche auf die Schule mit dem Wohle des Staates nicht unvereinbar sei.
Er furchte nichts fiir die evangelische Kirche, weil sie mit denselben Rechten
ausgestattet sei, wie die katholische.
Er trat in der Plenarberathung mit Lebhaftigkeit fiir den Entwurf ein.
Er versuchte die Gefahr einer beginnenden Priesterherrschaft damit zu wider-
legen, dass es zwei Confessionen seien, die nach Herrschaft strebten und
folgerecht einander bekampften; er machte vor dem Centrum dadurch eine
Verbeugung, dass er erklarte, national seien alle Parteien und er ging so
weit, zu behaupten, dass sich der Gegensatz zwischen den Anhangern und
den Gegnern des Gesetzentwurfes zuruckftihren lasse auf den Gegensatz zwischen
Christenthum und Atheismus.
Der Gesetzentwurf rief eine ungeheure Aufregung im Lande hervor. Zu
IO Graf Capri vi.
den Gegnern gesellte sich auch die freiconservative Partei. Die national-
liberale Partei brauchte die scharfsten Waffen, und C. erwiderte bald mit
Erbitterung, bald mit Spott. Der Kampf verpflanzte sich vom Abgeordneten-
hause in den Reichstag, wo der Fiihrer der nationalliberalen Partei, Herr
von Bennigsen, der dem Landtage nicht angehorte, eine Erklarung abgab, die
sich mit den Erklarungen der freisinnigen Partei nahe beriihrte. C. nahm
Veranlassung, dies spottisch als eine Riitliscene zu bezeichnen.
Die Bewegung im Landtage konnte nicht hindern, dass der Entwurf von
der Mehrheit des Abgeordnetenhauses mit Begeisterung aufgenommen wurde.
Centrum und Conservative verfligten fiir sich ttber die Mehrheit. Der
Minderheit gelang es, die Commissionsberathungen in die Lange zu ziehen,
aber ihre Kraft begann zu ermatten. Da geschah das Unerwartete. Auf den
Kaiser hatte die offentliche Meinung einen so tiefen Eindruck gemacht, dass
er die Zuriickziehung des Entwurfs befahl. Graf Zedlitz konnte nicht umhin,
seinen Abschied zu fordern, und C. that das Gleiche, weil er einem Kollegen
die Treue halten wollte. Der Kaiser wollte sich von C. einstweilen nicht
trennen, da dessen Wirken im Reichstage bis dahin zu seiner hochsten Zu-
friedenheit gereicht hatte. Er entschied, dass C. Reichskanzler bleiben, aber
als Ministerprasident durch Graf Botho Eulenburg ersetzt werden sollte.
Die Trennung dieser beiden Aemter ist eine durchaus unnatiirliche und
wird voraussichtlich nie wiederholt werden. Fur diesmal konnte das Ex-
periment zwei Jahre lang fortgesetzt werden, vom 2i.Marz 1892 bis 26. October
1894, aber C. fiihlte den Boden, auf dem er stand, mehr und mehr unter
den Fiissen schwinden. Er hatte die Ztigel der Politik nicht mehr aus-
schliesslich in Handen. Ein Mann, der andere Ziele verfolgte, hatte eine
eben so grosse Macht in Handen, als er.
Das Eintreten fiir den Zedlitzschen Entwurf ist der Fehler, an dem C.
zu Grunde gegangen ist, und dieser Fehler ist darauf zurtickzufiihren, dass er
sich iiber die verhangnissvolle Bedeutung dieses Entwurfs nicht hinreichend
unterrichtet hatte.
Verstarkt wurde die Macht der ihm feindlichen Krafte durch eine andere
Massregel, die er getroffen hatte, und die ihm freilich in keiner Weise zum
Vorwurf gemacht werden konnte. Seit dem Jahre 1868 war der Welfenfonds
mit Beschlag belegt und die Einkiinfte desselben standen der Regierung zu
Zwecken zur Verfligung, tiber die sie keine Rechenschaft abzulegen hatte.
C. rechtfertigte es, dass diese Anordnung so lange bestanden hatte, erklarte
aber den Augenblick fiir gekommen, in dem sie aufzuheben sei, und wollte
die Einkiinfte des Fonds unter Controle des Landtags fur andere Zwecke ver-
wenden. Dadurch wurden alle die Personen brodlos, die bis dahin aus diesem
Fonds, der im Volksmunde den Namen Reptilienfonds geflihrt hatte, ihren
Unterhalt bezogen hatten, und diese Personen wurden zu den unversohnlichen
Feinden des Reichskanzlers und bekampften ihn in der Presse.
Als Reichskanzler fiihrte C. zunachst diejenigen Absichten des Kaisers
durch, die diesen zum Bruche mit dem FUrsten Bismarck geflihrt hatten. Das
Social is tengesetz wurde stillschweigend fallen gelassen, das Arbeiter-
schutzgesetz, dem Bismarck drei Jahre lang widerstrebt hatte, kam zum
Abschluss. Es enthielt hauptsachlich Bestimmungen der Frauenarbeit, Kinder-
arbeit, Sonntagsarbeit, Nachtarbeit. C. that gelegentlich den Ausspruch, er
uberlege sich bei jedem Schritte, den er thue, die Wirkung, die er auf die
Socialdemokratie haben konne. Er wollte ihr gegeniiber das Ansehen des
Graf Caprivi. 1 1
Staates wahren, aber nichts thun, was die Arbeiter in ihren Gefiihlen verletzen
konne. Er wollte den Muth der Kaltbllitigkeit haben.
Der nachste Punkt, der seine Aufmerksamkeit auf sich zog, waren die
Handelsvertrage. Mit dem Jahre 1893 wiirden fast alle Handelsvertrage,
die Deutschland mit anderen Staaten verbanden, abgelaufen sein, Ftirst
Bismarck hatte diesen Augenblick thatenlos herankommen lassen. Was ge-
schehen ware, wenn nicht eine Wendung erfolgt ware, ist sehr schwer abzu-
sehen. Wahrscheinlich wlirde alsbald ein Handelskrieg zwischen Deutschland
und einer Reihe von anderen Staaten entbrannt sein. Auch in anderen
Landern zeigte sich keine Neigung, in Verhandlungen tiber Handelsvertrage
einzutreten. Die Folgen wiirden voraussichtlich iiberall dieselben gewesen
sein. Dem Handelskriege zwischen Deutschland und anderen Landern wtirde
ein bellum omnium contra omnes gefolgt sein. Die Annahme ist nicht gewagt,
dass dieser Zustand ein hochst unheilvoller geworden sein wurde.
Sobald sich in Deutschland die Neigung zeigte, den Weg der Handels-
vertrage von Neuem zu betreten, folgten auch andere Staaten dem gegebenen
Beispiele. Die erste Reihe von Handelsvertragen, die C. gelangen, wurden
mit Oesterreich-Ungarn, Italien, der Schweiz und Belgien versichert. Selbst-
verstandlich wurden von Deutschland Zugestandnisse gemacht, da ohne Zu-
gestandnisse ein Vertrag uberhaupt nicht zu Stande gebracht *werden kann.
Insbesondere fand Deutschland mehrfach seine Zolle auf landwirthschaftliche
Erzeugnisse, aber es wurden auch Zugestandnisse errungen. Der grosste
Theil der conservativen Partei machte diesen Handelsvertragen leidenschaft-
liche Opposition, nur ein kleiner Theil splitterte sich zur Unterstlitzung der
Vertrage ab. Der Kaiser aber schatzte die Erfolge C.'s so hoch, dass er ihm
den Grafentitel verlieh.
Nun begann der Kanzler, eine zweite Reihe von Handelsvertragen in
Angriff zu nehmen. Unter ihnen steht an Bedeutung derjenige hoch voran,
der mit Russland zu Stande kam. Russland allein hatte sich von der Be-
wegung ausgeschlossen, die seit dem durch Cobden vermittelten franzosisch-
englischen Handelsvertrage die Volker Europas ergriffen hatte, ihre Handels-
vertrage auf dem Vertragswege zu ordnen. Der skeptische Delbrtick, ein so
eifriger Vertreter der Vertragspolitik er auch war, hatte jeden Versuch abgelehnt,
Verhandlungen mit Russland auch nur zu beginnen, weil er sich keinen Erfolg
davon versprach.
C. hatte den Muth, das unmoglich Scheinende zu versuchen. Allerdings
waren die Schwierigkeiten gross. Die Verhandlungen wurden abgebrochen
und durch einen Zollkrieg ersetzt. Aber dieser Zollkrieg hatte den Erfolg,
dass Russland sich den Forderungen fiigte, die Deutschland ftir unerlasslich
erachtete. In der Zwischenzeit brach eine Getreidetheuerung liber Europa
herein, welche zu dem stiirmischen Verlangen ftihrte, die Getreidezolle zeit-
weilig ausser Kraft zu setzen. C. widerstand; er betrachtete die Getreide-
z6lle als ein unentbehrliches Kampfmittel. Mit dem Abschluss des Vertrages
wurde alsdann eine massige Erniedrigung der Getreidezolle von Deutschland
zugestanden.
Diese Ermassigung machte vollends die conservativ-agrarische Partei zu
Gegnern des Reichskanzlers; einstimmig stimmte sie gegen den russischen
Handelsvertrag, der durch das Zusammenwirken des Centrums mit den liberalen
Parteien zu Stande kam. C. vertheidigte seinen Standpunkt mit Eifer; er
bekannte sich als einen Mann ohne Ar und Halm. Er erklarte, dass er nicht
12 Graf Caprivi.
ein bimetallistisches und ein antisemitisches Pferd vor den Staatswagen
spannen konne. Der conservative Standpunkt Cs, dessen Grundstein die
Treue gegen den Konig war, kam in entschiedenen Gegensatz zu einem
solchen conservativen Standpunkt, der seine Hauptaufgabe in dem Schutze
der Vermogensinteressen des Grundbesitzes erblickte.
Ausser mit Russian d kamen noch mit anderen Staaten Handelsvertrage
zu Stande. So ein solcher mit Spanien, der freilich von den spanischen
Cortes nicht bestatigt wurde, so dass es auch hier zu einem Zollkriege kam.
Ferner mit Rumanien und Serbien.
An den Abschluss dieser Vertrage knupfte sich fur die deutsche Industrie
eine Epoche wirthschaftlichen Aufschwunges, wie er bis dahin noch nicht
erlebt worden war, wahrend man mit Sicherheit annehmen kann, dass eine
Zeit des Zollkrieges in demselben Masse einen wirthschaftlichen Niedergang
zur Folge gehabt haben wiirde.
Eine fernere Aufgabe filr C. ergab sich auf dem Gebiete des Militar-
wesens. Von Neuem hatte er, als das Septennat von 1887 sich seinem Ablauf
naherte, eine Heeresverstarkung zu fordern. Die Forderung, welche er stellte,
unterschied sich von gleichartigen Forderungen, welche Bismarck wiederholt
geltend zu machen hatte, darin, dass sie mit einem Zugestandnisse an den
liberalen Standpunkt verkniipft war. Die zweijahrige Dienstzeit, welche
Kaiser Wilhelm I. von jeher als mit einem starken Heerwesen fur unvereinbar
betrachtet hatte, um deswillen er es auf den schweren Konflikt von 1861
hatte ankommen lassen, hatte sich jetzt endlich in der offentlichen Meinung
so weit durchgesetzt, dass sie in das Leben gefuhrt wurde. Freilich wurde
ihre gesetzliche Festlegung noch verweigert; es sollte ein thatsachlicher Ver-
such gemacht werden. Aber Jedermann konnte sich sagen, dass eine solche
Einrichtung, wenn sie erst einige Jahre bestanden hatte, nie wieder riick-
gangig gemacht werden konne.
Ein anderer Umstand, durch welchen sich die Vorlage auch vom liberalen
Standpunkte aus empfahl, war der, dass der Grundsatz der Einstellung aller
Wehrpflichtigen folgerichtig durchgefuhrt wurde, wahrend bis dahin ein Theil
der fiir diensttauglich erkannten stets zuriickgestellt werden musste. Trotz-
dem stiessen die Vorschlage auf Bedenken nach mehreren Seiten.
Die Conservativen nahmen die zweijahrige Dienstzeit nur ungern an;
die Freisinnigen und selbstverstandlich die Socialdemokraten wollten die
erheblichen Kosten nicht bewilligen. Das Centrum, noch verstimmt durch
den Fall des Volksschulgesetzes, spaltete sich. Das Ergebniss w r ar, dass die
Regierungsvorlage mit 210 gegen 162 Stimmen abgelehnt wurde. Der Reichs-
tag wurde aufgelost und nach den Neuwahlen wurde die Vorlage nur mit
der schwachen Mehrheit von 201 gegen 185 Stimmen angenommen. Und
selbst diese knappe Mehrheit wurde nur dadurch erreicht, dass die Polen,
entgegen ihren sonstigen Gewohnheiten, sich daftir verpflichtet hatten. Sie
waren hierftir, sowie fOr das Eintreten zu Gunsten des Baues neuer Kriegs-
schiffe dadurch gewonnen worden, dass C. eine polenfreundliche Politik
verfolgt und namentlich die Bestatigung des Herrn von Stablewski als Erz-
bischofs von Posen durchgesetzt hatte.
Die Colonialpolitik erkannte C. als ein nothwendiges Element fiir
die Entwickelung Deutschlands an, allein er wollte sie mit Besonnenheit be-
treiben. Man hat einige gelegentlich gefallene Aeusserungen gegen ihn aus-
gebeutet. Er hat einem Feinde Deutschlands die Worte in den Mund gelegt:
Graf CaprivL 13
»Ach, wenn wir doch den Deutschen ganz Afrika geben konnteru, und dem
gegentiber seine Ansicht in die Worte zusammengefasst: »Je weniger Afrika,
desto besser.« Wo er sich aber in grosserem Zusammenhange aussprach,
ist er gegen die grundsatzlichen Gegner jeder Colonialpolitik scharf zu Felde
gezogen. Er prophezeite eine Zukunft, in der Deutschland genothigt sein
wiirde, seine Flotte, seine uberseeischen Beziehungen zu vermehren, Kohlen-
stationen anzulegen und dergleichen. Seine Rede vom 12, Mai 1890 hat
durch die Entwickelung, die sich seitdem vollzogen hat, eine besondere Be-
deutung erhalten.
Aber er hat am 1. Juli 1890 mit England einen Vertrag abgeschlossen,
durch den er Witu abtrat und auf das Protektorat tiber Sansibar verzichtete,
aber andererseits Helgoland fur Deutschland erwarb und die deutsch-ost-
afrikanische Kiiste von der Souverainetat des Sultans von Sansibar befreite.
Diesen Vertrag hat man ihm zum schweren Vorwurf gemacht, als habe er
einen werthvollen Besitz Deutschlands aufgegeben. |
Von der anderen Seite muss hervorgehoben werden, dass Helgoland fur j
Deutschland ein hochst werthvoller Besitz ist, dass der Besitz von Witu den
Englandern noch keinen sichtbaren Nutzen gebracht hat, dass ein Protektorat
Deutschlands iiber Sansibar noch nicht bestanden hat, sondern angestrebt
wurde und England dagegen einen Widerspruch erhob, dessen Beseitigung
nicht abzusehen war und endlich, dass der souveralne Besitz der Kiiste gleichfalls
von Werth war. Die Motive, welche zum Abschlusse dieses Vertrages geftthrt
haben, bergen sich noch in dem Dunkel der Acten und ein abschliessendes
Urtheil iiber seinen Werth wird noch nicht moglich sein.
Die Stellung C.'s nach der Auflosung des Reichstages war eine ungiinstige.
Er hatte nur eine diirftige und unsichere Mehrheit errungen, wahrend Bismarck
nach der Auflosung stets ein zu allem williges Haus gefunden hatte. Die
Stimmung der agrarisch-conservativen Partei gegen ihn war eine hochst er-
bitterte. Seltsamer Weise schlossen sich die Nationalliberalen ihren Angriffen
an. Es gab unter den Nationalliberalen Agrarier, die es an Entschlossenheit
mit jedem Conservativen aufnahmen; in der Colonialschwarmerei tibertrafen
einige Nationalliberale jede andere Partei. Vor alien Dingen waren aber die
Nationalliberalen dartiber ergrimmt, dass C. aus Anlass der Reise des Fiirsten
Bismarck nach Wien zur Vermahlung seines Sohnes jenes Schreiben erlassen
hatte, welches den Flirsten von jeder Beriihrung mit amtlichen Kreisen fern-
hielt und auf das er mit seiner Triumphreise durch Deutschland antwortete.
Man nannte dieses Schreiben einen Uriasbrief, einen Boycott. Und freilich
trug fur dieses Schreiben C. die politische und personliche Verantwortung.
Die Freisinnige Partei und die Socialdemocratie verharrten in den Fragen,
auf die es ankam, in unversohnlicher Haltung. Er hatte sich keine Partei
bilden konnen.
. In der Presse sah er sich den heftigsten Angriffen ausgesetzt, die seine
personlichen Fdhigkeiten in Zweifel zogen und er verschm&hte es, darauf mit
den Mitteln zu antworten, die bis dahin in Preussen iiblich gewesen waren.
Unter den Mitgliedern des Staatsministeriums war Niemand, auf dessen
Unterstiitzung er hatte zahlen diirfen, seitdem Herrfurth, der den Agrariern
verhasst blieb, bald nach C/s Riicktritt vom Ministerprasidium gleichfalls
gefallen war. Die personlichen Beriihrungen mit dem Kaiser waren selten
und C. hatte sich nie, wie Bismarck, Miihe gegeben, Personen, von denen
ein ihm feindlicher Einfluss ausgehen konnte, vom Hofe fernzuhalten.
I a Graf Capri vi. Anna v. Helmholtz.
Die genaueren Umstande, die zu einer Entlassung aus dem Dienste
fuhrten, sind nicht zuverlassig bekannt geworden. Es bestand eine Meinungs-
verschiedenheit dartiber, ob die anarchistischen Verbrechen in Frankreich
Anlass zu einer Verscharfung der Strafgesetzgebung geben soil ten. Graf Eulen-
burg war dafiir, C. dagegen. Auf einer Jagdpartie soil der Kaiser den Ent-
schluss gefasst haben, beide Minister zu entlassen. Der gemeinsame Nach-
folger Beider brachte dann eine sogenannte Umsturzvorlage ein, aber als
dieselbe im Reichstage fiel, wurde der Sache keine Folge gegeben; es ist
schwer zu begreifen, dass man diese Angelegenheit flir so wichtig gehalten
hat, um ihretwillen zwei Minister zu entlassen, von denen doch nur Einer im
Unrecht gewesen sein kann.
C. hat den Rest seines Lebens in tiefster Zuriickgezogenheit zugebracht.
Auf einem kleinen Landhause Skyren bei Krossen verkehrte er mit seinen
Geschwisterkindern und der ihm verwandtschaftlich nahestehenden Familie von
Schierstadt. Einladungen, die er bei feierlichen Gelegenheiten zum Erscheinen
bei Hofe erhielt (Enthiillung des Denkmals Kaiser Wilhelms I., ftinfundzwanzig-
jahrige Jubelfeier des Deutschen Reiches) lehnte er dankbar ab. Er hat keinen
Journalisten empfangen, auf keinen Angriff geantwortet. Bittere Gefiihle mogen
ihm nicht fern geblieben sein, aber er verharrte: w 0v Ou(ibv xaxi8o>v, iraxov
dvdpcuircov dXset'vov.
Auch liber den Tod hinaus hat er Schweigen bewahrt; seine Familie
hat auf mannigfache Anfragen nicht geantwortet.
Sein Tod erfolgte nach vorangegangenem Verfall der Krafte an einem
Herzschlag.
Eine makellose Reinheit des Charakters, Treue gegen das gegebene Wort,
hochste Uneigenntitzigkeit zeichnen ihn aus.
Dass er die Politik der Handelsvertrage wieder aufgenommen und Europa
dadurch vor schweren Verwirrungen gerettet hat, dass er die zweijahrige
Dienstzeit durchgefuhrt und Helgoland mit Deutschland vereinigt hat, bleiben
dauernde Verdienste. Dass ihm Manches misslungen ist, ist nicht zu leugnen,
aber die Frage bleibt offen, wie weit dies sein Verschulden, wie weit die
Folge der Umstande war. Wenn die Zeit gekommen sein wird, ein unpartei-
isches Urtheil zu fallen, wird ihm doch wohl die Geschichte ein gutes Zeugniss
ertheilen.
Literatur. Seidel General Georg Leo von Caprivi, Langensalza 1889. (Eine
ziemlich dtirftige Compilation.) Die Reden des Grafen von Caprivi: Herausgegeben
von Rudolf Arndt Berlin. Ernst Hofmann 1894. (Vor seiner Entlassung herausgegeben.)
Max Schneidewin, Das politische System des Reichskanzlers Grafen von Caprivi.
Danzig. Kafemann 1894. (Eine sehr liebevolle systematische Monographic, gleich falls vor
dem Ende abbrechend.) Ueber das von C. vorgelegte Militargesetz kurz aber wichtig:
General Lesczinsky in der Deutschen Revue Juli 1896. Ueber die Schlacht von
Vionville und C.'s Antheil an ihr existirt eine ausgedehnte Specialliteratur. Hier soil nur
genannt werden: Fritz Hbnig: Documentarisch-kritische Darstellung der Strategie fUr die
Schlacht von Vionville-Marslatour. Berlin 1899. (Man kann sich daraus auch ilber die
Gegenschriften unterrichten. Der Verfasser giebt fol. 72fgg. Aeusserungen, die er aus C/s
Munde gehort hat, ausftihrlich wieder.)
Alexander Meyer.
von Helmholtz, Anna, geb. von Mohl, Gattin des beruhmten Natur-
forschers Hermann von Helmholtz, * 19. September 1834 in Tubingen,
f 1. Dezember 1899 in Volosca bei Abbazzia. — Anna von Helmholtz war die
Anna y. Helmholtz.
*s
Tochter des bekannten Staatsrechtslehrers Robert von Mohl. Zu ihren Vor-
fahren zahlte sie mit besonderem Stolz den Gefangenen vom Hohentwiel
Johann Jacob Moser, von dem sie ein vortreffliches Bildnis besass. — Der
ganze Mohl'sche Stammbaum weist in's Wiirtemberger Land. In Stuttgart
stand das Familienhaus. Dort ist audi Robert von Mohl geboren. Nach
einem Anfang in der diplomatischen Laufbahn als Professor des Staatsrechtes
nach Tlibingen berufen, verm&hlte er sich im Jahre 1830 mit Pauline Becher,
der sanften, gemiitsweichen, grundmusikalischen Tochter des Medizinalrat
Becher in Stuttgart. A us dieser Ehe entsprangen vier Kinder; zwei Sohne,
Erwin und Ottmar, und zwei Tochter, Ida, nachmalige Baronin von Schmidt-
Zabidrow, und Anna, die spatere Frau von Helmholtz.
Robert von Mohl's Thatigkeit in Wurtemberg fand ein plotzliches
Ende durch einen Conflikt mit dem Staatsminister Schlayer. Als er zwei
Jahre spater (1847) einem Ruf nach Baden an die Heidelberger Universitat
folgte, eroffnete sich ihm neben dem alten Lehrberuf auch eine weite poli-
tische Thatigkeit. Als Genossen der Heidelberger liberalen erbkaiserlichen
Partei fiihrte ihn das Jahr 1848 nach Frankfurt. Mohl gehorte zu den Siebenern
wie zum Vorparlement und zur Nationalversammlung, trat sogar im September
1848 an Stelle Heckers als Justizminister in das Reichsministerium, legte jedoch
sein Amt bereits nach wenigen Monaten wieder nieder und kehrte zum Ka-
theder zuriick.
Hatte die friih entwickelte Tochter Anna schon in Frankfurt lebhafte
Eindrttcke von Thun und Treiben der dortigen diplomatischen Kreise
empfangen, so trat sie nun in 'Heidelberg in eine geistig reichbewegte Atmo-
sphare. Zu den Parteigenossen des Vaters zahlten eine Reihe geistvoller
bedeutender Manner, wie sie kaum je zuvor in der Neckarstadt versammelt
waren. Dort wirkten neben den beiden Schiilern des alten Schlosser, den
Historikern Georg Gervinus und Ludwig H&usser, der Germanist Karl Joseph
Mittermaier, der Fiihrer der gemassigten Liberalen, und der gefeierte Pan-
dektenlehrer Karl Adolf von Vangerow.
So versteht man, warum Frau von H. das badische Land als ihre
eigentliche Heimath betrachtete und in ihrer Empfindung immer fest gehal-
ten hat. Noch im Alter schrieb sie aus Heidelberg: »Es ist so schon in
der alten lieben Heimath — so milde und selbstverstandlich.« Im Kern
ihres Wesens hat sie trotzdem das schwabische Temperament nie verleugnet.
Auch hatte sie von ihren wiirtemberger Vorfahren ganz wesentliche Charakter-
eigenschaften Ubernommen. Dem Grossvater Mohl verdankte sie den pein-
lichen Ordnungssinn, von der Grossmutter, der bedeutenden Schwester des
Tiibinger Kanzlers Autenrieth, hatte sie ebensowohl den hochstrebenden
Familienehrgeiz wie den echt schwabischen Sinn fur Humor geerbt.
Den eigentlich charakteristischen Stempel erhielt ihr Wesen durch
die ganz neue Welt, in die sie jetzt ein trat. Eine Reise nach Paris fiihrte
sie zum rechten Zeitpunkt in das Haus ihres Oheims, des Orientalisten
Julius Mohl, eines in weiten Kreisen ebenso wegen seiner wissenschaftlichen
Bedeutung wie wegen seiner vomehmen Denkweise und seiner liebenswiirdigen
Personlichkeit hochgeschatzten feinsinnigen Gelehrten. Im Jahre 1847 hatte
er sich mit einer zehn Jahre alteren Freundin vermahlt, Miss Mary Clarke,
einer gebornen Schottin, die aber in Frankreich ganz heimisch geworden
war. Sie war ein taglicher Gast der Madame Rdcamier, in deren , Salon* sich
damals die Besten der Pariser litterarischen und gelehrten Kreise zu treffen
!g Anna v. Helmholtx.
pflegten. Ihr hat sie auch, dauernd in herzlicher Sympathie verbunden, in
einem reizvoll geschriebenen Buche ein Denkmal gesetzt. Durch ihr sprtihendes
Temperament und ihre geistvollen Einfalle war es ihr gelungen das besondere
Wohlwollen Chateaubriands, der als Gott in diesem Kreise thronte, Air sich
zu gewinnen.
% In taglichem Verkehr mit bedeutenden Leuten geradezu ihren Lebens-
beruf erblickend, machte sie nach ihrer Verheiratung den Salon Mohl zu
einem geistigen Mittelpunkt von Paris. Leute wie Ampere, M£rim£e, Thiers,
Renan zahlten zu den Freunden. Es war hier ein neutraler Boden, wo auch
Gegner sich freundlich unterhielten und in gemeinsamen Interessen sich fanden.
In diesen Kreis wurde nun die junge Nichte eingeftihrt und sie war
eine gelehrige Schttlerin. Noch in spaten Jahren gehorten die Pariser Zeiten
fiir Frau von Helmholtz zu den glucklichsten Erinnerungen, von denen sie
jederzeit gem erzahlte. Sie zeigte dann in ihrer Stube hiibsche Copien nach
Raffael, die die Tante Mohl gezeichnet hatte, die Photographie des Pariser
Zimmers mit all seinen behaglichen Lehnstiihlen (denn nach der Theorie der
Tante musste man bequem sitzen, um gut zu plaudern); auch die schwarze
Kaminuhr stammte von dort.
Hatten bisher schon gluckliche Umstande zusammengewirkt, um ihr eine
ungewohnlich reiche und vielseitige Bildung zuzuftihren, so trat nach einer
Reihe glttcklich und heiter im Elternhause verlebter Jugendjahre das Ereig-
niss ein, das ihrem ganzen Leben fortan Ziel und Bestimmung geben sollte.
Im Jahre 1858 wurde nach Heidelberg Hermann Helmholtz berufen,
der damals mit dem Aufbau seiner Lehre Von den Tonempfindungen als
einer Grundlage der Musik beschaftigt war. Durch die grossartigen phy-
siologisch-optischen Untersuchungen war sein Name dem Mohrschen Hause
bereits vertraut. Ja, Frau von H. erzahlte wohl sp&ter von einem Geftihl
der Vorahnung, dass sie bei der Lecture eines Zeitungsaufsatzes Uber den
Augenspiegel ergriffen. Durch die gemeinsame Liebe zur Musik wurden sie
zusammengefiihrt. Sie vermahlten sich im Jahre 1861.
Nicht immer stehen hervorragende Gelehrte auch ausserhalb ihrer
Wissenschaft auf derselben geistigen H6he. Gerade in unserer Zeit des
Spezialisirens scheint die Natur die in wissenschaftlicher Begabung ver-
schwendete Kraft durch Verklimmerung weiterer Culturinteressen compensieren
zu wollen. Um so herrlicher erscheinen Manner, die wie Helmholtz von
ganz universeller Begabung sind, deren gewaltige Genialitat ihre ganze Per-
sonlichkeit durchdringt. Helmholtz war weder ein glanzender Redner noch
ein leicht verstandlicher Lehrer und doch vermochte niemand sich dem
Eindruck seiner Grosse zu entziehen. In Einfachheit und stiller geistiger
Hoheit wandelte er seinen Weg wie die allsegenspendende Sonne, jeden mit
Freude erfullend und zu neuen Thaten erweckend.
Wie ungeheuer musste diese olympische Ruhe und Klarheit gerade
auf den leicht beweglichen Geist seiner jungen Frau wirken. Fiir sie be-
deutete Helmholtz nicht nur den stillen grossen Hintergrund, der ihrem
Leben das Relief gab, sondern den wirklichen Mittelpunkt des ganzen
eigenen Daseins. »Auch wenn er schwieg«, so sagte sie spater einmal nach
seinem Tode in tiefer Bewegung, »war doch das ganze Zimmer von ihm erfitllU.
Im Kleinen nach Art leidenschaftlicher Menschen ihren Willen ungeduldig
durchsetzend, beugte sie sich doch im Grossen vor seinem tiberlegenen
Genius.
Anna v. Helmholtz. iy
Seinem in fernen Hohen schwebenden Geist war wiederum die
Frische und Unmittelbarkeit der ganz im realen Leben wurzelnden Gattin
Bedlirfniss und Erquickung, sodass sich beide gegenseitig auf das gliicklichste
erganzten. Selten wird man eine gleich innige und alles umfassende Lebens-
gemeinschaft finden, wie sie zwischen diesen beiden grossen Menschen be-
standen hat.
Der Ruhm des Mannes fiihrte die bedeutendsten Manner und Frauen
in ihr gastfreies Haus und Frau von H. stellte es sich zur Aufgabe, alle
dauernd daran zu fesseln. Jetzt kam ihr die Schulung bei der Tante
Mohl zu Statten. Die Technik war da, aber zugleich der Geist, das Instru-
ment zu beherrschen. Man hat wohl nicht mit Unrecht gesagt, dass sie in
ihrem Hause den untergegangenen Pariser Salon w r ieder habe auferstehen lassen.
Als Helmholtz im Jahre 1871 nach Berlin ubersiedelte, um die
Leitung des physikalischen Universitatsinstitutes zu tibernehmen, da konnten
sich in der Grossstadt ihre gesellschaftlichen Gaben erst vollig entfalten. Die
Aristokratie des Geistes und die Aristokratie der Geburt fanden sich in ihrem
Salon zusammen und diese sonst nicht wiedergefundene Mischung gab ihm
seinen eigenthiimlich reizvollen Charakter, der sich auch nicht wesentlich
anderte, als im Jahre 1887 Helmholtz President der Physikalisch-Technischen
Reichsanstalt wurde und die neue Prasidentenwohnung in Charlottenburg
bezog. Gelehrte, Kunstler, Offiziere, Diplomaten sah man bei den offenen
Abenden versammelt und es giebt in den letzten Jahrzehnten wohl kaum
einen beriihmten Namen, zu dessen Trager Frau von Helmholtz nicht in
personliche Beziehung getreten ware.
Nur auf Geist und Bildung legte sie Werth, Stellung gait ihr nichts,
wohl aber war ein gewisses Maass gesellschaftlicher Form ihr ein so starkes
asthetisches Bedlirfniss, dass sie erzieherisch eingriff, wo ihr die Jugend der-
selben gar zu sehr zu ermangeln schien. Ebenso wenig duldete sie geistige
Bequemlichkeit oder schlaffes Sichgehenlassen.
Eine Herrschernatur verlor sie als Wirthin nie die Leitung des Ganzen
aus der Hand. In hohem Maasse besass sie die Gabe, die verschiedensten
Menschen zu einander in Beziehung zu bringen, und jeder Fremde ftihlte
sich bald heimisch wie in einem grossen Kreise von Bekannten, mit denen
er durch ein gemeinsames Gesprach verkniipft wurde. Auch in kleinerem
Kreise liebte sie es nicht, wenn die allgemeine Unterhaltung in Einzelgesprache
auseinander fiel. Man durfte schweigen, aber nicht eine leise Privatconver-
sation ftihren. Auch sollte ein Thema nur so lange behandelt werden, als
wirklich neue Gedanken dazu beigetragen wurden. »Das grosse Pumpwerk
der Unterhaltung« bedurfte immer neuen Stoffes, doch war sie nie darum
verlegen. Sie hatte viel gesehen, viel gelesen, aber es war gerade ihre
Kunst, nicht selber den Stoff zu bieten, sondern ihn aus den Anderen heraus-
zulocken. Auch verstand sie, den Stillen und Unbedeutenden gesprachig
und interessant zu machen, und wusste abzuschneiden, wenn der Brunnen
anfing zu versiegen oder sich zu trliben. Die medisante Kritik des lieben
Nebenmenschen war ihrem vornehmen Geiste verhasst.
Auch Musik, die dem Hausherrn ein tief empfundenes Bedlirfniss war,
wurde viel gepflegt. Unvergesslich sind die Stunden, wo die Ranme erfiillt
waren von dem slissen Wohlklang der Amati und Stradivari und der aus-
erlesene Flugel ertonte, den Steinway dem Begriinder der Lehre von den
Tonempfindungen als Zeichen seiner Bewunderung dargebracht hatte.
Biogr. Jahrbuch u. Deutschor Nekrolog. 4. Bd. 2
1 8 Anna v. Helmholtz.
Frau von H. liebte es, ihre Umgebung in jeder Beziehung hannonisch
zu gestalten, und dieinnere Einrichtung ihrer Wohnraume wirkte asthetisch
wohlthuend und stimmungsvoll. Ein sicherer Geschmack in der Wahl von
Farbe und Stoff, von Standort und Zusammenpassen vereinigte sich mit der
Fahigkeit, allem, was sie umgab, den Stempel ihrer eigenartigen Personlich-
keit aufzudriicken und ihren Raumen jenen intimen Reiz zu verleihen, dem
sich niemand zu entziehen vermochte. Schone Blisten und Statuetten standen
neben kunstvollen M6beln; bedeutende Bilder zierten die Wande; die neuesten
Erscheinungen der Litteratur bedeckten den Tisch; in den Vasen bltihten
frische Blumen. Charakteristisch war dabei ein peinlicher Ordnungssinn.
Die Bilder waren mit grosster Sorgfalt aufgehangt und durften sich nicht um
Haaresbreite verschieben. Die tagliche Tafel war mit peinlicher Symmetric
gedeckt und trug selbst wahrend der Mahilzeit nie eine schief gestellte
Schlissel, entbehrte aber auch nie eines kleinen Blumenschmuckes.
Dieser ausgesprochene Schonheitssinn iibertrug sich auch auf ihre litte-
rarischen Leistungen. Frau von H. ist ja als Uebersetzerin besonders eng-
lischer Werke vielfach thatig gewesen. In Zeiten schwerer Sorge um ihren
altesten Sohn entstand in ihr zuerst der Wunsch, durch eine aussere Aufgabe
ihre Gedanken abzulenken, und mit der Zeit wurde ihr diese Art geistiger
Arbeit geradezu ein Bedurfniss und ein Genuss. »Es ist ein Leben und ein
,go' in dem Buche«, schrieb sie einmal mitten aus einer solchen Arbeit
heraus, »die es sehr amtisant zu Ubersetzen machen — so dass es schwer
ist, es liegen zu lassen«. Mit feinem Ohr fur Sprachklang und sicherem
Gefilhl flir Ausdrucksweise verstand sie, die Eigenthiimlichkeiten der fremden
Sprache zu erfassen und nicht eine wOrtliche Uebersetzung, sondern eine
geistige Wiedergabe zu bieten. »Es muss sich doch einigermaassen wie
Deutsch lesen« meinte sie dann.
Sie hat theils allein, theils mit anderen eine Reihe physikalischer popular-
wissenschaftlicher Bucher tibersetzt. Unter ihnen haben die Tyndall'schen
Vortrage aus alien Gebieten der Physik Dank ihrer klaren Darstellungsweise
auch in Deutschland ein grosses Publikum gefunden. Ebenso wird die
Uebertragung von Oliver Lodge's Modern Views of Electricity viel gelesen.
Die neueste Auflage der Vortrage und Reden ihres 1894 verschiedenen
Gatten hat Frau von H. herausgegeben, mit einer Reihe kleinerer Aende-
rungen, wie sie von dem Verstorbenen ihr angedeutet waren, und einigen
Umstellungen. Das Kritische und Polemische hat sie als »dem Zeitlichen
entsprungen und mit dem Zeitlichen vergangen« von den eigentlichen Vor-
tragen losgelost und in den Anhang verwiesen. Sonst sind nur kleinere
Aufsatze von ihr vorhanden, der letzte noch ein Bericht iiber das ihrem
Herzen besonders nahe stehende Victoria-Krankenhaus in Berlin,
Auch in das Offentliche Leben praktisch einzugreifen, trieb sie ihr uner-
mtidlicher Thatigkeitsdrang. Mit regem Interesse verfolgte sie die Entwick-
lung der Frauenfrage und widmete, namentlich in spateren Jahren, einen
grossen Theil ihrer Zeit der Sffentlichen Wohlthatigkeit und der Krankenpflege.
Flir praktische Krankenpflege hatte ihre thatkriftige Natur tiberhaupt ein
besonderes und liebevolles Interesse. Sie war selbst eine vorztigliche Pflegerin
und hat bei einem der Wissenschaft wie der Familie zu frtih entrissenen Sohne
lange Jahre Gelegenheit zu stundlicher Bethatigung gehabt. Wie sie in ihrem
Haushalt alles musterhaft zu disponiren wusste, so entfaltete sie nicht minder
ihr hervorragendes Direktionstalent, als es gait, das Victoria-Krankenhaus
Anna ▼. Helmholtz,
19
einzurichten, eine Stiftung der Kaiserin Friedrich, mit der sie zahlreiche
Interessen und personliche Sympathien zu einer dauernden Freundschaft
verbanden. —
Was ihr den eigenartigsten Reiz verlieh, war die merkwtirdige Mischung
von Gegensatzen in ihrer Natur. Sie war keine Personlichkeit, deren Wesen
sich in eine einfache Formel hatte fassen lassen, es fanden sich vielmehr in
ihr die mannigfachsten Elemente wunderbar gemischt. Schon die Vereinigung
der Weltdame und der Gelehrtenfrau in der Vollendung, wie sie sich hier
zusammenschlossen, bildete eine kaum je erlebte Speciality. Dazu kam aber
als eigentlicher Kern die temperamentvolle warmblutige und warmherzige Natur,
die nicht bloss im Inneren stets obwaltete, sondern auch in der Gesellschaft
oft ganz unvermittelt durchbrechen konnte.
Dieses stete Durchschimmern des wirklich theilnehmenden Menschen ge-
wann ihr manchen treuen Freund, der mit der alle Formen beherrschenden
Weltdame nicht hatte vertraut werden konnen. Auch ihre Theilnahme wurde
zur That und manchem Trauerndem brachte sie Trost, weil sie ihm neue
Zwecke des Daseins zu geben wusste.
Ein schones und lebensvolles Bild ihrer Personlichkeit entrollen uns ihre
Briefe.
Energischer Thatigkeitsdrang und weiche Hingabe an Stimmungen, tiefe
Empfindung und spontane Einliille, Ernst und Humor wechseln in rascher
Folge. Personen und Zustande schildert sie mit sicheren Strichen. Mit
warmem Naturgeflihl entwirft sie merkwiirdig personlich empfundeneLandschafts-
bilder. Und alles in originellen graciosen Wendungen. Zuletzt tritt merklich
eine Neigung zu Aussprtichen der Lebensweisheit hervor, in denen sie ver-
sucht, ihre eigene Personlichkeit mit dem Weltganzen in Einklang zu bringen.
»Ja, Lenbach's Zeichnung (des verstorbenen Gatten) ist wohl schon; sie wirkt
auf mich wie ein Hauch der Nahe, der Unendlichkeit und des Bleibenden
von allem Guten und Grossen. Das stirbt so wenig als die Liebe — und
das alte Egypten hat mir noch eine andere Lehre: vom Unwesentlichen des
personlichen, eigenen Geschickes gepredigt. — Das Leben ist ja so klein und
kurz und geht dahin wie ein Nichts im Ganzen — man muss es eben nehmen
wie es ist und es nutzenU
Dieser Ausspruch giebt zugleich am treuesten die Stimmung der letzten
Lebensjahre wieder.
Am 8. September 1894 hatte Hermann von Helmholtz die Augen ftir immer
geschlossen. Seither war die Frau eine andere. Unfahig, sich unter den
schweren Schicksalsschlag zu beugen, war sie vollig gebrochen und verlor
alien Lebensmut. »Was ein Leben zu zweien war, kann nie mehr ein Leben
allein werden* schrieb sie an einen Freund. Das Ringen, sich allmahlich
wieder mit der Welt abzufinden, schien ihr »ein schwerer Weg bergauf, ohne
die Hofihung, einen erfreulichen befreienden Gipfel zu erreichen. Nur ,mlide
sein* war die Frucht.« Die thatkraftige energische Frau kampfte immer wieder
und immer wieder erlag sie.
Eine letzte Freude war ihr noch die Enthullung des Helmholtz-Denkmals
vor der Berliner Universitat. »Wenn nun auch diese Sache fertig ist und zur
Ruhe kommt, so kann ich in Frieden vom Schauplatz dieser Erde scheiden«.
Auch korperlich fing sie an zu kr&nkeln. Sie litt an Athemnoth und
Herzschwache, eine beginnende Schwerhorigkeit schien ihr die Zukunft zu be-
schatten.
20 Anna v. Helmholtz. Busch.
Dazu kam die Sorge urn einen zweiten leidenden Sohn, dem sie erst
in der letzten Zeit ein gliickliches Heim und einen befriedigenden Wirkungs-
kreis in ihrem geliebten badischen Heimatslande hat schaffen konnen. Das
war ihrem Herzen ein Sonnenstrahl. — Nur das Zusammenleben mit der
einzigen Tochter, Frau Ellen von Siemens, die ihr seit des Vaters Tode in
aufopfernder Liebe ihre Tage widmete, und mit deren reich begabten Kindern
warf noch einige Lichtblicke in ihr innerlich immer mehr vereinsamendes
Leben.
Mitte November 1899 eilte sie nach Volosca an das Sterbebett ihres
Schwagers, des Landeshauptmann von Schmidt - Zabterow — »eine lange
schwere Reise in einer tief ernsten Zeit, die alle mtihsam zuriickgedrangten
Erinnerungen an das Selbsterlebte wieder wachrief«. Noch vollig gesund
schrieb sie aus Volosca an ihre Freunde, und fast gleichzeitig mit den Briefen
kam die erschiitternde Nachricht ihres plotzlichen Hinscheidens. Eine Ver-
stopfung in den Blutgefassen der Lunge hatte in drei Tagen ihrem that-
kraftigen, immer htilfreichen Leben ein Ende gemacht.
Sie wurde auf dem Sophienkirchhof in Charlottenburg beigesetzt an der
Seite ihres Gemahls, dessen Ruhestatte weihevoll zu schmucken ihr so sehr
am Herzen gelegen hatte.
Ein schones Bild, von Lenbach gemalt, erhalt ihre Ztige aus den spateren
Jahren der Nachwelt.
Prof. Dr. R. Wachsmuth.
Busch, Julius Herrmann M o r i t z , Schriftsteller, * Dresden 1 3 . Februar 1 8 2 1 ,
f Leipzig 16. November 1899 war der Sohn eines sachsischen Zeugofficiers;'er be-
suchte die Dresdener Kreuzschule und von 1841 ab die Universitat Leipzig, um
hier, gegenseinen Wunsch, aufVerlangen seines Vaters, eines fanatischenAnhangers
der Theosophie Jacob Bohme's, Gottesgelehrtheit zu studiren. Er wurde Mitglied
der Burschenschaft Markomannia, war ein gewandter und vielbeschaftigter
Schlager, trieb Politik und war selbstverstandlith Republikaner, der in Dan ton und
Robespierre Heroen sah, die als Vorbilder dienen konnten. Robert Blum
starb fUr ihn als Martyrer der nationalen Idee und wie dessen Tod ihn
ergriffen, wusste der alte Herr noch in seinen letzten Lebensjahren mit gemtith-
licher Selbstironisirung zu schildern, wenn er erzahlte, wie nach dem Ein-
treffen der Nachricht er die Worte: »Rache« und »Blut« laut brlillend die
belebteste Strasse Leipzigs am hellen Tage entlang gelaufen sei. Bei der
hereinbrechenden Reaktion begriff der schwarzrothgoldene Republikaner sehr
bald, dass seine Ideale sich in Deutschland vorlaufig nicht verwirklichen
liessen und da er sich von ihnen nicht zu trennen vermochte, so reifte in
ihm nach und nach der Entschluss, sie jenseits des grossen Wassers zu suchen.
Im Juni 185 1 reiste er nach der neuen Welt ab und hoffte, sich dort
mit einem schon vor langerer Zeit ausgewanderten Vetter in die Bewirth-
schaftung einer Farm theilen zu konnen; doch kam er in Betreff seiner Un-
tauglichkeit zum Farmer sehr bald in's klare und war deshalb froh, als ihm
eine Pfarrstelle an der Pauluskirche in Cincinnati angeboten wurde. Bei dem
Versuche zur Erlangung derselben stiess er jedoch auf so eigenthiimliche
Schwierigkeiten, dass seine Begeisterung fur das Land der Freiheit eine ziem-
liche Abklihlung erfuhr. Die Gemeinde war eine deutsche, die sich ihren
Pfarrer selbst wahlte ; der bisherige Seelsorger hatte sich missbeliebig gemacht
Busch. 2 1
und seine Entlassung war beschlossen worden. Damit war nattirlich der
geistliche Herr durchaus nicht einverstanden nnd so entspann sich derm bei B's.
Probepredigt in der Kirche ein Scandal, der damit endete, dass B. von der Be-
werbung freiwillig zuriicktrat. Flir ihn war die Moral der Sache die Ueber-
zeugung, dass die unbeschrankte Selbstregierung, die reine Demokratie weder
der Kirche noch dem Staate gesund ist und das unliebsame Vorkommniss
wurde ihm so der Anfang zur Aufklarung und zur Bekehrung zu einer reali-
stischeren Auffassung politischer Dinge. Auch die Erfahrungen, die er unter
den deutschen Fliichtlingen von 1849 machte, der w r (iste Ton der politischen
Presse und die Roheit der Bevolkerung im privaten und offentlichen Leben
gefielen ihm wenig Und gar bald hatte er den Glauben an das eine seiner
politischen Ideale — die Republik — grundlich verloren und damit lebte
in ihm der an das andere — das Vaterland — wieder auf ; vielleicht konnte
dieses endlich doch, und zwar besser nicht unter republikanischer Form,
einig und gross werden. In diesem Glauben kehrte er Anfang 1852 nach
Deutschland zuriick.
Da er sich aus inneren Griinden nicht zur Aufnahme des Theologischen
Berufes entschliessen konnte, so begann er in Leipzig seine Laufbahn als
Journalist. Seine in Amerika gemachten Erfahrungen verwerthete er in Ar-
tikeln flir das Morgenblatt, die Augsburger Allgemeine Zeitung und die Grenz-
boten und Hess seine gesammelten Aufsatze unter dem Titel »Wanderungen
zwischen Hudson und Mississippi « bei Cotta erscheinen.
Durch die nahere Bekanntschaft mit den Redakteuren der Grenzboten
— Gustav Freytag und Julian Schmidt — kam er in die Kreise der Gothaer,
in denen man damals dem Verzweiflungskampf der Deutschen in Schleswig-
Holstein mit besonderem Interesse und Trauer zusah; man war sich dariiber
klar, dass hier ein tiefdunkler Flecken auf der deutschen Ehre zu tilgen sei
und dass nur in Schleswig-Holstein die Moglichkeit einer deutschen Flotte
liege, durch welche allein Deutschland eine Weltmacht werden konne. Urn
diese Gedanken und Gesinnungen in immer weitere Kreise zu tragen, urn die
nationale Presse fur sie zu erwarmen, glaubte man in jenen Kreisen es am
forderlichsten, wenn man eine mit scharfem Auge und gewandter Feder aus-
gestattete Personlichkeit nach jenen Landen schickte, die dieselben dem
grossen deutschen Vaterlande in entsprechenden Bildern vorfiihren konne.
Auf Gustav Freytag's Vorschlag wurde B. hierzu ausersehen und er trat
seine Recognoscirungsfahrt 1853 an. Seine Erlebnisse und Beobachtungen hat er
in den »Schleswig-Holsteinschen Briefen« niedergelegt. Diese Briefe sind das
Ergebniss ernstgemeinter sechs Monate hindurch angestellter Erkundigung, die,
urn auf den Grund zu kommen, keine Miihsal und keine Gefahr scheute.
Nach seiner Riickkehr aus Schleswig-Holstein trat B. neben Freytag in
die Redaktion der Grenzboten ein, erhielt aber bald darauf vom Oester-
reichischen Lloyd, der damals Personendampferlinien nach der Levante ein-
richtete, den Auftrag, Aegypten, Palastina, Syrien und Griechenland zu bereisen,
urn, durch von ihm in der Art seiner amerikanischen Wanderbildern zu
liefernde Beschreibungen dieser Lander, die Reiselust nach jenen damals noch
weltfernen Gegenden anzuregen. In den Jahren 1856 bis 1859 unternahm
er drei Reisen dorthin und schrieb dann seine »Bilder aus dem OrienU,
»Bilder aus Griechenland« und »Eine Wallfahrt nach Jerusalem«, ein Buch,
welches von Gustav Freytag als eines der am besten geschriebenen der
damaligen Zeit bezeichnet wurde.
2 2 Busch.
Nach Beendigung der letzen Reise widmete er sich, nach Leipzig zurtick-
gekehrt, ganz den Redaktionsgeschaften der Grenzboten; dieselben waren
ihm nicht nur eine Ehre und Freude, sondern wurden ihm auch zu einer
Schule. Er lernte, sich gewahlter und vorsichtiger ausdriicken, und gewohnte
sich mehr und mehr an rein verstandiges Urtheilen in politischen Angelegen,
heiten. Mit jedem Jahre der Wehen, die der grossen Geburtszeit von 1863
bis 1866 vorausgingen, erkannte er klarer, dass die nationale Frage derjenigen
nach den Freiheiten vorgehen miisse und dass nur von Preussen das Heil
kommen konne.
Durch seine Thatigkeit an den Grenzboten trat er mit der geistigen
Elite des damaligen Deutschland in nahe, zum Theil sogar freundschaftliche
Beziehungen, so mit Otto Jahn, Friedrich Hebbel, D. F. Strauss, Fritz
Reuter, Heinrich v. Treitschke u. A. m.
Obgleich mitten im politischen Leben stehend, hat sich B. doch einer
Partei nie angeschlossen. Zum Eintritt in den seinen Anschauungen ja nahe-
stehenden Nationalverein vermochte er sich nicht zu entschliessen, da ihm
dessen Wege unpraktisch erschienen und er sich mit dem in demselben sich
regenden Streberthum nicht befreunden konnte. Dagegen erwartete er von
den grossen Volksvereinigungen, die als Schiitzen- Sanger- und Turnerfeste
in den sechziger Jahren zahlreich stattfanden und fur die deutsche Idee
warben, viel ftir die Zukunft des Vaterlandes. Indess bewahrte er bei aller
Berauschtheit, welche diese und andere patriotische Leistungen hervorriefen,
einen Rest von Ntichternheit, sodass er ein Referat tiber das Leipziger Turn-
fest von 1863 schliessen konnte: »Aber nun Sela, ihr Herren Turner und
Amen, ihr Herren Redner. "Wir haben unsere Grossthaten hinreichend
gefeiert und wohl ein wenig auch solche, die noch nicht gethan sind. Nicht
Siege feiern sei fortan die Parole, sondern Siege gewinnen.«
Er ahnte damals nicht, wie nahe die Zeit, Siege zu gewinnen, herbei-
gekommen war. Mit dem im November 1863 erfolgten Tode Konig Friedrichs
von Danemark schlug die Entscheidungsstunde in der Frage der Elbherzog-
thtimer. B., von seinem ersten Aufenthalt her, mit den Verh<nissen der-
selben innig vertraut, glaubte, w&hrend der Krisis im Mittelpunkt derselben
ntitzlich sein zu konnen; er erbat und erhielt Urlaub, um ftir die Grenzboten
als Berichterstatter vom Kriegsschauplatze zu dienen. Vor seiner Abreise
wurde er nach Gotha berufen und dort vom Herzog Friedrich von Augusten-
burg gebeten, auch ftir dessen Sache in der Presse thatig zu sein. B. ging
hierauf ein und trat vertragsmassig in die Dienste des Herzogs. Meinungs-
verschiedenheiten mit diesem und mit Samwers tiber im Interesse der grossen
nationalen Entwickelung vom Haus Augustenburg zu bringende Opfer ver-
anlassten B., nach Ablauf des ersten halben Jahres auf die ihm dringend an-
gebotene Verlangerung des Dienstverhaltnisses zum Herzog nicht einzugehen.
Als B. im Februar 1865 von Kiel nach Leipzig zurlickkehrte, iibernahm
er die Mitarbeiterschaft an der Redaction der Grenzboten von neuem, aber
mit wesentlich anderen Anschauungen tiber die politische Lage als vor seiner
Kriegsfahrt. Er war zu der Ueberzeugung gekommen, dass ftir die nationale
Sache nur von der Politik des preussischen Ministerprasidenten Gutes zu er-
warten sei. Schon im Oktober 1864 hatte er geschrieben: »Gleichviel, wie
Bismarck uns sonst getallt, er verfolgt augenscheinlich die Verwirklichung
des nationalen Gedankens und nur Verblendete konnen ihm ein ungewohn-
liches Maass von Klugheit und Energie absprechen. Die deutsche Revolution
Busch.
23
wird von der Berliner Wilhelmstrasse ausgehen, nicht, wie Phantasten wahnen,
von den Berliner Fortschrittsmannern. Daher ist der uns vorgezeichnete
Weg, wenn wir wirklich national sein wollen, die Bismarck'sche Politik mit
alien Kraften zu unterstiitzen.« Diese Auffassung B.'s wurde jedoch von seinen
Mitarbeitern an den Grenzboten, besonders Freytag, durchaus nicht getheilt
und als im Frtihjahr 1866 bedingungslos ftir oder wider Bismarck Partei er-
griffen werden musste, ging ein unheilbarer Riss durch die Freundschaft der
beiden Manner und B. schied fiir immer von der gemeinsamen Arbeit.
Die Kriegswochen 1866 verlebte er in Leipzig, erhielt aber gleich nach
dem Friedensschluss vom Berliner auswartigen Amte den Auftrag, dem
preussischen Civilkommissar fiir die neuerworbene Provinz Hannover als Bei-
stand fur Pressangelegenheiten zu dienen. Er blieb in dieser Stellung bis
zum Frtihjahr 1869, in welchem er wieder nach Leipzig tibersiedelte. Hier
schrieb er »das Uebergangsjahr in Hannover*. Ferner eine »Geschichte der
Mormon en « und den ersten Theil seiner »Tagebuchblatter«. Ganz unerwartet
erhielt er im Februar 1870 die Aufforderung, beim Kanzler des norddeutschen
Bundes als Adlatus flir Pressangelegenheiten zu dienen. Er folgte diesem
Rufe und stand am 24. Februar 1870 zum ersten Male vor Bismarck.
Der geschaftliche Verkehr mit dem Kanzler vollzog sich in der Weise,
dass B. die mit dem Bismarck'schen Bleistifte angezeichneten Zeitungsartikel
zugesandt wurden, der sie dann durchlas und sich hierauf vom Kanzler die
Erlauterungen und Auftrage fiir die zu ertheilenden Antworten und Ent-
gegnungen holte. Nur wenige Monate war B. in seinem neuen Wirkungskreise,
als der deutsch-franzOsische Krieg ausbrach, dem er an Bismarck's Seite im
grossen Hauptquartier beiwohnte. Nach Beendigung des Feldzuges blieb er
bis zum Juni 1873 im auswartigen Amte. Personliche Reibereien mit einzelnen
Kollegen veranlassten ihn, den Kanzler um den Abschied zu bitten, dabei
betonend, dass er demselben ja auch ausserhalb des Amtes von Nutzen sein
konne. Der Ftirst entliess ihn freundlich, gewahrte ihm eine reichliche Pension
und versprach B., ihn bei der von diesem in Aussicht genommenen Bismarck-
biographie mit wichtigem Material zu untersttitzen.
B. ging nach Hannover, redigirte dort den »Hannoverschen Courier* und
bereitete mit der ihm zugesagten Beihilfe des Ftirsten die Herausgabe seines
Werkes » Graf Bismarck und seine Leute wahrend des Krieges mit Frankreich«
vor; dasselbe erschien 1878 und machte seinen Verfasser mit einem Schlage
zu einem weltbekannten Manne. Das damals vielfach angefeindete Buch
ist langst von den bedeutendsten Historikern als hochst werthvolle Quelle
anerkannt, da es eine Sammlung von vielsagenden pragnanten Details ist und
das Bild des grossen Kanzlers so lebenswahr zeichnet, wie keine andere der
unzahligen Biographieen.
Nach Bismarck'schen Instructionen erschienen von B., der wieder nach
Berlin gezogen war, Ausgangs der 7oer Jahre eine Reihe von Artikeln in den
Grenzboten, von denen hier nur die bertihmten »Friktionsartikel« genannt
seien. Der Erfolg seines Werkes von 1878 ermuthigte B., eine zweite Schrift
tiber den Kanzler zu veroffentlichen, die 1884 unter dem Titel »Unser Reicha-
kanzler« erschien.
Bei zahlreichen Besuchen in Berlin, Varzin und Friedrichsruh, deren
letzter im Mai 1893 erfolgte, bezeugte ihm der Kanzler seine fortdauernde
Gewogenheit. Auch in den Schicksalstagen des Marz 1890 war B. um den
Kanzler, der ihn mit Ordnung eines Theiles seiner Correspondenz beauftragte
24 Busch. Baumann.
und zugleich aufforderte, ihm bei Abfassung seiner Memoiren zur Seite zu
stehen. Dieser hochste Wunsch B.'s wurde nicht erfiillt, da er im Mai 1890
zweimal kurz hintereinander von Schlaganfallen getroffen wurde, die zwar
seine geistigen Krafte nicht minderten, ihn aber korperlich unfahig fur an-
haltende Arbeit machten.
Nach dem Ableben des Ftirsten Bismarck veroffentlichte B., der sich
nach Leipzig zurtickgezogen hatte, das Abschiedsgesuch desselben vom
18. Marz 1890, ferner eine Broschtire »Bismarck und sein Werk« und schliess-
lich das grosse, zuerst in England erschienene Memoirenwerk »Bismarck, some
secret pages of his history« (deutsch bei Grunow unter dem Titel «Tage-
buchblatter«). Das letztere enthalt eine ungeahnte Ftille hochst interessanten
Materials liber den Ftirsten und seine Zeit in Gesprachen, Briefen und Doku-
menten und wird fur alle Zeit eine der werthvollsten Quellen flir das Studium
Bismarck's bleiben.
B. war ein Todfeind der Phrase; die Wahrheit ohne Umschweife,
und ohne Rticksicht auf etwaige Folgen zu sagen, war ihm heiliges Gebot.
Von dem Treiben des Tages und der Parteien hielt er sich fern. So blieb
er, trotz der ungeheuren Menge von Personlichkeiten, die in seinem reich-
bewegten Leben an ihn herantraten, ein einsamer Mensch. Nur mit wenigen
Vertrauten — in Berlin mit Lothar Bucher und Viktor Hehn — pflog er
intimen Meinungsaustausch iiber politische und literarische Vorkommnisse, die
er bis zu seinen letzten Lebenstagen mit ungeschwachtem Interesse verfolgte.
Von Korper war er eher kleiner als mittlerer Statur (daher das »Busch-
lein« Bismarck's); das Gesicht war bis zum hochsten Alter von vollem Haupt-
und Barthaar umgeben. Ein Paar lebensprtihende, glanzende Augen blickten
mit jugendlichem Feuer bis zum Ende in die Welt hinaus und sahen geruhig
dem Urtheil entgegen, das dem vielangefeindeten Manne einst sprechen wird
»eine Frau von wunderbarem Glanz —
die Nach welt, diese oberste Instanz.«
Leipzig. Ernst Goetz.
Baumann, Oskar, hervorragender Afrikareisender, * 25. Juni 1864, f 12. Oc-
tober 1899 zu Wien. B. empfing seine Schulbildung in Wien und Krems,
zuerst auf dem Gymnasium, claim auf der Oberrealschule, worauf er an der
Universitat und der technischen Hochschule, ohne einen bestimmten Studiengang
einzuhalten, geographische, naturwissenschaftliche und Sprachstudien trieb. Am
militargeographischen Institut nahm er UnterrichtinOrtsbestimmungundtopogra-
phischen Aufnahmen. Er hat dafiir dessen Vorstand v. Sterneck stets warme
Dankbarkeit bewahrt. Sterneck war es, der in B. die Anlage zum geogra-
phischen Forscher erkannte und entwickelte; auf seine Veranlassung ging B.
schon als Neunzehnjahriger nach Montenegro und Albanien. Er kehrte mit
werthvollen Aufnahmen zurlick, nachdem er Beweise von grosser Kaltbltitigkeit in
dem vonGefahren, besonders fur einen osterreichischenTopographen, umgebenen
montenegrinisch-albanischen Genzgebiet abgelegt hatte. Tiefer nach Albanien
einzudringen, wie er beabsichtigte, gelang ihm auch auf einer zweiten Reise
nach Montenegro nicht. Ueber beide Reisen hat er erst 1889 in den Mit-
theilungen der Wiener geographischen Gesellschaft berichtet. 1883/84 stand
er als Freiwilliger bei den Kaiserjagern in Brixen und Wien. Er benutzte
jede freie Stunde zu Ausflugen in die Alpen, wo er schon als kaum dem
Baumann.
25
Knabenalter Entwachsener durch ktihne Besteigungen sich einen Namen ge-
macht hatte. Die Geschichte der Erschliessung der Ostalpen verzeichnet
eine Besteigung des Schrotterhorns in der Ostalpengruppe auf neuem Wege 1882.
Nach der Erstlingsarbeit liber die letzte Neuguineareise in den Mittheilungen
der K. k. Geograph. Gesellschaft (1882) erschienen in dieser Zeit mehrere
alpinistische Beitrage von B. 1885 berief ihn die K. K. geographische Gesellschaft
zu Wien zum Begleiter des Dr. Oskar Lenz auf der osterreichischen Kongo-
Expedition. Er sollte hauptsachlich die topographischen Aufnahmen besorgen.
Leider erkrankte er an den Stanley-Fallen lebensgefahrlich, so dass er schleu-
nigst zur Ktiste zurtickkehren musste. Was er von Bruchstiicken geographischer
und ethnographischer Aufnahmen und Beobachtungen mitbrachte, legt Beweis
ftir seine Tuchtigkeit ab. Seine Karte des unteren Kongo in mehreren
Blattern ist noch heute schatzbar. Wahrend Dr. Oskar Lenz seinen Weg
quer durch Afrika verfolgte, musste B. auf Fernando P60 Station machen.
Als Frucht dieses Aufenthaltes erschien 1888 seine Schrift »Fernando P60 und die
Bube«, die er in demselben Jahr bei der philosophischen Facultat der Universitat
Leipzig als Promotionsschrift einreichte. Er war 1887 nach Leipzig gekommen,
urn Llicken seiner geographischen Bildung auszufullen, hauptsachlich aber um sich
den Doctortitel zu erwerben. Ich erinnere mich mit Freuden an so manche an-
regende Plauderstunde mit B. im geographischen Seminar unserer Universitat.
Dabei zeigte sich zwar manchmal eine grosse Einseitigkeit und Ungleichheit seiner
Vorbildung, aber zugleich ein so massiver gesunder Menschenverstand, ein so
sicherer Instinct fiir das Richtige und Wichtige und eine so unbedingteHingabe an
unsere Wissenschaft, dass es mir niemals in den Sinn kam, B. als Schliler zu
betrachten. Er erschien mir als ein zu Grossem berufener Gleichstrebender.
Seine mtindliche Doctorprtifung aus Geographie, Geologie und Physik machte
auf meine Collegen Zirkel und Wiedemann und mich durchaus nicht den Ein-
druck einer Musterleistung, aber wir freuten uns, einem Manne, der seine
Begabung und seine wissenschaftliche Hingebung bewiesen hatte und Grosseres
versprach, die gewiinschte Anerkennung zollen zu konnen. Wenn er spater
nach Leipzig zurtickkehrte, erinnerten wir uns oft mit Heiterkeit an bedenkliche
*Strandungen« wahrend jener drei Stunden im »Rothen Colleg«, und wie das
stellenweis nicht sehr schwer und nicht nach akademischen Regeln beladene
Schifflein seines Wissens wieder frei gekommen war und endlich noch ganz
gut in den Hafen einlief. Meine Collegen und ich haben auf diese »irre-
gulare* Promotion spater mit Genugthuung zuriickgeblickt. In Leipzig reifte
auch der Plan zu der zweiten Afrikareise B's, die ftir immer seine segens-
und schicksalsreiche Verbindung mit Ostafrika kniipfen sollte. Er begleitete
1888 Dr. Hans Meyer auf einer Expedition, die auf den Kilimandscharo
gerichtet war, aber an dem damals eben ausbrechendenAraberaufstand scheiterte.
Schon in Usambara wurden die beiden Reisenden von den Leuten Buschiris
gefangen genommen und es musste als eine gluckliche Wendung angesehen
werden, dass sie wenigstens gegen Losegeld wieder freigegeben wurden. In
dem Buche »In Deutsch-Ostafrika wahrend des Aufstandes« (1890) hat B. seine,
trotz dieses Unfalles reichen Beobachtungen iiber Usambara, begleitet von der
ersten guten Karte und zahlreichen Originalzeichnungen, veroffentlicht. Nach
einem kurzen Ausflug an die Grenze Albaniens, 1889, ging B. 1890 im Dienste
der Deutsch-Ostafrikanischen Gesellschaft neuerdings nach Ostafrika und
vollendete die Aufnahmen von Usambara. 1891 erschien sein Buch » Usambara
und seine Nachbargebiete. Allgemeine Darstellung des nordostlichen Deutsch-
2 6 Baumann.
Ostafrika und seiner Bewohner«. 1891 wurde B. zum Fiihrer der Expedition
berufen, die das deutsche Antisklaverei-Comitd, die Deutsche Ostafrikanische
Gesellschaft und die Eisenbahn-Gesellschaft fiir Ostafrika gemeinsam ausriistete,
um den Norden des Schutzgebietes geographisch und wirthschaftlich zu erfor-
schen und die Grundlage ftir den Bau einer Eisenbahn von der Kiiste zu
den grossen Seen zu gewinnen. Die Expedition ging am 15. Januar von
Tanga durch das Land der Wadigo und iiber Aruscha in die ostliche Massai-
steppe bis zum Manyara- und Eyassi-See und von da zum Viktoriasee, dessen
sudostliche Buchten bis zum Emin Pascha-Golf untersucht wurden; durch
Ussunja wurde dann Ruanda erreicht, wo B. im Ruvuvu eine der obersten
Quellen des Kagera-Niles bestimmte, die er als die eigentliche Nilquelle be-
trachtete. Das »Mondgebirge« wurde iiberschritten, und in Usige das Nord-
ende des Tanganyika erreicht, von hier durch Uha nach Tabora gezogen,
von wo ein siidlicherer Weg durch die Wemberesteppe und Irangi nach dem
Manyara und von da durch die sudliche Massaisteppe tiber Mgera nach Pan-
gani eingeschlagen wurde. Nach Lange der Wege, Verschiedenartigkeit der
durchzogenen Landschaften, nach geographischen und ethnographischen Ent-
deckungen ist dieses die grosste Forschungsexpedition, die in Deutsch-Ost-
afrika seit der Besitzergreifung unternommen wurde. Was B. in der kurzen
Zeit von wenig als mehr als einem Jahr mit dieser Expedition geleistet hat,
ist erstaunlich und wird- besonders auch auf dem ethnographischen Gebiet
dauernd anerkannt bleiben. 1894 gab B. den Bericht tiber diese Reise in
einem Prachtwerk mit Karte 1 zu 1.500.000 unter dem Titel heraus »Durch
Massai-Land zur Nilquelle «. Ob die Nilquellenfrage durch ihn vollstandig
gelost wurde oder ob nicht Ramsay spater in dem Akenjara einen noch grosseren
und wasserreichen Zufluss des Kagera entdeckt hat, andert nichts an B.*s Ver-
dienst um die Erforschung des Gebietes zwischen Viktoriasee und Tanganyika.
Wir stellen hoher seine Aufnahmen in der Massaisteppe, am Viktoriasee
und in Ruanda und Urundi, seine Entdeckung des Wembere-Grabens,
seine reichen ethnographischen Sammlungen und Schilderungen. Allerdings
hat B. gerade auf jenes Ergebniss Werth gelegt. Nach kurzem Aufenthalt in der
Heimath und in Deutschland kehrte B. 1894 nach Bagamoyo zuruck und begann
im Auftrag des Leipziger Vereins fdr Erdkunde die Erforschung, Aufnahme
und geographische Beschreibung der drei Inseln Mafia, Sansibar und Pemba.
Es war die letzte grossere Arbeit, die im dritten Band der Wissenschaftlichen
Veroffentlichungen des V. f. Erdkunde zu Leipzig 1899 erschienen ist; die
letzte der drei Monographien, Pemba, konnte B. nur noch mit Mlihe ab-
schliessen. Eine schwere Krankheit hatte ihn 1896 ergriffen, die mit der
Zeit auch die Klarheit seines Geistes trlibte. Darin liegt die Erklarung fur
einige Zeitungsartikel, die sehr viel Staub aufwirbelten, als eine osterreichische
Wochenschrift sie mit der Unterschrift B.'s 1898 veroffentlichte ; sie waren
ein Krankheitsprodruct. 1896 war B. als osterreichisch-ungarischer Consul
nach Sansibar tibergesiedelt. Anfang 1899 kehrte er, unheilbar krank, nach
Europa zuruck und starb in Wien.
B. war eine Heldennatur aus demselben Stoffe, wie die Barth, Speke,
Rohlfs. Die » Geographischen Mittheilungen« nannen ihn nach seinem Tode
den jtingsten, aber auch wohl letzten aus der Schule der alten Afrikaner,
welcher, unbeeinflusst durch politische Zielpunkte, von einem umfassenderen
Gesichtspunkte aus an die Losung ihrer Aufgabe herantraten und in erster
Linie die Forderung der Wissenschaft auf jedem Gebiete im Auge hatten.
Baumann. Strauss.
27
Man muss hinzufiigen, dass ein kr^ftiger und gestahlter Korper, Muth, Willens-
kraft, Geringschatzung der Gentisse der Kultur B. in hohem Grade befahigten,
Grosses auf dem Gebiete der Afrikaforschung zu leisten. Er ging in der
Geographie und Ethnographie von Afrika auf, Anderes zog ihn wenig an.
Er fuhlte sich nirgends wohler, wie er selbst zu sagen pflegte, als »im
Busch«. In dieser Einseitigkeit lag seine Grosse, lag besonders auch sein
Werth fur die Erschliessung von Ostafrika. Wenn er nach Europa zurtick-
kehrte, fiel den Zuhorern seiner Berichte in Wien, Leipzig und Berlin sein
naturwtichsiges Auftreten, die fast gesuchte Einfachheit und Schmucklosigkeit
seiner Rede, und seine sichtliche Abneigung gegen Reklame und Sichvor-
drangen vor Allem auf. Man musste seine Blicher lesen, um sein Konnen
ganz zu wlirdigen. Man musste ihm freundschaftlich naher getreten sein,
um die Warme seines Herzens und die Feinheit seines Geftihles wlirdigen
zu konnen.
Ausser den grosseren Werken, die wir genannt haben, hat B. eine Reihe
von Aufsatzen und Karten in den geographischen Mittheilungen, den Mit-
theilungen der K. K. geographischen Gesellschaft, der Monatsschrift ftir den
Orient, der D. Kolonialzeitung u. a. veroffentlicht. B. schrieb einfach,
sachlich, eindringlich, mit Liebe und Verstandniss fur die Natur und die
primitiven Volker.
AusfUhrlichster Nekrolog von M. Haberlandt im 2. JkL der Geogr. Abbandlungen
der K. K. Geogr. Ges. in Wien 1900, rait Bildniss und Verzeichniss der Schriften und
wichtigen Aufsatze. Nekrologe von D. Hans Meyer in der kolonialen Zeitschrift 1899,
No. 1 ; von Professor Oskar Lens in der »Zeit« No. 264, von M. Haberlandt in der Neuen
Freien Presse vom 13. October 1899, von Dr. H. in der Rundschau fUr Geographie XXII,
No. 5.
Friedrich Ratzel.
Strauss, Johann, Componist, * am 25. October 1825 in Wien, Lerchen-
felderstrasse No. 115, f am 3. Juni 1899 * n Wien, Igel- (jetzt Joh. Strauss-)
Gasse No. 4. In Wien geboren, in Wien gestorben, aus einer Altwiener Familie
stammend, in einem Ehrengrabe der Stadt Wien bestattet, so schliesst sich
der Lebenskreis des Klinstlers, der als echter Reprasentant des alten, vornehm-
gemflthlichen, liebenswtirdigen Wienerthums Alles, was in Oesterreich singt
und klingt, in eigenthlimlicher Weise zum Ausdruck brachte. Seine Weisen
erklangen nicht nur in seiner engeren Heimath, sondern drangen weit hinaus
liber Europa in alle Welttheile. Als unUberwindlicher Eroberer vermochte
er im Siegeszuge der Wiener Musik Herz und Sinn seiner Mitmenschen zu
gewinnen. Seine reizvollen Melodien beseelen die Freudigen, richten die
Beladenen auf, wirken befreiend auf die Kummervollen. Der Horer ftihlt
sich angeregt, erheitert und giebt sich riickhaltlos dem Zauber seiner Kunst
hin. Unausldschlich sind die melodischen Gedanken dem Gedachtnisse
eingepragt. Die Weisen von Strauss befestigen das Heimathsgeftihl des
Wieners, des Oesterreichers. Man kann sagen, dass in seinen Tonen Wien
lebe. Sie sind das musikalische Spiegelbild der Wiener Volksseele und
sprechen zugleich das Lieben, Sehnen, Schmachten, die Lebensfreude, die
leichtgetrostete Wehmuth von Menschen aus, wie sie Uberall und allenthalben
zur bewussten Empfindung gelangen. Zum GlUck kann diese Musik das Un-
schone und ethisch Verwerfliche nicht zum Ausdruck bringen. Die vortiber-
gehende Gemtithlichkeit wird hier zur dauernd verklarten ktinstlerischen
2g Strauss.
Aeusserung. Die sympathische Mittheilung intimer seelischer Vorgange, der
Austausch der Geselligkeit gelangt in diesen Erzeugnissen zur Entfaltung.
St. war sich dessen bewusst, dass seine Muse dem Fortschritt huldige,
auch gegenttber den beiden liebenswtirdigen ttichtigen Meistern, die seine
Vorbilder waren, auf deren Grund er weiter schuf: Johann Strauss Vater und
Josef Lanner. Der Sohn meinte, als er sein Lebenswerk tiberblickte: »Der
Fortschritt war nur moglich durch die Erweiterung der Form und das ist
mein Verdienst.« Ja, weil sich zur erweiterten Form auch der vertieftere
Inhalt einstellte, weil dasjenige, was er zu sagen hatte, auch mit dem »Wie«
der Aussprache sich deckte. Sein Vater und Lanner, das Dioskurenpaar der
Wiener Tanzmusik aus den vormarzlichen Tagen, hatten gerade die entgegen-
gesetzte Aufgabe sich gestellt: aus der tiberreichen Zahl von Satzen, die zu
einem Cyclus zusammengestellt wurden — manchmal bis zu 12 Nummern
innerhalb einer Folge — schieden sie das ihnen ttberfllissig erscheinende aus
und begntigten sich mit 5 Theilen, denen sie principiell eine Introduction
voranstellten und eine Coda folgen liessen. So schloss sich das Ganze zum
einheitlichen Tonbilde. Johann, der Jiingere, brachte dann die Einleitung
in einen naheren organischen Zusammenhang mit dem Folgenden, indem er
das Hauptthema wie unter einem Schleier einzufiihren suchte. Seine Intro-
ductionen geleiten den H6rer in das romantische Land, woselbst nicht Elfen
und Luftgeister himmlische Reihen aufflihren, sondern lieberfullte Menschen-
paare von den zauberischen Klangen in wiegende Bewegung gebracht, von
Gllick und Frieden erflillt, von holder Zukunft traumend, dem irdischen
Tagesleben entriickt sind. Die Zahl der im Cyclus vereinigten Reihen blieb
bei den Sohnen Strauss wie bei dem Vater, nur greift der Hauptvertreter der
jUngeren Generation weiter aus, die Linien werden weiter gezogen, die
Melodien von einem l&ngerqm Athem in hfiher schwellender Brust gefiihrt.
Er taucht seine Pinsel tiefer ein in die Farbentfipfe, er verwendet saftigere
Harmonien, reichere Modulation, macht ausgiebigeren Gebrauch von harmo-
nischer Freiheit, er verselbstandigt mehr die einzelnen Stimmen des harmo-
nischen Gewebes, seine Rhythmik wird pikanter trotz aller peinlichen
Genauigkeit bei der Gruppirung der Tacte und Abwagung der Verhaltnisse.
St. weiss eben innerlich zu beleben, nicht ausserlich will er reizen; seine
Betonungen werden durch Verschiebung und Verkettung abwechslungsreicher,
gerade so wie er bei massvoller Verwendung der modernen orchestralen
Mittel durch coloristische Gegensatze und Gegenstellungen der Instrumente
Wirkungen erzielt, wie sie in analoger Weise Mozart mit seinem Orchester
erreichte. St. ist von alien modernen Meistern derjenige, der hierin wie
in manch anderer Beziehung sich Mozart zu nahern suchte. Trotz aller Ver-
vollkommnung der Farbentechnik unserer Zeit sind eben gewisse Eigen-
wirkungen der classischen Wiener Orchestennusik nicht zu (iberbieten
— man kann crasser, greller wirken, aber nicht mit intimerem Reize, nicht
in vornehmerer Weise.
Die Tanzmusik von Johann Strauss steht auf festem historischen
Boden. Die schlanken Gewachse mit den schonfarbigen Bltithen konnten
nur auf einem Erdreiche erstehen, der wohl praparirt war. Weit zurtick
greift die Geschichte der Wiener Tanzmusik. Sie hatte ihre Nahrwurzeln in
den musikalischen Culturbfiden verschiedener Volker. Im 16. Jahrhundert
gehen England und Italien voran, im 17. Jahrhundert fiihrt Frankreich den
musikalischen Reihen im Zuge Terpsichorens, und schon zeigen sich in der
Strauss. 29
Wiener Tanzmusik selbstandige Regungen, die von da an eifrig gepflegt
und gehegt wird. Eine sich eng aneinanderschliessende Reihe von Compo-
nisten der Tanzmusik reicht von dieser Zeit bis auf unsere Tage. Auch die
Classiker der Wiener Schule finden es nicht unter ihrer Wtirde, im Dienste
der offentlichen und privaten Lustbarkeiten T&nze und Marsche zu schreiben.
Schubert drlickt der Wiener Tanzmusik in seinen »Deutschen« den Stempel
der Eigenart auf, indem er sie zugleich veredelt und von da an beginnt sie
bei aller innigeren Einstimmung auf den Wiener Lokalton ihren Siegeslauf
durch die ganze Welt. Auf breiter Grundlage ausgebildet, erhebt sie sich
immer hoher und die Spitze der Pyramide tragt den Namen: Johann Strauss.
Um ihn gruppiren sich Lanner und Strauss Vater mit den beiden Sohnen,
dem hochbegabten, friihverstorbenen Josef und dem jiingsten des Brlidertrios,
Eduard — nebst einer grossenZahl anderer nicht zu unterschatzender Componisten.
Man achte nicht gering die Leistungen dieser Tonsetzer. Auch der
ernste Forscher kann wie der tiefst angelegte und hochst strebende Ktinstler
ihnen die Anerkennung nicht versagen. Das Genie von Johann Strauss ver-
langt gebieterisch Anerkennung und Wiirdigung, auch bei voller Erkenntniss
der beschrankten Eigenart seiner Kunst.
Im Grunde genommen blieb St. Tanzcomponist bis an sein Lebens-
ende, so weit er auch in spaterer Zeit ausgriff und durch Freunde und
Berather ermuntert, vom Ehrgeize angestachelt seine Muse in andere Gebiete
zu fiihren bestrebt war. Den Hohepunkt seines Schaffens erreichte er im
Alter von ungefahr 40 Jahren, zur Zeit, als er die Walzer »Kttnstlerleben«,
»Wein, Weib und Gesang«, »Geschichten aus dem Wiener WakU und »An
der blauen Donau« schrieb — echte und rechte Instrumentalcompositionen,
von denen einer und der anderen nur im Widerstreben gegen ihre Umatur
Texte, sagen wir rich tiger: Worte oder Silben untergelegt wurden.
Mit 18 Jahren trat Johann junior, nachdem seine Neigung zur Musik
gewaltsam vom Vater zuriickgedrangt worden war, von der Mutter vorerst
geheim, dann offen gefordert war, nachdem er regelrechten Unterricht in
der Theorie genossen hatte, nachdem er sich die Technik des Violinspiels
angeeignet hatte, da trat er vor das Publicum an einem Orte, der so recht
geeignet war, das specifische Talent des Jtlnglings zur Anerkennung zu
bringen. Beim Dommayer in Hitzing bei Wien, einem Tanz- und Vergnligungs-
lokale, brachte er seinen ersten Walzer am 15. October 1844 in einer »soire£
dansante* zur Aufflihrung. Die Menge stand so dichtgedrangt, dass die
*Gunstwerber« nur als reines Musiksttick um die Gunst der Horer werben
konnten. Sie erweckten Enthusiasmus. Die Gunst steigerte sich in Wien und aller-
orten mit der wachsenden Zahl seiner Compositionen, sei es, dass der Ort der Dar-
bringung die »Strausslsale«, oder der »Sperl« oder der Musikvereinssaal in
Wien, oder die Redoutensale waren, woselbst er seit 1863 als Hofballmusik-
director vorspielte, sei es, dass er in Moskau und Petersburg, wo er mit
seinen Weisen von 1854 — 1870 in jedem Jahre einige Monate die Zuhorer
entzlickte oder sonst in Paris, London, New -York und wie alle die Orte im
Norden und Stiden, am Continent und jenseits des grossen Wassers heissen
mogen, an der Spitze seines Orchesters stand. Und auch an der Stelle, deren
kiinstlerische Bedingungen specifisch verschieden geartet sind, im Theater,
wirkte St. durch die Ursprtinglichkeit seiner Erfindung als Componist von
Tanzen, von orchestrischen Weisen, durch die Action und Dynamik seiner
Rhythmen, durch den Liebreiz der Melodien. Auch hier blieb sich St.
?o Strauss.
treu, auch da, wo er an der Gattung der Vokalmusik ein Fehl beging, wie in
seinen 15 Operetten und in seiner Oper. Seine Weisen erquicken auch da,
wo sie eine Verbindung eingehen, die ihrer Urnatur nicht entspricht. Sie
bleiben, was sie sind, wie sie entstanden sind: Instrumentalgebilde.
Man kann sagen, dass St. nicht in die Oper einzog, sondern dass
diese bei ihm ihren Einzug hielt. Seine Declamation ist nichts weniger als
sorgfaltig; nicht aus dem Worte ist die Musik geschaffen, sondern selbst-
herrlich tritt sie hervor. Die Motive sind fast durchaus ohne Riicksicht auf
die Sprache, auf den Ausdruck des Textes entstanden und weitergesponnen.
St. hat trotz seiner Bemtthungen ftir die Ausarbeitung der Libretti nicht das
nothige Verstandniss und die kluge Bedachtsamkeit ftir dramaturgische Be-
handlung. Er war nicht gleichgultig gegentiber dem Inhalt und Stoff seiner
Texte, aber seine ktinstlerische Anlage stand ausschliesslich im Dienste der Ton-
kunst. Behufs Hebung der dramatischen Behandlung der Musik und passender
Einrichtung des Textes bediente er sich zeitweise eines oder des andern Beirathes.
Das Genre der Operette fand in St. einen musikalischen Veredler, aber
keinen dramatischen Pfleger. St. hat sich instinctiv mehr dem alteren oster-
reichischen Singspiel gen&hert, als seine Miteiferer auf dem Gebiete der Wiener
Operette: Supped, Millocker, Gen6e; diese schlossen sich mehr oder weniger der
witzig espritvollen franzosischen Richtung an, die in Offenbach ihren begabtesten
Vertreter gefunden hatte. Offenbach war geistig regsamer als St., stand
im intimeren Verkehr mit den Librettisten und hatte voiles Verstandniss ftir
politische Travestieen und sociale Satyrdramatik. Zwar ausserte St. ge-
legentlich, der Componist sollte mit dem Bttchelmacher in einem Bette
schlafen, aber er vermochte nicht einmal aus einer Schiissel mit ihm zu
speisen. Seine Nahrung blieb die Volksmusik, bereitet am Wiener Herde.
Man tausche sich nicht, oder lasse sich nicht tauschen durch einzelne Brocken,
die aus der Garktiche der modernen Musikdramatiker in seine Theatermusik
eingeschmuggelt sind. Da findet man einzelne Anlehen, die er nicht verzinste.
Einige Stucke, die ausserhalb des Gebietes der Tanze oder tanzartigen Musik
stehen, tragen zur Verschonerung des Ganzen bei, ohne die dramatische Literatur
zu bereichern. Seine Operetten blieben musikalisch die Aufnahmestatte seiner
Tanze und Tanzgesange. Alle die Tanzstucke, die als »opus« geschieden, bei
oder nach der Erstauffiihrung seiner Operetten erschienen, sind eine dauernde
Bereicherung seiner Domane, der zur Selbstandigkeit erhobenen Tanzmusik.
Die »Rosen aus dem Siiden« aus dem »Spitzentuch der K6nigin« seien als
Beispiel fur die vielen anderen genannt. Straussens ehrliches Bestreben war
es, die Stufenleiter der dramatischen Musik zu ersteigen. Er wollte daraus
nicht ein Geschaft machen, wie so manch anderer Operettencomponist aus
Speculation auf Tanti^men componiert. St. ftihrte schon in den 50 er Jahren
in seinen Concerten Wagner'sche Opernfragmente auf, wollte seine Begeisterung
auf Andere iibertragen. In den Promenadeconcerten propagierte er Wagner'sche
Musik. Von diesem Gesichtspunkte aus ist die Haltung seiner Operetten-
und Opernmusik zu betrachten. Ihm war es bitterer Ernst mit seiner drama-
tischen Musik. »Der kleinste Erfolg einer Oper von mir steht in meinen Augen
hoher als alles Andere. « So rang er denn nach Buhnenerfolgen und musste,
als er nach dem hochsten Ziel strebte, die Bitterkeit des Misserfolges mit
seinem »Ritter P4sm£n« in der Hofoper erleben. Nicht als ob die viele
gute Musik, die diese Partitur, wie jede seiner anderen dramatischen Werke,
enthalt, nicht die gerechte Anerkennung und Wiirdigung hatte finden konnen.
Strauss. * I
Der Abfall des Werkes lipgt tiefer begriindet: in der nothwendiger Weise
sich aufdrangenden Zusammen- und Gegenliberstellung der entzlickenden
musikalischen Eigenart von St. mit den unabweisbaren Anforderungen
modemer musikalischer Dramatik. Wenngleich er mit diesem Werke sich
nicht in den von ihm ersehnten Opernhimmel hinaufschwingen konnte, so
zog er doch auch diese St£tte in den Bannkreis seines Genies. St.'s
gelungenste Operette »Die Fledermaus« hielt ihren Einzug in den besten Opern-
hausem von Deutschland und Oesterreich und fand goldig klingende An-
erkennung, die sich in den Kassenrapporten ausspricht. Die herzbewegenden
Weisen der »Fledermaus« sind mit einem annehmbaren Scenenvorgang ver-
kntipft. Ein Literarhistoriker gab ihr sogar den Ehrentitel eines » musikalischen
Lustspieles« ; ich mochte diese Bezeichnung dahin auffassen, dass das Spiel
der Musik hochste Lust erweckt. Es ist unzweifelhaft das beste mit Straussischer
Musik vereinte Scenenspiel, die vierte in der Reihe seiner Operetten, die 187 1 mit
den »Lustigen Weibern von Wien« eroffhet wurde. Vor der 1874 componierten
»Fledermaus« entstanden noch »Indigo« (187 1) und »Carneval in Rom« (1873);
nach der »Fledermaus« folgte eine bunte Reihe von Spielen, von denen «Cagliostro
in Wien« (1875) im Anschluss an die »Fledermaus« specifisch wienerischen
Charakter hat, wahrend sich der Componist in anderen nach dem Vorgange
des »Carneval in Rorru (1873) s * c h auf italienischen Boden zu stellen suchte,
so in »Nacht in Venedig* (1883) und wohl auch im »Lustigen Krieg« (1881),
dann einzelne, welche in gleich ausserlicher Weise franzosische Alliiren an-
annehmen, wie »Prinz Methusalem« (1877), » Ninette* (1893), dann wieder
einige, die sich dem Genre der komischen Oper zu nahern suchen, wie »Der
Zigeunerbaron* (1885, wohl mit Recht die beliebteste Operette neben der
»Fledermaus«), »Jabuka« (1894) und theilweise »Der Waldmeister« (1895)
und endlich ediche, in denen der Operettensinn zur Tollkirschenbliithe ge-
diehen ist, wie »Blindekuh« (1878), »Simplicius« (1887) und »Die Gottin
der Unvernunft« (mit dem Pseudotitel »G6ttin der Vernunft« 1897). Mit
dem Ballett *Aschenbrodel«, das sich im Nachlass fand, kehrt St. in
sein Eigengebiet ein, diesmal seine Melodieen nicht auf die Btthne der Welt,
sondern auf die Welt der Btihne bringend, den Bewegungen von Biihnen-
figuren anpassend, die in einer M&rchenhandlung stumm agieren und durch
Vermittlung des Orchesters sich deutlich mittheilen dtirften. Nach diesen
Weisen wird wohl in der Folge nicht nur das » Corps de ballet«, sondern
auch alle Welt tanzen. Wie immer die Titel der Tanze lauten mogen, die
dann erscheinen, sie werden sicherlich die Menschen kOrperlich und seelisch
in Bewegung bringen. Auch musikalisch werden sie — so lasst sich mit
hochster Wahrscheinlichkeit behaupten — befriedigen und Neues bringen.
Denn St. gehort noch zu den naiven Musikerseelen, die vom Componisten
verlangen: »es mttsse ihm was einfallen«. In der That bringt jede seiner
bis zu Opus 477 gestiegenen Einzelcompositionen neue Gedanken, wenngleich,
wie nattirlich, nicht immer gleich werthige.
Seinen ersten (nicht verttffentlichten) Walzer nannte er: »Den ersten
Gedanken «. So kOnnte man seine Werke nach Gedanken I, II u. s. w. ordnen,
wirkliche Themen, neue Motive, frische Ideen in stets sich jung erhaltender
Erfindungskraft. Eine grosse Reihe von Zetteln, die kleine Skizzen enthalt,
ist aus dem Nachlass nunmehr in Mappen geordnet. WUrden die einzelnen
Blatter versteigert, dann konnte gar Mancher aus der langen Reihe unserer
Operetten- und Tanzcomponisten in der Auctionshalle erscheinen, »brauchte
3*
Strauss.
sich nicht mehr zu sorgeru und musste nichts mehr borgen. Allein damit
ware es doch nicht ganz gethan. St. benutzte diese rasch hingeworfenen
Ideen als Rohstoff der Verarbeitung und Durcharbeitung, fUr welche er Mtihe
und Fleiss verwendete. Nach Beendigung eines Werkes unterzog er dasselbe
je nach Einsicht und Bedarf einer oder auch mehrfachen Umaxbeitungen.
Scheinbar leicht hingeworfen, sind die Straussischen Gebilde doch niet- und
nagelfest gebaut, nicht im Sinne weit ausgedehnter Thematik oder motivischer
Verkettung, die hier nicht am Platze ware, sondern in einer, kunstvollster
Mosaikarbeit entfernt analogen Art, bei welcher die Theile in einer dem Auge
unsichtbaren, hier dem geistigen Gehor fast entschwindenden Weise zu einem
geschlossenen Ganzen vereinigt und verbunden sind. So hat diese Musik ihre
eigene Technik, ihre eigene Ausdrucksweise, in welcher der Geist der Zeit
in eigenthilmlicher Weise reprasentirt wird. Hier gilt das Wort » Weise* in
zweifacher Bedeutung: als Melodie und als Ausdrucksart der Epoche. Wenn
schon Robert Schumann den alteren Strauss als einen Meister ansah, der »in
seiner Weise einen hochsten Ausdruck seiner Zeit bedeute«, so gilt dies
ktinstlerisch potenzirt von des Sohnes Weise. Der Sohn vereinigt den Liebreiz
der Tanze seines Vaters und den rein melodischen Schwung der Walzer
Lanners in seinen Schopfungen zu hoherem Gelingen. Diese, die alteren,
sind der Typus des Wienerthums geblieben; der jiingere St. ist der
musikalische Reprasentant des Oesterreicherthums geworden. In einzelnen
Werken specifisch wienerisch, wie in » Wiener Blut«, »Geschichten aus dem
Wiener Wald«, »Krcinungslieder«, »Bei uns z* Haus«, »Morgenbl&tter«, »Wein,
Weib und Gesang«, »Freut Euch des Lebens«, »Ktinstlerleben« und in den
Lieblingswalzern der Wiener: »Der blauen Donau«, *Myrthenbltithen« (1881
zur Vermahlung des Kronprinzen Rudolf), den »Frllhlingsstimmen«, »Kaiser-
walzer*, »Fledermauswalzer«, hat er Polka und Polka Mazur, welche beide
slavischen Ursprungs sind, ganz und vOllig in den Bereich osterreichischer
Tonkunst hereingezogen, wie schon bei seiner ersten Polka Mazur op. 144
die Bezeichnung als »La Viennoise* das Richtige trifft. In seinen magyari-
schen Stlicken hat er den Ungarn den kiinstlerischen Bruderkuss gegeben.
So bilden seine Compositionen ein einigendes Band um die Volker Oester-
reichs, entsprechend der Herkunft der in seine Kunst aufgenommenen Elemente
der Volksmusik der verschiedenen Nationen. Und St. griff noch weiter.
In der Quadrille zeigt er sich als Beherrscher von Tongebilden romanischen
Ursprunges. In verschiedenen, in Russland componirten Stlicken verwendet
er mit schdnem Gelingen russische Nationalweisen, die eine begeisterte Auf-
nahme an der Newa fanden. Alles zog er in seiner Weise heran, ohne die
Wiener, die osterreicihsche Eigenart irgendwie aufzugeben. Davor bewahrte
ihn nicht nur die Macht der Form, sondern vielmehr die Urkraft seiner
Wiener Musikseele. Auch dort, wo St. sich der neudeutschen Richtung
nahert, wie in den Einleitungen seiner »Phaenomene« (opus 193), »Nacht-
falter« (op. 157), »Irrlichter« (op. 218), im »Perpetuum mobile* (opus 257)
oder in der Coda der »Nordseebilder« (op. 390) bleibt ihm der Wiener vdllig
im Genick sitzen. Und selbst unter den Masken des »Persischen« (op. 283),
»Egyptischen« (op. 335), »Russischen« (op. 426) und »Spanischen« Marsches (op.
433) lugt das Auge des Wieners hervor; sie alle sind Marschkinder des Vaters
Radetzky (von Johann Strauss senior). Sie reden eine Sprache, die alien
Menschen verstandlich ist, eine Gemeinsprache, ohne gemein zu werden. Mit
gerechter Befriedigung erklarte St., wie sehr es ihn freue, dass man ihm
Strauss. Welti.
33
»in der Oper keine Trivialitaten zum Vorwurf gemacht habe«. Ueberall und
allenthalben bewahrt St. bei aller Intimitat und Gemtithlichkeit der Mit-
theilung eine gewisse Vornehmheit, nie wird seine Musik aufdringlich, wie die
seiner franzosischen Kunstgenossen; schon durch die Ideenassociation mit dem
Cancan wird die moderne Pariser Localtanzmusik trivial, und wenngleich sie
rhythmisch belebend wirkt, bleibt sie ob des Mangels an musikalischem Gehalt
leer und dtirftig. Die Weisen von St. erzahlen uns von seelischen Vor-
gangen und erftillen somit die Mission echter Kunst. Sie pendeln nicht gleich-
massig im Tactschlage, sondern sind, wie die alten Meister sagen, mit
» Discretion « zu spielen. Nicht der Fuss des Tanzers meistert sie, sondern
der bald lebhafte, bald stockende Pulsschlag des Spielers und Horers bestimmt
ihren Vortrag* Derselbe wird sich lange in Iebendiger Tradition erhalten.
Unvergessen wird sein Wirken bleiben in der Seele aller musikliebenden
Nationen als ein dauernder Thatzeuge heiterer Kunst.
Das genaucre biographische Material ttber Johann Strauss findet sicb in: L. Scheyrer
»J. Str. musikalische Wanderung durchs Leben« (Wien 1851), dann in den Monographic n
von Kleinecke, Ludwig Eisenberg (Leipzig, Breitkopf & Haertel 1894) und Rudolph
Freiherr Prochazka (Berlin, Harmonie 1900).
Guido Adler.
Welti, Emil, * 23. April 1825 zu Zurzach, f 24. Februar 1899 in
Bern 1867 — 1891 Mitglied des schweizerischen Bundesraths; 1869, 1872,
1876, 1880, 1884, 1891 schweiz. Bundesprasident. — W. war gebiirtig aus
dem am linken Rheinufer gelegenen aargauischen Flecken Zurzach, im
15. u. 16. Jahrhundert der bedeutendste Marktplatz der alten Eidgenossenschaft.
Nach Absolvirung des aargauischen Gymnasiums (1844) besuchte W. die Uni-
versitaten Jena und Berlin zum Studium der Rechtswissenschaft. In Berlin zog
er durch sein tiichtiges Wissen die Aufmerksamkeit Puchtas auf sich, der ihn
zum akademischen Beruf zu bestimmen suchte; sehr imponirte ihm auch Schelling
namentlich in der Vorlesung Uber Philosophic der Mythologie. Im Frtihjahr
1847 in die Heimat zuruckgekehrt, bestand er mit Auszeichnung das Staats-
examen, das ihn zur Ausubung der Advocatur befahigte. Da brach im
November der Sonderbundskrieg aus. W. machte denselben als freiwilliger
Gemeiner bei der Infanterie mit. Zuruckgekehrt widmete er sich der Advocatur
bis 1852, in welchem Jahre er zum Prasidenten des Bezirksgerichts Zurzach
gewahlt wurde, worauf im April 1856 die Wahl in den aargauischen Regierungs-
rath erfolgte (oberste vollziehende Behorde des Cantons). Damit trat W. auch
in das parlamentarische Leben ein, sowohl im aargauischen grossen Rathe,
als im schweizerischen Standerath, in den er von jenem im Frlihling 1857 ab-
geordnet ward. (In den Standerath wahlt jeder Canton zwei Vertreter; er
bildet mit dem vom Volke gewahlten Nationalrath die eidg. Bundesver-
sammlung, d. h. das schweiz. Parlament.) Im Regierungsrath Ubernahm W.
zuerst die Justizdirektion und forderte die Gesetzgebung wesentlich auf dem Ge-
biete des Straf- und Privatrechts, wie auf demjenigen der Administration. So
wurde damals das Schwurgericht eingeftihrt und ebenso verdankt der Canton
der Initiative W.'s den Bau einer rationellen, den Grundsatzen der Neuzeit ent-
sprechenden Strafanstalt. Mit dem Jahre 1863 Ubernahm W. die Erziehungs-
direction und wurde der Schopfer zweier Gesetze, die das aargauische Schul-
wesen auf eine wesentlich hOhere Stufe brachten : desjenigen Uber die ErhShung
der Lehrerbesoldungen, sowie eines neuen allgemeinen Schulgesetzes.
Biogr. Jahrbuch u. Deutscher Nekrolog. 4. Bd. 3
34
Welti.
Daneben stieg das Ansehen W.'s gewaltig durch seine gedankenreichen,
formvollendeten Reden, die eine uberlegene Intelligenz mit einer reichen
klassischen Bildung an den Tag legten. Anlass hierzu boten namentlich die
Verhandlungen des aarg. grossen Raths iiber die vollstandige btirgerliche
Gleichstellung der Israeliten, sowie iiber eine Verfassungsrevision, bei welcher
sich W. energisch aussprach zu Gunsten der Volksvertretung auf Grundlage
der Seelenzahl und nicht der stimmfahigen Burger, flir Aufhebung des Aus-
schlusses der Beamten aus dem grossen Rathe, sowie gegen die Einfiihrung
des Veto. (Facultatives Referendum.)
Gleichzeitig erwarb sich W. das gleiche Ansehen auf eidgenossischem
Boden. Im Standerath, zu dessen einflussreichsten Mitgliedern er bald gehorte,
bestieg er i860 und 1866 den Prasidentenstuhl. Zweimal wurde er vom Bundes-
rath als eidgenossischer Commissar nach Genf abgeordnet, i860 bei Anlass
des Savoyer Handels und 1865 infolge von Unruhen anlasslich einer Staats-
rathswahl.
Mit Anfang 1867 wurde W. Mitglied des schweiz. Bundesrathes, wo er, von
jeher eifriger Soldat, der bis zum Rang eines eidg. Obersten aufgestiegen war, an
dieSpitze des eidg.Militardepartements trat. Hier fuhrte er dieHinterladerbewaff-
nung durch und erwarb sich ein hohes Verdienst um die schweiz. Armee durch
den Erlass einer neuen Militarorganisation. Erst durch diese wurde ein eigent-
liches Bundesheer geschaffen im Gegensatz zu der bisherigen, aus cantonalen
Contingenten bestehenden Armee. Strenge Durchfuhrung der allgemeinen
Wehrpflicht, verbesserter centralisirter Unterricht, Eintheilung der Armee in
Territorialdivisionen, jahrliche Divisionszusammenzfige, Vorsorge flir bessere
Auswahl der Officiere und Unterofficiere, Neuorganisation des Generalstabs und
der einzelnen Truppenkorper u. a. m. bildeten die Haupterrungenschaften,
die sich bisher fast ausnahmlos bewahrt haben. Um die Lticken der Aus-
bildung der Mannschaft gegenliber stehenden Heeren einigermassen auszuftillen,
wurde in den Schulen vom 14* Altersjahre an der milxtarische Vorunterricht ein-
gefiihrt in Verbindung mit dem Turnen und anderen Lehrfachern mit nach-
heriger Fortsetzung bis zum 20. Altersjahr.
Ein eben so grosses Verdienst erwarb sich W. um den Bau der Gott-
hardbahn. Ueber die Nothwendigeit der Erstellung einer direkten Eisenbahn-
verbindung zwischen Deutschland und Italien durch die Schweiz herrschte in
den betheiligten Staaten und Kreisen kein Zweifel mehr, nachdem die Brenner-
und Montcenis - Bahn in Angriff genommen worden; wohl aber ttber die
Richtung dieser Alpenbahn, wobei sich schliesslich Lukmanier und Gott-
hard gegentiberstanden, beide lebhaft angestrebt durch Vereinigungen der
interessirten Cantone und Bahngesellschaften. Da nach der damaligen
Gesetzgebung die Eidgenossenschaft als solche eine Bahn weder bauen noch
betreiben durfte, konnte sie aus eigener Initiative keine Entscheidung herbei- <
fuhren, sondern diese musste von Deutschland und Italien herkommen. Sie
erfolgte im Friihjahr 1869 durch die Erklarungen Italiens, des norddeutschen
Bundes und Badens, wonach diese Staaten nur eine Gotthardbahn subventioniren
wtirden. Da ohne solche Subventionen keine Gesellschaft den Bau einer Alpen-
bahn tlbernehmen konnte, wardurch jene Erklarungen die Gotthardbahn gesichert
Und da die auslandischen Staaten nur mit der Eidgenossenschaft in Verhandlung
zu treten, und nur diese die Subventionen zu Handen einer zu gnindenden Gesell-
schaft zu verabfolgen willens waren, war nun der Abschluss von Staatsvertragen
nothig und hierzu war unter Ratification der Bundesversammlung nur der
Welti. 35
Bundesrath competent. Er konnte nun activ auftreten. W. hatte schon vor
seinem Eintritt in den Bundesrath der Erstehung einer Gotthardbahn seine
voile Aufmerksamkeit geschenkt, iiberzeugt, dass dieselbe von alien Projecten
infolge ihrer central en, speciell auch das Tessin direct mit der inneren Schweiz
verbindenden Lage die grosste Summe schweizerischer politischer und mercantiler
Interessen auf sicb vereinige und ftir die Eidgenossenschaft ein Postulat aller-
grosster Wichtigkeit geworden sei. Nach seinem Eintritt in den Bundesrath
trat er nun mit aller Energie fur die Realisirung des Gotthardprojekts ein
und wenn dieselbe gelang, so kommt das Verdienst neben dem an der Spitze
der Gotthardvereinigung stehenden Alfred Escher in erster Linie W. zu. Das
gleiche Verdienst erwarb er sich nachher um die Reconstruction des Unter-
nehmens, nachdem sich die urspriinglich in Aussicht genommenen Baukosten
als unzureichend erwiesen und neue Staatsvertrage betreffend Erhohung der
staatlichen Subventionen geschlossen werden mussten.
Nebst dem jeweilen mit dem Bundesprasidium verbundenen politischen
Departement (Dep. des Auswartigen) hatte W. seit Erlass der Militarorgani-
sation mit Ausnahme eines einzigen Jahres das Post- und Telegraphen-,
nachher das Post- und Eisenbahndepartement verwaltet. War schon die
Gotthardfrage ein lebendiger Beweis flir die unzureichende Stellung des
Bundes in Eisenbahnsachen und war in Folge dessen 1872 das die Compe-
tenzen des Bundes vermehrende Gesetz tiber den Bau und den Betrieb der Eisen-
bahnen erlassen worden, so kam W. in Folge seiner Erfahrungen nach und nach
zur festen Ueberzeugung, dass die einzig richtige Losung der Riickkauf der
Bahnen durch den Bund sei; dies namentlich auch aus dem Grunde, weil
die iibrigen Staaten in Folge des unentgeltlichen Heimfalls der Bahnen oder
der successiven Amortisation des Capitals aus dem Bahnertrag in die Mog-
lichkeit versetzt werden, billigere Tarife aufzustellen als da, wo keine Amorti-
sation stattfindet, wie bei den schweiz. Bahnen. Und diesem Ziele, dessen
Erreichung noch eine Menge von Privatinteressen und Schwierigkeiten ent-
gegenstanden, strebte jetzt W. mit aller Energie zu. Da nach den Concessi-
onen die Rtickkaufssumme gleich war dem 25 fachen Werth des durchschnitt-
lichen Reinertrages der der Rtickkaufserkl&rung vorausgehenden 10 Jahre, in
keinem Falle aber weniger als das ursprilngliche Anlagecapital betragen
durfte, so musste vorerst dafiir gesorgt werden, dass die nach beiden Rich-
tungen viel zu hoch angesetzten Gesellschaftsrechnungen auf richtige Bilanz-
grundsatze gestellt und hiernach berichtigt wurden. Diesen Zweck verfolgte
unter grossem Widerstand der Bahnen das Rechnungsgesetz von 1883. Trotz-
dem zog aber W. einen vertragsmassigen Riickkauf vor. Ein erster Versuch
hierzu gegeniiber der Nordostbahn scheiterte. Ein den Riickkauf vorberei-
tender Schritt wurde nachher gegentiber der Jura-Simplonbahn gethan, indem
der Bund 30000 Prioritatsactien kaufte und spater deren Zahl noch vermehrte.*
Im gleichen Sinn schloss der Bundesrath einen Vertrag ab tiber Ankauf von
50000 Centralbahnactien und einen solchen mit der Centralbahn tiber An-
kauf des ganzen Unternehmens, sodass die Bundesversammlung die Wahl
hatte zwischen den beiden Vertragen. Sie ratificirte den zweiten; allein in
der Volksabstimmung vom 6. December 1891 wurde der Ankauf mit grossem
Mehr verworfen. Tags darauf reichte W. der Bundesversammlung auf Ende
des Jahres sein Entlassungsgesuch ein und beharrte auf demselben, ungeachtet
aller Schritte, auch seitens der Bundesversammlung selbst, ihn zur Riick-
nahme des Gesuches zu bewegen.
3*
3 6 Welti.
Trotz oder gerade wegen des Volksverdicts kam nun die Rttckkaufs-
frage erst recht in Fluss und W. erlebte noch die Satisfaction, d ass in der
Volksabstimmung vom 20. Februar 1898 der von ihm angeregte und vor-
bereitete Rlickkauf der Hauptbahnen auf Grund der Concessionsbestimmungen
mit grossem Mehr beschlossen wurde.
Der verfligbare Raum erlaubt nicht, naher auf das staatsmannische
Wirken W.'s einzugehen; wir fiigen nur noch bei, dass auch die i874er
Revision der Bundesverfassung wesentlich sein Werk war. Speciell trat
er auch dort, wie von jeher, filr voile Glaubens- und Cultusfreiheit ein und
gegen staatliche Einmischung in innere kirchliche Angelegenheiten, dagegen
filr unbedingten Schutz der btlrgerlichen Rechte gegenliber der Kirche und
Unabhangigkeit dieser Rechte von alien kirchlichen Satzungen. In Folge
dessen konnte er dem Culturkampf keinen Geschmack abgewinnen und hielt
denselben ftir die schweizerischen Verhaltnisse ftir gefahrlich und schadlich,
weil nur zu unfruchtbaren und lahmenden Zerwiirfnissen ftihrend.
Denselben freien Blick bewies W. auch in alien anderen Dingen. (»Einen
Mann von grossen Ideen und weitem Blick « nannte ihn einmal Stephan.)
Unbedingt freisinnig und fortschrittlich gesinnt, war und blieb er der geborene
Staatsmann, sich liber den Parteien haltend und nur das Ganze ins Auge
fassend. Sein unbeugsamer Rechtssinn kannte keine Farteiriicksichten. Was
ihn auf dieser H6he hielt, war namentlich der Umstand, dass W. stets mit
der Wissenschaft in Bertihrung blieb. Eine Anzahl von ihm bearbeiteter
aargauischer Offhungen wurden in Grimm's Weisthiimer aufgenommen und ver-
schafFten dem Verfasser seitens der Universitat Zurich den Titel eines Doctor
juris honoris causa. Den alten Sprachen blieb er stets zugethan und er las
die lateinischen und einen grossen Theil der griechischen Schrittsteller mtihe-
los. Als Mitglied der Schulcommission ftir das stadtische Gymnasium in
Bern wohnte W. regelmassig zum Beginn seiner Tagesarbeit einer Unterrichts-
stunde dieser Anstalt bei liber alte Sprachen, Mathematik oder Geschichte
und mehr als einmal kam es vor, dass in Abwesenheit des Lehrers der Herr
Bundesrath den Catheder bestieg und den Unterricht ertheilte, Diesen
Studien konnte er nach seinem Riicktritt vom Amte noch mehr Zeit widmen
und das erleichterte ihm wesentlich sein otium cum dignitate. Den offent-
lichen Angelegenheiten schenkte er noch immer sein voiles Interesse, schlug
aber alle ihm dargebotenen offentlichen Stellungen, wie die Gesandschafts-
posten in Wien und Rom, so wie die Direction des Centralamtes ftir inter-
nationalen Eisenbahntransport aus. Seit 1898 fing aber seine Gesundheit an
zu schwanken und am 24. Februar 1899 schloss er die Augen.
Einfach und schlicht, wie er stets gewesen, war auch auf seinen Wunsch
die Beerdigung. Kein Geprange, keine Reden, nur ein Lied, am Grabe ge-
'sungen von den Gymnasialschiilern. Aber das ganze Land trauerte um den
Hinscheid seines ftthrenden Staatsmanns, der, ohne je Popularitat zu suchen,
der popularste Mann geworden war. Hilty's »politisches Jahrbuch* flir 1899
widmete dem Verstorbenen folgende Zeilen: »Der bei weitem grosste Verlust,
den die Eidgenossenschaft in diesem Jahre erlitt, war der Hinscheid ihres
bedeutendsten Staatsmannes aus der Zeit nach 1848, Emil Welti von Zurzach.
Er war ein gebietender Mann, das ist das schone Wort, dessen hasslichere
Nuance das Wort »autoritar« ausdruckt. Es braucht aber eben gerade in
den demokratischen Republiken stets auch solche Leute, die eine natiirliche
Autoritat besitzen und das Amt zieren, in den Augen des Volkes erhtfhen,
Welti Guyer-Zeller. 37
nicht umgekehrt dies vom Amte fur sich erwarten miissen. Diese nattirliche
Autoritat wird durch keine Stimmzettel verliehen, sie ist eine Legitimation
von oben her, ein Sttick »Gottesgnadenthum« auch in der Republik und die
einzige wirkliche Berufung zu einem Amte, die niemals fehlgeht.«
Lausanne, im April 1900. Dr. Hans Weber.
Guyer-Zeller, Adolf Heinrich, Industrieller und Financier, griechischer
Generalconsul fttr die deutsche Schweiz, * 1. Mai 1839 in Neuthal bei Bauma
(Ct. Zlirich), f 3. April 1899 in Zurich. — Sein Vater, Johann Rudolf Guyer,
hatte im Neuthal, einem Seitenth&lchen des Tossthales, 1825 eine mechanische
Baumwollspinnerei gegriindet, eine der ersten in der Schweiz. Hier verlebte
er die erste Jugendzeit und besuchte die Schule des nahen Dorfes Bauma.
Dann kam er auf die Cantonsschule in Zurich und horte spater am Poly-
technicum und an der Universitat Zlirich, nachher auch noch an der Akademie
Genf verschiedene Vorlesungen. Zu seiner technischen und commerciellen
Ausbildung ging er 1859 nach Frankreich, von hier nach England und Nord-
amerika. 1861 wieder in die Heimath zurtickgekehrt, machte er 1862 noch
eine Reise nach Palastina und Aegypten, um sich vom Sommer 1863 an in dem
vaterlichen Geschafte zu bethatigen, dessen Theilhaber er 1865 wurde. Von
seinen MitbUrgern wurden ihm die verschiedenen Ehrenamter im Kreise und
Cantone tibertragen, und so war er unter anderem 18 Jahre lang Mitglied
des Ztircher Cantonsrathes, aus dem er jedoch 1888 seinen Austritt erklarte,
als ihm auf dem Expropriationsweg zum Zwecke des Baues einer Kirche ein
wunderbar gelegenes Besitzthum in Ztirich-Enge entzogen wurde, obschon
der Kirchgemeinde andere, ja sogar geschenkte Bauplatze zur Verfugung
standen, und er hiergegen beim Cantonsrathe keinen Schutz fand.
Seit seiner Verheirathung im Jahre 1869 nahm er seinen standigen
AYohnsitz in Zlirich. Seine vielen Reisen hatten ihm, namentlich in volks-
wirthschaftlicher Beziehung, den Blick erweitert. So erkannte er schon in
den sechziger Jahren die Bedeutung einer Eisenbahn durch den Arlberg, und
seit 1870 begeisterte er sich flir den Bau der Gotthardbahn. Es war ihm
klar, dass nach dem Kriege 1870 die beiden wiedererstandenen Staaten
Deutschland und Italien bei der Reconstruction des Gotthardtbahnunter-
nehmens Frankreich gegeniiber durch Nachsubventionen, an denen sich auch
die Schweiz betheiligen wlirde, den Beweis leisten miissten, dass sie fahig
und stark genug seien, ein gemeinsam begonnenes grosses Werk gllicklich zu
Ende zu flihren. G.-Z. war einer von denen, die im Ztircher Oberlande
liber diese Frage offentliche Vortrage hielten; grossen Erfolg erzielte er
namentlich auch mit einer Rede im Ztircher Cantonsrathe. In der damals
herrschenden Entmuthigung bewahrte er Ruhe, und es bewahrte sich sein
Scharfblick. Zum Andenken hieran stellte er der Gotthardtbahn bei ihrer
Eroffnung einen Fonds von Frs. 50000 zur Verfugung, dessen Ertragnisse ftir
hervorragende Leistungen im Betriebsdienste Verwendung finden sollten.
Ueberhaupt beschaftigte er sich neben seinen anderen Unternehmungen
(Spinnerei, Weberei, indisches Waarenexportgeschaft) sehr intensiv mit Eisen-
bahnen. Die financiellen Schwierigkeiten, die sich dem Bau der Gotthardt-
bahn entgegenstellten, die Krisis, die durch den Bau und nachherigen Zu-
sammenbruch der Nationalbahn hervorgerufen wurde, hatten eine solche Ent-
muthigung in der Schweiz hervorgebracht, dass die Schweizer Eisenbahn-
valoren ganz bedeutend entwerthet wurden, speciell die der Nordostbahn.
^8 Guycr-Zeller.
In dieser Zeit kaufte dagegen G.-Z. grosse Posten dieser Eisenbahnwerthe,
da er in die Zukunft dieser Bahnen ein unverwUsdiches Vertrauen hatte.
Mit diesem Actienbesitz hatte er sich einen bedeutenden Einfluss auf
die Entwicklung der schweizerischen Hauptbahnen gesichert. Als er jedoch
1889 in der Stelle eines Prasidenten der Revisionskommission der Nordost-
bahn nicht mehr bestatigt wurde, versicherte er sich des Beistandes einiger
Grossactionare und setzte seinen Willen wiederholt in den Generalversamm-
lungen der Actionare gegenliber den Antragen der Verwaltung durch; er sah
sich sodann veranlasst, im Juni 1894 die Direction und die Verwaltung der
Nordostbahn insgesammt abzuberufen, weil er die gedeihliche Fortentwicklung
dieser Bahngesellschaft fur gelahrdet erachtete. Eine solche in der Schweiz
bis anhier ungewohnte Machtausserung eines Einzelnen rief lebhafte Proteste
hervor; die eidgenossischen Rathe befassten sich mit der Angelegenheit, und
die gestiirzte Verwaltung brachte es dazu, dass ein besonderes Bundesgesetz
betr. das Stimmrecht der Actionare von Eisenbahngesellschaften (vom
28. Juni 1895) erlassen wurde. Aber der auf Grund dieses Gesetzes erhoffte
Sturz G.-Z.'s blieb aus, und die Nordostbahn gedieh unter der neuen Leitung
besser als frliher. Die gegen die Eisenbahngesellschaften in weiten Volks-
kreisen erzeugte feindliche Stimmung wurde des fernern benutzt zum Erlass
eines Rechnungsgesetzes (am 27. Marz 1896), wodurch man einerseits den flir
den Fall der Verstaatlichung der Bahnen zu bezahlenden Kaufpreis herabzu-
driicken bestrebt war und andererseits die in den Concessionen vorgesehenen
Schiedsgerichte eliminirte. Mit Unrecht hat man G.-Z. ftir den im Marz 1897
bei der Nordostbahn infolge der Lohnbewegung erfolgten Strike verant-
wortlich machen wollen; aber die hierdurch geschaffene Stimmung erleichterte
das Zustandekommen des Eisenbahnverstaatlichungsgesetzes vom 15. Oct. 1897
und dessen Annahme in der Volksabstimmung. Uebrigens begrUsste G.-Z.
selber das Gesetz liber die Verstaatlichung der Bahnen, da dadurch eine von
ihm langst in Wort und Schrift energisch vertretene Idee verwirklicht wurde;
freilich befttrwortete er den sog. freihandigen Rtickkauf und nicht den auf
dem Wege endloser Prozesse zu erreichenden concessionsgemassen. Die
Stimmung weiter Schichten der Bevolkerung wurde gegenliber der Nordost-
bahn wieder eine freundliche, als man die vielen Verkehrserleichterungen
sah, die rasch nach einander von der von G.-Z. geleiteten Verwaltung ein-
geftihrt wurden: zehntagige Giltigkeit der Retourbillets, Einfuhrung der
Generalabonnements , Erstellung eines neuen Giiterbahnhofes in Zurich, Um-
bau der Bahnhofe Zurich, Winterthur, SchafFhausen u. a. m.
Auf dem Gebiete des schweizerischen Eisenbahnwesens bethatigte sich
G.-Z. ausser bei der Nordostbahn namentlich noch nach drei anderen Rich-
tungen hin: Nebenbahnen, Engadin — Orientbabn, Jungfraubahn. Er hielt die
Zeit fiir gekommen, in der man auch jenen Landgegenden, die noch keine
Eisenbahnen besitzen, den Segen dieser Verkehrserleichterung zu Theil
werden lassen muss. Als Vorbild schwebte ihm dabei Deutschland vor. Vor
der Verstaatlichung der Hauptbahnen sollten indessen die Privatgesellschaften
in Verbindung mit den Cantonen und den betreffenden Landgegenden fUr
den Ausbau der Schienenwege thatig sein und zwar k6nnten die grossen
Privatbahngesellschaften fiir Nebenbahnen ihres Rayons erhebliche Opfer
bringen, wenn sie daftir von der Bundesregierung etwa in der Weise ent-
lastet wUrden, dass die ihnen obliegenden jahrlichen Amortisationen (fUr die
sog. amortisirbaren Verwendungen) um den Betrag verringert wtirden, den die
Guyer-Zeller. 39
Verzinsung der auf die Nebenbahnen seitens der Gesellschaften verwendeten
Subventionen erfordert. Diese G.-Z. Idee der »Amortisationsklausel« wurde
indessen von den Behorden vollstandig ignorirt, obgleich deren Urheber sie
in einer auf den 9. Febr. 1896 nach Zurich einberufenen etwa von 200 Inter-
essenten besuchten offentlichen Versammlung mit Erfolg vertrat. Dieser Ver-
sammlung legte er eine Liste der damals bestehenden Projecte normal-
spuriger Nebenbahnen vor, die nicht weniger als 48 Linien mit zusammen
etwa 950 km. und einem Kostenvoranschlag von liber 100 Mill. Frcs. umfasste.
Diese Versammlung setzte eine Commission nieder, die den Auftrag erhielt
und auch durchftihrte, bei den Bundesbehorden auf den Erlass eines Gesetzes zu
dringen, welches den Bau von Nebenbahnen fordern sollte. Seine Nebenbahnen-
ideen hat G.-Z. an einem Beispiel selbst verwirklicht, indem er die Nordostbahn
veranlasste, die Linie Uerikon — Bauma (directe Verbindung zwischen Ziirichsee
und dem Ziircheroberland), urn deren Zustandekommen er sich seit Jahrzehnten
bemiihte, mit einem Dritttheil der Gesammtkosten zu subventioniren. Wenn sich
die Eidgenossenschaft auch heute noch sehr ablehnend gegen die financielle Unter-
sttitzung der Nebenbahnen verhalt, so ist dies dagegen nicht der Fall seitens
einiger Cantone, die die Bedeutung derselben zu wUrdigen verstehen.
Durch die Engadin — Orientbahn (Chur— Tiefenkasten — Albula — Engadin —
Ofenberg — Mlinster — Meran) sollte das noch fehlende Stuck zu einer directen
liber Zurich fiihrenden Eisenbahnverbindung Calais — Constantinopel erstellt
werden. Die Arbeiten, die G.-Z. ftir dieses Project ausarbeiten Hess, behalten
ihren bleibenden Werth, auch wenn die Bundesbehorden sich begntigten mit der
Subventionirung eines Schmalspurbahnnetzes im Canton Graubtinden, wodurch
allerdings die AusfUhrung eines Ostalpendurchstiches in der Schweiz auf Gene-
rationen hinaus verunmoglicht ist, zum grossten Schaden fiir Graubtinden.
G.-Z.'sLieblingsproject war seit 1893 die Jungfraubahn, deren Trace er selbst
festgestellt hat. Mit seltener Hingebung und Opferwilligkeit widmete er sich dieser
Unternehmung, bei deren AusfUhrung Vorurtheile aller Art zu bekampfen waren.
Er baute daher die ersten TheilstQcke der Bahn, Kl. Scheidegg — Eigergletscher—
Rotstockschlucht nebst dem Wasserwerk Lauterbrunnen ganz aus eigenen
Mitteln, und er hatte die Freude, am 19. Sept. 1898, im Beisein von etwa
450 von ihm geladenen Gasten, die erste Section dem Betrieb zu Ubergeben.
Sein Weitblick in Eisenbahnfragen beweist auch die seiner Broschiire
»Der Tiirkenherrschaft Ende« beigegebene zweite Karte.
G.-Z., korperlich eine Htinengestalt, ragte auch geistig liber die Meisten
weit hinaus. Er besass eine ungewohnliche Arbeitskraft und eine seltene
Combinationsgabe; er war eine eigenartige Natur; mit seinem geradezu
genialen Geschaftssinn paarte sich ein starker Hang zur Romantik, mit Ztigen
scheinbarer H&rte eine grosse Tiefe und Weichheit des Gemtithes, mit
Aeusserungen unbeugsamen Willens unleugbare Grossmuth und weitgehende
Freigebigkeit und Wohlthatigkeit. Pers6nlich strenggl&ubig (protestantisch),
der Tradition in seiner Familie folgend, war er sehr duldsam gegen andere
Anschauungen, Stolz war ihm vtfllig fremd; im Umgang mit dem Niedrigsten
war er ebenso freundlich und leutselig, wie er im Verkehr mit Ho digest ell ten
gewandt war. Eine Herzlahmung raffte ihn am 3. April 1899 mitten aus
seiner rasdosen Thatigkeit und aus seinen Projecten und Planen plotzlich
hinweg. Seine Leiche wurde, seinem Wunsche gemass, neben denjenigen
seiner Eltern auf dem Friedhofe seines Heimathdorfes Bauma beigesetzt.
v. Salis.
40 Riggenbacb.
Riggenbach, Niklaus, * 21. Mai 181 7 zu Gebweiler, f 25. Juli 1899 * n
Aarau, Sohn des Fabrikanten Niklaus Riggenbach-Landerer, dessen Familie
ursprtinglich von Rtinenburg Ct. Baselland stammt, verlebte er in seinem
Heimatsort im Kreise zahlreicher Geschwister eine freundliche und anfanglich
sorgenlose Jugendzeit. Bald aber brachte geschaftliche Krisis und der frtihe
Hinschied des Vaters schweres Verhangniss iiber die Familie. Der alteste Sohn
Niklaus kam mit der Mutter nach Basel und wurde zum Kaufmann bestimmt;
er sollte dereinst seiner Mutter, welche eine Specereihandlung gegrtindet hatte,
helfend zur Seite stehen. Allein es zog den jungen Handelslehrling immer
weiter von der Schreibstube zu den Maschinen, bis er seinen Lieblingswunsch,
sich der Technik widmen zu dtirfen, erfiillt sah. Unter grossen ausseren
Schwierigkeiten machte er in Basel die Lehre durch und arbeitete nachher
in Lyon und Paris. Neben seinem Berufe war er eifrig bemtiht, durch Privat-
studien seine allgemeine und fachliche Bildung zu erweitern. In Paris sah R.
den ersten Eisenbahnzug und das machte auf ihn solchen Eindruck, dass er
den festen Entschluss fasste, sich dem Eisenbahnfache und speciell dem Baue
von Lokomotiven zu widmen. — Im Jahre 1840 kam er nach Karlsruhe in
die Kesslersche Maschinenfabrik und blieb daselbst mit kurzer Unterbrechung
zehn Jahre lang in verschiedenen Stellungen. Fttr die erste in Deutschland
fabricirte Lokomotive fertigte er eigenhandig die meisten Peracisionsarbeiten
an, auch flihrte er die erste fur die Schweiz bestimmte Lokomotive auf deren
Probefahrt von Zurich nach Baden. — Anfangs der funfziger Jahre wurde R,
vom Directorium der neugegriindeten Centralbahngesellschaft zum Chef der in
Olten errichteten Maschinenwerkstatte gewahlt. Geme folgte er dem Rufe,
da es ihn nach seiner Verehelichung mit Emma Socin von Basel und nach den
Sttirmen des Jahres 1848 nach der Schweiz zog. Nach Studienreisen in
England und Oesterreich siedelte er 1856 nach Olten und fiillte hier wahrend
zwei Jahrzehnten in hervorragender Weise seine neue Stellung aus. — Sein Ehrgeiz
war darauf gerichtet, die Wohlthaten der Eisenbahnen nicht nur dem flachen
Lande, sondern auch der Gebirgswelt zu sichern. Sein erfinderischer Geist
und seine zahe Ausdauer wussten alle Schwierigkeiten zu tiberwinden, so dass
schon im FrUhjahr 187 1 die nach seinen Ideen erbaute Vitznau — Rigibahn
als erste europaische Bergbahn dem Betriebe tibergeben werden konnte. Das
technische Gelingen dieses fiir damalige Verhaltnisse grossartigen Werkes trug
R.'s Namen in alle Welt hinaus. — In der Folge schied der mit einem Schlage
beriihmt gewordene Ingenieur aus dem Dienste der Schweizer. Centralbahn
aus, um sich ganz der weitern Vervollkommnung, sowie der praktischen
Verwerthung seiner Erfindung zu widmen. Er errichtete, zusammen mit capital-
kraftigen Freunden, die Gesellschaft der internationalen Bergbahnen mit Sitz
und Werkstatten in Aarau. Doch die Grtindung fiel in eine Periode wirth-
schaftlichen Niedergangs, wie sie seit den siebziger Jahren nicht erlebt worden
ist, und das junge Unternehmen fiel der Ungunst der Zeit zum Opfer. —
R. eroflfhete nun in Olten ein Privatbureau und schon nach wenigen Jahren
liefen zu seiner Genugthuung die Bestellungen aus dem Auslande in grosser
Zahl ein. Zum Studium der Projecte durchstreifte er alle Welttheile, nur
Australien ausgenommen. Ueber 25 Bergbahnen wurden nach seinem System
gebaut und viele Ehrungen wurden dem bescheidenen »alten Mechaniker«,
wie er sich selbst nannte, zu Theil. In drei Gemeinden (Aarau, Olten, Trimbach)
wurde er Ehrenbtirger und zahlreiche Gesellschaften ernannten ihn zum Ehren-
mitgliede. — In anziehender Weise hat er, gedrangt von seinen Freunden,
Riggenbach. Elben. 41
seinen Lebensgang in der »Erinnerungen eines alten Mechanikers« nieder-
gelegt. — Das Stadtchen Olten, wo er so lange gewirkt hat, und wo er wegen
seiner umfassenden Thatigkeit und Gemeinntitzigkeit hochgeehrt und allgemein
geliebt wurde, war ihm zur zweiten Heimat geworden. »Nur hier kann ich
gedeihen, nur hier geht es mir gut, hier will ich leben, sterben und begraben
sein«, pflegte er oft zu sagen. — Die letzten Jahre seines so verdienstvollen
und erfolgreichen Lebens wurden schmerzlich getrtibt durch den Tod seines
einzigen Sohnes. Er selbst starb, nachdem er kurz vorher seine treue Lebens-
gefahrtin verloren hatte.
Zum Andenken an Herrn Niklaus Riggenbach, Ingenieur. Olten 1899. Erinnerungen
eines alten Mechanikers. Basel 1887.
August Tuchschmid.
Elben, Dr. Hermann Otto Karl, Journalist und Folitiker, * 30. Januar 1823
zu Stuttgart, f 28. April 1899 daselbst. — Er war der Sohn Karl Elbens
und der Wilhelmine, Tochter des Suttgarter Hofpredigers, Studienrathsdirectors
und Oberconsistorialraths Stiskind. Karl E. stand als leitender Redacteur an
der Spitze des Schwabischen Merkurs, und sein Vater, Christian Gottfried
Elben, hatte einst in Verbindung mit der Druckerei der hohen Karlsschule
jene von ihm begriindete Zeitung zu Ansehen gebracht. — Otto E. dankte
seine Schulbildung dem Stuttgarter Gymnasium, an dem damals Gustav Schwab,
Georg von Reinbeck und andere Manner von Rang und Ruf wirkten. Eine
Zeit lang war er mit einigen Mitschiilern zum abendlichen Unterrichte im
Schlosse zugezogen, der dort dem Kronprinzen Karl von Wtirttemberg ertheilt
wurde. Die Liebe des heranreifenden Jtinglings bildete der Turnplatz: er
spielte in der freiwilligen Stuttgarter Turngesellschaft eine Rolle und genoss
die unschuldigen Freuden ausgedehnter Turnfahrten. Nachdem er das Gym-
nasium durchlaufen hatte, erlernte er 1840 im rtlhmlich bekannten Verlags-
geschafte von Karl Badeker zu Koblenz den Buchhandel. Dann studirte er
von 1 84 1 bis 1844 in Tubingen Rechtswissenschaft und daneben allgemein
bildende Facher. Er suchte seine Freunde auf dem Turnplatz, in der von
Silcher geleiteten Liedertafel, im Oratorienverein. Einen besonders innigen
Bund, der das ganze Leben dauern sollte, schloss er mit dem bekannten
nachmaligen Stuttgarter Musik- und Conservatoriums-Director Immanuel Faisst
und mit dem 1900 als hohem wtirttembergischen Wflrdentrager verstorbenen
Theodor Kostlin. Das Sommer 1843 in Tubingen gefeierte Liederfest war
hauptsachlich E.'s Werk.
Nach erstandenem ersten Examen verbrachte er die nachsten Jahre als
Justizreferendar in Esslingen und Stuttgart, doctorirte 1845 m ^ e * ner rechts-
historischen Abhandlung liber die »absolutio ab instantia«, eine langst be-
seitigte Einrichtung, die damals die offentliche Meinung lebhaft beschaftigte,
und unterzog sich Frlihjahr 1846 mit Erfolg der hoheren Justizpriifung. Im
Juni desselben Jahres trat er zur Vollendung seiner Ausbildung eine grosse
Reise an, die ihn zunachst nach Leipzig, Dresden, Berlin und (iber Rtigen
nach Danemark und Schleswig-Holstein fiihrte. Hier stiirzte er sich mitten
in die politische Bewegung, knlipfte zu den Vorkampfern der deutsch-
nationalen Richtung Beziehungen an, sandte Berichte an den Merkur und
iibertrug dadurch die eigene Begeisterung fur den getahrdeten Bruderstamm
im deutschen Norden auf viele seiner schwabischen Landsleute. Dann ging
42
Elbcn.
es nach Belgien und Frankreich, in Paris wurde ein fast flinfmonatlicher
Aufenthalt genommen, hierauf England, Schottland, Spanien und Portugal
besucht, von Gibraltar aus ein Abstecher nach Nordafrika gemacht, schliess-
lich noch ganz Italien bereist. — Der mit vielfaltigen neuen Eindrficken und
reichen Erfahrungen Heimgekehrte trat im October 1847 * n die Redaction
des Schwabischen Merkurs ein; dass er sich zugleich unter die Stuttgarter
Advocaten aufnehmen liess, war mehr Sache der Form. Ueber ein halbes
Jahrhundert hat E. jener angesehenen Zeitung gedient, der er in den grossten
Epochen der deutschen Geschichte den Stempel seines Geistes aufgedrtickt
hat. 1854 nach dem Tode seines Vaters rtickte er in die fuhrende Stelle
vor und zeichnete bis 1887 als verantwortlicher Redacteur. Die Oberleitung
behielt er bis kurz vor seinem Tode bei, obgleich ihn in den letzten Lebens-
jahren korperliches Leiden von den Redactionsraumen vollig fern hielt. Er
hat seinen Stolz darein gesetzt, seine Zeitung gleichermaassen in Unab-
hangigkeit von der Regierung und von den Parteien zu halten. Friiher
hatte die wiirttembergische Regierung aus Mangel an einem eigenen Organe
nicht selten den Merkur zur Vertretung ihrer Anschauungen gedrangt; dies
horte auf, seitdem 1850 ein »Staats-Anzeiger fur Wiirttemberg« ins Leben
gerufen wurde. E. widersetzte sich dem ursprtinglich bestehenden Plane,
den Staatsanzeiger als Beiblatt dem Merkur anzugliedern. Ebenso wenig ist
das Blatt jemals officielles Parteiorgan geworden, so nahe es der Deutschen
Partei stand, und so sehr es nationalliberale Gedanken und Gesinnungen
vertrat. E. hat die schwere Kunst verstanden, seinem Journale stets eine
objective, vornehme Haltung zu wahren und es rein zu halten von person-
lichen Angriffen oder Verdachtigungen, vom Klatsche jeder Art. Allerdings
hat das rtihmliche Streben nach besonnener Massigung naturgem&ss eine
entschiedene und kuhne Sprache manchmal auch da, wo sie am Platze ge-
wesen ware, zurttckgedrangt. Mit aller wtinschenswerthen Bestimmtheit ist
dagegen E. stets in den grossen Fragen der nationalen Politik aufgetreten.
Hierin liegt sein und seines Blattes eigenthttmliches Verdienst wahrend der
zweiten Halfte des 19. Jahrhunderts. Seine Flirsorge beschrankte sich nicht
auf den politischen Theil seiner Zeitung. Er pflegte darin namentlich das ge-
sammte Gebiet der wiirttembergischen Kultur, legte auf gute popular-wissen-
schaftliche Aufsatze historischen, literarischen, biographischen Inhalts grossen
Werth, vergonnte der Lander- und Volkerkunde weiten Spielraum. Aus
seiner eigenen Feder ist ausser politischen Artikeln manch'erlei geflossen: er
widmete zahlreichen verstorbenen Landsleuten Nachrufe, berichtete gerne
tiber seine Reisen u. s. w. Bis kurz an sein Ende blieb er Mitarbeiter des
Blattes. Gegen das landlaufige Feuilleton mit taglicher homoopathischen
Romandosis straubte er sich zeitlebens; erst neuerdings hat sich der Merkur
durch die zunehmende Concurrenz genOthigt gesehen, dem Geschmacke des
Publicums diese Conzession zu machen. Schliesslich ist E. aus Anlass des
hundertjahrigen Bestehens seines Blattes auch dessen Geschichtschreiber ge-
worden, indem er eine »Geschichte des Schwabischen Merkurs 1785 — 1885*
(Stuttgart 1885) herausgab.
Ein halbes Jahr nach seiner dauernden Niederlassung in Stuttgart be-
grtindete E. einen eigenen Hausstand. Schon als Student hatte er Sophie
Kapff, die Tochter des damaligen Oberamtsrichters in Rottenburg, kennen
gelernt; Herbst 1845 hatte er sich mit ihr verlobt. Am 2. Marz 1848 fand
die Hochzeit in Miinsingen statt, wohin der Vater der Braut inzwischen ver-
Elben.
43
setzt worden war. Die Ehe war mit 6 Kindern, 3 Sohnen und 3 Tochtern,
gesegnet; von den letzteren musste E. eine nach ihrer Verheirathung ins
Grab sinken sehen. Ein grosser Kreis von Enkeln und Urenkeln sammelte
sich allmahlich um das Familienoberhaupt. 1898 durfte E. mit der Gattin,
die ihn tiberlebt hat, das Fest der Goldenen Hochzeit begehen, womit er
die Feier seines flinfzigjahrigen Berufsjubilaums verband. Seine Hauslichkeit
war durch Gastfreundschaft und Geselligkeit und in Verbindung damit durch
die Pflege edler Musik belebt.
Kehren wir nun zu den Anlangen der offentlichen Thatigkeit E.'s zu-
riick! Das Jahr 1848 erOffnete ihm alsbald ein reiches Feld der Wirksamkeit.
Er stand auf entschieden liberalem Standpunkt, und als er zwischen dem
Vaterlandischen Vereine und dem Volksvereine zu wahlen hatte, ging er mit
der Mehrzahl der jflngeren Generation zu letzterem. 1849 wirkte er nach
Kraften ftir die Reichsverfassung. In den Jahren der Reaction hielt er mit
seiner Zeitung das liberale Banner hoch; in den volkswirthschaftlichen Fragen
folgte er hauptsachlich seinem grossen Landsmanne Friedrich List. Herbst 1859
war er bei Griindung des Nationalvereins in Frankfurt anwesend. Seit Ende
1863 trat er kraftvoll fiir das bedrangte Schleswig-Holstein ein, nicht nur
im Schwabischen Merkur, sondern auch in Vortragen, Flugschriften, Aufrufen,
Volksversammlungen. Sommer 1864 begab er sich selbst nach Schleswig-
Holstein und erlebte dort den Schluss des Befreiungswerkes. Im Jahre 1866
war er ftir Neutralitat, nach der Schlacht bei Koniggratz ftir sofortigen
Friedensschluss. Im August 1866 wirkte er an der Grtindung der Deutschen
Partei Wiirttembergs mit, die sich engsten Anschluss an den Norddeutschen
Bund zum Ziele setzte. Er kampfte fur diese Idee gegen die Volkspartei,
mit der eine Zeit lang noch die wilrttembergische Regierung Hand in Hand
ging. Dieser Coalition unterlag E., wie seine tibrigen Gesinnungsgenossen,
bei den Zollparlamentswahlen 1868; er hatte im 14. Wahlkreis (Boblingen,
Calw u. s. w.) candidirt. Dagegen wurde er im selben Jahre vom Oberamt
Boblingen ohne Wahlkampf in den wiirttembergischen Landtag gewahlt, dem
er bis 1882 angehorte. Zunachst standen hier die allgemein deutschen An-
gelegenheiten im Vordergrund. E. warf natttrlich auch in der Kammer seinen
ganzen Einfluss zu Gunsten der preussischen Hegemonie in die Waagschale
und bekampfte die wieder auftauchenden Siidbundphantasien. Dann kam die
Zeit, da die Saat herrlich aufging. Am 28. Juli 1870 wurde E. vom Kron-
prinzen Friedrich Wilhelm von Preussen im Stuttgarter Schloss empfangen. Im
August Hess er Bismarck eine Denkschrift iiber »Das Ziel des Krieges von 1870
und Wtirttemberg« tiberreichen, worin er die Nothwendigkeit darlegte, die
deutscheFrage sofort zum Ziele zu ftihren. Im Merkur, in Zeitungsartikeln, in Flug-
schriften, in der Kammer verfocht er denselben Standpunkt. Bei der grossen
Volksversammlung vom 3. September in der Stuttgarter Liederhalle zu Gunsten
der Errichtung des neuen Reiches hatte er die Berichterstattung. Mit den
nationalen Ftihrern in den tibrigen deutschen Landestheilen unterhielt er
fortgesetzte Verbindung. Dass E. auch nach gekrontem Werke sich die
Pflege * des nationalen Geistes angelegen sein liess, bedarf kaum der Er-
wahnung; insbesondere beftirwortete er stets mit Nachdruck die Gewahrung
aller nothigen Mittel zur Sicherung des Reiches und seiner Grossmachtstellung.
Es war eine wohlverdiente Anerkennung seiner Leistungen, dass er vom
4. wiirttembergischen Wahlkreis (Boblingen -Leonberg-Maulbronn-Vaihingen)
in den ersten deutschen Reichstag entsandt wurde. Er schloss sich natiirlich
44
Elben.
der nationalliberalen Partei an. Er sprach zu verschiedenen Gegenstanden,
namentlich zu Fragen des Verkehrswesens. Am Zustandekommen des Reichs-
eisenbahnamtes hatte er betiachtlichen Antheil. Im Januar 1874 wurde ihm
das Mandat erneuert. Ftir das Pressgesetz war er in Commission und Plenum
thatig. Dann griff er den Bismarck'schen Gedanken der Reichseisenbahnen
auf, itir den er den wtirttembergischen Landtag vergeblich zu gewinnen
suchte, und bereitete mit einigen nationalliberalen Freunden ein Reichseisen-
bahngesetz vor. 1876 Hess er auch eine Schrift tiber »Die Reichsbahn und
die Mittelstaaten« erscheinen. Seine Haltung in dieser Frage machte ihn
nicht bios alien Partikularisten, sondern auch der wtirttembergischen Re-
gierung unbequem. Bei den Reichstagswahlen im Janur 1877 wurde der
»Unitarier« von den verschiedensten Seiten bekampft und blieb so in der
Minderheit.
In der wtirttembergischen Kammer war E. Jahre lang Berichterstatter
der volkswirthschaftlichefi Commission fast fur alle Vorlagen des Mentlichen
Verkehrs. Sein Lieblingsthema, dem er eingehendes Studium zuwandte, war
der Eisenbahnbau. Den langen, heissen Kampf um die Boblinger Bahn mit
Anschluss an Schwarzwald und Schweiz ftihrte er siegreich durch. Schon 1865
hatte er dartiber eine Denkschrift, »Die Schwarzwaldbahnen tiber Leon-
berg oder Boblingen?« veroffentlicht. Im Juni 1874 drang er endgiltig durch.
Die Stadt Boblingen ernannte ihn zum schuldigen Danke zu ihrem Ehren-
biirger. Desgleichen erwarb er sich 1876 um die Herstellung der Bahnlinie
Kisslegg-Wangen Verdienste und wurde Ehrenbtirger der Stadt Wangen.
In den folgenden Jahren wandte er namendich auf die Secundarbahnen seine
Aufmerksamkeit; 1880 gab er eine Broschtire »Wtirttemberg und die Neben-
bahnen« heraus. 1882 verzichtete er wegen Abnahme des GehOrs auf die
Wiederwahl in den Landtag.
In den fiinfziger Jahren sass E. im Stuttgarter Biirgerausschuss, gehorte
ferner eine Zeit lang dem Ausschuss des dortigen Gewerbevereins an. Auch
sonst war er an mancherlei Vereinen und Gesellschaften, Unternehmungen
und Grtindungen betheiligt; es wurde zu weit ftihren, dieser einzeln zu ge-
denken. Nur seine Beziehungen zum deutschen Mannergesang mtissen ein-
gehender behandelt werden, E. war von jeher ein warmer Freund der
Musik, insbesondere des deutschen Lieds; Franz Schubert war sein erklarter
Liebling. Mit Nachdruck betonte er dabei die politisch-nationale Bedeutung
des Gesanges und der Gesangsvereine, in denen er Horte des freien deutschen
Biirgerthums erblickte. Das deutsche Lied sollte nach seiner idealen Auf-
fassung ein einigendes Band um alle deutschen Stamme schlingen. Schon
1855 verfasste er eine Schrift, »Der volksthlimliche deutsche Mannergesang,
seine Geschichte, seine gesellschaftliche und nationale Bedeutung«, die 1887
eine Neuauflage erlebte. — In den Stuttgarter Liederkranz liess sich E. 1848
als Sanger aufnehmen. Ein Vierteljahrhundert lang wirkte er im Ausschuss.
Lebhaft betheiligte er sich am Schillerkultus des Liederkranzes, an den
jahrlich wiederkehrenden Schillerfesten, besonders am grossen vom No-
vember 1859, wo er Schriftftihrer des Festausschusses war. Wiederholt trat
er damals wie bei sonstigen Gelegenheiten als Festredner auf. 1859 liess
er auch die Schrift »Das Schillerfest in Schillers Heimath Stuttgart, Lud-
wigsburg und Marbach, den 9., 10. und 11. November 1859a erscheinen.
Um die Erbauung der Stuttgarter Liederhalle erwarb er sich grosse Verdienste.
1874 beim funfzigjahrigen Jubilaum des Liederkranzes wurde er zum Ehren-
Elben. Morf.
45
mitgliede ernannt. Aus Anlass von dessen siebenzigjahrigem Bestehen widmete
er ihm 1894 die Festschrift »Erinnerungen aus der Geschichte des Stutt-
garter Liederkranzesa. — Bei Begrundung eines Schwabischen Sangerbundes
im Jahre 1849 st ^nd E. in vorderster Linie. Er wurde Schriftfuhrer im
ftinfgliederigen Ausschuss, 1866 President, 1892 Ehrenprasident, nachdem er
aus Gesundheitsriicksichten vom Amte des Bundesprasidenten zuriickgetreten
war. Kaum jemals fehlte er bei einem Feste. Haufig reiste er als Vertreter
seines Bundes zu auswartigen Sangertagen. Insbesondere pflegte er die Be-
ziehungen zu den Schweizer und osterreichischen Gesangsvereinen. Eifrig
bemtihte sich E. urn die Griindung eines allgemeinen deutschen Sanger-
bundes, die unter seinem Vorsitz im September 1862 zu Coburg stattfand.
Der Schwabische Sangerbund, der zuerst die wechselnde Geschaftsfuhrung
innehatte, bereitete das erste grosse Sangerfest vor, das 1865 in Dresden
gefeiert wurde, und E. hatte auch hieran hervorragenden Antheil. Ftinfmal
wurde ihm spater der Vorsitz auf deutschen Sangertagen ubertragen. Als
1896 Stuttgart Feststadt war, musste der Leidende sich vollig zuriickhalten.
Der deutsche Sangerbund ernannte den in Sangerkreisen allgemein bekannten
und beliebten Greis zu seinem ersten Ehrenmitgliede.
Am Schlusse des Winters 1898/99 ging E.'s Leiden in die letzte schwere
Krankheit liber. Bei seinem Tode brachten zahllose Kundgebungen aus den
verschiedensten Kreisen die Anerkennung, die sein erfolgreiches offentliches
Wirken, die Sympathies die seine lautere und charaktervolle Personlichkeit
gefunden hatte, zn deutlicher Anschauung. Am ersten Tage des Wonne-
monds wurde er unter den geblihrenden Ehren zur letzten Ruhe bestattet.
Ausflihrlicher Nekrolog in der Schwabischen Kronik vom 15., 17., 19. und
22. Juli 1899 No. 325, 327, 331, 337 (auch Sonderdruck unter dem Titel »Zur Er-
innerung an Dr. Otto Elben*, Stuttgart, Druck von W. Kohlhammer, 1899): vergl. ferner
Schwab. Kronik vom 2$. April 1899 No. 194, vom 1. Mai 1899 No. 198 (Leichenfeier),
Staats-Anzeiger fUr Wurttemberg vom 28. April 1899 No. 97, (Stuttgarterj Neues Tag-
blatt vom selben Tag No. 98, Frankfurter Journal vom 29. April 1899 No. 200, Kbl-
nische Zeitung vom selben Tag No. 330, Mlinchener Neueste Nachrichten vom 2. Mai 1899,
No. 203, Hamburger Nachrichten vom 29. April No. 100 Abendausgabe und vom
30. April No. 101 Morgenausgabe, Nationalliberale Correspondenz vom 28. April 1899,
Tagliche Illinois Staats-Zeitung vom 2. Mai 1899 No. 104, Zeitung des Vereins Deutscher
Eisenbabn-Verwaltungen vom 3. Mai und 23. August 1899 No. 34 und 64, Deutsche
Kunst- und Musik-Zeitung 1899 No. 9 und 10. — Der Briefwechsel Lasker's aus den
Jahren 1870/71 in der Deutschen Revue 1892 enthalt auch Schreiben von und an Elben.
Rudolf Krauss.
Morf, Heinrich Dr., * 6, September 18 18, f 28. Februar 1899; verdienter
Schulmann und Armenerzieher, Verfasser des grundlegenden Quellenwerks
«Zur Biographie Pestalozzis« und einer grossen Anzahl sehr werthvoller pada-
gogischer Monographien. — M. entstammte einer wohlhabenden und kinder-
reichen Bauernfamilie und verlebte Kindheit und Knabenjahre in Breite,
einem zurcherischen Dorfchen an der Heerstrasse, die sich vom Bodensee
zum Genfersee hinzieht. Am eigenen Leibe erfuhr er den Jammer der
alten Dorfschulen, und noch im spatesten Alter erinnerte er sich mit
Schrecken an die todtliche Langweile, die er wahrend seines Volksschul-
unterrichtes ausgestanden hatte. Ein stillfrommer, etwas schiichterner Knabe,
bezog er 1835 das Scherr'sche Lehrerseminar in Kiisnacht, urn es schon 1837
wieder zu verlassen und in den activen Schuldienst zu treten. Nach einer
46 Morf.
sehr erspriesslichen Lehrthatigkeit an den Secundarschulen von Schwerzen-
bach, Dtirnten und Richterswil, die 1841 durch einen Studienaufenthalt in
Lausanne unterbrochen wurde, berief ihn die thurgauische Regierung im Jahre
1850 als Hauptlehrer fiir Deutsch und Padagogik ans Seminar Kreuzlingen. Hier,
an der Seite Vater Wehrlis, wirkte er bis 1852 und erwarb sich ein beson-
deres Verdienst dadurch, dass er an die Stelle des Unterrichtes in allge-
meiner und specieller Padagogik, der von den Seminaristen nur ausnahms-
weise verdaut und in praktisches Konnen umgesetzt wurde, denjenigen in
Geschichte der Padagogik setzte. Die bernische Regierung suchte ihn —
nachdem Grunholzer das Opfer eines Gewaltactes geworden — 1852 als
Seminardirector in Miinchenbuchsee zu gewinnen, und M. sagte zu. Er kam in
schwierige Verhaltnisse. An der Spitze des Erziehungswesens ein brutaler
Reactionar von sehr engem Horizon t; die Lehrerschaft in hellem Aufruhr
wegen Grunholzers Absetzung und von Misstrauen erftillt gegen den Nach-
folger, die politischen Parteien im heftigsten Kampfe. 1854 erlangten die
Liberalen die Mehrheit in der Regierung und M.'s Stellung wurde dadurch
schwer erschlittert. Trotzdem sich der fromme und stille Mann fast angst-
lich von aller Politik fern hielt und nur seinem padagogischen Berufe lebte f
trotzdem er eine fast iibermenschliche Arbeitslast trug und die denkbar
glanzendsten Lehrerfolge aufweisen konnte, gait er in den Augen der libe-
ralen Partei als eine Sttitze des conservativen Regimentes. Um seine Person
drehte sich von 1854 — 1860 der politische Kampf, der zuweilen mit einer
heute fast unbegreif lichen Heftigkeit gefiihrt wurde; seine Gegner, welche seine
Absetzung als Stihne fur den Sturz Grunholzers forderten, erreichten ihren
Zweck am 15. August i860, wo M. durch die bernische Regierung bei An-
lass der Erneuerungswahl nicht wieder gewahlt wurde. Der Schlag kam M.,
der sein Gewissen rein von allem politischen Treiben wusste, unerwartet; aber
er vermochte ihn nicht zu beugen. Die padagogischen Pilger, die zu jener
Zeit noch nach Miinchenbuchsee kamen, um den bertihmten Schulmann wirken
zu sehen, trafen M. so heiter und aufrecht wie nur je. Er nahm, besonders
auf Zusprechen seiner edlen Gattin hin, den Posten eines Waisenvaters an,
welchen ihm die Stadt Winterthur anbot. Am 2. Juni 1861 trat er dieses
Amt, welches das letzte seines Lebens werden sollte, an. Din leiteten die
Grundsatze seines Ftihrers Wehrli, des ersten grossen Armenvaters, der
das, was Pestalozzi gewollt und geahnt, verwirklicht hat. Er trat in eine
Anstalt mit mittelalterlichen Erziehungsprincipien; er gestaltete sie um im
Geiste Pestalozzis. An Stelle klosterlicher Abgeschlossenheit setzte er mog-
lichst freieBewegung; an Stelle des Stock es die allgewaltige Liebe. Und wenn
auch diese »Erziehung in FreiheiU anianglich angstliche Gemiither beun-
ruhigte — die Erfolge bewiesen deren richtige psychologische Grundlage.
Ihn unterstiitzte in der Erflillung seiner Aufgabe in vorziiglichster Weise seine
edle Gattin, und als diese durch die Schwindsucht dahingestreckt worden,
die Haushalterin Frl. Carolina Baltensperger, welche M. spater als Gattin
angetraut, mehr als 30 Jahre die schweren Pflichten einer Waisenmutter
in geradezu einziger Weise erfiillt hat. Am 9. September 1893 zog sich M. aus
Altersrlicksichten in die Stille des Privatlebens zurtick. Das letzte Mai trat
der silberweisse Greis offentlich hervor, als er am 12. Januar 1896 bei An-
lass des 150. Geburtstages Pestalozzis im Stadthaussaale zu Winterthur mit
fast jugendlichem Feuer und heiliger Begeisterung die Festrede hielt iiber
den, welcher der Messias der Volksbildung geworden.
Morf. Beyer, 47
M.'s Pestalozzistudien reichen bis in die vierziger Jahre zuriick. Das
Bild des grossen Socialpadagogen und Schulmannes war wahrend der Restaura-
tionszeit unter thurmhohem Schutte begraben worden. Selbst die Feier, welche
am 12. Januar 1846 zum Andenken an Pestalozzis hundertsten Geburtstag im
gesammten deutschen Sprachgebiet begangen wurde, vermochte Pestalozzis
Bild nicht von dem entstellenden, legendaren Staube zu reinigen. M. aber,
der damals als Secundarlehrer in Dtirnten die Festrede halten musste, schopfte
aus diesem Anlass den Impuls zu seinen spateren, epochemachenden Pestalozzi-
forschungen. In Kreuzlingen und MUnchenbuchsee eignete er sich eine intime
Kenntniss aller Schriften Pestalozzis an und in Winterthur fand er Musse,
Pestalozzis Lebensgeschichte auszugraben. Er stellte dieselbe auf recht zuver-
lassige Basis, indem er, wie kaum ein Zweiter vor ihm, die schweizerische Volks-
wirthschaft des 18. Jahrhunderts bis ins kleinste Detail studierte und darstellte.
Auf diesen Hintergrund nun malt er das Bild Pestalozzis, nicht nur des Metho-
dikers, sondern hauptsachlich des Socialreformers, desjenigen Pestalozzi, der
nicht durch philosophische Speculation, sondern durch den Anblick des grenzen-
losen, ihn umgebenden Elendes zum Erzieher wurde. Langer als ein Viertel-
jahrhundert sammelte M. Material zu seinem Werke. Er besass einen merk-
wtirdig feinen Spiirsinn beim Aufsuchen verlorner Schriftstticke und war von
den glucklichsten Vermuthungen geleitet. Das durch ihn zusammengetragene
Material, welches jetzt im Pestalozzianum liegt, wtirde geniigen, um noch
manche weitere Bande zu fUllen. Er sichtete dasselbe mit der grossten Ge-
wissenhaftigkeit. Die vier Bande seines Werkes, das er bescheiden »Zur Bio-
graphic Pestalozzis « betitelte, erschien I 1868, II und III 1885, IV 1889. Sie
sind das einzige, abschliessende Quellenwerk tiber Pestalozzi und brachten
ganz neue Anschauungen tiber den grossen ZUrcher, dessen Bild dadurch aus
einer nebelgrauen Dammerung plotzlich in das helle Licht historischer Wahrheit
gertickt wurde. Die Universitat Zurich ernannte deshalb M. 1890 zu ihren
Ehrendoctor. —
Wer M. in den letzten Jahrzehnten naher trat, ftihlte sich unwiderstehlich
zu ihm hingezogen. Man hatte den Eindruck eines innerlich vollkommen
ausgeglichenen und inhaltschweren Menschenlebens. Sein .Wissen, dessen Werth
durch ein nie versagendes Gedachtniss erhOht wurde, war staunenswerth. Seinen
positiven Kinderglauben bewahrte er bis an die Schwelle des Greisenalters,
wo er sich allmahlich von allem Kirchenglauben befreite, um einem reinen,
naturphilosophischen Deismus zu huldigen. Das Alter hat M. in politischer
und religioser Hinsicht frei gemacht; er lebte nur noch das grosse Christen-
thum Pestalozzis, dessen religiose Verehrung fiir die unbegrenzte Entwicklungs-
fahigkeit des Menschengeistes auch ihn vollstandig durchdrungen hatte. Ge-
rade dieser Glaube erklart den freien Geist des Morf 'schen Waisenhauses, wo
der Stock oft Jahre lang nicht zur Anwendung kam. M. sah im Waisenkinde
nur die der Entfaltung harrende Menschenknospe, neben deren unschatzbaren
Seelengehalt irdische GlticksgUter nicht in die Wagschale fielen. Ftir seine
Waislein war ihm keine Arbeit, kein Gang zu viel, und dabei wusste die
Linke nie, was die Rechte that.
E. Walter.
Beyer, Professor Dr. August, (von), Architekt, * 30. April 1834 in der
wtirttembergischen Oberamtsstadt KUnzelsau, f 18. April 1899 zu Ulm. — In nie-
drigem Stande geboren, in der strengen Schule der Armuth und Arbeit erzogen,
48 Beyer.
schwang er sich vom Steinhauer zum Baumeister und Kttnstler empor, der
einen der schonsten deutschen Dome zur Vollendung fuhrte, dessen Wort
weithin Geltung hatte, dessen Rath gesucht war. Von der einfachsten
praktischen Vorbildung im Baufache ausgehend, stieg er allmahlich zur hoch-
sten kiinstlerischen Stufe aufwarts. Von 1851 bis 1854 besuchte er die
Stuttgarter Baugewerkeschule, einer der bevorzugten Schtiler ihres Vorstandes
Joseph Egle, der ihn nach vollendeten Studien in seiner Werkstatte beschaftigte
und 1858 als Lehrer im architektonischen Entwerfen an jene Anstalt berief.
In den sechziger Jahren und auch noch spater unternahm B. Studienreisen
durch Deutschland, die Niederlande, Frankreich, Italien und erwarb sich in
der Baukunst dieser Lander hervorragende Kenntnisse. Die zahlreichen Bau-
auftr&ge, die er in Stuttgart erhielt, veranlassten ihn dazu, sein Lehramt bald
niederzulegen. Das Hotel Marquardt, das Olgastift, die Reichsbank, die
Gebaude des Pragfriedhofes, der 1879 errichtete Aussichtsthurm auf dem
Hasenberg in nachster Nahe der Stadt sind seine Werke. Ferner fiel ihm
die schone Aufgabe zu, das ehemalige Kloster Bebenhausen wiederherzu-
stellen und die Raume des darin befindlichen K. Jagdschlosses einzurichten.
Spater leitete er noch mehrfach die Restaurationen alter adeliger Herrschafts-
sitze. In Bebenhausen fand B. in der Tochter des dortigen Forstrathes
Tscherning die Gattin, die ihn im Laufe der Jahre mit flinf Tochtern beschenkte.
1 88 1 erhielt B. auf Egles Anregung die Stelle eines Mttnsterbaumeisters
in Ulm. Es war ihm vergonnt, den gewaltigen Westthurm des Domes, den
hochsten und einen der schonsten Kirchthiirme in Deutschland, und damit
zugleich das ganze grossartige Bauwerk zu vollenden. Obgleich von Egle
und anderen Sachverstandigen berathen, fiihlte er doch die ganze Last der
Verantwortlichkeit auf sich ruhen. Er machte sich seine Aufgabe nicht leicht;
denn er war ein Mann von seltener Gewissenhaftigkeit, der alle seine Pflichten
ernst und schwer nahm. Ueberdies gait es, mancherlei Hemmnisse von aussen
her zu iibefwinden. Zunachst hatte er sich in die verwickeltsten Probleme
der Ingenieurwissenschaft einzuarbeiten, weil die unzulanglichen Fundamente
so gestarkt werden mussten, dass sie den Aufbau tragen konnten. Das
eigentliche Bauwerk wurde dann in fiinf Jahren, von 1885 bis 1890, ausgefiihrt.
Ihn leitete dabei die Ehrfurcht vor dem Alten; pietatvoll erganzte er das
Werk im iiberkommenen Stile. So ragt der Ulmer Minister jetzt als ein ein-
heitliches Kunstdenkmal in die Ltifte. Innerhalb dieses Programmes hatte
B. noch reichlich Gelegenheit, sein Konnen zu zeigen. Seiner Umsicht und
Fiirsorge war es zudem gelungen, wahrend des Baues grCssere UnglUcksfalle
zu vermeiden. Auch durfte er sich riihmen, die Kostenvoranschlage nicht
tiberschritten zu haben. Ende Juni 1890 feierte Ulm das schone Fest der
Vollendung seines herrlichen Domes. Dem Baumeister wurden dabei reiche
Ehrungen zu Theil. Wiirttembergische, preussische, bayerische Orden schmiickten
seine Brust; das Ehrenkreuz des wtirttembergischen Kronordens brachte dem
einstigen Steinmetzen den Personaladel. Die philosophische Facultat in
Tubingen verlieh ihm den Grad des Ehrendoctors.
Neben seinem Hauptamte leitete B. f als einer der ersten Gothiker
Deutschlands anerkannt, die Restauration des MUnsters und den Ausbau des
MUnsterthurmes in Bern, fiihrte die Wiederherstellung der Heilbronner Kilians-
kirche aus und ertheilte Rathschlage fur eine Reihe weiterer gothischer Dome,
namentlich ftir den in Freiburg i. Br. — Unter der Last der Geschafte und
Sorgen seines Berufes brachen allmahlich seine Korperkrafte zusammen.
Beyer. Daverfo. Speidel. 49
Mancherlei Verdriesslichkeiten setzten ihm hart zu. So wollte er noch zuletzt
durch eine neue Mlinsterbauhtitte dem Ulmer Miinsterplatz einen passenden
Abschluss geben: aber die Stadtvater verwarfen seinen Plan, weil die Mehr-
zahl der Ulmer einen freien Platz rund um ihren Dom haben wollten. Zwar
gab ihm die Stadt einen neuen Beweis ihres Vertrauens, indem sie ihn noch
kurz vor seinem Tode zu ihrem EhrenbUrger machte. Und als er um seine
Pensionierung einkam, bewilligte sie ihm daftir einen langeren Urlaub zur
Wiederherstellung seiner Gesundheit. Es war vergebens. Nach zehnwochiger
schwerer Krankheit ftihrte schliesslich ein Schlaganfall das Ende herbei.
Schwabische Kronik vom 1 8. April 1899 No. 177, Staats-Anzeiger ftir Wilrtteroberg
vom selben Tag No. 88, Ulmer Schnellpost vom 20. April 1899 No. 91, Ulmer Tagblatt
vom 19. April 1899 llf| d Sonntagsbeilage No. 17 vom 23. April 1899 (mit Bild), Beilage
zur Allgemeinen Zeitung 1899 No. 90, Schwabenland 1899 No. 9, Vom Fels zum Meer
18. Jahrgang, 19. Heft, Der Sammler S. 48 (mit Bild), Centralblatt der Bauverwaltung
1899 No. 35 S. 211 (mit Bild).
Rudolf Krauss.
Daverio, Michael, Gustav, * 20. Juli 1839, t 5- J un * ^99 in Zurich. —
Grander der Firma G. Daverio, Ingenieur und Mtihlenkonstrukteur in Zurich,
eine in Fachkreisen sehr bekannte und vielgenannte Personlichkeit. Sein
Vater, von einer alten Mailander Familie abstammend, war Mitarbeiter der
»Neuen Zttricher Zeitung* und Sprachprofessor fur's Italienische am Zuricher
Gymnasium. Von den freiheitlichen Bestrebungen des Landes eingenommen
und begeistert, machte er sich die Schweiz zu seiner zweiten Heimath. Er
starb 1849. E** e Mutter heirathete in zweiter Ehe den Journalisten und
« Historiker Peter Feddersen in Basel. — D. besuchte die Kunst- und Ge-
werbeschule Basels und das Polytechnikum Zurich. Er ging hernach zu
weiterer Ausbildung seiner theoretischen Kenntnisse an die Akademie in
Karlsruhe, kam nach beendigten Studien als Ing&iieur zu Dolfuss in Basel,
Etablissement ftir Brttckenbau, von da in die Werkst&tten der Vereinigten
Schweizerbahnen in Rorschach. Spater finden wir ihn wahrend mehrerer
Jahre bei Gebriider Sulzer in Winterthur. 1868 grtindete er in Rorschach
die Firma Daverio, Siewert & Giesker, die vier Jahre spater nach Oerlikon
ubersiedelte und da raschen Aufschwung nahm. Nach einer neuen Periode
von vier Jahren trennte er sich von seinen Associ£s und schuf ein selbstandiges
Geschaft in eigenem Namen. Anfanglich mit grossen Schwierigkeiten kampfend,
gelang es ihm doch in verhaltnissmassig kurzer Zeit sein Geschaft zur Bliithe
zu bringen. Mit eisernem Willen und rastloser Thatigkeit arbeitete er sich
vorwarts, auf dem Gebiete der Mullerei bahnbrechend, und ward bald eine
ihrer ersten Notorietaten.
Speidel, Wilhelm, Professor, Musiklehrer und Componist, * 3. Sep-
tember 1826 zu Ulm, f 13. October 1899 zu Stuttgart. — Er erhielt seine
Schulbildung auf dem Gymnasium seiner Vaterstadt und wurde gleichzeitig
von seinem Vater, dem geachteten Ulmer Musiklehrer und Sanger Conrad
Speidel, in der Tonkunst unterrichtet. Schon mit acht Jahren trat er zum
resten Male offentlich in einem Concert in Ulm als Clavierspieler auf. 1843
kam er zu weiteren musikalischen Studien nach Munchen, wo in der Com-
position Ignaz Lachner, im Clavier Wanner und Wilhelm Kuhe seine Lehrer
Biogr. Jahrbnch n. Deutsche r Nekrolog. 4. Bd. a
jo Spcidcl.
waren. S. erwarb sich rasch einen Ruf als Pianist, namentlich durch seine
geistvolle Auffassung Beethovenscher Sonaten. In den Ferien Hess er sich
mehrfach in Concerten seiner Vaterstadt horen. In Mtinchen, wo er zu-
sammen mit seinem jungeren Bruder Ludwig, dem gefeierten Wiener Feuille-
tonisten, lebte, verkehrte er in den angesehensten Kunstkreisen, wodurch seine
allgemeine Ausbildung nicht wenig gefordert wurde. Nachdem er 1846/7
eine Zeit lang zu Thann im Elsass als Hauslebrer bei der Familie Kestner
verweilt und die Urenkelinnen von Goethes Lotte in der Musik unterrichtet
hatte, Hess er sich als Clavierlehrer in Mtinchen nieder und fand bald reich-
liche Beschaftigung. 1853 bestand er im Leipziger Gewandhaus die Feuer-
probe als Claviervirtuose; seine Concertreisen fiihrten ihn fortan nach den
meisten grosseren Stadten Deutschlands. 1855 trat S. als Musikdirector an
die Spitze der Ulmer Liedertafel, siedelte jedoch schon 1857 nach Stuttgart
tiber, wo er einen bleibenden Wirkungskreis fand. Er begriindete im Vereine
mit einigen Fachgenossen die Stuttgarter Musikschule, die spater sich in das
K. Conservatorium umwandelte, und Ubernahm dort den Unterricht im Clavier-
spiel. 1874 schied er in Folge eines Zerwtirfnisses mit seinem Collegen Sieg-
mund Lebert aus, um ein eigenes Musikinstitut zu grtinden. So erfolgreich
dieses Unternehmen war, trat er doch 1885 nach Leberts Tod aufseinen alten
Posten am Conservatorium zuriick. Eine Anzahl Kttnstler und Kiinstlerinnen
von Ruf sind aus S.'s Schule hervorgegangen, und er trug nicht wenig dazu
bei, dem Stuttgarter Conservatorium weithin Ansehen und Geltung zu ver-
schaffen. Auch sonst hatte ihm das Stuttgarter Musikleben viel zu danken.
Insbesondere erwarb er sich um den dortigen Liederkranz, den er von 1857
bis 1885 dirigirte, hohe Verdienste. Er brachte dem Chor seine allgemein
anerkannte und viel bewunderte Ausdrucksiahigkeit und Freiheit im Vortrag
bei. Ferner regte er die ungemein beliebten Popularen Concerte des Lieder-
kranzes an. Auch im Schwabischen Sangerbund spiel te er eine Rolle; wieder-
holt lag auf schwabischen Liederfesten die musikalische Leitung in seinen
Handen. Der Stuttgarter Liederkranz, der Schwabische Sangerbund und
manche andere Vereine und Liedertafelri ernannten im Laufe der Jahre den
trefflichen Dirigenten zu ihrem Ehrenmitgliede.
Als Componist entfaltete S. eine vielseitige und umfangreiche Thatigkeit.
Seine Starke lag in der Lyrik, in der naiven wie in der sentimentalen, in der
volksthUmlichen wie in der kunstmassigen. Sehr gut traf er den einfachen,
schlichten Volkston. Seine Chor- und Sololieder wurden darum auch viel
gesungen. Seine Mannerchore, unter denen populare Vaterlandsgesange
hervorzuheben sind, pflegte er zuerst im Stuttgarter Liederkranze zu erproben.
Von da zogen sie in die Welt hinaus, wo nur Deutsche hausen und singen,
selbst uber den Ocean hintiber. Auch einige grossere Stticke befinden sich
darunter, so der Geisterchor aus Faust mit Orchester, das Tenorsolo mit
Mannerchor und Orchester »Wikinger Ausfahrt«, »Volkers Schwanenlied*.
Neben der Vokalmusik widmete er sich als Componist auch der Instrumen-
talmusik. In seinen Orchesterstticken, Ouverttiren, Streichquartetten, CeUo-,
Violin- und Claviersonaten herrscht Uberall ernsthaftes Streben nach Classi-
citat. Seine Compositionen wurden in den Abonnementsconcerten der Stutt-
garter Hofcapelle, an den dortigen Kammermusikabenden, woran er in jttngeren
Jahren auch als ausUbender Kunstler theilnahm, aufgeftihrt. Ferner hat S.
durch Bearbeitungen classischer und nachclassischer Meister seinen Namen
bekannt gemacht.
Speidel. Munxiger. 5 1
Mit Lina Schmidt, der Tochter eines Verlagsbuchhandlers, verheirathet,
lebte S. in glucklichen Familienverhaltnissen und ausserem Wohlbehagen. In
seinem Hause bereitete er edler Geselligkeit, wie er sie einst in Mtinchen
kennen und schatzen gelernt hatte, eine Statte. Erlesene Ktinstler gaben
sich hier ein Stelldichein, die Musik wurde dabei natiirlich in erster Linie
gepflegt. Mit Freuden war S. noch Zeuge, wie eines seiner Kinder, die Tochter
Maria, als Sangerin die Kunstlaulbahn ergriff. — Seinem Ende ging eine
schwere Periode schmerzlichen Leidens voraus. Am 16. October begrub man
ihn" auf dem Stuttgarter Fangelsbachfriedhof unter lebhafter Betheiligung
weiter Kreise der Hauptstadt.
Schwabische Kronik vom 14* October 1899 No. 480, vom 17. October 1899 No. 484
(Leichenfeier), (Stuttgarter) Neues Tagblatt vom 14. October 1899 No. 241, Staats-Anzeiger
far Wtirttemberg vom 17. October 1899 No. 242, Frankfurter Zeitung 1899 No. 285 Abend-
blatt, Schwabenland 1899 No. 20 (mit Bild), Neue Musik-Zeitung 1889 No. 18 (mit Bild), 1899
No. 21.
Rudolf Krauss.
Munziger, Eduard, Tonkunstler, * 24. Juni 1 83 1 in Olten, (Schweiz) f 29. Marz
1899 in Neuenburg, entstammte einer hochst musikalischen Familie. Sein
Vater, Dr. Victor Munziger, Arzt in Olten, der eine so scheme Tenorstimme
besass, dass man den Studenten durchaus ftlr die Oper gewinnen wollte, hat
sich um die Entwickelung des musikalischen Lebens im Kanton Solothurn
die grdssten Verdienste erworben, indem er auf den Bahnen Joh. Georg
Nageli's wandelnd, den fruchtbaren Samen fUr das Erbltthen des Volksgesanges
in seiner Heimath ausstreute, den Solothurnischen Kantonalgesang-Verein ins
Leben rief und selbst Uber 30 Jahre lang den Gesangverein und die Theatergesell-
schaft seiner Vaterstadt in trefflichster Weise leitete. Da Eduard schon als
Knabe ausgesprochenes musikalisches Talent zeigte, bestimmten die Eltern,
seinem hochsten Wunsch entsprechend, die Tonkunst zu seinem Lebensberuf
und nachdem er die Prima in der Bezirksschule Oltens erfolgreich durch-
gemacht, kam der Ftinfzehnjahrige 1846 ans Leipziger Conservatorium, wo
er es unter Moscheles* Leitung im Pianofortespiel bald zu bedeutender Fertigkeit
brachte. Eine seiner frlihesten Compositionen war ein Dufour-Lied, zu dem
Jul. Schantz den Text verfasst hatte und das nach Niederwerfung des Sonder-
bundes 1848 bei einer Festlichkeit der Leipziger Thomasschuler gesungen und
begeistert aufgenommen wurde. Nach 3Jahrigem Studium kehrte M. in die
Heimath zurtick und wirkte zunachst als Organist, Klavier- und Gesanglehrer
in Yverdon und Morges. Ende 1854 folgte er einem Ruf als Director des
Caecilien-Vereins nach Aarau, wo er gleich im ersten von ihm geleiteten
Abonnements-Concert das Weber'sche Concertstttck mit hinreissendem Feuer
spielte. 1855 —1857 ert6nten im Aarauer Casinosaal unter M.'s Commando-
stab eine Reihe Symphonien von Haydn, Mozart und Beethoven, wie es ihm
denn Gewissenssache war, dem Publikum nur gute Musik vorzufUhren. Auch
studirte er mit dem ihm unterstellten Chor verschiedene Oratorien ein und unter
ihm errang 1856 der Mannerchor des Caecilien-Vereins beim EidgeniJssischen
Skngerfest zu St.-Gallen den 6. Preis. Ein Zerwtirfniss mit dem Vorstand veran-
lasste 1858 seinen Rttcktritt m von der Vereinsleitung, ohne dass er sich
iibrigens dem oflfentlichen Musikleben der Aargauischen Hauptstadt entzogen
hatte. Von Aarau, wo er auch seine Gattin gefunden, siedelte M. 1863 nach
Ziirich Uber, um hier nach Wilh. Baumgartner's RUcktritt die Direction des
4*
e 2 Munziger. Lang.
Stadtsanger-Vereins (spateren »Mannerchores«) zu Iibernehmen und zeitweilig
auch den gemischten Chor zu leiten. Ende 1864 wurde sein Chorwerk
»Helgi und Cara«, zu dem ihm Professor Dr. L. Tobler den auf einer alt-
nordischen Sage fussenden Text geschrieben, durch die »Harmonie« und den
»Stadtsanger-Verein Zurich «, unter Mitwirkung des Tonhalle-Orchesters drei
Mai im Stadttheater mit grossem Beifall aufgefiihrt und noch reicheren Lorbeer
trug dem Autor die gleichfalls von Tobler gedichtete Cantate »Der Schwur
im Riitli* ein, welche in Folge einer Concurrenzausschreibung des Eidge-
nossischen Sanger- Vereins 1863 mit dem ersten Preis gekront wurde und beim
Eidgenftssischen Sangerfest zu Bern am 18. Juli 1864 als Hauptprogramm-
nummer der Gesammtauffiihrung einen durchschlagenden Erfolg errang. 1 866
begab sich M. mit seiner Familie nach Neapel und Palermo, wo er den
musikalischen Verhaltnissen des Landes lebhafte Theilnahme schenkte. 1868
berief ihn der «Frohsinn» Neuenburg zu seinem Director und bald trat er
hier auch an die Spitze der Soci£td chorale. Beim Eidgenossischen Sanger-
fest zu Naumburg von 1870 lag das leitende Scepter in seiner Hand. Der
stramme Dirigent fand nicht weniger Anerkennung als der Tondichter mit
seiner schonen Composition »Die Schweizerischen Schlachtfelder« . Als 1875
der »Orpheon« reorganisirt wurde, tibernahm M. diesen Mannerchor, um ihn
wahrend eines Menschenalters von Sieg zu Sieg zu fuhren und mit ihm
namentlich auch bei internationalen Sangerfesten wie 1879 zu Annecy und
1 88 1 zu Macon erste Preise zu erringen. Endlich stand der Musiker langere
Zeit dem »Coeur nationals vor und erteilte an den offentlichen Schulen
Neuenburgs Gesangunterricht. Die Lichtblicke in dem arbei tsamen , von
Fortunas Gunst nur sparlich erhellten Leben des Ktinstlers, bildeten in
seinen letzten Jahren verschiedene Auffuhrungen grosserer Tonwerke, die
sein schopferisches Vermogen auf der Hohe zeigten, aber trotzdem, gleich
den meisten seiner von Schumann'schem Geist durchwehten Claviercompo-
sitionen unedirt geblieben sind. So trat Anfangs 1896 in Neuenburg unter
des Componisten Leitung ein grosser Chor zusammen, der am 31. Mai und
1. Juni genannten Jahres seine Cantate »Sempach« im Temple du Bas aufs
Wiirdigste wiedergab. Und vielleicht noch starkeren Eindruck auf die Horer
machte das Chorwerk » Jeanne d'Arc«, das 1897 gleichfalls unter des Ton-
dichters eigener Direktion aus der Taufe gehoben wurde und sich als eine
ebenso phantasievolle wie formschone, namentlich in den Choren packende
Schopfung erwies. Schon friiher hatte man in Naumburg eine kleinere Chor-
composition »Chemin creux« (»Die hohle Gasse«) kennen gelemt, die ver-
moge ihres patriotischen Schwunges sehr gefiel. Dagegen blieb das Oratorium
»Ruth und Boas«, das Kenner fUr M.'s beste Partitur erklaren, bis jetzt un-
aufgefiihrt. Eine Anzahl reizender Quartette, »Schilflieder« betitelt, sowie
zwei Claviercompositionen, »Idylle« und »Po6me d'amour«, erschienen bei
Schott in Mainz und Fromont in Paris. Hoffentlich wirken die allgemeine
Liebe und Verehrung fiir den Musiker, die sich bei seinem Leichenbegangniss
kundgaben, auch in der Weise nach, dass man seine hinterlassenen Werke
durch Drucklegung und wtirdige Vorftihrung lebendig macht und so die Er-
innerung festhalt an einen der talentvollsten schweizerischen Componisten.
A. Niggli.
Lang, Franz Vinzenz, Dr. phil., schweizerischer Naturforscher, * 19. Juli
182 1 in Olten, f 21. Januar 1899 in Solothurn. — Der Sohn ehrsamer
Lang. 53
Biirgersleute, besuchte L. die Schulen seiner Vaterstadt Olten, an deren
hoheren Klassen sein urn zwanzig Jahre alterer Bruder, der als tlich tiger Schul-
mann geschatzte Kaplan Konrad Lang, mit grossem Krfolge als Lehrer
wirkte, und vollendete seine Gymnasialstudien an der hohern Lehranstalt
(Cantonsschule) in Solothurn. Da er sich entschlossen hatte, Apotheker zu
werden, machte er seine Lehrzeit 1840 — 1843 in einer Apotheke in Solothurn
und begab sich, nachdem er sein Gehilfenexamen bestanden, 1844 an die
Universitat Bern, urn sich dem Studium der Naturwissenschaften zu widmen.
Zu seinen Lehrern zahlte er neben Perty (Zoologie), Valentin (Physiologie)
u. a. auch Bemhard Studer, durch den er besonders auf das Studium der
Geologie gelenkt wurde, dem er in der Folge mit Vorliebe seine Thatigkeit
gewidmet hat. Von der Absicht, Medicin zu studieren, wurde er im Herbst
1846 durch seine Wahl zum Professor der Naturgeschichte an der hohern
Lehranstalt in Solothurn abgewendet und trat als Nachfolger des Botanikers
Alexander Moritzi seine Lehrstelle an, die er wahrend vollen 52 Jahren
bekleiden sollte. L. war ein vorziiglicher Lehrer, der die verschiedenen
Disciplinen der Naturwissenschaft griindlich beherrschte und durch fleissiges
Studium ihren Fortschritten stets mit Eifer folgte. Voll Begeisterung filr sein
Fach, verstand er auch seine Schiller filr dasselbe einzunehmen, und viele
derselben haben sich, seiner Anregung folgend, dem Studium der Natur-
wissenschaften oder der Medicin zugewendet, ihrem einstigen Lehrer stets
ein treues und dankbares Andenken bewahrend. In Anerkennung seiner
Verdienste um die Cantonsschule iibertrug ihm die Regierung im Jahre 1872
die Leitung derselben, die er bis zum Jahre 1883 fiihrte. In dieser Stellung
arbeitete Rector L. ein neues Cantonsschulgesetz aus, das im Jahre 1874
vom Volke angenommen wurde und flir die Entwicklung der Anstalt von
grosser Bedeutung gewesen ist; seinen Bemuhungen war es auch vornehmlich
zu verdanken, dass dieselbe ihre beschrankten und ungeeigneten Raume
verlassen und 1882 in ein neues Gebaude ubersiedeln konnte. Auch auf
dem Gebiete des Volksschulwesens entwickelte L. eine rege Thatigkeit, die
sich nicht nur auf den Heimatcanton beschrankte; als Mitglied des Central-
ausschusses des schweizerischen Lehrervereines wirkte er mit zur Entwicklung
des gesamten schweizerischen Schulwesens.
Stets bestrebt, die Ergebnisse der Wissenschaft in weiteren Kreisen
zu verbreiten und das Interesse fur das Studium zu wecken, war L. eines
der eifrigsten Mitglieder der naturforschenden Gesellschaft von Solothurn, die
er bald nach Antritt seines Lehramtes im Dezember 1846 mit einigen gleich-
gesinnten Collegen neu begriindete und an deren Leitung er bis 1862 als
Secretair, von da an als President betheiligt war; im Jahre 1897 ernannte ihn
die Gesellschaft in Anerkennung seiner grossen Verdienste um ihre gedeihliche
Entwicklung zu ihrem Ehrenprasidenten. Auch an den Verhandlungen der
schweizerischen naturforschenden Gesellschaft, in die er 1847 eingetreten war,
nahm er stets regen Antheil und leitete zwei Mai, 1869 und 1888, die in
Solothurn stattfindenden Jahresversammlungen derselben. So trat er in Ver-
bindung mit den bedeutendsten schweizerischen Naturforschern, wie Escher
von der Linth, Peter Merian, Carl Vogt, Desor, A. Heim u. s. w., und wurde
1872 auch Mitglied der schweizerischen geologischen Kommission, deren
Presidium er von 1888 an fiihrte und die ihn 1895 t )e * seinem Riicktritt zu
ihrem Ehrenprasidenten ernannte.
Wenn seine Lehrthatigkeit L. nicht gestattete, grossere wissenschaft-
54 Lan e-
liche Arbeiten zu unternehmen, fand er doch Zeit zu verschiedenen kleineren
Monographien, die als werthvolle Beitrage zur Geologie des Solothumischen
Jura bezeichnet werden konnen, so die »Geologische Skizze der Umgebung
von Solothurn* (1883), »Die Einsiedelei und die Steinbrtiche bei Solothurn*
(1885). Gemeinsam mit Professor Riitimeyer in Basel publicirte er im 23.
Band der »Denkschriften der schweizer. naturforsch. GesellschafU (1867)
eine Abhandlung liber »Die fossilen SchiJdkrfiten von Solothurn*, deren
geologischer Theil seiner Feder entstammt. In ^Amanz Gressly, Lebensbild
eines Naturforschers* (1873) stiftete er einem hervorragenden Geologen, dessen
Anregung er selbst viel verdankte, ein wohlverdientes Denkmal. Ausserdem ver-
fasste er, zum Theil im Verein mit anderen Naturforschern, eine Reihe von geolo-
gischen Gutachten fiir Tunnelbauten und Wasserversorgungen. In Aner-
kennung dieser Arbeiten wie seiner wissenschaftlichen Thatigkeit tiberhaupt
verlieh ihm die Universitat Bern am 17. December 1878 das Diplom eines
Doctor philosophiae honoris causa und ernannten ihn mehrere naturforschende
Vereine der Schweiz zu ihrem correspondirenden und Ehrenmitgliede.
Am offentlichen Leben der Stadt und des Cantons Solothurn nahm L.
stets einen regen Antheil und war Mitglied der GemeindebehOrden wie des
Cantonsrathes. Als begeisterter Freund der Musik forderte er das Gesangs-
wesen im Canton wie in der Eidgenossenschaft und war wahrend zwei Jahren
President des CentralcomiWs des schweizerischen Sangervereines, der 1868
in Solothurn das eidgenossische Sangerfest feierte. So fanden alle wissen-
schaftlichen und ktinstlerischen Bestrebungen in L. stets einen regen Forderer,
und wie in der naturforschenden, so trug er auch in anderen Gesellschaften
durch offentliche Vortrage gerne dazu bei, die Resultate der wissenschaft-
lichen Forschung Anderen mitzutheilen.
Gemeinsam mit seinem Collegen, Professor Dr. Victor Kaiser (s. Biogr.
Jahrbuch, 2. Band, S. 181) feierte L. am 30. Juli 1896 das fiinfzigjahrige
Jubilaum seiner Lehrthatigkeit an der Cantonsschule von Solothurn, das
seinen zahreichen Schtilern und Freunden wie den Behorden Gelegenheit gab,
seine mannichfachen Verdienste um die Schule und das offentliche Leben
in schonster Weise zu ehren. Noch konnte er, trotzdem sich die Beschwerden
des Alters mehr und mehr fiihlbar machten, sich nicht entschliessen, von
seinem Lehramte zuriickzutreten, das er stets auf ehrenvolle Weise ausfiillte,
und erst nach zwei Jahren, im August 1898, reichte er seine Demission ein,
ohne deshalb auf seine wissenschaftliche Thatigkeit zu verzichten. Mit
riihrender Sorgfalt beschaftigte er sich, so lange seine Krafte es ihm
erlaubten, mit den Vorarbeiten fiir die Unterbringung der werthvollen natur-
historischen Sammlung, die von Professor F. J. Hugi angelegt und zu deren
Conservator er nach seinem Tode emannt worden war, in das neue Museum
der Stadt Solothurn, dessen Errichtung er seit Jahren eifrig befiirwortet hatte,
ohne seine Vollendung zu erleben. Er starb am 21. Januar 1899 in seinem
freundlichen Landhause bei Solothurn, in dem er die letzten zwanzig Jahre
seines Lebens zugebracht hatte, tief betrauert nicht nur von seiner Gattin
und seinen zwei Tochtern, sondern auch von seinen ehemaligen Schtilern
und zahlreichen Freunden, die in Professor L. einen Mann ehrten, der mit
liebenswtirdigen personlichen Eigenschaften einen stets regen Sinn fur das
offentliche Wohl und eine aufopfernde Hingabe an seinen Beruf verband.
Mochte sein Arbeitsfeld auch klein sein, er hat es in so fleissiger und nutz-
bringender Weise bebaut, dass ihm ein bleibendes Andenken gesichert ist.
Lang. Weizsacker. 55
Festrede, gehalten yon Rector Dr. Kaufmann an der funfzigjahrigen Jubelfeier der
Herren Professoren Dr. Victor Kaiser und Dr. Franz Lang, im Jahresbericht der Cantons-
schule von Solothurn fur das Schuljahr 1895/96; Festnummer zum »01tner TagblatU
vom 30. Juli 1896, mit der von P. Dietschi verfassten Biographie der beiden Jubilare;
Oltner Tagblatt 1899, No. 19; Solothurner Tagblatt 1899, No. 19 und 20; XII. Bericht
fiber die Thatigkeit der naturforschenden Gesellschaft in Solothurn in den Jahren 1897/99;
Schweiz. Wochenschrift fttr Cheraie und Pharrnacie 1899, No. 8; Actes de la societe hel-
vetique des sciences naturelles, 82 me session du 31 juillet au 2 aout 1899 a Neucbatel.
M. Gisi.
•
Weizsacker, Carl Heinrich (von), Theologe, * 11. December 1822 zu
Oehringen in Wttrttemberg, f 13. August 1899 zu Tubingen. — Der Vater f
Diaconus, spater Stiftsprediger in Oehringen, starb frtihe, die Mutter leitete
die Erziehung Carls und seines jlingeren Bruders Julius, der nachmals als
Historiker zu Ruhm gelangt ist. Obgleich durch eine zarte Gesundheit in
seinen Studien mannigfach gehemmt, hielt W. doch, vermoge seiner ausge-
zeichneten Geistesgaben mit den Altersgenossen gleichen Schritt. Er wurde
zum Theologen bestimmt und empfing die in Wlirttemberg fiir diesen Beruf
libliche Ausbildung. Dem vorgeschriebenen Studiengange im Tlibinger Stift
ftigte er einen ktirzeren Besuch der Berliner Universitat hinzu. Nachdem er
eine Zeit lang Pfarrvicar, dann in Tubingen Stiftsrepetent und Privatdocent
gewesen war und sich dort 1847 die philosophische Doctorwtirde erworben hatte,
Ubernahm er Sommer 1848 die im Hohenlohe - Langenburgschen Patronate
stehende Landpfarrei Billingsbach (wiirtt. Oberamt Gerabronn). Schon 185 1
wurde er auf die Stelle eines Hofcaplans nach Stuttgart berufen, wozu ihn seine
Weltklugheit in besonderem Masse geeignet machte. 1856 wurde er zugleich
als Hilfsarbeiter in das Cultusministerium gezogen, 1859 zum ausserordent-
lichen Mitglied des evangelischen Consistoriums mit dem Titel einess Ober-
consistorialraths ernannt. Daneben arbeitete er emsig an seiner wissenschaft-
lichen Fortbildung. 1856 half er die Jahrbllcher fur deutsche Theologie be-
grtinden und gehorte bis 1878 zu den Herausgebern dieser Zeitschrift, die unter
den theologischen bald den ersten Rang einnahm. Er selbst veroffentlichte
darin Untersuchungen, namentlich tiber das vierte Evangelium, So bekam
sein Name in Fachkreisen einen guten Klang, und es war mehrfach von
seiner Berufung an auswartige Universitaten die Rede. Nach Ferdinand
Baurs Tod erhielt W. den Ttibinger Lehrstuhl fur Kirchengeschichte iiber-
tragen und eroffnete im Sommersemester 1861 seine Vorlesungen. Es gehorte
viel Mut dazu, der Nachfolger eines solchen Mannes zu werden. Aber es
zeigte sich bald, dass W. als ein Ebenbiirtiger in die Fusstapfen des ge-
feierten Hauptes der »Tiibinger Schule« trat und dazu bestimmt war, dieser
selbst neuen Glanz zu verleihen. Das liber zwei Menschenalter dauernde Wirken
Baurs und W.'s darf man als eine einheitliche Periode auffassen, in der die
Tiibinger Facultat auf die Gestaltung der protestantischen Theologie in
Deutschland tiefen und nachhaltigen Einfluss ausgeiibt hat. W. arbeitete sich
mit rastlosem Fleiss in seinen Lehrberuf und Lehrauftrag ein. Ursprtinglich
mehr Vermittlungstheologe, wandte er sich sachte mehr und mehr der historisch-
kritischen Richtung Baurs zu. Die Freiheit der wissenschaftlichen Forschung
wurde auch seine Losung, und er hat sich zu dieser stets offentlich mit einer
tiber jeden Zweifel erhabenen Deutlichkeit bekannt. Auch als Schriftsteller
wandelte er in den Spuren seines Vorgangers, ohne auf Selbstandigkeit und
Eigenart zu verzichten. Von kleineren Schriften, Aufsatzen und Recensionen
56
Weizsacker.
abgesehen, verdfFentlichte er mit langeren Pausen drei grossere, langsam und
sorgfaltig herangereifte Werke. Das erste, »Untersuchungen liber die evangelische
Geschichte, ihre Quellen und den Gang ihrer Entwicklung« (Gotha. Verlag
von Rudolf Besser. 1864), womit er bedeutungsvoll in die von Baur, Strauss
und Renan angeregte Forschung eingriff, erwarb sich nur langsam in weiteren
Kreisen Geltung. Seinen Ruhm begriindete er eigentlich erst so recht mit
seiner Uebersetzung der Neuen Testamentes (Tubingen, 1875. Verlag der
H. Laupp'schen Buchhandlung), die als erster Versuch gelten darf, gleich-
zeitig den Urtext mit- moglichst grosser Treue wiederzugeben und sich genau
an die Forderungen der herrschenden deutschen Literatursprache zu halten.
Der Erfolg des Unternehmens ausserte sich in zahlreichen Auflagen; die
neunte bereitete W. noch selbst in der letzten Leidenszeit vor. In seinem
dritten grossen Werke, »Das apostolische Zeitalter der christlichen Kirche«
(Freiburg i. B., Verlag von J. C. B. Mohr, 1886), das 1892 eine Neuauflage
erlebte und auch ins Englische iibertragen wurde, stellte er die Entstehung
und Entwicklung der christlichen Kirche bis zu den Ausgangen der Apostel-
zeit im Zusammenhang dar, indem er gewissermassen der ganzen historisch-
kritischen Forschung tiber das Urchristentum einen bedeutsamen Abschluss
gab. Hier, wie in alien seinen literarischen Darbietungen, waltete nicht nur
der echte, wissenschaftliche Forschergeist und echt religioses Empfinden,
sondern auch ktinstlerischer Tact und starkes Gefiihl fiir die Schonheit der
deutschen Sprache. — Mehr noch vielleicht hat W. als akademischer Lehrer
geleistet. 76 Semester lang hielt er seine Vorlesungen mit Lust und Liebe,
und Tausende von dankbaren Schlilern sassen zu seinen Fiissen. Ein Menschen-
alter hindurch bestimmte er die kirchengeschichtlichen Anschauungen fast
der gesammten wiirttembergischen Geistlichkeit. Aber auch aus dem tibrigen
Deutschland kamen viele Theologen nach Tubingen, um den gefeierten und
popularen Docenten zu horen. — Von 1875 bis 1889 versah W. zugleich
das Amt eines Tlibinger Friihpredigers, wobei er mehr tief und gedankenreich
als feurig und schwungvoll predigte. — In mancherlei Verwaltungsaufgaben
konnte er seine praktische Gewandtheit erproben. Von 1877 bis 1889 ge-
horte er zu den Inspectoren des Stiftes, 1874 wahlte ihn die theologische
Facultat zum Ersatzmann, 1875 und 1879 zum wirklichen Abgeordneten fiir
die Landessynode. 1867/8 und 1877/8 fiihrte er das Rectorat der Tlibinger
Universitat; das zweite Mai fiel ihm zugleich mit dieser Wtirde die Leitung
des Jubilaums des vierhundertjahrigen Bestehens der Hochschule im Sommer
1877 zu, die er mit dem ihm eigenen Reprasentationstalente durchfiihrte.
Als 1889 nach Gustav Riimelins Tod das Kanzleramt der Universitat
neu zu besetzen war, richteten sich sofort die Blicke der massgebenden
Kreise auf W. Er ubernahm nun die Vertretung der staatlichen Autoritat
bei der Landeshochschule, ohne seine Vorlesungen aufzugeben. Die Geltung,
die er Uberall besass, kam auch der Universitat zu gut, fiir deren Interessen
er stets mit Warme eintrat. Seine geistvollen Kanzlerreden beim alljahrlichen
Festacte zu Tubingen, deren Stoffe er aus der theologischen Disciplin oder
aus der Geschichte der alma mater entnahm, waren weithin bertihmt. Mit
der Kanzlerwiirde erhielt W. zugleich einen Sitz in der wiirttembergischen
Abgeordnetenkammer. Er war librigens durchaus kein politischer Neuling.
Schon friihzeitig hatte er die kleindeutsche Idee verfochten. Er gehorte zu den
GrUndern und Flihrern der Deutschen Partei in Wtirttemberg und wirkte in
Wort und Schrift, namentlich als Mitarbeiter des Schwabischen Merkurs, fiir
Weizsacker. Socin. 5 7
die nationalen Forderungen. Zu den Zeiten des Culturkampfes erklarte er
sich nachdriicklich ftir die Rechte des Staates gegen kirchliche Anmassungen.
Auch in der Kammer schloss er sich der Deutschen Partei an. Gern ergriff
er zu Gegenstanden von hoherer Tragweite das Wort und war dabei stets
seines Eindruckes auf die Zuhorer sicher. Er huldigte einem entschiedenen
politischen Optimismus. Von den Grundsatzen des Liberalismus und der
Toleranz wich er nie einen Finger breit ab. Redete er doch der Zulassung
der Feuerbestattung in Wtirttemberg das Wort, stimmte er doch bei den
Verhandlungen ttber die Verfassungsrevision als einziger unter den Privilegirten
ftir deren Ausscheiden aus der zweiten Kammer.
Hohe Ehren hauften sich im letzten Jahrzehnt seines Lebens auf W.'s
Haupt. 1894 erhielt erhielt er Titel und Rang eines Staatsraths, 1897 eines
Geheimeraths. Damals feierte er das ftinfzigjahrige Jubelfest der philosophischen
Doctorwiirde. Die juristische und staatswissenschafdiche Facultat verliehen
ihm den Ehrengrad, und da er schon 1862 bei der theologischen Facultat
promovirt hatte, war er nunmehr vierfacher Doctor. Er besass hohe Orden,
wurde von verschiedenen gelehrten Gesellschaften zum Ehrenmitgliede ernannt.
W. war seit 1848 mit Sophie, Tochter des Oberhelfers Dahm in Esslingen,
verheirathet; den Verlust der Gattin im Jahre 1884 konnte er niemals ganz
verwinden. Der Ehe sind ein Sohn, der jetzt an der Spitze des wurttem-
bergischem Cultusministeriums steht, und zwei verheirathete Tochter ent-
sprossen. — W. bewahrte sich grosse geistige und korperliche Frische, bis
ihn Juni 1899 die letzte Krankheit des Alters befiel, der seine Krafte langen
Widerstand entgegensetzten. Er entschlummerte schliesslich sanft. In Tubingen
wurde er in einer seiner Bedeutung entsprechenden Weise zur Erde bestattet.
Schwabische Kronik vom 14. August 1899 No. 374, vom 16. August 1899 No. 378
(Leichenfeier), vom 3. Februar 1900 No. 56 (Nekrolog von Alfred Hegler), Staats-Anzeiger
fiir Wtirttemberg vom 14. August 1899 No. 187, (Stuttgarter) Neues Tagblatt vom selbcn
Tag No. 1 88, Beilage zur Allgemeinen Zeitung 1899 No. 185, Frankfurter Zeitung 1899
No. 224 Abendblatt, Kirchlicher Anzeiger ftir Wtirttemberg 1899 S. 294, Evangel.
Kirchenblatt fttr Wtirttemberg 1899 No. 33 S. 264 k
Rudolf Krauss.
Socin, August, * 21. Februar 1837 in Vevey, f 29. Jartuar 18Q9 in
Basel. Seine Vorfahren entstammten einem adeligen italienischen Geschlechte
und waren seit dem 16. Jahrhundert in Basel eingebtirgert. Da der Vater
(Pfarrer der deutschen protestantischen Gemeinde) schon zwei Tage nach der
Geburt des Sohnes starb, ubernahm dessen Erziehung die Mutter, eine kluge,
energische und gebildete Veveysanerin. In seinem elften Lebensjahre kam er
nach Basel zum Besuche der dortigen Schulen. Schon mit siebzehn Jahren
hatte er die Gymnasialstudien beendet und bezog als Mediciner die Universitat
seiner Vaterstadt. Gerade an seinem zwanzigsten Geburtstage erlangte er in
Wiirzburg den Doctortitel und wandte sich, wie die meisten seiner Commili-
tonen, nach Prag und Wien, wo die beriihmtesten Kliniker die fremden
Studenten anzogen. Im Friihjahr 1859 legte er sein Staatsexamen in Basel
ab und ging noch ftir ein Semester nach Paris, wo er sich speciell der Chir-
urgie unter Pirogoff widmete. Im Herbst wurde er Assistent von Professor
Mieg, dem Chefarzt der chirurgischen Abtheilung des Bilrgerspi tales in Basel.
1 8 61 demissionirte letzterer und S. wurde auf dessen Empfehlung sein Nach-
folger und habilitirte sich als Privatdocent an der Universitat. Ein Jahr spater
5 8 Socin.
verlieh ihm der Regierungsrath des Kantons Basel den Titel eines Professor
extraordinarius und 1864 wurde er Ordinarius ftir Chirurgie, Augenheilkunde
und Geburtshilfe. Nach den merkwiirdigen Einrichtungen der damaligen Zeit
las er die ihm tibertragenen Facher theoretisch, durfte aber nur ausnahmsweise
seine Horer in das Spital zur Visite mitnehmen, um ihnen interessante Falle zu
demonstriren. Dem diplomatischen Auftreten des jungen Professors gelang es,
die langst eingeleiteten Verhandlungen zwischen den stadtischen Spitalbehorden
und der Regierung zu einem giinstigen Abschlusse zu bringen, und im Winter
1865 hatte er die Freude, das erste Semester einer regularen chirurgischen
Klinik mit neun Studenten zu eroffnen.
Da S. keiner angesehenen Aerztefamilie entstammte, aus keiner chirur-
gischen Schule hervorging, keiner Protektion sich erfreute, so verdankte er die
raschen Erfolge seinen Geisteskraften und Charaktereigenschaften, kurz: seiner
Individualitat. Sie war eine gute Mischung von germanischer Griindlichkeit
und romanischer Lebhaftigkeit, selbst Leichtlebigkeit. Seinem Scharfsinn war
es nicht entgangen, dass er sich den deutschen Chirurgen anschliessen mlisse,
welche um die Mitte des 19. Jahrhunderts die Ftihrerrolle tibernommen hatten
und denen es gelungen war, durch pathologisch-anatomische, besonders
mikroskopische Untersuchungen und experimentell-physiologische Studien die
Chirurgie zu einer der internen Medicin ebenblirtigen Wissenschaft zu erheben.
Fast zu gleicher Zeit, wie S. sein Lehramt antrat, waren zwei der bedeutendsten
Assistenten von v. Langenbeck in Berlin, dem geistigen Haupte der Schule,
namlich Billroth und Lticke, Klinik er in Ztirich und Bern geworden. Ein
frischer Hauch ging durch die medicinische Welt der deutschen Schweiz, als
diese drei Manner in den regsten belehrenden Verkehr traten, bei haufigen
Zusammenkiinften ihre Erfahrungen austauschten und ihre jugendliche Begeiste-
rung ftir die Wissenschaft auf die Schiller ubertrugen. In den Ferien besuchte
S. die deutschen Spitaler, um an dem grossern Krankenmateriale sein Wissen
zu erganzen, das Neueste zu sehen.
Als im Sommer 1866 der Krieg zwischen Oesterreich und Italien ausbrach,
eilte er nach Ober-Italien, um seine Dienste dem osterreichischen Commando
anzubieten. In den Feldlazarethen machte er dieWahrnehmung, dass die
Militararzte ihrer Aufgabe in der Wundbehandlung nicht gewachsen waren, da
sie besonders die Verwendung des Gipsverbandes fiir Knochen- nnd Gelenk-
schtisse der Extremitaten noch nicht kannten. An den ihm uberlassenen
Patienten wusste er die Vorziige desselben den Collegen zu demonstriren und
bei seinem energischen, initiativen Wesen schwang er sich zum Lehrer der
Militarchirurgen auf und ordnete eigentliche Curse an, um ihnen die Technik
der erhartenden Verbande beizubringen. Viele Glieder wurden so erhalten
und der Ruf des jungen Professors verbreitete sich rasch im Ausland und er
gait als der erste Chirurg deutsch-schweizerischer Nationalitat.
In Basel nahm die Zahl der chirurgischen Patienten im Spital allmahlich
zu und 1867 gab S,, um sich ausschliesslich seinem Fach widmen zu konnen,
die Augenkranken an die neu geschaffene ophthalmologische Klinik ab und ein
Jahr spater entstand eine eigene Frauenklinik. Auch in der Folge interessirte
er sich lebhaft um den Ausbau des Spitales und die Entwicklung der medi-
cinischen Facultat. Seiner Zahigkeit und Geduld, seinem Eifer und wachsenden
personlichen Ansehen gelang es, den wohlthatigen, opferfreudigen Sinn der
reichen Basler Herren so zu lenken, dass die verfligbaren Mittel zum Frommen
der armen Kranken und zum Ruhme der alten Universitat Verwendung fan den.
Socin.
59
Aus dem unzweckmassigen Krankenhause wurde eine moderne Musteranstalt,
die Facultat vervollstandigte sich durch die Besetzung aller Disciplinen mit
bewahrten Gelehrten. Leider war es ihm nicht vergonnt, sein Lieblingswerk
noch einzuweihen, da der Tod ihn vor der Vollendung eines grossartig
angelegten, seit Jahren studirten, mit alien modernen Bequemlichkeiten
ausgerilsteten Operationshauses erreichte.
ImSommer 1870 unterbrach der Deutsch-Franzosische Krieg von Neuem
seine friedliche Thatigkeit, als der badische Frauenverein , an dessen Spitze
die Grossherzogin stand, ihn zum Chefarzt eines bedeutenden, (iber reiche
Mittel verftigenden Reservelazarethes nach Karlsruhe berief. Mit den Pro-
fessoren Hoffmann und Klebs, dem berfihmten pathologischen Anatomen
aus Bern, seinen Basler Schlilern und Freiburger Studenten installirte er sich
in den weiten Raumen einer eben erstellten Locomotivwerkstatte, in
welcher 400 Betten aufgeschlagen waren. Vom 11. August an full ten sich
die Sale rasch mit Deutschen, Franzosen und besonders vielen Turcos
welche der Mehrzahl nach bei Worth, aber auch bei Weissenburg, Gravelotte,
vor Strassburg, bei St. Remy und Belfort verwundet worden war. Im Ganzen
wurden 643 Patienten bis zum 23. Marz 1871 verpflegt, wo von 93 oder
14,4 % starben, eine ftir die damalige Zeit, wo die Antisepsis nur sehr
unvollkommen gehandhabt wurde, massige Mortalitat. Da S. bei seiner
uneigenniitzigen , noblen Sinnesart sowohl hier, als auch seiner Zeit in
Oesterreich jede Honorirung seiner Leistungen bestimmt ausschlug, so wurden
ihm hohe Orden und Ehrungen zu Theil. Der Bekanntschaft mit dem
grossherzoglichen Hause verdankte er auch seine Ernennung durch die Kai-
serin Augusta zu einem der Schiedsrichter fiir das beste Werk tiber Samariter-
wesen, ftir welches die hohe Frau einen Preis ausgesetzt hatte.
Einen Markstein im Leben von S. bildete die Annahme der von Lister
erdachten und von Volkmann im Jahre 1874 nach Deutschland gebrachten und
verbesserten antiseptischen Wundbehandlung. S. gab sich grosse Mtihe, die
Methode den einzelnen KOrperregionen technisch anzupassen u. sie unter den
Aerzten bekannt zu machen. Er war von den guten Erfolgen bei schwierigen
Operationen so entztickt, dass er als sein grosstes Gluck pries, die Entdeckung
des Lister Verbandes erlebt zu haben.
Seine eigentliche Lebensaufgabe fand er in seinem Lehramte und er war
stolz auf die Wlirde und den Titel eines Universitatsprofessors. Er war ein
fleissiger Kliniker und setzte nur bei ausserordendichen Anlassen seine Vor-
lesungen aus. In frtiheren Jahren praparirte er sich grUndlich auf seine Vor-
trage und legte sich eine wertvolle Bibliothek an, um alles Neue kennen zu
lernen. Nach seinem Tode fiel sie testamentarisch der Universitat zu. Sein
Vortrag war klar, scharf, lebhaft und elegant. Auch im gewohnlichen Urn-
gang sprach er stets gut deutsch, aber mit einem unverkennbaren franzosischen
Accente. Da die Zahl der Mediciner in Basel eine beschrankte war, suchte
er jeden Studenten personlich kennen zu lernen, um ihn nach seiner indivi-
duellen Anlage auszubilden. Er griindete ein chirurgisches Kranzchen, wo
an bestimmten Abenden die Praktikanten sich versammelten, liber wichtige
Falle referirten oder auserlesene Capitel aus den Lehrbtichern behandelten.
Aus dem reichen Schatze seiner Kenntnisse vervollstandigte der Lehrer das
Vorgebrachte und wusste den Schtilern in plastischer Weise pragnante Krank-
heitsbilder zu zeichnen. Eine seiner Schwachen, die oft belacht wurde, bestand
darin, dass er niemals einen Candidaten, wenn er auch noch so schwach und
60 Socin.
kenntnisslos war, im Staatsexamen durchfallen Iassen konnte. Selten wird
man einen Lehrer finden, dem auch im spatern prakrischen Leben die
Schiller so treu und freundschaftlich zugethan blieben, weil sie wussten, dass
in den Zeiten der Not sie seiner werkthatigen Hilfe versichert sein konnten.
Als Operateur war er gewandt und das Messer fiihrte er mit franzosischer
Eleganz. Bei seiner angebornen Nervositat wurde er bei unvorhergesehenen
Ereignissen, wie stark en Blutungen, beangstigenden Zufallen bei der Narkose,
aufgeregt und verlor seine Kaltblutigkeit. Wenn er auch die neueren Opera-
tionen kannte, war er niemals libermiithig oder waghalsig und tiberlegte sich
genau, ob der zu erwartende Gewinn zu der moglichen Lebensgefahr in einem
richtigen Verhaltnisse stehe. Die von ihm angelegten Verbande zeichneten
sich durch schmucke Ausflihrung aus.
S. war ein Arzt im eigentlichen Sinne des Wortes. Sein selbstbewusstes
Auftreten erweckte bei den Kranken Vertrauen und Glauben. Im Spital machte
er abweichend von der Gewohnheit vieler Universitatsprofessoren taglich eine
eingehende Visite und beschaftigte sich mit jedem Patienten. Bei mangelndem
Gehorsam brauste er rasch auf und konnte tiichtig schelten. Die
Herzen der Beleidigten eroberte er sich aber bald wieder, da sie seine
Gtite und sein Mitgeftihl fortwahrend wtirdigen konnten, Oefters spendete
seine eigene Kiiche und sein Keller an schwer Operirte Zugaben, welche das
Spitalreglement nicht vorgesehen hatte. Bis in die letzten Jahre seines
Lebens war er in einigen Basler Familien treuer Hausarzt geblieben und
behandelte auch die internen Krankheiten.
In literarischer Beziehung war er nicht fruchtbar. Zur Abfassung
grosserer Werke mag es ihm an Ruhe und Geduld gefehlt haben ; vor Allem
aber ging ihm die schopferische Natur ab. Er verbesserte und vervoll-
kommnete die von anderen Chirurgen ersonnenen operativen Verfahren, ohne
aber neue Pfade zu weisen. An seinen Namen kntipft sich eine Methode
zur Entfernung von gewissen Kropfen. Nebst gelegentlichen kleineren Ab-
handlungen und von ihm inspirirten Dissertationen seiner Schiiler sind es
drei Werke, welche auf bleibenden Werth Anspruch machen. Nach dem
Deutsch-Franzbsischen Kriege erschienen »Kriegschirurgische Erfahrungen«,
gesammelt in Karlsruhe 1870 und 187 1« (Leipzig, Verlag von F. C. W. Vogel
1872), in welchen er tiber Schussverletzungen und besonders iiber die
sie complicirenden Wundinfectionskrankheiten und iiber Prothesen wertvolle
Studien veroffentlichte. In diesem Werke tritt die Individualist des Ver-
fassers am besten hervor. Die Schwierigkeit der Beobachtung und die
Unmoglichkeit der Fiihrung von ganz genauen Krankengeschichten wahrend
der aufgeregten Kriegszeiten schlossen eine streng wissenschaftliche Verarbei-
tung des Stoffes aus, erlaubten dafiir aber ein freieres und warmeres Hervor-
treten der subjectiven Ansicht. Ein zweites Werk sind »Die Krankheiten der
Prostata* , erschienen im Handbuch der allgemeinen und speciellen Chirurgie
von Pitha und Billroth im Jahre 1875. Die Bearbeitung des schwierigen
Stoffes ist eine mustergiltige und erschopfende. Das Manuscript zu einer
zweiten Auflage ist leider unvollendet im Nachlasse gefunden worden.
Jahrlich erschien seit 1871 unter Mitarbeitung des jeweiligen Assistenzarztes
der Klinik ein »Jahresbericht iiber die chirurgische Abtheilung des Spitales zu
Basel «. S. ist meines Wissens der einzige Chirurg, der in so objectiver,
schonungsloser Weise sein ganzes Wirken und Handeln im Spital dem Sffent-
ljchen Urtheil unterbreitete. Es brauchte grosse Selbstiiberwindung und
Socin. Rttraelin. 61
Selbsterziehung zu einem solchen Vorgehen, da auch dem grossten Meister
Falle unterlaufen, welche er am liebsten verheimlichen und vergessen lassen
mochte. In der Casuistik finden wir stets Zusammenstellungen von Eingriffen,
welche ihn besonders interessirten, wie der Operationen bei Unterleibsbriichen
und bei Kropfen.
Er hatte drei Mai die Ehre eines Rufes an fremde Universitaten.
Aus Anhanglichkeit an seine Vaterstadt und im Gefiihle, dass er ftir den
Ausbau des Spitals und der Hochschule noch nothwendig sei, lehnte er nach
Bern, nach Freiburg i/B. und wohl mit schwerstem Herzen nach Wtirzburg
ab, wohin ihn besonders sein Freund und friiherer Lehrer Koelliker ziehen
wollte.
Er besuchte gern die arztlichen Zusammenktinfte und nannte sich
scherzend den alten Congressonkel. Mit v. Langenbeck und Billroth hatte
er die deutsche chirurgische Gesellschaft in Berlin grlinden helfen, in den
Iezten Jahren fehlte er an keiner Vereinigung der franzosischen Chirurgen
in Paris. An den schweizerischen Versammlungen in Olten oder einer der
Universitatsstadte sah man ihn meistens; er beschaftigte sich schlagfertig an
den Discussionen und belebte durch seine Originalitat und seinen aus-
gelassenen Humor und den sprudelnden, oft derben Witz die der Geselligkeit
gewidmeten Stunden. Merkwlirdiger Weise war er kein guter Redner, wenn
er sich einmal im Toaste versuchte.
In seiner Vaterstadt konnte er sich dem politischen Leben nicht ent-
ziehen, er war Grossrath und gehorte der conservativen Partei an. Seine
Erholung in den Ferien fand er auf der Jagd, besonders in den Herbst-
monaten im Hochgebirge, von wo er gewichtige Geweihe von Edelhirschen
und zieriiche Horner von Gemsen heimgebracht hat, welche sein Haus
schmttckten. Er war unverheiratet geblieben.
Anfangs Januar 1899 erkrankte S. an Typhus und am 29. Januar schloss
er seine Augen ftir immer, nachdem er noch wenige Tage vor dem Tode
ohne Zagen und Furcht und bei vollem Bewusstsein die letzten Anordnungen
getroffen hatte. Ein Leichenbegangniss, wie Basel noch keines gesehen,
bewies, in welch hohem, seltenem Grade der Professor der Chirurgie sich
nicht nur die Verehrung der Berufsgenossen , sondern auch die Liebe und
Anhanglichkeit seiner Mitbtirger zu erwerben gewusst hatte.
A, Kottmann.
Riimelin, Emil (von), Oberburgermeister der Stadt Stuttgart, * 2 1. Juni 1846
zu Ulm, f 24. Marz 1899 zu Baden-Baden. Er entstammte einer angesehenen
wurttembergischen Familie; der beriihmte Ttibinger Universitatskanzler Gustav
Rumelin war sein Onkel. Der Vater, der den Sohn kurze Zeit (iberlebt hat,
diente bei dessen Geburt als rechtskundiger Assessor der Finanzkammer in
Ulm und lebte zuletzt als Regierungsdirector a. D. in Stuttgart. — R. widmete
sich dem Studium der Finanzwissenschaft in Tubingen, zeitweise auch in
Heidelberg. Mai 1872 wurde er Assistent beim Hauptsteueramt in Esslingen,
Jahrs darauf Grenzcontroleur in Friedrichshafen, dann Kanzleihilsfsarbeiter,
spater Revisor beim Steuercollegium in Stuttgart. In dieser Steltung ver-
mahlte er sich 1877 mit Natalie Oesterlen, der Tochter eines Stuttgarter
Rechtsanwalts, die als Schriftstellerin, namentlich Uebersetzerin von Romanen
thatig ist. Der Ehe ist ein einziger Sohn entsprossen. 1880 kam R. als
62 Rttmelin.
Finanzassessor und Stationscontroleur nach Mtinster i. W. Nach 6 Jahren in
die Heimath zurtickgekehrt, wurde er zunachst Oberzollinspektor in Heilbronn,
September 1889 Obersteuerrath im Steuercollegium zu Stuttgart. In dieser
Periode trat er auch literarisch hervor, so 1891 in einem Schriftchen fiber
»Die Selbstverwaltung in ihrer Bedeutung fiir die sociale Frage* (Stuttgart,
bei W. Kohlhammer).
Als im Jahre 1892 die schwere Erkrankung des Stuttgarter Oberbtirger-
meisters Hack die Neuwahl eines Stadtvorstandes nothwendig machte, wurde
der parteilose R. von den Democraten, denen sich alsbald die Social-
demokraten anschlossen, auf den Schild erhoben. Zwischen ihm und dem
von den rechtsstehenden Parteien aufgestellten Bewerber entbrannte ein
heftiger Wahlkampf. Da letzterer trotz seiner hervorragenden Belahigung
auch vielen Wahlern, die sonst mit der Deutschen Partei Hand in Hand
gingen, nicht genehm war, siegte R. am 18. November 1892 mit ansehnlicher
Mehrheit. Am 28. December 1892 erfolgte die K. Bestatigung, am 9. Januar 1893
die feierliche Amtseinsetzung zum Stadtschultheissen. Am 27. September 1893
erhielt er bei Gelegenheit der Einweihung der Konig Karls-Briicke bei Cannstatt
den Titel eines Oberbiirgermeisters, welcher Auszeichnung im Laufe der Zeit
die tiblichen Ordensverleihungen nachfolgten.
Obgleich R. den Parteien, welchen er seine Wahl in erster Linie ver-
dankte, gewisse Rttcksichten nicht versagen konnte, waltete er doch im Ganzen
ohne Befangenheit oder Parteilichkeit seines Amtes. Er war eine durchaus
versohnliche und massvolle Natur mit gefalligen Umgangsformen und ver-
bindlichem, gewinnendem Benehmen. Er zeigte seinen Gegnern im Wahl-
kampfe grosses Entgegenkommen, und so platzten die Gegensatze auf dem
Rathhause seltener und weniger heftig aufeinander, als man hatte glauben
sollen.
R. wurde von gewaltigem Thatendrang, von gewaltiger Schaffenslust vor-
warts getrieben, ohne dabei z&he Ausdauer in ernster, entsagungsreicher
Arbeit zu besitzen. Er hatte ein frisches, lebhaftes Temperament, das ihn
zu ktihner Initiative auf den verschiedensten Gebieten fiihrte. Es fehlte ihm
nicht an Ideen, und er streute Anregungen nach alien Seiten hin aus. Er
nahm das Gute vorurtheilsfrei, woher es kam, und Hess sich leicht auch fiir
fremde Gedanken und Plane gewinnen und begeistern. Kiihle und ntlchterne
Abwagung der thatsachlichen Verhaltnisse, vorsichtige Berechnung etwaiger
Widerstande war weniger seine Sache. Die Ausfiihrung seiner Ideen tlberliess
er gerne Anderen. Aber das Entscheidende blieb schliesslich doch, dass er ein
heller Kopf war, dem alles Eigensinnige und Engherzige fern lag, der offene,
freie Blicke in die Welt thun konnte, der die Bedtirfnisse des modernen
Lebens erfasste. Jedenfalls hat Stuttgart unter seinem Regimente keinen
Schaden genommen und ist, ohne Zeit zu versaumen, riistig vorwarts ge-
schritten in der Entwicklung zur Grossstadt.
Ueberblicken wir R.'s Leistungen im Einzelnen, so ist dabei zu bedenken,
dass wahrend seiner Amtsfiihrung einerseits Vieles vollendet worden ist, was
schon frtther vorbereitet war, anderseits Vieles vorbereitet worden ist, was erst in
ktinftigen Jahren vollig in Erscheinung treten oder sich erproben wird, wes-
halb sich seine Wirksamkeit in ihren bleibenden Folgen noch nicht ganz iiber-
schauen und endgiltig beurtheilen lasst. Der Apparat der stadtischen Verwaltung
wurde unter R.'s Leitung bedeutend vermehrt, ein zweiter besoldeter Gemeinde-
rath angestellt. Ein st^dtisches Arbeitsamt und statistisches Amt wurden
Rttmelin. 63
errichtet. Eine Anzahl gemeinntitziger Bauten -entstanden, die Rathhausbau-
frage, die Stuttgart Jahre lang in Gefahr gebracht hatte, ein Abdera unter den
deutschen Grossstadten zu werden, rlickte ein gutes Sttick vorwarts, und im
engsten Zusammenhange damit wurde das Project einer Sanirung der
Altstadt in Angriff genommen. Hand in Hand damit ging das Streben nach
Ausgestaltung der Stadterweiterung nach Anlegung neuer Bauquartiere auf der
Peripherie, wobei R. stets nach Kraften bemtiht gewesen ist, die SchOnheit
des Stadtebildes zu erhalten. Das Verkehrswesen wurde gehoben, die Trans-
portmittel vermehrt und verbessert, der elektrische Betrieb bei den Strassen-
bahnen eingefiihrt. An der Grtindung des wiirttembergischen Stadtetages 1897
hatte R. bedeutenden Antheil, und er wurde «u dessen Vorsitzendem erwahlt.
Auch pflegte er regen Verkehr mit den grossen Gemeinwesen im tibrigen
Deutschland.
Ganz besonderen Nachdruck legte R. auf die representative Seite seines
Amtes. Er hatte hierftir ein ausgesprochenes Talent. Es lag in seiner Art,
iiberall seine Person einzusetzen, und die Freuden offentlicher Geselligkeit
hatten viel Verlockendes fllr ihn. Niemals entzog er sich, wenn in Stuttgart
Feste gefeiert wurden, und dies war sehr h&ufig der Fall, solange er an der
Spitze der Gemeinde stand. Namentlich im Jahre 1896: R. war damals
erster Viceprasident der wohlgelungenen elektrotechnischen und kunstgewerb-
lichen Ausstellung und erster President des Festausschusses fur das V. Deutsche
Sangerbundesfest. Er trug nicht wenig dazu bei, den Rut Stuttgarts als einer
gastfreundlichen Stadt und eines angenehmen Aufenthaltes ftir Fremde zu
kraftigen. Auch bei patriotischen Festen und Kundgebungen stand R. nicht
zurilck; so stellte er sich als Vertreter Stuttgarts aus Anlass von Bismarcks
80. Geburtstag mit dem Obmann des Btirgerausschusses am 19. April 1895
in Friedrichsruh ein.
Alle diese Pflichten der Representation waren indessen mit Anstrengungen
verbunden, die R.'s Krafte vor der Zeit aufzehrten. Ende August 1898 er-
krankte er schwer, ohne dass die Aerzte den Charakter seines Leidens deut-
lich erkannten. Er musste sich beurlauben lassen. Anfang Dezember nahm
er im Hohenluftkurort Degerloch tiber Stuttgart Aufenthalt, MitteFebruar 1899
begab er sich nach Baden-Baden. Anfangs schien dort Besserung einzutreten,
aber bald brach die Krankheit mit verstarkter Macht hervor, und schliesslich
machte ein Schlagfluss mit Blutaustritt in das Gehirn seinem Leben ein Ende.
R. war ein eifriger Anhanger der Feuerbestattung gewesen, und so wurden
seine irdischen Ueberreste am 26. Marz im Heidelberger Crematorium
verbrannt. Am 28. Marz wurde die Urne auf dem Stuttgarter Pragfriedhofe
beigesetzt mit allem Pompe, wie er bei M&nnern offentlichen Wirkens iiblich
ist. Rede folgte auf Rede, nur die Stuttgarter Geistlichkeit wirkte nicht mit,
durfte nicht mitwirken, da sich das wtirttembergische Consistorium gegen die
facultative Feuerbestattung vollig ablehnend verhalt.
Zeitungsnekrologe, namentlich in der Schwabischcn Kronik vom 24. M&rz 1899
No. 140, Staats-Anzeiger fUr WUrttemberg vom selben Tag No. 69, (Stuttgarter) Neuen
Tagblatt vom selben Tag No. 70 (mit Bild); Schwabenland 1899 No. 7 (mit Bild), Vom
Fels mm Meer, 18. Jahrgang, 17. Heft, Der Sammler S. 32. (mit Bild), Phoenix 1899 No. 5
(mit Bild). — Ueber die Leichenfeier vergl. die Schwftbische Kronik vom 27. Marx 1899
No. 143, der Schw&bische Merkur vom 28. MSr* 1899 No. 146 und Ph6nix a. a. O. —
Ein Portrairrelief R.'s von der Hand des Bildhauers Kiemlen wurde in sein Grabdenkmal
am ersten Jahrestage seines Todes eingesetzt.
Rudolf Krauss.
64 Brtigger. Pfizer.
Briigger, Christian G. — Naturforscher * 1833 in Churwalden,
f 18. October 1899 in Chur; studirte in Munchen und Innsbruck Medicin und
Botanik. 1859 wurde er Conservator am botanischen Museum des Poly-
technikums in Zurich, 1870 Professor der Naturgeschichte an der Cantons-
Schule in Chur. — B. war ein ausgezeichneter Kenner der Flora seines
Heimathcantons Graubtinden und der Ostalpen. i860 schrieb er »zur Flora
Tirols«, ein leider unvollstandig gebliebenes kritisches Standortsverzeichniss
aus Blinden und Tirol; 1880 — 1886 erschienen seine inhaltreichen »Mit-
theilungen iiber neue kritische Formen der Bundner- und Nachbarflora« in
den Jahresberichten der blindnerischen naturhistorischen Gesellschaft; zahl-
reiche kleinere floristische, teratologische, kryptogamische und pflanzen-
geographische Publicationen stammen von den Jahren 1855 — 1890. Seine
geplante »B(indner-Flora« ist leider nie erschienen.
Auf zoologischem Gebiet behandelte er die Wirbelthiere der Fauna
Churs, und Flatterthiere Graublindens.
Viel hat er ferner liber Meteorologie, Balneologie, Naturchronik
und Kulturgeschichte Graublindens geschrieben. Er hatte auf eigene
Faust eine Reihe meteorologische Stationen eingerichtet (90) und deren Re-
sultate theilweise publicirt; sehr inhaltreich sind seine »Beitrage zur Natur-
chronik der Schweiz 1876 — i888«, in der Beilage zum Programm der Btindner
Cantonsschule, ferner seine auf umfangreichen Quell enstudien beruhende »Ge-
schichte des Bergbaus in den X Gerichten« von 1588 — 161 8, Das voll-
standige Verzeichniss seiner gesammten Schriften weist 38 Nummern auf.
(Siehe Nachruf auf Chr. Brtigger v. C. SchrSter im »Freien Rh3tier« November 1899
und in der »Neuen ZUrcher Zeitung«).
C. s.
Pfizer, Gustav, Jurist, * 13. September 1840 zu Stuttgart, f 24. De-
cember 1899 zu Ulm. — Er war der zweite Sohn des bekannten Dichters
Gustav Pfizer, 1840 noch Schriftstellers und Rcdacteurs am Morgenblatte,
spater Professors am Stuttgarter Gymnasium, und der Marie, geb. Jager.
Nachdem er das Gymnasium seiner Vaterstadt absolvirt hatte, widmete er
sich in Tubingen und Heidelberg von 1858 bis 1862 dem Studium der
Rechtswissenschaft, erstand im December 1862 und Frlihjahr 1864 die beidcn
Dienstprlifungen mit glanzendem Erfolge; in der Zwischenzeit war er Refe-
rendar beim Stadtgericht Stuttgart und Gerichtshof Tlibingen. Von einer
langeren Bildungsreise nach Norddeutschland zuruckgekehrt, fand er seit
Herbst 1864 unstandige Verwendung als Assistent, bezw. Actuariatsverweser
in MUnsingen, Stuttgart und Rottweil, wurde 1867 Gerichtsactuar in Freuden-
stadt, 1 87 1 Kreisrichter in Ulm, 1879 Landgerichtsrath daselbst. Eine her-
vorragende Carriere im Staatsdienste schien dem scharfsinnigen und geistes-
klaren Richter bevorzustehen, als ihn ein verhangnissvolles Ereignis aus der
vorgezeichneten Bahn warf. Im December 1882 verurtheilte das Ulmer
Schwurgericht den Bauern Willibald Ug wegen Brandstiftung. P., der als
beisitzender Richter der Verhandlung angewohnt hatte, war von der Unschuld
des Verurtheilten und von gewissen Ungehorigkeiten in der Flihrung des
Processes fest uberzeugt und wandte sich deshalb in einer Denkschrift an
das wlirttembergische Justizministerium. Dieses selbststandige, allerdings den
landlaufigen Begriffen von Beamtendisciplin und Beamtensolidaritat wider-
Pfizer. 65
sprechende Vorgehen trug ihm einen Verweis durch das Oberlandesgericht
wegen Dienstvergehens ein. Das Geftihl erlittenen Unrechtes, verletzter
Ehre lastete schwer auf dem in diesem Punkte ungemein empfindlichen
Manne, und es bohrte sich um so tiefer ein, als ihn Verhaltnisse dazu be-
stimmten, Jahre lang schweigend zu dulden. Ueberdies sah er sich bei
Besetzung hoherer Richterstellen, auf die ihm seine Fahigkeiten Anwartschaft
verliehen, wiederholt Ubergangen, woraus er den Schluss ziehen musste, dass
seine vorgesetzte Dienstbehorde gesonnen sei, es nicht bei jener Massregelung
bewenden zu lassen. P. suchte inzwischen in dem Berufe des juristischen
Schriftstellers Befriedigung und erwarb sich auf dijesem Gebiete rasch einen
geachteten Namen. In alien seinen Schriften verfocht er den dem gesunden
Menschenverstande adaquaten Geist des Rechtes gegen Buchstabendienst und
Schablonenthum mit Energie und Ktthnheit, Uberall reformatorischen Ge-
danken zugeneigt, eine starke kritische Ader verratend. 1894 trat er endlich
mit der Aufsehen erregenden Broschtire »Willibald Ilg. Ein Nachtstuck aus
der modernen deutschen Strafrechtspflege« (Leipzig, Verlag von Otto Wigand)
hervor, worin er das vor elf Jahren Vorgefallene schilderte. Er schlug eine
Sch&rfe der Tonart an, die sich aus seinem Gemtithszustande hinlanglich er-
klarte, aber die Sache, die er vertrat, schadigen musste. Seine Angriffe
richteten sich nicht nur gegen die am Processe Ilg Betheiligten, sondern
auch gegen die Mitglieder des Oberlandesgerichtes und vor Allem gegen
die Person des Ministers. Eine Disciplinaruntersuchung wurde (iber P. ver-
hangt, deren Ausgang keinen Augenblick zweifelhaft sein konnte. Entweder
musste P. fallen oder alle die, welche er angegriffen hatte. Der Disciplinar-
gerichtshof verurtheilte ihn zur strengsten Strafe, zur Dienstentlassung. Er
antwortete mit einer neuen, noch heftigeren Flugschrift: »Der Achtung un-
wtirdig! Ein Fall wiirttemb. Disciplinarverfahrens« (Stuttgart, Verlag von
Robert Lutz, 1894). Fortan betrachtete er es als seinen einzigen Lebens-
zweck, den Nachweis zu erbringen, dass ihm Unrecht geschehen sei, und
seine Rehabilitation durchzusetzen. Er wollte vor Allem seine Gegner dazu
veranlassen, dass sie gegen ihn wegen Beleidigung Strafantrag stellten, und auf
diese Weise seine Sache vor ein ausserwiirttembergisches Gericht bringen. Denn
er setzte die Solidarit&t sammtlicher wiirttembergischen Richter untereinander
und somit ihre Befangenheit voraus. Dies gelang ihm nicht. Eine Eingabe
an den Landtag blieb erfolglos. Er fuhr fort, den ihm entzogenen Titel
Landgerichtsrath zu fiihren, und erzwang deshalb durch Selbstdenunciation
einen Process, den er in alien Instanzen verlor. Damit war natiirlich ftir ihn
nichts erreicht. Inzwischen war er Rechtsanwalt in Ulm geworden. Einer
neuen, »Die Rechtskraft des Verbrechens und der Niedergang der deutschen
Strafrechtspflege* (Zlirich 1897, Verlag von E. Speidel) betitelten Streit-
schrift wegen wurde P. im November 1898 vom Ehrengerichte der wiirttem-
bergischen Anwaltskammer zu einem Verweis und einer hohen Geldstrafe
verurtheilt. Das Ehrengericht der Rechtsanwalte in Leipzig, an das er
appellirte, bestatigte dieses Urtheil. Er verzichtete nun auf die Advocaten-
thatigkeit. Nichtsdestoweniger fuhr er fort, auf Mittel zu sinnen, an Planen
zu Schmieden, die ihm seine Ehre vor den Augen der Welt wiederherstellen
sollten. Ein rascher Tod bewahrte ihn vor neuen Enttauschungen. Auf
dem Heimwege von der Weihnachtsbescherung im Hause eines Bruders in
der Christnacht wurde er von einem Herzschlage getroffen, der das sofortige
Ende herbeifUhrte. Ihn bctrauerte eine Wittwe, Clara, Tochter des ehemaligen
Biogr. Jahrbuch u. Deutscber Xekrolog. 4. Bd. r
66 Pfizer.
Stuttgarter Hoftheatermalers Braakman, mit der er in kinderloser Ehe ge-
lebt hatte.
Ein Leben so reich an Tragik, wie sie nur immer die Phantasie des
Dichters erfinden mag, hat sich da abgewickelt. Ein Mann, dazu geschaffen,
in seinem Berufe Bedeutendes zu leisten, wird durch ein Verhangnis, dessen erster
Anlass von aussen kommt, dessen tieferer Grund zugleich in seinem Innern
liegt, dazu gezwungen, seine Krafte in unfruchtbaren, hofFnungslosen K&mpfen
aufzureiben. Selbstlos tritt er ftir einen Ungllicklichen ein, und von dem
einzelnen Falle oder, wohl richtiger, von zahlreichen einzelnen Fallen aus, die
ihm in seiner richterlichen Praxis aufgestossen sind, drangt sich ihm die Noth-
wendigkeit einer Reformation unserer Rechtspflege auf. Er muss seiner
Ueberzeugung wegen leiden, er selbst zum mindesten halt sich ftir den
Martyrer einer guten Sache. Seine Person, seine personlichen Rechtsan-
sprtiche treten immer mehr in den Vordergrund, das PersOnliche verschmilzt
sich innig mit dem Principiellen. Die grosse Menge freilich erkennt nur
noch das personlich Sensationelle, sie libersieht, dass der ktthne Kampe fur
sich selbst zugleich Wunden im modernen Rechtsleben blossgelegt hat, dass
insbesondere seine Befehdung des Instituts der Staatsanwaltschaft, wie es sich
bei uns ausgebildet hat, einen sittlichen Kern hat. Und die Masse des
Publikums hat ftir die Tragik eines solchen Charakters kein Verstandniss:
sie erblickt in ihm einen blossen Querulanten, einen Processwuthigen, Skandal-
stichtigen, einen am Verfolgungswahne Leidenden. Ganz gewiss sind die Mittel,
die P. gewahlt hat, nicht immer glUcklich gewesen, gewiss hat er auch in
seinen persOnlichen Invectiven iiber das Ziel hinausgeschossen: aber dennoch
haben in ihm sittliche Krafte gewaltet, die hohe Achtung gebieten: Uner-
schrockenheit, Unbeugsamkeit, Beharrlichkeit, Zahigkeit. Haben doch selbst
seine Gegner die Unantastbarkeit seines Charakters stets anerkannt. Er war
von seinem Rechte so felsenfest tiberzeugt, dass er nur durch dieses allein
siegen wollte. Er verschm&hte es, Bundesgenossen zu werben, seine Sache
mit der Oppositioneller und Missvergnligter irgend welcher Art zu vermischen.
Ja, er scheute sich nicht, den Kreis seiner Feinde stetig zu erweitern. Von
Haus aus stand er den Parteien nahe, welche die Autoritat des Staates ver-
treten. Als er dann selbst mit dieser Autoritat in Conflict gerieth, thaten
die rechts stehenden Parteien und deren Presse nichts zu seiner Vertheidigung.
An die Demokratie wollte er sich nicht herandrangen ; sie war ihm ohnehin
seiner entschieden nationalen Gesinnungen wegen abhold. Denn der Sohn
Gustav Pfizers, der Neffe Paul Pfizers, des stiddeutschen Heroldes des neuen
Deutschen Reiches, musste als deutscher Patriot empfinden, ein Bewunderer
des grossen Kanzlers sein. Als Denkmal dieser Sinnesart kann eine am
i. April 1893 von P. auf Bismarck gehaltene, durch Sonderdruck verbreitete
Rede gelten. So stand er allein, zwar von den Sympathien vieler selbst-
standig Denkenden begleitet, aber von keiner offentlichen Macht im Lande
offentlich unterstlitzt. Dennoch konnte er vollem Verstandniss wohl nur in
seiner schwabischen Heimath begegnen, wo solche — im besten Verstande
des Wortes — eigensinnige Charaktere besonders haufig auftreten, Conflicte
zwischen einzelnen mamnlich festen PersOnlichkeiten und der Uebermacht
des Staates besonders haufig ausbrechen.
P. hat ausser den schon erwahnten BroschUren noch folgende juristische
Schriften verOffentlicht:
Pfiier. Weckesscr. 6y
Recht und WillkUr lm deutschen Strafprozess. Hamburg 1888 (in HoltzendorfTs
Deutschen Zeit- und Streit-Fragen. Neue Folge. Heft 41/43).
Was erwartet Deutschland von dem btlrgerlichen Gesetzbuch? Hamburg 1889
(ebenda Heft 55).
Ehe, Staat und Kirche. Hamburg 1890 (ebenda Heft 72).
Die Berufung in Strafsachen. Hamburg 1891 (ebenda Heft 90).
Anti - Seuffert oder der Geist des Rechts und der Buchstabe des Gesetzes. Von
G. Pfizer. Leipzig, Verlag von Otto Wigand. 1892.
Wort und That. Ein Nothruf fUr deutsches Recht. Ebenda 1892.
Das Recht des Btlrgerlichen Gesetzbuches. Gemeinfasslich dargestellL Ravensburg,
Verlag von Otto Maier 1898.
Das wtirttembergische Ausfahrungsgesetz zum Btlrgerlichen Gesetzbuch nebst der
wllrttembergischen Gesindeordnung mit kurzen Erl&uterungen. Ebenda 1900.
Ausserdem war er Mitarbeiter an juristischen Zeitschriften und an Zeitungen, ins-
besondere der Beilage zur Allgemeinen Zeitung.
Gustav Pfizer von C Stooss. Schweizerische Zeitschrift ftlr Strafrecht. XIII. Jahrg.
1900. S. 31 — 37. Auch als Separatabdruck erschienen mit Bibliographic Kttrzere Nachrufe
und Notizen in Schwabischer Kronik vom 27. December 1899 No. 603, Staats-Anzeiger fUr
Wttrttemberg vom selben Tag No. 301, (Stuttgarter) Neues Tagblatt vom selben Tag No. 302,
Ulmer Schnellpost vom 29. Dezember 1899 No. 3041 insbesondere Allgemeine Zeitung vom
27, December 1899 No. 358 (sehr warm). — Leichenrede. — Familiennachrichten.
Rudolf Krauss.
Weckesser, August, Historien- und Genremaler. * 28. November 182 1
in Winterthur (Schweiz), f 11. Januar 1899 in Rom. — Als Sohn eines
Bleichers und MUllers, der zu Anfang dieses Jahrhunderts aus dem badischen
Amtsstadtchen Wertheim nach der Schweiz tibergesiedelt war, und der Base
von Jonas Furrer, dem ersten schweizerischen Bundesprasidenten, verlebte W.
mit ftinf Geschwistern eine frische frtfhliche Kindheit auf der »Untermtihle«
in der Nahe des Dorfes Oberwinterthur. Doch nach des Vaters vorzeitigem
Tode (1834) wurde der Knabe bereits mit seinem flinfzehnten Jahr aus der
Schule genommen, um als Lehrjunge in die Mtihle einzutreten; ja, folgen-
schwere Machinationen des vom Vater schon mit dem Betrieb der Mtihle
betrauten Mtillerknechtes beforderten den Achtzehnjahrigen zum Meister.
— Vom ersten Zeichnungsunterricht an hatte W. grosse Geschicklichkeit in
diesem Fach gezeigt, und nach all der strengen Arbeit und Plackerei die
Woche durch wurde an Sonntagen leidenschaftlich von Morgens frtih bis
Abends spat gezeichnet. Der Kaufmann und Kunstdilettant Salomon Brunner
war es, der zuerst dem strebenden Jungen Anweisung gab im Malen mit
Oelfarben und im landschaftlichen P'ach, und der erste wirkliche Schritt zur
kilnstlerischen Ausbildung ward ihm ermoglicht durch das edle Entgegen-
kommen des Historien- und Portraitmalers David Eduard Steiner, der ihn
einlud, bei ihm nach Gipsabglissen zu zeichnen (1840). Ja, es gliickte,
einige Gelder ftir den jungen Kttnstler fltissig zu machen, dass er im Frlih-
jahr 1 841 die Akademie in Munchen beziehen konnte. Bleichegeschaft und
Mtihle hatten jetzt die zwei Brtider unter sich. In MUnchen wandte sich
W. zunachst mit Empfehlung an Prof. Samuel Amsler, den ausgezeichneten
Schweizer Kupferstecher, kam an die Akademie zu Clemens v. Zimmermann
und wurde da mit seinen Landsleuten Hans Bendel aus Schaffhausen und
Gottlob Emil Rittmeyer aus St.-Gallen »in jene etwas theatralisch compo-
nirende Richtung gelenkt, die in Wilhelm v. Kaulbach ihren eine Zeit lang
erfolgreichsten Vertreter hatte « (J. V. Widmann). Nach eigener Aussage
setzte er seine Studien an der Akademie, im Antikensaal und in der Mai-
5*
68 Weckesser.
klasse etwas tiber zwei Jahre fort und suchte dann ohne Lehrer und in sehr
beschrankten Verhaltnissen, so gut es eben ging, bis 1848 weiterzukommen ;
er hielt sich sein bescheidenes Atelier, aus dem von Zeit zu Zeit Ar-
beiten eigener Composition nach der Vaterstadt wanderten, bis schliesslich
das Ausbleiben aller und jeder Untersttitzung von zuhause, wo man derweil
die Miihle hatte verkaufen mtissen, sowie auch die allgemein tiber Europa
hereingebrochenen politischen Wirren ein langeres Verweilen in Mlinchen un-
moglich machten. W. besuchte seinen lieben Franz Xaver Striebel in
Mindelheim und traf nach siebenjahriger Abwesenheit wieder in der Heimath
ein. Da nun erstanden ihm zwei hochherzige Conner in Georg Studer zum
»Lindengarten« und in Friedr. Ludw. Imhoof-Hotze. Dem letztern ward W.
wie als Vermachtniss hinterlassen von dem durch seine algerischen Studien
bekannten Joh. Kasp. Weidenmann, in dessen Atelier der junge Kiinstler
seinen Farbensinn starken sollte, und mit dem Macenatenhause Imhoof blieb
denn auch W. bis zu seinem Lebensende innigst verbunden. — In die Zeit
von 1849/50 failt W.'s erste klinstlerische Grossthat: »Ausbreitung des Christen-
thums im alten Helvetien«, eines der Ltinettenbilder im Museum zu Winter-
thur; und nun folgen wir dem Maler an die Akademie zu Antwerpen und
nach Paris (1851 — 53). In Antwerpen ertheilte den Unterricht in Expression
und Composition Gustave Wappers, der berlihmte Kunsterneuerer, zumal auf
dem Gebiet der belgischen Historienmalerei; mitVorliebe habe dieser bei W.
und seiner Gruppe verweilt. Seit Antwerpen stand W. in freundschaftlichem
Verhaltniss zu Iwan Reimers (Feuerbachs Freund) und zu Polydore Beaufaux;
seine Studiengenossen waren u. A. der Solothurner Frank Buchser und namentlich
Ernst Sttickelberg, mit dem W. einen intimen Freundschaftsbund schloss ftirs
ganze Leben, mit dem er wieder in Paris, Mfinchen, Rom zusammentraf. —
In Paris wurde eifrigst copirt, nach Tizian, Veronese, Horace Vernet u. s. f.,
und von da brachte W. u. A. eine Malskizze mit nach Hause: »Zwinglis Tod«.
Hr. Studer betraute W. mit der Ausflihrung in einem grossern GemaJde und
bestellte ihm als Pendant dazu eine Copie nach Lessings »Huss« in halber
Grosse; das flihrte den Maler auch nach Frankfurt a. M., wo er freundliche
Aufnahme fand bei dem Luzemer Componisten Schnyder von Wartensee (1855).
Das Zwinglibild ist W/s popularste Schopfung, ein Nachtsttick in der Art
der hollandischen : Godfried v. Schalckens »Verspottung Christi* ist (wohl
als Vorbild) von W. copirt worden. — Ein weiteres Historiengemalde lieferte
W. ftir Imhoof im »Tod des Richters Stanga«. Wie der »Zwingli« (1854),
so ward auch der »Stanga« in Miinchen vollendet (1856/7); dem Priester,
der fllr seine Ueberzeugung stirbt, tritt gegenliber der schlichte Kriegsheld,
der siegend fallt fiirs Vaterland. Wahrend des zweiten Aufenthaltes an der
Isar entstanden auch »Die Milch naschenden Gnome*, ein Genrebildchen
mit viel phantastischem Humor. — 1858 wurde ihm sein Herzenswunsch,
nach Italien zu gehen, durch Imhoof erftillt. Sein Aufenthalt in Rom war
zunachst nur auf ein Jahr berechnet; aber Italien ist W.'s zweite, sozusagen
seine KUnstlerheimath geworden: hier bis an sein Lebensende im Junggesellen-
thum verharrend, ist er als ein Romer gestorben. In Venedig wurde copirt,
wiederum nach Tizian, Veronese etc., hier auch entstanden ein Selbstportrait
und feine Architekturstucke. Dann wurde die Reise tiber Florenz nach
Rom fortgesetzt, und Sttlckelberg flihrte den Freund ins Sabinergebirge
ein. »Die Sabiner bis hoch hinauf in die Cervara fanden in ihm den
Schilderer ihrer herben Wirklichkeit, Sor Agosto wurde ihr langjahriger
Weckesser. 69
Freund und fUhlte sich in ihrer Einfachheit, die noch fiber die des schweize-
rischen Alpenvolkes geht, zuhause« (Sttickelberg). 1863 machte W. in Be-
gleitung seines lieben Ziircher einen Ausflug nach Neapel und Sicilien, im
Jahr darauf Studienfahrten nach Sorrent, in die Gebiete der alten Etrusker
und Herniker, 1868 einen langern Aufenthalt im toskanischen Stadtchen
San Gimignano; 1869 malte er mit Rudolf Koller zusammen in Porto d'Anzio
und setzte dann allein die Studienreise langs der Kuste fort bis Terracina
und Mola di Gaeta. Die Jahre 1873 unc * 1875 zeitigten Aufenthalte auf
Capri, das Jahr 1887 einen Streifzug mit dem Augenarzt Prof. Heinr. Schiess
durch die Sabiner- und Volskerberge u. s. w. Nur selten noch kam er liber
die Alpen nach der Heimath: 1866, 1870, 1881, 1886, 1891 und 1896;
1867 ward ihm der Besuch der Pariser Weltausstellung ermoglicht. — Zu-
nachst sind es drei Genrebilder, die in den Jahren 1858 bis 1862 vollendet
wurden: »Familienidyll aus den Sabinerbergen«, »Angehende Virtuosen« und
» Brand im Sabinergebirg«. Auf dem Gebiet des hohern Genres sind wohl
die «Abgebrannten», W.'s bedeutendste Schopfung, wie er spater mit dem
»Wart« auf dem Boden der geschichdichen Malerei entschieden sein Bestes
gegeben hat — Von W.'s weitern Genrebildern verdienen besonders Er-
wahnung: »Die Schnitterinnen« (1868), »Den Saltarello tanzende Kinder*
(1873), »Brotspende« (1884), »Muttergluck» (1886), »Kleine Frtichtehandlerin*
(1889), »Ave Maria* (1897). — Von Zeit zu Zeit bot sich auch Gelegenheit,
Stoffe aus der Schweizer Geschichte zu behandeln; war es doch W.'s Jugendtraum
gewesen, dereinst ganz nur dieses Feld seiner Kunst bebauen zu dtirfen. So
kamen zur Ausfiihrung: das Redingbild (1872), weiter zwei Bilder, die sich
auf den Auszug des reformirten Geschlechtes der Muralti aus Locarno be-
ziehen (1874 und 1881), und dann vor Allem W.'s figurenreichste Compo-
sition: »Gertrud v. Wart fiir ihren Gatten urn Gnade flehend« (1878), ein
monumen tales Werk. Endlich wurde ihm 1896 der Auftrag zu einem neuen
grossen Historienbild, ein »Gottesgericht zu Glarus« darstellend; und wie er
seiner Zeit (1870) fttr das Redingbild eingehendste Studien gemacht in
Schwyz, so riickte er jetzt zu Studien an Ort und Stelle in Glarus ein, und
da hatte der bereits etwas Vereinsamte und Vergessene die Freude, in die
schweizerische Kunstcommission gewahlt zu werden zur Bestimmung der fiir
den Bund zu erwerbenden Kunstwerke auf der Landesausstellung zu Genf.
— W. hat auch Illustrationen geliefert zu Shakespeare: ein Kolossalgemalde
»Herzogin v. Gloster« und ein kleines Bild »Othello und Desdemona« (1866).
Von drei Entwilrfen zu Gottfried Kellers »Hadlaub« kam als Gegenstiick zu »Pan
und Bakchantinnen« (1891) der »Reigentanz« (1893) zur Ausfiihrung; der Maler
machte Studien hiezu im Sihlthal und am Ziirichhorn. Endlich hat W. durch
Proben gezeigt, dass auch er berufen gewesen ware, Jeremias Gotthelf ver-
standnissinnig zu illustriren. — Dann wieder zeugen eine Reihe von Portraits
von W.'s scharfer Beobachtung und feinster Detailbehandlung. Und schliess-
lich: »eine Merkwtirdigkeit bleibt, dass der eifrige Studienmaler zuweilen sich
in phantastisches Gebiet verlor, abseits von der Realitat seiner Sabinererleb-
nisse. So hat er z. B. in seiner »Wasserhose« (1883) auf gelungene Art ein
Naturereigniss verbildlicht, dessen man den nicht phantasievoll angelegten W.
nicht fiir fahig hielt« (Stttckelberg). — Jene Bliithezeit rOmisch-deutschen
Kunstlebens, da Ludwig I. von Bayern die deutschen Kunstler wie Koch,
Cornelius, Overbeck u. A. in Villa Malta urn sich zu versammeln pflegte,
hat W. nicht mehr miterlebt, immerhin aber noch ihren Nachhall, und gern
^o Weckesser. Probst.
erzahlte er allerlei AnekdStchen, die sich auf jene Glanzperiode bezogen.
Und dem »Antico CafFfe Greco«, das dazumal in Schwung gekommen als
beliebter Rendezvous -Ort deutscher KUnstler, ist W. als letzter der alten
Garde zeitlebens treu geblieben ; hier und im »Genio« bildete er lange den
Mittelpunkt, da traf sich namentlich, was von Schweizern sich ftir Kunst und
Kunsder interessirte. Gleich von den ersten Jahren an hielt W. haufig auch
Einkehr im gastlichen Haus der hochangesehenen Schweizer Ktinstlerfamilie
der Corrodi, das ein halbes Jahrhundert lang wahrend der Wintermonate
jeden Donnerstag Abend oflfen stand ftir die in Rom lebenden oder vortiber-
gehend weilenden Landsleute; in W.'s Atelier malte eine Zeit lang des Hauses
jtingerer Sohn, der talentvolle Arnold Corrodi. Gute Freunde W.'s waren
Rudolf Blihlmann und Jakob Zurcher; W. und ZUrcher gal ten geradezu als
die Unzertrennlichen ; »treue KUnstlerseelen in Freundschaft vereinU waren
W. und der Bildhauer Ferdinand Schloth, und seit 1869 standen sich auch
W. und Koller ungemein nahe; schliesslich war meist in W.'s Gesellschaft
der Aarburger Franz Aerni, der des Meisters letztes Gemalde, das »Gottes-
gericht*, vollendete. — Sie, die mit dem Maler in seinen karg bemessenen
Stunden der Musse Roms Umgebung durchstreifen durften — und ihrer sind
nicht wenige — , wissen nicht genug zu riihmen, wie originell sich jeweilen
solche Ausfltlge gestalteten; in der weiten »Campagna di Roma* giebts so-
zusagen kein Loch, das W. nicht kannte. W. war eine ungemein rilstige
Natur, weil ein Spartaner in seiner Lebensweise, ein bewahrter Fussganger,
Schwimmer und Turner. Ein vorztiglicher Mensch von grosser Geftihlstiefe,
allem falschen Schein abhold, besass er den Fehler, zu stolz-bescheiden zu
sein, und ward gleichsam »ein Martyrer seines Kunstsinns«. Als Ktinstler
ist er »ein ntichterner Idealist und ein sinniger Realist* ; ^Reflexion fliesst
aus seinem Pinsel auf die Leinwand« (Stilckelberg). W. war ein Meister in
der Composition, virtuos im Zeichnen, weniger in der Farbengebung ; zumal
war er der kaum zu ubertreffende Studienmaler; zahlreiche seiner Studien
haben selbststandigen Werth, und, blieben die fertigen Gemalde etwa zuriick
hinter dem Angestrebten, so vermochten gewisse Studien, die er ftir jede
einzelne Figur nach lebendem Modell ausarbeitete, jedenfalls auch ihn selbst
voll zu befriedigen. Dank diesem peinlichen Modellstudium hauptsachlich
bedeuten W.'s Bilder einen Fortschritt gegeniiber solchen des Altmeisters
schweizerischer Historienmalerei, Ludwig Vogel, auch wenn seine Kunst
selbst wieder in andern Beziehungen einer jungern Generation etwas fremd
geworden ist.
Vgl. das »Neujahrsbl. d. Kunstges. in Ztirich f. 19004c, wo weitere Lit. Vgl. »Die
Schweizc II 1898, 5350*. und III 1899, 583 ff.; »N. Ztirch. Ztg.< v. 15. 1., 18. und 21. III. 1899;
»Sonntags-Beil. d. Allg. Schw. Ztg.«, IV. 1899, No. 4 (22. I. 99); »Der Bund* vom
23. I. 1900. Abweichende Facta sind nach der obigen Skizze zu berichtigen.
Otto Waser.
Probst, Rudolf, ultramontaner Politiker, * 9. Marz 181 7 zu Ludwigsburg,
f 15, April 1899 zu Stuttgart. — Er stammte aus einer angesehenen katho-
lischen Familie Schwabens; sein Vater, zur Zeit der Geburt des Sohnes
Gerichtsactuar, verstarl) 1856 als Obertribunalrath. Nachdem P. seine Schul-
bildung in den oberschwabischen Stadten Biberach und Ehingen empfangen,
in Tubingen und Heidelberg Rechtsgelehrsamkeit studirt, in den beiden
Staatsexamina die hochsten Noten erhalten und sich durch weite Reisen
Probst.
71
weiter gebildet hatte, trat er als Justizassessor am Esslinger Gerichtshof in
den wlirttembergischen Staatsdienst ein, wo ihm eine glanzende Lautbahn zu
winken schien. Aber schon 185 1 nahm er seiner politischen Anschauungen
wegen die Entlassung und Hess sich als Advocat in Stuttgart nieder. Als
solcher war er viel gesucht und begehrt und an zahlreichen Press- und
sonstigen politischen Processen betheiligt. 1855 bis 1857 wirkte er als Ob-
mann im hauptstadtischen Btlrgerausschuss. 1865 wurde er rechtskundiger
Director der Stuttgarter Lebensversicherungs- und Ersparnissbank, von welcher
Stellung er im Januar 1887 aus Gesundheitsrticksichten zurticktrat. Seine
bedeutendste Thatigkeit hat P. als Politiker und Parlamentarier entfaltet. Im
Gegensatze zu seinem Vater, der dem damals mit der wtirttembergischen Re-
gierung eng verbtindeten Clerikalismus huldigte, hielt der Sohn sich anfangs
zur demokratischen Opposition, spiel te 1848 im Esslinger Volksverein eine
Rolle, trat mit dem bedeutungsvollen Schriftchen »Zur Wiedergeburt der Straf-
rechtspflege, Gedanken und Vorschlage« (Esslingen 1849) a * s Publicist hervor.
Vom Oberamt Biberach, dessen Abgeordneter frliher sein Vater gewesen war,
wurde er von 1849 bis 1895 ohne Unterbrechung zunachst in die drei
verfassungberathenden Versammlungen, danri in die zweite Kammer entsandt.
Hier erwarb er sich im Kampfe gegen die Reaction bald hohes Ansehen.
Als die liberate Gesamtpartei Wtlrttembergs in den sechziger Jahren bei Auf-
rollung der deutschen Einheitsfrage in die BrUche ging, gehOrte P. zu den
entschiedensten Vertretern des grossdeutschen Gedankens, ohne sich jedoch
der 1 866 neu begrtindeten Volkspartei anzuschliessen. 1868 wurde er im
2. wtirttembergischen Wahlkreise (Saulgau-Riedlingen) zum Zollparlamente
gewahlt. In Berlin Ubernahm er die Fuhrung der stiddeutschen Fraction.
Hier erwarb er sich, vor den Folgen engeren politischen Zusammenschlusses
warnend, das unfreiwillige Verdienst, das bertihmte Wort Bismarcks hervor-
zulocken, dass der Appell an die Furcht kein Echo in deutschen Herzen finde.
Dem ersten Reichstage gehorte er als Deputierter des 17. wlirttembergischen
Wahlkreises (Ravensburg etc.) an. Immer mehr vollzog sich jetzt bei ihm der
Umschwung zum entschiedenen Clerikalismus, wahrend er in den sechziger Jahren
die Ansprtiche der katholichen Kirche nur im bescheidensten Umfange ver-
fochten hatte. Er trat der Centrumsfraction bei, gait nicht wenig bei seinen
Parteigenossen und betheiligte sich lebhaft an den Verhandlungen des Reichs-
tages. Der Aufenthalt in Berlin sagte ihm jedoch ganz und gar nicht zu,
und so verzichtete er Januar 1874 auf die Wiederwahl. Dagegen fuhr er
fort, im wtirttembergischen Landtage zu wirken. Er zahlte zur Fraction der
Linken, seitdem sich diese gebildet hatte. Neben juristischen Fragen beschaf-
tigten ihn namentlich finanzwirthschaftliche. Er sass in den wichtigsten Com-
missionen, war 1862/65 und 1866 Mitglied des weitern Ausschusses, 1868/70
Viceprasident. Sein Einfluss erstreckte sich sogar auf die erste Kammer, wo
er beim oberschwabischen Adel sehr geschatzt war. Niemals verleugnete er in
seiner gesammten Thatigkeit den klar denkenden, logisch geschulten Kopf.
Er redete gut, sich stets in feinen Formen bewegend. Sein Auftreten war
ruhig, sachlich, verbindlich, selbst wo er polemisirte. Er erfreute sich auch
der Achtung der gegnerischen Parteien. Einen personlichen Feind hat der
liebenswtirdige Mann wohl tiberhaupt nicht gehabt. — Zu seinen letzten
politischen Thaten gehorte nach Sprengung der Kammerfraction der Linken
die Mitbegrtindung des wtirttembergischen Centrums, zu dessen Ehrenvorstand
er erwahlt wurde. Bei den Landtagswahlen im Februar 1895 candidierte der
72
Probst Stotr.
Greis nicht mehr. Am Offentlichen Leben der Hauptstadt betheiligte sich P.
in mannigfacher Weise. Sein Hauptinteresse gait natlirlich der dortigen
katholischen Gemeinde, die ihn gleich einem Patriarchen verehrte und stets
auf seinen Rath horte. Doch entzog er sich auch nicht patriotischen An-
forderungen. So war er noch in seiner letzten Lebenszeit im Ausschusse fur
Errichtung eines Denkmals Kaiser Wilhelms I. thatig. Den Zweiundachtzig-
jahrigen raffte eine langere Krankheit des Alters hinweg. Ihn betrauerten ein
Sohn, eine verheirathete Tochter und 6 Enkel. Die Gattin, Wilhelmine, Tochter
des Oberstabsarztes Sontheimer in Stuttgart, war ihm im Tode vorangegangen.
Schwabische Kronik rom 15. April 1899 No. 172, 18. April 1899 ^°* *7 6 (Lcichen-
feier) und No. 177, Deutsches Volksblatt vom 15. und 18. April 1899 No. 85 und 87,
Staats-Anzeigcr fttr WUrttcmberg vom 15. April 1899 No. 86, (Stuttgarter) Neues Tagblatt
vom 18. April 1899 No. 89. — Rudolf Probst, ein katholischcr Mann (Stuttgart 1899).
Rudolf Krauss.
Stotz, Paul, Erzgiesser, * 6. Mai 1850 zu Wasseralfingen (im wiirttem-
bergischen Oberamt Aalen), f 3. September 1899 auf dem Veitenhof bei
Kufstein. — Sein Vater, friiher Hutteninspector, griindete i860 in Stuttgart
die erste Giesserei schmiedbarer Eisengusswaren innerhalb des deutschen
Zollvereins. Der Sohn widmete sich demselben Kunstzweige und besuchte
von 1866 bis 1869 das Stuttgarter Polytechnicum und die damals noch
diesem angegliederte Kunstgewerbeschule. 1870 wollte er als Freiwilliger
in den Krieg ziehen, erkrankte aber schon im Elsass am Typhus. Nachdem
er in verschiedenen auswartigen Stellungen seine praktische Ausbildung ver-
vollstandigt hatte, rief er 1876 im Anschluss an das vaterliche Geschaft in
Stuttgart eine kunstgewerbliche Werkstatte zur Ausfiihrung seiner eigenen
Entwttrfe ins Leben. Aus unbedeutenden Anfangen nahm die Anstalt, be-
sonders seit der wttrttembergischen Kunstgewerbeausstellung des Jahres 1881,
einen grossartigen Aufschwung. S. begann mit Anfertigung kleinerer Metall-
gerathe, kunstgewerblicher Gebrauchs- und Luxusgegenstande verschiedenster
Art, nahm bald kiinstlerische Bauverzierungen hinzu, verwendete dann die
Bronze zum Grabschmuck. Den entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung
seines Institutes libte die Einftihrung des elektrischen Lichtes aus. Nunmehr
warf er sich hauptsachlich auf Beleuchtungskorper. Seine grossten Erfolge
errang er auf dem Gebiete der Schiffsbeleuchtung. Er stattete die Dampfer
der grossten Rhedereien, auch die Yacht Hohenzollern in dieser Hinsicht aus.
Ferner sind seine Leuchtgerathe in der Kaiser Wilhelm-Gedachtnisskirche zu
Berlin als hervorragende Leistung namhaft zu machen. Endlich gliederte
er seiner Werkstatte noch eine Abtheilung fur Monumentalgiesserei an. Er
ubernahm den Guss zahlreicher Denkmale in Stuttgart und auswarts. Er war
auch an der Ausstattung des neuen deutschen Reichtagsgebaudes betheiligt.
S., der in seiner Person den untemehmungslustigen Fabrikanten mit dem fein-
gebildeten und formsicheren Ktinstler vereinte, hat den von ihm gepflegten
Zweig des deutschen Kunstgewerbes zu hoher Bllithe gebracht und hat
darum weit iiber die Grenzen seiner engeren Heimath hinaus Ansehen be-
sessen. Noch viel Gutes und Schones ware von ihm zu erwarten gewesen,
wenn ihn nicht ein jaher Tod im besten Mannesalter weggerafft hatte.
Scheinbar gesund begab er sich in die Sommerfrische, wo ein Herzschlag
das Ende plotzlich herbeifuhrte. Er hinterliess eine Wittwe, Julie geb.
Rtimelin, und 6 Kinder.
Stott, Egle. 73
Schwabische Kronik vom 4. September 1899 No. 410 und 411, Staats-Anzeiger fllr
WUrttemberg vom selben Tag No. 205, Frankfurter Zeitung vom 7. September 1899 No.
248 Abendblatt.
Rudolf Krauss.
Egle, Joseph (von), Architekt, * 23. November 181 8 zu Dellmensingen
(im wiirttembergischen Oberamt Laupheim), f 5. Marz 1899 zu Stuttgart. —
Aus niederm Stande hervorgegangen und in bescheidenen Lebensverhaltnissen
gross geworden, erhielt er seine wissenschaftliche Ausbildung im Baufache
auf der Stuttgarter Gewerbeschule, dem Wiener Polytechnicum und der
Berliner Akademie der Ktinste, war dann als Zeichner bei Bauten in Wien
thatig, besuchte 1842 als Correspondent der Allgemeinen Bauzeitung Nord-
deutschland und England und widmete sich in Paris, Munchen und Italien
eingehenden Kunststudien. Nach einer solchen griindlichen theoretischen
Vorbereitung kehrte der nicht bios kiinstlerisch reich begabte, sondern auch
mit scharfem praktischen Verstand ausgeriistete E. Herbst 1848 in die Heimath
zuiiick, wo alsbald eine schone Aufgabe seiner harrte. Er wurde zum Vor-
stand der noch in den bescheidensten Anfangen befindlichen Stuttgarter Bau-
gewerkeschule berufen, die er in 46jahrigem segensreichen Wirken zu einer
trefflich organisirten, in ganz Deutschland als musterhaft anerkannten Unter-
richtsanstalt herangebildet hat. Ein sieben Jahre lang innegehabtes Lehramt am
Stuttgarter Polytechnicum legte er nieder, als er 1857 zum ersten Architekten
des Hofes ernannt wurde, zuerst als Oberbaurath, dann als Hofbaudirector.
Daneben hatte er eine ausgedehnte Baupraxis. Er begann mit blirgerlichen
Wohnhausern, Villen, Schulgebauden. Ebenso sehr wie die Schonheit der
Bauten lag ihm ihre Dauerhaftigkeit am Herzen. Er gingvon der bis dahin
in Stuttgart iiblichen Fachwerkconstruction zum unverblendeten Massivbau iiber
und drang bald mit seinen Principien vollig durch. Er hat im Vereine mit Leins
der schwabischen Residenz in der zweiten Halfte des 19. Jahrhunderts haupt-
sachlich das architektonische Geprage aufgedrilckt. Eine Anzahl der herr-
lichsten offentlichen Gebaude in Stuttgart sind E.'s Werk, so das Polytechnicum
und die Baugewerkeschule, das eine im edelsten Stile der italienischen, die
andere in dem der franzosischen Renaissance gehalten. 1872 bis 1879 sr huf
er im Stile der Fruhgothik, die Formen der Marburger Elisabethkirche tiber-
nehmend und selbstandig weiterbildend, die ebenso erhabene als schone
Stuttgarter Marienkirche, und mit der Tiibinger katholischen Kirche (Con-
victskirche) leistete er in bescheidenerem Rahmen nicht minder Treffliches.
Ferner war er bei Erneuerung zahlreicher alten Kirchenbauten betheiligt,
leitete insbesondere die Restaurationen der Esslinger Frauenkirche, der
Gmiinder Heiligkreuzkirche, der Gotteshauser in Weilderstadt, Urach, Rotten-
burg am Neckar. Beim Ausbau des Ulmer Miinsters fungirte er als oberster
fachmannischer Berather. Seine vielseitige Gewandtheit bewahrte er auch in
der baulichen Veranderung und Ausschmiickung des Stuttgarter Residenz-
schlosses. Seine gewaltige Arbeitskraft ermoglichte es ihm trotz Lehramt
und Bauthatigkeit, sich litterarisch zu bethatigen. Als Supplement zu dem
Werke »Ulms Kunstgeschichte im Mittelalter« erschien von ihm »Der Munster
in UIm« (Stuttgart, Ebner & Seubert 1872). Daran schlossen sich weitere
kunsthistorische Schilderungen, insbesondere eine solche iiber »Die Frauen-
kirche in Esslingen. Ein Meisterwerk der Gothik des funfzehnten Jahrhunderts.
Herausgegeben von dem Wiederhersteller dieser Kirche« (Stuttgart 1898.
74 Egle. Bcckb. Griesinger.
Verlag von Konrad Wittwer). Auch stellte er eine Theorie fiir das Schattiren
mathematisch bestimmter Korperflachen auf. Die Thatigkeit E.'s, die in der
wtirttembergischen Bau- und Kunstgeschichte unverloschliche Spuren zurtick-
gelassen hat, fand in hohen Orden, in dem Ehrenbtirgerrechte der Stadte
Stuttgart und Ulm aussere Anerkennung. Auch iiber die Grenzen der engeren
Heimath hinaus war sein Name weithin bekannt. Er versah bei manchem
architektonischen Wettbewerbe ein Preisrichteramt, gehfirte verschiedenen
Akademien als Mitglied an, wirkte bei der Grtlndung des Verbandes deutscher
Architekten- und Ingenieurvereine in hervorragender Weise mit. — Die letzten
Jahre seit 1894 verbrachte E. im Ruhestande. Es war ihm noch vergonnt,
die schone Feier des 80. Geburtstages zu begehen. Er war zweimal ver-
hei rathe t; eine einzige Tochter zweiter Ehe Uberlebte ihn.
Schwabische Kronik vom 6. M&tz 1899 No. 107 und 8. Mttrz 1899 No. in (Leichen-
feier), Staatsanzeiger fUr Wttrttemberg vom 6. MUrz 1899 No. 53, Beilage zur Allgemeinen
Zeitung 1899 No. 57i Frankfurter Zeitung 1899 No. 66 Abendblatt, Schwabenland 1899
No. 6, Centralblatt der Bauverwaltung 1899 No. 21, S. 121 f. (mit Bild), Leichenrede.
Rudolf Krauss.
Beckh, August (von), Eisenbahntechniker, * 13. Januar 1809 zu Friedrichs-
hafen in Wiirttemberg, -j- 6. Mai 1899 zu Stuttgart. — Er war der Sohn eines
Finanzbeamten. Nachdem er sich auf der Stuttgarter Gewerbeschule , dem
spateren Polytechnicum, fUr seinen Beruf vorbereitet hatte, war er Stadtbau-
inspector in Esslingen, spater Strassenbauinspector in Reutlingen, wurde beim
wtirttembergischen Eisenbahnbau in dessen ersten Stadien verwendet, erhielt
1844 die S telle eines Eisenbahnbauinspectors in Stuttgart, dann die eines
Sectionsingenieurs, zunachst in Bietigheim, wo er den Enzviadukt erbaute,
hierauf in Ravensburg. 1853 wurde ihm der Titel eines Bauraths verliehen.
In demselben Jahre wurde er als Oberingenieur in die Schweiz berufen, wo
ihm die wichtige Aufgabe zufiel, die Nordostbahn Ziirich-Romanshorn zu bauen.
Das i860 vollendete und wohlgelungene Werk brachte ihm einen noch
bedeutenderen Auftrag ein. Er wurde zu den Vorarbeiten an der Gotthard-
bahn herangezogen und arbeitete das sogenannte Expertenproject im Massstab
1 : 1 0000, begleitet durch ein technisches Gutachten, mit aus, wonach der
Bau der Bahn beschlossen und in der Hauptsache ausgefiihrt wurde. Am
Bau selbst betheiligte sich B., der inzwischen in seine Heimat zurilckgekehrt
war, nicht. Spater entwarf er noch den Bauplan der Bahnlinie Brugg-Basel,
und als in seiner Heimat der Boblinger Bahnbau in Fluss kam, ubernahm er
die Ausfiihrung einer Strecke als Vorstand des Eisenbahnbauamtes in Boblingen,
wo er von 1876 bis 1880 seinen Wohnsitz hatte. Den Rest seiner Tage
verbrachte er in Stuttgart als ein rtistiger Greis. Als er starb, hatte unsere
raschlebige Zeit den um den wtirttembergischen und schweizerischen Bahnbau
verdienten Mann schon vergessen, dessen Wirken um ein paar Jahrzehnte
zurttcklag.
Schwabische Kronik vom 8. Mai 1899 No. 211, Staats-Anzeiger fUr Wiirttemberg
vom selben Tag No. 106.
Rudolf Krauss.
Griesinger, Dr. (Freiherr) Albert Julius (von), Cabinetschef des Konigs
von Wttrttemberg, * 28. September 1836 zu Stuttgart, f 1. April 1899
daselbst. — Seine Kltern waren der Oberpolizeicommissar, nachmalige Eisen-
Griesinger. Schott. ye
bahnhauptcassier Adolf Griesinger und dessen Gattin Christiane, geborene
Stiefel. Er besuchte das Gymnasium seiner Vaterstadt, studirte in Tubingen
und Miinchen Rechtswissenschaft, erstand seine Staatsexamina mit gutem
Erfolge, promovirte zum Doctor der Rechte und vollendete seine griind-
Hche Ausbildung durch ausgedehnte Reisen in den verschiedensten Landern
Europas. Heimgekehrt, leistete er als Hilfsrichter der Justizabtheihing des
Gemeinderaths zu Stuttgart und dem K. Stadtgerichte daselbst Dienste. 1864
wurde er in das Secretariat des K. Geheimen Cabinets berufen und erhielt
dort im folgenden Jahre seine definitive Anstellung als Geheimer Legations-
secretar. 1869 rtickte er zum Legationsrath, 187 1 zum Geheimen Legations-
rath vor. Seit 1883 stand er als Staatsrath, spater als Geheimerath an der
Spitze des Cabinets und genoss gleichermassen das Vertrauen Konig Carls
wie dessen Nachfolgers, Konig Wilhelms II. Neben vielen anderen hohen Aus-
zeichnungen wurde ihm 1893 die der Erhebung in den erblichen Freiherm-
stand des Konigreichs durch den zuletzt genannten Monarchen zu Theil. G. fUllte
in vortrefflicher Weise seine schwierige Stellung aus, zu der ihn vielfaches
reiches Wissen, Menschenkenntniss, Gewandtheit im Verkehre mit Personen
aller Stande, weltmannische Sicherheit im Auftreten, feines Tactgeftihl be-
tahigten. So hoch ihn das Gllick emportrug, hielt er sich doch stets von
Ueberhebung und Hochmuth fern. Ueberdies zeichnete ihn lebhaftes Inter-
esse an den Ktinsten und Wissenschaften aus, mit deren Vertretem er auch
mannigfache personliche Beziehungen unterhielt. Namentlich machte er sich
um die Grtindung des Schwabischen Schillervereins verdient, dessen Vorsitz er
mit Thatkraft und Einsicht fllhrte. — G. erlag einem langwierigen/ttickischen
Leiden, gegen das alle Kunst der Aerzte, alle versuchten Curen machtlos
blieben. Er hinterliess eine Wittwe, Pauline, geb. Autenrieth, mit der er in
siebenunddreissigj&hriger Ehe verbunden war, und zwei Kinder, einen im
diplomatischen Dienste des Reichs stehenden Sohn und eine an einen Officier
verheirathete Tochter.
Zeitungsnekrologe, insbesondere in SchwBbische Kronik vom 4. April 1899 No. 152
und 5. April 1899 No. 154 (Leichcnfeier), (Stuttgarter) Neues Tagblatt vom 4 April 1899
No. 77 (mit Bild), Schwabenland 1899 No. 8 (mit Bild).
Rudolf Krauss.
Schott, Dr. Theodor Friedrich, historischer und kirchenhistorischer Schrift-
steller, • 16. December 1835 zu Esslingen, f 18. Marz 1899 zu Stuttgart. —
Sein Vater, Pupillenrath, und seine Mutter, eine geborene Kapff, zahlten beide
zu wiirttembergischen Beamtenfamilien von altem Ansehen. Auf dem Esslinger
Padagogium vorgebildet, besuchte er das niedere Seminar Blaubeuren und
studierte seit 1853 im hoheren Titbinger, dem sogenannten Stifte, evangelische
Theologie. Er schloss sich der in religioser wie politischer Beziehung conser-
vativ gesinnten Verbindung Staufia an. Nach Ablegung des Examens amtete
er zwei Jahre als Vicar in Bopfingen (wurttembergisches Oberamt Neresheim)
und Kongen (Oberamt Esslingen) und wurde 1859 Lehrer an der ehemals
bertihmten Erziehungsanstalt Hofwyl bei Bern. Erst hier erwachte in ihm der
wissenschaftliche Sinn. 1861 nahm er dreimonatlichen Aufenthalt in Paris,
wo er zu seinen bedeutenden Kenntnissen in der franzosischen Reformations-
geschichte den Grand legte. Nach seiner Rtickkehr in die Heimath versah er
nochmals vortibergehend ein Pfarrvicariat zu Neuhausen a. d. Erms (Oberamt
Urach), wurde dann als Religionslehrer am Stuttgarter Gymnasium verwendet
76 Schott.
und erhielt Frflhjahr 1867 die Pfarrei in der Stuttgarter Vorstadt Berg definitiv
tibertragen. Mit Hingabe lag#er seinem geistlichen Berufe ob und widmete
seine Flirsorge insbesondere auch den Volksschulen. Lange Jahre hatte er
daneben die Grossfurstin Wera von Russland, die Adoptivtochter des Konigs
Carl und der Konigin Olga von Wilrttemberg, zu unterrichten, die zeitlebens
sich ihrem Lehrer dankbar erwies und ihn mit manchen Zeichen ihrer Gunst
bedachte. In das Berger Pfarrhaus ftihrte S. als Gattin Klotilde Elben, die
Tochter eines Stuttgarter Medicinalraths, heim, die ihn nur um wenige Tage
uberlebt hat Ein einziger Sohn ist der Ehe entsprossen.
1873 wurde S. Bibliothekar an der K. offentlichen Bibliothek in Stuttgart,
in welcher schon 1865 von ihm vergeblich gesuchten Stellung er den Rest
seines Lebens verbrachte. Neben der Fiihrung des Buchhandlerbuches fielen
ihm hier zwei grosse Aufgaben zu : die Revision der umfangreichen Bibel-
sammlung und die Anfertigung eines Sachkatalogs der Kirchengeschichte in
13 Banden. Nachdem die Bibliothek 1883 in ihren prachtigen Neubau liber-
gesiedelt war, erhielt er die Berathung des Publikums im Katalogsaale ttber-
tragen. Jetzt war er ganz in seinem Elemente. Dieser Theil seines Amtes
war ihm nicht sowohl Pflicht als Bedtirfniss. Mit nie ermattendem Eifer, mit
ausserordentlichem Entgegenkommen und Zuvorkommen leistete er Tausenden
wissenschaftliche Hilfe, wozu ihn seine vielseitigen Kenntnisse in hervorragendem
Masse befahigten.
Neben seiner Berufsthatigkeit fand der fleissige Mann noch Zeit zu umfang-
jeicher literarischer Wirksamkeit. Seine Specialitat war die franzosische
Reformationsgeschichte, als deren bester deutscher Kenner er gait. Daneben
liefen sonstige kirchenhistorische Arbeiten, solche aus dem Bereiche der wurttem-
bergischen Specialgeschichte, der deutschen Geschichte, der Geographic Allen
seinen Schriften, so verschieden sie an Bedeutung sein mogen, eignet Gemein-
verstandlichkeit und Fliissigkeit der Darstellung. Doch war der kiinstlerische
Sinn bei ihm nicht ebenso stark wie der wissenschaftliche entwickelt.
S. hat folgende selbstandige Schriften erscheinen lassen:
Savonarola. Ein Lebcnsbild aus I tali en. Stuttgart 1871. Druck und Verlag von
I. F. Steinkopf (Deutsche Jugend- und Volksbibliothek No. 33). 2. Auflage. 1898.
Briefwechsel 7. wis ch en Christoph, Herzog von Warttemberg, und Petrus Paul us
Vcrgerius. Gedruckt von H. Laupp in Tubingen, 1875 (Bibliothek des Litterarischen
Vereins in Stuttgart CXXIV). In Gemeinschaft mit Eduard v. Kausler.
Das Jahrhundert der Entdeckungen in Biographien fttr die gebildete Jugend. Stuttgart
und Leipzig. Verlag von Otto Risen. 1875 (2. Auflage 1891).
Columbus und seine Weltanschauung. Berlin SW. 1878. Verlag von Carl Habel
(Sammlung gemeinverstandlicher wissenschaftlicher Vortragc No. 308).
BlUchcr. Ein Charaktcrbild. Heidelberg. Carl Winter's Universitatsbuchhandlung.
1880 (Sammlung von Vortragen. Herausgegeben von W. Frommel und Friedr. Pfaff. IV. 5).
Elisabeth Charlotte, Herzogin von Orleans. Eine deutsche Prinzessin am franzosischen
Hofe. Ebenda 1881 (in derselben Sammlung V. 5).
D. Martin Luther und die deutsche Bibel. Festschrift zum Lutherjubilaum am 10. No-
vember 1883 im Auftrag der Privileg. Wtirtt. Bibelanstalt. Stuttgart. Verlag der Wiirtt.
Bibelanstalt. 1883 (wiederholt aufgelegt).
Deutsche Ftlrsten im Zeitalter der Reformation. Vortrag. Stuttgart. Verlag von
Carl Krabbe 1884.
Die Aufhebung des Ediktes von Nantes im October 1685. Halle 1885. Verein fttr
Reformationsgeschichte (Schriften dieses Vereins No. 10).
Wtlrttemberg und die Franzosen im Jahre 1688. Stuttgart, 1888. Verlag von D. Gundert
(WUrttembergische Neujahrsblatter, 5. Blatt).
Pie Kirche der Wuste 17 15 bis 1787. Das Wiederaufleben des franzosischen
Schott Falkenstein. 77
Protestantismus im achteehnten Jahrhundert. Halle 1893. Verein ftir Reformationsgeschichte
(Schriften dieses Vereins No. 43/44).
Ausserdem arbeitete Schott an einer Aniahl wissenschaftlicher Unternehmungen mit,
so schon seit seiner Stuttgarter Lehrerzeit an der Herzogschen Realencyklopadie fUr
protestantische Theologie und Kirche, deren erste Auflage er mit 9, die zweite mit
23 Arttkeln ausstattete, an der Allgemeinen Deutschen Biographie u. s. w. Seine
Forschungen zur wUrttembergischen Gescbi elite und Culturgeschicbte legte er in den
Wtirttembergiscben Jabrbttcbern fUr Statistik und Landeskunde, in den WUrttembergischen
Vierteljabrsbeften fiir Landesgescbicbte und im Schw%bischen Merkur nieder, flir welches
Blatt er unter Anderem bibliograpbische Uebersichten fiber die Literatur jedes Jahres
lieferte. Aus den Jabrbttcbern ist die 1876 erscbienene umfangreicbe Untersucbung liber
die wurttembergische periodiscbe Presse, aus den Vierteljahrsbeften der im Jabrgang 1895
mitgetheilte Aufsatz »WUrttemberg und Gustav Adolf 1631 und 16324c hervorzubeben.
Die von der K. ttffentlichen Bibliotbek zu Stuttgart der Universitat Tubingen bei ihrer
4. Sakularfeier 1877 dargebracbte Festschrift enthalt aus Schotts Feder eine Arbeit liber
»Herzog Ludwig von Wttrttemberg und die franzttsischen Protestanten in den Jabren 1568
bis 1570*. Auch Familienblattern, insbesondere dem Daheim, leistete er mancherlei Bei-
trage. Seit 1876 gab er das Allgemeine Kircbenblatt fUr da's evangelische Dcutsch-
land heraus.
S. erwies sich in seinen Schriften als Vorkampfer des Protestantismus,
und auch sonst bethatigte er in mannigfacher offentlichen Wirksamkeit seinen
kirchlichen Sinn. Er war lange Zeit Mitglied des Pfarrgemeinderathes der
Stuttgarter Hospitalkirche, gehSrte 1888 als Abgeordneter von Sulz der vierten
Landessynode an. Fiir den Gustav Adolf -Verein trat er mit dem regsten
Eifer ein ; er sass im Ausschusse des wUrttembergischen Zweigvereins. Ebenso
war er Ausschussmitglied des Vereins fur Reformationsgeschichte, an dessen
Begriindung im Jahre 1 883 er theilgenommen hatte. Auch bei der stadtischen
Armenpflege wirkte S. mit und erwarb sich namentlich um den Verein flir
Knabenhorte Verdienste. Im Kriegsjahre 1870 grundete er in Berg einen
San i tats verein. Ohne in das politische Leben activ einzugreifen, machte er
doch aus seinen conservativen und patriotischen Gesinnungen kein Hehl; an
nationalen Festtagen konnte man ihn wiederholt als Redner horen.
An Ehrungen und Auszeichnungen hat es S.'s Laufbahn nicht gefehlt.
Er besass Medaillen verschiedener Art, wtirttembergische und preussische
Orden. 1894 ernannte ihn, der schon 1876 den philosophischen Doctorgrad
erworben hatte, beim Haller Universitatsjubilaum die dortige Theologen-
facultat zum Ehrendoctor. Im selben Jahre wurde er Ehrenmitglied des
allgemeinen deutschen Hugenottenvereins. Auch gehorte er der wUrttem-
bergischen Commission flir Landesgeschichte als ordentliches Mitglied an.
Im FrUhjahr 1897 wurde S. von einem scheinbar leichten Influenza-
anfall heimgesucht. In der Folge zeigte sich eine Zersetzung des Blutes, die
ein qualvolles Leiden herbeiflihrte. Mit Pausen, die sogar zeitweise Wieder-
aufnahme des Amtes gestatteten, ging es langsam, aber unaufhaltsam dem
Verderben zu.
Scbwabiscbe Kronik vom 20. Marz 1899 No. 131 (Nekrolog von August Wintterlin)
und 22. Mftrz 1899 No. 135 (Leichenfeier), Staats-Anzeiger fUr Wttrttemberg vom 20. und
21. Mftrz 1899 No. 65 und 66, Beilage zur Allgemeinen Zeitung 1899 No. 69, Schwaben-
land 1899 No. 7, Daheim 1899 No. 30 Beilage (mit Bild).
Rudolf Krauss.
Falkenstein, Freiherr, Kuno Wilhelm Erdmann von, General, * 12. De-
cember 1840 zu Esslingen, f 6. Mai 1899 zu Strassburg. — Seine Eltern
waren der Oberleutnant von Falkenstein im 4. wUrttembergischen Reiter-
7 8 Falkenstein.
regiment und Emma, geb. Bardili. Der friih verwaiste Knabe erhielt seine
militarische Ausbildung in der Ludwigsburger Kriegsschule, wo bereits seine
ausgezeichneten Geistesgaben hervorleuchteten. 1859 wurde er Leutnant im
wurttembergischen Artillerieregiment, ging dann zum Pioniercorps ttber, wo er
als Oberleutnant die Stelle eines Adjutanten versah. 1864 kam er zur
tactischen Abtheilung des Generalquartiermeisterstabes. Den Krieg des
Jahres 1866 machte er als Generalstabsofficier im Hauptquartier des Prinzen
Alexander von Hessen, Oberbefehlshabers des 8. deutschen Bundesarmeecorps,
mit. 1867 wurde er zum Hauptmann befordert, Frllhjahr 1868 unter den
ersten wurttembergischen Officieren nach Preussen zum grossen Generalstabe
commandiert, seit Herbst 1868 im wurttembergischen Kriegsministerium ver-
wendet. Im Feldzug 1870/71 befand er sich beim Stabe der wurttembergischen
Felddivision und wohnte den Schlachten bei Worth und Sedan, der Belagerung
von Paris, dem Gefechte bei Villiers an. Nach dem Kriege war er zunachst
Compagniechef im hohenzollernschen FUsilierregiment No. 40 zu Koln, wurde
December 1871 dem wtirttembergisehen Generalstab aggregiert und Herbst 1872
Compagniechef im 3. wtirtt. Infanterieregiment No. 121 zu Ludwigsburg.
1873 zum Major im 2. wUrtt. Infanterieregiment (Kaiser Wilhelm) No. 120 zu
Weingarten, dann zum FlUgeladjutanten des Konigs Carl ernannt, Ubernahm
er Herbst 1874 das Commando des neugebildeten Fttsilierbataillons, des
7. wUrtt. Infanterieregiments No. 125. In Ttibingen, der Garnison des Bataillons,
legte F. den Grund zu den freundlichen Bezichungen zwischen den dortigen
akademischen und militarischen Kreisen. 1879 f anc * er *ls Oberstleutnant
zuerst beim grossen Generalstabe, dann beim Generalstabe des 3. Armeecorps
Verwendung, dessen Chef er 1881 wurde. In dieser Stellung nahm er 1883
an den grossen franzosischen Armeemanovern theil. 1884 zum Obersten be-
fordert, erhielt er Herbst 1885 das Commando des BrandenburgischenLeibgrenadier-
regiments No. 8 in Frankfurt a. d. O., fiihrte 1888 vorttbergehend die 9. In-
fanteriebrigade, kehrte August desselben Jahres nach WUrttemberg zurUck, um
als Generalmajor an die Spitze der 52. (2. wUrtt.) Infanteriebrigade in Lud-
wigsburg zu treten. Ende 1890 Generalleutnant geworden, Ubernahm er das
Commando der 3. Division in Stettin, wurde Sommer 1892 dienstthuender
Generaladjutant des Konigs Wilhelm II. von WUrttemberg, und April 1896
commandierender General des 15. Armeecorps in Strassburg und General der
Infanterie, der erste Wtirttemberger, der seit 1870 einem preussischen Armee-
corps vorgesetzt wurde. Auf den General, dem man eine der schwierigsten
und wichtigsten Commandostellen im Frieden und ein StUck der Grenzhut
gegen Westen anvertraut hatte, setzte man auch fUr den Kriegsfall grosse
Hoffnungen. Er war theoretisch und praktisch gleich vorzUglich ausgebildet,
in der Kriegswissenschaft und Truppenfiihrung gleichermassen zuhause. Er
besass grosse, Personen und Verh<nisse rasch durchdringende Verstandes-
scharfe, dabei Thatkraft und Willensstarke, Selbsstbewustsein und Selbstandig-
keitsgefiihl. Mit solchen bedeutenden Eigenschaften des Geistes und des
Charakters verband er die fur den Officier unerlasslichen ausseren VorzUge.
Er genoss allgemeine Hochachtung und seiner Humanitat und Unparteilichkeit
wegen auch beim gemeinen Manne Beliebtheit. So wurde sein vorzeitiges
Ende allseitig beklagt und betrauert. Vor dem Strassburger Kaiserbesuch im
Mai 1899 an einer Nierensteinkolik leidend, raffte er sich zum Empfange des
obersten Kriegsherrn auf, machte mit ausserster Selbstbeherrschung Parade
und sonstige Festlichkeiten mit, sah den Kaiser und dessen Gefolge zum
Falkenstcin. Hohl. jq
Friihstflck bei sich. Nachdem er den hohen Gast auf dem Bahnhofe verab-
schiedet hatte, brachen seine Krafte zusammen: in der Frtihe des 7. Mai lief
die Kunde durch Strassburg, dass der General in der Nacht an einem Herz-
schlage verschieden sei. Die Leiche wurde feierlich vom Generalcommando
zum Bahnhof und von da nach Stuttgart iiberfiihrt, wo die Bestattung am
9. Mai auf dem Pragfriedhofe mit militarischem Pompe stattfand. F. war mit
Mathilde, geb. Gr&fin von Lippe-Falkenflucht, vermahlt; die Gattin und zwei
Kinder, ein Sohn und eine Tochter, tiberlebten ihn.
Schw&bischer Merkur vom 6. Mai 1899 No. 208 und 9. Mai 1899 No. 212, Schwabische
Kronik vom 8. Mai 1899 No. 210, vom 9. Mai 1899 No. 212 u. 213 (Leicbenfeier), Staats-
Anzeiger fiir Wtirttemberg vom 6. Mai 1899 No. 104, (Stuttgarter) Neues Tagblatt
vom 6. und 8. Mai 1899 No. 104 und 105, Strassburger Post vom 6. und 7. Mai 1899
No. 384 und 389.
Rudolf Krauss.
Hohl, Karl (von), wtirttembergischer Politiker, * 1 1. August 1825 zu Ohmen-
heim (im wiirttembergischen Oberamt Neresheim), f 27. Mai 1899 zu Stuttgart.
— Der Sohn eines katholischen Landschullehrers, widmete er sich dem Studium
der Rechtswissenschaft und trat 1852 in den wUttembergischen Justizdienst
ein. Nach verschiedenen Anfangsstellungen wurde er 1858 Oberjustizassessor
in Ulm, 1862 Oberamtsrichter in Geislingen, 1866 Oberjustizrath in Ulm, 1869
Kreisgerichtsrath in Stuttgart, 1879 Landgerichtsdirector daselbst. Die
juristische Lautbahn hatte ihn wohl noch h6her emporgefiihrt, wenn er nicht
inzwischen in die politische eingetreten ware. Bei einer Ersatzwahl zum
wiirttembergischen Landtage am 8. Januar 1872 siegte der von den katholischen
Wahlern des Oberamtes Geislingen aufgestellte H. gegen den Candidaten der
Deutschen Partei, die bisher den Wahlkreis besessen hatte, mit knapper Mehrheit.
Der neue Abgeordnete nahm jedoch in der Kammer sofort eine massvolle
Haltung ein, erklarte sich gegen die Idee eines wiirttembergischen Centrums
und betheiligte sich an der Begrtindung der Landespartei, die alle weder der
Deutschen Partei noch der Linken angehorigen Abgeordneten vereinigte. Er
gcwann betrachtlichen politischen Einfluss und erwarb sich namentlich im
Plenum und in Commissionen um die Justizgesetzgebung Verdienste. 1877
bis 1882 gehorte er dem engeren standischen Ausschusse an, 1880 wurde er
zum Viceprasidenten, 1882, nachdem Holder in das Ministerium des Inneren
eingezogen war, zum Pr&sidenten der Kammer gewahlt. Er waltete 13 Jahre
lang seines Amtes mit Geschick und Unparteilichkeit, wi$ ihm auch sein
Nachfolger auf dem Prasidentenstuhle und politischer Gegner Payer am offenen
Grabe bezeugt hat. Bis 1895 * n Geislingen ohne Gegencandidatur gewahlt,
musste Februar 1895 der einstige Auserkorene der Katholiken jetzt mit Hilfe
der Deutschen Partei sein Mandat gegen einen Bewerber aus Centrumskreisen
in der Stichwahl vertheidigen. Er errang den Sieg, unterlag aber bei der
Prasidentenwahl gegen die clerical-demokratische Coalition. Schon langere
Zeit leidend, zog er sich mehr und mehr von der Oeffentlichkeit zurlick. Im
Justizdienste seit 1884 beurlaubt, Hess er sich am 1. Marz 1895 ganz in den
Ruhestand verse tzen und erhielt bei dieser Gelegenheit den Titel und Rang
eines Staatsraths; durch hohe Orden war er schon friiher ausgezeichnet worden.
Am 25. Mai 1899 erlitt er einen Schlaganfall, der nach zwei Tagen ein sanftes
Ende herbeifiihrte. — Eine stattliche aussere Erscheinung, war H. in der
Residenz fast von Jedermann gekannt. Die Gattin war ihm im Tode voran-
80 Hohl. Nast.
gegangen, zwei mit Officieren vermahlte Tochter uberlebten ihn. — Als
juristischer Schriftsteller ist H. mit der Bearbeitung des im Lande weit ver-
breiteten Handbuchs des wiirttembergischen Erbrechtes von A. H. Stein in 4.,
5. und 6. Autlage hervorgetreten.
Zeitungsnekrologe, namentlich in der Schw&bischen Kronik vom 29. Mai 1899 No. 242.
Rudolf Krauss.
Nast, Johann Wilhelm, amerikanisches Methodistenhaupt, * 15. Juni 1807
zu Stuttgart, f 16. Mai 1899 zu Cincinnati. — Seine Eltern waren der K.
wtirttembergische Kammerrath und Oberrevisor Johann Wilhelm Nast und
Elisabetha Magdalena Ludovika Bohm. Der begabte Knabe wurde zum Theo-
logen bestimmt und trat mit 14 Jahren in das evangelische Seminar Blau-
beuren ein, wo er an Strauss, Vischer, G. Pfizer und anderen aussergewohn-
liche Mitschliler und zum Theil Freunde fand. In Tubingen gehorte er zum
Morikeschen Freundeskreise ; in der Correspodenz Morikes wird viel, aber
niemals mit sonderlicher Hochachtung von N. geredet. Er gait als ziemlich
leichtfertiger Geselle. Die Theologie vernachlassigte er ganz, obgleich er an
Ferdinand Baur einen trefflichen Lehrer hatte; Kunst und Literatur, vor
Allem die Philosophic zogen ihn an. Er schied aus dem Ttibingen Stifte aus
und widmete sich ganz seinen Liebhabereien, wobei er jedoch verbummelte.
1828 wanderte er in die Neue Welt aus. Hier vollzog sich mit ihm rasch
eine merkwtirdige Umwandlung. Er kam nach New- York, wurde Hauslehrer
in einer methodistischen Familie, hierauf Bibliothekar und Lehrer an einer
Militarakademie, spater Professor ftir alten Sprache in Gettysburg (in Pennsyl-
vanien). Im Verkehre mit den Methodisten starkte sich sein religioses Ge-
fiihl mehr und mehr, und er trat 1835 in diese Kirche ein. Bald schwang
er sich zum einflussreichen Haupte des deutschen Methodismus in Nord-
amerika auf und nahm eine bischolliche Stellung ein, ohne diesen ihm an-
gebotenen Titel fiihren zu wollen. Er organisirte zahlreiche neue Gemein-
den, zuerst in Cincinnati, wo er die langste Zeit seines Lebens verbrachte,
predigte selbst allerorten und grtindete Predigerschulen, zahlte lange Jahre
unter die hervorragendsten Mitglieder der methodistischen Generalconferenz.
Besonders umfassend war die literarische Thatigkeit, die er entfaltete. Bis
1892 leitete er das von ihm begrlindete einflussreiche Wochenblatt »Der
christliche Apologete« ; er verfasste ferner biblische Commentare und sons-
tige theologische Schriften, gab 1839 ein auf Albert Knapps Evangelischem
Liederschatze fussendes deutsches Gesangbuch heraus. Bei seinen wieder-
holten Besuchen in der deutschen Heimath liess er es sich angelegen sein,
fur den deutschen Methodismus zu wirken. 1898 verlor N. seine Lebens-
geiahrtin nach zweiundsechzigjahriger Ehe. Ihm selbst stand noch eine Ian-
gere Leidenszeit bevor, die er in Geduld ertrug, von Kindern und Enkeln
gestiitzt und verpflegt. Sein grossartiges I^eichenbegangniss legte von dem
Ansehen und der Liebe, die er sich erworben hatte, Zeugniss ab.
Der christliche Apologete vom 25. Mai 1899, Schwabische Kronik vom 22. Juni 1899
No. 284, zerstreute Notizen.
Rudolf Krauss.
Dillmann, Christian Heinrich (von), Schulmann, * 30. December 1829
zu Illingen (im wiirttembergischen Oberamt Maulbronn), f 18. December 1899
Dillmann. g j
zu Stuttgart. — Der Sohn eines evangelischen Volksschullehrers, verbrachte
er die zehn ersten Lebensjahre im Illinger Elternhause, erhielt seine weitere
Schulbildung von 1839 bis 1843 im Institute Kornthal und wurde dann in
Tubingen auf das sog. Landexamen vorbereitet, das ihm die Pforte zum
theologischen Studium aufschloss. Nachdem er je vier Jahre das niedere
Seminar in Maulbronn und das h6here in Tubingen, das sog. Stift, besucht
und 1 85 1 seine erste Dienstpriifung abgelegt hatte, amtete er bis 1854 in
der Schwarzwaldstadt Neuenbtirg, bis 1853 in Esslingen als Pfarrvicar. An
beiden Orten fand er zugleich Gelegenheit zur Lehrthatigkeit, und namentlich
sein Wirken an der Esslinger Oberrealschule brachte in ihm die Erkenntniss
zur Reife, dass ihn seine geistigen Anlagen weit mehr auf den Beruf des
Schulmannes aJs auf den des Geistlichen hinwiesen. So beschloss er, seine
Lebensbahn zu andern. Schon von Esslingen aus bildete er sich in der
damals in Stuttgart bestehenden Ecole frangaise weiter. 1858 siedelte er
ganz nach der Hauptstadt iiber, um auf dem dortigen Polytechnikum Mathe-
mathik und Naturwissenschaften zu studiren. Dank einer eisernen Willens-
kraft und einem aussergewohnlichen Gedachtniss erstand er schon im folgenden
Jahre die Oberreallehrerprtifung, und wurde alsbald als Hilfslehrer am
Stuttgarter Obergymnasium angestellt, wo er den mathematischen Unterricht
an den vom Griechischen dispensirten Klassen zu ertheilen hatte. Aus der
Praxis des Schullebens heraus erwuchs ihm der Gedanke zu seinem ktinftigen
Lebenswerke, an dessen principieller und philosophischer Begrlindung er zu-
gleich arbeitete. Zunachst legte er in der liberzeugten und (iberzeugenden
Schrift »Die Volksbildung nach den Forderungen des Realismus« (1862.
Stuttgart und Oehringen. Verlag von Aug. Schaber) seine Ideen nieder. Er
forderte fiir die neue Zeit eine neue Schule, zwischen der einseitigen historisch-
philologischen Bildung des Gymnasiums und der ebenso einseitig technisch-
praktischen der Realschule eine Vermittlung anstrebend. Diese Ausflihrungen
erregten in den betheiligten Kreisen Aufsehen, und der junge Schulmann
unternahm 1863 im Auftrage der Regierung eine Reise nach Norddeutschland,
um die dortigen Realschulen erster Ordnung kennen zu lernen. Er war von
dem Ergebnis wenig befriedigt und fasste seine Bedenken in dem Satze zu-
sammen: »Lieber gar kein Latein als so wenig!« 1864 erhielt D. den Titel
Professor, 1865 wurde ihm die Hauptlehrstelle fiir Mathematik am Stuttgarter
Gymnasium definitiv iibertragen. Im selben Jahre wurde er als Hilfsarbeiter
in den Studienrath berufen, und dieses Nebenamt, das acht Jahre spater ein
endgiltiges wurde, war ein nicht zu unterschatzendes Mittel zur Verwirklichung
seiner Lebensaufgabe. Das Jahr 1867 darf als das Geburtsjahr des Stuttgarter
Real gymnasiums betrachtet werden. Im Herbst wurden die nichtgriechischen
Klassen vom Gymnasium abgezweigt und siedelten in ein eigenes interimistisches
Gebaude iiber. Inspector dieser realistischen Abtheilung wurde nattirlich D.,
und wenn er vorderhand auch noch nominell dem Gymnasialrectorat unter-
stellt war, so war ihm doch in der Organisation der neuen Anstalt keinerlei
Besch rankung auferlegt. Das Lateinische wurde fast ebenso energisch wie
im humanistischen Schwesterinstitute, intensiver als selbst in den preussischen
Gymnasien betrieben, ftir den ausgefallenen griechischen Unterricht wurden
Mathemathik, Naturwissenschaften, neuere Sprachen mit einer desto grosseren
Stundenzahl bedacht. Man gewann bald Zutrauen zu der neuen Anstalt,
deren Schtilerzahl rasch wuchs. 187 1 beschlossen die Kammern die definitive Er-
richtung eines selbstandigen Realgymnasiums, zu dessen Rector D. 1872 ernannt
Biogr. Jahrbuch 11. Deutscher Nekrolog. 4. Bd. 6
32 Dillroann.
wurde. Im ersten Programme der Anstalt legte er tiber »I)ie Idee der Real-
gymnasien und ihre Verwirklichung in dem Stuttgarter Realgymnasium« (Stutt-
gart 1872) offentliche Rechenschaft ab. Im Mai 1881 fand der Einzug in die
ebenso schonen als zweckmassigen Raume des neuen Realgymnasiums statt, das
aus den Mitteln der franzosischen Kriegsentschadigung erbaut worden war. Aber
auch jetzt, nachdem so Grosses erreicht war, gab es kein Ruhen noch Rasten.
Es handelte sich fur D. darum, sein Werk zu erhalten und zu erweitern,
wobei er sich jedoch pietatvoll jeder Angriffe auf das humanistische Gymnasium
enthielt. Die Aufhebung der reichslandischen Realgymnasien im Jahre 1883
driickte ihm die Feder in die Hand zu der umfangreichen und griindlichen
Schrift »Das Realgymnasium« (Stuttgart. Verlag von Carl Krabbe. 1884^.
1889 Hess er sein bedeutendstes, »I)ie Mathematik die Fackeltragerin einer
neuen Zeiu betiteltes Buch (Stuttgart, Verlag von \V. Kohlhammer), folgen,
worin er seine padagogischen Grundsatze, die sich ihm zugleich zu einer
eigenthtimlichen Lebens- und Weltanschauung erweiterten und vertieften, in
philosophische Beleuchtung rlickte und theoretisch begriindete. Auch seine
Schulreden, die man wohl noch gesammelt erhalten wird, dienten demselben
Zwecke. Alle Ziele, die sich D. steckte, hat er freilich nicht erreicht. Urn-
sonst erstrebte er, den Abiturienten seines Gymnasiums den Zutritt zum
medicinischen und zum juristischen Studium zu verschaffen. Die Kammer-
verhandlungen des Jahres 1895 liber letzteren Punkt, wobei die Mehrheit des
Landtages im Gegensatz zur Regierung auf die Wunsche des Realgymnasiums
einzugehen geneigt war, riefen D.'s letzte Streitschrift hervor: »Das Real-
gymnasium und die Wiirttemhergische Kammer der Abgeordneten« (Stuttgart.
Verlag von Fr. Doerr. 1896).
Die Vermuthung, die man vielfach ausgesprochen hat, dass das Stuttgarter
Realgymnasium, D.'s personlichste Schopfung, ihn selbst nicht lange iiberleben
konne, wird sich schwerlich bewahrheiten. Dazu hat er die Anstalt auf eine
zu gediegene wissenschaftliche Basis gestellt. Aber allerdings war er ihre
Seele in ganz anderer Weise, als dies gewohnlich bei Directoren von Gym-
nasien der Fall ist. D. war eine bedeutende, originelle Personlichkeit von
reichen Geistesgaben, umfassenden Kenntnissen, selbstandigem Charakter. In
ihm steckte eine gewaltige, unbeugsame, eigenmiichtige Herrschernatur von
hochster Energie des Wollens. Dabei waren in ihm die weicheren Seiten
des menschlichen Gemlithslebens nicht weniger ausgebildet. Er war im
Grunde genommen Idealist und dabei (loch ungcmein praktisch veranlagt.
Keinem Gebiete des menschlichen Lebens stand er feme. Die verschieden-
artigsten Aeusserungen desselben schlossen sich in seinem Geiste zu einer
Einheit zusammen, und er erkannte in den Naturgesetzen ihren gemeinsamen
Urquell. Er war von dem Gedanken der Immanenz Gottes in der Natur
durchdrungen und in seiner Art fromm, wenn auch nicht eben im kirchlichen
Sinne. Jedes Hervordrangen der eigenen Person, jede kleinliche Eitelkeit
hasste er. Er gab sich often und ehrlich, nattirlich und schlicht, in den
ausseren Formen oder vielmehr Formlosigkeit kehrte er gerne den echten
Schwaben hervor, nicht seiten wurde er derb, ohne jedoch zu verletzen. Er
imponirte durch ruhige Gelassenheit und Wttrde seines Auftretens, deren
Eindruck durch die hohe, Ehrfurcht gebietende Gestalt, die eherne Gesichtsmaske
mit den blitzenden Augen, dem schneeweissen Haupt- und Barthaar verstarkt
wurde, Ein solcher Mann war von vorn herein dazu geschaffen, bei den
Schiilern Geltung zu erwerben. Dazu kamen hervorragende padagogische
Dillmann. 83
Fahigkeiten. Als Schulvorstand fiihrte er ein patriarchalisches Regiment,
dessen Grundzug Wohlwollen und Milde waren. Er zeigte grosses Verstandniss
fur die Jugend und ihre Bediirfnisse. Seine Anforderungen an ihre Leistungs-
lahigkeit waren freilich nicht gering. Strenge, regelmassige Arbeit sah er
als das wichtigste Erziehungsmittel an. Im Unterricht, den er selbst ertheilte,
wich er stark von der Schablone ab: er war stets anregend, lebendig, geist-
voll, witzig. Er besass in hohem Grade die Gabe der Anschaulichkeit und
Deutlichkeit, verstand den sprodesten Stoff zu durchgeistigen, riss durch
seine originelle Methode auch Tragere und Schwachere mit. Die Begeisterung,
die der Herr«, wie man ihn hiess, bei seinen Schlilern weckte, pflegte fiir
das ganze Leben vorzuhalten, und sie erzeugte unter ihnen das entschiedene
Geflihl der Gemeinsamkeit. Dieser Corpsgeist kam besonders im Jahre 1892
zum Ausdruck, als das Fest des funfundzwanzigjahrigen Bestchens des Real-
gymnasiums grossartig gefeiert und dabei dem Rector eine von alien Schlilern
gesammelte »Dillmannstiftung« von 10 000 Mark zur freien Verfugung tiber-
wiesen wurde.
Neben seinem Hauptamte und seiner Thatigkeit im Oberstudienrathe
wirkte D. als Visitator der unter seinen Auspicien im Lande begriindeten
Reallyceen und Realgymnasien, als Inspector der Handelsschule, als Lehrer
fur Physik am Stuttgarter Katharinenstift (von 1862 bis 1894) und am Lehre-
rinnenseminar (1874 bis 1898). Seine literarischen Arbeiten beschrankten
sich nicht auf die schon citirten Kampfschriften zu Gunsten seines Lebens-
werkes, er verfasste auch eine Anzahl popular-wissenschaftlicher Aufsatze aus
dem Bereiche der Naturgeschichte, die alle durch klare Darstellung und
phantasievolle Sprache anziehen. So erschienen optische, astronomische und
Sonnen-Briefe reihenweise im Schwabischen Merkur. Ein Thcil davon ist
unter dem Titel »Astronomisch^ Briefe. Die Planeten« (Tubingen 1892
Verlag der H. Laupp'schen Buchhandlung) in Buchform gebracht worden.
Kleinere Broschuren, w r ie die (iber den Hagel (Stuttgart, Verlag von Carl
Grtininger. 1872), und Artikel in Zeitungen und sonstigen periodischen Druck-
werken iiber mannigfache Gegenstande gesellen sich hinzu.
Seit Marz 1899 litt D. infolge von Ueberanstrengung und nicht geniigend
beachteter Influenza an einer Affection des Herzens, die ihn von seiner
Schule fernhielt. Das Ende trat dann plotzlich ein. Die ftir seinen 70. Ge-
burtstag geplanten Ehrungen durfte er selbst nicht mehr hinnehmen. Sie
wurden ihm an seinem Begrabnisstage, dem 21. December 1898, in reichem
Masse zu Theil. — D. war seit 2. October 1865 m ^ Luise Fehleisen ver-
mahlt. Der Ehe entstammten zwei an Schiiler von ihm verheirathete
Tochter.
Schwabische Kronik vom 19. December 1899 No. 592, vom 22. December 1899
^°- 599 (Leichenfeier), vom 30. December 1899 No. 608 (Nekrolog von Professor Dr.
H. Georgii), Staats-Anzeiger fQr Wtirttemberg vom 19. December 1899 No. 296, Wllrttem-
bergische Volkszeitung vom 22. Dezember 1899 No. 299 (Nachruf von Professor Dr.
H. Planck), (Stuttgarter) Neues Tagblatt vom 19. December 1899 No. 297 (ebenda No. 299
D.'s nachgelassener Aufsatz »Ist das Heidenthum in Europa ausgestorben r«) t SUwestdeutscbe
Schulblatter 1900 No. I, S. 26 — 29 (von H. Planck). — Die zwei Nachrufe von Georgii
and Planck sind mit den Reden am Grabe zu dem Schriftchen vereinigt: »Zur Erinnerung
an Oberstudienrath Dillmann « (Stuttgart. Kgl. Hofbuchdruckerei Carl Liebich. 1900 —
mit Bild). Eine von Professor Adolf Donndorf modellirte PortraitbUste halt die Zlige des
Entschlafenen aus seinem letzten Lebensjahre fest.
Rudolf Krauss.
6*
84 Leu.
Leu, Max, Bildhauer, • 26. Februar 1862 in Solothurn; f 4. Februar
1899 in Basel. L.'s Heimatgemeinde ist Rohrbachgraben im bernischen
Bezirk Aarwangen, doch ist er nicht dort, sondern in Solothurn in einfachen
biirgerlichen Verhaltnissen geboren worden. Nachdem er die Solothurnischen
Schulen durchlaufen, kam er nach Basel in die Lehre zu einem Steinhauer-
meister und Grabsteinmacher. Die Hoffhungen und Ziele, die der kunst-
begeisterte Jiingling in seinem Sinne hegte, waren aber schon damals auf
Hoheres gerichtet als auf die Erstellung von Grabkreuzen und Inschriften-
tafeln. Er besuchte daher in seinen freien Abendstunden eifrig die Curse
der Basler Zeichnungs- und Modellirschule und wandte sich, sobald er seine
Lehrzeit beendet hatte, nach Frankreich, wo die moderne Bildhauerkunst
durch so manchen glanzenden Vertreter zu hochster Bliithe gebracht war.
Da L. f der ganz nur auf sich selber angewiesen war, einstweilen die Mittel
zum Besuch einer Kunstakademie fehlten, sah er sich genothigt, als Bildhauer-
geselle sein Brot zu verdienen und konnte nur seine freien Nebenstunden
auf seine ktinstlerische Weiterbildung verwenden.
So arbeitete er eine Zeit lang in Lyon ; doch bald zog es ihn nach Paris
und hier ftthrte ihn ein gtinstiger Zufall zu dem Bildhauer Morice, unter dessen
Leitung er eine ihm zusagende und ihn auch kUnstlerisch fordernde Be-
schaftigung an dem neu erstehenden H&tel de Ville fand. Die Abende
waren wieder emsigem Studium auf der vortrefflichen ficole des arts ddcoratifs
gewidmet, und schon im Jahr 1884 gelang es L. f die Aufnahmeprtifung der
Ecole des Beaux Arts zu bestehen und in das Atelier des Bildhauers Cavelier
aufgenommen zu werden. Wahrend er sich nun durch allerlei Arbeiten
meist decorativer Art seinen Lebensunterhalt erwarb, wobei es allerdings oft
knapp genug herging und er die Miseren der Pariser Bohfeme oft genug am
eigenen Leibe erfahren konnte, arbeitete er mit Fleiss und Energie an der
Weiterbildung seines Talentes, und eine stattliche Zahl von Preismedaillen,
die er sich um diese Zeit an der Ecole des Beaux Arts errungen hat, legt
Zeugniss ab von dem ems ten Streben und der grossen Begabung des jungen
Kiinstlers.
Da zeigte sich die erste Gelegenheit, seine Kraft in einem ofFentlichen
Wettbewerb zu messen. Die Stadt Locle schrieb unter den schweizerischea
Bildhauern eine Concurrenz aus zur Erlangung von EntwUrfen ftir ein Denkmal
von Jean Daniel Richard, dem Begrtinder der Neuenburger Uhrenindustrie.
L. errang den ersten Preis. Das war ein Sieg, der den zum Hdchsten
Strebenden mit froher Zuversicht fur die Zukunft erflillte. Aber das Verhangniss,
das L. spater so oft in den Weg trat, trlibte ihm schon die Freude an
diesem ersten Erfolg. Das Denkmal wurde namlich nach seinem Entwurfe
ausgeftihrt, aber nicht durch L., sondern durch einen andern, alteren Bild-
hauer. Man traute dem jungen Klinstler noch nicht die Kraft zu, sein Werk
im Grossen auszuges taken. Das war eine bittere Krankung, aber L. liess
sich nicht entmuthigen und schritt zu neuen Thaten. Seit 1885 beschickte
er nun alljahrlich den Pariser Salon mit einem seiner Werke, die sowohl von
der Kritik, wie von seinen Fachgenossen mit Anerkennung aufgenommen
wurden. — Die zweite grosse Aufgabe, an der L. sich versuchte, war das
Modell zu einem Denkmal Wilhelm Tells, ftir das von der Schweizerischen
Eidgenossenschaft ein Wettbewerb eroffnet worden war. Leu erhielt einen
dritten Preis. Bald darauf wurde ihm in der Concurrenz ftir das Bubenberg-
denkmal in Bern der erste Preis und damit auch die Ausfuhrung dieses
Leu.
85
Denkmals zuerkannt. Zwar wurde ihm auch dieser Erfolg verbittert durch
Neid und bassliche Intriguen. Doch er blieb schliesslich Sieger und heute
ist dieses Denkmal eine Hauptzierde der alten Bundesstadt an der Aare.
Nun durfte der junge Klinstler die Zukunft als gewonnen betrachten,
denn es fehlte jetzt bald nicht an Auftragen aller Art. So entstanden eine
ganzeAnzahl vortrefflicher Portraitbitsten, die sich alle durch ihrecharakteristische
Auffassung und die gediegene technische Behandlung auszeichnen. Als im
Jahr 1897 die Stadt Basel eine Concurrenz ausschrieb fur ein Denkmal ihres
beriihmten Biirgermeisters Wettstein, erhielt L. wieder den ersten Preis.
Leider wurde durch missliche Umstande die Ausfiihrung des Monumentes
vereitelt. Urn dieselbe Zeit wurde ihm, ebenfalls in Basel, die Aufgabe
gestellt, das Modell eines Denkmals fur den allemannischen Dichter Johann
Peter Hebel zu schafFen. Er brachte einen reizenden Entwurf, dessen Aus-
fiihrung ihm alsobald iibertragen wurde. Dieses Denkmal ist, sowohl was die
Auffassung und Charakteristik der Portraitbiiste des liebenswiirdigen Poeten,
als was das Arrangement des ganzen Monumentes betrifft, ein Meisterwerk
zu nennen. Leider sollte das sein letztes Werk sein, dessen Einweihung er
nicht mehr miterleben durfte. Schon im Herbst 1897 hatten sich die ersten
Symptome eines Leidens gezeigt, tiber dessen grausamen Charakter L. sich
nicht lange tauschen konnte. Und bald darauf war es fur ihn zur
absoluten Gew r issheit geworden, dass sein Leben nur noch nach Monaten
zu berechnen sei. Wie ein Held ergab sich L. in sein diisteres Schicksal;
ohne Jammern fligte er sich mit stoischem Gleichmuth in das Unabw r endbare.
Zu Ende des Jahres 1898 trat er, schwerkrank, eine Reise nach dem Sliden
an, von der er noch einige Erholung und einen Aufschub der Katastrophe
zu erlangen hoffte, Er kam nur bis Nervi, w r o ihm die zunehmenden
Schmerzen das Weiterreisen unmoglich machten. Bald darauf kehrte er auf
den Wunsch seiner Freunde nach Basel zurlick, wo er in einem Privatkranken-
haus treue Pflege fand, bis ihn der Tod von seinen Leiden erldste. Er wurde
am 7. Februar 1899 auf dem idyllischen Friedhof zu St. Nikolaus in Solothurn
beerdigt.
Die Schweiz verlor an L. einen ihrer vortrefflichsten Kiinstler, die
schweizerische Bildhauerei ihren vornehmsten Vertreter. Leu war kein Kind
des Gliicks. Was er konnte und was er war, das hatte er einzig und allein
seinem Talent und seiner unbeugsamen Energie zu verdanken. Dabei war
er ein grundehrlicher Mensch und ein ebenso ehrlicher Klinstler, ja man
kann sagen, er setzte einen gewissen Trotz darein, sein Ziel nur auf geradem
Wege zu erreichen, wenn Andere oft mit Complimenten und Besuchen bei
einflussreichen Personlichkeiten ihm ins Gehege zu kommen suchten: »Ehrlich
sein ist in der Kunst eine Hauptsache!« war ein oft von ihm gethaner Aus-
spruch. Und diese Ehrlichkeit spricht denn auch aus alien seinen Werken.
Es liegt etw r as edit Schweizerisches, kraftvoll Derbes in Allem, was L.
geschaffen hat, Er war der richtige Mann, eine schweizerische Heldenfigur
plastisch darzustellen. Alle Pose und Ziererei war ihm fremd. Energie und
herzliche, biedere Offenheit waren die Grundziige seines Charakters.
Seine Portraitbiisten, deren er eine stattliche Zahl geschaffen, zeugen alle
von einer scharfen Charakterisirungsgabe. Wir erwahnen die Btisten von
Bischof Fiala; dem schweizer Landamman Vigier; Bundesrath Frey; dem
Basler Professor Dr. Fritz Burkhardt; Maler Dr. Schider; Maler Balmer
u. A. — Von seinen grosseren Werken ist das schon genannte, in Bern
86 Leu. Graf Hohenwart.
stehende Bronzestandbild des Ritters Adrian v. Bubenberg das bedeutendste.
Die letzte Aufgabe, mit der sich L. beschaftigte, war ein Denkmal fur die
edle Stauffacherin, die Gattin Werner Stauffachers, das auf die Initiative
schweizerischer Frauen hin fiir Schwyz geplant war. L. legte seinem Ent-
wurf die Worte zu Grunde, mit denen in Schillers »Tell« die wackere
Schwyzerin ihren zagenden Ehegemahl zum muthigen Handeln anspornt:
»Sieh vorwarts, Werner, und nicht hinter dichU Leider war es dem Kunstler
versagt, dieses Werk noch auszufiihren. —
Nun ruht L. auf demselben Friedhof, wo das von ihm mit einer
prachtigen Biiste gezierte Grab seines Freundes, des Malers Frank Buchser,
sich befindet.
Basel. Emil Beurmann.
Hohenwart, Graf Karl Sigmund, * Wien 12. Februar 1824, f ebenda
26. April 1899, President des Obersten Rechnungshofes, Obmann der Rechten
des Herrenhauses. Absolvirte im Theresianum seine juridischen Studien
und widmete sich dann dem politischen Staatsdienst. Schon in jungen Jahren
wurde er an Stelle des zuriickgetretenen Grafen Anton Auersperg ins Frank-
furter Parlament gewahlt. Doch Iibte er das Mandat nicht aus. 1856 wurde
er Comitats-Vorstand in Fiume, i860 Kreisvorsteher in Trient, 1862 Landes-
hauptmann in Krain, Leiter der Statthalterei-Delegation in Trient, 1866
Landesprasident in Karnten und 1868 Statthalter von Ober-Oesterreich. Am
7. Februar 187 1 erfolgte die Bildung des Cabinets Hohenwart, das dem
entschiedensten Widerstand der Verfassungspartei und ihrer angesehensten
Ftihrer v. Schmerling und v. Kaiserfeld begegnete und nach der am
7. October erfolgten Publication der ^Fundamental-ArtikeU am 25. October
desselben Jahres entlassen und vom Ministerium Lasser-Auersperg abgelost
wurde. Bei den Reichrathswahlen von 1873 wurde Hohenwart von den
krainischen Landgemeinden Krainburg in das Abgeordnetenhaus gewahlt, wo
er an die Spitze des Clubs des rechten Centrums trat und allmahlich der Ftihrer
der conservativen Partei wurde, dessen 70. Geburtstag am 12. Februar 1893 die-
selbe mit hohen Ehren feierte. Bei den letzten Reichrathswahlen verzichtete H.
auf ein Mandat. Im Marz 1897 wurde er in das Herrenhaus berufen. Dem
Leichenbegangnisse in der Stephanskirche wohnte Kaiser Franz Joseph bei. —
Den Menschen macht sein Wille gross und klein — dieses Dichterwort sollte
von Allen beherzigt werden, welche vor die Aufgabe gestellt sind, ein Menschen-
leben in seinem Streben und Wirken zu uberblicken. Gar oft aber werden
nur die Erfolge, und allenfalls auch der aussere Verlauf der Begebenheiten,
welche zu Erfolg oder Misslingen gefiihrt haben, gewiirdigt!
Wir miissen uns dies gegenwartig halten, wenn wir dem Andenken des
verstorbenen Staatsmannes gerecht werden sollen, dessen Namen dieser kurze
Aufsatz tragt. Graf Hohenwart war nie etwas Anderes, wollte nie etwas Anderes
sein, als ein fiir das Wohl und die Grosse seines Vaterlandes eifrig thatiger
Oesterreicher. In diesem Streben, in diesem Zweckbewusstsein blieb er sich
consequent, mochte er in der Wahl der Mittel sich noch so sehr andern.
Wenn er lange Jahre hindurch verschiedenen Regierungen mit gleichem Eifer
und gleichem Pflichtgefiihl als Administrativ-Beamter diente, so ist das fur
keinen noch so oberflachlichen Kenner der Traditionen unserer Bureaukratie
etwas Verwunderliches. Allein auf die Haltung, welche Hohenwart als Minister-
Graf Hohenwart. g*
prasident und in der langen Zeit seiner Fuhrerschaft im Abgeordnetenhause
eingenommen hat, lasst sich, man mag iiber einzelne Phasen derselben
denken, wie man will, doch immer nur auf das ernste und umsichtige Streben
zurtickflihren, das Reich, die Monarchic aus den grossen Schwierigkeiten unserer
inneren Politik zu befreien. — Wir wollen uns nicht in eine kalendarische Schil-
derung des Lebenslaufes des Verewigten einlassen. Zu einer solchen fehlen
uns, die wir ihn erst in der zweiten Halfte seines bewegten Lebens kennen
gelernt haben, die Unterlagen personlicher Anschauung, ja selbst tiberlieferte
Daten. Die, welche solche besitzen, mogen die Lucken ausfiillen; wir aber
erinnern an langst Bekanntes, indem wir der rtihmlichen administrativen
Thatigkeit Hohenwarts in mehreren Landern — zuletzt war er Statthalter in
Linz — Erwahnung thun. — Im Winter des Jahres 1871 ward Graf Hohenwart
zum Ministerprasidenten ernannt, im October desselben Jahres demissionirte
er. Auch die Ereignisse dieser kurzen, aber vielbewegten Zeit sollen nicht
pragmatisch aufgezahlt werden, sie sind, in grossen Umrissen, jedem Kenner
der damaligen Zeit bekannt, iibrigens oft geschildert und besprochen worden.
Das aber konnen wir uns nicht versagen, die damalige Zeit gewissermassen
im Reflex-Lichte unserer Tage zu betrachten. — Der nachmalige historische
Lauf der Begebenheiten lasst die weit ausholenden Plane des Grafen Hohenwart
vielleicht auch ftir seine Gegner insofern verstandlich erscheinen, als der
Verstorbene die furchtbare Gefahr des deutsch-bohmischen Streites ebenso
lebhaft vor Augen hatte, wie die Nothwendigkeit, die Abstinenz -Politik
aufhoren zu machen. Es handelt sich uns nicht darum, die Fundamental-
Artikel zu vertheidigen, wohl aber mochten wir die Gedankenrichtung an-
deuten, in welcher Hohenwart sich bewegt haben mochte, als er jene Politik
machte oder mitmachte. — Nur die Publicistik hat sich des Stoffes bemachtigt,
eine offentliche, sozusagen contradictorische Verhandlung mit Rede und
Gegenrede, Schriftsatz und Gegenschrift hat zwischen den wirklich com-
petenten Factoren niemals stattgefunden, und so ist es sehr schwer, mit voller
Sicherheit tiber Werth und Berechtigung der Hohenwartschen Politik sich aus-
zusprechen, wie iiber die damals thatigen Stromungen und Gegenstromungen
zu urtheilen. Es ist dies umso schwerer aus zwei Griinden: erstens enthalten
die Fundamental-Artikel, gerade in ihren bestrittensten Theilen, Axiome,
akademisch aufgestellte Behauptungen, die unserer Meinung nach auf die
Absichten des Verfassers zufolge einen wirklich praktischen Erfolg gar nicht
haben wollten und haben sollten. Zweitens wurde die Politik, es sei dies ohne
alle Nebenabsicht des Tadels gesagt, damals im Wesentlichen hinter den
Coulissen gemacht. Im Wege vertraulicher Besprechung wurde mit den
Fiihrern der bomischen Bewegung verhandelt, die Endergebnisse wurden im
Ministerrathe festgesetzt, und sowie das ganze Regierungsproject auf diese
Weise herangereift war, so wurde es auch schliesslich auf dieselbe Art zum
Falle gebracht — endgiltig in jener denkwiirdigen gemischten, d. h. von
gemeinsamen, cis- und transleithanischen Ministern besuchten Conferenz, welche
mit dem Namen des »grossen Kronrathes« bezeichnet wurde. Und als die
Gegner des Grafen Hohenwart gesiegt hatten, damit das Misslingen seiner
Politik und sein Sturz besiegelt war, da hiess es fur ihn in des Wortes
vollster und strengster Bedeutung: »Der Rest ist Schweigen«. Esist
eine alte, nicht nur berechtigte, sondern fur uns selbstverstandliche Gewohnheit,
dass, wenn auch die Resultate der Ministerraths-Sitzungen ihrer Natur nach
sehr oft an die Oeffendichkeit gelangen, das von den einzelnen Mitgliedern
gg Graf Hohenwart
im Conseil Gesagte nicht mit der grossen Glocke ausgelautet wird. Die
wenigen bisher gemachten Ausnahmen sprechen gewiss nicht gegen, sondem
fiir diese Regel, und dass Graf Hohenwart, der peinlich gewissenhafte, seiner
personlichen Veranlagung nach verschwiegene, zurlickhaltende Staatsmann —
nicht umsonst hat man ihn den schweigsamen Oranier genannt — eine
Ausnahme machen und das Schweigen brechen wttrde, war wohl nicht zu
erwarten; und so wie er hielten es die Mitglieder seines Cabinets. Wir
glauben mit dem Gesagten die von uns behauptete Schwierigkeit eines voll-
giltigen Urtheils fiber die Ereignisse des Jahres 187 1, so we it sie den Grafen
Hohenwart betreffen, dargethan zu haben, — Er hat niemals, weder wahrend
der Dauer seiner Regierung, noch sp&ter, Gelegenheit gehabt, seine Regierungs-
Politik offentlich zu vertheidigen ! — Nur ein ganz specieller Hinweis auf
seine Verschwiegenheit sei dem Schreiber dieser Zeilen, der in spateren Jahren
vom Grafen Hohenwart manchen werthen Vertrauensbeweis erhalten hat,
gestattet: liber Tagespolitik haben wir oft mit einander geredet: manche
wichtige streng vertraulich zu behandelnde Frage kam dabei zur Sprache;
fiber seine Thatigkeit als Minister, fiber die damaligen Ereignisse sprach der
Verstorbene niemals mit uns, wenn wir von etwaigen kurzen und neben-
sachlichen Bemerkungen, die vielleicht gefallen sein mogen, absehen.
Nach seiner Demission spielte Graf Hohenwart im Abgeordneten-Hause
durch viele Jahre, bis kurz vor seinem Tode, eine grosse Rolle. Auch hier
wollen wir nicht pragmatisch schildern und das aus der Tagespresse Bekannte
wiederholen, sondern uns auf eine kurze Charakteristik dieser vielleicht
wichtigsten Thatigkeit eines langen und bewegten Lebens beschranken. Jeder
Kenner unserer politischen Geschichte dtirfte uns darin beistimmen, wenn wir
sagen, dass Hohenwarts Bedeutung, an den Schwierigkeiten seiner Aufgabe
gemessen, plastisch hervortritt. Selten war ein parlamentarischer Ffihrer in
der Lage, durch so lange Zeit so verschiedene Elemente in einem Partei-Ver-
bande zu einigen und zu fiihren. Ganzliche Verschiedenheit der einzelnen Partei-
Gruppen in nationaler Beziehung, grosse Divergenzen in wirthschaftlichen und
socialen Fragen, schwerwiegende Momente des Misstrauens und der Rivalitat
zwischen den einzelnen Landsmannschaften und sonstigen Gruppen der
Rechten hinderten ihn nicht, zunachst in der seinen Namen flihrenden Gruppe
die Ffihrerschaft zu behaupten und seinen machtigen Einfiuss auf das ganze
Partei-Gebilde der Rechten, deren Einigung grossentheils sein Werk war, aus-
zufiben, in den ersten Jahren als Ffihrer der Opposition, dann als einer der
bedeutendsten Ffihrer der Majoritat, die unser Parlament je gehabt hat. —
In gewissem Sinne war Hohenwart allerdings schon Ffihrer der Majoritat, als
er noch in der Opposition war. Seinen Grundanschauungen und Lebens-
gewohnheiten widerstrebte es, Opposition & outrance zu machen, Oppo-
sition auch in solchen Fragen, in denen eine ihm feindlich gegenfiberstehende
Regierung, seiner Meinung nach, recht hatte. Wo die Regierung, sie mochte
welchen Namen und welches Parteigewand immer tragen, wichtige, allgemeine,
dauernde Interessen des Staates, der Monarchic vertrat, da war Graf Hohen-
wart gern bereit, ihr beizuspringen und sie gegen ihre eigenen Freunde
zu vertreten: nicht der Regierung, aber der Sache zu Liebe und so ent-
standen jene merkwtirdigen ad hoc-Verbindungen, welche z. B. die Occupa-
tions-Politik so wirksam unterstiitzten, und denen der Verewigte das Gewicht
seines personlichen Ansehens, die Starke seines beharrlichen Willens, die Macht
seines Wortes lieh. Und diese Macht war in der That gross! Ueber Hohen-
Graf Hohenwart.
8 9
warts Werth als Redner wird kaum eine Meinungsverschiedenheit herrschen.
Wir, die wir ihm oft gelauscht haben und die wir ihn mit einer Zahl
bedeutender von uns gehorten Redner des In- und Auslandes vergleichen
konnen, mtissen sagen, das er kaum von Einem derselben, was den Gesamt-
werth der Leistung betrifft, libertrofFen, von Wenigen, sehr Wenigen erreicht
worden ist. — Graf Hohenwart gehorte, wir haben es vorhin angedeutet,
nicht zu den besonders offenherzigen, aber er gehorte gewiss zu den
wahrhaftigsten Naturen. Er hat vielleicht niemals in seinem Leben
w r issentlich eine Unwahrheit gesagt — und der starke Accent innerer subjectiver
Wahrheit klang stets aus seinen Reden heraus, welches dabei immer sich in
weiteren Gesichtskreisen bewegten, ohne sich ins Ungemessene zu verlieren.
Die Auffassung war scharf, die Wiedergabe des Gedankens plastisch und
lebendig, die Sprache vornehm, der Vortrag von tadelloser Eleganz, wenn
auch, wie bei den meisten Rednern, in den letzten Jahren die Vernehmlichkeit
unter der riesigen Raumausdehnung und den sonst akustisch ungiinstigen
Bedingungen des neuen Parlamentshauses litt. Da Hohenwart tlberdies nicht
allzu oft sprach, und meistens bei wichtigen Anlassen, gehorte er zu den
wenigen Rednern, welche der Aufmerksamkeit ihres Horerkreises unbedingt
sicher sind. Die Generalprobe seiner Rednerkunst hatte er schon als Minister
abgelegt; seine Vorbereitung hatte er nur im kleinen Kreise, als Re-
gierungsvertreter in verhaltnissmassig unbedeutenden Landtagen, absolvieren
konnen; er kam mit einmal ins Abgeordnetenhaus, genothigt, sehr hervor-
ragenden Rednern entgegenzutreten, und erwies sich sofort als vollkommen eben-
burtig, wobei nicht geleugnet werden soil, dass er im langen Laufe der Jahre
sich noch vervollkommnet hat. —
Mit dem durch das Anwachsen der jungczechischen Bewegung bewirkten
Wechsel der Parteiverhaltnisse im Abgeordnetenhause bereitete sich eine
Wendung auch in Hohenwarts politischer Haltung — nicht in seiner Gesinnung
— vor, die sich unmittelbar nach der Einbringung der Wahlreformvorlage des
Grafen Taaffe mit grosser Raschheit vollzog. Es ist wohl jeden Leser dieser
Zeilen bekannt, dass zum Theil durch den Inhalt der Vorlage, zum Theil
durch das Geheimniss, welches ihre Vorbereitung umhlillte, die Ueberraschung,
welche die Einbringung dem ganzen Hause bereitet hatte, die Majoritat er-
schreckt, verstimmt und gereizt war. — Das unmittelbare Resultat war: eine
sehr lebhafte und doch monotone Debatte, in welcher die Angriffe auf die
Regierung sich ins Unendliche wiederholten, und schadenfrohe Commentare
einiger Redner der Opposition die einzige Abwechslung bildeten. Ob es noth-
wendig, ob es niitzlich war, aus diesem Anlass die Regierung zu sttirzen; ob
wirklich gegenliber der Regierungsvorlage nichts Anderes am Platze war, als
entriistete Negation; ob insbesondere bei der ganzen Action die alte, bis auf
die Jungczechen intact gebliebene Rechte des Hauses die von ihr gespielte
Rolle unbedingt ubernehmen musste; ob diese Partei dabei gewonnen oder
verloren hat, das Alles, und noch manch Anderes sind Fragen, die wir nicht
zu beantworten haben. — Allzu nahe ist der Schreiber dieses Aufsatzes
den damaligen Ereignissen gestanden, um nicht selbst an seiner vollen Un-
parteilichkeit zu zweifeln: wie konnte er die Anerkennung derselben von Anderen
begehren? — Es geniigen also folgende kurze, mehr das Thatsachliche be-
riihrende Bemerkungen: Graf Taaffe hatte, wie wir bestimmt wissen, manche
politische Freunde, vor allem den Grafen Hohenwart sehr gern von seinem Wahl-
reformproject unterrichtet, allein er hielt es weder flir ganz correct, noch fiir
90
Graf Hohenwart.
ungefahrlich, eine Partei oder einen Flihrer zu informiren und die anderen
Parteien des Hauses, auf deren Untersttitzung er angewiesen war, von solchen
Mittheilungen auszuschliessen. Unmoglich aber erschien es dem damaligen
Ministerprasidenten, einen weiten Kreis von Mitwissern zu schaffen und dem-
selben entweder jegliche wirksame Einsprache abzuschneiden oder die Vorlage
schon bei der Einbringung in ihren grundlegenden Theilen wie in den Einzel-
heiten den dissentirendsten Einflussen preiszugeben. Zur Beurtheilung
der Richtigkeit dieser Anschauungen mag die weitere Geschichte unserer
Wahlreform, die Geschichte der Entwicklung der Sprachenfrage u. s. w.
Material bieten. Graf Hohenwart konnte mit Recht auf seine langjahrige,
wirksame Unterstiitzung der Regierung des Grafen Taaffe sich berufen, und
auf besondere Riicksicht Anspruch machen, Graf Taaffe mit ebensoviel Recht
darauf hinweisen, dass er die Schaffung der Majoritat ermoglicht, und dass,
sowie Hohenwarts Stellung nach rechts durch seine Regierungsfreundlichkeit
erschwert worden war, umgekehrt Taaffe durch seine Anhanglichkeit an
Hohenwart sich nach links hin grosse Schwierigkeiten bereitet, da er jeden
Versuch, ihn von Hohenwart zu trennen, mit der grossten Entschiedenheit ab-
gelehnt hatte. Gewiss ist, dass auch in diesem Augenblicke seines Lebens
Graf Hohenwart, indem er am Sturze des Cabinets Taaffe hervorragenden
Antheil nahm, und die Coalition schaffen half, dies im Interesse des Staats
thun zu sollen glaubte. Wir konnen auch bekraftigen, dass aus der so
rasch losbrechenden politischen Gegnerschaft keine personliche Feindschaft
zwischen den beiden Staatsmannern entstanden ist, vielmehr freundschaft-
liche Beziehungen auch spater gepflogen wurden, weil Jeder beim Andeni
die redliche, auf das Ganze gerichtete Absicht im voraus schon kannte.
Bei der in der nachsten Zeit folgenden Berathung der Wahlreform
war Hohenwart, wenn wir nicht irren, trotz seines Ansehens und seiner
Begabung an intensiver Mitwirkung dadurch sehr behindert, dass er
eigentlich einer bedeutenden Enveiterung des Wahlrechts nicht sehr gttnstig
gesinnt war, eine solche aber damals ziemlich allgemein als unvermeidlich
gait. —
Im Herrenhause, dem Graf Hohenwart am Schlusse seines Lebens eingereiht
wurde, fand er, wegen der Ktirze der Zeit und seiner bald darauf folgenden
Erkrankung, keine Gelegenheit mehr zu grosserer Thatigkeit. Es spricht aber
flir die allseitige Anerkennung seines Werthes und seiner Bedeutung, dass, als
der langjahrige bewahrte Ftihrer der Rechten, Graf Franz Falkenhayn, dahin-
geschieden war, die offentliche Meinung mit seltener Einstimmigkeit Hohen-
wart auf den Schild hob. — Sein bald darauf erfolgender Tod hat eine grosse
Liicke gerissen, denn mit ihm verschwand von Oesterreichs politischer Biihne,
eine unsrer grossten politischen Figuren,ein Ehrenmann von makelloserGesinnung,
ein Oesterreicher, der vom warmsten Patriotismus begeistert w T ar; ein alter
Beamter und Parlamentarier, dem regste Pflichterfullung als Lebensbediirfniss
gait, ein Staatsmann, dessen Blick niemals das grosse Ganze aus dem Auge
verlor. —
Quellen: Ueber die Familie Hohenwart: Wurzbach, Biographisches Lexikon des Kaiser-
thums Oesterreich Band 9. Ueber den Sturz des Ministeriums Hohenwart vgl. Beusts
DenkwUrdigkeiten: Aus drei Vierteljahrhunderten II. 456 ff. 497 ff. Cotta, 1887. — Nekrolog
im »Vaterland« VVicn 26. und 27. April. Neue Freie Presse vom 26. und 27. April 1899
und Mtlnchener Allg. Ztg. April 1899. Zcitungsstimmen und Beileids-Kundgebungen im
»Vaterland« 28. April 1 899 ff.
Ein osterreichischer Parlamentarier.
Sicgel. 9 i
Siegel, Heinrich, Universitatsprofessor flir deutsches Recht, * am 13. April
1830 im Neckarstadtchen Ladenburg, f 4. Juni 1899 in Wien. Er stammt aus
alter angesehener Familie Bruchsals im Grossherzogthum Baden; er war der
zweite Sohn des damals in Ladenburg angestellten Kreisphysikus Dr. Joseph S.,
Enkel des zuerst kurpfalzischen, spater badischen Hofrichters Dr. Bernhard S.
Seine erste Erziehung erhielt er namentlich durch seine Mutter Magdalene
geb. Heiligenthal, besuchte das Bruchsaler Gymnasium und das Heidelberger
Lyceum und wurde 3. September 1849 zur Universitat zugelassen, an der er
bereits Vorlesungen von Schlosser, Gervinus und Reichlin gehort hatte. Ur-
spriinglich zu militarischer Laufbahn neigend, folgte er dem Rathe der fiir
die zarte Gesundheit des Junglings besorgten Mutter und studirte in Heidel-
berg und Bonn die Rechte unter Vangerow, Mohl, Zopfl, Mittermaier und
F. Walter. Er bearbeitete lateinisch eine Heidelberger Preisaufgabe liber das
Erbrecht nach den beiden grossen Rechtsbtichern des Mittelalters und erhielt
daflir (wie ein zweiter Bewerber) am 22. November 185 1 als Preis die vom
Grossherzog Carl Friedrich fiir Heidelberg gestiftete goldene Medaille. Auf
diesen Erfolg hin entschied er sich fiir die akademische Laufbahn und erwarb
mit der Ueberarbeitung »Das deutsche Erbrecht nach den Rechtsquellen des
Mittelalters in seinem inneren Zusammenhange dargestellt«, Heidelberg 1853,
in Giessen den Doctorgrad, durch die weitere Schrift »Die germanische Ver-
wandtschaftsberechnung mit besonderer Beziehung auf die Erbfolge«, Giessen
1853, die Zulassung als Privatdocent. Beide Arbeiten vertraten durchaus neue
Grundgedanken: dort wurde das deutsche Erbrecht in seinem Unterschiede
gegentiber romischem Rechte als Wartrecht des Erben bereits bei Lebzeiten
des Erblassers construirt, hier des Weiteren die dort ausgesprochene An-
schauung liber die germanische Gradberechnung im Anschluss an das Bild
des menschlichen Korpers verfochten. An dieser Ansicht hat S. auch zeit-
lebens festgehalten. Er las in Giessen liber deutsches Recht und Rechts-
geschichte, deutsches Privatrecht, die deutsche Wechselordnung, wie auch
liber alteres deutsches Recht und arbeitete das leider nicht fortgefuhrte Werk
^>Geschichte des deutschen Gerichtsverfahrens«, Giessen 1857, aus. Lebhaft
gefordert wurde er durch den als ausserordentlicher Professor in Heidelberg
wirkenden Robert Carl Sachsse und seinen Collegen und Freund Georg Sand-
haas. Ein Ruf nach Konigsberg w T urde zuriickgezogen, als man erfuhr, dass
S. katholisch sei. Daftir folgte er einem weiteren ehrenvollen Rufe nach Wien
11857) an die dort neu geschaffene Lehrkanzel fiir deutsches Recht. Oester-
reich sollte ihm eine zweite Hebe Heimath werden. Nach Ablehnung einer
Berufung nach Tubingen wurde er am 19. April 1862 zum ordentlichen Pro-
fessor befordert. Wahrend seiner 4oJahrigen gedeihlichen Wirksamkeit an der
Wiener Universitat las er neben Collegen wie Phillips, linger, Joh. Ad. Tomaschek
und endlich Otto von Zallinger die deutschrechtlichen Hauptcollegia, Geschichte
des deutschen Strafrechts, uber gerichtliches Verfahren und Erbrecht, wie iiber
die Rechtsquellen namentlich im germanischen Seminar. In formvollendeter,
freier, bilderreicher Sprache schilderte er die Entwicklung der staatlichen
Einrichtungen auf deutschem Boden wahrend fast zwei Jahrtausenden und
brachte namentlich das deutsche Recht in seiner reinen Gestaltung als nahezu
von fremdem Recht unbeeinflusstes, aus dem Volksrechtsbewusstsein hervor-
gegangenes zur Darstellung, das trotz der Reception der fremden Rechte doch
nie ganz erloschen sei und seit der zweiten Halfte des 19. Jahrhunderts
wieder Selbstandigkeit und ein eigenes System gewonnen habe. So hat er
92 Siegel.
als einer der Ersten in Oesterreich fur das deutsche Recht Schule gemacht,
indem die heute dort wirkenden Germanisten, wie auch einige auswartige,
S. als ihren Lehrer und Meister verehren. Ueber diese seine Wirksamkeit
sprach er in seiner Rectoratsrede vom Jahre 1878, In Anerkennung seiner
vorziiglichen Leistungen in Wissenschaft wie Lehramt erhielt er am 1 1. November
1879 Titel und Charakter eines Hofrathes verliehen, 1890 das Ritterkreuz des
Leopoldordens; am 2. April 1891 wurde er auf Lebenszeit in das Herrenhaus
des osterreichischen Reichsrathes berufen, in dem er (einmal nur) am 16. Januar
1897 gelegentlich der geplanten Verstaatlichung der Collegiengelder gegen den
Entwurf als Redner auftrat, indem er das Collegiengeld als den von den
Schiilern dem Lehrer entrichteten Urheberlohn fiir die individuelle geistige
Arbeit des Lehrers auffasste, dessen Beseitigung schlimme Folgen fiir Forschung
und Lehre haben konne. Nach Ueberschreitung des 60. Lebensjahres ofters
leidend, erbat er 1898 Versetzung in Ruhestand, was ihm unter Verleihung
des Comthurkreuzes des Franz Josef-Ordens mit Stern unter dem 20. Juli 1898
gewahrt wurde. Die Facultatsmitglieder ehrten den ausscheidenden Collegen
durch Widmung einer Adresse. Zugleich tibernahm S. das Viceprasidium der
Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften, in die er 1862 als correspondiren-
des, 1863 als wirkliches Mitglied eingetreten war und deren Generalsecretar
er seit 1875 gewesen. Er regte in der Akademie 1864 die Herausgabe der
osterreichischen Weisthlimer je durch einen Juristen und einen Philologen an,
ebenso die Uebertragung einer kritischen Ausgabe des Schwabenspiegels an
Rockinger und der Sachsenspiegelglosse an Steffenhagen. Von seinen in den
Sitzungsberichten veroffentlichten Arbeiten sind zu nennen: die vielfach auf-
klarenden Untersuchungen iiber Alter, Herkunft und Gestaltungen des oster-
reichischen Landrechts (i860 und 1867, Bd. XXXV 109 ff., LV 5ff.) f seine
Monographic tlber die Stellung der Dienstmannen in Oesterreich von 1883
(Bd. CII Heft 1, S. 235), liber die Lombarda-Commentare des Ariprand und
Alibertus von 1862 Bd. XL i64ff.), iiber den ordo judiciarius von Eilbert von
Bremen von 1867 (Bd. LV 53 iff.); dann »Die Erholung und Wandelung im
gerichtlichen Verfahren« von 1863 (Bd. XLII 201 ff.), »Die Gefahr vor Gericht
und im Rechtsgang« von 1866 (Bd. LI i2off.), »Das pflichtmassige Rtigen
auf den Jahrdingen und sein Verfahren« von 1892 (Bd. CXXV, Abth. DC),
»Das Gliterrecht der Ehegattenim Stiftsamte Salzburg* von 1882 (Bd.XCIX75ff.).
Dazu treten »Zwei Handschriften des Wiener Stadtarchivs« in den sogenannten
Sylvesterspenden von 1858, die vortrefflichen Gedenkreden fiber Homeyer
(1875), Gabriel Seidl (1876), Palaiky (1877), Aschbach (1882), Leo-
pold von Ranke (1886), von Arndts (1878) und K. Tomaschek (1879),
den Reformator des osterreichischen Unterrichtswesens Grafen Leo Thun
(1888), auch die Festschrift zur Centenarfeier fur K. F. Eichhorn (Wiener
Juristische Blatter vom 20. November 1881), Besprechung des Werkes von
Homeyer »Der Dreissigste« (Krit. Vschrift Bd. VII) und die ganz kurz vor
seinem Tode abgeschlossene und gedruckte Arbeit »Die deutschen Rechts-
blicher und die Kaiser Karls-Sage« — als Abschnitt eines geplanten grosseren
Werkes tiber die Sage von Kaiser Karls Recht und Gericht. Als seine Haupt-
werke sind schliesslich zu nennen: einmal das zu nachhaltiger literarischer
Erorterung Anlass gebende meisterliche Schriftchen »Das Versprechen als Ver-
pflichtungsgrund im heutigen Recht. Eine germanistische Studie«, Berlin 1873.
Der Hauptgedanke der Schrift von der verpflichtenden Kraft des einseitigen
Versprechens hat auch bei Abfassung des deutschen Burgerlichen Gesetzbuches
Siegel. 93
Beachtung gefunden. Weitere Ausfiihrungen des Versprechensbegriffes bieten
die Schriften : »Das erzwungene Versprechen und seine Behandlung im deutschen
Rechtsleben«, Wien 1893, und »Der Handschlag und Eid nebst den ver-
wandten Sicherheiten fur ein Versprechen im deutschen Rechtslebeiu, Wien
1894. Andererseits gehort hierher seine »Deutsche Rechtsgeschichte«, Berlin
1886, 2.Aufl. 1889, 3. Aufl. 1895, als ein mit Beifall begrtisstes, dem Rechts-
unterrichte gewidmetes Werk. Endlich ist seiner Mitarbeit an der Ausgabe
der Salzburger Taidinge von K. Tomaschek (1870) und der Ausgabe des
frankischen ehelichen GCiterrechtes von G. Sandhaas, Giessen 1866, zu gedenken.
Eine sehr gltickliche Ehe verband ihn mit Rosa Edle von Loehner,
Tochter des Dichters und Politikers Dr. med. von Loehner, die ihn voll
verstand, in alien Lebenslagen ihm eine treue, sich aufopfernde Gefahrtin war
und ihm ein liebes Heim schuf. Von vier Kindem, zwei Sohnen und zwei
Tochtern, verloren die Eltern 1887 zu ihrem tiefsten, nie ganz verwundenen
Schmerze den hochbegabten einen Sohn Edgar im Alter von 17 Jahren. Ein
weiterer schwerer Schlag war es, dass Heinrichs zweiter Bruder, Carl S.,
badischer Geheimer Ober-Regierungsrath, bei einer grossen Ueberschwemmung
in Freiburg im Breisgau am 9. Marz 1896, bei Rettungsarbeiten mit der Brticke,
auf der er stand, von den reissenden Fluthen weggerissen, ein Opfer seines
Berufes wurde. Der alteste Bruder, ein weit tiber die Grenzen seines Heimath-
landes bekannter Badearzt, zog sich nach langjahriger angestrengter Thatigkeit
als Geheimrath ins Privatleben zurttck. Der Vater war nach zehnjahriger ver-
dienstlicher Wirksamkeit als badischer Generalstabsarzt 1864 in den Ruhestand
ge tret en und am 23. Marz 1870 gestorben, fast 80 Jahre alt. — S. war von
stattlichem Wuchs, eine vornehme Erscheinung. Treffliche Eigenschaften des
Charakters und des Herzens, zeichneten ihn aus: strengster Rechtssinn,
lebendigstes Ehrgeftihl, seltene Pflichttreue, begeisterte Hingabe an seinen Be-
ruf, echt deutsche Gesinnung, die er, dem politischen Alltagsleben fernstehend,
nur auf wissenschaftlichem Gebiete bethatigte. Er war ein wohlwollender
Examinator und unterstlitzte Jiinger der Wissenschaft mit alien Kraften. i860
uar er Mitglied des Gelehrtenausschusses des Germanischen Nationalmuseums
in Niirnberg geworden, 1873 correspondirendes und 1886 auswartiges Mitglied
der historischen Klasse der Konigl. bayerischen Akademie der Wissenschaften,
1877 Ehrenmitglied der Royal Historical Society in London, 1879 Mitglied
der Konigl. bohmischen Gesellschaft der Wissenschaften in Prag, 1890 Ehren-
mitglied der historisch-statistischen Section der k. k. mahrisch-schlesischen
Gesellschaft zur Beforderung des Ackerbaues, der Natur- und Landeskunde.
Er hinterliess eine altere Tochter Anna, die jetzt die Stiitze der Mutter ist,
die jiingere Tochter Marie verheirathet an den Rittmeister und Privatgelehrten
Dr. Gaess in Freiburg im Br., und den zweiten Sohn Carl, jetzt Mittel-
schulprofessor. — Eine Btiste von Heinrich Siegel wird nachstens in den
Universitatsarkaden Aufstellung finden; eine andere in Ladenburg.
Vgl. Prof. Dr. Alfred von Wretschko, Heinrich Siegel. Ein Bild seines Lebens
und Wirkens (mit Lichtdruck), Berlin 1900 (zuerst in den Beilagen zur Allg. Ztg. No. 106,
107 und 108 vom 9., 10. und 11. Mai 1900); — Gedenkrede von Prof. Dr. Heinrich
Schuster aus Prag in der Wiener jurist. Gesellschaft vom 29. November 1900 (Allgem.
bsterr. Gerichts-Zeitung L. Jahrgang No. 49 und 50, auch separat, Wien 1900); — Prof.
Dr. LuschinvonEbengreuthin der Savigny-Ztschr., Germ. Abth. XX p. VII ff. ; — Prof.
Dr. Frommholdin der Deutschen Juristen-Zeitung 1899 S. 291 ; — Bericht des abtretenden
Rectors der Wiener Universitat liber das Studienjahr 1898/99 S. I7ff.; — Wurzbach,
BiogT. Lex. Bd. 34 S. 247 ff.; — Erinnerung an Heinrich Siegel (1830—1899). Zur ersten
g4 Siegel. Lomroel.
Wiederkehr seines Todestages aro 4. Juni 1900. Druck und Verlag von M. Salzer in Wien
(von der Wittwe glltigst tibersandt); — Almanach der k. k. Akademie in Wien 1900. —
GrUnhuts Ztschr. I 364—370 (Joseph Unger), II 3i4ff. (Pfaff).
A. Teichmann.
v. Lommel, Eugen, Professor der Physik an der Universitat zu Mttnchen,
* 19. Marz 1837 zu Edenkoben, f 19. Juni 1899 zu Munchen. Das Adels-
pradicat war Consequenz des die personliche Nobilitirung nach sich ziehenden
Civilverdienstordens. Die Lateinschule seiner Vaterstadt und das humanistische
Gymnasium von Speyer forderten L. soweit, dass er schon mit 17'/* Jahren
die Miinchener Universitat beziehen konnte. Zeitlebens ist er ein begeisterter
Anhanger des Classicismus gewesen, obwohl er auch frlih schon den lebhaften
Sinn fiir naturwissenschaftliche Studien hegte; so zeichnete er mit eigener
Hand den zoologischen Atlas von Oken nach, den anzuschaffen ihm die Mittel
fehlten, und hospititirte an der Gewerbeschule in den physicalisch-chemischen
Lehrstunden. Immerhin wirkte auch sein Lehrer in der Mathematik, der
durch seine optischen Untersuchungen mit Recht benihmt gewordene Professor
Schwerd, hochst gunstig auf den jungen Mann ein, dessen spatere Arbeiten
zu einem grossen Theile auf demselben Felde lagen. Unter v. Seidel und
v. Lamont, denen gerade jetzt, nach G. S. Ohms Tode, auch der Physiker
Ph. v. Jolly zur Seite trat, bildete sich L. zum tiichtigen Mathematiker aus,
und mathematischer Natur sind auch die meisten seiner in Grunerts <>Archiv
der Mathematik und Physik <v veroffentlichten Erstlingsversuche. Indessen war
er zeitlebens niemals ein engherziger Specialist, und so blieb auch wahrend
der Studentenzeit sein Interesse alien wissenswerthen Dingen zugewandt;
namentlich legte er damals auch den Grund zu der tiichtigen Kunstausbildung,
die ihn nachmals auszeichnete. Nach vierjahrigem Studium wurde die Staats-
prtifung mit Note I bestanden, und nachdem der junge Mann einige Zeit als
Hauslehrer gewirkt hatte, erhielt er eine Lehrerstelle an der Cantonsschule zu
Schwyz, wo er flinf Jahre verblieb, um sodann in gleicher Eigenschaft nach
Zurich uberzusiedeln. Das rege Geistesleben dieser Stadt, wo damals gerade
viele aus Deutschland berufene Lehrkrafte — Wislicenus, Prym, Fick, der
beriihmte Ingenieur Culmann, L's. specieller Landsmann — thatig waren,
wirkte auf ihn machtig anregend, und so habilitirte er sich denn an beiden
Ziiricher Hochschulen. Bald schon entfiihrte ihn denselben aber ein aus
Wurttemberg an ihn ergangener Ruf; L. wurde Professor der Mathematik und
Physik an der land- und forstwirthschaftlichen Akademie zu Hohenheim bei
Stuttgart und verfasste hier seine trefflichen »Studien liber die Besselschen
Funktionen« (Leipzig 1868), die ihm den weiteren Weg hauptsachlich gebahnt
haben. Schon 1869 als Professor der Physik nach Erlangen berufen, musste
er nunmehr seinen Arbeiten, die bisher durchaus ein streng theoretisches Ge-
prage getragen hatten, eine wenigstens theilweise andere Richtung ertheilen
und sich in die experimentelle Richtung einarbeiten, deren Vertretung in
Vortrag und Praktikum ihm ja jetzt vorzugsweise oblag. Dieser Universitat
ist er, unter Ablehnung einer Ruckberufung nach Zurich, siebzehn Jahre treu
geblieben, und erst 1886 folgte er seinem friiheren Lehrer v. Jolly als Pro-
fessor in Miinchen. Der dortigen Akademie gehorte er bereits seit 1876 an.
In dem neuen Bestimmungsorte erwartete ihn eine grosse und schwierige Auf-
gabe, namlich der Bau eines neuen physicalischen Instituts. Dasselbe wurde
Lommel. n r
im Jahre 1 894 eingeweiht, und seitdem konnte sich der hohere Unterricht in
diesem Fache ungleich freier entfalten, als dies unter den vielfach beengenden
Verhaltnissen frtiher moglich gewesen war. Allein an der Lebenskraft dessen,
der die Einrichtung zu leiten und daneben einer gleich ausgedehnten wissen-
schaftlichen und Lehr-Aufgabe zu genugen hatte, zehrte die gewaltige An-
strengung, und man erkannte an dem raschen Altern des friiher so kraftigen
Mannes, dass seine Widerstandsfahigkeit sich zu erschopfen begann. Seit 1872
mit einer Enkelin des beriihmten Philosophen Hegel, Tochter des in hohem
Alter noch lebenden Historikers, vermahlt, hatte sich L. auch bis zuletzt eines
gliicklichen hauslichen Lebens zu erfreuen. Fur das Studienjahr 1898/99 war
er zum Rector der Universitat gewahlt worden; da traf ihn im Januar 1899
ein schwerer Schlag in seiner Familie, und nun wurde es offenbar, dass er
sich zu viel aufgebtirdet hatte. Die Krafte begannen zu versagen, und obwohl
er nach der Rlickkehr von einem langeren Aufenthalte im Siiden sogar die
Rectoratsgeschafte wieder aufnahm, so vermochte er dieselben doch nicht fort-
zuftihren. Ein sanfter Tod beschloss ein allzu fruhzeitig geknicktes Leben.
Von Hause aus erwahntermassen Mathematiker, ist L. dieser Wissenschaft
auch in der Folge nicht untreu geworden und stets gerne auf sic zurtick-
gekommen, wie zahlreiche in den »Mathem. Annalen« verofFentlichte Aufsatze
iiber die Besselschen Funktionen und verwandte Transcendenten bekunden.
In erster Linie aber gehorte seine grosse Schaffenskraft der Lehre vom Lichte,
und wenn man die gewaltige Fiille der von ihm den »Annalen der Physik und
Chemie«, dem »Repertorium der Experimentalphysik«, den »Sitzungsberichten*
der bayerischen Akademic und denjenigen der Physicalisch-Medicinischen
Societat in Erlangen iiberlassenen Abhandlungen durchmustert, so wird man
finden, dass es kaum ein wichtiges optisches Problem giebt, an dem er sich
nicht mit Gliick und Erfolg versucht hatte. Insbesondere stellte er eine neue
Theorie der Fluorescenzerscheinungen auf, berechnete mit friiher nicht erreich-
barer Einfachheit und Genauigkeit die Beugungsbilder, gab erstmalig zu-
treffende Erklarungen von verschiedenen Phanomenen der meteorologischen
Optik, wie Morgen- und Abendrothe, Gloriole um den Kopfschatten, Damme-
rungsfarben, machte die ultrarothen Strahlen des Spectrums, die sich sonst
nur durch erhohte Warme verrathen, mittels der Phosphorescenz sichtbar u. s. w.
Die Spectralanalyse und das Studium des Spectrums tiberhaupt beschaftigten
ihn wiederholt eingehend, und namentlich wusste er, von seinem Schiiler
Fomm wirksam untersttltzt, hierbei die Photographie in bisher nicht gekanntem
Ausmaasse zur Geltung zu bringen. Seine neue Formulirung des photo-
metrischen Grundgesetzes hat bei Seeligers Lichtmessungen am Ringe des
Planeten Saturn glanzend die Probe bestanden. Auch diirfen wir sein »Ery-
throskop^ und »Melanoskop« nicht vergessen, Linsencombinationen, durch
welche gewisse Strahlengattungen vollstandig ausgeschaltet werden. Die iibrigen
Zweige der Physik mussten gegeniiber der Lieblingsdisciplin L/s allerdings
einigermassen zurlickstehen, wurden aber darum doch nicht etwa vernach-
lassigt. Die Elektricitatslehre bereicherte er durch seine originelle Auffassung
der Lichtenbergschen Figuren, sowie durch eine Umgestaltung der Influenz-
Maschine, die Aerostatik durch einen Apparat zur Bestimmung des specifischen
Gewichtes der Gase, die Potentialtheorie durch die sichtbare Darstellung der
Linien gleichen Potentiales in durchstromten Platten, womit sich eine Erklarung
des sogenannten Hallschen Phanomenes verbindet. Diesen Dingen ist eine
ganze Reihe von Aufsatzen zugewandt. Auch die experimen telle Behandlung
o6 Lommel. Strauss u. Torney.
der leuchtenden »Wasserhammer« erweckt vielseitiges Interesse. Die Ausgabe
der Schriften Fraunhofers und Ohms, welche unter der Aegide der bayerischen
Akademie erfolgt, wurde von L. geleitet. Ausserordenllich gut wusste der-
selbe auch den Ton in gemeinverstandlichen Darstellungen zu trefFen, wofur
mannigfache Belege vorliegen (Wind und Wetter, Mtinchen 1873 und 1880;
Das Wesen des Lichts, Bestandtheil der »Internation. Bibliothek, Leipzig 1894;
Lexikon der Physik und Meteorologie, Leipzig 1882; Spectrum und Spectral-
analyse in Krebs' »Physik des taglichen Lebens«, Stuttgart 1884). Das in
seiner gedrangten, mit Vollstandigkeit und Klarheit gepaarten Klirze muster-
giltige »Lehrbuch der Experimentalphysik* hat in den paar Jahren von 1893
bis 1900 nicht weniger denn sechs Auflagen erlebt.
Boltzmann, E. v. Lommel, Jahresbericht der Deutsch. Math ematikervereinigung, VIII,
1. Heft, S. 4ff.; beigeftigt ist ein sehr treues, aber aus der leUten Lebenszeit stammendes
und bereits stark gefurchte ZUge cum Ausdruck bringendes Portrait. — Nekrolog von
Graetz, Beilage zur Allgemeinen Zeitung, Juni 1899. — Nekrolog von v, Mttncbener
Neueste Nachrichtcn, Juni 1899.
S. GUnther.
Strauss und Torney, Victor Friedrich von, Wirklicher Geheimer Rath,
Dr. theol., * am 18. September 1809 in Buckeburg, f am 1. April 1899 in
Dresden. St. besuchte bis zum Jahre 1824 das Gymnasium seiner Vaterstadt,
darauf ein Jahr das Gymnasium in Lemgo und wurde dann Scholar des
Padagogiums in Halle, welches damals unter der Leitung des Kanzlers August
Hermann Niemeyer stand. Anregungen, welche der Jiingling durch Goethe
und Tieck empfing, liessen frtth seine dichterische Begabung zu Tage treten.
Mit 19 Jahren veroffentlichte er 1828 ein Trauerspiel, »Katharina«, und Poesie
und Philosophic beschaftigten ihn wahrend der ersten Zeit seiner akademischen
Studien in Erlangen und Bonn mehr als sein Berufsstudium, die Rechtswissen-
schaft. Nach Abschluss seiner Studien in Gottingen trat er 1832 in schaum-
burg-lippische Dienste und vermahlte sich bald darauf mit Albertine aus dem
hannoverschen Geschlechte von Torney, dessen Namen er dem seinigen an-
fiigte, als jenes 1864 im Mannesstamme erlosch. Aus der ersten Zeit von
St.'s Wirksamkeit in Biickeburg stammen die meisten seiner Jugendgedichte,
welche er 1841 der Oeffentlichkeit Ubergab. Im Jahre 1838 legte er durch
die Herausgabe der Anfangsgrtinde der allgemeinen Theorie der Musik nach
Grundsatzen der Wesenlehre aus dem Nachlasse von Carl Chr. Fr. Krause
Zeugniss von einer besonderen musikalischen Begabung ab. — Von dem
grOssten Einfluss auf St.'s Geistesleben wurde das Buch seines Namensvetters,
des Ttibinger Professors David Strauss, »Das Leben Jesu«, sowie die Neander-
sche Widerlegung desselben. St. begann, um sich Gewissheit zu verschaffen,
wer recht habe, ein fbrmliches Studium der Theologie. Er studirte die Bibel
im Urtexte und das Resultat seiner Forschungen war der historische Christus,
nicht der mythische des David Strauss. Die unmittelbare Folge seiner theo-
logischen Studien sind seine zahlreichen theologischen Schriften, in denen seine
positiv-christliche Ueberzeugung, an der er fortan festgehalten, Uberall zu Tage
tritt. Von seinen Liedern aus der Gemeine flir das christliche Kirchenjahr r
die 1843 erschienen — das Beste, was St. auf dem Gebiete der religiosen
Lyrik geleistet — haben mehrere in preussischen und sachsischen Gesang-
blichern Aufnahme gefunden.
Strauss u. Torney. oy
Im Jahre 1840 war St. Archivrath geworden. Sechs Jahre spater nahm
er als schaumburg-lippischer Abgeordneter thatigen Antheil an der Berliner
Kirchen-Conferenz, bei welcher Gelegenheit er auf Veranlassung Friedrich
Wilhelms IV. eine Denkschrift tiber die Gesangbuchssache in den preussischen
Landen verfasste. 1848 erfolgte die Ernennung zum Cabinetsrathe, 1850
treffen wir ihn als Gesandten in Frankfurt a. M. bei der Bundesversammlung,
Weihnachten desselben Jahres in Dresden bei der Ministerial-Conferenz, bald
darauf wurde er von dem Kaiser von Oesterreich in den erblichen Adelstand
erhoben. Im Jahre 1865 wurde er Wirklicher Geheimer Rath. Bis 1866 ver-
trat er Schaumburg-Lippe in der Frankfurter Bundesversammlung. Die Ab-
stimmung vom 14. Juni 1866, bei welcher er das Votum seiner Curie flir die
Mobilmachung gegen Preussen abgab, hatte seinen Rticktritt ins Privatleben
zur Folge. Vorwtirfe, die bald gegen St. erhoben wurden, veranlassten ihn
zur Herausgabe der Schrift: Mein Antheil an der Abstimmung der Bundes-
versammlung vom 14. Juni 1866. Im Jahre 1869 verlegte er seinen Wohn-
sitz nach Erlangen, 1872 sodann nach Dresden.
In der Revolutionszeit 1848 war St. eine Stiitze und ein Ftihrer der Con-
servativen in Schaumburg-Lippe. Von seinen Schriften bezeugt namentlich
das 1849 erschienene >Fastnachtsspiel von der Demokratie und Reaction «
seine conservative Gesinnung. Seine politischen Grundsatze lernen wir aus
den »Briefen tiber Staatskunst« (1853) kennen. Die Zeit, als St. in seiner
Heimath lebte, ist in literarischer Hinsicht die fruchtbarste gewesen. In Bticke-
burg sind auch die ersten Novellen entstanden, die sammtlich im »Daheim«,
spater dann auch in Buchform, erschienen sind. In Erlangen wandte sich St.
ganz der gelehrten Forschung zu. Hier schrieb er Uebersetzung und Commentar
des chinesischen Werkes Tad-te-king (Der Weg zur Tugend) von Lao-Ts£, einem
Zeitgenossen des Confucius. In Dresden folgten dann wieder einige Novellen,
»Das weisse Kind«, »Das Gl(ick« und »Renata«, in den i88oer Jahren
»Lebensfuhrung« und »Die Schule des Lebens«. Ein Werk grtindlicher
Forschung , zugleich aber auch eine grosse dichterische Schopfung ist St.'s
metrische Uebersetzung des kanonischen Liederbuches der Chinesen »Schi-king«,
welches schon Rtickert nach einer lateinischen Bearbeitung tibersetzt hat.
Im Jahre 1885 veroffendichte St. eine Arbeit tiber den altchinesischen
Monotheismus, 1889 folgte der erste Theil eines Werkes tiber den alt-
agyptischen Gotterglauben, welcher die Gotter und Gottersagen behandelt.
Der zweite Theil, die Entstehung und Geschichte des altagyptischen G6tter-
glaubens, erschien im Jahre 1891. St.'s letzte Arbeit sind die 1895 heraus-
gegebenen »Beitrage zur Erkenntnisslehre mit Beziehung auf die Offenbarung«.
Bis in sein hohes Alter haben ihn vorzugsweise theologische Studien be-
schaftigt. Ftir seine Verdienste auf theologischem Gebiete ist er 1882 von
der Universitat Leipzig zum Ehrendoctor der Theologie ernannt worden.
Von St.'s vielseitiger Begabung, der Staatsmann, Dichter und Theolog in einer
Person war, geben seine zahlreichen Schriften, liber welche ein Verzeichniss
folgt, den besten Beweis.
Katharina. Ein Trauerspiel. Halle 1828. AnfangsgrUnde der allgemeinen Theorie der
Musik nach Grundsatzen der Wesenlehre. Herausgegeben von Victor Strauss aus Carl
Chr. Fr. Krauses bandschriftlichem Nachlass. Dresden und Leipzig 1838. Theobald.
3 Bde. Bielefeld 1839. Gedichte. Bielefeld 1841. Richard. ZwBlf Gesange. Bielefeld 1841.
Sophoclis Antigone. Uebersetzt. Bielefeld 1842. Lieder aus der Gemeine ftir das christliche
Kirchenjahr. Hamburg 1843. Leben des Paulus Gerhardt (Sonntagsbibliothek. I. 2). Biele-
feld 1844. Das Kirchenjahr im Hause. Heidelberg 1845. Schrift oder Geist? Eine positive
Biogr Jahrbuch u. Deutscher Nekrolog. 4. Bd. y
08 Strauss u. Torney. Gleim.
Entgegnung auf des Pfarrers Wisliccnus »Verantwortung gegen seine Anklagerc. Bielefeld
1845. Lebensfragen in sieben Erxahlungen. 3 Bde. Heidelberg 1846. (Neue Ausgabe Er-
zahlungen Bd. 2 und 3. Heidelberg 1855.) Ueber die Gesangbuchssache in den preussischen
Landen. Bielefeld 1846. Das kirchliche Bekenntniss and die lehramtliche Verpflichtung.
Halle 1847. Ein Fastnachtsspiel von der Demokratie und Reaction. Frankfurt a. M. 1849.
Bilder und T&ne aus der Zeit. Bielefeld 1850. Gottes Wort in den Zeitereignisseo. Biele-
feld 1850. Ein Nachgesang Dantes aus dem Paradiese. Dresden 185 1. Gudrun. Frank-
furt a. M. 1851. Polyxena. Frankfurt a. M. 1851. Briefe liber Staatskunst Berlin 1853.
Robert der Teufel. Heidelberg 1854. Neue (Titel-) Ausgabe 1870. Erzahlungen. Gesammeltes
und Neues. 3 Bde. Heidelberg 1854. 55. Ein O bolus zur Philosophic der Geschichte. Han-
nover 1855. Weltliches und Geistliches. 2 Bde. Heidelberg 1856. Judas Ischarioth. Abdruck
aus: Weltliches und Geistliches. Heidelberg 1856. Neue (Titel-) Ausgabe 1870. Polykarpus.
Heidelberg i860. Zweite Ausgabe 1875. Altenberg. Ein Roman (Anonym). Leipzig 1865.
Meditationen Uber das erste Gebot. Leipzig 1866. Mein Antheil an der Abstimmung der
Bundesversammlung. Btlckeburg 1866. Die Bauern. Des Lebens Nachtseite. Heidelberg 186S.
Die Communisten. Mammon. Heidelberg 1868. Die Verloienen. Heidelberg 1868. Aus der
Vergangenheit. Der Schulmeister und der Herr Lehrer. Heidelberg 1869. Der Zweikampf.
Eros und Agape. Heidelberg 1869. Lao-tse, Tao-te-king. Aus dem Chinesischen ins Deutsche
(Ibersetzt, eingeleitet und comment! rt Leipzig 1870. Das Pfarramt. Die Ehepaare. Heidel-
berg 1870. Der Prediger in der Wttste. Erlangen 1871. Novellen. 3 Bde. Leipzig 187 1.
Reinwart Lowenkind. Gotha 1873. Essays zur allgemeinen Religionswissenschaft. Heidel-
berg 1879. Der hannoversche Gesangbuchsentwurf und der Herr Schulinspector Backhaus.
Hannover 1880. Schi-king, Das kanonische Liederbuch der Chinesen. Heidelberg 1880. Der
Gesangbuchsentwurf ftlr die Landeskirche des Konigreichs Sachsen, besprochen. Leipzig
1881. Lebensfahrungen. 2 Bde. Heidelberg 1881. Das unbewusst Weissagende im vor-
christlichen Heidenthum (Zeitfragen des christlichen Volkslebens No. 49). Heilbronn 1882.
Der altchinesische Monotheismus (Sammlung von Vortragen, herausgegcben von W. Frommel
und Fr. Pfaff Bd. 13, Heft 9). Heidelberg 1885. Die Schule des Lebens. Heidelberg 1885.
Der altagyptische Gtttterglaube. 2 Theile. Heidelberg 1889. 1891. Offenes Sendschreiben
an Herrn Oberstlieutenant v. Egidy. Eine Beleuchtung seiner Schrift »Ernste Gedankenc.
Dresden 1891. (Zweite Auflage in demselben Jahre.) Die Freiheit des Menschen. Leipzig
1892. Die Wunder im Neuen Testament (aus: Neue kirchliche Zeitschrift). Leipzig 1893.
Beitrage zur Erkenntnisslehre mit Beziehung auf die Offenbarung. Leipzig 1895.
Persftnliche Mittheilungen. Vehse, Geschichte des Hauses Lippe zu Detmold und
Btlckeburg (Geschichte der kleinen deutschen Httfe 5) S. 158 — 160. (Beruht nicht immer
auf zuverlassigen Quell en und ist tendenzitts.) Victor von Strauss und Torney. Von
Robert Konig: Daheim, Jahrgang 28 (1892), S. 587 — 590. Victor von Strauss und Torney.
Von Otto Zaretzky: Schaumburg-Lippische Landes-Zeitung vom 6. April 1899. Rede am
Sarge des Wirkl. Geheiroen Rathes Dr. theol. Victor von Strauss und Torney von
P. Ernst Ktthn. (Dresden 1899.)
Otto Zaretzky.
Gleim, Eduard, Landschaftsmaler, * 31. Marz 181 2 zu Rotenburg a. d.
Fulda; erhielt den ersten Unterricht in seiner Heimath, dann aber auf dem
Gymnasium zu Hersfeld. Hier zahlte er auch zu den Schulern des nach-
mals durch seine Deutsche Literatur-Geschichte so bertihmten Prof. August
Friedrich Christian Vilmar, welcher als Consistorialrath zu Marburg am
30. Juli 1868 starb ; G. blieb mit demselben immerdar in freundlicher Be-
ziehung. Im Jahre 1830 bezog G. zum Studium der Rechte die Universitat
Marburg und bald darauf Heidelberg, wo er durch ein von Ernst Fries (geb.
22. Juni 1 80 1 zu Heidelberg, welcher damals zu Karlsruhe seine Schwingen
so machtig entfaltete) gemaltes Bild solche Anregung versplirte, dass G. unter
Aufgabe der von ihm erwahlten Jurisprudenz, nach Karlsruhe ubersiedelte, um
sich unter dieses Meisters Leitung ganz der Landschaftsmalerei zu widmen.
Nach dem schon am 11. Oktober 1833 erfolgten Ableben Fries' ging G.
nach Milnchen, wo er mit M. von Schwind, Feodor Dietz, Albert Zimmer-
Gleim. Hiendlmayr. N ng
mann, Friedrich Voltz verkehrte und sich selbstandig weiterbildete, wozu
Studienreisen ins altbayerische Gebirge und nach der Schweiz, auch ein
langerer Aufenthalt zu Dtisseldorf veranstaltet wurden. Um seine Verehe-
lichung (mit einer Freundin von Schwinds Frau) zu ermoglichen, ubernahm
G. unter vortheilhaften Bedingungen eine Privatstelle als Renten-Verwalter zu
Mannheim (1847), woriiber M. v. Schwind in einem am 8. August 1847 an
seinen Freund Bernhard Schadel gerichteten Briefe (in »Nord und Stid«
Juli 1880, XIV. Band, 40. Heft S. 27) einen ihm eigenen Ausdruck gebraucht,
um G.'s Abfall von der Kunst zu beklagen. Im Jahre 1848 verheirathete
sich G. mit der Tochter des Finanzrathes Matthes in Karlsruhe und lebte
bis i860 zu Weinheim, ging aber, um sich abermals der Kunst zu widmen,
nach Mtinchen, wo derselbe auch nach dem Tode seiner Gattin (1865) als
austibender Maler sich bethatigte. Seit 1840 brachte er sehr einfach com-
ponirte, warm empfundene und gut gemalte Landschaften aus Oberbayern
und Tirol in den Munchener Kunstverein; 1844 eine Partie vom Gardasee,
einen Chiemsee-Abend, 1846 das Schloss Berlepsch in Hessen; i865Ambach
bei Stamberg, Partien bei Altenburg und Brannenburg, den Finstersee in
Tirol, 1866 einen Gewitterabend, eine mit Zigeunern staffirte Hohle aus dem
Odenwald, eine Erinnerung an Hohenschwangau und die RuineWaldeck bei
Schliersee; 1868 einen Abend am Lago Maggiore, 1869 Morgenlandschaft
aus Hessen, 1871 ein Hessisches Wiesenthal, 1872 eine duftige Morgen-
stimmung, 1873 und 1887 Erinnerungen von Chiemsee und Brannenburg;
1880 die Isargegend bei Ebenhausen, ein Motiv aus Oberbayern, 1883 eine
Waldlandschaft mit Badenden. Sein letztes, immer noch erwahnenswerthes
Bild brachte G. noch 1894 zur Ausstellung. Er liebte die Verbindung von
Berg und Wald, mit klaren Seespiegelungen und frohlichen WasserfaJlen, im
Summa die Landschaft in idyllischer Stimmung. Reproductionen in Holz-
schnitt oder Photographie slnd mir nicht bekannt geworden.
Vgl. Fr. v. Btftticher, Malerwerke 1895, h 39<>. MUller-Singer 1896, II, 6z.
Kunstvercins-Bericht f. 1899, S. 71.
Hyac. Holland.
Hiendlmayr, Sebastian, Humanist und Kunstmacen, * 3. Januar 181 9 in
Mitterast (bei Straubing), f 27. Januar 1899 zu Mtinchen. Seine Eltern, Klein-
giitlerleute, bestimmten den schwachlichen Knaben zum Studium in Freising;
frtihe verwaist und mittellos, kam H. bei einem Gtirtler in die Lehre, trat
nach dreijahriger Wanderschaft bei dem wohlbekannten Meister Rockenstein
zu Salzburg in Condition und spater zu Mtinchen, wo er sich sehr vortheil-
haft verheirathete, das Kaufmannsgeschaft seines Schwiegervaters Ubernahm
und durch Thitigkeit, Fleiss und Umsicht, insbesondere in der Caffee-Branche,
bald in grossen Flor brachte. In zweiter Ehe mit der Kaufmannswittwe
Guilini verheirathet, hatte H. mit finanziellen Operationen grosses Gltick und
erwarb ein hdchst ansehnliches VermOgen, welches er zu wohlth&tigen Zwecken
und Kunstbestrebungen edelsinnig verwendete. Zwanzig Jahre lang bethatigte
er sich mit eifrigster Muhewaltung im Armenpflegschaftsrath der Stadt und
versah von 1865 bis zu seinem Ableben die S telle eines Cassier und Schrift-
flihrers im Waisen-Verein; er war auch persfinlich stets ein freigebiger Freund
und Gdnner der Armen. Mit leidenschaftlicher Vorliebe erfasste H. den Plan,
der, durch Georg von Dollmann 1864 bis 1895 grosstentheils durch freiwillige
7*
I oo Hiendlmayr. Gull.
Beitrage, im Spitzbogenstil erbauten Stadtpfarrkirche in Giesing zur inneren
Ausschmiickung zu verhelfen. Nachdem Konig Ludwig II. die Fenster des
Hauptchores mit Glasgemalden zu zieren beschlossen hatte, libernahm H. die
Herstellung eines Fensters im Seitenschiff; ferner wusste H. den Grosshandler
Joh. Carnot (f 1890) zu bestimmen, dass er die Anfertigung des Hochal tares
und zwar mit Sculpturen des Bildhauers Jos. Beyrer votirte, welchem der
eifrige H. dann auch sammtliche Bildhauerarbeiten iibertrug. Diese bestanden
aus 14 originell erfundenen Kreuzwegstationen, den zwolf Standbildern der
Apostel, aus zwei figurenreichen, die Anbetung der Kdnige und die Einsetzung
des Abendmahles darstellenden plastischen Gruppenbildern, dazu kam noch
die Herstellung der meisterhaften Kanzel (mit Figuren von dem talentvollen
Sohne Beyrers) und einiger weiteren Sculpturen: so dass die einheidiche
plastische Ausstattung dieses Bauwerkes sowohl dem grossmUthigen Stifter wie
auch dem Ktinstler zu steten Ehren gereicht. Dazu fligte H. nicht allein
zwei hohe gleichfalls stilgerechte Fahnenkasten und zwei grosse Glasgemalde
in die Giebelfenster, sondern griindete, nachdem er ftir alle diese Arbeiten
tiber 100 000 Mark verwendet hatte, auch noch ein mit 70000 Mark dotirtes
Prediger-Benefizium. Dazu documentirte er seine wohlthatigen Bestrebungen
durch zahlreiche testamentarische Legate; so erhielt das Waisenhaus der Stadt
MUnchen ein Capital von 200000 Mark. In jUngeren Jahren paradirte H. als
stattlicher Grenadierhauptmann der Btirgerwehr, welcher alle Ehre daran setzte,
seine Compagnie in musterhafter Disciplin zu halten. Auch excellirte H. als
kiihner Alpist, Mineralog und Botaniker, der einc wohlgeordnete Sammlung
von 40000 Species aufspeicherte. Konig Ludwig verlieh dem unermtidlichen
Armenvater den Michael-Orden II. Classe und Papst Leo XIII. ehrte ihn durch
das Ritterkreuz des Gregorius-Ordens. Mit Recht rlihmt der Nachruf im
50. »Jahresbericht des Waisenvereins« fiir 1898 S. 15 if. : »Was immer H. that,
verrichtete er mit einer so liebenswttrdigen Bescheidenheit und so frei von
jeder Selbstgefalligkeit, dass ihm das seltene Lob gebiihrt: er war ein Mann,
der die geringsten Ansprtiche erhob und die hochsten erftillte.«
Hyac. Holland.
Gull, Josef, siebenbtirgisch-sachsischer Politiker, * 5. December 181 o in
Schassburg, f 23. Juni 1899. Nachdem er das Gymnasium seiner Vaterstadt
besucht hatte, studirte er in Vasarhely Jura und erwarb 1844 das Recht der
Advocatur, trat aber zuerst in den Verwaltungsdienst seiner Vaterstadt. Es
war die Zeit eines neuerwachten politischen Lebens, in der insbesonders auch
die Grundlagen des Bestandes des sachsischen Volkes eingehende Erorterung
inmitten der Nation fanden und allgemein erkannt wurde, dass Wirthschaft
und Schule, Verwaltung und nationales Leben auf neue Grundlagen gestellt
werden milssten. Presse und Vereine nahmen sich der neuen Gedanken an,
in deren Dienst sofort auch G. sich stellte. Als die Revolution 1848 aus-
brach, da hofften die JUngeren unter dem sachsischen Volk, es werde durch
Anschluss an die Magyaren auch fiir die Sachsen eine neue Zeit der Bliithe,
der liberalen Entwickelung kommen. So kam es auf dem Klausenburger
Landtag von 1848 zur Union Siebenburgens mit Ungarn, unter Zustimmung
der Sachsen, die allerdings gewisse Grundbedingungen fiir den nationalen Fort-
bestand ihres Volkes als Voraussetzung ansahen. Als der Pester Reichstag
und die ungarische Regierung diese nicht anerkannten, als vor Allem unter
Gull. ioi
Kossuths unheilvollem Einfluss die Bewegung in ungesetzliche Bahnen ein-
lenkte, sahen die Sachsen sich gezwungen, das Schwert zur Vertheidigung
ihrer bedrohten Culturguter zu ergreifen und sich auf die Seite des Kaisers
zu stellen. G. trat in die Schassburger Biirgerwehr ein und wurde Adjutant
des Commandanten, mit dem er die Schlacht bei Elisabethstadt mitmachte.
Nach wieder hergestellter Ordnung und Ruhe trat G., unter dem Absolutismus,
der sich nun im Lande breit machte, aus dem Communaldienst aus und wurde
Advocat, zugleich ein Vertheidiger der Stadtrechte, die von den damaligen
Machthabern mit Flissen getreten wurden. Zugleich nahm er an der stillen
Erziehungsarbeit Theil, die besonders erfolgreich von Schassburg aus auf-
genommen wurde, um das Volk fiir die nationalen Aufgaben zu kraftigen.
Ebenso half er bei der Einfiihrung der neuen Kirchenverfassung, die fiir die
Zukunft des evang.-sachsischen Volks von so ausserordentlichem, Werth sein
sollte, die bestehenden Gegensiitze liberwinden.
Als das Jahr i860 den Absolutismus endlich brach, da trat G. wieder in den
Verwaltungsdienst, erst als Stadthann, dann 1866 — 1881 als Burgermeister in
Schassburg nicht nur fur die Stadt wirkend, sondern immer auch im Dienst seines
Volkes. Insbesonders half er an dem damals hoffnungsfreudig aufgenommenen
Neubau Gross-Oesterreichs kraftig mit. Als Mitglied der sachsischen Nations-
Universitat suchte er die historischen Rechte seines Volkes mit den Forde-
rungen der neuen Zeit in Einklang zu bringen, als Mitglied des Hermann-
stadter Landtages 1863/64 und des Wiener Reichsraths 1863/65 den kleinen
Kahn Siebenbiirgens an das grossere Schiff Oesterreichs zu ketten. Als nach
Schmerlings Sturz der Gedanke des Dualismus auftauchte, war G. ein ent-
schiedener Gegner, weil er von Ungarn fiir die nationale Entwickelung des sach-
sischen Volkes Gefahr furchtete. Darum war er 1865/66 auf dem Klausenburger
Landtag, der iiber die Union Siebenbiirgens mit Ungarn beschliessen sollte,
der Wortfuhrer jener Sachsen, die eine Union nur auf Grund von staatsrecht-
lich festgestellten Bedingungen eingehen wollten.
Als die Union ohne diese, doch mit auf andere Weise den Sachsen zu-
gesicherten Bedingungen durchgefuhrt wurde, wurde G. in den ungarischen
Reichstag nach Pest gewahlt und isi dort, mit kurzen Unterbrechungen in
Folge schwerer Erkrankung, bis 1896 einer der tapfersten Vorkampfer seines
Volkes gewesen. Als Ziel gait ihm immer, die nationalen Rechte desselben auch
unter den veranderten Verhaltnissen zu sichern. Bei den bedeutendsten Ver-
handlungen trat er ins Vordertreffen, so bei der Pensionirung des Comes
K. Schmidt (1868), bei der Zertrummerung des Sachsenlandes (1876), bei der
Verhandlung des Mittelschulgesetzes (1883). Es war ihm schmerzlich, dass
alle Befurchtungen iiber die Gefahrdung der nationalen Entwickelung der
Sachsen durch die Thatsachen iibertroffen wurden.
Neben der politischen Arbeit forderte man ihn auch stets, wo es gait, fiir
allgemeine Interessen einzutreten. Er war seit Schaffung der neuen Kirchen-
verfassung Mitglied des evang. Landes-Consistoriums und der Landeskirchen-
Versammlung, Mitglied der Oberverwaltung des siebenburgisch-sachsischen
Landwirthschaftsvereins, selbst auch ein praktischer Landwirth, der besonders
um die Obstcultur auf seinem grossen Grundstiick sich Verdienste erworben,
dann der Hermannstadter Boden-Creditanstalt u. s. w.
Im Jahre 1896 zwang ihn das Alter, aus dem politischen Leben auszu-
scheiden. Nach schwerem Leiden machte ein Herzschlag am 23. Juni 1899
seinem Leben ein Ende. Charakterfest und weichen Herzens, eine Eiche in
102 Gull. Ziebarth.
stiirmischer Zeit, an der Andere Halt suchten und fanden, gemuth- und
humorvoll, reich an Wissen, so wird sein Volk ihm, als einem Vorkampfer
seines Rechts und seiner Ehre, ein treues Andenken bewahren.
Vgl. Kalender des Siebenbtirger Volksfreundes fiir 1900. Hermannstadt, J. Drotleff.
K. Hoch: Joseph Gull, Schassburg 1899.
Fr. Teutsch.
Ziebarth, Karl, Universitatsprofessor fiir Prozess- und Strafrecht, * 9. Juni
1833 zu Heiligenstadt im Eichsfelde als Sohn des Domainenraths Z., f 17. October
1899 2U Gottingen. Er besuchte das Gymnasium zu Heiligenstadt und die
Universitaten Gottingen, Bonn und Berlin. Nach dem Referendar-Examen
war er in Naumburg a. S., Halle und Suhl (Thtiringen), dann als Assessor in
der Staatsanwaltschaft in Berlin, Erfurt und Spremberg (Lausitz) thatig. 1865
wurde er Hilfsarbeiter der Staatsanwaltschaft am Oberappellationsgericht Frank-
furt a. O., wo er in engere Beziehungen zu dem von ihm hochgeschatzten
Prasidenten Eduard Simson trat. Durch die werthvolle Arbeit »Realexecution
und Obligation«, Halle 1866, erwarb er sich den Doctorhut der juristischen
Facultat Halle und schrieb als Kritik der preussischen Entwiirfe iiber Grund-
eigenthum und Hypothekenrecht »Die Reform des Grundbuchrechts«, Halle
1870. Er war 1869 a * s ^ at ^ an das Obergericht in Gottingen versetzt
worden, wo er sich habilitirte, nachdem der Versuch einer Schweizer Univer-
sitat, ihn zu gewinnen, fehlgeschlagen. Er konnte bald darauf die strafrecht-
lichen Vorlesungen des erkrankten Prof. Zacharia Ubemehmen, erhielt ziemlich
gleichzeitig einen Ruf nach Rostock und in das preussische Justizministerium
unter Leonhardt; er zog es aber vor, als ordentlicher Professor der Rechte
an der Georgia Augusta zu verbleiben (15. Februar 1872), wie er auch Be-
rufungen nach Giessen und Strassburg ablehnte. Seine akademische Wirksam-
keit war erfolgreich. Sein Vortrag, namentlich seine F&lle, boten viel Selbst-
erlebtes, von Semester zu Semester neu Geschaffenes. In rastloser Arbeit
vervollkommnete er die von ihm eingeftihrten Grundrisse in seinen Vorlesungen
und verstand es, mit der Jugend zu empfinden und sich ihr anzupassen. Bei
der Universitatsfeier des Jahres 1887 wurde er zum Geheimen Justizrath er-
nannt. Auf ministeriellen Wunsch hielt er an der Forstakademie Minden
Vorlesungen, woraus sein »Forstrecht« in vierTheilen, Berlin 1887 — 89, hervor-
ging, eine anschauliche und packende Darstellung dieser selten behandelten
Materie. Er war ein ausgezeichneter Philologe von grossem Wissen und ganz
seltener Gedachtnisskraft, ein Virtuose in der Freundschaft. Leider befiel ihn
1879 e * n geistiges Leiden, das ihn zur Aussetzung seiner Thatigkeit zwang.
1897 traf ihn ein Schlag und im Sommer 1898 erkrankte er noch schwerer,
sodass er endlich — zu tiefstem Schmerze seiner Umgebung und Freunde —
einer geistigen Umnachtung anheimfiel. Aus gliicklicher Ehe mit der Tochter
des Geheimen Sanitatsraths Hertzberg in Halle tiberleben ihn drei Sohne;
zwei jlingere sind Juristen, der dritte Dr. Erich Z., jetzt Oberlehrer am
"Wilhelms-Gymnasium in Hamburg, als arch&ologischer Schriftsteller vortheil-
haft bekannt.
Nach gef. Mittheilungen der Wittwe — Gottinger Anzeigcr No. 5219 vom 20. Oct.
1899; Gtfttinger Zeitung No. 11548 vom 19. October 1899 — Zarnckes liter. Centralblatt
1866 Sp. 364; 1870 Sp. 1 135; 1899 Sp. 1488 — GrUnhuts Zeitschrift XII 642 (Temer) —
Ztsch. f. d. ges. StRW. XI 259.
A. Teichmann.
Dambach. Groth, Klaus. 1 03
Dambach, Otto Wilhelm Rudolf, Jurist, * 16. December 1831 zu Quer-
furt in der preussischen Provinz Sachsen als Sohn des in Berlin verstorbenen
Criminalgerichtsdirectors und Directors der Hausvogtei Dambach, der s. Z. die
Demagogen-Untersuchungen, auch gegen Fritz Reuter, geflihrt hat, f 18. Mai
1899 zu Berlin. Er studirte die Rechte in Berlin und war 1857 — 62 als
Assessor bei der Staatsanwaltschaft am damaligen Stadtgericht thatig. 1862
wurde er in das Generalpostamt als Justitiarius berufen, wo er allmahlich zum
Wirkl. Geh. Postrath aufrtickte. Er hatte »Beitrage zur Lehre von der Criminal-
Verjahrung«, Berlin i860, veroffentlicht und verfasste spater den Entwurf des
Reichspostgesetzes vom 28. October 1871. Er wurde lebenslangliches Mitglied
des preussischen Herrenhauses und Kronsyndikus sowie Vorsitzender der Kgl.
preussischen Sachverstandigenvereine zur Begutachtung von Fragen iiber Nach-
druck und Nachbildung. Die Reichsgesetze liber Urheberrecht sind wesent-
lich von ihm entworfen und im Reichstag vertreten worden. Mit Heyde-
mann gab er »Die preussische Nachdrucksgesetzgebung, erlautert durch die
Praxis des Kgl. preussischen literarischen Sachverstandigen-Vereins«, Berlin 1863,
ferner » Gutachten des preussischen literarischen Sachverstandigen-Vereins aus
den Jahren 1864 — 73 «, Leipzig 1874, und »Funfzig Gutachten iiber Nach-
druck und Nachbildung«, Leipzig 1891, heraus. Ferner schrieb er »Die
Strafbarkeit des Vorsatzes und der Fahrlassigkeit beim Vergehen des Nach-
drucks im preussischen Rechte«, Berlin 1864, »Die Gesetzgebung des Nord-
deutschen Bundes betreffend das Urheberrecht an Schriftwerken, Abbildungen,
musikalischen Compositionen und dramatischen Werken«, Bd. 187 1: >Das
Gesetz iiber das Postwesen des Deutschen Reiches«, ebd. 1872, 5. Aufl. 1892;
»Das Telegraphen-Strafrecht« (Gerichtssaal Bd. XXIII 241 — 298, auch separat
Berlin 1872, franz. Berne 1872); »Das Musterschutz-Gesetz vom 11. Januar
1876s Berlin 1876; » Das Paten tgesetz« ebd. 1877; »Der deutsch-franzosische
Literarvertrag« , ebd. 1883. In Holtzendorffs Handbuch des deutschen
Strafrechts behandelte er (Bd. 3 — 4, Berlin 1874— 77) Nachdruck und Nach-
bildung, in Holtzendorffs Handbuch des Volkerrechts Bd. 3 die internatio-
nalen Vertrage liber Urheberrecht u. s. w. (Hamburg 1887). Seit 1873 war
er auch ausserordentlicher Professor der Berliner Universitat. Die Pflege des
deutschen Urheberrechts und insbesondere die praktische Handhabung der
deutschen Urheberrechtsgesetze war eine der Hauptaufgaben seines arbeits-
reichen Lebens. Ebenso hat er als Vorsitzender aller preussischen Sachver-
standigen-Vereine es verstanden, diese zu Hlitern einer constanten praktischen
Auslegung jener Gesetze zu machen und ihren Gutachten auch liber das Gebiet
des Deutschen Reiches hinaus uneingeschrankte Anerkennung zu verschaffen.
Vgl. den Nekrolog des Geh. Regierungsrathes Dr. Daude in Berlin (Deutsche
Juristen-Zeitung 1899 s - 2 3°) — IHustr. Leipz. Ztg. 1899 I 733 mit Bild — Association
litteraire et artistique internationale, son histoire — ses travaux — Paris 1889 p. 158 —
Archiv f. bUrgerliches Recht XI 197.
A. Teichmann.
Groth, Klaus Johann, der grosse niederdeutsche Dichter, * 24. April
1 8 19 zu Heide im Herzogthum Holstein, Amt (jetztKreis) Norderdithmarschen,
als altester Sohn des Miillers Hartwig Groth und der Anna Christine Linde-
mann aus Tellingstedt, f 1. Juni 1899 als Universitatsprofessor in Kiel. Die
Familie G. stammt aus dem nordwestlich von Heide gelegenen Dorfe Hagen,
104 Groth, Klaus.
war also wahrscheinlich altdithmarsischen Ursprungs. Der Knabe Klaus
Groth besuchte die Volksschule seines Heimathsortes, des damaligen Fleckens,
der jetzigen Stadt Heide, musste aber frtih auch in dem landwirthschaftlichen
Betriebe seines Vaters helfen und lernte so von Jugend auf die Natur seines
Vaterlandchens, des in Geest und Marsch zerfallenden Landes Dithmarschen,
und das Volk, dem er angehorte, kennen. Haufige Besuche in dem Geburts-
ort seiner Mutter, dem zwei Meilen ostlich von Heide gelegenen Kirchdorfe
Tellingstedt, das er dann selber als sein »Jungsparadies« bezeichnete, er-
weiterten diese Kenntniss noch. Obwohl Klaus Groths ungewohnliche Be-
gabung sich zeitig verrieth, dachte doch Niemand daran, ihm zum Studium
zu verhelfen, und so trat er nach seiner Confirmation bei dem Heider Kirch-
spielvogt als Schreiber ein, genau so wie Friedrich Hebbel fruher bei
dem Wesselburner — es war in Dithmarschen der einzige Weg ftir die Sohne
des Volkes, sich emporzuarbeiten. Was der junge Mann, schon jetzt an
eine dichterische Zukunft denkend, aber das regelrechte Studium fiir etwas
Unerreichbares haltend, sich vor Allem gewilnscht, Zeit und Bttcher, das fand
er in den n&chsten Jahren, auch einen anregenden Bekanntenkreis — die da-
malige Dithmarsche Schreibergeneration war nicht ohne geistige Interessen,
vor Allem flir das Sprachstudium, das ihrem Berufe am nachsten lag, ein-
genommen — , unermiidlich arbeitete er an seiner Ausbildung, las die deutschen
Klassiker und Shakespeare, fing von fremden Sprachen das Danische, das Eng-
lische und FranzOsische an und trieb auch eifrig Musik, der seine Liebe dann
sein Leben lang gehorte. Hochst bezeichnend fiir seine Energie ist es, dass
er den Drang zu poetischer Production, der sich frtih geregt und zu wenigstens
von seinen Freunden gelobten Gedichten geftihrt hatte, unterdriickte, »um erst
etwas Ordentliches zu lernen«. Ein ganzes Jahrzehnt lang hat er dann keinen
Vers geschrieben. Nachdem er vier Jahre lang Schreiber gewesen, sah er
aber doch ein, dass er aus der Enge seines Heimathsortes hinaus und eine
Bildungsanstalt beziehen miisse, und so ging er, da die Mittel seines Vaters
nicht weiter reichten, man auch wohl annahm, dass es fiir das akademische
Studium schon zu spat sei, auf das Schullehrer-Seminar in Tondern. Die An-
stalt als solche konnte ihm freilich bei der schon erreichten autodidaktischen
Bildung wenig mehr bieten, aber G. fand doch jetzt Gelegenheit, seine Studien
planvoller zu betreiben: zu den genannten Sprachen kamen jetzt noch Latein
und Griechisch, Altdeutsch, Altnordisch und Schwedisch, auch Italienisch,
und vor Allem Mathematik und Naturwissenschaften zogen die ganze Hingabe
des Bildungseifrigen an sich. Nach Vollendung des dreijahrigen Cursus be-
stand er sein Examen ohne MUhe, erreichte aber nur den zweiten, nicht den
ersten »Charakter«, was wohl auf eine Eifersiichtelei der Lehrer zurtickzufuhren
ist. Nichtsdestoweniger erhielt er sofort einen Ruf an die Madchenschule
seines Heimathsortes und war nun von 1839 bis 1847 Lehrer, wie allgemein
berichtet wird, ein ganz vortrefflicher, der seine Schtilerinnen sogar weiter
forderte, als es seiner vorgesetzten Behdrde wtinschenswerth erschien. Seine
Privatstudien gab er trotz seiner padagogischen Thatigkeit nicht auf, vertiefte
sie vielmehr nach alien Richtungen, so dass nun Sprachgeschichte und Sprach-
philosophie, Physiologie der Organismen und dergleichen schwierige Disciplinen
im Mittelpunkt seiner geistigen Thatigkeit standen und er zugleich einer der
besten Kenner der schleswig-holsteinischen Flora wurde. Da er sich auch
dem offentlichen Leben nicht entzog, u. A. einen landwirthschaftlichen Verein
und eine Liedertafel grlindete, so war sein ganzes Leben freilich ein An-
Groth, Klaus. 1 05
sttirmen gegen seine Gesundheit. Besser wurde es damit nicht, als ihm dann
auch allmahlich seine Lebensaufgabe aufging: der von Ludolf Wienbarg ver-
kiindete Untergang der plattdeutschen Sprache war es, der sein ganzes Wesen
in Aufruhr brachte und es ihm, dem treuen Sohne seiner Heimath, der den
Werth des Niederdeutschen auch durch seine Sprachstudien erkannte, nahe-
legte, seine ganze Kraft an die Rettung der heimischen Sprache zu setzen.
Klar erkannte er, dass das nicht durch gelehrte Werke und Abhandlungen,
sondern nur durch Dichtungen mOglich sein werde, und nun gait es fur ihn,
den Weg zu finden; denn eine ernst zu nehmende plattdeutsche Poesie gab es zu
seiner Zeit nicht. Hebel und Robert Burns, die er in dieser Zeit kennen lernte,
konnten ihm den Weg zeigen, aber das Beste musste er doch selber thun, sich das
Instrument einer niederdeutschen poetischen Sprache und Technik selber er-
bauen. Das war eine ungeheure Aufgabe, und man begreift sehr wohl, dass
dem Dichter das eigene Unternehmen oft als ein verzweifeltes vorkam und
seine Freunde bange ftir ihn wurden. Was lange zu erwarten gewesen, der
korperliche Zusammenbruch trat denn auch im Jahre 1847 ein, G. musste
seine Stelle aufgeben und zog sich mit einem Wartegeld zu seinem Studien-
freunde Leonhard Selle, Organisten und Lehrer zu Landkirchen auf der Insel
Fehmarn, zurtick. Hier blieb er ftinf Jahre, und hier entstand, w&hrend in
Schleswig der Kampf gegen die Danen tobte, die lyrische Sammlung
»Quickborn«.
Seine Studien hat G. trotz seiner schlechten Gesundheitsverhaltnisse auch
auf Fehmarn fortgesetzt, aber dann, im Jahre 1849, ist der Gelehrte pletzlich
zum Dichter geworden. Die so lange unterdriickte poetische Kraft liess sich
nun nicht mehr zurtickhalten, sie brach mit aller Gewalt hervor und erzeugte,
da der Dichter inzwischen reif geworden war, jetzt auch nur reife, nach Form
und Inhalt vollendete Gedichte, oft mehrere an einem Tage. VOllig erflillt
von der Aufgabe, heimisches Volksthum und Volksleben in der heimischen
Sprache darzustellen, erhielt der Dichter das eigentlich treibende poetische
Motiv nun noch durch die Sehnsucht nach der Heimath, die ihn erftillte,
durch die Erinnerungen an seine gldckliche Kindheit, die sich ihm, dem
scheinbar zum frtihen Tode bestimmten, nattirlich um so machtiger aufdrangen
mussten; da er aber von Haus aus eine gesunde Natur war, so blieb auch
seine Dichtung durchaus gesund. Nach und nach rundete sich die Sammlung,
Anfang 1852 konnte an die Herausgabe gedacht werden, die der Hamburger
Verleger Mauke Ubernahm. Es wurde noch das Gutachten Klaus Harms, des
beriihmten Kieler Theologen, eines Dithmarscher Landsmanns G.'s, und das
von Gervinus eingeholt. »Sie brauchen weder Klaus Harms noch mich, Ihre
Gedichte werden sein wie eine Oase in der W(iste«, schrieb dieser dem
Dichter. Zu Anfang November 1852 erschien dann das Buch, »Quickborn
(d. h. frischer Quell, Jungbrunnen). Volksleben in plattdeutschen Gedichten
Dithmarscher MundarU lautete der Titel; der Erfolg war gewaltig. Schon
im Januar 1853 zeigte sich eine neue Auflage nothig. Bald darauf verliess
der Dichter die Insel und begab sich, nachdem er auf der Reise zu Llitjen-
burg noch einige Monate krank gelegen, nach Kiel, wo er im August 1853
anlangte. Hier trat er dann namentlich zu seinem Landsmann Karl Miillen-
hoff, dem beriihmten Germanisten, der den »Quickborn« als eine poetische
That ersten Ranges begriisst hatte, in nahere Beziehungen.
In der That, der »Quickborn« ist so etwas. Wohl war in Deutchland
Hebel G. vorangegangen, wohl war die Dialekt-Dichtung seitdem namentlich
lo6 Groth, Klaus.
im Stiden (Stelzhammer, Kobell) nicht mehr erloschen, auch hatte deutsches
Stammesthum seit dem Auftreten Jeremias Gotthelfs, seit Immermanns »Munch-
hausen« (Oberhof) und der Schopfung der Dorfgeschichte durch Berthold
Auerbach vielfach eine sowohl treue wie poetische Darstellung gefunden.
Aber eine Darstellung heimischen Volkslebens in vollendeten lyrischen Ge-
dichten, eine allseitige noch dazu, gab es bisher noch nicht; G. war der erste
gross e deutsche Lyriker, der sich des Dialekts bediente, als solcher tibertraf
er selbst Hebel, der doch wesentlich Idylliker ist. Fasst man dann nur nord-
deutsches Leben und norddeutsche Dichtung ins Auge, so wird G.'s Stellung
noch um so bedeutsamer : er hat Niederdeutschland, im Besonderen Nieder-
sachsen erst fur die Poesie erobert, trotz Immermanns » Oberhof « und der
Gedichte der Droste-Htilshoff, die ja unzweifelhaft echt niederdeutsch sind,
aber doch noch des Mediums der Subjectivitat des Dichters bedlirfen, das
Volk, seine Geflihlswelt noch nicht unmittelbar zum Sprechen bringen. Das
thut zuerst G., thut es noch sogar mit jenen Menschen an Nord- und Ostsee,
die bis dahin so ziemlich fiir die nuchternsten, unpoetischesten aller Deutschen
galten, thut es in so wunderbarer Weise, dass man ihm auch nicht einen
einzigen Nachlass ktinstlerischer Forderungen, wie den meisten anderen Dialekt-
Dichtern, zu gewahren braucht. G. ist Meister im ganzen Gebiete der lyrischen
Poesie und auch noch in ihren Grenzgebieten ; ihm gelingt das personliche,
subjective Gedicht, das aber immer im Rahmen des Volksthums bleibt, eben
so gut wie das im Volksliedton, er schafft Kinderlieder, die ohnegleichen,
nur mit Ludwig Richters besten Illustrationen zusammenzustellen sind, er
stellt das Thierleben wunderbar dar, er ist ein grosser Balladendichter, dem
die schlichte Geschichts- eben so gut liegt wie die unheimliche Gespenster-
Ballade, er zeichnet zahlreiche Volksskizzen, ernst und humoristisch, er ist
ein ausgezeichneter Idyllendichter, er vermag auch grossere poetische Er-
zahlungen lyrisch-epischen Charakters zu schaffen. Alle die genannten
Gattungen sind im »Quickborn« vertreten, wohlverstanden, alle mit Meister-
stticken, wie ohne Weiteres klar wird, wenn man nur die beruhmtesten Titel
und Anfange nennt: »Min Jehann«, und »As ik weggung«, »He sa mi so veel«
und »Lat mi gan, min Moder sl6ppt«, »Still min Hanne« und »Dar wahn
en Mann«, »Lutt Matten de Has« und »Aanten int Water«, »01 Busum«
und »Hans Iwer«, »De Krautfru« und »De Orgeldreier«, »Dat Ge>\itter« f
»Rumpelkamer« und »De Fieler Fischtog«. Als Ganzes iibertrifft der
»Quickborn« ohne Zweifel ungezahlte deutsche Gedichtsbande, wir haben nicht
viel Sammlungen von dieser Reichhaltigkeit und Vollendung im Einzelnen.
Grossere lyrische Individualitaten und Klinstler als G. giebt es allerdings
wohl noch, aber neben einen Uhland z. B. darf er sich sicher auch als
solcher stellen.
Kiel ist dann G's, neue Heimath geworden. Zunachst hat er in den
Jahren 1855 bis 1857 mit Untersttitzung seiner holsteinisch-danischen Re-
gierung noch eine grossere Reise gemacht, liber Hamburg und Pyrmont nach
Bonn, wo er langere Zeit Aufenthalt nahm, Otto Jahn zum Freunde gewann
und mit E. M. Arndt, Dahlmann u. s. w. verkehrte, auch im Anfang des Jahres
1856 die Wtirde eines Ehrendoctors der Philosophic erhielt. Von Bonn aus
bereiste er Siiddeutschland und einen Theil der Schweiz und ging dann nach
Leipzig und nach Dresden, wo er u. A. Freytag und Auerbach kennen lernte.
Nach Kiel zurdckgekehrt, im Sommer 1857, fasste er den Entschluss, sich
an der dortigen Universitat fllr deutsche Sprache und Literatur zu habilitiren,
Groth, Klaus. 107
liber welchem Entschluss seine Freundschaft mit Miillenhoff in die Brtiche
ging, und verheirathete sich darauf, im Jahre 1858, mit Doris Finke aus
Bremen. Mit seinem grossen Landsmann Friedrich Hebbel trat er in dieser
Zeit in Briefwechsel — gesehen haben sich die Beiden nur einmal, in ihrer
Jugendzeit. G's. Ehe war sehr gllicklich und mit Kindern gesegnet, doch
machte sich 1864 bei seiner Frau ein LungenUbel bemerkbar, dem sie drei-
zehn Jahre spater, 1877, erlag. 1866, unter der osterreichischen, Gablenzschen
Verwaltung Holsteins, wurde G. zum Professor ernannt, freilich nur mit sehr
geringem Gehalt (das dann die preussische Regierung spater verdoppelte), in
eben demselben Jahre bezog die Familie ein eigenes Haus am Schwanenwege
in Kiel (jetzt Klaus Grothplatz No. 1), in dem der Dichter sein ganzes weiteres
Leben, zulelzt, als seine Kinder gross geworden waren, ziemlich vereinsamt,
verbrachte. Nur die grosse Freude an der Musik hat er immer behalten und
ist mit Johannes Brahms, der ja auch Dithmarscher Ursprungs ist, wenn auch
in Hamburg geboren, sowie mit Hermine Spiess befreundet gewesen. Er-
wahnenswerth sind wohl noch seine Reisen: 1861 war er in den Nieder-
landen, 1863 in England und Frankreich, dann noch wiederholt in England
und Holland, wo er in Oxford, London, Leyden und Amsterdam Vortrage
hielt, 1873 in Wien und Pest, 1886 und wieder 1895/96 sah er Italien, das
letzte Mai vor Allem auf Capri, bei seinem Freunde, dem Maler Allers, ver-
weilend. An Ehrungen hat es ihm sein Leben lang nicht gefehlt, namentlich
der Kronprinz Friedrich Wilhelm hat ihn ausgezeichnet, auch hat er 1894
vom Kaiser die grosse Medaille ftir Kunst und Wissenschaft und (mit Theodor
Fontane zusammen) den Schillerpreis empfangen. Ausser in Deutschland war
sein Ruhm namentlich auch in den Niederlanden, wo er die »dietsche« Be-
wegung kraftig unterstlitzte, und bei den Plattdeutschen in den Vereinigten
Staaten gross. Zuletzt gait er (iberhaupt als Mittelpunkt der gesammten
niederdeutschen Dichtung, und demgemass wurden zur Feier seines achtzigsten
Geburtstages fast tiberall auf niederdeutschem Boden Festlichkeiten veranstaltet.
Er verlebte diesen Geburtstag noch in voller Rustigkeit, starb aber doch bald
darauf an einer Lungenentziindung.
Der »Quickbornc ist, wie natUrlich, sein Hauptwerk geblieben und hat
bis jetzt, die von Otto Speckter trefflich illustrirte Ausgabe mitgerechnet,
25 Auflagen erlebt. Gegen die erste Auflage gehalten, ist er jetzt stark ver-
mehrt, doch hat der Dichter die Klugheit besessen, nur die vollendeten Ge-
dichte seiner spateren Zeit hineinzugeben. 1854 erschienen die »Hundert
Blatter, Paralipomena zum Quickborn*, hochdeutsche Gedichte, die vor Allem
ftir die Erkenntniss des ganz persfinlichen Geflihls- und Gedankenlebens des
Dichters wichtig sind und doch eine Anzahl von Stticken enthalten, die auf
der Hohe des besten Lyrischen im »Quickborn« stehen. Als hochdeutscher
Dichter hatte G. eine Vorliebe ftir das Sonett, was sich, da er doch eben
nicht reiner Volkspoet war, sondern auf der Hohe der poetischen Cultur
seiner Zeit stand, wohl erklaren lasst. Schon ehe er nach Bonn ging, hatte
er seine erste plattdeutsche Erz&hlung »Detelf«, die erste neuplattdeutsche
Erzahlung, ja wohl Prosa (iberhaupt, geschrieben; sie wurde 1855 verOffent-
licht und zwar mit einer anderen kleineren als I. Band der »Vertelln«. Ein
II. Band folgte 1859. 1858 gab G. seine »Briefe tiber Hochdeutsch und
Plattdeutsch« heraus, die, da sie das Plattdeutsche als selbststandige Schrift-
sprache neben dem Hochdeutschen verlangten, auf starken Widerspruch
stiessen; in einer spateren Schrift tiber »Mundarten und mundartliche Dichtung«
Xo8 Groth, Klaus. Knoll.
(1873) hat er seine Anschauungen modificirt. Die gleichfalls 1858 erschienenen
Kinderreime »Voer de Goenu sind in den »Quickborn« aufgenommen worden.
1862 wurde das Idyll »Rotgetermeister Lamp un sin Dochder« veroffentlicht,
1866 erschienen die patriotischen Gedichte »Fiv nie Leder«, 1870 der zweite
Theil des »Quickborn«, der u. A. die grossere epische Dichtung >De Heister-
krog« brachte. Inzwischen war Fritz Reuter der Liebling des deutschen
Volkes geworden, G's. spatere Dichtungen fanden zunachst nicht mehr die
verdiente Beachtung, obwohl er im »Rotgeter« und im »Heisterkrog« unbe-
dingt das Beste seiner spateren Tage gegeben und der plattdeutschen Litera-
tur zwei mit den vorziiglichsten ahnlichen Werken der hochdeutschen wohl
zu vergleichende Werke geschenkt hatte. Der »Rotgeter« ist im Stile von
»Hermann und Dorotheas, aber dabei selbststandig; er stellt das Leben in
Heide und auf der Geest dar, wahrend der »Heisterkrog«, ungefahr der
Stimmungswelt der Stonnschen Novellen angehorig, das Marschleben schildert.
1875 erschienen dann noch die Erzahlungen »Ut min Jungsparadies*, 1881
die drei letzten Erzahlungen. Im Ganzen hat G. neun Erzahlungen geschrieben,
von denen »Detelf« (spater »Wat en holsteinischer Jung dromt, dacht und
belevt hett voer, in und na de Krieg i848«), »Trina> und »Um de Heid«
die umfangreichsten sind, alle aber das heimische Leben aus der eigenen Er-
innerung mit ausserordentlich feiner Detailkunst darstellen. Mit Reuters
Romanen sind sie nicht vergleichbar, eben so wenig mit Storms Novellen;
es sind echte Erzahlungen, aus denen das Antlitz des Erzahlers fortwahrend
hervorblickt. Aus miindlichen Erzahlungen des Dichters gab Eugen Wolff
dann 1891 G's. »Lebenserinnerungen« heraus, die der Dichter darauf selber
noch in den letzten Jahren seines Lebens durch biographische Aufsatze in
der »Gegenwart« und der »Deutschen Revue« erganzte. G's. »Gesammelte
Werke « erschienen 1893 zuerst, in vier Banden, von denen die beiden ersten
die plattdeutschen Dichtungen, der dritte und ein Theil des vierten die Er-
zahlungen, der letzte Theil des vierten die hochdeutschen Gedichte, diese
stark vermehrt, brachte. In einer neuen Auflage konnte der Dichter auch
noch die Vollendung eines epischen Fragmentes, »Sandburs Dochder«, geben.
Die wichtigsten Werke und Schriften zur Klaus G roth-Li teratur sind eine Skizze
Karl Mtlllenhoffs von 1856, in den »Lebenserinnerungen« wieder abgedruckt, ein Vor-
trag von Karl Eggers, »Klaus Groth und die plattdeutsche Dichtung« (1885), die
vlamische Biographie von Dr. J. C Hansen in Antwerpen (1889), dann das wohl das ge-
sammte Material zusammenbringende umfangreiche Werk >Klaus Groth, sein Leben und
seine Werke, ein deutsches Volksbuchc von H. Siercks (Kiel 1899), zu dem die Schrift
von Adolf Bartels, »Klaus Grothc (Leipzig 1899) eine Art aesthetisch-kritischer Er-
ganzung bildet. Eine Briefwechsel und Lebensbeschreibung verbindende Biographie in
der Art von Bachtolds >Keller« ist geplant.
BUsten und Bilder giebt es von Klaus Groth eine grosse Anzahl. Als die besten
gelten: zwei BUsten von Harro Magnussen, eine (1883) im Antwerpener BUchersaal, die
zweite (1893) im Klaus Groth-Hause, weiter eine BUste und ein Medaillon des frtihver-
storbenen Bildhauers Tiedje, auch beide im Besitz des Dichters; von Gemalden: das Bild
von Christian Ludwig Bokelmann, 1892 von der Berliner Nationalgalerie angekauft, ein
lebensgrosses Bild von Hans Olde und zwei von Nicolaus Bachmann, zur Zeit in Berlin.
Auch an guten Photographien ist kein Mangel.
Ad. Bartels.
Knoll, Conrad, Ritter von, Bildhauer und Professor, * 9. September
1829 zu Bergzabern (in der bayerischen Rheinpfalz), f 14. Juni 1899 in
Miinchen. Frtih verwaist, kam K. durch seinen Vormund in die Werkstatte
Knoll.
109
Wtirschmitts, wo es oft sehr toll und ausgelassen herging, der Knabe nur
zu Steinmetzarbeiten bei Grabsteinen verwendet wurde, aber doch von den
Weiken der klassischen Ktinstler und Dichter h6rte und aus Wtirschmitts
Rednergabe mannigfaltigen Nutzen zog. In Karlsruhe (1845 — 47) weitere
Bildung suchend, gerieth K. bei einem Theaterbrande in Lebensgefahr und
in eine schwere Krankheit, so dass man schon seinen Tod in die Heimath
meldete. Ueber Stuttgart kam K. Ende 1847 an die Polytechnische Schule
nach Mtinchen zu Halbig und alsbald an die Akademie (1848 — 52); hier er-
reichte ihn der erste lohnende und rtihmliche Auftrag, im grossen S&ngersaal
der Thiiringer Wartburg die Tr&ger des Dach- und Sparrenwerkes mit phan-
tastischen, der deutschen Mythologie entnommenen Gestalten zu schmticken,
wobei K. nicht allein eine virtuose Behandlung der Holzsculptur bewahrte,
sondern auch eine tiberaus gluckliche Kraft, die deutsche Sage und Mythe
in plastischer Form zum Ausdruck zu bringen. Im Zusammenhange damit
entstand sein »Tannhauser-Schild«, auf welchem er in cyklischer Weise die
Mare dieses ritterlichen Sangers in flachen Reliefdarstellungen erzahlte; leider
wurden diese, besonders in den Linien schon fliessenden, figurenreichen Com-
positionen nie im Erzguss ausgeftihrt und vervielfaltigt. Den feurigen Dank
der Jugend errang K. mit dem Pokale flir die Studentenschaft zur dritten
Saecular-Feier der Universitat Jena. Ausser verschiedenen Marmorbtisten,
darunter auch die schttne, frtih verstorbene Schwester des Dichters Jos. Victor
von Scheffel, fertigte K. im Auftrage Konig Maximilians II. den mit der Statue
des Wolfram von Eschenbach bekronten Brunnen fttr die Heimath des grossen
Parzival-Dichters. Darauf folgte die Statue einer »Germania« flir einen Kunst-
freund in Kiel und jene der » Sappho*, welche, gegen die historische Kritik,
in dem ihrem Sturze von dem leukadischen Felsen vorausgehenden Augen-
blicke aufgefasst ist; das ganz im klassisch-romantischen Sinne in sorgfaltigstem
Detail ausgefUhrte Bildwerk erwarb Konig Ludwig II. Daran reihten sich
die Modelle zu den Colossalstatuen Herzog Heinrichs des LSwen und Kaiser
Ludwigs des Bayern flir die Facade des alten Mtinchener Rathhauses (1862)
und zu dem ausserordentlich glticklich erfundenen und ebenso aufgebauten
»Fischbrunnen« (am Marienplatz) vor dem durch Hauberrisser erbauten Rath-
haus, wobei K. die Entstehung des altherkQmmlichen Mtinchener »Metzger-
sprunges* in geistreicher Weise gestaltete. Fttr den im Neubau befindlichen
Fltigel plante K. ein entsprechendes Seitensttick, wahrscheinlich mit dem
»Schafflertanz« oder mit einer Erinnerung an Gustav Adolf — welcher
wahrend seines Aufenthaltes 1632 in einem nun abgebrochenen Hause wohnte — ,
ohne je zu einem Entwurfe zu kommen, welchen er in seiner Phantasie
schon vollig durchgearbeitet dachte. Ebenso originell wie der vorgenannte
Brunnen war K.'s Project zum »Uhland-Denkmal« ftlr Tubingen (1868),
welches den Lieblingspoeten des deutschen Volkes in charakteristischer Weise
als Lyriker, Romanzen- und Balladen-Dichter, als Dramatiker und Patrioten
verherrlichte — , eine Schopfung, welche den Beifall des Comitds erhielt,
aber aus unbegreiflichen Erwagungen abgelehnt wurde — , ein lehrreiches
Be is pi el, dass bei Concurrenzarbeiten nicht immer das Beste durchgedrtickt
wird. Vollen Beifall erwarb das Denkmal zu Braunau ftir den daselbst am
26. August 1806 auf Napoleons Befehl erschossenen patriotischen Buchhslndler
Joh. Phil. Palm von Ntirnberg, die Brunnen-Statue »Luther als Currendschtiler«
(ftir Eisenach) und das Denkmal Konig Ludwigs I. in Kissingen. K. lieferte
auch zahlreiche Btisten, z. B. von Hausser (Heidelberg), den Philosophen
j jo Knoll. Issel.
und Rieser-Dorfgeschichten-Dichter Melchior Meyr (Nordlingen), Beethoven,
Gluck, Frhr. von Limpock, Consistorialrath P. H. von Ranke u. s. w. K.
fertigte auch das aus 678 Centner Marmor bestehende Union-Denkmal
der Pfalzer Protestanten fllr die Stiftskirche zu Kaiserslautern und viele Grab-
und Ehrendenkmale, z. B. auf Prof, von Jolly, Oberbaudirector F. A. v. Pauli,
die Colossalbiiste Kaiser Wilhelms I. fllr Gevelsberg in Westfalen und ein
ahnliches Werk fiir dieWalhalla, welches am 2 2.Marz 1898, am ioi.Geburts-
feste des grossen, siegreichen Kaisers in feieriichster Weise inaugurirt wurde.
K. war seit 1866 langjahriger Vorstand der Miinchener Kunstgenossenschaft;
als Abgeordneter derselben sprach er die Grabrede fiir den Altmeister Peter
Cornelius 1867 zu Berlin und den Nachruf bei der Todten-Feier fiir Anselm
Feuerbach (1880). Die erste Internationale Kunstausstellung zu MUnchen i860
war sein Werk, ebenso die Riickgabe des Kunstausstellungsgebaudes fllr die
Mtinchener Genossenschaft, nachdem dasselbe langere Zeit fiir das »Anti-
quarium« gedient hatte. Als Vorstand des Mtinchener Kunstgewerbe-
Vereins trug er zu dessen Forderung bei und prasidirte durch mehrere Jahre
dem »Alterthums-Verein«. Er hat auch das Verdienst als intellectueller Ur-
heber der zum Besten der deutschen Invaliden-Stiftung veranstalteten Ver-
loosung von Kunstwerken, welche dem edlen Zwecke eine fiber 100 000 M.
sich beziffernde Summe zuftihrte. Seit 1868 wirkte der durch viele Aner-
kennungen, Ehrendiplome undDecorationen, insbesondere durch den bayerischen
Prinz-Regenten und Kaiser Wilhelm II. ausgezeichnete Meister als Professor
der Plastik am Polytechnikum zu MUnchen. In seinem Nachlasse fanden sich
eine tiberraschende Flille von ausgeftthrten Modellen oder nur Project ge-
bliebenen Entwurfen und Skizzen, welche zur Ehre des Ktinstlers in die
besten Hande gelangten. Eine in kleinem Format sorgfaltig durchgebildete
Marmorbtiste Kaiser Wilhelms I. (eine Copie des vorgenannten Walhalla-Bild-
nisses) ging in den Besitz des Deutschen Kaisers Wilhelm II. fiber. Prinz-
Regent Luitpold erwarb die auf das Feinste ciselirte Bronze-Statuette seines
koniglichen Vaters, Ludwig I. Das Gipsmodell des zu Kissingen befindlichen
Denkmals ffir Ludwig I. fand in der Hof- und Staatsbibliothek, welche eine
eigene Rubrik fur die Geschenke des hohen Maecen angelegt hatte, seine
bleibende Stelle. Eine Bfiste des Professor von Jolly erstand die Mtinchener
Universitat und eine Bronzebtiste Hahnemanns die homoopathische Central-
Apotheke in Leipzig. Eine grosse Anzahl kleinerer Werke wurde nach Japan
verkauft, verschiedene Mttnchener Sammlungen erhielten erfreulichen Zuwachs,
z. B. das Historische Archiv im Neuen Ktinstlerhause und die Collection der
Stadt Mfinchen (sog. Maillinger-Sammlung) je einen Gipsabguss der Bfisten
des Malers Spitzweg und des Reichskanzlers Bismarck; der Kaim-Saal die
Bfisten von Beethoven, Mozart und Gluck, der Confirmanden-Saal der Lucas-
Kirche das Modell zum Friedensengel (KaiserslauternV Eine in Silber ge-
gossene Gruppe der mit ihren Kindern von der Wartburg verstossenen Land-
grafin Elisabeth nebst dem Tannhauser-Schilde gelangte nach Weimar u. s. w.
Vgl. No. 52 Ueber Land und Meer 1866. Wurzbach Lcxikon 1870, XXI, 241,
Regnet, MUnchener Ktinstlerbilder, 1871, I, 332(T. Pecht, Geschichte der Mtinchener
Kunst, 1888 S. 199. Mttller-Singer 1896, II, 361. Abendblatt 164 »Allgem. Ztg.c,
15. Juni 1899. Kunstvercins-Bcricht fUr 1899 S. 72flf.
Hyac. Holland.
Issel, Karl Friedrich Wilhelm, Pfarrer, * 9. August 1861 in Eppingen,
f 4. October 1899 in Betberg (Baden). I. war der Sohn eines wackeren Gerichts-
IsseL
in
notars aus der alten badnischen Beamtenschule, der schlicht und ttichtig, fleissig
und ernst in treuer Berufserfiiilung bald einen bestimmenden Einfluss auf das
empfangliche Gemlith und die ganze Lebensrichtung des fruhreifen Knaben
austibte, urn so mehr, da derselbe, als er noch die hohere BUrgerschule in
Ueberlingen besuchte, durch schweren Gelenkrheumatismus und ein dadurch
verursachtes dauerndes Herzleiden gezwungen wurde, alien regelrechten Schul-
unterricht aufzugeben und, mit grosser Schonung seiner Gesundheit, nur auf
private Weiterbildung angewiesen war. Dennoch gelang es ihm, das Gymnasial-
Abiturientenexamen in Karlsruhe mit dem Pradicat »Sehr gut« zu bestehen.
Sein Universitatsstudium begann er in Strassburg, und zwar zunachst nicht bei
der theologischen Facultat, sondern in den nationalokonomischen Fachern,
in denen er bald auch in eigenartigen Gedanken und Problemen, ahnlich
den spaterhin von Friedrich Naumann vor grosserem Kreise vertretenen,
Tiichtiges leistete. Aber die Personlichkeit und wissenschaftliche Weise des
Professors Holtzmann ftihrte ihn der Theologie zu und zwar einer Theologie,
die bei aller kritischen Energie und Freiheit auch das religiose Lebenselement
einer warm- und weitherzigen Frfimmigkeit mit wirksamer kirchlicher Be-
thatigung zu seinem Rechte kommen l&sst. Weiter ftihrte ihn sein Studium
nach Heidelberg, Zurich und Berlin; auf der schweizer Universitat war es
besonders Biedermann, dem er flir die Klarung seiner dogmatischen Ueber-
zeugung das Meiste verdankte. Nach Ablauf der akademischen Lehrjahre ist
I. sodann an verschiedenen Steilen als Pfarrhelfer thatig gewesen, hat auf
langeren Reisen vielseitige Eindrttcke gesammelt, ja, er war sogar — ftir
einen »Liberalen« ganz ungewohnlich — in Karlsruhe im Dienst der Inneren
Mission beschaftigt, ftir die er in der Folge auch seine liberalen Gesinnungs-
genossen zu interessiren wusste, sodass wahrend seines dortigen Wirkens,
statt der bisherigen schroffen Gegensatze zwischen der kirchlich »confessionellen«
und »freisinnigen« Richtung, eine Friedensara sich anzubahnen schien. . Nach
provisorischer Verwaltung der Pfarrei Ittersbach tibernahm er sodann die
Stelle eines Gefangnissgeistlichen in Freiburg i. Br. und ftihrte 1890 eine Nichte
des Generals von Goeben als Gattin heim. 1893 folgte endlich seine An-
stellung in dem zwar femab vom Weltverkehr aber um so reizender gelegenen
Dorfchen Betberg am Schwarzwald. Hier hat er 6 Jahre lang in unermtidlicher
opferfreudiger Arbeit gestanden, die ihn weit tiber die Grenzen seines engeren
Vaterlandes bekannt gemacht und mit den besten M&nnern unserer kirchlich
liberalen Theologie in gemeinsamer literarischer und Vereinsthatigkeit zu-
sammengeflihrt hat. Es gait ihm vor Allem, gerade von seinem theologisch
liberalen Standpunkt aus, neue Wege zur praktisch religiosen Einwirkung auf
die Laienwelt in den Gemeinden zu gewinnen. Und das ist ihm im Bunde
mit ttichtigen thatigen Freunden in hervorragendem Masse gelungen: zunachst
durch die Neugestaltung des Heidelberger Sonntagsblattes »Die Kirche«, die
in kurzer Zeit, nachdem I. die Redaction ttbernommen, 23000 Abonnenten tiber
das ganze evangelische Deutschland hin sich gewann. Zu dem Sonntagsblatt
trat alsbald die Begrlindung eines eigenen flir die literarische Klein- und
Weiterarbeit thatigen Verlags: der » evangelische Verlag« in Heidelberg wurde
von ihm zunachst unter grossen personlichen Opfern, doch mit baldigem guten
Erfolg ins Leben gerufen. Um endlich auch den Sonntagslosen, vom Gottes-
dienst Ferngehaltenen und doch nach gesunder religioser Speise Verlangenden
wenigstens eine gedruckte Predigt flir ein Billiges zuganglich zu machen,
begrundete er eine Serie von Pfennigpredigten als »Sonntagsgruss ftir Gesunde
112 Issel. Ktinig.
und Kranke«, die seither ebenfalls erfreulichen Fortgang genommen hat.
Durch diese drei literarischen Unternehmungen — in Parallele zu gleichartigen
Bestrebungen der kirchlichen Orthodoxie — hat I. den Beweis gebracht,
dass auch frei gerichtete Theologen nicht nur zu gelehrten kritischen Ab-
handlungen, sondern auch zu einer im besten Sinne positiv bauenden religios-
popularen Wirksamkeit im Stande sind. »Durch diese That gehort er der
badischen Kirchengeschichte an«, so heisst's darum in einem Nachruf von
Freundeshand. Und nur ein reines, vollkommen uneigenntitziges Streben hat
ihn zu soldier Arbeit bewogen, die ihm keine ausseren Ehren, Einfluss oder
glanzende Stellung bringen sollte, aber Opfer an Kraft und Zeit und Geld
genug gekostet hat. Obwohl ihm ein Pfarramt in Berlin angeboten wurde,
ist er in seinem kleinen Betberg geblieben. Aber auch dort liefen viele
F£den, insbesondere filr jedes Unternehmen seiner badischen Freunde in
seiner Hand zusammen. Die Begriindung der »kirchlich liberalen Vereinigung
in Baden « war wesentlich sein Werk. Er war der Mann des Vertrauens fur
Viele, gerade weil er die eigene Person allezeit in den Hintergrund zu stellen
wusste. Eine grosse Kenntniss der Verhaltnisse und Personlichkeiten, nicht
nur in seiner engeren Heimath, kam ihm dabei zu Statten, und mit der Unter-
nehmungslust und dem Thatendrang der Jugend verband sich bei ihm friih
die Vorsicht und Bedachtigkeit des Alters. So war er hochgeschatzt vor
alien in den Kreisen des »Protestantenvereins«, des »Allgemeinen evangelisch-
protestantischenMissionsvereins«, des »EvangelischenBundes«, der »evangelisch-
socialen Conferenz«, denen er mit seiner enormen Arbeitskraft, mit der Feder
wie auf Reisen und an Berathungstagen freudig gedient hat. Er ist dabei auch im
Geringsten treu gewesen als Seelsorger in alien Nothen und Leiden der ihm
anvertrauten Gemeinde. So bedeutet sein frtther Tod ftir Viele einen schmerz-
lichen unersetzlichen Verlust.
Dcutsches Protestantcnblatt No. 46.
Kohlschmidt
K6nig, Hugo, K. Professor, Genremaler, * 12. Mai 1856 zu Dresden,
f 27. Juli 1899 ebendas., bekam den ersten Unterricht bei Erwin Oehme,
seit 1879 in MUnchen bei Otto Seitz, Ludwig von Ltifftz und Wilhelm von
Lindenschmit; bei einer akademischen Concurrenz erhielt K. den Preis ftir
eine Scene aus dem »Kaufmann von Venedig«. Das Bild »Desdemona ver-
theidigt ihre Flucht mit Othello vor dem Dogen« (als Holzschnitt in der
Gartenlaube 1887) war e * ne ziemlich pompose Costtimleistung & la Becker.
Dann malte er noch viele GenrestUcke und atmospharische Landschaften mit
verschiedenen Staffagen. Das Bild »Beim Thilrmer von St. Peter* wurde ftir
die Neue Pinakothek angekauft, ein anderes, »Auf dem Heimwege«, erwarb
Prinzregent Luitpold, welcher den Maler zum Professor an der Akademie
ernannte, wo K. elf Semester als Lehrer wirkte. Dann gab er wegen
Herzleiden seine Stelle auf, suchte im Bade Nauheim Heilung und zog zuletzt
nach Dresden. In Mtinchen hatte er sich der »Secession« angeschlossen,
dann wurde er 1898 Mitglied der durch Ludwig Dill 1898 gegrtindeten neuen
Kiinstler- Vereinigung »Die Dachauer«. Von seinen Compositionen erschienen
viele als Holzschnitt in illustrirten Zeitungen, z. B. »Ein Gruss aus der Schweden-
zeit« (Schorers Familienblatt V, 325), die Madchenkopfe »Schwarzblattl«
(So. 40 Gartenlaube 1887) und »Zitherspielerin« (Schorer 1887. No. 37
Kttnig. Lang. Neust&tter. IX 3
S. 581), »Schwierige Passage « (Mtinchener Kunstausstellung 1888 Abbildung
im 19. Heft. » Kunst fur Alle« 1. Juli 1888), »Schwere Last* (No. 51 Schorer
1890) und »In der Herbstsonne« ebendas. S. 729), »Gl(ickliche Stunden«
(Hlust. Frauen Ztg. 1. April 1892), »Maikatzchen (No. 32 Daheim 1892), »Rast
der Feldarbeiter* (Kunst fUr Alle 15. November 1893), »In S. Marco«,
»Unterm Apfelbaum« (Daheim 1892 S. 485), ein »Interieur« und »Das
Schweigen* (Secession 1893), »Neujahr in der Stadt« (photographirt bei
Hanfstangl, Holzschnitt in »Illustr. Frauen-Ztg.« 1. Januar 1894), »Am Dorf-
weiler« (Velhagen und Klasing »Monatshefte« December 1895), ein »Kanal
aus Delft «, eine »Abendlandschaft« und ein »Kinderbildniss« in der Aus-
stellung 1897. (Allgem. Ztg. 17. Juli 1897). Der Kunstler erhielt Ehrenaus-
zeichnungen und Diplome 1892 in Dresden und Berlin, bei der Internatio-
nal Ausstellung in Wien 1893 die silberne Staatsmedaille, 1889 die II. Med.
in Melborne.
Vgl. Mailer-Singer, Lexikon 1896. II. 371. No. 352 »Neueste Nachrich ten c 2. Au-
gust 1899 und No. 211 Augsburger Abend ztg. 2. August 1899. MUnchener Kunstvereins-
bericht fur .1899 S. 74.
Hyac. Holland.
Lang, Hermann, Genre- und Historien-Maler, * 3. April 1856 in Krum-
bach, f 3. Juli 1899 zu Mtinchen. Sohn des k. Notars Eduard Lang in
Kempten; besuchte die Industrieschule zu Augsburg und 1876 bis 1882 die
Akademie in Mtinchen, wo er bei Prof. Straehuber drei Medaillen und durch
Losung einer Preisaufgabe (Ausschmuckung eines anatomischen Lehrsaales)
ein Reisestipendium nach Italien erwarb. Er schuf eine Anzahl von an-
sprechenden Genrestlicken, z. B. »Muttersorgen« (1882), »Eingeschlummert«
(1889), »Interessante Lecture*, die »Schwere Wahl«, wo der Storch eines
von den im Teiche auf Blumen schwimmenden Kinderchen aussucht (No. 14
Gartenlaube 1889), die reizende, durch die Berge schwebende und Blumen
ausstreuende »Alpenflora« (1890. Zur guten Stunde, 2. Heft); auch ein
Portrait des Dichters Hermann Allmers (1890) und ein Fresco »Zunft der
Schmiede« (auf dem Rathhausplatze zu Kempten). Ausserdem widmete er
sich der religiosen Kunst, malte zwei Altarbilder nach Wertach, ein Altar-
blatt mit dem auferstandenen Christus fttr die Kirche zu Nubel in Schleswig,
einen Bildercyklus in die Hatlerdorfer-Kirche bei Dornbirn, ein »Es ist voll-
bracht« (1888) und verschiedene Heiligen-Figuren, wie St. Afra, Elisabeth,
Antonius, Madonna. Mit Begeisterung hing er an seiner Kunst, welche jedoch
durch ein langsam aber sicher fortschreitendes Gehirnleiden gelahmt wurde.
Vgl. Fr. von Bo tticher, Malerwerke 1895 I, 804. Mttller-Singer Lexikon, 1896.
H, 438. Kunstvereinsbericht f. 1899. S. 75.
Hyac. Holland.
Neustatter, Louis, Genremaler, * 5. September 1829 zu Munchen,
f 24. Mai 1899 zu Tutzing (am Starnbergersee), erst zum Kaufmann bestimmt,
wurde durch den Kupferstecher Peter Lutz der Zeichnungskunst zugefiihrt,
besuchte 1847 die Akademie, widmete sich seit 1850 als Schiiler des damals
epochemachenden Joseph Bernhardt dem Portraitfach. Nach einem kurzen
Besuch bei L£on Cogniet in Paris ging N. nach Rom und Neapel (1853)
und Hess sich dann im folgenden Jahre zu Wien nieder. Hier entstanden
viele Bildnisse, z. B. des Fabrikanten Ritter von Sporlin, des Hofopernsangers
Blogr. Jabrbuch u. Dcutscber Xekrolog. 4 Bd. g
H4
Neust&tter. FrtLhwald.
Walter, des Dichters Leopold Feldmann, aber auch viele hiibsche weibliche
Studienkopfe und Genrestticke, eine »Dame am Kamhu, die »Trostende
Freundin«, »Betende Italienerin*. eine »Siesta« u. dgl. Im Jahre 1862 fun-
girte N. als Mitglied der Kunstausstellungscommission in London und ent-
ledigte sich seiner Aufgabe in ausgezeichneter Weise. In Wien entstand auch
noch das Brustbild einer jungen, mit wohlgeformten Ztigen und viel sagenden
Augen, aus der malerischen Kapuze eines weissen Burnus herausschauenden
Dame, welche als »Schwarmerin« bei seiner Uebersiedlung nach Miinchen
(1864) im Kunstverein Aufsehen erregte. Rasch folgten daselbst die »Waisen«,
eine »Wittwe« (1865), viele hauslichen Scenen mit spielenden Kindern (1869),
das »Begrabniss eines Vogels« (187 1) und der mit dem Portrait des Kaiser
Wilhelm I. auf dem Lande hausirende »Bil der handler* — ein beneidens-
werther Griff ins echte Volksleben! Die letzten zwanzig Jahre verlebte N.
zu Tutzing; hier erhielt N. wegen seinen Bemtihungen um Hebung und Ver-
schonerung des Ortes, fur Stiftungen zur Feuerwehr und allerlei anderen
Wohlthaten von der dankbaren Gemeinde das Ehrenbtirgerrecht. N. wurde
am 26. Mai auf dem israelitischen Friedhof zu Miinchen unter zahlreichem
Trauergefolge beerdigt.
Vgl. Mttnchener Propylaen. 1869. S. 487 ff. Wurzbach, Lexikon. 1869. XX, 307.
Mailer-Singer 1896. II, 300. Fr. v. Btttticher, Malerwerke. 1898. II, 147. Morgenblatt
145 »AUgem. Ztg.« 27. Mai 1899.
Hyac. Holland.
Frflhwald, Carl, Oberlandesgerichtsrath, * 1852 zu Wien, f 23. April
1899 daselbst. Er entstammte einer Wiener Juristenfamilie. Sein 1883 ver-
storbener Vater, Wilhelm F., der zuletzt als Hofrath beim k. k. obersten
Gerichtshofe wirkte, war durch seine Tttchtigkeit als Richter und literarische
Arbeiten bekannt (vgl. Wurzbach, Biogr. Lexikon). Der Fleiss, die Ver-
standesscharfe, die Gesetzeskunde, die rasche Arbeitskraft und Arbeitsfreude
des Vaters ging auf den Sohn Uber, der nach Zuriicklegung der unteren
Stufen richterlicher Thatigkeit 1888 Staatsanwaltssubstitut, 1893 Landesgerichts-
rath wurde, als Leiter des Bezirksgerichtes Funfhaus fungirte und zuletzt mit
Titel und Charakter eines Oberlandesgerichtsrathes als Vorsitzender-Stellvertreter
eines Senates des Wiener Civilgerichts mit Erfolg thatig war. Er war Mit-
glied der judiciellen Staatspriifungs-Commission, in richterlichen Kreisen wegen
seiner angenehmen Umgangsformen geachtet, in Anwaltskreisen wegen seines
liebenswttrdigen Entgegenkommens sehr geschatzt. Er verfasste ein »Orts-
lexikon fiir die im Reichsrathe vertretenen Konigreiche und Lander«, Wien
1877; eine »Sammlung von Formularien fiir das Verfahren in Streitsachen«,
3. Auflage 1887; ein solches fiir das Verfahren ausser Streitsachen, 2. Auflage
1885; »Die Real- und Mobiliar-Meistbots-Vertheilung«, 2. Auflage 1886; ein
»Handlexikon zum osterreichischen Reichsgesetzblatt«, 1888 und 1894; ein
»Handbuch fiir die civilgerichtliche Thatigkeit bei den Bezirksgerichten«, 1897;
die Bearbeitung des Grundbuchgesetzes in der Manz'schen Ausgabe, 6. Auf-
lage 1898, und der Staatsgrundgesetze dieses Verlags, 6. Auflage 1894; be-
arbeitete auch mit Dr. Moyzisch die Amortisation von Urkunden und Todes-
erklarungen in Oesterreich. Er erlag in der Bltithe mannlicher Schaffenskraft
einem plotzlich hereingebrochenen tlickischen Leiden.
Vgl. die Nekrologe in der Allg. osterr. Gerichts - Zeitung 1899 No. 21 S. 170 und
•Jurist. Blatterc 1899 No. 18 S. 215/6.
A. Teichmann.
Miller.
"5
v. Miller, Wilhelm, Professor der Chemie an der technischen Hochschulo
zu Mtinchen, * in Mtinchen 9. December 1848, f 1. Marz 1899. M., ein
Sohn des genialen Kttnstlers F. v. Miller, aus dessen Erzgiesserei so viele be-
wundernswerthe Werke hervorgegangen sind, erhielt seine Bildung theils an
der Studienanstalt zu Metten (Niederbayern), theils auf dem Maximilians-
gymnasium seiner Vaterstadt und widmete sich zuerst, vaterlichem Wunsche
folgend, dem Studium der Jurisprudenz, ging aber sp&ter, namentlich unter
dem Einflusse J. v. Liebigs, zur Chemie tiber, in welcher er 1874, mit einer
Dissertation tiber die chemischen Verbindungen im fltissigen Storax, die Doctor-
wttrde erwarb. Gleich nachher wurde er Assistent an der technischen Hoch-
schule, 1875 Docent und 1883, nac h Erlenmeyers Resignation, ordentlicher
Professor. Zuvor hatte er mit langerem Urlaub Berlin aufgesucht und in
A. v. Hofmanns Laboratorium die neuesten Methoden der organischen Chemie
kennen gelernt, was zur Folge hatte, dass er nunmehr neben der Vorlesung
ttber allgemeine Chemie auch eine solche tiber organische Farbstoflfe zu halten
vermochte. Lange Jahre ein gesunder und kraftiger Mann, in alien korper-
lichen Uebungen Meister und durch eine gltickliche materielle Lage mancher
Sorgen des Lebens enthoben, ftthrte M. in seinem hochst gastfreien Hause zu
Mtinchen und in seiner schonen Villa zu Partenkirchen ein zufriedenes, neben
der Wissenschaft auch der Kunst, ftir die er Neigung und Anlage ererbt hatte,
geweihtes Leben. Seine Ehe war eine uberaus glttckliche; eine Wittwe und
vier noch in zartem Alter stehende Kinder beweinen den Dahingegangenen,
den zuletzt schweres Siechthum umfangen hatte. Aber bis an das Ende
suchte er seinen Berufspflichten nachzukommen, und aus dem Htirsaale begab
er sich in die chirurgische Klinik zu der entscheidenden Operation, von der
er sich nicht mehr erholen sollte. M.'s wissenschaftliche Arbeiten sind da-
durch gekennzeichnet, dass er sich zu ihrer Ausftthrung gerne mit gleich ge-
sinnten Freunden verband ; mit Doebner, Kinkelin, Spady, Ploechl, Hofer und
insbesondere mit zahlreichen Praktikanten seines Laboratoriums, die auf solche
Weise in das exacte Experimentiren eingefuhrt wurden, hat er so zusammen-
gewirkt. Aus einer zusammen mit dem Botaniker Harz angestellten Unter-
suchung ging das »Antinonnin« hervor, ein zunachst gegen den bekannten
Waldschadling, den als »Nonne« bekannten Schmetterling, gerichtetes Zer-
storungsmittel, das sich aber auch sonst als Antisepticum bewahrt hat. Die
sehr zahlreichen analytischen und synthetischen Abhandlungen, welche zum
uberwiegenden Theile in den »Berichten« der Deutschen Chemischen Gesell-
schaft zur VerOffentlichung gelangten, eignen sich ihres strengwissenschaftlichen
Inhaltes halber wenig zu gemeinverstandlicher Inhaltsbesprechung. Dagegen
ist das weit verbreitete und mehrfach aufgelegte »Lehrbuch der analytischen
Chemie*, welches M. und Kiliani (jetzt in Freiburg, damals M.'s College) ge-
meinsam herausgaben, mit verdienten Ehren zu nennen, und das grosse Publi-
kum musste der Umstand lebhaft interessiren, dass es M. und Harz, die sich
Beide wiederum untersttttzten, gelang, das Fabrikationsgeheimniss der antiken
cyprischen Goldfaden, welches ihnen der Alterthumsforscher BOckh zu errathen
aufgegeben hatte, wirklich herauszubringen, so dass dem von ihnen genommenen
Patente gemass jetzt die Nachbildung keinen Schwierigkeiten mehr unterliegt.
Das letzte Lustrum seines Lebens gehorte M. auch der hochsten berathenden
Schulbehorde Bayerns, dem »Obersten Schulrathe«, an und hatte in dieser
Eigenschaft vielfache Gelegenheit, seine reichen Kenntnisse im Interesse der
Mittelschulen, insbesondere der sogenannten technischen Lehranstalten des
8*
1x6 Miller. Rosen bergcr.
Konigreiches — Realgymnasien, Realschulen und Industrieschulen — zu
verwerthen.
Nekrolog von Prof. Lipp im Jahresbericbte der k. tcchnischen Hochschule zu
Mttnchen fttr das Studienjahr 1898— 1899. — Perstfnliche Erinnerungen.
S. Giinther.
Rosenberger, Ferdinand, Professor der Physik an der Musterschule
(Realgymnasium) zu Frankfurt a. M., * 29. August 1845 * n Lobeda bei Jena,
f 11. September 1899 in Oberstdorf i. A. (Bayern). R. schlug die Laufbahn eines
Elementarlehrers ein und hatte bereits eine Anstellung als Lehrer und Cantor
erhalten, als seine naturliche Neigung ihn veranlasste, im Fluge alle die ihn
von seinem Ziele trennenden Priifungen nachzuholen und sich an der Universitat
Jena dem Studium der mathematischen Wissenschaften zu widmen. Nachdem
er dort im Jahre 1870 promo virt und an verschiedenen Privatanstalten
unterrichtet hatte, machte er 1876 zu Kiel auch das preussische Staatsexamen
und wurde bald nachher ordentlicher Lehrer an der bezeichneten Anstalt,
an der er auch zum Oberlehrer und Professor aufrtickte und treffliche Lehr-
erfolge erzielte. Aus fruheren Jahren hat man von ihm ein den zielbewussten
Didaktiker bekundendes kleines Lehrbuch der »Buchstabenrechnung« (Jena
1876); spater wandte er sich ausschliesslich der Geschichtsforschung auf dem
Gebiete der Physik zu, und was er hier geschaffen, sichert ihm bei alien
Fachgenossen ein dankbares Gedenken* Theilweise tragen diese Arbeiten
einen mehr abstracten, philosophischen Charakter (Ueber die Genesis wissen-
schaftlicher Entdeckungen und Erfindungen, Braunschweig 1885; die Geschichte
der exakten Wissenschaften und der Nutzen ihres Studiums, Abhandl. z. Gesch.
d. Math., 9. Heft); theilweise beschaftigen sie sich mit der Geschichte der
Elektricitatslehre und gewahren ein gutes Bild von deren rapider Ausbildung
im Verlaufe von etwa 150 Jahren (Ueber die erste Entwicklung der Elektri-
sirmaschinen, Verhandl. d. 68. Naturforscherversammlung; die erste Ent-
wicklung der Elektrisirmaschinen, Abhandl. z. Gesch. d. Math., 8. Heft; die
ersten Beobachtungen Uber elektrische Entladungen, ebenda; die moderne
Entwicklung der elektrischen Principien, Leipzig 1898). In dieser letzteren
Schrift wird der deutsche Leser ganz vorztiglich geschickt in die bei uns noch
viel zu wenig bekannten Gedankenkreise der englischen Physiker, vorab
Faradays und Maxwells, eingefuhrt. Nicht minder gut ist es dem ftir solche
Aufgaben besonders veranlagten Verfasser gelungen, das Lebensbild des
grossten mathematischen Naturforschers der Vergangenheit zu zeichnen (Isaak
Newton und seine physikalischen Principien; ein Hauptsttick aus der Ent-
wicklungsgeschichte der modernen Physik, Leipzig 1895); die sprode Personlich-
keit und die sprode Art ihrer wissenschaftlichen Darstellung haben schon
Manchen abgehalten, in die Leistungen des genialen Briten tiefer einzudringen,
aber in R. erh<, wer dies beabsichtigt, einen trefflichen Ftthrer. Ein sehr
grosses Verdienst endlich hat sich der verstorbene Gelehrte erworben durch
sein zusammenfassendes Werk (Geschichte der Physik in Grundziigen, drei
Theile, Braunschweig 1882 — 1890), worin die Geschicke der Naturlehre von
den altesten Zeiten bis zur Gegenwart in folgerichtiger Schilderung und in
llickenlosem Zusammenhange vorgefuhrt werden. Mochte die Kritik gegen die
Charakteristik des Alterthums und Mittelalters einzuwenden haben, der Autor
fiihle sich etwas zu sehr als moderner Beurtheiler und stelle an jene friihen
Zeiten Anforderungen, die damals der Natur der Sache nach nicht zu erfiillen
Rosenberger. Bcrckholtz. x 1 7
waren, so tritt mit dem weiteren Fortschreiten des Geschichtswerkes dieser
Nachtheil mehr und mehr in den Hintergrund, und speciell fur das XVIQ.
und XDC. Jahrhundert giebt es in der ganzen Literatur keinen besseren Rath-
geber. Mit einer ungewohlich grtindlichen Kenntniss des Geschaffenen verband
R. die Gabe, systematisch und ordnend das ungeheure Gebiet durchschalten
und die geistigen Faden, welche die Entdeckungen und Erfindungen unter
einander verkniipfen, dem Auge auch des Fernerstehenden blosslegen zu kdnnen.
Gfinther, Ferdinand Rosenberger (1845 — 1899), Bibliotheca Mathematica (von
Enestrtim), 3. Folge, 1. Band, S. 217 ff. (nach privaten Mittheilungen). Hier auch ein
Bildniss des V ere wig ten.
S. Gtinther.
Berckholtz, Alexandra von, Portrait- und Stillleben-Malerin, * 26. August
1 82 1 zu Riga, f 16. Marz 1899 in Mttnchen, bereiste frtihzeitig Italien und
Frankreich und erhielt dadurch die erste Anregung zur Kunst, welche unter
der Leitung der besten Lehrer, wie Lauchert, Winterhalter und Canon zu
Karlsruhe, dann bei R. Fleury in Paris grundliche Forderung fand. Seit
1865 in Miinchen, ttbte Pilotys Schule (insbesondere A. von Liezen- Mayer),
ausserdem aber das Vorbild der Blumenmalerien Therese Hegg in Nizza und
des Stillleben-Meisters Adam Kunz weiteren Einfluss. Mit mehr als dilet-
tantischem Vergniigen, mit einem wahren Klinstlereifer make Frl. von B.
viele sorgfaltig ausgefiihrte Bildnisse, meist von Damen aus der hoheren
Gesellschaft, z. B. die leider schon 1857 verstorbene schone Schwester des
Dichter Jos. Victor von Scheffel; Frau Alexandra von Bodmann; Sophie
Freifrau von Moltke, diese feinsinnige Kunstpflegerin, Musikkennerin und
begeisterte Freundin von Richard Wagners Tondichtungen, eine Schwester
unserer Malerin; Frau Grafin von Moy; Bertha von Schilcher; Baronin von
Treuberg; die reizende Miss Florence Osborn; Freifrau von Tiesenhausen,
die Gattin des bekannten Marine-Malers und viele andere Zierden der da-
maligen Salons. Nebenbei entstand eine stattliche Reihenfolge von Still-
leben-Bildern und Blumenstiicken, worin sie durch zartes Arrangement und
feinempfundene Farbenstimmung mit ihren alten und neuen Vorbildern wett-
eiferte. Im unermtidlichen Eifer lind Drang, sich weiterzubilden, ermildete
sie niemals, aus den neuesten Erscheinungen des Kunstlebens Nutzen zu
ziehen und sich zu fordern. Nur wenige Beschauer mogen unsere Aus-
stellungen und Bildergalerien mit solcher Freude und solchen Kenneraugen
durchgekostet haben wie Frl. von B., welche in neidloser Anerkennung jede
ehrliche Kraft schatzte und achtete und jeder neu auftauchenden Erscheinung
ihr Interesse zuwendete. Sie bestimmte nicht nur die Erzeugnisse ihrer
Kunst immer zu wohlthatigen Zwecken, sondern setzte auch einen grossen
Theil ihrer nicht unbetrachtlichen Mittel daran, verdienten Kiinstlern unter
die Arme zu greifen, verzagte Naturen zu neuer Thatigkeit anzureizen und
dem wirklichen K6nnen neue Wege zu ebnen und anzubahnen. Dieses
sinnige Maecenatenthum auszutiben, gehorte zu den stillen Freuden dieser
wahrhaften edlen Seele und zwar mit der echt evangelischen Praktik, dass
die Linke nicht wusste, was die Rechte that. Sie cultivirte gleichmassig
alle Kllnste, erquickte sich an den Schopfungen der neuesten Componisten,
wie an den Erzeugnissen der jiingsten Dichter, Dramatiker und Tragiiden.
In der Ausiibung ihrer humanitaren Bestrebungen fand sie Trost und HUlfe
zur Ertragung der eigenen, durch gichtische Veranlagung stetig anwachsenden
n g Berckholtz. May. Bally.
Leiden, welche nie ihre Geduld beugten, wohl aber ihren artistischen Leistungen
hemmend entgegentraten. In unverbrtlchlicher Treue blieb sie alien ihren
Freunden zugethan, eine wahre Trosterin und theilnehmende Beratherin in
Freud und Leid, in guten Stunden und in schweren Tagen. Dieselbe echte
deutsche Treue kettete sie auch an das kaiserliche Haus und dessen Palatine;
mit der gleichen Ehrfurcht hing sie am grossherzoglichen Hof von Baden,
welches sie als ihre zweite Heimat liebte und schatzte. Ihr Portrait
malte Richard Lauchert 1856; Alexander von Wahl modellirte ihre Buste
1870. —
Vgl. Dioskurcn 1866. S. 353. LUtzow's Zcitscbrift X, 538. Julius Meyer, KUnstler-
lcxikcm. 1885. HI. 386. Mttller-Singer 1895. I. in. Fr. v. Btttticher Malerwerke 1895.
84. Nekrolog im Abendblatt 76 »Allgem. Ztg.« 17. M&rz 1899. Kunstvereins-Bericht £
1899. S. 69. —
Hyac. Holland.
May, Andreas, Dr., Rath am Obersten Gerichtshof. Dramatischer Dichter.
* 1 2. November 1817 zu Bamberg, f 7. Januar 1899 in Miinchen, besuchte
das Gymnasium und Lyceum seiner Vaterstadt, dann die Universitaten Wiirz-
burg und Mtinchen, promovirte 1842 als Doctor beider Rechte, machte
mit erster Note den Staatsconcurs zu Bayreuth, wurde 1843 Accessist beim
k. Appellationsgericht von Oberfranken, und 1848 in gleicher Eigenschaft
nach Miinchen versetzt, wo er bei der ersten offentlichen Sitzung des
k. Kreis- und Stadtgerichts am 18. Januar 1849 ^ s Protokollist fungirte
und 1 851 zum Assessor, 1853 Rath am Stadtgerichte und 1865 zum
Appellationsgerichtsrath vorrtlckte. Im Jahre 1875 wurde er Rath am
Obersten Gerichtshof, trat aber 1878 in Folge eines leichten Schlaganfalls in
den Ruhestand. M. war nicht nur ein hervorragender Jurist, sondern erwarb
auch durch seine literarisch - dramatischen Arbeiten einen ausgezeichneten
Ruf. Die Aufnahme seiner Dramen war immer eine enthusiastische, ging
aber nur selten ttber die baierische Hauptstadt hinaus. Auf M.'s Grab legte
der Zweigverein der Deutschen Schillerstiftung einen prachtvollen Lorber-
kranz. In seinem Bestreben, reale Stoffe zu gestalten, war M. ein gemassigter,
seiner Kraft vollbewusster Vorlaufer der neueren BUhne und ihrer For-
derungen.
Vgl. H. Kurz, Gesch. der deutsch. Literatur 1874. IV, 494. Franz B rummer,
Lexikon deutsch. Dichter und Prosaisten* 4. Aufl. Ill, 36.
Hyac. Holland.
Bally, Carl Franz, * in Schoenenwerd (Canton Solothurn) am
24. October 1821, f in Basel am 5, August 1899. Seinen Eltern Peter
Bally und Maria geb. Herzog als das elfte von 14 Kindern geboren, besuchte
Franz B. die Bezirksschule in Rheinfelden und die Cantonsschule in Aarau.
Nach einem kurzen Aufenthalte in Nyon am Genfersee trat er 1838 in das
bescheidene Geschaft seines Vaters, der eine kleine Bandweberei besass,
ein. Nachdem er 1847 gemeinsam mit einem Bruder und einem Vetter den
speciellen Zweig des vaterlichen Geschaftes, die Fabrikation von Hosentragern,
ubernommen hatte, fiihrte er dasselbe vom Jahre 1854 an auf eigene
Rechnung als alleiniger Inhaber fort. Schon damals begann er in seinem
Geschafte die Herstellung elastischer Gewebe, sowie die Schuhfabrikation in
Bally. Struckmann. no
grosserem Massstabe einzuflihren; dank seiner Energie verstand er es, lang-
sam aber sicher vorwarts schreitend, seinem Geschaftshause mit der Zeit in
der Schweiz die erste Stellung zu verschaffen und demselben auch im Aus-
lande einen geachteten Namen zu sichern. AIs B. aus Gesundheitsriicksichten
1893 sein Geschaft seinen beiden SShnen (aus seiner Ehe mit Cacilie Rychner
von Aarau) abtrat, zahlte dasselbe rund 2000 Arbeiter (Fabriken in Schonen-
werd, Gosgen, Aarau, SchOftland, Granichen und Klingnau und Verkaufs-
filialen in London, Montevideo und Buenos Aires.) Seine nie rastende That-
kraft hat das ehemals kleine und stille Dorfchen Schfinenwerd zu einer
schonen und wohlhabenden Ortschaft umgestaltet, zu deren Aufbltthen er
nach den verschiedensten Richtungen hin seine ganze Arbeitskraft einsetzte.
Ihm verdankt die Gemeinde die Errichtung der Bezirksschule und einer
Kleinkinderschule, die Erstellung einer grossen Brucke iiber die Aare, den
Bau von Arbeiterwohnungen und Kosthausern u. s. w.; 5de Strecken Landes
langs des Flusses verwandelte er in pr&chtige Parkanlagen. Durch seine
Initiative wurde Schfinenwerd eine eigene katholische Pfarrgemeinde zu Theil
(1859), der er ebenfalls sein lebhaftes Interesse entgegenbrachte. Dieselbe
schloss sich im October 1876 der christkatholischen Kirche der Schweiz an,
welcher Franz B. von Anfang an mit ganzer Seele als streitbarer Kampe,
der seiner Ueberzeugung mannhaften Ausdruck zu verleihen wusste, angehort
hat und in deren obersten Behflrde er als Synodalrath von 1878 — 1893
thatig gewesen ist. Wie auf dem kirchlichen, so stand B. auch auf dem
politischen Gebiete getreulich zur freisinnigen Fahne; er vertrat von
1861 — 1885 den Bezirk Olten im solothurnischen Cantonsrathe und von
1875 — 1878 den Canton Solothurn im schweizer. National rathe, in welchem
es sich erfolgreich fUr den Erlass eines Patent- und Erfindungsschutz-Gesetzes
bemlihte. »Papa« Bally, wie ihn seine Gemeindegenossen bezeichnender
Weise nannten, wurde Ende 1893 von einem schweren Nervenleiden befallen,
von dem er erst nach sechs Jahren erlost wurde.
Vgl. Worte der Erionerung an Hrn. Carl Franz Bally - Rychner von Schoenenwerd
(1821— 1899). 8. Aarau, 1899.
Hans Herzog.
Struckmann, Johannes, Oberlandesgerichtsprasident, * 23. Marz 1829 zu
Osnabrlick in einer Juristenfamilie, f 12. Mai 1899 zu Koln. Er studirte auf
den Universitaten Heidelberg, Berlin und Gottingen, trat Marz 1851 in den
hannoverschen Staatsdienst, war 1862—66 Obergerichtsassessor in Hannover,
Secretar der Commission zur Ausarbeitung einer Civilprozessordnung, gehorte
1867 — 70 dem preussischen Abgeordnetenhause, 1874 — 78 als hervorragendes
Mitglied der nationalliberalen Fraction dem Reichstage an, war eifrig thatig
in der sog. Reichs-Justiz-Commission. Er war 1870 zum Rath am Appellations*
Gericht zu Coin berufen worden; 1872 zum Obertribunalrath befordert, war
er auch ein Jahr lang Mitglied des Oberverwaltungsgerichts. Am 1. October
1879 trat er an die Spitze des Landgerichts zu Hildesheim, wurde 1878/79
von der Universitat Leipzig durch Verleihung der Doctorwttrde geehrt, 1886
zum Oberlandesgerichtsprasidenten in Kiel und im September 1887 zu Koln
ernannt. Hier hat er sich als leuchtendes Vorbild treuer Pflichterftillung die
Hochachtung und Liebe seiner Berufsgenossen wie der Bevolkerung in hohem
Grade erworben. Er rief die Juristenfeste des Rheinlandes und bei der
juristischen Vereinigung in Koln die Einrichtung einheitlicher und systematischer
!20 Struckmann. Schroder. Hayduck.
Vortrage uber das BGB. ins Leben. Voll Begeisterung flir Vaterland, Kunst
und Wissenschaft war er in schlichtem, anspruchslosem Auftreten der liebens-
wtirdigste Gesellschafter. Zum 70. Geburtstage widmeten ihm die Collegen
des Gerichtshofes eine Adresse; ebenso ernannte ihn am 8. April 1899 die
Juristische Gesellschaft zu Berlin zu ihrem Ehrenmitgliede. Literarisch machte
er sich ausser durch altere kleine Arbeiten zum Hannoverschen Provinzial-
recht durch Herausgabe eines Commentars zur Civilprozessordnung (mit
R. Koch) bekannt, der wegen seines hohen Werthes grossen Anklang fand
und nach seinem Tode von R. Rasch und P. Koll nach der Fassung des
Gesetzes vom 20. Mai 1898 bearbeitet in siebenter Auflage erschien. Ebenso
hatte er mit R. Koch die preussischen Ausftihrungsgesetze zu den Reichs-
justizgesetzen 188 1 herausgegeben.
Nach dem Nekrolog des VVirkl. Geheimraths Dr. R. Koch, Reich sbankpr&sidenten
in Berlin (Deutsche Juristen-Zeitung 1899 S. 229/30).
A. Teichmann.
SchrOder, Frederik A., deutsch-amerikanischer Industrieller und Politiker,
* 9. Marz 1833 zu Trier, f 1. December 1899 zu Brooklyn. Sch. kam 1849
mit seinem Vater, einem Geometer, nach den Vereinigten Staaten und wurde
Cigarrenmacher. Der igjahrige Jiingling griindete 1852 zu Brooklyn eine
Cigarrenfabrik, die sein ktihner Unternehmergeist zu grosser Bltlte brachte.
Eine grosse Rolle spielte er sowohl im engeren Kreise der Oeffentlichkeit, in-
dem er auf die grossartige Entwickelung seiner zweiten Heimatsstadt sehr tief
greifenden, nachhaltigen Einfluss ausiibte und auch 1876/77 an der Spitze
ihrer Communalverwaltung stand, als auch in der staatlichen Politik des
Adoptivvaterlandes. Er hielt sich alien Schachziigen der Beute- und Strebe-
leute fern, und so bedauerte auch die demokratische Gegenpartei den Heim-
gang dieses untadeligen Charakters und Vertreters ehrlicher Staatsverwaltung,
1880 zog er sich ganz von activer Theilnahme am politischen Leben zurlick
und schlug wiederholt die ihm seitens der Republikaner, denen er wie ja die
meisten Deutschen Nordamerikas zugehorte, angetragenen hohen Staatsamter
aus. Sch. war die letzten Jahrzehnte seines Lebens nicht bios einer der
hervorragendsten, sondern auch weitestbekannten Deutsch-Amerikaner.
Lebensabriss (mit Portrait) i. d. »Gartenlaube«, 2. Beilage zu No. 7 v. 1900; Nach-
rufe in den meisten Deutschen Zeitungen der Vereinigten Staaten, auch in den englischen
New-Yorks.
Ludwig Frankel.
Hayduck, Maximilian, Chemiker, * 22. August 1842, f 5. October 1899
in Berlin, wohnte langere Zeit im nahen Pankow. Er gehorte seit 1883 der
Universitat zu Berlin, wo er einige Jahre vor dem Tode Titularprofessor
wurde, und schon etwas langer der dortigen Landwirthschaftlichen Hochschule
als Privatdocent flir Chemie an. An beiden Lehranstalten las er vorzugs-
weise Uber Garungschemie. Auf diesem Gebiete ist ihm durch langjahrige
Forschung und Versuche manche ftir die Brauerei, Brennerei, Starkefabrikation
und ahnliche Zweige der Praxis wichtige Beobachtung gelungen. Seine
wissenschaftlichen Arbeiten pflegte Dr. H. in verschiedenen chemischen
Journalen und in der »Zeitschrift flir Spiritusindustrie« zu veroffentlichen.
Notizen in Tageszeitungen nach dem Tode. Akademische NachschlagebUcher. Tod
registrirt »Literar. CentralbU« 1899, Sp. 1450.
L. Frankel,
Geldcr. Wascr. 121
Gelder, Lucia van, Genremalerin, * 18. November 1864 zu Wiesbaden,
f 18. April 1899 zu Miinchen, erhielt die erste Anregung zur Malerei als
Tochter des Kunsthandlers Em. van G. zu Wiesbaden, wo sie unter den
Schopfungen trefflicher Meister aufwuchs. Als der Vater seine Thatigkeit
nach Miinchen verlegte, ttbernahm Professor Liezenmayer ihre Ausbildung im
Zeichnen; Max Thedy ftthrte sie ein in das Gebiet der Farbe. Nebenbei
forderte sie sich durch das Studium der alten Meister in der Pinakothek.
Mit achtzehn Jahren trat sie als selbstandige Kiinstlerin auf, sowohl im Por-
traitfache, wie mit kleinen, sehr anziehenden Genrestticken, z. B. einem alten,
mit N&harbeit beschaftigten Mtitterchen (1883) und mit lieblichen Kinder-
scenen wie »Die Schaukel* (als Holzschnitt in Ueber Land und Meer 1886.
57. Band Seite 121), »In der Kirche« (Illustr. Ztg. Lpz. 1887), »Der kleine
Doctor « (Gartenlaube 1887. No. 19), wo ein Knabe mit ernster Kennermiene
dem Lieblingskatzchen seines Schwesterleins den Puis ftihlt, ein Stoff, welchen
die Malerin in wesentlich verschiedenen Varianten wiederholte (in No. 17
Ueber Land und Meer 1896 und im Illustr. Familienkalender flir 1897), die
durch Photographie, Holzschnitt und Farbendruck weit verbreitet wurden.
Dazu kamen »Der eingeseifte Othello*, »Der Dorfbader«, »Contrebande«, die
» Wundersame Erzahlung«, die »Geigenspielerin« (1898), »Am Krankenbett« und
dergleichen gelungene Darstellungen mit anmuthigen Kinderspielen, launigen
Dorfbegebnissen, Alles herzerfreuend und gesund. Die Kiinstlerin wird als
eine Gestalt von atherischer Schlankheit geschildert, wie aus einem der idealen
Bilder Rossettis oder Burne Jones herniedergestiegen ; immer selbst ein holdes
Bild, ob sie sicher und grazios an ihrer Staffelei arbeitete oder in Mussestunden
die geliebte Violine mit wohlbeherrschtem Bogen handhabte, — so waltete sie
wie ein gliicklicher Sonnenstrahl unter ihren Angehorigen. Die ubermachtige
Kmpfindung dieser schonen Seele zehrte leider friihzeitig die allzu zarte Hitlle auf.
Vgl. Das geistigc Deutschland S. 221. und die Nckrologe im Abendblatt 108 »A11-
gcmeine Ztg.« vom 19. April 1899 und Alfred Niedermanns kurzc und schtfne Charakteristik
im Kunstvcreins-Bericht fUr 1899 S. 70.
Hyac. Holland.
Waser, Joseph Ritter von, Oberlandesgerichtsprasident in Graz, * 12. Marz
i8ii zu Pettau in Steiermark, f 12. Mai 1899 zu Graz. Er promovirte in
Wien zum Doctor beider Rechte, wurde 1836 Supplent des Strafrechtslehrers
Jenull in Wien, 1838 Professor des Strafrechts und der Rechtsphilosophie in
Innsbruck, 1848 Landrath daselbst, 1850 Staatsanwalt in Graz, dessen Ehren-
biirger er wurde, da er durch gelungene Durchfuhrung eines Testaments-
falschungsprozesses der Gemeinde 300000 fl. errang. Die Einfuhrung der
Strafprozessordnung von 1850 erofFnete ihm ein reiches Arbeitsfeld. Zu Be-
ginn der parlamentarischen Aera wurde er flir Pettau in den steierischen
Landtag und von diesem in den Reichsrath gewahlt. Seine hervorragenden
juristischen Kenntnisse veranlassten seine Berufung in alle AusschUsse, die sich
mit den wichtigsten codificatorischen Arbeiten auf dem Gebiete des Ver-
fassungsrechtes und der Justizgesetzgebung zu befassen hatten, wobei er fur
die Strafgesetzgebung den Standpunkt der modern en fortschrittlichen Wissen-
schaft, namentlich als Verfechter der Freiheit der Presse und des Geschworenen-
gerichts vertrat. Nach der Aera Belcredi kam er als Landgerichtsprasident
nach Klagenfurt, unter dem Biirgerministerium als Sectionschef in das Justiz-
X 2 2 Waser. Ruperti.
ministerium. Er war betheiligt an den Arbeiten ftir eine Grundbuchordnung,
die unter Hohenwart zustande kam, und ftir eine Civilprozessordnung. Scit
1875 war er Oberlandesgerichtsprasident in Graz und sehr thatig bei der
Durchfilhrung der von seinem Freunde Glaser geschaffenen Strafprozessordnung
von 1 87*3 . Unter Taaffe begann sein Kampf gegen die rlickschrittliche und
slavisirende Richtung im Justizwesen, die in der Berufung von Prazak zum
Leiter des Justizministeriums ihren Ausdruck fand. Nach Feier seines vierzig-
jahrigen Dienstjubilaums (1876) erfolgte seine Berufung ins Herrenhaus am
19. December 1877. Am 8. November 1892 erhielt er die erbetene Pen-
sionirung. Belebend und fordernd wirkte er auf die wissenschaftliche Ver-
tiefung und das Ansehen des Richterstandes ein. Ein Meister des Ausdrucks
in Wort und Schrift, hielt er auf kurzen, klaren Vortrag, auf gewandten Stil
in der schriftlichen Darstellung. Jahrzehnte hindurch flihrte er in der AUg.
Oesterr. Gerichts-Zeitung eine standige Rubrik, in der er Fragen des Straf-
rechts und des Strafprozesses vom Standpunkte der Wissenschaft und der
Praxis ganz vortrefflich erorterte. Auch sonst hatte er in juristischen Zeit-
schriften werth voile Beitrage geliefert, so im »Gerichtssaal« 1851, II. 77ff.,
373ff. f auch 1839 das Strafgesetz tiber Verbrechen sammt den dazu gehorigen
Verordnungen herausgegeben. Mit grossem Freimuthe trat er offen der anti-
semitischen Bewegung entgegen, in Erlassen an die ihm unterstehenden Be-
amten wie in offentlichen Reden. So hielt er noch am 15. Mai 1891 im Stift
Rein eine Rede gegen die Corrumpirung der Jugend durch Verbreitung riick-
schrittlicher Ideen der Intoleranz und gegen das politische Streberthum im
Priesterstande. Noch in hohem Greisenalter betheiligte er sich an den Er-
eignissen des Tages. Dabei war er von wahrhaft puritanischer Einfachheit in
seinen Sitten. Als Comthur des Franz Joseph-Ordens mit Stern (1870) war
er in den Ritterstand erhoben worden. Er hinterliess eine Tochter, die
Oberstenwittwe Frau Anna von Sedlmayer-Seefeld, zwei Enkelinnen, Frau
Marie von Ehrfeld und Margarethe Luggin, sowie einen Enkel, den Juristen
Georg von Sedlmayer.
Vgl. Neue Freie Presse No. 12470 vom 12. Mai 1899 — Allg. Oesterr. Gerichts-Zeitung
1892 No. 46, 1899 No. 21 — E. Ullmann, Lebrb. d. ttsterr. Strafprozessrechts (2) 1882
S- 35 » 38 u. ttfter; derselbe in Holtzendorffs Handb. d. deutschea Strafprozessrechts
1899, I 79 und im Lehrb. d, dtsch. Strafprozessrechts 1893 S. 76 — Glaser, Handb. d.
Strafprozesses 1883, I, 332 — Wurzbach, Biogr. Lexikon Bd. 53 (1886) S. I27ff. — Vor-
rede in J. Mitterbacher, Die Strafprozessordnung vom 23. Mai 1873, Wien 1882 —
W. E. Wahlberg, Gesam. kleinere Schriften und Bruchsttlcke, Bd. II Wien 1877 S. 171, 174.
A. Teichmann.
Ruperti, Hans Heinrich Philipp Justus, D. theol., Generalsuper-
intendent von Holstein, * 21. Dezember 1833 in Kirch -Osten bei Stade,
f 16. Mai 1899 in Neumtinster. — R. ist einer alten niedersachsischen
Pastorenfamilie entsprossen , die der engeren Heimat eine Reihe ttichtiger
Geistlichen gegeben hat: der Grossvater des letztverstorbenen Holsteinischen
Generalsuperintendenten, bekleidete dasselbe oberste Kirchenamt in Stade, und
der Vater, Georg Ernst, Verfasser eines verdienstlichen Buches iiber »die
Kirchen- und Schulgesetzgebung ftir das Herzogthum Bremen und Verden« f
wurde schon einige Jahre nach der Geburt unseres R. aus dem Pfarrdorf
Kirch - Osten bei Stade in die Superintendentur Lesum bei Bremen berufen.
Dort hat Justus seine Jugend verlebt, bis das Gymnasium in Verden ihn dem
Ruperti. 1 23
El tern ha use entzog. Der grttndlichen Gymnasialvorbildung folgten die
Universitatsstudien in Erlangen "und auf der Landeshochschule Gottingen.
Doch noch bevor er dem amtlichen Schlussexamen sich unterzog, wurde er als
Prediger an dem von einem Kreise christlicher Kaufleute in Bremerhaven ein-
gerichteten Auswandererhospiz angestellt; als solcher hat er auch in der damals
kirchlich nur k&rglich versorgten Bremerhavener Gemeinde mit Erfolg gearbeitet.
Im Winter 1857 folgte dann die Prtifung pro ministerio in Stade. Aber Bremer-
haven hielt ihn auch fernerhin. Insbesondere als die dortige Gemeinde sich
zu den Principien der preussischen » Union « bekannt und als unirte sich
constituirt hatte, fand sich ein Kreis bekenntnisseifriger Lutheraner zusammen,
deren geistlicher Mittelpunkt der junge R. war, und die nach langen schweren
Existenzkampfen i. J. 1862 die staatliche Anerkennung als evangelisch-luthe-
rische Gemeinde erreichten. Als Pfarrer der »Kreuzkirche« wurde er von
ihnen zum Pastor gewahlt, am 7. Januar 1862 in Stade ordinirt, und hat
neun Jahre lang sich hier als Seelsorger treu bewahrt. 1871 wurde er vom
Consistorium in Stade als Pastor primarius nach Geestendorf berufen, ver-
tauschte aber schon zwei Jahre spater diesen Posten mit der Stelle eines
Pfarrers der St. Matthai-Gemeinde in New -York, wohin ihm seine alten Be-
ziehungen aus den Jahren seiner Auswandererseelsorge den Ruf bewirkt
hatten. Die Universitat Leipzig hat ihn bald danach zu ihrem theologischen
Ehrendoctor ernannt. Doch bereits nach drei Jahren musste er wegen
Ueberanstrengung das Amt in der Hauptstadt der neuen Welt aufgeben.
Nach der Rflckkehr in die alte Heimat (1876) erholte er sich indess bald
wieder und konnte im selben Jahre einen Ruf des Grossherzogs von Olden-
burg als Kirchenrath und Superintendent nach Eutin annehmen. 15 Jahre ist
er dort mit frischer Kraft th&tig gewesen, bis 1891 die Wahl zum General-
superintendenten der holsteinischen Provinzialkirchenpflege auf ihn fiel und
er nach Kiel libersiedeln musste. Hier hat er insbesondere durch Errichtung
neuer Gemeinden, Theilung tibergrosser Parochien und Erbauung dadurch
nothwendig gewordener neuer Kirchen in Segen gewirkt. Doch zeigten sich
bereits im Jahre 1897 die Folgen erneuter Ueberanspannung seiner Krafte in
einer schweren Erschlitterung seiner Gesundheit. Dennoch versah er sein
Amt weiter, bis ihn auf einer Generalvisitation in Neumlinster, am 14. Mai, als
er eben noch tiber Matth. 28, 20 anscheinend in alter Frische gepredigt hatte,
nach der Ruckkehr ins Pfarrhaus ein Schlaganfall traf, an dessen Folgen er
in der Nacht des 1 6. Mai sanft entschlafen ist, nachdem er noch mit zitternder
Hand den Namen Jesus, das Bekenntniss seines Glaubens und Lebens ge-
schrieben hatte. — R. ist auch reichlich literarisch thatig gewesen: unter
dem Titel »Licht und Schatten aus der Geschichte des Alten Testaments*
hat er vielgelesene Bibelstunden tiber das Leben Samuels herausgegeben.
Ebenso hat eine Predigtsammlung mit dem Motto: O Sonnenschein ! viele
Freunde gefunden. Eine Broschtire aus dem Lutherjahre sucht » Luther nach
seiner religi(jsen Bedeutung« ins Licht zu stellen. Seine Erfahrungen als
Pastor in New -York sind in interessanten »Amerikanischen Erinnerungen«
niedergelegt. Aus dem praktisch kirchlichen Leben erwachsen und ihm zu
dienen bestimmt sind seine »Christenlehre nach dem kleinen Katechismus
Luthers« und sein liturgisches Schriftchen: »Abschied vom alten Gesang-
buch«. Noch in seinen freieren Eutiner Tagen hatte er ein grosseres
biblisch - theologisches Werk begonnen: »Pauli Leben und Briefe*, das aber
nur bis zum Stoff des I. Corintherbriefes auszuftihren ihm vergOnnt war. —
124 Ruperti. Polko.
Um seine Nachfolge in der Generalsuperintendentur der vom Danenthum
hart bedrangten Provinz haben sich leider wenig erquickliche nationale Kampfe
entwickelt.
Kohlschmidt.
Polko, Elise, Schriftstellerin, * 13. Januar 1823 zu Wackerbartsruhe bei
Dresden, f 15. Mai 1899 zu Mtinchen, erhielt als die Tochter des bekannten
Padagogen Dr. Carl Vogel eine vortreffliche Erziehung. Mit ihrem Vater,
der damals als Mitdirector des Langschen Instituts in Dresden wirkte, (iber-
siedelte sie nach dessen Ernennung zum Vorstand der Allgemeinen Btirger-
schule nach Leipzig; durch ihre eminente Anlage filr Musik wurde sie mit
Felix Mendelssohn-Bartholdy bekannt. Bald reifte der Entschluss, ihre schone,
sympathische Stimme auszubilden. Nach einem langeren Aufenthalt zu Berlin,
wo sie im Hause der Fanny Hensel mit vielen musikalischen Grossen und
bedeutenden Namen verkehrte, betrat sie zu Frankfurt am Main als Pamina
(Zauberflote), Zerline (Don Juan) und Cherubin (Figarro) die Blihne, wendete
sich dann mit guten Empfehlungen nach Paris zu dem beruhmten Gesang-
meister Manuel Garcia, dessen reizvollen Unterrichsstunden sie spater unter
»Rue Chabannis No, 6« in ihren 'Musikalischen Marchen« so anmuthend
schilderte. Zurttckgekehrt, heiratete sie 1 849 den Eisenbahn-Ingenieur Polko
und erlebte, anfangs in Minden, spater in Wetzlar und dann zu Deutz-Coln
ein schemes Gltick, bis sie erst ihren einzigen Sohn und bald auch 1887
ihren Gatten verlor. P. nahm zu Wiesbaden, Frankfurt a. M. und zuletzt in
Miinchen ihren Wohnsitz, wo sie infolge eines 1888 zu Schliersee erlittenen
Unfalls, nach schwerem Leiden bei ihrer Schwester Frau Julie Dohmke aus
dem Leben schied. Friihzeitig hatte sie zur Feder gegriffen und durch ihre
Erzahlungen und Charakterschilderungen, insbesondere aus der musikalischen
Welt, ein dankbares Publikum gewonnen. Eine Auswahl gruppirte sie in den
» Musikalischen Marchen«, deren erster Band 1852 erschien und bis 1889
dreiundzwanzig Auflagen benothigte, wahrend der zweite spatere Band der
dreizehnten Auflage sich erfreute. Mit grosser Erz&hlerkunst berichtet sie aus
Vergangenheit und Gegenwart, aus den Zeiten der Troubadours, aus dem
Leben berllhmter friiherer Dichter, insbesondere aber Uber berfihmte Com-
ponisten des vorigen Jahrhunderts und der neueren Zeit. Im wohlfliessenden
Feuilletonstil verarbeitete P. ihre Studien und Kenntnisse, insbesondere ttber
das Rococozeitalter, welches sie mit farbiger Anschaulichkeit vorzufiihren ver-
stand. Da erscheinen Sebastian Bach in seinen Beziehungen zum Churfilrsten
von Sachsen, Gluck und Maria Antoinette, Franz Benda, der Stifter des
schonsingenden Violaspieles, Reichardt und C. F. Zelter, der junge Amadeo
Mozart, die Genesis des Mendelssohnschen »Sommernachtstraumes« und
Pergoleses »Stabat mater«, Joh. (xottlob Schneider, Beethoven, Franz
Schubert, Franklin als Erfinder des Harmonika, C. M. von Weber, Faganini,
J. R. Zumsteeg, Gretry und Friederike von Sesenheim (1767), die Catalani,
Marian- Malibran-Garcia, Georg Handel, Fanny Hensel, dann ihr vorgenannter
Singmeister Manuel Garcia, Boieldieu, Lorzing, Cimarosa und als ein »Ver-
gessener« I^udwig Berger (Mendelssohns Lehrer), Simon Dach mit seiner
»Anke van Tharaw« und viele Andere. Der zweite Band (mit der Dedication
an Wilhelmine Schroder -Devrient, der ehedem so gefeierten Darstellerin des
»Fidelio«), befasst sich mit Lessing und Margaretha Schwan, Emanuel
d'Astorga, Carl Fr. Abel (1725 — 1787) der letzte Gambenspieler, Jean
Polko. Kobelt.
"5
Baptiste Lully (f 1687), das im Alter von 17 Jahren verstorbene dichterische
Sonntagskind Elisabeth Kulmann, der Musikmeister Fr. W. Herschel, Carl
Ditters mit vielen anderen, mehr oder weniger bekannten, immer aber
anziehend gezeichneten Grossen. Sie hat Loorbeerkranze und Cypressenzweige
mit pietatvoller Hand vor Portraitblisten und Charakterkopfen niedergelegt,
Manches ist auch leicht hingehauchten Aquarellen zu vergleichen, bisweilen
aber hat P. ihre Gestalten und Figuren gar zu novellistisch oder romantisch
aufgeputzt. Sehr verdienstlich sind ihre »Erinnerungen an Mendelssohn-
Bartholdy« (1868), doch gelang es ihr nicht, den ebenso aus seinen
Compositionen wie aus seinen »Reise- und Freundes - Briefen<x fascinirend
klingenden Stil zu erreichen, wohl aber ein packendes Bild seiner Thatigkeit
zu gestalten. Von echter Liebe zeigen ihre »Erinnerungen an Dr. Carl
Vogel« (1863) den hochverdienten, seinera Forschungseifer zum Opfer ge-
fallenen Bruder, den beruhmten Afrika - Reisenden. Besondere Erwahnung
verdient ihr Buch »Vom Gesange* (1876), das recht geeignet ist, deutscher
Kunst im deutschen Hause eine bleibende Statte zu bereiten.
Dagegen blieb sie mit den meist sehr willktirlich erfundenen »Dar-
stellungen aus der KtinstlerwelU (1858), welche als »K(insderm£rchen und
Mai er no veil en « 1879 wieder erschienen, weit hinter den langst vergessenen
Schilderungen der Johanna Schopenhauer liber »Johann van Eyck und seine
Nachfolger* (1822) zuriick. Ermtidend wirkt auch die untiberwindliche Me-
thode, Alles im Plaudertone zu dialogisiren. Weit besser gelangen ihr die
biographischen Portraitbilder der »Fttrstin Pauline zur Lippe* (1870) und der
schdnen »Konigin Luise« (1881). Das »Alte Herren« betitelte Buch (1866)
behandelt die Vorlaufer und Zeitgenossen des Sebastian Bach, wahrend
»Unsere Musikklassiker« (1880) mehr der neuen Zeit gerecht werden. P.
schrieb auch viele Romane (Faustina Hasse i860; Die Betteloper 1864 ; Paganini
und der Geigenbauer 1876; Umsonst 1882), verfasste gute Novellen, welche
seit 1890 in 14 Banden vorliegen und sammelte unter dem Titel »Diehter-
griisse«, »Hausgaiten«, »Brautstrauss« u. dgl. allerlei lyrische Anthologien.
Ihr anziehend cs Portrait (gemalt von Jos. Schex, gestochen von Sicbling) ist dem
ersten Bande der »Musikalischen Marchen* beigegeben. Andere Bildnisse finden sich in
No. 28 »Ueber Land und Meerc 24. Bd. 1870 (nach einer Zeichnang von Fritz Kriehuber)
und nach einer spateren Photographic in No. 2335 und 2917 der »Ulustr. Ztg.« Leipzig
31. Marz 1888 und 25. Mai 1899. Ihr ziemlich umfangreiches Riicklassmobiliar wurde am
27. und 28. Mai 1899 zu MUnchen versteigert.
Vgl. T. A. von Grimm: »Ein Besuch bei Elise Polkoc in No. 28 Ueber Land und
Meer, 24. B. 1870. Sophie Pataky, Lexikon deutscher Frauen 1898. Kttrschner 1899.
S. 1057 (giebt 1832 als Geburtsjahr, wortlber die Dichterin zeitlebens jede Auskunft ver-
wehrte). Nekrolog in No. 2917 >lllustr. Ztg.c Leizig 25. Mai 1899. ^ ine schone bio*
graphische Studie (mit Portrait) von C. Gerhard in Frida Schanz' »Junge Madchenc (1899)
V. Jahrgang S. 187 ff. Brttmmers »Lexikon« giebt (in der 4. Aufl. Ill, 237) das Geburts-
jahr 1823.
Hyac. Holland.
Kobelt, Karl Ulrich Gottfried Julius, Pastor, * 5. November 1847 in
Pinne (Prov. Posen), f 6. April 1899 in Neinstedt a. Harz.
Der verdienstvolle Leiter der weitverzweigten Anstalten ftlr Innere Mission
in Neinstedt-Thale am Harz ist seiner 24jahrigen vielgesegneten Thatigkeit
durch einen schmerzlichen Tod in Folge eines durch Ueberanstrengung ver-
ursachten Gehirnleidens entrissen worden. K. war geboren als erster Sohn
des Rasters und Lehrers Gustav K.. in dem Flecken Pinne im posenschen
126 Kobelt
Kreise Samter und hat im Elternhause frtth ernste und tiefreligiose Eindriicke
empfangen. Als sein Vater starb, hat er als Aeltester unter flinf Geschwistern,
bei vtilliger Mittellosigkeit der Mutter zun&chst am schwersten an dem traurigen
Geschick zu tragen gehabt. Doch nahmen sich der wackere Ortspfarrer
Bottcher und die ernstchristlich gesinnte Frau von Rappard getreulich ihres
Pathenkindes an und sein Vormund, Freiherr von Massenbach, brachte ihn
in eine Freistelle des Waisenhauses am koniglichen P&dagogium zu Zdllichau.
Nach Ablauf seiner Gymnasialzeit ging er, i8 l / 3 Jahre alt, zum theologischen
Studium zunachst nach Berlin (1866), wo ihm durch Frau von Rappards Ver*
mittelung nicht nur der Verkehr in Hengstenbergs Hause ermoglicht ward,
sondern er auch des Oefteren als Vorleser der verwittweten Konigin Elisabeth
berufen wurde. W&hrend und nach der Zeit des preussisch-osterreichischen
Krieges hat er sich in den Berliner Lazaretten eifrig bei der Pflege ver-
wundeter und typhuskranker Soldaten bethatigt. Im Mai 1867 kehrte er
heim, um darauf in Halle sein theologisches Studium zu Ende zu ftlhren.
Hier ist er Tholuck insbesondere nahegetreten, auch im Hause des beriihmten
Studentenvaters hatte er freien Zutritt und freundliche Aufnahme gefunden.
In Halle h6rte er im Jahre 1868 auch zum ersten Male Wichern reden, ohne
doch von ihm schon einen bleibenderen Eindruck zu empfangen. 1869 be-
rief ihn, noch bevor er seine Studien durch eine Priifung abgeschlossen hatte,
das Presbyterium der niederlandisch-reformirten Gemeinde zu Elberfeld auf
Anregung ihres temperament- und charaktervollen Pastors Kohlbrtigge als
Frtthprediger, Organisten und Leiter des Kirchengesangs; jedoch der aus-
gesprochen reformirte Typus dieser Gemeinde und ihres Pfarrers, der sogar
mit allem Eifer seine Stellung ausserhalb der Union behauptete, konnte fUr K.
als ebenso streng eifrigen Lutheraner auf die Dauer nicht sympathisch sein.
So loste sich das Verhaltniss bereits nach einem Jahre wieder und der junge
Candidat legte nun 1870 und 1872 die beiden theologischen Staatsprilfungen
ab. Im April 1872 wurde er sodann von seiner Heimathsprovinz als Rector
an die gehobene Knaben- und Madchenschule in Birnbaum, der Vaterstadt
Kogels, berufen und tibernahm zugleich freiwillig die Pastoration der Nach-
bargemeinde Radusch, nachdem ihm von dem damaligen posenschen General-
superintendenten Dr. Kranz die Ordination ertheilt worden war. Wegen eines
furcht- und rticksichtslosen Vorgehens gegen einen offenkundigen Stlnder wurde
er dort einmalNachts am Leben bedroht; doch ging die Kugel des Attentates
fehl. Im November 1874 siedelte er mit seiner jungen Pfarrfrau nach Kosten
als Pfarrverweser tiber; doch als er eben begann, sich mit seiner neuen Ge-
meinde einzuleben, wandte sich sein Studienfreund M. von Nathusius, der
Sohn des warmherzigen Begriinders der Knabenrettungs- und Briiderbildungs-
anstalt Lindenhof bei Neinstedt, Philipp v. N. und seiner als Schriftstellerin
berUhmt gewordenen Gattin Marie geb. Scheele, mit der immer dringlicher
werdenden Bitte an ihn, die geistliche Leitung der sehr erst im Aufbliihen
begriffenen Anstalt zu tibernehmen. Nach langem Schwanken hat K., auch
auf Zureden seines alten Freundes und Pathen P. Bottcher, sich dazu bereit-
gefunden ; trat dann aber mit der ihm eigenen Energie in voller Kraft an die
mlihevolle imd verantwortungsreiche Arbeit. Bei seinem Eintritt zahlte das
BrUderhaus 58 Brlider, von denen 44 in ausw&rtigem Dienst standen. Nach
zehn Jahren, 1885, waren ihrer schon 120 und im Jahre 1898 zeigte es einen
Bestand von 194 Brildern nebst 95 Brliderfrauen, deren Arbeit fast iiber ganz
Deutschland hin sich erstreckt (die Provinz Sachsen ist natttrlich am reichsten
Kobelt. 127
bedacht: 40 Station en mi t 107 Briidern; doch auch Brandenburg mit Berlin hat
in Stadtmission und Herbergen 15, Posen 8, Schlesien 3, Rheinland u.Westfalen 5,
Schleswig-Holstein, OsU, Westpreussen, Hessen, Bayern, Sachsen-Altenburg je 1 ,
Braunschweig 4, Anhalt 5, S.-Coburg 3, S.- Weimar 2, Schwarzburg-Rudol-
stadt 3): ein Zeugniss, wie gerade die unter K's. Leitung gebildeten Htilfs-
arbeiter der Inneren Mission sich vielfach wohlbewahrt haben. Sein Princip
war, sie vor Allem zur Demuth und christlichen Praxis zu erziehen ; so waren
ihm auch durchweg Aspiranten aus dem einfachen Handwerkerstande weit
willkommener als solche aus den sog. » gebildeten Kreisen«. Und seinen
»Brtidern« immer neue Wirkungskreise, insbesondere den Zutritt in die niederen
Kirchen- und Ktlsterdienste zugleich als Diakonen des Pfarramts, sowie in die
geordnete Krankenpflege zu erschliessen, ist bis ans Ende sein eifrigstes Be-
streben gewesen. So ist ihm im Kreise der Briiderhausvorsteher nach Director
Wichern's Abgang die unbestrittene Leitung und der Vorsitz ihrer Conferenzen
zugefallen. Von hier aus ist ihm auch unter den Freunden der Inneren Mission
eine reiche Wirksamkeit beschieden gewesen. Bei der Jubilaumsfeier der
Inneren Mission in Halle war sein Festvortrag: Die Kirche und ihre Innere
Mission, kurz vor seinem Tode, sein letztes Wort, sein Testament vor dem
evangelischen Deutschland in diesen seinem Herzen am nachsten gehenden
Fragen. — Doch in Neinstedt selbst ist, neben seinem Lieblingskind, dem
Bruderhaus, sowohl die Rettungs- und Erziehungsanstalt ftir verwahrloste und
sittlich gefahrdete Knaben, wie das Asyl fUr schwach- und bl&dsinnige, epi-
leptische und sonstwie geisteskranke Personen jeden Alters und Geschlechts
(dasElisabethstift mit seinen Zweiganstalten : Gottessorge, Gnadenthal und Kreuz-
htllfe I und II) mit einem Pfleglingsbestand von ca. 500 Personen, seiner Ob-
hut anvertraut gewesen. Ja, als durch das Gesetz vom Jahre 1897 die Ftir-
sorge ftir Schwach- und Irrsinnige den Provinzialverb&nden auferlegt wurde,
fragte die Verwaltung der Provinz Sachsen bei ihm an, ob er geneigt sei, die
Neinstedter Anstalten ftir diesen Zweck weiter auszugestalten. Er hat es ab-
gelehnt, weil er ftir die einheitliche Leitung und den bisherigen Charakter
seiner Arbeitsstatte filrchtete, ftir die er Uberhaupt wohl all zu sehr abgewehrt
hat, »der arztlichen Kunst und den wissenschaftlichen Errungenschaften der
neueren Zeit einen gentigendeh Eintritt zu gestatten«. Dass es ihm mdglich
wurde, die ganze Anstalt zu einer Gemeinde, auch mit parochialer Selbst&ndig-
keit und mit eigener Anstaltskirche, zu organisiren (1886), ist sein Stolz und
seine Freude gewesen. So liegt er nun auch nahe am hohen Chor, der Apsis
seines mit aller Liebe erbauten und gehtlteten Kirchleins begraben, nach
einem rtthrenden »letzten Willen«, den er selbst im Bezug auf sein Begrabniss
bereits im Jahre 1887 aufgezeichnet hat.
Neben seiner fruchtbaren Anstaltsarbeit hatte auch die Sache der Heiden-
mission, des lutherischen Vereins, die Gnadauer Oster- und die Berliner
August-Conferenz in ihm einen warmen Freund und lebhaften Forderer, der
indess nicht selten bei seiner ausgepragten Personlichkeit auch die ihm nachst-
stehenden Gesinnungsgenossen verletzen und zurtickstossen konnte. Daneben
wird seine Hterarische Thatigkeit, der die » Blatter vom Lindenhofe* sowie die
Schafersche »Monatsschrift ftir Innere Mission^ manchen Beitrag verdanken,
sein Andenken fortleben lassen.
Vgl. Karig in »Fliegende Blatter a. d. rauhen Hause« 1899 S. 327—336; 348—258.
M. v. Nathusius in »Bl&tter vom Lindenhofe« XVI. S. 24 — 33.
Kohlschmidt.
128 Ockert. Ktthn.
Ockert, Carl, Thiermaler, * i. Mai 1825 zu Dresden, f 18. Juli 1899
in Miinchen. Sohn eines Kgl. Wildmeisters, besuchte die Akademie seiner
Vaterstadt, hospitirte an verschiedenen Kunststadten und verblieb schliesslich
seit 1854 in Miinchen. Durch die sorgsamsten Naturstudien bildete er sich i
zum treuen Darsteller der jagdbaren Thiere Deutschlands und der Alpen,
wobei jedesmal die landschaftliche Umgebung in cbarakterischer Stimmung
mitwirkte. Sein Repertoire umfasste Baren und Wildschweine, Hirsche, Rehe
und Hasen, Ftichse, Enten, Schnepfen und Hiihner, Murmel thiere (No. 20
Allgem. Familien-Ztg. 1875) und Wildkatzen. Ein grosses »Jagdalbum« mit
trefflichen Reproductionen von O.'s Bilder erschien in 36 Blattern bei Hanf-
stangl (Miinchen 1867).
Maillinger, Bilder-Sammlung III. 1261 ff. Fr. v. Bfltticher, Malerwerke. 1898. S. 170.
Hyac. Holland.
Kiihn, August Friedrich Karl, Dr. phil., Lie. theol., Kirchenrath, Ober-
Consistorialrath und Pastor emeritus, * 10. Miirz 18 13 in Billeben (Schwarz-
burg-Sondershausen), f 3. August 1899 in Sondershausen. — Obwohl Sohn
eines wackeren Thtiringer Pfarrers, scheint K. doch zunachst noch ohne
eigentlich inneren Beruf dem Studium der Theologie in Halle sich zugewandt
zu haben. Nach Verlauf seiner akademischen Jahre nahm der Dreiundzwanzig-
jarige (1836), wie damals tiblich, eine Hauslehrerstelle an und zwar in Stenne-
witz in der Mark Brandenburg. Hier kam er, angeblich »unbefriedigt von dem i
Hallenser Rationalismus«, zu dem Entschluss, der Theologie Valet zu geben j
und Philosophic zu studiren. So wurde er in Berlin ein begeisterter Schuler '
Trendelenburgs und promo virte 1843 m *t einer Dissertation iiber Platos I
Dialektik zum Dr. phil., um sich ein Jahr darauf bei der philosophischen
Facultat in Halle zu habilitiren. Er hat dort Vorlesungen liber Psychologic,
Logik und Religionsphilosophie gehalten. Tholucks Einfluss aber, in Ver-
bindung mit Einwirkungen, die er in einem Berliner Kreise junger christlich
gerichteter Manner, insbesondere von seinem nachmaligen Schwager, dem
Maler Pfannschmidt, empfing, flihrte ihn zu Theologie und Kirche und ins
geistliche Amt zurUck, so dass er sich 1848 der zweiten theologischen Prtifung
unterzog, und nachdem er dieselbe mit dem Pradicat »Ausgezeichnet gut«
bestanden, das Pfarramt in Bellstedt und Thttringenhausen Ubernahm. 39 Jahre
lang, bis 1887, ist er dortselbst verblieben, allerdings unter vielfach erweiterter
Thatigkeit und mancherlei Ehrungen seitens seines LandesfUrsten: 1859 wurde
er mit dem ihm engbefreundeten Friedrich Zahn, dem nachmaligen ersten
Geistlichen der Schwarzburg-Sondershausener Landeskirche, in das neu errichtete
Consistorium berufen und trat, als dasselbe schon 1865 aufgehoben wurde,
in den daftlr begriindeten Kirchenrath ein. F(ir seine Thsltigkeit in demselben,
insbesondere als Examinator bei den Candidatenprttfungen flir die neutestament-
liche Disciplin und spaterhin flir die Dogmatik, ist bezeichnend das Elogium |
der » Allgem. ev.-luth. Kirchenzeitung« (No. 33 pag. 799): »Er hat seine
rationalistische Heimathkirche wieder in eine lutherische Landeskirche ver-
wandelt.«
In der That hat sich K. als ausserst energischer Vorkampfer eines ex-
tremen Lutherthums bewiesen, so dass selbst die separirten freikirchlichen
I.utheraner Preussens in ihm ihren warmen Freund und Forderer fanden.
Eine seiner ersten praktisch-kirchlichen Schriften ist die 1875 veroffentlichte
tttthn. Hennings. ftambergef. t2^
Broschiire »DieEisenacherConferenz zurVereinigung dergetrenntenLutheraner«;
und ebenso haben seine letzten Bemuhungen eine Versohnung der unter Fuhrung
der Immanuelsynode einerseits und des BreslauerOberkirchencollegiums anderen-
theils recht sehr feindlichen Briider des separirten Altlutherthums anzubahnen ge-
sucht: wenn auch umsonst, soweit es der definitive Bruch von 1899 fur Jahr-
zehnte voraussehen lasst. — Fiir seine Landeskirche hat K. eine neue evan-
gelisch-lutherische Agende, sowie ein neues Gesangbuch mitbearbeitet. Sein
Landesftirst hat ihm durch stufenweise Ernennung vom Consistorialassessor
zum Consistorial- und Ober-Consistorialrath, sowie durch Verleihung des
Fiirstlich Schwarzburgischen Ehrenkreuzes II. Klasse seine Anerkennung be-
zeugt. Irgendwie kirchlich-politische Ehren in weiterem Kreise hat er nie
erstrebt, sein Landpastorat in Bellstedt gentigte ihm, und alles Streberthum
war seiner bei aller schroffen Einseitigkeit durchaus anstandigen Seele hochst
verhasst. Aber dennoch und gerade darum ist er Vielen bis in die Tage
seines hohen Alters ein unvergesslicher, vaterlicher Berather und Forderer
geworden.
Allg. ev.-luth. Kirchcnzeitung No. 33.
Kohlschmidt.
Hennings, Johann, Friedrich, Genre- und Landschaftsmaler, * 16. October
1838 zu Bremen, f 29. Juni 1899 in Munchen, Schiiler von Oswald Achenbach,
bereiste Italien, Hess sich zu MUnchen nieder. Seine Landschaftbilder tragen
bei aller Naturwahrheit doch idealen Charakter, leiden aber durch einen
etwas decorativen Charakter. Insbesondere liebte er Abendstimmungen und
Mondnachte in sehr harmonischer Farbung; als Staffage erscheinen haufig
Herren und Damen, Reiter und Jager in Rococo-Costlimen. Durch ein
wechselreiches Repertoire hielt er sich immer frisch, anziehend und gefallig.
Am haufigsten costlimirte er seine Staffagen im malerischen Stil des vorigen
Saeculums, wozu natiirlich auch immer seine Architektur und landschaftliche
Umgebung passte; doch holte er seine Stoffe auch aus der neuesten Zeit. —
Ein ganz gleichnamiger Maler J. Ferd. Hennings starb, 66 Jahre alt, am
22. Juni 1895 zu Munchen.
H.'s aus fast 300 Oelstudien, Handzeichnungen, Aquarellen und Bleistiftskizzen
bestehender Nachlass wurde mit vielen alterthUmlichen Miibeln, Costtimen, Waffen, Teppichen
und Raritaten am 22. November 1899 durch G. Mossel versteigert.
Vgl. Fr. v. BGtticher, Malerwerke 1895. I, 498. Muller-Singer 1896. II, 159.
Hyac. Holland.
Bamberger, Ludwig, * Mainz 22. Juli 1823, f Berlin 14. Marz 1899,
deutscher liberaler Parlamentarier und Schriftsteller.
Sein Vater betrieb in Mainz einen Tuchhandel und begrtindete spater
ein Bankgeschaft, das noch heute besteht. Unvergleichlich grosser als der
geistige Einfluss des Vaters war der der Mutter, einer geborenen Bischofl's-
heim, die als eine geistvolle Frau geschildert wird.
Beide Eltern waren Juden und B. selbst ist zeitlebens Jude geblieben ;
die Zumuthung, zu einer anderen Religion tiberzutreten, wurde er als eine
hochst ungehorige abgewiesen haben. Aber seine jiidische Abstammung hat
auf seine geistige Entwicklung nicht den geringsten Einfluss ausgetibt. Es
giebt zwei Arten, in denen bei freidenkenden Juden die Abstammung zum
Biogr. Jabrbucli u. Deutscher Nekrolog. 4. Bd. n
130 Bamberger.
Ausdruck zu kommen pflegt. Entweder bleibt an ihrer Art zu denken und
zu schliessen, etwas Talmudistisches kleben; sie lieben, von gegebenen Vor-
aussetzungen aus durch eine Reihe von Syllogismen vorwarts zu kommen,
ohne diese Schlusse durch die Anschauung zu berichtigen. B.'s spaterem
Parteifreunde Lasker war dies in hohem Grade eigen; B. selbst war
davon frei, obwohl er sich in seiner Jugend mit dem Talmud und dessen
Sprache vertraut gemacht hatte. Lasker konnte sich mit Niemandem ver-
standigen, der sich nicht bereit erklarte, seiner Gedankenreihe vom Anfang
an zu folgen; B. hatte eine grosse Geschicklichkeit darin, einen einzelnen Satz
festzustellen, mit dem der Gegner sich mit ihm in Uebereinstimmung befand
und wusste daraus Folgerungen zu ziehen, die zu einem modus vivendi
fiihrten. Die andere Form, von welcher zu sprechen ist, ist die, dass Jemand
auf seine jlidische Abstammung pocht und sich seines viertausendjahrigen
Adels rilhmt. Auch liber eine solche Anschauung hatte B. lediglich gelachelt.
Er hat sich als einen Deutschen gefiihlt, und die Frage, ob Jude oder Christ,
hat ftir ihn keine andere Bedeutung gehabt als die, ob Katte oder Franke.
Uebrigens war die Zeit seiner Knabenjahre noch ganzlich frei von Rassenhass
und B. hat mit gutem Humor erzahlt, wie seine katholischen MitschUler ihn
oft gebeten haben, ihnen beim Ausdenken von Sunden behlilflich zu sein,
wenn sie zum ersten Male zur Beichte gingen.
Als er sieben Jahre alt war, erlebte er die Julirevolution. Seiner kind-
lichen Anschauung fiel auf, einen wie grossen Eindruck das Ereigniss auf die
bis dahin so stillen Kreise machte, in denen er aufgewachsen war, wie man
anfing von der Moglichkeit eines Krieges, von weiteren Umwalzungen zu
sprechen. Der Keim zu Interessen ftir die politischen Angelegenheiten war
in ihm gelegt. Es kam der polnische Aufstand, das Hambacher Fest, die
Thronbesteigung Friedrich Wilhelms IV., die dieses Interesse forderten. Zum
Ueberfluss bekam er Mignets Geschichte der franz6sischen Revolution als
Schulpramie geschenkt, und that so den ersten Blick in die Weltgeschicbte,
die der (ibliche Gymnasialunterricht ihm fern gehalten hatte.
Als er 1842 die Universitat bezog, gehorte er der radicalen Jugend an,
die ftir Herwegh und Borne schwarmte, und von der Ueberzeugung erfiillt
war, dass es ihr beschieden sein wlirde, grosse Dinge zu erleben.
Er studirte in Giessen, Heidelberg und GOttingen. Von den Jugend-
freundschaften die er schloss, sind folgende zu erwahnen. Der Lehrer, der
ihn am meisten anzog, war Heinrich Bernhard Oppenheim, der die akademische
Laufbahn bald aufgab, und sich als geistvollen Publicisten bekannt machte.
Unter seinen Commilitonen schloss Friedrich Kapp die innigste Freundschaft
mit ihm und ist eine ihm congeniale Natur geblieben. Ein Oldenburger
Namens Bulling blieb mit ihm brieflich verbunden und war, als er spat nach
Berlin tibersiedelte, taglicher Gast in seinem Hause. Auch Jacob Moleschott,
einem anderen Fache angehorig, hat lebhaft auf ihn gewirkt und Interesse
ftir naturwissenschaftliche Fragen in ihm wachgehalten.
Im Jahre 1845 bestand er das Examen pro facultate, und nachdem er
zwei und ein halbes Jahr als Assistent thatig gewesen ( war, das Staatsexamen.
Die Aussicht auf eine Advocatur war fern, da in Hessen ein numerus clausus
bestand, die Aussicht auf ein richterliches Amt wegen seines Judenthums aus-
geschlossen. Die Qual einer Berufswahl ersparte ihm die Marzrevolution, die
ihn zum Journalisten und zum Volksredner machte. Am 6. Marz entliess der
Grossherzog von Hessen sein altes Ministerium auf das immer stttrmischer
Bamberger. t$t
auftretende Verlangen des Volkes und bewilligte alle freiheitlichen Forderungen.
Am 8. Marz feierte die Stadt Mainz diese Revolution in einem glanzenden
offentlichen Fest; am 9. Marz besuchte B. den Verleger der Mainzer Zeitung,
eines Blattes, das bis dahin taglich in einem zusammengefalteten Quartblatt
erschienen war, und trug sich ihm als Redacteur an. Das Anerbieten wurde
angenommen, obwohl B. dem Verleger als ein in Zurtickgezogenheit lebender
Mann vollig unbekannt geblieben war. Am 10. Marz erschien der erste Leit-
artikel in dem erheblich vergrosserten Blatt und lieferte den Beweis, dass B.
ein geborener Publicist sei. Nach 37 Jahren konnte er eine Auswahl der
Artikel, die er als ein vierundzwanzigjahriger Mann geschrieben, dem Publikum
von Neuem vorlegen. Ausser den Leitartikeln schrieb er Berichte aus dem
Frankfurter Parlament und besorgte einen grossen Theil der Redactionsarbeiten.
Das Programm der Zcitung war ein sehr einfaches: Ein einiges Deutschland und
zu diesem Behuf die Beseitigung der deutschen FUrsten, welche das Hinderniss
der deutschen Einheit bilden. Ohne Zweifel Hochverrath gegen das Gross-
herzogthum Hessen-Darmstadt. Noch deutlicher trat B. mit seinen Ansichten
hervor, als er am 16. April in einer Volksversammlung das Wort ergriff und
eine Resolution fur die Annahme der republikanischen Regierungsreform durch-
setzte. Er rief freilich dadurch Gegenwirkungen hervor, die ihn nothigten,
schon am 5. Mai sich von der Redaction der Zeitung zuriickzuziehen.
Er siedelte nurrmehr ganzlich nach Frankfurt uber, um als Berichterstatter
iiber das Parlament thatig zu sein und kam hierdurch in vielfache BerUhrungen
mit alien hervorragenden Mannern der linken Seite. Im October nahm er
an dem demokratischen Congress in Berlin Theil und hatte hier mehrfach
scharfe Auseinandersetzungen mit Vertretern der communistischen und an-
archistischen Richtung.
Schon gegenwartig war es ihm klar geworden, dass die Revolution des
Jahres 1848 misslungen sei. Er wollte indessen von der Fahne, die er er-
griffen, nicht lassen. Die Phrasenhaftigkeit mancher Wortftlhrer der Demo-
kratie, die Uneinigkeit in den Reihen der Partei presste ihm bittere Worte
ab, er wollte aber fortfahren, der Sache zu dienen. Nach Mainz zurtickgekehrt,
Hess er sich bewegen, die Redaction der Zeitung wieder zu ubernehmen, da
dem bisherigen Redacteur der Boden zu heiss geworden war. Schon war ef
wiederholt von der Polizei verfolgt worden, und als der Staatsanwalt in Mainz
eine Anklage auf Hochverrath und Landesverrath gegen ihn erhob, erkannte
er, dass seines Bleibens nicht in dieser Stadt sei.
Am 9. Mai verliess er Mainz und betheiligte sich an dem Aufstande in
der Pfalz; der unglilckliche Verlauf dieses Aufstandes zwang ihn, am 22. Juni
die Schweiz als Fltichtling zu betreten, zunachst in Basel, von wo er bald
nach Ztirich iibersiedelte. Seit Monaten schon hatte sich in ihm die Ueber-
zeugung festgesetzt, dass es unmoglich sei, die deutschen Zustande auf dem
Wege der Revolution zu verbessern. Ehrgeftihl hatte ihn bis dahin gehindert,
sich von den Genossen zu trennen, aber jetzt empfand er das Scheitern ihrer
Unternehmungen personlich als eine Erlosung. Er Hess es seine erste Arbeit
in der Schweiz sein, »Erlebnisse aus der PftJzer Erhebung im Mai und Juni
1849 s niederzuschreiben und durch den Druck zu veroffentlichen, in denen
er die strengste Rechenschaft Uber alle begangenen Fehler, die ein Scheitern
zur nothwendigen Folge haben mussten, gab. Er erklarte es ftir eine einfache
Forderung des gesunden Menschenverstandes, sich bis in das Einzelne klar
zu machen, an welchen Fehlern man zu Grunde gegangen sei.
9*
1$± Bamberger.
Nichts in der Welt wurde ihn vermocht haben, ahnliche Wege jemals
wieder zu betreten. Das Treiben unter den Fltichtlingen, die meinten, in
einigen Jahren oder Monaten wiirde man vor einem ahnlichen revolutionaren
Sturm stehen, sah er mit Spott und Verachtung an. Eine journalistische
Thatigkeit wieder aufzunehmen, lag ihm fern. Aber eben so weit war er von
einem schwachlichen Bedauern oder gar Anwandlungen der Reue entfernt.
Von dem Augenblicke an, wo er von den Sorgen urn die Zukunft befreit
war, sah er auf diese Lehr- und Wanderjahre mit vollkommener Heiterkeit
des Gemiiths zuriick. Er hatte nach bester Ueberzeugung und in bester Ab-
sicht gehandelt; er hatte geirrt in einer Zeit, wo sich Niemand ruhmen konnte,
ohne Irrthum davongekommen zu sein. Er hatte die Folgen seiner Hand-
lungen standhaft ertragen und hatte die Erfahrungen, die er gemacht, benutzt,
urn etwas zu lernen. Er hatte nichts zu bedauern.
Die mehrfachen Anklagen, die seitens der Staatsanwaltschaften wider
ihn erhoben wurden, wurden durch Contumacialurtheile erledigt. Am
28. November 1849 wurde er vom Mainzer Schwurgericht wegen einer Rede
liber Robert Blums Tod, in der eine Beleidigung des langst auseinander ge-
jagten deutschen Parlaments gefunden wurde, zu zwei Jahren Gefangniss, am
28. September 1850 wegen Beleidigung der hessischen Armee zu vier Monaten
Correctionshaus, am 21. Marz 1851 wegen Theilnahme an dem Freischaaren-
zuge zu acht Jahren Zuchthaus und endlich im Jahre 1852 vom Schwurgericht
zu Zweibriicken zum Tode verurtheilt. Ob alle diese Urtheile oder auch nur
eines derselben durch einen giiltigen Gnadenact oder Amnestieerlass aus der
Welt geschafft worden ist, hat er nie erfahren; nach dem Jahre 1866 fragte
man nicht danach.
Diesen wirkungslosen Strafurtheilen steht eine eben so wirkungslose Ehren-
bezeugung gegeniiber. Er wurde am 12. Juni 1849 in einem allerdings sehr
formlosen Verfahren, aber mit grosser Stimmenmehrheit an Stelle von Zitz,
der sein Mandat flir Mainz niedergelegt hatte, in das Stuttgarter Rumpfparla-
ment gewahlt. Eine Prlifung der Gliltigkeit dieser Wahl hat nicht statt-
gefunden.
Die Sorge fur die Zukunft drtickte um so mehr auf ihn, als er schon
seit Jahren im Brautstande lebte. Als zwanzigjahriger Student hatte er in
Heidelberg mit einer nur drei Jahren jlingeren Cousine, Anna Belmont, em
Verlobniss abgeschlossen, allerdings ohne die Genehmigung der Eltern. Der
Vater der Braut war ein reicher, aber geiziger und starrer Mann, der getrennt
von der Frau und in Feindschaft mit ihr lebte, und die Tochter, das einzige
Kind, hart behandelte. Bei seinem Widerspruch konnte das Liebesbiindniss
in ein Eheblindniss erst verwandelt werden, nachdem die Tochter das fiinf-
undzwanzigste Lebensjahr beendigt hatte. Die Trauung wurde am 5. Mai
1852 in Rotterdam vollzogen, nachdem grosse Schwierigkeiten zu uberwinden
waren, denn der heimathlose Fliichtling konnte nicht leicht die nothigen Legi-
timationspapiere beibringen. Sie war eine durch Geist und Schonheit hervor-
ragende Frau. Die Ehe wurde 1874 durch ihren Tod gelost. B. nennt das
Btindniss, das kinderlos geblieben war, reich an Freuden und noch reicher
an Leiden. Er hat seiner Frau stets eine leidenschaftliche Liebe und nach
ihrem Tode ein inniges Gedenken gewidmet. Nach seinem Tode fand man
in seinem Nachlass eine Anzahl von Andenken, die er in Verschwiegenheit
aufbewahrt hatte.
Um sich eine Existenz zu griinden, beschloss B. in die kaufmannische
Bamberger. 133
Laufbahn Uberzutreten. Der Entschluss war ihm nicht leicht. Nachdem ihm
als das Ziel seiner Sehnsucht die akademische Laufbahn vor Augen gestanden
hatte, empfand er es als eine Art von Degradation, Kaufmann'zu werden.
In spateren Jahren hat er dartiber anders gedacht; er hat oft den Beruf und
die Thatigkeit des Kaufman ns als eine besonders bevorzugte gepriesen.
Erleichtert wurde ihm der Uebertritt dadurch, dass zwei Brtider seiner
Mutter, Namens Bischoffsheim, als Bankiers thatig waren und sich aus kleinen
Anfangen zu Reichthum herauf gearbeitet hatten. So trat B. noch im Laufe
des Jahres 1849 als Lehrling in die Firma Bischoffsheim, Goldschmidt und
Avigdor in London ein. Im Juli 1850 siedelte er nach Antwerpen tiber, wo
die Firma eine Zweigniederlassung hatte, deren Leitung inzwischen einem
jUngeren Bruder von B. tibertragen war. Da er sich die flir das Geschaft
erforderlichen Kenntnisse schnell aneignete, wurde der Plan entworfen, ihm
in Rotterdam mit einem kleinen selbstandigen Geschafte eine Existenz zu
grtinden; nur zaghaft ging er auf diesen Plan ein, weil er kein voiles Ver-
trauen in seine kaufmannische Fahigkeit hatte. Im September 1851 begann
er mit sehr bescheidenen Mitteln unter der Firma L. A. Bamberger & Co. ein
Bank geschaft und schloss hier, wie schon erwahnt, seine Ehe, musste aber
seinen Haushalt auf einem sehr knappen Fusse einrichten. Das Geschaft ent-
wickelte sich so, dass es ihm einen gesichertenUnterhaltzwar versprach, aber doch
sich wenig ausdehnen wlirde. FUr die geistigen Bediirfnisse aber war in
Rotterdam sehr schlecht gesorgt. Es war flir B. eine Erlosung, als seine
Oheime ihm anboten, nach Paris iiberzusiedeln, wo sie gleichfalls eine Nieder-
lassung besassen, und dort eine Procura anzunehmen. Noch im Spatherbst
desselben Jahres vollzog er die Uebersiedelung und widmete nun seine ganze
Kraft erfolgreich der Firma, sah sich auch nach Ablauf einiger Jahre durch
den Erwerb eines Vermogens belohnt, das sich im Laufe der Zeit stattlich
vermehrte.
Es mag kurz erwahnt werden, dass er sowohl in Antwerpen als in Paris
als ein politischer FlUchtling unter manchen Belastigungen der Polizei zu
leiden hatte, obwohl er sich von politischer Thatigkeit zunachst v&llig fernhielt.
Die erste politische Schrift, die er mit den Erinnerungen aus dem Pfalzer
Aufstand wieder vertifFentlichte, fuhrte den Titel »Juchhe nach Italien!«, er-
schien anonym im Jahre 1859, wurde in einer Frankfurter Officin heimlich
gedruckt und unter einem fingirten Schweizer Verlage in Deutschland ver-
breitet. B. sah in dem Ausbruch des italienischen Krieges einen Wendepunkt
in der Politik, nachdem sich so lange Jahre Stagnation liber Deutschland ge-
lagert hatte. Er war der Ueberzeugung, dass es im Interesse der liberalen
Sache liege, Italien in seinen Bestrebungen, einig und von Oesterreich frei zu
werden, zu untersttttzen.
Mit dieser Anschauung stand er in Deutschland sehr allein; in Slid*
deutschland herrscht eine Begeisterung flir den Gedanken, dass es die Pflicht
ganz Deutschlands sei, Oesterreich gegen den welschen Erbfeind zu unter-
stUtzen. Die bayerische Regierung hatte osterreichischen Truppenabtheilungen
den Durchweg durch bayerisches Gebiet gestattet und an alien Bahnhofen
wurden die Soldaten mit Spenden empfangen. In Norddeutschland war die
Stimmung kiihler; man wollte Oesterreich keine Dienste erweisen, ohne Gegen-
dienste zu empfangen.
B. hatte sich keiner Tauschung dartiber hingegeben, auf wie grossen
Widerstand seine Gedankenreihen stossen wttrden, das hatte ihn aber nur
1^4 Bamberger.
veranlasst, seinen Anschauungen einen urn so scharferen Ausdruck zu geben,
bis an die Grenze des Verletzenden. Dass der unbekannte Verfasser dieser
Schrift flir einen Soldschreiber der franzosischen Regierung und einen Ver-
rather an der deutschen Sache ausgegeben werden wtirde, hatte er vorher-
gesehen und es konnte ihn nicht erschtittern.
Das lebhafte Interesse, welches sich an der italienischen Frage kundgab,
hatte ihn tiberzeugt, dass flir Deutschland die Zeit des Stillstandes und der
Hoffnungslosigkeit mit dem Augenblicke vorilbergegangen sei, wo der Prinz-
Regent von Preussen das Ministerium, das sein Vorganger ihm hinterlassen,
hinweggeschickt hatte. Er beschloss, sich wieder an der politischen Schrift-
steUerei lebhafter zu betheiligen, und bemiihte sich, ein Jahrbuch in das
Leben zu rufen, in dem die Gleichgesinnten sich zu gemeinschaftlicher Arbeit
zusammenfinden konnten. Die Redaction wurde Ludwig Walesrode tiber-
tragen; als Mitarbeiter waren H. B. Oppenheim, Ferdinand Lassalle, Carl
Vogt, Ludwig Simon, Moritz Hartmann, Friedrich Kapp, Adolf Stahr, Carl
Griin und Andere thatig.
Die Frage der deutschen Einheit war wieder erwacht und damit wurde
der im Jahre 1848 geschaffene Gegensatz von Grossdeutschen und Klein-
deutschen wieder lebendig. In Sliddeutschland gab es wenig Leute, die von
der preussischen Spitze horen wollten. Man hatte eine starke Abneigung
gegen das straffe preussische Wesen, und von der wirklichen Kraft dieses
Staates, der 1848 seine Aufgabe verfehlt hatte und 1806 ganzlich zusammen-
gebrochen war, hatte fast Niemand eine Vorstellung. Die Grossdeutschen
traumten von einer foderativen Republik, von einer Trias, von einem Bundes-
directorium und ahnlichen Din gen.
B. hatte zehn Jahre friiher seine Erfahrungen mit der Schwache der
republikanischen Ideen gemacht; hinsichtlich der Untauglichkeit der mittel-
staatlichen Regierungen brauchte er keine Erfahrungen zu machen. So blieb
ihm nur tibrig, auf die preussische Spitze zu hoffen. Leicht wurde ihm das
nicht. Was an dem preussischen Wesen Unliebenswlirdiges haftet, stiess ihn
zurtick wie jeden anderen Sliddeutschen. Seine alten demokratischen Neigungen
waren ihm geblieben; aber sein Kopf stand mit seinem Herzen in Wider-
spruch. Er sagte sich, dass wenn wir nicht durch Preussen zur deutschen
Einheit kommen, wir nie dazu kommen werden.
In diesem Zwiespalt verfasste er eine der originellsten unter seinen
Schriften: »Des Michael Pro Schriftenwechsel mit Thomas Contra aus dem
Jahre i859«. Thomas Contra ist der grossdeutsche Demokrat, dessen An-
sichten seit zehn Jahren nicht den geringsten Wandel erfahren haben, Michael
Pro will die Thatsachen berucksichtigen und von Preussen Zahlungen an-
nehmen, sofern es mit baarer Mtinze zahlt. Den Streit, den Beide mit ein-
ander ftthren, entscheidet der Herausgeber nicht; aber er giebt seine Stellung
dadurch zu erkennen, dass er dem Thomas Contra die grossere Fulle von
Geist und Witz in den Mund legt, aber dem Michael Pro lasst er das
letzte Wort.
Die Schlacht von Koniggratz und der Friede von Nikolsburg gaben nicht
allein dem Thomas Pro, sondern auch dem Verfasser von »Juchhe nach
Italien!« recht. B. trat nun mit noch grosserem Eifer in die Parteibewegung
ein. Zu seinem Organ wahlte er die in Dusseldorf unter Redaction des
»rothen Becker* erscheinende »Rheinische Zeitung^, obwohl deren Standpunkt
sich mit dem seinigen nicht vollig deckte. Er vertrat nicht allein die An-
Bamberger. 135
erkennung der vollzogenen Thatsachen, sondern auch die Ann&herung an die
Regierung, insbesondere durch Bewilligung der von dieser geforderten In-
demnity. Auf Grund der Meinungen, die er verfocht, wurde kurze Zeit spater
die nationalliberale Partei gegriindet. Die Aufsatze, welche er hier schrieb,
hat er bereits im November 1866 unter dem Titel »Alte Parteien und neue
Zustande« gesammelt herausgegeben.
Im darauf folgenden Jahre veroffentlichte er in der in Paris erscheinen-
den »Revue moderne« einen Essay unter dem Titel »Monsieur de Bismarck «,
der 1868 auch in deutscher und 1869 in englischer Uebersetzung erschien.
Seine Absicht war, den Franzosen die Meinung zu benehmen, als sei der
Sieg fiber Oesterreich und die deutschen Mittelstaaten ein Triumph blinder
Reaction gewesen. Aber lehrreich waren seine Auseinandersetzungen auch fur
Deutsche. Er zeichnete den Fiirsten Bismarck als den Aristokraten, der mit
dem Liberalismus zusammengeht, nicht weil er liberate Neigungen hat, sondern
weil sein politischer Instinct ihm sagt, dass er ohne ein gewisses Eingehen
auf liberate Ideen nicht vorwarts kommen kann. Er hat, als spater Bismarck
wiederum mit den Liberalen brach, von dem liber ihn Gesagten kein Wort
zurtickzunehmen gehabt, als sei es nur einer augenblicklichen Aufwallung des
Enthusiasmus entsprungen.
Bald nach der Entscheidung des Jahres 1866 war B. wiederholt zum
Besuche nach Deutschland zurtickgekehrt; im Jahre 1868 loste er seine Be-
ziehungen zu dem Pariser Bankgeschaft und siedelte wieder nach Deutschland
liber, da ihm nunmehr seine Verhaltnisse gestatteten, ausschliesslich von seinen
Renten zu leben. Ursprunglich schlug er seinen Wohnsitz in Mainz auf; so-
bald er sah, dass er dauernd an die Politik gefesselt sein wurde, begrttndete
er einen zweiten Wohnsitz in Berlin, wo er ein kleines villenartiges Haus im
Thiergartenviertel kaufte. Als er spater eine Villa in Interlaken erworben
hatte, in welcher er die Sommermonate zuzubringen pflegte, gab er den
Wohnsitz in Mainz ganzlich auf.
In den constituirenden Reichstag konnte er noch nicht gewahlt werden,
aber in einem von Paris aus datirten Flugblatt wendete er sich in scharfer
Weise gegen den Vorschlag der entschiedenen Demokraten, sich der Wahl zu
enthalten. Als dann etwas spater die Wahlen stattfanden, durch welche die
suddeutschen Staaten den Reichstag des Norddeutschen Bundes zu einem Zoll-
parlament zu erweitern hatten, stellte er seine Candidatur in Mainz auf. Der
Hauptgesichtspunkt seiner Wahlrede war, dass die politische Zerrissenheit
Deutschlands die schwersten wirthschaftlichen Nachtheile im Gefolge gehabt
habe und dass die Erweiterung des Zollparlaments zum Vollparlament das
Ziel der Wtinsche bleiben rniisse. Seine Wahl erfolgte mit 7000 gegen 5400
Stimmen ; ihm stand ein demokratischer Candidat gegeniiber, auf den auch
die Ultramontanen ihre Stimmen abgaben.
Wahrend der Sitzungen, die das Zollparlament abhielt, schrieb er ftir
eine Anzahl von Zeitungen unter dem Titel von »Vertraulichen Briefen« eine
Reihe von Correspondenzen, in denen er wichtige Fragen in zwanglosem Tone
besprach. Er dehnte sie auch auf solche Fragen aus, die vor den Reichstag
gehorten, und bekampfte namentlich den Gedanken, das ganze Strafgesetzbuch
fallen zu lassen, weil Bismarck die Abschaffung der Todesstrafe nicht zugeben
wollte. So reich auch die Nationalliberale Partei an Talenten war, so stellte
sich doch bald heraus, dass B. zu ihren Ftihrern zu rechnen sei.
Der Juli des Jahres 1870 traf ihn zufallig in Paris. Um einige Tage
X36 Bamberger.
frtiher als Andere erkannte er, dass der Krieg von Frankreich unwiderruflich
beschlossen sei und er Hess Winke dariiber nach Deutschland gelangen. Die
freundschaftlichen Beziehungen, die er in Frankreich angekniipft hatte, tauschten
ihn keinen Augenblick dariiber, dass das Unrecht ausschliesslich auf Seiten
Frankreichs sei und dass Deutschland die Aufgabe habe, . den Feind tnit allem
Nachdruck niederzuwerfen. Nach der Vertreibung der Bonapartes wtinschte
Furst Bismarck die Anwesenheit B.'s in Versailles, um von ihm Aufschlusse
fiber einzelne Personlichkeiten zu erhalten, die in der Republik zur Bedeutung
gelangt waren.
Die Versailler Vertrage brachten es mit sich, dass B., als er abernoals
in Mainz gewahlt wurde, nun nicht mehr als Mitglied des Zollparlaments,
sondern des Reichstages einzog. Als sein Mandat 1874 ablief, candidirte er
nicht wieder in Mainz, sondern in Alzey-Bingen und dieser Kreis ist ihm
19 Jahre lang treu geblieben, bis er im Jahre 1893 eine Wiederwahl ablehnte.
Seine Thatigkeit im Reichstage war eine sehr ausgebreitete. Vor Allem
wichtig aber ist seine Wirksamkeit in der Miinzfrage und in der Bankfrage
geworden, wo er dafttr gesorgt hat, die Grundsteine so zu legen, dass das
Haus mit Sicherheit darauf stehen konnte.
Der Bundesrath hatte zunachst im Herbst 1871 einen Gesetzentwurf tiber
die Auspragung von Goldmttnzen vorgelegt, in dem eine particularistische
Richtung zum Siege gelangt war. Die Einzelstaaten suchten von ihrem MUnz-
regal so viel wie mdglich zu retten. Die Einziehung der Landesmlinzen soil ten
aufKosten der Staaten erfolgen, die sie ausgegeben hatten; ebenso sollten die
Miinzen, die das Passirgewicht verlieren wtirden, von den Staaten eingezogen
werden, die sie ausgegeben hatten. B. stellte dem eine Reihe von Gegen-
antragen gegentiber, wonach das Mtinzwesen durchaus Sache des Reiches sein
sollte. Als der erste dieser Antrage, der fur den Augenblick praktisch vtillig
unerheblich war, gefallen war, zog B. seine weiteren Antrage mit der Moti-
virung zurtick, dass nun ein vollig unklarer Zustand geschaffen sei.
Das war ein Waxnungssignal und wirkte als solches. Die Regierung und
der Reichstag wurden aufmerksam darauf, dass B., bis dahin der eifrigste
Forderer der Mtinzreform, die Karten mitten im Spiele wegwarf. Die Re-
gierung, vertreten durch den preussischen Finanzminister Camphausen, lenkte
ein, Lasker nahm die Antrage B.s wieder auf und fiihrte sie ohne erheblichen
Widerstand zum Siege.
Ferner setzte B. durch, dass das Goldsttick von 30 Mark, welches Fiirst
Bismarck lebhaft befUrwortete, beseitigt wurde. Dasselbe lehnte sich eng an
das preussische Thalersystem an, indem es einen Werth von genau zehn
Thalern hatte, durchbrach aber die Reinheit des Decimalsystems. So kam
dieser erste Abschnitt der Mtinzreform zu einem befriedigenden Abschluss.
Als im Jahre 1873 das eigentliche Mtinzgesetz folgte, setzte B. eine
folgenschwere Verbesserung durch. Es wurde das freie Pragerecht (monnayage
automatique) anerkannt; es wurde vorgeschrieben, dass Jedermann, der Barren-
gold auf die Munzanstalt bringt, das Recht hat, zu fordern, dass ihm das-
selbe in Reichsgoldmttnzen umgewandelt wird. Dass hierbei die Pragegebiihr
zu hoch festgesetzt wurde, war ein Fehler, gegen den B. zunachst erfolglos
ankampfte, der aber bald bei einer anderen Gelegenheit verbessert wurde.
Auf andere Antrage einzugehen, die er gestellt und durchgesetzt hat, wurde
ein tiefes Eingehen in die Materie erfordern.
Die Schaffung und Aufrechterhaltung der Goldwahrung war ein Gegen*
Bamberger. 137
stand, der B. besonders am Herzen lag. Im Jahre 1876 schilderte er in
einem Aufsatz, den die Deutsche Rundschau unter dem Titel »Die Ent-
thronung eines Weltherrschers« brachte, warum das Silber als Wahrungsmetall
sich tiberlebt habe. Als die Gefahr einer Goldausfuhr nahe trat, legte er in
einer Schrift »Reichsgold« (1876) dar, warum die MUnzreform nothwendig
gewesen sei, und warum zeitweilige Goldausfuhren ein unvermeidliches Er-
cigniss seien. Als im Jahre 1879 die Regierung die Einziehung der Silber-
thaler sistirte, griff er diese schadliche Massregel scharf an. Den Bestrebungen
der Bimetallisten widerstand er durch jahrlich sich wiederholende Reden im
Reichstage, die jedesmal neue Gesichtspunkte brachten, und durch eine Reihe
von Schriften (»Die Verschleppung der deutschen MUnzreform c, 1882; »Die
Schicksale des lateinischen Miinzbundes«, 1885; »Die Stichworte der Silber-
leute, 1893). Es war ihm vergonnt, vor seinem Tode sein Werk gesichert
zu sehen.
Im Jahre 1874 folgte der Gesetzentwurf liber das Bankwesen. B. hatte
die offentliche Discussion eingeleitet durch eine Schrift: »Die Zettelbank vor
dem Reichstage «. Im Reichstage fungirte er als Berichterstatter der Com-
mission. Er hatte gegen den Entwurf der Regierung Mancherlei einzuwenden;
namentlich missfiel ihm die Contingentirung der Banknoten. Er stellte aber
alle anderen Bedenken hinter einen Gesichtspunkt zurtick. Die Regierung
hatte, aus engherzigen Gesichts punk ten, die Camphausen gel tend machte, sich
geweigert, eine Reichsbank zu schaffen; B. erklarte sie ftlr unerlasslich. Er
siegte nach aufgeregten Scenen im Reichstage mit dieser Anschauung. Er setzte
auch durch, dass die Reichsbank verpflichtet wurde, Gold, das ihr angeboten
wurde, zu einem festen Preise zu kaufen, und auf diese Weise wurde indirect
die tibermassige Pragegebtihr auf einen massigen Satz zurtickgeftihrt.
Im Jahre 1876 schied Delbrtick, bis dahin das Alter Ego des FUrsten
Bismarck, aus seinem Amte. Ein politischer Umschwung ktindigte sich an.
B. hatte bis dahin in alien wesentlichen Fragen auf Seite der Regierung ge-
standen. Im Jahre 1873 hatte er sich sogar gegen die Verleihung von Cor-
porationsrechten an die Gewerkvereine erklart und in einer Schrift: »Die
Arbeiterfrage unter dem Gesichtspunkte des Vereinsrechts«, Ansichten auf-
gestellt, die er in der Zukunft nicht aufrecht erhalten konnte. Auch dem
Erlass des Socialistengesetzes stimmte er noch zu. Dass er dem Jesuiten-
gesetze seine Billigung versagte, war fast der einzige Fall, in dem er sich auf
die Seite der Opposition schlug. Nun aber kam eine Zeit, in der es ihm
Pflicht erschien, an alten Grundsatzen auch im Widerspruch zur Regierung
festzuhalten. Den Uebergang zur Schutzzollpolitik konnte er nicht mitmachen.
Zweierlei Erscheinungen traten zugleich ein. Eine retrograde Wirthschafts-
politik wurde eingeleitet, und um die Untersttitzung des Centrums zu gewinnen,
wurde die kirchliche Gesetzgebung, die seit 1873 geschaffen war, aufgedroselt.
Mit dem letzteren Vorgange konnte man sich einverstanden erklaren, wenn
feste Rechtsgrundsatze geschaffen worden waren, aber statt dessen wurde eine
Politik der discretionaren Vollmachten getrieben. In den Reihen der national-
liberalen Partei brach Missmuth und Spaltung aus. Bennigsen gab sich Mtihe,
die Partei zusammenzuhalten und bei der Fahne der Regierung festzuhalten;
Miquel, der seitdem ganz andere Pfade eingeschlagen hat, unterstiitzte ihn.
Lasker war der Erste, der aus den Reihen der nationalliberalen Partei formell
austrat. Forckenbeck, Stauffenberg und mit ihnen B. folgten ihm. Die Aus-
scheidenden thaten sich zu einer Partei zusammen, die sich officiell die
138 Bamberger.
Liberate Vereinigung nannte, aber im Volksmunde die Secession genannt
wurde. Anfanglich anonym, in den spateren Auflagen unter Nennung seines
Namens trat B. mit einer Schrift hervor, die unter dem Titel »Die Secession «
den Grand der stattgehabten Trennung klarlegte.
Die Angehttrigen dieser Partei haben den Groll des Fiirsten Bismarck
empfinden mtissen und insbesondere B. wurde mit schweren Angriffen bedacht.
Fiirst Bismarck richtete gegen ihn einmal den Ausspruch, er sei ein sujet mixte,
obwohl B. nie ein Staatsbtirgerrecht ausserhalb Deutschlands erworben und
auch als Fltichtling seine deutsch-patriotische Gesinnung nie verleugnet hatte.
Die schwierige Lage, in welche die liberalen Parteien gerathen waxen,
bewirkte, dass im Jahre 1884 die liberale Vereinigung sich mit der Fort-
schrittspartei zu einer freisinnigen Partei zusammenschloss. Der Gegensatz
hatte nie ausgeglichen werden konnen, aber er trat vor der Hand zurlick
gegen die Ubereinstimmenden Ueberzeugungen. Die neue recht zusammen-
geschmolzene Partei flihrte einen erfolglosen aber entschlossenen Kampf gegen
die Schutzzollpolitik, gegen die von Jahr zu Jahr sich wiederholenden Beein-
trachtigungen der Gewerbefreiheit, gegen die Vorlagen der sogenannten Social-
politik, das heisst gegen die Gesetze liber Arbeiterversicherung. Mit dem
Ziele, die Arbeiter gegen die Wechselfalle des Lebens sicherzustellen, war
sie ja vollkommen einverstanden, aber sie beanstandete die Polizeimassregeln,
die sich untrennbar mit den loblichen Gedanken verbanden. In alien diesen
Kampfen stand B. in erster Reihe. Unvergesslich wird bleiben, in welcher
Art er das Gesetz charakterisirte, welches noch heute als »Klebegesetz« be-
zeichnet wird. Frtiher, so ausserte er, habe der Grundsatz gegolten: »Leben
und leben lassen«; jetzt dagegen heisse es: »Kleben und kleben lassen*.
Zu den Kampfen, welche die Partei mit aller Energie aufnehmen musste,
gehorte auch der gegen die Colonialpolitik, deren Bahnen Ftirst Bismarck
jetzt betrat. B. war mit aller Entschiedenheit der Ansicht, dass fur das Ge-
deihen des deutschen Handels der Erwerb von Colonien nicht n&thig sei, da
schon bisher der deutsche Kaufmann im Auslande mit Erfolg gearbeitet habe ;
dass es dagegen ftir das Deutsche Reich, das ohnehin genothigt war, eine so
schwere Waffenrttstung zu tragen, sehr bedenklich sei, sich der Gefahr auszu-
setzen, in Uberseeischen Besitzungen sich einen Nasenstliber zu holen.
Ein Vorgefecht um die Colonialpolitik fand schon im Jahre 1880 statt,
als Ftirst Bismarck den Antrag gestellt hatte, einer Gesellschaft, die sich auf
den Trtimmern des zu Grunde gegangenen Hamburger Hauses Godefroy ge-
bildet hatte, eine Staatssubvention zu gewahren. Der grtindlichen Behandlung
dieser Frage durch B. und seiner Beredsamkeit gelang es, auch die national-
liberale Partei zum grossten Theil zum Widerstande mitzureissen und so das
Gesetz zu Fall zu bringen, das ubrigens, wie nachdriicklich betont werden
muss, mit einem Erwerb von eigentlichem Colonialbesitz nichts zu thun hatte.
Als im Jahre 1887 der Reichstag wegen der Septennatsfrage aufgelost
wurde und sich ein heftiger Sturm gegen die freisinnige Partei erhob, die
zwar keine Forderung verweigerte, aber die Rechte des Reichstages nicht
durch eine Bindung auf lange Zeit verkiimmern wollte, wurde B. in seinem
Wahlkreise Alzey in einem heftigen Kampfe wiedergewahlt; er wurde drei
Jahre spater, als Ftirst Bismarck gefallen war, fast kampflos, aber zum letzten
Male wiedergewahlt.
Im Jahre 1893 trat die Militairfrage noch einmal in den Vordergrund;
diesmal war sie durch Caprivi angeregt, der die zweijahrige Dienstzeit anbot.
Bamberger. 139
Die Freisinnige Partei brach bei dieser Gelegenheit auseinander. Die alten
Fortschrittler verharrten im Widerstande, die alten Secessionisten genehmigten.
B. konnte sich mit Rucksicht auf die Stimmung in seinem Wahlkreise zu
einem zustimmenden Votum nicht entschliessen, und zog es vor, als ein siebzig-
jahriger Mann der parlamentarischen Thatigkeit zu entsagen.
Schriftstellerisch blieb er durch Beitrage fur die » Nation*, die seine Freunde
Barth und Nathan herausgegeben, thatig und hat namentlich den hinterlassenen
Gedanken und Erinnerungen des Fiirsten Bismarck eine eingehende Betrachtung
gewidmet, die unter dem Titel »Bismarck redivivus« erschien.
Im Friihjahr 1898 wurde er von einem Schlaganfall betroffen, der zeit-
weilig eine partielle Lahmung zur Folge hatte, den er aber vollstandig ttber-
wand. Er hat noch ein Jahr lang des Lebens sich erfreut, hat die Genug-
thuung gehabt, seine Lieblingsschopfungen, die Goldwahrung und die Reichs-
bank, gegen alle AngriflFe gesichert zusehen und ist am i4.Marz 1899 eines sanften
Todes gestorben. Auf dem alten jiidischen Kirchhofe in der Schonhauser Allee
zu Berlin ruht er in der »Ehrenreihe« an der Seite seines Freundes Lasker.
B. war eine harmonische Natur, wie sie selten auf Erden erscheinen. Mit
einem schwachlichen Korper hat er es als ein wahrer Lebenskunstler zu einem
Alter von 76 Jahren gebracht; mit einer schwachen Stimme war er einer der
anziehendsten Redner im Parlament, in der Volksversammlung und beim
Nachtisch in festlicher Versammlung.
Goethes Wahlspruch: »H6chstes Gluck der Erdenkinder ist doch die
Personlichkeit« war der seinige. Das Leben hatte ftir ihn Werth, weil er es
mit Anmuth schmiicken konnte. Die Einrichtung seiner Zimmer waren vom
besten Geschmack ; frische Blumen konnte er nicht entbehren. Allen Wissen-
schaften, alien Ktinsten trug er ein warmes Verstandniss entgegen. In tiefster
Seele verhasst war ihm das politische Banausenthum, das fur alle Fragen, die
nicht die politischen Parteikampfe bertihren, kein Interesse hegte.
Die Festigkeit der eigenen Ueberzeugungen hinderte ihn nicht daran,
gegen die Ueberzeugungen Anderer Gerechtigkeit zu liben. Er glaubte an
den Satz von dem zureichenden Grunde und wo ihm eine Erscheinung, die
ihn befremdete, entgegentrat, sp&hte er nach ihren tieferen Ursachen.
Sein Vermogen, das er nach der Beendigung der kaufmannischen Thatig-
keit mitbrachte, hat sich in den dreissig Jahren, die er noch lebte, erheblich
vermehrt, ohne dass er fur den Erwerb thatig war. Im Jahre 1870 betheiligte
er sich noch an der Griindung der Deutschen Bank, hat dann aber jeder Be-
theiligung an Unternehmungen geschaftlicher Art entsagt, um keine Conflicte
mit seinen politischen Aufgaben hervorzurufen.
Im Stillen hat er viel Wohlthatigkeit geiibt, nachdem er die Verhaltnisse
gepruft hatte. Noch mehr ist er ein Wohlthater aller Derer geworden, die
sich mit der Bitte um geistige Forderung an ihn wandten. Seine Musse stellte
er Jedem zur Verftigung, an dem ihm ein geistiges Streben entgegentrat. In dem
Herzen zahlreicher Freunde hat er sich ein unvergangliches Andenken gesichert.
Die kleinen Aufsatze, die er geschrieben hat, beschranken sich nicht auf Politik
und Volkswirthschaft. EinTheil enthalt biographische Schilderungen ; ein anderer
Theil ergeht sich in unerschopf licher Lebensweisheit (iber gesellschaftliche Fragen.
Literatur. Soweit einzelne seiner Schriften im Laufe der Darstellung erwahnt
worden sind, sollen sie nicht noch ejnmal angeftihrt werden, Ftinf Bande »Gesammelte
Schriften <f, die er von 1894 — 1898 herausgegeben hat, enthalten nur eine Auswahl dessen,
was von allgemeinem Interesse ist. Eine Sarnmliing seiner Reden tiber Bank- und MUnz-
X4<) Bamberger. Mailer. Nagel.
fragen bereitet Ctrl Helfferich vor. B. hat Tageblicher hinterlassen, deren Herausgabe wr
Zeit nicbt angangig ist und die Ubrigens nur an wenigen Stellen erhebliche Aufschlfisse
zur Tagesgescbichte enthalten. Ferncr bat er begonnen »Erinnerungen« aufzuschreiben,
die in der fragmentarischen Gestalt, in der sie nacb seinem Tode vorlagen, von Paul Nathan
herausgegeben worden sind. Eine Denkrede auf ibn von Theodor Barth cnth< die
»Nation« vom 18. Mfirz 1899. Die Preussischen JabrbUchcr vom Marz 1900 bringen von
Daniels eine ausfubrliche Charakteristik in AnknUpfung an die Erinnerungen. Otto Hartwig.
Ludwig Bamberger. Eine biograpbiscbe Skizze. Als Manuskript gedruckt. Marburg 1900.
Alexander Meyer.
Miiller, Moriz (senior), Thier- und Jagdmaler, * 8. April 1841 zu Munchen,
f 3 1. Marz 1899 ebendas. Ein Sohn des durch seine effectvolle Beleuchtung
ehedem vielgefeierten Carl Friedrich Moriz Miiller (genannt »Feuer- Miiller « f
* 6. Mai 1807 in Dresden, f 8. November 1865 zu Mtinchen), besuchte das
Gymnasium, dann die Forstschule, wendete sich an der Akademie zur
Malerei, ging dann ausschliesslich zur Jagdmalerei iiber, wodurch er die
Theilnahme aller Waidmanner, insbesondere unter dem hochsten preussischen
und russischen Adel erwarb, der ihn nebst dem Herzog von Coburg, mit
ehrenvollen Einladungen auszeichnete. Seine Verbindung der Thierwelt mit
der entsprechenden Landschaft war immer eine ausserordentlich gliickliche;
auch behandelte er gem verschiedenartige Stoffe als wirkungsvolle Gegen-
stiicke. Zu seinen bekanntesten Bildern gehoren 1876: Ein Kampf ums
Dasein; 1879: Edelwild im Gebirge; 1880: Vereitelte Gemspiirsche ; der
angeschossene Hirsch; 1883: Waidmanns Heil!; Landschaft mit Hirschwild
und mitGemsen; 1889: Angeschossener Fuchs von Hunden gefasst; Hiihner-
hund mit Fasanen; 1890: Rehe im Walde; Saupark vor der Fiitterung;
Verfolgtes Wild; Entwischt (vier Wildenten entfliehen dem beschleichenden
Fuchs); Reineke im Walde; 1891: Treibjagd; Heimkehr; Herausforderung
zum Kampf; Fliehende Gemsen; Streit um die Beute (ein Fuchs zerfleischt
einen Hasen, von hungernden Raben umschwarmt); Hirsche im Walde (von
Hunden verfolgt); 1892: Rehe im Walde (Winterlandschaft) ; Der Konig
der Berge (Hirsch auf einer Anhohe); Edelwild im Hochgebirge; Waldesruhe
(Rehe auf einer Holzlichtung) ; Hochgebirgslandschaft mitGemsen (im Vorder-
grunde zwei kampfende Bficke) u. s. w. Eine grosse Anzahl dieser Bilder
wurde durch Photographie, Holzschnitt und Farbendruck vervielfaltigt. — Ein
gleichnamiger Sohn des Malers hat dieselbe Bahn mit gliicklichem Erfolge betreten m
Vgl. Fr. v. Botticher, Malerwerke 1898. II, 105. Kunstvereins-Bericht f. 1899. S. 75.
Hyac. Holland.
Nagel zu Aichberg, Ludwig von, baierischer Major a. D., Pferdemaler,
* 29. Marz 1836 zu Weilheim, f 8. September 1899 zu Mtinchen. Sohn
eines koniglichen Landrichters, studirte zu Regensburg und Amberg, wo er
ohne eigentlichen Zeichnen-Unterricht schon fruhzeitig durch seine Portraits,
Bilderbogen und Caricaturen Aufmerksamkeit erregte, und, seit 1852 Cadett
beim 5, Chevauxleger-Regiment zu Neumarkt (Oberpfalz;, Soldaten, Reiter
und Pferde zeichnete. Im Jahre 1858 Junker und 1859 Leutnant im
2. Curassier-Regiment zu Landshut gab N. 1862 »Skizzen zum neuen Reit-
system^ heraus, welche von dem damals zufallig in Landshut auf Besuch
weilenden Meissonier ausserordentlich gtinstig beurtheilt wurden, so dass der
NageL Petzl. 141
bertihmte franzosische Maler ernstlich in N. drang, die Militarlaufbahn aufzu-
geben und sich unter seiner Leitung in Paris ganz der Kunst zu widmen.
Dem Wunsch der Familie folgend, blieb N. bei dem erwahlten Beruf, machte
als Oberleutnant den Krieg 1866 mit, zog 1870/71 als Regiments- Adjutant
und Rittmeister nach Frankreich, wurde zum General-Commando Wiirzburg
versetzt, trat aber 1877 in Folge korperlichen Leidens in den Ruhestand.
Hatte er schon aus diesen Feldzligen eine reiche Sammlung von Skizzen und
Studien mitgebracht, wovon eine Auswahl im photographischen Verlag von
Hanfstangl 1872 erschien, so schulte er jetzt sein autodidaktisches Talent
ernstlich unter der Leitung des Prof. Wilhelm von Diez und malte mehrere
kleine Oelbilder und Aquarelle, gab aber doch Palette und Pinsel auf und
wiihlte den seiner Natur am meisten zusagenden Stift des Zeichners und
Illustrators. Ein hochst dankbares Publikum gewann N. durch seine heiteren
Beitrage zu den »Fliegenden Blattern« und den »Munchener Bilderbogen«.
Daraus entstanden die »Militarischen vier Jahreszeiten«, die zuerst unter dem
Pseudonym eines »Van Oos« erschienen, dann der unlibertreffliche »Major
Kreuzschnabel « und andere Militarhumoresken (Text von Carl Zastrow), das
reichhaltige »Nagel-Album«, die »Scenen aus dem Leben der Reiter und
Fahrer«, die insgesammt in Buchform bei Braun & Schneider in vielfachen
Auflagen in die Welt gingen. N. war kein Pferde-, Portrait- und Sportmaler,
er schilderte, ebenso wie der Radirer Johann Adam Klein (1792 — 1875), das
Pferd im Dienste des Menschen, an der fleissigen, mtihevollen Arbeit, zwar
vielfach als Zug- und Lastthier, aber auch verwendet zur Freude, zum ver-
gntiglichen Schmucke des Lebens. Ihm gelangen vorziiglich die Pferdehandler
und Rosstauscher, Zigeuner und Hebraer, das Pferd im Militardienst und
unter der bauerlichen Faust, das Ackerpferd und der gequalte Karrengaul,
das Thier an der Droschke und am Train, am Wasserfasse des Strassen-
spritzers wie unter der leichten Last des Sonntagsreiters, in der Reitschule —
kurz in alien Varianten aus der »guten alten«, der neueren und der allerneuesten
Zeit. Mit derselben Leichtigkeit handhabte N. die Caricatur, wobei er mit
echter Bonhomie sich selbst am wenigsten verschonte (vgl. Fritz von Ostini
im 15. Heft der »Kunst fiir Alle«, 1. April 1892). Dergleichen Prachtleistungen
cursirten sachgemiiss nur im engeren, familiaren Kreise, z. B. bei den »Pappen-
heimern« oder den vergnliglichen »Niederlandern«, zwei costiimirten Gesell-
schaften, in welchen unser KUnstler als die verkorperte Heiterkeit, als eine
unversiegbare Quelle der frohlichsten Laune verehrt und gefeiert wurde. Er
hatte die Gabe, seine ernsten und burlesken Schopfungen, wenn ihre Durch-
bildung ihm auch viele MUhe und beobachtendes Studium kosteten, mit der
anscheinendsten Leichtigkeit hinzuschreiben ; man konnte ihn den Hacklander
unter den Zeichnern heissen. Seine Arbeiten werden ihm noch lange Zeit
ein gutes Andenken sichern. Und dann erst wird man ihn culturhistorisch
behandeln ob der Treue und Wahrheit, womit er seine Zeit erfasst und ab-
geschildert hat.
Vgl. MUller-Singer, Lexikon 1898,111,280. Fr. v. Btttticher, Malerwerke 1898
II, 123. No. 251 »Allgem. Ztg.«, 10. September 1899. »Kunst ftir Alle«, XV. B. 3. Heft
S. 68 vom 1. November 1899 (mit Portrait). Kunstvereins-Bericht f. 1899 S. 76 fT.
Hyac. Holland.
Petzl, Ferdinand, Architekturmaler, * 19. Oktober 1819, f 15. Oktober 1899
zu Mtinchen. Im Hause seines Vaters, eines Geometers an der k. Steuer-
14* Petil.
kataster-Commission, war der Sammelplatz vieler, mehrentheils norddeutscher
Maler, welch e, angezogen von dem alteren Genremaler Joseph Petzl (1803
bis 187 1), mit demselben im regsten Wetteifer schufen. Das Vorbild des
alteren Bruders filhrte auch unseren Ferdinand auf ahnliche Wege. Joseph P.
hatte auf weiten Reisen in Norddeutschland, Danemark und Schweden, am
Rhein und zu Diisseldorf, in Italien, Griechenland und Constantinopel eine
Menge fremdlandischen Materials gesammelt und in sehr gut gezeichneten,
farbenprachtigen Bildern mit grossem Erfolge verarbeitet; er genoss durch
seine frohliche Laune und als Hauptmitwirkender der damaligen Kiinstler-
feste grosses Ansehen. Unter seiner Leitung widmete sich Ferdinand P.,
nachdem er die polytechnische Schule und die Akademie besucht hatte, zu-
erst dem Portrait und malte viele kleine, sorgsam ausgefiihrte Bildnisse, ging
aber bald nach dem Beispiele von Wilhelm Gail, Michel Neher, Quaglio und
Anderen zur Architekturmalerei tiber, wozu er auf vielen Reisen durch Alt-
baiern , Franken , Schwaben, am Rhein, in der Schweiz, Tirol und Oberitalien
die merkwtirdigsten Rathhauser und Kirchenbauten zeichnete und mit der
ihm eigenen Sorgfalt in Aquarellen und Oelbildern zur Darstellung brachte.
Manches erschien auch in Stahlstich, so die Stadte-Ansichten von Donauworth
und Nordlingen in dem »Malerischen Bayern«, welches damals der Buch-
handler Georg Franz in hiibscher Ausstattung herausgab. Fast alljahrlich
brachte P. kleine, anziehende Bilder in den Kunstverein, weiche stets bereit-
willige Kaufer fanden, z. B. eine Partie aus der Martins-Kirche zu Landshut
(gestochen von Poppel 1846); die Georgen-Capelle auf der Trausnitz (1847;
lithographirt von E. Wagner im Konig Ludwig- Album und als Farbendruck
in dem Prachtwerke des K. M. Freiherm von Aretin »Alterthumer und Kunst-
denkmale des Baierischen Herrscherhauses«); die Pfarrkirche zu Dinkelsbtihl
(1848); aus dem Allerheiligenstift zu Schaffhausen (1849); aus Maria Einsiedel
in der Schweiz (1850); aus St. Ulrich in Augsburg (1852); das Stadthaus zu
Ueberlingen; die Stiftskirche zu Ellwangen; der Mtinster zu Ulm (1854); die
Jakobs-Kirche zu Rothenburg (1859); die stattlichen Rathhauser zu Lindau
(1862), Constanz, Nordlingen (1863) und Wetzlar; eine Partie aus Innsbruck;
Stein am Rhein (1864); Stiftskirche zu AschafTenburg (1865); das Rathhaus
zu Bamberg (1868) und der Obstmarkt zu Bozen (als Holzschnitt in der
Gartenlaube 1873 S. 719) mit der Ansicht jenes jetzt vollig umgebauten Gast-
hauses, woselbst Goethe auf seiner italienischen Reise 1786 wohnte, — eine
fiir jeden Goethe-Forscher erfreuliche Abbildung! Von seinen ofters wieder-
holten Studienfahrten nach Oberitalien brachte P. immer reiche Ausbeute, wie
den »Fischmarkt in Venedig« (1870), »Aus dem Innern der Marcus-Kirche* ;
eine Ansicht der Maria della Salute (1872); Erinnerungen an Riva, an den
Domplatz in Trient, einige Palastbauten am Canale Grande (1874), den Hafen-
platz in Torbole und andere Scenerien aus Verona, Belluno und Feltre (1882)-
Ebenso reizten ihn aber auch die malerischen Schonheiten von Alt-Miinchen
mit den jetzt grosstentheils verschwundenen Thoren, Thiirmen und dem ehe-
maligen Winkelwerk der Strassen mit ihrem holperigen Terrain und den
schiefen Hauserfagaden. Seine darauf beziiglichen Bilder mit den cultur-
historischen Staffagen erwarb regelmassig der deshalb gewiss doppelt hoch-
wohllobliche Magistrat und vereinte sie nachmals in dem neuen historischen
Museum der Stadt, wo sie nebst den Bildern von Dillis, I.ebsch^e, A. Seidel,
Anton Hochl u. A. zu jenen Perlen zahlen, weiche ob ihrer diplomatischen
Treue von Jahr zu Jahr an historischem Interesse gewinnen. Ebenso hatte
Petzl. 1 ^ j
er sich das stattliche Bauwerk der altehrwtirdigen Frauenkirche mit ihrem im
Laufe der Jahrhunderte nachgewachsenen Capellenschmuck, welcher durch die
neuere Restauration nur zu bereitwillig aufgegeben und kurzweg vertilgt
wurde, als besonderes Object ftir seine sorgfaltigen Studien, gleichsam als eine
Domane seiner Kunst ausgewahlt. In vielen grosseren und kleineren, in un-
ermudlichem Eifer immer wieder neubearbeiteten Bildern (eine schone Collec-
tion dieser Art erwarb 1867 Konig Ludwig II. ftir die neue Pinakothek) lieferte
P. eine grosse Zahl von Ansichten, denen die alien seinen Arbeiten eigene
Wahrheit in Farbe und Zeichnung nachgeriihmt werden muss. Eine ahnliche
Vorliebe hegte er fur das alterthiimliche Meran und das benachbarte Lana,
wo er, schwelgend in der herrlichen Umgebung, die letzten zwei Decennien
seiner Sommerfrische zu geniessen liebte, bis ein leichter Schlaganfall diesem
harmlosen Vergnligen und damit bald auch der Austibung seiner Kunst ein
Ziel setzte. Die Last der Jahre machte sich plotzlich ftihlbar, nachdem unser
Maler mit dem ublichen Rucksack, Bergstock und Skizzenbuch noch als Zwei-
undsiebzigjahriger den Wendelstein erstiegen hatte. Dann ging es langsam
abwarts. P. war bei aller Einfachheit doch eine complicate, vorwiegend aber
philisterios veranlagte Natur £ la Carl Spitzweg; fur einen Charakterzeichner
wie Hacklander ware P. eine Fundgrube gewesen; Marie von Eben-Eschenbach
hatte in ihm ein unschatzbares Vorbild zu einem neuen, artistischen » Bertram
Vogelweid« gefunden. Neben vielen selbstqualerischen Schrullen, wozu ein
Niefertigwerden und fortwahrendes Aendern und Verbessern seiner Bilder ge-
horte, besass P. als hartgesottener Junggeselle ein angeerbtes Ingenium zu
peinlicher Sparsamkeit und knauseriger Aengstlichkeit fur sich selbst, wahrend
er zeitweise wieder grossmilthig eine offene Hand zeigen konnte. In Summa
aber iiberwogen seine liebenswtirdigen Eigenschaften. In erster Reihe stand
eine unerschtitterliche Wahrhaftigkeit und Treue, die er als Mensch und
Klinstler zeitlebens bewahrte. Er ehrte das Andenken seiner Eltern und Vor-
fahren — darunter der Akademiker und Satiriker Jos. Petzl (1764 bis 181 7);
sein von J. G. von Edlinger gemaltes Bildniss hing immer im Atelier unseres
Kunstlers, auf welchen eine gute Dosis seiner humoristischen Ader uber-
gegangen war. An dem unscheinbarsten Familien-»Urvaterhausrath« klammerte
sich seine pietatvolle Tradition fest. Daneben erfreute er sich einer feinen,
kleinen, sorgsam gehegten und immer erweiterten Galerie von seinen besten
Zeitgenossen. Alterthiimliche Kannen, Humpen, Krlige, Teller und anderweitiger
Atelierschmuck von Kasten und Kastchen, Truhen und Sttihlen vervollstandigten
sein»antiques« Mobiliar, welches miteiner ungeheueren Fiille von Skizzen, Studien,
Photographien und Stichen bei verschiedenen Um- und Ausztigen als liebwerthe,
unverausserliche Last immer neuen Anlass zu Klagen gab, aber jedesmal bereit-
willig mitgeschleppt wurde. Dieselbe Anhanglichkeit bewahrte er alien seinen
Geschwistern, ihren Kindern und alien Verwandten. Er war ein wahrer, mit-
flihlender und theilnehmender Freund. Mit rtihrender Gutmtithigkeit ein Ver-
ehrer und Pfleger der Kunst und ihrer Trager, besass er von alien frliheren
Zeitgenossen, Mitstrebenden und Bekannten ein wahres Conversations-Lexikon
von Erinnerungen, welche er leider nie in Schrift brachte, obwohl er, wenigstens
in Briefen, sehr anmuthig zu schildern vermochte. Er hing mehr an der Welt,
als sie an ihm; der Abschied mag ihm demgemass nicht leicht geworden sein.
Vgl. Das geistige Deutschland 1898. I, 521. Abendblatt 257 »Allgemeine Zeitung«
16. September 1899. Kunstvereins-Bericht fttr 1899. S. 78 ff.
Hyac. Holland.
144 Enderaantt.
Endemann, Wilhelm, Universitatsprofessor fur Civilprozess und Handels-
recht, * 24. April 1825 zu Marburg (Hessen), f 13. Juni 1899 zu Cassel. Sein
Vater, * 6. April 1792 als Sohn des Gymnasialdirectors E. zu Herzfeld, war
Obergerichtsassessor in Marburg, spater President des Obergerichts zu Cassel,
f 6. April 1878 ebenda. Wilhelm E. besuchte 1835 — 43 das Gymnasium zu
Cassel, 1843 — 46 die Universitaten Marburg und Heidelberg, wurde 1846
Referendar, 17. Marz 1853 Amtsassessor in Fulda, 22. Mai 1856 dort Ober-
gerichtsassessor. Zufolge seiner civilprozessualen Arbeiten, in denen er die
damals noch herrschende formale Beweistheorie bekampfte (Archiv f. d. civil.
Praxis Bd. 41, 42 und 43), der Schriften »Das Princip der Rechtskrafu,
Heidelberg i860, und »Die Beweislehre des Civilprozesses«, ebenda i860,
wurde er am 8. Januar 1862 von der Universitat Jena zum Ehrendoctor er-
nannt und bald danach dorthin als Professor fur Civilprozess und Handels-
recht, zugleich als Rath an das Oberappellationsgericht berufen. Er war
1867 — 70 Mitglied der Commission zur Berathung einer deutschen Civil-
prozessordnung, auch Mitglied des Norddeutschen Reichstages und in der
ersten Legislaturperiode auch des Deutschen Reichstages. Auf Antrag der
Bonner juristischen Facultat wurde er am 13. Juli 1875 als ordentlicher Professor
fiir Handelsrecht, Civil- und Strafprozess wie Staatsrecht nach Bonn berufen,
am 4. Juni 1884 zum Geheimen Justizrath emannt und feierte, hochgeehrt
wegen seiner Verdienste um die Wissenschaft und die studirende Jugend, am
24. April 1895 se i nen siebzigsten Geburtstag. Ein Herzleiden nothigte ihn t
die alte Gewohnheit von Bergtouren durch das Siebengebirge, dann auch
seine Berufsthatigkeit einzustellen. Durch Erlass vom 18. December 1895 er-
hielt er vom 1. April 1896 an Entbindung von seinen amtlichen Verpflichtungen
unter Gestattung der Verlegung seines Wohnsitzes und Verleihung eines Ordens.
Er kehrte in die ihm Hebe alte Heimath Kurhessen zuriick und erfreute sich
der glanzenden Laufbahn zweier Sohne, deren alterer, Friedrich, jetzt Pro-
fessor des Civilrechts in Halle, deren jiingerer, Adolf, z. Z. Director der
Hannoverschen Bank in Hannover ist. Er erlag endlich einem Anfall seines
Herziibels. — E.'s Hauptarbeiten gelten dem Civilprozess- und Handelsrecht.
In jener Richtung widmete er, um seine reformatorischen Ideen entwickeln
zu konnen, dem alten Prozess eine Darstellung »Das deutsche Civilprozess-
rechu, 2 Abth., Heidelberg 1867 — 68, nachdem er 1866 im Arch. f. d. civil.
Praxis, Bd. 49, den preussischen Entwurf einer Civilprozessordnung besprochen
hatte. Zu seinem Bedauern gelang es ihm nicht, bei den weiteren Arbeiten
auf diesem Gebiete seinen Anschauungen zu grosserer Anerkennung zu ver-
helfen. Das neue Reichsrecht behandelte er spater in der Schrift »Der deutsche
Ci vil prozess «, 3 Bande, Berlin 1878 — 79, der dann »Das deutsche Concurs-
verfahren«, Leipzig 1889, folgte, auch Beitrage zum »Magazin fur das deutsche
Recht der Gegenwart«, Bd. 5, und zur »Zeitschrift fiir den deutschen Civil-
prozess«, Bd. 4, 12, 15, 18, und »Die Entwicklung des Beweisverfahrens im
deutschen Civilprozess seit 1495*, Bonn 1895. Seiner Geistesrichtung, die
darauf ausging, »den wirthschaftlichen Kern der Dinge zu sehen, der reichen
Gestaltung und freien Bewegung der Wirklichkeit Rechnung zu tragen und
Formalien zur Seite zu schieben« — wie Landsberg in seinem Nekrolog sich
ausdrdckt — , entsprach aber vornehmlich die Beschaftigung mit Handelsrecht.
Er begann hier mit »Mittheilungen und Bemerkungen liber den (Entwurf eines
deutschen Handelsgesetzbuches in seinen drei ersten Buchern«, Erlangen 1858,
vollendete Brinkmanns Lehrbuch des Handelsrechts, Heidelberg i860, schrieb
Endemann. 1^5
>Ueber Geschlossenheit und Zwangsverkoppelung der landlichen Giiter«,
Cassel i860, ein »Landliches WasserrechU, ebenda ii562, verschiedene Artikel
in die Cottasche Vierteljahrsschrift (1859 — 65), endlich ein Lehrbuch dieser
Materie, »Das deutsche HandelsrechU, Heidelberg 1865, 4. Auflage 1887, in
dem er das Recht statt aus wesenlosen Fictionen einer abstracten Schuld-
doctrin auf der Grundlage des wirklichen Lebens aufzubauen versuchte. Mit
mehreren anderen Fachmannern veroffendichte er 1881 — 85 in vier Banden
ein grosses Handbuch des Handels-, See- und Wechselrechts mit eigenen Bei-
tragen ttber die Lehre vom Handel und Handelsrecht in Band I, liber die
Lehre von den Sachen oder Waaren und die Arbeit in Band II, ttber Be-
arbeitung und Verarbeitung in Band III. Dieses Werk erfuhr eine italienische
Bearbeitung von C. Betoccchi und A. Venditti, Napoli 18928*. Die Arbeit
von Joh. Kuntze (iber Wechselrecht gab er unter Mitwirkung von Brachmann
Leipzig 1884 heraus. Ein Ergebniss seiner auf ministeriellen Wunsch in Elber-
feld beziehungsweise Koln gehaltenen Vorlesungen war sein Werk »Das Recht
der Eisenbahnen nach den Bestimmungen des Deutschen Reiches und Preussens«;
Leipzig 1886. Als sein Hauptwerk von bleibendem Werthe sind anzusehen
seine »Studien in der romanisch-kanonistischen Wirthschafts- und Rechtslehre«,
Berlin I 1874, II 1883, in denen er besonders die scholastische Wucherlehre
in alien ihren Verzweigungen darstellte. Als Vorarbeit gehtfrt dazu ein Auf-
satz in B. Hildebrands Jahrbb. flir National 6k onomie und Statistik, Band I,
der Vortrag tiber »Die Bedeutung der Wucherlehre « in der Virchow-Holtzen-
dorff-Sammlung, Berlin 1866. Von einem geplanten grossen Werke ttber den
Zusammenhang von Recht und Wirthschaft erschien »Die Behandlung der
Arbeit im PrivatrechU (Jahrbb. f. Nat.-Oekon. u. Stat. 3.Folge, Bd. 12, 1896;
auch separat). Als weitere Schriften sind zu erwahnen >Die Entwicklung dfer
Handelsgesellschaften* (in der Virchow-Holtzendorff-Sammlung, Berlin 1867,
2. Aufl. 1872); »Die Rechtshttlfe im Norddeutschen Bunde«, Berlin 1869/70;
»Das Btirgerliche Gesetz betr. die Commanditgesellschaften auf Actien und
die Actiengesellschaften vom 11. Juni 1870*, ebenda 1870; »Die Einstellung
des Civilprozessverfahrens zu Gunsten der Militairpersonen«, ebenda 1870;
»Das Gesetz betr. das Urheberrecht an Schriftwerken . . vom 11. Juni i87o«,
ebenda 187 1; »Der Markenschutz nach dem Reichsgesetz vom 30. November
1874*, ebenda 1875; »Die Haftpflicht der Eisenbahnen, Bergwerke . .«, ebenda
1876, 3. Aufl. 1885. Ausserdem zahlreiche Gutachten flir Behorden und Private,
auch ttber den russischen Entwurf einer Wechselordnung, woftir ihm der russische
Stanislausorden 2.Klasse zuTheil wurde. — Als Lehrer war E. in seinemVortrage
klar, anregend und geistvoll; in alien Lagen des Lebens zeigte er sich als einen
scharf ausgepragten Charak ter von grosster Offenheit, in derFamiliealsselbstlosen,
sich aufopfernden Gatten und Vater. In politischer Beziehung war er in Kurhessen
und in den Rheinlandenweithin als eine Sttttze der nationalliberalenParteibekannt;
mitgrossenOpfernvertraterihreSachebisin die 8oer Jahre. Der Niedergang dieser
Partei war ihm eine der schmerzlichstenErfahrungen, ein nie ttberwundenerSchlag.
Nach dem Nekrolog von Ernst Landsberg in der Zeitsch rift fUr den deutschen Civilprozess,
Bd^XXVI, und dem Leitartikel der Bonner Zeitung No. 148 vom 23. Juni 1899, Jurist. Literature
blatt No. 106 vom 1. Juli 1899 (Oetker); — Deutsche Juristen-Zeitung 1899 S. 272. — Krit.
Vschr. X 437 - 741 (Dahn); XII 1— 19 (Bfllow); XVII 444—447 (Zorn). — Goldschmidts Zeit-
schrift I 360; IV 467; VIII 643. — GrUnhuts Zeitschrift II 617—623 (Inama); III 356, 795';
VIII 387 (v. Canstein); XI 483; XVII 356; XXV 195; — Rechtsforschung und Rechtsunter-
richt auf den deutschen Universit&ten, hrsg. von O. Fischer, Berlin 1893, S. 60—62.
A. Teichmann.
Biogr. Jahrbuch u. Deutscher Nekrolog. 4. Bd. XO
146 * Du Prel.
Da Prel, Carl, Freiherr, * 3. April 1839 zu Landshut in Niederbayern,
f 5. August 1899 in Heiligkreuz bei Hall in Tirol, Kgl. bayerischer Haupt-
mann a. D., erblicher EhrenbOrger der Stadt Freiburg i. d. Schweiz, philo-
sophischer Schriftsteller, Dr. phil. der Universit&t Tubingen. — Der franzosisch
klingende Name der Familie Du Prel ist auf ihre burgundische Abstammung
zuriickzufuhren. Das alte Adelsgescblecht wurde spater in Luxemburg an-
s&ssig. Als Carl D. P. als der zweite Sohn des Advocaten Max Frhrn. D. P.
in der ehemaligen bayerischen Universitatsstadt Landshut geboren ward, war
die Familie jedoch langst gut deutsch geworden. D. P. war schon als Offi-
cier ein gltihender deutscher und bayerischer Patriot, jedoch ohne particula-
ristische Anwandlungen, und, wenn man will, kann man hochstens in dem
feinen Witz und Esprit, sowie in seiner von Kindheit auf trefflichen Be-
herrschung der franzosischen Sprache in Wort und Schrift Spuren der fremden
Abstammung der Familie erblicken. Als der kleine Carl fiir das Gymnasium
reif wurde, tibersiedelte die Familie nach Miinchen, wo er das Kgl. Ludwigs-
Gymnasium besuchte und Aufnahme in der Kgl. Pagerie fand. Fiir den Vater
D. P.'s stand es natiirlich fest, dass sein Carl wie auch zwei andere Sohne —
ein vierter fiel im grossen Jahr 1870/71 — Jurist werden miisse, und Carl bezog
denn auch 1857 die Milnchener Universitat, wo er zwar juristische Facher,
daneben aber auch philosophische horte. Mit den ersteren konnte er aber
sich so wenig befreunden, dass er, als ihm die Eltern keine andere »standes-
gemasse« Wahl liessen, zwei Jahre spater, als 1859 Bayern vortibergehend
mobilisirte und er als absolvirter »Page« den Vorzug haben konnte, gleich
Officier zu werden, kurz entschlossen die militarische Laufbahn ergriff. Er
trat als Leutnant ins 2. Infanterie-Regiment und lag meist in pfalzischen
St ad ten (Landau, Germersheim), spater auch in Miinchen in Garnison. D. P.
hat zwei Feldzilge mitgemacht: im Jahre 1866 focht er in der fiir Bayern
ungliicklichen Schlacht bei Kissingen und wurde Oberleutnant, und 1870/71
wurde dem Hauptmann seiner Sprachkenntnisse wegen das Depot franzosischer
Gefangener in Neuburg a. D. (ibertragen.
Nach dem Feldzug nahm D. P. seinen Abschied: theils seiner immer
etwas zarten Gesundheit wegen, theils aber um sich nun riickhaltlos seinen
Lieblingsstudien widmen zu konnen. Dass active und pensionirte Officiere
auch wissenschaftliche Neigungen haben, ist zwar im heutigen Deutschland
keine Seltenheit mehr, aber selbst heute mag es nicht alle Tage vorkommen,
dass ein blutjunger Leutnant mit Begeisterung Philosophie treibt und durch
seine Erstlingsschrift sich den Doctorhut erwirbt. In diesem kleinsten Leutnant
der Armee aber paarte sich Humor, muthige Entschlossenheit und ernster
wissenschaftlicher Sinn in seltenstem Grade. Schon als junger Officier hielt
sich D. P. zu gleichstrebenden Freunden, die sich zu einem Bund, der »Arkas«
hiess, zusammengefunden hatten. Man vereinigte sich in einer Weinstube zu
ernsten Discussionen und Debatten, sowie zu frohlichem Scherz. Dort fanden
sich Robert v. Hornstein, ein Schtiler Rich. Wagners und Schopenhauers,
Heinrich N06, Martin Greif, Adolf Bayersdorfer u. A. ein — Freunde, die
dem Philosophen und Menschen auch durchs fernere Leben treu verbunden
blieben. FUr das Leben der Grossstadt, fiir die grosse Gesellschaft hatte
D. P. zeitlebens keinen Snn; der Verkehr mit wenigen guten Freunden, mit
eben solchen Blichern und die unerschopfliche Schonheit der Natur ftillten
ihn ganz aus. Damals huldigte er noch einer regen Wanderlust, die ihn
spater zum Nachtheil seiner Gesundheit vollig verliess. Im Januar 1874,
i
Du PrcL 147
also im Winter, ging er mit Freund Nod zu Fuss tiber die Tauern nach
Venedig. So hat er Tirol, Dalmatien, Montenegro und Italien durchwandert
und was er gesehen, in einem heute mit Unrecht vergessenen Buche »Unter
Tannen und Pinien* (Berlin 1875) niedergelegt, dessen Naturschilderungen
hinter denen seines Freundes Nod nicht zurttckstehen. Die erste Schrift
jedoch, die er uberhaupt drucken liess, wurde zugleich zur merkwiirdigen
Vorbedeutung fiir die ganze Richtung seines spateren Lebens. Im Mai 1868
war in der Cottaschen Vierteljahrsschrift eine kleine Schrift »Oneirokriti-
kon, der Traum vom Standpunkt des transcendentalen Idealismus« von ihm
erschienen, die dem Oberleutnant den Doctor philosophiae der Universitat
Tubingen eintrug. Die scharfsinnige Untersuchung Uber das Wesen des
Traumes wurde fur ihn, fast 20 Jahre spater, zur Pforte, durch die er sein
eigentliches Arbeitsfeld betreten sollte. Vorerst aber schrieb er Kritiken eben
erschienener philosophischer Bticher, und die damalige Blttthezeit der Philo-
sophic des Unbewussten riss ihn mit einem Male mitten in die Tagespolemik
hinein. Mit seiner frischen, humorreichen Schrift »Der gesunde Menschen-
verstand vor den Problemen der Wissenschaft; in Sachen J. C. Fischer
contra Eduard von Hartmann* (Berlin 1872) ergrifF er entschieden Partei ftir
letzteren und erregte dadurch das erste Aufsehen. Hartmann aber bedeutete
ftir D. P. nur einen Uebergang; er hielt sich lieber an das so unvergleichlich
hohere Vorbild, . an Schopenhauer, an dessen klarem classischen Stil er sich
auch gebildet hat.
D. P. hat immer und immer wieder darauf hingewiesen und legte im
Angesicht seiner zahlreichen Gegner auch das grOsste Gewicht darauf, dass er
durch die Naturwissenschaft zur Philosophic gekommen sei. In der That
bildet die Grundlage seines ganzen spateren Schriftthums die naturwissen-
schaftliche Periode, die bei ihm Anfang der 7oer Jahre beginnt und deren
erste grosste Frucht das Buch »Der Kampf urns Dasein am HimmeU
(Leipzig 1873) die Aufmerksamkeit der wissenschaftlichen Welt zum ersten
Male und am entscheidendsten auf ihn gelenkt hat. Sie ist auch zugleich
die einzige seiner Schriften geblieben, die drei Auflagen erlebt hat; die dritte,
stark vermehrt, erschien unter dem Titel »Entwjcklungsgeschichte des
Wei tails, Entwurf einer Philosophic der Astronomies (1882). Hier und
noch mehr in der erganzenden, kleineren Schrift »Die Planetenbewohner
und die Nebularhypothese, neue Studien zur Entwicklungsgeschichte des Welt-
alls* (1880) versucht D, P. mit grosser KUhnheit und genialem Scharfsinn,
die Darwinsche Theorie Uber die Erde hinaus auch auf die ubrigen Welt-
korper, auf das ganze Weltall auszudehnen und so die natlirliche Auslese als
ein fiir das Universum geltendes Gesetz nachzuweisen. Die dazumal streng
materialistische Wissenschaft fand nur an dem ersteren Werke ausserordent-
lichen Geschmack, sodass sich sogar der Popularphilosoph Ludwig Btichner
veranlasst fand, Motti daraus fur sein Buch »Kraft und Stoff« zurechtzumachen,
die er in den spateren Auflagen freilich wieder fortliess, denn die Uberaus
klihnen Hypothesen der » Planetenbewohner « hatten ihn wie die Anderen
dartlber belehrt, wo D. P. hinaus wollte.
Fast gleichzeitig wie in seinem SchafFen war auch in seinem Leben ein
Wendepunkt gekommen. Von 1876 — 1879 hatte D. P. zumeist in Brixen an
Eisack sich aufgehalten. Dort lernte er seine spatere Frau, eine junge Wittwe,
kennen, deren gtinstige Vermogensverhaltnisse iKm ermoglichten, ohne jede
Rlicksicht auf s Geldverdienen zu studiren und zu schreiben. Und das war,
10*
148 Du PrcL
da sich seine Frau auch ausserdem seiner Sonderart aufs Glticklichste anzu-
passen verstand, flir ihn ein umso grosseres Glttck, als der ideal gesinnte,
den praktischen Lebensanforderungen vielfach mit naiver Verwunderung gegen-
iiber stehende, filr sich personlich allerdings ausserst anspruchslose Philosoph
weniger als jeder Andere fahig gewesen ware, um des Geldes willen zu philo-
sophiren — ganz abgesehen davon, dass dies in Deutschland noch weniger
als anderw&rts Aussicht auf Erfolg hatte. Das Geld schatzte er nur, insofern
es ihm die Moglichkeit bot, Gutes zu thun — denn D. P. war »edel, half-
reich und guU durch und durch — und eine in ihrer Art einzige Bibliothek
zusammenzubringen. Wenn er sich noch mehr wtinschte, so war es immer
nur, um im grttsseren Massstabe experimentiren und so, wie er glaubte, die
praktischen Beweise filr seine Philosopheme zu erbringen. Er war darin von
einem unversieglichen enthusiastischen Optimismus und scheute frliher wenigstens
nicht leicht eine Reise, die ihn mit einem bertihmten > Medium* zusammen-
brachte. Seine Frau nahm an seinen Bestrebungen regen Antheil und wurde
jedenfalls friih schon mit ihnen vertraut, entstanden ja die »Planetenbewohner«
gewissermassen auf der Hochzeitsreise! Dasselbe Jahr zeitigte aber noch eine
Schrift auf asthetischem Gebiete, das er spater trotz seiner Erfolge nie mehr
betreten hat: seine »Psychologie der Lyrik, Beitrage zur Analyse der
dichterischen Phantasies (Leipzig 1880). Aus der Lyrik der letzten Jahrzehnte,
insbesondere aber seines Freundes Martin Greif, tragt das kleine Buch Bei-
spiele zusammen, um darauf eine tiefgriindige Untersuchung tlber die noch
dunklen Vorgange beim dichterischen Schaffen der Psyche anzustellen. Leider
ist D. P. nie mehr auf dieses Thema zurilckgekommen, flir das er eine ent-
schiedene Begabung mitgebracht hatte. Eine nur durch Studien ausgefttllte
Pause von fast flinf Jahren bereitet nun sein erstes Hauptwerk vor, dem, wie
oben bemerkt, schon die Dissertation »Oneirokritikon« gewissermassen das
Prognostikon gestellt hatte. Die unmittelbare aussere Veranlassung, dass sich
D. P. mit den noch wenig erforschten geheimnissvollen Vorg&ngen der mensch-
lichen Seele, mit Hypnotismus, Somnambulismus und Spiritismus, die er spater
unter den Namen Occultismus und Mystik — Beides nicht ganz zutreffende
Bezeichnungen in Ermangelung besserer — zusammenfasste, zu beschaftigen
begann, erzahlt er selbst in einem an Carl Kiesewetter, den inzwischen jung
verstorbenen Verfasser der gross angelegten »Geschichte des Occultismus*,
gerichteten Briefe: » Den A ns toss gab ein Erlebniss in Germersheim schon als
Leutnant, wovon meine Promotionsschrift ,Der Traum vom Standpunkt des
transcendentalen Idealismus' berichtet. Philosoph wurde ich durch Schopen-
hauer, den ich noch immer sehr verehre. Hartmann hat nur insofern Einfluss
gehabt, als er in der ,Philosophie des Unbewussten 1 das Thor in die dunkle
Grotte aufthat, in die ich eintrat, aber etwas ganz Anderes fand als er. Dann
studirte ich Darwin, fand, dass sein Princip der indirecten Auslese des Zweck-
massigen allgemeiner Verwerthung tiber die Biologie hinaus erheische, wendete
es auf die Astronomie an (Entwicklungsgeschichte des Weltalls). Die letzten
Probleme der Astronomie behandelte ich in einer eigenen Schrift (Planeten-
bewohner) und damit stand ich zu meinem eigenen Erstaunen vor der eigent-
lichen Mystik. Ich wollte dann den Spiritismus studiren, fand, dass er isolirt
nicht studirt werden kann, Hess ihn liegen, studirte Magnetismus und Somn-
ambulismus, d. h. das Hineinragen des Menschen in die Geisterwelt statt
des Hereinragens der Geisterwelt in die unserige. Meine Experimente in
Wien (,Probleme fUr Taschenspieler') brachten mich wieder auf den Spiritis-
Du Prel. 149
mus. Es fehlte mir aber das Geld zu Experimentiren, daher die vorwiegend
philosophische (theilweise historische) Behandlung des Gegenstandes.« D. P.
1st also, was er immer wieder gern betonte, von den Naturwissenschaften aus-
gegangen und hat auch in seinen ktihnsten Hypothesen seine grttndliche wissen-
schaftliche Vorbildung niemals verleugnet. Zu einer Zeit, als die medicinische
und forensische Bedeutung des Hypnotismus von der Wissenschaft noch nicht
anerkannt wurde, wenigstens in Deutschland noch nicht, verfasste D. P. seine
kleineren Schriften »Das hypnotische Verbrechen und seine Entdeckung«
(Miinchen 1889) und » Professor Dr. C. Mendel in Berlin und der Hypnotis-
mus* (mit Dr. Gerster, Leipzig 1890). Wohl hat er spater erlebt, dass nicht
nur seine Theorien anerkannt, sondern bei den Gutachten hypnotisirender
Aerzte in sensationellen Processen auch zu praktischer Anwendung kamen, nicht
aber hat er erlebt, dass dabei je seines Namens gedacht wurde. Er war sich
genau bewusst, dass er zu Zeiten mit den dummglaubigsten Spiritisten in
einen Topf geworfen wurde und dass seine Glaubwlirdigkeit selbst in ganz
gewohnlichen naturwissenschaftlichen und philosophischen Fragen nur deshalb
perhorrescirt wurde, weil sie der » Spiritist* D. P. ftir sich beanspruchte. Er
besass Sinn ftir Humor und so machte er denn einmal mit Vorwissen einiger
vertrauter Freunde ein Experiment darauf, das er, nachdem es (iber Erwarten
gelungen, spater aufdeckte. Er schrieb einen Aufsatz astronomischen Inhalts
»Das Rathsel der Kometen«, der (im Februar 1894) in Hardens »Zukunft«
erschien, aber unter dem Automamen Charles d'Arloz. Sonst hatten ihn die
Fachleute nicht gelesen und nicht vorurtheilslos beurtheilt. Er wollte gerade
durch einen streng astronomischen Artikel beweisen, dass er vom Causalitats-
gesetz »allerdings eine Ahnung« habe. Sein Artikel wurde in der Socidt6
Astronomique de France (Bulletin trimestriel 1894 IV) vorgetragen, in der
astronomischen Zeitschrift »Sirius« (1894 4. Heft) nachgedruckt und im 8. Heft
derselben Zeitschrift von einem Fachmann besprochen, endlich erhielt D. P.
sogar den Antrag eines Verlegers, die ganze Astronomie in derselben Weise
zu behandeln. »Ware von all dem etwas geschehen* — ruft er in bitterem
Humor aus — »wenn mein wirklicher Name darunter gestanden hatte? Ich
glaube es nicht. Indem ich aber nun die Maske fallen lasse und mich als
Verfasser jenes Aufsatzes bekenne, benehme ich meinen Gegnern die Moglich-
keit, meine spiritistische Ueberzeugung aus naturwissenschaftlicher Unkenntniss
zu erklaren und mtissen sie nach einer anderen Ausrede suchen. Ich schlage
denselben die Hypothese der lichten Momente vor, die mir ein gtltiges Geschick
noch gelassen habe, so dass ich abwechselnd an geraden Tagen lesenswerthe
Aufsatze, an den ungeraden aber allerdings baren Unsinn schreibe.«
Sein erstes grosses Hauptwerk »Die Philosophic der Mystik« (Leipzig
1885), das auch ins Englische libersetzt worden ist, es aber bis heute nicht
zu einer zweiten Auflage gebracht hat, obwohl es vielleicht das Geistvollste
und Bleibendste ist, was er geschrieben, ist von Spiritismus ganzlich frei: es
nennt weder Wort noch Sache. Es bildet aber die Grundlage der ganzen
Du Prel f schen Philosophic, indem es, vom Traumleben und Somnambulismus
ausgehend, in einer Sprache von wahrhaft durchsichtiger Klarheit die klihnen
Grundlinien zu einem in die Wolken sich verlierenden Bau philosophischer
Speculation zieht, in denen er selbst den Widerwilligsten durch die strenge
Logik seiner Gedankenfolge bis*zuni Schlusse zu fesseln und mit sich fort-
zureissen weiss. Die Gegner, die ihm frlih erstanden, mehrten sich rasch mit
dem Erscheinen der sich schnell aufeinander folgenden weiteren Btlcher:
1 JO Du Prel.
»Die monistische Seelenlehre* (Leipzig 1888), »Die Mystik der alten
Griechen« (Tempelschlaf — Orakel — Mysterien — Damon des Sokrates),
welch letzteres ihm die Fachphilologen auf den Hals hetzte, aber auch von
seiner stupenden Belesenheit zeugte, die er in den Dienst seiner Sache zu
stellen verstand, »Studien aus dem Gebiete derGeheimwissenschaften*,
2 Theile (Leipzig 1890/91), »Die Entdeckung der Seele«, 2 Bande (Leipzig
1894/95), und »Die Magie als Naturwissenschaft* (Jena 1899, 2 Theile).
Daneben entstanden in Zeitschriften zahlreiche kleinere Arbeiten didaktischen
und polemischen Inhaltes, aber auch zur Verbreitung seiner Ideen in popularerer
Form, so die beiden 1892 und 1893 bei Reclam (Leipzig) erschienenen
Schriftchen »Das Rathsel des Menschen* und »Der Spiritismus* und
Gelegenheitsschriften wie die zum Kerner-Jubilaum: »Justinus Kerner und
die Seherin von Prevorst« (mit Zeichnungen von Gabriel Max, Leipzig 1886),
die Vision »Das weltliche Kloster« (1885) und andere, aber auch der in
zwei Auflagen bei Cotta (1891) erschienene hypnotisch-spiritistische Roman
»Das Kreuz am Ferner*, der zwar rein didaktische Zwecke verfolgt, aber
auch dem unbefangenen Leser durch die geschickt gesteigerte Handlung und
die bliihende Pracht seiner Naturschilderungen imponirt. — In den Jahren
1872 und 1873 gab D. P. zuerst in der (Wiener) Deutschen Zeitung die Briefe
Schopenhauers an Adam von Doss heraus, die dann von Schemann und von
Grisebach in ihre Sammlungen libemommen worden sind. Die letzte Schrift,
die aus seiner schon miiden Feder floss: »Der Tod, das Jenseits, das
Leben im Jenseits« (1899, 119 S., im Selbstverlag) ist zu seinem ahnungs-
vollen Testament geworden. Er hat sie und die von seinen Anhangern fest-
lich begangene Feier seines 60. Geburtstages nur um wenige Monate iiber-
lebt. — Ein unbestreitbares Verdienst um einen iiberragenden Vorganger, um
Kant, hat sich D. P. durch die Wiederentdeckung der so gut wie ver-
schollenen, 1821 von Poelitz herausgegebenen aVorlesungen tiber Metaphysik*
Kants erworben. Hatte er sie nicht mit einer Einleitung »Kant als Mystiker«
und mit Nennung seines Namens neu herausgegeben (1889), so ware sein
Verdienst vielleicht nicht theils bestritten, theils todtgeschwiegen worden.
Seine Verwegenheit, Kant als Metaphysiker, ja als Vorlaufer des Spiritismus
zu reclamiren auf Grund eben dieser Vorlesungen, insbesondere des Capitels
» Psychologies und der vielumstrittenen Schrift »Traume eines Geistersehers« f
wiirde vielleicht etwas nachsich tiger zu beurtheilen sein, wenn man bedenkt,
class selbst ein so unverdachtiger Mann der zlinftigen Philosophic wie Friedrich
Paulsen in seinem Buche tiber Kant, wohl dem besten, das wir haben, gegen-
iiber der Mehrzahl seiner Fachgenossen den positiven Metaphysiker in Kant
neben dem negativen »Kritiker« wieder zu Ehren gebracht hat.
I)u Prel hat unter dem krankenden Todtschweigen durch seine zahlreichen
Gegner mehr gelitten als unter ihrer Kritik. Die letztere freute ihn vielmehr,
denn er flihrte eine tapfere und gewandte Klinge und focht mit Eleganz auch
mit dem unbedeutendsten Gegner, solange er davon (iberzeugt blieb, dass es
auch diesem nur um die Wahrheit zu thun war, denn strenge Wahrhaftigkeit und
heisser Wahrheitsdurst waren Hauptkennzeichen seiner edlen Forscherseele,
der Ltige auch im profanen Leben stets ein Greuel wan Er glaubte immer
unbedingt an Alles, was er sprach, was er schrieb, und verlangte darum Ver-
trauen; er liess sich aber, objectiv wie er war, am Vertrauen genugen selbst
bei guten, wohlvertrauten Freunden, wenn diese im Uebrigen mitunter auch
vor seinen allzu kiihnen Folgerungen zuriickschraken und mit ihm nicht durch
Du Prel.
I5 1
das Dick und Dtinn seiner metaphysischen Speculationen gehen mochten. Ich
spreche aus eigenster Erfahrung, wenn ich behaupte, dass D. P. jeden ehrlichen
Widerspruch vertragen konnte, und als der einzige seiner Freunde, der ihn
zuletzt auf seinem Todtenbette in langem ernsten Gedankenaustausche ge-
sprochen, darf ich vielleicht auch noch sagfen, dass er den lacherlichen Ex-
cessen jenes fanatischen professionellen Spiritismus und dessen Schwindel-
experimenten, sowie gar dessen Ausbeutung zu religiosen Zwecken nicht nur
ghindlich abhold war, sondern fur sie nur Worte ehrlichen Zornes hatte, denn
er sah ein, dass die Anerkennung von Seite der Wissenschaft dadurch nur
hinausgeschoben werden konnte. Ein' gebildeter Anhanger mit Vorbehalt war
ihm darum lieber als hundert kritiklose begeisterte Anhanger und Anhangerinnen,
die ihn mit Zuschriften, Fragen und Besuchen aus aller Welt besturmten. Er
sah der Zukunft des Spiritismus, wenigstens was Deutschland betrifft, nicht
eben mit grossem Vertrauen entgegen, denn es war keine Unbescheidenheit,
wenn er sich selbst als den einzigen und vorlaufig letzten ernst zu nehmenden
wissenschaftlichen Vertreter seiner Sache ansah, der ihre Begriindung und Ver-
theidigung zu seiner einzigen Lebensaufgabe gemacht hatte. Von den meisten
seiner blinden Anhanger — wenige Gleichstrebende ausgenommen — unter-
schied er sich schon dadurch, dass er nirgends etwas Uebernatiirliches
sehen wollte, hochstens Uebersinnliches, das im Laufe der Zeiten und
unter den Zaubermitteln der nimmermliden Wissenschaft sich allenfalls und
zum Theil in Sinnlichem verdichten konnte, unter alien Umstanden aber stets
etwas Natlirliches blieb.
Eine geniale Natur, wie D. P. war, ist er auch von einer gewissen Ein-
seitigkeit befangen gewesen. Wie Schopenhauer lebte er ausschliesslich nur
seinen Ideen, in die er sich in den letzten Jahren so sehr eingesponnen hatte,
dass er kaum langere Zeit flir ein Gesprach zu haben war, das sich nicht um
Spiritismus und Verwandtes drehte. Schopenhauer hat nicht mit Unrecht ge-
meint, Philosophen sollten nicht verheirathet sein. Er selbst verstand es eben,
ohne Frau sich den Anforderungen des taglichen Lebens gegeniiber sehr
praktisch durchzusetzen. Nicht so I). P., dessen wahrhaft kindliche Charakter-
reinheit und Vertrauensseligkeit ohne die praktischere Sttitze seiner Frau,
welche auch die Erziehung seiner beiden Kinder fast vollig ubernahm, gar
libel gefahren ware. Auch in der Beschrankung seiner Arbeit ist D. P. je
langer je mehr einseitig geworden. Reiche Anlagen zu philosophischer Be-
trachtung und Ausniitzung der Gegenwart wie der Vergangenheit lagen in ihm
brach, da er zuletzt liber die Phanomenologie des Spiritismus, den er immer
durch neue Experimente auch Denen glaubhaft machen wollte, die eben nicht
uberzeugt sein wollten, nicht mehr hinauskommen konnte. Er arbeitete
mit fabelhafter Leichtigkeit und zuletzt war ihm die Arbeit so sehr Lebens-
bediirfniss geworden, dass er alle anderen dariiber vergass. Die grossen
blauen Augen des kleinen Schweigers belebten sich nur mehr, wenn man auf
sein Thema kam, und der einstige Freund der Natur, von Licht und Luft,
sass, vor jedem Luftzug angstlich abgeschlossen, im Qualm der Cigaretten in
sein Studio gebannt bei seinen einzig geliebten Biichern und Manuscripten.
Das rachte sich endlich, umsomehr, als die zarte, schwachliche Gestalt des
emsigen Forschers nicht eben viel zuzusetzen hatte. Er verfiel rasch, und in
seiner Tiroler Sommerfrische loschte er nach seinen eigenen Worten aus wie
eine Lampe, der das nahrende Oel ausgegangen. Du Prel war ein edler
Mensch, ein seltener Charakter, von einer bis zur Schwache gehenden Glite
*5*
Da Prel. Mittelst&dt.
gegen Mensch und Thier und doch unerbittlich gegen alles Falsche und Un-
wilrdige. Gegner hat er zahllose gehabt, personlichen Feind wohl kaum einen.
Die Zukunft wird ihm vielleicht gerechter werden als ihm die Gegenwart
gewesen, sie wird zwar schwerlich Alles anerkennen, was er geglaubt und
geschrieben, aber sein schones, stets auf das Hochste, auf das Unerreichbare
gerichtete Lebenswerk wird darum doch nicht verloren sein.
Biographien und Wcrkc Dr. C. Du Prels: Die erste kurze Biographie D. P.s findct
sich in K. Kiesewetters »Geschichte des neueren Occultismus« im Capitel, das D. P.s Philo-
sophic behandelt. Doch ist Manchcs darin unrichtig. Biographisch-kritische Aufsatie liber
den Philosophen sind im letzten Jahrzehnt und besonders gelegentlich des 60. Geburts-
tages D. P.s fast in alien Zeitungen und Zeitschriften des In- und Aushndes erschienen.
Zum Theil wurden dieselben zu Nekrologen. Die besten und verlasslichsten rlhren von
seinen Freunden Dr. Wedcl, Di. Walter Bonn arm und Dr. Franz Riss her. In der »AU-
gemeinen Deutschen Biographies (der I. Nacbtragsband ist im Erscheinen begriffen) und
in dem Portraitsammelwerk »Das neunzehnte Jabrhundert in Bildnissen«, herausgegeben
von Karl Werckmeister (Photographische Gesellschaft, Berlin), das auch das beste Bild des
eigenartigen Gelehrten bringt, hat der Unterzeichnete Du Prel und sein Streben zu wiirdigen
versucht. — Die Werke D. P.s, die bis auf zwei bis drei minder bedeutende kleine Schriften im
vorstehenden Artikel mit Ort und Jahr des Erscheinens aufgefdhrt sind, sind leider bei ver-
schiedenen Verlegern zerstreut. Die Gesammtausgabe, die er sich in optimistischen Stunden
ertraumt, hat er nicht erlebt. Einer seiner Verleger (Gtinther in Leipzig) hat gegenwart ig
begonnen, seine »gesammeltenc Werke herauszugeben: zum Theil eine reine Titelauflage,
die gegen den Willen der Hinterbliebenen und ohne jede berufene Mithulfe erscheint. Der
bis jetzt crschienene erste Band enthait ein schlechtes Bild D. P.s, cine anonyme kleine,
ganzlich unzulangliche biographische Notiz und (eine geradezu barbarische Idee!) an Stelle
der vorbereitenden grossen naturwissenschaftlichen Schriften, die chronologisch am besten
in das Studium der Werke einfUbren konnten, den Aufsatz »Wie ich Spiritist wurdec und
die Einleitung »Kant als Mystiker* zu dessen Vorlesungen ttber Psychologie. So ist
denn die ganze zweite Halfte des ersten Bandes der Werke D. P.s von — Kant ! Ein neuer
trauriger Bcweis filr die Wahrbeit der oft von D. P. geausserten pessimistischen Ansicht,
dass der deutsche Schriftsteller, zumal nach seinem Tode, vielfach noch vBllig rechtlos sei.
Diese speculative kritiklose Sammelausgabe wird hoifentlich bald verdientem Vergessen
anheimfallen. Man kann dem Andenken I). P.s leider nichts Besseres wUnschen, als dass
sie nicht zu lange einer seiner Bedeutiing wiirdigen Gesammtausgabe im Wcge stchen mogc.
Mtinchen. Alfred Frhr. v. Mensi.
Mittelstadt, Otto, Jurist, * 14. Juli 1834 zu Schneidemuhl (Provinz Posen),
f 18. November 1899 zu Rom. Einer Juristenfamilie entstammend, besuchte
er die Gymnasien zu Ostrowo und Posen, bezog dann die Universitat zu
Berlin, promovirte in Breslau zum Doctor der Rechte, machte 1855 — 60 in
Posen den juristischen Vorbereitungsdienst durch. In den folgenden Jahren
war er als Assessor bei der Staatsanwaltschaft in Posen und Berlin thatig.
Zur Untersuchung im Polenprozess wurde er dem zum Untersuchungsrichter
bestellten Kammergerichtsrath Krtiger wegen Kenntniss der polnischen Sprache
nach Posen beigegeben, war dann auch als Anklager in diesem Prozess in
Berlin thatig, spater zur Ermittelung des Attentats von 1866 abgeordnet (vgl.
seinen Bericht in der »Zukunft«, Bd. 23 S. 321 — 329), endlich zum Staats-
anwalte in Altona befordert. Er folgte von hier einem Rufe der Hamburger
Behorden an die Spitze der neu organisirten Staatsanwaltschaft. Fttr seine
Erinnerung waren ihm diese Jahre des Hamburger Aufenthaltes die liebsten;
er wurde 1877 Obergerichtsrath, 1879 Oberlandesgerichtsrath, 1881 an das
Reichsgericht berufen, in dem er 1 5 Jahre lang dem gleichen Senate angehorte.
Eine schwere Nervenerkrankung zwang ihn, jede starkere geistige Anstrengung
Mittelstttdt. Becker.
*53
zu meiden. So nahm er 1896 den Abschied. Die letzten Jahre verlebte er
auf Reisen in Nizza, Montreux, Venedig und Rom. Hier traf ihn von Neuem
das alte Nervenleiden, was seinen Tod zur Folge hatte. — Literarisch hatte
sich Dr. M. verdient gemacht durch die zu einzelnen sicheren Ergebnissen
fiihrende Schrift »Kaspar Hauser und sein badisches Prinzenthunu, Heidel-
berg 1876. Ihr folgte die weitere »Gegen die Freiheitsstrafen«, Leipzig 1879
1. und 2. Auflage,. in der er wohl zu einseitig alles Heil nur von wesentlicher
Verscharfung des Strafvollzugs erwartete. Diese Anschauung fand lebhafte
Bekampfung seitens Oskars von Schwarze (Die Freiheitsstrafe, Leipzig 1880).
Jedenfalls wurden aber hierdurch weitere Untersuchungen dieser Fragen in
verdienstvoller Weise angeregt. Nochmals ausserte sich M. Uber sie in der
»Zeitschrift flir die gesamte Strafrechtswissenschaft«, Bd. 2 und 4, auch dann im
»Gerichtssaal«, Bd, 46 und 47, indem er Zweierlei forderte: einmal Differenzirung
der mannigfachen, vielverschlungenen socialen, sittlichen, ponalen Aufgaben
des modernen Staats- und Rechtslebens, andererseits Vereinfachung der Delicte
und der Strafarten. Neben vielen Beitragen in den »Grenzboten«, »Im Neuen
Reich*, in den »Preussischen Jahrbtichern« und in der »Zukunft« sind noch
aus letzter Zeit zu nennen die Flugschritt »Vor der Fluth. Sechs Briefe zur
Politik der deutschen GegenwarU, Leipzig 1897, und die vor vcilligem Ab-
schlusse des Prozesses erschienene Schrift ^Die Affaire Dreyfus«, Berlin 1899.
Nach Privatmittheilungen. — Deutsche Juristen-Zeitung 1899 S. 479. Vgl. Richard
Schmidt, Die Aufgabe der Strafrechtspflege, Leipzig 1895 passim — Zeitschrift fttr die
gesamte Strafrechtswissenschaft VII 748.
A. Teichmann,
Becker, Albert, Ernst Anton, Componist, * 13. Juni 1834 in Quedlin-
burg, f 10. Januar zu Berlin. Der Sohn eines Buchhandlers, der ursprUnglich
Geistlicher werden sollte. Erst im 15. Lebensjahre begann er ernsthafte
Studien bei dem Organisten Bonicke zu machen, die spater in Berlin bei
Haupt und Dehn fortgesetzt wurden. Schon in frtiher Jugend ausserte sich
sein Sinn fur ernste religiose Musik und sein erstes Werk fallt in das Jahr
1850, in dem er eine selbstgedichtete Cantate fiir Chor und Solo componirte,
die im elterlichen Hause zur Auffuhrung gelangte. Erst im Jahre 1857, nach-
dem er seine Studien bei S. W. Dehn vollendet hatte, gab er bei Siegel in
Leipzig ein Heft Lieder heraus, dem bald ein zweites Heft bei Simrock in
Berlin folgte »Lieder im Volkston ftir Haus und Herz«. Die erste offentliche
Anerkennung seines Talentes erhielt er durch eine Preisaufgabe, i860 von
der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien ausgeschrieben, ftir eine Sinfonie,
doch verwirklichten sich nicht die Hoffnungen, die der Ktinstler an diesen
Erfolg zu knUpfen glaubte. Er ging nach Ohlau in Schlesien und hoffte in
Provinzialstadten festen Fuss fassen zu konnen, doch auch hier erreichte er
nicht, was er anstrebte, d. h. Director irgend einer Musikgesellschaft zu
werden. 1869 kehrte er wieder nach Berlin zurilck, gab Musikunterricht an
Conservatorien und privatim. Durch das Studium Bach'scher Werke wandte
er sich ganz der Composition geistlicher Werke zu und schuf unter Anderem
eine Messe, die durch Liszt's Vermittelung im Jahre 1879 der Carl Biedersche
Gesangverein in Leipzig zu seinem Jubilaum auffiihrte und einen durch-
schlagenden Erfolg erzielte, der ihn unter die Koryphaen der Kunst versetzte.
Trotz alledem blieb der Musikunterricht das einzige Existenzmittel, bis er
JJ4 Becker. Millttcker.
endlich im Marz 1889 Director des Kgl. Domchores zu Berlin nach von
Hertzberg's Pensionirung wurde und endlich sein langst gehegter Wunsch in
Erftillung ging und zwar in der idealsten Weise, denn wer je den Berliner
Domchor singen gehort hat, wird zu der Ueberzeugung gelangt sein, dass ihm
kein anderer Gesangverein in seinen Leistungen auch nur annahernd gleicht.
Und doch mtissen die damit verbundenen amtlichen Pflichten wenig befriedigend
gewesen sein, denn als durch den Tod Wilhelm Rust's das Cantorath an
der Thomasschule in Leipzig frei wurde, meldete sich B. zu dem Posten und
wurde auch gewahlt. Kaiser Wilhelm II. legte jegte jedoch sein Veto ein,
derselbe mag wohl auch die beengenden Fesseln des Directors beseitigt
haben und so blieb B. dem Domchore erhalten. B. schuf zahlreiche Werke
in alien Fachern der Musik, doch seine bedeutendste Leistung, die auch am
bekanntesten geworden, ist jene Messe in B-moll. Ein Oratorium, Geistliche
Dialoge, eine Reformationscantate, Psalmen, Motetten u. a. zeugen alle von der
Meisterschaft im contrapunktischen Satze und einer ausserordentlichen Be-
herrschung des harmonischen Materials, welche sich oft bis ziir hochsten
KUhnheit steigert, dabei aber nie den Wohlklang verletzt und stets sangbar
ist. Er war eine durch und durch deutsche Kunstlerperstfnlichkeit, in der
sich ein tiefer Ernst ktinstlerischer Anschauung mit meisterhaftem Konnen
paarte, schreibt Lessmann in seiner Musikzeitung. Ein Halsleiden sollte durch
eine Operation gehoben werden, doch war leider der Erfolg ein umgekehrter
und flihrte den Tod herbei.
Quellen: Mendel-Reissmann's Musik-Lex. Supplementband und Lessmann's Musik-
zeitung 1899.
Rob. Eitner.
Millttcker, Carl, Componist, * 29. April 1842 in Wien, f 31. December
1899. M.s Vater, ein Goldschmied, bestimmte seinen Sohn Carl fur sein
Kunstgewerbe. Bald jedoch siegte in dem jungen Manne der Trieb zur
Kunst und M. studirte am Conservatorium Flote, bei Laimegger und Suppe
Composition. Im Alter von 22 Jahren wurde er Capellmeister am Grazer
Stadttheater und eroffnete die Reihe seiner Compositionen mit einer Operette
»Der todte Gast«, die zu seinem Benefice in Graz aufgefiihrt wurde. Von
Graz wandte sich M. nach Budapest und bald darauf nach Wien, wo er als
Orchester-Director am Harmonie-Theater wirkte. Hier machte er die Bekannt-
schaft Anzengrubers, des grossen Dramatikers, der ihm spaterhin — nicht
unter seinem Namen — ein Libretto lieferte. 1869 wurde M. am Theater
an der Wien engagirt, aber bald entlassen, weil er »nicht geniige«. Wie sehr
mtissen die damaligen Theaterleiter den ausgezeichneten Musiker verkannt
haben! Kurz darauf wurde er aber zurlickberufen, also rehabilitirt, und ver-
half dem Theater an der Wien ebensowohl als Componist wie als Capell-
meister zu einer Reihe grosser Erfolge. M. hatte als Componist zum ersten
Male mit seiner Musik zu dem Volksstlicke »Drei Paar Schuhe« entschiedenes
GlUck. Das Lied »Heissa, endlich ist es Nacht« aus diesem Werke wurde
popular. Bald folgten die Operetten »Das verwunschene Schloss« (Marz 1878),
»Apajeune, der Wassermann« (1880), »Die Jungfrau von Belleville (October
1 881), denen 1882 der seither berdhmt gewordene »Bettelstudent« (Text von
Zell und Gende) folgte. Von anderen Buhnenwerken sind zu nennen »Die
lustigen Binders (December 1865), »Diana« (1867), »Die Fraueninsek (1868),
Millticker. Sporrer. 1 1 5
*Die verkehrte Welt«, »Der Dieb« (in dieser Operette war bereits die spater
weltbekannt gewordene Melodie von »Ach, ich habe sie nur auf die Schulter
gektissU enthalten), »Der Regimentstambour* (1869), »Der Probekuss«, »Grafin
Dubarry* (1879), »Abenteuer in Wien« (1873), »Gasparone«, »Der Feldprediger«
(1884), »Der Vice-Admiral* (1886), »Die sieben Schwaben« (1887), *Der arme
Jonathan* (1890), »Das Sonntagskind« (1892), »Das NordlichU (1898) und
die Musik zu unzahligen Possen und Volksstticken. — M. war unter den
Wiener Operettenmeistern der virtuoseste Theaterpraktiker und kam, vermoge
seines feineren Sinnes und seiner genauen Kenntniss der Btihne, oftmals dicht
an den Stil der komischen Oper heran. »Gasparone« darf man unbedenklich
fiir eine Meisterarbeit erklaren. Oftmals giebt sich M. in seinen Werken einer
gewissen lassigen Volksthiimlichkeit hin, die ihm bei der Menge ebensoviel
Sympathien verschaffte, als sie ihm bei den Kennern entzog. Seine senti-
mentalen Gesange sind ebenso larmoyant und falsch-gemtithlich wie die von
Joh. Strauss und Anderen. Bedeutend und voll Geist ist M. im Anmuthigen,
im Humoristischen. Ausserdem ist er ein ungewohnlicher Instrumentations-
kunstler, der in langjahriger Orchesterpraxis den einzelnen Musikorganen ihre
Geheimnisse abgelauscht hat. — M., der durch den Ertrag seiner Btihnen-
werke zu ansehnlichem VermOgen gelangt war, hatte sich in den letzten Jahren
seines Lebens von der Capellmeister-Thatigkeit zurtlckgezogen und lebte zu-
meist in seiner Villa in Baden bei Wien. Hier ist er auch gestorben.
Rich. Heuberger.
Sporrer, Philipp, Historien- und Genre-Maler, k. Professor, * 1. Mai
1829 zu Murnau (Oberbayern), f 30. Juli 1899 * n Mtlnchen; besuchte als
der Sohn schlichter Biirgersleute die Volkschule seiner Heimat, dann das
Mtinchener Polytechnikum, welches nach damaliger Sitte die Briicke bildete
zur Akademie, wo S. bei Ph. Foltz der Composition oblag, seine colo-
ristische Begabung bei Albert Grafle im Portraitfach erweiterte und schliess-
lich noch die Unterweisung von Moriz von Schwind genoss. S. trat mit kleinen
Genrebildern in die Oeffentlichkeit, mit einer »Hochzeit im Gebirge« (185 1),
einer »Hauslichen Scene« (1854), dann kam »Der Gedachtnisstag« (1855)
und der »Hochzeitlader« (1856). Hierauf warf er sich auf historische Stoffe,
wie »l)er Schmied von Kochel« (1858) und die »Christnacht i705«; auch
make er zwei Fresken im National-Museum: »Kurf(irst Rupert I. nimmt 1348
die Juden zu Heidelberg in Schutz vor dem Grimme des P6bels« und der
^>Heldentod der WUrzburger BUrger 1400 in der Vertheidigung ihrer Reichs-
freiheit auf dem Kirchhofe zu Bergtheim*. Darauf befasste er sich wieder
mit Oelbildern, wie ein »Verlobniss« (1866), »Romeo und Julia*, »Abschied«,
eine neckische, in Untersberg spielende »Kellerscene« (in Photographie bei
Louis Finsterlin), mit Aquarellen (Geldwucherer, Gllickshafen) und Illustrationen,
darunter ein Cyklus «Des Freiherrn von Mtinchhausen wunderbare Reisen
und Abenteuer zu Wasser und zu Lande« (Leipzig bei C. F. Amelang) und
die »Bilder zu deutschen Volks- und Lieblings- Liedern<^. Auch reizten ihn
Franz Trautmanns »Geschichten aus dem Mtinchener Burgfrieden« zu heiteren
Schdpfungen, unter welchen der »Herr Peter Flecklein* (vgl. No. 88 1 der
bei Braun und Schneider erscheinenden Miinchner Bilderbogen) eine besondere
Rolle spielte. Ueberhaupt forderte das Neckische, Philisteriose der Spiess-
blirgerschaft aus jener Zeit, wo der Grossvater die Grossmutter nahm, seine
ic6 Sporrcr. Aber.
heitere Laune heraus, die sich gern auf demselben schnurrigen Gebiete wie
Carl Spitzweg (1808+1885) erging, nur dass sich bei S. (welcher als
Monogramm sich haufig des Sporns bediente) ein schnurriger Zug zur
Caricatur hervordr&ngte ; dagegen waren S.'s Landschaften ganz im Geiste
Spitzwegs gedacht und in fein empfundenem Colorit stimmungsvoll ausgefiihrt.
Mit Vorliebe erging sich S.'s leichtbewegliche Phantasie in Erfindung von
drollig - sinnigen Buchzeichen, in Aquarellen zu Marchen, Sagen und Sprich-
wortern, zu originellen Uhrenschildern und Zifferblattern. Ein frohliches
Erzeugniss war die Kohlezeichnung »Ueber den Etaler - Berg« mit den auf
alien moglichen Vehikeln zum Ammergauer Passionsspiel 1880 ziehenden
Pilgern, Fremden und Touristen. Einen Saal im Cafe Probst zierte S.
mit zwolf lebensgrossen , das Restaurations - Leben vorfiihrenden Charakter-
figuren: flotte Studenten, Blumenmadchen , Schachspieler, Zeitungsleser,
stadtische Gigerln, schtichterne Landconfecte, Karten- und Billard - Spieler,
theetrinkende Damchen und Raucher aller Sorten. In der Laube von
Dr. Trettenbacher's Garten malte er in Enkaustik auf eine Steinplatte das
Contrefait des als Einsiedler mit einem Rehkalbchen spielenden Hausherrn,
spater decorirte er die ganze Westseite des dreistockigen Hauses mit einem
Bildercyclus, welcher nach dem eigenwilligen Sinne des Auftraggebers in
einer neuen Technik ausgefiihrt, der klimatischen Zerstorung nur allzu schnell
unterlag. Zu Simon Baumanns »Geschichte von Murnaiu (1855) entwarf
S. ftinf Landschaften; fUr diese seine Vaterstadt malte er »Erinnerungen«
an ein landwirthschaftliches Fest mit Trophaen , Wappen und Ehrenscheiben.
Dann kamen wieder Oelbilder mit allerlei Scenen aus dem Wildschutzen-
und Strolchen-Leben, »Auf der Walz« und dergleichen; Culturgeschichtliches
mit »Sonnenwendfeuer«, »Fingerhaggeln«, »Pferdehandlern« und landlichen
»Buden-Photographen«. Auch im Portraitfach sind viele treffliche Leistungen
S.'s zu verzeichnen, darunter die Bildnisse des als Operncomponisten
und Landtagsabgeordneten bekannten Blirgermeister Forg von Donauworth,
des schneidigen Geheimrathes Dr. von Ringseis, des Grafen von Seinsheim
u. s. w. Ganz im Sinne Moriz von Schwinds war seine wohldurchdachte
Allegorie zum Gedachtniss Konig Ludwigs II., ebenso die Vignetten zu |
Rudolf Baumbachs »Zlatorog« und zu ReinhardstOttners Biographic des
lateinischen Poeten Martinus Balticus, welche die bekannte »Baierische
Bibliothek« (Bamberg 1890) erttfFnete. Im Jahre 1897 erschien im Kunst-
verein eine reiche Collection von S.'s Arbeiten, gleichsam ein Rtickblick
aus alien Phasen seines Schaflfens, darunter auch die lustigen Caricaturen
aus dem Album des Kunstler-Sanger-Vereins und die Compositionen zu Victor
Gluth's Oper »Der Trentajager« (1885). Dann zog sich der damals schon
krankelnde Kunstler von der Oeffentlichkeit zurUck. Er hatte 187 1 eine
Lehrerstelle im Freihandzeichnen am Mtinchener Polytechnikum erhalten und
war nach Jos. Motzets RUcktritt 1877 in die Wtlrde und Rechte eines wirk-
lichen Professors eingerlickt, ein Amt, in welchem S. die Achtung und
Liebe seiner SchUler in hohem Grade errang.
Vg). Abcndblatt 212 »Allgemeine Zeitungc 2. August 1899. Kunstvereins-Bericbt ftlr
1899, S. 81 f.
Hyac. Holland.
Aber, Eduard, Buchhandler, * 10. November 1810 in Berlin, f 25. Sep-
tember 1899 daselbst. A. trat 1833 in die 1816 von seinem Onkel August
Aber. Breslaur.
*5T
Hirschwald gegrilndete Buchhandlung ein, die eben durch seine Mitwirkung
zur angesehensten Verlags- und Sortimentsfirma medicinischer Richtung wurde.
Bereits 1840 wurde er deren Alleininhaber. Fortan war er unermtidlich und
mit gl&nzendem Erfolge fiir die Entwickelung des Geschaftes in besagter
Richtung thatig. Den Namen Dieffenbach und Romberg des Verlages reihten
sich 'die strahlenden Namen eines Niemeyer, Casper, Konig, Hoppe-Seyler,
Virchow, eines v. Bergmann, Billroth, Binz, Eulenburg, Gurlt, Hermann,
Rob. Koch, v. Langenbeck, v. Leyden, Liebreich, Nothnagel, Orth, Schultz-
Schultzenstein, Traube und zahlreiche andere an. Viele hervorragende Werke,
besonders eine Reihe gediegener Zeitschriften verdankten seiner Anregung
ihre Entstehung. Die weiteste Verbreitung fand wohl die aus Caspers medi-
cinischer Wochenschrift hervorgegangene Berliner klinische Wochenschrift.
Etwa ein Dutzend hochangesehener medicinischer Zeitschriften schlossen sich
an und wirkten dazu mit, Berlin zum Mittelpunkt der medicinischen Literatur
Deutschlands zu machen. Im personlichen Verkehr war »der alte Aber« die
Liebenswlirdigkeit selbst, zugleich »ein lebendiger Katalog der modernen
medicinischen Literature. Mit seinen Autoren und den vielen in seinem
Sortiment verkehrenden Medicinern war er meist naher befreundet. Vielen
Talenten hat er die Bahn gebrochen, aber auch anderweit im Stillen viel
Gutes gewirkt. Theilhaber der Firmen August Hirschwald und Hirschwald'sche
Buchhandlung wurden 1848 Ferdinand Hirschwald (dessen Nekrolog im vor-
liegenden Jahrbuch) und 1870 Albert Aber.
Bttrsenblatt f. d. dt. Buchhdl. 1899 No. 226 und 229 (hier Cbarakteristik nach dem
Berliner Tageblatt). — Berliner klinische Wochenschrift 1899 No. 4° : Nekrolog von den
Herausgebern Ewald und Posner.
H. Ellissen.
Breslaur, Emil, ein Musikpadagoge von Bedeutung, * 29. Mai 1836 in
Kottbus, f 26, Juli 1899 zu Berlin. Sohn jlidischer frommglaubiger Eltern,
widmete sich nach den Gymnasialstudien den hebraischen Wissenschaften und
nahnv 1858 eine Hauslehrerstelle im Knabenpensionate des Dr. Wolfsberg in
Stettin an, wo er zu dem Entschluss kam, sich ganz dem Lehrerberufe zu
widmen. Zum Behufe dessen besuchte er 1859 das Seminar in Neuzelle und
legte i860 das Lehrer-Examen ab. Musik hatte er von frliher Jugend an
getrieben. Ein Heft Kinderlieder nach Hoffmann von Fallersleben und einige
Mannerchore, die in der »Sangerhalle« erschienen, geben davon Zeugniss.
Die jtidische Gemeinde seiner Vaterstadt wahlte ihn nach abgelegtem Examen
zum Religionslehrer und Prediger. Hier errichtete er einen Knabenchor fur
den Gottesdienst und einen Turner-Gesangverein ; fiir beide war er auch als
Komponist thatig. Die kleinen und kleinlichen Verhaltnisse einer Provinzial-
stadt genligten ihm aber nicht und mit dem Wunsche, sich in der Musik
eine grilndliche Ausbildung zu verschaffen, ging er nach Berlin und trat in
das Sternsche Conservatorium fiir Musik ein, bekleidete aber dabei an der
Friedrichstadter Religionsschule des Dr. Julius Landsberger ein Lehramt.
Einige musikpadagogische Aufsatze, die er in der Musikzeitung »Echo« ver-
offentlichte, verschafften ihm eine Anstellung am Kullackschen Conservatorium
fiir Musik, an dem er elf Jahre unterrichtete, bis er 1879 ein eigenes
Musik-Institut errichtete, welches er am 1, November als ^Berliner Seminar
zur Ausbildung von Clavier-Lehrern und Lehrerinneru eroffnete und einige
158
Breslaur. Geisser.
Jahre spater zum Conservatorium fUr Musik erweiterte. Seine Vertrautheit
mit der Feder verschaffte ihm bald Gelegenheit, an Tagesblattern als Musik -
referent aufzutreten, so an der Spenerschen Zeitung als Vertreter von Fl.
Geyer und am Berliner Fremdenblatt zur Aushttlfe Richard Wuerst's. Schon
im Jahre 1878 grtindete er ein eigenes Musikblatt, den »Klavierlehrer«, eine
Musikzeitschrift, die sich nicht einseitig mit Musikunterricht beschaftigt, sondern
das ganze Musiktreiben umfasst und den Leser mit alien Erscheinungen im
Kunstleben bekannt macht, Ihm ist auch die Entstehung und weitere Aus-
bildung des Vereins fUr Musik-Lehrer und Lehrerinnen zu Berlin zu danken,
der sich die Aufgabe stellte, in Krankheits- und Sterbefallen helfend ein-
zutreten. Aus ihm entwickelte sich dann der Verband Deutscher Musiklehrer-
Vereine und das Uebereinkommen mit der Versicherungs-Gesellschaft Victoria,
eine Altersrente ins Leben zu rufen. Trotz der vielseitigen Beschaftigung
ubernahm er noch nach Julius Stern's Tode die Leitung des Chores in der
jtidischen Reform-Gemeinde in Berlin und selbst als Componist war er nicht
unthatig, obgleich er in diesem Fache am wenigsten geleistet hat, w&hrend
seine musikpadagogischen Schriften, »Die Methodik des Clavierunterrichts in
Einzelaufsatzeru, Berlin 1895, 2, Aufl. bei N. Simrock, eine wohlverdiente
Anerkennung fand und sogar von dem Clavier-Virtuosen von Billow offentlich
anerkannt wurde. Dieser Abhandlung folgte eine Clavierschule, die heute
schon in 12. Aufl. vorliegt und eine Melodiebildungslehre auf harmonischer
und rhythmischer Grundlage. Ferner bearbeitete er Werke in instructiver
Weise, um beim Unterrichte verwerthet zu werden, gab eine »Technische
Grundlage des Klavierspiels« op. 27, in 4 Aufl. heraus; »Technische Uebungen
ftir den Elementar-KlavierunterrichU, op. 30, folgten, sowie eine Notenschreib-
schule und ein Ftihrer durch die KJavierunterrichts-Literatur. Auch ist er der
Herausgeber der 11. Aufl. von Julius Schuberth's Musikalischem Conservations-
Lexikon in ganzlicher Umarbeitung und Vermehrung. Trotzdem Br. keine
musikhistorischen Vorstudien gemacht hatte, war er in der Literatur doch
soweit bewandert, dass er die guten von den schlechten einschlagigen Werken
zu unterscheiden im Stande war und da die Mehrzahl der Biographien neuere
Musiker betraf, iiber die man zwar nur ganz kurze Notizen findet, so erfullt
es doch einigermassen seinen Zweck, dem Dilettanten ein Wegweiser zu sein.
Quelle: Der Klavier-Lehrer, Musik-padagogische Zeitschrift 1899 No. 16.
Rob. Eitner.
Geisser, Jakob, Emanuel, Genremaler, * 21. Novembei 1825 zu Augsburg,
f 21. Januar 1899 * n MUnchen; erhielt als der Sohn eines Zeichnungslehrers
erst im vaterlichen Hause, dann bei dem um die Augsburger Kunstschule
vielverdienten Professor Jahann Geyer (1807 — 1875) bleibende Anregung und
Forderung, welche dann auf der Mtinchener Akademie durch Clemens
Zimmermann und Julius Schnorr griindliche Ausbildung erfuhr. Weiteren
Einfluss auf G. tibte auch sein jugendlicher Freund Ferdinand Wagner
(1820— 1881), der nachmalige Schopfer der Fresken am Fugger-Hause zu
Augsburg, welcher den ftir strenge Zeichnung und bliihende Farbengebung
hochempfanglichen Genossen der kirchlichen Malerei zuzufilhren gedachte.
Indessen begntlgte sich G. vorerst mit der Stelle eines Lehrers an der
Feiertags-Fortbildungsschule zu Augsburg, ein Amt, welches er 1863 nieder-
legte, um in Mtinchen ganz in freier Hingabe seine Kunst zu pflegen. Hier
Geisser. Berlepsch. 159
entstanden in rascher Folge eine Reihe von heiteren, theilweise an Geyers
Vorgang erinnernden, immer sehr sorgfaltig durchgearbeiteten Genrebildern,
welche im CostUm des Rokoko oder des XVIL Jahrhunderts spielten. Da
wird ein »Familienconcert« inscenirt (1867), da erzahlt der »Freiherr von
Mttnchhausen« seine unerhorten Aventiuren einem fascinirenden Damenkreis
(bei Baron Ladenburg in Wien); »Caffeevisiten« im Biedermeierstil, eine musi-
kalische »Unterrichtsstunde« mit sUsser Flirtation und offizieller Ueberraschung
durch die Mutter, ein » Improvisator « in vornehmer Gesellschaft (1884) und
ahnliche Geschichten wechseln mit militarischer »Einquartierungc (1870), mit
Antichambrescenen, kartenspielenden und rauchenden Zechern, singenden,
schakernden und charmirenden Soldaten, womit G. langst vor Vinea's Zecher-
und Kellertreiben ein dankbares Publikum fesselte. G. ware wie kein Anderer
berufen gewesen, den eulturhistorischen Roman »Simplicissimus» des alten
Jacob Christoph von Grimmelshausen zu illustriren. Die meisten seiner
grosstentheils heiteren Bilder spielten in der angegebenen Zeit; auch liebte
er die Reprasentanten des Zopfes; es gab Condolenz-Visiten, die Uebergabe
von Empfehlungsbriefen und ceremoniose Besuche, heitere Festessen — da-
run ter die Gfters wiederholte »Z&he Gans« (Holzschnitt in » Blatter fur den
hauslichen Kreis« 1872 S. 12) — amourose »Mondscheingeschichten« (Bazar
v. 2. Januar 1871), »Gefundene Herzen« (Holzschnitt in No. 36 Ueber Land
und Meer 1881,) und andere Artigkeiten oder zur Abwechslung auch ein
»Tischgebet«) No. 33 Ueber Land und Meer 1889). G.'s Repertoire blieb
immer neu, gewahlt, anziehend und erheiternd. Die meisten Bilder wurden
durch Photographien bei HanfstangI, Finsterlin u. s. w. vervielfaltigt, auch
durch Holzschnitt in illustrirten Zeitungen, z. B. ^Intervention* (in No. 46
Ueber Land und Meer. 1881. S. 912), »Empfehlungsbrief« (ebendas. 1885.
No. 36), »Spiel um die Zeche« (No. 2 ebendas. 1893), »Ein Schelmenlied«
(No. 20 ebendas. 1896), der »Fatale Knoten im Schnupftuch« (Gartenlaube
1869, S. 197) die »Rauchscene« aus Victor Nessler's Oper »Der Trompeter
von Sakkingen« in No. 1 »Illustr. Welt« 1891. u. s. w.
Vgl. No. 2233 »Jllustr. Ztg.« Lpz. 86. Band S. 379. Fr. v. Bfctticher, Malerwerke.
1895 I. 351. Mttller-Singer 1896. II. 5. Nekrolog im'Morgenblatt 24 »AUgem. Ztg.c
24. Januar 1899. Bericht des Kunstvereins in Mttnchen 1899 S. 70.
Hyac. Holland.
Berlepsch, Karoline, Freifrau von, Schriftstellerin, * 29. April 1829
zu Mttnchen, f 29. Marz 1899 daselbst; erhielt nach dem frlihen Tode
ihres Vaters, des Advokaten Welebil, ihre Bildung im Institut Ascher,
machte mit Auszeichnung die Staatsprlifung als Sprachlehrerin, heirathete den
Rechtsanwalt Kttnstle. (Aus dieser Ehe stammt Guido Kttnstle, * 1853,
welcher sich sowohl als Dichter (»KohlenstoflF-Skizzen, ein organisch-chemisches
hohes Lied« Mttnchen 1877. 2. Aufl. 1882), wie auch als praktischer Arzt
und Fachschriftsteller (»OphthaImologisches aus der Zeit Albrecht von
Haller's« Mttnchen 1878) hervorthat, aber schon am 5. November 1879
plotzlich aus dem Leben schied.) Um nach dem Tode ihres ersten Gatten
die Erziehung ihrer Kinder zu ffirdern, griff sie zur Feder und erwarb sich
bald einen guten Namen, insbesondere durch die novellistischen Skizzen »Nebel-
Mlder« (Manheim 1869), in welchen der Abschnitt »Stella« wohl als auto-
biographische Schilderung gelten mag. Die Verleger kamen ihr ermuthigend
l6o Berlepscb. Schwide.
entgegen, sie brach sich Bahn und ihre Arbeiten wurden gesucht. Dieselben
erregten die Aufmerksamkeit des als Bienenzlichter bekannten Freiherrn von
Berlepsch; es entspann sich eine Correspondenz, welche mit einer Ehe ab-
schloss. Seitdem flihrte sie auch als Schriftstellerin den Namen ihres zweiten
Gatten und lieferte fUr deutsche und amerikanische Feuilletons Erzahlungen
und Romane, welche, namentlich in Frauenkreisen, grossen Anklang fanden.
Besonders liebte sie »Nacherz&hlungen« und Bearbeitungen von englischen
und amerikanischen Vorbildern, insbesondere der Mrs. Agnes Fleming,
Dora Thorne, Mary Holmes, Evans Wilson, A. S. Seffens, M. Clay und M.
F. Caldow, welche erst bei verschiedenen Verlegern und dann als eigene
»Roman- und Familienbibliothek« in 26 Banden (Regensburg 1895 ff.) in
Auswahl erschienen. Der »Frauenfrage« widmete sie eine besondere Sorgfalt,
wie auch ein theilweise autobiographischer Artikel in Beilage 289 der
»AUgemeinen Zeitung« vom 16. October 1875 beweist. Mit Rath und That,
soweit es ihre in ausdauerndem Fleisse mUhsam erworbenen Mittel erlaubten,
steuerte sie der socialen Noth und suchte auch Andere zu gleich lttblichen
Leistungen zu gewinnen.
Vgl. Sophie Pataky, Lexikon deutscher Frauen der Feder. 1898 S. 57 ff. Beilage 75
»Allgem. Ztg.« 1. April 1899.
Hyac. Holland.
Schwade, Heinrich, Bildhauer, » 27. November 1843 zu Erfurt (ThUringen),
f 26. September 1899 in MUnchen; erwarb die erste Schulung im Ornamenten-
Fach in seiner Heimat, empfing *86i an der Kunstschule zu Bonn weitere
Forderung. S. begab sich zur Ausbildung im figuralen Gebiete nach
Mtinchen, wo er die Polytechnische Schule hospitirte und von 1863 — 1869
als Schliler der Akademie bei Professor Max Widemann rasche Forschritte
machte und fiir seine Arbeiten bald die silberne Ehrenmedaille und folge-
richtig auch ein preussisches Staatsstipendium erhielt. Die ersten nach den
EntwUrfen des Dombaume^ter Gtildenpfennig, gemeinsam mit Holzhey fiir
den Bischof Conrad von Paderborn gelieferten Auftrage machten dem Kiinstler
einen guten Namen, also dass bald viele Bestellungen fiir Kirchen in Baiern
und den preussischen Provinzen erfolgten, sowohl Reliefs, Einzelstatuen,
kleinere und grOssere Altare, auch kunstgewerbliche Arbeiten, darunter ein
origineller mit Figuren gezierter Biicherschrein mit architektonischem Abschluss
im Spitzbogenstil u. dgl. Drei gothische Altare lieferte S. fiir Sonnendorf
bei Worth, auch bethatigte er sich an der Restauration der Pfarrkirche zu
Blindheim (bei Dillingen) und Gundelfingen; zwolf colossale Apostel-Statuen
kamen in die Michaelskirche zu Breslau (No. 194 »Schlesische Volkszeitung«
1894), eine »Piet&« in die Pfarrkirche zu Bad - Aibling. Sehr anmuthende
stilgerechte Statuetten, Gruppen und Flachreliefs fertigte S. fiir Marggraffs
Altarbauwerke z. B. nach Zabern und Immenstadt, auch schnitt er mit tiefer
Empfindung viele Crucifixe; 1877 und 1881 veranstaltete er zu Wlirzburg,
Bonn und Ntirnberg 1896 Ausstellungen seiner Leistungen, welche ihm Ehren-
diplome und Medaillen zuzogen. Die starke Willens- und Schaffenskraft des
nur seiner Kunst lebenden Mannes lahmte ein schweres korperliches Leiden.
Vgl. Bericht des MUnehener Vereins fiir christliche Kunst. 1899, S. 12.
Hyac. Holland.
Hausegger. Raif. Schurig. x6f
Hausegger, Friedrich von, Dr. jur., namhafter Musik -Aesthetiker und
-Kritiker, * 26. April 1837 zu St. Andra in Karnthen, f 23. Februar 1899
zu Graz in Steiermark. Nach Absolvirung der Gymnasialstudien besuchte H.
die Wiener Universitat, die er als Dr. jur. utr. verliess. Schon wahrend seiner
Studienzeit erwarb er sich bei Gottfr. Salzmann, dann bei DessofF ansehnliche
Kenntnisse in Contrapunkt und Compositionslehre. 1870 ttbersiedelte er nach
Graz, wo er die Advocaturspraxis austibte, sich aber nebenher als Docent an
der Universitat habilitirte und flir die Grazer »Tagespost«, spater flir das
» Grazer TageblatU gedankenreiche, flir Ktinsder und Publikum belehrende,
im vomehmsten Tone gehaltene Kritiken tiber Musik schrieb. 1878 erschien
sein Buch »R. Wagner und Schopenhauer «, 1885 sein Hauptwerk »Die Musik
als Ausdruck«, 1890 »Das Jenseits des Kflnstlers*. Ausserdem die kleineren
Schriften »Die klinsderische PersonlichkeiU und »Die Anfange der Harmonies.
Rich. Heuberger.
Raif, Oskar, ein brillanter Claviervirtuose, * am 31. Juli 1847 im Haag,
f den 29. Juli 1899 zu Berlin. Seine Jugendzeit ist bisher in Dunkel gehtillt,
erst als er um 1870 nach Berlin kam, Schiller Taussigs wurde und bald darauf
offentlich auftrat, erweckte er durch seine eminente Technik die Aufmerksam-
keit der Kunstwelt und schon im Jahre 1875 wurde er als Lehrer an der
Berliner Hochschule flir Musik angestellt. Hin und wieder trat er auch als
Pianist offentlich auf, doch legte er seine Hauptthatigkeit auf die Erziehung
junger Pianisten und zog sich von der Oeffentlichkeit nach und nach immer
mehr zuriick. Seine Leistungen als Componist sind nicht hervorragend und
nur Weniges erschien im Druck, darunter ein Clavier- Concert mit Orchester
als op. 1 im Jahre 1878 und zur selben Zeit als op. 11 eine Sonate flir Piano-
forte und Violine in G-moll. Beide erschienen in Leipzig bei Breitkopf & Hartel.
Die iibrigen Drucke von op. 2 bis op. 9 sind Salonptecen flir Pianoforte, die
nur unter seinen Schtilern eine Verbreitung fanden.
Quelle: Lessmanns Musikzeitungen und seine im Druck erschienenen Werke.
Rob. Eitner.
Schurig, Julius Wilhelm Volkmar, Componist, * am 24. Februar 1822
zu Aue (sachsisches Erzgebirge), f 31. Januar 1899 zu Dresden. Begann seinen
Lebenslauf als Seminarist in Dresden, wo er Schtiler Joh. Schneiders, Jul. Ottos
und Th. Uhligs in der Musik war. Hier zeichnete er sich bereits in der Musik
so vortheilhaft aus, dass aus dem Schullehrer ein Musiker wurde. Schon 1842
ernannte ihn die jlidische Gemeinde in Dresden zu ihrem Chordirector in der
Synagoge, zugleich erhielt er 1844 den Organistendienst an der anglikaniscben
Gemeinde, 1856 rief man ihn nach Pest als Cantor und Organist der evan-
gelischen Gemeinde, wo er auch eine Liedertafel griindete. Im Jahre 1861
kehrte er wieder nach Dresden zuriick und bekleidete an der Landes-Blinden-
anstalt den Gesanglehrerposten, den Cantorposten an der St. Annenkirche und
seit 1896 ertheilte er an der Rollfuss'schen Akademie fur Musik den Unter-
richt fUr Theorie. Sein freundliches, schlichtes Wesen erwarb ihm (iberall
bei Jung und Alt, Schtilern und Eltern die w&rmsten Sympathien und iibertrug
sich selbst auf seine Compositionen, die einen sanften, beruhigenden Charakter
tragen. Sowohl kirchliche Chorgesange, geistliche Duette (opus 19, 28, 38
Btogr. Jahrbuch u. Deutscher Nekrolog. 4. Bd. X I
1 62 Schurig. Reimer. Raab.
und 45), Gesange filr Knaben- oder Frauenstimmen, patriotische Lieder, Kinder-
lieder mit Clavierbegleitung, die sich als vorzUgliche kleine Kunstwerke aus-
zeichnen, als zahlreiche Orgelcompositionen sind Zeuge seiner Empfindungsweise.
Quelle: Hugo Riemanns Musik-Leukon, Hofmeisters Verzeichnisse.
Rob. Eitner. •
Reimer, Dietrich, Verlagshandler, * 13. Mai 18 18 als der dritte Sohn
von Georg Andreas R. in Berlin, f 15. October 1899 daselbst. R. eroffhete
1845 * m vaterlichen Hause eine Buch- und Landkartenhandlung, 1847 iiber-
nahm er den grfissten Theil der geographischen Werke und des Kunstverlags
von Georg Reimer. Bald entwickelte sich auch eine grossere selbstandige
Verlagsthatigkeit, die sich hauptsachlich auf Geographie, Ethnographie, Meteoro-
logie etc. concentrirte. Eine Menge gediegener Landkarten, Atlanten und
Wandkarten, besonders unter Bearbeitung von Heinrich und Richard Kiepert,
gingen aus dem Verlage hervor, ebenso hervorragende Zeitschriften der Erd-
kunde. 1852 erfolgte der Ankauf der Adami'schen Globen, die spater durch
H. Kiepert bearbeitet wurden. Das Sortimentsgeschaft ging 1858, der Verlag
1 89 1 in andere Hande tiber, w&hrend R. den Rest seines arbeitsreichen Lebens
in wohlverdienter Ruhe verlebte.
Verlags-Katalog von Dietrich Reimer 1845 — 95. — Bttrsenbl. f. d. dt. BuchhdL 1895
No. 6, 1899 No. 243.
H. Ellissen.
Raab, Johann Leonhard, Kupferstecher und Radirer, Akademieprofessor,
Wirkl. Geheimer Hofrath, * 29. Marz 1825 zu Schwaningen (bei Ansbach),
f 2. April 1899 * n Mtinchen; erhielt seine Erziehung und Schulbildung in
Ntirnberg, auch die erste Unterweisung an der dortigen Kunstschule bei Carl
Mayer und Albert Reindel. Auf der Miinchener Akademie machte 1844 sich
R. auch mit der Technik der Malerei vertraut, oblag aber dann zu Niirnberg
durch zwei Decennien mit grosstem Fleisse der Kupferstecherkunst. Viele
kleine und grosse, meist fiir Verlagsbuchhandler gelieferte Platten zeugen von
seiner unermtidlichen Sorgfalt, welche damals schon ein besonderes Augen-
merk auf malerische Wirkung und Charakteristik bei der Wiedergabe des je-
weiligen Vorbildes erstrebte. Dazu gehoren die Blatter nach Lessing (Luther
verbrennt die Bulle; Anschlagung der Thesen), Jos. Petzl (Novize), FlUggen
(Weinprobe und Morgengruss), Vautier (Vor Gericht), Arthur von Ramberg
(Die Erklarung), J. Becker (Sttirmische Landschaft mit der Staffage eines auf
seine Tochter gesttttzten blinden Bettlers; die brieflesenden Madchen), Kindler
(Die Verlassene auf dem Tanzboden) und die Bildnisse des Prinz Albert,
Gemahls der Konigin Victoria, Blumenbach, Alex, und Willi, von Humboldt,
Kant (nach Dobler), W. von Kaulbach (nach Friedrich Kaulbach) u. s. w.,
wodurch R. einen so hervorragenden Namen gewann, dass er 1866 bei Julius
Thaters Abgang an die MUnchener Akademie als Professor der Kupferstich-
kunst berufen wurde. Hier organisirte R. eine Antiken- und Naturklasse und
vereinte eine Menge sehr verschiedenartiger Schtiler, denen er, ebenso wie
Piloty, ihre Eigenart zur vollen Gestaltung ausbildete, darunter den Xylo-
graphen W. Hecht, die Radirer Peter Halm, Karl Rauscher, Joh. Fr. Deininger,
Wilh. Schmidt, Karl Stauffer-Bern u. v. a. Mit ihnen trat des Meisters eigene
Raab. Fftrster. 163
Tochter, die neben ihrem Vater in hochster Genialit&t wetteifernde Doris Raab,
als selbst&ndige Kllnstlerin in den Vordergrund. — In Mtinchen entstanden
R.'s Stiche nach Feuerbach (Pieti), Kaulbach (Goethes Frauengestalten: Lotte
den Geschwistern Brot schneidend; Leonore; Goethe am Hof zu Weimar;
Dorothea und die Auswanderer), Pecht (Clavigo, Heinrich VIII. und Anna
Boleyn), insbesondere aber die flinfzig Blatter nach den »Meisterwerken der
Alten Pinakothek* (Mtinchen, Verlag von P. Kaeser, mit Text von Fr. v. Reber),
welche in der feinempfundenen Reproduction der so hochst verschieden ge-
arteten Originate wie Holbein, Dtirer, Roger van der Heyden, Rubens, van
Dyck, Tizian, Paolo Veronese, Rembrandt, Tenier, Murillo, Tiepolo das Er-
staunlichste leisteten. Zwei Blatter nach Raphael Santi (die Madonna Tempi
und jene di Foligno) fertigte R. 1875 und 1880 ftir Bruckmann. Einformiger,
immerhin aber durch ihre packende Wahrheit anziehend, erschienen die Bild-
nisse seiner »Zeitgenossen«, welche R. unmittelbar nach dem Leben radirte,
darunter Lenbach, Carl Piloty, Wagmliller, Jos. Knabl, Franz Adam, Kaspar
Zumbusch, Gottfried Neureuther, Defregger u. A. Nachdem der Meister ein
Vierteljahrhundert an der Akademie gewaltet hatte, veranstalteten ihm seine
dankbaren Sch tiler (1894) eine brillante Feier, voll Witz, Laune Geist und
rtihrender Ehrung. Dann trat er 1895 mit dem Titel eines Kgl. Geheimen
Hofrathes in die wohlverdiente Ruhe. Aber auch jetzt noch griff er zu
Pinsel und Palette und make mehrere grosse Bildnisse, bis ihm die fiihlbare
Schwere des Alters auch diese stille Freude verleidete. R. erhielt viele Aus-
zeichnungen : den Orden vom heilig. Michael I. Klasse und den italienischen
Kronorden, die Ehrenmitgliedschaft der Akademien in Berlin, Wien, Brtissel,
Antwerpen und Mtinchen, goldene Medaillen von den Ausstellungen in
Ntlrnberg, Mtinchen, Wien, Berlin, Paris, Madrid, ein Ehrendiplom von
London.
Hoff, Ludwig Richter 1877 S. 467. Apell, Handbucb 1880 S. 344. Lauren*
Mlillner, Litcrar. u. kunstkritische Studicn, 189$. Fr. von Btttticher, Malerwerke 1898,
II, 340. Das Geistige Deutschand 1898, I, 540. Abendblatt 94 »AUgero. Zeitungc,
5. April 1899. No. 2913 »IUustr. Ztg., 27. April 1899. Kunst fQr Alle, I.Mai 1899
S. 236. Kunstvereins-Bericht fQr 1899 S. 78.
Hyac. Holland.
FSrster, Sophie, eine gefeierte Concert- und Btihnen-Sangerin, Tochter
des Professor Ebel zu Berlin, * daselbst 1831, f 27. Februar in Wien. Dire
schdne ausgiebige Sopranstimme erweckte schon frilh die Aufmerksamkeit
der Kunstfreunde. Beim KgL Chordirector Elster in Berlin machte sie ihre
ersten Studien, dann lernte sie Jenny Lind kennen, die sie in die Geheim-
nisse der Gesangskunst einweihte, technische Studien und Stimmenbildung
lernte sie dann bei Teschner in Berlin. Die inzwischen erfolgte Verheiratung
mit dem Hofrath F. C. FOrster hatte auf ihre Bestrebungen sich zu ver-
vollkommnen keinen Einfluss, denn es wurde fleissig weiterstudirt. Im Jahre
1854 trat sie in Leipzig zum ersten Male in einem Concerte auf und
begriindete ihren bedeutenden Ruf, der ihr uberall voraufeilte und die Wege
ebnete, so dass sie eine vielbegehrte Concertsangerin wurde und fast bei
keinem Musikfeste fehlen durfte. Seit 1855 lebte sie in Dresden und studirte
dort eine Reihe Rollen ein, um sich der BUhne zu widmen, trat 1861 in
Erfurt auf, dann in Meiningen und darauf in Miinchen als Primadonna, wo
sie bis 1866 die grossten Triumphe feierte. Nach der Zeit trat sie von
164 Pdrster. Rotter. Buch nicker.
jedem Sffendichen Auftreten zuriick, ging nach Wien und ertheilte Gesang-
unterricht. Da sie besonders von Amerikanerinnen aufgesucht wurde, so lebt
jenseits des Oceans Hire Gesangskunst durch ihre Schliler weiter. Trotz ihrer
BUhnenerfolge standen ihre Leistungen als Liedersangerin untibertroffen da
und entziickte in Privatkreisen, in denen sie einst ein vielbegehrter Gast war.
Quellen: Signale von Senff. Mendel-Reissmann's Musik-Lexikon.
Rob. Eitner.
Rotter, Josef Arthur, Kirchenmusiker, * 6. August 1832 zu Pitkau in
Oesterreichisch-Schlesien, f 28. Marz 1899. Erhielt seinen ersten Musik-
unterricht von seinem Vater, der Schullehrer und Regens chori war. Im
Gymnasium des Augustinerklosters in Altbrunn absolvirte R. seine humanistischen
Studien und bethatigte sich nebenher als Kirchenchorsanger, wohl auch zu-
weilen als Dirigent. Spater wurde er Erzieher, dann Postbeamter; i860 trat
er aus dem Staatsdienste, um sich der Musik zu widmen, und wurde Dom-
sanger, Capellmeister und Gesangslehrer in Raab in Ungarn. Seit 1869 war
R. als Chormeister mehrerer Gesangsvereine in Wien, von 1870 an als Regens
chori an der Alt-Lerchenfelder Kirche thatig. In dieser Stellung wirkte er
anregend und verdienstlich sowohl durch die sorgfaltige Art der von lhm ge-
leiteten Aufftihrungen, als auch durch seine zahlreichen kirchlichenCompositionen.
Rich. Heuberger.
Buchrucker, Carl Christoph Wilhelm v., Dr. theol., Oberconsistorial-
Rath und Kgl. Geheimrath, * 19. November 1827 in Kleinweisach, f 29. Jan.
1899 in Mtinchen.
B. war der Sohn eines alten frankischen Pfarrergeschlechts, das in ftinf
Generationen aufwarts in ununterbrochener Folge dem geistlichen Stande
ttichtige Vertreter zugefiihrt hat. In seinem Geburtsort Kleinweisach bei Burg-
Haslach im Steigerwald, an der Grenze von Ober- und Mittelfranken, ist
bereits sein Grossvater 30 Jahre lang Pfarrer gewesen. In dem Lebensbild
dieses eigenartigen und lebensvollen Marines, das der Enkel dem Vater zu
dessen 5ojahrigem Amtsjubilaum 1876 als Festgabe uberreichte, »Ein Seel-
sorgerleben aus der Wende des vorigen und des gegenwartigen Jahrhunderts«,
ist der Familiengeschichte dieses ehrwtirdigen Pastorenhauses ein bleibendes
Denkmal gesetzt. Der Vater Carls, eine warmherzige, johanneisch-milde,
gesundfromme Personlichkeit, unterrichtete zunachst seinen erstgeborenen und
einzigen Sohn seiner frlih verstorbenen ersten Gattin bis zu seinem 14. Jahre
daheim. 1841 folgte dann der Eintritt in das Gymnasium zu Erlangen, das
unter Ludwig Doderleins Leitung in frischem und klassischem Geist zu hoher
Bltithe gekommen war. Zugleich fand Carl im Hause der Grossmutter —
nachdem der Vater sich in zweiter Ehe mit Caroline von Jahn, der Tochter
des in Wesel mit erschossenen Adjutanten Schills, verheirathet hatte —
flirsorgliche Aufnahme. 1846 begann das Universitatsstudium, im ersten Jahr
mit allgemeinen und philosophischen Disciplinen, noch zum Theil unter Doder-
leins Ftihrung. Bald aber schloss B. sich zu ernster theologischer Arbeit ins-
besondere Hofmann an, der im Verein mit Thomasius, Hofling und dem eben
eingetretenen Delitzsch sich mehr und mehr als das Haupt der neuen Er-
langer Schule erwies. Doch auch an dem studentischen Leben nahm B.
Buchrucker.
165
durch seinen Eintritt in die Burschenschaft in jenen national-politisch tiefer-
rcgten Jahren lebhaftesten Antheil; cr wurde der berufene Redner und Dichter
seiner Verbindung. Der Ferienaufenthalt daheim fiihrte dann nicht selten zu
eingehenden theologischen Auseinandersetzungen mit dem Vater, der, dem
altrationalistischen Standpunkt seiner Jugendjahre mit der Zeit entwachsen,
mit dem Sohne bis an sein Ende (1881) in innigherzlichem Verh<niss ge-
standen hat. Nach Abschluss des akademischen Studiums nahm B. vorerst
(1850) eine Hauslehrerstelle bei Hofrath Dr. Ktister in Schwabach an und
erwarb sich, obschon nur ein Jahr dort thatig, im hohen Maasse allseitiges
Vertrauen. Ebensowohl bewahrte er sich in den ihm dann in rascher Folge
iibertragenen Pfarrvicariaten in Burgfarrnbach, Obereisensheim und dem (1866
an Preussen abgetretenen) Rhdnstadtchen Gersfeld, so schwierig und misslich
nicht selten solch ein Posten an der Seite eines alteren geistlichen Herrn
oder in ganz interimistischer selbst&ndiger Verwaltung eines Pfarrsprengels zu
sein pflegt. Ueberanstrengung seiner Krafte in der von einer Typhusepidemie
heimgesuchten Rhongemeinde Gersfeld nothigten ihn zu einer Ruhepause, die
ihm zugleich zur letzten Vorbereitung auf die II. theologische Priifung diente.
1854 endlich wurde dem Siebenundzwanzigjahrigen durch das graflich Castellsche
Patronat die erste eigene Seelsorgergemeinde in Oberlaimbach im Aischgrunde
ttbertragen. Hier hat B. an der Seite seiner jungen Gattin, einer Tochter des
graflich Pucklerschen Patrimonialrichters Nittinger in Burgfarrnbach, neun Jahre
in gliicklicher und fleissiger Stille gewirkt und in regem personlichen Verkehr
mit seinem alten Lehrer Hofmann in Erlangen den guten Grund zu seiner
nachmaligen reichen literarischen Thatigkeit gelegt. Neben der keineswegs
vernachlassigten Arbeit an seiner nur 175 Seelen zahlenden Gemeinde fand
er die Musse, hier sein umfassendes dreibandiges Werk »Der christliche
Religionsunterricht in der Volksschule« als ein reichhaltiges und technisch
wohlgeordnetes Hiilfsbuch ftir die Hand des Lehrers zu schreiben (I. Band:
1859; II. Band: i860; III. Band: 1862). Zum praktischen Gebrauch ftir die
SchUler erschien aus seiner Feder 1863 »Die Biblische Geschichte. Nach ihrem
Zusammenbange mitWorten der hi. Schrift ftir die Volksschule erzahlu, in
der er in christocentrischer Zusammenfassung und Gruppirung die Heilsgeschichte
unter einheitlichem Gesichtspunkte behandelte, im Unterschiede von einer
Reihe bisher gebrauch ter biblischer Lehrbticher, in denen die Geschichten der
Bibel mehr oder weniger nach Geschmack und Auswahl ihrer Bearbeiter zu-
sammengestellt waren. Von der Brauchbarkeit des B.'schen Schulbuchs zeugt,
dass schon 1865 die bayerische Generalsynode seine Zulassung zum dffent-
lichen Gebrauch empfahl. Und nachmals hat es 50 Auflagen erlebt und ist
von der Generalsynode des Jahres 1897, ebenso wie B.'s Auslegung des
lutherischen Catechismus (seit 1867 in 67 Auflagen), als officielles Religions-
lehrbuch der lutherischen Landeskirche Bayerns bestatigt und allgemein ein-
gefiihrt worden. Inzwischen aber war auch in der ausseren Lebensstellung
des einfachen Dorfpastors die Wendung eingetreten. Zwar war ihm 1861,
als er sich in Niirnberg um eine Pfarrstelle bemtihte, nach seiner Predigt, die
er dort beim Bibelfest gehalten, der Bescheid geworden: »Ihre Gaben waren
uns recht, aber Ihre Richtung ist uns zu streng«. Doch bald danach, 1863,
berief ihn die ehemals Freie Reichsstadt Nftrdlingen als ihren III. Geist-
lichen; er wurde somit der Amtsgenosse von Adolph Stahlin, dem nachmaligen
Oberconsistorialprasidenten, der damals mit drei anderen, spaterhin ebenfalls
zu hohen leitenden Kirchenamtern berufenen Mannern die Nordlinger Gc-
1 65 Bach nicker.
meinde pastorirte. B. entfaltete hier bald eine rege Wirksamkeit: er rief
eine hohere Tochterschule ins Leben, grtlndete einen evangelischen Arbeiter-
Verein, richtete unter Mithiilfe von Neuendettelsauer Diakonissen eine regel-
massige Gemeindepflege ein, betheiligte sich im Kriegsjahre 1870/71 an der
Pflege der in dem Nordlinger Feldhospitale untergebrachten kranken und
verwundeten Krieger und half Sanitatsztige ftir den Kriegsschauplatz aus-
rilsten. Aus den von ihm geschaffenen Wander-Conferenzen ftir Innere Mission
ist der (1886 constituirte) Landesverein flir Innere Mission in Bayern er-
wachsen, nachdem das anfangs schwierige Verhaltniss zu Lohes bereits
bestehender »Gesellschaft fur Innere Mission im Sinne der lutherischen Kirche*
durch B. in befriedigender Weise geklart war. Endlich ruhte auch seine
literarische Arbeit in Nordlingen durchaus nicht. Neben den rasch nothigen
Neuauflagen seiner Biblischen Geschichte und Catechismuserklarung, an die
er immer wieder bessernde Hand anlegte, schrieb er hier fur seine Confir-
manden ein Beicht- und Communion-Buch, »Der Weg des Friedens«, das sich
allmahlich auch in fiinf Auflagen verbreitet hat. Bereits 1867 war er in
Nordlingen zur ersten Pfarrstelle emporgestiegen. Da kam ihm 1873 der
ehrenvolle Ruf, als erster Geistlicher und Decan die Leitung der protestan-
tischen Gemeinde in Mlinchen zu ubernehmen. Voile zwolf Jahre lang hat er
hier in vielverzweigter Arbeit in Kirche, Schule und Gemeindeseelsorge
gestanden, die auch von seinem Landesherrn durch die Verleihung des Ver-
dienstordens vom Heil. Michael anerkannt wurde, Insbesondere hat er sich
um die Erbauung der zweiten evangelischen Kirche Miinchens, zu St. Marcus,
hochverdient gemacht. Daneben fand er dann noch Zeit zu der (schon oben
genannten) Biographie seines Grossvaters Christian Friedrich B., sowie zu
einer Sammlung von Festpredigten : Die vGrossthaten Gottes* (Nftrdlingen,
Beck), und den beiden praktisch-methodologischen Werken: »Der Schrift-
beweis im Catechismus-UnterrichU (Gotha, Schloessmann) und den »Grund-
linien der kirchlichen Catechetik* (Berlin, Reuther). Auch die Begrundung
der »Neuen kirchlichen ZeitschrifU (1889) war wesentlich sein Werk. Das
Jahr 1885 aber hatte inzwischen ftir ihn den Eintritt in das Konigl. Ober-
consistorium gebracht, dem er die 13 letzten Arbeitsjahre seines Lebens in
unermudlicher Pflichttreue, vor Allem in eifriger Flirsorge flir die Fortbildung
und Festigung des jungen geistlichen Nachwuchses gewidmet hat. So wurde
ihm nach Stahlins Tode 1897 der Posten des Prasidenten des Oberconsistoriums
angetragen. Er schlug ihn aus, da er fiihlte, dass seine nachlassenden Krafte
demselben nicht mehr gewachsen waren. Ja, nachdem er noch seinen
70. Geburtstag in erfreulicher Frische im Amte gefeiert hatte, erbat er sich
den Rucktritt in wohlverdienten Ruhestand, in dem er noch einen langeren
Feierabend in wissenschaftlicher Musse ftir sich erhoffte. Sein Landesherr
hatte ihn zur Wurde eines Konigl. Geheimrathes und durch den Civilverdienst-
orden der bayerischen Krone zu personlichem Adel erhoben. Von der Uni-
versitat Erlangen war ihm bereits 1887 die theologische Doctorwurde ver-
liehen. Aber nicht langc sollte er sich seines Otium cum dignitate erfreuen.
Eine schwere Krankheit, die ihn ohne sein Wissen befallen hat, raffte ihn
ohne langen Todeskampf beim ersten Ansturm hinweg. Am 31. Januar 1899
ward er unter allgemeiner Theilnahme auf dem Ostlichen Friedhofe bestattet,
auch im Tode noch durch eine reiche Kranzspende des Prinzregenten geehrt.
Von seiner reichgesegneten Lebensarbeit ftir die gesammte bayerische Landes-
kirche, wie von seiner edlen, liebevollen, jeder schroffen Harte abholden
Buchruckcr. Schrtider. i6y
Personlichkeit haben am Grabe und im Trauerhause Decan Kahl und Ober-
consistorialprasident Dr. Schneider ehrendes und ergreifendes Zeugniss gegeben.
VgL O.-C-Rath K. Burger in: Neue Kirchl. Zcitschrift 1899 S. 361—376; 443—454.
Allg. cv. loth. KirchcnxcituDg 1899 S. 118— 119; 142 — 143.
Kohlschmidt
Schrftder, Hugo, Geheimer Justizrath, * 10. April 1829 in Insterburg,
f 25. September 1899 in Eisenach.
Wenn hier dem verdienten und vielthatigen Juristen und Parlamentarier,
dem langjahrigen Redacteur der 'National -Zeitungc und Mitarbeiter am
•Biirgerlichen Gesetzbucb« der Nekrolog von der Hand eines Theologen ge-
schrieben wird, so hat das fiir jeden Kundigen seinen guten Grund darin,
dass der Verstorbene nach dem bedeutsamsten Theile seiner offentlichen
Wirksamkeit der kirchenpolitischen und innerkirchlichen preussisch-deutschen
Geschichte der letzten 30 Jahre angehort. S. entstammte zwar dem fernsten
Winkel Ostpreussens; seine Lebensarbeit aber hat von der vollen Kraft seiner
Mannesjahre an bis zum Feierabend des fast Siebzigjahrigen in der Reichs-
hauptstadt gewurzelt. Noch wahrend seiner Knabenjahre folgte er dem Vater,
der nachmals als President des Berliner Stadtgerichts gestorben ist, nach
Konigsberg und trat hier dem freimtithigen und freisinnigen Garnisonpfarrer
Rupp — als dieser noch nicht aus der Landeskirche hinausgedrangt war —
im Confirmations-Unterricht herzlich nahe. Im vaterlichen Hause herrschte
ein reger Verkehr von geistig bedeutenden und im offendichen Leben ein-
flussreichen Mannern, sodass schon in jungen Jahren tiefe und bleibende Ein-
drlicke kirchlicher wie politischer Natur auf ihn einwirkten. Nach Vollendung
seiner juristischen Studien widmete er sich zunachst der staatsanwaltschaft-
lichen I^aufbahn, begann aber bereits 1862, als er in das preussische Ab-
geordnetenhaus gewahlt wurde, weitergehende politische Thatigkeit, wesentlich
im Rahmen der liberalen Partei. In den erregten Kampfen um die Militar-
Organisation trat er demgemass den Gegnern der Mehrkostenforderung bei
und hatte daraufhin zu wahlen zwischen Aufgabe seiner parlamentarischen oder
seiner beruflichen Stellung. Kr gab letztere preis und hat in der Folge auch in
ausgedehnter publicistischer Arbeit, insbesondere als Redacteur der » National-
Zeitung« fiir seine politischen Ideale gekampft. Der Aufgang der > liberalen
Aera« unter Falk machte 1875 ^ m ^ en Rucktritt in den Staatsdienst moglich;
er wurde zunachst Rath beim Stadtgericht in Berlin und nach zwei Jahren,
1877, bereits zum Konigl. Kammergerichtsrath ernannt. Nach Begriindung
des Verwaltungsgerichts trat er in dieses ein, ebenso in den Bezirksausschuss
fiir den Stadtkreis Berlin. Doch gleichzeitig mit seinem ersten parlamen-
tarischen Auftreten hatte auch seine kirchliche und kirchenpolitische Stellung-
nahme und Wirksamkeit begonnen. Schon 1862 wurde er Mitglied des von
den freigesinnten Predigern Lisco und Sydow geleiteten Berliner »Unions-
verein«, fiir dessen Angliederung an den im Jahre darauf, 1863, in Frank-
furt a. M. begriindeten »Protestantenverein« er einer der eifrigsten Forderer
war. So kam es, als 1874 die Leitung dieses in seinen jungen Jahren offent-
lich so bedeutsamen Vereins von Heidelberg nach Berlin verlegt wurde, dass
das Prasidium bald (1880) auf S. Uberging. Eine weitumfassende Thatigkeit
wurde nun von ihm entwickelt, die bei allem mannhaften Festhalten an den
liberalen Principien, doch in gesunder »Realpolitik« zunachst das Erreichbare
x 68 Schroder.
an die Hand nahm und das Gute, wo es sich hot, hinnahm, auch wenn es
seinem Idea] des Besseren noch nicht entsprach. So hat er schon in den
7oer Jahren bei den Kampfen und Vorarbeiten fiir eine neue Verfassung der
preussischen Landeskirche auf der Grundlage der Selbstbethatigung der Ge-
meinden die Vorlage der Regierung, so klar er die Mangel derselben erkannte,
zu Stande zu bringen helfen; in der Hoffnung, dass auch innerhalb der da
gebotenen Formen und Befugnisse das kirchlich-liberale Btirgerthum zur kirch-
lichen Mitarbeit mehr und mehr sich heranziehen lassen wtirde. Gerade in
Berlin hat S. trotz vieler Enttauschungen und oft erbitterter Parteikampfe un-
ermiidlich und opferfreudig um dies Ziel gerungen; insbesondere nachdem
ihm der Vorsitz in der »vereinigten Kreissynode* durch die Majoritat seiner
Parteifreunde zehn Jahre lang (ibertragen war. In dieser Stellung hat er sich
auch nicht gescheut, das Odium der vielberufenen Berliner Kirchsteuerregelung
auf sich zu nehmen, da er zu der Gewissheit kam, dass auf anderem Wege
den schreienden kirchlichen Nothstanden der Reichshauptstadt nicht abzuhelfen
war. So trat er auch dem von der jungen Kaiserin ins Leben gerufenen
»Kirchlichen Hulfsverein« als thatiges Mitglied bei und hat vor Allem beim
Bau der Kaiser Wilhelm-Gedachtnisskirche kraftig mitgewirkt. Ebenso hatte
das Comity zur Errichtung eines Lutherdenkmals in Berlin in ihm den eif-
rigsten Forderer und es war ihm eine hohe Freude, noch im Jahre vor seinem
Scheiden, das Standbild des Reformators am n. Juni 1895 vollendet und
enthtillt zu sehen. In seiner St. Lucas-Parochie war er lange Jahre stellver-
tretender Vorsitzender des Gemeindekirchenraths. Bei den monatlichen Ver-
sammlungen der Vertrauensmanner der Kirchlich-Liberalen Berlins lag die
Leitung in seinen Handen. So war er selbst auch Vertrauensmann in den
weitesten Kreisen; sogar von amtlichen Stellen wurde nicht selten sein Rath
und Votum eingeholt, sodass das Scherzwort von dem »Schroderschen Neben
regiment « des thatsachlichen Untergrundes durchaus nicht entbehrte. *Was
ihn zu solcher Fiihrerrolle befahigte, war seine vielgestaltige, in einem reichen
politischen Leben errungene Erfahrung und seine vielseitige Bildung . . . Alle
Seiten seiner Bildung fasste S. aber zusammen in hingebender Arbeit fiir eine
Erneuerung und Reform unserer protestantischen Landeskirchen . . .« Ihre Er-
starkung von innen heraus, nicht durch irgend wie ausserlich uniformirenden
kirchenregimentlichen Zusammenschluss, am wenigsten etwa unter dem domi-
nirenden Einfluss der preussischen Staatskirche, erstrebte er. Grosse sichtbare
Erfolge sind seinem Streben allerdings nicht beschieden gewesen. »Leute
wie wir haben kein Gltick*, damit hat er manchmal sich und seine Freunde
getrostet, aber sich doch seine arbeitsfreudige Energie, die tief in seiner sitt-
lichreligiosen Personlichkeit wurzelte, nie in thatloser Resignation brechen
lassen. Als er Abschied nahm von der Statte seiner jahrzehntelangen Lebens-
arbeit, um in einem schonen Heim am Fusse der Wartburg Feierabend zu
halten, ist ihm in ergreifender Abschiedsfeier gebiihrender, ehrender Dank
auch durch den Vertreter der Stadt Berlin bezeugt worden. Aber nur wenige
Jahre wohlverdienter Ruhe waren ihm vergonnt. Er starb an den Folgen
einer schmerzhaften Venenentziindung. Seine irdischen Ueberreste wurden
seinem Willen gemass in Gotha den Flammen tibergeben.
Deutsches Protestantenblatt 1899, No. 44. Protestant No. 40. Protestantische Zeit-
stimmcn X, (1896) S. 41— 53.
Kohlschmidt.
Henkel. Rothbart 169
Hcnkel, Hcinrich, Musikdirector, * 16. Februar 1822 zu Fulda, f 10. April
1899 zu Frankfurt a. M. Schuler seines Vaters Michael Henkel und spater
von Anton Andrd und Ferdinand Kessler. Trat als Klaviervirtuose auf,
errichtete in Fulda einen Gesangverein und vertrat seinen kranken Bruder als
Musiklehrer im Schullehrer- Seminar. 1846 — 1847 lebte er in Leipzig, 1848
wieder in Fulda und erst 1849 wahlte er Frankfurt a. M. als Wohnsitz, wo
er sich ganz dem Lehramte in der Musik widmete, eine Musikschule errichtete,
einen Kirchengesangverein grttndete und alljahrlich zur Winterzeit Kammer-
musik-Concerte veranstaltete, in denen er als Pianist auftrat und besonders
die klassischen Meister pflegte. Schon als Schiller von Andr£ ordnete er die
von Andr£ von der Wittwe Mozarts erworbenen Handschriften und fertigte
einen thematischen Katalog an, den Andrt dann unter seinem Namen heraus-
gab und der heute schon zu den grossten Seltenheiten gehOrt. Als Componist
gab er Lieder, Chorgesange und Clavierpiecen, sogenannte Salonpiecen
heraus. Sein Hauptverdienst besteht in den zahlreichen Lehrmethoden, so-
wohl theoretisch wie praktisch, die er im Laufe seines Lebens herausgab.
Dazu gehort eine Vorschule des Clavierspiels (technische Studien), eine Me-
thodik des Clavierunterrichts, ein Fiihrer durch die Clavierliteratur. Der
Mechanismus des Clavierspiels, alles Werke, die auf langjahriger Erfahrung
beruhen und von Vielen zu Nutz und Frommen bentitzt wurden. Ferner
schrieb er eine Biographie Aloys Schmitt, gab eine neue Ausgabe von Anton
Andres Lehrbuch der Tonsetzkunst 1875 heraus und schrieb »Mittheilungen
aus der musikalischen Vergangenheit Fuldas«. Ein- und mehrstimmige in-
structive ViolinstUcke gab er heraus. 1883 erhielt er den Titel eines Kgl.
Musikdirect6rs.
Quellen: Mendel-Reissmanns Musik-Lexikon. Hugo Riemanns Musik-Lexikon 5. Aufl.
Rob. Eitner.
Rothbart, Ferdinand, Historienmaler und Illustrator, Conservator des
k. Kupferstich- und Handzeichnungs-Cabinets, * 3. October 1823 zu Roth am
Sand, f 31. Januar 1899 in Mlinchen. R. kam mit seinen Eltern frlihzeitig nach
Nlimberg und erlebte nach dem Tode seines Vaters, welcher eine Draht-
flechterei besass, eine an schweren Erfahrungen reiche Jugend. Das mechanische
Coloriren von Landkarten und Bilderbogen weckte seine Liebe zur Kunst,
welche durch den Vorgang seines alteren Bruders Georg Rothbart (• 181 7,
f 1896, herzoglicher Oberbaurath und Geh. Hofrath zu Coburg) weitere
Nahrung erhielt. Bald erwarb er in der Technik der Lithographie und bei
H. L. Petersen im Gebiete des Kupferstiches und der Radirung schone Kennt-
nisse und praktische Uebung. Mit Feuereifer warf er sich auf das Gebiet der
Illustration und lieferte ftir verschiedene Buchhandler und Verleger allerlei
Arbeiten von eigener Erfindung und Composition. Spater tibersicdelte er nach
Stuttgart, wo er fUr Guhl und Caspar's »Denkmaler der Kunst« viele treffliche
Platten radirte, flir die Konigin Olga sehr schone Aquarell- und Architektur-
bilder malte (theilweise auch gestochen von E. Dertinger und A. Schultheiss,
z. B. der »Schweizerbub'«, »Deserteur«, »Die Nonne«) und mit der Firma
G. Scheitlin in Beziehungen trat. Einen guten Namen errang sich R.
durch seine Illustrationen zu den Erzahlungen der damals als Schriftstellerin
auftretenden Isabella Braun, insbesondere zu den von ihr begriindeten, heute
noch (im Verlag von Braun & Schneider zu Mttnchen) florirenden ^Jugend-
I yo Rothbart.
blattern«. Der erste grossere Auftrag erwuchs dem K tins tier in Coburg: im
Laubengang des herzoglichen Schlosses malte er das jeden Besucher so an-
genehm ttberraschende und erfreuende grosse Fresco mit dem »Brautzug des
Herzogs Casimir«, eine sehr gelungene Leistung; nebenbei ordnete er auch in
mustergiltiger Weise die reiche Sammlung von Kupferstichen und Hand-
zeichnungen des kunstsinnigen Herzogs Ernst. In MUnchen lieferte R. Titel-
blatter zu Wielands sammtlichen Schriften (Leipzig 1853 — 58 in 36 Banden),
zu Schillers Werken (Stuttgart 1853 in 12 Banden), zu Goethes »Gotz« (Berlin,
bei Grote) und Hebels »Erzahlungen des Rheinischen Hausfreundes*. Auch
entstanden die drei Blatter zu Adolf Bottgers »Dichtergarben«, zu N. Ducros'
»Pamasse Fran$ais« (beide gestochen von C. Geyer) und der ^British Lyric*
von W. O. Elwell (gestochen von A. Schultheiss, sammtlich im Verlage von
George Westermann in Braunschweig), wobei er, ebenso wie bei G. Scherers
^>I)eutschem Dichterwald« (1857), die nationale Charakteristik der betreffenden
Dichtungen zum pragnantesten Ausdruck brachte. Zur historischen Galerie
des von Konig Max II. begrllndeten Mtinchener National-Museums wurde R.
mit Frescobildern betraut, deren Stoffe ganz der geschichdichen Richtung des
Malers geeignet schienen: Wie Kaiser Ludwig der Bayer der Stadt Nurnberg
neue Rechte verleiht; die Predigt des Johann Capistran zu Nllrnberg (1452)
und die Grundung der ersten Buchdruckerei zu Bamberg durch Albrecht
Pfister (aus dessen Officin die Ausgabe von Boner's »Fabeln« hervorging).
Ueber der Ausftihrung dieser grossen Arbeiten hatte sich R.'s Gesundheit
bedenklich verandert, so dass ein langerer Aufenthalt im Stiden dringend
geboten schien. Gleichzeitig war die edelmlithige Stiftung des Bildhauers
Martin von Wagner (vgl. den Artikel in der »Allg. Deut, Biogr.« 44. B. S. 515 ff.)
flussig geworden und R. erhielt als erster Stipendiat einen dreijahrigen Aufent-
halt fur Italien und insbesondere fur Rom, wo sich der Kunstler griindlich
erholte. Dankbaren Herzens sendete er in die Sammlungen der Universitat
Wtirzburg, der Patronin der »Martin von Wagner-Stiftung«, ein von ihm sorg-
sam ausgefiihrtes, »Noli me tangere« betiteltes Oelbild. Zu Rom katalogisirte
R. auch die Bibliothek der Villa Malta. Nach seiner Rilckkehr zeichnete R.
viele Illustrationen, z. B. zu Lessings » Nathan « (Berlin 1868), Goethes »Faust«
und Lenaus »Gedichten«, zu Schillers »Don CarIos«, zu Georg Scherers
»Deutschen Volksliedern«, ftir Lohmeyers »Monatshefte<i und vier grosse Car-
tons mit den Evangelisten, welche, in L. Faustners Glasmalerei-Anstalt aus-
geflihrt, als Kirchensfenster nach Darley (bei Glasgow) kamen (vgl. LUtzows
Zeitschrift 1874. IX, 610). Auch einen Carton mit der Kirchhofscene aus
»Hamlet« ftir ein Glasbild F. X. Zettlers. Ftir die Bilderbogen von Braun
und Schneider illustrirte R. das Marchen »Die Sternthaler« (No. 235) und
lieferte Beitrage zur »Geschichte der Costume « (No. 437, 463, 490, 520). Im
Jahre 1871 wurde ihm die Stelle eines Conservators am k. Kupferstich- und
Handzeichnungs-Cabinet ubertragen, welche er bis 1885 bekleidete. Aus den
Schatzen dieser Anstalt publicirte R. seltene Stiche, Radirungen und Hand-
zeichnungen alterer Meister, in dem von Obernetter-Albert erfundenen photo-
graphischen Lichtdruck in einem grossen Prachtwerke (1876) und leitete die
von Obernetter besorgte Auswahl und Reproduction der Kleinmeister des
XVI. und XVII. Jahrhunderts, welche die kostbarsten Blatter in billigen Copien
zum Gemeingut machten und dadurch dem Kunstgewerke sehr erfreuliche
Vorlagen boten. Im Jahre 1885 trat R. infolge seines unheilbaren Asthma
in den wohlverdienten Ruhestand und tiberliess dieses unabsehbare Feld der
Rbthbart. Scherhring. 171
Thatigkeit einer neuen, frischen Arbeitskraft, Dr. Wilhelm Schmidt. R. suchte
in verschiedenen klimatischen Kurorten Linderung seiner Leiden, die sich erst
in den letzten Lebensjahren langsam verzogen. Abermals griff er zu Pinsel
und Palette, zu Stift und Feder und trug sich mit immer neuen Compositionen
und Oelbildern, ohne damit in die Oeffentlichkeit zu treten. Flir den grossen
Prachtwagen Konig Ludwigs II. malte er einen culturhistorischen Tanz aus
der Zeit des Louis Quatorze (vgL Louise von Kobell »Kdnig Ludwig II. und
die KunsU 1898 S. 262). Hatte er frtiher schon ftir das »Malerische Bayern*
(Miinchen bei Georg Franz) viele Blatter mit landschaftlichen Aufhahmen und
Stadte-Ansichten geliefert, so liebte er jetzt zu seiner Herzenserquickung allerlei
Reiseeindrlicke mit der Feder festzuhalten, z. B. Uber *Pappenheim« oder
»Kelheim und seine Umgebung in Wort und Bild« (Regensburg. 1888), wo-
bei auch kleinere Sachen ftir Seb. DUlls »Jugendlust« (i889ff. Ntirnberg) und
Rebele's »Kinderfreund« (Augsburg iSgiff.) abfielen.
R. war ein tief gemtithvoller, zartbes^iteter Charakter, eine wahre und
echte KUnstlernatur, ein unverbrtichlich edelmtithiger Freund, mit einem Worte:
ein guter Mensch im schOnsten Sinne des Wortes! So lange es seine Gesund-
heitsverhaltnisse gestatteten, nahm er den innigsten Antheil an alien Fragen
und Angelegenheiten der MUnchener Kunst-Genossenschaft, besonderen Dank
aber verdiente er ob seiner umsichtigen Geschaftsftlhrung des KUnstler-Unter-
stUtzungsvereins. Zu vielen festlichen Gelegenheiten lieferte R. Zeichnungen
und heitere Beitrage voll jovialen Humors. In seinen Kinderbildern zeigte er
innige Verwandtschaft mit Ludwig Richter und Oskar Pletsch ; in seinen Oel-
gemalden und Fresken war die Freundschaft mit dem jtingeren Ferdinand Piloty
(1828 — 1895) in coloristischer Beziehung flihlbar. In frUheren Jahren zeigte
sein schon modellirter Kopf eine tiberraschende Aehnlichkeit mit dem durch
A. van Dyck gemalten Portrait des Kupferstechers Lukas Vorstermann.
Ft. v. Bcitticber, Malerwerke 1898. II, 474. Nekrologe in No. 32 »Allgem. Ztg.«
1. Februar 1899 un< * ' m Kunstvereins-Bericht ftir 1899. S. 80.
Hyac. Holland.
Scherbring, Karl, Landschaftsmaler, * 7. October 1859 in Memel, f
18. December 1899 zu MUnchen. Als der Sohn eines behabigen Schiffs-
rheders zu Memel betrieb Sch. an der Universitat Konigsberg zuerst Philologie
und bethatigte sich an der Ausgrabung von Hlinengrabern auf den GUtern
des Grafen Trenk. Die Bekanntschaft mit dem Akademie-Professor Rosen-
felder und dem Maler Heider forderten seine Neigung zur Kunst, welcher er
sich, nach Ableistung seiner militarischen Dienstpflicht als Einjahrig-Freiwilliger
in MUnchen, unter Lei tun g von Heinrich Heim 1883 — 86 zuwendete. Ver-
heirathet mit Tony Seidemann, iibersiedelte Sch. nach Karlsruhe zu Schonleber,
kehrte aber schon 1890 nach MUnchen zurUck, wo er, nachdem sein vater-
liches Erbtheil in dieser Studienzeit aufgebracht war, trotz seines Fleisses und
seines Talentes mit schweren Sorgen kampfte. Die Motive zu seinen Bildern
suchte er mit Vorliebe im Dachauer-Moos, spater zog er mit Prof. Carl
Raupp nach den sonnigen Gelanden des Chiemsee. In freudiger Stimmung
schuf er an seinen VorfrUhlings-Landschaften, womit er endlich sein zusagendes
Repertoire fand und seinen bisher suchenden Entwicklungsgang abgeschlossen
wahnte. Seine Bilder fanden theilnehmende Forderung und Liebhaber, vorerst
an dem kunstliebenden Frankfurter Kaufmann Ernst Scharf. Seine Ktinstlerlauf-
172 Scherbring. Dustmann. Treibcr.
bahn hatte begonnen und versprach guten Erfolg. Da warf ihn ein schweres Herz-
leiden darnieder, von welchem der kraftige Mann nimmer erstehen sollte.
Seine gesunde Naturanschauung, seine lebendige Farbe und die ktinst-
Ierische Wahl dessen, was als malbar sich in den Pinsel drangte, wtirden ihm
einen hervorragenden Platz unter den Mtinchener Landschaftern gesichert haben.
Der aus zweihundert Nummern bestehende Nachlass von Gemalden, Studien
und Skizzen mit Motiven theils aus der Umgebung Mtinchens, vorzugsweise
aber den an malerischen Reizen so reichen Ufern unserer oberbairischen
Seen entnommen, kamen im Marz 1900 in den Kunstverein und wurden rasch
verkauft. Schade, dass diese Sammlung, welche ein ganzes Abbild eines
Kiinstlerlebens gewahrte, auseinandergerissen wurde. Diese Bache und
Wiesen, Berghange und Walder, Buchten und lauschigen Winkel, welche der
Maler einfach und getreu, ohne Haschen nach Esprit oder Effect, ohne Re-
klame und Farbenkllnstelei wiedergab, mutheten den Beschauer an wie
schlichte Erzahlungen eines sinnigen Beobachters.
Abendblatt 61, »AHgem. Ztg.« 3. MsLrz 1900. No. 67 »Baicr. Kurier« 10. Marz 1899.
Kunstvereinsbericht f. 1899. S. 80.
Hyac. Holland.
Dustmann, Marie Luise, geborene Meyer, dramatische Sangerin, * in
Aachen 22. August 1831, f 2. Marz 1899 in Charlottenburg (Berlin), Trat
zuerst 1849 * n Breslau auf, wirkte dann — unter Spohr — in Cassel,
spater in Dresden und Prag (1854). 1857 kam sie an das k. k. Hofopern-
theater in Wien, wo sie ebenso wegen ihres hinreissenden Temperaments, als
wegen ihrer schonen Stimme und ihrer poesievollen Darstellung ein erklarter
Liebling des Publikums wurde. Ihre Donna Anna, Senta, Elsa, Elisabeth,
ihr Fidelio waren Muster dramatischer Gesangskunst. i860 wurde D. zur
Kammersangerin ernannt. Sie war mit dem Buchhandler D. verheirathet. —
Nach ihrem Rlicktritte von der Biihne wirkte Frau D. kurze Zeit als Lehrerin
am Wiener Conservatorium, gab diese Stellung aber Ende der achtziger Jahre
auf, Ubersiedelte dann nach Hamburg und spater nach Charlottenburg.
Rich. Heuberger.
Treiber, Wilhclm, Virtuose und Capellmeister, * am 19. Januar 1838 zu
Graz, f den 16. Februar 1899 * n Cassel. Sein Vater, ein Schiller Czernys,
bildete ihn frtihzeitig zum Claviervirtuosen aus, so dass Wilhelm schon mit
elf Jahren offentlich auftrat. Spater nahm er noch bei Moscheles und Alexander
Dreyschock Unserricht und unternahm 1858 Kunstreisen durch ganz Europa.
Im Jahre 1864 wurde er Capellmeister in seiner Vaterstadt und bewies, dass
er nicht nur Virtuose, sondern ein durchgebildeter Musiker sei. 1876 berief
man ihn nach Leipzig, um die Euterpe -Concerte zu dirigiren. Im Sommer
unternahm er regelmassig Kunstreisen als Claviervirtuose. Seine letzte Stellung
trat er am 1. Januar 1881 als Konigl. Capellmeister am Theater in Cassel
an und entwickelte eine rege Thatigkeit nicht nur in der Oper, sondern auch
im Concertsaale. In der Oper war er nicht bios bemliht, die alteren Meister-
werke in moglichst vollkommener Weise zu Gehor zu bringen, er brachte
auch den Wagner'schen Opern das grosste Interesse entgegen und fiihrte sie
so oft dem Publikum vor, dass das Verstandniss sich immer mehr Bahn brach.
Treiber. Graeser. Vfilderndorff-Waradein.
*73
Auch andere neue Erscheinungen auf diesem Felde fanden an ihm stets einen
willigen Forderer. Als Dirigent der Abonnements-Concerte war ihm auch hier
beschieden, seinen wohlwollenden Einfluss gegen jiingere Componisten geltend
zu machen und manches Werk verdankt seiner Fiirsorge die offentliche An-
erkennung. Ebenso kargte er nicht mit seiner Virtuositat als Clavierspieler
und war stets bereit, auszuhelfen. Noch am 20. Januar spielte er im Abonne-
ments-Concert. Seit langer als Jahresfrist war er leidend, so dass er oft ge-
zwungen war, seine Amtspflichten zu vernachlassigen. Endlich warf ihn ein
Influenzaanfall aufs Krankenbett, aus dem er sich nicht mehr erhob.
Casseler Tageblatt und Anzeiger No. 49.
Rob. Eitner.
Graeser, Karl, Buchhandler, * 5. Februar 1849 * n Mediasch in Sieben-
biirgen, f 22. August 1899 in Wien. G. trat 1862 als Lehrling in die Filtsch'sche
Buchdruckerei in Hermannstadt ein. Nach beendeter Lehrzeit war er eine
Zeit lang in Wien beschaftigt und iibernahm im Mai 1869 eine Stelle in der
Buchhandlung von Eduard Holzel in Olmlitz, dem Stammgeschaft der be-
sonders auch in Wien zu hohem Ansehen gelangten und von G. in verdienst-
lichster Weise geforderten Firma. Nachdem er 1875 eine Tochter Holzels
geheirathet hatte, griindete er 1877 in Wien ein eigenes Verlagsgeschaft, dem
zunachst der von G. angekaufte Verlag der Firma Sallmayer & Co. in Wien
als Grundstock diente, und das spater besonders durch Schulbiicher sich aus-
zeichnete. Nach dem Tode des Gesellschafters im Olmiitzer Sortiment, Albin
Braune, kehrte G. nach Olmiitz zuriick und wurde bald danach zum kaiser-
lichen Rath ernannt. G. erwarb sich hier viele Freunde und stand unter
Anderem in Ansehen als Obmann des Olmiitzer Musikvereins. Nicht weniger
beliebt und angesehen war er in weiteren Buchhandlerkreisen. Besonders
verdient machte er sich um den »Verein der cteterreichisch-ungarischen Buch-
handler*, fur den er 1888 mit W. Mliller die Statuten entwarf und dem er
zeitweise als Ausschussmitglied und Schriftfiihrer angehorte. Schon fruher war
er lebhaft fur das Wiedererscheinen des Oesterreichischen Bucherkatalogs und
wiederholt fur Lehrlingsschulen beziehungs weise Specialcurse fur Buchhandler
eingetreten. G's. Rtickkehr nach Wien erfolgte 1897.
Vgl. Borsenblatt f. d. dt. BuchhdL 1899 No. 204. J. Sch. (nach der Oesterr. -ungar.
Buchhdlr.-Correspondenz). — Junker, G., Der Verein der 5sterr.-ungar. Buchhdlr. 1859—99.
H. Ellissen.
ViSlderndorff-Waradein, Dr. Otto Freiherr von, Kdniglich bayerischer
Staatsrath, * 12. Juni 1825 zu Zweibrttcken, f zu Mtinchen 10. December 1899.
Die Geschichte der F'amilie der Velterndorffer lasst sich auf 900 Jahre zuriick
verfolgen. Sie gehorte in den osterreichischen Landern unter der Ens zu den
24 altesten adeligen Geschlechtern, deren Glieder unter den Herzogen von
Oesterreich getreue Ritter- und Kriegsdienste geleistet hatten. Ein im Jahre
1504 geborener Gotthard v. V. erwarb sehr grossen Grundbesitz und schloss
sich, im Gegensatz zu dem sonstigen osterreichischen Adel, mit brennendem
Eifer der Reformation an, welcher Geistesrichtung die Familie treu geblieben
ist. Im November 1660 wurde Hans Adam Eusebius Freiherr v. V. nach
Verkauf der angestammten Gtiter und Erwerb anderer in der neuen Heimath
I * a Vfilderndorff- Waradein,
auf dem in Weissenburg im Nordgau gehaltenen »Rittertag von lobl. Keyserl.
unmittelbarer freyen Ritterschaft Orts an der Altmlihl* als Ritterglied auf-
genommen. Dieser Fainilie entstammte der Vater Ottos, Franz Freiherr v. V.,
Koniglicher Generalstaatspro curator in Zweibriicken, der jedoch schon am
28. November 1827 verstarb, so dass die Mutter bald in ihr vaterliches Haus
in Miinchen zurtickkehrte, 1828 auch der Sohn. Der Grossvater Heinrich
Aloys gehorte der Familie Reigersberg an, die, bekannt durch die Gattin von
Hugo Grotius, ihre Abkunft von dem alten Dynastengeschlecht der Grafen
von Clain und Reigersberg herleitet. Geboren in Wtirzburg am 30. Januar
1770, wurde dieser am 3. September 1803 in den Reichsgrafenstand erhoben,
am 3. October 1803 zur hochsten Stelle des damaligen deutschen Richter-
standes, zum (einzigen) Reichskammerrichter in Wetzlar befordert. Als soldier
war er Vorstand des Gerichtes und genoss furstliche Ehren; deshalb musste
er »vom hohen Adel« sein. Unter ihm fungirten zwei Prasidenten, ein katho-
lischer und ein protestantischer, Manner des alten Adels. Das Collegium be-
stand aus Assessoren. Nach Auflosung dieses Gerichtshofes erhielt der Gross-
vater am 30. Mai 1807 die Stelle eines Prasidenten am Koniglichen Hofgerichte
in Miinchen, wurde bald darauf (August) Konigl. Wirklicher Geheimrath,
26. Marz 1808 Mitglied der Akademie der Wissenschaften, 16. August 18 10
Staats- und Conferenzminister des Justizdepartements. In diesem Amte machte
er sich sehr verdient durch seine Reformbestrebungen fiir das Strafgesetzbuch
von 1 8 13 und das Hypothekengesetz von 1822, auch die Abfassung des
Familiengesetzes vom 18. Januar 18 16 und des Koniglichen Familienstatuts
vom 5. August 18 1 9, das noch heute gilt. Er behielt 1823 das Gesetzgebungs-
departement in seinen Handen, wahrend die laufenden Justizgeschafte auf
von Zentner libergingen; am 23. November 1826 wurde er in Ruhestand
versetzt. Doch nahm er bis in das hochste Alter als Reichsrath am offent-
lichen Leben thatigen Antheil; hochbetagt verschied er am 4. November
1865. — Im Hause dieses Grossvaters und durch seine Mutter Marie
Antoinette Grafin von Reigersberg aus dem Hause derer von Lodron-Laterano,
eine Frau von hochstem Adel der Gesinnung, erhielt Otto den ersten Unter-
richt, weiteren durch einen sehr geachteten Erzieher und Pfarrer in Haunsheim,
trat spater in die Pagerie ein, wo er mit Kameraden wie Leonrod, Moy,
Perfall, Hompesch, Tauffkirchen und Redwitz dauernde Freundschaft schloss.
Ftir militairische Uebungen hatte er nicht viel Begeisterung und konnte solche
auch wegen leidenden Zustandes kaum mitmachen. Im Jahre 1850 pro-
mo virte er in Miinchen mit der Arbeit »Zur Lehre vom Erlass« zum Doctor
der Rechte, machte auch seine Staatspriifung mit erster Note als zweiter Can-
didat im Konigreich. Er wurde 1. November 1854 Ministerialsecretair im
Justizministerium, 1. October 1856 Geheimer Secretar, 1. Juli 1862 Rath am
Handelsappellationsgericht in Niimberg, wo er sich ausgedehnter schrift-
stellerischer Wirksamkeit widmete. Flirst Hohenlohe-Schillingsfurst, der spatere
deutsche Reichskanzler, berief ihn 1. Juni 1867 als Ministerialrath, wodurch
er in intime Beziehungen zu diesem innig verehrten Staatsmann trat. 1870
war er mit den Functionen eines Rheinschifffahrts-Bevollmachtigten betraut
und leistete sehr wesentliche Dienste, wurde 1883 Generalsecretar des Mini-
steriums des Auswartigen und des Koniglichen Ha uses, 1892 Geheimrath.
Nur ungern bewilligte man ihm 1. November 1895 die Versetzung in den
Ruhestand mit Titel und Rang eines Koniglich bayerischen Staatsrathes in
ausserordentlichem Dienste. Schwere Leiden triibten seinen Lebensabend.
Vttlderndorflf-Waradein. Salkowski. 175
Er verstarb kinderlos. Als Mann von seltener Begabung und grosster Viel-
seitigkeit, scharfsinniger Jurist, von treffendem, nie verletzendem Witz und
grosser Herzensgute, von grosser Gedachtnisskraft, wohl bewandert auf dern
Gebiete der Politik und der bayerischen Staatsangelegenheiten wie anderer
Wissenszweige, war er das belebendste Element geselliger Kreise. In seiner
ganzen Originalitat und Liebenswttrdigkeit zeigen ihn seine »Harmlose Plau-
dereien eines alten MtincHeriers«, I Mtinchen 1891, II 1898. Lange Jahre hin-
durch war er Mitarbeiter der Miinchener Neuesten Nachrichten und der AU-
gemeinen Zeitung. Von seinen juristischen Arbeiten sind zu nennen »Einige
Worte tiber Recht, Rechtswissenschaft und romisches Recht «, Mtinchen 1851;
»Die Form der Rechtsgeschafte nach allgemeinen Grundsatzen und den posi-
tiven Rechten«, Nordlingen 1857; »Gesetz, die Gewahrleistung bei Vieh-
verausserungen betreffend«, Mtinchen 1860, 2. Auflage 1883; "Deutsche Ver-
fassungen und Verfassungsentwiirfe«, Miinchen 1890. Er war Mitarbeiter an
dem Werk liber die Gesetzgebung des Konigreichs Bayern, 3. Bd. Heft 2, 5;
5. Bd. Heft 1; 6. Bd. Heft 1 — 14 (Commentar zum allgemeinen deutschen
Handelsgesetzbuch mit A. Anschtitz, Erlangen 1867 — 74, und Beilagehefte);
ebenso an dem tiber die Gesetzgebung des Deutschen Reiches, I. Theil 2. Bd.
(Concursordnung, Erlangen 1879, 2. Auflage 1885); auch 4. Band (Commandit-
gesellschaften, Erlangen 1885); nicht minder an Endemanns Handbuch des
deutschen Handels-, See- und Wechselrechts, Bd. I. Auch hatte er 1868 ein
Supplementheft der Sammlung handelsgerichtlicher Entscheidungen seit Ein-
fiihrung des deutschen Handelsgesetzbuches in Bayern und 1880 eine zweite
Auflage einer Civilgesetzstatistik von Bayern, ferner einen Bericht »Die richter-
liche Thatigkeit der Centralcommission f. d. Rheinschiffahrt von 1832 — 1894«,
Frankf. 1894 herausgegeben. Er hat im Stillen seinerzeit einen grossen Einfluss
auf den Gang der politischen Verhaltnisse im engeren und weiteren Vater-
lande genommen. So schmtickten denn auch seine Brust zahlreiche in- und
auslandische Orden.
Vgl. Allgemeine Zeitung No. 343 v 11. Dec, No. 346 v. 14. Dec. 1899; MUnchener
Neueste Nachrichten No. 571 v. 12. Dec. 1899 S. 4; — Velhagen und Klasings Monatshefte
XIV. Jahrgang S. 655 — 664 mit Bild (Bericht tiber Pagerie und Konig Ludwigs II. Tod);
Vom Fels zum Meer XIX. Jahrgang, Sammlcr S. 82 (mit Bild): — Rechtsforschung und
Rechtsunterricht auf den deutschen Universitaten, hrsg. von O. Fischer, Berlin 1893 S. 62.
— Beilage zur Allgem. Zeit No. 134 vom 12. Juni 1895 (Luise von Kobell).
A. Teichmann.
Salkowski, Karl, Universitatsprofessor, * 20. Mai 1838 zu Konigsberg,
f 16. December 1899 ebenda. Er war Sohn eines hochangesehenen Konigs-
berger Kaufmanns, der den Befreiungskrieg mit Auszeichnung mitgemacht und
bei der Stadtverwaltung, Kirche und Loge Ehrenamter bekleidet hatte.
Durch eine strenge Schule der Erziehung hindurchgegangen, besuchte er das
Kneiphofische Gymnasium, machte seine juristischen Studien an der Albertus-
Universitat, promovirte mit der Arbeit »Quaestiones de jure societatis« 1859
und habilitirte sich 2. Juni 1862 an der Albertina als Privatdocent fur
romisches Recht. Wahrend seines ganzen Lebens verliess er seine Vaterstadt
nicht. Zu Beginn seiner akademischen Laufbahn hatte er manche Ent-
tauschungen durchzumachen ; von ruhrender, nicht selten missbrauchter Be-
scheidenheit, trug er die Folgen politischer Untiberlegtheiten , die Freunde
ihm bereitet. Am 12. Januar 1869 erfolgte seine Ernennung zum ausser-
1 7 6 Salkowski. Hertel.
ordentlichen Professor und erst unter dem Ministerium von Gossler die ihm
langst gebiihrende Anerkennung der Beforderung zum ordentlichen Professor
am 20. April 1883. Er hatte bis dahin verdffentlicht : »Bemerkungen zur
Lehre von der juristischen Person«, Leipzig 1863, »Zur Lehre von der No-
vation nach romischem Recht«, Leipzig 1866, namentlich aber ein gediegenes
>Lehrbuch der Institutionen fiir den akademischen Gebrauch«, Leipzig 1875,
das weiteste Verbreitung fand; es erschien in 7. Auflage 1898 und wurde
italienisch von R. Lanzara, Napoli 1894 ff. bearbeitet. Die Bearbeitung der
Vermachtnisslehre von Arndts im Herzfeldschen Pandectencommentar schloss
er mit einem 4. Bande Erlangen 1889 ab, der die Vermachtnissforderung
und die betr. Klagen behandelt. Einen wciteren Beitrag zur Dogmatik des
romischen Privatrechts lieferte er, nur zogernd zu Publikationen schreitend,
in der Schrift »Zur Lehre vom Sklavenerwerb«, Leipzig 1891. Als die be-
vorstehende Einftihrung des deutschen biirgerlichen Gesetzbuches den Juristen
neue Aufgaben stellte, machte er sich mit jugendlichem Eifer an die Abfassung
eines grosseren Werkes, an dessen Abschluss und Herausgabe ihn der Tod
verhinderte. In seiner akademischen Stellung zeichnete er sich durch voile
Hingabe an sein Amt aus. Seine Zuhorer hingen mit leidenschaftlicher Liebe
und Verehrung an ihm, wie er tiberhaupt in alien Kreisen viele Freunde
und Verehrer hatte. Als langjahriger Verwalter des Kypkeanum Hess er
jedem Studenten das ihm zukommende Mass akademischer Freiheit zu Theil
werden. Nach Verleihung des Rothen Adlerordens IV. Klasse gelegentlich der
350Jahrigen Universitatsfeier und des Titels eines Geh. Justizrathes 1896 fiihrte
er im Jahre 1898 das Universitatsrectorat mit Aufbietung aller seiner Krafte
trotz eines schwerens Leidens, das seine durch korperliche Uebungen ge-
stahlte Constitution mehr und mehr angriff. Auf arztlichen Rath unterzog er
sich Wohlgemuth einer peinlichen Operation ; nach Vornahme derselben wurde
sein Zustand immer bedrohlicher und unertraglicher, bis ihn der Tod von
allem Leid erloste. Bei der grossen Leichenfeier schilderten der Rector
Prof. Dr. Hahn und der juristische Facultatsdekan Prof. Dr. Gradenwitz die
vielen Verdienste des Verstorbenen urn Wissenschaft und Universitat. Seine
Familie bewahrt ihm das ziirtlichste Andenken. Einer seiner Briider ist
Professor der Chemie in Miinster, ein andrer Professor der Chemie in Berlin.
Nach gef. Notizen der jetzt in Wiesbaden lebenden Wittwe. — Vgl. Kttnigsberger
Hartungsche Zeitung No. 296 und 298 Abendausgabe — Illustr. Leipz. Ztg. vom 3. Nov.
1898 (mit Bild) — Lit. Centralblatt 1863 Sp. 1 165 ; 1877 Sp. 955: 1892 Sp. 602, 685
— Krit. Vschrift XXXV 354—358 — Kirchenheims Centralblatt X 414.
A. Teichmann.
Hertel, Peter Ludwig, ein weltbekannter Balletkomponist, Sohn des Karl
Hertel, eines Kgl. Kammermusikus zu Berlin, * 21. April 1817 ebendort,
f 13. Juni 1899 zu Berlin. Von frtih ab zum Musiker bestimmt, erlernte er
die Violine unter Anleitung seines Vaters, der ihn dann Eduard Rietz iiber-
gab. Das Klavierspiel erlernte er bei W. Greulich und die Komposition bei
Julius Schneider und A. B. Marx. So ausgeriistet mit allem Wissen, trat er
als Komponist von Sinfonien, Streichquartetten, Sonaten u. a. dem ernsten
Fache der Kunst angehorenden Werken vor die Oeffentlichkeit, doch erreichte
er damit audi nicht den geringsten Erfolg. Der bekannte Balleterfinder und
Arrangeur Taglioni arbeitete 1852 das fur London geschriebene Ballet
Herter. Fuchs.
177
»Satanella« um und suchte fiir die neuen Einlagen einen Komponisten.
Seine Wahl fiel auf H. und er hatte es nicht zu bereuen, denn nicht zum
Wenigsten war an dem beispiellosen Erfolge H.'s Musik Schuld, der mit
einem Schlage zum beliebtesten Balletkomponisten geworden war. Die Nach-
wirkung dieses Erfolges blieb auch nicht aus und der Konig ernannte ihn zum
Hofkomponisten und Balletdirigenten. Alle ferneren Ballette von Taglioni
setzte H. nun in Musik und noch werden der filteren Generation die Erfolge
von »Flick und Flock« im Gedachtniss sein. Bahn, der Verleger der Musik zu
dem Ballette, wurde zum reichen Manne und H. ging auch nicht leer aus,
denn da das Opernhaus bei der Aufftihrung des Ballets stets ausverkauft war,
so fiel eine ansehnliche Tantieme in seine Tasche. Er schrieb bis zum
Jahre 187 1 die Musik zu acht Balletten, von Taglioni erfunden und in Scene
gesetzt, die sich alle eines mehr oder weniger regen Beifalls erfreuten. Seine
Dirigentenpflichten erfflllte er noch bis in die jiingste Zeit, trotz seines hohen
Alters und erst in dem letzten Jahrzehnt setzte er sich zur Ruhe. In von
Ledebur's Tonkttnstler-Lexikon Berlins werden ausserdem eine Reihe anderer
Kompositionen, die zum Theil im Druck erschienen, angefiihrt, die aber
weniger zur Geltung gelangt sind.
Rob. Eitner.
Fuchs, J oh an n Nepomuk, k. k. Hofcapellmeister, Director des Con-
servatoriums in Wien, * 5. Mai 1842 zu Frauenthal in Steiermark, f 15. Oc-
tober 1899 in Wien. Als Sohn eines Schullehrers wuchs F. in musikalischer
Atmosphere auf und bezog, bereits mit einigem diesbeztiglichen Fachwissen
und einer gewissen Praxis ausgertistet, das Gymnasium in Graz. Nach Ab-
solvirung dieser Schule trieb er — ebenfalls in Graz — juristische Studien an
der Universitat, beschaftigte sich aber nebenher eifrig mit der Tonkunst. Im
Vereine mit Friedr. v. Hausegger grtindete er den Grazer »Akademischen
Gesangverein«, dessen erster Chormeister er war. Anfang der sechziger Jahre
ttbersiedelte F. nach Wien, Hess sich an der Universitat inscribiren, studirte
aber eifrig bei Sechter Theorie. Aus dieser Zeit stammen zahlreiche unver-
offentlichte Compositionen, meistens Lieder. 1864 sagte F. der Jurisprudenz
Valet und wurde Capellmeister am Theater in Pressburg, spater in Coin,
Leipzig und Hamburg. Hier erregte er durch seine glanzende Einstudirung
und Inscenirung des »Nibelungen«-Cyclus grosses Aufsehen. 1880 wurde er
als Capellmeister an das Wiener Hof-Opern theater berufen und wirkte in
dieser Stellung, vor Allem seiner allgemeinen Bildung und Literaturkenntniss
wegen, entscheidend an dem Werke Jahns, der Lauterung und Besserung der
arg verfahrenen Wiener Opernzustande, mit. F. gait in alien wichtigen An-
gelegenheiten als der massgebendste Rathgeber des Directors, namentlich bei
der Beurtheilung neuer, zur Aufftihrung vorgeschlagener Werke hatte er die
entscheidendste Stimme. Jahn nannte ihn »die Biene im Hause*. 1893, nach
dem Tode Hellmesbergers, wurde F., der bereits durch mehrere Jahre als
Lehrer am Wiener Conservatorium gewirkt hatte, Director dieser Anstalt und
ausserdem Vice-Hofcapellmeister. In seiner Eigenschaft als Conservatoriums-
director kam ihm seine schulmeisterliche Abstammung sehr zu s tat ten. Er
entwickelte hochbedeutende padagogische Talente und nahm in erster Linie
auf die Hebung des Gesangsunterrichtes einen wahrhaft segensreichen Einfluss.
Er konnte in diesem Punkte als ausgezeichneter Fachmann gelten und ver-
filogr. Jabrbnch a. Deutscher Nekrolog. 4. Bd. 1 2
178 Fuchs. Schabelitz.
stand es, in ebenso concilianter als bestimmter Weise seinen Willen, vor
Allem den Lehrern gegeniiber, durchzusetzen. Er erzog sich sein Lehrpersonal,
das in ihm bald den ebenso wohlwollenden als (iberlegenen Ftihrer zu sehen
sich gewohnte. Das Orchester des Conservatoriums, das unter Hellmesberger
nie iiber die correcte Ausfuhrung etlicher Paradestiicke hinausgekommen war,
hob F. in kurzer Zeit zu ansehnlicher Hohe, von der es leider unter seinem
Nachfolger rasch wieder herabgeglitten ist. Seine Lehrerstelle fttr Composition
behielt F. als Director bei und wirkte da, vielleicht weniger durch grtindliches
theoretisches Wissen als durch Geist und feinen Geschmack, anregend und
fordernd auf seine Schiiler, unter denen sich A. v. Zemlinsky, der Autor der
Opern »Sarema« und »Es war einmal« (Premiere Wien 1899), den grossten
Namen gemacht hat. F. war auch der Begrtinder des erst seit wenigen Jahren
am Conservatorium bestehenden Musiklehrer-Bildungscurses. — Als Componist
war F. wenig hervorgetreten. Eine Oper »Zingara« wurde in Briinn gegeben.
Grossen Erfolg hatten F.s Bearbeitungen von Glucks »Betrogenem Kadi«,
Handels »Almira« und Schuberts » Alfonso und Estrella«. An der grossen
Schubert -Gesammtausgabe von Breitkopf & Haertel betheiligte sich F. durch
die Revision sSmmtlicher dramatischen Werke des grossen Wiener Meisters. —
F. besass, von seinem Vater und seinem vor langen Jahren verstorbenen
Bruder Patriz her, eine schone Sammlung urwiichsiger steierischer Weisen und
Tanze, von denen er im »Verein deutscher Steierer« in Wien manchmal Etwas
zum Besten gab. Nur die weltfernen Hitzendorfer Musikanten haben ahnlich
Originelles horen lassen. — Im Sommer 1899 verwundete sich F. beim Ent-
korken einer Flasche an der Hand, die.Wunde wurde inficirt und der kraft-
strotzende Klinstler erlag nach mehrmonatigem Leiden einer tiickischen Blut-
vergiftung. Mit grossen Ehren wurde er zu Grabe getragen. — Der bertihmte
Componist Robert Fuchs ist ein jlingerer Bruder Johann Nepomuks.
Rich. Heuberger.
Schabelitz, Jakob, Verleger und Buchdrucker, * 10. M&rz 1827 in Basel
als Sohn eines dortigen Buchhandlers, f 28. Januar 1899 in Ziirich. Sch. be-
suchte die Cantonsschulen in Basel und Aarau, nahm, schon frlih von freiheit-
licher Gesinnung beseelt, am ersten Freischaarenzuge Theil, kam aber nicht
iiber Zofingen hinaus, von wo ihn sein Vater nach Aarau zurlickftihrte. Nach-
dem er hier die Schule absolvirt hatte, trat er als Volontair in das Sauer-
lander'sche Verlagsgeschaft in Aarau ein. Schon nach Jahresfrist fand er eine
Anstellung im Verlag der »Deutschen Zeitung« in London, wo er mit vielen
deutschen Fllichtlingen, u. a. mit Freiligrath, verkehrte. Von »grossen Thieren«
lernte er den Prinzen Louis Bonaparte und den »Diamantenherzog« Karl von
Braunschweig kennen. Auch in Paris war Sch. eine Zeit lang thatig und zwar
als Correspondent fur schweizerische und deutsche Blatter. Nach seiner Rtick-
kehr iibernahm er 1850 mit seinem Freunde Amberger das vaterliche Geschaft
in Basel, dem auch die »Nationalzeitung« angehorte. Mit seinem Schwager
Klein gab er dem Blatt das radikalste Geprage. Die Weigerung, den Ver-
fasser eines »strafbaren« Artikels zu nennen, zog ihm eine dreiw5chige
Geiangnisshaft zu. Im Jahre 1854 grtindete Sch. die damals nach ihm be-
nannte und durch die Erofihung des Polytechnikums bald aufblUhende Buch-
handlung. Weniger Gltick hatte er nach dem Verkauf dieses Gesch&ftes mit
einer in der Nahe des Polytechnikums eroffneten akademischen Buchhandlung.
Schabelitz. Stechert. Joachim. 1 70
Er kehrte zur Buchdruckerei und zum Verlagsgeschaft zurtlck. Durch ihn
trat die »Zuricher PosU ins Leben. Sein Verlagsgeschaft gelangte unter der
Firma »Verlagsmagazin« in den Ruf steter Unerschrockenheit hinsichtlich
freier politischer Tendenz. Aus dem Verlag ging u. A. die viel bekrittelte
Schrift »Pro nihilo« des Grafen von Amim hervor. Seinen Lebensabend ver-
brachte Sch. in der Familie seines Schwiegersohnes, des Herrn Fiirsprech
Haggenmacher in Zurich, kdrperlich wohl etwas alternd, geistig aber bis an
sein Ende rege und frisch und seinem Radikalismus getreu.
Vgl. Bttrsenblatt f. d. dt. Buchhdl. 1899 No. 36; Hdm. (abgedr. aus der Neuen
ZUrcher Zeitung 1899, 30. Jan.).
H. Ellissen.
Stechert, Gustav E., Buchhandler, * 6. August 1840 als Sohn eines
Buchbindermeisters in Potsdam, f 25. September 1899 in New-York. Erlernte
zunachst die Buchbinderei bei seinem Vater. i860 wandte er sich dem Buch-
handel zu, den er in Thorn erlernte; 1865 kam er in ein grosseres Com-
missionsgeschaft in Leipzig und im selben Jahre durch dessen Vermittelung
in die angesehene Buchhandlung von Westermann & Co. in New-York. Hier
war er bis 1872 thatig. Dann errichtete er mit seinem Freunde Ferdinand
Wolff eine eigene deutsche Buchhandlung in New-York, die er seit 1876 unter
der Firma Gustav E. Stechert allein fortfiihrte. 1887 errichtete er eine Zweig-
niederlassung in London, 1892 eine solche in Paris. Theilhaber der drei Ge-
schafte wurde im April 1897 Alfred Hafner, der sie mit den tibrigen Erben
fortftihrt. Von grosser Bedeutung sind die geschaftlichen Verbindungen mit
zahlreichen Bibliotheken, Universitaten und ahnlichen Instituten. St. war Mit-
glied wichtiger buchhandlerischer und anderer Vereine.
Publishers Weekly (New-York) 1899 No. 1445. (Mit Lichtdruck-Portrait.) — Bbrsen-
blatt f. d. dt. Buchhdl. 1899 No - 2 3 6 -
H. Ellissen.
Joachim, Amalie, eine hervorragende Lieder- und Concertsangerin,
• iO. Mai 1839 zu Marburg in Steiermark als Tochter des kaiserlichen Rathes
Schneeweiss, f am 3. Februar 1899 zu Berlin. Schon in fnihester Kind-
heit zeigten sich die bedeutenden Anlagen im Gesange und bereits mit vier-
zehn Jahren erhielt sie ein Engagement am Theater in Troppau, bald darauf
in Hermannstadt und dann am Karntnerthor-Theater in Wien. Im Jahre 1862
folgte sie einem Rufe an das Hoftheater zu Hannover, wo sie mit glanzendem
Erfolge als Fides' im »Propheten« von Meyerbeer auftrat. Hier lernte sie
Joseph Joachim kennen, mit dem sie sich am 10. Juni 1863 vermahlte. Als
Joachim 1869 zum Director der neubegriindeten Hochschule ftir Musik er-
nannt wurde, siedelte das Ktinstlerpaar nach Berlin iiber. Nach fast zwanzig-
jahriger, anfangs sehr gliicklicher Ehe, trennten sie sich im Jahre 1882.
Amalie unternahm danach nochmals den Versuch, die Opernblihne und zwar
als Orpheus zu betreten. Der Versuch hatte nicht den erwtinschten Erfolg
und die Ktinstlerin blieb nun ausschliesslich dem Concertgesange zugewandt.
Sowohl als Oratorien-Sangerin wie im Liede leistete sie ganz Hervorragendes:
mit tiefer Empfindung verband sie eine Grosse der Auffassung und eine Fein-
heit klinstlerischer Erkenntniss, wie kaum eine andere Concertsangerin neben
i 2 *
I go , Joachim. Ltltzel. Boppe.
ihr. Alle Stile beherrschte sie mit gleicher Meisterschaft; neben den tief-
sinnigsten Gesangen eines Bach, Beethoven, Schubert, Schumann, Brahms und
Robert Franz verhalf sie audi minder bedeutenden Liedern kraft ihres viel-
seitigen Darstellungsvermogens zu ungeahnten Wirkungen. Selbst die friihesten
Bliithen deutscher Liederkunst des 15. und 16. Jahrhunderts zog sie ans Tages-
licht und entziickte damit die Zuhorer. In Folge einer schweren Operation
starb sie an Herzlahmung.
Eine Schiilerin von ihr, Olga Plaschke, gab bald nach ihrem Tode »Blatter der
Erinnerung an Amalie Joachims heraus (Berlin, Verlagsgesellschaft »Harmonie«), in der
sie der un verges slichen grossen Ktinstlerin warme Worte der Verehrung widroet, cine
Charakteristik der Perstinlichkeit entwirft und eine Reihe von Aussprilchen tiber Gesangs-
kunst, die sie stch wahrend des Unterrichtes notirte, mittheilt. Dort ist auch ihr Portrait
zu finden.
Riemanns Musik-Lexikon, Lessmanns Allgemeine Musik-Zeitung 1899, 96.
Rob. Eitner.
Liitzel, Johann Heinrich, ein um die Pialzer Musikzustande sehr ver-
dienter Musiker, * am 30. August 1823 zu Iggelheim bei Speier, f den
9. Marz 1899 zu Zweibrticken. Besuchte das Seminar zu Kaiserslautern
und genoss daselbst den Musikunterricht von Jakob Vierling, wurde 1845
Lehrer und bald darauf auch Organist in Zweibrticken, wo er Zeit seines
Lebens zum Besten der Kunst gewirkt hat Er grUndete z. B. einen evan-
gelischen Kirchenchor in Zweibrticken, der im Jahre 1880 die ganze Pfalz
umfasste, 1868 ernannte man ihn zum Orgelrevisor, d. h. er hatte alle neu-
gebauten oder reparirten Orgeln der Pfalz auf ihre Brauchbarkeit und Glite
zu prtifen und einen amtlich beglaubigten Bericht abzufassen, 1883 ernannte
ihn das Ministerium zum Professor. Von seinen Arbeiten sind besonders her-
vorzuheben ein Psalm ftir Mannerchor und Orchester, eine Sammlung Orgel-
stiicke beim Gottesdienst in zwei Banden, kirchliche Chorgesange der vor-
ztiglichsten Meister des 16., 17. und 18. Jahrhunderts, zum Gebrauche bei
dem evangelischen Gottesdienste ; Zweibrticken 1861 bei Herbart erschienen.
Dieselben enthalten 60 mehrstimmige Gesange von Allegri, Anerio, Seb. Bach,
Eccard, Gastoldi, Goudimel, Homilius, Palestrina und vielen Anderen, die den
Beweis liefern, dass sich L. auch mit den Leistungen vergangener Jahrhunderte
vertraut gemacht hatte, Ferner sind noch zu erwahnen ein Choralbuch und
Schulgesangbticher. L.s Bestrebungen gingen durchweg darauf aus, den Sinn
ftir die Kunst zu wecken und zu bilden und erreichte dies durch sein that-
kraftiges und alle Hindernisse tiberwindendes Wirken in Schule, Kirche und
Gesangvereinen.
Quellen: H. Riemann, Musik-Lexikon; Mendel -Reissmanns Conversations -Lexikon;
S&ngerhalle, Leipzig, p. 198.
Rob. Eitner.
Boppe, Carl Hermann, Redacteur und deutschamerikanischer politischer
Schriftsteller in Milwaukee im Staate Wisconsin, Vereinigte Staaten von Nord-
amerika, * 21. Juni 1842 in Zug in der Schweiz, f 12. Januar 1899 in Mil-
waukee. Sein Vater war lange Jahre hindurch Richter im Canton Aargau.
Seine Schulbildung erhielt der junge B., dessen Eltern nach dem Dorfe
Wettingen bei Baden (Canton Aargau) verzogen waren, zunachst in der
Boppc. X 8i
Bezirksschule zu Baden, dann in der Gymnasialabtheilung der Cantonsschule
zu Aarau. Nach der Reifeprtifung begab er sich auf die Akademie zu Lau-
sanne, urn vor alien Dingen die zweite Landessprache, das Franzosische, ge-
laufig gebrauchen zu lernen und um die Rechte zu studiren. Ein boses
Augenleiden Hess ihn von seinem Plan, sich der juristischen Laufbahn zu
widmen, abstehen. Auf Anrathen seines in Hoboken N. Y. wohnenden
Onkels wanderte er 1861 nach Amerika aus und wurde Buchhalter in dessen
Brauerei zu Newark N. J. Wahrend der Prasidentschaftscampagne von Horace
Greeley iibernahm er im Jahre 1872 die Redaction der von deutschen An-
hangern Greeleys gegrtindeten Newarker »Post«. Als diese 1875 ringing,
ward er als Redacteur an die »Freie Presses nach Elizabeth N.-J. berufen.
Politische Stellungen hatte er ausgeschlagen. Auf der Philadelphiaer Welt-
ausstellung vom Jahre 1876 lernte er Karl Heinzen kennen. Beide besuchten
namlich dort einen internationalen Freidenkerqongress. Es kam daselbst zur
Grundung des Heinzenschen »Bundes der Radikalen*, zu dessen Principien
der freiheitlichsten Ausgestaltung des amerikanischen politischen, religiosen
und socialen Lebens B. fortan sein Leben lang gestanden hat. Sein Wirken
war von der Zeit seiner Bekanntschaft und spateren Freundschaft mit Karl
Heinzen an auf das Engste mit der freidenkerischen und turnerischen Be-
wegung Deutschamerikas verknupft. 1877 tibernahm B. die Leitung des »Frei-
denkers« zu Milwaukee. 1878 wurde dieses zum officiellen Organ des Nord-
amerikanischen Turnerbundes erwahlt, dessen eifriges Mitglied B. schon
lange vorher geworden war. 1885 tibernahm er audi die Redaction des er-
weiterten Bundesorgans, der » Amerikanischen Turnzeitung«. Diese wie den
»Freidenker« redigirte er bis an sein Ende.
Neben seiner aufreibenden journalistischen Thatigkeit betheiligte er sich
mit Eifcr und Arbeitsfahigkeit an mannigfachen Bestrebungen offentlicher Art.
Diese Thatigkeit B.s im Einzelnen verfolgen, hiesse fast, eine Geschichte der
deutschamerikanischen Turnerei schreiben. Auf jeder Turnertagsatzung war
er im Sinne eines demokratisch-radikalen Fortschrittes th&tig, wenngleich er
sich auch mit der grossten Hartnackigkeit den Strebungen der socialistisch an-
gehauchten Elemente des Turnerbundes widersetzte. B. hatte einen starken
padagogischen Zug. Durch ihn erst wurde das Turnlehrerseminar des Turner-
bundes zu einem lebenskraftigen Institut und mit dem Nationalen deutsch-
amerikanischen Lehrerseminar verbunden. Seit 1881 war er fast ununter-
brochen President des Turnlehrerseminars; auch ist der Bau einer Bundes-
turnhalle wohl hauptsachlich seinem Wirken zu verdanken. Ausserdem war
er ein reges Mitglied der Freien Gemeinde von Milwaukee und hielt dort
viele freidenkerische Vortrage. Sehr gross war sein Interesse und sein Ver-
standniss fiir dramatische Kunst. Die Erhaltung eines deutschen Stadttheaters
in Milwaukee (einzig in den Vereinigten Staaten) ist nicht zum Mindesten sein
Werk. Zur Hebung des kiinstlerischen Niveaus war er unermtidlich thatig,
auch durch seine vielen tiichtigen Besprechungen der Vorstellungen in den
Zeitschriften.
Mehr oder minder unter seiner Leitung standen auch die anderen
literarischen Unternehmungen der Freidenker Publishing Co., namlich: »Frei-
denker-Almanach«, »Amerikanischer Turner -Kalender«, »Erziehungsblatter«,
»Fiir unsere Jugend«, »Mind and Body«. Ebenso war er auch zur Verbreitung
seiner politischen und religiosen Anschauungen durch Vortrage thatig, die ihn
weit in der Union herumftihrten.
1 82 Boppe.
1892 besuchte er mit seiner Gattin, geb. Magdalena Schiess, einer
stadtischen Lehrerin zu Milwaukee, sein Heimathland, die Schweiz, und seinen
hochbetagten Vater. Nach monatelangen Leiden starb er an einer Sinus-
thrombose am 12. Januar, am 16. wurde seine Leiche verbrannt. Sein Leichen-
begangniss hatte hervorragende Deutschamerikaner, vornehmlich Turnerbundes-
mitglieder, aus alien Theilen der Vereinigten Staaten nach Milwaukee gefuhrt.
Seine ausgebreitete literarische Lebensarbeit liegt in Leitartikeln, Auf-
satzen und Recensionen des »Freidenkers« und der »Amerikanischen Turn-
zeitung« vor. Dann finden sich auch viele treffliche Aufsatze im »Freidenker-
Almanach« und im »Nordamerikanischen Turnerkalender*. Sie sollen gesammelt
und in Buchform herausgegeben werden. Im Wesentlichen beharrte B. auf
den politischen und socialen Anschauungen seines Freundes und Meisters
Karl Heinzen, die dieser im »Pionier« und in selbstandigen Schriften ver-
offentlicht hatte. Der Heinzensche »Radikalismus« war ihm das A und O
aller politischen und socialen Weisheit. Der Schweizer verleugnete sich jedoch
nie in ihm. So sehr ihm jeder Zwang politischer, religioser oder socialer Art
verhasst war, so sehr wehrte er sich gegen die absolute Verneinung staat-
licher und gesellschaftlicher Formen. Das brachte ihn einerseits in stricten
Gegensatz zu den communistischen Socialisten, in deren Zielen er einen neuen
Despotismus sah, und andererseits zu den Anarchisten. Die politische und
sociale Entwickelung seines Adoptiv-Vaterlandes verfolgte er wie ein getreuer
Wardein der Freiheit. Seines grossen Landsmannes Gottfried Kellers Sonett
auf die Freiheit mag billig sein Wahlspruch genannt werden:
». . . Denn einen Pontifex nur fasst der Dom,
Das ist die Freiheit, der polit'sche Glaube,
Der lost und bindet jede Sklavenkette.«
Essays wie: »Die Moral der republikanischen Weltanschauung«, »Monarchie
und Aristokratie*, »Das Volk der Vereinigten Staaten und seine Verfassung«,
>>Prasidentscbaftswahlen«, »Zwei Heroen unseres Jahrhunderts, Darwin und
Garibaldi « etc. sind Kundgebungen eines deutschamerikanischen Idealismus,
die in die Zukunft wirken werden.
Als Mensch war B. eine gerade, allem Schein- und Formwesen abholde
Natur, die im Innersten einen Schatz von Gtite und Weichheit barg. Un-
erschlitterlich war er aber im Kampfe gegen Alles, was seinen Idealen im
Wege stand, unerbittlich und ein gefurchteter Streiter. Auf religiosem Gebiete
fehlte es ihm haufig, dem consequenten Feuerbachianer und Darwinisten, an
dem Verstandniss des specifisch Religiosen im Menschen. Etwas trocken
Starres, ja Ntichternes, Humorloses haftete seinem Wesen an; er war eigentlich
eine durchaus unklinstlerische Natur, dadurch ein scharfer Gegensatz zu dem
ihm in den Tod vorangegangenen genialen, frivol-fahrigen Robert Reitzel, der
ihn ob seines schweizerischen »sittlichen Ernschtes« weidlich verspottet hat.
Dennoch eignete ihm ein tiefes Verstandniss flir die dramatische Kunst, nament-
lich Shakespeare. Sein Deutschgefiihl bekundete er in seiner warmen Liebe
zur klassischen deutschen Literatur und Kunst und praktisch in seinem Streben
zur Erhaltung und Verbreitung deutscher Sprache und Weltanschauung im
fremden Lande.
Fiir seine Person war er bescheiden, anspruchslos, ja fast asketisch in
seinen Lebensgewohnheiten, von eisernstem Pflichtgeflihl, in den Umgangs-
formen ungelenk, ja eckig und schroff fast, dabei tiefen Gemilthes und als
Boppe. Schaible. 1 83
demokratischer, politischer Mensch ein Aristides von Rechtlichkeit in der
wtisten Corruption des amerikanischen bffentlichen Lebens. Kein Pfadfinder
im geistigen Sinne, aber eine starke, eigenartige, kantige Personlichkeit, ein
wahrhaft tiichtiger, treuer, keuscher Charakter war Carl Hermann Boppe.
»Freidenker-AImanach fUr das Jahr 190OX, Milwaukee Wise: »Zum Gediichtniss eines
todten Freiheitsapostels*. Von Dr. Maximilian P. E. Grossmann. — »Amerikanischer Turner-
Kalender fttr das Jahr 1900*, Milwaukee Wise: »Den Manen eines liberzeugungstreucn
Republikaners*. Von F. W. D[odel]. Mit Bild. — »Freidenker« f Milwaukee Wise, Jahrgang 29.
No. 17. — New-Yorker Staatszeitung, Sonntagsblatt 1899. — Ferner zahlreiche Nachrufe
in alien bedeutenden Blattern Amerikas deutscher, aber auch englischer Sprache.
Karl Detlev Jessen.
Schaible, Heinrich Carl, * 7. April 1824 zu Offenburg, f 21. September
1899 in Heidelberg, verlebte eine tiberaus gliickliche Kindheit, wurde dann
im Spatjahre 1842/43 im badischen Freiburg als Student der Medicin imma-
triculirt, und besuchte im Herbst 1844/45 als Mediciner die Universitat
Heidelberg. Das Jahr 1848 riss den freiheitbegeisterten Jiingling in seinen
Strudel, und brachte es so weit, dass der ideale Stlirmer und Dranger nach
Strassburg fliehen musste. Im zweiten Capitel seines kleinen Buches »Sieben-
unddreissig Jahre aus dem Leben eines Exilirten« schildert er manches mit
der nothwendig gewordenen Flucht Zusammenhangende, aus ihr Entspringende,
oder sich daran Kntipfende mit gemtithvollem Humor. Die genannte Schrift
ist nur »privat, zum Andenken fiir deutsche und englische Freunde gedruckt«.
S. selbst nennt das Ganze nur »ein fllichtiges Lebensbild«. Und mehr ist
es auch wohl kaum zu nennen, denn die beinahe tibergrosse Bescheidenheit
des Verfassers lasst ihn — das fiihlt sich deutlich heraus — nur wider-
strebend von der eigenen Personlichkeit berichten. Und dennoch — welch'
eine Personlichkeit war das! Zum zweiten Male musste S. fliehen, gelangte
von Strassburg aus dann nach Nancy und Paris, in welch' letzterer Stadt er
seine medicinischen Studien fortsetzte, von der Gesellschaft Deutscher Aerzte
und Naturforscher sogar ausgezeichnet und geehrt wurde, darum aber dennoch
— in Folge seiner Bethatigung an dem Aufstande in seiner Heimath — ver-
haftet wurde. Nichtsdestoweniger besuchte er die Weltausstellung in London
im Jahre 1851. Als in Paris im Jahre 1851 der Staatsstreich so viel Schrecken
verbreitete, wuchs auch die Gefahr fur S. immer mehr. Ein Deutscher, mit
dem Spionirsystem vollkommen vertraut, hatte sich zu dem verabscheuungs-
wurdigen Amt eines »Finders« und »Entdeckers« deutscher Fliichtlinge her-
gegeben. Es gelang S. jedoch, in Basel zu promoviren ohne vorherige be-
sondere Hindernisse politischer Art. Nach Paris zurtickgekehrt, erhielt er das
Anerbieten eines franzosischen Postens: Ueberwachung und Beaufsichtigung
der deutschen Presse. Es ist leicht zu errathen, dass der von jeher
tadellos lautere und charaktervolle Mann eine derartige Zumuthung mit
hochster Entriistung ausschlug. Wohl ganz besonders daraufhin erfolgte seine
Ausweisung aus Frankreich, und anfangs November 1853 bestieg er den eng-
lischen Dampfer im Hafen von Calais.
In London angekommen, wo er mit Freiligrath, Kinkel, Lothar Bucher,
Blind, Goldstlicker, Mazzini etc. in Beziehungen trat, handelte es sich fiir S.
nattirlich um sofortigen Verdienst. Mit der ihm eigenen Entschlossenheit
wendete er sich dem Lehrfache zu, gentlgte den Anforderungen, welche
vor Zulassung zu demselben damals in ganz England, also nattirlich auch in
I g4 Schaible. Gebhardt.
London gemacht wurden, und unterrichtete dann in mancherlei Fachern. Seine
Tlichtigkeit in der englischen Sprache ermoglichte es ihm auch in verhaltniss-
massig kurzer Zeit fiir englische Blatter und Zeitungen zu schreiben, ja er
gehorte sogar sehr bald nach seiner Ankunft in London zu dem Redactions-
ausschuss der »Educational Times«. Nicht lange, nachdem er im Jahre
1862 eine Anstellung in der » Royal Academy« erhalten hatte, wurde S. ge-
ehrt durch den Antrag eines hohen Vertrauenspostens, auf welchen er jedoch
ehrerbietigst dankend verzichtete. Seine Stellung als Privatsecretar und Biblio-
thekar der Konigin Victoria wtirde ja wohl auch seinem ganzen weiteren
Lebensweg eine vollig andere Richtung gegeben haben. Bis zum Jahre 1882,
also von seinem Antritt der Lehrthatigkeit in England gerechnet ein-
undzwanzig Jahre war er unterrichtend in der Fremde thatig. Er wurde
Examinator am College of Preceptors, Examinator an der Universitat Eng-
lands, Mitglied des Lehrer-Collegiums der Militair-Akademie in Woolwich und
vom Staat mit dem Titel Professor geehrt. Doch gab er im eben ge-
nannten Jahre seine Stellung auf, um als vollkommen unabhangiger Privat-
mann schriftstellerisch thatig sein zu konnen; und auch in diesem Fache
arbeitete er ebensowohl deutsch wie englisch. Im Jahre 1861 ward in Baden
fiir alle politischen Vergehen von 1849 bedingungslose Amnestie gegeben.
Jetzt besuchte S. alljahrlich seine ihm liber Alles teuer gebliebene Heimath,
in welche er im August 1883 wieder dauernd tibersiedelte, lebte von 1883
bis 1892 in Heidelberg und zog 1892 vorubergehend nach dem badischen
Freiburg. Endlich richtete er sich ein dauerndes Heim in seiner alten
Vaterstadt OfFenburg ein, das er im Sommer 1894 beziehen konnte. Doch
zu machtig zog es ihn nach Alt-Heidelberg zuriick, wohin er im Sommer 1897
denn auch wieder tibersiedelte, um den Rest seines Lebens dort zu verbringen.
Verheirathet war S. nie. Er hinterlasst in seiner als Tochter angenommenen
Nichte, Fraulein Anna Schaible, die einzige nahere Verwandte. — Am
23. September 1899 wurden seine irdischen Ueberreste im Crematorium zu
Heidelberg verbrannt; die Urne, welche das Hauflein Asche umschliesst, tragt
die ihm von seinem alten Freunde Josef Victor v. Scheffel gewidmeten Worte,
welche dieser seinem lieben Carl Heinrich Schaible Ende 1884 nicht lange
vor seinem eigenem Hingang auf sein (Scheffels) Bild schrieb:
»Heil dem Mann, der Leid und Not
»Durch Arbeit uberwindet,
»Und nach der Fremde hartem Brot
»Die Heimath wieder findet!«
»Noch ein 48er«, von Otto Freiherrn v. Volderndorff, Biographische Blatter II, 112
bis 118. Dort werden von seinen Schriften u. A. citirt: Geschichte der Deutschen in Eng-
land (1885). Die Juden in England (1890). Deutschland vor 100 Jahren (1892). Die
hohere Frauenbildung in Grossbritannien (1894).
Paula Reber.
Gebhardt, Friedrich Wilhelm Hermann, Dr. theol., Kirchenrath und
Pfarrer, * 22. Juli 1824 in Georgenthal (S.-Gotha), f 28. April 1899 in Gotha,
G. war altester Sohn des Pfarrers und spateren Superintendenten Trau-
gott Gebhardt und liber 27 Jahre lang sein Nachfolger im Pfarramt zu Molsch-
leben im Herzogthum S.-Gotha. Als zwolfjahriger Knabe war er mit Eltem
Gebhardt. 185
und Geschwistern dahin iibergesiedelt und hat bis zu seinem Scheiden vom
Amt, im October 1896, 60 Jahre dort die Heimath gehabt. In den Jahren
1838 — 1842 besuchte er das Gymnasium in dem nahen Gotha, nachdem sein
Vater ihn bis zum Eintritt in die Secunda selbst vorbereitet hatte. Von 1842
bis 1845 studirte er sodann in Jena Theologie und Philologie, erstere ins-
besondere unter lebhafter Einwirkung Carl Hases, des charaktervollen Kirchen-
rathes J. K. Ed. Schwarz, des feinsinnigen Exegeten Leopold Riickert und
des philologisch fleissigen Willibald Grimm; in den philosophischen Fachern
wurden Gottling, Scheidler, Stick el und Reinhold seine Lehrer. 1846 bestand
er die erste Candidatenprtifung in Gotha, um hierauf ein Jahr als Lehrer an
der Knabenerziehungsanstalt Keilhau bei Rudolstadt zu w irk en. Noch einmal
aber kehrte er zum Universitatsstudium zurlick, 1847—48 hatte ihn die Ber-
liner Hochschule unter ihren eifrigsten Horern. Es folgte dann eine elfjahrige
Zeit fur ihn als Hauslehrer in Gotha und Moorburg bei Hamburg, sowie als
Lehrer an der hoheren Tochterschule in seiner Heimathstadt Gotha, wahrend-
dem er 1853 die zweite theologische Prtifung vor dem herzoglichen Ober-
consistorium in Gotha ablegte. Hier fand er in der Tochter des Consistorial-
rathes Friedrich Agricola, Mathilde, die gleichgesinnte Lebensgeiahrtin, die
durch die Mutter, eine Tochter des Perthes'schen Hauses, ihn auch mit dieser
bedeutenden Familie in nahe und herzliche Verbindung brachte. Zehn Jahre
hat er sodann (von 1859 — 1869) das Pfarramt von Eischleben bei Ichters-
hausen verwaltet, bis ihm nach seines Vaters Tode das Pfarrhaus in Molsch-
leben sich aufs Neue als heimathliches Erbe und Wirkungsstatte aufthat. Hier
ist er tiber ein Vierteljahrhundert auch in fleissiger literarischer Arbeit thatig
gewesen. Nachdem bereits 1864 eine apologetische Arbeit tiber »Die Auf-
erstehung Christi und ihre neuesten Gegner« (Gotha, Besser) aus seiner Feder
erschienen war, behandelte er in umfassender dogmatisch-exegetischer Dar-
stellung »den Lehrbegriff der Apokalypse und sein Verhaltniss zum Lehrbegriflf
des Evangeliums und der Episteln des Johannes* (ebenda 1873), und hatte
die Genugthuung, dass das ttichtige Werk — wohl auf Veranlassung der Uni-
versitat Edinburgh — auch ins Englische (1878) tibersetzt worden ist. Es
folgte in den Jahren 1880—82 in drei Theilen eine popularhistorische Be-
arbeitung der »Thuringischen Kirchengeschichte, seinen Landsleuten erzahlu
(Gotha, F. A. Perthes). Sein bedeutsamstes und nachhaltig wirksamstes Werk
aber wurden seine ausserst drastischen und realistischen Schilderungen »Zur
bauerlichen Glaubens- und Sittenlehre« (Gotha 1885, Schloessmann ; 2. Aufl.
1890; 3. Aufl. 1895), die ihren Verfasser, obwohl sie zunachst ohne seinen
Namen erschienen, geradezu bertihmt gemacht haben. Wenn schon gegen die mit
photographischer Treue ausgefllhrten Einzelbilder und die in ihnen reichlich
gebotenen bitteren Wahrheiten nicht selten Einwendungen erhoben und Verwah-
rungen gegen unzutreffendes Generalisiren laut geworden sind, so bleibt das Buch
doch sicher ein cultur- und sittengeschichtlich hochst interessantes Document
aus dem Ende des alten Jahrhunderts. Ebenso hat man eine auf dem gleichen
Boden der Einzelbeobachtung erwachsene Studie liber »den Niedergang des
kirchlichen Lebens auf dem Lande* (Gotha 1888, Schloessmann) eines allzu
triiben Pessimismus beschuldigt; doch auch hier sind nur unerbittliche That-
sachen, wennschon in scharfer Gruppirung und Beleuchtung, zusammengestellt.
In friedsamerer Richtung, um die Kritik nach der positiv erbauenden Seite
zu erganzen, bewegen sich drei weitere Publikationen des unermlidlichen Ver-
fassers: der »Versuch einer kurzgefassten und leichtverstandlichen Glaubens-
x 86 Gebhardt. Wredc.
lehre flir Laien« (ebenda 1891); »Aus der Geschichte des Dorfes Molschleben*
(ebenda 1894); »Christi Person und Werk in der PredigU (ebenda 1898).
Neben diesen selbstandig erschienenen Arbeiten hat an kleineren Aufsatzen
aus dem Gebiete der neutestamentlichen Schriftforschung die Leipziger »Zeit-
schrift flir kirchliche Wissenschaft und kirchliches Leben« aus seiner Feder
gebracht: »Die Zukunft des Menschensohnes nach den Synoptikenu (1885,
Heft 9 und 10); »Der Himmel im Neuen Testament* (1886, Heft 11); »Der
Apostel Paulus und die Auferstehung Christi« (1887, Heft 9); »Der Sohn
Gottes nach den Synoptikern« (1889, Heft 3 und 4): Themata, die nach
Auswahl und Art der Behandlung eine Fttlle auch flir die Gegenwart inter-
essanter Gedanken bieten. In Wtirdigung dieser gelehrten vielseitigen Arbeit
hat 1894 die theologische Facultat der Universitat Halle bei Gelegenheit des
Universitatsjubilaums ihn zum theologischen Doctor h. c. ernannt. — Im Jahre
1895 gebot eine plotzlich und heftig auftretende Schwache seiner auch
in der Gemeindeseelsorge Susserst rllhrigen Thatigkeit Einhalt, und im folgen-
den Jahre trat er, von seinem LandesfUrsten durch Verleihung der Wtirde
eines Kirchenrathes und (bereits 1892) des Ritterkreuzes 2. Kl. des Ernestinischen
Hausordens geehrt, in den Ruhestand und siedelte nach bewegtem Abschied
von seiner Gemeinde nach Gotha liber. Hier ereilte ihn ein rascher sanfter
Tod, der drei Tage darauf auch seine Gattin hinwegnahm. Auch im Tode
vereint ruhen Beide nahe dem Grabe der Eltern auf dem Friedhofe von
Molschleben.
[Nach handschriftlichen Mitteilungen.]
Kohlschmidt.
Wrede, Ferdinand, Musikdirector der Singakademie in Frankfurt a. O.
* 28. Juli 1827 zu Brokel im Hannoverschen, f 20. Januar 1899 in Frankfurt
a. O. Seine Schulbildung genoss er in Celle und die Musikstudien in Braun-
schweig bei dem Hofcapellmeister Metbfessel. Der Umgang mit Marschner
hatte auf seine musikalische Geistesrichtung einen wesentlichen Einfluss.
Nachdem er einige Jahre mit Musikunterricht und mehreren Concertreisen
als Claviervirtuose sich ernahrt hatte, erhielt er im Jahre 1852 die Organisten-
stelle an der St. Nikolaikirche in Spandau in der Mark Brandenburg, die er
dann Ostern 1861 mit dem Cantorat an der St. Marienkirche in Frank-
furt a. O. vertauschte und bald darauf auch stadtischer Gesanglehrer wurde. Am
30. November 1868 hatte er auch unter recht ungiinstigen Verhaltnissen die
Direction des dortigen seit dem Jahre 181 5 bestehenden Singakademie iiber-
nommen, die zeitweise glanzende Erfolge erzielt hatte, nach 1852 aber nahe
dem Verfalle war, denn zeitweise fand sich kein geeigneter Dirigent, der
Leben und Ordnung hineinbringen konnte. Nach W.'s Uebernahme der Leitung
hob sich das Institut zusehends und bewies seine Leistungsfahigkeit durch
vorzligliche Auffiihrungen von grossen Oratorien. Trotz des hohen Alters und
dem Wunsche, sich zuriickzuziehen, bewogen ihn stets die Mitglieder zum
Bleiben und so leitete er die Singakademie bis zu seinem Ende; denn nur
ein kurzes Krankenlager beschloss sein thatiges und der Kunst geweihtes Leben.
Als Componist hat er nur Weniges und Unbedeutendes geschaffen, dagegen
hat er sich als Lehrender und Leiter der Singakademie bleibende Verdienste
erworben und wurde von Hoch und Niedrig in seltener Weise verehrt.
Quelle: Beilage iur Frankfurter Oder-Zeitung 22. Jan. 1899.
Rob. Eitner.
Pfeil. Baenscb. 187
Pfcil, Hcinrich, ein beliebter Componist im Fache des Mannerquartetts,
* am 18. December 1835 zu Leipzig als Sohn eines Buchdruckfarbenfabrikanten,
f am 17. April 1899 in Gohlis bei Leipzig. Erlernte das Buchhandlergeschaft,
schriftstellerte dabei, betrieb Musik als Dilettant und pflegte ganz besonders
den Mannergesang. Da ihm einige Gesange recht gegllickt waren, wurde er
bald von den Vereinen als Fiihrer anerkannt. Man wahlte ihn zum Redacteur
der Leipziger Sangerhalle, die er in den Jahren 1862 bis 1887 leitete
und sein redlich Theil beitrug, den Mannergesang auf edlere Bahnen zu
lenken. Von 1884 bis 1889 redigirte er den Dorfanzeiger in Leipzig und von
1 89 1 bis 1896 die Glauchaer Zeitung. Schrieb ausserdem ein »Tonkunstler-
merkbiichlein«, einen»Liedertafelkalender«(i88i) und »Musikantengeschichten«.
Von seinen zahlreichen Mannerquartetten sind hervorzuheben : »Still ruht der
See<c, »Ein Sohn des Volkes will ich sein«. Von seinen Liedersammlungen
sind bemerkenswerth die Brautlieder, Dur und Moll, Gut Sang, Leicht Gepack.
Quellen: Riemanns Musik-Lexikon, Gartenlaube und Sangerhalle.
Rob. Eitner.
Baensch, Wilhelm von, Verlagsbuchhandler und Buchdruckereibesitzer,
* 25. Januar 1828 in Magdeburg, f 27. November 1899 in Dresden. Erlernte
den Buchhandel bei seinem Bruder Emil Baensch in Magdeburg und machte
sich schon am 20. October 1848 in Leipzig selbstandig, indem er das seit
181 7 in Magdeburg bestehende, 1835 nach Berlin verlegte Verlagsgeschaft
von Ferdinand Rubach iibernahm. Dieses Geschaft war, wie in der unten an-
gefuhrten Monographic ausflihrlich nachgewiesen wird, nach mannigfachem
Besitzwechsel aus den bereits 1668 in Magdeburg gegrundeten Buchhandlungen
von Tobias Schroeter und Johann Liiderwalt hervorgegangen. Der Verlag
wurde erst vom 1. Januar 1851 ab unter eigenem Namen weitergeftihrt.
Ausser den Artikeln des genannten Verlages wurden im Laufe der Jahre
zahlreiche Artikel vieler anderen Firmen libernommen, der Verlag auch durch
viele eigene bedeutende Unternehmungen erweitert. Ein neben dem Verlag
mit Erfolg betriebenes buchhandlerisches Commissionsgeschaft ging 1867 an
Hermann Fries iiber. 1862 iibernahm B. die Buchdruckerei von J. S. Wasser-
mann; 1875 erfolgte die Uebersiedelung von Leipzig nach Dresden. In-
zwischen war B. zu mannigfachen Ehren gelangt. — Die Ausdehnung seines
Druckereigeschaftes, besonders auch durch Auftrage von Seiten der preussischen
und sachsischen Regierung, veranlasste ihn 1880 zur Griindung einer Zweig-
niederlassung in Berlin im Verein mit seinem Sohne Henry von B., an dessen
Stelle spater sein Sohn William trat, bis 1898 das Berliner Geschaft in andere
Hande Uberging. Das Dresdener Geschaft ist z. Z. im Besitz von Wilhelm
von B.s Erben und von Franz Schuffenhauer. — Bei seinen Berufsgenossen
stand B. in hohem Ansehen. Er war s. Z. Vorsitzender des Vereins Dres-
dener Buchhandler, der ihn 1886 zu seinem Ehrenvorsitzenden ernannte. Als
Buchdrucker rief er 1886 in Dresden die erste Buchdruckerinnung Deutsch-
lands ins Leben, deren Vorsitz er mehrere Jahre ftihrte und die ihn (1896)
gleichfalls zu ihrem Ehrenvorsitzenden ernannte.
(Baensch, VV. v.) Zur Geschichte der Firma Wilhelm Baensch. (Mit Lichtdruckportrait,
vielen Facsimiles und anderen Abbildungen.) 4. Dresden 1898. — Pfau, K. F„ Biogr. Lex.
d. dt. Buchhdls., Leipzig 1890. — BCrsenbl. f. d» deutschen BuchhdL 1899 No. 278.
H. Ellissen.
1 88 Gumprecht. Thienemann. Hirschwald.
Gumprecht, Adolf, Buchhandler und Schriftsteller, * 7. December 181 8
in Erfurt, f 23. December 1899 in Meran. G. eroffnete 1844 eine Verlags-
buchhandlung in Berlin, deren Firma aber bereits Ende 1845 erlosch, nach-
dem er im selben Jahre mit Maximilian von Katzeler die Gerhard'sche Buch-
handlung und Buchdruckerei in Danzig (ibernommen hatte. Auch dieses
Unternehmen bestand nur bis 1849. Dagegen bestand die von G. im Juni
1854 in Leipzig eroffnete Verlags- und Commissionsbuchhandlung bis 1872.
Schon friih war G. schriftstellerisch thatig. Mit besonderem Geschick pflegte
er das Feuilleton und Reiseschilderungen. Von Welt- und Menschenkenntniss
zeugen seine u. A. selbstandig erscbienenen, weit verbreiteten Schriften: Jacob
Radike (pseudonym), Lehrbuch der Demagogie (Leipzig 1849, Schlicke);
Arthur Michelis (pseudonym), Reiseschule fur Touristen und Kurgaste (Leipzig
1869, Adolf Gumprecht; 4. Auflage Stuttgart, Frommann); Wider den Trunk
(Dresden 1885, Minden); Aus den Lebenserfahrungen eines Siebzigers (3. Auf-
lage Gotha 1896, F. A. Perthes).
Vgl. Bftrsenblatt f. d. dt. Buchhdl. 1899 No. 301.
H. Ellissen.
Thienemann, Ernst Friedrich, Buchhandler, * 24. August als Sohn des
Kammerconsulenten Friedrich Th. in Gotha, eines Mitbegi tinders der Gothaischen
Lebensversicherungsbank, f 9. Marz 1899 daselbst. Th. kam zehnjahrig zu
verwandten Pfarrersleuten nach Thtiringen in die Goldene Aue, einige Jahre
spater zum Besuch der Thomasschule in Leipzig in das Haus einer Schwester
des Vaters. Den Buchhandel erlernte er in dem grossen Commissionsgeschaft
von E. F. Steinacker in Leipzig. 1 843 arbeitete er aushilfsweise bei Friedrich
Perthes in Gotha, 1843 — 45 als Gehilfe in der Schwers'schen Buchhandlung
in Kiel. Seit 1843 m ^ Friedr. Perthes 1 Tochter Auguste, zugleich einer
Enkelin von Rudolf Zacharias Becker, vermahlt, (ibernahm er 1846 (von Ferd.
Otte) das Sortiment, 1857 (von Beckers Sohn Friedrich) auch den Verlag der
1795 von R- Z. Becker gegriindeten Buchhandlung. Er vereinigte beide Ab-
theilungen unter der Firma E. F. Thienemann. 1893 ging die Sortiments-
buchhandlung in andere Hande iiber. Theilhaber des besonders eine ge-
diegene padagogische Richtung vertretenden Verlages wurde 1881 sein Sohn
Friedrich Th. des nunmehrigen Inhabers der Firma.
Handschriftl. Mittheilungen von Hcrrn Friedrich Th. — Nekrolog in den Pttdagog.
Blattern Bd. 28 von J. Helm. — Pfaus Biogr. Lex. des deutschen Buchhdls. — Borsen-
blatt 1899 No. 58.
H. Ellissen.
Hirschwald, Ferdinand, Buchhandler, * 18. November 1828 als Sohn des
Grtinders der Firma August H. in Berlin, f 8. September 1899. Trat friih in
das Geschaft seines Vaters ein, dessen Theilhaber neben seinem Vetter und
vaterlichen Freund, Eduard Aber, er 1848 wurde. Mit personlicher Liebens-
wiirdigkeit verband er geschaftliche Tiichtigkeit, unermtidliche Thatigkeit und
die fiir das Gedeihen des beruhmten medicinischen Verlags- und Sortiments-
geschaftes forderlichen Eigenschaften, literarische Begabung und Unternehmungs-
geist. Nur um einen halben Monat ist er dem altesten Chef der Firma, Eduard
Aber (vgl. diesen), im Tode vorangegangen.
Bdrsenbl. f. d. dt. BuchhdL 1899 No. 211. — Berliner klin. Wochenschr. 1899 No. 38.
H. Ellissen.
Voester. Lange. 189
Vocrster, Karl, Buchhandler, * 4. Mai 1826 in Soest, f 3. Juni 1899 in
Leipzig. Widmete sich anfanglich dem rein kaufmannischen Beruf, trat aber
1843 a l s junger Gehilfe in das hochangesehene buchhandlerische Commissions-
geschaft seines Onkels Friedrich Volckmar in Leipzig, und wurde 1854 Theil-
haber der Firma. Das Hauptverdienst Voersters beruht in der systematischen
Ausbildung des »Barsortiments« in grossem Massstabe und zu einer fur die
Sortimentsbuchhandlungen unentbehrlichen Einrichtung. Zur Beschleunigung
der Expedition vieler und von ihren Committenden meist begehrter Artikel
hielten grossere Commissionaire Leipzigs schon zu Anfang des Jahrhunderts
grosse Sortimentslager und lieferten, mit dem Gewinn der Freiexemplare bei
Partiebeziigen sich begnttgend, diese zu gleichen Preisen als die Verleger aus.
Die Lieferungen waren aber auf die Committenden der Commissionaire be-
schrankt. Seit Ende der vierziger Jahre hielt die Firma Volckmar die gang-
barsten Artikel auch gebunden vorrathig. Seit Anfang der fiinfziger Jahre gab
Voerster (iber den Bestand des Lagers gebundener und brochirter Artikel
autographirte Verzeichnisse heraus. Inzwischen hatte Louis Zander in Leipzig
am i.Juli 1852, sein Lager gebundener Bticher eroffnet, die er dem ge-
sammten Buchhandel durch besondere Verzeichnissezu Verlegerpreisen anbot
und lieferte. Seine Hauptabnehmer wurden jedoch (seit 1857) die grossen
Commissionaire Volckmar, Koehler und Steinacker. 1861 wurde das Zan-
der' sche Geschaft von der Firma Volckmar ubernommen und an die Stelle
ihrer autographirten Lagerverzeichnisse traten nun gedruckte. Welche Aus-
dehnung das Volckmar- Voerster'sche Lager gewann, ist u, A. daraus ersichtlich,
dass das erste gedruckte Verzeichniss 32 Seiten, das letzte vom October
1899 mit den Nachtragen etwa 620 Seiten umfasst. Das grosse Commissions-
geschaft und der Verlag (unter der Firma L. F. Amelang, gegrtindet 1806,
erworben 1850) wurden von Voerster in ahnlicher Weise gefordert, Wie
er fur die zahlreichen Angehorigen seines Hauses stets in humaner Weise
sorgte, so hat er auch in weiteren Kreisen durch wohlwollendes und
hilfbereites Wesen ein dankbares Andenken sich gesichert.
Handschriftl. Mittheilungen von Herrn Alfred Voerster. — Pfaus Biogr. Lex. d. dt.
Buchhdls. (Art. Volckmar). — Borsenblatt f. d. dt. Buchhdl. 1899 No. 128. — Ueber
Land und Meer 1899. No. 40 (im Portre.)
H. Ellissen.
Lange, Max Dr., Schachmeister, Verlagsbuchhandler, Schriftsteller, * am
7. August 1832 in Magdeburg, f 8. December 1899 in Leipzig. L. besuchte
das Gymnasium seiner Vaterstadt. Schon friih hatte er sich mit Schach be-
schaftigt, und als dem jungen Gymnasiasten das Bilguersche »Handbuch des
Schachspiels* in die Hande gefallen war, da gab er sich eifrigen Studien des
gedankenreichen Spieles hin. Schon regte sich in ihm der Schachtheoretiker,
und auch der Trieb, Schachvereinigungen zu griinden, war schon in ihm
lebendig. Auf dem Gymnasium vereinigte er 1849 die Genossen in einem
Schachclub Sophrosyne, dessen Mitglieder die beiden Farben der Schach-
felder als Abzeichen im Knopf loch trugen. Auch eine Schachzeitung, die
sogar gedruckt wurde, gab der Verein als sein Organ ein Jahr lang heraus.
Einige Artikel L.'s in derselben fanden die Anerkennung des Schach-
meisters von der Lasa, der sich alsbald fur den strebsamen Schachjttnger
interessirte. So alt sind die freundschaftlichen Beziehungen zwischen den
I go Lange.
beiden Meistern, den grossten Theoretikern des Schachspiels , die beide das
Trauerjahr 1899 hinwegraffte. L. war 1852 nach Berlin libergesiedelt, wo
er Mathematik und Philosophie studirte, kurze Zeit auch Theologie. Dann
aber widmete er sich in Berlin und an anderen Universitaten dem Studium
der Rechtswissenschaft. Obschon er in beiden Facultaten im Hinblick auf
eine akademische Carri&re promovirt hatte, sah er sich doch in Folge einer
Verletzung der Brust, die ihn an Vortragen hinderte, genothigt, auf dieselbe
zu verzichten. Als ein Phanomen muss es erscheinen, dass L. gerade in
jungen Lebensjahren sich als ein so griindlicher Schachtheoretiker bewahrte.
1885 erschien seine »Kritik der Eroffnungen; ein Leitfaden fur gelibtere
Schachspieler*. 1856 gab er ein »Lehrbuch des Schachspiels« heraus, 1857
eine »Sammlung neuer Schachpartieen«; spater noch die Parthieen von
Morphy, 1859. Dann folgte sein »Handbuch der Schachaufgaben« (1862),
ein geistvolles Werk, der wichtigste Beitrag zu seiner Philosophie des Schachs,
aus dem viele hier zuerst gebrauchte Wendungen und Kunstausdrticke auf
dem Gebiete der Problemkunst ganz gelaufig und gebrauchlich geworden
sind, ohne dass man sich von der Herkunft derselben Rechenschaft zu geben
wusste.
L. hatte auch als Organisator und praktischer Spieler eine rege Thatig-
keit entfaltet, sich 1862 an der Begrtindung des Westdeutschen Schachbundes,
1868 an derjenigen des Norddeutschen mit betheiligt, in den Hauptturnieren
zu Dlisseldorf 1862, 1863 und 1864 den ersten Preis errungen, denen sich
spater erste Preise in den Meisterturnieren (1868) in Aachen und Hamburg
anschlossen. Von 1858 bis 1864 hatte er, zum Theil in Gemeinschaft mit
B. Suhle und P. Hirschfeld, die Redaction der Schachzeitung gefiihrt, er
hatte den Mitteldeutschen Schachbund gefordert und sich 1876 bei der
Anderssenfeier und der Grlindung des Deutschen Schachbundes in erster
Linie mit betheiligt.
Mit der Charakteristik L.'s als Schachspieler ist seine geistige Bedeutung
nicht erschopft; er war Jurist und Philosoph und hat dem akademischen
Doctorgrad in beiden Facultaten durch Schriften wie »Kritik des geistigen
Eigenthums« (1858) und »Neue Denklehre oder Einfluss des Gegenstandes
auf die Methode des Denkens* (1889) Ehre gemacht. Durch eine gliickliche
Ehe mit der Tochter des Verlagsbuchhandlers Otto Spamer in Leipzig ver-
bunden, war er seit 1864 Mitinhaber der uberaus riihrigen Verlagsbuch-
handlung, spater, 1886, Alleinbesitzer, bis er sich 1891 ganz zur Ruhe setzte.
Seine kaufmannische Thatigkeit brachte ihm die ehrenvolle Stelle eines Vor-
sitzenden des angesehenen »Kaufmannischen Vereins« (1877 — 1883) in Leipzig
ein. Auch als Schriftsteller war er auf diesem Gebiete thatig; er gab 1864
bis 1887 Rothschilds »Taschenbuch fiir Kaufleute« heraus. Wie dieses Werk
fanden andere seiner im Spamer'schen Verlage erschienenen Schriften einen
Absatz von Hunderttausenden von Exemplaren.
Er war ein unermtidlicher geistiger Arbeiter von ausserordentlicher Viel-
seitigkeit; Tag und Nacht liess es ihm keine Ruhe, bis er irgend eine Frage
erledigt, ein Problem gelost, eine Arbeit vollendet hatte; immer neue Stoffe
drangten sich liberwaltigend in den Bereich seiner Thatigkeit. Das musste
sein Nervensystem zerriitten; schon im Jahre 1898 verfiel er in eine lang-
dauernde, schwere Krankheit — man zweifelte an seiner Wiederherstellung.
Er genas, erholte sich im Sliden und hoffte vollige Genesung von einer
Reise nach Italien. Die Aerzte zogerten mit ihrer Zustimmung. Da raffte
Lange. Stieble. iqi
ihn plotzlich der Tod dahin, nachdem er noch Tags vorher mit Freunden
und Genossen lebhaft und munter verkehrt.
Nach Rudolf von Gottschall's Nachruf, Deutsche Schachztg. 1900, No. I. —
Verzeichniss der Schachbibliothek von Dr. Max Lange. Leipzig 1900.
Stiehle, Friedrich Wilhelm Theodor Gustav von, General der Infanterie,
z. D., General-Adjutant Weiland Sr. Maj. des Kaisers und Konigs Wilhelm I.,
& la suite des Ingenieur- und Pionier- Corps. * 14. August 1823 zu
Erfurt, f 15. November 1899 zu Berlin.
General v. St. gehorte zu jenem Kreise bedeutender Manner, denen es
vergonnt war, in Deutschlands grosser Zeit an leitender und verantwortlicher
Stelle zu wirken. Als Chef des Generalstabes der II. deutschen Armee im
Feldzuge von 1870/71 hat er sich einen unverganglichen Namen und einen
Ehrenplatz in der Heeresgeschichte gesichert. Aus einer (nicht adeligen)
Offizier-Familie stammend, trat er sehr jung — noch nicht i7Jahrig — bei
dem damaligen 21. Infanterie -Regiment mit Aussicht auf Beforderung zum
Offizier ein, kam schon mit 21 Jahren auf die Allgemeine Kriegsschule
(jetzige Kriegs-Akademie) und wurde bereits 1850 bei der damaligen Mobil-
machung als Generalstabsoffizier bei der 8. Division verwendet, dann 1855
als Hauptmann in den Generalstab versetzt.
Bei der Reorganisation des Militar-Erziehungs- und Bildungswesens durch
den verewigten General von Peucker wurde dem Major St. ein besonderer
Vertrauensbeweis dadurch gegeben, dass er beauftragt wurde, zunachst die
Kriegsschule Potsdam, dann die zu Neisse nach den neuen Grundsatzen als deren
erster Director zu leiten. 1863 geadelt, befand er sich wahrend eines Theiles
des Feldzuges von 1864 im Hauptquartier des General -Feldmarschalls
v. Wrangel — in nicht leichter Stellung — und wurde noch in demselben
Jahre Flugel-Adjutant Sr. Majestat des Konigs.
Als solcher war er 1866 — wieder in besonderer Vertrauensstellung —
dem Hauptquartier der Elb-Armee zugetheilt, wurde 1868 Commandeur des
damaligen 4. Garde-Grenadier-Regiments Konigin, dann Abtheilungschef im
Grossen Generalstabe und gelangte bei Ausbruch des Krieges gegen Frank-
reich endlich auf den Posten, auf welchem es ihm vergonnt sein sollte, so
Bedeutendes zu leisten.
Wenn man St.'s Thatigkeit als Chef des Generalstabes der II. Armee
im Einzelnen schildern wollte, so mlisste man eine Geschichte dieser Armee
schreiben und dazu ist hier nicht der Ort. Die Capitulation von Frescaty,
durch die Frankreichs grosste Armee kriegsgefangen, dessen starkste Festung
ubergeben wurde, tragt Stiehles Namensunterschrift; das allein wlirde genligen,
diesen Namen dauernd der Kriegsgeschichte zu erhalten. Sein Wirken
wahrend des ganzen Feldzuges als erster Berather des Prinzen Friedrich
Carl von Preussen aber war, wenn auch nach aussen weniger hervortretend
als diese eine glanzende Episode* nicht minder verdienstvoll und einfluss-
reich.
Ein damaliger junger Generalstabsoffizier, der inzwischen selbst zu hohen
Ehren emporgestiegen ist, hat im Mil. W. Bl. No. 2 und 3, 1900, das Ver-
haltniss zwischen dem Oberbefehlshaber der II. Armee und seinem Stabschel
eingehend und mit glanzender Feder geschildert. Wie sich aus ursprling-
licher Unbekanntschaft sehr rasch ein der Sache iiberaus forderliches, fast
192
Stiehle. Bunsen.
freundschaftliches Verhaltniss dieser beiden so sehr verschieden gearteten
Manner entwickelte, wie der General es verstand, sich das voile Vertrauen
des Feldherm sowohl, wie auch seiner Untergebenen im Stabe des Ober-
commandos zu erwerben und sie alle zu freudigem und verstandnissvollem
Eingehen auf seinen Gedankengang zu ftihren, das ist dort meisterhaft dar-
gestellt. »Die II. Armee hat Grosses geleistes und den schwierigsten Theil
der harten Arbeit auf franzosischem Boden gethan. Sie schlug die blutigsten
Schlachten und machte dadurch in beiden Perioden des grossen Ringens die
Entscheidung moglich. Das ist das beste Zeugniss fur die Ftihrung, an der
General v. St. sein ruhmvoller An theil gebtihrt.« In diese Worte fasst der
berufene Beurtheiler seine Ansicht Uber St.'s Leistungen zusammen.
Nach dem Kriege fand St. eine seinen hohen Verdiensten wie seiner
grossen Arbeitskraft entsprechende Verwendung zunachst als Director des
Allgemeinen Kriegs-Departements im Kriegsministeriums, dann als Inspecteur
der j£ger und Schutzen, als Commandeur der 7. Division, als commandirender
General des V. Armee -Corps, endlich als Chef des Ingenieur- und Pionier-
corps und General-Inspecteur der Festungen. Was er in alien diesen Stellungen
in stiller Friedensarbeit fur das Heer geleistet hat, wie er tiberall Dienst-
freudigkeit und unermiidliche Thatigkeit bei seinen Untergebenen hervorzu-
rufen und sie in ihrem Konnen und Wissen zu fordern verstand, wie er
dienstlichen Ernst und personliches Wohlwollen zu verbinden wusste, daftir
zeugt die grosse Zahl von Verehrern, die er in der Armee hinterlassen hat,
wie nicht minder die AllerhOchste Anerkennung, die ihm bis zu seinem
Lebensende zu Theil geworden ist.
In der zweiten Halfte der 80 er Jahre verschlechterte sich sein Gesund-
heitszustand, 1888 erbat und erhielt er seinen Abschied. Die letzten 10 Jahre
seines Lebens brachte er in volliger Stille theils in Baden-Baden, theils in
Berlin zu.
General v, St. war eipe auffallend vornehme, echt soldatische und ritter-
liche Erscheinung; dem Fremden machte er anfanglich den Eindruck eines
sehr kiihlen, zurtickhaltenden Charakters. Aber unter dieser ausseren Reservirt-
heit verbargen sich ein reiches Geistesleben , eine grosse Belesenheit nicht
nur auf militarischem Gebiete und wahre Herzensgiite, Eigenschaften, die sich
denen bereitwillig erschlossen, die dem General naher treten durften. Sein
Andenken bleibt in der Armee in Ehren!
v. Frobel.
Bunsen, Robert Wilhelm, * 31. Marz 181 1 zu Gottingen, f 16. August
1899 zu Heidelberg, Naturforscher, Professor. B.'s Name ist weit Uber die
Kreise der engeren Fachgenossen hinaus bekannt und in Verbindung mit dem
seines Freundes Kirchhoff berlihmt geworden. Verknupft sich doch selbst
flir den der Naturwissenschaft ferner Stehenden mit den Namen Bunsen und
Kirchhoff die Erinnerung an eine der grossartigsten Entdeckungen des ver-
flossenen Jahrhunderts: an die Spectralanalyse. Aber diese geniale Arbeit
zweier grosser Geister findet unter den Werken B.'s ebenbtirtige Geschwister,
die freilich dem grossen Publikum weniger bekannt sind. Ein grosser Theil
von ihnen hat ebenso befruchtend und fordemd auf die wissenschaftliche
Physik und Chemie, wie andrerseits auf die Technik, im weitesten Sinne ein-
gewirkt. Denn, neben grosser mathematisch-philosophischer Begabung besass
B. im seltenen Grade technische Fertigkeit und Blick flir Verbesserung der
Bunsen.
193
Arbeitsmethoden. Man weiss nicht, ob man mehr die Grossartigkeit der
B.'schen Fragestellung und die geistreiche Durchfuhrung der Gedankenkette
in seinen Arbeiten bewundern soil oder die souveraine Leichtigkeit und das
fast unglaubliche Geschick, mit dem er Schwierigkeit flir Schwierigkeit zu
iiberwinden wusste. Dabei besass er eine nie ermtidende Arbeitskraft und
Aufopferungstahigkeit flir seine Sache, welche ihn sogar alle personlichen
Strapazen und selbst ernste Gefahr vergessen Hess.
Neben den grossen Arbeiten, welche seinen Namen der Welt bekannt
gemacht haben, hat B. zahllose Untersuchungen von speciellem Interesse an-
gestellt; so iiber die bei der Gewinnung von Eisen und Kupfer im Hochofen
sich abspielenden Processe, sowie fiber den Vorgang bei der Verbrennung
des Schiesspulvers. Er erfand eine grosse Anzahl von Apparaten, welche
heute in den wissenschaftlichen und technischen Laboratorien gebraucht
werden, ohne dass die Jiingeren oft wissen, von wem sie stammen. Sie sind
Allgemeingut geworden, wie der bekannte »Bunsenbrenner«, welcher ja
gerade jetzt im Haushalt nicht nur der Familie sondern ganzer Stadte tiberall
Verwendung findet: die Gaskocher und Gasherde werden durch Bunsenbrenner
gespeist, ebenso auch die Gltthkorper des Auerlichtes durch die Flammen
von Bunsenbrennern zum Leuchten gebracht.
Die erwahnten technischen Verbesserungen fand B. nebenbei, wahrend
er mit grossen experimentellen Arbeiten seiner Wissenschaft beschaftigt war.
Diese selbst liegen zum grossten Theil auf dem Grenzgebiet von Chemie und
Physik, sind aber Gemeingut auch anderer Disciplinen geworden. Der Geologe
arbeitet mit B.'s Methoden so gut wie der analytische Chemiker, der Astro-
nom wie der Physiker.
Bei alledem war B. keineswegs ein trockener Naturwissenschaftler, viel-
mehr ein feinsinniger Freund und Beobachter der Natur, der mit inniger
Liebe und Freude ihre Schonheiten aufsuchte. Dafiir sprechen eine Reihe
ausgedehnter Fusswanderungen und Reisen, die er bereits als junger Mensch
wahrend seiner Studienzeit unternahm, sowie ttberhaupt die Lust am Wandern
in schoner Gegend, die er bis ins Greisenalter behielt. Als er zu schwach ge-
worden war, seinen eigenen Ftissen zu trauen, da Hess sich der Alte fast taglich
hinausfahren, um vom Heidelberger Schloss und seiner Umgebung sein geliebtes
Land ttberschauen zu konnen. Nicht Wunder, dass er auch klinstlerisch
einen feinen Geschmack besass und sich mit den Erzeugnissen italienischer
Kunst in seinem Arbeitszimmer umgab.
So innerlich reich B/s Leben war, so einfach und schlicht ist es, ausserlich
betrachtet, verlaufen. Geboren in Gottingen als Sohn des dortigen Bibliothekars
und Universitatsprofessors flir neuere Sprachen, Christian Bunsen und dessen Frau
Friederike geborene Quensel, brachte er die ersten Lebensjahre im Eltern-
hause zu. Dort genoss er das GlUck eines herzlichen Familienlebens und an-
regenden geistigen Verkehrs; so kam er dort mit dem entfernt verwandten
spateren »Ritter« Christian Karl Josias Bunsen zusammen. Der Umstand,
dass der Vater vielfach junge vornehme Auslander als Pensionare im Hause
hatte, gab ihm Gelegenheit, sich in der Kenntniss fremder Sprachen zu
vervollkommnen. Ueber Kindheit und Jugend liegen sonst nur wenige
diirftige Nachrichten vor. B. selbst erzahlt, er sei als Junge von ausserst
reizbarem, heftigem Temperament gewesen und habe mehrfach deshalb in
der Schule Conflict gehabt. Dann habe ihn nur seine Mutter, der er stets
mit rlihrend zartlicher Liebe zugethan war, durch gUtliches Zureden be-
Biogr. Jahrbuch u. Dentscher Xekrolog. 4. Bd. ij
194
Bunsen.
schwichtigen konnen. Derartige Reibungen mogen auch der Grund gewesen
sein, warum er nicht in Gottingen, sondern in dem benachbarten Holzminden
die Prima des Gymnasiums absolvirte und dort das Examen ablegte. Dann
studirte er in Gfittingen, Paris, Berlin und Wien Chemie, Physik und Geologic
In Gottingen verfasste er eine Arbeit: Enumeratio ac descriptio hygrome-
trorum, welche mit dem koniglichen Preise gekrfint wurde und B. den Doctor-
titel eintrug. Am 25. Januar 1834 habilitirte er sich in Gdttingen mit einer
von dem bertihmten Physiker Wilhelm Weber begutachteten Arbeit, hielt drei
Semester lang offentliche Vortrage und vertrat spater von 1835 ^n den da-
mals verstorbenen Chemiker Strohmeyer im chemischen Institut mit Vor-
lesungen tiber theoretische und praktische Chemie. Wahrend dieser Zeit
entstand eine Arbeit, welche B.'s Namen wohl zuerst in weiteren Kreisen
bekannt machte: sie enthielt die Angabe eines aus Magnesia und Eisenoxyd
bestehenden Gegenmittels bei Arsenikvergiftungen, welches unter dem Namen
Antidotum Arsenici noch heute in den Apotheken gehalten und von keinem
anderen Mittel tibertroffen wird. Seine Wirkung beruht auf der Unloslichkeit
der im Magen nach Einfuhr des Gegenmittels sich mit Arsenik bildenden
Salze. Im Januar 1836 wurde B. als Nachfolger des nach Gottingen be-
rufenen Wohler Lehrer der Chemie an der hoheren Gewerbeschule in
Cassel. Drei Jahre spater siedelte er als ausserordentlicher Professor an die
Universitat Marburg tiber, wo er 1841 zum Ordinarius ernannt wurde. Hier
versammelte er bereits eine Reihe hervorragender Schtiler um sich, zu denen
die Chemiker Kolbe, Frankland, Debus, der Physiker Tyndall und Andere
gehorten. Nach einem kurzen Aufenthalt in Breslau zog er 1852 nach Heidel-
berg, wohin er als Nachfolger Gmelins berufen worden war. Das eine Jahr
in Breslau war jedoch fiir B. von grosster Bedeutung, da er dort den Freund-
schaftsbund mit Kirchhoff schloss, welcher spater fiir die Wissenschaft so
kostliche FrUchte tragen sollte. Seinem Einfluss ist es zu verdanken, dass
1854 der junge Kirchhoff nach Heidelberg und damit an die Seite B.'s be-
rufen wurde.
Bereits im Casseler Laboratorium hatte B. eine Arbeit begonnen, welche
jedoch zum grossten Theil in die Marburger Zeit fallt, die einzige auf
organisch-chemischem Gebiete, die er publicirt hat. Aber gerade sie ist be-
zeichnend fiir die Art, wie B. arbeitete; denn einmal ist sie fiir die Auf-
fassung organischer Verbindungen von bahnbrechender Bedeutung geworden,
und zweitens gab gerade sie Gelegenheit zur hochsten Entfaltung experimen-
tellen Geschickes, weil sie die am schwierigsten zu handhabenden Stoffe be-
handelt. Durch diese Arbeit zeigte B., dass im Verhalten der Stoffe, welche
die todte und belebte Welt zusammensetzen, kein principieller Unterschied
besteht, sondern beide nach den namlichen Gesetzen aufgebaut seien. Diese
heute allgemeine Erkenntniss stand damals im Mittelpunkte des Interesses
und hatte zu lebhaften Controversen Veranlassung gegeben. War es doch
erst wenige Jahre vorher WOhler gegltickt, zum ersten Mai ein Product
thierischen Stoffwechsels ktinsdich darzustellen.
Nachdem man sich gegen Ende des 18. und im ersten Anfang
des 1 9. Jahrhunderts hauptsachlich und fast ausschliesslich mit den einfacheren
Korpern, den Stoffen der unbelebten Welt beschaftigt hatte, fing man im
19. Jahrhundert an, das Wesen der den Thier- und Pflanzenkorper zu-
sammensetzenden Stoffe zu studiren. Wahrend man jedoch fiir die »an-
organischeru Korper bald zu bestimmten Anschauungen tiber die ihre Zu-
Bunsen*
*95
sammensetzung beherrschenden Gesetze gelangte, gltickte dies flir die »orga-
nischen* nicht. Man nahm deshalb an, dass eine besondere Kraft, »die
LebenskrafU, die Bildung der die Organismen zusammensetzenden Stoffe beein-
flusse und schrieb ihr eine Wirkung zu, von der man sich nicht weiter Rechen-
schaft zugeben wusste. Trotz der bereits erwahnten im Jahre 1828 erfolgten Daf-
stellung eines » organischen* Korpers durch Wohler hielt man dennoch an
der Annahme der »Lebenskraft« als eines die Zusammensetzung der organi-
schen Welt beeinflussenden Agens fest und glaubte, dass die » organischen «
Korper doch eine ganz andere »chemische Constitution* haben mttssten als
die anorganischen. Als man dann spater mehr und mehr Aehnlichkeiten im
Verhalten beider Korperklassen fand, half man sich durch die Annahme, dass
in den organischen Korpern gewisse Atomcomplexe dieselbe Rolle spielten,
wie in den anorganischen, die nicht mehr zerlegbaren Elemente. Diese
» Elemente « der organischen Korper nannte man im Gegensatz zu den Bau-
steinen der anorganischen »zusammengesetzte Radicale«. Diese Theorie
bedeutet einen gewaltigen Schritt vorw&rts, — aber es fehlte noch an
hinreichenden Beweisen flir die Existenzberechtigung derselben. Hier setzt
B.'s Arbeit ein; ausgehend von rein chemischen Erwagungen wurde sie
zur Hauptsttitze der besprochenen » Radical theorie« und verdient daher
allgemeines Interesse. B. hatte sich an die Untersuchung einer den Che-
mikern bereits seit dem Jahre 1760 bekannten Substanz der »Cadetschen
Fltissigkeiu, welche bei der Destination von arseniger Saure mit essig-
sauren Salzen entsteht, herangewagt und wollte versuchen, ihre Zusammen-
setzung zu ermitteln. Dieses Untemehmen war in der That ein Wagniss,
denn alle Unannehmlichkeiten, welche ein Korper seinem Untersucher ent-
gegensetzen kann, besass diese von Anderen unbertihrte merkwllrdige Fliissig-
keit: unangenehmen Geruch, furchtbare Giftigkeit, die Eigenschaft, an der
Luft zu rauchen und Feuer zu fangen! Aber air diese Gefahren und Un-
annehmlichkeiten scheute B. nicht. Es geiang ihm, zunachst eine aus Kohlen-
stoff, WasserstofT, Sauerstoff und Arsen bestehende Verbindung zu isoliren
und andere, ahnliche, mit dieser in Beziehung stehende zu gewinnen. Die
einfachste von diesen, welche nur die Elemente Kohlenstoff, Wasserstoff, Arsen
enthielt, ist eine an der Luft sich von selbst entziindende Fltissigkeit. Sie
wurde wegen ihres entsetzlichen Geruches Kakodyl (xexxcuSi]; = tibelriechend) ge-
nannt. Dieses Kakodyl war nun ein organisches » Radical « im oben be-
sprochenen Sinne, und von ihm liessen sich die anderen »Kakodylverbindungen«
ableiten; das Kakodyl selbst verhielt sich wie ein »wahres elektro-positives
Element*, und die Kakodyl verbindungen wie Verbindungen der anorga-
nischen Welt. B hat selbst die Bedeutung dieser Thatsachen durch folgen-
den Satz gewtirdigt: »Sie (die Kakodylverbindungen) bieten Erscheinungen
dar, welche uns die Ueberzeugung gewahren mtissen, dass sich weder die
Verwandtschaft selbst noch die Verhaltnisse, unter denen sie in Wirksamkeit
tritt, bei den Verbindungen der lebenden und todten Natur verschieden dar-
stellen«.
Bei dem Arbeiten mit einer der gefahrlichen explosiven Verbindungen
bttsste B. die Sehkraft eines Auges ein.
Wahrend er mit diesen schwierigen und umfangreichen Arbeiten be-
schaftigt war, entstand eine zweite, bereits erwahnte Arbeit, welche B. zu-
nachst im Auftrage der kurflirstlich hessischen Oberbergdirection ausfiihrte,
und welche darauf ausging, die Vorg&nge im Eisenhochofen zu studiren. Sie
13*
196
Bunsen.
ist jedoch weit ttber den Rahmen der gestellten Aufgabe hinaus wichtig fiir
die Chemie geworden, weil sie Veranlassung zur Ausarbeitung von Gasunter-
suchungsmethoden wurde. Diese nach neuem Plan und mit neu erdachten
Hilfsmitteln durchgefiihrten Untersuchungen haben B. lange Jahre und zu
wiederholten Zeiten besch&ftigt und stehen ihrerseits in Verbindung mit Re-
sultaten anderer Forscherarbeit, welche der Gelehrte als Entdekungsreisender
auf einer Studienreise nach Island ausgefiihrt hat. Diese Reise, wahrend der
Marburger Zeit 1846 unternommen, war von dem Geologen Sartorius von
Waltershausen veranstaltet worden, und B. erbat sich einen sechsmonatigen
Urlaub, um die Thatigkeit der islandischen Vulkane und Geiser zu studiren.
In der That gelang es B., ftir die bis dahin unverstandene intermittirende
Thatigkeit jener merkwiirdigen Quellen eine Erklarung zu finden: er zeigte, dass
das Geiserphanomen auf die Ueberhitzung des unter starkem Druck aus der
Tiefe aufsteigenden Wassers zurtickzufiihren ist, dessen Temperatur er zu 127,5 °
Celsius bestimmte, also 27,5 ° hoher als der gewohnliche Siedepunkt des Wassers.
Wahrend der ganzen Marburger Zeit sowie in Breslau beschaftigte B. die
weitere Ausarbeitung der auf Island gemachten Entdeckungen, namentlich die
Erklarung der merkwiirdigen geologischen Beschaffenheit der Insel und die
Untersuchung zahlloser Gesteinsarten. Die Publikationen »Ueber den Einfluss
des Druckes auf die chemische Natur der plutonischen Gesteinsbildungc,
»Ueber den Process der vulkanischen Gesteinsbildung* und andere mehr
zeigen uns B.'s ausserordentliche geologische Kenntnisse. Der dreieinhalb-
monatige Aufenthalt auf der Insel war zum Theil mit ausserordentlichen
Anstrengungen und Entbehrungen verbunden, welche seinem KOrper jedoch
nicht schadeten, da er schon durch frtihere ausgedehnte Marsche seine Ge-
sundheit in seltenem Grade gestahlt hatte. So brach er als Student im Mai
1833 von Paris auf und wanderte tiber Clermont, Lyon, Genf, Chamonix
durch die ganze Schweiz zu Fuss, wobei taglich 10 bis 12 Stunden zurtick-
gelegt wurden; schliesslich liber denArlberg, Innsbruck, Salzburg nach Wi en,
wo er vom Juli bis September blieb und dann durch Niederosterreich,
Mahren tiber Prag, Dresden, Freiburg und Leipzig nach Gottingen zurtick.
Bis zu seiner Heidelberger Zeit beschaftigten B. neben den erwahnten
grossen Arbeiten noch zahlreiche kleinere, welche fast alle von hervorragender
Bedeutung, sei es ftir die Technik, sei es ftir wissenschaftliche Physik und
Chemie geworden sind. So construirte er ein nach ihm benanntes gal-
vanisches Element, welches bis zur Einftihrung der Dynamomaschine das be-
quemste Mittel zur Erzeugung elektrischer Strome war und mit dessen Hilfe
es ihm gelang, ein helles elektrisches Licht erstrahlen zu lassen. Das von
ihm erfundene Photometer hat sich allgemein eingebtirgert und wird noch
heute in Gasanstalten und elektrischen Lichtwerken zur Priifung der Licht-
starke von Gas- oder elektrischen Lampen benutzt. Im Jahre 1849 theil te
B. einen einfachen Versuch mit, welcher beweist, dass reines Wasser in
dicken Schichten eine blaue Farbe besitzt. Damit war die blaue Farbe von
klaren Bergseen, sowie das Phanomen der blauen Grotte in Capri erklart.
Vor Mittheilung des Versuches hatte man daran gedacht, die blaue Farbe
der Anwesenheit fremder Beimischungen zuschreiben zu mtissen.
Aus der Heidelberger Zeit stammen die Arbeiten, welche B. zu den
Flirsten unter den Gelehrten erhoben und ihm auch viele aussere Ehrungen
eintrugen. Ausgezeichnet wie selten ein Gelehrter — u. a. durch den Titel
Excellenz — war es ihm stets peinlich, wenn er seine vielen Orden und
Bunsen.
197
Ehrenzeichen anlegen musste, und man sah ihn dann selbst im hohen Sommer
mit hochaufgeschlagenem Ueberzieher rasch und heimlich durch die Strassen
Heidelbergs dahineilen. Rlihrend ausserte er sich, als ihm einst ein hoher
Orden iiberbracht wurde, indem er bemerkte, dergleichen habe fur ihn nur
Werth gehabt, weil seine Mutter sich dariiber freute, und die sei jetzt todt.
Einfach, wie sein Wesen, war auch B.'s Vortrag. Er sprach meist in
kurzen Satzen und experimentirte viel. Seine Lehrthatigkeit nahm er bis
ins hohe Alter hinein ernst und verschmahte es nicht, dem Anfanger die
Handhabung der oft von ihm selbst eingeftihrten Apparate geduldig zu zeigen.
Er unterrichtete lediglich anorganische Chemie und verhielt sich in den
spateren Jahren dem gewaltigen Aufschwunge der organischen Chemie gegen-
Ciber, welcher besonders durch die grossen Entdeckungen Kekuld's eingeleitet
wurde, vollstandig passiv. Bald nach seiner Berufung nach Heidelberg musste ein
neues Laboratorium geschaffen werden, da die Raume des alten Gmelinschen
Instituts nicht mehr ausreichten. In dem neuen 1855 eroffneten Institut be-
gann nun ein selten reges und arbeitsames Leben. Manner, deren Namen
bald zu den ersten in der chemischen und physikalischen Wissenschaft gezahlt
wurden, wie Landolt, Lothar Meyer, Pebal, Quincke, Roscoe, Beilstein,
Carrus, Lieben, Baeyer trafen sich damals in Heidelberg. In den letzten
Jahren zog sich B. immer mehr auf die Lehrthatigkeit im Laboratorium
zurttck, wahrend er die alteren Schliler nicht mehr so wie anfangs an seinen
Arbeiten theilnehmen liess und mehr fttr sich lebte. Im Jahre 1889 tegte
er sein Amt als Professor nieder seinem Wunsche gemass wurde sein friiherer
Assistent und Schliler Victor Meyer an seine Stelle berufen.
Den Gipfelpunkt wissenschaftlichen Erfolges errang B. wahrend seiner
Heidelberger Zeit, die hauptsachlich durch zwei epochemachende Arbeiten
ausgefUllt wird: die photochemischen Untersuchungen und die Spectral-
analyse.
Die erstere Arbeit ftihrte er gemeinsam mit Roscoe durch und beschaftigte
sich zwolf Jahre lang mit der Ausarbeitung der einzelnen gestellten Fragen. Er
hatte sich zur Aufgabe gemacht, die chemischen Wirkungen der Lichtstrahlen zu
untersuchen und ihre Gesetzmassigkeiten festzustellen. Ausser der Einwirkung auf
unsere Sinne als Licht und Warme besitzen die Sonnenstrahlen Einfluss auf che-
mische und biologische Processe. Die Pflanze wachst nur am Licht, das heisst der
chemische Process der Aufnahme und Assimilation von Nahrungsmaterial geht
nur vor sich, wenn der Pflanze Energie durch die Lichtstrahlen zugeftihrt
wird. Das Bild, welches der Lichtstrahl auf der photographischen Platte
zeichnet, ist das Product einer chemischen Umsetzung, hervorgerufen durch
die Best rah lung. B. und Roscoe zeigten nun, dass die Strahlen, welche
chemische Processe hervorrufen, der gleichen Gesetzmassigkeit unterliegen,
wie die als «Lichtstrahlen» schon langst bekannten und untersuchten ; es gelang
ihnen, Strahlen von verschiedener Wellenlange in der Intensitat ihrer chemischen
Einwirkung zu prlifen, und sie gelangten dabei zu dem merkwiirdigen Ergebnisse,
dass Strahlen, welche unser Auge nicht mehr zu bemerken im Stande ist,
noch sehr lebhafte chemische Einwirkung besitzen, eine Thatsache, mit der
heute jeder Photograph rechnen muss. Die Frage wurde nach der physi-
calischen Seite hin durchgearbeitet, aber auch der Einfluss auf klimatologische
und meteorologische Verh<nisse geprtift Der Einfluss der Tageszeit, so-
wie der der geographischen Breite auf die Intensitat der chemischen Licht-
einwirkung wurde hier zuerst untersucht.
log Bunseo.
Die zweite Entdeckung, welche er, wie schon erwahnt, gemeinsam mit
seinem Freunde Kirchhoff ausftihrte, wurde im Jahre i860 veroffentlicht. Die
Grundlage der Specktralanalyse beruht in Klirze auf folgenden Thatsachen:
Alle gltlhenden flllssigen oder festen Korper strahlen ein Licht aus, welches
durch das Newtonsche Prisma in seine einzelnen Bestandtheile zerlegt wird und
sich als buntes in den Farben des Regenbogens erscheinendes Lichtband —
»Spectrum« — darstellt; die gasformigen Korper dagegen strahlen, wenn sie er-
hitzt werden, ein Licht aus, dessen Spectrum nicht aus einem Band bunter Farben,
sondern nur aus einzelnen farbigen Linien besteht. Diese Linien, ihre Zahl, Farbe
und Lage, sind von der chemischen Beschaffenheit des strahlenden Gases abhangig
und konnen daher als Erkennungsmittel desselben resp. des vergasten Kdrpers
dienen. Die Erkenntniss dieser Dinge wurde von weittragendster Bedeutung
nicht nur fiir Chemie und Pysik, sondern auch fur die Astronomie. In Ver-
bindung mit einem von Kirchhoff gefundenen Fundamentalsatz liber den Ein-
fluss eines durchsichtigen Korpers auf das ihn durchstrahlende Licht filhrte sie zu
der Folgerung, dass die Sonne aus einem gltlhenden festen oder flllssigen
Korper besteht, welcher von einer Httlle gleichfalls gliihender Gase umgeben
sein mttsse. Es gelang, in dem nicht nur von der Sonnenatmosphare, sondern
auch von den meisten Fixsternen, Sternhaufen und Nebelflecken ausgehenden
Licht dieselben Spectrallinien wie in dem auf der Erde erzeugten Licht nach-
zuweisen, und mankamso zuder (iberraschenden Erkenntniss, dass die jene fernen
Weltkorper zusammensetzenden Stoffe dieselben wie die unseres irdischen Planeten
sein mttssten. Aber auch die Chemie des Erdballes hat durch die Spectral-
anal yse Bereicherungen erfahren. Mit einem so ausserordentlich feinen Hilfs-
mittel fand man Elemente, welche bis dahin unbekannt gewesen waren, und
stellte anderseits fest, dass viele frfiher Air selten gehaltene Elemente liberall
in der Natur vorhanden sind, aber in so geringer Concentration, dass sie
anderen Untersuchungsmethoden entgehen. Bunsen selbst entdeckte mittels
seiner Methode sofort zwei neue Elemente: Caesium und Rubidium, denen
spater eine ganze Anzahl folgten und damit mehrere schon lange geftihlte
Lticken in der Reihe der durch die Theorie geforderten Zahl der Elemente
ausfiillten.
Bis zum Schlusse seiner Thatigkeit beschaftigte B. das Vorkommen
der seltenen Elemente in Gesteinsarten und Mineralwassern, wie er denn eine
Unzahl von Mineralanalysen ausgearbeitet und zahlreiche kleinere und grossere
Verbesserungen im Gang der chemischen Analyse eingeftihrt hat. In den
letzten Jahren trat seine alte Vorliebe ftir Physik und Geologie wieder mehr in
den Vordergrund. So hat er, ein 76jahriger Greis, noch ein neues Calori-
meter construirt, nachdem er vorher im Jahre 1870 ein Eiscalorimeter er-
funden und mit seiner Hilfe wichtige Untersuchungen ausgefiihrt hatte.
In der kurzen Skizze konnten langst nicht alle Arbeiten B.'s besprochen,
ja nicht einmal erwahnt werden, aber schon die wenigen genannten geben
einen Begriff von der enormen Arbeitskraft und dem Gedankenreichthum des
grossen Forschers. Wo B. eine Arbeit angriff, da hat er fordernd und be-
fruchtend auf die Wissenschaft eingewirkt; aber auch auf den Unterricht und
die Erziehung einer jiingern Generation von Naturforschern werden seine
Methoden und seine Schulung noch lange ihren Einfluss behalten.
Vgl. Th. Curtius, Gedachtnissrede (Heidelberg): R. Meyer, Nachruf (Natur-
wissenschaftl. Rundschau).
Richard Meyer.
Blumenau.
199
Blumenau, Hermann, Dr. phil., der Griinder der stidbrasilischen Colonie
gleichen Namens, * am 26. December 181 9 in dem kleinen braunschweigischen
Harzstadtchen Hasselfelde als Sohn des dortigen Bergwerks-Oberforsters und
spateren Forstrathes Karl Friedrich Blumenau, f am 30. October 1899 in
Braunschweig im hohen Alter von achtzig Jahren. — B. erhielt den ersten
Unterricht auf der Schule der kleinen Harzstadt. Dann wurde er zu seiner
weiteren Bildung dem Pastor A. L. Getting in Klein- Winnigstedt in Pension
gegeben und seit dem Jahre 1830 besuchte er das Gymnasium Martino-
Catharineum in Braunschweig, das er Mitte des Jahres 1836 aus Obersecunda
verliess, um sich dem Apothekerberufe zu widmen. Er kam als Lehrling
nach Erfurt, trat hierauf spater in eine chemische Fabrik ein; daran schloss
sich ein Studium auf der Universitat Erlangen und hier wurde er im Marz
1846 zum Doctor der Philosophic promovirt. Doch der Apothekerberuf und
die stille Arbeit im Laboratorium sagten dem unternehmungs- und wander-
lustigen jungen Manne wenig zu ; sein reger Sinn flir Naturwissenschaft und das
damals in Deutschland auftretende Auswanderungsfieber erweckten in ihm
die Lust, Uberseeische Lander kennen zu lernen. Auf Alexander v. Humboldts
Empfehlung trat er deshalb im Jahre 1846 in den Dienst des Hamburger
Colonisationsvereins und war bei den Vorarbeiten zu der Einrichtung der
brasilischen Colonie Dona Francisca in der Provinz St. Catharina auf den
Landereien des Prinzen Joinville th&tig. Als seine Plane und Hoffnungen
fUr eine Colonisation in Brasilien von Seiten der preussischen Regierung
nicht in Erfttllung gingen, entschloss er sich, selbst eine deutsche Colonie
anzulegen. Er erwarb in der Nahe der Colonie Dona Francisca, im frucht-
baren Flussgebiete des Itajahy, gllnstig gelegene Landereien und im September
1850 begann er hier mit 17 Personen sein Werk. Die Entwickelung der
Colonie war in der ersten Zeit sehr unbedeutend — in den nachsten Jahren
folgten nur 8, 52, no, dann 53 und 28 Personen — , denn wenn B.
der Colonie auch sein ganzes Privatvermogen von etwa 16000 Thalern
opferte, so waren diese Geldmittel im Verhaltniss zu einem so grossen Unter-
nehmen doch nur gering, und die brasilische Regierung verhielt sich der
jungen Colonie gegenttber ziemlich ktihl. Nichtsdestoweniger setzte B. mit
grosser Ausdauer und einer wahrhaft bewunderungswtlrdigen Aufopferung
sein einmal begonnenes Werk, trotz vieler Missgeschicke und harter Verluste
von aussen und fast unilberwindlicher Hindernisse von innen, fort. Im
Jahre i860 wurde die Colonie, die damals 700 — 800 Bewohner zahlte, auf
Wunsch von B. von der brasilischen Regierung kauflich Ubernommen, und
Dr. B. wurde als Coloniedirector mit der Weiterverwaltung betraut. Die
Fortschritte der Colonie waren nun grosser; im Jahre 1865 zahlte sie bereits
etwa 2600 Bewohner. Um im Auftrage der brasilischen Regierung ftlr
Colonialzwecke thatig zu sein, kam Dr. B. im Jahre 1867 nach Deutschland
zum Besuche und war hier nun eifrig flir die Auswanderung nach Stidbrasilien
thatig. Besonders wies er auch die Angriffe des Consul Sturz in Berlin,
der heftig gegen die Auswanderung nach Brasilien loszog, zurttck. Unter
seinem persttnlichen Einflusse entschieden sich in der Zeit vom October 1867
bis Juni 1869 983 Personen flir die Colonie Blumenau. Den Aufenthalt in
der Heimat benutzte er zugleich, sich im Jahre 1867 in Fraulein Bertha
Repsold in Hamburg eine Lebensgefahrtin zu wahlen. Erst im Jahre 1869
kehrte er mit seiner Familie nach Brasilien zurllck, wo er nun noch bis zum
Jahre 1880 die Verwaltung der Colonie flihrte. In diesem Jahre wurde die
200 Blumenau. Spies.
Colonic, in der nun fast 15000 Personen, darunter etwa 11000 Deutsche,
angesiedelt waren, emancipiert, d. h. in die allgeraeine Verwaltung des
brasilischen Staates aufgenommen. Noch vier Jabre verblieb B. in der
Colonie, dann siedelte er im October 1884 im Interesse seiner Frau und
zweier Kinder, Sohn und Tochter, die schon zwei Jahre friiher die Reise an-
getreten hatten, nach Deutschland iiber und nahm hier in seiner alten Heimat,
der Stadt Braunschweig, seinen Wohnsitz, wo er still und zuruckgezogen bis
zu seinem Tode lebte. Grosse Sympathie hegte er naturgemass ftir die Ent-
wicklung der deutschen Colonien; aber die Art und Weise, wie deren An-
lage vielfach betrieben ward, sagte ihm als alten Praktiker nicht zu. Er griff
jedoch nicht mehr mit seiner frtiher so raschen Feder ein, denn mit dem
zunehmenden Alter hatten sich die Gebrechlichkeiten des Korpers eingestellt,
wozu namentlich eine starke Schwerhorigkeit zahlte.
Im Herbst 1900 sind 50 Jahre seit der Griindung der Colonie Blumenau
verstrichen; dieselbe zahlt jetzt etwa 40000 Bewohner, darunter gegen 30000
Deutsche. Schon riistete man dort zur Feier des Jubilaums; der Verstorbene
sollte nicht mehr die Freude haben, dies zu erleben; aber in die deutsche
Colonialgeschichte wird Dr. Hermann Blumenau als einer der wackersten
Pioniere des Deutschthums im Auslande eingezeichnet werden.
Vgl. Deutsche Colonialzeitung No. 45 vom 9. November 1899. Export, No. 49, 1899
mit zwei Portraits. — Deutsch-Brasilische Nachrichten No. 1 vom 1. Januar 1900 mit Por-
trait (von W. Wolkenhauer). — Braunschweig] sches Magazin, No. 4 und 5, 1900 (von
H. Grussendorf).
W. Wolkenhauer.
Spies, Ignaz, elsasser Politiker, * 20. December 1831 zu Schlettstadt, f eben-
da an>2 7-auf 28. Juli 1899. Er absolvirte 1840 — 1849 am college daselbst und am
kleinen bischoflichen Seminar zu Strassburg die Gymnasialstudien, ging aber
in den Kaufmannsberuf und arbeitete da mehrere Jahre zu Lyon, bis er
daheim des Vaters Colonial waaren-Engrosgeschaft mit seinem Bruder uber-
nahm. Mit grosser Einsicht und Unternehmungslust hat er es bis 1885 geleitet.
Erst 26jahrig, trat er in der Geburtsstadt als Beigeordneter des Maire und
Mitglied des Kreistags ins offentliche Leben und sttirzte sich bald energisch
in den Wahlkampf fur den volksthiimlichen Candidaten gegen den Notabeln
Baron Zorn v. Bulach sen., den der napoleonischen Regierung. Im September
1870, nach der Proklamirung der III. Republik, gehorte er zur Deputation,
die dem Grafen Henry Chambord in Luzern die Konigskrone antrug, zog sich
aber nach dem Frankfurter Frieden offentlich ganz von der Politik zurtick.
Erst 1886, zum Mitgliede des Bezirkstags fiir Unter-Elsass und Ehrenbtirger-
meister seiner Vaterstadt gewahlt, trat er wieder in die Arena und zwar im
protest! erischen, extrem-clerikalen Sinne. Sein ausgedehntes persGnliches
Ansehen brachte ihn bald mit an die Spitze des »Katholischen Volksvereins
fiir Elsass-Lothringen«, und als dessen Obmann betrieb er eifrig den moglichst
engen Anschluss an die katholische Centrumspartei im Reiche. Mit ausser-
ordentlicher Riihrigkeit betheiligte sich S. an der Ausbreitung des katholisch-
politischen Vereinslebens in seinem Heimathlande und verschmolz damit
dauernde Hinneigung zum ehemaligen Vaterlande Frankreich. So befehdete er
bei der Reichstagswahl 1893 den Regierungscandidaten Kreisdirector Pohl-
mann, seinen Vorgesetzten, leidenschaftlich, wurde darob, unter lauter Ent-
rtistung der clerikalen und protestlerischen Kreise und Blatter, seines Burger.
Spies. Vol*. 20 1
meisterpostens, obzwar vielfach bewahrt, sogleich enthoben, aber, nachdem
der Reichstag Pohlmanns Wahl wegen amtlicher Beeinflussung cassirt hatte,
1896 mit grosser Mehrheit (die auch seinem Nachfolger Vonderscheer im
November 1899 treu blieb) gegen Pdhlmann selbst nach Berlin gewahlt, wo
er in elsassisch-autonomistischem Sinne, dabei unbedingt an die Centrumsfraction
angelehnt, auftrat. Trotz scharfer Oppositionsstellung und regelmassiger
parteiisch verbohrter AngriflFe auf das altdeutsche Beamtenthum und andere
neue Kinrichtungen im >Reichsland«, hat der personlich makellose, hochst
gewissenhafte und geschaftsgewandte Mann, besonders im Landesausschuss in
vielen Einzelfragen socialer und anderer Art einmiithig mit seinen Gegnern
und der Regierung des Statthalters Hohenlohe ftlr das Gemeinwohl gewirkt.
Die »unglaubige« oder »protestantische« Universitat zu Strassburg und die
materielle Existenz des »preussischen« Beamtenapparats waren bei seinen
meisten heftigen Ergiissen dem radikal-clerikalen Elsasser der Dorn im Auge.
In dem aufgefrischten kleinen ^>Culturkampf« des Reichslands war S. ein
»Rufer im StreiU, vielleicht die markanteste PersCnlichkeit.
Nekrologc in den clsass-lotbringischen (besonders »Strassburger Post*) und den
grossen reichsdeutschen Zeitungen, knappe Daten mit Portrait bei J. Kttrschner, Der
neue Reichstag 1898 (—1903), S. 388.
Ludwig Frankel.
Volz, Berthold, Dr. phil., Professor und Director des Konigl.
Friedrichs-Gymnasiums in Breslau, * den 30. Juli 1839 zu Rugenwalde in
Pommern, f den 1. December 1899 in Breslau. — V. erhielt seine Gymnasial-
bildung in Coslin und studirte dann in Berlin und Greifswald Philologie.
In Greifswald promovirte er am 16. Februar 1861 magna cum laude mit der
Dissertation »de Vesegotharum cum Roman is conflictionibus post mortem
Flavii Theodosi Jexortis« und legte ebendaselbst zwei Tage spater die
Priifung fur das hohere Lehramt ab. Als Cand. prob. war er dann in Coslin
und Stolp thatig. Von Ostern 1862 ab war er ord. Lehrer am Gymnasium
in Coslin, ging Ostern 1864 an das Friedrichs-Gymnasium in Schwerin i. M.,
Ostern 1868 als dritter Oberlehrer an das Gymnasium in Mithlhausen i. Thtir.
uber und wurde (Astern 1870 als erster Oberlehrer und Inspector adjunctus
an das Konigl. Padagogium der Frankeschen Stiftungen in Halle a. S. berufen.
Ostern 1872 wurde V. Director des Gymnasiums in Wittstock, Michaelis 1874
kam er als solcher an das Victoria-Gymnasium zu Potsdam. Ostern 1893
tauschte er mit Professor Treu am Friedrichs-Gymnasium in Breslau. Nur
wenige Jahre war es ihm vergonnt, an der Spitze dieser Anstalt zu stehen
und dieselbe in dem neuen Gebaude, das Ostern 1896 bezogen wurde, zu
neuer Bltithe zu entwickeln und durch Angliederung der Reformklassen zu
vergrossern.
Neben seiner amtlichen Thatigkeit bekundete der Verstorbene auch
ein reges literarisches Schaffen, besonders auf geschichtlichem und geogra-
phischem Gebiete. Ausser zahlreichen Programm-Abhandlungen und Aufsatzen
in verschiedenen Zeitschriften schrieb er: »Grundnss ftir den ersten Geschichts-
unterricht auf Gymnasien«, 1865. »Die geographischen Entdeckungen und
Entdecker der neuesten Zeit in orientirender Ueberschau. Vortrage, am
Grossherzoglichen Hofe von Mecklenburg-Schwerin gehalten«, 1868; »Lectio-
narium flir tagliche Schulandachten« (in Verbindung mit H. Stier), 2. Aufl,
202 Voh. Krtickl.
1873. »Die romische Elegie«, 2. Aufl. 1876. »Beitrage zur Geschichte des
Pietismus*, 1872. »Lehrbuch der Erdkunde«, 1876. ^Stanley's Reise durch
den dunklen Erdtheilc, 1881. »Geschichte der neuesten Zeit« f 1882/84 und
2. Aufl. 1894/95. »Anfange des Christenthumsc, 1888. *Geographische
Charakterbilder*, 1886/88. »Geschichte Deutschlands im 19. JahrhunderU,
1891, 2. Aufl. 1898. »Unsere Colonieru, 1891; » Em ins Paschas Entsatz*,
1 89 1. »Friedrich Franz II. von Mecklenburg-Schwerin* 1893. »Kaiser
Wilhelm der Grosse«, 1897.
Nach dem Rticktritt Alfred Kirchhoffs 1882 (ibernahm V. die Heraus-
gabe der neuen Auflagen von Daniels weit bekanntem Lehrbuch und Leit-
faden der Geographic Von ersterem erschienen die Auflagen 64 bis 79,
von letzteren die Auflagen 146 bis 218 unter seinem Namen; auch von
dem grossen Handbuch der Geographic von Daniel besorgte V. eine neue
(6.) Auflage (1895/96). Doch die Schule und die literarischen Arbeiten
erschopften noch nicht die Schaffenskraft des thatigen Mannes; auch an
vielen wissenschaftlichen und patriotischen Bestrebungen nahm er jeder Zeit
den regsten Antheil. So gehorte er u. a. dem Vorstande der Abtheilung
Breslau der Deutschen Colonial-Gesellschaft und dem Vorstande des Schlesischen
Hauptvereins der Gustav Adolf-Stiftung an. Diesem vielgestaltigen Wirken
wurde durch die Vorsehung ein menschlichem Ermessen nach zu friihes
Ende bereitet. Nachdem V. in Kissingen Heilung eines anscheinend leichteren
Leidens gesucht hatte, wurde ihm vom 24. November 1899 ab ein langerer
Urlaub zur Wiederherstellung seiner Gesundheit bewilligt. Am 28. November
unterzog er sich einer lebensgefahrlichen Operation; am 1. December endete
ein friedlicher Tod sein an Arbeit, aber auch an Erfolgen reiches Leben.
Vgl. Schlcsische Zeitung vom I. December 1899 un( l ^ as Progr. des K. Friedrichs-
Gymn. xu Breslau 1900.
W. Wolkenhauer.
Kriickl (oder Krukl), Franz, Sanger und Theaterdirector, *am 10. November
1 841 zu Edlspitz in Mahren, f am 12. Januar 1899 zu Strassburg. Er studirte die
Rechte und erwarb die Qualifikation zum Staatsdienst und die juristische Doctor-
wlirde. Er stand schon in der juristischen Lauf bahn, als ihn der, nicht lange ver-
storbene, Theaterkapellmeister Otto Dessoff veranlasste, sich unter seiner Lei-
tung zum Btihnensanger auszubilden. Des feinsinnigen Baritonisten prachtige,
sowohl ausgiebige als ausdrucksvolle Stimmmittel riefen auf den Theatern zu
Brlinn, Augsburg, Hamburg, Cassel und Coin regelmassigen starken Beifall
hervor, bis sich K. 1885 als Gesangslehrer am Dr. Hoch'schen Conservatorium
zu Frankfurt a. M. niederliess. Im Jahre 1892 folgte er dem Rufe, Aloys
Prasch als Director des Strassburger Stadtheatersabzulosen. Nimmer mtide, hat er
dort eine aufopfernde und aufreibende Thatigkeit im Interesse des ihm unterstell-
ten Instituts entfaltet. Es gelang ihm, die stadtische Biihne in der Hauptstadt
Elsass-Lothringens im Ganzen erstaunlich rasch zu kiinstlerischer Hohe empor-
zuheben, womit er an seinem Theile eine bedeutsame Culturmission, die zurtick-
erworbenen Reichslande flir deutsches Geistes- und Kunstleben zu gewinnen, ent-
schieden forderte; auch gesellschaftlich eroberte er dem Strassburger Theater
ein Ansehen wie nie vorher, unterstiitzt insbesondere durch sein liebens-
wurdiges, heiteres, feingebildetes Wesen. In rich tiger Erkenntnis der, ja
damals vor einem Jahrzehnt fast Uberall beim deutschen Grossstadt-Publikum,
Krtlckl. Paulitschke. 203
insbesondere aber bei der Elsasser Zuschauerschaft, der das deutsche reci-
tierende Drama noch fremdartig vorkam, iiberwiegenden Antheilnahme ftir
die Oper bevorzugte er diese, bei deren Aufftihrungen er meistens selbst als
Regisseur fungierte, allerdings auf Kosten des Schauspiels, und blieb nun,
beziiglich des letzteren, der nothgedrungenen Sachlage gemass, hinter den
Ansprtlchen eines analogen altdeutschen Auditoriums im Rtickstande. Das
Verbal tnis blieb schon ziffermassig bis in seine letzte Directionssaison dasselbe:
da entfielen auf die Oper 127, auf das Schauspiel im weitesten Sinne nur
iot Vorstellungen ; nur acht aus der Gesamtzahl fanden in franzosischer Sprache
statt, ein gegen frtiher verschwindend geringer Bruchtheil. Der Rastlose
erlag einem Sch lagan fall e, nachdem noch der nur einen Tag Bettlagerige
von der Premi&re der Rtickaufschen Oper »Die Rosenthalerin* Bericht em-
pfangen, an deren Inscenirung er alle Kraft verwendet hatte. Die Lage des
seiner Obhut unterstehenden Theaterpersonals in Strassburg hat K. nach Mog-
lichkeit, durch Dankbarkeit und Verehrung belohnt, verbessert, wie er auch
einer der Vater und Hauptfttrderer der segensreichen »Deutschen Btthnen-
genossenschafu war. Die Rede von deren Vertretern, Schauspieler Corge und
Oberregisseur J. Savits, bei Einweihung des Grabdenkmals am 25. Mai 1900
bekundete die hohe Werthschatzung K.'s in den deutschen Biihnenkreisen.
K. verSfFentlichte auch »Das deutsche Theater und sein gesetzlicher Schutz*
(1882). Den Namen liest man haufig ohne c.
Nachrufe in alien Strassburger , klirzere in den Theater- und Musikzeitungen ; gute
Notizen aus Strassburg i. d. »MUnchn. Neuest. Nachr.* No. 25 v. 1899 (n.) und No. 251
v. 1900 (L.). Bericht uber die Denkmal-Feier i. d. ^Strassburg. Btlrgerztg.c v. 7. Mai 1900
(abgedr. MUnchn. »Allg. Ztg.« v. 9. Mai, AbendbL).
Ludwig Frankel.
Paulitschke, Dn Philipp, Kaiserl. Rath und Gymnasialprofessor in Wien,
Afrikareisender und ttlchtiger Ethnograph, * am 24. September 1854 z\i
Czermakowitz unweit Kromau in Mahren, f am 11. December 1899 in Wien,
erst 45 Jahre alt. — In den Jahren 1872 bis 1876 studirte P. an den Uni-
versi&ten zu Graz und Wien Natur- und Sprachwissenschaften, Geographie und
Orientalia, wurde 1877 Gymnasiallehrer in Znaim und kam 1880 als
Gymnasialprofessor nach Wien, zuerst an das Staatsgymnasium in Hernals,
dann 1889 an das im VIII. Bezirke Wiens. Frtlh wandte sich P. geographischen
Studien zu, bis dann spater die Ethnographie Afrikas sein Specialfach wurde.
Seine ersten Publikationen dienten dazu, ihn selbst auf seinem Arbeitsfelde
zu orientiren; so die historische Arbeit »Geographische Erforschung des
afrikanischen Continents von den altesten Zeiten bis auf unsere Tage« (Wien
1879, 2. Aufl. 1880) und das bibliographische Werk »Die Afrikaliteratur in
der Zeit von 1500 bis 1750. Ein Beitrag zur geographischen Quellenkunde«
(Wien 1882). Auf Grund dieser Arbeiten habilitirte sich P. 1883 zugleich
als Privatdocent fiir Geographie und Volkerkunde an der Wiener Universitat.
Nachdem er grossere Reisen in Europa unternommen hatte, bereiste er im
Jahre 1880 Aegypten und Nubien und 1884 bis 1885 nahm er an einer von
Dr. K. von Hardegger ausgerttsteten Expedition in die Som41- und Galla-
lander von Harar theil, von der er ein ausserordentlich werth voiles und
reiches ethnologisches Material mitbrachte. Mit grossem Fleisse hat P. dann
dies Material wissenschaftlich bearbeitet und wichtige und sehr werthvolle
Arbeiten darliber verttffentlicht. Als Hauptwerke sind zu nennen: »Beitrage
204
Paulitschke. Bobn. Petri.
zur Ethnographie und Anthropologie der Som&l, Galla und Harari (Leipzig
1886); »Harar. Forschungsreise nach den Som&l- und Gallalandern Ost-Afrikas
(Leipzig 1888); »Ethnographie Nordost-Afrikas. Die materielle und geistige
Cultur der Danakil, Galla und Somil« (2 Bde., Berlin 1893 und 1896). Fur
Holders geographische Jugend- und Volksbibliothek schrieb er »Die afrikanischen
Neger« (Wien* 1879); fur das Geographische Handbuch zu Andrees Hand-
atlas den Theil »Afrika commerciell, politisch und statistisch« (1882); fur
Herders Geographische Bibliothek »Die Sudanlander nach dem gegenwartigen
Stande der Kenntniss« (Freiburg 1885); fttr F. Hirts Verlag »Leitfaden der
geographischen Verkehrslehre« (1881, 2. Aufl. 1892). Ausserdem lieferte P.
zahlreiche Aufsatze ftir die »Mittheilungen der k. k. Geographischen Gescll-
schaft in Wien«, fur die »Mittheilungen der Anthropologischen GesellschafU,
die »Oesterreichische Monatsschrift fUr den Orient* und fur die » Deutsche
Rundschau f. Geographie u. Statistik«. Seine letzte grossere Arbeit »Der
Antheil Oesterreichs an der Afrikaforschung in den letzten 50 Jahren* war
fur die Festschrift der k. k. Geogr. Gesellschaft »Die Pflege der Erdkunde
in Oesterreich 1848 bis 18980: (Wien 1898) bestimmt. Am 11. December
1899 erlag P. einem schweren Leberleiden, betrauert von seiner Gattin und
einem zehnjahrigen Sohne, betrauert von der grossen Zahl seiner Freunde und
wissenschaftlichen Verehrer.
Vgl. Deutsche Rundschau f. Geogr. u. Statistik, XXII. Bd., S. 326—328, mit Portrait.
W. Wolkenhauer.
Bohn, German v., Historienmaler, * am 25. Februar 1813 zu Stuttgart,
f ebenda am 23. Januar 1899 infolge einer Lahmung nach einem Schlagan-
falle. Er bildete sich in der Vaterstadt, dann in Paris zum Maler aus; da-
rauf ging er nach Rom, wo er sich zwei Jahre aufhielt und 1843 »Hagar
und Ismael« schuf, ein Bild, das Tiefe der Empfindung ebenso auszeichnet
wie schone landschaftiche StafFage. Sodann zum zweiten Male in Paris, ftihrte
er mehrere Gemalde im Louvre und in der neuen Kirche der heiligen Elisabeth
die Bergpredigt aus. 1844 erhielt er fur den »saint Martin de Tours« (erzbi-
schofl. Kathedrale in Paris) eine Medaille. 1852 ernannte ihn Kaiser
Napoleon III. zum Ritter der Ehrenlegion, 1867 B.'s Landesherr zum wtirttem-
bergischen Hofmaler. Die ganze zweite Halfte seines Lebens verbrachte er
im Geburtsorte. Von seinen in die weitere Oeflfentlichkeit gelangten Bildern
sind hervorzuheben : die heilige Elisabeth, die heilige Agnes, das Geliibde,
Hamlet.
Nachruf im »Schwabisch. Merkur* (Stuttgart); vgl. »A11gem. Ztg.v (Mttnch.) No. 25 v.
25. Jan. 1899, AbendbL, Feu ill.
Ludwig Frankel.
Petri, Eduard J., ein Deutsch-Russe, Dr. med. und Professor der Geo-
graphie und Anthropologie an der K. Universitat zu St. Petersburg, * 1854
zu St. Petersburg von deutschen Eltern, f den 10. October 1899 daselbst,
erst 45 Jahre alt. Nach seiner Vorbildung auf den Gymnasien in Moskau
und St. Petersburg besuchte P. die militar-medicinische Akademie in St.
Petersburg und setzte dann seine Studien in Deutschland und der Schweiz
fort. In Halle a. S. war er zu dem bekannten Geographen Alfred Kirchhoff
in Beziehung getreten und in Folge dessen Anregung gewann P. ein grosses
Interesse ftir die Geographie. Nachdem er 1880 in Bern zum Dr. medicinae
Petri. Wislicenus. 205
promovirt war, habilitirte er sich an der dortigen Universitat als Geograph,
wo er dann 1881 bis 1887 Hie Professur fttr Geographie und Anthropologic
bekleidete. Als 1889 an der Petersburger Universitat ein Lehrstuhl fttr
Geographie und Ethnographie errichtet wurde, erging an P. der Ruf zur
Uebernahme desselben und bald war er einer der beliebtesten Hochschul-
lehrer daselbst. Auch auf die Umgestaltung des geographischen Unterrichtes
an den russischen Schulen wirkte P. reformirend ein. Gerade seine letzte
Arbeit war die Herausgabe eines geographischen Schulatlas in 45 Blattern
(St. Petersburg, A. F. Marks), der als der beste unter den in Russland vor-
handenen Schulatlanten gilt; als Vorbild hat ihm dabei der bekannte Sydow-
Wagnersche Methodische Schulatlas gedient. Das Haupt- und Lieblingsgebiet
des Verstorbenen war die Anthropologic, wie er denn auch der Grtinder und
Viceprasident der russischen anthropologischen Gesellschaft war. Ausser
zahlreichen Beitragen ftir die Berichte der k. russ. Geographischen Gesell-
schaft und andere deutsche und schweizerische Fachzeitschriften seien von
seinen Werken nachfolgende erwahnt: »Sibirien als Colonie« (1886); »Die
Grundzllge der Anthropologies (1890); »Die Methoden und Principien der
Erdkunde«; »Die Degeneration der Culturv6lker« und die russischen Aus-
gaben der Volkerkunde von O. Peschel und der Reisen von Dr. W. Junker.
Vgl. Deutsche Rundschau f. Geogr. und Statistik, XXII. Jahrg., S. 183 und 184, mit
Portrait.
W. Wolkenhauer.
Wislicenus, Hermann, Maler, * am 20. September 1825 in Eisenach, f am
25. April 18Q9 zu Goslar. Er besuchte seit 1844 die Kgl. Kunstakademie zu
Dresden und wurde spater Bendemanns, dann Schnorrs von Carolsfeld Schiller.
Die Dresdner Galerie kaufte sofort sein erstes Bild, »Ueberfluss und Elend«
(Carton im St&dt. Museum zu Leipzig) an. 1853 ging W. mit Reisestipendium
nach Italien, wo er sich in Rom besonders an Cornelius anschloss, und nach
der Riickkehr ftthrte er von Weimar aus gelungene Auftrage aus, die ihm
cinen Namen schufen: fttr die damals entstehende Sammlung des Grafen
A. F. Schack in Miinchen »Die Phantasie«, fttr das Stiegenhaus des sog.
»Romischen Hauses* (Friderici) in Leipzig (Peterssteinweg) » Brutus' Urtheils-
spruch« und »Die Mutter der Gracchen«, ftir andere Besteller mehrere
Zeichnungen, wo von die »Ruhmeshalle deutscher Dichter* im Museum zu
Weimar besonders bekannt wurde. 1868 folgte W. einem Rufe als Professor
der Kunstakademie zu Dlisseldorf. Daselbst entstanden von grossen Gemalden
namentlich »Die vier Jahreszeiten« (NationaJgalerie Berlin), »Germania auf
der Wacht am Rhein«, »Die Lurlei*. Beim Wettbewerb um die Aus-
schmtickung des Kaisersaales in der renovirten Pfalz zu Goslar mit Wandgemillden
aus der Geschichte und Sage des alten deutschen Reiches fiel Professor W.
der erste Preis und damit der Auftrag zu, dessen er sich mit Beistand von
Schtilern und Gehilfen bis 1897 entledigt hat. Diese Aufgabe hat er in der
Hauptsache glanzend gelost und an seinem Theile redlich beigetragen, dem
herrlichen alten Palaste eine ungewohnliche Anziehungskraft und zur historischen
eine hohe ktinstlerische und nationale Bedeutung zu verleihen: diese Arbeit
zweier Decennien krOnte W.'s reiches Schaffen, zumal sie ihn bei seiner
st&rksten Seite, der Geschichts- und Geschichtssagen-Malerei, dauernd festhielt.
So sollte nach Gebtthr im genannten Kaisersaale die Trauerfeier ftir den ver-
206 Wislicenus. Poesche. Pauliny.
blichenen Meister stattfinden. Aber der preussische Cultusminister Dr. Bosse
zog, als das evangel. Consistorium zu Hannover dem betreffenden Goslarer
Pastor die amtliche Function am Sarge des, testamentarischer Anordnung
gemass, ins Gothaer Crematorium zu Ueberflihrenden verbot, die schon ertheilte
Erlaubniss zu jener Feier zuriick, und so musste diese innerhalb der Raume
des Kaiserhauses, die W. bewohnt hatte, stattfinden.
Nachruf in den meisten grttsseren Tagesblattem, z. B. Mtinchner Neuesten Nachrichtea
Nr. 206 vom 6. Mai 1899 (theilweise nach dem ^Berliner TageblatU). Portrait: »Die
Wochec 1899, No. 7, S. 244.
Ludwig Frankel.
Poesche, Dr. Theodor, * im Jahre 1824 zu Zoeschen bei Merseburg
(Prov. Sachsen), f am 27. December 1899 zu Washington (D. C). P. studirte
in Halle a. S. Philosophic, wanderte aber nach dem Fehlschlagen der Re-
volution von 1848 und 1849 n *ch den Vereinigten Staaten von Nordamerika
aus. Langere Jahre wirkte er hier in St. Louis als Leiter einer Privatschule.
Wahrend des Btirgerkrieges kam er nach Washington und wurde in dem
neueingerichteten Inlandsteuerbureau angestellt, in welchem er mit grosser
Auszeichnung fiber 30 Jahre lang arbeitete. Als im Jahre 1872 Bismarck
sich mit der Idee trug, das Tabakmonopol im Deutschen Reiche einzufuhren,
erbat er sich vom Prasidenten Grant einen Fachmann, der ihn liber die
amerikanischen Steuerverhaltnisse aufklaren konnte; die Wahl fiel auf Theodor
Poesche, der durch Monate ein taglicher Tischgast des Reichskanzlers war
und ihm, so oft der Fttrst flir ihn Zeit hatte, Uber amerikanische Steuerver-
haltnisse Vortrag hielt. Seinem Freunde A. Petermann in Gotha lieferte P.
das hauptsachlichste Material zu dessen neuen amerikanischen Karten in
Stielers Adas. Im Jahre 1874 veroffentlichte P. ein Buch uber »Die Arier*
(Jena 1874, Costenoble), in dem er die Hypothese der asiatischen Abstammung
der blonden und blauaugigen Rasse bekampfte und die Theorie aufstellte,
dass diese Rasse in den Rokitnosiimpfen Slidrusslands durch den dort vor-
herrschenden Albinismus entstanden sei.
Vgl. Deutsche Rundschau f. Geogr. u. Statistik, XXIII. Bd. 1900 mit Portrait
W. Wolkenhauer.
Pauliny, Jakob Joseph, ehemaliger Vorstand im k. k. militar-geographi-
schen Institut zu Wien, * 1827 zu Tyrnau in Ungarn, f am 11. Juni 1899
in Wien. Im Jahre 184 J kam P. unter das Militar; wegen seiner besonderen
Betahigung zum Zeichnen wurde er 1850 im k. k. milit&r-geographischen
Institute in Wien angestellt und war in diesem bis zum 1. November 1889
als ein vorzttglicher topographischer Zeichner und Kartograph thatig. Flir
die Zwecke des Unterrichts lieferte er in den sechziger Jahren eine Reihe
vorztiglicher Reliefs vom Ortler, dem Grossglockner, der Schneekoppe u. s. w.
und 1867 besuchte er im Auftrage des Instituts die erste Pariser Weltaus-
stellung, um die Aufstellung der Kartenwerke desselben zu leiten und
Neuerungen im Kartenfache zu studiren. Von September 1867 bis November
187 1 war P. zur Heranbildung einer topographischen Schule nach Aegypten
beurlaubt. Nach seinem Rucktritt vom Amte beschaftigte er sich noch eifrig
mit einer neuen Methode der Terraindarstellung und veroffentlichte hierttber
Pauliny. Fleck. Jordan. 207
1895 »M<S moire uber eine neue Situationsplane- und Landkarten-Darstellungs-
methode* und 1898 eine nach dieser Methode gezeichnete Karte des
Schneeberggebiets in 4 Blattern. Auch ein neues System zur Erzeugung von
unnachahmbaren Papier- und Geldwerthzeichen hat er ersonnen.
Vgl. Deutsche Rundschau f.Geogr. u. Statistik, Wien, 1899, XXIL Jahrg. mit Portrait
W. Wolkenhauer.
Fleck, (Franz) Ludwig, romisch-katholischer Bischof von Metz, * 8. Februar
1824 in dem unterelsassischen Badeorte Niederbronn, der Anfangs des siebziger
Krieges genannt wurde; f am 27. (28.) October 1899 zu Metz. Im bischoflichen
geistlichen Convict zu Bitsch und im Metzer Priester-Seminar ausgebildet, erhielt
er 1848 die Priesterweihe, und war danach als Caplan und Pfarrer in der
praktischen Seelsorge th&tig, schliesslich als Pfarrer in Metz, wo er die
Belagerung im Herbst 1870 mit durchmachte. Als nach der Neuordnung der
Verhaltnisse Elsass-Lothringens der ziemlich antideutsche Metzer Bischof Dupont
des Loges als Reichstagsabgeordneter nach Berlin ging, nahm er als der
deutschen Sprache kundigen Berather den Metzer Pfarrer F. mit, der seitdem
grossen stillen Einfluss auf ihn ausubte, seit Mitte der 7oer Jahre in die
unmittelbare Nahe des Bischofs gezogen und 1879 dessen General vikar
wurde. Als solcher hatte er die ganze innere Leitung der Diozese in
der Hand, 1881 wurde er zum Bischof von Sion (Sitten) und Weihbischof
von Metz mit dem Rechte der Nachfolge ernannt und folgte 1886 dem
greisen Dupont des Loges ohne Weiterung. »Hervorragende geistige Fahig-
keiten, eine echt elsassische Zahigkeit und eine starke Neigung zu diplo-
matischer Ausgleichung von Gegensatzen, ausgesprochenes Wohlwollen und
grosse Mildthatigkeit mogen seine Hauptcharakterziige gewesen sein. That-
sache ist jedenfalls, dass im Grossen und Ganzen sein Episkopat ohne
grossere politische Stlirme verlaufen ist, dass er sich Mlihe gegeben hat,
im Frieden mit den staatlichen Behorden zu leben; wahrend er freilich
auch in zahlreichen Fallen, in denen Geistliche seiner Diozese in politischer
oder anderer Hinsicht eine sehr bedenkliche Rolle spielten, es auffallend an
jedem ernsteren Vorgehen fehlen liess. Seinen lothringischen Clerus tiberhaupt
in ein besseres und verstandigeres Verhaltniss zur deutschen Staatsgewalt zu
bringen, scheint er nicht als seine Aufgabe angesehen zu haben.*
Mehr oder minder ausflihrliche Nekrologe in sdmmtlichen elsass -lothringischen
Tageszeitungen, besonders in der »Strassburger Post*, auch in der »Coln. Zeitung«, den
»Mlinchner Neuesten Nach rich ten « (von sch. in Metz: No. vom 2. November 1899, S. 2)
woraus obcitirte Charakteristik. Portrait s. »Die Wochec, 1899, No. 34, S. 1326.
Ludwig Frankel.
Jordan, Wilhelm, Professor an der technischen Hochschule zu Hannover,
ein hervorragender Geodat, *am 1. Marz 1842 zu Ellwangen im wlirttembergi-
schen Jagstkreise, f am 17. October 1899 zu Hannover. — J. genoss Gymnasial-
bildung und besuchte das Polytechnikum zu Stuttgart bis zum Jahre 1863.
Im April 1864 bestand er die erste Priifung fur den wtirttembergischen
Staatsdienst und die Priifung als Geometer erster Klasse. Nachdem
er noch als Ingenieurpraktikant bei Eisenbahnvorarbeiten und als Tri-
gonometer bei Hohenmessungen thatig gewesen war, trat er 1866 als
Assistent ftir Geodasie an der Polytechnischen Schule zu Stuttgart ein, wo er
bis Ostein 1868 blieb, zu welcher Zeit er einer Berufung nach Karlsruhe an
208 Jordan. Buchner.
das Polytechnikum als Professor der Geodasie Folge leistete. Vom Begin n
des Jahres 1882 ab befand er sich in gleicher Stellung an der Technischen
Hochschule zu Hannover. Neben seiner nicht geringen amtlichen Thatigkeit
als Hochschullehrer hat J. auch noch eine ausserordentlich fruchtbare Thatig-
keit als wissenschaftlicher Schriftsteller und Forscher entwickelt; Ruhe und
Erholung kannte er nicht; seine Wissenschaft war sein Streben, sein Leben.
Sein hervorragendstes Werk ist sein »Handbuch der Vermessungskunde*, das
in zwei Banden in den Jahren 1877/78 erschien, die Methode der kleinsten
Quadrate, die niedere und hohere Geodasie zur Darstellung brachte und aus
seinem 1873 erschienenen »Taschenbuch der praktischen Geometries heraus-
gewachsen war. Es war dem Verfasser vergonnt, dieser zweiten Auflage des
Taschenbuches in den folgenden beiden Jahrzehnten seines Lebens noch eine
dritte und vierte folgen lassen zu konnen; der Theil, welcher die Feld- und
Landvermessung betrifft, gelangte 1897 als ein selbstandiges Werk sogar in
flinfter Auflage zur Bearbeitung. J.'s Handbuch ist in mehrere Sprachen
ubersetzt und bei alien Geodaten des In- und Auslandes bekannt. Von seinen
Ubrigen zahlreichen Werken seien nur folgende erwahnt: »Physische Geo-
graphic und Meteorologie der Libyschen Wiiste« (1876); »Das deutsche Ver-
messungswesen* (mit K. Steppes, 2 Bande, 1882); »Grundzuge der astrono-
mischen Zeit- und Ortsbestimmung* (1885); »H6hentafel fur barometrische
Hohenmessungcc (1874 und ofter); «Logarithmisch-trigonometrische Tafeln flir
centesimale Theilung des Quadranteru etc. (1897).
Ein hohes Verdienst hat sich der Verstorbene um die Hebung des
deutschen Geometerstandes erworben; durch 26 Jahre lag in seinen Handen
die Hauptleitung der »Zeitschrift ftir Vermessungswesen«, des Organes des
deutschen Geometervereines, die fur das Ansehen des deutschen Geometer-
standes von grosser Bedeutung geworden ist. Ein ehrenvolles Gedachtniss ist
dem Verstorbenen von Seiten seiner Fachgenossen im In- und Auslande
gesichert.
Vgl. Helmerts Nachruf im 11. Hefte der »Zeitschr. fiir Vermessungswesen* (Band
XXVIII, 1899) mit Portrait; Deutsche Rundschau fUr Geogr. und Statistik, XXI. Jahrg M
1899 mit Portrait.
W. Wolkenhauer.
Buchner, August, Publicist, * am 2. August 1848 zu Passau, f zu
Munchen am 28. Juni 1899 nac h etwa zweijahriger schwerer Herzkrankheit,
die den idealistisch angelegten Mann arg verbitterte und zu heftigsten Press-
angriffen auf die politischen Hauptwidersacher gereizt hatte. Er ist von den
letzteren, den Liberal en, in politischer und journalistischer Hinsicht meistens
als Wetterfahne bezeichnet worden, war aber im Gegentheile ein Verfechter ein-
mal als richtig erkannter Grundsatze. Nach dem 18. Lebensjahre als Fahnrich in
den bayerischen Militardienst getreten, kampfte er in den Feldziigen von 1866
und 1870/71 mit: im ersteren wurde er Unterleutnant, trat aber danach in
die papstliche Armee und erhielt fur seine Unerschrockenheit anl&sslich der
Abwehr der im Kirchenstaate eingebrochenen Garibaldianer (bei Mentana,
3. November 1867) von Pius IX. das Mentana-Kreuz ; gegen Frankreich focht
er im bayrischen Heere vor Sedan, Orleans und Paris und bekam das Verdienst-
kreuz. Danach zog er mit seinen Eltern nach Mtinchen. Seitdem stand seine
scharfe Sachkenntniss und gewandte Feder im Dienste der katholisch-volks-
thttmlichen Tagespresse Munchens, erst als Mitarbeiter verschiedener Blatter,
Buchner. Mevissen. 209
dann drei Jahre als Redacteur des »Bayerischen Landboten«, schliesslich, nach
dreijahriger freier Mitarbeiterschaft, seit 1887 als standiger Mitredacteur des
»Neuen Mtinchner Tagblatts« (verbreitetstes eigentliches Localblatt) und
u. a. leitete er da verantwortlich die Rubrik Gemeindeangelegenheiten. Als
eifervoller Katholik durch Ehescheidung und nachherige Heirat einer
Protestantin bei Lebzeiten der ersten Frau mit der Kirche in einen, vor
seinem Ende ausgeglichenen Conflict geraten, bekannte er sich endlich
trotz seines Redacteurpostens zu stark deutsch-nationalen Anschauungen,
deren antisemitische Farbung andrerseits den Tendenzen der bayerischen
Centrumspartei-Presse Rechnung trug. Seine deutsch-nationale Gesinnung
gipfelte in der Grtindung des Mannergesangvereins »Germania« zu Mtinchen in
den achtziger Jahren, dessen originelle sinnige Verfassung B.'s Buch »Ewa« fest-
stellte. Als Edeling Ziu dieser seiner teuern Markgenossenschaft knlipfte er
mit hervorragenden deutschen Mannern und Frauen an, so auch mit Fiirst
Bismarck. Seine lebhafte Theilnahme am Deutschen Schulvereine und der
deutschen Bewegung in Oesterreich unterband erst der »Los von Rom«-Ruf
daselbst, und seine ungeschminkte Rede eiferte wider die Leute, die »Slowaken,
Polaken, Tschechen u. a. Gesindel bekampfen wollen, aber thatsachlich nichts
anderes zu stande bringen als einige Fuhren Dr . . . nach Rom zu fahren«.
B. hat einige literarische Debut-Arbeiten geliefert, die sein spaterer Stand-
punkt als Jugendsllnden verwarf.
Notizen in Mttnchener Zeitungen vom 28. — 30. Juni und 1. Juli 1899, bes. »Neues
MUnch. TagbU No. 179, S. 9 (mit Bildniss) und No. 181/182, S. 4 k; briefliche Mit-
theilungen von dessen verantwortl. Redacteur Gg. Frhr. v. d. Tann.
Ludwig Friinkel.
Mevissen, Gustav von, Geheimer Commerzienrath , Dr. phil. et jur.,
* 20. Mai 18 1 5 in DUlken bei Krefeld, f 13. August 1899 in Godesberg.
M. war der Sohn eines Spinnereibesitzers in DUlken. In den Jahren 1828
und 1829 besuchte er das Friedrich Wilhelm-Gymnasium und das Jesuiten-
Gymnasium in Koln und wurde dann Schiller der Tertia der eben gegrlindeten
Hoheren Btirgerschule. Aber noch in demselben Jahre verliess er die Schule,
um als Htilfsarbeiter in das Geschaft seines Vaters einzutreten, in dem er
bis zum Jahre 1841 thatig war. Seinen kaufmannischen und politischen Blick
scharften und erweiterten in dieser Zeit mehrfache Reisen, die ihn nach
Belgien, Frankreich und England ftlhrten. Ein auf philosophischer Grundlage
aufgebautes ernstes Selbststudium gab M. die universale Bildung, durch
welche er sich in seinem ganzen Leben ausgezeichnet. Am 1. Juli 1841
schuf er sich einen selbstandigen Wirkungskreis durch die Grtindung einer
Grosshandlung in wollenen Garnen in Koln. Hier hatte der alte Schlendrian
einem kraftigen Fortschritte auf dem Gebiete des Handels und Verkehrs Platz
gemacht. M. wurde bald ein ftihrender Geist in der Kolner Kaufmannschaft
und in der Kiilner Handelskammer begrttndete er sich eine einflussreiche
Stellung durch die Beftlrwortung einer massigen Schutzzollpolitik, die er 1845
durch Schrift und Wort gegen die Ansichten des damaligen Vorsitzenden
der Kammer Camphausen mit Erfolg vertheidigte. Eine hohe Anerkennung
wurde M. zu Theil durch die Wahl zum Prasidenten der Rheinischen Eisen-
bahngesellschaft am 12. Mai 1844. Ein Jahr vorher war die Bahnstrecke bis
zur belgischen Grenze fertiggestellt. Ein weiterer Ausbau des rheinisch-
Blogr. Jthrbnch u. Deutscher Nekrolog. 4. Bd. 14
210 Mevissen.
I
' westfalischen Eisenbahnnetzes scheiterte zunachst an finanziellen Schwierig-
keiten. Dazu kam auch noch, dass die grosse politische Bewegung zu Beginn
\ der 40 er Jahre dem Unternehmen nicht giinstig war. In der rheinischen
Metropole hatte sich bei Anbruch von Preussens neuer A era eine »Gesellschaft
unabhangiger Rheinlander« zusammengethan, die Freiheit und Fortschritt auf
ihre Fahne geschrieben. M. war ein thatiges Mitglied dieses Kreises und
ein eifriger Forderer der von demselben ins Leben gerufenen Rheinischen
Zeitung, die jedoch schon im Marz 1843 von der Censur unterdriickt wurde.
J Eine Anzahl Artikel des zuletzt unter der Leitung von Marx stehenden Blattes
iiber englische Zustande, tiber die Bestrebungen der rheinischen Autonomic,
I tiber Gemeindeordnung u. a. rtihren aus der Feder M.'s her, sie verrathen
1 durch Kraft und gewandte Darstellung ihren Urheber. Im Jahre 1846 wurde
I M. von seiner Vaterstadt Dtilken in das erste preussische Parlament, den in
! Berlin zusammentretenden Vereinigten Landtag gesandt. Er schloss sich hier
den rheinischen Liberalen an, nahm bald in den Reihen der entschiedenen
] Opposition eine bedeutende Stellung ein und fand Gelegenheit, bei den
I Debatten iiber das Bescholtenheitsgesetz, tiber die Einrichtung des Handels-
ministeriums, bei der Periodicitatsdebatte und dem Judengesetz einzugreifen.
I Im folgenden Jahre 1848 treffen wir ihn als Vertreter des Wahlkreises Siegen
i bei der Nationalversammlung in Frankfurt a. M., wo er der sog. Casinopartei
• angehorte, und im August desselben Jahres, als das erste Reichsministerium
ins Leben trat, wurde M. Unterstaatssecretar im Handelsministerium. Mit
dem Ministerium nahm er nach dem Frieden von Malmoe seine Entlassung
und trat auch aus dem Parlament nach der Ablehnung der Kaiserkrone seitens
Friedrich Wilhelm IV. aus. Am 21. Mai 1849 * e g te er se * n Mandat als Ab-
geordneter nieder. Noch einmal vertrat er im Jahre 1850 Siegen im Erfurter
Parlament, um dann fur immer von dem Felde der Politik Abschied zu nehmen.
Die Befriedigung, die M. im politischen Leben nicht gefunden, sollte
ihm voll und ganz in seiner kaufmannischen und volkswirthschaftlichen
Thatigkeit werden, die fiir ihn in Koln begann. Das grosse Bankhaus
Schaaffhausen war im Marz 1848 zusammengebrochen. Infolge der Bedeutung
dieses Instituts fiir die Rheinlande beauftragte die preussische Regierung, die
sein organisatorisches Talent erkannt hatte, M. mit der Wiederaufrichtung
des Hauses und der Umwandlung in eine Actiengesellschaft. M. loste die
ihm gewordene Aufgabe mit grossem Geschick und wurde Director des neu
gegrtindeten Schaaffhausenschen Bankvereins. Seiner organisatorischen Thatig-
keit verdanken in den nachsten Jahren noch eine Reihe anderer Unter-
nehmungen ihr Entstehen: das Horder Eisenwerk, die Kolner Baumwoll-
spinnerei, die Maschinenfabrik Bayenthal, die Lebensversicherungsgesellschaft
Concordia, die Kolner Riickversicherungsgesellschaft, endlich die Darmstadter
und Luxemburger Bank. Von 1855 — 1860 war M. President der Kolner
Handelskammer, President der Rheinischen Eisenbahn ist er bis zu deren
Verstaatlichung im Jahre 1880 geblieben. Seinem Einfluss und seinem Unter-
nehmungsgeiste ist der Ausbau des rheinischen Eisenbahnnetzes vorzugsweise
zu verdanken. Von 1865 — 1891 war er Beigeordneter der Stadt Kfiln im
Ehrenamte und vertrat diese im Herrenhause. Nach seinem Riicktritte wurde
er zum lebenslanglichen Mitgliede des letzteren ernannt; eine Ehrung, die um
so hSher anzuschlagen ist, als es wohl das erste Mai war, dass der bisherige
Vertreter einer Stadt, nachdem er seine amtliche Stellung niedergelegt, um
ins Privatleben zurtickzutreten, durch die Berufung zum lebenslanglichen
Mevissen. Ernst 2 1 1
Mitgliede ausgezeichnet wurde. Seit 1884 gehorte er auch dem Staatsrathe
an, ausserdem war er Mitglied des Volkswirthschaftsrathes und der standigen
Commission fur das technische Unterrichtswesen.
Die wirthschaftliche Entwicklung Rheinlands im 19. Jahrhundert ist un-
zertrennbar mit M.'s Namen verkniipft, nicht minder aber die Neubelebung
der geistigen Interessen und insbesondere der historischen Studien in den
Rheinlanden. M. ist der Mitbegrtinder und Hauptforderer der Gesellschaft
f(ir Rheinische Geschichtskunde gewesen, die er durch geistige Mitarbeit und
durch Zuwendung materieller Mittel bis zu seinem Tode untersttitzt hat. Sein
Wirken auf historischem Gebiete hat weit iiber die Grenzen Rheinlands hinaus
seine Frtichte getragen. Im Jahre 1890 stellte er dem Vorstande der Gesell-
schaft flir rheinische Geschichtskunde eine erhebliche Summe zur Veflfiigung,
die zur Aussetzung von Preisen flir darstellende Werke liber kolnische und
rheinische Geschichte bestimmt wurde. Die erste Arbeit, welche aus dieser
Stiftung hervorgegangen, ist die Untersuchung von Friedrich Lau: Entwick-
lung der communalen Verfassung und Verwaltung der Stadt Koln bis zum
Jahre 1396 (Bonn 1898). Ganz besondere Verdienste hat sich M. auch durch
jahrelange Fttrderung des Historischen Archivs der Stadt Koln erworben und
seine ausserordentlich werthvolle und umfangreiche Bibliothek, die sich aus
alien Gebieten des Wissens zusammensetzt , ist der Stadt Koln vermacht
worden. Bei Gelegenheit der goldenen Hochzeitsfeier Kaiser Wilhelms I. 1879
hat M. der Stadt Koln, die er als seine zweite Vaterstadt liebte, die Summe von
191 500 M. als Grundstock zur Errichtung einer Handelsakademie tiber-
wiesen. Durch testamentarische Bestimmung ist dieses Capital noch be-
trachtlich vermehrt, so dass demnachst die Akademie ins Leben treten wird.
In einer nachgelassenen, 1879 verfassten Schrift hat M. selbst die Ziele der
zu begrlindenden Akademie dargelegt.
An Ehrungen und Anerkennungen hat es M. in seinem langen, segens-
reichen Leben nicht gefehlt. Wilhelm I., der oft und gern seinen Rath ein-
geholt, hat seine Verdienste unter Anderm durch die Verleihung des Adels
anerkannt und die Stadt Koln hat ihm 1891 das Ehrenburgerrecht verliehen.
Die philosophische und juristische Facultat der Universitat Bonn haben ihn
zum Doctor honoris causa ernannt und mit warmen anerkennenden Worten
den Mann gepriesen, der »nach Aller Urtheil unter die Leuchten und Zierden
des Vaterlandes* gerechnet werden muss.
Reden and Redner des crsten Preussischen Vereinigten Landtags. Herausgegeben
von R. Haym. Berlin 1847. H. Laube, Das erste Deutsche Parlament. 3 Bde. Leipzig 1849.
J. Proelss, Wie das erste Deutsche Parlament entstand: Gartenlaube 1898 No. 1 ff.
W. Wichmann, Denkwtlrdigkeiten aus dem ersten deutschen Parlament. Hannover 1890.
Kttlnische Zeitung, 21. Mai 1885 No. 140; 28. Okt. 1891 No. 872; 24. Nov. 1891 No. 946;
19. Mai 1895 No. 442; 20. Mai 1895 No. 444; 15. Aug. 1899 No. 636; 14. Jan. 1900 Nr. 36.
Albert Dross ong in der Illustrirten Zeitung vora 31. Aug. 1899 No. 2931. H. Keussen in
den Deutschen Geschichtsblattern (herausgegeben von Armin Tille) Bd. 1 (1899) S. 31.
Gustav v. Mevissen. Ein Nachruf. Von Constantin Htthlbaum: Historische Zeitschrift
Bd. 84 S. 72 — 79. Gustav von Mevissen 1815— 1899. Ein Nachruf. Von J. Hansen:
Sond.-Abd. aus dem 19. Jahresbericht der Gesellschaft fttr Rheinische Geschichtskunde
(1900). Eine grOssere Biographic v. Mevissens steht demnachst zu erwarten.
— y-
Ernst, Professor Dr. Adolf, ein urn die Kunde von Venezuela hochver-
dienter Deutsch-Amerikaner, * am 6. October 1832 zu Primkenau in Schlesien,
f am u. August 1899 in Caracas in Venezuela. — Nach dem Besuch des
14*
212 Ernst. Greffrath.
Gymnasiums in Breslau studirte E. zuerst in Breslau, dann in Berlin und
Leipzig Naturwissenschaften und neuere Sprachen und war dann einige Jahre
in Hamburg als Lehrer an hoheren Privatschulen thatig. Im December 1861
wanderte E. nach Venezuela aus und widmete sich in der Hauptstadt
Caracas dem hoheren Lehrfache. Alsbald begann er auch mit der natur-
wissenschaftlichen Erforschung der Umgebung von Caracas und grttndete 1867
eine Sociedad de Ciencias Fisicas de Venezuela, deren President er wurde.
E. war bald der beste Kenner der Flora und Fauna des Landes ; auch durch
sorgsame Sammlung des anthropologischen und archaologischen Materials
von Venezuela hat er die wichtigsten Hilfsmittel flir das Ausland zusammen-
gebracht. Im Auftrage der Regierung pr&parirte und ordnete E. die Samm-
lungen * venezolanischer Producte, die auf verschiedene Ausstellungen in
Bremen, Wien, Philadelphia u. a. gesandt wurden. Ein werthvolles Buch
von ihm war »La Exposicion nacional de Venezuela en 18834c (Caracas 1886),
in dem er eine grosse Anzahl wichtiger Daten und Bestimmungen iiber die
Producte des Landes niederlegte. Im October 1874 wurde E. zum ordent-
lichen Professor an der Centraluniversit&t von Venezuela fur die neu ge-
schaffenen Lehrsttthle fur Naturwissenschaften und deutsche Sprache, sowie
zum Director des Nationalmuseums und der Universitatsbiliothek ernannt.
Nach vielen Seiten war in dieser Weise der Verstorbene fur die wissenschaft-
lichen Bestrebungen seines neuen Vaterlandes thatig, an Auszeichnungen
mannigfacher Art hat es ihm denn auch nicht gefehlt und die einheimischen
Zeitungen widmeten ihm nach seinem Tode ehrenvolle Nachrufe. Dem
deutschen Namen hat Dr. Adolf Ernst Ehre gemacht.
In der »Nature«, im »Globus« und anderen Zeitschriften hat E. zahl-
reiche Aufsatze (iber Venezuela veroffentlicht
Vgl. Globus, 1900, 77, BcL S. 134.
W. Wolkenhauer.
Greffrath, Henry, geographischer Schriftsteller, * am 3. Februar 18 18
auf dem Rittergute Amalienhof bei Teterow in Mecklenburg-Schwerin, f am
4. Juni 1899 zu Dessau im hohen Alter von 81 Jahren. — Seine Schul-
bildung erhielt G. vom 13. Jahre ab auf dem Gymnasium in GUstrow, dann
studirte er von 1838 an zuerst auf der Universitat Rostock Theologie, dann
Philologie und Naturwissenschaften in Leipzig und Berlin. Das Revolutions-
jahr 1848 zog auch den jungen G. in seinen Bann und nothigte ihn dann,
Europa zu verlassen. Er entschied sich flir Australien, wo gerade die reichen
Goldfelder in Neu-Stid- Wales und Victoria entdeckt waren. Die Reise dahin
auf einem miserablen deutschen Auswanderungsschiffe unter Ftihrung eines
noch miserableren Capitans war eine Vorschule flir die buntscheckigen Aben-
teuer, welche ihm bevorstanden. G. versuchte zunachst sein Gllick in den
nordwestlich von Melbourne gelegenen Goldfeldern Castlemaine und Bendigo,
er gehorte aber zu den Vielen, welchen hier Nieten zufielen. Nach mannig-
fachen Kreuz- und Querzttgen kam G. nach Adelaide, wo er als Professor
ftir neuere Sprachen Anstellung fand. Ausserdem importirte er kistenweise
deutsche Classiker u. s. w., ftir welche in der Colonie ein guter und lohnender
Absatz bestand. In den langen Sommer- und Winterferien unternahm er in
der Regel Excursionen landeinwarts und benutzte iiberhaupt jede Gelegenheit,
sich von dem ihm lieb gewordenen Continent eine grttndliche Kenntniss zu
Greffrath. Schwartx.
213
crwerben. Zu Anfang der 70 er Jahre kehrte G. aus Gesundheitsriicksichten
nach Deutschland zurlick, Hess sich zuerst in Jena, dann in Dessau als Privat-
mann nieder, verheirathete sich und widmete im tibrigen seine Musse ganz
der geographischen Schriftst$llerei. Als einer unserer besten deutschen Kenner
Australiens, mit dessen Colonien er bis zu seinem Tode in regstem Verkehr
blieb, war er unseren geographischen Zeitschriften, dem Globus, Aus alien
Welttheilen, dem Ausland, Petermanns Mittheiliingen , der Deutschen Rund-
schau ftir Geographie und Statistik, den Deutschen Geographischen Blattern
u. a. ein sachkundiger und getreuer Berichterstatter tiber alle australischen
Reisen und wirthschaftlichen Verhaltnisse.
Vgl. D. Rundschau f. Geogr. u. Statistik, X. Bd., 1888, wo sich cine kurze Biographic
und ein Portrait findet.
W. Wolkenhauer.
Schwartz, Marie Esperance von, vorwiegend Reise- und Memoiren-
schriftstellerin , * in Southgate in der Grafschaft Hertford (England) am
8. November 1818 (nicht 182 1), f in Ermatingen in der Schweiz am
20. April 1899. — Diese unter dem Namen Elpis Melena bekannte Schrift-
stellerin war die Tochter eines in England ansassigen Bankiers aus Hamburg,
Namens Brandt, und hat ihre englische Nationalist stets beibehalten. Ihre
Erziehung erhielt sie vorwiegend in Genf und Rom, besonders durch eine
Verwandte ihrer Mutter, die ^ls Erzieherin der weimarischen Prinzessinnen
wohlbekannte Esperance Sylvestre. Das hochbegabte Kind erwarb sich
schon friih bedeutende Kenntnisse und verrieth besonders fur Sprachen ein
hervorragendes Talent, das sich in der Folge immer mehr ausbildete, so class
sie schliesslich acht Sprachen beherrschte. Mit 15 Jahren zu einer unsym-
pathischen Heirath mit einem Vetter, gleichfalls Bankier, uberredet, endete
der Selbstmord des Gatten schon nach einem Jahre dies erste, peinliche Ver-
bal tniss. Die Wittwe ging nun nach Rom, wo ihre Salons bald einen an-
ziehenden Mittelpunkt flir die fremde Aristokratie und die Klinstlerwelt
bildeten. Im Jahre 1844 ging sie eine zweite Ehe ein mit einem Hamburger,
von Schwartz, den sie in Italien kennen gelernt hatte. Mit demselben
unternahm sie dann, meist zu Pferde, eine grosse Reise durch Griechenland,
die Ttirkei, Kleinasien nach Aegypten und erlitt auf dem Wege nach Tunis
bei Stora Schiffbruch, aus dem sie nur durch Zufall ihr Leben rettete. Die
Beschreibung dieser Reise in » Blatter aus dem afrikanischen Reisetagebuche
einer Dame« (II, 1849) bildete den ersten literarischen Versuch der Schrift-
stellerin. Indessen gestaltete sich auch diese zweite Ehe zu keiner gltick-
lichen, und 1854 wurde dieselbe gerichtlich gelost. Bereits 1849 hatte
Esperance ihren festen Wohnsitz in Rom genommen, zu einer Zeit, als der
Name des Republikaners und Freiheitskampfers Garibaldi in dem Munde aller
Romer war; sie interessirte sich schon damals ftir den Helden und sollte
spater in seinem Leben eine nicht unbedeutende Rolle spielen. Einstweilen
huldigte sie einer unbczahmbaren Reiselust und schrieb in den Tagen der
Ruhe ihren Roman »Memoiren eines spanischen Piasters* (II, 1857). Im
Herbst 1857 trat sie zu Garibaldi auf der Insel Caprera in personliche
Beziehungen; sie besuchte ihn haufig daselbst, enthob ihn mancher Sorge
urn die Kinder und leistete ihm durch ihren Einfluss manchen gefahrvollen
politischen Dienst, wie sie auch in seiner Gefangenschaft und Verwundung
214 Schwartz. Dresky.
seine getreueste Pflegerin war. Garibaldi gab ihr aus Dank das eigenhandige
Manuscript seiner Memoiren, die sie gliicklicherweise schnell ins Deutsche
tibersetzte, noch ehe Alexander Dumas, dem Garibaldi gleichfalls diese
Memoiren zur Verfiigung gestellt hatte, mit denselben fur immer aus Rom
verschwand. Jene Uebersetzung erschien als »Garibaldis Denkwtirdigkeiten.
Nach handschriftlichen Aufzeichnungen desselben und nach authentischen
Quellen* (II, i860). AndereWerke der Schriftstellerin, die den Beziehungen
zu Garibaldi entsprangen, sind »Hundert und ein Tag auf meinem Pferde.
Nebst Besuch auf der Insel Maddalena« (i860), worin die Reise der Ver-
fasserin zu Pferde von Rom zu ihrem Bruder nach Luzern und ein Besuch
bei Garibaldi auf Caprera geschildert werden, »Blicke auf Calabrien und die
Liparischen Inseln im Jahre i86o« (1861), ^Garibaldi im Varignano in 1862
und auf Caprera 1863* (1864) und »Garibaldi. Mittheilungen aus seinem
Leben« (II, 1884). Gegen Ende des Jahres 1865 verlegte Esperance Schw.
ihren Wohnsitz nach der Insel Kreta, wo sie sich im Dorfe Chalepa bei
Kanea mitten zwischen den Weingarten ein reizendes Heim schuf, in welchem
sie, wenn sie nicht auf Reisen war, bis zum Jahre 1896 als gtttige Fee
waltete, unbeirrt durch die steten Aufstande, welche die Insel durchzitterten.
Der Wohlfahrt des kretischen Volkes widmete sie die grossten Opfer an Zeit
und Geld; sie grtindete Krankenhauser, Asyle, Schulen, iibersetzte deutsche
Schulbiicher ins Neugriechische und in der »Kreta-Biene« (1874) kretische
Volkslieder, Sagen u. s. w. ins Deutsche. Auf dem Gebiete des Thierschutzes
entfaltete sie eine Thatigkeit, die sich liber ganz Europa erstreckte. In
Kanea grtindete sie ein Thierspital ftir Pferde, Esel u. s. w., und die zahl-
losen Strassenhunde wurden taglich gefiittert. Zahlreiche Broschiiren in den
verschiedensten Sprachen mussten um Forderer des Thierschutzes und um
Gegner der Vivisection werben. Mohamedaner und Kreter zollten der Dame
die hochste Ehrerbietung, und bei alien politischen Wirren auf der Insel ist
ihr und ihrem Besitzthum nie eine Schadigung widerfahren. Wahrend ihres
Wohnsitzes auf Kreta veroffentlichte sie noch »I)er junge Stelzentanzer.
Episode wahrend einer Reise durch die westlichen Pyrenaen« (1865), »Die
Insel Kreta unter der ottomanischen Verwaltung« (1867), »Von Rom nach
Kreta. Reiseskizze« (1870), »Gemma, oder Tugend und Laster. Novelle*
(1877), »Dr. E. G. F. Grisanowski (Hauptvertreter der Agitation gegen die
Vivisection). Mittheilungen aus seinem Leben und seinen Briefen« (1890)
und »Erlebnisse und Beobachtungen eines mehr als 20jahrigen Aufenthalts
auf Kreta« (1892). Nach Aufgabe ihres Wohnsitzes auf Kreta hat Esperance
Schw. vorwiegend in der Schweiz gelebt und in Ermatingen ist sie hoch-
betagt gestorben.
Personliche Mittheilungen. — Das Illustrirtc Mode-Journal. Jahrg. 1875, S. 649. —
Manner der Zeit. Biograph. Lcxikon der Gegen wart. Mit Supplement: Frauen der Zeit
Leipzig 1862, S. 75. — Vossische Zeitung vom 30. April 1899.
Franz Brtimmer.
Dresky, Ferdinand Justus von, General der Artillerie z. D., zuletzt In-
specteur der 2. Feld-ArtillerieJnspection, * 5. Mai 181 8 zu Wesel, f 29. Marz
1899 zu Berlin.
D.'s Name ist eng mit dem deutschen Siege von Vionville — Mars la Tour,
dem Ehrentage der Artillerie des III. Armee-Corps, verkniipft.
Dresky. Lange (Galen). 215
Aus einer Soldatenfamilie stammend und im Cadetten-Corps erzogen,
kam er 7 i8jahrig, als Second-Leu tnant zur Garde-Artillerie-Brigade und
erhielt 1865 als Major die wichtige Stellung als 1. Adjutant der General-In-
spection der Artillerie. In dieser Eigenschaft machte er den Feldzug von
1866 im Grossen Hauptquartier mit und hatte, wenn ihm auch personliches
Hervortreten nicht vergfinnt war, doch reiche Gelegenheit, Studien iiber die
Verwendung seiner Waffe zu machen, deren Material und Tactik damals noch
viel zu wtinschen tibrig liess. Als Director der Vereinigten Artillerie- und
Ingenieurschule war er in den folgenden Friedensjahren in der Lage, das
Seinige zur Beseitigung der erkannten Mangel beizutragen.
Mit welchem Erfolge die Artillerie jene Uebergangszeit auszunutzen ver-
standen hatte, bewies ihre Thatigkeit im franzosischen Kriege. D. aber
konnte in seiner Person als Flihrer der Corps-Artillerie des III. Armee-Corps
ein mustergultiges Beispiel fiir die Verwendung der Waffe im grosseren
Verbande geben. In der oben genannten Schlacht, in der das III. Armee-
Corps vor einer besonders schweren Aufgabe stand, war es wesentlich seine
durch General v, Btilow und Oberst von Dresky gefiihrte Artillerie, die ihm
das stundenlange Ausharren gewaltiger Uebermacht gegentiber ermoglichte.
Auch in der Schlacht von Beaune la Rolande fanden Truppe und Flihrer
erneute Gelegenheit zu glanzendem Hervortreten.
Nach dem Friedensschlusse trat D. wieder in seine Stellung als Director
der Vereinigten Artillerie- und Ingenieurschule zurlick und war spater bis zu
seinem Ausscheiden aus dem activen Dienste (1884) in mehrfach wechselnden
Vertrauensstellungen fur seine Waffe und die Armee thatig.
Der Militarschriftsteller Fritz Hoenig hat ihm in seinem »Volkskrieg an
der Loire« Band VI. Seite 304 f. ein schones Denkmal gesetzt. Auch das Buch
»Die Thatigkeit des General v. Bulow in der Schlacht von VionvilIe« von
Hans Klaeber, Oberstleutnant a. I)., wird seinen Verdiensten voll gerecht.
D., in vielen Dingen Autodidact, hatte sich reiches Wissen erworben,
war aber vor Allem ein Mann des Konnens. Fiir kameradschaftlichen Ver-
kehr, fiir Humor und Witz war er besonders begabt, daneben ein hervor-
ragender Musikkenner und austibender Kiinstier. Ihm verdankt die Berliner
Garnison die Stiftung des Offizier-Musik-Vereins,| den er viele Jahre mit
grossem Krfolge leitete.
Mit dem Kaiser, der bei dem Heimgang des Generals der Wittwe sein
besonderes Beileid aussprach, bewahrt auch die Armee dem Verewigten ein
treues Gedachtniss.
v. Frobel.
Lange, Ernst Philipp Karl (Pseudonym Philipp Galen), Romanschrift-
steller, * in Potsdam am 21. December 18 13, f daselbst am 20. Februar 1899.
— Er war der Sohn eines sehr beliebten konigl. Hofwundarztes, eines Ehren-
mannes, der ausserst reiche und seltsame Jugendschicksale erlebt hatte, und
dem der Sohn spater in seinem Roman » Fritz Stilling. Erinnerungen aus dem
Leben eines Arztes« (IV, 1856) ein bleibendes Denkmal gesetzt hat. Schon
in friihen Jahren versuchte sich der ideal veranlagte JUngling, angeregt durch
seine fein gebildete Mutter wie durch andere geistig hervorragende Frauen,
in dichterischen Productionen. Nach Absolvirung des Gymnasiums bezog L.
1835 die Universitat Berlin, wo ihm viele innere Kampfe anfanglich das
2i 6 Lange (Galen).
Leben verbitterten, da er gegen seine Neigung sich zum Studium der Medicin
genothigt sah und als Zogling des Friedrich Wilhelms-Instituts bei sehr be-
schrankten Mitteln wenig von der goldenen Freiheit des akademischen Lebens
geniessen konnte. Einige Entschadigung hierfur bot ihm das Studium der
Literatur, Aesthetik und Geschichte, und noch als Student schrieb er sein
1871 veroffentlichtes historisches Charaktergemalde »Friedrich in Rheinsberg«.
Nach seiner Promotion (1839) fungirte L. zunachst als Chirurg an der Charity
in Berlin, trat 1840 als Compagnie-Chirurgus in die preussische Armee ein
und widmete sein besonderes Interesse nunmehr den Gemllthskranken in
Irrenhausern und Gefangnissen. Die Frtichte seiner Beobachtungen und ein-
gehenden psychiatrischen Studien legte er dann in einem Roman »Der Irre
von St. James* (IV, 1854) nieder, der zwar erst nach acht Jahren erschien,
aber den Namen des Autors doch allgemein und vortheilhaft bekannt machte.
Im Jahre 1844 hatte L. sein Staatsexamen abgelegt, war 1845 Oberarzt am
Cadettenhause zu Potsdam und 1847 a ' s Landwehr-Bataillonsarzt nach Bielefeld
versetzt worden; von hier aus machte er 1849 als Dirigent eines Feldlazaretts
den Feldzug in Schleswig mit, nahm auch spater an dem Einmarsch der
Preussen in Kurhessen teil. In Bielefeld hatte er auch seinen Hausstand
gegriindet; aber bei der karglichen Besoldung, die ihm der Staat zahlte, war
er auf eine anstrengende Landpraxis angewiesen, um sich mit seiner Familie
ktimmerlich durchzuschlagen. Da kam ihm eines Tages der Gedanke, wie
wohl einem Menschen zu Muthe sein musse, der soviel Geld hahe, dass er
es nicht ausgeben konne. Diese Frage suchte er sofort durch seinen Klinstler-
roman »I)er Inselkonig« zu beantworten, worin er zeigt, was ein Mensch mit
vielen Mitteln leisten konne, wenn er die Einsicht und das Herz dazu hat.
In sechs Wochen war der fiinfbandige Roman fertig und wurde dem »Verlags-
comptoir in Grimma und Leipzig* zum Druck angeboten. Als nach Jahres-
frist keine Entscheidung erfolgt war, reklamirte L. seinen Roman, erhielt aber
die naive Antwort: der Roman sei seit einem Jahre gedruckt, der Verleger
aber — todt. Dieser Mittheilung lag ein Exemplar bei mit dem Titel »Der
Inselkonig. Roman aus Herlosssohns nachgelassenen Papieren von Philipp
Galen« (V, 1852). Dieses ihm gewissermassen aufgedrungene Pseudonym hat
L. denn auch ftir die Zukunft festgehalten und unter diesem Namen noch
folgende Romane veroffentlicht: » Walter Lund« (III, 1855), » Andreas Burns
und seine Familie« (IV, 1856), » Baron Brandau und seine Junker « (II, 1858),
» Emery Glandon« (III, 1859), »Der Strandvogt von Jasmund« (IV, 1859),
»Der Sohn des Gartners« (IV, 1861), »Die Insulaner« (IV, 186 1), »Nach
zwanzig Jahren« (III, 1864), »Der Leuchtturm auf Kap Wrath (111, 1862),
»Der grime Pelz« (IV, 1863), »I)er Erbe von Bettys Ruh« (IV, 1866), »Jane,
die Judin« (III, 1867), »Die Tochter des Diplomaten« (IV, 1867), »l)as Irr-
licht von Argentit!fres« (III, 1868), ^Walram Forst, der Demagoge« (IV, 1868),
»Der Lowe von Luzern« (V, 1869), »I)er Friedensengel« (HI, 1870), »Irene,
die Trjiumerin« (III, 1873), »Der Alte vom Berge« (III, 1873), »Der Rastel-
binder« (III, 1874), »I)er Einsiedler vom Abendberg« (III, 1876), »Die Mosel-
nixe« (III, 1877), »Frei vom Joch« (III, 1878), *Die Perle von der Oie« (IV,
1880), »Der Meier von Montjardin« (II, 1891), sowie auch die Novellen-
sammlung »I)er Pechvogel und andere Erzahlungen« (1883). L. offenbart in
seinen Romanen, die seinerzeit viel gelesen wurden, »ein liebenswtirdiges
Erzahlertalent, eine plastische Gestaltungskraft und die Gabe, interessante
Charaktere zu erfinden und sie mit psychologischer Feinheit und minutioser
Lange (Galen). Satiferling. 2x7
Sorgfalt zu entwickeln. Charakteristisch ftir alle seine Schriften ist auch die
ausgepragte unci mit Meisterschaft getroffene Lokalfarbe, die Auffassung und
Wiedergabe der Sitten und Gebrauche, der offentlichen Feste wie hauslichen
Gewohnheiten der Bewohner verschiedener Lander und Gaue. Eine besondere
Erwahnung verdient die reine sitdiche Tendenz, die sich Uberall kundgiebt.
Frei von jeder Unduldsamkeit kampft er als ausgesprochener Christ fur Wahr-
heit und Recht weniger durch doctrinare Schonrednerei als durch geschickte
Personificirung von Idealgestalten«. Wer ausserdem das vielbewegte Leben
des Verfassers naher kennt, wird sofort erkennen, dass er in seinen Romanen
die meisten Begebenheiten und Schicksale, die ihn selbst berlihrten, nieder-
gelegt hat. Aus dem ausseren Leben desselben ware noch hinzuzufilgen, dass
L. als Stabsarzt 1857 in seine Vaterstadt Potsdam versetzt ward und 1878
mit dem Charakter eines Oberstabsarztes in den Ruhestand trat. Am
27. April 1897 war es ihm vergonnt, die Feier seiner goldenen Hochzeit zu
begehen, bei welcher Gelegenheit es die Potsdamer an reichen Ehrungen
nicht fehlen liessen.
Biographische Einleitung zu Laoges Novellensammlung »Der Pechvogel« von Hans
Ziegler. — Verschiedene Artikel liber Langc in Zeitungen und Journalen.
Franz Briimmer.
Safferling, Benignus von, Koniglich Bayrischer General der Infanterie
z. D., General- Adjutant Sr. Majestat des Konigs, k la suite des 11. Infanterie-
Regiments v. d. Tann, zuletzt Kriegsminister, * 30. November 1825 zu
Freising inOberbayern, f 4. September 1899 zu Partenkirchen.
Der Verstorbene hatte seine Erziehung in Griechenland erhalten, wohin
sein Vater dem Konige Otto gefolgt war. Aus dem griechischen Cadetten-
Corps trat er 1841 in die griechische Armee ein, verliess sie aber schon 1843,
urn in die deutsche Heimath zurlickzukehren. Noch in demselben Jahre
wurde er im bayrischen Heere angestellt und 1845 zum Officier befordert.
Im Feldzuge von 1866 wurde er im Gefecht von Helmstadt als Haupt-
mann verwundet, war 1870/71 Generalstabsofficier der 1. Infanteriedivision
und fand vielfach, namentlich bei Worth und Sedan, Gelegenheit zur Aus-
zeichnung, sodass er den Militar Max Josefs-Orden, den hdchsten bayrischen
Kriegs-Orden, erhielt.
Seine Hauptthatigkeit, die seinen Namen dauernd mit der Geschichte
der Koniglich Bayrischen Armee verknUpft hat, begann indessen erst in den
folgenden Friedenszeiten, als es sich darum handelte, die bayrischen Truppen
unter voller Wahrung ihrer durch die Vertrage von Versailles gewahrleisteten
Selbstandigkeit doch taktisch unci organisatorisch dem norddeutschen Heere
anzugliedern. Als Militarbevollmachtigter Bayerns bei der Occupationsarmee,
als Mitglied der Commission fiir Abanderung der Vorschriften liber die
Waffentibungen der Infanterie, endlich als Commandeur des Instructions-
Bataillons, das dem neuen Exerzier-Reglement Eingang in die Truppe ver-
schaffen sollte, fand v. S. schon als Major reiche Gelegenheit, seine Kigenart
zu bethatigen. Als Oberstleutnant trat er dann wieder in den Frontdienst
zuriick, war spater Commandeur der bayrischen Besetzungsbrigade in Metz,
dann der 2. Division und wurde am 6. Mai 1890 Kriegsminister.
Die drei Jahre seiner Amtsthatigkeit als solcher sind gekennzeichnet durch
die Reorganisation vom October 1890 und manche andere ernste Angelegen-
2 1 8 Safferling. Meyer.
heiten, die an die Arbeitskraft des Ministers hohe Anforderungen s tell ten.
Vor Allem aber verstand General v. S. es in seltenem Masse, sich nicht nur
die Gnade seines Kriegsherrn zu erhalten, sondern auch das Vertrauen der
Armee auf die feste und zuverlassige Vertretung ihrer berechtigten Interessen
nach aussen hin zu erwerben. An Anerkennung hat es ihm nicht gefehlt
und als er 1893 aus dem Amte und 1899 aus dem Leben schied, hat der
Prinz-Regent ihm beziehungsweise seinen Hinterbliebenen in warmen Worten
ausgesprochen, wie nahe er ihm stand und wie sehr er seinen Verlust beklage.
v. Frobel.
Meyer, Clemens Friedrich, Schriftsteller, * am 15. Mai 1824 in Arolsen
im FUrstenthum Waldeck (daher sein Schriftstellername: Meyer von Waldeck),
f am 16. Mai 1899 in Heidelberg, — Er erhielt den ersten Unterricht in
einer Privatanstalt seiner Vaterstadt, besuchte 1837 — 38 das Gymnasium in
Wetzlar und entschloss sich, von der Natur und dem Schaffen in unmittel-
barer Beruhrung mit derselben angezogen, die Bergwissenschaften zu studiren.
Zu diesem Studium bereitete er sich 1838 — 40 auf der polytechnischen
Schule in Cassel vor und widmete sich dann von Michaelis 1840 bis Ostern
1842 auf der Bergakademie in Klausthal der Theorie und Praxis des Berg-
wesens. Zu hoheren akademischen Studien ging er darauf an die Universitat
Berlin, absolvirte auch, urn sich das Recht der Anstellung im preussischen
Staatsdienste zu erwerben, am Collnischen Gymnasium daselbst nachtraglich
die Maturitatsprtifung. Nachdem er ein Jahr lang dem Studium der Natur-
wissenschaften obgelegen, auch wahrend desselben eine grossere Fussreise
durch die mineralogisch interessantesten Gegenden Deutschlands unternommen
hatte, gab er jenes Studium auf: seine schon aus der Kindheit stammende
Vorliebe ftlr die Poesie und Litteratur war mit neuer Kraft erwacht, hatte
sich sogar mit zwei poetischen Arbeiten (»Der Paria. Ein GedichU, 1843;
»Bilder aus dem Bergmannsleben«, 1844) schon in die Oeffentlichkeit gewagt,
und so wahlte er ftir seine weiteren wissenschaftlichen Studien das Gebiet
der deutschen Sprache, Literatur und Alterthumskunde. K. Lachmann und
die Brtider Grimm waren dabei seine hervorragendsten Flihrer. Im December
1845 zum Dr. phil. promovirt, beabsichtigte M., sich an der Berliner Uni-
versitat als Privatdocent zu habilitiren; indes der Ruin des elterlichen Ver-
mftgens zerstorte diese Aussichten flir die Zukunft, und so nahm er eine
Stelle als Erzieher in Kurland an. Bis 1847 lebte er als solcher im Hause
des Barons von der Recke auf Neuenburg und bis zum Sommer 1849 keim
Grafen Medem auf Altautz und Rempten. Darauf absolvirte er an der
Universitat Dorpat die Examina als Oberlehrer der deutschen und lateinischen
Sprache, (ibernahm* dann an Stelle eines erkrankten Freundes die Leitung
einer Knabenschule in Mitau und kehrte im Sommer 1850 nach Dorpat zu-
rilck, wo er sich ein Jahr lang ununterbrochen mit gelehrten Arbeiten be-
schaftigte. Die literarischen Frttchte dieses Aufenthaltes waren: »Historische
Studien. 1. Theil: Studien Uber deutsche Geschichte, Art und Kunst« (1851)
und »Die Statistik des ethischen Volkszustandes. Ein Beitrag zur Theorie der
Staatenkunde« (1851). Im Sommer des Jahres 1851 begab sich M. nach
St. Petersburg, und schon im Mai 1852 wurde er von der Akademie der
Wissenschaften zum Chefredacteur der »St. Petersburger deutschen Zeitung«
ernannt. » Wahrend er als solcher durch Jahrzehnte ehrlich und gewissen-
Meyer. Ziemietzky. 219
haft seine Pflicht gegen das neue Vaterland erfiillte und fttr dessen Wohl und
Gedeihen, fiir seine geistige und materielle Entwicklung wirkte, trug er die
Liebe fiir die alte Heimat, fiir seine Landsleute und Stammesgenossen un-
entwegt im Herzen, und wenn er es als seine erste Aufgabe betrachtete, Auf-
klarung und Gesittung, Recht und Licht in Russland zu verbreiten, so ftihlte
er sich doch in zweiter Linie als Vertreter des Deutschthums und der Deut-
schen in Russland; und wo Deutschland den Kampf aufnahm mit feindlichen
Gewalten (wie 1866 und 1870), da trat er mit der ganzen Kraft seiner Ueber-
zeugung fiir das alte Vaterland ein.« Der deutsche Wohlthatigkeitsverein,
ein Institut von colossaler Tragweite, verdankte ihm, dem langjahrigen Vice-
prasidenten, seine Reorganisation und hochste Bliithe. Im Jahre 1853 war
M. auch von der historisch-philosophischen Facultat der Petersburger Univer-
sitat zum Lector der deutschen Sprache und Literatur erwahlt worden — als
soldier wurde er spater zum Collegienrath ernannt — und 1858 hatte er auch
die Stelle eines Oberlehrers der deutschen Sprache an der Hauptschule zu
St. Petri iibernommen. Alle diese Aemter behielt er bis zum Jahre 1874, wo
ein andauerndes Nervenleiden ihn zwang, dieselben aufzugeben und zunachst
an die Wiederherstellung seiner Gesundheit zu denken. Er zog zunachst nach
Bonn, spater nach Heidelberg, habilitirte sich hier nach seiner volligen Ge-
nesung als Privatdocent fiir die germanistischen Wissenschaften (1880), wurde
drei Jahre spater zum ausserordentlichen Professor ernannt und 1896 durch
Verleihung des Titels eines Hofraths ausgezeichnet. Die schriftstellerische
Thatigkeit M.'s bot namentlich wahrend seines Aufenthalts in Petersburg eine
reiche Ausbeute. Aus dem Inhalt der von ihm geleiteten Zeitung lieferte er
in drei Jahrgahgen (1853 — 55) das »Magazin fiir die Kunde des geistigen
und sittlichen Lebens in Russland«, und aus dem Feuilleton derselben Zei-
tung »Belletristische Blatter aus Russland«. Im Auftrage des Petersburger
poetischen Vereins gab er die »Schneeflocken. Poetisches Jahrbuch« (II,
1857 — 58) heraus. An eigenen Arbeiten erschienen von ihm »Poetische
Schriften. 1. Theil: Blatter aus dem Gedenkbuche eines Bergmanns« (1854),
*Die Erbin von Glengary. SchauspieU (1866), wahrend eine Reihe von
Dramen (»l)er Feind vor Odessa«, 1854 — »Der Pate des Cardinals «,
1855 — »Ganz was Aparts«, 1856 — »Childerich«, 1869) nur als Manu-
script gedruckt sind. Aus der Heidelberger Zeit stammen noch »Russische
Erzahlungen in deutscher Uebersetzung« (1878), »Goethes Marchendichtungen«
(1879) unc * »Unter russischem Scepter. Erinnerungen eines deutschen Publi-
cisten* (1893).
Pers6nliche Mittheilungen. — Adolf Hinrichsen, das literarische Deutschland. 2. Auf 1.
Berlin 1891, S. 895 ff.
Franz Brlimmer.
Ziemietzky, Hellmuth von, General der Infanterie z. D., k la suite
des Grenadier-Regiments Konig Friedrich Wilhelm IV. (1. Pommersches) No. 2,
zuletzt Gouverneur von Coin, * 18. Juni 1824 zu Xanten, f 8. Juni 1899 auf
seinem Gute Niederstruse in Schlesien.
Er kam 1842 aus dem Cadetten-Corps in das 16. Infanterie-Regiment
und trat, nachdem er am Strassenkampf in Berlin theilgenommen hatte, 1848
zur Schlewig-Holsteinschen Armee liber. 1849 zuruckgekehrt, war er zeitweise
Adjutant der 3. mobilen Division, wahrend des Feldzuges in Baden i860
220 Ziemietzky. Speckbacher. Moser.
wurde er Major im Generalstabe und war wahrend der Kampfe in Bohmen
Generalstabsoffizier der 9. Division (Corps Steinmetz). Nach dem Kriege hatte
er die damals schwierige Stellung als Chef des Generalstabes des X. Armee-Corps
(Hannover) inne und machte den deutsch-franzosischen Feldzug als Commandeur
des Grenadier-Regiments Konig Friedrich Wilhelm IV. (1. Pommersches) No. 2
mit, wobei er wiederholt Gelegenheit zur Auszeichnung fand.
Spater Commandeur erst der 56., dann der 42. Infanterie-Brigade, der
31. und der 3. Division, wurde er 1882 Gouverneur von Coin und schied im
folgenden Jahre aus dem Dienste. Am ioojahrigen Gedenktage der Geburt
Kaiser Wilhelms des Grossen stellte ihn sein Kriegsherr, der ihn besonders schatzte,
k la suite des ausgezeichneten Regiments, das er einst im Feldzuge mit Ruhm
gefuhrt hatte.
v. Frobel.
Speckbacher, Caspar, Dichter, * am 3. Juni 181 9 in Ober-Miming im
Oberinnthal, f daselbst am 25. Septbr. 1899. — Seine Bildung erhielt Sp. in
Innsbruck, wo er die Volksschulen, das Gymnasium sammt den philosophischen
Cursen und drei Jahre lang die Universitat besuchte, an der er die Rechte
studirte. Ein viertes Studienjahr brachte er an der Hochschule zu Padua zu.
Nach ausgezeichnet bestandenen praktischen Prtifungen war er in Reutte,
Silz, Imst und Klausen im Justizdienste thatig und zwar als Staatsanwalts-
substitutionsleiter, als Bezirksvorsteher und Bezirksrichter in Imst. Seit 1850
erschien Sp. auch als Dichter mit Beitragen in verschiedenen Anthologien,
und tragen diese Arbeiten in Form, Ausdruck und Gedanken ein stark
poetisches Geprage an sich, so class man ihn schon damals allgemein den
»patriotischen Sanger von ImsU nannte. Im Jahre 1859 war er Landes-
defensions-Commissar und 1863 und 1865 Landtagsabgeordneter fur den
Bezirk Imst — Silz — Reutte. Im Jahre 1883 trat er mit dem Titel eines
kaiserlichen Raths in den Ruhestand und lebte er seitdem abwechselnd in
Imst oder in seinem schonen Heimathdorfe. Seine Musse benutzte er auch
zur Sammlung eines Theiles seiner Gedichte, die 1887 unter dem Titel
»Epitaphien« erschienen. Mit einem Btichlein »Spriichlein« war er schon 1859
an die Oeffentlichkeit getreten.
Arabros Mayr, Tiroler Diqhterbuch. Innsbruck 1 888, S. 226.
Franz Brtimmer.
Moser, Otto, Schriftsteller und Lokalchronist, * in Leipzig am i7.Novbr.
1 816, f daselbst am 1. Januar 1899. — M. hatte sich nach erlangter Schul-
bildung dem Baufache gewidmet und war schliesslich Pionieroffizier in Dresden
gewesen. Nach seinem Austritt aus dem Heere kehrte er nach Leipzig zu-
rlick und ergriff hier den journalistischen Beruf. Er war bis 1866 Redacteur
der Zeitschrift »FUr Nah und Fern« und lieferte fur dieselbe zahlreiche
novellistische Arbeiten. Ein Theil derselben erschien spater gesammelt als
»Lustige Geschichten« (1875) und »Soldatengeschichten« (1875). Spater
widmete sich Moser speciell der Erforschung und Darstellung der Lokal-
geschichte Leipzigs, und er gait auf diesem Gebiete mit Recht als Autoritat.
In fast sammtlichen Leipziger Blattern, besonders im »Leipziger Tageblatu
und den » Leipziger Neuesten Nachrichten« erschienen seine Notizen und
Moser, Schuler v. Sen den. Woenig. 221
lokalgeschichtlichen Erinnerungen, und im Verein ftir die Geschichte Leipzigs
zahlte er zu dessen eifrigsten Mitgliedern. Von seinen nach dieser Richtung
hin veroffentlichten Schriften sind zu erwahnen: »Chronik der Stadt Leipzig
und ihrer Umgebung« (1877) — »Chronik von Reudnitz« — »Ftihrer durch
das sachsische Erzgebirge und Vogtland* — »Durch das Unstrutthal und die
Goldene Aue« — »Durch das Muldethak — »Durch Leipzig und seine nahe
und weitere Umgebung«.
Das literarische Leipzig. Illustrirtes Handbuch. S. no. — Zeitungsnachrichten.
Franz Brtimmer.
Schuler v. Senden, Ernst Freiherr, Generalleutnant z. D., zuletzt Com-
mandeur der 12. Division, * 25. April 181 2 zu Breslau, -j- 16. Januar 1899
zu Dessau.
Mit dem im hohen Alter von 87 Jahren verstorbenen General v. S. ist
einer der letzten selbstandigen Truppenftlhrer aus dem deutsch-franzosischen
Kriege heimgegangen.
Er stammte aus einer a] ten, in den Annalen der preussischen Armee
vielfach in Ehren genannten Officierfamilie und kam aus dem Cadetten-Corps
1829 als Fahnrich zum 2. lnfanterie- Regiment. 1866 war er Commandeur
des 3. Rheinischen Infanterie-Regiments No. 29, fiihrte spater die combinirte
lnfanterie -Brigade des II. Reserve-Armee-Corps und wurde nach dem Kriege
Generalmajor und Commandeur der 17. lnfanterie -Brigade. Bei Ausbruch
des deutsch-franzosischen Krieges erhielt er das Commando der 3. Landwehr-
Division, die bald nach Metz herangezogen wurde und mit der er noch an
der Schlacht von Noisseville und dem Gefecht von Bellevue theilnehmen
konnte.
Weiter fiel ihm dann die selbstaiyiige Aufgabe zu, die Festung Mezferes
einzuschliessen, dann Pdronne zu belagern. Am 5. Januar 1871 nahm er mit
der 14. lnfanterie -Division, deren Commando ihm inzwischen tlbertragen
worden war, die Festung Rocroy. Dann marschirte er mit seiner Division
nach dem siidlichen Kriegsschauplatz und nahm mit ihr unter dem Ober-
befehl des Generals v. Manteuffel an den Kampfen gegen Bourbaki ehren-
vollsten Antheil.
Nach dem Friedensschlusse wurde er Commandeur der 11. Division und
trat 1872 in den Ruhestand, in dem es ihm vergonnt war, sich noch fast
27 Jahre lang eines gllicklichen Lebensabends zu erfreuen.
v. Frobel.
Woenig, Franz, Schriftsteller und Dichter, * am 28. Februar 185 1 in
Breitenhagen a. d. Elbe (Provinz Sachsen), f am 16. Februar 1899 in
Leipzig. — Er war der Sohn eines Schiffseigenthiimers und sollte nach des
Vaters Wunsch Seemann werden, wahrend andere Familienglieder ihn dem
geistlichen oder dem Beamtenstande zufuhren wollten. Alle diese Plane
warden jedoch in Folge eines jahrelangen Nervensiechthums des Knaben hin-
fallig, und erst im 15. Lebensjahre war seine Gesundheit so weit gekraftigt,
dass er an die Wahl eines Lebensberufs denken konnte. Er entschloss sich,
Lehrer zu werden, besuchte 1868 — 71 das Seminar in Barby bei Magdeburg
und wurde dann als Lehrer nach Aken a. d. Elbe gesandt. In seinen knapp
222 Woenig. Heuduck.
bemessenen Mussestunden beschaftigte er sich eifrig mit Literatur, Musik und
den Naturwissenschaften. Ostern 1874 ging er nach Leipzig, wo er neben
seiner Berufsthatigkeit als Lehrer an der Universitat Padagogik und Natur-
wissenschaften studirte, praktisch in mehreren Laboratorien arbeitete, eifrig
Vorlesungen liber Kunstgeschichte horte und als fleissiger Schtiler von Prof.
Dr. Georg Ebers den Grund zu seinem spateren Specialfache, der Aegyptologie,
legte. Nach dreijahrigem Studium trat er Ostern 1877 als Lehrer in den
Dienst der Stadt Leipzig, indem er eine Stelle an einer BUrgerschule fiber-
nahm; daneben unterrichtete er seit 1878 ausschliesslich als Lehrer der Natur-
wissenschaften an einer hoheren Privatmadchenschule, am Kindergartnerinnen-
Seminar und am Lyceum flir Damen, bis der Tod seiner Thatigkeit ein Ziel
setzte. — Als Schriftsteller hat sich W. besonders mit seinem botanisch-
culturhistorischen Werke »Die Pflanzen im alten Aegypten« (1886 2. Aufl.
1888) einen Namen gemacht, eine Arbeit, der von alien Aegyptologen und
Naturforschern uneingeschranktes Lob gespendet wurde. In derselben Richtung
bewegen sich seine kleineren Arbeiten »Pflanzenformen im Dienst der bildenden
Kiinste« (2. Aufl. 1881) und »Am Nil. Bilder aus der Culturgeschichte des
alten Aegyptens« (3 Bdchn. 1892 — 98). In den Jahren 1890 — 95 unternahm
W. wahrend der Sommermonate im Auftrage des ungarischen Ministeriums
botanische Studienreisen in die ungarische Tiefebene und legte die Frtichte
seiner Beobachtungen in folgenden Schriften nieder: »Eine Pusstenfahrt.
Bilder aus der ungarischen Tiefebene « (1892 2. Aufl. 1894), »Die ungarische
Steppenflora* (1892), »Hej, die Pussta. Bilder aus der ungarischen Tiefebene*
(1897) und » Ungarische Volkslieder ftir eine Singstimme mit Pianoforte-
begleitung« (1893). Auch als Dichter ist W. vielfach hervorgetreten, und
wenn er auch nicht zu den fuhrenden Geistern gezahlt werden kann, so ent-
behren seine Gedichte doch nicht der Formschonheit und tiefen Empflndung;
viele derselben sind darum auch von bekannten Componisten vertont worden.
An lyrischen Dichtungen liegen vor »Haiderosen« (187 1), »Vom Wegrande*
(1889); an epischen Dichtungen verofFentlichte er eine Reihe Kriegsdichtungen,
die den besten Schopfungen des poetischen Schlachtenmalers C. F. Scheren-
berg an die Seite gestellt werden konnen, »Das Weltgericht bei Sedan*
(1871), »Aus der Schlacht bei Villiers-Brie« (2. Aufl. 1886), »Der Todesritt
von Vionville« (2. Aufl. 1889), »Aus grosser Zeiu (Dichtungen zu lebenden
Bildern fur patriotische Feste, 1890), »Bei Buzancy* (2. Aufl. 1886), »Ein
«Reiterleben« (1892). Von anderen Publicationen seien hier noch genannt
»Diclytra. Ein Blumenmarchen flir die Frauenwelt« (1881), »Voglein im
Walde« (Novelle, 188 1) und einige Weinachtsfestspiele.
Persbnliche Mittheilungen. — Tetzner, Unsere Dichter in Wort und Bild. 5. Bd.
Leipzig 1895, S. 11. — C. Ziegler, Dichter im deutschen Schulhause. Bielefeld 1892,
S.358.
Franz Brtimmer.
Heuduck, Wilhelm von, General der Cavallerie z. D., h la suite des
Dragoner-Regiments Prinz Albrecht v. Preussen (Litthauisches) No. i. f zuletzt
Commandirender General des XV. Armee-Corps, * 5. April 182 1 zu Breslau,
f 20 November 1899 zu Baden-Baden.
H.'s Verdienste lagen hauptsachlich auf cavalleristischem Gebiete. 1838
kam er als Secondleutnant aus dem Cadetten-Corps zum damaligen 9. Hu-
saren-Regiment, nahm mit diesem am Feldzuge in Baden theil und wurde
Heuduck. Hohenhausen.
223
im Gefecht von Kuppenheim verwundet, war dann in wechselnden Stellungen
auch wahrend der Kriege gegen Danemark und Oesterreich thatig und in
letzterem eine Zeit lang Commandant von Brtinn.
1867 wurde er Commandeur des 1. Hessischen Husaren- Regiments
No. 13, das er im Feldzuge von 1870/71 mit grossem Erfolge ftihrte.
Seine ganze bisherige Laufbahn hatte seine besondere reiterliche Befahi-
gung erkennen lassen und so linden wir ihn als Generalmajor und General-
leutnant von 1876 bis 1884 in der wichtigen Stellung als Chef des Militar-
Reit-Instituts zu Hannover, zugleich aber vielfach verwendet bei der Ausbildung
grosserer Cavallerie-Massen. 1884 wurde er Commandeur der Cavallerie-
Division des XV. Armee-Corps und wohnte, ein genauer Kenner der fran-
zosischen Armee und Sprache, im Herbste den Uebungen des XVII. fran-
zosischen Armee-Corps bei. Im folgenden Jahre erbat sich Feldmarschall
Manteuffel, der Statthalter von Elsass-Lothringen, und zugleich commandi-
render General des XV. Armee-Corps war, den General v. H. als militarischen
Adlatus; nach Manteuffels Tode wurde er sein Nachfolger in der Ftihrung des
Corps, bis er Ende 1890 aus dem activen Dienste schied.
v. Frobel.
Hohenhausen, Elise Baronin von, Schriftstellerin, * in Eschwege am
7. Marz 181 2, f in Berlin am 31. Januar 1899. — Sie war die Tochter
jener bekannten Baronin Elise Philippine Amalie von H., geborenen von Ochs,
die sich als Dichterin und erste Uebersetzerin der poetischen Werke Walter
Scotts und Lord Byrons einst in der deutschen Literatur einen wohlgeachteten
Namen erworben hatte. Ihr Vater, Baron Leopold von H., stand bis 1813
als Prafect in Diensten des Konigs Jerome von Westfalen, und als er nach
Zusammenbruch der napoleonischen Herrschaft von seiner Regierung nicht
sogleich wieder in Dienst verwendet werden konnte, nahm seine Gattin hoch-
herzig die Sorge ftir die Familic auf sich, indem sie durch ihre Feder mit
fur die Unterhaltung derselben beitrug. Die Familie lebte nach 18 13 erst
in Cassel, dann in MUnster, (seit 181 7), wohin der Vater als preussischer
Regierungsrath versetzt worden war, und seit 1820 in Berlin. Das gesell-
schaftliche Geistesleben der Hauptstadt stand damals gerade in hochster Bllithe,
und es gelang der schonen und geistreichen Mutter bald, einen Elitekreis um
sich zu schaffen, dessen interessanteste Typen sich der jungen Elise, die trotz
ihres zarten Alters schon liberal! mit hingenommen wurde, unausloschlich ein-
pragten. Unter den bedeutsamen Personlichkeiten, die im Hohenhausenschen
Salon verkehrten, seien hier besonders Varnhagen von Ense mit seiner geist-
reichen Gattin Rahel Levin, Helmina von Chezy, Fouqud, Chamisso, Amalie
von Hellwig, der junge Heinrich Heine genannt, die sich alle Dienstage in
dem literarischen Cirkel der Eltern versammelten. Im Jahre 1824 kehrte die
Familie nach Minden zurttck, und hier bethatigte sich die junge Elise bald
literarisch als Mitarbeiterin an dem von ihrem Vater herausgegebenen
»Sonntagsblatt«, filr welches sie Novellen und Skizzen, Uebersetzungen aus
dem Englischen und Franzosischen schrieb. Mit 19 Jahren vermahlte sie sich
auf den Wunsch ihrer Eltern mit dem Oberregierungsrath Rtidiger in Minden,
der bald darauf nach MUnster versetzt ward, und hier verlebte die junge
Frau insofern die entscheidendste Epoche (1831 — 45), als sie die intimste
Freundin der Annette von Droste-Hlilshoff wurde, Deutschlands grttsster
224 Hohehausen. Paar.
Dichterin. Das Biindniss ist auch erst durch den Tod gelost worden. In
Minden, wohin der Gatte zuriickversetzt ward, nahm Elise ihre 1848 ver-
wittwete Mutter zu sich, und beide arbeiteten gemeinschaftlich fiir das
Cottasche Wochenblatt. Nach mehreren Jahren erfolgte die Uebersiedelung
der ganzen Familie nach Frankfurt a. 0. f und hier, in einer mehr vornehmen
und eleganten, als gerade geistig bewegten Gesellschaft lebend, ruhte die
schriftstellerische Th&tigkeit Elisens fast ganzlich. In Frankfurt verlor sie
auch ihre Mutter (1857) und ihren vortrefflichen Gatten, mit dem sie fast
30 Jahre in gliicklicher, wenn auch kinderloser Ehe verbunden war. Sie zog
nun mit ihrer Pflegetochter, dem einzigen Kinde ihrer friih verstorbenen
Schwester, nach Berlin, nahm ihren Geburtsnamen wieder an und trat bald
wieder in das geistige und literarische Leben der Hauptstadt ein. In ihrem
Salon verkehrten Gutzkow und die Grafin Luise von Stolberg, die Freundin
Friedrich Wilhelms IV., bis zu ihrem Tode, der ungluckliche Albert Lindner
war ein haufiger Gast, und Ernst von Wildenbruch las dort zuerst seine
Dramen vor. In besonders nahe Beziehungen trat sie zu den beiden
Dichterinnen von Olfers, Mutter und Tochter, und mit dem Prinzen Georg
von Preussen, dem unter dem Pseudonym Georg Conrad schreibenden dra-
matischen Dichter, verband sie eine wirkliche, durch Jahre dauernde Freund-
schaft. Im Jahre 1897 konnte sie in tadelloser Geistesfrische ihren 85. Ge-
burtstag feiern, an welchem es die distinguirte Gesellschaft Berlins nicht an
Ehrungen hat fehlen lassen. — Unter den Schriften Elisens nehmen ihre
»Bertihmte Liebespaare« (1870. Neue Folge 1876. Dritte Folge 1882. Vierte
Folge 1884) den ersten Rang ein. Ein Gegensttick dazu bilden die »Denk-
male der FreundschafU (1872), eine Sammlung von Essays, und ihr Buch
»Aus Goethes Herzensleben. Wahrheitsgetreue Darstellungen* (1884). Daran
schliessen sich >Der Roman des Lebens. Neue Novellen aus der hoheren
Gesellschaftswelt« (II, 1876), »Neue Novellen« (1890), »Romantische Bio-
graphien aus der Geschichte« (1878), »Drei Kaiserinnen. Biographische
Skizzen (1888) und einige treffliche Uebersetzungen von Longfellow und Young
im Versmass des Originals.
Personliche Mittheilungen. — Lina Morgenstern, Die Frauen des 19. Jahrhunderts,
2. Bd., S. 297. — Richard Wrede und Hans von Reinfels, Das geistige Berlin, 1. Bd.,
S. 198. — Rudolf Eckart, Der deutsche Adel in der Literatur. Berlin 1895, S. 73. —
Sophie Pataky, Lex ikon deutscher Frauen der Feder, Berlin 1898. 1. Bd., S. 370.
Franz Briimmer.
Paar, Mathilde, Schriftstellerin, * in Cassel am 6. April 1849, f in
Leipzig am 23. Juni 1899. — Sie war die Tochter des kurfurstlich hessischen
Regierungs-Probators Adolf P. und erhielt im Elternhause mit noch zwei
Geschwistern eine sorgfaltige Erziehung. Ihr poetisches Talent offenbarte
sich sehr frtlhe und suchte mit Vorliebe in der dramatischen Form Ausdruck,
noch ehe sie ein Theater kennen gelernt hatte. Der erste Besuch desselben,
verbunden mit dem Lesen der Dramen Schillers, tibte denn auch einen be-
strickenden Einfluss auf das junge Madchen aus. Aber mitten im Sturm und
Drang der neuen Empfindungen befiel die Dichterin ein Nervenleiden, das
sie zur Aufgabe ihres Planes, sich der Lehrthatigkeit zu widmen, nothigte,
und das erst durch einen Aufenthalt in Davos in der Schweiz (1876) gehoben
ward. Verschiedene Reisen durch Deutschland und die Schweiz, ein mehr-
Paar. Quaritsch. 225
jahriger Aufenthalt in Leipzig, der zum Studium an der Universitat benutzt
und besonders anregend durch den Verkehr im Hirzel'schen Hause wurde,
endlich der Genuss und das Studium des Kunstlebens in Berlin, wo sie ein
Jahr lang ihre erkrankte Schwester in der Hausfiihrung vertrat, hatten auf
ihre poetische Gestaltungskraft den nachhaltigsten Einfluss. Als sie dann
1879 wieder in das Elternhaus nach Cassel zurtickkehrte, begann sie hier
Unterricht in der Kunst- und Literaturgeschichte zu ertheilen, und diese
Lehrthatigkeit, die sie voll befriedigte, setzte sie auch fort, als sie 1886 ihren
Wohnsitz nach Leipzig verlegte. — Sie ist vorwiegend auf dramatischem Ge-
biet schriftstellerisch thatig gewesen und hat mit manchem ihrer Stiicke einen
schonen Blihnenerfolg gehabt. Zu nennen sind die — meist als Manuscript
gedruckten — Lustspiele: » Die Wahrheiu (1875), »r)er Champagnerpfropfen*
(1877), »Der Wagen kommU (.1878), »Chambre garnie« (1879), »Ein Roman «
(1879), *Der Brautkranz* (1879), *^* e wilde Rose« (1888) — die Schau-
spiele: »Hclene« (1882), »Verirrungen« (1886), »Desirde« (1886), »Isolina
Janson* (1890), »I)ie Geschwister« (1891). Ausserdem hat sie in den letzten
Jahren ihres Lebens fur das konigliche Theater in Cassel sammtliche Fest-
spiele gedichtet. Kurz vor ihrem Tode erschien noch eine Sammlung ihrer
»Gedichte« (1899).
Perstfnliche Mittheilungen. — Sophie Pataky, Lexikon dcutscher Frauen der Feder.
Berlin 1898. 2. Bd., S. 112.
Franz Brtimmer.
m
Quaritsch, Bernhard, ein weltbekannter Buchhandler und Antiquar,
23. April 181 9 in der kleinen preussischen Stadt Worbis (Prov. Sachsen),
f 18. December 1899 in London. Der junge Q. kam zu dem Buchhandler
Koenig in Nordhausen in die Lehre, wo er bittere Lehrjahre durchzumachen
hatte. Bald erkannte der Principal jedoch, dass er hier einen eigenartigen
erfindungsreichen Kopf vor sich hatte, der mehr konnte, als BUcherpackete
machen. Dam als, in den dreissiger Jahren, war das Bttcherauctionswesen
noch verhaltnissmassig neu und als Q. ftir seinen Lehrherrn seinen ersten
Auctionskatalog angefertigt hatte, war der Erfolg der Versteigerung glanzend.
Bei Bernhard Q. war aber Schmalhans Klichenmeister, trotzdem erlahmte er
nicht in dem Bestreben, sich fortzubilden und namentlich von zwei im Orte
ansassigen Englandem die englische Sprache zu erlernen, indem er den
Vikar of Wakefield mit ihnen las. Nach eincr weiteren Stellung in Berlin
siedelte der junge Buchhandler im Jahre 1842 nach London (iber, wo er
flir seine Ideen schnell den geeigneten Boden fand, indem er bei dem weit-
blickenden Antiquar Bohn eintrat, bei dem er eine noch festere Grundlage
fiir sein bibliographisches Wissen legte. Im Jahre 1847 machte sich Q.
selbststa.ndig und grlindete eine Antiquariatsbuchhandlung. Nach wenigen
Jahren hatte er die allgemeinste Aufmerksamkeit der Sammler und Forscher
auf sich gezogen, als es ihm gelang, bei der Auction der Bibliothek des
Bischofs von Kashel ein Exemplar der Mazarin-Bibel fiir 1 2 000 Mark zu er-
stehen, wozu damals besonderer Muth gehorte. Bald gait Q. auf dem
europaischen Blichermarkte als der beliebteste, aber auch geftirchtetste Kaufer
und Bieter. Seine wissenschaftliche Autoritat in der Bestimmung von Hand-
schriften, in der Unterscheidung alter, undatirter Ausgaben von Frtihdrucken
der Schwarzen Kunst war unbestritten. Es gab ftir ihn allmahlich bei wirk-
Bio jr. Jahrbuch a. Deutscher Nekrolog. A. Bd. 15
226 Quaritsch. Rtfseler.
lichen Seltenheiten keine Preise mehr, die er nicht den Muth gehabt hatte,
zu bezahlen. Bei der Parkins- Auction im Jahre 1873 erwarb er Btlcher und
Handschriften fiir 220000 Mark, in der bertthmten Didot-Versteigerung Selten-
heiten fur 232000 Mark, in der Sunderland-Auction fiir 660000 Mark u. s. w.
Auch ist er es gewesen, der den hochsten Preis fiir ein Buch bezahlte, der
je angelegt worden ist, 99000 Mark fiir das von Fust und Schoffer 1459
gedruckte Psalterium, das erste in Deutschland mit einer Jahreszahl er-
schienene Werk. Q. gab iiber sein Lager gegen 1000 Einzelcataloge heraus
sowie den »General Catalogne of old books and manuscripts* (6 Bde.,
1887/88 und 7. Bd. Index, 1892; Preis 12 Guineen, enthaltend 40000 Artikel).
Q. verfasste selbst » Paleography- Notes upon the history of writing and the
medieval art of illumination* (London, 1894).
Vgl. MQhlbrecht, BUcherliebbaberei in ihrer Entwicklg. bis zu Ende des 19. Jahrh.
2. Aufl. 1898 (auch mit Portrait).
W. Wolkenhauer.
RSseler, Friedrich Wilhelm, Schriftsteller und Dichter, * 14. Marz 1848
zu Neumiinster in Holstein, f 2i.Januar 1899 in Hamburg. Seine erste
Ausbildung erhielt er in einer Privatschule seiner Vaterstadt und besuchte
dann, nachdem er den Plan, Maler zu werden, infolge des Widerstandes
seiner Eltern aufgegeben hatte, von 1863 an das Realgymnasium in Rends-
burg. 1867 verliess er dasselbe und trat als Lehrling in die Herzbruchsche
Buchhandlung in Flensburg ein. Hier lernte er kurz vor Beendigung seiner
Lehrzeit Wilhelm Jensen kennen, der damals der Redaction der »Flenzburger
Norddeutschen Zeitung« angehorte. Auf Jensens Anregung hin beschloss R.
sich dem literarischen Berufe zu widmen. Michaelis 1870 ging er nach
Berlin, wo er sich zunachst mit literarhistorischen, geschichtlichen und philo-
sophischen Studien beschaftigte, um darauf mehrere Jahre hindurch in der
Reichshauptstadt eine reiche literarische Thatigkeit zu entfalten, die nur
durch grossere Reisen in Deutschland, Frankreich, Holland, Belgien und
Amerika unterbrochen wurde. 1877 kehrte er in seine Vaterstadt Neumiinster
zurtick und ridigirte hier bis zum August 1879 den »Holsteinischen Couriers
Bald siedelte er jedoch wieder nach Berlin iiber, wo er von 1881 — 86 als
Mitredacteur des ^Berliner Fremdenblattes« wirkte und seitdem als freier
Schriftsteller lebte. Obwohl R. den grossten Theil seines Lebens ausserhalb
Schleswig-Holsteins verbrachte, gehorte sein Interesse doch dauernd seiner
alten Heimat, was auch seine literarischen Arbeiten klar erkennen
lassen. Beachtenswerth sind in dieser Beziehung besonders die Dichtungen
»Nordische Eichen« (Berlin 1876), in denen der Verfasser es sich zum Ziel
setzte, »die ruhm- und sturm voile Vergangenheit seiner meerumschlungenen
Heimat in ihren Haupt-Momenten, vom Jahre 1145 — 1626, in grosserer Aus-
ftihrlichkeit und mit moglichst enger Anlehnung an die uns von den Chro-
nisten tiberkommenen Sagen und Historien in gebundener Rede vorzuflihren«,
eine Aufgabe, die er nach Form und Inhalt in gleich ansprechender Weise
gelost hat. Zahreiche literarhistorische und novellistische Beitrage erschienen
aus seiner Feder in »Westermanns Monatsheften« (1872), in der »Gegenwart«
(1873 und 1874) und einer ganzen Reihe von Tageszeitungen. Von seinen
grosseren Arbeiten seien noch folgende erwahnt: Matthias Claudius und sein
Humor. Berlin 1873; Dornroschen. Ein Liebeslied in zehn Gesangen. Gar-
Rttsdler. Kolb. CerrL 227
ding 1882; Graf Wolf Baudissin als Diplomat und Uebersetzer (Schleswig-
Holsteinische Jahrbticher, Redig. von W. Biernatzky, Bd. 2, 1885, S. 101 u.
197 ff.); Brockenteufel. Ein Harzlied. Berlin 1887; die Barberina ib. 1890.
Vgl. Alberti, Lexikon der Schleswig-Holstein-Lauenburgischen und Eutinischen Schrift-
steller von 1866—1882, Bd. 2, 1886, S. 182; BrUmmer, Lexikon der deutschen Dichter
und Prosaisten des neunzehnten Jahrhunderts, 4. Ausg. Bd. 3, S. 346; Itzehoer Nachrichten
v. 29. Januar 1899.
Joh. Sass.
Kolb, Georg, ein junger Afrikareisender und Theilnehmer an der sog.
Freiland- Expedition nach dem Tana, wurde am 18. September 1899 am
Rudolf-See in Ostafrika von einem Nashorn getodtet. Nach dem Misslingen
der Freiland -Expedition war K. in Ostafrika geblieben und versuchte im
Juli 1894 den Kenia zu besteigen. Anfang des 1895 kam er nach Mombasa
zuriick, versah sich mit wissenschaftlichen Instrumenten und begab sich zum
zweiten Male zu dem Berge. Er bestieg ihn von Osten her und kam bis
innerhalb des Kraterrandes ; die hochste Spitze konnte er jedoch nicht be-
zwingen. In »Petermanns Mittheilungen* 1896, S. 221 — 231, giebt K. liber
diese zwei Reisen einen kurzen Bericht nebst Karte. Nach seiner "Rtickkehr
erwarb sich K. 1897 mit einer Abhandlung »Beitrage zu einer geographischen
Pathologie Britisch-Ostafrikas« in Giessen die medicinische Doctorwiirde.
Das Ziel von Kolbs neuer Reise, auf der er den Tod gefunden, waren die
wildreichen, im (ibrigen aber noch wenig bekannten Gebiete im Osten des
Rudolf-Sees.
Vgl. Geographisches Jahrbuch, XXII. Bd.
W. Wolkenhauer.
Cerri, Cajetan, Dichter, * am 26. Marz 1826 in Bagnolo bei Brescia
in I tali en, f in Karlsbad am 27. Mai 1899. — Er war der Sohn des k. k.
Distriktcommissars in Cremona und kam mit 13 Jahren nach Wien, wo er im
damaligen Stadt- Convict Aufnahme fand. Die deutsche Sprache war ihm
damals vollstandig fremd; aber kaum hatte er einen kleinen Einblick in die
deutsche Literatur gewonnen, so trieb ihn der Ehrgeiz, Goethes »Werthers
Leiden* in der Originalsprache selbst lesen und dieses Werk mit Foscolos
stoff- und formverwandtem Buche »Le ultime lettere di Jacopo Ortis« ver-
gleichen zu kftnnen, zu einem andauernden Studium des deutschen Idioms
und zu einer Anwendung desselben in eigenen Gedichten an. Das erste der-
selben erschien im Winter 1845 in Bauerles »Theaterzeitung«. Das Jahr 1847
brachte C. in verschiedenen Stadten Oberitaliens zu, in Venedig, Padua,
Mailand und Cremona, und kam hier mit zahlreichen gelehrten M&nnern in
personliche Beriihrung. Zu Anfang des Jahres 1848 kehrte er nach Wien
zuriick, wo aber seine juridischen Studien durch die Zeitereignisse eine
Unterbrechung erfuhren. Nach grosseren Reisen trat er als tiberzahliger
Praktikant bei der Amtsverwaltung Schotten, spater als Candidat beim
Ministerium fiir Landescultur und Bergwesen ein und tibernahm zugleich die
Stelle eines Professors der italienischen Sprache und Literatur am Wiener
Conservatorium. Um diese Zeit entfaltete C. auch eine umfassende literarische
und journalistische Thatigkeit. Er redigirte 1850 — 51 und 1855 — 56 die in
15*
228 Cerri. Ehlcrt. Wisotzki.
Graz erscheinende Damenzeitung »Iris« und 1854 das Feuilleton des iCorriere
italiano«, gab 1848 seine »Politischen Liebeslieder«, 1850 die deutschen Lieder
eines Italieners »Gliihende Liebe«, wie auch verschiedene Uebersetzungen
aus dem Italienischen heraus und schrieb 1852 — 56 in der »Leipziger Theater-
Chronik« auf Laubes Anregung die » Wiener Briefe liber das Burgtheater*.
Um die Mitte der 50 er Jahre wurde C. Official beim Ministerium des Innern,
spater Hofsecretar im Ministerium des Aeussem und schliesslich Sectionsrath
in demselben. Im Jahre 1888 trat er in den Ruhestand und lebte seitdem
in Ober-Dobling bei Wien seinen literarischen Neigungen. Zunehmende
Kranklichkeit veranlasste ihn, nach Karlsbad tiberzusiedeln, und hier ist er
auch gestorben. Aus der zweiten Periode der poetischen Th&tigkeit C.'s
stammen seine Sammlungen »Inneres Leben« (i860); »Aus einsamer Stube«
(1864); »Gottlieb. Ein Stillleben« (1871) und »Sturm und Rosenblatt.
Dramatische Dichtung« (1872), die einen gewaltigen Fortschritt gegen die
friiheren Dichtungen bekunden. In seinem letzten Werke »Ein Glaubens-
bekenntniss. Zeitstrophen« (1872) halt er mit rlickhaltsloser OfFenheit im
dichterischen Zorne und in schwungvollen Versen der entarteten Zeit ein
trauriges Spiegelbild vor.
Wurzbach 's Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich ; II, 322. — Ludwig
Eisenberg, Das geistige Wien; I, 68.
Franz Brdmmer.
Ehlert, Dr. Reinhold, ein junger hofFnungsreicher Gelehrter auf dem
Gebiete der Erdbebenkunde, * am 16. Juni 1871 als einziger Sohn des
geschatzten Musikschriftstellers Louis Ehlert, f am 2. Januar 1899 bei
einer Schneeschuhfahrt auf dem Sustenpass. — E. widmete sich seit
1890 in Strassburg und Berlin und dann wieder in Strassburg geogra-
phischen, geodatischen und mathematischen Studien und nahm 1894 als
Schtiler Prof. G. Gerlands die durch den frtlhen Tod von Dr. E. v. Rebeur-
Paschwitz abgebrochenen seismologischen Beobachtungen mit dem Hori-
zontalpendel wieder auf, liber die er seine Doctorarbeit (1896) veroffent-
lichte. In einer folgenden Schrift »Das dreifache Horizontalpendel« legte
er die Vorztige dieses von ihm verbesserten Apparates dar und hatte den
schonen Erfolg, dasselbe mit den von ihm geschaffenen Verbesserungen als
Grundlage flir die geplanten internationalen Erdbebenbeobachtungen an-
genommen zu sehen. Seine letzte Arbeit: »Zusammenstellung, Erlauterung
und kritische Beurtheilung der wichtigsten Seismometer mit besonderer Beriick-
sichtigung ihrer praktischen VerwendbarkeiU wurde von der philosophischen
Facultat der Strassburger Universitat mit einem Preise gekront. Mit seinem
Freunde Dr. Gustav Monnichs wurde er ein Opfer des Alpensports; es wird
angenommen, dass beide junge Gelehrte im oberen Mai en th ale von einer
Lawine erfasst und verschlittet worden sind.
Vgl. Petermanns Geogr. Mittheilungen 1899 von G. Gerland.
W. Wolkenhauer.
Wisotzki, Otto Emil Samuel, Dr. phil., Professor und Oberlehrer am
Friedrich Wilhelms-Realgymnasium zu Stettin, * am 27. August 1855 2U Szillen
bei Tilsit, f am 14. September 1899 in Stettin. W. besuchte das Gymnasium
WisoUki. Birch -Hirschf eld.
229
zu Tilsit und studirte dann seit Ostern 1875 Rechts- und Staatswissenschaften
in Konigsberg. Doch schon im zweiten Studiensemester trat W. in die
philosophische Facultat liber und widmete sich nun dem Studium der neueren
Sprachen, der Geschichte und vorzugsweise der physikalischen Erdkunde und
deren Geschichte, Disciplinen, zu denen ihn der vorzugliche Unterricht des
sowohl durch kritische Begabung als formvollendeten Vortrag ausgezeichneten
Herrn Oberlehrer Dr. Fischer in Tilsit angeregt hatte. Unter seinen Univer-
sitatslehrern trat W. dem Historiker Maurenbrecher, besonders aber dem
Geographen Hermann Wagner naher; mit letzterem blieb er dann bis zu
seinem Tode in wissenschaftlicher Verbindung. Nachdem W, im November 1879
mit einer Arbeit tiber »Die Vertheilung von Wasser und Land an der Erd-
oberflache« promovirt, im Anfang des Jahres 1880 sein Examen pro fac. doc.
bestanden hatte, war er anderthalb Jahre wissenschaftlicher Hilfslehrer am
Gymnasium in Bartenstein, gentigte dann seiner Militarpflicht in Konigsberg
und kam dann am 1. October 1883 an das stadtische Real-Gymnasium in
Stettin. Eben 44 Jahre alt, haben ungltickliche Verhaltnisse den fleissigen
und tiichtigen Mann in einen freiwilligen Tod getrieben.
W. war ein sehr anregender und erfolgreicher Lehrer der Geschichte,
wusste die Jugend ftir sie und durch sie zu begeistern und erfiillte somit das
Ideal, das Gothe in der Beschaftigung mit der Geschichte fand, als er sagte,
dass das Beste, was wir von ihr gewinnen, die Begeisterung sei. Aber als
Gymnasiallehrer glaubte W. noch nicht seinen eigentlichen Beruf gefunden
zu haben, sein hochstes Ziel war eine Universitatsprofessur, die ihm gewiss
auch noch geblilht hatte, wenn er nicht so frlihzeitig aus dem Leben ge-
schieden ware.
W.'s Schriften gelten, wie bereits seine Dissertation, fasst ausschliesslich
der Geschichte und Methodik der Erdkunde, deren griindlicher Kenner er
war. Auf seine Dissertation folgten: »Die Classifikation der Meeresraume«
(Progr. des Stadt. Real-Gymn. zu Stettin 1883); »Zur Geschichte der geo-
graphischen Gesellschaften« (Jahresbericht des Vereins ftir Erdkunde zu
zu Stettin, 1885); »Zur Methodik Carl- Ritters* (Programm der Friedrich
Wilhelms-Schule zu Stettin, 1885); »Zur horizontalen Dimension bei C. Ritter«
(Jahresbericht des Vereins ftir Erdkunde* zu Stettin, 1887); »Hauptfluss und
Nebenfluss. Versuch einer begrifFlichen Nachbildung desselben« (Stettin 1889);
»Die Strfimungen in den Meeresstrassen. Ein Beitrag zur Geschichte der
Erdkunde*. (Im »Ausland« 1892; No. 29 — 36.) W.'s letzte und Hauptarbeit
ist sein verdienstvolles Werk »Zeitstromungen in der Geographie« (Leipzig 1897,
8° 467 S.), in dem er in neun einzelnen Abhandlungen werthvolle Beitrage
Hefert ftir die Geschichte der Erdkunde des sechszehnten bis neunzehnten
Jahrhuhderts in ihrem Zusammenhang mit der sonstigen geistigen und cul-
turellen Entwickelung dieses Zeitraumes.
Vgl. Geogr. Jahrbuch, XXII. Bd., 1899.
W. Wolkenhauer.
Birch-Hirschfeld, Felix Victor, Geheimer Medicinalrath , ordentlicher
Professor der allgemeinen Pathologie und pathologischen Anatomie an der
Universitat Leipzig, * 2. Mai 1842 in Kluvensieck bei Rendsburg, fig. November
1899 in Leipzig. Nach Beendigung seiner Studien in Leipzig bestand er
daselbst 1867 das medicinische Staatsexamen, promo virte zum Dr. med. und
2 -jo Birch-Hirschfeld.
war darauf zwei Jahre hindurch unter seinem Lehrer Ernst Leberecht Wagner
Assistent am pathologischen Institut. 1869 ubernahm er eine Assistenten-
stelle an den Irrenanstalten in Kolditz und Sonnenstein, wurde aber schon
1870 als Prosector an das Stadtkrankenhaus in Dresden berufen. Seit 1871
war er zugleich Lehrer der pathologischen Anatomie bei den Fortbildungs-
cursen fur Militararzte, seit 1875 Mitglied des s&chsischen Landesmedicinal-
collegiums und erhielt 1881 neben der Prosectur noch die Leitung der
Irrenabtheilung des Dresdener Krankenhauses. Am 1. April 1885 erfolgte
seine Berufung nach Leipzig, wo er der Nachfolger Cohnheims wurde. Seit
1 89 1 vertrat er die Universitat in der ersten Kammer,
»B.-H. trat zu einem Zeitpunkt in die wissenschaftliche Arbeit ein,
als auf dem durch Virchows Riesenarbeit geschaffenen Fundament der natur-
wissenschaftlichen Pathologie neue Anschauungen und Fortschritte sich auf-
bauten.« Sich ganz auf dieses Fundament stellend, wurde er einer der eif-
rigsten und fruchtbarsten Forderer der medicinischen Wissenschaft. Allen
seinen Arbeiten ist »eine ausserordentliche Objectivitat und Gemessenheit
des Urtheils bei scharfster Genauigkeit der Beobachtung und Strenge der
Schlussfolgerung eigen«. Glticklichste Verwerthung des reichen Beobachtungs-
materials, das ihm stets zu Gebote stand, ungewohnliche Beherrschung der
gesammten einschlagigen Literatur, Klarheit der Darstellung, Gedanken-
reichthum und geistige Durchdringung des Stoffes, alle diese Vorziige
treten in seinen BUchern Uberall zu Tage und sichern ihnen dauernde Be-
deutung. Sein »Lehrbuch der pathologischen Anatomie«, das bereits in
5. Auflage (Leipzig 1896/97) erschienen ist und auch im Ausland mit be-
sonderer Vorliebe benutzt wird, nimmt in der zeitgenossischen Handbuch-
Literatur dieses Faches unbestritten den ersten Platz ein. Gleicher Werth-
schatzung erfreut sich der »Grundriss der allgemeinen Pathologie* (Leipzig 1892).
Dazu kommen zahlreiche andere theils ftlr grossere Sammelwerke, theils fllr
Zeitschriften verfasste Arbeiten, unter denen diejenigen liber Infections-
krankheiten, besonders tiber die Tuberculose, sowie Untersuchungen iiber
Geschwlilste den breitesten Raum einnehmen. Ein eingehendes, 40 Nummern
umfassendes literarisches Verzeichniss der sammtlichen Schriften B.-H.'s giebt
Max Seiffert am Schluss seines Nekrologs in der ^Berliner Klinischen Wochen-
schrifu, Jg. 36, 1899, S. 1 135 — 36. Von seinem Beruf als akademischer
Lehrer hegte der Verstorbene die hdchste Auffassung und widmete sich ihm
mit ganzem Ernst und vollster Hingabe. In den Kreisen der Studirenden
und bei seinen -Assistenten war er beliebt wie kaum ein zweiter, durften sie
doch in ihm nicht nur den Professor, sondem stets auch den theilnehmenden
Freund voll herzlichsten Wohlwollens sehen. Das lebhafteste Interesse be-
kundete und bethatigte er auch ftlr die Hebung des arztlichen Standes, und
mit der arztlichen Standesorganisation in Sachsen bleibt sein Name rtihmlich
verknlipft. Er war eine vornehme, allem Schein abgeneigte Natur, eine
harmonische, in. sich geschlossene Personlichkeit, deren Einwirkung sich
niemand entziehen konnte, ein Charakter, dem das Vertrauen Aller gehorte.
Alles Grosse aber, was er im Dienste der leidenden Menschheit geleistet und
erreicht hat, es erhebt sich gewissermassen in eine noch hfihere Sphare,
weil er die Kraft dazu viele Jahre hindurch einem schwer leidenden Korper
abringen musste. Seit 1886 litt er an einem Lungenilbel, das er sich
infolge einer Infection am Seciertisch zugezogen hatte. Lange Zeit hindurch
gelang es ihm, mit eiserner Energie die Krankheit immer wieder nieder-
Birch-Hirscbfeld. Bergner. Conrau. 231
zuzwingen, bis sie schliesslich doch seinem reichen Leben ein viel zu friihes
Ziel setzte.
Vgl. noch: Deutsche Medicinische Wochenschrift, Jg. 25, 1899, S. 8038*.; Leipziger
Neueste Nachrichten v. 21. u. 24. Nov. 1899. Illustrirte Zeitung, 1899, No, 2944; Biogra-
phischcs Lexikon der hervorragenden Aerzte, hrsg. von A. Hirsch, Bd. I, 1884, S. 465;
Leopoldina. Organ der Leopoldino-Karolinischen Deutschen Akademie der Naturforscher.
Heft 35, No. 12 (Dec. 1899), S. 192.
Joh. Sass.
Bergner, Karl Heinrich Rudolf, Schriftsteller, * in Leipzig am 24. Septbr.
i860, f in Graz am 2. Septbr. 1899. — Er war der Sohn ernes Bankbeamten
und widmete sich nach Besuch des Gymnasiums fur einige Zeit dem Buch-
handel, merkte aber bald, dass dieser Beruf seinen Idealen nicht entsprach.
Schnell entschlossen gab er denselben wieder auf und wandte sich, nach-
dem er noch erst an der Leipziger und Wiener Universitat Vorlesungen ge-
hort hatte, literarischer Thatigkeit zu. Bestimmt durch ein reges Interesse ftir
fremde Volker und Naturschonheiten, unternahm er erst allein, nach seiner
Verheirathung (1884) mit seiner Gattin grossere Reisen durch Osteuropa,
besonders durch das Gebiet der Karpathen, und legte dann seine Beobach-
tungen theils in Reiseschilderungen, theils in novellistischen Arbeiten nieder,
wie »Eine Fahrt durchs Land der Rastelbinder« (1882) — »In der Marmaros.
Ungarische Culturbilder« (1885) — »Das Wachterhaus von Suliguli und
andere Karpathengeschichten* (1885) — »Rumanien. Eine Darstellung des
Landes und der Leute« (1887) — »Der Herr Executor Brandhuber. Komischer
Roman* (1891) — »Ein Bojar von ehedem. Novelle* (1889). — »Geheim-
nisse des Waldgebirges« (1889) — »Die Siebenbttrger Sachsen* (1890) —
»Constantinopel« (1891). Infolge seiner vielfachen Reisen wechselte er auch
haufig seinen Wohnsitz (Wien, Josefsthal bei Baden, Hermannstadt, Marienhof
bei Graz), bis er 1894 dauernd nach Graz Ubersiedelte. Hier bot sich ihm
ein anderes Feld rastloser Thatigkeit: er wurde ein Kampfer ftir den Schutz
der Thiere. Er setzte es durch, dass in Oesterreich Gesetze gegen den
Vogelmord erlassen wurden, und war unablassig bemUht, auch Italien endlich
zu Vogelschutzgesetzen zu bewegen. Er war President des Oesterreich.
Bundes der Vogelfreunde, Prasident des Vereins ftir Thierschutz und Thier-
zucht, Griinder der Zeitschrift »Illustrirter Thierfreund« (1895), die er bis zu
seinem Tode leitete; er sandte Wanderredner in die Dorfer und Stadte der
Steiermark und OberOsterreichs und scheute keine Opfer ftir die Forderung
seiner idealen Bestrebungen. Und doch war B. Verfolgungen hasslichster
Art ausgesetzt, die den sonst so tapferen Mann, der zu kampfen gewohnt war,
dem Wahnsinn nahe brachten. In einem Anfall von Geistesgestortheit, den
die furchtbare Erregung heraufbeschwor, beging er am 18. Juli 1899 e i nen
Selbstmordversuch, dem er nach mehreren Wochen schwerer Leiden erlag.
PersCnliche Mittheilungen. — Berliner Tageblatt vom 8. Septbr. 1899. — Ludwig
Eisenberg, das geistige Wiezi I, 31.
Franz Brtimmer.
Conrau, Gustav, ein Kaufmann, der sich um die Erforschung des west-
lichen Hinterland es von Kamerun verdient gemacht hat, * am 2. October
1865 im Forsthause Priemern bei Seehausen (Altmark), wurde Mitte December
232 Conrau. Borries. Plehn.
1899 im Rio del Rey-Gebiete ermordet. — C. ging im September 1890 als
Factorist der Hamburger Firma Jantzen & Thormahlen nach Kamerun, be-
gleitete 1891 Dr. Zintgraff auf seiner Reise nach Baliburg und unternahm
spater wiederholt selbstandige Reisen. Drei Routenkarten von ihm erschienen
1894, 1898 und 1899 in den Dankelmannschen »Mitt. aus den deutschen Schutz-
gebieten«. Ftir den »Globus« (1898, 74. Bd. und 1899, 75. Bd.) schrieb C.
zwei werthvolle ethnologische Abhandlungen, von denen die eine den Hiitten-
bau der Volker im nordlichen Kamerungebiete, die andere die Begrabniss-
gebrauche der am oberen Kalabar wohnenden Banyang schildert.
Vgl. Deutsche Colonialzeitung, 1900, No. 6, mit Portrait
W. Wolkenhauer.
Borries, Johann Karl August von, General der Infanterie z. D., zuletzt
Commandeur der 4. Division. * 15. November 181 6 zu Eisleben, f 7. Sep-
tember 1899 zu Homburg v. d. Hohe.
Der im Alter von 82 Jahren heimgegangene General gehorte noch zu
den Theilnehmern an den Kampfen in Schleswig-Holstein 1848 und in Baden
1849. Eingetreten 1833 bein 26. Infanterie-Regiment, hatte er in den langen
Friedenszeiten Gelegenheit, sich nicht nur durch Besuch der Allgemeinen
Kriegsschule (Kriegs-Akademie) wissenschaftliche, sondern auch durch langere
Commandos bei alien anderen Waffen ttichtige praktische Kenntnisse zu er-
werben. 1847 wurde er Lehrer an einer Divisionsschule, war dann im topo-
graphischen Bureau des grossen Generalstabes thatig- und wurde nach Beendi-
gung jenes Feldzuges vorubergehend als Generalstabsofficier zum Prinzen von
Preussen, dem nachmaligen Kaiser Wilhelm den Grossen commandirt.
Trotz ailed em war er 1850, nach i7Jahriger Dienstzeit, noch Second-
Leutnant! Dann freilich gestaltete sich seine dienstliche Lautbahn wesendich
giinstiger: 1858 war er schon Major im Generalstabe der 15. Division, 1864
Abtheilungschef im Grossen Generalstab. Im Jahre 1866 hatte er die sehr
schwierige Stellung als Chef des Generalstabes des I. Armee- Corps (Bonin),
des einzigen bekanntlich, das im bohmischen Feldzuge einen Misserfolg zu ver-
zeichnen hatte. Dass dem Obersten v. B. eine Mitschuld hieran nicht beige-
messen wurde, bewies seine weitere Verwendung als Commandeur des 3.
Pommerschen Infanterie-Regiments No. 14, spater der 13. Infanterie-Brigade.
Letztere, zum 4. Corps gehorende Brigade fiihrte er n&ch Frankreich, hatte aber
das Ungliick, schon im ersten Gefecht seiner Truppe bei Beaumont am 30.
August schwer verwundet zu werden, so dass er nicht weiter am Feldzuge
Theil zu nehmen vermochte. Seit 1874 Commandeur der 4. Division, erbat
er 1880 wegen vorgeschrittenen Alters den Abschied, konnte dann aber noch
lange Jahre an dem geistigen Leben der Armee regen Antheil nehmen und
widmete sich auch in hervortretender Weise humanen Bestrebungen aller Art.
v. Frobel.
Plehn, Rudolf, Forstassessor und Colonialbeamter, wurde am 24. November
1899 in dem Dorfe Bertua im Stiden des Kamerun-Schutzgebietes ermordet.
P., ein geborener Westpreusse, studirte in Eberswalde und Miinchen Forst-
wissenschaft und ging 1894 als Leiter der Station Misahohe bei Lome nach
Togo. Nach 2 l / t jahriger Thatigkeit kehrte er von hier zurtick, promovirte
Plehn. Boehn. Monnichs. Versmann. 233
mit ^Beitragen zur Volkerkunde des Togo-Gebiets« (Halle 1898) und ging
im Herbst 1898 nach Kamerun. Fur die »Mittheilungen aus den deutschen
Schutzgebieten* schrieb P. mehrere werth voile ethnologische Berichte.
Vgl. Deutsche Colonialzeitung No. 6, 1900 mit Portrait
W. Wolkenhauer.
Boehn, Octavio von, General der Infanterie z. D., k la suite des
Kaiser Franz Garde -Grenadier -Regiments No. 2, zuletzt commandirender
General des VI. (Schlesischen) Armee-Corps; * 29. Januar 1824 zu Klein
Silkow, Kreis Stolp in Pommern, f 30. Juli 1899 zu Berlin. Ein in Krieg
und Frieden hoch verdienter OfHcier. Eingetreten 1840 in das 9. (Colbergsche)
Infanterie-Regiment, kam er als Hauptmann 1858 in das Kaiser Franz Garde-
Grenadier-Regiment No. 2 und fiihrte als Major dessen I. Bataillon im Feld-
zuge von 1866. In dem Treffen bei Soor und Alt-Rognitz am 28. Juni kam
bekanntlich die 2. Garde-Infanterie-Division, zu welcher jenes Regiment gehSrte,
im Ganzen wenig ins Gefecht. Zwei Bataillone des Franz-Regimentes aber, auf
Rudersdorf rechts abgesetzi, stiessen dort auf die Brigade Grivicic des 10.
osterreichischen Corps und standen stundenlang allein mit ihr in schwerem,
verlustvollem, zuletzt aber siegreichem Kampfe. Major v. Boehn erhielt fur
diesen Tag den Orden pour le mdrite. 1870 war er Commandeur desselben
Regiments, wurde beim Sturm auf St. Privat am 18. August schwer verwundet
und tibernahm nach seiner Wiederherstellung noch wahrend der Belagerung
von Paris das Commando des 1. Garde-Regiments z. F. Nach dem Kriege
befehligte er die 2. Garde-Infanterie-Brigade, die 58. Infanterie-Brigade, dann
die 21. Division und wurde schliesslich 1886 an die Spitze des VI. Armee-
Corps berufen, das er 2 */ v Jahre fiihrte, bis ihn 1 889 zunehmende Kranklich-
keit zwang, seinen Abschied zu erbitten. Er hat sich namentlich urn die tac-
tische Ausbildung unserer Infanterie besondere Verdienste erworben.
v. Frobel.
Mttnnichs, Dr. Gustav, Assistent am meteorologischen Institut zu Mtinchen
und Leiter der »Illustr. aeronautischen Mittheilungen*, * am 26. Juni 1869
zu Cleve, verungliickte am 2. Januar 1899 am Sustenpass mit seinem Freunde
Dr. R. Ehlert (s. d.). Von Ostern 1888 ab studirte M. in Bonn und Strass-
burg und sollte die neue meteorologische Station auf der Zugspitze tiber-
nehmen.
Vgl. Cdlnische Zeitung 1899, No. 40 (vom 15. Januar),
W. Wolkenhauer.
Versmann, Johannes, Georg, Andreas, erster Biirgermeister und Pre-
sident des Senats der freien und Hansastadt Hamburg, * 7. December 1820
in Hamburg, f 28. Juli 1899, ein Mann, »dessen Name mit alien Ereignissen,
die seit Jahrzehnten Hamburg betroffen haben, mit seiner ausseren und inneren
Entwicklung aus einer stillen, ftir sich dahinlebenden Stadt mittleren Umfangs
zu der Weltstadt, in der ein ungeheurer Verkehr flutet, untrennbar verknUpft
ist.t V. besuchte die Gelehrtenschule des Johanneums in Hamburg, studirte
Jura und kehrte, nachdem er am 20. August 1844 in Heidelberg zutn Dr. jur.
234
Vcrsmann.
promovirt hatte, in seine Vaterstadt zurtick, wo er sich als Advokat nieder-
liess. Bald betheiligte er sich im Verein mit anderen hervorragenden Mannern
an den Bestrebungen, die auf eine Reform der Hamburgischen Verfassung
und des veralteten Verwaltungssystems hinzielten. Seine Thatigkeit auf diesem
Gebiete erlitt jedoch bald eine Unterbrechung durch seine Theilnahme am
schleswig-holsteinischen Feldzuge, den er als Freiwilliger in den Reihen des
Studentencorps mitmachte. In dem Gefecht bei Bau gerieth er in danische
Gefangenschaft. Nach Beendigung des Krieges nach Hamburg zuriickgekehrt,
nahm er seine politische Thatigkeit mit erneuten Kraften wieder auf und ver-
tiefte sich als Mitglied des Ausschusses ftlr die Reorganisation der Verwaltung
mit hingebendstem Eifer in seine Aufgabe. 1852 wurde er zum Vizeprases,
1858 zum Prases des neubegriindeten Handelsgerichts ernannt. Nachdem er
auch in diesen Stellungen seine hervorragende Ttichtigkeit glanzend bewahrt
hatte, wurde er am 16. December 1861 zum Senator gewahlt. Das Blirger-
meisteramt bekleidete er seit 1887 im Ganzen neunmal. Erst mit seiner
Wahl zum Senator war V. recht eigentlich an den Platz gelangt, auf dem er
sein grosses Verwaltungstalent voll entfalten und seine Reformideen zielbewusst
zur Verwirklichung bringen konnte. Untibersehbar ist die Reihe seiner Arbeiten
und Leistungen in den verschiedensten Verwaltungszweigen, ebenso die Anzahl
der Verfassungsanderungen, die er, sicheren Blickes liberall das Bessere er-
kennend, anbahnte und mit fester Hand durchftihrte. Die achtziger Jahre
brachten ftir Hamburg jenes hochbedeutsame Ereigniss, das als einer der
wichtigsten Marksteine seiner Entwicklung erscheint: die Einbeziehung in das
Zollgebiet. V. gehorte zu den wenigen leitenden Mannern, die von vorn
herein die Bedeutung dieses Schrittes klar erkannten. Im April 1880 wurde
er zum Bevollmachtigten Hamburgs im Bundesrath ernannt und seinem Wirken,
seinem Verdienst ist es in erster Linie zu danken, dass der Zollanschluss
unter den denkbar gtinstigsten Verhaltnissen vor sich ging und zu einem so
ungeahnten Aufschwung des Hamburgischen Handels gefUhrt hat. Ein zu-
sammenfassendes Urtheil liber das, was V. als Bevollmachtigter Hamburgs
beim Bundesrath geieistet hat, giebt H. von Poschinger in seinem Buche
»Fiirst Bismarck und der Bundesrath« (Bd. 4., S. 175) mit folgenden Worten:
»Er hat den ganzen durch die Bildung des Deutschen Reichs veranlassten
Umbildungsprocess seiner Vaterstadt und zwar stets an leitender Stelle durch-
gemacht, und das will viel sagen, denn auf kein deutsches Staatswesen hat
die Entwicklung seit 1866 so revolutionar gewirkt wie auf Hamburg; kein
Staatswesen hat so viele Rechte und Eigenthllmlichkeiten aufgeben miissen,
keines aber auch dafttr vom Reiche eine so grosse Morgengabe erhalten wie
Hamburg. Wenn man von der Hintiberleitung des alten, isolirte Interessen
verfolgenden Staatswesens Hamburgs in das moderne spricht, das die grossen
Interessen Deutschlands zu den seinigen gemacht hat, so w r ird man neben
dem Namen Bismarcks stets denjenigen Versmanns nennen. Und nichts
ist bezeichnender, als dass dieselben Staatsmanner, die seinerzeit am
Bundesrathstische die divergirenden Interessen mit der grossten Zahigkeit ver-
traten, heute die Gelegenheit ergreifen, um sich wie Freunde die Hand zu
reichen.«
Als Mensch war V. von schlichter Einfachheit, durchdrungen von der
Wahrheit und ihr nachlebend, dass man niemals Gutes genug thun konne
auf Erden. Tiefer Ernst und gewinnende Herzensfreundlichkeit einten sich in
seinem Wesen in schoner Harmonic Aufs Schmerzlichste betrauert von alien
Versmann. Goltermann. Muck.
235
seinen Mitbtirgern, die ihre Blicke stets mit vertrauensvollster Liebe und Hoch-
achtung auf ihn richteten, ist er heimgegangen. Die Worte, die er selbst
1887 in gemeinsamer Sitzung von Senat und Blirgerschaft, seinem vorstorbenen
Collegen, Btirgermeister Dr. Kirchenpauer, nachrief, sie passen auch voll und
ganz auf ihn:
»So lange wahres Verdienst urn das offentliche Wohl in unserer Mitte
hochgehalten wird und ein Anrecht giebt auf die dankbare Erinnerung der
Nachwelt, so lange wird sein Name unvergessen bleiben.«
Vgl. Kieler Zeitung, Abend- Ausgabe vom 3. Januar 1900 (Scales wig -Holsteinischer
Nckrolog 1899); Hamburgiscber Correspondent, Abend- Ausgabe vom 28. Juli (Bildnissl)
und 1. August 1899; Illustrirte Zeitung, No. 2927, 1899; Poscbinger a. a. O. S. 171 — 175.
Joh. Sass.
Goiter mann, Heinrich, Volksdichter, * in Bremen am 11. Mai 1823,
f daselbst im Juli 1899. — Er war der Sohn eines Conditors, besuchte die
Domschule in Bremen und kam nach dem Tode seines Vaters 1839 zu
einem Conditor in Hamburg in die Lehre. Hier hat er alle Schrecknisse des
grossen Hamburger Brandes (1842) mit erlebt, da auch sein Principal durch
das Feuer alles verlor. Nachdem G. noch in verschiedenen Conditoreien
ausserhalb Bremens th&tig gewesen war, wanderte er nach den Vereinigten
Staaten von Nordamerika aus, wo er sieben Jahre blieb. Beim Ausbruch des
Krieges zwischen den Nord- und SUdstaaten (186 1) kehrte er nach Bremen
zuruck; da ihm aber die Mittel zur Grundung einer Conditorei fehlten, so
wurde er Colporteur ftir Bremer Buchhandlungen. Spater versuchte er sich
als Volksdichter im Bremer Dialect, und da er freundliches Entgegenkommen
fand, so ist er in der Folge ungemein fruchtbar und erfolgreich gewesen.
Seine Schriften, welche alle den Nebentitel »Plattdeutsch in Poesie und Prosa*
tragen, sind » Bremer Heimathbilder« (1883), » Bremer Volks- und Sittenbilder«
(1885), »Vom Heimathland am Weserstrand« (1886), »Bremens Kaisertage«
(1887), »Bremens Volk und seine Heimath* (1887), »Vom Volke aus dem
Bremerlande« (1888), »Aus dem Volke an der Weser« (1889), » Bremer Volks-
erinnerungen« (1890)' »Bremer Land und Leute« (1892), »Bremer Volks-
geschichten« (1892), » Aus der Bremer Heimath« (1893), »Bremische Volks-
klange« (1894), ^>Aus Land und StadU (1895), »Bremer Gemtith und Volks-
humor« ^1896), »Vom Wege des Lebens in Wahrheit und Dichtung« (1897),
»Aus Volk und Land vom Weserstrand« (1898).
Franziscus Habnel. Die Breraiscben Dichter und Scbrifts teller der Gegenwart,
Bremen 1893, S. 55.
Franz Brtimmer.
Muck, Friedrich Ritter von, Kdniglich Bayrischer General der Infanterie
z. D., General-Adjutant Sr. Majestat des Konigs, & la suite des 1. Feldartillerie-
Regiments Prinz-Regent Luitpold, zuletzt Inspecteur des Artillerie und des
Trains, * 30. October 1824, f 22. Juli 1899 zu Mtinchen.
Aus einer Soldatenfamilie stammend, im Koniglich Bayrischen Cadetten-
Corps erzogen, trat Friedrich Muck 1842 als Junker in das 1. Feld-Artillerie-
Regiment ein, nahm im 3. Artillerie-Regiment am Feldzuge in der Patlz Theil
und fand im Gefecht von Speier Gelegenheit zur Auszeichnung. Den Krieg
von 1866 machte er al$ Artilleriecommandant der 3. Infanterie-Division, den
236 Muck. Kaupert.
von 1870/71 als Generalstabschef der 2. In fan terie-Di vision mit. Ausser dem
Eisernen Kreuz 2. und 1. Klasse erhielt er fiir sein Verhalten in dem nicht
siegreichen, aber flir die bayrischen Truppen trotzdem besonders ruhmvollen
Treffen von Coulmiers den Militair Max Josef-Orden und damit den per-
sonlichen Adel. Als General wechselte er zeitweise seine Waffe, indem er
mit dem Commando verschiedener Infanterie-Brigarden betraut wurde.
1880 erbielt er die Ehrenstellung als Commandant von Mtinchen, 1881 die
eines Koniglichen General -Adjutanten, 1883 wurde er Inspecteur der Ar-
tilleric und des Trains, und schied 1889 aus dem activen Dienste. Er war
ein besonders begabter Offizier, dessen Namen die Koniglich Bayrische
Armee in hohen Ehren halt.
v. Frobel.
Kaupert, Johann August, Geheimer Kriegsrath und ein hervorragender
Topograph, * am 9. Mai 1822 in Kassel, f am 11. Februar 1899 zu Berlin
im 77. Lebensjahre. — K. war der dritte Sohn des Goldschmiedes Christ.
Wilhelm Kaupert in Kassel. Noch nicht voile 19 Jahre alt, trat er im
April 1 84 1 bei der kurhessischen topographischen Landesvermessung ein.
Diese erfreute sich damals unter der Leitung des Oberst Wingrebe eines
wohlbegrtindeten Rufes. Die Leitung der Messtischaufnahmen insbesondere
lag dem Artilleriehauptmann Pfister, einem ausgezeichneten Landeskundigen,
ob. Unter diesen vortrefflichen Lehrmeistern entwickelte sich K.'s Talent.
Fiinfzehn Jahre wahrte die kurhessische Landesvermessung, an der K. sich
mit grossem Eifer und Erfolg betheiligte. Als der bekannte Kartograph
Hauptmann Emil von Sydow im Jahre i860 in den preussischen Generalstab
eintrat, veranlasste dieser, dass dessen Chef Moltke an K. den Antrag ge-
langen liess, in preussische Dienste ttberzutreten. Auf sein Abschiedsgesuch
erhielt K. aber statt des Abschieds die Ernennung zum technischen Vorstande
der allgemeinen Landesvermessung. So blieb er noch in Kassel, bis er dann
spater, nach der Einverleibung Kurhessens, im Jahre 1869 dauernd als Ver-
messungsdirigent der topographischen Abtheilung des Generalstabes nach
Berlin berufen ward. Im Kriege 1870/71 war der Verstorbene »als ein
stiller Gehilfe Moltkes* in der Kriegskartenabtheilung ausserordentlich thatig.
Bei der Neuorganisation der preussischen Landesaufnahme im Jahre 1875
wurde K. der kartographischen Abtheilung des Grossen Generalstabes tiber-
wiesen und erhielt die Redaction der »Karte des Konigreiches Preussen im
Massstab i:iooooo«, welche 1880 dann zur »Karte des Deutschen Reiches«
erweitert wurde. Die vortrefflichen Leistungen der preussischen Topographie
darf man als ein Hauptverdienst K.'s ansehen. Mit Ernst Curtius bereiste
K. auch wiederholt zu kartographischen Aufnahmen Griechenland ; der
klassische »Atlas von Athen« (1878, 12 Blatt), die »Karten von Attika«,
»01ympia und Umgebung* u. a. waren die Frtichte dieser Reisen. Die
Universitat Strassburg promovirte K. 1891 zum Ehrendoctor »wegen seiner
topographischen und kartographischen Leistungen fttr sein Vaterland, sowie
besonders fllr die kartographischen Grundlagen zur wissenschaftlichen Durch-
forschung des attischen Bo dens « und das archaologische Institut ernannte ihn
zu seinem Mitgliede.
Vgl. Deutsche Rundschau f. Geogr. u. Statistik, 14. Jahrg., 1892, mit Portrait.
W. Wolkenhauer.
L
Kirchhoff. Ltiwenstein. 237
Kirchhoff, The odor, deutsch-amerikanischer Schriftsteller, * 8. Januar
1828 in Uetersen (Schleswig), f 1899 in San Franzisco, absolvirte das Gym-
nasium in LUbeck und besuchte darauf die polytechnische Schule in Hannover;
bei Ausbruch des schleswig-holsteinischen Kampfes trat er als Freiwilliger in
die Armee und nahm als Leutnant an alien Hauptgefechten theil. Nach
Beendigung des Krieges wanderte K. nach den Vereinigten Staaten von Nord-
amerika aus, unternahm hier zahlreiche Reisen und lebte an verschiedenen
Orten, bis er sich 1869 als Mitinhaber eines Juwelengeschafts in San Franzisco
niederliess. K. war vielfach literarisch thatig; er schrieb ftir eine Reihe
deutscher Zeitschriften und veroffentlichte an selbststandigen Biichern: »Reise-
bilder und Skizzen aus Amerika« (2 Bde., 1875/76); »Kalifornische Cultur-
bilder« (K ass el, 1886) und eine »Reise nach Hawaii« (Altona, 1890). Fur
das Deutschthum in der neuen Welt hat sich K. ein anzuerkennendes Ver-
dienst erworben.
Vgl. Geographisches Jahrbuch, XXII. Band.
W, Wolkenhauer.
LOwenstein, Fiirstin Sophie zu, * am ix. Juli 1837 als Prinzessin
von und zu Liechtenstein, f 25. September 1899 au ^ Schloss Fisch-
horn im Pinzgau (Salzburg). Sie vermahlte sich am 4. Mai 1863 mit
Ftirst Carl zu Lowenstein-Wertheim- Rosenberg, dem Haupte der katho-
lischen Linie dieses alten reichsunmittelbaren — 1803 mediatisirten —
Ftirstenhauses, in zweiter Ehe und ftihrte mit ihm eine tiberaus gltlckliche
Ehe, der sieben Kinder entsprossen. W&hrend ihr Gatte, entsprechend den
Traditionen der Familie und der nahverwandten Geschlechter Liechtenstein,
Braganza, Parma, Schwarzenberg, Windischgratz u. s. w., im Zusammenhange
des strengkatholischen Deutschlands nach kirchlicher, socialer und politischer
Hinsicht eine luhrende Rolle spielte, zeichnete sich Fiirstin Sophie aus als
ein Muster christlicher Frommigkeit und zwar besonders im Dienste der von
katholischer Seite ins Leben gerufenen Charitas-Bestrebungen aufopfernd und
unermtidlich thatig. Mit an der Spitze der verschiedenartigen Wohlthatigkeits-
und FUrsorgeunternehmungen, die der katholische Charitasverband, schon vor
seiner Centralorganisation in Freiburg i. Br., begrtindet hatte, und ausserdem
privat wie auch im Stillen und ungenannt unermesslich Gutes stiftend, stand
sie dem Gemahl, den die Verwandtschaft auch in die spanisch-carlistische
Bewegung hineinriss, treulich zur Seite, als er zur »Culturkampf«-Zeit Bischofen
und niederen Geistlichen eine Zuflucht bot und unter die Arme griff. Von
der tiblichen Residenz des ftirstlichen Paares, dem schon im Park zu Kleinheubach
am Mittelmain (Unterfranken) versteckten Schltisschen, aus gingen die zahllosen
und grossen Wohlthaten, die tiberaus reichen Gaben ftir religiose Zwecke und
Linderung der Armuth weit ttber die engere und weitere Gemarkung hinaus,
und der Dank Tausender begleitete ihre segensreiche Wirksamkeit in das
Grab (fiirstliche Gruft auf dem Engelberge bei Grossheubach). Selbst ein
Vorbild christlich -katholischer Lebensflihrung, empfand sie lebhafteste Genug-
thuung, dass ihre alteren Tochter Franciska und. Agnes den Nonnen-Schleier
nahmen und der Erbprinz Aloys 1899 zu Neisse ins Presidium der deutschen
Katholiken-Generalversammlung — deren standiger Commissar bis dahin ihr
Gatte Flirst Carl gewesen — kurz vor ihrem Tode gew&hlt wurde.
Vgl. Beobachter am Main (Aschaffenburg) 1899, No. 263, 265, 266.
Ludwig Frankel.
238 Mayr. Koberstein. Wissmann.
Mayr, Emil, Kartograph, * am 18. September 1843 zu MQnchen, f am
3. December 1899 zu Berlin, erst 56 Jahre alt. Der Verstorbene hat an
einer Reihe bekannter kartographischer Werke mitgearbeitet, z. B. an seines
Onkels Mayr's Alpenatlas, Spruner-Mankes historischem Atlas, an Guido Coras
Kosmos, an Andrees Handatlas und Meyers Conversations -Lexicon. Seit
August 1888 hatte M. als Diligent im Reichsmarineamte zu Berlin die Re-
daction und technische Leitung der Herstellung sammtlicher deutscher
Admiralitatskarten in Zeichnung, Druck und Stich zu fiihren.
Vgl. Globus, 77. Bd M 1899.
W. Wolkenhauer.
Koberstein, Karl (Jakob Wilh. Ferd.), Schauspieler und Dramatiker, * am
15-Februar 1836 in Schulpforta als Sohn des als Literarhistoriker beriihmten
dortigen Professors August K. (fi87o), f am 15. September 1899 nach langerem
schweren Leiden zu Wilmersdorf bei Berlin. Er absolvirte 1856 die Gymnasial-
studien an der alten Landesschule und machte vom 1. October an im Stettiner
Stadttheater, anfangs zugleich als Soldat, mit Einverstandniss seines Vaters
die ersten theatraliscben Versuche. Unter des kunstsinnigen Directors Julius
Hein Leitung schritt er bis zur Uebernahme sammtlicher jugendlichen Helden
und Liebhaber fort, die er wahrend seiner beiden letzten dortigen Jahre spielte.
i860, bei Aufldsung von Hein's Btihnenverband, folgte K. Ed. Devrients
Ruf an das Hoftheater zu Karlsruhe, wo er eine Tochter des bekannten
Historienmalers und Landschafters K. Fr. Lessing heirathete, die ihn in alien
spateren schweren Leidenstagen HebeVoll pflegen sollte, und er zum dramatischen
Schaffen angeregt wurde. Vom 1. Juli 1862 bis zum Uebertritte in den Ruhestand,
1883, gehOrte er dem Hoftheater zu Dresden an. Seitdem lebte er in dessen
schonen Vororten ganz literarischer Beschaftigung und, auch zu dieser durch
schwere kfirperliche Lahmung unfahig geworden, Ubersiedelte er 1892 nach
Berlin. Hatte K. in dem mit ehrlicher Begeisterung ergriffenen Schauspieler-
berufe nie voile Befriedigung gefunden, so ward ihm diese — wie der Nekrolog
in der Berliner »Vossischen Zeitung« bemerkte — in um so hoherem Masse
in seiner literarischen Thatigkeit. An gedruckten bQhnenkundigen Dramen
sind die beiden Trauerspiele »Florian Geyer« (1863) unc * »K6nig Erich XIV. «
(1869), sodann das historische Lustspiel »Was Gott zusammen geftigt, das soil
der Mensch nicht scheidenU (oder »Um Nancy«, 1872), das liber eine langere
Reihe Buhnen mit Erfolg ging, zu nennen. Die werthvollsten seiner verstreuten
geschichtlichen und literarhistorischen Aufsatze sammelte sein »Preussisches
Bilderbuch« (1887).
Brilmmer, Lcxikon deutscher Dichter und Pros, des 19. Jahrhunderts * II 311;
Kttrschner, Deutscher Literaturkalender XXI, II, 71 1: Lebensabriss in der »Vossischen
Zeitung« (s. o.) s. v. »Literatur, Kunst und Wissenschaft« , auch anderwarts in Tages-
blattern (Frankfurter Zcitung, Allgemeine Zeitung [1899, No, 263, Abendblatt, Feuilleton.]
u. a.) Nachrufe. Zur Beurteilung: R. Proiss, Gesch. d. mod. Dram. III2, 350; A. Klaar,
Das moderne Drama, S. 274; Meyers Dschs. Jhrbch. I 372 u. II 257.
Ludwig Frankel.
Wissmann, Eduard, Dichter, Jurist und Parlamentarier, • am 27. Septbr.
1824 zu Gemunden auf dem Westerwalde, f am 29. August 1899. — Er
war der Sohn eines evangelischen Pfarrers, genoss bei diesem den ersten
Wissmann. Schroeder. 239
Unterricht, kam dann auf das vormalige Padagogium in Hadamar und be-
suchte zuletzt das Gymnasium in Weilberg. Hier beth&tigte er sich bereits
als Dichter, indem er unter dem Namen »Erwin Wester« mehrere Gedichte
und eine Spinnstubengeschichte flir den von Dingelstedt gegriindeten , damals
von Fr # Oetker redigirten »Casseler Salon « schrieb. An den Universitaten
Heidelberg und Berlin widmete er sich dem Studium der Rechts- und Staats-
wissenschaften, wurde 1848 Amtsaccessist in Runkel a. d. Lahn, war in
gleicher Eigenschaft 1849 — 1 ^5^ an dem nassauischen Amte Wied-Selters
thatig, kam dann als Accessist an das Hof- und Appellationsgericht in Dillen-
burg, wo er auch zugleich als Substitut des Staatsprocurators fungirte, und
wurde 1861 Amtsassessor in Hochst a. Main. Spater wirkte er in gleicher
Eigenschaft auch in Hadamar, und 1867, nach Einverleibung Nassaus in
Preussen, erhielt er seine Berufung als Kreisgerichtsrath nach Wiesbaden, wo
er 1879 b e * der preussischen Justizreorganisation zum Landgerichtsrath be-
fordert ward. In dieser Stellung verblieb er bis zu seinem Uebertritt in den
Ruhestand am 1. Juli 1894. Daneben war er zugleich Mitglied des land-
wirthschaftlichen Spruchcollegiums ftlr den Regierungsbezirk Wiesbaden,
Director des Gewerbevereins flir Nassau und in den Jahren 1873—79 und
1882 — 92 Mitglied des Preussischen Abgeordnetenhauses, als welches er zur
deutsch-freisinnigen Partei gehorte. Seiner Neigung zu literarischer Thatigkeit
ist er durch sein ganzes Leben gefolgt. Eine Anzahl Novellen, darunter zwei
Preisnovellen, erschien in Zeitschriften zerstreut, eine Sammlung seiner »Ge-
dichte« schon 1854, von denen er dann eine neue Ausgabe unter dem Titel
>Bunte Blatter* (1894) veranstaltete, ferner ein Weihnachtsmarchen »Zur Be-
scherung* (1875) unc * die lyrisch-dramatische Dichtung »Ingo« (1884),
Persttnliche Mittheilungen.
Franz Brtimmer.
Schroeder, Gustav, General-Major z. D., zuletzt Abtheilungschef im In-
genieur-Comit<§, * 15. October 1818 zu Glogau, f 6. October 1899 zu Berlin.
S. hat sich als Schriftsteller wie als Lehrer in der Armee besondere
Verdienste erworben. Seine militarische Laufbahn hat er durchweg im In-
genieur- und Pionier-Corps zuriickgelegt, in das er i7J&hrig bei der damaligen
6. Pionier-Abtheilung eintrat. Seine besonderen Fahigkeiten wurden bald
crkannt und so finden wir ihn schon 1853 als Lehrer des Wasserbaufaches
bei der Vereinigten Artillerie und Ingenieurschule. Seine letzte militarische
Dienststellung, in der er ebenfalls reiche Gelegenheit hatte, seine Wissen-
schaft zur Geltung zu bringen, erreichte er 1873, trat im folgenden Jahre in
den Ruhestand, gehorte dann aber noch 23 Jahre lang dem Lehrer-Collegium
der Vereinigten Artillerie- und Ingenieurschule an.
Am bekanntesten ist S. in seiner Eigenschaft als langj&hriger Redacteur
des vortrefflichen, leider 1897 eingegangenen »Archiv flir Artillerie- und
Ingenieur-Officiere« geworden. Er brachte fur diese Thatigkeit nicht nur
ausgebreitetes Wissen, sondern auch hervorragendes redactionelles Geschick mit
und verstand es, die Zeitschrift in gewissem Sinne zu einem geistigen Mittel-
punkt flir diejenigen Kreise zu machen, an die sie sich zunachst wendete.
Daneben entfaltete er auch eine ziemlich umfangreiche eigene schrift-
stellerische Thatigkeit. Von gr&sseren Schriften, sammtlich Berlin bei
E. S. Mit tier & Sohn, Kgl. Hofbuchhandlung, erschienen, seien angeflihrt:
»Das verschanzte Lager von Plewna und der russisch-rumanische Angrifif des-
240
Schroeder. Silberstein. Zimmermann.
selben vom 19. Juni bis 10. December 1877* 1878. »Der Kampf urn Wien
1683. Sein Verlauf und seine Bedeutung fur die Geschichte des Festungs-
krieges« 1883. »Rimpler; eine historisch-kritische Studie« 1884 (Beiheft zum
M. W.B1.) »Schumann und die Panzer-Fortifikation.« 1890.
v. Frobel.
Silberstein, Adolf, philosophischer und publicistischer Schriftsteller, * in
Pest am 1. Juli 1845, f daselbst am 12. Januar 1899. — Nach Absolvierung
seiner Gymnasialstudien besuchte er nach einander die Universitaten Berlin,
wo er unter Weber Sanskrit, unter Steinthal vergleichende Sprachforschung
und unter Trendelenburg den Aristoteles studierte, dann Heidelberg, wo er
sich unter Bluntschli, Mittermayer u. a. historischen, nationalGkonomischen,
staats- und rechtswissenschaftlichen Studien widmete, und Leipzig, wo er sich
1866 die Wtirde eines Dr. phil. erwarb. Eine ihm angebotene Docentur an
der Leipziger Universitat lehnte er ab, da es ihn unwiderstehlich zur Presse
hinzog. Zunachst in Leipzig unter dem Einflusse Gottschalls und Laubes
thatig, kehrte er 1870 in die Heimat zuriick, wo er sich als politischer Re-
dacteur, als freisinniger Feuilletonist und schneidiger Kritiker bethatigte.
Lange Jahre, bis zu seinem Tode, war er der Theater- und Kunstkritiker des
»Pester Lloyd« und genoss sowohl in Oesterreich-Ungarn als auch in Deutsch-
land seiner Taiente wegen Ansehen. Von seinen selbstandigen Schriften
haben die »Philosophischen Briefe an eine Frau« (1873), »Die Dichtkunst
des Aristoteles* (1876), »Die Bibel derNatur« (4. Aufl. 1880), die »Strategie
der Liebe« (3. Aufl. 1891) und sein vierbandiges Werk »Im Strome der
Zeit« (1894) Aufsehen erregt; ein Roman »Ein Pester Don Juan* erschien 1878
in ungarischer und deutscher Sprache. Ausserdem libersetzte er Manches
von J6kai, Miktizdth, Bartok und Helene von Beniczky.
Adolf Hinrichsen, Das literarische Deutschland. 2. Aufl. Berlin 1891, S. 1238.
Franz Brtimmer.
Zimmermann, Karl von, Oberstleutnant k la suite des 1. Grossherzog-
lich Hessischen Dragoner- Regiments (Garde-Dragoner-Regiments) No. 23,
zugetheilt dem grossen Generalstabe, * 20. Februar 1847, f 26. August 1899
zu Darmstadt, ein als Lehrer, als Schriftsteller und namentlich auch als Kenner
und Leiter des Kriegsspiels in der Armee besonders geschatzter Officier.
Er trat 1863 in das Regiment ein, dem er bis zu seinem Tode angehoren sollte,
machte die Feldztige von 1866 und 1870/71 in demselben mit Auszeichnung mit
und wurde bei Gravelotte verwundet. 1877 wurde er Kriegsschullehrer, zuerst in
Hannover, dann in Metz, 1884 dem Nebenetat des grossen Generalstabes ttber-
wiesen, war von 1887 ^ s i894Eisenbahn-Linien-Commissar in Karlsruhe und kam
dann zum grossen Generalstabe zuriick, wo er nun eine reiche Thatigkeit als Lehrer
an der Kriegs-Akademie, als Mitglied der Ober-Militar-Examinationscommission
und der Studien-Commission flir die Kriegsschulen entfaltete.
Er schrieb: »Geschichte des 1. Hessischen Dragoner-Regiments (Garde-
Dragoner-Regiments) No. 23 «, Darmstadt, Bergstrasser, 1878. »Der Antheil
der Grossherzoglich Hessischen Armee -Division am Kriege 1866. « 1897.
(Kriegsgeschichtliche Einzelschriften IV. Band Heft 22/23.) »Winke und Rath-
schlage fllr die Leitung des Regiments -Kriegsspiels* Berlin 1898. E. S.
Mittler & Sohn, Konigl. Hofbuchhandlung.
v. Frobel.
Reuter.
241
Reuter, Paul Julius Freiherr v., der Schopfer des R.'schen Bureaus,
* 21. Juli 1821 (nach anderen 1816) zu Cassel, f 25. Februar 1899 zu Nizza.
Dreizehnjahrig, trat er in der Geburtsstadt ins Geschaft eines Onkels, in ein
Bankgeschaft in Gottingen, 1847 * n e i ne Buchhandlung zu Berlin. Er be-
schaftigte sich friih mit elektrischen Experimenten und sah rasch die culturelle
Bedeutung des Telegraphen ein, dessen Kenntniss ihm sein Verkehr mit dem
grossen Mathematiker Gauss brachte. Das nothige Capital scheint R. durch
die Heirath mit Ida, Tochter von S. M. Magnus in Berlin, erlangt zu haben
(1845). Als 1849, da R- e ben in Paris eine lithographirte Nachrichten-
Correspondenz begriindet hatte, die erste Berliner Drahtleitung bis Aachen
zu arbeiten begann, richtete er, um die Pariser und Londoner Neuigkeiten
sofort zu erhalten, eine Brieftaubenpost bis Brtissel von Aachen aus ein,
in letzterer Stadt selbst aber ein Nachrichtenbureau, um den Zwecken des
Transitgeschafts, des Bankverkehrs und der Zeitungen unter die Arme zu
greifen. »Da tiberall Anschltisse geschaffen werden mussten, war die
damalige Organisation ein verzwicktes Ding. An den Zwischenstationen
warteten Couriere auf die Depeschen, Extraposten nahmen die Meldungen
entgegen und brachten sie nach den entferntesten Gegenden. So entstand
die gewaltige Organisation, deren Zweige heute tiber die ganze Erde sich
erstrecken.« Mit der Ausdehnung der Telegraphenlinien verlegte R. den
Sitz seines Telegraphen-Bureaus nach Verviers, dann nach Quitfvrain, nach
der Anlage des Canal-Cabels von Calais nach Dover, nach London, 185 1,
dessen centrale Wichtigkeit als Welthandelsplatz flir seine Absichten ihm
einleuchtete. Nach erfolglosen Anerbietungen an die dortigen Redac-
tionen — Telegramm-Ueberraschungen hielt man damals meist fiir Schwindel
und scheute auch den gleichen Wortlaut mit Concurrenzjoumalen — ent-
schloss sich R., ihnen einen Monat die einlaufenden Depeschen gratis zu
liefern. Da sich eine Zeitung nach der andern von der Richtigkeit der
tibermittelten Vorfalle iiberzeugte, traten sie allmahlich fast siimmtlich in ein
festes Verhaltniss zu ihm, und als seit 1858 die meisten Londoner Morgen-
blatter seine Nachttelegramme vom Continente ohne Controlle einrtickten,
war R.'s politischer Einfluss besiegelt. Er dehnte nun seine Verbindungen
nach alien Richtungen aus, errichtete in aller Herren Lander Filialen, schuf
eigene Drahtlinien und Courierdienste, schickte auch, so schon 1859 nach
Oberitalien (Napoleon III. war mit zuerst fiir sein Unternehmen gewonnen),
auch mit fiir die »Times«, Specialberichterstatter auf Kriegsschauplatze.
1865 (in demselben Jahre wie Wolffs 1859 gegrundete »Telegraphen-Agentur«
in Berlin) wurde das Institut in eine Actiengesellschaft, »Reuter's Telegram
Company (R. T. C.)«, umgewandelt, an deren Spitze jetzt R.'s Sohn Herbert
steht; sie versorgt in Grossbritannien , Irland und den englischen Colonien
die gesammte Presse und Privatpersonen mit den Welt-Neuigkeiten, hingegen
den Continent durch die »A)lgemeine Correspondenz« mit Nachrichten aus
dem Britischcn Reiche. Wahrend des nordamerikanischen Btirgerkriegs
unterhielt R. eine eigene Telegraphenlinie zwischen Cork und Crookhaven.
Die preussische Regierung bestatigte R. nachtraglich die 1865 von der
hannoverschen ertheilte Genehmigung eines Cabels von England nach der
Kiiste Hannovers und nahm selbst die Weiterfiihrung dieser Linie bis zur
russischen Grenze auf sich. Wie Reuters Bureau 1869 das erste unterseeische
Cabel zwischen Frankreich und Nordamerika legte, so erganzte er in Ost-
indien und China telegraphische Llicken, fiihrte z. B. auch einen Courierdienst
Biogr. Jahrbuch u. Dcutschcr Xckrolog. 4. Hd. x6
242 Reuter. Amberg.
von Peking nach der Handelscentrale Kiachta, dem Endpunkte des russischen
Telegraphen in Centralasien, ein. » Reuters Bureau hat auch heute noch
eine Art von Monopol fllr die Verbreitung von Zeitungsdepeschen, und
jedenfalls ist der Theil, womit das Unternehmen begann, der Handelstheil,
noch immer gut. Beschwerden sind namentlich in der deutschen Presse
haufig wegen der politischen Nachrichten entstanden, die oft an einer auf-
falligen Einseitigkeit litten.« Diese letztere kennzeichnet sich neuerdings
meist als englisch - tendenziose Farbung und brachte bis zur Gegenwart
britisches Interesse streifende Angaben, die mit »Reuter-Meldung« oder
»Reuter kabelu eingeleitet sind, etwas in Misscredit. Den Griinder des
langst die ganze Erde netzartig umspannenden grossartigen »Reuter's
Telegraphen-Bureaus« erhob 1871 Herzog Ernst v. Coburg-Gotha in die erb-
liche Baronie. Das Riesenunternehmen befasste sich allmahlich auch mit
Annoncen, Reklamen, Commission, Ausktinften, Agentur, Bank- und Export-
geschaft, Colonisation, Uebersetzen, Verlagsbuchhandel.
Die kenntlich gemachten Satze oben aus cinem Londoner Nekrologe (darin Geburts-
jahr 1816) i. d. »M(inchn. Neuest. Nachr.« No. 101 v. 2. Marz 1899. Interessante Notizen
bei O. Weise, Schrift- und Buchwesen in alter und neuer Zeit (1899), S. 88. Die Jahres-
daten aus den Conservationslexicis (ausftlhrlich Meyer 5 XIV 679, knapper Brockhaus ,4
XIII 804) beim Tode in die meisten Tagesblatter tibergegangen.
Ludwig Frankel.
Amberg, Wilhelm, Genremaler, * 25. Februar 1822 zu Berlin, f 8. Sept.
1899 ebenda, A. war der einzige Sohn eines s. Z. in Berlin hochangesehenen
Banquiers. Frtihzeitig wurde man auf die Begabung aufmerksam und Hess
ihn statt eines Gymnasiums eine Gewerbeschule besuchen. Friihzeitig bezog
er die Berliner Akademie, arbeitete dann im Atelier Herbigs,*um spater zu
dem damals bekannten Portraitisten Carl Begas zu gehen. Im Nachlass des
Klinstlers fand sich eine Kreidezeichnung, die einen alten Berliner Herrn
darstellte; sie ist die Studie zu einer von ihm selbst auf den Stein gebrachten
Lithographie und seine erste selbstandige Arbeit, die er, erst neunzehnjahrig,
schuf. Seine coloristische Begabung entwickelte sich, als er 1844 nach Paris
zu L. Cogniet ging, und von da weiter nach Rom, wo er drei Jahre ver-
weilte. Von dort sandte er sein erstes grosseres Bild, »Christus am Oelberge«,
auf die Berliner Kunstausstellung, woselbst es sogleich einigen Beifall fand.
Ueber Venedig und mit einem langeren Aufenthalt in Mtinchen kehrte er
nach Berlin zuriick, und stiftete hier ein Altarbild fur die Gertraudenkirche.
Nach seiner Heirath wendet er sich dem idyllischen Genre zu, Nymphen in
Ideallandschaften boten ihm Motive fur mehrere grossere Darstellungen. Eines
davon, um 1850 entstanden, befindet sich im Besitz der Familie August
Heckmann in Berlin. Personlicher wurden die Arbeiten, als er sich dem Costlim-
bild zu wandte. Grosser Volksthiimlichkeit erfreute sich seiner Zeit das vom
Kunstler mehrfach variirte Bild »Trost in Tonen«. Ueberhaupt liebte A.
ernste, ftir unser heutiges Empfinden sentimentale Vorwiirfe, Frauen-
gestalten, die von irgend einem geheimen Kummer niedergedriickt waren,
und hierbei eine schmerzliche Lieblichkeit zur Schau trugen: »Der Wittwe
Trost«. »Opfer stisser Erinnerungen.« Aber daneben machte sich immer
wieder — dem Zuge der Zeit folgend — bei ihm eine schelmische, sitssliche
Grazie geltend, angenehme Genreschopfungen, Rokkokodamchen und ver-
zierte Kammerzofen. Wir bringen heute diesen Dingen wenig Verstandniss
Amberg. Schmidt. 243
entgegen und fordern Anderes wie diese Boudoirbildchen; und so konnten
•wir — eine jtingere Generation — auf der Amberg-Ausstellung, welche im
vergangenen Jahre das Klinstlerhaus veranstaltete, uns nur wenig ftir diese
Darbietungen erwarmen. Mehr Stellung gewannen wir zu seinen spateren
Arbeiten, Madchengestalten im Buchenwald oder Wiesengrtin, meist in den
Trachten des Empire, Directoire. Wir sahen erstaunt, dass dieser Ktinstler
besonders in seinen Studien ein fast modern anmuthendes Gefiihl ftir Land-
schaft und einen frischen coloristischen Sinn zeigte, und das hiess uns den
Dingen Geschmack abgewinnen.
Von A.'s weiterem Lebensgang ist zu berichten, dass er Professor und
Mitglied der Berliner Akademie wurde, 1873 die Medaille in Wien, 1877 * n
Berlin, 1878 in Paris erhielt. Auch lithographisch bethatigte er sich und
Arbeiten von ihm sind in der Zeitschrift »Argo« zu finden. Eines seiner
besten Gemalde, »Die Wittwe«, ist nach Amerika gegangen, sonst ist noch
besonders die »Rechtfertigung« der Galerie Raussendorf zu nennen.
A. hat seiner Zeit und ihren Vorlieben starken Tribut gezahlt; gerade
das novellistische Genre, welches er pflegte, hat der eigentlichen Kunst-
entwicklung geschadet, indem es auf Nebendinge, die ausserhalb der
bildenden Kunst liegen, den Hauptwert legte, und wir uns so in eine Sack-
gasse verirrten. Aber wenn wir diese Aeusserlichkeiten dem Zeitgeschmacke
anrechnen, und A. mit dem Massstab messen, den wir an einen heutigen
Ktinstler legen, so mtissen wir uns an seinem feinen und ftir seine Zeit
ausserordentlich entwickelten Farbensinn erfreuen. Und dieses starke colo-
ristische Talent in ihm, das eigentliche Ma ler talent, wird es vermogen, dass
eine spatere Zeit, die an dem Inhalt der Bilder nur noch klihles, historisches
Interesse nehmen wird, doch den Ktinstler in ihm hochstellen wird.
Que 11 en: Eigene Anschauung. Mittbeilungen der Tochter, Frau Professor Jakob.
Katalog der Nationalgalerie 1885 II. Theil. Nachrufe: »Schlesische Zeitung«, aVossische
Zeitung.*
Georg Hermann.
Schmidt, Hugo Ernst, Maler und Kunstkritiker, * 1863 zu Breslau,
f 24. Juli 1899 zu Berlin.
Sch. genoss seine erste Ausbildung in seiner Vaterstadt; studirte dann
in Mtinchen und Berlin und weilte zuletzt in Italien. Da ihm seine Malerei
keinen Lebensunterhalt gew&hrte, griff er — zuerst gezwungen — zur Kritik.
Er war mit unter den Vorkampfern der Moderne und des Naturalismus und
er schrieb seine ersten Arbeiten unter dem Pseudonym Robert Richter zu-
sammen mit Helferich ftir die »Freie Btihne«. Seinen Liebermann-Aufsatz
(ebenda 1890. S. 801.) hat Muther — wenn auch ohne Nennung des Autors —
fast wortlich tibernommen. Sch. war mit Karl und Gerhard Hauptmann innig
befreundet, und ich habe beide in seinem Hause gesehen. Er war durchaus
eine k&mpfende, ringende Natur, die sich durch nichts niederzwingen Hess —
in der Kunst, wie im Leben. Seine kritische Begabung war ausserordentlich,
und sein Urtheil wie sein Wissen ein starkes und sicheres. Seine Kritiken
tiber den jungen Naturalismus, seine Kampfe und Angriffe gegen Ueberlebtes,
waren die ernstesten Arbeiten, die s. Z. in den Zeitungen erschienen, und
haben hier manches Gute gestiftet; sie waren es, welche die »Welt am Montag«
Manchem lesenswerth erscheinen Hess, der sie sonst vielleicht nicht zur Hand
16*
244
Schmidt. Knab.
genommen hatte. Von seinen Bildern stehen mir besonders zwei vor Augen.
Ein altes Weib, das mit einem Eimer eine Dorfstrasse entlang schreitet. —
Eine gewaltige Silhouette gegen den Abendhimmel, eine vollendete plain-
airistische Schopfung. Und dann nach Jahren »Sommer« — ein Jiingling, der
am Ufer eines Sees erwacht und vor sich eine herrliche Vision, ein gold-
haariges stolzes Weib sieht. Eine Arbeit, die den Neuidealismus Ludwig
v. Hofmanns vorahnte.
Im Leben ist Sch. nicht aus kleinen Sorgen herausgekommen, aber er
hat stets den Kopf hochgehalten ; er ist einer von Denen, die nach Gaben
und Streben ein anderes Dasein verdient hatten. Er hatte uns unter anderen
Verhaltnissen mehr gegeben, als er uns so bescheert. Vielleicht Grosses,
Erstklassiges — das Zeug dazu hatte er.
Quell en: Nekrolog von M. Osborn. >Welt am Montag« 31. Juli 1899. Eigene
Anschauung und Bekanntschaft.
Georg Hermann.
Knab, Franz Joseph, Publicist, * 9. December 1846 in Passau als
Backerssohn, f 27. Juni 1899 zu Miinchen. Er absolvirte daheim das
Gymnasium, studirte Theologie, empfing am 10. Juli 1870 die Priesterweihe und
wurde Cooperatorin Tegernsee, 1871 Kuratan der Kreis-Irrenanstalt inMlinchen.
1873 — 76 ftthrte er da mit Dr. G. Ratzinger die Redaction des eben gegrtindeten
social-clerikalen Blattes »Der Volksfreund«. In der Culturkampf-Aera erhielt K.
vom Schwurgericht Miinchen wegen Majestatsbeleidigung vier Monate Festung
(Passau) zudictirt und eroffnete nach der Entlassung ein umfangliches poli-
tisches Wirken, vor Allem publicistischer Art, zur Organisation der »patrio-
tischen« (bayrisch-katholischen) Partei, war auch langer Expositus in Horgers-
dorf (O.-Bay.). Spater beschaftigte ihnMinisterprasident Graf Taaffe, der alsStatt-
halter Tirols ihn als Tourist auf der hohen Salve kennen lernte, in der Leitung
der osterreichischen officiosen Presse und erwirkte ihm fiir entsprechende Energie
dabei den Titel eines k. k. Regierungsraths. Fiir seine Verdienste um die
clerikale Journalistik und analoges Auftreten als katholisch-conservativer Ab-
geordneter im niederosterreichischen Landtage ernannte ihn der Cardinal-
Furst-Erzbischof von Wien zum Geistl. Rath, der Papst zum papstlichen Geh.
Kammerer, wozu die Titulatur Monsignore gehort. Nachdem 4. September
1890 sein Bruder Franz Paul, als Theilhaber der Firma G. Schuh u. Co. Mit-
verleger des »Neuen Munchener Tagblatts«, gestorben, widmete sich K. als
Erbe bis zum Tode diesem vielgelesenen Volksblatte seiner Tendenz mit
nachdrticklichster Hingabe, so dass dessen Aufschwung gutentheils mit sein
Werk ist. Als Mann der Feder und Forderer katholisch-politischer Agitation
furchtlos und schlagfertig bis zur Riicksichtslosigkeit, personlich liebenswtirdig,
gesellig und verlasslich, hat K. als Vorstandsmitglied des Munchener Jour-
nalisten- und Schriftstellervereins und der von diesem angeregten »Pensions-
anstalt deutscher Journalisten und Schriftsteller« unermlidlich und erfolgreich
das Banner der Collegialitat, der Gemeinsamkeit im Vorgehen fiir das freie
Recht, die Standesinteressen und die AltersfUrsorge der ungebundenen Lite-
raten mit vorangetragen, auch auf den deutschen und internationalen Con-
gressen; dabei kannte er keine Unterschiede der politischen oder religiosen
Parteistellung. Er veroffentlichte: »Schulstreit da capo« (1871), »Schwindel-
banken« (1872), »Hollandische Bischofe und Simultanschule« (1874), »Vor
Knab. Biernatzky. 245
der Entscheidung« (1883) und gab ein dreibandiges »Nekrologium der Kirchen-
provinz Mlinchen-Freising« (1894) heraus.
Nachrufe in Mtinchener und Wiener Zeitungen, ausfiihrliche im »Neuen Mtlnchner
Tagblatt« vom 28.— 30. Juni und 3. Juli 1899; vgl. die gegnerischen »MUnchn. Neueste
Nachr.c No. 294 v. 1899, S. 3, auch Ktirschners »Dtsch. Literaturkalend.* XXI II, 705
und XXII I, 43 (Todestag danach 28. Juni).
Ludwig Frankel.
Biernatzki, Karl Leonhard, ein Geistlicher, der zu den interessantesten
Gestalten der schleswig-holsteinischen Landeskirche gehort, * 28. December
1815 in Altona, f daselbst am 23. Januar 1899. B., der Sohn eines Arztes,
besuchte .zunachst das Altonaer Christian eum und die Gelehrtenschule in
Hamburg und studirte dann in Erlangen und Kiel. Nach bestandenem
Kxamen wurde er als Rector in Friedrichstadt angestellt, welches Amt er
jedoch infolge der Kriegswirren Ende der vierziger Jahre aufgeben musste.
Nachdem er eine Zeit lang in der Redaction des »Altonaer Merkur« thatig
gewesen war, ging er 1852 nach Cassel als Secretar des dortigen Central-
vereins fiir chinesische Mission. 1854 von der Universitat Jena zum Dr. phil.
honoris causa ernannt, wurde er im April 1855 als Generalsecretar des
Centralausschusses fiir innere Mission nach Berlin berufen. Seit 1861 war er
Pastor an der evangelisch-lutherischen Hauptkirche in Altona, feierte 1890
sein sojahriges Amtsjubilaum und trat 1895 * n den Ruhestand. Als Pastor
emeritus versah er, da er ein Leben ohne Thatigkeit nicht zu ertragen
vermochte, das Seelsorgeramt an der grossen Armenanstalt Osdorf bei Altona.
— Mit grtindlichen Erfahrungen auf alien Gebieten des kirchlichen Lebens
ausgestattet, hat B. seiner Altonaer Gemeinde liber 30 Jahre hindurch in tiber-
aus segensreichem Wirken gedient. Seine Bedeutung aber reicht weit liber
jenen Kreis hinaus. Von unerschutterlichem Glauben an die siegende Kraft
des Christenthums erftillt und unablassig bestrebt, sein Christenthum in
Werken der helfenden und fiirsorgenden Liebe zu bethatigen, wurde er der
Stifter einer ausgedehnten kirchlichen Armenpflege, vor Allem aber der
Griinder der Altonaer Diakonissenanstalt und damit des schleswig-holsteinischen
Diakonissenwesens iiberhaupt. Daneben war er ein ungemein fruchtbarer
Schriftsteller, dem wir eine grosse Reihe vortrefflicher Werke, theils
geschichtlichen, theils culturhistorischen und ethnographischen Inhalts ver-
danken. In Schleswig-Holstein wurde er zuerst allgemein bekannt durch das
von ihm in den Jahren 1844 — x 8si herausgegebene »Volksbuch«, das ausser
belletristischen Beitragen (der Jahrgang 1850 brachte Theodor Storms berlihmte
Novelle »Immensee« !) besonders Aufsatze zur Heimatkunde und Landes-
geschichte enthielt.
»B. hat die grosse Zeit Schleswig-Holsteins, dessen kirchliche Erneuerung,
und dann die Zeit der politischen Kampfe des Landes, den Sieg der deutschen
Sache und endlich auch die neueren Entwicklungen unserer kirchlichen
Gegenwart miterlebt, und zwar nicht als Unbetheiligter, sondern mit auf-
geschlossenem Sinne und lebhafter Antheilnahme, hat mitgekampft und mit-
gelitten in den Stlirmen der Zeit und mitgebaut an dem Neubau, der erstanden
ist. Er war ein kenntnissreicher, kundiger Mann mit weitem Blick und keines-
wegs zagen und tragen Muthes, sondern bis zu einem gewissen Grade unter-
nehmungslustig und wagemuthig; ein regelmassiger Arbeiter, der mit be-
scheidenem Sinn sich gewohnt hatte, urn vorwarts zu kommen, das Nachste
1 46 Biernatzky. Ratzinger.
zu thun, nicht leicht etwas versaumend, sehr uneigennutzig, ausgeriistet mit
dem idealen Sinn der alten Zeit und doch auch mit dem Thatentrieb unserer
Tage, und zwar mit dem der Liebe, der das Geringste nicht zu gering ist
und das Verachtete nicht verachtet, wenn es Hilfe bedarf. Redlich und ohne
Falsch war er, anspruchslos und niemals um sich selbst besorgt, dagegen
immer beflissen, sich den Anspriichen, welche das Amt," das Leben an ihn
machte, zuzuwenden, daher vielseitig, bei seinem Thun nicht etwa von vor-
gefassten Meinungen bestinnmt, und doch auch nicht ohne Ziel und zahes
Hinstreben und Verfolgen des einmal aufgenommenen Plans. Stets blieb er,
mochte kommen, was wollte, seinem Gott, sich selbst, seinem innersten Wesen
und seinen im Leben erprobten Ueberzeugungen treu.«
Vgl. Alberti, Schriftsteller-Lexikon, 1829—1866, Abth. i, S. 56-58: 1866—1882,
Bd. 1, S. 49—50; Altonaer Nachrichten, Abend-Ausg. v. 24. und 26. Januar 1899; Schlesw.-
Holst.-Lauenb. Kirchen- und Scbulblatt, 1899, No. 12.
Joh. Sass.
Ratzinger, J, Georg, bayrischer clerical-socialer Politiker und Publicist,
* 3. April 1844 zu Rickering in Niederbayern, f 3. December 1899 zu
Mlinchen. Sohn einfacher Bauersleute, besuchte er in Passau das Gymnasium
und studirte 1863 — 67 katholische Theologie an der Universitat Mtinchen,
wo er 1868 zum Dr. theol. promovirte und zwar auf Grund der Losung der
Preisfrage »Geschichte der kirchlichen Armenpflege«. Darauf fungirte R.
kurze Zeit als Httlfsarbeiter Dollinger's, ohne sich aber, unmittelbar vor dessen
folgenschwerer Stellungnahme gegen die Beschltisse des tagenden Vaticanischen
Concils, mit den Reformideen irgend zu befreunden. Vielmehr trat R., den
kiinftig dogmatische, iiberhaupt kirchlich-religiSse Streitfragen blutwenig be-
schaftigen soil ten, 1869 als Cooperator in Berchtesgaden in die praktische Seel-
sorge ein. Seitdem wechselte er wiederholt mit priesterlicher und publicistischer
Thatigkeit. 1870/71 fiihrte er in Wlirzburg die Redaction des »Frankischen
Volksblatts«, dann, nachdem er 1872 — 74 Caplan in Landshut gewesen
war, die des von ihm gegrtindeten ausgesprochen ultramontanen »Volksfreunds«
in Mtinchen, der aber bald einging, in Gemeinschaft mit einem wenig jungern
engern Landsmann, dem kurz vor ihm verstorbenen F. J. Knab (s. S. 244). Der
politischen Agitation hatte R. anfangs der 70 er Jahre der Graf Ludwig von Arco-
Zinneberg, eine Saule des katholisch-conservativen Hochadels, gewonnen, der
ihm auch eine lebenslangliche Rente auswarf. 1875 wurde R. fiir den Wahl-
kreis Tolz in den bayrischen Landtag, 1877 in den Reichstag fiir Rosenheim
gewahlt und gehorte in beiden loyal zur clericalen Fraction, verzichtete aber,
infolge eines persdnlichen Vorkommnisses in T6lz, 1878 auf beide Mandate.
Ftirder hat R., abgesehen von der einjahrigen Amtirung als Hofcaplan des
Herzogs Karl Theodor in Bayern zu Tegernsee (1883 — 84) und der drei-
jahrigen als Pfarrer in Giinzelhofen bei Naunhofen, die er »frei resignirt« 1888
aufgab, sich ausschliesslich, und zwar anfanglich vorubergehend in Wien,
dann meist in Mtinchen, periodisch auch in Walchstatt am Worthsee,
publicistischer und volkswirthschaftlich-wissenschaftlicher Schriftstellerei ge-
widmet. Urspriinglich waschechter Anhanger und Vork&mpfer der katholischen
»Patrioten«-Partei, hatte er infolge jener Studien und des Steigens seiner
particularistischen Neigung, von der Centrumspartei bei der Wahl fallen
gelassen, sich direct von ihr losgesagt und im grossen Ganzen, wenn auch
Ratzinger. 347
nicht officiell, die Principien des 1893 in die Wahlbewegung eingreifenden
»Bayrischen Bauernbundes«, speciell in der Schattirung seiner Heimat Nieder-
bayern, auf seine Fahnen geschrieben. So zog er fUr den Kreis Regen 1893
und, widerspruchslos, 1899 wieder in den Landtag, wo er wohlbeachtet
in massgeblichen Ausschttssen sass und die Seele der neuen agrarischen
»Freien Vereinigung« ward, 1898 auch fUr den Wahlkreis, wo er geboren,
Deggendorf, in den Reichstag. Den Radicalismus der landsmannischen Bauern-
btindler zu zligeln vermochte er nicht, und so naherte er sich spater
wieder innerlich dem Centrum, wie dessen Vertreter nach R/s Tode aus-
sagten, auch ausserlich. Obwohl er so politisch wandelbar auftrat, von ultra-
reactionaren zu durchaus socialistischen Vorschlagen ilbersprang, kannten ihn
Alle als personlich liebenswlirdigen und entgegenkommenden Mann. Acht
Jahre litt er an einem schweren Magentibel. Das Versagen der Emahrung
brachte ihn im Herbste 1898 an den Rand des Grabes; wiederholte Magen-
operation stellte ihn nur scheinbar wieder her.
R. besass ausgedehnte Belesenheit, vielseitiges Wissen und Weltbildung.
Auf socialpolitischem und volkswirthschaftlichem Gebiete hat er griindliche
Studien getrieben, deren Ergebnisse er freilich nicht vollig zu systematisiren
und in ihrem Facit in der Praxis zu verwerten verstand. Als Publicist wirkte
R. 26. Jahre (1871—97, wo es einen leichtverstandlichen Bruch gab) als
Munchener bez. bayrischer Berichterstatter der clerical-grossdeutschen »Deut-
schen Reichszeitung« (Bonn), seit 1869 als standiger Mitarbeiter der Gorres'schen
»Historisch-politischen Blatter*, in den letzten Jahren eifrig an Dr. Sigl's
»Bayrischem Vaterland*; daneben aber auch in flihrenden Centrumsblattern, wie
»Germania« (Berlin), der »Donauzeitung« (Passau) und sogar, schliesslich bei
seinem RUckweg zur bayrischen Centrums-Richtung bei deren Hauptorgan,
der »Augsburger Postzeitung« . Seine selbstandig erschienenen Schriften
sind: die genannte Preisarbeit »Geschichte der kirchlichen Armenpflege«
(1868; 2. Aufl. 1884), sein Lehrgebaude und Hauptwerk »Die Volkswirth-
schaft in ihren sitthchen Grundlagen« (1881; 2. umgearbeitete und ver-
besserte Aufl. 1895), »Die Erhaltung des Bauernstandes« (1883), »Die Bier-
brauerei in Bayern« (1885), polemisch ist die Flugschrift »Das Concil und
die deutsche Wissenschafu (187 1) gehalten; der politischen und Wahlagitation
dient der Mahnruf »Bauern, einigt euch!« (1897); eine Sammlung seiner
historischen und geschichtlich-fikonomischen Untersuchungen bietet der, grossen-
theils auf den Passauer Cleriker und Geschichtsschreiber Albertus Bohemus
beziigliche Band »Forschungen zur bayerischen Geschichte« (1898).
Benutzt die Nekrologe und biographischen Artikel der grossen bayrischen Zeitungen
(»MUnchn. Neuest. Nachr.c No. 563 v. 6. December 1899; »Allg. Ztg.« No. 336 v. 4. December
S. 6 und No. 344 v. 12. December S. 1; ^Augsburg. Abendztg.c No. 335 v. 4. December
S. 1 [wichtig] und No. 336, S. 4; » Augsburg. Postztg.« No. 278 v. 6. December S. 2 und
No. 279 v. 7. December S. 8, u. s. w.), Meyer's Conversationslex. 5 XIX S. 818; Aratliches
Reichstagshandbch. v. 1899, s. v.; Kdrschner's >Der neue Reichstag i898( — 1903)* S. 249,
mit Portrait; Kttrschner's Dtschr. Literaturkaldr. XXI, II Sp. 1086 (die letzten drei Fundorte
bieten authentische Daten). R/s letzter rein wissenschaftlicher Publication gilt ein Aufsatz
von Kt, »M(inchn. Neuest. Nacbr.« No. 28 v. 19. Januar 1898, S. 2, wo diese quellentreuen
objectiven Abhandlungen fast dieselbe »warmc . . begeisterte Aufnahme* wie in — tt— f s
Referat, »Literar. CentralbL« 1898 No. 33 Sp. 1226, erfahren. Antiquariatskatalog No. 30
von H. Lttneburg (E. Reinhardt) Mttnchen (1900) en t halt S. 1—30 aus der Bibliothek
Ratzinger 774 Bde.
Ludwig Frankel.
248 Wrangel.
Wrangel, Karl Friedrich Wilhelm Freiherr von, preussischer General
der Infanterie, * 29. September 1812 zu Konigsberg in Preussen, f 28. November
1899 auf seinem Gute Sproitz in der Oberlausitz. Am 13. August 1830
begann er seine militarische Lauf bahn bei dem ersten Garderegiment zu Fuss,
war von 1844 — 1848 Generalstabsofficier und trat als solcher in die schleswig-
holsteinische Armee. Zunachst als Hauptmann in den Generalstab des Prinzen
von Noer commandirt, wurde er spater zum Stabe des Obersten von Zastrow
berufen, bei dem er bis zur Beendigung des Feldzuges blieb. Die ersten
Lorbeern erwarb er sich in der Schlacht bei Kolding am 23. April 1849.
Das ktihne Wagestiick, das ihm jenen bekannten Beinamen »der Trommler
von Kolding« eintrug, schildert Baudissin in seiner »Geschichte des Schleswig-
Holsteinischen Kriegs« (Hannover 1862) folgendermassen : »Die Danen waren
mit starken Infanterie-Colonnen in die Stadt gedrungen, aber von dem neunten
und zehnten Bataillon kraftig aufgehalten und verhindert worden, die Rlick-
zugslinie der Jager, welche noch nordlich von Kolding standen, zu besetzen.
Da plotzlich eroffnen die Danen im Riicken der Deutschen ein heftiges Feuer
und ein panischer Schrecken ergreift die beiden Bataillone, die bisher mit
bewundernswerther Ruhe den Angriff von flinf danischen Bataillonen zurlick-
gewiesen haben. In wilder Auflosung fliehen die Krieger nach der Briicke,
die Furcht des einen reisst den andern mit fort, die Danen stiirmen jubelnd
hinterher, — die Jager nordlich von Kolding waren verloren, die ganze
Schlacht bei Kolding war unhaltbar — da springt der Adjutant, Hauptmann
von Wrangel, vom Pferde, entreisst einem Tambour die Trommel und stiirzt
sich, Sturm schlagend, dem Feinde entgegen! Die Deutschen stutzen, kehren
um, fallen das Gewehr und werfen sich mit solch unwiderstehlicher Entschlossen-
heit auf die Danen, dass diese jetzt ebenso eilig entfliehen, wie sie vor wenig
Minuten verfolgt hatten.« 1850 trat W. in die preussische Armee zurlick.
Den Feldzug von 1866 machte er als Commandeur der 26. Infanterie-
Brigade (7. Armee-Corps) mit, wiihrend er im Kriege gegen Frankreich
1870/71 die 18. (schleswig-holsteinische) Division (9. Armee-Corps) befehligte
und bei Gravelotte, Metz und Orleans zu glanzenden Siegen fuhrte. » Orleans
ist mein, die Ehre des Tages gebuhrt der 18. Division «, so lautete das
Telegramm, das Prinz Friedrich Karl am Abend der Schlacht an den Konig
sandte. Des Konigs Dank an Wrangel war die Verleihung des Eichenlaubs
zum Orden pour le mt*rite. Den Orden selbst besass er bereits seit 1866.
Im Jahre 1872 wurde er Gouverneur von Posen, erhielt am Sedan tage 1873
den Charakter als General der Infanterie und 1876 den erbetenen Abschied.
Seitdem lebte er auf seinem Gute Sproitz in der Oberlausitz. Mit den alten
schleswig-holsteinischen Kameraden blieb er bis an sein Lebensende in inniger
Freundschaft verbunden. Noch in den neunziger Jahren fiihrten ihn wieder-
holte Reisen in ihre Mitte. Der Erhebungsfeier am 24. Marz 1898, zu der er als
Ehrengast geladen war, musste er aus Gesundheitsriicksichten fern bleiben.
Schriftlich aber bekundete er aufsNeue seine warme Theilnahme fur die schleswig-
holsteinischen Lande. Sein an den Ausschuss gerichteter Brief schloss mit den
Worten: »Gott schutze auch ferner mein liebes teures Schleswig-Holstein.«
Vgl. Kieler Zeitung, Abcnd-Ausg. v. 29. November 1899: Itzehoer Nachrichten v.
2. December 1899; F. MGller, Biogr. Notizen liber die Officiere der ehemaligen Schlesw.-
Holst. Armee nebst Nachtragen, Kiel und Altona 1885—88, S. 163; F. R. v. Rothenburg
Die Schlacht bei Kolding, Berlin 1849, s - J 3'
Joh. Sass.
Raders.
249
Raders, Ludwig, Kunstler, * 19. Februar 1868 zu Frankfurt a. M.,
f i. Mai 1899 in der Lungenheilanstalt zu Schomberg im Wdrttembergischen
Schwarzwald. Er besuchte die Frankfurter Kunstgewerbeschule und kam 1886
nach Mttnchen zu Professor Wilh. v. Diez als Schliler. f rtihzeitig war der junge
strebsame Kunstjiinger pramiirt, als h6chst beach tenswerthes Talent anerkannt
und gelobt; »aber als das eigene ernste SchafTen gebieterisch den Einsatz aller
Krafte verlangte, da hatten Entbehrungen und Krankheit ihr unheilvolles
Zerstorungswerk schon begonnen und die arbeitsfreudige Hand des jungen
Kilnstlers gelahmt*. Gluck und Sonnenschein sind nie einmal rich tig tiber
R.'s Schwelle getreten. Oft haben ihm monatelang die karglichen Ertragnisse
von Bilder-Copien das Dasein fristen mlissen, wie sie die Kunsthandler fabrik-
massig bestellen. Und dennoch fand er dabei noch Musse und Kraft, vieles
fiber den Durchschnitt hinaus zu schaffen, wie Freunde berichten, ,Bilder
von seltener Farbentiefe und Harmonie, einfach gemalt und poetisch em-
pfunden* aber niemand kennt ihr heutiges Schicksal. »Basti en-Lepage, Bocklin,
Mardes, das war sein Lieblings-Dreigestirn, und von diesen drei Meistern hatte
er die tiefinnerliche Heimathliebe, die Vornehmheit der Farben und einealles
Siissliche verachtende Herbheit der Form. Wo seine Arbeit anempfunden
scheinen wollte, da entdeckte das Auge des Wissenden bald die Seele und
das Temperament des jungen Kilnstlers, die den Ausschnitt der Natur indivi-
dualisirten und das Gesehene und Herausgegriffene zu seinem Eigenthum
stempelten«. In den letzten Jahren bis etwa 1896 warf sich R. mit Eifer
und Geschick auf die Graphik und hat seine erfindungsreiche Fertigkeit
darin auch dann rege bethatigt, als das schleichende Leiden ihm Saft und
Stimmung aussog. Radirungen wie das bekannt gewordene Blatt »Musica«
und viele selbstiLndig hingeworfene Zeichnungen in der Hirth'schen Mttnchener
Wochenschrift »Jugend« belegen das. Am breitesten kam seiner Hande
Werk, wenn auch nicht sein Name unter die Leute durch den bunten Narren
mit den jugendfrischen hellen Augen, der seit etlichen Wintern von alien
Litfasssaulen und Plakattafeln der lebensfrohen Bayern-Hauptstadt zu den
Lustbarkeiten der Carnevalsgesellschaft einladet. Dieser ganze Anschlag »ist
mit wuchtiger Faust hingeschrieben in einer grossen starken . Einfachheit
der Farben und der Linien und gerade darin das Muster eines Flakates«
Um 1895 war es mit der ausserlich elenden, innerlich doch so mannigfach
reichen Milnchener Zeit vorbei: »unabgemeldet« sagt trocken der Polizei-
Ausweis, verliess er die Statte des Schaffens und Darbens und suchte in
Kochel am See, im abseitigen Geigenmacher-Flecken zwischen den Karwendel-
riesen Mittenwald Zuflucht vor der unerbittlich wachsenden Phthisis; Februar
und Marz 1897 hielt er sich in Bodenheim am Rhein bei der Grossmutter
auf, darauf in Soden, den Sommer tiber in Frankfurt a. M. bei den Eltern
und den »Barmherzigen Brtidern«, Oktober 1897 bis Frlihjahr 1898 in Davos,
dann nochmals in Kochel, endlich zu Schomberg; hier droben im Schwarz-
walde ging er im Lenze dahin. »Er war ein furchtbar armer Mensch; mit
einer energischen Unterstlitzung zur rechten Zeit hatte man ihn zum be-
deutenden Ktinstler gemacht. Sich selbst heraufzuarbeiten, hatte er weder
Gesundheit in den letzten Jahren, noch Energie, was ich Uberhaupt dem
ewigen Hunger zuschreibe«c, so schrieb ein Freund und College nach dem
Tode, und ein anderer, der selber hart mit der Mis6re des Alltags ringt,
flihlte ihm nach: »Er ist nun aller Sorgen dieses elenden Daseins enthobenc.
Thatsache ist aber, dass seine Angehorigen ihn, den durchaus unpraktischen
2 co Raders. Knuth.
und vertrauensseligen Jiingling, lange mit grossen Miihen und Kosten Uber
Wasser zu halten versuchten.
Das Meiste oben nach Franz Langheinrich's Nachruf im Feuilleton der »Mfincrin.
Neuest. Nachr.« No. 229 vom 18. Mai 1899 (da rati s die SMtze mit Anftthrungszeichen).
Geburtsangabe u. Wegzug von MUnchen nach Mittheilung der dortigen Polizei. Einige
sachliche Angaben direkt von der Familie (C. W. Raders & Co.) in Frankfurt.
Ludwig Frankel.
Knuth, Paul Erich Otto Wilhelm, namhafter Botaniker, * 20. November
1854 in Greifswald, f 30. October 1899 in Kiel. Er besuchte das Gymnasium
und Realgymnasium seiner Vaterstadt, studirte daselbst von 1873 — 76 Natur-
wissenschaften und bestand, nachdem er 1876 zum Dr. phil. promovirt hatte,
ein Jahr spater das wissenschaftliche Staatsexamen mit einem Zeugniss ersten
Grades. 1877 wurde er ordentlicher Lehrer an der Realschule in Iserlohn
und 1 88 1 in gleicher Eigenschaft an die Oberrealschule in Kiel berufen.
Seine Ernennung zum Professor an derselben Anstalt erfolgte 1895. Wahrend
seiner Wirksamkeit in Kiel widmete K. mit unermUdlichem Eifer alle seine
Mussestunden der botanischen Wissenschaft, um die er sich bedeutende Ver-
dienste erworben hat. Wahrend er in seinen ersten Arbeiten die Flora
Schleswig-Holsteins nach der analytischen Seite hin behandelte, wandte er
sich spater speciell der Bluthenbiologie zu, die er durch zahlreiche selb-
standige Forschungen in hervorragender Weise gefordert hat. Sein Haupt-
werk auf diesem Gebiete und gewissermassen der Schlussstein in der ganzen
Reihe seiner bltithenbiologischen Studien ist das »Handbuch der Bluthen-
biologie unter Zugrundelegung von Hermann Mtillers Werk: Die Befruchtung
der Blumen durch Insekten* (Bd. 1, Leipzig 1898; Bd. 2. Th. 1 — 2,
ib. 1898 — 99). Das leider unvollendet gebliebene Werk — ein dritter Band
sollte die wissenschaftlichen Ergebnisse einer einjahrigen Forschungsreise in
den Tropen enthalten — fasst in klarer und iibersichtlicher Darstellung Alies
zusammen, was in den 25 Jahren nach dem Erscheinen des Mtillerschen
Buches auf dem Gebiete der Bluthenbiologie Neues erkannt worden ist.
(Vgl. die eingehende Recension in der ^Botanischen Zeitung«, Jg. 56, 1898,
Abth. 2, Sp. 2828".) Von den Ubrigen Arbeiten K.'s, den seit dem Sommer 1898
die Kaiserliche Leopoldino-Carolinische deutsche Akademie der Naturlorscher
in Halle zu ihren Mitgliedern zahlte, ftihren wir die folgenden an: Flora der
Provinz Schleswig-Holstein, des FUrstenthums LUbeck, sowie des Gebietes der
Freien Stadte Hamburg und LUbeck. Leipzig 1887; Schulflora der Provinz
Schleswig-Holstein, des FUrstenthums LUbeck, sowie des Gebietes der Freien
Stadte Hamburg und LUbeck. Leipzig 1 888 ; GrundzUge einer Entwickelungs-
geschichte der Pflanzenwelt in Schleswig-Holstein (Separat-Abdruck aus den
»Schriften des naturwissenschaftlichen Vereins fUr Schleswig-Holstein «, Bd. 8,
Hft. 1, Kiel 1889); Botanische Wanderungen auf der Insel Sylt. Tondern
und Westerland 1890; Geschichte der Botanik in Schleswig-Holstein. Th. 1 — 2.
Kiel und Leipzig 1890 — 92; Grundriss der Bluthenbiologie. Kiel 1894;
Blumen und Insekten auf den Halligen (Sep.-Abdr. aus »Botanisch Jaarboek*)
Gent 1894; Blumen und Insekten auf den Nordfriesischen Inseln. Kiel und
Leipzig 1894; Flora der nordfriesischen Inseln. ib. 1895; Blumen und Insekten
auf Helgoland (Sep.-Abdr. aus »Botanisch Jaarboek«) Gent 1896; Flora der
Insel Helgoland (Sep.-Abdr. aus »Die Heimat«) Kiel 1896. Alle diese Schriften
legen ebenso wie das oben erwahnte Hauptwerk von dem unendlichen Fleiss,
Knuth. Bcust. Carstens.
*5*
dem umfassenden Wissen und der hohen Begeisterung des Verfassers fur
seine Wissenschaft rtihmliches Zeugniss ab.
Vgl. Kieler Zeitung, Morgenausg. v. 4. Nov. 1899; Leopoldina, Organ der Kaiser].
Leopold ino-Carolinischen deutschen Akademie der Naturforscher, Hft. 35, No. 11 (Nov.
1899), S. 180.
Joh. Sass.
Beust, Friedrich von — er nannte und schrieb sich stets ohne Adels-
partikel, — 48 er Politiker und Padagog, * 9. August 18 16 zu Amorbach in
U.-Franken, f 6. December 1899 zu Zurich. Sohn eines preussischen
Officiers aus dem bekannten Adelsgeschlechte, dessen graflicher Zweig Sachsen
und Oesterreich mehrere Diplomaten geliefert hat, wurde B. selbst jung
preussischer Leutnant, quittirte jedoch 1848, als er, wegen seines Auftretens
gegen verschiedene milit&rische Massnahmen in Conflict mit Vorgesetzten,
obwohl im Rechte, neben der Disciplin den kUrzern zog. Wie andere
damalige Kameraden — man denke an F. W. Held und Corvin — drangten
ihn solche Erfahrungen zum politischen Radicalismus, und er diente diesem
im Vereine mit dem ehemaligen Kameraden Frdr. Annecken, der in Koln
die demokratische »Neue Kolnische Zeitung« gegriindet hatte. Die sich
antimonarchisch organisirende Kolner Landwehr wahlte ihn zum Commandanten,
in welcher Eigenschaft B. im November 1848 die Garnison Kolns am Aus-
marsche verhinderte, die Blirgerwehr in Dlisseldorf zu zersprengen. Als darauf
iiber die Metropole der Rheinlande der Belagerungszustand verhangt und B.
des Hochverraths angeklagt wurde, fltichtete er nach Paris, mit Empfehlungs-
briefen Freiligraths an dortige Revolutionare. Nach vier Monaten begab sich
B. April 1849 zum ausgebrochenen republicanischen Aufstande Slidwest-
deutschlands liber Mannheim in die Pfalz. Hier wahlte man ihn mit andern
friihern Officieren in die Militarcommission ftir den Oberbefehl der Revolutions-
schaaren. Nach unglUcklichem Gefechte mit den Preussen im Badischen
musste er mit den Resten seiner Leute tiber die schweizerische Grenze gehen.
Wahrend sich diese zerstreuten, fand der Fltichtling in Zurich Unterkunft.
Seinen padagogischen Neigungen folgend, wurde er Lehrer an einer dortigen
nach Fr. Frobels Grundsatzen gefiihrten Privatschule, Ubernahm sie nach
einigen Jahren selbst und hob sie, vermoge besonderer Lehrfahigkeit und
eigner methodiscl\er Gedanken, zu grossem Ansehen. Forderungen der neueren
Volksschul-Padagogik, z. B. Handfertigkeitsunterricht, waren in Beust's Er-
ziehungspraxis seit Jahrzehnten verwirklicht. B. fand fiir seine verdienstliche
Wirksamkeit verschiedentliche Anerkennung: so sprachen die Preisrichter der
Weltausstellungen zu Wien, Philadelphia und Paris (1889) seinen Lehrmitteln
Medaillen zu. Er hatte seine padagogischen Ideen in einer Reihe von Schriften
niedergelegt. Heute blUht die Schule, von Kindern wohlhabender Reichs-
deutscher in Zurich stark besucht, unter einem Sohne B.'s. Der bis zum
Tode riistige, geistesfrische Greis war bei den Vielen, die ihn kennen zu lemen
Gelegenheit hatten, hochgeachtet.
Grtisstentheils nach einer (anonymen) Ztlricher Correspondent i. d. »Mttncbn. Neuesten
Nachr.c No. 571 v. 12. Decbr. 1899, S. 2.
Ludwig Frankel.
Carstens, Carsten Erich, Kirchenpropst a. D., Geschichtsforscher und
Schriftsteller, * 29. December 1810 in Tondern, f daselbst 25. November 1899.
252
Carstcns. Henrici.
Anfangs fur den Kaufmannsberuf bestimmt, erhielt C. erst ein Jahr nach seiner
Confirmation von seinem Vater die Erlaubniss, Theologie zu studiren. Er
ging zu dem Zweck Michaelis 1832 nach Kiel, bestand 1837 das theologische
Amtsexamen und wurde 1840 Diakonus in Tondern. Nachdem er 1864
kommissarisch und 1868 definitiv zum Hauptpastor und Propst daselbst
ernannt war, bekleidete er als solcher von 1876 — 1879 ausserdem noch das
Amt eines Propsten fur Loh- und Mogeltondern. Am 1. Juli 1884 trat er in
den Ruhestand. »Mit ihm geht ein Stiick personlicher Erinnerung an die
erste Halfte unseres Jahrhunderts zu Grabe, insbesondere an die Zeit, wo
Dahlmann und Nicolaus Falck, sowie in anderer Weise Claus Harms das
geistige Leben unseres Landes neu gestaltet und die Liebe zu unserer
Geschichte wieder erweckt hatten. Auch von seinem alteren Zeitgenossen
G. Waitz hatte er dieses Interesse liberkommen und es in seinen Verhaltnissen
treu gepflegt bis in sein hohes Alter. Es war weniger das Pragmatische, die
innere Seite der Geschichte, als das Literarische und Personliche, das seiner
Geistesart entsprach.« Abgesehen von rein theologischen und padagogischen
Fragen hat C, der selbst sehr bescheiden von seinen Arbeiten dachte, mit
unermudlichem Fleiss das Gebiet der schleswig-holsteinischen Landes- und
Kirchengeschichte behandelt. Man braucht nur die lange Reihe seiner
Schriften bei Alberti (siehe unten!) zu vergleichen, um einen Ueberblick iiber
den weiten Kreis seiner Studien zu gewinnen. Sie alle offenbaren sein
griindliches Wissen und jenen ihm in hohem Masse eigenen feinen Sinn, der
unentbehrlich ist, wenn es gilt, das Vergangene in seiner wahren Gestalt fur
die Gegenwart lebendig zu machen. Als Publikationen von bleibendem Werth
verdienen besonders die folgenden hervorgehoben zu w r erden: Die evangelisch-
lutherische Reformation in Schleswig-Holstein (Nordalbingische Studien, Bd. 2,
1845, S. 119 ff.); Die Stadt Tondern. Eine historisch-statistische Monographie.
Tondern i860; Geschichte der theologischen Facultat der Christian-Albrechts-
Universitat (Zeitschrift der Gesellschaft ftir Geschichte der Herzogthiimer
Schleswig-Holstein und Lauenburg, Bd. 5, 1875, S. 1 — 132, auch separat
Kiel 1875); Geschichte des Studiums der speciellen Vaterlandskunde auf der
Kieler Universitat. Tondern 1876. In spateren Jahren widmete er sich mit
Vorliebe biographischen Forschungen. Nach Art der »Allgemeinen Deutschen
Biographie«, die ihn auch zu ihren Mitarbeitern zahlte, plante er eine grosse
»Schleswig-Holsteinische Biographies. Das von ihm hierftir gesammelte, drei
Bande umfassende handschriftliche Material hat er durch letztwillige Verfiigung
der Kieler Universitats-Bibliothek vermacht.
Vgl. Alberti, Schriftstellcr-Lexikon, 1829 — 1866, Abth. 1, S. 113 — 115; 1866—1882,
Bd. i, S. 99 — 100 ; Schriften des Verefns ftir schleswig-holsteinische Kirchengeschichte,
2. Reihe, (Beitrage und Mittheilungen) Heft 4, 1900, S. 149 — 151 (Nekrolog von E. Michelsen).
Joh. Sass.
Henrici, Paul Christian, Reichsgerichts-Senatsprasident a. D., Wirklicher
Geheimer Rath, * 18. April 18 16 in Augustenburg, wo sein Vater Leibarzt
des Herzogs von Augustenburg war, f 3. Juni 1899 in Berlin. Er studirte
von 1834 bis 1838 in Kiel und Berlin die Rechte, bestand Ostern 1838 das
juristische Amtsexamen und trat als Auscultant bei dem schleswig-holsteinischen
Obergericht in Gliickstadt ein. Hier wurde er, nachdem er wahrend des
Jahres 1848 als Polizeimeister in Apenrade fungirt hatte, am 23. Februar
1849 zum R at h befordert, erhielt 1858 den Titel »Etatsrath« und wurde im
Henrici. Wolff.
253
Januar 1864 zum Prasidenten der holsteinischen Landesregierung erwahlt.
1865 zum Director der Oberdicasterien in Gliickstadt ernannt, ging er 1867
als Rath bei dem Oberappellationsgericht nach Berlin, wurde 1872 Vice-
prasident desselben und in demselben Jahre Mitglied des Herrenhauses auf
Lebenszeit. Nach Vereinigung der beiden hochsten Gerichte im Jahre 1874
war er Vice-Prasident bei dem Obertribunal. In dieser Stellung wurde ihm
1875 der Charakter als Wirklicher Geheimer Oberjustizrath mit dem Range
der Rathe 1. Klasse und von der Kieler Juristen-Facultat bei Gelegenheit der
Einweihung des neuen Universitats-Gebaudes im October 1876 der Dr. jur.
honoris causa verliehen. Bei Errichtung des Reichsgerichts am 1. October
1879 w ^rde H. als Senatsprasident des dritten Civilsenats nach Leipzig
berufen. Nachdem er am 1. October 1888 sein sojahriges Dienstjubilaum
gefeiert und den Charakter als Wirklicher Geheimer Rath mit dem Pradicat
Excellenz erhalten hatte, trat er im Jahre 1891 in den Ruhestand und ver-
legte seinen Wohnsitz nach Berlin. H., der zu unseren hervorragendsten und
scharfsinnigsten Juristen gehorte, ist audi schriftstellerisch mehrfach hervor-
getreten. Zu nennen sind besonders seine »Lebenserinnerungen eines Schleswig-
Holsteiners« (Stuttgart und Leipzig 1897), ein kerniges Buch, das den Ver-
fasser als einen iustum et tenacem propositi virum und charaktervollen
Patrioten zeigt. Wiederholt hat er auch liber die Besetzung des Reichsgerichts
das Wort ergriffen. Von seinen beiden Aufsatzen »Das deutsche Reichsgerichts
(in Iherings Jahrbiichern fiir die Dogmatik des heutigen romischen und
deutschen Privatrechts, Bd. 24, 1886) und »die Ernennung der Mitglieder des
Reichsgerichts « (in den »Genzboten«, Jg. 1896) fand besonders der letztere
weitgehende Beachtung.
Vgl. Alberti, Schriftsteller-Lexikon, 1829 — 1866, Abth. I, S. 353; 1866 — 1882,6(1. I,
S. 291. Kieler Zeitung, Abend-Ausg. v. 4. Jan. 1900. Deutsche Juristen-Zeitung, Jg. 4, 1899,
S. 250 — 251.
Joh. Sass.
Wolff, Wilhelm P., Dramatiker, * n. Februar i860 zu Erfurt, er-
schossen aufgefunden am Morgen des 26. Marz 1899 zu Frankfurt a. M.
Er besuchte das Gymnasium daheim, seit 1870 in Wiesbaden, studirte
1879 — 1882 in Leipzig, Heidelberg und Berlin die Rechte, promovirte 1882
in Gottingen zum Dr. jur., tibersiedelte nach Frankfurt a. M. und prakticirte
daselbst seit 1888 als Rechtsanwalt. Daneben war er seit 1890 schriftstelle-
risch, vornehmlich im Theaterfache, thatig. Als 1898 ein Lustspiel, auf das
er grosse Hoffnungen gesetzt hatte, in Frankfurt glatt abgelehnt wurde und
sich pecuniare Sorgen einstellten, legte W. Hand an sich; zwei Wochen nach
dem Tode stellte sich heraus, dass W. liber 100 000 Mark anvertraute Gelder
unterschlagen hatte.
Seine ersten dramatischen Arbeiten folgten sich rasch hintereinander:
der Schwank »Im Sonnenschein« (1890), die parodistische Tragodie »Im
Regen« (1891), die Lustspiele »Nach Madrid» (1891) und »In Dingsda« (1894;
zwei Jahre nach Johs. Schlaf s Novellenbande desselben Titels), die vier nach
franzosischenVorlagen umgestalteten Buhnenstticke »Daheim« (Schauspiel, 1890),
»Ein Millionar a. D.« (1893), »Ein goldenes Herz« (1893), »Gemtithsmenschen«
(1894), letztere drei Lustspiele; ferner, als Drama bezeichnet, »Die Sansara«
(1894). Diese, nicht eben tiefen Werke gelangten mit Erfolg vielerorts auf
die Bretter, aber besondem Eindrucks durfte sich dann das mit Rich. Jaffe
254 Wolff. Zottmayr. Jensen.
verfasste Schauspiel »Das Bild des Signorellk auf angesehenen Biihnen
(Premiere Lessingtheater Berlin) erfreuen, wahrend seine sonstigen spateren
dramatischen Ansatze nicht einschlugen: das Schauspiel »l)ie H6llenbrlicke«
(1896), mit Rich. Jaflfe, das Lustspiel »Der Asra« (1897), mit Mor. Gold-
schmidt zusammen geschrieben, sowie wiederum nach dem Franzosischen
bearbeitet das Lustspiel »Gleiche Gegner« (1895) und die Posse »Der Hummer*
(1897).
Brtimmer, Lexikon der deutschen Dicht. und Pros, des 19. Jabrhunderts 4 IV 376 b
(bis 1894); kurze Nekrologe in vielen Tagesblattern ; liber den Tod Angaben der »Frank-
furter Zeitung«; Bibliographic bei Kttrschner, Deutscher Literaturkalender XXI, II, 1545
(Todesdatum [aber der 25.] ebenda XXI I t I, 47. Todesangabe vom Frankfurter Standesamt.
Ludwig Frankel.
Zottmayr, Ludwig oder Louis, Opernsanger, * 30. Marz 1829 zu Mtinchen,
f 16. October 1899 plotzlich zu Weimar. Z. besuchte, ehe er die Kunstler-
laufbahn begann, die Universitat Munchen, es scheipt in der philosophischen
Facultat. Wann er zur Musik abgeschwenkt ist, lasst sich kaum mehr fest-
stellen; nach Einigen soil er in Augsburg angefangen haben. 1859 — 1867 war
er als erster Baritonist am kgl. Hoftheater zu Hannover und am Stadttheater
zu Hamburg engagirt. Im Besitze einer ausserst stattlichen Erscheinung und
glanzender Stimmmittel, bezog Z. in Hannover, daselbst langere Zeit Partner
des grossen Tenoristen Albert Niemann, eine Jahresgage von 7000 Thalern,
ein damals unerhortes Gehalt eines Buhnenkiinstlers. In den sechziger und
noch bis in die siebziger Jahre zahlte Z. durch sein von schauspiele-
rischem Geschick begleitetes eindrucksvolles Bariton-Organ zu den beliebtesten
Klinstlern der deutschen Oper. In die Geschichte der Rich. Wagner'schen Ton-
dramen gehort Z. als Reprasentant der Rolle des Konigs Marke bei den
vier beriihmten »Tristan und Isolde «-Erstaufftihrungen, die im Juni 1865,
unter Hans v. Blilow's Leitung, mit dem Ehepaar Schnorr als Titelhelden,
am Hof- und Nationaltheater zu Miinchen stattfanden. Anfangs der achtziger
Jahre zog sich Z. von der Biihne ganz zuriick, Hess sich am 2. October 1895
in das Maria -Seebach-Stift zu Weimar, das seines einstmaligen Collegen
Niemann geschiedene erste Gattin ftir Biihnen -Veteranen als Pensionare
gegrundet hatte, aufnehmen und endete auch da durch Herzschlag oder
Selbstmord.
Kurzer Artikel von C. D. i. d. »Mlinchn. Neuest. Nacbr.« No. 486 v. 21. October 1899
(danacb obige Angabe iiber den Selbstmord); scbriftl. Notizen von Georg Heltzig,
geschaftsfuhrd. Mitgl. d. Curatoriums d. M.-S.-St. (sagt »Herzschlag«).
Ludwig Frankel.
Jensen, Andreas Detlev, Generalsuperintendent flir Holstein, * 24. Januar
1826 in Gllickstadt, f 31. Mai 1899 in Kiel. Nach Absolvirung des Gliick-
stadter Gymnasiums studirte er seit 1844 in Kiel und spater in Tubingen
Theologie, vollendete seine Studien jedoch erst im Jahre 1853, nachdem er
inzwischen den schleswig-holsteinischen Feldzug mitgemacht und bei Friedericia
eine schwere Verwundung erlitten hatte, die den Grund zu seinem spateren
Siechthum legte. 1855 wurde er zum Diakonus und im folgenden Jahre zum
Hauptpastor in Herzhorn erwahlt. Im April 1859 zum Mitglied des hol-
steinischen Oberconsistoriums in Gliickstadt berufen, ging er 1865 als Pastor
nach Norderbrarup. Am 20. September 1866 erfolgte seine Wahl zum Haupt-
Jensen. Wiegand. 255
pastor an der St. Nicolaikirche in Kiel. Nachdem er 1868 Consistorialrath
und Mitglied des neubegrlindeten evangelisch-lutherischen Consistoriums ge-
worden war, tibemahm er am 16 October 1872 als Nachfolger von Bischof
Koopmann die Generalsuperintendentur ftir Holstein. Das Jahr 1876 brachte
ihm bei Gelegenheit der Einweihung des neuen Kieler Universitatsgebaudes
den Dr. theol. honoris causa. Am 1. Februar 1891 trat er wegen schweren
korperlichen Leidens von seinem Amte zurtick, nachdem er es fast 20 Jahre
hindurch mit voller Hingabe verwaltet hatte. Als Geistlicher wurzelte J. fest
und tief in dem Boden der schleswig-holsteinischen Landeskirche, »der evan-
gelisch-lutherischen Kirche mit dem weiten Herzen«. Seine bischof liche
Thatigkeit hat er in ernster Arbeit stets im Sinne jenes Wortes gefiihrt, das
er auf dem Kieler Kirchentag am 3. September 1867 in seiner ErdfFnungs-
predigt aussprach: »dass wir als Gottes Mitarbeiter des gottlichen Segens uns
nur dann getrosten konnen, wenn wir den rechten Grund unter den Flissen,
die rechten Bausteine in den Handen und das rechte Ziel vor Augen haben«.
Bedeutenden Ruf genoss J. als Prediger. Wie er selbst einmal erklarte, die
evangelische Predigt solle gehen »aus der Schrift heraus, durch's Herz hin-
durch, in's Leben hinein«, so hat er stets gepredigt und die Herzen seiner
Zuhorer gepackt, »jeder Gedanke trug die Farbe des Lebens und verrieth
den warmen Herzschlag der Urspr(inglichkeit«. Energie und Entschiedenheit,
Herzenswarme und tiefe Pietat bildeten die Grundzlige seines Wesens. Vor
Allem aber war er ein Mann der thatigen Liebe, und so ist sein Leben und
Wirken ein Segen ftir Viele gewesen, ein Segen auch fur die seiner Obhut
anvertraute Kirche.
Vgl. Kieler Zeitung, Morgenausg. v. 1. u. 7. Juni 1899; Schleswig-Holstein-Lauen-
burgisches Kirchen- und Schulblatt, 1899, No. 23, 40, 41; Alberti, Schriftsteller-Lexikon,
1866 — 1882, Bd. 1. S. 321; Zeitschrift der Gesellschaft f. Schlesw.-Holst.-Lauenb. Geschichte,
Bd. 12, 1882, S. 317; Bd. 19, 1889, S. 69.
Joh. Sass.
Wiegand, (Joseph Anton) Heinrich, Opernsanger, * 1843 oder 1841
zu Frankisch-Crumbach im Odenwald, f in Frankfurt a. M. am 28. Mai 1899,
geistesumnachtet. Er widmete sich anfangs dem kaufmannischen Berufe
in England, Constantinopel und Paris. Erst 1870 ging er, bei Beginn des
Kriegs als Deutscher aus letzterer Stadt ausgewiesen, als Sanger zur Biihne,
flir die er sich privat schon vorgebildet hatte. An den Stadttheatern Ztirichs
und Coins erregte der intelligente KUnstler, der seine Basspartien mit klang-
voller, markiger Stimme und darstellerischem Geschick verkorperte, Aufsehen.
Nachdem er 1873 — 77 am Frankfurter Opernhause gewirkt hatte, unternahm
er eine Tourntte nach Amerika und gehorte hiernach dem Operpersonal zu
Leipzig, Wien (Hofoper), Hamburg an, wo er in ernsten und komischen
Rollen, meist nur zweiten Ranges oder hochstens den Hauptbassisten ver-
tretend, Anerkennenswerthes leistete. Unter grossem Beifalle sang er als
alternierender bei den i886er Wagner-Festspielen zu Bayreuth Konig Marke
in »Tristan und Isolde« und Gurnemanz in »Parsifal«. Ein schones reiches
Feld schien sich dem mit Recht allerseits geschatzten Sanger in den neun-
ziger Jahren am Mlinchener Hoftheater zu eroffnen, obzwar er es auch da
zu keiner flihrenden Stellung brachte. Aber dem eifrigen KUnstler, der
jederzeit originell sein Fach austibte und nach bestem Konnen sich ohne
Schablone alle seine Rollen, auch untergeordnetere Chargen zurechtlegte,
256 Wiegand. Ddrrschmidt. Schiflf.
begann 1897 das Gedachtniss zu schwinden, was nicht nur seine Berufsthatig-
keit auf eine harte Probe stellte, sondern eine geistige Verwirrung vorahnen
Hess. Noch wahrend dieses Jahres musste der Bedauernswerthe, nicht mehr
fahig, den Pflichten des Mitglieds eines Blihnenverbands nachzukommen, in
eine Heilanstalt verbracht werden.
Kurze Notizen nach clem Tode (»im Alter von 56 Jahren, Frankfurter StandesamU)
»Frankftr. Ztg.«, »Frankftr. Journal*, »M(inchn. Neuest. Nachr.« (No. 249 vom 31. 5.:
»58 Jahre alt«) Vossische Ztg.« u, a.
Ludwig Frankel.
Diirrschmidt, Heinrich, Jurist und Politiker, * am 26. November 181 9
zu Wunsiedel, f in Mtinchen am 13. Januar 1899. Sohn eines Ad-
vokaten, studirte er zu Erlangen und Heidelberg die Rechte und wurde nach
gutem Staatsexamen Gerichtsaccessist in Bamberg. Die lebhafte politische
Bewegung in Bayern wahrend der 40 er Jahre berlihrte auch den jungen Ju-
risten, der unumwunden seine freimuthige und gemeindeutsche Gesinnung aus-
sprach und drum erst nach 10 Jahren, 1854, als Assessor in Aichach definitiv
angestellt wurde. Einige Monate spater kam er nach Ausburg, wo er die Tochter
des Burgermeisters ehelichte, dann nach Donauworth und Freising, endlich nach
Mtinchen. Im Laufe der Zeit wurde er daselbst Appellationsrath beim Obersten
Gerichtshofe, 1879 a ^er bei Begrlindung des Reichsgerichts als Rath nach
Leipzig berufen, wo er zehn Jahre blieb. In Pension nach Miinchen zuriick-
gekehrt, betheiligte er sich trotz seines Alters noch am politischen Leben
und w f urde als Nationalliberaler in die Kammer der Abgeordneten gewahlt,
und erst Krankheit zwang ihn, sich endgiltig in den Ruhestand zuriick-
zuziehen. Dem liberalen Gedanken ist D. stets ein treuer, allerseits hochge-
achteter Vorkampfer gewesen. »Der Verewigte nahm es ernst mit seinem Berufe.
Er hatte grosse Gedanken und bewahrte sich dabei ein kindliches Herz. Er w f ar
zwar politisch ungemein thatig, hasste aber die Parteiungen und die Vergotte-
rungen. Mit Rath und That stand er Jedem bei, der seiner Hilfe bedurfte,« so
hiess es in der Leichenrede des protestantischen Pfarrers Herm. Lembert.
Notizen »MUnchn. Neueste Nachr.« No. 26 v. 17. Jan. 1899, S. 2 f.
Ludwig Frankel.
Schiff, Emily Dr. med., Schriftsteller, * am 30. Mai 1849 in dem kleinen
bohmischen Stadtchen Raudniz, f aui 23. Januar 1899 ^ n Berlin. S. war
der Sohn eines ganz bescheidenen jtidischen Kaufmanns; er besuchte die
judische Gemeindeschule des Heimathortes und dannseit i860 das deutsche Gym-
nasium in Leitmeritz; er ging mit neunzehn Jahren auf die Wiener Universitat;
studirte Jura; er bestand die erste juristische Prlifung und absolvirte das Quadri-
ennium; dann wurde er politischer Journalist bei der »Deutschen Zeitung« in
Wien; 1874 bei der »Spenerschen Zeitung« in Berlin, und hierauf war er 25 Jahre
hindurch, bis zu seinem Tode, standiger Vertreter der Wiener »Neuen freien
Presses in Berlin. Von 1878 bis 1880 trieb er an der Berliner Universitat
hohere Mathematik, Differential- und Integralrechnung, sowie analytische
Mechanik; spater begann er Medicin zu studiren. Bis Mitte 1894 hatte er
alle seine medicinischen Prufungen regelrecht bestanden; er war jetzt prak-
tischer Arzt, libte aber nie die arztliche Praxis und war auch in der Zeit
seiner naturwissenschaftlichen Studien stets Schriftsteller und Journalist ge-
blieben.
Schiff.
*57
Die meisten dieser Daten liefert die kurze Vita, die seiner Doctor-
Dissertation angehangt ist.
Der Sohn eines kleinen jiidischen Kaufmanns aus einer kleinen boh-
mischen Provinzialstadt, der Jurist wird und nie ein Amt libernimmt, der Jahre
lang mit hochstem Ernst hohere Mathematik und ■ der Medicin treibt, ohne
je aus diesen Fachstudien einen Lebensberuf im ublichen Sinne des Wortes
zu machen, ist er eine von den Existenzen, die in dem wohl klassificirten
bureaukratischen Deutschland nicht unterzubringen sind. Ware er reich ge-
wesen, so hatte man ihn vielleicht einen Privatgelehrten genannt, wobei sich
mit diesem Ausdruck landlaufig der BegrifF eines Menschen zu verkntipfen
pflegt, der sein Nichtsthun oder seine Unproductivitat hinter gelehrten Lieb-
habereien versteckt. Da er diesen Reichthum nicht besass, und da er neben
seinen Studien und trotz derselben Leitartikel schrieb und Depeschen seinem
Blatt sandte und dazu auch geschmackvolle Theaterberichte heute und scharf
charakterisirende Parlamentsberichte morgen, so war er nach den Begriffen
Deutschlands der Typus jener, die ihren Beruf verfehlt haben, und wirklich
— er war Journalist.
Es giebt ftir diese Entwicklung, die trotz der muhelos bestandenen
Prufungen in der Juristerei und der Medicin nie aus der Journalistik hinaus-
gefuhrt hatte, eine Erklarung. Emil Schiff besass einen ganz ungewohnlichen
Wissenstrieb.
Mit diesem Wissensdurst ging er nicht an eine einzelne Quelle der
Erkenntniss, sondern an alle Quellen der Erkenntniss, die ihm werthvoll er-
schienen. So wurde er auch aus geistiger Anlage kein Fachgelehrter. Und
da er ein kritischer Kopf war, der sein charakteristisches Geprage durch eine
gewisse jlidisch-talmudische, nicht selten zunachst priifend abweisende Scharfe
des Denkens erhielt, so war das Fundament aller seiner Betrachtungen ein
kritisch-philosophisches, und als er erkannt hatte, dass die philosophische An-
schauung in unseren Tagen der exakten naturwissenschaftlichen Kenntnisse
nicht entbehren konnte, da suchte sich dieser Journalist der exaktesten unter
den Wissenschaften, der Mathematik, zu bemachtigen, und es durchlief dieser
Journalist von dreiunddreissig Jahren schliesslich alle Stadien eines vorge-
schriebenen medicinischen Studienganges. Naturwissenschaftliche Kenntnisse
verkniipft durch eine umfassende philosophische Bildung waren das Eigen-
artige seiner geistigen Struktur, und mit diesen geistigen Voraussetzungen trat
er dann auch an politische und volkswirthschaftliche und auch an kiinstlerische
Probleme heran.
Er war kein Forscher im eigentlichen Sinne auf irgend einem Gebiet;
aber ein scharfsinniger Betrachter der Forschung auf den verschiedensten
Gebieten, und diese sachliche, priifende und umfassende Betrachtungsweise,
gepaart mit der Gabe der Darstellung, machte ihn zu einem ganz hervor-
ragenden Journalisten, der seinen Beruf nicht verfehlt hatte.
Wenn er das Lebenswerk von Helmholtz darstellte, so wusste er mit
voller Klarheit die Technik des Augenspiegels zu beschreiben, oder die Helm-
holtz'schen Entdeckungen aiif dem Gebiete der allgemeinen Physiologie der
Muskeln und Nerven zu schildern; er wtirdigte seine Untersuchungen iiber
die Tonempfindungen und das von ihm ausgesprochene Gesetz von der Er-
haltung der Kraft, um dann zusammenfassend, gewissermassen die philosophische
Quintessenz gebend, zu sagen:
Biogr. Jahrbuch u. Deutscher Nek ru log. 4. Bd. j^
258 Schiff. Majunke.
»Heltnholtz suchte Klarheit *u gewinnen ttber die Welt nach den beiden Seiten, in
denen sie sich dem Bescbauer darbietet ; einmal nacb den Kr&ften, die sie bewegen, sodann
nach den Bedingungen, unter denen der menschliche Geist sie aufnimmt und erschliesstc
Oder wenn er von Dubois-Reymond sprach und ttber dessen physio-
logische Entdeckungen berichtet hatte, so gab er schliesslich ein breites und
prachtiges, rein menschliches Portrait dieses Gelehrten:
»Ein universal angelegter Geist, in dem neben der scharfen Intuition des exakten
Physikers die Gestalten Homers und der antiken Tragttdie, Sbakespeares und Goethes,
Byrons und Kousseaus lebten, batte er in der Eleganz und der Farbenpracbt der Sprache
kein geringeres Vorbild als Alexander von Humboldt, und wie dieser schien er sich zu-
weilen in den Rhythmen der eigenen Prosa zu berauschen, aber nie liess ihn daruber die
Klarheit des Denkens im Stich.«
Und ein Mann, der die universelle Seite eines Dubois zu erfassen ver-
mochte, trat dann'auch mit demselben liebevollen Verstandntss an andere
universell angelegte Gestalten aus ganz anderer Sphare — so aus der politisch-
nationalokonomischen, an Lud wig Bamberger schildernd und klug deutend he ran.
Emil Schiff war im hochsten Sinne ein gebildeter Mensch — nicht, weil
er viel wusste, nicht, weil er nach der Juristerei, Philosophic und Natur-
forschung, Sanskrit, Russisch und Spanisch, Geschichte, Nationalokonomie und
Literatur mit wissenschaftlichem Eifer betrieb, sondern weil er sein grosses
Wissen zu einer freien und unabhangigen Weltanschauung vereinigt hatte; das
ist erst Bildung; und diese Weltanschauung wiirde man nicht frei und nicht
unabhangig nennen dtirfen, wenn sie nicht zugleich durchaus human ge-
wesen ware.
In der Berliner Medicinischen Gesellschaft widmete Rudolf Virchow dem
eben Verstorbenen eine Gedenkrede, in der er sagte:
» Schiff war ein zuverlassiger, tapferer und geschickter Mann, der es wohl
verdient hatte, eine bessere Gesundheit zu haben und ein hoheres Alter zu
erreichen.«
Emil Schiff hat seine grttsseren Arbeiten als Feuilletons vor Allem in der *Neuen
Freien Presse« in Wien und zahlreiche Essais in der >Deutschen Rundschauc und in der
•Nation* in Berlin verttffentlicht. Seine Dissertation »Pierre Jean Georges Cabanis, der
Arzt und Philosophy erschien 1886 in Berlin bei H. S. Hermann.
P. Nathan.
Majunke, Paul, ultramontaner Politiker und Publicist, * 14. Juli 1842
zu Gross-Schmograu, Kreis Wohlau, Schlesien, f 21. Mai 1899 zu Hochkirch
bei Glogau. Er absolvirte das Gymnasium, studirte 1861—66 in Breslau
die Rechte, dann katholische Theologie und empfing 1867 die Priesterweihe.
Als Caplan in Neusalza./O. thatig gewesen, tibernahm er w&hrend des vati-
canischen Concils 1869 die politische Redaction der »K6lnischen Volks-
zeitung«, 1871, nach einjahrigem seelsorgerischen Wirken in Grottkau und
Breslau die des andern leitenden norddeutschen ultramontanen Blattes, der
»Germania« in Berlin. Nicht ohne Geist und Geschick, so erkennen auch
die Gegner an t leitete er bis 1878 das Centralorgan der nun begrttn-
deten katholischen Centrumspartei in intransigentem Sinne und Stile.
W&hrend des beginnenden sog. »Culturkampfs« verfocht M. in der vordersten
Schlachtreihe seiner Gesinnungsgenossen die clerical-katholischen Interessen
ausserst eifrig und scharf gegenUber den MachtsprUchen und Schritten der
Majunke. Schwaighofer. Mergenthaler. 250
Bismarck 'schen Staatsregierung. In der parlamentarischen Arena erschien M.
zuerst 1874 unci zwar als Reichstagsabgeordneter fur Trier (Stadt); seit 1878
gehorte er fur den Kreis Geldern-Kempen auch dem Preussischen Abgeordneten-
hause an. Seit 1878 gab M. die »Correspondenz fur Centrumsblatter« von
Berlin aus heraus, mit der er allmahlich in der Partei und ihrer Presse einen
ubermachtigen Einfluss errang. Daher neigten die diplomatischen FUhrer der
Fraction, als diese anfangs der achtziger Jahre mit dem einlenkenden Reichs-
kanzler zu einem versohnlicheren modus vivendi iiberging, dazu, den streit-
baren Kampen kaltzustellen, obzwar er mehrfach durch Gefangniss wegen
Pressvergehens in Plotzensee (seine Verhaftung nach gefalltem Urtheil wahrend
der Session im December 1874 entfesselte im Reichstage einen der heftigsten
Sttirme) die politische Martyrerkrone erworben hatte. Die Energie seiner
Ueberzeugung auf einen urbaneren Ton herabzustimmen, verstand er sich
nicht oder verstand er nicht. So legte er denn 1884 beide Mandate und
die Redaction nieder, zog sich von der praktischen Politik ganz zurtick und
wirkte fiirder als Pfarrer zu Hochkirch, freilich literarisch noch im Dienste
der Weltanschauung thatig, die er anderthalb Jahrzehnte hindurch entschieden
oft verrannt, stets aber wehrhaft und unerschrocken offentlich vertreten hatte.
»Allg. Ztg.« No. 141 v. 23. Mai 1899, S. 2; anderc Nekrologe i. d. »Augsburger
Abendztg.« void selben Datum No. 140, S. 2; »Augsbg. Postztg.« No. 117, S. 7; »Miinchn.
Neueste Nachr.« No. 238, S. 2; u. a. Meyers Konservationslex. 6 XI 794.
Ludwig Frankel.
Schwaigbofer, Johann, autodidactischer technischer Erfinder, * 181 7 in
Rettenschoss, f im Hochsommer 1899 zu Kossen, wie jenes in Nordtirol.
Nahezu 60 Jahre hat er das Lehreramt versehen, aber — einen Hauptgrund
lasst schon sein selbstverfasster Grabspruch »Die Erde sei ihm leicht, wie
sein Gehalt« ! — dabei sein Augenmerk auf allerhand Nebengeschafte gerichtet
und sich bei dem kargen Einkommen seines schulmeisterlichen Anfangs als
Taglohner, Holztrifter, Kohler, Zimmerer und Schreiner, Steinmetz, Bildhauer,
Maler, Pflanzensammler u. a. bethatigt. In Denken und Arbeiten durchaus ein
Original, ein heller, erfindungsreicher Kopf, wagte sich S., der fur mathe-
matische Geographie und Astronomie wirklich wunderbare Lehrmittel an-
gefertigt hat, sogar an die Herstellung elektrischer Apparate und wurde ftir
seine Leistungen auf der Wiener Weltausstellung 1873 decorirt. Danach
knupfte er Beziehungen mit Edison, Helmholtz und hochbejahrt noch mit W. C.
Rontgen an, und sein Name ward weit iiber seines Dorfes Weichbild und das
Tiroler Land hinaus mit Ehren genannt. Bis zuletzt frischen, heitern Geistes,
konnte der erst gegen das Ende durch seinen Korperzustand ans Zimmer
gefesselte Naturtechniker auf ein reiches Leben zurtickblicken.
Nekrolog mit Portrait in Phil. Wasserburg's »Belletrist. Beilage« zu vielen stlddeutschen
katbolischen Zeitungen (Badenia, Karlsruhe: »Sterne u. Blumen« u. a.), 1899, No. 38, S. 303;
Tiroler Tagesblatter.
Ludwig Frankel.
Mergenthaler, Ottmar, der Erfinder derSetzmaschine, * 10. November (Mai?)
1854 in Durrmenz, Oberamt Miihlacker, in Wtirttemberg, f 28. October 1899
zu New- York. Als Sohn eines Dorflehrers im benachbarten Hachtel auf-
wachsend, zeigte er von Jugend auf reges Interesse flir Mechanik, erlernte
bei seinem Oheim Hahl in Bietigheim die Uhrmacherei und trat 1872 in die
i 7 *
260 Mergenthaler. Dobbert.
von seinem Vetter Hahl in Washington errichtete Fabrik technischer Apparate
in Arbeit, wo er bald durch Fleiss und Selbstandigkeit eine hervorragende
Stellung errang. Umgang mit Schriftsetzern regte ihn zu seiner epoche-
machenden Erfindung an, deren directer Anlass der Auftrag war, in der nach
Baltimore verlegten Anstalt eine mangelhafte Schreibmaschine umzucon-
struiren. Anfangs wollte er die Erzeugnisse der letzteren mittels Steindrucks
vervieltaltigen. Als ihm dies Verfahren nicht concurrenzfahig neben dem
Buchdruck erschien, construirte er eine Matrizen-Pragemaschine, mit der er
einzelne Buchstaben in Maternplatten pragte, um von diesen Stereotypplatten
zu giessen, Auf diesem Wege liess sich kein dem Handsatz ebenbiirtiger
herstellen, da die eingepragten Buchstaben oft zu hoch oder zu tief in der
Satzebene standen und nicht Linie hielten. Dieselbe Ungleichmassigkeit trat
M. entgegen, als er statt der Typen Matrizen setzte und von diesen goss.
Kndlich nach i2Jahrigen Miihen und Versuchen, stellte M. anfangs der achtziger
Jahre auf Grund harmonisch ineinander greifender Erfindungen, die iiber
vier Millionen Mark verschlungen hatten, in New-York die erste selbstthatige
Zeilen-Setz-, Giess- und Ablegemaschine auf, die als Grundelement des Satzes
an Stelle des Buchstabens die Zeile von Messing-Matrizen mit je einem Buchstaben
durch eine anreihende Claviatur setzte, in einem in der Maschine befindlichen
Giessapparat druckfertig goss und automatisch ablegte: sie vertritt die Thatig-
keit von 3 Mann zugleich und leistet die Arbeit 5 — 6 geubter Handsetzer. Dies
Meister- und Wunderwerk, »Linotype« geheissen, hat sich seitdem in der Praxis
tausendfach bewahrt, J. Gutenbergs Riesenthat gleichsam neu gekront und den
unermudlichen Genius M. unsterblich gemacht. Dieser selbst erhielt vom Tech-
nical Institute zu Philadelphia den grossen Ehrenpreis ftir die bedeutendste
Erfindung des Decenniums, griindete 1893 in Baltimore eine eigene Fabrik,
musste sich aber infolge der durch Ueberanstrengung entstandenen Erschutterung
seiner Gesundheit schon vor einigen Jahren vom Betriebe zuruckziehen, und
ist in der Bluthe des Lebens einem tuckischen Lungenleiden allzu friih
erlegen. Die Geschichte der Buchdruckerkunst, der er, ein wiirdiger Nach-
folger Fried. Konigs, Erfinders der Schnellpresse, das zweitschwierigste
Problem miih- und wundersam gelost hat, wie die der neuzeitlichen Erfin-
dungen uberhaupt verzeichnen seinen Namen mit goldenen Lettern.
Nachruf (mit Portrait) i. d. »Gartenlaube«, Beilage zu No. 46 von 1899, mit knapper
Erlauterung des Technischen. Das Letztere ausftihrlich in einem Nekrolog des »Allgem.
Anzeigers f. Druckereien* (Frankfurt a. M.) 26. Jahrg. (daraus abgedruckt z. B. i. d. Feuilleton-
Beilage zu No. 306 des »Beobachter am Maine [Aschaffenburg] v. 11. Nov. 1899; ebd.
No. 144 vorztiglicher Aufsatz fiber M'.s Erfindungen E. K[ley], »Typographische Jahrbticher«,
»Archiv fUr Buchgewerbe«, »Deutsch. Buch- u. Steindrucker«, VI. Jahrg. (darin in d. Weih-
nachts-No. 1899, S. 149 Angaben tiber den Eroberungszug der Linotype in Deutschland,
der hier benutzt wurde, d. ^Journal f. Buchdruckerkunst«, d. »Neuen Druckerei-Anzgr.«,
d. »Oester.-ungar. Buchdrucker-Ztg.«c ; in sammtlichen aheren Ursprungs sind auch die betr.
Artikel aus der Zeit des Hervortretens der »Linotype« zu vergleichen. 249. Beilage d.
Allgem. Ztg. 1899, S. 8. Nekrologe in den meisten grosseren Tageszeitungcn.
Ludwig Frankel.
Dobbert, Eduard, Ordentlicher Professor filr Kunstgeschichte an der
Kgl. Technischen Hochschule zu Charlottenburg und an der Kgl. Akademie
der Ktinste in Berlin, * am 25. Marz 1839 ^ n St. Petersburg (als Sohn des
K. Leibchirurgen James Dobbert und seiner Gattin Christine, geb. Bruun),
f am 30. Sept. 1899 in Gersau am Vierwaldstatter See.
Dobbert. 261
D. entstammte einer im Anfang des XVIII. Jahrh. aus Sachsen nach
St. Petersburg eingewanderten Familie. Seine Jugenderziehung erhielt er da-
selbst an der deutsch-evangelischen St. Petri-Schule. Gleichzeitig wurde
schon in dem heranreifenden Knaben, der die ernste Gesinnung und das
stetige Wesen des Vaters geerbt hatte, durch das angeregte und gesellige
Leben im Elternhause, in dem die vielseitigsten und namentlich literarische
Interessen reiche Pflege fanden, ein lebhaftes geistiges Streben geweckt.
1857 bezog er die Universitat Dorpat und widmete sich der Geschichts-
wissenschaft, setzte aber dann seine Studien seit 1858 zusammen mit seinem
Jugendfreunde und nachmaligen Schwager, dem spateren Dorpater Professor
Al. Brtickner in Jena (bei Droysen), Berlin und Heidelberg fort. Er promo-
virte hier i860 bei Ludw. Hausser, an den er sich besonders nahe ange-
schlossen hatte, mit einer Arbeit »Uber das Wesen und den Geschaftskreis
der missi dominici«. Doch hatten bereits in Jena Kuno Fischers und in
Berlin Karl Werders Vorlesungen eine starke Hinneigung zur Literatur und
bildenden Kunst bei ihm hervorgerufen, die durch eifrigen Besuch der Ber-
liner Museen und Theater noch mehr gefordert worden war. Zur Bethatigung
seiner vielseitigen Interessen bot sich D. in St. Petersburg nach seiner
Heimkehr im Jahre 1861 die ersehnte Gelegenheit ausschliesslich in publi-
cistischer Arbeit und privater Lehrthatigkeit. Ausser »Dramaturgischen Ver-
suchen« (St. Petersburg 1865) erschienen zahlreiche Beitrage aus seiner
Feder zur literarischen und Kunstkritik in der von ihm im J. 1866 begriin-
deten »St. Petersburger Wochenschrift« . Forderung deutschen Geisteslebens
in seiner Heimat und Verbreitung der Kenntniss russischer Kulturzustande
unter den Deutschen des In- und Auslandes waren es, was er mit derselben
erstrebte, und mit ganzer Hingebung und offhem Sinne fUr alle Erscheimingen
des ihn umgebenden Lebens begann er ftir diese doppelte Aufgabe zu wirken.
Aber schon nach einem Jahre sah er sich durch die materiellen Schwierig-
keiten des Unternehmens, das uberdies unter der Ungunst der Censur und
der gesammten Zeitverhaltnisse mit ihren sich immer einseitiger vordrangenden
politischen Interessen zu leiden hatte, gezwungen, die Herausgabe des ge-
nannten Blattes mit einem Lehramt an der St. Petrischule zu vertauschen,
eine Stellung, welche er bis 1869 bekleidete, ohne jedoch in ihr Genugen
zu linden. Durch die Beobachtung des zeitgendssischen Kunstschaffens an-
geregt, hatte sich seine Aufmerksamkeit inzwischen immer starker der bilden-
den Kunst zugewandt. Dank seiner genauen Kenntniss der neueren russischen
Kunstentwicklung war er schon damals von Jul. Meyer zur Mitarbeit am
allgemeinen Ktinstler-Lexikon hinzugezogen worden. Das Jahr 1869 brachte
die erste grossere Arbeit kunstwissenschaftlichen In halts liber »die monumentale
Darstellung der Reformation durch Rietschel und Kaulbach«, die sich durch
eine ftir die damalige Zeit auffallend unabhangige Beurtheilung des letzt-
genannten Ktlnstlers auszeichnet (Virchow-Holtzendorff'sche Samml. H. 74).
Diesem glilcklichen Versuche folgte dann noch im selben Jahre Dobbert's
Entschluss, sich ganz dem kunstgeschichtlichen Fache zu widmen, der zur
Auflosung des 1863 begrtindeten Hausstandes und zu neuen vorbereitenden
Studien ftihrte. Seinen Ausgangspunkt nahm er dabei von den ihm nahe
liegenden byzantinisch-russischen Kunstdenkmalern, denn mit richtigem Blicke
hatte I), die Bedeutung der byzantinischen Kunst, deren Erforschung selbst
in Russland erst in ihren Antangen stand, ftir die allgemeine Kunstgeschichte
ermessen. Eine Studienreise ftihrte ihn zunachst zu den Kunststatten Russlands,
262 Dobbcrt
nach Nowgorod, Moskau und Kiew, wo die Bau- und Bildwerke, die Wand-
malereien und Mosaiken und die Miniaturenschatze der Bibliotheken studirt
wurden, und schliesslich Uber Odessa, Lemberg und Krakau nach MUnchen.
Bei Brunn und Messmer suchte D. im Winterhalbjahr 1869/70 Ein-
fuhrung in die neuesten Forschungen auf dem Gebiete der antiken und alt-
christlichen Kunst. Nach neunmonatlichem, durch einen Todesfall veranlasstem
Aufenthalt in St Petersburg, der in der Familie zugleich ftir die grundlichste
Kenntnissnahme der dortigen Sammlungen ausgenutzt wurde, sah ihn das
Frtihjahr wieder in MUnchen, von wo er im Sept. 1871 eine zehn-
monatliche Studien- und Forschungsreise nach Italien antrat. Diese und sein
im Laufe der Jahre erworbenes reiches Specialwissen auf dem mittelalterlich-
byzantinischen Kunstgebiet wurden ftir D.'s Forschungen vorzugsweise rich-
tunggebend, ohne sie in einen allzu engen Kreis zu bannen. Nach MUnchen
zurUckgekehrt, habilitirte er sich 1873 als Privatdocent an der Universitat,
doch noch ehe er seine Vorlesungen eroffhet hatte, erreichte ihn ein Ruf
nach Berlin in die durch den Tod von Fr. Eggers freigewordenen Lehramter
der damaligen Bau- und Gewerbe-Akademie und der Akademischen Hoch-
schule der bildenden KUnste. Diesen Anstalten, an denen er ein Jahr spater
zum Professor ernannt wurde, ist D. fast 26 Jahre hindurch bis zu seinem
im Jahre 1899 * n F°lg e eines schnell fortschreitenden Herzleidens auf einer
Erholungsreise erfolgten Tode treu geblieben. Mit ganzer Hingebung widmete
er sich seiner Lehrthatigkeit, seinen Zuhorern die Kenntniss vorangegangener
Kunst- und Kulturepochen unter stetiger Berlicksichtigung der neuesten
Forschungen vermittelnd, wahrend es ihm leider in seinem Beruf versagt
blieb, einen grosseren Schtilerkreis zu eignen Forschungen anzuregen, was im
Hinblick auf D.'s wissenschaftliche GrUndlichkeit und bedeutende fach-
liche Lehrbegabung sehr bedauert werden muss. Das Vertrauen, das seine
ebenso charakterfeste wie liebenswtirdige Personlichkeit unter seinen Collegen
allgemein besass, fand seinen sichtbarsten Ausdruck in der Uebertragung des
Rektorats der Technischen Hochschule auf ihn ftir das Jahr 1885 und des
Prorektorats im nachstfolgenden. Fortdauernd war er ausserdem als Mitglied
verschiedener Korperschaften beider Lehranstalten mit mancherlei Neben-
pflichten, wie z. B. der Direktion der Bibliothek der Kunstakademie belastet
Als besondere Aufgabe fiel ihm 1884 die Abfassung der Chronik der Hoch-
schule gelegentlich der Einweihung des Neubaues derselben zu, wiederholt
aber bei regelmassigen festlichen Anlassen die Pflicht des Festredners, der er
sich stets um so freudiger unterzog, als sie ihm die Gelegenheit bot, seine
Anschauungen Uber Ktinstler und Kunstwerke verschiedener Epochen in all-
gemein verstandlicher, auf einem asthetisch abgeklarten Urtheil beruhender
und in einer ktinsderisch durchgearbeiteten Form vorgetragener Darstellung
auszusprechen. Mit Vorliebe behandelte er namentlich die ihm durch seine
neue Heimath naher gebrachten Berliner Meister der Bau- und Bildhauerkunst
aus der ersten Halfte des 19. Jahrhunderts, und einzelne dieser Charakteristiken
gehoren zum Besten, was Uber sie geschrieben worden ist. Von seiner
eigendichen Forscherarbeit wurde D. freilich durch seine ausgedehnte
Lehr- und Amtsthatigkeit stark abgezogen und sah sich gezwungen, dieselbe
schon frtih auf ein verhaltnissmassig eng begrenztes Gebiet zu beschranken.
Mit rastlosem Fleisse und in unausgesetzter Verfolgung der einmal in Angriff
genommenen Aufgaben lag er dafiir dieser Arbeit ob. Eine nochmalige
Reise nach Italien, je eine Reise nach Frank reich und England so wie
Dobbert. 263
mehrere nach Russland, insgesammt wahrend der Ferien unternommen, dienten
spater hauptsachlich der Bereicherung der einschlagiger Materialien. — Als erster
Ertrag der wissenschaftlichen Forschung D/s entstand im Jahre 1872 eine
ikonographische Untersuchung liber »Die Darstellung des Abendmahls durch
die byzantinische KunsU, in der die beherrschenden Gesichtspunkte und das
Wesendiche seiner Arbeitsweise bereits in voller Reife hervortreten. Nach
seiner ganzen persOnlichen Entwicklung bildete der geistige Inhalt des Kunst-
werks stets ftir D. eine besonders wichtige Seite in der Betrachtung
desselben und suchte er immer den Zusammenhang der Darstellung mit der
Literatur und der allgemeinen Kulturgrundlage im Auge zu behalten. Doch
blieb er auch der im Entstehen begriffenen stilkritischen Specialforschung
keineswegs fremd, wenngleich diese sich dank seiner literarisch asthetischen
Vorbildung bei ihm meist einer allgemeineren Beurtheilung der Ktinstler und
Kunstwerke unterordnete. Innerhalb der italienisehen Kunst waren es vor
Allem die grossen Meister des Trecento, deren Werden und Schaffen er
einem allseitigen Verstandniss zu erschliessen bemliht wan An der Spitze
steht der Zeit nach die MUnchener Habilitationsschrift »Ueber den Stil
Niccold Pisano's (1873); indem er dessen Kunstweise darin ciner erschopfen-
den Analyse unterwarf, wusste D. die damals vorherrschende Ansicht vom
siiditalischen Ursprunge seiner Kunst vollstandig zu erschiittern. (Neuere
archivalische Untersuchungen haben ihr seitdem auch den Halt an einer
frtther missverstandenen urkundlichen USberlieferung entzogen). Durch seine
Beherrschung des weiten Gebiets der christlichen Ikonographie forderte er
zugleich die Erklarung der Composition Niccolds und seiner Schule. In
stilistischer Beziehung erwies er dessen Abh&ngigkeit von antiken Vorbildern
in einem viel starkeren Grade, als man bis dahin anzunehmen geneigt war,
und zog mit trefflicher Beobachtung ein umfangreiches Denkmalermaterial zur
Vergleichung heran, darunter auch einzelnes ganzlich Unbekannte (Frauen-
btiste aus Scala, jetzt in Berlin). Auch wahrend des nachfolgenden Lustrums
blieb D.'s Forschung vorwiegend auf die Trecentisten gerichtet. Die Be-
schaftigung mit ihnen fand (1878) eine literarische Zusammenfassung in
seinen nach Inhalt und Darstellungsform gleich gediegenen Beitragen zu
Dohmes »Kunst und Ktinstler des Mittelaiters und der Neuzeiu, Bd. II y
Abth. I, No. XL — XLIII: Die Pisani; Giotto; die Sienesische Malerschule;
Orcagna; Fra Angelico da Fiesole. Auf kritischer Grundlage bieten diese
Monographieen eine grtindliche und anregende Wtirdigung des Lebenswerkes
der genannten Ktlnsder, in der die alteren Forschungen und Streitfragen liber
sie zu einem klaren Abschluss gebracht sind und ein in den Hauptztigen auch
heute noch unverriicktes Bild ihres Schaffens enthalten ist, wenngleich dasselbe
durch die spatere Forschung noch eine Bereicherung und im Einzelnen
manche Berichtigung erfahren hat. Wenn D. auch das klinstlerische Verdienst
Niccolds verhaltnissm&ssig hoch veranschlagte, so verkannte er darum doch
keineswegs die hfihere Begabung des schwungvolleren Giovanni sowie des
massvollen, mit reichem Schttnheitssinn begabten Andrea Pisano. Vor Allem
aber bewahrte er seine selbstandige und klarblickende Auffassung der Kunst Giottos
gegenliber, dessen Entwicklung sich ihm in mancher Beziehung von der durch
Crowe und Cavalcaselle begrtindeten Anschauung abweichend darstellte und
dessen hohe Bedeutung er noch im Gegensatze zu Rumohrs abfalligem Urtheil
zu verfechten hatte. Und wieder war es die genaue Kenntniss der in der
vorhergehenden Kunst gegebenen und auch in Giottos Compositionen noch
264 Dobbcrt.
nicht verlassenen ikonographischen Grundlagen, was ihn dessen ganze innere,
in der Beseelung seiner Gestalten liegende Freiheit in ihrer vollen Bedeutung zu
wtirdigen befahigte. Ein grundverschiedenes, ungleich engeres Verhaltniss zu
der die vortrecentistische Malerei beherrschenden byzantinischen Kunst ergab
sich ihm fiir Duccio sowobl hinsichtlich der Composition wie der figlirlichen
Typen und ftir die in diesen Dingen ziemlich stark von ihm abhangige
Sienesische Schule. Doch erkannte er schon Simone Martini eine grossere
Freiheit von der Tradition zu und unterschatzte keineswegs den fiir die Fort-
entwicklung der Sienesischen Malerei wesentlich bestimmenden Einfluss
Giottos, wie er umgekehrt die Riickwirkung der letzteren auf die Floren-
tinische und einen gewissen Ausgleich beider Schulen in dem Stile Orcagnas
beobachtete. Fiir Orcagna nahm D. auch die hochbedeutsamen Fresken des
Campo Santo zu Pisa in Anspruch, eine Zuweisung, die allerdings von der
jlingeren Forschung wieder aufgegeben werden musste, ohne dass es bisher
gelungen ware, eine bestimmte Urheberschaft fur diese Gemalde festzustellen.
An letzter Stelle zog er Fra Angelico da Fiesole als Fortsetzer des trecen-
tistischen Stils innerhalb des Quattrocento in den Kreis seiner Betrachtung
und wusste in dem Wirken dieses von der gleichzeitigen Kunst scheinbar
unabhangigen Meisters dem stetig wachsenden Einfluss derselben auf dessen
Entwicklung nachzugehen. — Seine ausgedehnten Studien auf dem Gebiete
der trecentistischen Kunst fand D. noch in anderer Weise zu verwerthen Ge-
legenheit, indem er als Mitarbeiter Schnaases den »das Mittelalter Italiens
und die Grenzgebiete der abendlandischen Kunst « behandelnden Theil
(Bd. VII) fiir die 2. Aufl. der »Geschichte der bildenden Kiinste« einer Neu-
bearbeitung unterzog. Zwei wichtige spatere Einzelbeitrage schliessen sich
diesen Arbeiten an. In einem langeren Aufsatz (Repert. f. K. Wiss. Bd. IV,
S. 1) kam D. noch einmal auf das Pisaner Campo Santo zurlick, aber nicht
um die Frage nach dem Meister der Fresken, sondern um die literarischen
und kulturhistorischen Grundlagen des Gemaldes vom » Triumph des Todes«
zu erortern, und er verstand es, auch nach Hettners einschneidenden Unter-
suchungen darliber sich noch ein wesentliches Verdienst um ihre Erklarung
zu erwerben. Der Ankauf einer Tafel von der Predella des grossen Altar-
werks Duccios durch das Berliner Museum bot ihm (1885) den AnJass, die
ursprilngliche Zusammensetzung dieses Denkmals in iiberzeugender Weise klar-
zustellen und wiederum eine Reihe feiner Beobachtungen flber den Kunst-
charakter dieses Meisters in einem Aufs. im Jahrb. d. kgl. Preuss. K. Samml.
Bd. V, S. 53 niederzulegen. — Auf Gebieten, die seinen eigenen Studien ferner
lagen, beobachtete D. strenge Zurtickhaltung, nicht ohne durch kleinere Bei-
tr&ge iiber einzelne ihm naher bekannte Kunstwerke (besonders Raphaels; s. u.)
seine rege Antheilnahme an der das Gesammtgebiet der Kunstgeschichte um-
fassenden neueren Forschung zu beweisen. In seinen eigendichen Forschungen
aber traten die Arbeiten Uber byzantinische Kunst und christliche Ikono-
graphie seit den achtziger Jahren immer mehr in den Vordergrund. Durch
einen Aufsatz »Zur Entstehungsgeschichte des Crucifixes« (Jahrb. d. Kgl.
Preuss. K. Samml. Bd. I, S. 41) hat er (1888) den wichtigen Beweis erbracht,
dass die christliche Kunst nicht erst im VI., sondern bereits im V. Jahrh.
die Kreuzigung Christi in allmahlichem Uebergange von der rein symbolischen
zur historischen Auffassung der Scene darzustellen begonnen habe. Vor Allem
waren es die ausgebreiteten Kenntnisse, welche D. sich auf dem Gebiet der
Kleinkiinste erworben hatte, aus denen sich ihm tiefere Einblicke in den
Dobbert. 265
Entwicklungsgang so weit zurtickliegender Kunstperioden erschlossen. Die
Sichtung der Denkmaler, ftir die im Bereich derselben noch wenig geschehen
war, forderte er durch seine lehrreichen Ausflihrungen »Zur Geschichte der
Elfenbeinskulptur« (Rep. f. K. Wiss. Bd. VIII, S. 162). Indem er darin das
Werden der altbyzantinischen Kunst in ihren Hauptrichtungen treffend zu
charakterisiren wusste, flihrte er im Gegensatz zu den unsicheren Aufstellungen
anderer Forscher den neuen Aufschwung der Elfenbeinschnitzerei im V. und
VI. Jahrhundert auf deren Antheil zuriick. In der damit verbundenen Streit-
frage liber den Ursprung der Ravennatischen Kunst ist D.'s Standpunkt
innerhalb der jungeren Forschung immer mehr zur Anerkennung gelangt.
Vielleicht die fruchtbarsten Anregungen aber sind von D.'s ikonographischen
Arbeiten ausgegangen. In der deutschen Kunstwissenschaft hat er zuerst die
Aufgabe der Ikonographie dahin aufgefasst, aus einem moglichst liickenlosen
Material eine Entwicklungsfolge oder die bleibenden Grundztige eines Kunst-
gebiets oder einer Epoche abzuleiten und durch die Vereinigung dieses Ge-
sichtspunktes mit der eingehendsten Berttcksichtigung der literarischen Grund-
lagen zur Ausbildung einer strengeren kunstgeschichtlichen Methode wesentlich
beigetragen. Ohne solche von ihm aufgestellte Forderungen zum Gegenstande
principieller Erorterungen zu machen, verwirklichte er sie selbst als Erster
in mustergiltiger Weise. Seine in einer Folge von Aufsatzen seit 1890
(Repert. f. K. Wiss. Bd. XIII, XIV, XV und XVIII; unvoll.) erschienene
Arbeit ttber »das Abendmahl Christi in der bildenden Kunst «, in der er die
friihere Behandlung dieses Themas (s. o.) einer erganzenden und zusammen-
fassenden Durcharbeitung unterzog und auf die abendlandische Kunst aus-
dehnte, bildet die erste grundlegende ikonographische Untersuchung der
deutschen Kunstwissenschaft. Fur jlingere Anhanger der letzteren wurde D.
dadurch zum Rathgeber in ikonographischen Dingen, und aus seiner person-
lichen Anregung ist eine Reihe ahnlicher Beitrage zur christlichen Ikono-
graphie hervorgegangen. Was D. in erster Linie in dieser erstrebte, war die
sorgialtige Beobachtung der Typenscheidung, wie sie sich auf der gemein-
samen altchristlichen Grundlage allmahlich zwischen dem Morgen- und Abend-
lande vollzieht. Zugleich suchte er ihre tieferen Grtinde in der Verschiedenheit
der literarischen Quellen, aus denen die Kunst ihre Anregungen schopfte,
der religiosen Anschauungen und der Volkssitte in beiden grossen Kunst*
gebieten nachzuweisen. Dadurch wuchs in Deutschland auch das Verstandniss
fur die byzantinische Kunst, der vor ihm nur Unger ein specielles Interesse
zugewandt hatte, aber im wesentlichen auf Grund der literarischen Ueber-
lieferung ohne nahere Kenntniss der Denkmaler. Abgesehen von seinen
eigenen Studien auf diesem Gebiet wurde D. dank seiner Beherrschung des
Russischen fur die deutsche Wissenschaft auch der nattirliche Vermittler der
Forschungsergebnisse der in Russland aufbltihenden byzantinischen Kunst-
forschung. Die jungeren Vertreter dieses Faches in Deutschland aber haben
alle zu D. in einem naheren privaten Schttlerverhaltniss gestanden. Gegen die
Unterschatzung der byzantinischen Kunst und ihres Einflusses auf das Abend-
land sah D. sich mehrmals zur kritischen Abwehr genothigt. Und er ver-
mochte einen so hervorragenden Gegner wie Anton Springer zur Anerkennung
seiner sachlichen*Beweisflihrung und Zugestandnissen zu veranlassen. D.'s
Kritik war stets gleich fruchtbar und Uberzeugend durch ihren positiven
Gehalt, wie vornehm und versohnlich in der Form. Seine Besprechungen
neu erschienener Werke gehen daher in ihrem Umfange und in ihrer Bedeutung
266 Dobbert.
weit hinaus Uber das Durchschnittsmass gewohnlicher Recensionen. Sie ent-
halten immer eine wesentliche Berichtigung der wissenschaftlichen Ergebnisse,
auf die sie sich beziehen, oder eine Vermittlung schrofFer Gegensatze. Obwohl
D. jeder polemische Antrieb fehlte, wurde er. doch durch sein Fortarbeiten
in alien Fragen, die er einmal in seine Untersuchung gezogen hatte, ofter
veranlasst, spateren, einen Widerspruch oder gar einen Angriff gegen seine
Anschauungen enthaltenden Arbeiten gegenttber Stellung zu nehmen. Seine
beiden letzten grosseren Aufsatze verdanken geradezu ihre Entstehung dem
Wunsche sachlicher Widerlegang oder Vervollstandigung fremder Unter-
suchungen, boten ihm jedoch zugleich Gelegenheit, eine Fixlle verstreuter
eigener Beobachtungen zu einem Ganzen zusammenzufassen. Zur sogenannten
»Byzantinischen Frage* (Jahrb. d. Kgl. Pr. K. Samml. Bd. XVI, S. 125 u. S.
211) ( — nach der Starke des Einflusses von Byzanz auf die mittelalterliche
abendlandische Kunst — ) lieferteer durch seine, imwesentlichen gegen F.X.Kraus
gerichtete Abhandlung uber die Fresken von S. Angelo in Formis an einem
Denkmal, das er schon in seiner Hab.-Schrift filr die byzantinische Kunst in
Anspruch genommen hatte, ein Musterbeispiel dafur, wie solche Untersuchungen
fruchtbringend gefilhrt werden konnten. Sie gestaltete sich weit uber die
Erdrterung dieses Einzelfalles hinaus zu einer vergleichenden Abgrenzung
abendlandischer und byzantinischer Kunstanschauung nach Composition,
Typen, Bewegungsmotiven, Geberdensprache u. s. w. und bedeutet einen
Schritt Uber die rein ikonographische Auffassung solcher Probleme hinaus
zur volkerpsychologischen. Einen Einzelbeitrag zur namlichen Frage ent-
halt auch der allerletzte Aufsatz D.'s (ebenda, Bd. XX, S. 139 und 183)
liber das Evangeliar im Rathhause zu Goslar (1898), das er als ein Denkmal
starksten byzantinischen Einflusses auf die deutsche Kunst des XIII. Jahr-
hunderts veroffentlichte. In demselben Jahre ist auch eine andere umfang-
reichere Arbeit »Zur Geschichte der altchristlichen und frtthbyzantinischen
Kunst« (Rep. f. K. Wiss. Bd. XXI, S. 1 und 95) aus Anlass der Kunst-
geschichte von F. X. Kraus und einer russischen Abhandlung Redins uber
»Die Ravennatischen Mosaikeru erschienen, die weniger eine Herausarbeitung
allgemeiner Gesichtspunkte als eine Menge trefflicher Bemerkungen und werth-
voller Erganzungen zur Denkmalerforschung bietet. In sammtlichen Arbeiten
D.'s ist eine bedeutende Summe zuverlassiger Erkenntniss beschlossen, die
z. gr. T. dank der Gediegenheit seiner Forschung bereits Gemeingut der
Wissenschaft geworden ist, aber auch noch zahlreiche Anregungen zur Weiter-
verfolgung der in ihnen behandelten Aufgaben enth<. Die kunstgeschicht-
liche Forschung hat in ihm einen ihrer ttichtigsten Mitarbeiter verloren,
Ausser den im Text aufgefuhrten Arbeiten seien aus der Gesammtheit derselben noch die
nachfolgenden henrorgehoben : — KarlBrttlow. (Eine Skizze aus der russ. K. Gesch.) S. Petersburg
1871. — Das Wicderaufleben des griechischen Kunstgeistes. Berlin. 1876. — Chr. D. Rauch.
Berlin. 1877. — Ist derKnabe auf dem Delphin ein Werk von Raphaels Hand ? (Russ. Revue).
S. Petersburg. 1878. — Zur Gesch. der frtihmittelalterlichen Miniaturmalerei (Rep. f. K. Wiss.
Bd. V, S. 288). — Handzeichnungen von Gottfr. Schadow. hsgb. v. d. Kgl. Akad. d. K.
(Begleittext). 40 Taf. Berlin. 1886. — Gottfr. Schadow. (Zeitschr. f. Bauwesen und sep.).
Berlin 1887. — Henry Thode, Franz von Assisi u. s. w. (Bespr.). Gtttt Gel. Anz. 1887,
S. 257. — Albrecht Dttrer und die Reformation. (Vortr. turn Besten des Lutherdenkmals).
Berlin. 1890. — Anton Springers Forschungen auf dem Gebiete der*Gesch. d. Miniatur-
malerei. (Bespr.) G6tt. Gel. Anz. 1890, S. 865. — Goethe und die Berliner Kunst.
(Feuillet. d. Nat.-Zeitg.). 1891 No. 69 und 71. — Diehl, L'art byz. dans 1'Italie roeri-
dionale (Bespr.). Rep. f. K. Wiss. Bd. XIX, S. 49. — Tikkanen, Die Psalterillustration im
M.-Alter (Bespr.). Ebenda, Bd. XIX, S. 472. — Pokrowsky, Umrisse der Denkmaler der recht-
Dobbert. Zimmermann. Mitterer. 267
glaub. Ikonogr. und Kunst (Bespr.). Byz. Zeitschr. Bd. V, S. 586. — Eine vollstandige
Bibliogr. und eine Auswahl aus seinen bffentlichen Vortragen bieten die »Reden und Auf-
satze«c, nach seinem Tode. hsgb. Berlin. 1900. (Ernst & Sohn) (mit Portrait). (Zur Biogr.
vgl, die Gedachtnissrede geh. von A. G. Meyer in der Kgl. Techn. Hochschule zu
Charlottenburg am 1. Marz 1900 u. den Nekrol. von J. Strzygowski, Byz. Zeitschr. 1899,
S. 334)
O. Wlllff.
Zimmermann, V. J., Journalist, * 1838, f 5. April 1899 zu Bayreuth,
durch sanften Tod von Ian gen Leiden erlost. Seinen Namen als begabter
Tagesschriftsteller und gewiegter Journalist erwarb sich zwar Z. als verant-
wortlicher Redacteur der leitenden Zeitung der Hauptstadt des bayrischen
Kreises Oberfranken, des » Bayreuther Tagblatts«, als der er vom Herbste
1875 k* s ebendahin 1896 ununterbrochen und, erst durch Krankheit zum
Riicktritte genothigt, anerkannt gewirkt hat, indem er den Interessen des Blat-
tes, der Leser und der Allgemeinheit in Wort und Schrift kraftig Rechnung
trug und, unbeschadet seiner katholischen Confession und der Angriffe cleri-
kaler Heisssporne einen gemassigt liberalen Standpunkt unentwegt verfocht.
Jedoch wurde er in weitesten Kreisen aufs Vortheilhafteste bekannt und mit Recht
allbeliebt, indem er seit dem, zufallig kurz nach Z.'s Amtsantritt erfolgenden
Beginne der Auffiihrungen des Bayreuther »Richard-Wagner-Theaters« als
Festspiel-Berichterstatter fur sein Blatt fungirte. So wurde Z. wohl die Per-
sonlichkeit, die den meisten Vorstellungen beiwohnte. Diese Referate, die
ersten fiir die Mehrzahl der Besucher, bekundeten ihn, eigentlich Laien im
rein Musikalischen, als warmen »Wagnerianer« und brachten ihm vielerseits,
auch massgebenden Orts, sogar vom schwer befriedigten Meister, reichen
Beifall. Bei den betheiligten Kunstlern, deren Koryphaen ihm oft in herz-
licher Freundschaft verbunden waren, war Z. wohlgelitten. Kein Wunder,
da er auch als umganglicher vortrefflicher Gesellschafter und aufrich tiger
Freund bewahrt war. Sein Verleger K. Giessel und gute Bekannte verhalfen
ihm zu sorgenfreiem Lcbensabende, so dass er, der so oft mit zu Thaten
der Barmherzigkeit aufgerufen, auch da noch seinem Triebe zur Wohlthatig-
keit geniigeleisten konnte.
Bayreuther Tagblatt 1899, No. 94 und 95 (S. 4f.); MUnchn. Neueste Nachr. No. 160
v. 7. April 1899, S. 4.
Ludwig Frankel.
Mitterer, Franz Xaver, Vorkampfer des Deutschthums in »Walsch«-Tirol,
* 28. Juli 1824 in Laurein, f 5. November 1899 zu Proveis. Sohn eines
Bauern, durchlief M. zu Meran und Trient die niederen und die bischoflichen
Lehranstalten, nachdem er sich den geistlichen Beruf erkoren hatte, und kam,
eben geweiht, 1850 nach dem abgelegenen Bergdorfe Proveis, 1227 m liber
dem Meere, einer der vier allein deutschgebliebenen Gemeinden — M.'s
Geburtsort ist auch eine davon — am Nordrande des Nonsberg-Thals, als
Kurat. In dieser fast ganz verwalschten Hochlandschaft stidwestlich Bozens
zwischen Mendel einer-, Brenta und Presanella andrerseits, hat M., von unver-
falschtem Nationalbewusstsein durchgliiht, lange vor den Bestrebungen der
deutschen Schutzvereine die Fahne des Deutschthums hochgehalten und sich
nicht etwa nur durch Wort und Beispiel das bedrangte volksbewusste Hauf-
lein zu stiitzen begntigt, sondern in kluger, hochst erfolgreicher Praxis ist er
268 Mitterer. Fleckeisen.
gerade ein halbes Jahrhundert ein treuer, eifriger Hliter deutschen Wesens in
den siidtiroler Grenzbergen gewesen. Er bethatigte sich insbesondere als ein
wahrer Hirt seiner Gemeinde Proveis, die er in jeder Hinsicht hob: durch
regeirechten Postanschluss den Verkehr erschliessend, durch landwirthschaft-
liche Reformen, die neue Kirche, eine der schonsten im Nonsberg-Lande,
durch rastlose Forderung des Schulwesens, so auch durch neue Schulgebaude
in dieser einsamen deutschen Diaspora, eine Spitzenkloppelschule und bald
weithin nachgeahmte Lerngelegenheit in der Korbflechterei; letztere beiden
begriindeten der wenig mit Gllicksgutern gesegneten Bevolkerung eine
sichernde Hausindustrie. Den Touristenstrom nach der Romantik des
schonen Gebietes abseils der Heeresstrasse hinzulenken bemiihte sich M. seit
Anfang, starid bei der Section Nonsberg des Deutschen und Oesterreichischen
Alpenvereins, dem er auf die Dauer ein verdienstlicher Heifer ward, mit dem
Sitze in Proveis Pate und blieb viele Jahre ihr Obmann, zahllosen deutschen
Alpenwanderern freundlicher Wirth und Berather. Als der deutsche Schulverein
ins Leben trat, hat M. sich lebhaft daran betheiligt, an dem hartumbrandeten
Fels des Deutschthums, wohin ihn die Vorsehung gestellt, die teure Mutter-
sprache in Laut und Art zu schiitzen, und es hiess oft, der wackere deutsche
volksthtimliche Pries ter habe es der Thatigkeit, dem anstlirmenden Italiener-
thum die Stirne zu bieten, zuzuschreiben, dass er Kurat von Proveis blieb.
Einen ehrenden Nachruf widmete ihxn am 3. Juni 1900 Obmann Dr. Weitlof auf der
Grazer Hauptversammlung des »Dcutschcn Schulvereins«, worilber Bericht in alien grdsseren
dsterreich. und stiddeutschen Zeitungen. Kundiger Nekrolog (mit Portrait) von I. C. P.
i. d. »Gartenlaube«, Beilage zu No. 49 v. 1899. MUndliche, brief licbe und rednerische
Mittheilungen von Stadtschulrath Dr. W. Rohmeder in Miinchen; vgl. dessen Buch »Das
Deutschthum und die deutsche Schule in Slldtirolc, 1898.
Ludwig Frankel.
Fleckeisen, Karl Friedrich Wilhelm Alfred, Philolog und Gymnasial-
professor. * 20. Sept. 1820 in Wolfenblittel, f 7. August 1899 in Dresden.
Fleckeisen war der Sohn eines Justizamtmanns und verlebte seine Kinder-
jahre zu Lutter am Barenberg, wohin sein Vater bald nach seiner Geburt
versetzt worden war. Nach dem frtihen Tode des Vaters iibernahm ein
wohlhabender Oheim zu Helmstedt die Leitung seiner Erziehung. In den
Jahren 1829 bis 1839 besuchte er das Gymnasium zu Helmstedt und legte
hier den Grund zu seinen lateinischen und griechischen Sprachkenntnissen.
Schon als Secundaner hatte er den ganzen Terenz kennen gelernt. Zu Ostern
1839 bezog er die Universitat Gottingen, um Philologie zu studiren. Unter
seinen Lehrern gewann Schneidewin den grossten Einfluss auf ihn. Er wies
ihn auf Bentley und Gottfried Hermann hin, und so wurden Bentley's
»Terentius« und Hermann's »Elemente« die eigentlichen Lehrmeister, an
denen sich Fleckeisen heranbildete. Die erste Probe seines K&nnens legte er
im Jahre 1842 ab mit seinen »Exercitationes Plautinae*, einer Gelegenheits-
schrift, die im Auftrage des Gottinger philologischen Seminars dem alten
Mitscherlich gewidmet war. Nach Ablauf seiner Gottinger Studienzeit wurde
Fleckeisen Lehrer an einer privaten Lateinschule zu Idstein im Nassauischen.
Er lernte hier seine Braut und spatere Gemahlin Hildegard, eine Tochter
des Dekans C. D. Vogel aus Kirberg, kennen und entschloss sich, um in
nassauischen Staatsdienst treten zu konnen, im Herbste 1845 die Staatsprtlfung
in Wiesbaden abzulegen. Nachdem er sie bestanden hatte, erhielt er zu
Ostern 1846 die Stelle eines Collaborators am Gymnasium zu Weilburg, wo
Fleckeisen. Bock. 269
er Zeit fand, seine philologischen Studien fortzusetzen. Durch seine Be-
schaftigung mit Plautus trat er Friedrich Ritschl nahe. Er bearbeitete eine
Plautusausgabe (1850 — 185 1), die zehn Stlicke des Dichters umfasst und
Ritschl gewidmet ist, aber nicht vollendet wurde, da Ritschl mit seinen Vor-
arbeiten ins Stocken gerieth. Von Weilburg aus kniipfte F. auch Beziehungen
zu Karl Halm an, der damals Lehrer am Gymnasium des benachbarten
Hadamar war. Durch ihn wurde er zu der Beschaftigung mit Cicero ange-
regt, indem er Halm mehrfach durch Vergleichung der Handschriften half.
Einen weiteren Freund fand F. an August Schmitt, einem gebornen Nassauer,
der damals die Leitung des B. G. Teubnerschen Verlags in Leipzig in die
Hand nahm und F. zu seinem Berather auserkor, der er bis kurz vor seinem
Ende in den meisten entscheidenden Fragen geblieben ist. Im Jahre 1851
wurde F. als Lehrer an das Blochmannsche Institut in Dresden berufen, blieb
aber nicht lange in dieser Stellung, da er schon im Jahre 1854 auf Betrieb von
Johannes Classen zum Professor am stadtischen Gymnasium zu Frankfurt a./M. er-
nannt wurde. Als aber im Jahre 1861 das Blochmannsche Institut in das Vitz-
thumsche Gymnasium umgewandelt wurde, berief man F. nach Dresden zuriick
und iibertrug ihm an dem neubegriindeten Gymnasium die Stelle einesConrectors,
die er bis zu seiner Pensionirung im Jahre 1889 innegehabt hat. Neben
seiner amtlichen Wirksamkeit beschaftigte ihn am meisten die Redaction der
»Jahrbiicher fur Philologie und Padagogik«, die bei B. G. Teubner erschienen.
Er war vom Jahre 1852 fur sie unermlidlich thatig und legte die Leitung
des Unternehmens erst im December 1897 nieder, als ihm eine Umwandlung
derselben angesonnen wurde, die wohl noch einige Zeit hatte verschoben
werden konnen. Die Zeit, die ihm bei dieser Arbeitslast noch blieb, ver-
wandte er im Wesentlichen auf die Beschaftigung mit dem Terenz. Nachdem
er schon im Jahre 1857 eine Ausgabe des Textes hatte erscheinen lassen, gab
er als letztes Ergebniss seiner immer wieder vorgenommenen Bemtihungen
im Jahre 1898 einen vollig umgearbeiteten Text heraus, ein willkommenes
Vermachtniss an die Freunde der altlateinischen Poesie. Als Lehrer fiel es
ihm, je liinger, je mehr, schwer, die nothige Disciplin durchzufiihren, da er zu
milde war, um eine Ubermuthige Jugend im Zaume zu halten. Dennoch
wirkte er auf alle Lerneifrigen aussert anregend. Er hat eine grosse Anzahl
von Schiilern fur die philologische Wissenschaft begeistert und sich das dank-
bare Andenken vieler gesichert, das in den zu seinem 70. Geburtstag heraus-
gegebenen » Commentationes Fleckeisenianae « offentlichen Ausdruck ge-
funden hat.
Vgl. [H. Peter], RUckblick auf Alfred Fleckeisens Leitung der Jahrbllcher fUr clas-
sische Philologie in den »Neuen Jahrblichern fttr Philologie und Padagogik«. Leipzig, 1897.
67. Jahrgang, 155. Band S. 1— 16. [Mit vortrefflichem Portrait.] — H. Usener in der
»Beilagc zur Allgemeinen Zeitunge 1899. No. 249. S. 1 — 3. — G. Goetz in den »Berichten
iiher die Verhandlungen der kgl. sSchs. Gesellschaft der VVissenschaften zu Leipzig.
Philolog.-hist. Klasse. Leipzig 1899. 51. Band. S. 239 — 241. — Koldewey im »Braun-
schweigischen Magazine 1899. No. 26 und 27. — 39. Jahresbericht des Vitzthumschen
Gymnasiums. Dresden 1900. S. 6 — 7.
H. A. Lier.
Bock, Franz, * 3. Mai 1823 zu Burtscheid, f 1. Mai 1899. B. studirte
in Bonn Theologie und entwickelte und bethatigte schon als Student ein ausser-
ordentliches Verstandniss fur die christliche Kunst des Mittelalters, besonders
270 Bock.
flir die Gegenstande der Kleinkunst. Nachdem er 1850 die Priesterweihe em-
pfangen, wurde er Caplan in Krefeld. Die Ausstellung von alten Meisterwerken
der christlichen Kunst, die er 1852 dort veranstaltete, war die erste dieser
Art in Deutschland. Auch begrundete er in Krefeld ein Etablissement zur
Anfertigung kirchlicher Seidenstoffe nach mittelalterlichen Mustervorlagen,
das spater zu grosser Bliite gedieh. Ein ungewohnliches Talent flir die
intuitive Erfassung des Charakteristischen und Stilvollen, scharfe Beobachtungs-
gabe, ein unermiidlicher Sammeleifer, der sich neben den Gegenstanden textiler
Art nach vielen Richtungen erstreckte, die auf zahlreichen Reisen gewonnenen
Erfahrungen und Anschauungen, das Alles machte ihn zu einem hervorragenden
Kunstforscher und Archaologen; und die Unmittelbarkeit seines Lernens und
Lehrens liess ebenso wie seine ausgedehnte literarische Thatigkeit eine Fiille
von Anregungen von ihm ausgehen. In weltlichen nicht minder als in geist-
lichen Kreisen verbreiteten seine Schriften und seine praktische Wirksamkeit
das Verstandniss flir die Schatze besonders der Kleinkunst des Mittelalters
und den Schmuck der Kirchen, und vor Allem wirkte er fordernd auf die
Klinstler und die Kunstindustrie , die er immer wieder auf die alten Vorbilder
hinwies und zur Nachahmung aneiferte. Seine Sammelthatigkeit ist auch
vielen Museen zu gute gekommen. — Nach einer langeren Reise durch
Deutschland, Frankreich und England, deren Specialergebnisse er in seiner
»Geschichte der liturgischen Ge wander des Mittelalters* (3 Bande, Bonn
1856 — 71) niederlegte, wirkte er seit 1857 an der St. Albanskirche in Coin.
Dort setzte er neben seiner seelsorgerischen Thatigkeit seine Studien eifrig fort
und war langere Zeit Conservator des i860 zur Vereinigung mittelalterlicher
Kunstwerke begrtindeten erzbischof lichen Diozesan-Museums. An dem Auf-
schwung, der in den sechziger Jahren auf den verschiedenen Gebieten der
kirchlichen Kunst von Coin ausging, hatte er wesentlichen Antheil. Erneute
Reisen ftihrten ihn nach Italien und Rumanien. 1864 tibersiedelte er nach
Aachen, wo er zum Ehrenkanonikus ernannt worden war, und legte sich dort
eine sehr geschatzte Privatsammlung an. Auch interessirte er sich aufs Leb-
hafteste und thatkraftig fur die Forderung vieler neuer Kunstgewerbe, vor
allem des Diisseldorfer, und unternahm, um flir dieses Objecte der Kleinkunst
zu erwerben, noch langere Reisen durch Siideuropa, den Orient und Aegypten.
Neben dem alien entwickelte B. eine ungemein rtihrige und ergiebige wissen-
schaftliche Thatigkeit alsSchriftsteller auf demGebiete der mittelalterlichen Kunst
und Alterthumswissenschaft. Ein Verzeichniss seiner Schriften, das die Zeit von
1852 — 98 umfasst und das er zunachst flir seine wissenschaftlichen Freunde
veroffentlichte, legt davon Zeugniss ab. Als seine wichtigsten Schriften seien,
ausser der oben angefuhrten, noch genannt: »Das heilige Coin. Beschreibung
der mittelalterlichen Kunstschatze in seinen Kirchen und Sakristeien.« (Leipzig
1858-61); »Die Musterzeichner des Mittelalters* (Heft 1 — 3, Leipzig 1859-61);
»Das Karolingische Miinster zu Aachen« (1859); »Die Kleinodien des Heiligen
Romischen Reichs deutscher Nation nebst den Kroninsignien Bohmens, Ungarns
und der Lombardei« (Wien 1864); » Album mittelalterlicher Ornamentstickerei
(1866); »Karls des Grossen Pfalzkapelle und ihre Kunstschatze* (2 Bde. Coin
und Neuss, 1867); »Das monumentale Rheinland, Abbildungen der hervor-
ragendsten Baudenkmale des Mittelalters am Rhein« (4 Lieferungen, Neuss
1867 — 69); » Der Kunst- und Reliquienschatz des Coiner Doms« (1869); »Die
mittelalterlichen Kunst- und Reliquienschatze zu Maestrichu (mit Willemscn,
1872); »Die tcxtilen Byssusrelitjuien des christlichen Abendlandes* (1895).
Bock. Geblert. Koch.
271
Nach rastlosem Leben ist er, 76 Jahre alt, gestorben. Seine bedeutende Privat-
sammlung, die u. a. Tafelmalereien des Mittelalters, niederrheinische und
stiddeutsche, zum Theil polychrome Skulpturen in Eisen und Lindenholz, alt-
koptische Texturen und Gobelinwirkereien, Seidenwebereien des Mittelalters
und der Frtlhrenaissance in kostbaren Exemplaren enthalt, hat er der Stadt
Aachen vermacht und eine grossere Summe zu ihrer Erhaltung ausgesetzt.
Konservationslexikon ; Zeitschrift ftlr Christ]. Kunst; Vossische Zeitung.
Wilhelm Fabian.
Gehlert, Karl August, Rector der Fiirstenschule in Grirnma, * am
26. September 1842 zu Grossstorkwitz bei Pegau, f in Leipzig am 1. April
1899. Gehlert war der Sohn des am 8. Mai 1886 in Dresden verstorbenen
Pastors August Friedrich Gehlert. Vom 16. October 1856 bis zum 15. September
1862 besuchte er mit ausgezeichnetem Erfolg die Fiirstenschule zu Grirnma.
Er bezog hierauf die Universitat Leipzig, um Theologie zu studiren, wandte
sich aber sehr bald dem Studium der Philologie und Geschichte zu. Da ihm
aber die Art des damaligen Betriebs der philologischen Studien in Leipzig
nicht zusagte, verlegte er sich hauptsachlich auf die Lecttlre modemer
Historiker. Er ging hierauf nach Berlin, wo er die Vorlesungen von Leopold
Ranke und Gustav Droysen besuchte und Mitglied des historischen Seminars
von Droysen wurde. Nachdem er dann, wiederum in Leipzig, unter Georg
Voigt und Friedrich Ritschl seine Studien beendigt und das Staatsexamen
abgelegt hatte, nahm er eine Stellung als Lehrer der alten Sprachen an dem
von Ferrierischen Privatgymnasium Carlshof bei Ober-Pahlen in Nordlivland
an. Zu Ostern 1868 wurde er an das Gymnasium zu Bautzen berufen, an
dem er bis zum Jahre 1880, indem er an das neubegrttndete kgl. Gymnasium
in Leipzig versetzt wurde, als Oberlehrer und Professor thatig war. Erst in
Bautzen erwarb er sich durch das Programm: »Vita Lysandri« (1874) die
philosophische Doctorwiirde. In Leipzig schrieb er Air das Osterprogramm
1883 die Abhandlung »De Cleomene tertio, Lacedaemoniorum rege«. Am
16. April 1884 trat er das Rectorat des Gymnasiums zu Chemnitz an, und
im Jahre 1893 vertauschte er dasselbe mit dem der Fiirstenschule zu Grirnma,
wo ihm jedoch die Verhaltnisse nicht recht zuzusagen schienen. Er wurde
ein stiller Mann und litt auch unter dem Druck mangelnder Gesundheit. Er
musste wahrend des Jahres 1898 wiederholt Urlaub nehmen und sich zweimal
einer Operation in Leipzig unterziehen, die seinem Leiden doch nicht ab-
helfen konnte.
Vgl. Grimmaische Ecce 1899. 2 °* Heft. Bearbeitet von Hermann Wunder. Meissen
1899. 8°. S. 1 — 15. (Mit Portrait.) — Bericht Uber die am 4. und 5. April 1899 in
Meissen abgehaltene Jahresversammlung des sHchsischen Gymnasiallehrervereins. Leipzig
1899. 80. S. 4*—43-
H. A. Lier.
Koch, Georg, * 19. December 1819 in Cassel, f ebenda Marz 1899.
Besuchte die Casseler Akademie und erwarb sich frtih den Ruf eines bedeu-
tenden Zeichners und Lithographen. Seine weitere Ausbildung erhielt er auf
Reisen in Italien und in Paris, wo er sich langere Zeit aufhielt. In seine
Vaterstadt zurlickgekehrt, wurde er 1853 Lehrer an der dortigen Kunstakademie,
1880 zum Professor ernannt, und entwickelte, neben seinen eignen Arbeiten,
eine bedeutende Lehrth&tigkeit. Der Schwerpunkt seiner ktinstlerischen Wirk-
272 Koch. Jacoby. Nothnagel.
samkeit lag in der Reproduction der bedeutenden Werke besonders der
italienischen Meister, die er flir die photographische Aufnahme in Kreide
zeichnete. Am bekanntesten darunter sind Tizians Flora, Rafaels Sposalizio,
die sixtinische Madonna, die Madonna della Sedia und andre Rafaelsche
Madonnenbilder. Von seinen Steindrucken sei desselben Meisters Madonna
del Connestabile erwahnt. Seine Arbeiten brachten ihm die preussische und
die sachsische goldene Medaille.
Klinstlerlexikon.
Wilhelm Fabian.
Jacoby, Paul, Landschaftsmaler, * in Dessau, f am 2. Juli 1899 in
Dresden, war in den sechziger Jahren Schiller Ludwig Richters in Dresden.
Dann ging er nach Dlisseldorf zu Oswald Achenbach und von da weiter nach
Miinchen. Nach einem langeren Studienaufenthalt in Italien liess er sich in
den achtziger Jahren in Dresden nieder, wo er einer der ersten war, der den
modernen Kunstanschauungen in der sachsischen Hauptstadt durch seine
Schopfungen zum Siege verhalf. Als die Dresdener Secession ins Leben trat,
schloss er sich ihr an, trennte sich aber bald wieder von ihr, da sie ihm zu
radical vorging. Vor einigen Jahren trat er einmal mit einer Reihe von
Bildern in dem damaligen Lichtenberger'schen Kunstsalon an die Oeffentlich-
keit. Seitdem stellte er in Dresden nicht mehr aus, sondern sandte seine
Arbeiten nur noch in auswartige Kunstausstellungen. Erst auf der Deutschen
Kunstausstellung von 1899 ta uc hte er mit einer ungemein echt wirkenden
Ansicht des Schlosses Hohnstein in der sachsischen Schweiz wieder in Dresden
auf. Dieses Bild wurde von seiner Wittwe der Dresdener Galerie als Geschenk
iiberwiesen. Sein Nachlass wurde im September 1900 in Wolfframms Kunst-
salon in Dresden aufgestellt und liess erkennen, dass die deutsche Kunst in
Jacoby einen ernststrebenden Kunstler verloren hat, welcher der Natur unbe-
fangen, aber immer mit ehrlichem Wollen gegeniibertrat. Seine Auffassung
hatte keinen grossen Zug an sich, sie neigte im Gegentheile mehr zur
Intimitat. Seine Motive entnahm er der Dessauer Gegend, der Umgebung
von Dresden, der sachsischen Schweiz und Nordbohmen, sowie vereinzelt dem
oberbayrischen Alpenland.
Vgl. Kunstchronik. Leipzig 1898/99. 4°. N. F. X, 487. — Deutsche Kunst.
Berlin 1899. 4 . Ill, 319. — Dresdener Journal vom 8. September 1900. No. 209. S. 1689.
H. A. Lier.
Nothnagel, August, * 1822, f Berlin 6. August 1899. N. hat durch
mehrere Decennien eine fruchtbringende Lehrthatigkeit in Berlin ausgeiibt.
Wahrend vieler Jahre gehorte er dem Lehrercollegium der kgl. Kunstschule an,
und wirkte ausserdem langere Zeit am Kunstgewerbemuseum und als Zeichen-
lehrer am Franzosischen Gymnasium. Der bescheidene, freundliche und stets
bereitwillige Mann war ebenso in Klinstlerkreisen wie bei seinen Schiilern
beliebt und wurde, als er die Tochter Kaiser Friedrichs unterrichtete, zum
Hofmaler, spater zum Professor ernannt. Er malte zumeist in Aquarell und
Gouache, und leistete als Landschafter und Maler von Blumenstillleben recht
Tlichtiges. Die letzten Lebensjahre verbrachte er in wohlverdientem Ruhe-
stande.
Vossische Zeitung.
Wilhelm Fabian.
LeveUoW. 2*f3
Levetzow, Ulrike von, * 4. Februar 1804 in Leipzig, f 13. November
1899 * n Trziblitz. Aelteste Tochter des mecklenburgischen Hofmarschalls J. Otto
von Levetzow und seiner Gattin Amalie geb. Freiin von Brosigke. Ulrike und
ihre Schwestern Amalie und Bertha, welch letztere einer zweiten, bald durch den
Tod getrennten Ehe ihrer Mutter mit einem Vetter ihres ersten Mannes ent-
stammte, lebten nach Reisen im Auslande in verschiedenen deutschen Stadten,
Dresden, Strassburg, Berlin, einige Zeit auch in Wen, 1842 vermahlte sich die
Mutter mit dem Grafen Franz Klebelsberg und setzte sich mit Ulrike, nachdem
Amalie gestorben und Bertha vermahlt war, vollstandig auf dem Gut Trziblitz bei
Teplitz fest. Dort, vollig zurtickgezogen und seit dem Tode der Mutter 1868
allein, lebte Ulrike unvermahlt, in kleinem Kreise »liebespendend«, wie sie mit
Recht von sich sagen durfte. Im Alter von 96 Jahren schloss sie ihr stilles
Erdendasein, das unvermerkt dahingegangen ware, wenn es nicht ein heller
Strahl aus dem Leben und Dichten eines Goethe mit unverganglichem
Lichte tibergossen hatte. Schon zu Anfang des Jahrhunderts war Goethe
mit den Grosseltern Ulrikens von Brosigke, kurs&chsischen Edelleuten, in
Karlsbad naher bekannt geworden. 1806 verzeichnet sein Tagebuch den
Besuch der Frau und der damals schon vermahlten Tochter. In Marien-
bad, wo die Brosigkes ein Haus mit " einer grossen Terasse besitzen, knlipft
sich schon bei Goethes erstem Aufenthalte eine engere Verbindung, und
Ulrike erhalt im August 182 1 ein Exemplar der »Wanderjahre« mit herzlichen,
vaterlichen Worten, auch ein Brief an den Sohn weiss von der »recht artigen
Ulrike « zu melden. Durch Frau von Brosigke herzlich, anch mit Berufung
auf die Freude des »T6chterchen« Ulrike, in ihr Marienbader Haus geladen,
wird er im Juni und Juli 1822 Wohnungsgenosse und nimmt Theil an alien
Familienfreuden. Harmlose Verse begleiten das Abschiedsgeschenk des fiinften
Theils von »Dichtung und Wahrheit«, doch die Dichtung »Aeolsharfen«, auf
der Ruckfahrt nach Eger entstanden, ein »liebesschmerzlicher Zwiegesang
nach dem Scheiden«, in dem »Er« seiner Thranen frei Luft macht, wahrend
»Sie« ihre Zahren bergend Trostesworte spendet, verrSth schon tiefere Em-
findungen, wie auch ein nur als Concept erhaltenes Brieffragment aus dieser
Zeit, welches ihr Traumbild, das ihm ahnlich wie in dem genannten Gedichte
erscheint, mit der verlanglichen Frage grtlsst: »Sollte das nicht auf eine recht
innerliche Zuneigung deuten, auf unftezwingliche Anhanglichkeit und wahre
Liebe?« Doch officielle Briefe, wie am 9. Januar 1823, gedenken »der treuen,
schonen Tochter* , und schauten dem Wiedersehen entgegen, das auch der
Sommer brachte. Hier mag sich des aus schwerer Krankheit neu belebt
Erstandenen erst die ernste Leidenschaft bemachtigt haben, die er mit vollen
Zugen, ohne jeden Widerstand, geniesst. Deutlicher als das schweigsame
Tagebuch und die mit tandelndem Scherze verhllllenden brieflichen Aeusse-
rungen sprechen die vier bedeutsamen Zeilen;
Du hattest langst mirs angethan,
Doch jetzt gewahr ich neues Leben:
Ein sttsser Mund blickt uns gar freundlich an,
Wenn er uns einen Kuss gegeben.
Andere »Aufblicke von Galanterie, Neigung, Anhanglichkeit und Leiden-
schaft«, wie er die Reihe von Ulriken gewidmeten Spriiche spater bezeichnete,
griissen sie als Schiilerin in Steinkunde und Mineralogie, die gelegentlich
Chocoladetafelchen geniessbarer machen, helle Verzweiflung, beinahe knaben-
Bioffi; Jahrbnch a. DenUcher Nekrolog. 4. Bd. X 8
a 74 Levetzow.
haft ungestttm, bricht in ihm aus, wo sie ihn, weil er sie einmal tibersehen,
neckt. Mit Levetzows geht er nach Karlsbad, wo er mit den Damen seinen
Geburtstag auf einem Ausfluge als »£>ffentliches Geheimniss« feiert, als liebens-
wiirdiger Mentor mit den Madchen liest und ihre Vortragsweise corrigirt, ja
auch noch ein T&nzchen mitzumachen wagt. Am 5. September erfolgt ein
»etwas tumultuarischerc Abschied. Unmittelbar darauf entsteht auf der Reise
die »Marienbader Elegie*. Wem dieser gewaltige, unstillbare Ausbruch der Ver-
zweiflung noch nicht genug von Goethes wahrer Empfindung zu sagen weiss, der
moge die erst jetzt bekannt gewordenen Briefe nachlesen, die er der Mutter
schreibt: Am 9. September ist Ulrike »mein Liebling, wofiir sie zu gelten nun
einmal nicht, ablehnen kann« und er hofft, »sie werde nicht ableugnen, dass es eine
htibsche Sache sei, geliebt zu werden, wenn auch der Freund manchmal un-
bequem fallen mdchte«. Kurz erwahnt er die Schwestern, sofort ist er wieder
bei ihr und versichert, dass er sie immer lieber gewonnen, je mehr er sie
kennen gelernt; »dass ich sie aber kenne und weiss, was ihr gefallt und
misfallt, wtinscht ich ihr personlich zu beweisen«. Schon den Tag darnach,
am 10. September, gehen Verse an sie, die fern von ihm »am heissen Quell «
ihre Tage verbringt. Und am Sylvestertage wecken die leeren Blatter des
Kalenders in ihm Hoffhungen, die denen der Frau v. Levetzow begegnen
mogen. »M5ge sich dem Erflillen und Gelingen nichts! nichts! entgegen
setzen. Meine nachsten Aussichten aber, deren Gewahrung ganz von Ihnen
abh&ngt, lassen Sie mich nicht zu lange entbehrenU Diese Worte sprechen
deutlich fiir Goethes Absicht, Ulrike zu seiner Gattin zu machen. Der Gross-
herzog von Weimar, der langere Zeit in Marienbad war, dtirfte sein Ftlrsprecher
gewesen sein. Aber die kluge Mutter scheint eine offene Erklarung verhindert
zu haben, wohl im Einverstandnisse mit der Tochter, die das Geflihl des
Dichters nicht ganz mit derselben Starke erwidert haben mochte. Indessen
war schon das Gerticht von dem »Fraulein in Bohmen«, das der alte Herr heim-
flihren wolle, nach Weimar gedrungen und bereitete Goethe im eigenen Hause
bittere Stunden. Er macht eine schwere Krisis durch, die ihn Freund Zelter
und die immer hilfreiche Muse tiberwinden helfen. Noch spricht mancher
Brief vom Wiedersehen, mit Liebe ruhen oft seine Augen auf den Namen
der drei Madchen, die ihm der zur Geburtstagsfeier gespendete Becher vor-
ftihrt, und seine Lippen nahern sich ihm. Aber dahin sind die Stunden,
die er, wie er noch 1827 Ulrike sagt, »an ihren holden Fingern« abzahlen
durfte, trotz mannigfacher Versuchung hat er immer ein Wort der Entschuldigung
gefunden, wo es sich um ein Wiedersehen handelte. Er will in den einst
geliebten Zustand, versichert er Eckermann, nicht wieder hineingerathen.
Durch viele Jahre zieht sich noch brieflicher Verkehr, zum 28. August triffl
immer ein Familienbrief ein, an dem Ulrike, gleich den Uebrigen, mit herz-
lichen Worten der alten Freundschaft gedenkt. Was er in ihr feiert, ist die
liebliche Kindlichkeit, die sie uniiberwindlich macht. »Hold«c ist das Beiwort,
das sie fast bei jeder Erwahnung in den Briefen schmtlckt, »die lieblichste
der lieblichen Gestalten« hat auch in der Elegie ein zartes, beruhigendes
Wort fllr den Verzweifelten, heraus aus der reinen, ungetriibten Harmonie
ihres Wesens. Und so lebt sie auch in Goethes Dichtungen fort, sie hat der
Hilarie in den »Wanderjahren« Ztige geliehen und, wie Suphan sch6n gezeigt
hat, den verblassten Erinnerungen an Lili frische Farben zu ihrem Bilde in
»Dichtung und Wahrheit« gegeben.
Levetzow. Lammerhirt Kneisel. iyg
von Loeper [Goethe- J ahrbuch VIII, 165 ff.] A. v. Weilen [Nation 1900, 349/51;
363/5]; persttnl. Mittheilungen S. Prem [Chronik des Wiener Goethe -Vereins 13, 56/60]
(mit 2 Portraits). L. Stettenheim, »Neue Freie Pressec No. 12062/3 un ^ ^Berliner Neueste
Nachrichten« 1900 No. 316; Bertha Halle r [»Grazer Morgenpost« Noverob. 1899]. — Die
Briefe Goethes sind vertfffentlicht durch B. Suphan [Goethe -Jahrbuch XXI, 1 — 51] (mit
Portrait).
Alexander von Weilen.
LSmmerhirt, Otto Hermann Gustav, Kgl. Gartendirector, * in Dresden
1835, t ebendaselbst am 29. November 1899. Als Sohn gutsituirter Biirgers-
Ieute lernte Lammerhirt die Kunstg&rtnerei und erweiterte seine Erfahrungen
und Kenntnisse auf grosseren Reisen. In die Heimat zurtickgekehrt, liber-
nahm er die Geschaftsftihrung des sachsischen Landes-Obstbauvereines, die
er 30 Jahre hindurch besorgte. In der Oeffentlichkeit wurde sein Name zu-
erst ofters genannt, als er im August 1887 in den Weinbergen der Hof-
lossnitz bei Dresden Reblausherde entdeckte. Er leitete die Ausrottung der
Lossnitz-Weinberge und musste von den Gegnern seiner allerdings auf Grund
der *bestehenden Reichsgesetze eingeschlagenen radicalen Verfahrens manchen
herben Tadel hinnehmen, da man die Nothwendigkeit desselben bestritt. So
kam es, dass er nicht selten mit bitterem Scherze neben Servatius und Pan-
cratius als der dritte Weinmorder bezeichnet wurde. Anderer Meinung war
man auf Seiten der sachsischen Staatsregierung, die ihm in Anerkennung seiner
mannigfachen Verdienste um die Hebung der sachsischen Gartencultur und
des sachsischen Obstbaus zum Kgl. Garteninspector ernannte und diesen Titel
noch kurz vor seinem Tode in Gartendirector umwandelte. In seiner Vater-
stadt Dresden war er eine sehr angesehene Personlichkeit, Er machte sich
sowohl als Stadtverordneter, wie als Stadtrath um das Wohl der Stadt
verdient.
Vgl. Dresdener Rundschau. 1899. VIII, No. 50 (mit Portrait). — Dresdener An-
zeiger vom 1. December 1899. No. 333, S. 31.
H. A. Lier.
Kneisel, Rudolf, Schauspieler und Dramatiker, * 8. Mai 1832 zu Ktfnigsberg
in Preussen, f 17. September 1899 zu Pankow bei Berlin nach langem schweren
Leiden. 1850 kam er fiir jugendlich-komische Rollen an die zweite Btihne
Dresdens, 185 1 nach Altona, 1853 nach Flensburg, 1854 zur Mecklenburg
bereisenden Truppe Bredes, wirkte 1857 — 59 als Regisseur und Dramaturg am
Magdeburger Stadt theater, darauf an Ferd. Nesmtillers bekannter Familien- und
VolksbUhne zu Dresden, i860 — 86 hat dann K. als selbst&ndiger Director
mit einer Gesellschaft ein Wanderleben gefilhrt und meistens in den Provinzen
Hannover und Sachsen gespielt. 1 886 legte er das BUhnenscepter nieder und
lebte ftlrder zu Pankow bei Berlin, wahrend der letzten Jahre unter recht
diirftigen Verhaltnissen, obwohl der Komiker Franz Guthery ftlr K. als Mit-
glied des grossen »Vereins Berliner Presse« eine (dttrftig ausfallende) Sammlung
veranstaltete. Und doch war K., der sich seit seinem 20. Lebensjahre
dramatisch bethatigte, ein vielgespielter Btthnenautor und feierte in dieser
Eigenschaft am 12. September 1885 ein Jubilaum, das freilich zeitlich mehr
dem Vierteljahrhundert Theaterleitung gait. Die lange Reihe von Lust-
spielen, Schwanken, Possen, Volkssttlcken, die K. selbst als Regisseur und
Mitdarsteller dem Publicum vieler norddeutscher Kleinst&dte vorgefiihrt hatte
18*
2j6 ttneisel. Oenicke. Meycf.
und meist das Hamburger Thalia-Theater, daneben in Berlin das alte
»Wallner-Theater« mit seinem altberlinerischen etwas spiessbtirgerlichen Au-
ditorium aus der Taufe hob, erhielt seit seiner Selbstpensionirung noch Zu-
wachs. Und K.'s Muse ist noch heute in der preussischen Provinz, in Sachsen,
Thiiringen und u. s. w. auf Saison- und Dilettantenbtthnen, auch bei »Schmieren«
ein bewillkommneter Gast und brachte nicht nur feste Repertoirenummern,
sondern damit auch Kassenmagneten. Die Komodie »Die Tochter Belials*,
in Wien preisgekront (auch bei der Preisconcurrenz des Mtinchener »Kgl.
Volkstheaters* 1872 siegte K. mit »FUrst und Kohlenbrenner« unter 51),
»Die Anti-Xantippen« (diese drei von 1872), »Der Hebe Onkel«, »Desdemonas
Taschentuch*, »Sie weiss etwas«, »Wo ist die Frau?«, »Sein einziges GedichU,
»Die Philosophie des Herzens«, »Papageno«, »Der Kiinstlerbacillus*. An-
lassKch eines Preisausschreibens schlug K. die Mitbewerber tibrigens auch mit
der popular-philosophischen, spiritistisch angehauchten Abhandlung »Die Lehre
von der Seelenwanderung* (1889).
Nachruf des »Berlin. Lokal-Anzeigr.« abgedruckt »Allg. Ztg.« 1899 No. 263 Abdbl. ;
Internationale Litteraturberichte VI. 20, 3i8f.; Todesnotiz Litterar. Echo II 142; Alters-
portrait »Die Woche« I No. 28, 1084. Artikel in Brockhaus' '* (vom Unterieichneten) und
Meyers 5 (X 270) Convers.-Lex. Vgl. Meyers Dtschs. Jhrbcb. II (1873) 251 und 257;
Lindemann Gesch. d. dtscb. Lit. 7 S. 1032; R. Prtflss, Gescb. d. mod. Drms. Ill 2, 373;
Klaar, Das mod. Drm. S. 299. Lebensabriss mit Bibliographic der gedruckten StUcke und
Jahre Brttmmer Lex. d. dtsch. Dchtr. und Prs. d. 19. Jahrh. 4 I 305, unvollstandige reicbere
Liste ohne Jahre Kttrschners Litteraturkaldr. XXI II 706.
Ludwig Frankel.
Oenicke, Clara, * 29. Juli 18 18 in Berlin, f ebenda 9. August 1899.
Sie bildete sich bei Remy, spater als Schulerin von Karl Begas und Eduard
Magnus zur Geschichts- und Bildnissmalerin aus. In der Schweriner Galerie
befindet sich eins ihrer grosseren Bilder »Kurfiirst Friedrich von Sachsen
weigert sich, das Interim anzunehmen«. Von ihren historischen Gemalden
ist noch zu nennen »Die Versohnung Karls des Grossen nut Thassilo von
Bayern«, ferner »Christus am Kreuz« und mehrere Lutherbilder (»Luthers
Hausandacht«, »Luther findet die erste lateinische Bibel« u. a.). Von ihrer
Hand ist ferner ein sicher gezeichnetes und kraftig modellirtes Portrat des
Ministers von Stosch. Sie starb nach langen schweren Leiden.
Allg. KUnstlerlexikon.
Wilhelm Fabian.
Meyer, Georg, Kaufmann und unter dem Schriftstellernamen Georg
Bendler, Novellist, * in Berlin am 8. November 1835, t daselbst in der
Nacht vom 7. zum 8. Januar 1899. Er war der Sohn eines Kaufmanns, er-
hielt seine Schulbildung erst in der damals berlihmten Diesterweg'schen
Seminarschule, dann im Gymnasium zum Grauen Kloster und trat darauf in
das Handlungshaus seines Vaters ein, dem er spater als Theilhaber angehorte
und zuletzt als alleiniger Inhaber vorstand. Nachdem er sich in den letzten
Lebensjahren von seinen Berufsgeschaften zuriickgezogen hatte, widmete er
seine Musse ausschliesslich literarischcr Thatigkeit. Letztere bewegte sich
vorwiegend auf dem Gebiet der Novelle, und gleich seine ersten, 1889 in
Zeitschriften veroffentlichten Versuche verriethen scharfen Blick fttr die der
modernen Gesellschaft anhaftenden Schwachen. Mit dem Erfolge schienen
Meyer. Krementz. 277
seine Krafte zu wachsen. Von M.'s zahlreichen Arbeiten sind bisher im
Buchhander erschienen die Novellen »Karl Schulz. Im neuen Hause.
Katharina von Siena« (1893) — »Barmherzigkeit« (1895) — »I)er peinliche
ErdenresU (1896) — »Das starke Geschlecht« (1898) — und der Roman
»Die Eine« (II, 1895).
Persttnliche Mittlieilangen. — Berliner Tageblatt vom 10. Januar 1899.
Franz Brllmmer.
Krementz, Dr. Philippus, Erzbischof von Ktiln und Cardinal, * 1 . December
1 8 19 in Koblenz, f 6. Mai 1899 zu Koln. Sohn eines Metzgers, studirte er, nach
dem Gymnasialbesuche daheim und durch Rettung aus der Gefahr, in der
Mosel zu ertrinken, zum Priesterberufe entschlossen, seit 1837 in Bonn, bald
aber in Mtinchen Theologie und schloss sich hier an J. Gorres, Windischmann,
Philipps, Clemens Brentano, Haneberg und Melchers, seinen spatern Vorganger,
an. Im Herbst 1840 trat K. ins Priesterseminar zu Trier, 27. August 1842
empfing er die Priesterweihe und wurde sofort Caplan bei St. Castor in der
Vaterstadt, ebenda, nachdem er Juni 1846 bis Januar 1848 Religionslehrer an
der Rheinischen Ritterakademie zu Bedburg gewesen, Pfarrer, 31. Mai 1853
Dekan des Capitels Coblenz, 16. April 1859 dazu auswartiger Ehren-Domherr der
Trierer Kathedrale. Als Seelsorger und Prediger genoss K. in Koblenz bei Hoch
und Niedrig das grosste Ansehen. Ausserdem bethatigte er sich eifrig im Dienste
der Kirche durch Berufung der Redemptoristen, Franziskanerinnen, Grtindung
eines Knabenwaisenhauses auf dem Kemperhof bei Moselweiss, als Prases der
Synodal-Examens-Commission u. s. w. Seine hervorragende Ttichtigkeit hatte
langst die Aufmerksamkeit weiterer Kreise auf ihn gelenkt, als ihn am 22. Oc-
tober 1867 das Domcapitel zu Frauenburg (O.-Pr.) zum Bischof von Ermland
wahlte. Am 20, December 1867 wurde K. von Pius IX. praconisirt, am
3. Marz 1868 zu Coblenz von Erzbischof Melchers consecrirt, am 24. zu
Frauenburg inthronisirt und investirt. Als Ehrenburger der Vaterstadt nach der
ostlichsten deutschen Bischofsresidenz am Frischen Haff tibergesiedelt, gehorte
K. auf dem Vaticanischen Konzil 1869/70 zu den Gegnern des Infallibilitats-
Dogmas, wie Melchers bewirkte und bethatigte er seine Unterwerfung unter
dieses. Schon 187 1 suspendirte er den Religionslehrer Prof. Wollmann in
Braunsberg u. A. vom Amte und sprach iiber sie 4. Juli die grosse Excommuni-
cation aus, weil sie der altkatholischen Richtung anhingen, wie etwas spater
auch gegen den bedeutenden Professor Frdr. Michelis vom Lyceum Hosianum
zu Braunsberg. Der neue preussische Cultusminister Falk verlangte in einem
Krlass vom 11. Marz 1872 von K., dass nicht ohne Zustimmung des Staates
excommunicirt wiirde, und bedingungslose Anerkennung der blirgerlichen Ge-
setze als bindend flir die Kirchengewalt. Da sich K. hierzu nicht verstand,
so erfolgte, nach bezeichnendem Schriftenwechsel mit dem Minister, am
25. September gegen ihn als ersten der frondirenden Bischofe Preussens ein
entschiedener Schritt der Regierung, die Sperrung der 36 000 Thaler Tem-
poralien, wogegen K., den freiwillige Sammlungen aus Belgien entschadigten,
erfolglos den Rechtsweg einschlug. Von der Wirkung der 187 2er »Maigesetze«
kostete K. wahrend des ganzen »Culturkampfes« nicht, wie Andere, die Ab-
setzung; freilich hob das Ministerium erst am 1. October 1883 die Sperrung des
Gehalts und der Staatszuschlisse zur Diozesanverwaltung K.' auf. Nachdem der
Kolner Erzbischof Melchers, seit 1876 vom Staatsgerichtshof flir Kirchen-
2*jS KremenU. Graf SchOnborn.
sachen entsetzt und steckbrieflich verfolgt, An fang 1885 in Rom entsagt
hatte, einigten sich dort der Gesandte von Schlozer und die Curie auf K.
als Nachfolger, und so praconisirte ihn Papst Led XIII. am 30. Juli 1885,
Konig Wilhelm bestatigte ihn 16. October. Seit 15. December 1885 waltete
K. nun in Koln, im Januar 1893 zum Cardinal erhoben, mit Milde, Herzens-
glite und reger Sorge ftir seine heimische Diozese, allerdings in Glaubens-
fragen nie, auch in schwierigsten Lebenslagen nicht, um Haaresbreite nach-
giebig, wenn auch formell dem Staate gegeniiber kein Trotzkopf. Durch diese
seine kluge Diplomatic kam der einst gemassregelte KirchenfUrst mit den
Gegnern sehr gut aus, beide Kaiser Wilhelm, Kaiserin Augusta d. A. und
ihre Tochter, die Grossherzogin von Baden, schatzten und ehrten ihn hoch.
Wahrend des harten kfirperlichen Leidens in der letzten Zeit tauschte K.
mit seinem Landesherrn Wilhelm II. herzliche Telegramme aus. Zwischen
1854 und 1883 veroffentlichte K. ausser Kleinerem sieben als kundig anerkannte
Schriften zur Exegese der Bib el, theilweise apologetischen Inhalts (verzeichnet
in Brockhaus 14 und Meyers* Konversationslex. s. v. Krementz).
Benutzt ncben den ausfilhrlichen Nachrufen der »K8ln. Volksrtg.* und der
»K5ln. Ztg.« die »Belletrist. Beilage (Wasserburgs)« der Karlsruher »Badenia« zu kathoL
Tageszeitungen 1899 No. 23 S. 177 f. (mit Portrat), »Augsbg. Postztg.c 1899 No. 105,
S. 4, auch »Mttnch. Neueste Nachr.« 1899 No. 212 S. i; fllr die Ereignisse von 1871/2:
»Meycr's Dtschs. Jahrb.« II (1873) S. 163 u. 14. PortrUt: >Die Woche« I, Sp. 326.
Ludwig Frankel.
SchSnborn Graf, Franz de Paula, Cardinal, * 24. Januar 1844 in Prag,
f in Falkenau 25. Juni 1899, der dritte Sohn des Erwin, Reichsgrafen v. Schon-
born und der Grafin Christine, geb. Grafin Brtihl. Seine Erzieher waren
gewissenhafte, ehrenwerthe Manner. Das Gymnasium absolvirte er bis
zur Maturitatsprufung im Jahre 1863 und studirte dann die Rechte an
der Karl Ferdinandeischen Universitat in Prag, da er ftir die diplomatische
Laufbahn bestimmt war. 1866 wandte er sich aber mit Unterbrechung
seiner Rechtsstudien der Vertheidigung seines Vaterlandes zu, nach deren
Beendigung er die Studien wieder aufnahm, die er im Jahre 1868
vollendete. Doch Gott hatte ihn zu etwas Anderem bestimmt. In dem
jungen Manne reifte der Entschluss, sich dem geistlichen Stande zu widmen,
und nachdem er sein Vorhaben reiflich geprllft hatte, begann er die theo-
logischen Studien im Jahre 1869 und 1870, wo der Cardinal Josef Pecci,
der Bruder des gegenwartigen Papstes, sein Professor war. Von 1870 — 1874
studirte er auf der Universitat in Innsbruck. Nach dem vollendeten 3. Jahr-
gange der Theologie wurde er von weiland dem Cardinal Fflrst Schwarzenberg
am 12. August 1873 zum Priester geweiht und feierte am 15. August desselben
Jahres seine Primiz. Im Jahre 1874 und 1875 befand sich Graf Sch. wieder
in Rom, wo er zum Mitgliede der academia ecclesiastica ernannt wurde,
und im Juni des Jahres 1875 wurde er an der Gregorianischen Universitat
zum Doctor der Theologie promovirt.
Im Jahre 1875 — 1879 fungirte er als Caplan in der Stadt Plan, wo er
sich die Liebe und Verehrung seiner Kirchkinder in grossem Maasse erwarb.
Im Jahre 1879 berief ihn Cardinal Schwarzenberg nach Prag, machte ihn zum
Vicedirector im f. e. Seminar. Im Jahre 1882 wurde er Director des-
selben und verblieb in diesem Amte bis zum Jahre 1883, ein vaterlicher
Graf Schtinborn. Eiselein.
«79
Freund und Berather der Alumnen, der auch den wissenschaftlichen Fort-
schritt der Alumnen theilnehmend und thatkraftig forderte.
Um der Verdienste willen, die sich Graf Sch. als Rector des f. e. Clerical-
seminars erwarb, ernannte ihn der Kaiser Franz Josef I. am 22. August 1883
zum Bischof zu Budweis ; seine Inthronisation feierte er in diesem Monate am
25. November dieses Jahres. Bestrebt, seinem Clerus alles zu werden, sorgte
er insbesondere fiir eine gedethliche Heranbildung des Clerus. Dass das
Letztere ihm besonders am Herzen lag, davon zeugt auch die Errichtung des
bohmischen Collegiums in Rom, zu welchem Zwecke er zweimal dahin reiste.
Seine Verdienste wurden anerkannt, indem er zum papstlichen Hauspralaten
und spater zum papstlichen Thronassistenten ernannt wurde.
Nach dem im Jahre 1885 erfolgten Tode des Cardinals Schwarzenberg
wurde er vom Kaiser Franz Josef I. am 21. Mai 1885 zum Erzbischof von
Prag ernannt und am 27. Juli dieses Jahres als solcher praconisirt. Nun
begann eine grosse, viele Kraft erheischende Arbeit im Weinberge des Herrn
in der ausgedehnten Erzdiocese, welche er nur in dringenden Fallen verliess,
so zu den bischfiflichen Conferenzen in Wien, und um seine Verehrung dem
heiligen Vater in Rom zu beweisen. Die weiteren bischoflichen Arbeiten,
die beschwerlichen Visitationen, die zahlreichen Functionen in der Stadt und
auf dem Lande nahmen seine Zeit und ganze Kraft in Anspruch. Eines
kraftigen Korperbaues und eines immer regen Geistes sich freuend, war er
unausgesetzt bemliht, den erhabenen Pflichten seines Amtes gerecht zu werden.
In Anerkennung seines rastlosen Eifers auf alien Gebieten seines erhabenen
Amtes, seiner beispielsvollen Frommigkeit und nie ermtidenden Wohlthatigkeit
gegen die Armen wurde er vom heiligen Stuhle im J. 1889 zum Cardinal
erhoben. In kurzer Zeit hatte er eine so hohe Wttrde erreicht, und Jeder-
mann, der ihn in der Vollkraft des Mannesalters kannte, hatte ihm eine lange
Lebensdauer und somit eine langjahrige Wirksamkeit vorausgesagt. Allein
im Plane der gottlichen Vorsehung war es anders bestimmt. Inmitten seiner
bischfiflichen Thatigkeit, als er im Juni 1899 in Falkenau die Generalvisiiation
hielt, wurde er von einer acuten Lungenentztindung ergriffen und erlag der-
selben, mit den Sterbesacramenten versehen, das Metropolitancapitel, den
Clerus und das glaubige Volk seiner Erzdiocese zum Abschiede segnend.
So friih und unerwartet dahingeschieden, wird der hochherzige und opfer-
willige Oberhirt von Clerus und Volk tief betrauert, und sein Andenken
bleibt gesegnet.
Eiselein, Karl, Landgerichtsprasident, * 16. Marz 1831 zu Heidelberg,
f 6. August 1899 zu Konstanz. E. war der Sohn des Oberbibliothekars
Josef Eiselein, seine Mutter Antonie war eine geborene Rehsteiner. In Donau-
eschingen besuchte er die Volks- und die ersten Klassen der Mittelschule,
in Freiburg deren oberste Klassen und seit 185 1 die Universitat. Gleich
seinem Bruder, der zuletzt Director des Gymnasiums zu Konstanz war,
widmete er sich anfangs der Philologie, ging aber bald zur Rechtswissenschaft
uber. Nachdem er 1856 und 1859 die beiden juristischen Prttfungen bestanden
hatte, war er als Actuar und Amtsgehilfe bei verschiedenen badischen Staats-
behorden und bei dem Anwalt Grimm in Pforzheim thatig, bis er 1864 bei
Einfiihrung der neuen Justizorganisation zum Amtsrichter in Kork ernannt
wurde. 1867 Assessor, 1868 Rath, 1874 Mitglied des Appellationssenates
286 Eiselein. Merbacb. Kapflf-Essentber.
am Kreisgerichte in Offenburg, 1881 Oberlandesgerichtsrath, 1884 Director
beim Lanclgerichte zu Waldshut, wurde E. 1885 in gleicher Eigenschaft zum
Landgericht in Konstanz versetzt, zu dessen Prasidenten er 1897 ernannt
ward, bis nach zweijahriger Thatigkeit der Tod ihn abrief. Er war unver-
heirathet. Aus harten Jugendjahren ging ein ernster Jttngling, ein ganzer
fester charaktervoller Mann hervor. Frtih hatte er sich das Ziel gesteckt,
der Mutter, welcher die Erziehung von fiinf Kindern oblag, und spater den
Schwestern eine Stlitze zu werden. Seine ganze Kraft gait seinen amtlichen
Pflichten. Reich an Kenntnissen, gewissenhaft in der Vorbereitung der
Sitzungen, unbefangen in der Fassung der Urtheile, bei strenger Auffassung der
Vorschriften des Gesetzes, doch wohlwollend und geduldig gegentlber den
Angeklagten, wo es moglich war, bestrebt, Streitende zu versohnen, hart gegen
sich, mildthatig, wo es seine Mittel gestatteten, aber immer nur im Verborgenen
— so bleibt er Allen, mit denen er in Bertlhrung trat, in schoner, wohlthuender
Erinnerung. »Ein charakterfester Mann, frei von Ehrgeiz und Neid, unab-
h an gig und vornehm in seiner Gesinnung, ein warmer Freund von Volk und
Vaterland, keines Menschen Feind, still und schlichU — so kennzeichnet sein
Wesen ein Freund in ehrendem Nachruf.
»Karlsmher Zeitung< 1899 No. 254.
v. Weech.
Merbach, Paul Moritz, Geheimer Medicinalrath, Professor, Dr. med.
* 25. December 1819, febenfalls December 1899, war Mitglied und Curator
des Kgl. sachsischen Landesmedicinalcollegiums in Dresden, dem er von der
Errichtung im Jahre 1865 an bis zu seiner Pensionirung im Jahre 18Q5 an-
gehorte. Vorher war er an der 1865 eingegangenen chirurgisch-medicinischen
Akademie in Dresden Professor der theoretischen Heilkunde, Mitglied der
arztlichen Prlifungscommission und stellvertretender Director der stehenden
Klinik fur innere Krankheiten gewesen. Auch begriindete er in Dresden die
Gesellschaft ftir Natur- und Heilkunde.
Vgl* J* Pagel, Biograpbiscbes Lcxikon bervorragender Aerztc des 19. Jabrbunderts.
Berlin-VVicn 1900 Sp. 11 18. Dresdner Amciger vom 13. December 1899. No. 346
S. 40 und vom 14. December 1899, No. 346 S. 39.
H. A. Lier.
Kapff-Essenther (Blumenreich) Franziska von, Romanschriftstellerin,
* 2. April 1849 auf Schloss Waldstein bei Leitomischl in Bohmen, f 28. October
1899 zu Berlin durch Selbstmord. Tochter eines osterreichischen Staats-
beamten Essenther; anfangs Lehrerin. In Wien heirathet sie 1880 den
Musikkritiker Otto v. Kapff. Sieben Jahre spater wird diese Ehe gelfist, und
sie reicht dem Litteraten Paul Blumenreich die Hand ; diese Ehe schlug zum
Unheil aus. B. gab Feuilleton-Correspondenzen heraus, Hess sich dann in
Theaterspekulafionen ein und floh nach Amerika. Die arme Frau musste eine
Heilanstalt aufsuchen. Schliesslich brach ihre Widerstandskraft zusammen. —
; Der Roman »Frauenehre« (3 Bde., 1872) und das komische Epos »Die sociale
I Revolution im Tierreiche« (1876) liegen vor den Prosa-Erzahlungen, die die
! gekr6nten novellistischen ^Wiener Sittenbilder« (1884) eroffneten. Deren
1 damals noch ungewohnlicher Realismus fiel bald in weiteren Kreisen auf;
I jedoch nothigte sie die Noth mehr und mehr, fttr den Erwerb zu schafien.
Kapff-Essenther. Klemm. Hoffmann. 281
Briimmer, Lex. d. dtsch. Dchtr. u. Pros. d. .19. Jhrh. 4 I 139 f. n. 437: KUrschner
Litteraturkaldr. XXI 11 658 f; ttber ihr Lebensende »Berl. Localanzgr.« am nachsten Tagc;
Bild: »Dic Wochec I 1326.
Ludwig Frankel.
Klemm, Heinrich Hermann, Kgl. sachsischer Oberlandesgerichtsrath, * in
Dresden am 8. Januar 18 16, f ebendaselbst am 16. Mai 1899. Klemm,
der Sohn eines sachsischen Steuerbeamten, erhielt seine Vorbildung auf der
Thomasschule in Leipzig und auf der Fiirstenschule zu Grimma. Er studirte
in Leipzig Jurisprudenz und war dort seit dem October 1845 als Advocat
thatig. Seit dem 28. August 1849 bekleidete er das Amt eines Stadtgerichts-
rats in Leipzig und trat am 1. October 1856 als Gerichtsrath in das neu er-
richteten Bezirksgericht in Leipzig ein. Im Februar 1859 wurde er an das
Apellationsgericht in Dresden berufen, dem er bis zu seiner Aufhebung, zu-
letzt als Oberappellationsrath, angehorte. Am 1. October 1879 wurde er
erster Rath am sachsischen Oberlandesgericht; er behielt diese Stellung bis
zu seiner Pensionirung am 1. Januar 1888. Neben seinen Berufsgeschaften
war Klemm seit der Mitte der vierziger Jahre unausgesetzt literarisch thatig.
Er veroffentlichte zahlreiche juristische nnd volkswirthschaftliche Aufsatze und
hielt Vortrage tiber Gesetzeskunde fttr Juristen, Kaufleute und Industrielle.
Im Jahre 1879 begrtindete er mit dem Senatsprasidenten Lamm die »An-
nalen der Kgl. sachsischen Oberlandesgerichte«, als deren Redacteur er bis
zum 1. Januar 1888 wirkte. Schon in Leipzig eifrig an dem politischen
Leben theilnehmend, war er fttr kurze Zeit sowohl in Leipzig wie in Dresden
Mitglied des Stadtverordnetencollegiums. Im Jahre 1884 wurde er im
4. sachsischen Reichstagswahlkreis zum Abgeordneten gewahlt und zum
zweiten Mai im Jahre 1890 in gleicher Eigenschaft nach Berlin gesendet.
Er schloss sich der deutsch-conservativen Partei an und brachte es bald zu
einem massgebenden Einfluss in Gesetzgebungsangelegenheiten. Im Jahre
1893 musste er wegen seiner schwankenden Gesundheit von diesem Posten
zurticktreten. Auch als Mitglied des sachsischen Landtages, in den er im
October 1890 gewahlt wurde, erfreute er sich wegen seines ausgebreiteten
juristischen Wissens grosser Achtung. Um die Schillerstiftung erwarb er sich
dadurch Verdienste, dass er die Geschafte des Vororts Dresden bis zur Ab-
gabe an den Vorort Weimar leitete. Zahlreiche Orden schmiickten seine
Brust. »Ein leuchtendes Beispiel charakterfester Gesinnung und unerschutter-
licher Pflichttreue, ein ganzer Mann ist mit ihm dahingegangen«.
Vgl. Grimmaische Eccc 1899. 20. Heft. Bcarbeitct von Hermann Wundcr. Meissen
1899. 8. S. 69—74.
H. A. Lier.
Hoffmann, Adolf Julius Friedrich Karl, Generalarzt, * 25. December
1822 zu Karlsruhe, f 27. October 1899 daselbst. Sein Vater war der am
8. December 1879 a ' s Grossh. badischer Generalleutnant a. D. verstorbene
Friedrich Hoffmann, 1848 — 1850 badischer Kriegsminister, seine Mutter, die
er in zartester Kindheit verlor, eine Tochter des bekannten Botanikers Karl
Christian Gmelin. Nachdem er seine Schulbildung auf dem Lyceum seiner
Vaterstadt erhalten hatte, studirte H. in den Jahren 1841 bis 1846 Medicin
auf den Universitaten Heidelberg und Berlin und war am Schlusse seiner
Studienzeit Assistent an der medicinischen Klinik in Heidelberg unter Professor
282 Hoffmann. Robert.
Pfeuffer. Nachdem er die Staatsprlifung bestanden und die Doctorwiirde er-
worben hatte, arbeitete er im Winter 1846/47 in den Hospitalern von Paris.
An der geplanten Fortsetzung seiner Studien in Wien hinderte ihn seine Er-
nennung zum Oberarzt in dem 1. Infanterieregiment zu Karlsruhe. In dieser
Dienststellung marschierte er mit einer badischen Brigade im August 1848
nach Schleswig-Holstein. Wahrend der badischen Revolution that er, neben
seiner Wirksamkeit im Militarspital zu Karlsruhe, Dienst in der dortigen
BUrgerwehr. Seine weitere militararztliche Laufbahn (seit 1856 als Regimen ts-
arzt) flihrte ihn nur vortibergehend nach Konstanz und Durlach, sonst war er
immer in Karlsruhe in Garnison. Im Feldzug von 1866 stand der inzwischen
zum Stabsarzt bef&rderte H. als Chefarzt des Haupthospitals mit einer Spital-
abtheilung in Tauberbischofsheim. Im Frlihjahr 1870 wurde Oberstabsarzt H.
zur Function als Divisionsarzt commandirt. Nach Ausbruch des deutsch-fran-
zosischen Krieges stand er als Chefarzt des Belagerungscorps vor Strassburg und
nahm nach der Uebergabe dieser Festung als Vertreter des erkrankten Corps-
Generalarztes im Stabe des Generals v. Werder an den Gefechten von Epinal,
am Oignon, bei Nuits und Villersexel und an der Schlacht bei Belfort Theil.
Nach der Rtickkehr in die Heimath entsagte H., als Generalarzt charakterisirt
und durch hohe Ordensauszeichnungen geehrt, der militararztlichen Laufbahn
und widmete sich fortan neben seiner sehr ausgebreiteten arztlichen Praxis
dem Dienste des Rothen Kreuzes. Besonders verdient machte er sich durch
die Ausarbeitung eines Mobilmachungsplanes flir die Angehorigen der frei-
willigen Krankenpflege und der Satzungen flir das freiwillige Krankentrager-
corps des Karlsruher Mannerhilfsvereines. Unter seinen Standesgenossen hoch
angesehen, betheiligte H. sich an der Wahrung ihrer Interessen als Schriftflihrer und
spater als Obmann des Ausschusses der Aerzte im Grossherzogthum Baden, als
Delegirter zum ersten Aerztetag (1873) und zu alien folgenden Delegirtenver-
sammlungen bis 1883, se *t 1876 als Mitglied des Gesammtausschusses, in welcher
Eigenschaft er sich besonders als Berichterstatter in Fragen der deutschen Aerzte-
ordnung hervorthat. Zu Karlsruhe wurden hauptsachlich auf seine Veranlassung
die Feriencolonien ins Leben gerufen, an deren Gedeihen er lebhaften Antheil
nahm. Er war auch als Mitglied und seit 1898 als Vorsitzender des Ver-
waltungsrathes der Allgemeinen Versorgungsanstalt eifrig flir die Interessen
dieser gemeinntttzigen Anstalt thatig. Als Arzt grtindlich, kenntnissreich,
scharf und klar in der Diagnose, unermlidlich und uneigenntitzig in der Be-
handlung, wurde er vielen seiner Kranken auch ein werther Hausfreund. Die
Geradheit, Biederkeit und Festigkeit seines Charakters gewann ihm die Hoch-
achtung, seine Treue und Zuverlassigkeit die Liebe weiter Kreise. Um die
Mitte der i8c)oer Jahre zwang ihn sein Gesundheitszustand, seine arztliche
Thatigkeit nach und nach immer mehr zu beschranken. Von langer Krank-
heit des letzten Lebensjahres erldste ihn ein sanfter Tod. Seine im August
1848 ihm angetraute Gattin, Elise, Tochter des Hofpredigers Deimling, starb
nach nur einjahriger Ehe; 1852 vermahlte er sich mit deren Schwester Sophie,
die ihm einen Sohn und drei TOchter schenkte.
» Karlsruher Zeitung* 1899 No. 323.
v. Weech.
Robert, Emmerich, mit seinem richtigen Namen Magyar, * 21. Mai 1847
zu Budapest, f in Wtirzburg 29. Mai 1899. Neun Jahre alt, kam er nach Wien,
wo er schon auf dem Gymnasium die Aufmerksamkeit seiner Lehrer als Decla-
Robert. Graf Rechberg. 283
mator erregte. Nach einigen Versuchen im Sulkowsky-Theater kam er in die
Schule Lewinskys, ein Probesprechen im Burgtheater 1864 ftthrte zu keinem
Engagement. So wandert er 1865 nach Zurich, 1866 ist er in Stuttgart,
1868 in Berlin, von wo er sich die Entlassung geradezu erzwingt, urn unter
Fuhrung Laubes 1872 in das neugegrilndete Wiener Stadttheater einzuziehen.
A Is Laube schied (1874), ging auch er, um ftir kurze Zeit, nachdem sein
Meister wieder gerufen worden, zurilckzukehren (1875), nac ^ verschiedenen
Gastspielen tritt er 1878 ins Burgtheater, dem er, spater auch als Regisseur,
bis zu seinem Tode angeh&rte. Ueber den Jtingling hatte Laube das ver-
dammende Verdict, er sei zu hasslich, gesprochen, die spatere classische
Schonheit, die ihm wurde, lastete lange wie ein Fluch liber ihm und verleitete
ihn zu Posen und Affectationen, von denen ihn Laube unter strengem Tadel
zu seiner grossen Genugthuung frei werden sieht. Vollstandig abgelegt hat er seine
stilisirende Manier nie, sie war ein Theil seines kttnstlerischen Wesens, das die
Hindernisse eines friihzeitig jeden Schmelzes beraubten Organs und eines Mangels
an echter Leidenschaft und wahrem Temperamente mi t staunenswer ther Selbstzuch t
zu bezwingenverstand. Diegrosse tragischeGeberdewar seiner Personlichkeit auf-
gepragt, und zu ihr hinauf flihrte erdas Wort, daserinklarsterGliederungmeisterte.
Was ein durchdringender Kunstverstand, entsprungen aus genauester Selbst-
erkenntniss, zu leisten vermag, dafiir ist R.'s Beispiel geradezu vorbildlich.
Was er hatte, Energie, lag mit einer grossartigen Starrheit (iber alien seinen
Gestalten. Er war geradezu der Begriff des tragischen Helden, dem ein
unerbittliches Schicksal das Zeichen des Todes auf die Stirne gedrtlckt
hatte. Das hob seinen »Oedipus« weit (iber die rhetorische Leistung, und
macht Rollen, wie »Skule«, »Macbeth« u. a. unvergesslich. Seine vornehme,
dem Gemeinen abgewendete Natur fand ftir den Aristokratismus eines »Coriolan«
die scharfsten Tone. An seinem »Pausanias« in Wilbrandts »Meister von
Palmira « konnte man studiren, wie die Alten den Tod gebildet, sein
»Manfred«, sein »Appiani« wurden, wie Schlenthers Grabrede von ihm sagt,
»das Sinnbild jener Machte, die durchs Dunkle fiihren*. Die Grenze seines
Konnens lag dort, wo die wirkliche Kraft einzusetzen hat: so rang er ver-
geblich mit der gewaltigen Aufgabe des Juda in Ludwigs »Makkab&ern«.
Schone Versprechungen ftir Charakterrollen gaben sein Caligula in Halms
•Fechter von Ravenna « und sein Etzel in Hebbels »Nibelungen« ; das Burg-
theater hat es aber verabsaumt, auf ihre Erfiillung zu dringen und ihn vor
einen Richard III. oder Mephisto zu stellen. In ernsten Salonrollen wenig
verwendbar, wusste er Aufgaben, in denen es ihm gestattet war, sich selbst
zu parodiren, in einer durch ihr pathetisches Wesen unendlich belustigenden
Weise zu losen: ich nenne nur den Bellac in der »Welt, in der man sich
langweilu und den Atalus in Grillparzers »Weh dem, der liigU. Wie ein
nicht allzu grosses ursprttngliches Talent sich durch strenge Erziehung bis
nahe an den schauspielerischen Genius emporentwickeln kann, das ist die
werthvolle Lehre, welche aus R.'s klinstlerischem Lebenswege hervorgeht.
Alexander von Weilen.
Rechberg und RothenlBwen, Johann Bernhard Graf von, osterreichischer
Staatsmann * 17. Juli 1806 zu Regensburg, f 26. Februar 1899 im Schloss
Kettenhof zu Schwechat bei Wien.
284 Graf Rechberg.
Unter den 15 Ministern, die im 19. Jahrhundert die auswartigen An-
gelegenheiten der habsburgischen Monarchic leiteten, gab es nicht weniger
als sieben, die nicht osterreichischen Familien angehorten. Diese Minister-
reihe aus der Freinde (Stadion, Metternich, Ficciuelmont, Wessenberg, Buol,
Rechberg und Beust), deren Mehrzahl »aus dem Reiche« stammte, waltete
ihres Amtes fast ununterbrochen zwischen 1806 bis 1870, mit den kurzen Unter-
brechungen 1848 bis 1852 und 1864 bis 1866. Der sechste in dieser Folge
gehort dem schwabischen Geschlechte der Rechberg an, deren Stammsitz, der
Hohenrechberg, sich unmittelbar neben dem Hohenstaufen erhebt. Der Besitz
der Rechberg erstreckt sich liber Wiirttemberg und Bayern, so dass dem jewei-
ligen Haupte der Familie Sitz und Stimme in der ersten Kammer beider
Staaten zusteht. Der spatere Minister war der zweite Sohn des Grafen Aloys;
sein alterer Bruder, Graf Albert, erbte das vaterliche Fideicommiss, wahrend
der jiingere zur Beamtenlaufbahn in Bayern bestimmt wurde, in die er nach
Vollendung seiner rechts- und staatswissenschaftlichen Studien an den Uni-
versitaten zu Strassburg und Miinchen eintrat. Aber ein Duell mit ungliick-
lichem Augange, an dem er als Secundant betheiligt war, erregte den Un-
willen Konig Ludwigs gegen ihn und so trat er in den aussichtsreicheren
osterreichischen diplomatischen Dienst. Er begann seine Laufbahn 1829 als
Attache bei der Gesandtschaft zu Berlin und wurde 1830 als Legations-
secretar zur Botschaft nach London versetzt, wo er unter Baron Wessenberg
und Graf Apponyi arbeitete. Verhaltnissmassig jung wirkte er von 1833 durch
drei Jahre als Geschaftstrager in Darmstadt, wurde hierauf in der Staatscanzlei
zu Wien beschaftigt, gehorte dann den Gesandtschaften in Briissel und Stock-
holm an, bis er 1843 zum Gesandten am brasilianischen Hofe emannt wurde.
Vier Jahre blieb er jenseits des Weltmeers, wo er sich mehr mit handels-
politischen und Colonialfragen als mit Politik zu beschaftigen hatte. Als er
Knde 1847 nach Wien zurlickkehrte, sah er bei seiner Reise durch Miinchen
die gegen Lola Montez gerichteten Unruhen und erstattete dem Fttrsten
Metternich Bericht tiber die drohenden Vorzeichen der Revolution. Indessen
glaubte sich der Staatskanzler sicher und wurde so unversehens am
13. Marz 1898 durch die Erhebung Wiens und seinen Sturz (iberrascht.
Metternich musste Wien verlassen und fand in Feldsberg, einem Schlosse
des Ftirsten Liechtenstein in Niederosterreich nahe an der mahrischen
Grenze, flir kurze Zeit Zuflucht. In diesen gefahrvollen Tagen stellten sich dem
gestiirzten Staatskanzler zwei seiner Untergebenen zur Verfligung : »Baron Karl
von Htigel und der gute Rechberg«, so schrieb die Gemahlin des Ftirsten dank-
erfullt in ihr Tagebuch, »der doch niemals von uns besonders beglinstig worden
war, standen uns beide gleich muthvoll und treu zur Seite. Hiigel blieb bei uns
undtraf alle moglichen Vorsichtsmassregeln, Rechberg blieb bei den Kindern«.
Htigel brachte den Ftirsten und seine Gemahlin zu Wagen nach Feldsberg,
wohin ihnen Rechberg mit den Kindern auf der Eisenbahn folgte. Aber auch
hier war ftir die Fliichtlinge kein Bleiben, da der Gemeinderath von Feldsberg den
Ftirsten auffordertfe, binnen 24 Stunden das Stadtgebiet zu verlassen. Im Reise-
wagenRechbergs, der neben dem Kutscher Platz genommen hatte, fuhren sie nach
Norden und gelangten dann auf der Eisenbahn nach Olmtitz; hier aber liessen
der Festungscommandant und der Erzbischof den Ftirsten wissen, dass sie
nicht ftir die Ruhe in der Stadt zu btirgen vermochten, wenn er Olmtitz be-
trete. So ging die Flucht weiter durch Bohmen und Sachsen, tiber Magde-
burg und Hannover nach Holland, wo Metternich von dem Konig und der
Graf Rechberg. 285
Regierung des Landes ehrenvoll aufgenommen wurde. Erst als Rechberg die
Fltichtlinge im Haag in Sicherheit wusste, verliess er Metternich und kehrte
mit dessen Briefen an die kaiserliche Familie nach Wien zurtick.
Als Ftirst Felix Schwarzenberg im November 1848 die Zugel der Regierung
ergriff, beschaftigte er Rechberg anfanglich im auswartigen Amte, ernannte
ihn aber schon am 22. Marz 1849 zum Bevollmachtigten bei der Frankfurter
Centralgewalt. Diesen Posten hatte soeben Schmerling unwillig verlassen, weil
das Ministerium ihn nicht in seine Absichten eingeweiht und ihn wie alle Welt
durch Verktindigung der centralistischen osterreichischen Verfassung vom 7. Marz
1849 Uberrascht hatte. Es war dies ein harter Schlag fur die grossdeutsche
Partei im Frankfurter Parlament und fiir Schmerling, ihren Fiihrer, da sich
Oesterreich dadurch selbst aus Deutschland ausschaltete. Schmerling nahm
Rechberg deshalb misslaunig auf und dieses erste unfreundliche Zusammentreffen
war entscheidend fiir das Verhaltniss der beiden Manner, das sich spater zu offner
Feindseligkeit gestaltete. Rechberg sah in Frankfurt die Erwahlung des Konigs
von Preussen zum deutschen Kaiser und dann den Zerfall des ersten deutschen
Parlaments. Von Frankfurt heimgekehrt, arbeitete Rechberg wieder im Ministe-
rium an den deutschen Geschaften. ' Der Conflict zwischen Oesterreich und
Preussen verscharfte sich, als bayrische Truppen mit Zustimmung Oesterreichs
nach Kurhessen geschickt wurden, um den an seiner Verfassung festhaltenden
Volksstamm unter die Herrschaft des Kurfiirsten zu beugen, wahrend Preussen die
»Strafbayern« an der Besetzung des Landes hindern wollte. Rechberg wurde
im November 1850 zum Bundescommissar in Kurhessen ernannt, mit dem
Auftrage, die Execution gegen das auf seinem guten Rechte beharrende Volk
zu leiten. Diese missliche Aufgabe wurde ihm aber auf seine Bitte bald
abgenommen und ihm selbst die bedeutende Stellung eines Gesandten in
Constantinopel zugedacht; im Juni 185 1 wurde er zum Internuntius ernannt,
ohne dass er jedoch dieses Amt antrat. Den ehrenwerthen Grund, weshalb
er es ausschlug, erfahren wir aus einem Briefe Bismarcks nach Rechbergs
eigener Mittheilung. »Er geht nicht nach Constantinopel «, schreibt Bismarck
im Juni 1852 aus Wien, »weil man sich geweigert hat, ihm das dortige
corrumpirte Subalternpersonal — Testa etc. — zu opfern.* Schon frUher
hatte sich unter den Frankfurter Diplomaten die Nachricht verbreitet, Rechberg
sei als Nachfolger des Grafen Thun zum Prasidenten des Bundestages bestimmt
und Bismarck berichtete aus Frankfurt am 23. April 1852 nach Berlin: »Graf
Rechberg ware nach Allem, was ich hore, Herrn v. Prokesch entschieden
vorzuziehen, als ein zwar leidenschaftlicher, aber gerader und ehrliebender
Mann.« Indessen hatte Bismarck das Missvergntigen, bald darauf doch Prokesch
als Vertreter Oesterreichs neben sich zu sehen. Die personliche Bekannt-
schaft Bismarcks und Rechbergs datirt von dem Besuche des Ersteren in Wien
und aus diesem Anlasse entwirft der preussische Diplomat von Rechberg eine
fttr diesen sehr gtinstige Schilderung. Er lernte ihn im Hause des alten
Ftirsten Metternich kennen. »Ich hatte ihn anders gedacht<c, schreibt er ver-
traulich an Minister ManteufFel, »seine brillentragende Erscheinung halt etwa
die Mitte zwischen Robert Goltz* (dem spateren preussischen Gesandten in
Paris) »und dem Hofdrucker Decker und er sieht mehr wie ein Kammer-
gerichtsrath aus als wie ein Diplomat. Er war sehr entgegenkommend und
mittheilend fiir mich und gefallt mir sonst ganz gut; aber audi er glaubt,
der deutsche Bund wurde durch die officielle Adoption der schwarzroth-
goldenen Farbe Krafte gewinnen und solche der Demokratie entziehen.«
286 Graf Rechberg.
Die letztere Bemerkung erinnert daran, dass Bismarck damals noch, auch in
Aeusserlichkeiten, conservativer Heisssporn war.
Der Tod des Ftirsten Schwarzenberg (5. April 1852) erhob den Grafen
Buol-Schauenstein zura osterreichischen Minister des Aeussern. Der neue
Vorgesetzte war R. nicht sympathisch, wie viele seiner unglinstigen Bemerkungen
(iber Buol beweisen. Er ftihlte sich im diplomatischen Dienste unbehaglich:
die Botschaft in Constantinopel hatte er ausgeschlagen und Air Frankfurt war
ihm Herr von Prokesch vorgezogen worden, oder wie Bismarck gerUchtweise
im November 1852 zu melden wusste, R. hatte das Amt mit dem Bemerken
abgelehnt, es sei ein Posten, wo man leicht den Hals brechen konne. Ver-
muthlich war das wenig freundliche Verhaltniss zu Buol der Grund, wes-
halb Rechberg jetzt fur einige Zeit in die innere Verwaltung iibertrat. Am
7. September 1853 wurde er namlich dem Feldmarschall Grafen Radetzky zur
Seite gesetzt, um die Administration des lombardisch-venetianischen Konig-
reiches zu leiten; der Sache nach war er Statthalter, doch ftihrte er nur
den bescheideneren Titel eines Civiladlatus des Feldmarschalls, dem die
Stellung eines Generalgouvemeurs blieb. Die Osterreichische Regierung war
zu dieser Einrichtung veranlasst, weil sie endlich daran gehen musste, das
1848 in den italienischen Provinzen eingeftihrte militarische Regiment durch
eine btlrgerliche Verwaltung zu ersetzen. Radetzky person! ich war milde
gesinnt, aber der Belagerungszustand lastete schwer auf den durch das Schwert
zuriickeroberten Provinzen, und mancher seiner Generale und Officiere ver-
scharfte durch harte Massregeln die durch die Verhaltnisse gebotene Strenge.
Begreiflicherweise war der alte Feldmarschall liber die Einschrankung seiner
Vollmachten ungehalten; er schrieb seiner Tochter, er habe das Land mit
seinen Officieren und wenigenCivilbeamten billiger regiert als R. mit dem grossen,
beigegebenen Beamtenstabe. Indessen stand das Ansehen des alten Helden
so fest, dass er sich bei seiner Klugheit mit den neuen Verhaltnissen abfand ;
seine Umgebung dagegen gerieth in scharfe Conflicte mit R., der seine Amts-
wirksamkeit nicht einschranken lassen mochte und darin den Weisungen des
Ministers des Innern, Alexander Bach, entsprach ; diesem war mit Recht daran
gelegen, den liber Italien und Ungarn verhangten Belagerungszustand aufheben
zu lassen. R. war lebhaft und aufbrausend und stiess mit dem ebenso
temperamentvollen Benedek, dem Generalstabschef des Feldmarschalls, so
heftig zusammen, dass ein Verkehr zwischen beiden tiberhaupt unmoglich
wurde.
Zu dieser Zeit, — es war der Hohepunkt des Krimkrieges — war die
&ussere Politik Oesterreichs vor schwierige Aufgaben gestellt, denen Graf Buol
nicht gewachsen war. Wohl war es zunachst ein Erfolg, dass Oesterreich im
April 1854 die preussische Regierung und den deutschen Bund zum Abschlusse
eines Vertheidigungsbiindnisses bestimmte, das auch die ausserdeutschen Gebiete
des Kaiserstaates gegen feindliche AngrifFe sicherte. Nun ging Buol, der die
Erwerbung der Moldau und der Walachei fur Oesterreich ins Auge gefasst
hatte, einen Schritt weiter, sagte dem tief verletzten Czaren die 1849 befestigte
Freundschaft auf und schloss im December 1854 ein Blindniss mit den West-
m&chten. Preussen war nicht zuvor verstandigt worden; Buol hoffte jedoch,
den Konig Friedrich Wilhelm und den deutschen Bund zum Beitritte zu be-
stimmen. Er tauschte sich, da Preussen (iber das geheime Spiel Oesterreichs
ungehalten war und nicht mit Russland in Krieg gerathen wollte; heftiger
noch widersprachen zu Frankfurt die Gesandten der Mittelstaaten. Da
Graf Rechberg. 287
Oesterreich in diesem Augenblicke — wir kennen bis heute noch nicht die
entscheidenden Vorgange am Wiener Hofe — vor den Consequenzen zuriick-
schrak und den Westmachten nicht den von ihnen erwartetenbewaffhetenBeistand
leistete, so hatte sich diese Zickzack-Politik der Reihe nach in Widerspruch
mit sammtlichen Grossmachten gesetzt; Bismarcks Abneigung gegen Oester-
reich fasste in dessen Unzuverlassigkeit tiefe Wurzeln und er wurde der
entschiedenste Gegner einer Untersttitzung seiner Orientpolitik durch Preussen.
Bismarcks Abneigung steigerte sich noch durch die taglichen ZusammenstOsse
mit Prokesch, der sich durch seine Charakterfehler den ganzen Bundestag ent-
fremdete. Unter diesen Umstanden stiegen die Aussichten fiir einen angesehenen
Diplomaten wieR., und er wurde imFebruar 1855 nach Frankfurt geschickt, vorerst
bloss um Prokesch zu vertreten. Wie angesehen er schon damals war, beweist
das Geriicht, dass Bismarck am 18. September des Jahres nach Berlin meldete:
in Wien stehe ein Ministerwechsel bevor und R. werde als Nachfolger Buols
genannt. Indessen war R. noch nicht so weit. Prokesch kehrte im Sommer
voriibergehend auf den Frankfurter Posten zurtick, wurde aber bald darauf
nach Constantinopel versetzt und R. am 12. October 1855 endgiltig zum Pra-
sidenten des Bundestages ernannt.
Damit tritt Graf R. als historische Figur unmittelbar neben Bismarck,
und dessen lebensvolle Schilderungen der diplomatischen Kampfe zu Frankfurt
riicken die Personlichkeit und das Wirken des osterreichischen Gesandten in
das hellste Licht. In den Berichten Bismarcks aus Frankfurt setzte sich der
grosse Staatsmann ein literarisches Denkmal sonder Gleichen, aber auch R.
kommt dabei nicht zu kurz; selten ist wohl einem Staatsmann durch einen
politischen Widersacher in hohem Greisenalter eine gleich hohe Genugthuung
widerfahren wie ihm durch die Veroffentlichung der Frankfurter Depeschen
Bismarcks. Anfanglich iibertrug Bismarck seine Abneigung gegen die oster-
reichische Politik auf ihren damaligen Vertreter, und der gttnstige Eindruck,
den R. bei ihrem Zusammentreffen in Wien gemacht hatte, trat in ihm zurUck.
»Ich halte R.«, so schreibt er am 28. Februar 1855, »flir ebenso schlimm
(wie Prokesch) in seiner politischen Richtung, und dabei ftir geschickter und
energischer.« Er traute dem neuen Bundesprasidenten sogar einen »Staats-
streich* in seinem Amte zu, in der Absicht, die Mittelstaaten der Csterreichischen
Politik gefligig zu machen. Aber schon nach der ersten Unterredung schwand
dieses Misstrauen Bismarcks.
Es ist hier die Stelle, um Rechbergs Grundanschauung uber die Aufgaben
der osterreichischen Politik festzustellen. Er war, was die ausseren Verhaltnisse
betraf, von der Richtigkeit der Ziele und Wege des FUrsten Metternich Uber-
zeugt, und hierin hatte wohl auch seine personliche Anhanglichkeit an den
Staatskanzler ihren Grund. Auch nach Rechbergs Ansicht hatte .Oesterreich
das BUndniss mit Preussen und Russland zu pflegen, da bios auf diese Weise
seine stets angefochtene Herrschaft tiber Italien behauptet und Ungam
niedergehalten gehalten werden konnte. Deshalb widerrieth er jedem allzu
ktthnen Ausgreifen seines Staates, weil er sich dadurch in Deutschland
Preussen entfremden oder auf der Balkanhalbinsel mit Russland zusammen-
stossen miisse. Somit billigte er schwerlich die Machtpolitik des Fursten
Schwarzenberg in Deutschland in ihrem ganzen Umfange, Buols Eroberungs-
plane im Osten verurtheilte er ofifen als zu gefahrlich.
Es macht nun seinem Charakter und seinem Unabhangigkeitssinne alle
Ehre, dass er diese Politik ebenso bei Kaiser Franz Joseph vertrat, wie er
2 $8 Graf Rechberg,
sie offenherzig im Verkehre mit Bismarck entwickelte. Er gewann dadurch
den preussischen Gesandten, der am 5. Marz 1855 an Manteuffel meldete:
»Ich habe eine lange Unterredung mit dem Grafen Rechberg gehabt, bei
welcher das Entgegenkommende der politischen Ansichten, die er aussprach,
meine Erwartungen tibertraf. Wenn er aufrichtig gegen mich gewesen ist,
und ich habe bisher keinen Grund, daran zu zweifeln, so kann ich ihn, nach
seiner Auffassung der Beziehungen zu Preussen, kaum der gegenwartig in
Wien herrschenden Richtung zuzahlen. Seiner Meinung nach hat Oesterreich
gegenwartig die Aufgabe, sich mit Preussen zu verstandigen, und auf diese
Weise fur beide eine gesicherte Stellung swischen den Weltmachten l ) zu ge-
winnen*. »Rechbergs Verhalten,« besagt der Bericht Bismarcks vom 25. Marz
1855 »kann ich fortwahrend nur loben, er lasst mit sich reden, ohne zu
deklamiren und zu zankeru. Natiirlich konnte er Bismarcks hohe Anspriiche
auf die Geltung Preussens nicht ganz befriedigen und das im Naturell des
preussischen Gesandten wurzelnde Misstrauen fand bald, wenn auch nur vor-
tibergehend, neue Nahrung. Es argerte Bismarck, dass Rechberg sich »leider«
nicht bios zu ihm, sondern auch zu den librigen Gesandten in ein Verhaltniss des
Vertrauens setzte, besonders aber dass er mit dem Vertreter Bayerns, Herm
v. Schrenck, seinem Jugendfreunde, weite einsame Spaziergange machte. Bald ist
ihm der gewandte Rechberg so unbequem, dass er ausruft: »Ich sehne mich
mitunter nach Prokeschs Ruckkehr; er war ein viel wtinschenswertherer
Gegner. Wollen wir uns und konnen wir uns mit Oesterreich verstandigen,
so ist Rechberg weit vorzuziehen und Prokesch gar nicht moglich. Rechberg
sagt mir taglich, es mtisse wieder dahin kommen, dass gar nichts am Bunde
verhandelt werde, wortiber vorher nicht Einigkeit zwischen Berlin und Wien
erzielt sei.« Rechberg sei wohl katholisch, aber sein Katholicismus sei ttber-
wiegend »politischer Natur«. Der neue Gesandte besass nach demselben
Zeugnisse in den grossen europaischen Fragen eine selbst&ndige Auffassung,
so dass er » nicht zu den Eingeweihten des letzten Gedankens der Politik
des Wiener Cabinets zu gehoren scheint. Sein von dem Grafen Buol wesent-
lich verschiedener Standpunkt und die zwischen beiden seit dem Tode des
FUrsten Schwarzenberg schon herrschende Verstimmung erklare dies leichu.
AH 1 dieses Lob wie der Tadel des wachsamen, eifersllchtigen Nebenbuhlers
sind gleich ehrenvoll ftir Rechberg. Dieser schmeichelte seinem Chef Buol nicht
im entferntesten ; »mit Frau von Vrints, der Schwester des Grafen BuoU (die
in Frankfurt eine bedeutende gesellschaftliche Stellung einnahm), »steht er in
offener Fehde«. Alles Frtihere zusammenfassend, findet Bismarck, das Miss-
trauen der Mittelstaaten gegen die osterreichische Orientpolitik wlirde schwinden,
wenn Graf Rechberg oder Graf Thun an der Spitze der Geschafte in Wien
sttinden.
In dem Gange der Buol'schen Politik missbilligte Graf Rechberg nicht
zum mindesten die Feindseligkeit gegen Russland, denn bekanntlich zog sich
Oesterreich den Vorwurf der' Undankbarkeit sei tens Russland zu, ohne die
Feindseligkeit des Kaisers Napoleon ganz bannen zu k6nnen. Rechberg hielt
denn auch nicht mit seinem Tadel der Note zurtick, durch die Buol im
Januar 1856 Russland zur Unterzeichnung des Friedens nothigte.
Unter diesen Umstanden hielt es Graf Rechberg um so nothwendiger,
dass Oesterreich sich wenigstens mit Preussen verbinde, und er befiirwortete
!) Die Wendung »zwischen den Westmiichten« bei Poschinger ist wohl ein Lese-
oder Druckfehlcr.
(Int Rechberg. 289
im December 1855 bei Buol die Absendung des osterreichischen Unterstaats-
secretars Werner nach Berlin zur Schlichtung der DifFerenzen mit dem Berliner
Cabinet. Als er den Auftrag erhielt, den Bundestag zum Anschlusse an die
Russland einschtichternde Politik Oesterreichs zu bestimmen, erkannte er,
dass sich weder Preussen noch die Mittelstaaten wtirden gewinnen lassen
und es gelang ihm, mit Bismarck eine vermittelnde Formel zu vereinbaren,
welche im Wesentlichen auch vom Bunde angenommen wurde.
Rechberg ging aber in seinen Bemtihungen noch weiter. Er arbeitete im
Jahre 1856 eine ftir Kaiser Franz Josef bestimmte Denkschrift aus, in der
Absicht, dadurch eine Aenderung der Ssterreichischen Politik Preussen gegen-
iiber anzubahnen. Die Eifersucht der beiden Grossmachte, so ftihrt er aus,
habe zur Folge gehabt, dass den an sich ohnmachtigen Mittelstaaten Deutsch-
lands eine Vermittler- und Schiedsrichterrolle zugefallen sei, die sie doch nur
unter Anlehnung an Frankreich festhalten konnten. Der Bund, das war der
Grundgedanke der Denkschrift, sei nicht stark genug, um die Zwietracht seiner
beiden Hauptmachte und das Werben um die Stimmen der Kleinen zu er-
t rag en. Als Rechberg Herrn von Bismarck von dem Inhalte seiner Arbeit ver-
standigte, ausserte er zugleich unverhohlen, dass er flirchte, in Wien auch
diesmal wie gewohnlich einer kurzen und unmotivirten Ablehnung zu begegnen.
Auch wusste er, dass er auf den Widerspruch des Herrn von Biegeleben
stossen werde, der im Osterreichischen Ministerium des Aeussern das Referat
liber die deutschen Angelegenheiten ftihrte. Wir begegnen hier zum ersten
Male dem Manne, der ftir Rechbergs spateres Wirken bedeutsam und ver-
hangnissvoll werden sollte. Rechberg gab sich keiner Tauschung darttber hin,
dass eine Besserung nicht zu erwarten sei, wofern Biegeleben nicht seines
wichtigen Referates enthoben wtirde.
Es ist bisher nicht bekannt geworden, welche Aufnahme diese Denk-
schrift, wenn sie liberhaupt abgesendet wurde, in Wien fand. Sehr bald
erkannte man indessen in Oesterreich, wie gefahrlich ftir Oesterreich die
Vereinsamung sei, in der es sich nach dem Krimkriege befand. Deshalb
wurde Rechberg 1857 nach Stuttgart gesandt, um Konig Wilhelm von Wtirttem-
berg zu bestimmen, zwischen Kaiser Franz Josef und dem Czaren, dem NefFen des
Konigs, zu vermitteln; indessen hatte, wie zu erwarten stand, die Bemlihung
des Konigs keinen Erfolg. Dem Berliner Cabinet gegenllber aber verharrte
die osterreichische Politik auf der betretenen Bahn. Graf Rechberg wurde
on Wien aus angewiesen, Preussen in jeder Weise entgegenzuwirken und die
ittelstaaten ftir Oesterreich zu gewinnen. Er musste nach seinen Instructionen
ndeln und so entspann sich ein merkwtlrdiges Verhaltniss zwischen dem
i > .erreichischen und dem preussischen Gesandten. Sie bek&mpften sich mit
alien Mitteln der Diplomatic, wobei Rechberg als Prasident der Versammlung
and Vertreter der ftihrenden Macht sich in einer gUnstigeren Stellung befand ;
s gelang ihm auch, nahezu in alien Fragen eine Mehrheit um sich zu
immeln. Aber so gross auch der Unwille war, der darob die Seele des
olzen und reizbaren, zum Herrschen geborenen und jetzt zurtickgedrangten
smarck erfiillte, so musste er anerkennen, dass Rechberg sich loyaler Mittel
diente und innerlich diesen Wettbewerb um die Gunst der Mittelstaaten
it schadlich hielt.
Das Verhaltniss gegenseitiger Achtung zwischen Bismarck und Rechberg
blieb unverandert, auch als Oesterreich den Konig Friedrich Wilhelm IV.
durch seine Feindseligkeit in der Neuenburger Frage tief krankte. Der Konig
Biogr. Jahrbuch u. Deutscher Xekrolog. 4. fid. ig
2 go Graf Rechbergf.
wollte die Eidgenossenschaft zur Freilassung der Ftihrer der preussenfreund-
lichen Partei Neuenburgs zwingen, denen man den Process gemacht hatte,
und er sah sich hierbei von Oesterreich im Stiche gelassen, von Napoleon III.
dagegen kliiglich unterstlitzt. Rechberg machte in vertraulichen Aeusserungen
kein Hehl aus seiner Niedergeschlagenheit iiber die Irrthlimer des Wiener
Cabinets, Buol der Unfahigkeit anklagend. Bei diesem Anlass scheint sich
die Scene abgespielt zu haben, die Bismarck spater erzahlte. Rechberg kam
zu ihm, um ihm eine von Wien aus eingelangte Instruction zu zeigen, des
Inhalts, er habe fur einen Antrag Preussens in dieser Angelegenheit zu stimmen.
Bismarck las einen Theil des ihm vorgelegten Schriftstuckes und bemerkte
sofort: »Hier muss ein Irrthum vorgefallen sein.« Rechberg sah ins Blatt
hinein und erschrak; er hatte Bismarck aus Versehen eine andere Depesche
aus Wien lesen lassen, in der er angewiesen wurde, fur den preussischen
Standpunkt zu stimmen, aber gegen ihn zu wirken. »Beruhigen sie sich,«
sagte Bismarck, »Sie haben mir den Brief nicht geben wollen, also haben
Sie ihn mir nicht gegeben, also ist sein Inhalt mir vollig unbekannt.« (Wahr-
scheinlich handelte es sich hierbei um die Depesche, die von Bismarck in
seinem Berichte vom 25. December 1856 erwahnt wird; es ist dies ein
geheimes Rundschreiben des Wiener Cabinets an die suddeutschen Hofe,
in dem ihnen gerathen wird, den Durchmarsch preussischer Truppen gegen
die Schweiz nicht zu gestatten, Preussen in dieser Angelegenheit vielmehr an
den Bund zu verweisen.)
Schroff traten sich sodann die beiden Diplomaten in der Rastatter
Festungsfrage gegenliber. Der Grossherzog von Baden hatte insgeheim ein-
gewilligt, dass Oesterreich eine Besatzung in die Bundesfestung lege, und
erst hinterher wurde die Zustimmung des Bundes verlangt. Mit Eifer betrieb
Rechberg das ihm aufgetragene Geschaft, wiewohl Bismarck ihn an seinen
eigenen Grundsatz erinnerte, Oesterreich und Preussen sollten sich stets
einigen, bevor sie etwas an den Bund brachten. Immer lebhafter wurden
die Klagen Bismarcks iiber die iibrigen Gesandten, die, wie er behauptet,
sich »gegen klares RechU aus personlichen Rticksichten zu Parteizwecken
missbrauchen lassen. Bismarck legte am 29. Januar 1858 Manteuffel gegen-
liber das Bekenntniss ab: »Es ist fur den preussischen Gesandten am Bunde
nicht leicht, den osterreichischen und den anderweitigen antipreussischen
Einfllissen gegeniiber den personlichen Beistand auch nur eines einzigen
seiner Collegen zu gewinnen.«
Diese Reibungen und Zusammenstosse hatten, wie bekannt, beinahe zu
einem Duell zwischen den beiden Gesandten gefuhrt. Der Streit zwischen
ihnen wurde einmal so heftig, dass Rechberg nicht mehr Herr seines hitzigen
Temperaments blieb und ausrief: »Ich werde Ihnen meine Secundanten
schickenU »Wozu die Umstande«, erwiderte Bismarck, »Sie haben ja wohl
Pistolen, dann machen wir die Sache sogleich in Ihrem Garten ab. Wahrend
Sie das Schiessgerath zurecht machen, schreibe ich einen Bericht liber den
Handel, den ich eintretenden Falles nach Berlin zu schicken hatte. « Bismarck
setzte sich wirklich nieder, schrieb den Bericht und ersuchte Rechberg, ihn
zu lesen. Dessen Hitze hatte sich indessen abgekiihlt; er meinte: »Alles
recht, aber uns deshalb die Halse zu brechen, ware doch liber die Maassen
thoricht.« Bismarck erklarte sich ganz ein vers tanden. So der Bericht, den
der Reichskanzler sp&ter gerne zum Besten gab und den Sybel in der obigen
Form wiedergiebt. Nach einer anderen Fassung hatte der bayerische Gesandte,
Graf Rechberg. 29!
Herr von Schrenck, zwischen den beiden Mannern vermittelt und die Sache
ins Reine gebracht. Das ist, wie gesagt, die Darstellung Bismarcks. In
hohem Alter kam Graf Rechberg dem Verfasser dieses Aufsatzes gegeniiber
zweimal auf die Sache zu sprechen, gab die Richtigkeit der Erzahlung zu,
liess sich aber auch liber den Anlass des Streites aus. Danach handelte es
sich um den vor die Bundesversammlung gebrachten Antrag, den schleswig-
holsteinschen Offizieren, die 1848 — 1850 gegen Danemark gekampft hatten,
eine Pension seitens des Bundes zu gewahren. Am Tage der Abstimmung
hatte Rechberg noch keine Instruction aus Wien in Handen und es lag ihm,
um das Ansehen Oesterreichs in Deutschland zu wahren, Alles daran, die
Entscheidung hinauszuschieben, damit sein Staat nicht als Gegner des schles-
wig-holsteinschen Sache erscheine. Er bat Bismarck um die personliche
Geialligkeit, der Vertagung der Sache zuzustimmen. Dieser, so erzahlt Rech-
berg weiter, ging anscheinend auf diesen Wunsch ein; der osterreichische
Gesandte war deshalb unliebsam iiberrascht, als sein College in der Sitzung
trotzdem die Verhandlung der Angelegenheit betrieb, so dass Rechberg der
Versammlung eroffnen musste, er habe kein Recht zuzustimmen. Nach der
Sitzung machte ihm Rechberg heftige Vorwlirfe, und der Wortwechsel wurde
so lebhaft, dass der hitzige osterreichische Gesandte den preussischen zum
Zweikampfe herausforderte.
Soweit Rechberg. In den veroffentlichten Actenstticken finden sich zvvei
Falle, in denen die beiden Diplomaten tiber die Pensionsfrage hart aufeinander
stiessen. (Poschinger, Preussen im Bundestag, 3. Theil, S. 119 und S. 201.)
Es bleibe dahingestellt, wie weit Graf Rechberg, der beinahe 90 Jahre alt
war, als er die Dinge so darstellte, sich auf sein iibrigens ungewohnlich
frisches Gedachtniss verlassen konnte.
Wahrend dieser kleinlichen und argerlichen Streitigkeiten zwischen den
deutschen Grossmachten bereitete Napoleon III. den Krieg gegen Oesterreich
vor und Kaiser Franz Josef durchschnitt die im Friihjahre 1859 gepflogenen
Scheinverhandlungen durch die Absendung des Ultimatums an den sardinischen
Hof. Graf Buol, der von dem Schritte des Kaisers nicht friiher verstandigt
worden war, gab hierauf seine Entlassung und an seine Stelle trat am
17. Mai 1859 Graf Rechberg als Minister des Aeussern. Mitten in einer
grossen europaischen Krise sollte er seine Krafte erproben. Da unmittelbar
darauf am 4. Juni die ftir Oesterreich ungliickliche Schlacht bei Magenta
geschlagen wurde, so stand Rechberg in den schwierigsten Verhaltnissen. Er
war Zeuge, wie tief die Nachricht von der Niederlage seinen Meister in der
Diplomatic, den 85Jahrigen Fiirsten Metternich, erschiitterte ; bald nach ihrem
Einlaufe fiel der ehemalige Staatskanzler in Gegenwart Rechbergs, der gerade
bei ihm zu Besuche war, in eine tiefe Ohnmacht, und obwohl er sich wieder
erholte, waren seine Krafte bald aufgezehrt; eine Woche darauf verschied er.
Nach der Schlacht von Magenta ubernahm Kaiser Franz Josef den Oberbefehl
in Italien, wohin ihm bald Rechberg folgte. Im Hauptquartier zu Verona
traf Rechberg unter den Generalen, die er wahrend seiner lombardischen
Statthalterschaft kennen gelernt hatte, auch Benedek und er reichte ihm, der
Rechberg noch immer grollte, die Hand zur Versohnung. In dem Briefe
Rechbergs, in dem das geschah, heisst es: »Wir stehen beide in dieser ernsten
Zeit auf der Bresche. Ich ftihle das Bediirfniss, mein verehrtester Herr
Feldmarschall-Leutnant, Ihnen herzlichst die Hand zu geben und die Bitte
auszudrlicken, frithere Irrungen, die zwischen uns stattgefunden haben, in
19*
$02 Graf Rechberg.
dem gemeinschaftlichen Kampfe ftir unseren Kaiser unci das Vaterland der
Vergessenheit zu weihen. Unter der kleinen Schaar der Erprobten darf unter
so bedrohlichen Verhaltnissen kein anderes Gefiihl als das der briiderlichen
Freundschaft zum gemeinsamen Einstehen fur das Recht und die gute Sache
besteheru.
Die Hoffnungen Oesterreichs wurden durch die zweite Niederlage bei
Solferino am 24. Juni niedergeschlagen, so dass Kaiser Franz Josef bei der
Zusammenkunft mit Napoleon zu Villafranca in den Frieden willigte. Die
Lombardei war der Preis, den Oesterreich zahlen musste.
Die nachste Folge der Niederlage war der Fall des Absolutismus in
Oesterreich. Offenkundig war, dass die Theilnahme der Volker Oesterreichs
am Staate durch den Widerwillen gegen das bisherige System zuriickgedrangt
wurde; hatte Napoleon doch vor dem Kriege sogar mit der Erhebung Ungarns
gegen die osterreichische Herrschaft gerechnet. Graf Rechberg theilte die
Ansicht derjenigen, die meinten, der Druck mtisse gemildert, der Einfluss des
Clerus eingeschrankt, Ordnung in die Finanzen gebracht werden. Wohl war
er streng conservativ gesinnt und hielt eine starke Regierung, sowie die Auf-
rechterhaltung des osterreichischen Einheitstaates fur nothwendig, aber seine
Einsicht sagte ihm, dass die Einfiihrung constitutioneller Formen und die
Versohnung mit Ungarn unabweislich sei. In diesem massigenden Sinne
wirkte er schon vor seiner Abreise ins Hauptquartier. Er knupfte, wie es
heisst, durch Baron Josika, Verbindungen mit dem conservativen Adel Ungarns
an, der, wenn auch streng monarchisch gesinnt, doch gleichfalls gegen das herr-
schende absolutistische System in Opposition stand. Noch von Verona aus erliess
der Kaiser auf Rath Rechbergs am 15. Juli ein Manifest, des Inhalts, dass
die Regierung zeitgemasse Verbesserungen in der Gesetzgebung und in der
Verwaltung flir nothwendig halte. Auf diesem Wege lag es, dass Rechberg
nach der Ruckkehr des Kaisers in Wien beim Minister des Innern, Alexander
Bach, erschien und ihm ankiindigte, der Kaiser wlinsche, er und der Polizei-
minister Kempen hatten ihre Entlassung zu nehmen. Die Befestigung der
Stellung Rechbergs zeigte sich darin, dass er im August 1859 zum Vorsitzenden
im Ministerrathe ernannt wurde und zu seinen bisherigen Pflichten auch das
Amt eines Ministers des kaiserlichen Hauses iibernahm. Das wichtige
Ministerium des Innern wurde dem Grafen Goluchowski, bisher Statthalter
in Galizien, anvertraut; etwas spater wurde, um den Ungarn ein Zeichen des
Einlenkens zu geben, die Abberufung des Erzherzogs Albrecht aus Ungarn,
der bisher Civil- und Militargouverneur gewesen war, verfugt und an seine
Stelle der Ungar Benedek gesetzt. Es entsprach aber nicht Rechbergs An-
sichten, dass Goluchowski Vorbereitungen traf, um den einzelnen Provinzen
Oesterreichs eine weitgehende Selbstiindigkeit zu gewahren. Rechberg war
vielmehr damit einverstanden, dass im December i860 Schmerling berufen
wurde, um den Einheitsstaat aufrecht zu erhalten, dabei jedoch gleichzeitig
verfassungsmassige Formen einzuftihren. In Folge dieser Veranderung tiber-
liess Rechberg dem Erzherzog Rainer das Amt des Ministerprasidenten in
dem Cabinet, in dem Schmerling als Staatsminister die innere Politik leitete,
wiihrend Rechberg Minister des Aeussern und des kaiserlichen Hauses blieb.
Wiewohl sein persdnliches Verhaltniss zu Schmerling nicht das beste war,
schien sich die neue Ordnung der Dinge an fangs gut zu bewahren.
Die aussere Politik Oesterreichs wurde durch die Ereignisse in Italien
beherrscht. Die Volksabstimmungen in Mittelitalien ttbertrugen dem Konig
Graf Rechberg. 203
Victor Emanuel die Herrschaft tiber diese Gebiete und Garibaldi unternahm
seinen Siegeszug durch Sizilien und Neapel. Diese machtige Volksbewegung,
welche zuletzt den osterreichischen Besitz in Venetien bedrohen musste, hatte
kein osterreichischer Minister hindern k6nnen. Als einziges gtlnstiges Er-
gebniss dieser Ereignisse sah Rechberg es an, dass Lord Palmerston, der die
Befreiung Italiens untersttitzt hatte, seit der Abtretung Nizzas und Savoyens
an Frankreich von Misstrauen gegen Napoleon erfiillt wurde und sich Oester-
reich naherte, dem Palmerston in I tali en bisher jede nur mogliche Schadigung
zugeftigt hatte. Zwischen Palmerston und Rechberg entspann sich ein geheimer
Briefwechsel, in dessen Verlaufe der englische Minister Rechberg mit den
Eroberungsplanen Napoleons bekannt machte, die ihm aus Papieren bekannt
waren, welche Palmerston um einen hohen Preis von einem ehemaligen
Secretar Napoleons gekauft hatte. Der Briefwechsel der beiden Minister
ging durch die H&nde des Staatsraths KHndworth, eines Abenteurers, der
gleichzeitig stets im Solde mehrerer Regierungen stand; officiell konnte Palmer-
ston als Ftihrer der liberalen Partei sich nicht der conservativen Politik
Oesterreichs nahern, wie denn auch England die erste Grossmacht war, die
das Konigreich Italien anerkannte.
Ebenso unfruchtbar musste die deutsche Politik Oesterreichs bleiben, da
sie auf die Aufrechterhaltung des Einflusses in Deutschland gerichtet war,
ohne dass Oesterreich dem deutschen Volke die ersehnte Einigung bieten
konnte. Weitreichende Plane lagen auch nicht im Sinne Rechbergs, der die
Faden der Metternich'schen Politik weiterspinnen und eine Verstandigung
mit Preussen herbeiFiihren wollte; Rechberg setzte sich eben ein enges Ziel: die
Erhaltung des 181 5 in Deutschland geschaffenen Zustandes. In diesen Be-
muhungen sah er sich unaufhorlich gehemmt, da sein Einfluss im Cabinet
des Kaisers Franz Josef sehr haufig durch den anderer Rathgeber durchkreuzt
wurde. Nicht einmal in seinem eigenen Ministerium war seine Autoritat
unerschiittert. Der Director im Ministerium, Freiherr von Meysenbug, war
franzosenfreundlich gesinnt und wirkte ftir die Versohnung mit Kaiser Napoleon ;
wichtiger aber war, dass der bereits erw&hnte Referent flir die deutschen
Angelegenheiten, Freiherr von Biegeleben, die preussenfreundliche Richtung
Rechbergs missbilligte und die Aufnahme grossdeutscher Plane seitens Oester-
reich beflirwortete. Biegeleben fand, so oft er in gl&nzend geschriebenen
Denkschriften solche weitfliegende Entwlirfe vertrat, williges Gehor bei Kaiser
Franz Josef, so dass der Einfluss dieses Hofrathes im Ministerium den des
Grafen Rechberg zeitweilig in den Hintergrund drangte. Rechbergs Person-
lichkeit war nicht kraftig genug, um sich im Rathe Kaisers Franz Josefs
durchzusetzen ; freilich zeigte es sich spater, dass nicht bios er, sondern die
meisten Minister Oesterreichs in unseren Tagen an ahnlichen Schwierigkeiten
und Schwankungen scheiterten.
Es war freilich schwierig genug, zu einem besseren Verstandnisse mit
Preussen zu gelangen, da das liberale preussische Cabinet Hohenlohe die
Absicht hegte, die Aufmerksamkeit des Volkes von dem Militarconflict im
Innern dadurch abzulenken, dass es wieder mit dem Plane der Bildung eines
engeren deutschen Bundes unter Fiihrung Preussens hervortrat. Dieser
Gedanke war in der Note Bernstorffs, des Ministers des Aeusseren, vom
20. December 1861 formulirt und das kraftigere Auftreten Preussens kam
auch darin zum Ausdrucke, dass es am 29. Marz 1862 einen freihandlerischen
Handelsvertrag mit Frankreich schloss und die Staaten des Zollvereins
2g4 Graf Rcchberg.
vor die Wahl stellte, der Abmachung beizutreten oder den Zollverein zu
verlassen.
Selbst wenn R. den Wunsch gehegt hatte, trotz dieser Vorstosse
Preussens einem diplomatischen Conflicte mit dem Nebenbuhler aus dem
Wege zu gehen, so ware ihm dies angesichts des verletzten Stolzes des
Wiener Hofes nicht m&glich gewesen. Zudem hatte mit dem Eintritte
Schmerlings in das fisterreichische Cabinet die grossdeutsche, antipreussische
Richtung einen entschlossenen Vertreter gefunden, der sich auf das Festeste
mit Hofrath Biegeleben verband. Uebrigens empfand R. jmgesichts des Vor-
gehens Preussens zu lebhaft, was er seiner Stellung als Nachfolger Metternichs
und Schwarzenbergs schuldig sei, um sich von dem diplomatischen Feldzuge
gegen Preussen auszuschliessen, wenn er auch, anders als Schmerling, vor dem
offenen Bruche zurttckscheute. In diesem Spiel der Krafte war ihm Schmerling
vorerst tiberlegen, da er eine ktihne, von Selbstvertrauen erfiillte Natur war,
die offentliche Meinung in Oesterreich und Stlddeutschland ftir sich hatte und
damit auch den Kaiser gewann.
In der Zollvereinsfrage errang Preussen einen vollen Sieg, da die
deutschen Mittelstaaten die Vortheile der Verbindung mit Preussen kannten
und dem Vorschlage des Wiener Cabinets, Anschluss an Oesterreich zu
suchen, misstrauten; sie traten somit dem Handelsvertrage mit Frankreich
bei. Glllcklicher war R. naturgemass in der Abwehr der preussischen
Note vom 20. December 1861. Er bestimmte die Konigreiche Bayern f
Wiirttemberg, Sachsen und Hannover sowie die H6fe von Darmstadt und
Nassau einen mit Oesterreich gemeinsamen Schritt zu unternehmen; am
2. Februar 1862 erging eine identische Note dieser Staaten an Preussen, in
welcher der Plan eines engeren Deutschlands unter Flihrung Preussens in
scharfen Wendungen zurllckgewiesen wurde. Oesterreich ging jetzt noch
weiter und legte seinerseits zu Frankfurt einen Bundesreformplan vor, welcher
den WUnschen der grossdeutschen Partei entgegenkam. Es sollte ein
Bundesdirectorium in Frankfurt und eine Versammlung von Delegirten
aus alien deutschen Staaten eingesetzt werden; auch beantragte Oesterreich,
den Entwurf eines ganz Deutschland gemeinsamen Civilprocesses und Obliga-
tionenrechtes auszuarbeiten.
Dieser Gegenzug war zwar in Deutschland volksthiimlich; aber so wie
Oesterreich mit diesen bestimmten Vorschlagen hervortrat, erhob sich das
Misstrauen der deutschen Hofe auch gegentlber seinen Ansprtichen auf
Flihrung und jene Vorschlage erhielten am Bundestage nicht die Mehj-heit.
Schmerling aber und Biegeleben riethen nun dem Kaiser, die gtinstige
Stimmung in Deutschland zu benutzen und sammtliche deutsche Fttrsten zur
Berathung einer neuen Bundesverfassung nach Frankfurt einzuladen. R.
wurde in diesem Plan erst eingeweiht, als die Vorbereitungen zu seiner Aus-
fuhrung bereits im Zuge waren. Er war ebenso betroffen durch die ihm
widerfahrene Zurlicksetzung wie innerlich Uberzeugt, dass der Fttrstentag ohne
positives Ergebniss bleiben mtisse; denn da zu einer Aenderung der deutschen
Bundesverfassung Einmiithigkeit nothwendig war, so ware Preussen selbst,
wenn es allein stand, in der Lage gewesen, die Annahme der Bundesreform
zu verhindern. R. aber hielt es des weiteren ftir unthunlich, es zu einem
Bruche mit Preussen zu treiben. Deshalb bot er dem Kaiser seine Entlassung
an, die jedoch nicht angenommen wurde. Bei der jetzt folgenden Berathung
ttber den dem Flirstentage vorzulegenden Reformplan bemtihte sich R., die
Graf Rechberg. 395
weitergehenden und ktlhneren Entwlirfe Schmerlings und Biegelebens abzu-
schwachen. Er drang damit durch, ebenso mit dem Verlangen, dass er und
sein Rath Biegeleben, nicht aber Schmerling den Kaiser nach Frankfurt
begleiten soil ten. Auch dies erreichte er, sehr zum Schaden der ganzen
Unternehmung, da ihre Ausfuhrung damit ihm, dem Pessimisten, anvertraut
wurde. Das Ergebniss des Ftirstentages entsprach nun den von ihm dargelegten
Annahmen. Angesichts des Widerspruchs, zu dem Bismarck, wenn auch nach
aufreibenden Kampfen, Konig Wilhelm bestimmte, ware die Annahme des
{Jsterreichischen Reformplanes nur durch einen Krieg mit Preussen zu erwirken
gewesen, vor dem Oesterreich doch zurtickschreckte. Bei der darauf folgenden
Zusammenkunft R.'s mit den Ministern der Mittelstaaten wollte er sie dazu
bestimmen, wenigstens einen Beginn des neuen Bundes zu machen, indem
sie unter Beiseitelassung Preussens sich mit Oesterreich auf Grundlage des
Frankfurter Projektes einigten. Allein die Minister lehnten, um die Unabhangig-
keit der Mittelstaaten aufrecht zu erhalten, diesen Vorschlag ab, so dass R.
von ihnen mit der Drohung schied: »Wenn Ihr es so haben wollt, mit
Preussen kfinnen wir uns auch verstandigen.«
Auf diesem Gebiete wie auch in der polnischen Frage gaben die Er-
eignisse der vorsichtigeren, oder wenn man will, zaghafteren Politik Rechbergs
Recht. Als in Russisch-Polen 1863 der Aufstand aufflammte, hielt er es fiir
unklug, sich mit England und Frankreich zu verbinden, um Russland zur
Befriedigung der nationalen Wttnsche der Polen zu zwingen. Der franztisische
Botschafter in Wien f Gramont, hatte den Auftrag, bei Rechberg anzuklopfen,
ob Oesterreich bereit ware, sich mit den Westmachten zur Herstellung Polens
zu verbinden ; Oesterreich mtisste allerdings in diesem Falle Galizien abtreten,
es sollte aber durch die Ueberlassung der Moldau und der Wallachei ent-
schadigt werden. In Wien herrschte in manchen Kreisen Stimmung fttr die
UnterstUtzung der polnischen Wlinsche, allerdings mit dem Hintergedanken,
dass das befreite Polen sich doch an Oesterreich werde anlehnen, ja unter
dessenSchutz werde stellen mtissen; so kam es, dass die osterreichischenBehorden
in Galizien anfanglich keine Hindernisse machten, wenn aus Galizien be-
waffhete Insurgentenbanden nach Russisch-Polen tibertraten. Rechberg aber
hielt diese neue Feindseligkeit gegen Russland doch fiir zu getahrlich, zumal
angesichts der Unzuverlassigkeit Napoleons, — er antwortete Gramont: Die
Zumuthung an Oesterreich, einen Krieg zu fiihren um eine Provinz zu ver-
lieren, sei doch merkwttrdig, da man doch sonst nur zum Schwerte greife,
um ein Land zu erobern.
Rechbergs Gedanke war, es sei an der Karte Europas moglichst wenig zu
andern; denn er besorgte mit Recht, der Gedanke, die Nationalitaten in
abgeschlossene Staaten zu vereinigen, mtisse sich in seiner Consequenz stets
gegen die osterreichische Monarchie kehren. Daher seine vorsichtige Be-
handlung der deutschen Frage, daher auch sein Widerstand gegen den Plan,
den Ausgleich mit Italien durch die freiwillige Abtretung Venetiens anzubahnen.
Schmerling dagegen war solchen Ideen nicht abhold, da Oesterreich seiner
Ansicht nach sodann in Deutschland kraftiger hervortreten konne. Im Rathe
des Kaisers stimmte insbesondere der Finanzminister Ignaz von Plenef fiir
den Verkauf Venetiens, da dies die zerrtitteten Finanzen aufbessern konne.
Infolge dieser widersprechenden Einfltisse zeigte die osterreichische Politik ein
bedenkliches Schwanken, fiir welches man Jahrzehnte hindurch den Grafen
Rechberg verantwortlich machte; seitdem man aber die inneren Zusammen-
2o6 Graf Rechberg.
hange naher kennt, weiss man, dass die Widersprtiche der fisterreichischen
Politik vor A Hem dadurch herbeigeftihrt wurden, dass Kaiser Franz Josef
gleichzeitig verschiedenen Rathgebern Gehor gab und sich nicht entschliessen
konnte, sich einer vorherrschenden Gedankenrichtung anzuvertrauen.
Offenbar musste Rechberg, indem er den 1815 aufgerichteten Stand der
Dinge vertheidigen und nicht an ihn rtthren wollte, immer wieder auf den
Grundgedanken der Metternichschen Politik zurttckkommen, enge mit Preussen
verbunden zu bleiben. Es war Rechberg deshalb hochst willkommen, als
sich mit dem Tode des Konigs Friedrich VII. von Dane mark die Aussicht
erOffnete, in der schleswig-holsteinschen Frage Hand in Hand mit Preussen zu
gehen. Sein Programm in dieser Angelegenheit war in zwei Satze zu-
sammenzufassen : Festhaltung an den Vertragen, insbesondere an dem
Londoner Pro tok oil von 1852, welches den Danen den Besitz von Schleswig-
Holstein aufs Neue zusicherte ; gleichzeitig aber kraftige Massregeln gegen Dane-
mark, um es zu zwingen, die in denselben Vertragen ausgespochene Selbstverwal-
tung Schleswig-Holsteins unangetastet zu lassen. Er war erfreut, dass er sich
dabei mit Herrn von Bismarck begegnete, der anfangs dieselben Ziele zu ver-
folgen schien, denn Preussen durfte es nicht wagen, sich allein unter den
fttnf Grossmachten von dem Londoner Protokolle loszusagen. Vergebens be-
mtihte sich Rechberg, auf die danische Regierung einzuwirken, damit sie
auf die Einverleibung Schleswigs in den danischen Einheitsstaat verzichte.
Wohl gewann er den danischen Gesandten in Wien ftlr seinen Standpunkt,
aber das Ministerium in Kopenhagen weigerte sich, die Forderungen der
beiden deutschen Grossmachte zu bewilligen, und so sah Rechberg gegen
seinen Willen Oesterreich in den Krieg mit Danemark hineingezogen. In-
dessen konnte und durfte Oesterreich nicht zurlickbleiben, da Preussen er-
klaren Hess, es werde nothigenfalls allein seine Truppen in Schleswig-Holstein
einrtlcken lassen, um das von den beiden deutschen Grossmachten vereinbarte
Programm durchzusetzen. Das aber konnte Oesterreich als deutsche Prasidial-
macht nicht zulassen, da die Deutschen die Befreiung Schleswig-Holsteins sonst
Preussen allein verdankt hatten.
Bei diesem Gange seiner Politik hatte Rechberg es auf das Bestimmteste
abgelehnt, dem Standpunkte der deutschen Mittelstaaten beizutreten, die das
Erbrecht Konig Christian VIII. von Danemark auf Schleswig-Holstein nicht
anerkannten und entgegen den Vertragen den Herzog Friedrich von Augusten-
biirg ftir den rechtmassigen Erben erklarten. Rechberg folgte der Fiihrung
Preussens auch darin, dass er der Mehrheit am Bundestage in dieser Frage
auf das Schroffste entgegentrat, und die Mittelstaaten flihlten sich tief verletzt,
als Oesterreich und Preussen sie nothigten, ihre Truppen aus Holstein abziehen
zulassen. Damit erlebte Bismarck den ersten seiner Triumphe: die Triibung
des nahen Verh<nisses Oesterreichs zu den Hofen von Bayern und Sachsen.
Beust, der sich schon 1859 mit der Hoffnung getragen hatte, das Amt eines
osterreichischen Ministers des Aeussern zu eriangen, bekampfte Rechberg von
jetzt ab auf das Lebhafteste, so dass dieser sich bestimmt fand, iiber ihn bei
Konig Johann von Sachsen Beschwerde zu filhren. Rechberg mussie tlbrigens,
bevor der Feldzug gegen Danemark begann, darauf bedacht sein, dass der
Preis des Sieges, Schleswig-Holstein, dann nicht ohne Weiteres dem Neben-
buhler in Norddeutschland zufalle. Aber er scheiterte mit der Absicht,
Preussen vor dem Feldzuge zu einer Abmachung zu bestimmen, welche
Oesterreich sichern sollte. Alles, was er durchsetzte, war, dass ausgemacht
Graf Rechberg. 297
wurde, liber die Zukunft Schleswig-Holsteins solle nach dem Kriege nur mit
Zustimmung b eider Machte verftigt werden dttrfen. Bismarck nahm mit
Recht keinen Anstand, dies zuzusagen, denn bei der grosseren Nahe Preussens
war vorauszusehen, dass die eroberten Herzogthtimer in seinen Machtbereich
fallen wttrden.
Dies ist der Punkt, von dem aus die Politik Rechbergs, zumal in Oester-
reich, aber audi in den deutschen Mittelstaaten auf das Heftigste angegriffen
wurde; man warf ihm damals wie spater vor, er habe die ftir Oesterreich
giinstigere Losung, die Schaffung eines unabhangigen Mittelstaates in Schleswig-
Holstein, preisgegeben. Insbesondere Schmerling, der seit dem Misslingen des
Frankfurter Ftirstentages vom Kaiser Franz Josef bei den Entscheidungen
liber die deutschen Geschafte nicht selten Ubergangen wurde, behauptete,
es sei ausschliesslich Schuld des Ministers des Aeussern, wenn das Wiener
Cabinet sich den Mittelstaaten entfremdet und sich nicht vor der Ueber-
rumpelung durch Bismarck gehtttet habe. Je hartnackiger die Danen waren,
desto leichter wurde die Ernte Bismarcks: da sie sogar nach ihren ersten
Niederlagen nicht in die Selbstandigkeit Schleswig-Holsteins, wenn auch
unter der Oberhoheit des danischen Konigs, einwilligen wollten, musste der
Krieg fortgesetzt werden, bis die Eroberung der Herzogthttmer beendet war.
Rechberg war somit weiter geftihrt worden, als er ursprlinglich gehen wollte,
aber er nahm noch immer an, es werde eine Einigung mit Preussen erzielt
werden konnen. Bei der Zusammenkunft K&nig Wilhelms mit Kaiser Franz
Josef zu Schonbrunn im August 1864 trat der Konig wirklich noch nicht
mit der Forderung der Annexion hervor, ja er machte sogar das Zugestandniss,
er habe die Einverleibung Schleswig-Holsteins in Preussen nicht ins Auge
gefasst. Das freundschaftliche Verhaltniss, das nach den gemeinsamen Siegen
zwischen den Herrschern von Oesterreich und Preussen bestand, benutzte
Rechberg zu Schonbrunn, um zu einer Abmachung zwischen den beiden
Staaten zu gelangen, wonach sie einem Angriffe Frankreichs gemeinsam ent-
gegentreten wlirden. Aber auch jetzt zeigte sich die geringe Autoritat
Rechbergs liber die hohen Beamten seines Ministeriums: Biegeleben weigerte
sich in seinem Misstrauen gegen Preussen, an der Formulirung der Verab-
redung theilzunehmen.
Sichtbar war es, dass Preussen die grossten Vortheile aus dem gemeinsamen
Feldzuge eingeheimst hatte, und die Gegner der Politik Rechbergs in Oester-
reich erhoben neue Anklage gegen ihn. Er wollte sie dadurch zum Ver-
stummen bringen, dass er auch ftir Oesterreich einen Gewinn aus dem
Verhaltnisse mit Preussen in Sicherheit brachte. Dies sollte bei den Verhand-
lungen liber den Handelsvertrag mit dem Zollvereine geschehen. In dem 1853
ftir zwolf Jahre abgeschlossenen Vertrage war ausgemacht worden, dass nach
Ablauf dieser Frist der Eintritt in den Zollverein Oesterreich freistehen solle.
Mit Rticksicht auf die nicht gentigend entwickelte Industrie Oesterreichs war
aber der Anschluss Oesterreichs auch im Jahre 1865 nicht moglich und das
Wiener Cabinett begehrte nun, dass bei der Erneuerung des Vertrages jene
Klausel wieder aufzunehmen sei ; zumal Schmerling erklarte, das Fallenlassen der
Bestimmung ware eine Niederlage und bedeutete die endgiltige Ausschliessung
Oesterreichs aus dem deutschen Handelssystem. Da Rechberg Herrn von
Bismarck erklarte, er werde, wenn er dieses Zugestandniss ftir Oesterreich nicht
zu erringen vermfige, aus dem Ministerium hinausgedrangt werden, wirkte Bis-
marck auf Konig Wilhelm in seinem Sinne ein ; er fand jedoch bei den Fach-
298 Graf Rechberg.
ministern, die unter dem Einflusse Delbriicks standen, entschiedenen Wider-
spruch. Auf dieser Seite wollte man nichts von weitaussehenden Zusagen an
Oesterreich wissen. Rechberg, seinen Sturz voraussehend, versuchte in einem
denkwtirdigen Briefwechsel mit Bismarck die Umstimmung des preussischen
Cabinets herbeizufuhren. »Wir verfolgen* so schrieb er er am 6. September
1864, »die Aufgabe, mehrjahrige Differenzen und Kampfe der Vergessenheit
zu tibergeben, die Folgen derselben in der Stimmung der Bevolkerung zu
verwischen, und das Bewusstsein der beiderseitigen Vortheile einer osterreichisch-
preussischen Allianz zu erwecken.« Und am 17. September dringender: »Sie
wissen, dass ich mich der Aufgabe, die wiedergewonnene Einigkeit Oesterreichs
und Preussens auch ftir die Zukunft festzuhalten, mit ganzer Seele widme.c
Wenn Preussen Werth auf diese Allianz lege, mttsse es eine Politik befolgen,
bei welcher sich Oesterreich in dem Btindnisse heimisch ftthlen ktinne; er mahnte
Bismarck daran, dieser selbst habe ihn oft auf die Zeit vor 1848 aufmerksam
gemacht, in der ganz Deutschland der gemeinsamen Leitung Oesterreichs
und Preussens folgte. Unterdessen kam es im fisterreichischen Ministerium
zur Entscheidung; Schmerling im Vereine mit Biegeleben und mit Zustimmung
des Gesandten in Paris, des Flirsten Metternich, wirkte ftir die Abwendung
von Preussen und ftir das Zusammengehen mit den liberalen Mittelstaaten,
selbst ftir einen Anschluss an die Westmachte, um an ihnen eine Stiitze gegen
Preussen und Russland zu find en.
R. hatte sich in dem Kampfe wider Schmerling mit seinem Minister-
collegen Esterhazy verbunden und sie hatten schon im Sommer daran gedacht,
Schmerling zu stiirzen und an seine Stelle den Grafen Belcredi zu setzeiu
Jetzt aber erwies sich Schmerling noch als der Starkere, zumal da er auf die
diplomatischen Misserfolge R.'s hinweisen konnte. Er setzte es durch, dass
zu der entscheidenden Ministerberathung auch Biegeleben eine Einladung
erhielt, ohne dass R. davon in Kenntniss gesetzt war. Sein Untergebener
legte nun im Gegensatze zu der Politik des Ministers den Entwurf einer
schroff gehaltenen Note vor: der Ministerrath beschloss, die Verhandlungen
mit Preussen Uber den Handelsvertrag wegen Verweigerung jener Clausel
abzubrechen, R. opponirte zwar, wurde aber uberstimmt. Auf die Kunde
dieses Vorganges, von der Bismarck im Pyrenaenbade von Biarritz erreicht
wurde, drang er aufs Neue in Depeschen und Berichten in Konig Wilhelm f
die Sache nicht auf die Spitze zu treiben und R.'s Verbleiben im Amte
zu ermoglichen. Der Konig stand jedoch unter dem Einflusse Delbriicks und
versagte seine Zustimmung zur Erneuerung des § 25 des Handelsvertrages; er
meinte, wenn der Einfluss Schmerlings in Wien wirklich so machtig sei, so
werde er auch durch das an sich unbedeutende Zugestandniss in der Zollfrage
nicht einzudammen sein. Als diese Entscheidung fiel, erklarten Schmer-
ling sowie R. dem Kaiser Franz Josef, dass ihr gleichzeitiges Verbleiben
im Amte nicht mehr moglich sei, und der Kaiser nahm, da er noch nicht
zum Bruche mit dem liberalen centralistischen Systeme Schmerlings entschlossen
war, das Entlassungsgesuch Rechbergs an. Dieser hatte in der entscheidenden
Ministerathssitzung noch die Erklarung zu Protokoll gegeben, dass das schroffe
Auftreten gegen Preussen folgerichtig zum Bruche und selbst zum Kriege
ftihren mUsse.
Es ist bezeugt, dass Bismarck viele Jahre spater das Urtheil fallte:
»Es war durchaus verkehrt, den Artikel 25 nicht zu bewilligen und damit R.
aus dem Amte zu treiben. R. hatte Alles aufgeboten, den Krieg mit Preussen
Graf Rechberg. 299
zu verhliten.« Diese Auffassung wurde von R. bis an seinen Tod vertreten,
vorerst musste er aber bei seinem Scheiden mit Bedauern sehen, dass
Biegeleben einen immer steigenden Einfluss gewann. Thatsachlich hatten
dessen Rathschlage schon wahrend seiner Amtswirksamkeit in den deutschen
Geschaften stets den Ausschlag gegeben. Nach dem Rticktritte R.'s betrieb
er eifrig die Abwendung von Preussen, die Candidatur des Herzogs von
Augustenburg und den Bund mit den deutschen Mittelstaaten. Als aber der
Krieg von 1866 liber seine Politik das Endurtheil fallte, hatte R. die schmerz-
liche Genugthuung, dass Biegeleben ihm bekannte, er habe sich von irrigen
Voraussetzungen leiten lassen. R. selbst bezeichnete, so oft er auf diese Dinge
zu sprechen kam, als sein Ziel die Aufrichtung eines Schutz- und Trutzbund-
nisses mit Preussen, durch welches Oesterreich im Stande gewesen ware, seine
Herrschaft in Ungarn und in Venetien festzuhalten. Er war der Ansicht, dass
eine solche Allianz nicht zu theuer erkauft gewesen ware durch die friedliche
Abtretung der osterreichischen Rechte auf Schleswig-Holstein an Preussen.
Man kann R. nicht das Zeugniss versagen, dass er die Krafte Oesterreichs
im Verhaltnisse zu den tibrigen Machten richtiger abgeschatzt habe als die
meisten seiner Collegen und Nebenbuhler. Aber er besass nicht die Kraft
der Personlichkeit, die zur Durchsetzung einer Idee und zur Gewinnung der
Menschen nothwendig ist. Er war als Minister mehr der Mitberather als der
Lenker im Auswartigen Amte. Die Politik, die er nach aussen hin vertreten
sollte, war allezeit ein schwachliches Compromiss zwischen seiner eigenen
Ansicht und der seiner Gegner. Deshalb hatte Kttnig Wilhelmwohl keine klare Vor-
stellungvon denZielen R.'s und legte keinenWerth auf dessen Verbleibenim Amte.
Noch weniger Einblick in seine Absichten besass damals die fiffentliche
Meinung. Anders ware dies freilich gewesen, wenn R. die Entschlossenheit
gehabt hatte, vor der Reise des Kaisers Franz Josef zum Frankfurter Fiirsten-
tage auf seinem Rticktritte zu bestehen; dann ware er nach dem Misslingen
des Entwurfes der Mann gewesen, den die Welt als Vertreter der Allianz
zwischen Oesterreich und Preussen hatte gelten lassen mtissen. Ihn hatte
man berufen, sobald es nothwendig war, Zerwiirfnisse mit Preussen zu
schlichten und den Frieden aufrechtzuhalten. So aber hatten seine Zeit-
genossen den Eindruck schwachlichen Schwankens in seiner Politik. Verscharft
wurde das ungerecht harte Urtheil liber ihn dadurch, dass R., der doch
unaufhftrlich zwischen Klippen laviren musste, ein hitziges aufbrausendes
Naturell besass; er ereiferte sich leicht uud vertrat, da er seinen officiellen
Standpunkt nur zu oft wechseln musste, nach einander verschiedene Rich-
tungen. Er war in alien diesen Dingen gegenliber der geschlossenen Person-
lichkeit seines Gegners Schmerling im Nachtheile. Schmerling benutzte
zudem seine Stellung als leitender Minister und seine Verfiigung liber die
geheimen Fonds der Regierung dazu, um in der Presse seine Ideen vertreten
zu lassen. Nicht selten wirkte er dabei R. entgegen und in dem letzten,
entscheidenden Augenblicke des Kampfes entfesselte er in den Zeitungen
einen Sturm gegen seinen Collegen, dem er die Misserfolge der ausseren
Politik Oesterreichs Last als dem allein Schuldigen zurlegte.
Am Tage seiner Entlassung, am 27. October 1864, erhielt Graf Rechberg
den Orden des goldenen Vliesses, eine Auszeichnung, die ihm zugleich sagte,
der Kaiser wolle die von ihm beflirwortete Poiltik auch weiter verfolgen.
Thatsachlich wurde nicht ein Mann der Schmerling'schen Richtung sein Nach-
folger, etwa Biegeleben, der dies erwartet zu haben scheint; vielmehr schlug
300 " Graf Rechberg. Gruber.
der abtretende Minister noch seinen Nachfolger, den Grafen Mensdorff, vor.
Der Kaiser wtinschte sogar, dass das auswartige Amt Rechberg auch weiter-
hin in wichtigen Fallen um Rath angehe. Bald aber wurde Rechberg durch
die grossten Kreignisse in den Hintergrund gedrangt Die Schlacht von
Koniggratz entschied tiber den Wettbewerb der beiden Grossmachte und
damit auch tlber die Politik Rechbergs und Biegelebens. Als Rechberg kurze
Zeit darauf im osterreichischen Herrenhause flir den unglilcklichen Krieg
verantwortlich gemacht wurde, fUhlte er sich bestimmt, sich gegen diesen
Vorwurf in dieser Korperschaft zu vertheidigen.
Rechberg tiberlebte seinen Austritt aus dem Staatsdienste um 35 Jahre.
In hohem Alter wurde ihm durch die Veroffentlichung der Frankfurter Berichte
Bismarcks die Freude zu theil, seinen politischen Ruf durch das Urtheil
seines grossen Zeitgenossen wiederhergestellt zu sehen. Er zog sich fast
ganz zuriick und im letzten Jahrzehnte seines Lebens verliess er sein Schloss-
chen Kettenhof zu Schwechat bei Wien (Iberhaupt nicht mehr. Der reizende
Rokoko-Bau, tief in einem stillen Garten, in den der Larm der grossen
Dreher'schen Brauerei nur von feme und dumpf hineinschallt, beherbergte
ihn, einige treue Diener und seine Erinnerungen, mit denen er Besuchero
gegenliber nicht kargte. Zuletzt wurde es ganz stille um ihn, da die Genossen
seiner Jugend und seines Mannesalters alle in kiihler Erde ruhten. Als die
Zeitungen 1896 meldeten, Graf Goluchowski habe ihm zu seinem go. Geburts-
tage die Gluckwiinsche des 6sterreichischen Ministeriums des Aeussern iiber-
bracht, erfuhren die meisten Menschen zu ihrem Erstaunen, dass er noch
lebe. Wie er wiederholt versicherte, unterliess er die Aufzeichnung von
Memoiren; es widerstrebe ihm, so sagte er, so manchem sonst ehrenwerthen
Manne, mit dem er hart zusammengerathen sei, Ungtinstiges libers Grab nach-
zusagen. Obwohl korperlich ganz zusammengeschrumpft, nahm er doch fast
bis an seinen Tod, der am 26. Februar 1899 erfolgte, lebhaften geistigen
Antheil an den offentlichen Ereignissen.
Heinrich Friedjung.
Gruber, Florian, Landgerichtsprasident, * 1. December 1846 zu Ettlingen
(Baden), f 16. November 1899 zu Konstanz. G.'s Vater, Lehrer am Schul-
lehrerseminar in Ettlingen, seit 1856 Professor und Vorstand der hoheren
Biirgerschule in Baden-Baden, 1864 Oberschulrath in Karlsruhe, ein namhafter
Paedagoge, der sich in der badischen Lehrerschaft grossen Ansehens erfreute,
von Geburt der badischen Pfalz angehorig, war mit einer Tochter des
Fabrikanten Buhl, aus einer seit langer Zeit in Ettlingen ansassigen, um die
Industrie des Albthales verdienten Familie vermahlt. In dem gastlichen Vater-
hause empfing G., der das Gymnasium in Baden 1864 absolvirte, um zuerst
in Heidelberg, spater in Freiburg die Rechte zu studiren, vielfache Anregung
auf wissenschaftlichem und politischem Gebiete und nahm in sich die nationale
Gesinnung auf, welche den Vater und dessen Freundeskreis beseelte und die
er sein ganzes Leben hindurch bethatigte. In den Jahren 1868 und 1871
bestand G. mit Auszeichnung die juristischen Prufungen, 1869 erwarb er sich
die Wttrde eines Doctors der Rechte. Nachdem er zuerst den praktischen
Dienst in der Justiz, nach 2 '/ a Jahren auch in der Verwaltung (als Amtmann in
Bruchsal und Konstanz) kennen gelernt hatte, entschied er sich, seine Krafte
dauernd der Justiz z r n Jahre 1876, in welchem er zum Amtsrichter
Gruber. Hotfmantt. 301
in Mannheim ernannt wurde. 1879 zum Staatsanwalt am Landgericht Offenburg,
1884 zum ersten Staatsanwalt am Landgerichte Konstanz ernannt, 1890 in
gleicher Eigenschaft an das Landgericht Karlsruhe versetzt, erhielt G. 1895
die Ernennung zum Director des Landgerichts Freiburg. 1899 zum Prasidenten
des Landgerichts Konstanz befOrdert, konnte er sich nur wenige Monate des
so bedeutend erweiterten Wirkungskreises erfreuen, aus dem ihn nach kurzer
schwerer Krankheit der Tod im Alter von 53 Jahren hinwegnahm. G. war
ein hervorragender scharfsinniger Jurist, als Staatsanwalt durch tiberzeugende
Beredtsamkeit, als Richter durch Klarheit des Urtheils, Unabhangigkeit der
Gesinnung und einen offenen Blick ausgezeichnet, der nie ttbersah, dass die
Gesetze nicht Theorien zulieb gegeben sind, sondern die Anwendung der
Rechtsbegriffe auf die mannigfachen Verhaltnisse des Lebens zum Zwecke
haben. Er wtirde ohne Zweifel auch ein ausgezeichneter Verwaltungsbeamter
geworden sein. Denn nichtis von Allem, was im Staatsleben Diejenigen
beschaftigt, die sich dem offentlichen Dienste widmen, blieb ihm fremd.
Allen Interessen des vielgestaltigen Staatswesen, Allem, was mit der Pflege der
Volkswohlfahrt zusammenhangt, brachte G. ein voiles Verst&ndniss, eine
unbefangene Beurtheilung entgegen. Nicht nur dem Dienste des Staates,
einem grossen Freundenkreise, sondern auch und in erster Reihe einem tiberaus
harmonischen Familienleben wurde G. zu frtih entrissen. 1882 hatte er in
Offenburg mit der Tochter des Freiherrn Adolf von Neveu die gliicklichste
Ehe geschlossen, welcher zwei SShne entstammen.
»Karlsruher Zeitung« 1899 No. 331.
v. Weech.
Hoffmann, Ewald Alexander, Generaldictor der Kgl. sachsischen Staats-
eisenbahnen, * in Freiberg am 8. Januar 1838, f in Dresden am 30. April
1899. Hoffmann war der Sohn eines sachsischen Geistlichen. Auf dem
Gymnasium zu Freiberg und auf der Ftirstenschule zu Grimma vorgebildet,
bezog er zu Michaeli 1857 die Universitat Leipzig, um die Rechtswissen-
schaften und Nationalokonomie zu studiren. Seine erste Anstellung im
sachsischen Staatsdienst fand er zu Anfang des Jahres 1865 als Actuar bei
der Polizeidirection in Dresden. Aber noch in demselben Jahre wurde er
als Assessor an die Kgl. Eisenbahndirection nach Leipzig versetzt und blieb
seitdem unausgesetzt fttr das s&chsische Eisenbahnwesen thatig. Bei der Mo-
bilisirung der deutschen Armee im Jahre 1870 erwarb er sich solche Ver-
dienste, dass er durch die Verleihung des preussischen Kronenordens III. Kl.
ausgezeichnet wurde. Bei der Begrtindung der Generaldirection der sachsi-
schen Staatseisenbahnen wurde er als Directionsrath nach Dresden versetzt
und schon im Jahre 1873 als Hilfsarbeiter zur Bearbeitung der Eisenbahn-
angelegenheiten in das Finanzministerium berufen. In dieser Stellung leitete
er die tiberaus schwierigen Verhandlungen tiber den Ankauf der Leipzig-
Dresdner Eisenbahn durch den Staat. Seit dem Jahre 1874 zum Finanzrath
befordert, libernahm er auch das Referat ftir das Hochbauwesen und war bei
der Erbauung des Dresdener Hoftheaters und der Wiederherstellung der
Albrechtsburg in Meissen administrativ thatig. Auch die im Jahre 1883 er ~
folgte Neuorganisation des staatlichen Hochbauwesens war in der Hauptsache
sein Werk. Als er im Jahre 1887 als Generaldirector an die Spitze der
sachsischen Eisenbahn-Betriebsverwaltung trat, fiel ihm vor Allem die grosse
Aufgabe zu, die Umgestaltung der Dresdener Bahnhdfe in die Wege zu leiten
£02 Hoffmann. Jap pelt. Gageur.
und zur DurchfUhrung zu bringen. Im Anfang der Jahre 1899 gab er diese
Stellung auf, blieb aber noch als Director der 3. Abtheilung des Finanzministe-
riums mit dem Eisenbahnwesen in engerer Verbindung. Seine Gesundheit war
jedoch schon damals arg geschwacht, sodass er nur noch kurze Zeit auf seinem
neuen Posten thatig sein konnte.
Vgl. Grimmaische Ecce 1899. 20. Heft. Bearbeitet von H. Wunder, Meissen 1899.
8o. S. 65-69.
H. A. Lier.
J&ppelt, Friedrich, Geheimer Rath und Ministerial-Director, * 10. Oc-
tober 1824 in Dresden, f 26. September 1899 ebendaselbst. Er erhielt seine
Vorbildung auf der Kreuzschule seiner Vaterstadt und studirte dann in Leipzig
die Rechtswissenschaften. Seine Thatigkeit im sachsischen Staatsdienst be-
gann er Ende der vierziger Jahre als Actuar am Amtsgericht zu Tharandt
bei Dresden. Anfang der fiinfziger Jahre beim Stadtgericht in Dresden thatig,
wurde er von da aus am 1. Juli 1851 in das Ministerium des Innern be-
rufen, in dem er sich durch sein hervorragendes Organisationstalent aus-
zeichnete. Er tibernahm die Verwaltung der Konigl. Sachsischen Landes-
Anstalten und bildete dieses Ressort zu einer selbststandigen, der vierten Ab-
theilung des Ministeriums aus. Als er am 31. December 1897 in den Ruhe-
stand trat, wurde ihm das Grosskreuz des Albrechtsordens verliehen, das
seine Brust nebst verschiedenen anderen sachsischen und aussersachsischen
Orden schmtickte.
Vgl. Dresdener Nachrichten vom 27. September 1899 S. 2. — Dresdener Anzciger
vom 28. September 1899, S. 4, und am 30. September 1899, S. 4. — Dresdener Journal
vom 29. September 1899, S. 1791, und vom 30. September 1899, S. 1805.
H. A. Lier.
Gageur, Eugen, Musiker, * 3. December 1848 zu Seelbach bei Lahr,
f 23. November 1899 zu Karlsruhe. G. widmete sich dem Lehrberufe und
bekleidete die Stelle eines Hilfslehrers in Waldshut, des Organisten in der
dortigen Stadtkirche und des Dirigenten der stadtischen Musikkapelle, als
ihm im Herbst 1874 das Amt des Organisten und Chordirectors an der
katholischen Pfarrkirche zu St. Stephan in Karlsruhe ubertragen wurde. Bald
darauf erhielt G. auch die Stelle eines Musiklehrers am Lehrerseminar II
daselbst. Seine hervorragende Ttichtigkeit und sein grosses musikalisches
Wissen und Kttnnen bewahrte G. sowohl in diesen beiden Stellungen als
auch als Chormeister des angesehenen Gesangvereins »Liederhalle« in
Karlsruhe. Ein sachkundiger Nachruf in dem Jahresbericht des Lehrer-
seminars II riihmt von G. die Virtuositat im Clavier- und Orgelspiel und die
meisterhafte Behandlung des M&nnergesanges. Durch seinen liebenswtirdigen
Charakter und seine geselligen Talente war er, wie bei seinen Collegen und
Schtilern und bei den Mitgliedern des unter seiner Leitung stehenden
Kirchenchores, so auch in der S&ngerschaar der »Liederhalle« und in den
weitesten Kreisen der badischen Hauptstadt ilberaus beliebt und hoch-
geachtet. Von den Folgen eines Schlagflusses, der G. im Januar 1899 betraf,
erholte er sich nach einiger Zeit so weit, dass er im Herbst seine gesammte
Berufsthatigkeit wieder aufzunehmen vermochte. Aber die Besserung war nur
scheinbar, er wurde von einem Fussleiden befallen, das rasch einen bos-
Gageur. Feckert. 303
artigen Charakter annahm. Die ergreifende Leichenfeier bewies, wie schwer
sein Verlust empfunden wurde.
»Badische Schulzeitung« 1900 No. 12. — »Der katholische Kirchens&ngerc 1899
No. 25.
v. Weech.
Feckert, Gustav Heinrich Gottlob, Lithograph, Portraitist, * 3. Marz
1820 in Cottbus, f 5. October 1899 in Berlin. F. kam als Knabe mit den
El tern nach Berlin und sollte nach Beendigung der Schulzeit das Handwerk
des Vaters, der Schneidermeister war, erlernen. Unter Mtihen bahnte er sich
den Weg zur Kunst und trat zunachst als Lehrling bei dem damals geschatzten
vielbeschaftigten Steinzeichner Fischer ein. Es war die Zeit, in der der
handwerksmassige Betrieb der Lithographie eine grosse Bedeutung hatte. Sie
dicnte nicht nur der Buchillustration und als Mittel der Reproduction von
Gemalden, sondern spielte auch im Gesellschaftsleben eine nicht geringe
Rolle. Die eben erst erfundene Photographie steckte noch in den Kinder-
schuhen. Flir die Vervielfaltigung von Portraits war man hauptsachlich auf
den Steindruck angewiesen, dessen handwerksmassige Technik, in Berlin zur
Zeit noch wesentlich im Zeichnerischen befangen, der kiinstlerischen Freiheit
und farbig malerischen Feinheit entbehrte, und deren Werth man nach einem
naiv normirten Schematismus, der Mlihsamkeit und Peinlichkeit der Ausfuhrung,
bemass. F.'s ktinstlerische Beanlagung strebte liber den handwerksmassigen
Betrieb, in dem er kein Gentigen linden konnte, hinaus. Noch wahrend
seiner Lehrzeit zeichnete und malte er in Professor Alb. Remys Atelier und
wurde dann Schtiler der Berliner Kunstakademie. Schnell erwarb er sich die
Gunst seiner Lehrer, die sein technisches und zeichnerisches Talent erkannten;
Karl Begas, Magnus, Fr. Ed. Meyerheim, Eduard Hildebrandt forderten ihn,
und unter ihrem Einfluss bildete er auch sein malerisches Empfinden zu
grosser Feinheit aus. 1845 wurde er selbstandiger Lithograph. Gleich die
ersten grosseren Arbeiten, mit denen er offentlich auftrat, die Reproductionen
der von Eduard Magnus gemalten vielbewunderten Bildnisse der Prinzessin
Charlotte von Preussen und der Henriette Sonntag, erregten die Aufmerksamkeit
aller Kunstfreunde. In diesen ersten Steinzeichnungen bereits hatte F. sich
von der iiberlieferten Technik frei gemacht und in der lithographischen
Kreidezeichnung, bei grosster Feinheit und Zartheit der AusfQhrung, farbig
malerische Wirkung in der Abtonung und Behandlung von Schwarz und Weiss
zu erzielen gewusst. Was Mouilleron in Paris, der geniale Kriehuber in
Wien auf diesem Gebiete geleistet hatten, das wurde F. fur die Berliner
Steinzeichnung, die er zu wirklicher Kunst erhob. Eine Reihe von gtinstigen
Umstanden, die ihn Ende der 40 er Jahre mittelbar mit den Fortschritten der
franzosischen Technik bekannt machten, festigten auch seine ktinstlerische
Stellung. Seine ersten Arbeiten brachten ihm wohlhabende und einflussreiche
Gonner, die ihn durch Auftrage und Anregungen forderten, unter ihnen vor
Allem den als Kunstmacen bekannten Geh. Commercienrath Louis Ravene,
aus dessen Privatgalerie er spater die bedeutendsten Gemalde im Steindruck
copirte und damit seine eignen Meisterwerke schuf. — Lag nun auch der
Schwerpunkt von F.'s ktinstlerischer Bedeutung in der lithographischen
Reproduction, so war er nicht minder mit Erfolg als Portraitist thatig. Hier
tritt freilich, zumal in den nach der Natur auf Stein gezeichneten Bildnissen,
das malerische Moment zurtick, aber die verlassliche, durchaus solide
364 Pcckert
Zeichnung, die wenn auch anspruchslos einfache, doch kraftvoll lebendige,
von individueller Art zeugende Technik machten ihn zu einem Meister
seines Faches. Nicht nur die Beriihmtheiten des Berlins der 4oer und soer
Jahre hat er in seinen Steinzeichnungen verewigt. Durch fast drei Jahrzehnte
entfaltete er, iiberhauft mit Auftr&gen von Kunsth&ndlern und Kunstvereinen,
von der Hofgesellschaft und Privaten, eine rastlose Thatigkeit wesentlich als
Portraitist. Neben der grossen FUlle ausgezeichneter Bildnisse, vorziiglich
von Mannern aus den verschiedenen burgerlichen Berufsstanden, die er
direct nach der Natur auf Stein zeichnete, steht die nicht minder grosse,
ebenso bedeutende Reihe derer, die er nach gemalten Portraits im Steindruck
nachschuf. Die Reproduction war ihm eine treffliche Lehrmeisterin geworden
flir sein selbst£ndiges Schaffen. Besonders die Bildnisse von der Hand der
damals hochgeschatzten Meister Karl Begas, Eduard Magnus, Gustav Richter
und Franz Winterhalter hat er in musterhafter Weise auf Stein copirt und
den persdnlichen Stil der Maler, ihre coloristischen Eigenheiten, die Farben-
stimmung und den Glanz der malerischen Technik vollendet wiederzugeben
gewusst. — Hatte F. das Handwerk zur Kunst erhoben, so sah er nun auch
bedeutende Schtiler sich mit grossem Erfolge auf der von ihm geschaffenen
Hohe bewegen, unter ihnen Siissknapp und Milster, von Malern A. Menzel,
Steffeck, Riefstahl u. a. Allein gerade als die Lithographie ihre schonste
Kraft bethatigte, wurde ihr der Lebensnerv unterbunden. Die Photographie
hatte sich zu immer grosserer Leistungsfahigkeit entwickelt, Publikum und
Verleger erwarteten von ihr die getreueste kUnstlerische Nachbildung des
Originals. Die Heliogravure besonders fing an, die Lithographie zu ver-
drangen, die nun auch als Buchillustration entwerthet war. Die Bestellungen
horten auf, und mit seiner Kunst wurde auch der alte F. langer denn ein
Jahrzehnt fast vergessen. Erst durch die Erkenntniss, dass von der Photo-
graphie nicht Alles geleistet werden konnte, durch das Wiederaufleben der
vollendeteren Ktinstleroriginallithographie und das neu erwachte Interesse
des Publikums an dieser wurde man auch der Bedeutung F.'s wieder gerecht
Seine Kraft aber war in jenen Jahren gebrochen, die schmerzliche Erkenntniss,
dass die Zeit seiner Kunst vorttber war, zehrte an ihm. Er zeichnete und
malte Bildnisse in Oel, Aquarell und Pastell, ohne jedoch in tlichtigen
Werken die kUnstlerische Hohe und zugleich die innere Befriedigung zu
erreichen, die er auf seinem Sondergebiet erlangt hatte. Dazu kam, dass
schwere Krankheiten und Leid in der Familie ihn niederbeugten, so dass die
letzten anderthalb Jahrzehnte des bis dahin stets lebensfrohen und heitren
Mannes unter mancherlei Gram und auch Sorge dahingingen. Einen Licht-
blick in dieser traurigen Zeit bereitete ihm die 1892 in der Berliner Akademie
veranstaltete Ausstellung seines gesammten lithographischen Lebenswerkes.
Einige Jahre spater wurde dem greisen Kiinstler sein Werk in den besten
Abdrticken, die er noch besass, vom Staate abgekauft, und dadurch wenigstens
seine materielle Lage wahrend der letzten Lebensjahre gesichert. Das
ausgezeichnete Feckertwerk wurde <iem Berliner Kupferstichcabinet ein-
verleibt. — Zu F/s bedeutendsten und bekanntesten Steindruckarbeiten
gehSren die Reproductionen von modernen Meisterwerken aus der Ravendschen
Galerie, vor Allem des Portraits des Besitzers von Ludwig Knaus und eines
reizenden Kinderbildnisses desselben Meisters; dann »Die slavischenMusikanten«
(»Schmerzvergessen«) nach L. Gallait, »Der ertrunkene Sohn des Fischers*
nach Henry Ritter, »Das FamilienglUck* nach Ed. Meyerheim, »Die schlesischen
Peckert. Pesch. Schubart.
30S
Weber« nach Karl Htibner, »Der Wittwe TrosU nach Jordan, und besonders
die Copie des bertihmten figurenreichen Bildes von Martersteig »Die Verlesung
der Augsburgischen Confession auf dem Reichstage«. — An ausseren Ehrungen
und Anerkennungen hat es Feckert nicht gefehlt. Seit 1869 Mitglied der
Berliner Akademie der Kiinste, war er auch Ehrenmitglied des Vereins
Berliner Kunstler und hatte auf den Ausstellungen in Berlin 1859 und Coin
1 86 1 die goldne, 1876 in MUnchen die silberne Medaille errungen.
»Vossische Zeitung*, ^Berliner TageblatU, »Kunst ftir Alle«.
Wilhelm Fabian.
Pesch, Tilmann, Jesuit und Schriftsteller, * 1. Februar 1836 zu Coin,
f 18. October 1899 zu Valkenburg bei Maastricht. Unter den unmittelbaren
Eindriicken der Coiner kirchlichen Wirren wurde P. 1852 zu Minister i. W.
Novize der S. J. Nach den Vorbereitungsstudien zu Paderborn und Bonn
wirkte er vier Jahre am Jesuiteninstitut zu Feldkirch, drei davon als Vorstand
einer Gymnasialklasse, und empfing 1866 im Kloster Maria-Laach die Priester-
weihe. Im Herbst 1867 wurde er am Coll eg ebenda Professor der Philo-
sophic und kam 1869 als Prases der bltihenden Marianischen Sodalitat von
gebildeten Kaufleuten nach Aachen, wo er auch als wirksamer Kanzelredner
thatig war. Hier zuerst trat er schriftstellerisch als schlagfertiger Polemiker
wider die »antichristliche Wissenschafu auf. Das Ausweisungsgesetz vom
4. Juli 1872 riss diese Wirksamkeit ab. P. nahm erst das Asyl beim Freih.
L. v. Bongart-Paffendorf auf Kastell Wynandsrade in Limburg an, bald aber
das, das die grafliche Familie Stolberg-Roviano zu Tervueren in Belgien dem
Redactionspersonal der »Stimmen aus Maria-Laach« bot. Besonders in diesen
rothen Heften war er fortan eifriger Vorkampfer des schroff dogmatischen
Clerikalismus, publicistisch sowohl als in gelehrten Publicationen. Seit 1878
weihte P. seine Hauptkraft der Encyklopadie ,Philosophia Lacensis'; deren
dickleibige Bande liber Naturphilosophie, Logik, Psychologie stammen von
ihm. Ftir gebildete Laien bestimmte er sein selbst ftir das wichtigste erklartes
Werk »Die grossen Weltratsel. Philosophic der Natur« (1883 f., 2. Aufl. 1892);
am einschneidendsten wirkten die »Briefe aus Hamburg« (1883; 4. Aufl. 1894),
unter dem Pseudonym » Gottliebs wie das noch drastischere, gegen die
Luther-Verehrung losziehende Pamphlet »Der Krach von Wittenberg « (1889).
Weit verbreitet sind seine zwei Andachtsbiicher.
»Stimmen aus Maria-Laach«, Jhrg. 1899, H. io, a. A., klirzer »Beilg. d. Augsburg.
Postztg.c 1899 No. 76 u. 77; Ktirschners Litteraturkldr. XXIll, 1026; vgl. F. Nippold, »Dic
Jesuit. Schriftstllr. d. GegenwarU (1895).
Ludwig Frankel.
Schubart, Martin, Dr., Kunstsammler und Schriftsteller, * 3. October 1840
zu Hohenstadt in Sachsen, f 27. April 1899 in Munchen. Sch. entstammte
einer Pastorenfamilie, welche durch manche Generation die Lehrstuhle ver-
schiedener Hochschulen und die Kirchenkanzeln mit wackeren Vertretern ver-
sorgte. Sch. widmete sich vorerst der Philologie und hofmeisterte in einer
deutsch-russischen Familie zu Riga, wo eine Anzahl junger Leute in lebhafter
Beziehung zu Theater, Literatur und Kunst einen asthetischen Club bildeten,
um mit Wort und Schrift in das geistige Leben einzugreifen. Nach
wenigen Jahren in die Heimath zuriickgekehrt, entsagte der Jiingling,
Biogr. Jahrbuch u. Deutscher Nekrolog. -1. Bd. 20
go6 Schubart Vogcl.
welcher in der Zwischenzeit seine finanzielle Unabhangigkeit gefunden hatte
und an der Schwelle einer Gymnasial-Lehrstelle stand, dem Staatsdienst,
urn anfangs weitverzweigte, alsbald aber der Kunstgeschichte zugewendete
Studien in Erlangen, Ntirnberg und Leipzig zu pflegen. In diesem Gebiete
genoss Sch. die persfinliche FUhrung des edlen Karl Eduard von Liphart
(1808 — 1891), dessen tiefverstandiges Maecenatenthum unbewusst das Vorbild
fiir Sch* wurde. Mit ebenso feinem Tacte, wie mit kritischer Vorsicht
und Umsicht sammelte der von neidenswerthem Finderglilck geleitete
Sch. im Laufe eines Decennium eine Anzahl von Bildern, aus welcher,
nach Ausscheidung vieler minderwerthigen Objecte, ein namhafter Rest
zurtickblieb, als Grundkern seiner den niederlandischen Meistern des
XVII. Jahrhunderts mit Forscherliebe geoffheten Galerie, wozu einige frlihere
Vorlaufer aus dem Ende des XV. und Anfange des XVI. Jahrhunderts zur
charakteristischen Einleitung dienten. Die freudige Pflege, Commentirung
und Erganzung dieser Sammlung hinderte den gllicklichen Besitzer nicht, an
weiteren wissenschaftlichen Problemen zu arbeiten, von denen jedoch nur
der preiswtirdige Cult liber »Frangois de Th6as Comte de Thoranc, Goethes
KonigslieutenanU (Mttnchen 1896 bei Bruckmann, mit 14 Bildern) nach lang-
jahrigen Vorbereitungen zum Abschluss gelangte — eine fur die Local- und
Kunst-Geschichte der Stadt Frankfurt, wie auch fiir die Zeit des Siebenjahrigen
Krieges selbst hochst lehrreiche Forschung. — Dieses schone, nur der
Kunst und Wissenschaft, ebenso aber auch seiner Familie gewidmete gltick-
liche Leben schloss als Gegengewicht ein langes korperliches Leiden, welches
Sch. nicht nur klaglos duldete, sondern auch still ergeben und immer voll
gleicher Liebe und Gtite gegen die Seinen. — Unter dem Titel »Sammlung
SchubarU erschien schon 1894 (Mttnchen bei Bruckmann) eine Auswahl von
40 Werken aller Meister in Heliogravure und Lichtdruck (Preis 100 Mark)
mit einem Vorwort des Besitzers und mit erlauterndem Text von C. Hofstede
de Groot. Daraus ergab sich der mit einer biographischen Einleitung von
H. Pallmann versehene und mit 40 Ulustrationen (darunter auch Sch.'s Bfld-
niss nach F. v. Lenbach) ausgestattete, in dieser Weise auch ein Prachtwerk
bildende Catalog (Mttnchen 1899 bei Bruckmann) zu der am 23. October 1899
veranstalteten Auction, wobei sich die namhaftesten Sammler und Galerie-
Vorstande einfanden. Das Gesammtresultat fttr 102 Nummern ergab 688000
Mark, (darunter erreichte ein kleiner Rubens 126000 Mark, ein Hobbema
86000, ein Metsu 45000, zwei Amberger 50000 Mark). Daran schloss sich
eine Auction von Sch. Porzellanen, Schnitzwerken, Elfenbeinskulpturen, Sticke-
reien, Teppithen, Stichen, Kunstsachen und modernen Gemalden, welche
ilber 120000 Mark erzielten.
Vgl. die Nckrologe in »Kunst fiir Alle« 15. Juni 1899 und Beil. ioi, »Allg. Ztg.<
3. Mai 1900 tfnd die Bcrichte im Morgenblatt 274, »Allg. Ztg.« 3. October 1899 und
No. 476 »Neueste Nachricbten« 15. October 1899.
Hyac. Holland,
Vogel, Jakob, Lyriker, der Nestor der deutsch-schweizer Literaten,
♦ *i. December 1816 zu Glarus in der Schweiz (daher auch »Vogel von
Glarus* genannt), f 22. April 1899 ebenda. Aus der Gemeindeschule nahm
der Vater den sich als dereinstigen Lehrer traumenden . Buben schon im
8. Jahre, um ihn in die Fabrik zu thun, so dass er bios noch zwei Winter
die Abendschule besuchte, im Uebrigen in den Freistunden alle erlangbaren
Vogcl. Simson. £07,
oder vom schmalen Taschengelde erkauften BUcher las. Kattundrucker mil:
leidlichem Einkommen geworden, erwarb er, von der Lecture der Bibel und
»des Gftttinger Musenalmanachs« ausgegangen, bis ins 20. Jahr aus seinen
Ersparnissen 600 Bande, darunter deutsche Classiker. 21 Jahre alt, durch-
wanderte er zu Fuss die deutsche Schweiz und Stidfrankreich; das Heimweh
entlockte ihm das erste Lied, und seitdem feierte die Muse nicht. 1839 zurtick-
gekehrt, empfing er von Dr. A. Henne in St. Gallen mancherlei Anregung, ver*
heiratete sich in Glarus und begrUndete daheim eine Buchdruckerei, mit der
er spater eine Verlagsbuchhandlung verband. Nachdem er sie bis in seine
7oer Jahre eifrig und erfolgreich geleitet hatte, Uberliess er sie fremder Obhut.
V. erlangte eine ausserordentliche Popularitat durch die neidlose, werkth&tige
Theilnahme und hingebende Gastfreundschaft, die er Collegen, besonders
aufstrebenden Talenten, nicht etwa nur des Heimatlandes, stetig erwies.
Er war einer der eifrigsten Sammler und sorgfaltigsten Kenner des
dichterischen Schriftthums der deutschen Schweiz, und in dieser opferbereiten
Liebe wurzelt das von ihm verlegte reichhaltige Sammelwerk »Die poetische
Nationallitteratur der deutschen Schweiz von Haller bis auf die GegenwarU
(I— III, von Rob. Weber bearbeitet, 1866 — 67, IV, von J. J. Honegger,
1876). Als Dichter ist V. Lyriker, nebenbei Epigrammatiker.
Ktlrschners Litteraturkaldr. XXI 1434 f.; Brlimmer, Lex. dtschr. Dchtr. und Pros. d K
19. Jhrbs. 4 IV 248 f.; W. B(olza) i. »Litterar. Echo* I, H, 17. 1121.
Ludwig Fr^nkeL
Simson, Martin Eduard Sigismund von, * K&nigsberg in Preussen
10. November 1810, f 2. Mai 1899 in Berlin, Prasident des deutschen Reichs-
tags, des Reichsgerichts, der Goethe -Gesellschaft, Dr. jur. und Rechts-
lehrer.
Eduard v. S. war aus einer Uberaus glticklichen Familie hervorgegangen
und ein Abglanz dieses Glticks lag liber seinem ganzen Leben. Sein Vater
Zacharias Jacob S. und seine Mutter Marianne, geb. Friedlander, haben
57 Jahre in einer musterhaften Ehe gelebt.
Der Vater hat ein Alter von 91, die Mutter von 79 Lebensjahren er-
reicht. Fttnf Kinder waren aus der Ehe hervorgegangen, von denen Eduard
der alteste war. Keines dieser Kinder wurde ihnen entrissen; alle vier Sohne
haben eine hochangesehene Stellung im Leben erworben. Blieb auch die
Sorge zeitweise nicht fern, so hat sie doch niemals mit Ungesttlm an die
Thiir geklopft.
Die El tern waren als Juden geboren; doch haben sie ihre Kinder zum
christlich-evangelischen Glauben hintlbergeftihrt, so dass Eduard mit zwolf
Jahren getauft wurde; spater haben die Eltern selbst diesen Uebertritt voll-
zogen. Der zweite Sohn, mit Vornamen August, wurde Professor der evan-
gelischen Theologie.
Der Vater war ursprtlnglich Kaufmann, dann als Wechslermakler thatig;
die letzten zwanzig Jahre hat er im Ruhestande verlebt. Ohne regelmassigen
Schulunterricht aufgewachsen, hat er sich aus eigener Kraft eine seinem
Stande angemessene Bildung verschafft und nun um so eifriger darllber ge-
wacht, dass an seinen Kindern nicht dieselbe Versa umniss begangen werde,
wie an ihm selbst.
Der Knabe wurde, nachdem er ursprtlnglich einen mangelhaften Privat-
unterricht genossen, dem Friedrichs - Gymnasium in Konigsberg Ubergeben;
20*
jo8 Simson.
zwei seiner Lehrer, der Director Gotthold und Dinter, haben in der Geschichte
der Padagogik sich einen Namen geschaffen; ein dritter war der bertihnite
Philologe Lehrs. Gotthold pflegte insbesondere das Griechische und S. hat
schon als Knabe versuchen miissen, griechische Verse zu machen.
Der Schtiler zeigte eine hervorragende, alien Unterrichtsfachern gleich-
massig zugewandte Begabung und vor alien Dingen ein hochst gliickliches
Gedachtniss. Wenn sein Reifezeugniss die wunderliche Bemerkung zeigt, sein
Fleiss sei »zwar regelmassig, aber nicht alle Zeit gleich angestrengt gewesen«,
so ist dem die Thatsache entgegenzuhalten, dass er mit zwolf Jahren nach
Prima kam, und wenn man ihn auch in dieser Klasse ein Jahr liber die
libliche Zeit zuriickhielt, mit ftinfzehn Jahren Student wurde.
Sein Triennium erledigte er auf der Universitat Konigsberg, bemtiht,
seine Bildung nach alien Sei ten hin zu erweitern. Er horte naturwissenschaft-
liche Vorlesungen bei Karl Gottfried Hagen und ging ihm bei Experimenten
als Amanuensis an die Hand. Geschichte horte er bei Drumann; Lobeck
wurde sein Lehrer in der klassischen Philologie und liess ihn an den Seminar-
libungen Theil nehmen. Mit Eifer betheiligte er sich an den philosophischen
Vorlesungen Herbarts, dem er sein Leben hindurch eine so dankbare Er-
innerung bewahrte, dass er 1876 nach Oldenburg reiste, urn an der hundert-
jahrigen Feier von Herbarts Geburt sich zu betheiligen.
Naher an seine Berufsstudien ftihrt es heran, dass er mit Eifer
die kameralistischen Vortrage bei Karl Hagen*), dem Sohne von Karl
Gottfried horte. Selbst das Studium des Sanskrit blieb ihm nicht fremd;
mit nur einem Commilitonen zusammen horte er bei Peter von Bohlen eine
Erklarung von »Ardschunas Reise in Indras Himmel«, und da dieser
Commilitone ein National-Lithauer war, der auf die Aehnlichkeit zwischen
dem Sanskrit und dem Lithauischen aufmerksam machte, so erwarb er sich
einige Vorstellungen von der lithauischen Sprache.
Allmalig blieb er denn doch bei der Jurisprudenz hangen und erwarb
als Student zwei akademische Preise in dieser Wissenschaft. Sein Fiihrer
war Heinrich Eduard Dirksen, ein geistreichei Mann und ein gelehrter
Mann, dem spater die verdiente Ehre zu Theil wurde, einen Sitz in der
Berliner Akademie zu erhalten, aber nicht eigentlich ein Jurist, sondern ein
mit den vorjustinianischen Quellen beschaftigter Archaologe, dessen zum Theil
kiinstlichen Constructionen S. auf die Dauer nicht folgen konnte.
Zuletzt reifte in S. doch der Entschluss, sich der Jurisprudenz zu widmen,
und zwar der akademischen Laufbahn. Denn von der juristischen Praxis
hielt ihn zunachst eine Abneigung zuriick. Er erwarb mit achtzehn Jahren
den Doctortitel durch eine Dissertation: »De Julii Paulli manualium libris«
und durch die Ablegung eines examen rigorosum, von dessen Ausfall seine
Examinatoren in viel hoherem Grade befriedigt waren, als er selbst. Der
glanzende Ausfall des Examens bestimmte die Facultat, entgegen dem sonstigen
Gebrauch die sofortige Ertheilung der venia legendi flir ihn, zugleich aber
*) Ich bitte urn die Erlaubnis, hier folgende Bemerkung einschieben zu diirfen.
Karl Hagen gehort zu den best todtgeschwiegcnen Mfinnern der Wissenschaft. Roscher
in seiner Geschichte der Nationaldkonomik bringt es fertig, seinen Namen nicht zu nenncn.
' Nach meinem Urtheil ist er der scharfsinnigste volkswirthschaftliche Schriftsteller Deutsch-
lands in der ersten Halfte des ncunzehnten Jahrhunderts. Er war der Erste, der die Irr-
lehren Ricardos Uber Grundwerthe und Arbeitslohn vollstandig Uberwand.
A M.
Simson.
309
die Ertheilung . eines Reisestipendiums auf zwei Jahre zu beantragen. Da
beide Auszeichnungen bewilligt wurden, so stellte die zweite die erste einst-
weilen in den Schatten.
So trat denn der achtzehnjahrige Doctor eine »Magisterreise« an, wie
man sich damals ausdrlickte. Sie fuhrte ihn liber Berlin, Halle, Leipzig,
Weimar, Gottingen, Bonn, Paris, Heidelberg wieder nach Hause. In alien
Universitatsstadten, die er besucbte, nahm er die Gelegenheiten wahr, Vor-
lesungen bertihmter Manner zu hdren und auf den Bibliotheken Studien zu
machen. Er hOrte bei Savigny, Schleiermacher, Karl Ritter, Hegel, Weg-
scheider, Gesenius, Gottfried Herrmann, Gustav Hugo, Barthold Niebuhr,
Hasse, Bethmann-Hollweg, Lttbell, dem Kunsthistoriker Eduard d'Alton, dem
Astronomen von Mtinchow. Am bedeutendsten ftlr ihn wurde die Bertihrung
mit Niebuhr, die durch einen Zwischenfall eine besondere Farbung erhielt.
In Niebuhrs Hause in Bonn war Feuer ausgebrochen und es bestand Gefahr,
dass bei dieser Gelegenheit werthvolle Codices, die er aus offentlichen
Bibliotheken erhalten hatte, verbrannten. Niebuhr befand sich in grosser
Aufregung und mangelhafter Bekleidung auf der Strasse und S. hing ihm
seinen eigenen Mantel um. Er suchte sich der Entdeckung, dass er es war,
welcher diesen Freundschaftsdienst vollzogen hatte, zu entziehen und seinen
Mantel im Stiche zu lassen. Indessen eine Cafeedtite, die sich in dem
Mantel vorfand, wurde zum Verrather und Niebuhr fand die Gelegenheit,
seinen warmen Dank mtindlich lebhaft auszudrtlcken ; an einer Bethatigung
wurde er durch bald darauf erfolgten Tod verhindert.
Unter den Stationen der Magisterreise, die oben aufgeftihrt wurden, ist
eine, die keine Universitatsstadt, aber doch die geistige Hauptstadt Deutsch-
lands war: Weimar. Die Verehrung Goethes war ein Hauptpunkt in dem
Glaubensbekenntniss S.'s, und eine in Berlin ausgestellte Empfehlung Zelters
verschaffte ihm die Moglichkeit, das Haus des Olympiers zu betreten. Er
kam gerade zur rechten Zeit, um an der Feier des Tages Theil zu nehmen,
an dem Goethe sein achtzigstes Lebensjahr vollendete. Dim wurden einige
freundliche Worte ran Goethe selbst zu Theil; er nahm Theil an einem mit
Reden reichlich ausgestatteten Festessen, wohnte der ersten Vorstellung des
»Faust« bei und hatte reichliche Gelegenheit zur Unterhaltung mit August von
Goethe, dessen Gattin, deren Schwester Ulrike, mit Riemer und Eckermann.
Wie in Weimar kam er auch in Paris zu einer ausserordentlichen Gelegen-
heit zurecht; am Tage vor seiner Ankunft war Ludwig Philipp in Folge der
Juli-Revolution zum Konige ausgerufen worden. Nichts hatte sein politisches
Interesse in dem Maasse week en kfrinen, als dieses Zusammentreffen.
Er kehrte im Jahre 1831 nach Konigsberg zurttck. Im December 1832
verlobte er sich mit Clara Warschauer, der Tochter eines angesehenen Konigs-
berger Bankiers, im Mai 1833 wurde die Verlobung veroffentlicht und am
14. Februar fand die Vermahlung statt. Die Ehe war nicht minder glUcklich,
als die seiner Eltern. Seine Gattin war ihm geistig ebenblirtig, von umfassender
Bildung, mit der Gabe zierlichen Ausdrucks in hervorragendem Grade aus-
gestattet. Die Ehe hat neunundvierzig Jahre gewahrt; die aus ihr hervor-
gegangenen Kinder, zwei Sohne und sieben Tochter, blieben den Eltern
erhalten. Von den SOhnen ist der eine eine Zierde des Berliner Barreau,
der andere Professor der Geschichte in Freiburg.
Nach seiner Rtickkehr habilitirte sich S. als Privatdocent der Rechts-
wissenschaft. Am io. April 1833 wurde er ausserordentlicher, am 23. Mai 1836
3*9
Sirason.
ordentlicher Professor. FUr seine Wirksamkeit als Lehrer haben zwei Manner
von dichterischem Ruf, Rudolph Gottschall und Ernst Wichert, Zeugniss
abgelegt. Seine Lehtweise wich von der hergebrachten ab. Er begniigte
sich nicht mit einem Vortrage, sondern zog seine Zuhorer in das Gesprach,
veranlasste sie zur Rede und Gegenrede, beschaftigte sie mit Rechtsfallen
aus zurtlckgelegten Actenstiicken, aus denen er das gefallte Erkenntniss ent-
fernt hatte und Hess sie referiren und plaidiren. Aber auch sein eigener
Vortrag war yon besonderer Art, Er trug auch die verwickeltsten Gegenstande
aus. dem Gedachtniss vor, hatte die Gabe, jederzeit den richtigsten
Ausdruck zu finden und schwierige Sachen mit grosser Klarheit darzustellen.
So wichtig dies Alles war, so machte doch etwas Anderes einen noch grosseren
Eindruck auf die Studenten. Es war die Wtirde seines Auftretens, die zur
Ehrfurcht stimmte und sich doch mit Gtite paarte.
Die schriftstellerische Wirksamkeit S.'s hielt mit seiner Lehrthatigkeit
nicht gleichen Schritt. Manches, was er unternommen, ist liegen geblieben,
theils weil ihm andere zuvorgekommen, theils weil er daran verzweifelte, es
in der Gestalt, in der es ihm vorschwebte, zu Stande zu bringen. Was fertig
geworden ist, soil am Schlusse erwahnt werden.
So sehr S. in seinen Jugendjahren die akademische Thatigkeit vor der
praktischen bevorzugt hatte, zog es ihn doch allmahlich zur letzteren heruber.
Um eben die Zeit, als S. seine Lehrwirksamkeit begann, wurde der zweite
Senat des Oberlandesgerichts zu Marienwerder aufgehoben und seine Geschafte
dem Tribunal in K&nigsberg Ubertragen; bei diesem Gerichtshof wurde S.
als Hilfsarbeiter am 10. Januar 1834 angestellt und 1846 mit dem Charakter
als Rath ausgestattet. Im Sommer 1835 wurde er der Commission liber die
Revision des ostpreussischen Provinzialrechts als Protokollftihrer beigegeben.
Die Liebe zur Praxis trug allmahlich den Sieg ttber die Liebe zur Theorie
davon; die Neigung zum Preussischen Landrecht uberwog die Neigung zum
Romischen Recht. Die Ereignisse des Jahres 1848 entfremdeten ihn flir
mehrere Jahre der Lehrthatigkeit vollstandig, und als er sie wieder aufnahm,
hatte er sich wie ein junger Docent ein Auditorium von Neuem zu erobern.
Auch hatte er wohl das Gefllhl, in der Entwickelung der romanistischen Rechts-
wissenschaft nicht auf dem Laufenden geblieben zu sein. Kurz, es war ihm
willkommen, im Jahre i860 das Katheder vollstandig mit dem Richterstuhl
vertauschen zu konnen.
Konigsberg trug in der ersten Halfte dieses Jahrhunderts aus Kants Erb-
schaft den Namen einer Stadt der reinen Vernunft. Es war vielleicht die
geistig angeregteste Stadt Deutschlands und vor alien Dingen auch auf
politischem Gebiete angeregt. Vor hier aus erging der erste Ruf, nach dem
Regierungsantritt Friedrichs Wilhelms IV. dem preussischen Staate eine Ver-
fassung zu geben. Manner, die sp&terhin nach den verschiedensten Richtungen
hin auseinandergingen, wirkten hier von i860 bis 1868 eintr&chtig. In dieser
Atmosphare athmete S., nicht mit seiner Person hervortretend, aber im Geiste
mit den Tragern der Bewegung einig.
Seine eigene politische Stellung anzudeuten, hatte er nur selten Gelegen-
heit gefunden. Er war einmal flir eine milde Beurtheilung eingetreten, als
eine Anzahl von Studenten in einem erklaxlichen Ausdruck von sittlicher Ent-
rtistung zu einer ungerechtfertigten Demonstration sich hatten hinreissen lassen.
Als Richter in der damals Aufsehen erregenden Falkson'schen Ehesache hatte
er die Ansicht bekampft, dass eine Ehe, die im Auslande zwischen einem
Simson. 311
Juden und einem Christen abgeschlossen war, auf Anrufen des Staatsanwalts
flir nichtig erklart werden diirfe. Im Jahre 1848 zum Stadtverordneten er-
wahlt, hatte er in der ersten dffentlichen Sitzung, die die Versammlung ab-
hal ten durfte, sich eines Schuldirectors angenommen, der wegen angeblicher
politischer Agitationen suspendirt war. Immerhin war er ausserhalb seiner
Vaterstadt noch ein wenig bekannter Mann, als der Marzsturm hereinbrach.
S. wurde ftlr die Stadt KSnigsberg zum Abgeordneten flir das Frank-
furter Parlament gewahlt; mit nur vier Stimmen siegte er fiber den Radikalen
Johann Jacoby. Der Gegensatz der Parteien hatte sich darum gedreht, dass
die Radikalen den Satz aufstellten, das Parlament habe eine unbedingte von
den Ftlrsten unabhangige Souverainetat, wahrend Simson eine Erklarung an-
geregt und bei den stadtischen Behtirden zur einstimmigen Annahme gebracht
hatte, nach welcher das Parlament eine Verst&ndigung mit den FUrsten suchen
mtlsse. So schieden sich Radikale und Gemassigte.
In Frankfurt war die erste Wurde, die S. zufiel, die eines Schriftftthrers
der sechsten Abtheilung. Dass er im Stande war, sofort mit dem Schluss der
Sitzung das fertiggestellte Protokoll zu verlesen, verschaffte ihm einen ge-
wissen Respect. Einige Tage spater wurde er zum Schriftflihrer des Plenums
gewahlt; er war der einzige Preusse, dem man die Ehre erwies, ihn in den
Vorstand zu wahlen. Auch jetzt war es ein sehr untergeordneter Vorzug,
der ihm die reichste Anerkennung verschaffte. Er las Schriftstficke mit lauter
Stimme und klarer Betonung vor, so dass der Reichstag einen anderen
Schriftflihrer nicht gern vorlesen hftrte. Im October rtickte er zum ersten
Viceprasidenten auf, weil der Abgeordnete von Soiron, der bis dahin diese
Wlirde bekleidet hatte, abgelehnt hatte, weil er von dem unversfihnlichen
Hass der Sieben verfolgt wurde. In dieser Eigenschaft wurde er zum Reichs-
commissar ernannt und nach Berlin entsendet, um bei den Differenzen, die
zwischen der Krone und der National versammlung ausgebrochen 'waren, zu
vermitteln. Er wurde mit seinem Collegen von dem Ministerprasidenten
Grafen Brandenburg freundlich empfangen, hatte auch mehrere Unterredungen
mit dem Ktfnig; aber seine Mission blieb erfolglos. Der Beschluss, die
Nationalversammlung aufzulttsen und eine Verfassung zu oktroyiren, wurde
verkdndet, ohne dass den Reichscommissaren eine vorherige Mittheilung zu-
gegangen ware. Sie haben ihn aus den Zeitungen erfahren und kehrten un-
verrichteter Sache nach Frankfurt zurtick.
Inzwischen war er in seiner Abwesenheit zum Prasidenten des Parlaments
erw&hlt. Der bisherige Prasident Heinrich von Gagern war an Schmerlings
Stelle Prasident des Reichsministeriums geworden und Simson hatte inzwischen
so viele Prasidialqualitaten entwickelt, dass seine Parteifreunde von der Noth-
wendigkeit, ihn an die erste Stelle zu setzen, Uberzeugt waren. Die Ultra-
montanen und Demokraten hatten den Abgeordneten Kirchgessner aus WUrz-
burg als Gegenrtindidaten aufgestellt und errangen eine starke Minderheit.
Simson wurde am 18. December 1848 nur mit 233 von 461 Stimmen ge-
wahlt; seine Wiederwahl vollzog sich spater stets ohne Schwierigkeiten.
S. Hess es sich nun angelegen sein, den Abschluss der deutschen Reichs-
verfassung moglichst zu fordern. Eine Ansprache, die er in diesem Sinne
Anfangs Februar hielt, machte grossen Eindruck. Am 27. Marz wurde die Ver-
fassung beschlossen und von den Abgeordneten, an deren Spitze S., unterzeichnet.
Am 28. Marz wurde der Konig von Preussen mit 290 Stimmen gegen 248,
die sich der Abstimmung enthielten, zum deutschen Kaiser gewahlt.
312
Simson.
Eine Deputation von 32 Mitgliedern, S. an der Spitze, wurde beauftragt,
dem Konige die Einladung zur Annahme der Wahl zu tiberbringen. Mancherlei
Ansichten hatten darauf hingedeutet, dass der Konig die auf ihn gefallene
Wahl annehmen werde; doch dauerte die Spannung bis zum letzten Augen-
blicke an. Am 3. April 1849, Mittags 12 Uhr, stand die Deputation im
Rittersaale des Schlosses in Berlin vor dem Konige und S. scbloss seine An-
sprache mit den Worten, der Konig moge die begeisterten Erwartungen des
Vaterlandes durch einen gesegneten Entschluss zu gllicklicher Erfiillung fiihren.
Die Antwort, welche Friedrich Wilhelm IV. ertheilte, gehort der Geschichte
an. Ihr Sinn, unter vielen Worten versteckt, war der, dass die Deputation
keine Antwort verdiene, weil sie etwas anbiete, worttber sie zu verftigen kein
Recht habe. Obwohl S. zu denen gehOrte, die durch diese Antwort am
schwersten niedergebeugt wurden, gab er sich doch fiber den Sinn keiner
Tauschung hin. Er war der Ueberzeugung, dass der Auftrag der Deputation
erledigt, ihre Mission gescheitert sei und dass jeder weitere Versuch, zu
einem Ziele zu gelangen, gegenstandslos sei. Diese Auffassung wurde aus-
gesprochen in einer von S. redigirten Zuschrift, die die Deputation schon am
4. April an das Preussische Staatsministerium richtete. Das fernere Wirken
des Frankfurter Parlaments war damit zur Unfruchtbarkeit verurtheilt. Dass
die Preussische Regierung durch eine Verordnung vom 14. Mai die Preussi-
schen Abgeordneten abberief, wurde von S. und seinen Freunden als eine
Unziemlichkeit empfunden und mit einem Proteste beantwortet, da sie sich
das Recht vorbehielten, den Zeitpunkt ihres Austrittes selbst zu bestimmen;
in der That gaben sie aber diese Austrittserklarung sehr bald ab.
Wahrend der demokratische Theil der Versammlung als Rumpfparlament
zusammenblieb, nach Stuttgart tibersiedelte und spater zum Theil in den
Strudel der Revolution gezogen wurde, sammelten sich die gemassigten
Liberalen zu einer Besprechung in Gotha. Der Name der »Gothaer« wurde,
anfangs spottisch, dann aber von den Verspotteten willig aufgenommen, zu
einer Parteibezeichnung ftir diejenigen, die man auch als altliberal, gemassigt-
liberal, constitutionell bezeichnen konnte; der Name deckte sich aber auch
mit der Bezeichnung der »Kleindeutschen«, die fortan unverbrilchlich an der
Ueberzeugung festhielten, dass eine Einigung Deutschlands nur unter preussi-
scher Fiihrung, also unter Ausschluss Oesterreichs moglich sei. Der Herzog
von Gotha war ein Anhanger dieser Richtung. Zwischen 130 friiheren Ab-
geordneten wurde eine Erklarung vereinbart, durch welche sie sich ver-
pflichteten, fllr denjenigen Entwurf einer deutschen Verfassung einzutreten,
der inzwischen als der DreikOnigsentwurf bekannt ge^orden war, weil er von
Preussen mit Hannover und Sachsen vereinbart worden war.
S. trat nun in das parlamentarische Leben Preussens ein. Er wurde ftir
Kdnigsberg in die zweite Kammer gewahlt, die am 7. August 1849 unc *
schon auf dem oktroyirten Wahlgesetz beruhte und deshalb* von der demo-
kratischen Partei nicht beschickt war. Er wurde zum ersten Viceprasidenten
gewahlt, nachdem das Ministerium gedroht hatte, dessen Wahl zum Prasi-
denten mit seinem Rticktritt vom Amte zu beantworten. S. war an den
Berathungen tiber die Revision der Verfassung lebhaft und auch als Bericht-
erstatter betheiligt. Er trat mit grossem Nachdruck ftir das Steuerbewilli-
gungsrecht der Volksvertretung und ftir die Erhaltung der Schwurgerichte
auch in Staatsprocessen ein.
Nachdrticklich betonte er, dass wenn man tiberhaupt das konstitutionelle
Simson.
313
System in Preussen aufrecht erhalten wolle, man vor alien Dingen das An-
sehen der Volksvertretung wahren miisse. Weit nachdrttcklicher als einer
seiner Parteigenossen vertrat er den liberalen Standpunkt, weil er die
kommende Reaction deutlicher heraufziehen sah. Die Art, wie die Ver-
fassung im letzten Augenblicke durch stark e Zugestandnisse seitens der
liberalen Mebrheit zum Abschlusse gebracht wurde, erregte ihm tiefe Unlust.
Im Sommer trat in Erfurt das Parlament zusammen, das fiber die Drei-
konigsverfassung berathen sollte, und S. war von K6nigsberg in das Volks-
haus gewahlt. Wiederum wurde er, mit 98 gegen 63 Stimmen, sehr gegen
seinen Wunsch zum Prasidenten gewahlt und blieb es bis zum Schlusse der
Arbeiten dieses Hauses, deren Ergebniss durch die Schuld der Regierung
vereitelt wurde. Als SchriftfUhrer dieses Hauses stand ihm unter Anderen
Otto von Bismarck-Schttnhausen zur Seite, mit dem er in ein eigenthtimliches
Zerwtirfniss gerieth. Bismarck hatte sich gegen die Vertreter der Presse
unfreundlich benommen und S. missbilligte das. Bismarck gab die Antwort,
sein Benehmen konne wohl nur von einem Edelmanne gewtirdigt werden
und S. erwiderte: »Das wagen Sie mir zu sagen, der ich auf eine Geschichte
meines Stammes von viertausend Jahren zur(icksehe?c Bismarck steckte die
Reprimande schweigend ein, und diese Zurlickhaltung gereicht ihm vielleicht
zu eben so grosser Ehre, als manche schlagfertige Antwort, die er gegeben hat.
Nachdem das Erfurter Parlament seine fruchtlose Thatigkeit beendet
hatte, traten die preussischen Kammern im November 1850 unter dem Ein-
drucke der mit Oesterreich drohenden kriegerischen Verwickelungen wieder
zusammen, die durch die unrtlhmliche Convention von Olmtitz erledigt wurden.
Am 4. December wurden die Kammern vertagt, gerade als S. in der Adress-
debatte das Wort erhalten sollte. Als es am 6. Januar wieder eroffnet wurde,
war die Stimmung der Mehrheit umgeschlagen, und die Kammer beschloss
mit schwacher Mehrheit, von jeder Adresse Abstand zu nehmen. S. trat
kraftig gegen diesen Entschluss auf, weil es die Pflicht des Hauses sei, zu
sprechen und es durch Unterlassung dieser Pflicht liber sich selbst zur Tages-
ordnung Ubergehe.
Die Fragen der Oktroyirung, der Verwendung von Steuern ohne Etats-
gesetz, der Ministerverantwortlichkeit bewogen ihn wiederholt zu scharfen
Angriffen auf die Regierung, der er auch die Versumpfung der deutschen
Verfassungsfrage zum Vorwurf machte. »In Erfurt sind uns die letzten
Schuppen von den Augen ge fallen.*
Die Folge war, dass ihn eine Mehrheit, der sich die Polen zugesellten,
im Februaur 185 1 bei der Wiederwahl des Presidiums als Viceprasidenten
fallen liess.
Im Jahre 1852 wurden die Kammern neu gewahlt und S.'s parlamentarische
Thatigkeit erreichte vorl&ufig ein Ende. In Konigsberg war er einem reac-
tionarem Gegenkandidaten unterlegen; eine Nachwahl, die ihn in Gumbinnen
traf, lehnte er ab. Er wollte sich einmal wieder vollstandig seiner Heimat,
seiner Familie und seinemBerufe widmen. Jetzt traf ihn derRuf, eineProfessur des
romischen Rechts in Jena zu iibernehmen. In frtiheren Jahren hatte er ahnliche
Berufungen nach Dorpat, Greifswald und Breslau ohne Bedenken abgelehnt.
Diesmal war die Versuchung eine emsthaftere. Sein Freund Droysen, der in
Jena lehrte und der Kanzler von Seebeck drangen ernstlich in ihn. Indessen
wurde doch das Missbehagen, das die preussischen Zust&nde in ihm erweckt
hatten, durch andere Erwagungen zurttckgedrstngt. Er blieb in der Heimat
314 Simson.
und wurde in den Jahren 1855 und 1856 zum Prorector der Universitat
erwahlt. Die Versuche der liberalen Partei in Berlin und Breslau, ihm
wieder einen Sitz im Abgeordnetenhause zu verschaffen, misslangen. Erst das
Jahr 1859 fUhrte eine Wendung herbei.
Nach Anbruch der neuen Aera wurde S. in Konigsberg wiederum mit
zwei anderen altliberalen Mannern in das Abgeordnetenhaus gewahlt. Ueber
die Bedeutung dieser neuen Aera dachte er um Vieles nttchterner als die
meisten seiner Parteigenossen. Er sah die Schwierigkeiten, welche sich dem
liberalen Ministerium in den Weg stellen wttrden, voraus. Doch ging er mit
frischem Muth an die Arbeit. Die erste Aufgabe, welche ihm zufiel, war,
eine Adresse an den Prinzregenten abzufassen und sie vor dem Hause zu
vertreten. Er erzielte damit auch einen gttnstigen Eindruck.
Zum Prasidenten des Hauses war ursprtinglich Graf Max von Schwerin
gewahlt; als dieser im Sommer 1859 zum Minister des Innern ernannt wurde,
trat Simson an seine Stelle und hat dieses Amt mit gleicher Auszeichnung
verwaltet, wie einst den Vorsitz im deutschen Reichstage.
Am 3. September i860 wurde er zum Viceprasidenten des Appellations-
gerichts in Frankfurt an der Oder ernannt und nahm Abschied von seiner
Heimathsstadt und von dem akademischen Lehrberuf. Die Liebe zur Praxis
hatte allmahlich die Liebe zur Theorie, die Liebe zum preussischen Recht
die zum romischen Recht verdrangt. Auch mochte er die Empfindung haben,
dass es ihm nicht gelungen sei, auf der Hohe der Forschung zu bleiben.
Ein zweites Frankfurt verflocht sich in seinen Lebenslauf; er blieb neunzehn
Jahre dort und stieg im Jahre 1869 von dem Amte eines Viceprasidenten zu
dem eines Prasidenten auf.
Die Neuwahlen des Jahres 1862 brachten dem Abgeordnetenhause eine
wesentlich andere Zusammensetzung. Die altliberale Mehrheit, die das fruhere
Haus beherrscht hatte, war verschwunden, eine Majoritat der Fortschrittspartei
hergestellt. Simson selbst unterlag in Konigsberg, wurde aber bei einer
Nachwahl in Wetzlar und in Hoyerswerda gewahlt.
Seine Stellung war eine schwierige. Auf der einen Seite hielt er an
seinen liberalen Anschauungen unerschlittert fest; auf der anderen Seite war
er von der Ueberzeugung durchdrungen, dass die Militarforderungen, welche
die Regierung stellte, unabweisbar seien. Er war Anhanger der Regierung,
soweit es sich um ihr Hauptziel handelte und ihr Gegner, soweit sie ver-
suchte, dieses Ziel mit verfassungswidrigen Mitteln zu erreichen. Die Schwache
der Fraction, der er angehorte, machte seine Stelle zu einer wenig einfluss-
reichen. Die Auflfisung des Hauses entzog ihm auch den AVahlkreis Wetzlar;
dafUr wurde er in Montjoie-Malmedy gewahlt. »Bei den Wallonen«, hohnte
der »Kladderadatsch«, wie sein Freund Georg von Vincke, der seinen so treuen
Wahlkreis Hagen verloren hatte, »bei den Kassuben«, in Preussisch-Stargard.
Es kamen die Jahre des Verfassungsconflicts, die ihn besonders schmerzlich
bertihrten. Aber stets trat er mit Nachdruck auf, wo er das Recht bedroht
sah. So, als das Ministerium in klarem Widerspruch mit der Verfassung eine
Pressverordnung octroyirt hatte, so als das Herrenhaus den Beschluss gefasst
hatte, unter Uebergehung der Beschllisse des Abgeordnetenhauses das Budget
nach der Vorlage der Regierung in Bausch und Bogen anzunehmen, einen
Beschluss, den das Abgeordnetenhaus auf S/s Antrag fiir »null und nichtig*
erklarte, so endlich in einer besonders meisterhaften Rede, als das Ober-
tribunal die Unverletzlichkeit der Abgeordneten in Frage gestellt hatte.
Simson. 315
Der deutschen Politik des Herrn von Bismarck-Schonhausen stand er
mit sehr kritischen Augen gegenUber; er traute dem Junker aus Erfurt, dessen
Auftreten er nicht vergessen hatte, nicht zu, dass er sein Unternehmen zu
glticklichem Ende fllhren wdrde. Aber als der Tag von Koniggratz ge-
kommen war, erkannte und bekannte er seinen Irrthum unumwunden und
sah die Ziele, nach denen er in Frankfurt, in Gotha und in' Erfurt, sowie in
der Berliner Kammer gestrebt hatte, freudigen Auges erreicht.
Zum Abgeordneten fUr den constituirenden Reichstag wurde er in Frank-
furt a. O. gewahlt und dieser Wahlkreis blieb ihm in spateren vier Wahlen
treu, bis er sich aus dem parlamentarischen Leben zurtickzog. Mit 127 gegen
95 Stimmen wurde er im zweiten Wahlgange zum Prasidenten gewahlt und
ihm damit nach seiner eigenen Aeusserung eine der stolzesten Erinnerungen
seines Lebens bereitet. Als President des ersten ordentlichen Reichstags
durfte er am 3. October 1867 dem Konige eine Adresse tiberreichen, in der
der Reichstag aussprach, dass das deutsche Volk entschlossen sei, jeden Ver-
such fremder Einwirkung in seine Angelegenheiten zurtickzuweisen. Er
prasidirte auch der kurzen aber bedeutungsvollen Session des deutschen
Reichstags vom Juli 1870, in der die franzosische Kriegserklarung zur Kennt-
niss gebracht wurde, Und nun ereignete sich, wie Ftirst Bismarck es nannte,
der »Witz der Geschichte«, dass derselbe Mann, der im Jahre 1849 vergeb-
lich vor selnem Konige gestanden hatte, um ihn zur Annahme einer Kaiser-
krone zu bewegen, vor dessen Bruder diesen Versuch mit glilcklicherem Er-
folge wiederholen durfte, wenn auch diesmal Bedenken zu liberwinden waren.
Am 18. December ilberreichte er dem Konige Wilhelm in Versailles die
Adresse des Reichstags, in welcher die Aufrichtung von Kaiser und Reich
festgestellt wurde.
Er prasidirte noch dem ersten deutschen Reichstage und war Mitglied
des zweiten, ohne in die Debatten einzugreifen. Doch noch einmal rief ihn
eine Wendung des Schicksals an die aufgegebene Stellung zurttck.
Im Februar 1876 wurde der Reichstagsprftsident von Forckenbeck durch
den plotzlichen Tod seiner Frau genothigt, den Pr&sidentenstuhl zu verlassen.
Die beiden Viceprasidenten waren verhindert, und jetzt fasste der Reichstag,
ohne eine formliche Wahl vorzunehmen, den Beschluss, den Abgeordneten
Dr. Simson zu ermachtigen, so oft die Umst&nde dies erfordern, das Presidium
im Reichstage zu libernehmen.
Im Jahre 1877 nahm Simson eine Wahl in den Reichstag nicht wieder
an; der Thatigkeit im Preussischen Abgeordnetenhause hatte er lange ent-
sagt; einer Berufung in das Herrenhaus hatte er auszuweichen verstanden.
Seine parlamentarische Thatigkeit war beendigt.
Aber es wurde eine Stellung geschafFen, die ihm eine Wiirde, die ihm
gebtihrte, und eine Thatigkeit, die er auszufiillen wusste, zuwies. Am
1. October 1879 trat die Justizorganisation des geeinigten deutschen Reiches
in das Leben; an der Spitze dieser Organisation befindet sich ein Reichs-
gericht, und an dessen Spitze war ein President zu berufen. Kaiser Wilhelm
und Ftirst Bismarck waren keinen Augenblick im Zweifel darflber, dass dieses
Amt nur in S.'s Hand gelegt werden konne.
Wegen des Gesundheitszustandes seiner Gattin und wegen seines eigenen
zogerte er lange, das Amt anzunehmen, aber er konnte sich der Einsicht
nicht verschliessen, dass das Vaterland ihn rufe. Er hat es mit Auszeichnung
gi6 Simson.
verwaltet, bis cin Schlaganfall ihn nothigte, seine Versetzung in den Ruhe-
stand nachzusuchen, die ihm am i. Februar 1891 zu Theil wurde.
Zu den wenigen Anordnungen, die der todtkranke Kaiser Friedrich in
der kurzen Zeit seiner Regierung vornehmen konnte, gehorte die, dass er
dem Prasidenten des Reichsgerichts, dem er von jeher Zuneigung bezeugte,
und mit dessen Anschauungen er als Kronprinz sich haufig in vollkommener
Uebereinstimmung befand, den Orden vom schwarzen Adler verlieh, mit dem
der erbliche Adel verbunden ist.
Noch eine Auszeichnung war ihm vorbehalten, von weit geringerem
Glanze, aber recht nach seinem Herzen. Im Jahre 1885 bildete sich eine
Goethe-Gesellschaft in Weimar in engem Anschluss an die von dem letzten
Erben Goethes getroffenen letztwilligen Anordnungen, aus denen das
Goethe-Archiv und das Goethe-National-Museum hervorgingen. Diese Ge-
sellschaft wahlte S., der keinen Tag vergehen Hess, ohne einige Seiten Goethe
gelesen zu haben, zu ihrem Vorsitzenden und er ist es bis zu seinem Lebens-
ende geblieben.
Am 16. Marz 1883 verlor er seine Gattin, kurz ehe er seine goldene Hochzeit
hatte feiern konnen. Der Schlag traf ihn schwer; die Freude an Kindern
und Enkeln, sowie zuletzt an einem Urenkel gewahrte ihm Trost.
Nach seiner Versetzung in den Ruhestand siedelte er nach Berlin liber.
Er konnte im Jahr 1898 noch eine Anzahl wichtiger Gedenktage feiern; die
Verehrung, die ihm von vielen Seiten bezeigt wurde, half ihm die Beschwerden
des Alters leichter ertragen.
Die letzten Wochen verbrachte er in einer Art von Traumleben. Am
2. Mai 1899 ist er sanft entschlafen, nachdem Tags zuvor die Feier seines
siebzigjahrigen Doctorjubilaums begangen wurden.
Eduard von S. war ein Mann von den lautersten Gesinnungen und von
den edelsten Gaben. Die WUrde, die ihn umgab, hielt in seiner Gegenwart
den Ausdruck niedriger Gesinnungen zurtick. Er war ein untibertroffener
Meister des Wortes. Das treffende Wort stand ihm in jedem Augenblicke
zu Gebote. Seine Reden, die von ihm verfassten Adressen sind frei von
gesuchtem Schmuck. In ungewohnlichem Masse besass er die Gabe, ver-
wickelte Verhaltnisse mit Klarheit darzustellen. Er war ein musterhafter
Richter und das Prasidentenamt hat er in alien von ihm geleiteten parla-
mentarischen Versammlungen in richterlichem Geiste und mit der Anmuth
eines hochgebildeten Mannes ausgeiibt. ♦ Er war von klassischer Bildung
getrankt, las den Thukydides im Urtext zu seiner Erholung und konnte noch
in den Phantasieen des Todeskampfes nicht unterlassen, ein falsch betontes
lateinisches Wort richtigzustellen. Wie seinen Goethe liebte er die klassische
Musik. Er spielte die Orgel und vor alien Dingen hatte er »Musik in ihm
selbst« .
In den kurzen Tagen seiner Bekanntschaft mit Niebuhr hatte dieser dem
jungen Manne die Aussicht eroffhet, ihn in die diplomatische Laufbahn zu
befordern und Niebuhr ware, wie Bunsens Beispiel zeigt, der Mann gewesen,
sein Wort zu halten.
Niebuhrs frtiher Tod vernichtete diese mit Leidenschaft ergriffene Aus-
sicht ftir immer. Was S. in dieser Stellung geleistet hatte, was er geleistet
hatte, wenn er Justizminister geworden ware, worauf er nach constitutionellen
Begriffen einen Anspruch gehabt hatte, entzieht sich der Beurtheilung. Die
Stellungen, die ihm das Schicksal zugetheilt hat, hat er in vollkommner
Simson. Zeissberg. 317
Weise ausgeftillt. Als Lehrer des Rechts, als Richter, als fester unci gerechter
Leiter parlamentarischer Versammlungen, als Sprecher bei festlichen Veran-
lassungen, als hinreissender Redner in der Debatte hat er keinen Vergleich
zu scheuen.
Als Vorkampfer hat er in erster Reihe gestanden. Das Bild des
Deutschen Reiches, wie es geworden ist, hat frllh vor seinen Augen gestanden;
er hat dafiir gewirkt mit aller Kraft und mit einem zuweilen erschiitterten,
aber nie erstorbenem Vertrauen. Sein Ausspruch, »dass Recht und Freiheit
nur zwei verschiedene Namen fur dieselbe Sache seien«, bezeichnet seine
Anschauungsweise. Die Freundlichkeit seiner Sitten gehorte zu den Tugenden,
deren Kenntniss sich spateren Geschlechtern nicht tibermitteln lasst.
Literatur. Von ihm: De J. Paulli Manualium libr. III. (Diss, inaugur.) 1829. — Excr-
citatio de capite minutis (1835) — Quaestiones ex Jure Prussorum. — Einige Aufsatze
in: Prcussische Ostseeblatter. 1832. — Nachrichten tiber die GrUndung und Fortbildung
des Tribunals in Konigsberg i. Pr. aus gedruckten und unged ruck ten Quellen. Kdnigsberg
1844. Ueber ihn: Eduard von Simson. Erinnerungen aus seinem Leben. Zusammen-
gestellt von B. v. Simson. Leipzig S. Hirzel 1900. (Enthalt zahlreiche Briefc an und von
S. und hat dieser Skizze als hauptsachlichste Quelle gedient.) Ferner Gedachtnisrede von
Kail Frenzel im Gttthe-Jahrbuch Bd. XXI Jahresbericht Seite 4.
Alexander Meyer.
Zeissberg, Heinrich Ritter von, Universitatsprofessor, Director der Hof-
bibliothek in Wien, * 8. Juli 1839 * n Wien, f 27. Mai 1899 in Wien. — Z.
entstammte einer Wiener Familie und besuchte die unteren und mittleren Schulen
in seiner Vaterstadt. Er muss in jungen Jahren sich mit erstaunlichem Fleiss
und angeborner Begabung nicht bios die alten und modernen Sprachen,
sondern auch ungewohnliche Kenntnisse in Geschichte angeeignet haben.
Denn als er seine Studien an der Universitat Wien begann, fiel, wie Albert
Jager spater erzahlte, ihm im historischen Seminar bald der junge Student
mit dem frischen Gesicht und rothlich-blonden Haare auf, der, wenn sonst
Niemand etwas wusste, bescheiden sich zum Worte meldete. Im Jahre 186 1
trat Z. in das Institut fur osterreichische Geschichtsforschung ein, das eben-
falls unter Jagers Leitung stand, neben welchem aber seit einigen Jahren auch
Theodor Sickel wirkte. Bewahrte Z. seinem Lehrer Albert Jager, dessen
Liebling er war, zeitlebens eine treue Anhanglichkeit und Pietat, so hat er
doch gleich seinen damaligen Genossen im Institut, Heinrich Brunner und
Fr. Thaner, entscheidende Anregung schon Sickel gedankt. Daneben betrieb
er auch Philologie unter Bonitz. In den Jahren 1863 und 1864 erschienen
bereits seine ersten Abhandlungen tiber Erzbischof Arno von Salzburg, tiber
Thomas Ebendorfer, tiber osterreichische Geschichte unter den Babenbergern,
von feiner und sorgfaltiger Arbeit und ansprechender Form. Nachdem er
sich 1863 als Privatdozent ftir Geschichte an der Wiener Universitat habilitirt
hatte, wurde er schon 1864 als Supplent fiir allgemeine und osterreichische
Geschichte an die Universitat Lemberg berufen und 1865 daselbst zum
ordentlichen Professor ernannt.
Lemberg war damals noch eine Universitat von tiberwiegend deutscher
Physiognomic Neben Z. war Robert Rossler Professor ftir Geschichte, und
Heinrich Brunner ftir deutsches Recht. Obwohl aber in den nachsten
Jahren sich mehr und inehr die polnischen Autonomiebestrebungen in Galizien
ftihlbar machten, wusste der junge Professor durch sein tiberaus gewinnendes
318 Zeissberg.
und anspruchloses Wesen und durch seine Thatigkeit auf dem Gebiete der
polnischen Geschichte sich Sympathie und Achtung zu verschaffen, welche
ihm auch nach seinem Abgang von Lemberg erhalten geblieben sind. Z. lernte
Polnisch und vertiefte sich in die polnische Geschichte. Nach einigen Arbeiten
liber die Beziehungen Deutschlands zu Polen im 10. und n. Jahrhundert
(Zeitschr. f. ost. Gymnasien und Sitzungsber. der Wiener Akademie 1867, 1868)
wandte er sich dem Gebiete der polnischen Historiographie zu, beschaftigte
sich mit dem Chronisten des 13. Jahrhunderts, Vincenz Kadlubek (Arch. f.
osterr. Geschichte 42. Bd. 1870) und schrieb dann ein umfassendes Werk
iiber die gesammte polnische Geschichtsschreibung vom 10. bis ins 16. Jahr-
hundert. Es ist das von der Jablonowski'schen Gesellschaft in Leipzig preis-
gekronte Buch: »Die polnische Geschichtschreibung des Mittelalters« (1873).
Es ist eine grundlegende Leistung auf einem bis dahin theils gar nicht, theils
nur dilettantisch bebauten Felde, vortrefflich in der kritischen Sichtung und
Bewerthung der Quellen, anziehend in der Darstellung, der »polnische Watten-
bach« wie man treffend gesagt hat.
Dieses Werk sowie eine als Festschrift zum 300Jahrigen Jubilaum der
Universitat MUnchen veranstaltete Ausgabe des altesten Matrikenbuches der
Universitat Krakau (1872) und eine Arbeit fiber den Erzbischof Johannes
La ski von Gnesen (1874) waren erschienen, als Z. schon an ganz andere Wirkungs-
statten berufen war. Er war namlich im Jahre 1871 zum Professor der
allgemeinen Geschichte in Innsbruck ernannt worden. Musste er als solcher
in Vorlesungen und Seminar auch alte Geschichte betreiben, so hatte er sich
auch auf dem historischen Boden Tirols bald heimisch gefunden, wie ein
paar Arbeiten zeigen, die ihren Ursprung dieser Zeit verdanken, wenn er sie
auch spater erst ausarbeitete und veroffentlichte (Zur Kritik der Vita Hart-
manni im Archiv f. ttsterr. Gesch. 56 und Zur Grtindungsgeschichte des
Klosters Stams in Mitth. d. Instituts 1). Allein schon nach drei Semestern
schied Z. von Innsbruck und folgte 1872 einem Rufe an die Universitat
Wien. Die Wiener Facultat hatte damals Wattenbach ins Auge gefasst, flir
die Ernennung Z's. war massgebend, dass in dem neuen Professor zugleich
ein Geschichtslehrer flir den Kronprinzen gewttnscht ward. Z, trug dem jungen,
hochbegabten Kaisersohne Osterreichische Geschichte vor. Seine iibersichtliche
Darstellung derselben in dem »Kronprinzenwerke«, auf die wir noch zuruck-
kommen, seine schone Festrede zum vierzigjahrigen Regierungsjubilaum des
Kaisers (1888) zeigen seine Auffassung der osterreichischen Geschichte, und
zeigen, dass hinter den feinen und immer liebenswiirdigen Formen, die Z. so
eigen waren, auch ein Charakter mit den festen Ueberzeugungen des Mannes
und des Historikers stak.
In Wien knUpfte sich Z's. akademische Thatigkeit an das historische
Seminar und seit 1874 auch an das Institut flir osterreichische Gesch ichts-
forschung, welches damals von Sickel reorganisirt war. Diese Wirksamkeit
fiihrte Z. zunachst wieder zu den ihm immer besonders sympathischen und
congenialen Studien liber Historiographie. Sein Colleg tiber osterreichische
Geschichtsquellen erlangte ob seiner sorgsamst ausgearbeiteten Literatur- und
Quellennachweise eine gewisse Beriihmtheit, die freilich sich mit einer Art
von heiliger Scheu vermischte, da Z. bei Prttfungen sein ganz erstaunliches
Detailwissen gerne auch bei seinen Schtllern voraussetzte. Die Arbeiten dieser
ersten Wiener Jahre galten hauptsiichlich den nekrologischen Quellen (Archiv
f. osterr. Gesch. 58 und 60), die bedeutendste davon ist die Ausgabe des
Zcissberg. 3 1 g
Lilienfelder Todtenbuches (Fontes rer. Austr. II 41. Bd. 1879), in welchem
Z. mit scharfsinniger Forschung die Falschungen Hanthalers und ihre Ent-
stehung nachwies. Gerade auf diesem Gebiete hat Z. auch treffliche Arbeiten
von Schtilern angeregt, so liber Ebendorfer, Hinderbach und Wolfgang Lazius.
Daneben hat aber Z. damals und weiterhin auch neben ganz anderen Studien
immer wieder gerne Uberhaupt auf die mittelalterliche Geschichte Oesterreichs
zuruckgegriffen und eine Reihe von sehr werthvollen, durch gesicherte Ergebnisse
bedeutenden Arbeiten geschaffen; so tiber den osterreichischen Erbfolgestreit
von 1457 — 1458 im Lichte der habsburgischen Hausvertrage (1879), Rudolf
von Habsburg und der osterreichische Staatsgedanke (1882), das Rechts-
verfahren Rudolfs von Habsburg gegen Ottokar von Bohmen (1887), die
Abhandlungen seiner letzten Jahre Uber Elisabeth von Aragonien, die Gemahlin
Friedrichs d. Sch. (1898, 1899), au ^ reiches archivalisches Material aus
Barcelona gesttitzt, und zur Geschichte der Minderjahrigkeit H. Albrechts V.
(1899), wenige Tage vor seinem Tode ausgegeben.
Aber seit dem Beginne der achtziger Jahre waren an Z. neue grossere
Aufgaben herangetreten. Die Akademie der Wissenschaften in Wien, deren
wirkliches Mitglied Z. 1882 geworden, legte die FortfUhrung des von A, von
Vivenot begonnenen Werkes in seine Hand. Hatte der gllihende Grossdeutsche
Vivenot sein Werk Quellen zur Geschichte der deutschen Kaiserpolitik Oester-
reichs betitelt und gegen bekannte Darstellungen von preussischer Seite
gerichitet, so hatten seitdem grosse Ereignisse neue Verhaltnisse geschaffen
und die streng wissenschaftliche Richtung eines Z. wollte »von dem polemischen
Anlass der beiden ersten Theile losgelost die Actenstlicke lediglich vom Stand-
punkt des wissenschaftlichen Bedtirfnisses auswahlen*. Die drei Bande der
»Quellen zur Geschichte der Politik Oesterreichs wahrend der franzosischen
Revolutionskriege von 1793 — 1797« (1882 — 1890) sind eine ungemein werth*
voile Sammlung, welche durch die Gewalt der Documente zum Durchdringen
richtigerer Anschauungen tiber Oesterreichs Politik in jenen Zeiten beige-
tragen hat.
Diese Studien, eine akademische Rede Uber die Jugendzeit Erzherzog
Karls (1883) und sein ganzes Wesen voll Delicatesse und lauterer Loyalitat
licssen Z. als den richtigen Mann crscheinen, um bei der Durchftihrung des
Planes der Sohne des Siegers von Asp'ern, der Erzherzoge Albrecht und
Wilhelm, wesentlich mitzuwirken, den literarischen Nachlass Erzherzog Karls
herauszugeben und eine eingehende Biograpbie desselben zu schreiben. Dieser
freudigst begriisste Plan ist bis heute leider nur theilweise verwirklicht. Wohl
sind die militarischen Schriften Erzherzog Karls erschienen, aber die Ver-
offentlichung seiner politischen Denkschriften, welche Z. hatte besorgen sollen,
wurde fallen gelassen. Und von der Biographie Karls aus der Feder Z.'s
sind 1896 zwei Bande erschienen, die nur bis 1795 reichen, wahrend ihn
der VoUendung des schon sehr weit gediehenen dritten Bandes der Tod
entriss. Z. hat seine Aufgabe wohl zu grtindlich genommen. Die vielen
und umfangreichen Vorarbeiten, welche er von 1888 an (hauptsachlich in
den Sitzungsberichten und im Archiv der Wiener Akademie) zur Geschichte
der Jahre 1790 — 1798 veroffentlichte, sptiren mit liebevoller Sorgfalt bis ins
kleinste Detail dem Verlauf der Dinge und dem Antheil Erzherzog Karls
nach. Auf ihnen basirt die Biographie.
Neben all diesen mannigfachen Arbeiten musste Z. seit 1889 auch noch
Zeit finden, die Redaction des vom Kronprinzen Rudolf, seinem einstigen
£20 Zeissberg. f leischl-MarxoW.
Schiiler, begrtindeten Wcrkes »Die osterreichisch-ungarische Monarchic in
Wort und Bild« zu ftihren. Das bei aller begreif lichen Verschiedenheit des
Werthes im Einzelnen doch monumentale Werk ist unter Z.'s Redaction bei-
nahe zur Vollendung gediehen. Seine conciliante Natur hat die Schwierig-
keiten iiberwunden, welche bei dem so weitgreifenden Unternehmen die Aus-
wahl der Mitarbeiter, die Redaction des Stoffes und so manche andere
Verhaltnisse bereiteten. Einer der allerbesten Theile des Werkes rlihrt von
Z. selber her, die vortreffliche Uebersicht der Geschichte Oesterreichs (1887).
Sie beweist, dass der Meister der Detailforschung sehr wohl im Stande war,
in grossen Ziigen auch weite geschichtliche Entwickelungen darzustellen.
Im Jahre 1891 wurde Z. nach dem Abgange Th. v. Sick els nach Rom
zum Vorstand des Instituts fur osterreichische Geschichtsforschung ernannt.
Allein nur wenige Jahre noch war es ihm beschieden, in den ihm tief ans
Herz gewachsenen Kreisen des Instituts und der Universitat zu weilen. Im
Jahre 1896 wurde er an die Spitze der Hofbibliothek berufen, als Nachfolger
W. v. Hartels. Mit seiner ganzen peinlichen Gewissenhaftigkeit widmete er
sich nun den Aufgaben der neuen Stellung und das ihm angeborene Wohl-
wollen, welches er jederzeit seinen Schiilern entgegengebracht hatte, bethatigte
er nun ebenso gegenliber den zahlreichen Beniitzern der Schatze der Hof-
bibliothek.
Da zerriss wieder einmal jah und furchtbar der Tod ein rastloses und
erfolgreiches Wirken, ein reines und edles Menschenleben. Der Anfall eines
Herzleidens raffte in der Nacht vom 26. auf den 27. Mai 1899 Z. dahin.
Nach Arneth und Huber der dritte schwere Verlust, den wir in kurzer Zeit
erlitten ; die drei bedeutendsten Vertreter der Forschung auf dem Gebiete der
osterreichischen Geschichte sind dahingegangen, Manner, verwandt in Richtung
und Pragung ihres historischen Schaffens und verwandt in ihrer gesammten
Lebensanschauung. Das Andenken Z.'s wird an den Statten, die ihm am
licbsten waren und nach denen er sich immer noch zuriickgesehnt hat, in
besonderer Weise erhalten bleiben durch eine grossmlithige Widmung: seine
Wittwe hat in treuer Pietat dem Sinne ihres Gemahles, mit dem sie in gluck-
lichster Ehe verbunden war, am besten zu entsprechen gemeint, indem sic
den grossten Theil seiner reichen Bibliothek clem Institut fiir osterreichische
Geschichtsforschung und dem historischen Seminar an der Universitat Wien
zum Geschenke machte.
Wurzbachs Biogr. Lcxikon 59, 292 — 294 (1890). Nekrologe in der » Wiener Abend-
posU vom 27. Mai 1899 von Dr. R. B M in der »N. Fr. Presse« vom 27. Mai u. 25. Juli 1899
(letzterer von A. Schlossar), in den »Deutschcn GeschichtsbUittern« (1899) 1, 28—31 von
Oswald Redlich, in den »Mitth. d. Vereins f. Gescb. d. Deutschen in Bohmen* (1899)
37, 105 — 109 von Jung, in den >Mitth. d. Instituts f. bsterr. Geschichtsforschungc (1900)
21, 206 — 208 von £. M(Uhlbacher) und andere.
Oswald Redlich.
Fleischl, Marxow, Ida, v., * 5. September 1824 zu Mlinchen, f 5. Juni
1899 in Wien. Einer angesehenen, urspriinglich aus Prag stammenden,
heniach in Baiern ansassigen, begiiterten jiidischen Familie entstammt, karn
Ida durch ihre Verheiratung mit dem Grosskaufmann F. nach Wien, wo sie
in regem Verkehr mit Grossen der Kunst und Forschung einen ausser-
gewohnlichen Kreis urn sich zu sammeln wusste. Ihr Haus war, nach dem
Wort Sigmund Exners, »der Sammelpunkt zahlreicher, hervorragender Manner
Fleischl - Marxow. Helmerding. 2 2 1
und Frauen. Schriftsteller, Gelehrte, ausgezeichnete Hofschauspieler
ftihlten sich da heimisch«. Engbefreundet mit Julie Rettich, Augiiste
v. Littrow und Iduna Laube, gewann sie 1855 in Betty Paoli eine Haus-
genossin, die bis an ihr Lebensende Ida in Treue und dankbarer Gesinnung
zugethan blieb; in dem Widmungsonett ihrer »Neuen Gedichte« und
manchen anderen Versen besingt sie den Segen dieses Bundes, die
Charaktergrosse und Ueberlegenheit der seltenen Frau. Nicht minder
innige schwesterliche Freundschaft verband Ida mit Marie v. Ebner-
Eschenbach. Sie hatte die Dichterin 1863 zuerst im Hause Littrow nach
der Auffuhrung ihres einactigen Lustspiels »Die Veilchen« im Burgtheater
kennen gelernt und nahm unablassig wachsenden Einfluss auf die kiinstlerische
Entwicklung der grossen Erzahlerin, die ihr 1893 ihre »Parabeln, Marchen
und Gedichte« widmete. Schwere Schicksale suchten Ida F. heim. Ihr
hochbegabter Sohn Ernst hatte als Assistent Rokitanskys 1871 das Ungliick,
sich mit Leichengift zu inficiren und obwohl seine Lehrer und Freunde, obenan
Billroth, ihr Aeusserstes aufboten, um den jungen Naturforscher voll-
kommen herzustellen, gelang es ihnen nur, sein schmerzenreiches Leben
20 Jahre lang (1871 — 1891) durch immer neue operative Eingriffe hinzu-
fristen. Durch seine ungewohnliche Willenskraft und Energie gelang es
Ernst F. wohl, wissenschaftlich weiter zu arbeiten und als Professor der
Physiologie an der Wiener Universitat noch Hervorragendes zu leisten.
Aber sein ganzes Dasein war nur eine Marter und sein Heimgang eine
Erlosung fiir den Dulder. Ida F. hat den Verlust dieses geliebten Sohnes nie
verwunden. In ihren Studien — sie trieb Indisch und versenkte sich tief in
philosophische Systeme — , in ihrer regen Wohlthatigkeitspflege, vor Allem
aber in ihrer sich nie genugthuenden Fursorge fiir ihre Lebensfreundinnen
suchte sie (nicht Trost, den gab es nicht fiir ihren Mutterschmerz) ihrer
wtirdige Lebensaufgaben. Nach dem Tode Betty Paolis Hess sie ihr
ein Grabdenkmal setzen und nahm mit Marie Ebner und Ferdinand v. Saar
hervorragenden Antheil an der Auswahl und der Herausgabe ihrer Let z ten
Gedichte (Stuttgart, Cotta). Mit Marie Ebner, die ihr Winters in Wien,
Sommers in Sanct Gilgen jede neue Arbeit zur ktinstlerischen Prtifung vor
der Veroffentlichung mittheilte, verbrachte sie den letzten Winter ihres
Lebens 1898/99 in Rom. Unmittelbar vor dem fur die gemeinsame Reise
mit Marie Ebner nach Sanct Gilgen festgesetzten Tag sttirzte die Greisin im
Zimmer und erlitt einen Schenkelbruch, zu dem sich eine Lungenentziindung
gesellte. Marie von Ebner-Eschenbach hat das Wesen der Freundin in dem
fiir sie bestimmten Wahlspruch gekennzeichnet: Veritas et caritas.
Gesammelte Abbandlungen von Dr. Ernst v. Fleischl -Marxow, Leipzig, 1893;
Biographische Skizze von Sigmund Exner ebenda S. IV— XII. — » Wiener Abend post* 1899,
No. 130. (Der nicht unterzeichnete vortreffliche Nachruf riihrt von Bruno VValden-
Frl. Flora Galliny her.) — Beilage zur »Allgemeinen Zeitungc 1899, 9. Juni, No. 130 von
A. Bettelheim.
Anton Bettelheim.
Helmerding, Karl, * 29. October 1822 in Berlin, f 20. December 1899
in Berlin, Schauspieler. Er wandte sich 1847 der Biihne zu und wurde nach
einigen Irrwegen in der Provinz auf das Gebiet der Localkomik gewiesen.
Vom Jahre 1848 bis 1878 hat er in Berlin gewirkt, von 1855 an an dem
Wallner-Theater, das die Statte seines Ruhmes wurde. Im Jahre 1878 konnte
er sich von der Btihne zuriickziehen und als Rentier leben.
Biogr. Jahrbucb u. Deutschor Nekrolog. 4. Bd. 2 1
<*2 2 Helmerding. Kiepert.
Das Feld, auf dem H. wirkte, war ein begrenztes. In den Possen von
David Kalisch fand er den Hohepunkt seiner Kunst; nach Kalischs Tode
konnte keine rechte neue Rolle mehr fiir ihn geschrieben werden. Am
komischsten wirkte er, wenn die Rolle von ihm eine grosse korperlicbe
Gewandtheit verlangte, beispielsweise wenn er die Geberden eines Jongleurs
oder Akrobaten nachzuahmen hatte. Ferner trug er politische Couplets mit
vortrefflicher Mischung von Bosheit und anscheinender Unschuld vor. Und
es gab eine Zeit, wo das politische Couplet die wirksamste Waffe geblieben
war, die die unterdriickte Opposition noch in Handen hatte. Um ftir seine Dar-
stellungen die rechte Resonanz zu gewinnen, musste er schlechterdings vor
einem Berliner Publikum stehen. An dem Wallner-Theater aber, wie es im
Volksmunde hiess: »der griinen Neue«, waren einige Mitglieder, die mit H.
zusammen ein Ensemble bildeten, wie es sich selten bei einem Theater zu-
sammenfindet. Er waren Theodor Reusche, August Neumann und Anna
Schramm. Von diesem Ensemble einen Einacter Kalischs, »Den gebildeten
HausknechU, »Aus Liebe zur KunsU, »Aurora in Oel«, »Grafin Grete«,
»Deklamatorisch-musikalische Abendunterhaltung« dargestellt zu sehen, war
in der That ein Hochgenuss.
An einem einzelnen Zuge mag veranschaulicht werden, in welcher Weise
H. das Herz des politisirenden Berliners zu gewinnen wusste. In den Tagen
des Militairconflicts hatte es einst grosse Entriistung hervorgerufen, dass
Bismarck sich aus einer Debatte, zu der er besonders eingeladen war, sich
entfernt und dann bei seiner Ruckkehr erklart hatte, er habe auch im
Nebenzimmer Alles gehort, was im Hause vorgegangen sei. Einige Tage
nach diesem Vorgange besuchte Bismarck in Begleitung des sachsischen
Ministers von Beust das Wallner-Theater, um H. in seiner damals beruhmten
Rolle zu sehen. Im Zwischenact wurde H. wie gewohnlich hervorgerufen,
aber kam nicht. Erst nachdem sich der Hervorruf bis zum Toben gesteigert
hatte, erschien er vor dem Vorhang, in anscheinend demtitiger Haltung, bat
fiir sein Zogern um Entschuldigung, erklarte aber zugleich, dass er auch
hinter dem Vorhange Alles gehort habe, was im Hause vorgegangen sei.
Der Scherz entztickte nicht nur die Berliner, sondern gewann dem KUnstler
auch Bismarcks Herz, so dass er mehrfach zu ihm eingeladen wurde.
In der Berliner Localgeschichte ist H.'s Andenken besser gegrtindet, als
in der Geschichte der deutschen Schauspielkunst. Er gehorte zu den Personen,
die in der Zeit, als Berlin sich zur Hauptstadt des Deutschen Reiches ent-
wickelte, dem offentlichen Leben ein bestimmtes Geprage gaben.
Alexander Meyer.
Kiepert, Johann Samuel Heinrich, Geograph, * 31. Juli 1818,
f 21. April 1899 in Berlin. Sohn eines wohlhabenden Kaufmanns. Besuchte
von 1828— 1836 das JoachimthaTsche Gymnasium, wo er seine von Kind
auf bethatigte Vorliebe fiir Kartenzeichnen weiter pflegte. 1837 bezog er die
Universitat Berlin, wo er bei Gerhard, Panofka, Ranke und insbesondere
Karl Ritter horte, welch* letzterer den Anstoss zu K\s erster grosser Arbeit,
Topographisch-historischer Atlas von Hellas und den hellenischen Kolonien
(1840 — 1846; neue Ausgabe: 187 1) gab. Zu derselben Zeit ttbertrug ihm
der Amerikaner E. Robinson die Verarbeitung seiner in Palastina gesammelten
Materialien. (Vgl. Bibel-Atlas 1846. Wandkarte von Palastina 7. Aufl. 1893.)
1 84 1 machte er sich zur Bereisung von Kleinasien auf (erste kritische Karte
Kiepert. Hauer. Claus. 323
von Kleinasien und TUrkisch-Armenien 1842 — 1844). Fortan blieb die
wissenschaftliche Erforschung und die Kartograpbie Kleinasiens K\s Lieblings-
Arbeitsfeld. 1870 bereiste er mit seinem Sohne Richard Karien, 1886 Lesbos,
1888 Karien, Mysien, Troas. Vgl. »Karte des osmanischen Reiches in Asieru
(1844 und 1869). Provinces asiatiques de TEmpire Ottoman (1844), Carte
gtfn^rale de TEmpire Ottoman. Specialkarte vom westlichen Kleinasien 1892.
Scherzhaft wurde K. deshalb als »Generalstab« des ttirkischen Reiches be-
zeichnet. 1845 wurde K. Leiter des geographischen Institutes in Weimar,
von wo er 1852 nach Berlin tlbersiedelte, wo er im Verlage von Dietrich
Reimer seine weiteren Arbeiten veroffentlichte. 1853 Mitglied der Berliner
Akademie, wurde er 1859, nachdem er einen Ruf nach Mtinchen ausge-
schlagen, Extra-Ordinarius, 1874 ordentlicher Professor in Berlin. Umfang
und Gediegenheit seiner Arbeiten stellen ihn in die erste Reihe der Karto-
graphen. Auch um die Gelegenheits-Kartographie hat sich K. durch seine
Karten von Kriegsschaupl&tzen so verdient gemacht, wie durch seine Lehr-
biicher und Demonstrationsmittel um die Aufgaben der Schule.
Almanach der Akademie Wien 1899 (nach Angaben von Dr. Richard Kiepert,
dem Verlage Dietrich Reimer und Professor Ph. Paulitschke).
Hauer, Franz, Ritter v., Geologe, * 30. Januar 1822 in Wien, f 20. M&rz
1899 ebenda. Sohn des Vicepr&sidenten der Hofkammer, der selbst in
Mussestunden palaontologische Studien trieb und Foraminiferen im Wiener
Boden entdeckte. H. absolvirte das Gymnasium in Wien, dann die Berg-
Akademie Schemnitz, kam 1843 zur Bergverwaltung Eisenerz, wurde im Herbst
desselben Jahres zu Haidingers Vorlesungen am montanistischen Museum ein-
berufen. 1844 Assistent Haidingers. 1849 wurde die Wiener geologische
Reichs-Anstalt gegrlindet, an der Haidinger zum Director und H. zum Berg-
rath und ersten Geologen ernannt wurde. Nach Haidingers Tod 1867 wurde
H. Director. H. wirkte hier bahnbrechend. Seine Arbeiten 1850 »Ueber das
geognostische Verhalten der niederosterreichischen Alpen zwischen Wien und
Salzburg«; 1853: ilber die Trias-, Lias- und Juragebiete in den niederoster-
reichischen Alpen folgten 1858 die Uebersichtskarte der Schichtgebirge der
Lombardei; 1863 die Aufnahmen von Siebenbllrgen und Dalmatien; end-
lich »Die Geologie in ihrer Anwendung auf die Kenntnisse der Boden-
beschaffenheit der osterreichisch-ungarischen Monarchies 1885 wurde H.
Intendant des naturhistorischen Hofmuseums, 1892 Mitglied des Herrenhauses.
Almanach der Akademie Wien. 1899.
Claus, Karl, * 2. Januar 1835 in Cassel, f 6. Februar 1899 in Wien,
Naturforscher. Absolvirte die Universitaten Marburg und Giessen. An der
letztgenannten Hochschule war er Schuler Leuckarts. 1858 habilitirte sich C.
in Marburg, 1859 in WUrzburg, wo er i860 Extraordinarius wurde. 1863
kam er als Ordinarius nach Marburg, 1870 nach Gdttingen. 1873 nach
Wien berufen, trat er 1894 wegen Kranklichkeit in den Ruhestand. Sein
Arbeitsgebiet waren die wirbellosen Thiere, namentlich die CClenteraten und
Crustaceen. Charles Darwin widmete er 1876: »Untersuchungen zur Erforschung
der genealogischen Grundlage des Crustaceensystems. Ein Beitrag zur Descen-
denzlehre.« Zur Descendenzlehre nahm er spaterhin 1888 noch ganz besonders
Stellung in zwei Vortragen: »Ueber Lamarck als Begrtinder der Descendenz-
21
*
324
Claus. Lie.
lehre« und »Ueber die Werthschatzung der natiirlichen Zuchtwahl als
Erklarungsprinzip* . Als Lehrer erwarb sich C. in Oesterreich dauernde Verdienste
durch Gnindung eines zoologisch-vergleichend-anatomischen Institutes und die
Grlindung der zoologischen Versuchsstation in Triest. (Vgl. die 10 Bande
der Zschr. »Arbeiten aus dem zoologischen Institute der Wiener Universitat
und der zoologischen Station in Triest* ). Bedeutung erlangte und behauptete
auch sein innerhalb eines Menschenalters vielfach aufgelegtes Lehrbuch der
Zoologie. »Da jede Auflage nach den neuesten Forschungen verbessert
wurde, kann man aus diesem Buche die Geschichte der Zoologie in den letzten
40 Jahren verfolgen durch eine Zeit, die wohl die interessanteste Epoche
dieser Wissenschaft darstellt.«
Almanach der Wiener Akademie der Wissenscbaften. 1899.
Lie, Sophus Marius, * 17. December 1842 zu Nordfjordeide am
Eidsfjord als Sohn eines norwegischen Pfarrers, f Christiania 18. Februar 1899.
Obgleich von Geburt kein Deutscher, darf L. doch in dem deutschen
Nekrolog nicht fehlen, da seine bedeutendsten Werke, die der mathematischen
Forschung neue Bahnen eroffneten, in deutscher Sprache erschienen sind, und
er selbst die zwolf fruchtbarsten Jahre seines Lebens als Lehrer an einer
deutschen Hochschule verbrachte. L. begann seine wissenschaftlichen Studien
1859 an der heimatlichen Universitat Christiania, woselbst er 1865 das mathe-
matisch-naturwissenschaftliche Lehrerexamen bestand. Damals ahnten weder
er noch seine Lehrer das in ihm schlummernde mathematische Genie, und
erst als er 1868 ganz zufallig mit den Schriften von Poncelet und Pliicker
bekannt wurde, erwachte in ihm der Trieb zur selbstandigen Produktion.
An Pllicker'sche Gedanken knupfte er auch in seinen ersten Publikationen an f
die sich mit der Abbildung der imaginaren Punkte und Geraden der Ebene
durch reelle Raumgebilde beschaftigten. Als er dann im nachsten Jahre mit
einem Staatsstipendium nach Paris kam, traf er daselbst mit Felix Klein zu-
sammen, mit dem er alsbald in enge wissenschaftliche Beziehung trat, aus
welcher mehrere bedeutende gemeinsame Arbeiten der beiden Forscher
hervorgingen. Damals schon bildete sich bei L. der Begriff der infinitesimalen
Transformation, dessen Ausbildung die Aufgabe seines Lebens wurde.
Auch jene so merkwtirdige Berilhrungstransformation, welche den Linienraum
in einen Kugelraum iiberfiihrt, wurde von ihm im Juli 1870 entdeckt und
zugleich der Zusammenhang derselben mit Monge's Theorie der partiellen
Differentialgleichungen, mit deren Studium er sich damals intensiv beschaftigte,
ergrtindet. 187 1 wurde L. Universitatsstipendiat in Christiania, promovirte
und erhielt dann 1872 auf Empfehlung einflussreicher Freunde eine Professur
daselbst, die ihm nur wenige Verpflichtungen auferlegte. Auch verlobte er
sich in demselben Jahre mit Anna Birch, heiratete aber erst 1874, aus
welcher Ehe zwei Tochter und ein Sohn hervorgingen. In den zahlreichen
Arbeiten L.'s aus jener Periode tritt die systematische Ausbildung der
infinitesimalen Beruhrungstransformationen in den Vordergrund, und als Klein
(1871) in dem Begriff der Gruppe das leitende Prinzip gefunden hatte, durch
welches sich in die verschiedenen geometrischen Betrachtungsweisen System
bringen Hess, und seine Gedanken L. mitgetheilt hatte, war auch fur diesen
die Richtung seiner Untersuchungen bestimmt. Sein Ziel wurde von da ab
die Ausgestaltung des Begriffes der continuirlichen Gruppe, den er zur Grund-
lage seiner umfassenden Transformationstheorie machte. Die Ausarbeitung
Lie. 325
eines systematischen Werkes iiber Transformationsgruppen begann aber erst
1884, nachdem Friedrich Engel auf Anregung von A. Mayer und F. Klein
nach Christiania gekommen war, um L., der zu einer solchen Arbeit von
Natur aus wenig passte, darin zu untersttitzen. Das Werk erschien unter
dem Titel »Theorie der Transformationsgruppen « in drei Abschnitten in den
Jahren 1888, 90 und 93. Er entwickelt darin auf mehr als 2000 Seiten in
Grossoctav die genannte Theorie in ganz abstrakter Weise, so dass man ihr
ausserlich die durchaus geometrische Entstehung nicht ansieht. — 1886
folgte L. einem Rufe an die Universitat Leipzig als Nachfolger Kleins, und
hier war es ihm moglich, Schliler um sich zu versammeln, die er in seine
Ideen einflihren konnte. Einer derselben, Georg Scheffers, veroffendichte
1 89 1 L.'s »Vorlesungen liber Differentialgleichungen mit bekannten infinitesi-
malen Transformationen« und 1893 seine »Vorlesungen tiber continuirliche
Gruppen mit geometrischen und anderen Anwendungen«. Das erste dieser
umfangreichen Werke ist eine elementar gehaltene Einftihrung in die Inte-
grations- und Gruppentheorie, das zweite bringt einen Theil seiner altern
geometrischen Arbeiten in systematischer Zusammenstellung und hatte noch
fortgesetzt werden sollen. Ueberblickt man die Fttlle der Schriften, die L.
in der kurzen Zeit von 20 Jahren hervorbrachte, und vergegenwartigt man
sich, welche Summe von geis tiger Arbeit zur Schopfung seiner neuen
Theorien aufzuwenden war, so wird man sich nicht wundern, wenn die
Gesundheit des von Natur aus kraftigen und abgeharteten Mannes allmahlich
untergraben wurde. In der That wurde er 1889 von einer schweren Neura-
sthenie befallen. Allerdings ttberwand er dieselbe und gewann seine alte
Leistungstahigkeit und Erfindungskraft wenigstens auf einige Jahre wieder
zurtick; aber als er 1898 unter den glanzendsten Bedingungen an die
heimatliche Hochschule in Christiania zuruckberufen wurde, kam er bereits
als todtkranker Mann in seinem Vaterlande an und starb an den Folgen
einer perniciosen AnaLmie. — L. gehorte in wissenschaftlicher Beziehung zu
den flihrenden Geistern, ja man hat ihn mit Recht den »originalsten und
schopferischsten Vertreter der geometrischen Wissenschaft in den letzten drei
Decennien dieses Jahrhunderts* genannt. In der That sind seine Leistungen,
die wir nur kurz andeuten konnten, durchaus origineller Natur und erschlossen
der Mathematik vollig neue Gebiete, deren Fruchtbarkeit immer allgemeiner
anerkannt wird. Uebrigens waren L. in seinen letzten Jahren auch vielfache
Anerkennungen zu Theil geworden, wenn sich die wissenschaftliche Welt auch
anfangs seinen Arbeiten gegeniiber etwas zuriickgehalten hatte. — L.'s
Charakter war wie sein Ausseres echt germanisch; er war offen und gerade
und verband mit einem starken Selbstbewusstsein Gerechtigkeit in dem Urtheil
Uber die Leistungen Anderer. Erst die schwere Krankheit in den letzten
Jahren seines Lebens trlibte diese vorztiglichen Eigenschaften, da sie sein
Gemiithsleben direkt beeinflusste.
Quell en: M. Nttther gab, Mathematische Annalen LIII, eine sehr wert voile
Biographie, in welcher noch weitere Litteratur angefUhrt ist, desgleichen Friedrich Engel
in Bibliotheca math. 1900 166 — 204 mit einem vorzttgltch gearbeiteten Verzeichnis von
Lies Schriften, die 162 Nummern umfassen.
A. v. Braunm lihl.
Erganzungen und Nachtrage zum
„Deutschen Nekrolog vom i. Januar bis 31. December 1898".
Alberti, Eduard Christian Scharlau, Schriftsteller, • n. Marz 1827 in
Friedrichstadt a. d. Eider, f 28. Februar 1898 in Voorde bei Kiel. Auf
den Schulen seiner Vaterstadt vorgebildet, erlernte er von 1844 b* s 1848
in Rendsburg das Buchdruckerhandwerk, absolvirte darauf die Prima der
Husumer Gelehrtenschule und ging 1850 nach Kiel, um klassische Philologie
zu studiren. Nacbdem er 1854 das Schulamtsexamen bestanden und zwei
Jahre hindurch eine Hauslehrerstelle bekleidet hatte, promovirte er im Juli
1856 zum Dr. phil. und habilitirte sich im Herbst 1857 in Kiel als Privat-
docent. Gleichzeitig trat er als Hilfsarbeiter bei der Universit&tsbibliothek
ein, an der er 1868 die Stelle des zweiten Gustos erhielt. Am 1. April 1894
legte er sein Amt nieder; ein Jahr zuvor war ihm der Titel » Professor* ver-
liehen worden.
Vielseitig begabt ist A. wahrend seines ganzen Lebens nach den ver-
schiedensten Richtungen hin in umfassender Weise literarisch thatig gewesen.
Unter seinen philosophischen Schriften verdienen hervorgehoben zu werden
»Die Frage tiber Geist und Ordnung der Platonischen Schriften, beleuchtet
aus Aristoteles* (Leipzig 1864) und »Sokrates. Ein Versuch iiber ihn nach
den Quellen« (Gottingen 1869). Von bleibender Bedeutung fttr die Geschichte
der geistigen Cultur seiner engeren Heimat ist A.'s »Lexikon der Schleswig-
Holstein-Lauenburgischen und Eutinischen Schriftsteller*, das in dem Haupt-
werk (Abth. 1, Kiel 1867; Abth. 2, ib. 1868) den Zeitraum von 1829 bis
Mitte 1866 umfasst, wahrend das Supplement (Bd. 1, Kiel 1885; Bd. 2, ib.
1886) die Jahre von 1866 — 1882 behandelt. Die Frilchte zwanzigjahrigen
Fleisses sind in diesem werthvollen Quellen- und Nachschlagewerk niedergelegt.
Neben der Wissenschaft hat A. auch die Poesie eifrig gepflegt. Er besass
ein anmuthiges Dichtertalent und eine besondere Begabung fiir die Jugend-
schriftstellerei. Seine Leistungen auf diesem Gebiete haben allgemeine An-
erkennung gefunden. Von seinen iibrigen Dichtungen sei auf »Die Geramunds-
sage« (Kiel 1879) hingewiesen, die kein Geringerer als Theodor Storm mit
warmen Worten riihmt (vgl. Kieler Zeitung, Morgen-Ausg. v. 9. Februar
1879). Kurz vor seinem Tode gab A. seine gesammelten Gedichte heraus.
Alberti. Delff.
327
Sie erschienen zusammen mit denen seines Bruders Leopold Alberti unter
dem Titel »Gedichte zweier Briider* (Garding 1898).
Vgl. Alberti, Sch rifts teller lexikon, 1829—1866, Abth. i v S. 6— 7 und 1866— 1882
Bd. i t S. 5—8; Allgemeine Deutsche Biographic, Bd. 45, S. 730/31.
Joh. Sass.
Delff, Heinrich Karl Hugo, philosophischer Schriftsteller, * n. August
1840 in Husum, f daselbst am 6. November 1898. Er besuchte die Gym-
nasien in Husum, Meldorf und Altona, widmete sich von Ostern 1857 ab in
Tubingen, Munchen und Kiel philosophischen und theologischen Studien und
promovirte im Sommer 1861 zum Dr. phil. Andauernde Kranklichkeit zwang
ihn, der von Jugend auf nervenleidend war, auf alle weiteren Lebensplane
zu verzichten, und so hat er, einen dreimonatiichen Aufenthalt in Leipzig
im Jahre 1865 abgerechnet, seine ganze iibrige Lebenszeit in seiner Vaterstadt
Husum verbracht. Er trat in die von seinem Bruder geleitete Buchhandlung
ein, die schliesslich nach dem Tode des Bruders in seinen Besitz uberging.
Abseits von der grossen Welt lebte er als vOlliger Einsiedler jahraus jahr-
ein in aller Stille nur seiner Wissenschaft.
Als Fhilosoph nahm D. seinen Ausgangspunkt von Jacob Bohme und
Franz von Baader, in deren Gedankenwelt er anfangs seine eigene vertieft
und geklart wiederzufinden glaubte. Dann aber, als sein Denken sich selb-
standiger entwickelte, entfernte er sich wieder von jenen, um seinen eigenen Weg
zu gehen. Ein starker mystisch-theosophischer Zug freilich blieb ihm immer
anhaften; er war ihm von Natur aus eigen und zieht sich durch alle seine
Schriften hindurch. Auf Grund seiner philosophischen Studien gelangte D.
zunachst zu der Ueberzeugung, »dass in der Philosophic Vieles, ja
noch Alles zu thun sei, dass die Philosophic einer grlindlichen Refor-
mation bediirfe, und dass er diese versuchen milsse, es gelinge nun wie
es konne«. Eine Reformation der Philosophic — darin sah er die Aufgabe
seines Lebens. Das Wesen dieser Reformation aber, ihr innerster Kern soil
darin bestehen, dass in der Philosophic an die Stelle des Verstandes das
Gemiith treten muss. In dieser Richtung hat er, ein rastloser Wahrheitssucher,
fast dreissig Jahre lang in einer langen Reihe von Schriften fur seine Ideen
gekampft. Seine Philosophic hat jedoch nur geringe Verbreitung und An-
erkennung gefunden. Die Griinde dieser Thatsache, an welcher der Philosoph
selbst lebenslang schwer getragen hat, liegen in der Einseitigkeit seines
Systems. Trotzdem kann man dem selbst unter den erschwerendsten Um-
standen nie erlahmenden Streben D.'s ftir alles Hohe und Ideale seinen
Antheil nicht versagen.
Verzeichniss von Delff s Schriften.
1. Ideen zu einer philosophischen Wissenschaft des Geistes und der Natur. Husum 1865.
2. Cacilie oder von der Wahrheit des Uebersinnlichen. ib. 1867.
3. Grundlehren der philosophischen Wissenschaft. ib. 1869.
4. Dante Alighieri und die Gottliche Komtidie. Eine Studie zur Geschichte der
Philosophic und zur Philosophie der Geschichte. Leipzig 1869.
5. Die Idee der Gttttlichen Komtidie. ib. 187 1.
6. Welt und Weltzeiten. Eine Philosophie des Lebendigen und der That. ib. 1872.
7. Johann Georg Hamann. Lichtstrahlen aus seinen Schriften und Briefen. Mit
Erlauterungen und einer biographischen Einleitung. ib. 1873.
8. Cultur und Religion. Die Entwickelung des humanen Bewusstseins historisch und
philosophise!* betrachtet. Gotha 1875.
328
Delff. Willatzen.
9. Prometheus, Dionysos, Sokrates, Christus. Beitrage zur Religionsgeschichte.
ib. 1877.
10. Glaubensbekenntniss eines unmodernen Culturforschers. ib. 1879.
11. Ueber den Weg, cum Wissen und zur Gewissheit zu gelangen. Leipzig 1882.
12. GrundzUge der Entwicklungsgeschichte der Religion, ib. 1883.
13. Die Hauptprobleme der Philosophic und Religion, ib. 1886.
14. Geschichte des Rabbi Jesus von Nazareth, ib. 1889.
15. Das vierte Evangelium, ein authentischer Bericht Uber Jesus von Nazareth, wieder-
hergestellt, tibersetzt und erklart. Husum 1890.
16. Neuc Beitrage zur Kritik und Erklarung des vierten Evangeliums. ib. 1890.
17. Noch einmal das vierte Evangelium und seine Au then tici tat. (in: Theologische
Studien und Kritiken, Jg. 6$, 1892, Bd. i, S. 72 ff.)
18. Philosophic des Gemtiths. BegrUndung und Umriss der Weltanschauung des
sittlich-religiosen Idealismus. Husum 1893.
Vgl. O. Siebert, Geschichte der neueren deutschen Philosophie seit Hegel. GOttingcn
1898, S. 394E; Alberti, Schriftsteller-Lexikon, 1829—1866, Abth. 1, S. 153; 1866—1882,
Bd. 1, S. 123—124. Ein eingehender Artikel Uber D.'s Leben und Werke, der sich in
erster Linie auf die in dem handschriftlichen Nachlass gefundenen »Studien zur eigenen
Lebensgcschichtec sttttzt, erscheint in den Nachtragen zur Allgem. deutschen Biographic.
Joh. Sass.
Willatzen, Peter Johann, Dichter und Uebersetzer, * 12. September 1824
in Silberstedt bei Schleswig, f 14. December 1898 in Bremen. Mit seinem
Vater, der Lehrer war, kam W. in seinem dritten Lebensjahre nach Haders-.
leben, wo er die Schule und das Gymnasium besuchte. Ftlr den von ihm
erwahlten Lehrerberuf bereitete er sich von 1842 — 1845 auf dem Seminar
in Tondern vor. Zunachst Hilfslehrer an der Stadtschule in Altona, erhielt
er 1849 eine Lehrerstelle in Hadersleben, wurde jedoch im Mai 1850 von
den Danen seines Amtes entsetzt. Nachdem er noch eine Weile als Privat-
lehrer thatig gewesen war, trat er in die schleswig-holsteinische Armee ein,
in der er bis zur Beendigung des Feldzuges den Posten eines FeldkOsters
bekleidete. Im Jahre 1851 kam er als Lehrer an einer hoheren Ttfchter-
schule nach Bremen, gab mehrere Jahre hindurch an verschiedenen Instituten
geschichtlichen Unterricht und wurde 1865 vom Senat zum Lehrer an der
Hauptschule gewahlt. Er war begeistert fttr seinen Beruf und wurde wegen
seiner ttlchtigen padagogischen Leistungen allgemein geschatzt. Seine beste
Kraft aber, sein innerstes Leben, gehorte der Poesie, der er seine ganze Musse
widmete. W. war ein feinsinniger Lyriker. Durch seine Lieder klingt ein
reiner, warmer Herzenston. Manche von ihnen haben einen Componisten ge-
funden. Geradezu zum Volkslied geworden ist jenes vielgesungene »Des
Sangers Tod«:
»Es war auf Jtitlands Aue,
Es war am kleinen Belt — «
das zuerst durch das von dem Dichter herausgegebene »Liederbuch fiir
Schleswig-Holsteins Krieger« (Itzehoe 1850) bekannt wurde. Als Uebersetzer
hat W. das Verdienst, eine Reihe der besten Dichtungen Danemarks,
Schwedens und Norwegens aus alterer und neuerer Zeit in mustergiltigen
Uebertragungen dem deutschen Volke vermittelt zu haben, worm er anfangs
von dem ihm eng befreundeten Bremer Dichter Friedrich Ruperti (f 1867)
in anregender Weise gefOrdert wurde.
Uferblumen. Gedichte. Kiel 1853. Hannibals Tod. Bremen 1857. (2. Aufl. 1870).
Nordlandsbarfe. Ein Ueberblick Uber die ncuere Lyrik des Nordens. Elberfeld 1858.
Willat?en. Renner. 329
(2. Aufl. Bremen 1889.) Gcdichte. Hadersleben i860. 2. Sammlung. Bremen 1862.
Alt-islandische Volks-Balladen und Heldenlieder der Fa ringer. Zum crsten Mai ilbersetzt.
ib. 1865. (2. verand. u. verm. Aufl. ib. 1897.) Buch der Lieder. ib. 1866. Gedichte. ib.
1871. (3. Aufl. Halle 1877.) BlUthenzweige deutscher Lyrik nach Goethe. Eine Antho-
logie. Bremen 1874. Uebersetzungen von: Andersen, Bilderbuch ohne Bilder. iti. 1869.
C. M. Bellmann, Der Weingott des Nordens. ib. 1892. H. Hertz, K<5nig Renes Tochter.
ib. 1871. Holberg, Der politische Kanncngiesser. 2. Aufl. Halle 1872. Janson, Er und
Sic. Marit Skjttlte. Zwei norwegische Dorfgeschichten. Bremen 1886. Nicolai, (Henrik
Scharling): 1) Johannes Hus. Historisches Drama. 2. Aufl. ib. 1886. 2) Sverre der
Priester. Eine norwegische Konigsgeschichte aus alter Zeit. ib. 1889. 3) Hauran. Reise-
bilder aus PalSlstina, ib. 1890. 4) Meine Frau und ich. 4. Aufl. ib. 1896. 5) Zur Neu-
jahrszeit im Pastorat zu Naddebo. 6. Aufl. ib. eod. 6) Junge Helden. ib. eod. Nordische
Novellen. ib. 1891. Tegner, Poetische Werke. Bd. 1—2, Abth. 1—2. Halle 1885.
Vgl. Alberti, Schriftstellerlexikon, 1829-1866, Abth. 2, S. 572 und 1866—1882,
Bd. 2, S. 383-84. BrUmmer, Lexikon der deiitschen Dichter und Prosaisten des neun-
zehnten Jahrhunderts. 4. Ausgabe, Bd. 4, S. 351. Fr. Hahnel, Die Bremischen Dichter
und Schriftstellcr der Gegenwart. Bremen 1893, S. 34—35; Programm des Gymnasiums
zu Bremen. Bericht tibcr das Schuljahr 1898. Bremen 1899, S. 3; Itzehoer Nachrichten
v. 25. December 1898; Weser-Zeitung v. 17. December 1898.
Joh, Sass.
Renner, Dr. Andreas (von), wiirttembergischer Finanzminister, * 28. Sep-
tember 1814 zu Ditzingen (Oberamt Leonberg), f 9. December 1898 zu
Stuttgart. Der Vater, Adlerwirth und Oekonom in Ditzingen, bestimmte den
begabten Knaben zum Cameralisten. Nach damaligem Brauche erhielt R.
nach der Confirmation zunachst praktische Vorbildung in seinem Fache als
Incipient beim Hofcameralamt Stammheim und als Gehilfe beim Cameralamt
Leonberg. Dann holte er das Maturitatsexamen nach, studirte 1834 bis
1836 in Tubingen Cameralwissenschaft, erstand im Herbst 1836 und Frtthjahr
1837 die beiden Dienstprtifungen mit ausgezeichnetem Erfolg und war in der
Zwischenzeit Buchhalter bei der Heilanstalt Winnenthal. Am 20. Juni 1837
trat er definitiv in den wtirttembergischen Staatsdienst als Cameralamtsbuch-
halter in Leonberg, wurde Herbst 1838 Kanzleiassistent bei der Kgl. Hof-
domanenkammer in Stuttgart, Juli 1839 Revisor daselbst. Damals besuchte er
— neben seinen amtlichen Verpflichtungen — die land- und forstwirthschaftlichen
Vorlesungen an der benachbarten Akademie Hohenheim. 1842 erhielt er das
Hofcameralamt Freudenthal ubertragen, welche Stellung ihm reichliche Ge-
legenheit gab, seine Kenntnisse in der Land- und Forstwirthschaft praktisch
zu verwerthen und zu erweitern. Im Juli 1846 wurde R. zum Finanzrath im
Stuttgarter Finanzministerium ernannt und zunachst bei der Domanenabtheilung
verwendet. November 1848 wurde er daneben Mitglied der Centralstelle ftir
die Landwirthschaft, Januar 1854 Mitglied der Oberfinanzkammer. Im Februar
1 85 1 trat er zur Eisenbahncommision liber, seit Juli desselben Jahres zugleich
ordentliches Mitglied der Centralbehorde fur die Verkehrsanstalten. Von
1851 bis 1855 sass er als Abgeordneter von Besigheim im Landtage, an
dessen Verhandlungen er lebhaften Antheil nahm. November 185 1 wurde er
als Oberfinanzrath der Porstabtheilung vorgesetzt, November 1858 wirklicher
Director der Forstdirection, Juli 1861 zugleich lebenslangliches Mitglied der
Kammer der Standesherren, von welchem Posten er 1890 zurtick trat. Am
21. September 1864 wurde er als Staatsrath an die Spitze des Finanz-
ministeriums gestellt, am 8. September des folgenden Jahres zum wirklichen
Finanzminister befordert.
330 Rentier.
I
Die 27Jahrige Verwaltung der Staatsfinanzen durch R. deckte sich mit
der Regierungsperiode Konig Karls von Wilrttemberg. Es war eine an be-
deutsamen Ereignissen und in alle Verhaltnisse des offentlichen Lebens tief
einschneidenden Veranderungen reiche Epoche, die im Besonderen auch den
Finanzministern der deutschen Einzelstaaten umfangreiche und schwierige
Aufgaben zutheilte. Die beiden Kriege von 1866 und 1870, dazwischen die
Erneuerung des Zollvereins und die Zollvereinsgesetze, der Eintritt Wtirttem-
bergs in das Deutsche Reich und die dadurch bedingte Neugestaltung seines
Staatshaushalts, die Berathung und DurchfUhrung der Reichsgesetze auf dem
Gebiete des Zoll-, Steuer-, Miinz- und Bankwesens, der Aufschwung des volks-
wirthschaftlichen Lebens liberhaupt stellten an Erfindungsgeist und Thatkraft
des Finanzministers die hochsten Anforderungen. Ausserdem mussten fiir den
fortschreitenden Eisenbahnbau, fiir eine stattliche Anzahl grosser Staatsbauten
die Mittel aufgebracht werden. So wurde der einst so einfache wtirttem-
bergische Etat von Jahr zu Jahr complicirter und steigerte sich der Staats-
bedarf in gewaltigem Masse, womit gliicklicherweise die Zunahme des Volks-
wohlstandes und der Steuerkraft gleichen Schritt hielt. — Bald nach seinem
Amtsantritt machte sich R. an eine Reform des wiirttembergischen Steuer-
wesens, die unter Beseitigung der veralteten Normen die Ertragsbesteuerung
durch Schaffung neuer Kataster fiir Grundeigenthum, Gebaude und Gewerbe
auf einen ganz neuen Boden stellte. Diesem Gesetze, das 1873 verabschiedet
und im Laufe der folgenden Jahre praktisch durchgeftihrt wurde, haben selbst
die principiellen Gegner der Ertragsbesteuerung die Anerkennung nicht ver-
sagt. Und wenn neuerdings auch in Wtirttemberg der Uebergang zur all-
gemeinen Einkommensteuer angebahnt worden ist, so geschah dies nicht etwa
deshalb, weil das Rennersche Steuergesetz sich nicht bewahrt hatte, sondern
lediglich darum, weil der Zug der Zeit auf weitgehende Berttcksichtigung der
personlichen Verhaltnisse des Steuertragers und insbesondere auf die Befreiung
der Schuldzinsen von der Besteueruhg geht, welche Forderungen sich im
Rahmen des Ertragsteuersystems nicht erftillen lassen. Jenem Hauptwerke
R.'s gesellte sich 1881 eine Erbschafts- und Schenkungssteuer, 1885 ein den
einheimischen Verhaltnissen vorsichtig angepasstes Branntweinsteuergesetz hin-
zu. — Ganz besondere Ftirsorge schenkte R. dem seinem Departement unter-
stellten Forstwesen. Es gelang ihm, die wttrttembergische Waldwirthschaft,
die vorher im Argen lag, zu neuer Bltite zu bringen. Durch das 1873 er-
lassene und energisch durchgefiihrte Gesetz uber die Ablosung der Wald-
lasten rettete er grosse Theile der Staatsforste vor dem ihnen drohenden
Untergang. Die Gemeindewaldungen schtttzte er durch ein Gesetz ilber die
Bewirthschaftung der Korperschaftswaldungen (1875). Ein den modemen
Rechtsanschauungen entsprechendes Forst-Polizei- und Straf- Gesetz folgte
1879 nach. Auch des Bergwesens nahm sich der Minister nachdrticklich an
und schuf 1874 ein zeitgemasses Berggesetz. Scharfer Verstand und rasches
praktisches Eindringen in die Verhaltnisse, gepaart mit zielbewusstem Streben,
zaher Ausdauer, unermiidlichem Fleiss und seltenem Pflichtgefiihl, befahigten
ihn, sein gesamtes umfangreiches Ressort bis in die kleinsten Details voll-
standig zu beherrschen. Er war ein Feind des Theoretisirens, eine durchaus
praktisch veranlagte Natur. Seine Starke bestand darin, dass er schon bei
Ausarbeitung von Gesetzen ihre praktische Durchfuhrbarkeit, ihre Anwendung
auf die gegebenen Verhaltnisse fest ins Auge fasste. Sein schlichtes, an-
spruchsloses Wesen, sein kluges, massvolles und streng sachliches Auftreten
Renner. MUller.
331
verschafften ihm bei alien politischen Parteien gleiches Vertrauen und sicherten
ihm grosse Erfolge im parlamentarischen Leben. Er wurde dabei unterstiitzt
durch genaue Kenntniss seines schwabischen Heimathlandes, flir das er ein
ungemein warmes Herz hatte, ohne dabei der deutsch-nationalen Gesinnung
zu ermangeln.
R.'s langjahrige offentliche Laufbahn war von reichen ausseren Ehren
begleitet. Zu hohen und hochsten in- und auslandischen Ordensdecorationen
gesellte sich 1877 der Ehrendoctorgrad der staatswissenschaftlichen Facultat
in Tubingen. 1887 feierte er sein sojahriges Dienst-, 1889 sein 2 5Jahriges
Ministerjubilaum, wobei er sich alien gerauschvollen Ovationen, die er nicht
liebte, entzog. Aus dem zuerst genannten Anlass wurde er zum Ehrenblirger
Stuttgarts und seiner Heimathgemeinde Ditzingen ernannt. In den letzten
Jahren seiner AmtsfUhrung hatte der Minister unter den Beschwerden des
Alters viel zu leiden gehabt; so war es erklarlich, dass er sich zu Neuerungen
im Finanzwesen nicht mehr leicht entschloss. Nach dem Tode Konig Karls, der
R. besonders glinstig gesinnt gewesen war, vollzog sich sein Rucktritt als etwas
Naturgemasses. Am 12. October 1891 begab er sich in den bleibenden
Ruhestand. Konig Wilhelm II. erkannte in einem gnadigen Handschreiben
die grossen Verdienste des Scheidenden an. Damals machten ihn die medi-
cinische und die naturwissenschaftliche Fakultat in Tubingen zum Ehren-
doctor. R. verbrachte seine letzten Lebensjahre in stiller Zuriickgezogenheit,
sich geistiger Frische und befriedigenden korperlichen Befindens erfreuend.
1894 durfte er noch seinen 80. Geburtstag unter vielseitiger Theilnahme
weiter Kreise feiern. Er war seit 15. November 1842 mit Marie, Tochter
des Regimen tsquartiermeisters Plessing in Stuttgart, vermahlt, die ihm 1887
durch den Tod entrissen wurde. Der Ehe sind eine Tochter und ein Sohn
entsprossen.
Schw&bischc Kronik vom 19.— 23. Juni 1887 No. 143—146, 21. September 1889
No. 225 Mittagsblatt, 13. October 1891 No. 241 Mittagsblatt, 9. December 1898 No. 288
Mittagsblatt, Staats-Anzeiger fiir WUrttemberg vom 22. Juni 1887 No. 142 (mit Beilage),
9. December 1898 No. 286, (Stuttgarter) Neucs Tagblatt vom 9. December 1898 No. 288
— Gedruckte Leichenrede — Familiennachrichten.
Rudolf Krauss.
Muller, Hermann, Franz, Dr., Privatdocent der internen Medicin an der
Universitat Wien und Assistent an der I. medicin. Klinik daselbst, * am
25. October 1866 in Ober-Dobling bei Wien, f an der Pest am 23. October
1898 in Wien.
M. war der zweite Sohn des Dr. Alois Muller, vormals Amanuensis
an der Wiener Universitatsbibliothek. Sein Onkel war der vor wenigen Jahren
verstorbene bertthmte Orientalist Friedrich Muller, Professor der ver-
gleichenden Sprachforschung an der Universitat in Wien. Im J. 1874 wurde
M.'s Vater Director der Studienbibliothek in Olmiitz; flinf Jahre spater tiber-
siedelte die Familie nach Graz zufolge der Ernennung von Hermanns Vater zum
Custos an der dortigen Universitatsbibliothek; hier absolvirte Hermann seine
Gymnasial- und Universitatsstudien. Im Gymnasium zahlte er, obwohl einer
der Jtingsten, zu den besten Schlilern, was er nebst seinem Talente auch
seinen eifrigen Studien verdankte. Schon damals begann sich bei ihm jene
Selbstandigkeit des Denkens und Handelns zu entwickeln, die spater seinem
Wesen ein so charakteristisches Geprage gab. Frei von jedem Autoritats-
332 Miiller.
glauben legte er sich die Dinge nach seiner Auffassung zurecht und verfocht
diese mit dem Feuer und dem Selbstbewusstsein der Jugend. Die Gymnasial-
professoren sollen mit ihm oft einen schweren Stand gehabt haben, wenn er
die ex cathedra als sacrosanct verklindeten Dogtnen nicht so ohne Weiteres
hinnahm, sondern sie — insbesondere in seinen Aufsatzen — mit jugendlich-
naiver Keckheit angriff. Trotz dieses Capitalverbrechens konnten ihm seine
Lehrer nicht gram sein; sein offener frischer Sinn f seine Ehrlichkeit ge-
wannen ihm auch die Herzen Derer, die sich durch seine freimiithigen Aeusse-
rungen getroffen fiihlten. Frtihzeitig, noch bevor andere Collegen uber die
Wahl ihres Fachstudiums nachgedacht batten, stand bei ihm bereits der Ent-
schluss fest, Medicin zu studiren. Er liebte es schon damals, an seinem
Korper physiologische Experimente anzustellen; so nahrte er sich z. B. ein-
mal durch mehrere Tage nur von Milch und Brot, um an sich den Nahr-
werth cles Brotes zu erproben. Aehnliche Versuche wiederholte er auch
spater als Hochschtiler und Arzt. Er maturirte im Juli 1884 am II. Staats-
gymnasium in Graz und liess sich im October desselben Jahres an der medi-
cinischen Facultat inscribiren. Nun widmete er sich mit seiner ganzen in-
tellectuellen Kraft dem medicinischen Studium. Er war Student im besten
Sinne des Wortes und so keimte in ihm fruhzeitig eine warme Liebe zur
Wissenschaft empor. Schon in den ersten Semestern verfasste er eine wissen-
schaftliche Arbeit: eine Studie uber die Mechanik des Schultergurtels. Er
ubergab sie seinem nachmaligen Lehrer und vaterlichen Freund Prof. Rollet
und ersuchte ihn, sie dem beriihmten Anatomen Langer in Wien mit einem
Schreiben zu tibermitteln, in dem sich M. eine Beurtheilung seines ersten
wissenschaftlichen Versuches erbat. Langer bezeichnete die Arbeit als ge-
diegen, sie bediirfe aber noch der Erganzung und Vervollstandigung; »also
nicht zu brauchen*, argumentirte der junge Forscher in strenger Selbstkritik
weiter — und sein Erstlingsversuch blieb, was er war. Das Manuscript fand
sich im Nachlasse M.'s vollkommen druckfertig mit zwei von der Hand des
Vfs. angefertigten Zeichnungen vor. Eingehende Griindlichkeit in der Be-
handlung des Stoffes und eine nicht gewohnliche Beobachtungsgabe zeichnen
diese erste wissenschaftliche Bethatigung aus.
Die Begegnung mit Rollet war fttr M. von massgebender Bedeutung.
Rollet wusste, »aus welchem Holze der junge Mann geschnitten ware und
M. fand an dem Gelehrten einen warmen Forderer seiner wissenschaft-
lichen Bestrebungen. Alsbald sehen wir ihn auch im Grazer physiologischen
Institut eifrig an der Arbeit, ihre Frucht war die Abhandlung: »Zur Frage
der Blutbildung«, umfassend durchgefiihrte Untersuchungen uber die Herkunft
der morphologischen Elemente des Blutes, der Erythrocyten und I-eukocyten.
Kaum nach Jahresfrist folgte eine zweite Arbeit : »Ein Beitrag zur Lehre vom
Verhalten der Kern- zur Zellsubstanz wahrend der Mitose«, worin er an
kernhaltigen rothen Blutzellen nachwies, dass Zell- und Kernsubstanz bei der
indirecten Kerntheilung mit einander in innigen Contact treten und nicht
wie Waldeyer und Pfister annehmen, stets von einander gesondert bleiben.
»M. f s Arbeiten waren aus dem Bedurfnisse der Zeit geboren, sie wurden seit-
her oft angefiihrt und lange haben die von ihm mit vollem Jugendmuthe und
freudigen Schaffensdrang unternommenen Studien in ihm selber nachgewirkt«
(Rollet.) Wie M. von Rollet die ersten wissenschaftlichen Anregungen empfing, so war
Rembold, Professor der internen Medicin in Graz, flir seine zuktinftige Lauf-
bahn ausschlaggebend. M. schilderte mir selbst den tiefen Eindruck, den
Mttller. 333
dieser Meister der Diagnostik auf ihn ausgelibt hat. Er kam gerade dazu,
als Rembold seinen Schtilern einen complicirten Fall differentialdiagnostisch
auseinandersetzte ; »die Klarheit und logische Scharfe der Darstellung hat
mich machtig angezogen und damals reifte in mir der unerschiitterliche Ent-
schluss, Internist zu werden.« Schon im 6. Semester erlaubte ihm Rembold,
was nur ftir Kenner Osterreichischer Verhaltnisse verstandlich ist, an seiner
Klinik als Volontar einzutreten, die nun M. bis zur Beendigung seiner medi-
cinischen Studien nicht mehr verliess. Rembold gewann den aufgeweckten,
rastlos fleissigen, jungen Mann bald lieb und beschaftigte sich eingehend mit
seinem begabten Schiiler. So gelangte dieser schneller als Andere zu einer
gewissen klinischen Erfahrung und (iberraschte bald seinen Lehrer mit der
Diagnose schwieriger Falle, insbesondere complicirter Herzkrankheiten, deren
klinisches Studium ihn vornehmlich anzog. Am 19. December 1889 pro-
movirte M. zum Doctor der Medicin und trat im Januar folgenden Jahres
an der medicinischen Klinik von Ziemssen in Mtinchen als Volont&rarzt
ein. Im October ging er nach Wien zu Nothnagel, der ihn als Aspirant auf
seine Klinik aufnahm. Hier blieb er bis zum Frtihjahr 1891 und war dann,
urn sich speciell mit den Nervenkrankheiten bekannt zu machen, bis Ende
dieses Jahres an der psychiatrischen Klinik von Meynert thatig. Anfang
1892 begab sich M., von Nothnagel warm empfohlen, wieder nach Mtinchen
an die Klinik von Ziemssen; er wurde nach wenigen Monaten Assistent, eine
Stellung, die er bis zu seinem Weggange im October 1894 bekleidete. Diese
zweite Miinchener Epoche war ftir M/s wissenschaftliche und praktische Aus-
bildung von eminenter Bedeutung. Der selbst&ndige Wirkungskreis, die Fiille
der Anregungen, welche ihm die neuen Verhaltnisse, das reiche Material der
Klinik boten, die Personlichkeit seines Meisters, alles dies tibte auf ihn einen
ziindenden Einfluss aus. Die physikalische Krankenuntersuchung, die er spater
nach alien Regeln der Kunst wie kaum ein Anderer beherrschte, das Studium
der Blut- und Nervenkrankheiten betrieb er mit dem Eifer und der Hingebung
eines ftir seinen Beruf begeisterten Mannes und bei seinem Scheiden erhielt
er von Ziemssen ein Zeugniss, das seine Erwartungen weit tlbertraf.
M.'s markante Individuality* scheint sich schon damals nach aussen hin
geltend gemacht zu haben. Er hatte in seinem engeren Verkehr nur Freunde
und Feinde; wohl nur fremde Personen standen ihm gleichgiltig gegeniiber.
Eine aufrichtige, innige Freundschaft keimte und befestigte sich in Mtinchen
zwischen ihm und Dr. Schonwerth, k. Stabsarzt und Privatdocent ftir Chirurgie
an der dortigen Universitat. Schonwerth war einer der Wenigen, die tiefer
blickten als die meisten Anderen; er blieb ihm daher treu bis zur letzten
Stunde, obwohl sich die Freunde Jahre hindurch nicht mehr gesehen hatten.
Als mir Dr. Schonwerth auf meine Bitte in liebenswtirdigster Weise seine
Eindrflcke von M. mittheilte, sah ich meinen verstorbenen Freund vor mir,
wie er leibte und lebte, mit all den Vorzugen und Fehlern eines naiv und
tief empfindenden Menschen.
Ende 1894 kehrte M. nach Wien zurttck und trat wieder als Aspirant
an der Klinik Nothnagel ein, um nach wenigen Monaten — im M&rz
1895 — d* e ^ m schon seit Langerem zugesicherte Assistentenstelle anzu-
treten ; damit erfiillte sich ihm ein langgehegter Herzenswunsch. Er widmete
sich nun mit ganzer Seele seiner klinischen Thatigkeit und wirkte gleich
segensreich als Arzt und als Lehrer. Im Frtihjahre 1896 erfolgte seine
Habilitation als Privatdocent ftir interne Medicin. —
334 Mullcr -
Im September 1896 war in den Wiener Tagesblattern folgendes Telegramm
zu lesen: » Bombay, 24. September. Die Beulenpest ist hier ausgebrochen. Es
sind bereits 300 Todesfalle vorgekommen. Der festgestellte Bacillus ist mit dem
von Prof. Kitasato wahrend der Pest in Hongkong entdeckten identisch.* Dieser
Hiobspost folgten bald immer haufigere beunruhigende Nachrichten iiber
das rasche Umsichgreifen der Krankheit, iiber das wachsende Elend in Indien
und die panikartige Flucht der Eingeborenen nach Europa. Auf dem
englischen Truppenschiff »Nubia« waren mehrere verdachtige Todesfalle, auf
dem osterreichischen Lloyddampfer »Imperator« ein suspecter Krank-
heitsfall vorgekommen. Ganz Europa rilstete sich, der schrecklichen Seuche
zu begegnen; begreiflicherweise erwachte auch in der wissenschaftlichen
Welt der Drang, die nach den Gesichtspunkten der modernen Medicin noch
wenig studirte Krankheit naher kennen zu lernen, Und so schickten
Deutschland, Oesterreich und Russland erprobte Manner der Wissenschaft
zur Erforschung der Pest nach Indien. Oesterreich machte den Anfang.
Das Hauptverdienst gebtihrt insbesondere dem fur die Verwirklichung des
Projectes rastlos thatigen Prasidenten der Akademie, Arneth, und dem
schlichten Wiener Burger Treitl, aus dessen der Akademie zu wissenschaft-
lichen Forschungen testamentarisch vermachten Schenkung die Mittel fttr die
Ausriistung der Expedition entnommen werden konnten. Zu Delegirten der
Akademie wurden ernannt M. und die Privatdocenten und Assistenten am
pathologisch-anatomischen Institut Dr. Heinrich Albrecht und Dr. Anton Ghon.
M. hatte das klinische Studium, Albrecht und Ghon die Bearbeitung der
pathologischen Anatomie, der Aetiologie und der epidemiologischen Ver-
h<nisse der Pest zu besorgen. Als arztliche Hilfskraft fungirte Herr
Dr. Rudolf Poch.
M. war Feuer und Flamme fur die Expedition; Furcht vor der Pest
kannte er ebensowenig wie seine Kameraden, und die Aussicht, ein fremdes
Stiick Welt, das fttr den Abendlander von marchenhaften Reiz umwobene
Indien zu sehen, wirkte m&chtig auf seine Phantasie. Wie M. mir erzahlte,
hat die Grossartigkeit des Orients seine Erwartungen weit (ibertroffen; wie
Heimweh erklang es aus seinen Worten, wenn er von der tropischen Vege-
tation und den Nachten Indiens erzahlte.
Am 3. Februar 1897 schiffte sich die Expedition in Triest auf dem
Lloyddampfer »Imperator« ein und langte am 20. Februar in Bombay an.
Unverzliglich ging es an die Arbeit. M. schildert in der Einleitung seines
Werkes (iber die Bubonenpest die Schwierigkeiten, mit denen die Aerzte
in der Austibung ihrer Thatigkeit zu kampfen hatten. Bei der Untersuchung
der Kranken musste anfangs mit der grossten Vorsicht vorgegangen werden;
wenn, was h&ufig vorkam, Verwandte und Bekannte des Erkrankten sein
Lager umstanden, war nicht selten eine Untersuchung iiberhaupt unausftihrbar.
Offen wurde M. Inhumanitat, ja Grausamkeit vorgeworfen, wenn er die
Kranken percutirte und auscultirte, sie aufsetzte, oder eine Inspection des
Rachens vornahm; oft genug musste er horen, dass die fremden Aerzte
nicht gekommen seien, um zu helfen, sondern um die Kranken wahrend des
Lebens zu qualen und nach dem Tode zu seciren. Doch M. ging unbeirrt
j seinen Weg; er trat seinen indischen Kranken ebenso entgegen wie seinen
| europaischen Patienten; und bald schwand jedes Misstrauen gegeniiber seiner
I Thatigkeit, die Kranken, insbesondere die Reconvalescenten hingen mit
grosser Dankbarkeit an ihm und oft genug wurde er sogar von Angehorigen
MUller.
335
an das Bett eines Pestkranken gerufen. Die Schwierigkeiten beim Auffangen
der Ausscheidungen , die ungeheure Ueberfiillung des Spitales, die oft ohne
Wissen der Aerzte vorgenommene Transferirung von Kranken in andere
Spitaler erschwerten die Untersuchungen ausserordentlich und nicht selten
mussten sorgfaltig angelegte Krankengeschichten weggeworfen werden, weil
der Patient einfach nicht mehr aufzufinden war. Aber M.'s Energie, sein
zahes Festhalten an dem begonnenen Werke begegnete auch diesen Hinder-
nissen und so sammelte er ein reiches Beobachtungsmaterial, das er zu einer
ausgezeichneten klinischen Monographic der Pest ausarbeitete. Sein treuer
Genosse Albrecht giebt in einem Briefe an den Verfasser der vorliegenden
Skizze von M.'s Wesen und seinem Wirken folgende treffende Charakteristik:
»Mliller ordnete sich, obwohl der Aelteste, mit einer Nachgiebigkeit
unseren Wiinschen, unseren Meinungen unter, die staunenswerth war und
die Zeugniss von seinem guten Herzen und jeden Mangels innerer Kleinlich-
keit gab, die so oft auch ernste Untemehmungen sprengt. Wie selten Einer
hat er die Vorzlige oder manche Ueberlegenheit des Einzelnen im Vergleiche
zu sich selbst anerkannt und zogerte keinen Moment, dann zurtickzutreten,
wenn er sich selbst nicht recht am Platze ftihlte; dies ist der Grund, warum
kaum jemals ein Misston unter uns drei von der Akademie Delegirten
herrschte. Dabei fehlte es ihm aber nicht an Energie in der Erreichung
seiner Zwecke. Er verband in seltener Weise kindliche Naivetat mit einem
Zielbewusstsein in ernsten Dingen, die musterhaft zu nennen war. Aber er
war bis zu einem gewissen Grade schtichtern, manchmal sogar menschenscheu,
und dies hinderte ihn oft, im geeigneten Momente die Situation zu tiber-
blicken und einen geeigneten Vorstoss zu wagen. Dies tiberliess er lieber
Anderen, um aber dann mit einer Emsigkeit und Consequenz weiter
zu arbeiten, die einmal Erlangtes unter keinen Umstanden mehr aufgab.
Wie aufopfernd er sich seiner wissenschaftlichen Thatigkeit in Bombay
widmete, das wissen nur die, welche ihn bei der Arbeit beobachtet haben;
er nahm sich haufig nicht einmal die Zeit, die Mahlzeiten einzunehmen, oft
blieb er ununterbrochen von frlih bis Abends im Spitale. Dabei genoss er
offenen Auges und Herzens die prachtige Schonheit des Orients, die ihn so
schwarmerisch entziickte, dass er sich oft wlinschte, frank und frei aller
europaischen Fesseln fttr immer sein Leben in Indien verbringen zu konnen.«
Dankbar gedenkt M. der gepriiften Warterin Miss Elva May Fern,
einer 2ijahrigen in Indien geborenen Englanderin. Sie leistete durch ihre
aufopfernde, umsichtige Thatigkeit unsch&tzbare Dienste, erst mit ihrem Ein-
greifen konnte ein geregelter klinischer Dienst beginnen. Freundliche Unter-
sttitzung wurde den Mitgliedern der Commission ferner von H. Dr. Chocksey,
dem Leiter des Arthur Road -Hospitals zu Theil, vor Allem aber von dem
Consulatsecretar H. Tschauner, der durch seine Umsicht und durch seine
genaue Kenntniss der Verhaltnisse Bombays die schwierige Arbeit der
osterreichischen Aerzte in jeder Hinsicht ftjrderte. Dagegen fand die
Commission bei dem Herrn Generalconsul von Bombay Rdmy nicht jene
Behandlung, die sie als Delegirte der Akademie und unter dem besonderen
Schutze der osterreichischen Regierung stehend zu erwarten das Recht hatte.
Wie anders benahmen sich der deutsche Consul der deutschen und der
franzosische der russischen Pestcommission gegenliber! — Am i. Mai verliess
die Commission mit dem »Imperator« Bombay und traf am 18. Mai Abends
in Wien ein. — M. nahm nun seine Thatigkeit als Assistent an der Klinik
336
Mailer.
Nothnagel wieder auf und widmete sich mit vollem Eifer der Bearbeitung
der heimgebrachten wissenschaftlichen Schatze. Zunachst wurde die Mono-
graphic ftir die Denkschriften der Akademie fertiggestellt; dann ging er an
die ihm tibertragene Bearbeitung der Pest ftir das von Nothnagel heraus-
gegebene Handbuch der speciellen Pathologie und Therapie innerer
Krankheiten. Diesc Aufgabe beschaftigte M. vornehmlich wahrend des
Sommers 1898; es sollte ihm nicht beschieden sein, sie zu Ende zu ftihren.
Am 15. October 1898 erkrankte der Diener Barisch des Wiener pathologisch-
anatomischen Institus, der den Assistenten Dr. Albrecht und Dr. Ghon fur
ihre Untersuchungen iiber Pest zugewiesen war, unter den Erscheinungen einer
Lungenentziindung. Da die Moglichkeit einer Infection mit Pestbacillen nahe-
lag, wurde M. sofort zur Untersuchung des Kranken herbeigerufen. Obwohl
zwar M., wohl der Einzige, der in Wien das klinische Bild der Pest genau
kannte, eine bestimmte Diagnose der Pestpneumonie nicht stellen konnte, traf
er sofort alle gebotenen Vorsichtsmassregeln. Der Kranke wurde am 16. October
auf ein Isolirzimmer der Klinik Nothnagel gebracht, der Eintritt wurde ausser
den beiden zur Pflege des Patienten herbeigezogenen Warterinnen Niemandem
gestattet. M. wollte allein die ganze Verantwortung tragen und, wenn es
sein musste, sich opfern. Seine Befiirchtung bewahrheitete sich nur zu bald ;
schon am folgenden Tage bestand ftir M. kein Zweifel, dass Barisch an
Pestpneumonie erkrankt sei. Nicht auf seine eigene Sicherheit, sondern um
das Wohl des Kranken, auf die Hintanhaltung der Gefahr nach aussen,
auf den Ruf der Klinik bedacht, traf er allein alle nothigen Vorkehrungen.
Viele Stunden verbrachte er in der Zelle, um den Erkrankten immer wieder
zu untersuchen und ihm jedmogliche Linderung zu Theil werden zu lassen,
sowie um seine Isolirung selbst auf das Sorgsamste zu iiberwachen; und als
Barisch am 18. October starb, nahm M. selbst die Desinfection der Kranken-
zelle vor.
Bei dieser aufreibenden, fast tibermenschlichen Thatigkeit holte sich
M. den Todeskeim. Er trug ihn schon in sich, als er zwei Tage spater, am
20. October, mit den Tags vorher unter verdachtigen Symptomen erkrankten
Warterinnen des verstorbenen Dieners, Albertine Pecha und Johanna Hochegger,
in die Epidemieabtheilung des Kaiser Franz Josephs-Spitals fuhr, um die
arztliche Pflege derselben zu ubernehmen. Ohne zu zaudern kam er dieser
an ihn gerichteten Aufforderung nach, Feigheit nannte er es, nur einen
Augenblick zu schwanken. Mir war es vergonnt, die letzte Stunde vor seiner
Abfahrt in das Epidemispital mit ihm zu verbringen. Er bat mich, ihm bei
den Vorbereitungen flir seine Uebersiedelung behilflich zu sein, und wahrend
er, der schon schwer Inficirte, anscheinend noch ganz wohlauf sein Mittags-
mahl einnahm, legte ich ihm seine Sachen zurecht; ob ihn gleichwohl
schon eine Ahnung seines Schicksals erfasst hatte, wer konnte es wissen!
eine mit seltsamem Ernst gemachte Aeusserung liess mir dies als sehr wahr-
scheinlich erscheinen.
Am selben Abend kam die Krankheit bei M. zum Ausbruch: stark es
Frosteln, hochgradige Mattigkeit und Abgeschlagenheit zwangen ihn bald, das
Bett aufzusuchen. Am n&chsten Morgen besuchte er die beiden erkrankten
Warterinnen, musste aber alsbald wieder zu Bett; um Mittag raffte er sich
noch einmal auf, doch umsonst! nach einer Stunde fiel er ermattet wieder
auf sein Krankenlager, das er lebend nun nicht wieder verlassen sollte. M.
war sich von Anfang an liber die Natur seiner Erkrankung vollkommen klar
Miiller.
337
und wusste damit auch, dass er verloren sei; denn nach semen Erfahrungen
endet die Lungenpest ausnahmslos tGdtlich. Bekanntlich leugnete M. den
therapeutischen Werth des Yersinschen Pestserums und lehnte daher die ihm
vorgeschlagene Serumbehandlung ab. Am Vormittag des 21. hielt er an das
Fenster seines Zimmers einen Zettel, auf dem er die einfachen aber er-
schiitternden Worte geschrieben hatte: »Ich bin an Pestpneumonie erkrankt.
Bitte mir keinen Arzt zu senden, da es mit mir in vier bis fiinf Tagen ohne*
dies zu Ende sein wird.« Trotz dieses ausdrtick lichen Wunsches wurde vom
Sanitatsdepartement sofort H. Dr. Poch mit der Pflege des erkrankten Collegen
betraut. Den Tod vor Augen beobachtete M. noch an sich den Verlauf der
Krankheit und brachte seine Befunde zu Papier. Am Abend dictirte er der
Schwester einen Abschiedsbrief an seine El tern und Geschwister; die in ihrer
schlichten Einfachheit ergreifenden Worte lauteten:
Wien, 21. October 1898.
Liebe Eltern, Brlider und Schwester! Es ist keinem Zweifel unterworfen,
dass ich an der Pest erkrankt bin, und ich weiss, dass in wenigen Tagen der Tod ein-
tritt. Deshalb mochte ich von Euch, liebe Eltern, Abschied nehmen. da ich Euch auf
dieser Erde nicht mehr sehcn werde. Verzeiht mir, was ich Euch an Kummer verursacht
habe, lebt recht wohl und seid Uberzeugt, dass ich ruhig und schmerzlos sterben werde.
Das Testament, welches ich vor meiner Abreise nach Bombay geschrieben habe, gilt auch
jetzt noch. Ich habe gar keine Beschwerden, hoffe auch, schmerzlos zu sterben. Mit Hand-
kuss Euer Euch innigliebender Sohn und Bruder Hermann.*
Am selben Tage wurden ihm auf sein Verlangen die heiligen Sterbe-
sacramente gespendet. Nachts schlief er ziemlich viel und fest. Am 22., Morgens,
war das Bewusstsein geschwunden, es kehrte Nachmittags wieder zurtick, war
aber — von kurzen Zeitraumen abgesehen — dauernd getrtibt. Am 23. urn
1 Uhr morgens stand M. auf und ging, von der Nonne unterstiitzt, zweimal
im Zimmer auf und ab, dann legte er sich wieder nieder und schlief einige
Stunden. Um 4 Uhr morgens wurde die Respiration immer mtihsamer und
frequenter, 66 Athemziige in der Minute. Die Cyanose nahm zu, bald quoll
blutiger Schaum aus dem Munde; — um 7 3 5 Uhr war M. todt. — —
Noch waren die Schatten der Nacht nicht ganz gewichen, noch funkelten
die Sterne am Firmament, am ostlichen Horizont der erste Schein der
Dammerung, — da bewegte sich am 24. October eine kleine Wagencolonne,
zum Schlusse ein einfacher Sargwagen, durch den Park des Centralfriedhofes
bis zur letzten Gruppe des ungeheuren , dem Tode geweihten Gefildes. Dort
wurde Hermann Mtiller die letzte Ruhestatte bereitet. Eine kleine Zahl
von Getreuen war ihm bis hierher gefolgt; unabsehbare Scharen hatten ihn
auf seiner letzten Fahrt begleitet, ware sein Begrabniss nicht von der Be-
horde geheim gehalten worden. Die Einsamkeit der ehrfurchtgebietenden
Statte, umwoben von der Poesie eines anbrechenden klaren Herbstmorgens
gab dem Bilde ein unendlich schwermuthiges Geprage. Erschtittert umstanden
die Freunde das Fleckchen Erde, welches nun den Theuren barg. Der
Priester nahm die Einsegnung vor, es folgten die Grabreden und das Grab
wurde geschlossen. — Nun ruht er unter Palmen, deren Schonheit ihn in
Indien so sehr entztickte. — —
Von Alt und Jung weit Uber die Grenzen unseres Vaterlandes wurde
der Tod M.'s betrauert. Insbesondere in Wien war die Theilnahme so all-
gemein und tief, wie sie wohl selten einem Manne ins Grab gefolgt ist.
Wenige Tage nach seinem Tode veranstaltete die erste medicinische Corpo-
Biogr. Janrbuch u. Doutscher Nekrolog. 4. Bd. 2 2
338 Mttller.
ration Wiens, die Gesellschaft der Aerzte, in ihrem Vereinshause eine Trauer-
feier zum Andenken M.'s. Der Prasident der Gesellschaft, Hofr. Prof. Chrobak,
gedachte in warmen Worten des traurigen Geschickes des jungen Forschers
und verlas hierauf einen Nachruf Nothnagels, ein Meisterwerk nach Inhalt
und Form, worin der Gelehrte die ganze Tragik der Episode sowie die
wissenschaftliche Entwicklung und die seelische Grosse M.'s schilderte.
Es sprachen hierauf Excellenz v. Hartel im Namen des Unterrichts-Ministeriums
und der Prasident der Akademie der Wissenschaften, Prof. Suess. — Tags vorher
widmete der abtretende Rector der Universitat, Hofr. Prof. Toldt, dem Dahin-
geschiedenen tiefempfundene Worte. — Dem kirchlichen Requiem folgte im
Festsaale der Universitat eine von sammtlichen Assistenten des Allgemeinen
Krankenhauses veranstaltete Trauerfeier zu Ehren ihres dahingeschiedenen
Collegen. Wenige Tage nach dem Ableben M.'s gab ein Ungenannter in
einem der gelesensten Blatter die Anregung zur Errichtung eines Denkmals
fur den Verstorbenen und leitete die hierzu nothige Sammlung durch einen
namhaften Betrag ein. Der Vorschlag fand lebhaften Anklang. Bald or.
ganisirte sich aus arztlichen Kreisen ein Comite unter dem Vorsitze Nothnagels.
Als Platz wurde das Allgemeine Krankenhaus gewahlt, die Statte, an der
M. gewirkt hatte. Die Enthiillung des Denkmals fand ein Jahr nach M.'s
Tode, am 22. October 1899 statt. — Das Denkmal, vom Bildhauer Kauffungen
entworfen, ist eine Colossalbiiste aus Bronze auf einem 2 m hohen Sockel
aus carrarischem Marmor mit zwei seitlichen kleinen Ruhebanken. Auf dem
Mittelfelde des Sockels ist in einem bronzenen Haut-Relief der Held Marcus
Curtius dargestellt, wie er sich, um Rom durch seinen Opfertod zu retten,
in den Abgrund sttirzt. —
Der Zielpunkt von M.'s ganzem Thun und Trachten war die Medicin;
er war Arzt mit Leib und Seele. Ein Meister der Beobachtung, entging
ihm nicht leicht ein wenn auch nur angedeutetes Symptom. Feind jeder
schematischen Diagnostik, gait ihm jeder Krankheitsfall, mochte er sich noch
so einfach darstellen, als etwas Neues, fur sich Bestehendes; so wahrte er sich
die fur eine exacte Untersuchung unumganglich nothwendige Objectivitat.
Dank seinem scharfen und durch unermudliche Uebung zu ausserordentlicher
Feinheit ausgebildeten Gehor vermochte er Athem- und Herzgerausche
wahrzunehmen, die zu horen Andere sich vergebens bemlihten ; die — durch
die Section verificirten — ?>Mtiller'schen Aorteninsufficienzen* (das Herz-
gerausch bei diesem Klappenfehler ist in vielen Fallen sehr schwach^
gelangten im Allgem. Krankenhause zu einer gewissen Sprichwortlichkeit.
Ueberhaupt konnte er als Diagnostiker seinesgleichen suchen. Dabei war
fur ihn die Humanitat die erste arztliche Pflicht, deren geringste Hintan-
setzung ihn stets mit Entriistung erfullte. Gemass dieser hohen Auffassung
seines Berufes war er Kranken gegeniiber stets das Mitleid und die Gutmiithig-
keit selbst; er wurde von ihnen geliebt und verehrt wie selten ein Arzt von
seinen Schutzbefohlenen. Seinen Schiilern werden die Stunden, die sie mit
ihrem Meister am Krankenbette verbrachten, unvergesslich bleiben.
An seinen Eltern und Geschwistern hing er mit zartlicher Liebe.
Intimeren Mittheilungen uberhaupt abgeneigt, sprach er wenig von seinen
Angehorigen, doch wenn er es that, geschah dies immer mit grosser Innigkeit.
Sein gutes Herz war Armen gegeniiber stets offen; er half, wo er konnte, in
aller Stille. Nur gegen Solche, die mit ihrer Armut protzten, gegeniiber dem
Bettelstolz, verhielt er sich abweisend.
Mtiller. 330
In seinem Wesen hatte M. manche Absonderlichkeiten. Schon als
Student mied er, wie uns sein Jugendfreund Dr. Schischa in Graz mittheilte,
grossere Gesellschaften ; ein Hang zur Abgeschlossenheit, der sich spater
immer mehr entwickelte. Er verkehrte in keiner Familie; auch viele seiner
Collegen mied er, so dass manche ihn kaum von Ansehen kannten. Keiner
medicinischen Vereinigung, keinem Mittags- oder Abend tisch gehorte er an.
M. gehorte zu den Naturen, die n\ir von Wenigen gewtlrdigt werden
konnen. Obgleich von sanguinischem Temperament und mit reichem Sinn
fur Humor begabt, war er sehr verschlossen. Sein Bestes behielt er fUr sich;
ja er liebte es, sich haufig oberflachlich zu geben, als ob er einer tieferen
Empfindung nicht fahig ware. In seinem Auftreten liess er sich niemals
durch die Meinungen Anderer bestimmen, sondern gab sich stets so, wie es
ihn gut diinkte, und das konnte eben Mancher nicht vertragen und — ihm
nicht verzeihen. Andern schloss er sich nur schwer an, er war uberhaupt
etwas misstrauisch ; doch wenn er einmal Freundschaft geschlossen, so konnte
man sich unbedingt auf ihn verlassen. Nur Wenige durften sich seine Freunde
nennen; diesen aber deckte er die geheimsten Falten seines Wesens auf
und sie staunten liber die Tiefe des ihnen geoffenbarten Geftihlslebens.
Seinen ersten in die Studentenzeit zurttckreichenden Publicationen folgte
bald eine Reihe gediegener Arbeiten, durch die er sich noch in jungen
Jahren einen ehrenvollen Platz in der wissenschaftlichen Welt sicherte.
Die Mehrzahl von M.'s Arbeiten betrefFen die normale und pathologische
Histologic des Blutes; spater besch&ftigte er sich vornehmlich mit der
Nervenpathologie; die klinische Bearbeitung der Pest bildete den Schluss
seiner kurzen aber inhaltsreichen wissenschaftlichen Thatigkeit.
Seiner beiden ersten Abhandlungen wurde bereits oben gedacht. (Sp. 332).
Bei seinen Untersuchungen tiber perniciose Anamie, Leukamie und Lymph&mie
gelangt er zu der Anschauung, dass hier primare Erkrankungen des blut-
bildenden Apparates resp. der Lymphdrtisen vorliegen; die »H&mokonien«
sind von ihm beobachtete im Blutplasma frei suspendirte Kfirnchen, die mit
der Blutgerinnung nichts zu thun haben und deren physiologische Bedeutung
er dahingestellt sein lasst. Durch seine Studien fiber das Asthma bronchiale
gelangte er zu einer eigenthlimlichen Auffassung iiber die Herkunft der
Charcot-Leyden'schen Krystalle. — M. machte ferner auf die diagnosti-
sche und prognostische Wichtigkeit der bulbaren Symptome bei der
Syringomyelic an der Hand eines von ihm beobachteten Falles auf-
merksam und lieferte einen werthvollen Beitrag zur Casuistik der Facialis-
lahmung. In einer Abhandlung liber die elektromuscularen Storungen der
Sensibilitat wird insbesondere das Verhalten des Kraftsinnes erortert. Der
Kraftsinn ist nach M. unabhangig von der Sensibilitat der Musk ein, dagegen
abhangig von der Gelenkssensibilitat, eine Auffassung, die der von Rollet
vertretenen direct widerspricht. Es entstand zwischen Beiden eine lebhafte
Discussion, bei der Rollet an der Ueberzeugung und der Energie, womit M.
fur seine Auffassung eintrat, seinen ehemaligen Schtiler erkannte; »im Kampf
um eine Wahrheit, die er erkannt zu haben glaubte, legte er all' seine
Schttchternheit ab und parirte mit den schneidigsten Waflfen«. — In einer
kurzen Abhandlung, die erst nach seinem Tode von Ziemssen herausge-
geben wurde, weist M. nach, dass bei Tetanie keine oder hochstens eine
sehr geringe Uebererregbarkeit des Herzens (im Gegensatz zu der hochgradigen
Erregbarkeit der Nerven und Muskeln) besteht. — Bei seinen Studien tiber
340 MUller.
die Bubonenpest in Bombay legte er grossen Wertli auf die eingehende Be-
obachtung einzelner Falle. »Grosse Entdeckungen werden wir nicht machen,
aber genaue Krankengeschichten mtissen angelegt werden, diese fehlen.«
M. teilt deren 86 mit, die ihm als Grundlage fur seine ausgezeichnete
klinische Monographic der Pest dienen. Seine eigene Krankengeschichte
wurde von Dr. Poch dem Werke beigefugt. Die Bearbeitung der Pest fur
das Nothnagelsche Handbuch konnte er leider nicht mehr vollenden, der
weitaus grossere Theil der Arbeit fand sich in seinem Nachlasse druckfertig
vor; im Auftrage Nothnagels erganzte Dr. Poch das Fehlende. Eine
klinische Bearbeitung der Influenza nach den wahrend der grossen Epidemien
der Jahre 1889/90 und 1890/91 gemachten Beobachtungen , mit der er sich
wahrscheinlich wahrend seines zweiten Mlinchener Aufenthaltes beschaftigte,
ist ebenfalls ein Torso geblieben. Das vollkommen druckfertige Manuscript
bricht, wie aus den vorgefundenen Notizen zu ersehen ist, ungefahr in der
Mitte der Arbeit ab. Es ist nicht bekannt, warum M. dieses sorgfaltig an-
gelegte und dankenswerthe Unternehmen nicht beendet hat.
Veroffen tlichte Arbeiten: »Zur Frage der Blutbildung.c Sitzungsberichte der
Wien. Akad. Math.-naturw. CI. XCVIII 1889. — »Ein Beitrag zur Lehre vom Verhalten
des Kern- zur Zellsubstanz wahrend der Mitose.« ibid. Bd. C 1891. — M. u. Rieder,
»Ueber Vorkommen und klinische Bedeutung der eosinophilen Zellen im circulirenden
Blute des Menschen.« Deutsches Arch. f. klin. Medic. XLVIII 1891. — »Zur Leukamie-
frage etc.« ibid. — »Ueber Mitose an eosinophilen Zellen. « Arch. f. experiment. Pathol,
u. Pharmakol. 1892. — »Die Methoden der Blutuntersuchung.c Zusammenfassendes
Referat. Centralbl. f. allg. Pathol, u. pathol. Anat. Ill 1892. — »Ueber Lymphamie.
Deutsches Arch. f. klin. Medic. L. — »Zur Lehre vom Asthma bronchiale.« Centralbl. f.
allg. Path. u. pathol. Anat. IV 1893. — »Ueber atypische Blutbildung bei der progressiven
pernicitfsen Anamie.« Deutsches Arch. f. klin. Medic. LI. — »Die Morphologic des leu-
kamischen Blutes und ihre Beziehungen zur Lehre von der Leukamie.c Zusammen-
fassendes Referat. Centralbl. f. allgem. Pathol, u. pathol. Anat. V 1894. — »Zur Casuistik
der aus fruhester Kindheit persistirenden Facialislahmung.* Annalen der stadt. allgem.
Krankenhauser in Mtlnchen. VII. — ^Syringomyelic mit bulbaren Symptomen.« Deutsches
Arch. f. klin. Medic. 1895. — *Uebcr einen bisher nicht beachteten Formbestandtheil des
Blutes. « Centralbl. f. allgem. Pathol, u. pathol. Anat. VII 1896. — »Ueber die Storungen
der elektromuscularen Sensibilitat bei Lasionen gemischter Nerven.« Deutsches Arch. f.
klin. Medic. LV. — »Ueber das elektr. Verhalten des Herzens bei Tetanic* ibid. LXI. —
»Ueber die Beulenpest in Bombay im Jahre 1897.* Denkschr. der Math.-naturw. CI. d.
Wiener Akaderaie LXVI 1898. — H. F. MUller u. R. Pttch, Die Pest Nothnagels
Handbuch der spec. Palhologie und Terapie V 1900.
Der Pest, diesem Damon, vor dem audi der beherzte Mann erblassen
mag, sagt Nothnagel in seinem Nachrufe, »tritt gelassenen Muthes ein Mann
entgegen, anfanglich noch im Zweifel, zuletzt aber in voller Kenntniss der
ftirchterlichen Gefahr, in welcher er sich befindeU. Nicht in einem
heroischen Momente der Begeisterung, sondern leidenschaftslos, mit be-
sonnener Ruhe handelt und beobachtet er; schon in vollster Gewissheit
seines baldigen Todes, die gebffnete Gruft vor seinem geistigen Auge, beob-
achtet er noch an sich das unheimliche Fortschreiten der todbringenden
Krankheit und scheidet klaglos aus dem Leben. »Er hat seine Pflicht
gethan«, so fahrt Nothnagel fort, — »das betrachten wir zwar als selbst-
verstandlich, aber wir anerkennen es; er hat tapferen Sinn bewahrt — das
riihmen wir; er hat aber noch mehr gethan: er hat schon, ja erhaben zu
sterben gewusst — und das ergreift, befreit und erhebt zugleich. Ich halte
das fiir sein Grosstes«.
Mliller. Kerner v. Masilaun.
341
Quellen: A. Rollet, Zur Erinnerung an Dr. H. F. Mliller. MittheiL d. Vereines
d. Acrzte in Steiermark. — H. F. MUller, Ueber die Beulenpest in Bombay i. J. 1897,
s. o. — H. Albrecht, Zur Geschichte der tfsterreichischen Pestcommission. Denkschr.
d. Wien. Akad. 1898. — Zusammenfassender Bericht Uber die Thatigkeit der osterr.
Pestcommission in Bombay. Sitzungsber. der Wien. Akad. 1897 XIV. — Brief liche Mit-
theilungen des H. Hofr. Rembold u. d. H. Doctoren Albrecht, Schttnwerth, Schischa und
Lindemann. — Nachruf von Nothnagel. — Mittheilungen der Familie. — Perscinliche
Mittheilungen.
Dr. R. Frhr. v. Seiller.
Kerner von Marilaun, Anton, Botaniker, * 12. November 1831 in
Mautern in der Wachau, f 21. Juni 1898 zu Wien. Sohn eines Oberamt-
manns; absolvirte das Gymnasium in Krems. Wurde in der engsten Heimat
angeregt zu botanischen Gangen, die er 1863 beschrieb in dem Buch »Das
Pflanzenleben der Donaulander«. 1848 bezog er die Universitat als Mediciner.
1859 zum Doctor der Medicin promovirt, legte er die Lehramtsprtifung ab
und ging 1855 als Professor der Naturgeschichte an die Ofener Oberreal-
schule. 1858 wurde er Professor am Polytechnicum in Ofen; i860 Universitats-
professor in Innsbruck, wo er sich 1862 vermahlte. 1879 kam er a ^ s Nach-
folger Fenzls an die Universitat Wien, wo er auch grosse Verdienste urn die
Neugestaltung des botanischen Gartens und Museums sich erwarb. In seinem
Hauptwerk — Das Pflanzenleben — , das er, veranlasst durch das bibho-
graphische Institut in Leipzig, in Angriff nahm und binneji 10 Jahren
vollendete, giebt er den Inbegriff seiner Erfahrungen und Gedanken, namentlich
liber Entstehung der Pflanzennatur.
Almanach der Wiener Akademie der Wissenschaften. 1899.
I.) Alphabetisches Namenverzeichniss
Deutschen Nekrolog vorn i, Januar bis 31. December iSgg.
Name
Aber, Eduard
Am berg, Wilhelm
Baensch* Wilhelm v.
Bally, Franz
Bamberger 1 Ludwig
Baumann, Gskar
Becker, Albert
Beckh, August v,
Berckholtz, Alexandra v.
Bergner, Karl Heinrich Rudolf
Berlepseb, Karoline Freifrau v.
Beust, Friedrkh v t
Beyer, August v.
Biematzky, Karl Leo nh arc]
Birch-Hirschfeld, Felix Victor
BLumonau, Hermann
Hock, Franz
Boehn, Gctavio w
Bonn, German v,
Boppe, Karl Hermann
hurries, Johann Karl August w
Breslaur, Emil
Brtlgger, Christian
Buchner, August
Buchrucker, Carl v.
Bunsen, Robert Wilhelm
Husch, Moritz
Verfasser
IL EUissen
Georg Hermann
IL Ellisstn
Hans ItersQg
Alexander Meyer
Friedrkh Ratzei
Robert Ettner
Rudolf Krauss
H. Holland
Franz Brummer
//. Holland
Ludwig Franktl
Rudolf Krauss
jfvlt* Sass
Joh. Sass
W. IVolkenhaucr
Wilhelm Fabian
v. Frvbcl
Ludivig Frlinkei
Karl Deilev Jenzn
v. Frobel
Robert Eitner
C S,
Ludwig Frlinkei
KvhUthmidt
Richard Meyer
Ernst G&et%
S e 1 1 e.
242
1S7
11S
129
24
74
117
'59
251
47
*45
239
199
269
*33
204
1 So
= 3^
'57
64
20S
164
192
a
Inhalt.
343
Name
Capri vi, Graf Leo v.
Carstens, Cars ten Erich
Cerri, Cajetan
Claus, Karl
Conrau, Gustav
Dambach, Otto Wilhelm Rudolf
Daverio, Michael Gustav
Dillmann, Christian v.
Dobbert, Eduard
Dresky, Ferdinand Justus v.
Dttrrschmidt, Heinrich
Du Prel, Carl Freiherr v.
Dustmann, Luise
Eiselein, Karl
Egle, Joseph v.
Ehlert, Reinhold
Elben, Otto
Endemann, Wilhelm
Ernst, Adolf
Falkenstein, Kuno Freiherr v.
Feckert, Gustav
Fleck, Ludwig
Fleckeisen, Alfred
Fleischl-Marxow, Ida v.
Ftfrster, Sophie
Frilhwald, Karl
Fuchs, Johann Nepomuk
Gageur, Eugen
Gebhardt, Hermann
Gehlert, Karl August
Geisser, Jacob Emanuel
Gelder, Lucia v.
Gleim, Eduard
Goltermann, Heinrich
Graeser, Karl
Greffrath, Henry
Griesinger, Julius Freiherr v.
Groth, Klaus Johann
Gruber, Florian
Gull* Joseph
Gumprecht, Adolf
Guyer-Zeller, Adolf Heinrich
Hauer, Franz, R. v.
Hausegger, Fried rich v.
Verfasser
Seit e
Alexander Meyer
3
Joh. Sass
251
Franz Brummer
227
323
W. Wolkenhauer
231
A. Teichmann
103
49
Rudolf Krauss
80
0. Wulff
260
v. Frobd
214
Ludwig Frankel
256
Alfred Freiherr v. Mensi
146
Richard Heuberger
172
v. Weech
279
Rudolf Krauss
73
W. Wolkenhauer
22S
Rudolf Krauss
4i
A. Teichmann
144
W. Wolkenhauer
211
Rudolf Krauss
77
Wilhelm Fabian
303
Ludwig Frankel
207
H. A. Lier
268
Anton Bettelheim
320
Robert Eitner
163
A* Teichmann
114
Richard Heuberger
177
v. Weech
302
Kohlschmidt
184
H. A. Lier
271
H Holland
158
H. Holland
121
H. Holland
98
Franz Brummer
235
H. Elissen
173
W. Wolkenhauer
212
Rudolf Krauss
74
Adolf Bartels
103
v. Weech
301
Friedrich Teutsch
100
H. Ellis sen
188
v. Salis
37
323
Richard Heuberger
161
344
Inhalt.
Name
Hayduck, Maximilian
Helmerding, Karl
Helmholtz, Anna v.
Henkel, Heinrich
Hennings, Johann Friedrich
Henrici, Paul Christian
Hertel v Peter Ludwig
Heuduck, Wilhelm v.
Hiendlmayer, Sebastian
Hirsphwald, Ferdinand
Hoffmann, Adolf
Hoffmann, Ewald Alexander
Hohenhausen, Elise Baronin v.
Hohenwart, Karl Siground Graf v.
Hohl, Karl v.
Issel, Friedrich
Jacoby, Paul
Jappelt, Friedrich
Jensen, Andreas Detlev
Joachim, Amalie
Jordan, Wilhelm
Kapff-Essenther (Blumenreich) Franziska v.
Kaupert, Johann August
Kicpert, Heinrich
Kirchhoff, Theodor
Klemm, Heinrich Hermann
Knab, Franz Joseph
Kneisel, Rudolf
Knoll, Conrad Ritter v.
Knuth, Paul Erich Otto Wilhelm
Kobelt, Ulrich
Koberstein, Karl
Koch, Georg
Kolb, Georg
Kttnig, Hugo
Krementz, Philippus
Krttckl, Franz
Ktihn, Karl
Lammerhirt, Otto
Lang, Franz Vincenz
Lang, Hermann
Lange, Ernst Philipp Karl (Philipp Galen)
Lange, Max
Leu, Max
Levetxow, Ulrike v.
Verfasser
S e i t e.
Ludwig Frankel
1 20
Alexander Meyer
321
R. jyachsmuth
14
Robert Eitner
169
H. Holland
129
Joh % Sass
252
Robert Eitner
176
v. Frobel
222
H. Holland
99
H. Elissen
188
v. Weech
281
H. A. Lier
301
Franz Brummer
223
Ein bsterreichischer Parlamentarier
86
Rudolf Krauss
79
Kohlschmidt
no
H. A. Lier
272
H A. Lier
302
Joh. Sass
234
Robert Eitner
179
W. Wolkenhauer
207
Ludwig Frankel
2 So
W. Wolkenhauer
236
322
W. Wolkenhauer
237
H A. Lier
281
Ludwig Friinkel
244
Ludwig Frankel
275
H Holland
108
Joh. Sass
250
Kohlschmidt
125
Ludwig Frankel
23S
Wilhelm Fabian
271
W. Wolkenhauer
227
H. Holland
112
Ludwig Friinkel
277
Ludwig Frankel
202
Kohlschmidt
I2S
H. A. Lier
275
M. Gist
5*
H Holland
"3
Front Brummer
215
nach R, v. Gottschah
189
Emit Beurmann
84
Alexander v. WeiUn
275
Inhalt
345
Name
Lie, Sophus
Lommel, Eugen v.
Lowcnstein, FUrstin Sophie v.
Ltttzel, Johann Heinricb
Majunke, Paul
May, Andreas
Mayr, Emil
Merbach, Paul Moritz
Mergenthaler, Ottomar
Mevissen, Gustav v.
Meyer, Clemens Friedrich (v. Waldeck)
Meyer, Georg
Miller, Wilhelm v.
Millocker, Karl
Mittelst&dt, Otto
Mitterer, Franz Xaver
Mdnnichs, Gustav
Morf, Heinrich
Moser, Otto
Muck, Friedrich R. v.
Mailer, Moriz
Munziger, Eduard
Nagel zu Aichberg, Ludwig v.
Nast, Wilhelm
Neust&tter, Louis
Nothnagel, August
Ockert, Karl
Oenicke, Clara
Paar, Mathilde
Pauliny, Jakob Joseph
Paulitschke, Philipp
Pesch, Tilmann
Petri, Eduard
Petxl, Ferdinand
Pfeil, Heinrich
Pfizer, Gustav
Plehn, Rudolf
Poesche, Theodor
Polko, Elise
Probst, Rudolf
Quaritsch, Bernhard
Raab, Johann Leonhard
Raders, Ludwig
Verfasser
A. v. Braunmuhl
S. Gunther
Ludwig Frdnkel
R. Eitncr
Ludwig Frdnkel
H. Holland
W. Wolkenhauer
H. A. Lier
Ludwig Frdnkel
—y-
Franz Brummer
Franz Brummer
H. Holland
Richard Heuberger
A. Teichmann
W. Wolkenhautr
Ludwig Frdnkel
E. Walter
Franz Brumnur
v. Frobel
H. Holland
A. NiggU
H. Holland
Rudolf Rrauss
H. Holland
Wilhelm Fabian
H Holland
Wilhelm Fabian
Franz Brummer
W. Wolkenhautr
W. Wolkenhauer
Ludwig Frdnkel
W. Wolkenhauer
H. Holland
Robert Eitner
Rudolf Arauss
W. Wolkenhauer
W. Wolkenhauer
H. Holland
Rudolf Krauss
W. Wolkenhauer
H Holland
Ludwig Frdnkel
S e i t e.
3*4
94
237
180
258
118
238
280
259
209
218
276
"5
154
152
267
233
45
220
*35
140
5i
140
80
"3
272
128
276
224
206
203
305
204
Hi
187
64
232
206
124
70
225
162
249
Biogr. Jahrbuch and Deutacher Nekrolog. 4. Bd.
*i
346
Inhalt.
Name
Ve r f as s c r
Seite
Raif, Oskflr
Ludwig Frdnkel
161
Ratzinger, J. Georg
Robert Eitner
246
Rechberg, Graf Bernhard v.
Heinrich Friedjung
283
Reimer, Dietrich
H. Ellissen
162
Reuter, Paul Julius Freiherr v.
Ludwig Frankcl
241
Riggenbach, Niklaus
August Tuchschmid
40
Robert, Emmerich
Alexander v. Weilen
282
R&seler, Friedrich Wilhelm
Joh. Sass
226
Rosenberger, Ferdinand
5. Gunther
116
Rothbart, Ferdinand
H. Holland
169
Rotter, Josef Arthur
R. Heuberger
164
Rumelin, Emil v.
Rudolf Krauss
61
Ruperti, Justus
Kohlschmidt
122
SafFerling, Benignus v.
v. Frobel
217
Salkowski, Karl
A* Teickmann
175
Schabelitz, Jakob
H. Ellissen
178
Schaible, Heinrich Karl
Paula Reber
183
Scher bring, Karl
H. Holland
171
Schiff, Emil
Paul Nathan
256
Schmidt, Hugo Ernst
Georg Hermann
243
Schttnborn, Franz, Graf
278
Schott, Theodor
Rudolf Krauss
75
SchrOder, Frederik
Ludwig Frdnkel
120
Schroder, Gustav
v. Frobel
239
Schroder, Hugo
Kohlschmidt
167
Schubart, Martin
H Holland
305
Schurig, Julius Wilhelm Volkmar
Robert Eitner
161
Schwade, Heinrich
H Holland
160
Schwaighofer, Johann
Ludwig Frdnkel
259
Schwartz, Marie Esperance v.
Franz Brummer
213
Schuler v. Senden, Freiherr
v. Frobel
221
Siegel, Heinrich v.
A. Teichmann
91
Silberstein, Adolf
Franz Brummer
240
Simson, Eduard
Alexander Meyer
3<>7
Sochi, August
A. KoUmann
57
Speckbacher, Caspar
Franz Brummer
220
Speidel, Wilhelm
Rudolf Krauss
49
Spies, Ignaz
Ludwig Frdnkel
200
Sporrer, Philipp
H. Holland
155
Stechert, Gustav E.
H. Ellissen
179
Stiehle, Friedrich Wilhelm Gustav v.
v. Frobel
191
Stotz, Paul
Rudolf Krauss
72
Strauss, Johann
Guide Adler
27
Strauss und Torney, Victor v.
Otto ZareUky
96
Struckmann, Johannes
A. Teichmann
119
Thienemann, Ernst Friedrich
H. Ellissen
188
Treiber, Wilhelm
Robert Eitner
172
Name
Versmann, Johannes
Volderndorff-Waradein, Otto Freiherr v.
VOrster, Karl
Vogel, Jakob
Volz, Berthold
Waser, Joseph R. v.
Weckesser, August
Welti, Emil
WeizsMcker, Karl v.
Wiegand, Heinrich
Wislicenus, Hermann
Wisotzky, Otto
Wissmann, Eduard
Woenig, Franz
Wolff, Wilhelm
Wrangel, Karl Friedr. Wilhelm Freiherr v.
Wrede, Ferdinand
Zeissberg, Heinrich v.
Ziebarth, Karl
Ziemietzky, Hellmuth v.
Zimmermann, Karl v.
Zimmermann, V. J.
Zottmayr, Ludwig
ahalt.
347
Verfasscr
S e i t e.
Joh. Sass
233
A. Tekhmann
173
H. Ellissen
189
Ludwig Frdnkel'
306
W. Wolkenhauer
201
A* Tekhmann
121
Otto Waser
67
Dr. Hans Weber
33
Rudolf Krauss
55
Ludwig Frdnkel
255
Ludwig Frdnkel
205
W. Wolkenkauer
228
Franz Brummer
238
Frafiz Brummer
221
Ludwig Frdnkel
253
J oh. Sass
248
R. Eitner
186
Oswald Redlich
3i7
A. Tekhmann
102
v. Frobel
219
v. Frobel
240
Ludwig Frdnkel
267
Ludwig Frdnkel
254
n.) Alphabetisches Namenverzeichniss
der
Nachtrage zum Deutschen Nekrolog vom i . Januar bis
31. December 1898.
Name
Verfasser
S e i t c,
Albert], Eduard Christian Charlau
Joh. Sass
326
Delff, Heinricb Karl Hugo
Joh. Sass
327
Kerner v. Marilaun, Anton
341
Mtiller, Hermann Franz
X. Frh. v. Seiller
331
Renner, Andreas
R. Krauss
329
Willatzen, Peter Wilhelm
Joh* Sass
3*8
TODTENLISTE
i897. i899.
Biogr. Jfthrbuch u. IK»utschcr Nekrolog. 4. BcL
i897.
I. Regenten und Familienmitglieder der regierenden H&user.
+Baden: Prinz Ludwig Wilhelm August,
k. preuss. Gen. d. Inf., President d. I. bad.
Kammer, # zu Karlsruhe 1 8. XII. 29; f da-
selbst 27. IV.: s. BJ II, 41. — L BJ II,
51 •; 111. Ztg. 108, 583 (mit P); Hotkal.
1897, 6. 1898, 1259; Labell 24, 617 (B.
P.[oten]); Militar-Wochenbl. 1897, 1197;
Ztschr. f. d. Gesch. d. Oberrh. 52, 503
(Winkelmann, Bad. Bibliogr.: Heidelberger
Ztg. 1897 Nr. 97; Karlsruher Ztg. 1897
Nr. 103; Bad. Presse 1897 Nr. 98).
Bayern : Herzogin Sophie Charlotte Auguste,
vermahlt mit Ferdinand Herzog v. Alencon,
* zu Mttnchen 22. II. 47 ; f zu Paris beim
Brande d. Wohlthatigkeitsbazars in d. Rue
Jean Goujon 4. V. — L Hofkal. 1897, 11.
1898, 1259; 111. Ztg. 108, 614 (mit P);
Th. M. Wehofer, Schwester Marie -Made-
leine aus d. III. Orden d. hi. Dominikus,
Sophie Charlotte Herzogin v. Alencon,
geb. Herzogin in Bayern. MUnchen 1898
(mit P).
Lippe: Prinzessin Marie Karoline Frie-
derike, * zu Detmold I. XII. 25; f im
Stift Lemgo 12. III. — L Hofkal. 1897, 44.
1898, 1259; 111. Ztg. 108, 355.
Lippe - Biesterfeld - Weissenfeld : Verw.
Grafin Lydia, verm, mit Albert Freih.
y. Oppen-Huldenberg (f 17. XII. 89), * zu
Teichnitz 24. II. 24; f zu Neukirch 22. IV.
— L Hofkal. 1897, 47. 1898, 1260.
Mecklenburg - Schwerin: Grossherzog
Friedrich Franz HI. Paul Nikolaus
Ernst Heinrich, k. preuss. Gen. d. Kav.,
* zu Ludwigslust 19. III. 51; f zu Cannes
10. IV. — L BJ II, 12*; Hofkal. 1897, 51.
1898, 1260; Militar-Wochenbl. 1897, 1028;
111. Ztg. 108, 479 (mit P); Friedrich
Franz III., Grossherzog y. M.-Schw. Schwe-
rin 1892 (mit Abbild.J: Mecklenb. Nachr.
1897 Nr. 94 — 97 (K. Schroder); Bay-
reuther Blatter 20, 301 (P. StUbe).
— : Herzog Friedrich Wilhelm Adolf
Gtinther, Lieut, z. See, * zu Schwerin
5. IV. 71; f au * l ' em v - *km befehligten
Torpedoboot S 26 auf d. Elbe vor Kux-
haven 22. IX. — L Hofkal. 1897, 52.
1898, 126; 111. Ztg. 109, 431. 435. 436
(mit P).
Reuss j. Linie: Prinz Heinrich XIII.,
k. preuss. Gen. d. Kay., Mitgl. d. preuss.
Herrenhauses, * zu Klipphausen 18. IX.
30; f zu Baschkow im Reg.-Bez. Posen
3. I. — L Hofkal. 1897, 77. 1898, 1260;
111. Ztg. 108, 73.
Sachsen - Altenburg : Herzogin Friederike
Amalie Agnes, geb. Prinzessin v. Anhalt,
* zu Dessau 24. VI. 24; f zu Hummels-
hain in Sachsen -Altenburg 23. X. — L
Hofkal. 1897, 4. 90. 1898, 1259; HI. Ztg.
109, 570 (mit P).
'Sachsen - Weimar - Eisenach : Grossher-
zogin Wilhelmine Marie Sophie Luise,
geb. Prinzessin d. Niederlande, * im Haag
8. IV. 24; f *u Weimar 23. III.: s. BJ
II, 258. — L Cosmopolis 8, 527 (K.
Fischer); Zwickauer Tagebl. 8. X. 1897
Beibl. ; Wartburg-Herold 3, 84 ( W. Freckel) ;
Blatter f. litt. Unterh. 1898 Nr. 27 (G. Lot-
holz); Deutsch. Protestantenbl. 1898 Nr. 12.
13 (E. Behr); 111. Ztg. 108, 421. 426
(mit P); Hofkal. 1897, 55. 87. 1898, 1260.
Schaumburg-Lippe : Prinzessin Margarete
Marie Hermine Auguste Elisabeth, einzige
Tochter u. jUngstes Kind d. Ffirstenpaares,
* zu Btickeburg 21. I. 96; f daselbst 22. I.
— L Hofkal. 1897, 96. 1898, 1260; 111.
Ztg. 108, 129.
Waldeck: Prinzessin Albertine Hermine
Erika, Tochter des folgenden, * zu Thier-
Todtenliste x 897 : 1. Regierende Hauser. II. Standesherrl., FUrstl. u. Graf I. Familien. g*
garten b. Kleve 22. XII. 95 ; f zu Oberurff
n.VII.—L Hofkal. 1897, 107. 1898, 1261.
-:Albrecht Georg Bernhard Karl, Prinz zu
Waldeck u. Pyrmont, preuss. Major a. D.,
* zu Kleve 11. XII. 41; f daselbst 11. I.
— L Hofkal. 1897, 107. 1898, 107; IU.
Ztg. 108, 104.
II. Mitglieder standesherrlicher, fiirstlicher u. gr&flicher Familien*.
Auersperg: Prinzessin Helene Rohan,
geb. Grafin Auersperg, Gemahlin d. Prinzen
Louis R. (f 27. L 91), # 7* HI. 35; t auf
Schloss Chaustnik in Bohmen 4. X. —
L 111. Ztg. 109, 511; Hofkal. 1898, 119.
467. 1266.
Bethlen: Graf Gabriel, President d. Sieben-
bttrg.-Ungar. Kulturvereins ; f 26. (?) VI.
— L 111. Ztg. 109, 17.
Bernftorff: Graf Arthur Friedrich Karl,
Erbherr a. Wedendorf, grosshgl. mecklenb.-
schwerin. Landrath, preuss. Kammerherr
u. Leg.-Rath a. D., Senior d. gesammten
Familie, • 21. II. 1808; f zu Wedendorf
8. IV. — L 111. Ztg. 108. 518; Graft.
Taschenb. 1897, 113. 1898, 1244.
Bombelles: Grafin Marie Leopoldine Fran-
ziska Gabriele Elisabeth Bonifacia, geb.
Alt grafin v. Salm-Reifferscheid-Raitz,
Gemahlin d. Grafen Markus, * zu Wien
5. VI. 59; f zu Opeka in Kroatien 29. VI.
— L Hofkal. 1897, 208. 1898, 1262; Grafl.
Taschenb. 1897, I 5°- l8 9 8 » I2 44-
Buquoy: s. Oettingen-Wallerstein, Prinzessin
Sophie.
von dem Bussche-Ippenburg gen. von Kes-
sell: Graf Friedrich Wilhelm Georg
Christian Clamor , Fideikommissherr,
Schlosshauptmann v. OsnabrUck , Mitgl. d.
preuss. Herrenhauses auf Lebenszeit, • zu
Berlin 23. II. 30; f zu Ippcnburg b. Witt-
lage (Prov. Hannover) 11. VII. — L Grafl.
Taschenb. 1897, 202. 1898, 1245.
Castell-Rtidenhausen: GrafKuno Friedrich
Franz Albrecht Ernst Christian, k. bayer.
Kammerer, * zu Rtidenhausen 12. II. 32;
I zu Tubingen 4. IV. — L Hofkal. 1897,
127. 1898, 1261.
•Chorinsky: Graf Karl, Dr. jur., k. k.
Geh. Rath, President d. Oberlandesgerichts
in Wien u. standiges Mitgl. d. Reichsge-
richts daselbst, Mitgl. d. Herrenhauses d.
osterr. Reichsrathes auf Lebenszeit, * 18.
X. 38; f au f seinem Sommersitz in d.
Vorderbriihl 10. VII.: s. BJ II, 326. —
L 111. Ztg. 109, 118; Grafl. Taschenb.
1897, 223. 1898, 1245; Hahn 1891, 20.
Colloredo-Mannsfeld : Verw. Grafin Aglae,
geb. Grafin Festetics v. Tolna, Ge-
mahlin d. Ackerbauministers Grafen Hie-
ronymus (f 29. VII. 81), • 2. II. 40; f **
Wien 1. VI. — L Hofkal. 1897, 128.
1898, 1261; Grafl. Taschenb. 1897, 341.
Dornberg zuHerzberg: Graf Ernst Fried-
rich Wilhelm August Julius Karl Maxi-
milian, k. u. k. Kammerer, bedeutender
Testator, ♦ 18. I. 36; f zu Regensburg
15. I. — L 111. Ztg. 108, 129; Grafl.
Taschenb. 1897, 291. 1898, 1245; Allg.
Ztg. 1897 Nr. 18. 20. 25/
Fabrice: Verw. Grafin Anna Friederike
Luise, geb. v. d. Asseburg, Gemahlin
d. frfiheren k. sachs. Kriegsministers Grafen
Alfred (f 25. III. 91), Oberhofmeisterin d.
Grossherzogin Sophie v. Sacb sen- Weimar-
Eisenach, * 16. VI. 22; f zu Dresden
24. V. — L Graft. Taschenb. 1897, 49.
333- 1898, 1246; 111. Ztg. 108, 715.
Flemming: Graf Edmund Friedrich Fer-
dinand, Mitbesitzer d. Herrschaft Buckow,
Herr auf Krossen b. Zeitz, 1878 — 81
deutscher Reichstagsabg. f. Naumburg-
Weissenfels- Zeitz (nat.-lib.), • zu Arns-
berg i. W. 2. IX. 27; f zu Buckow 17.
IX. — L Grafl. Taschenb. 1897, 357-
1898, 1246; 111. Ztg. 109, 431; Schoen-
feld* 142.
Frankenberg und Ludwigsdorff: Graf
Friedrich (Fred) Ludwig Ernst, Freih.
v. Schellendorf, k. preuss. Wirkl. Geh. Rath
u. Major a. D., Mitgl. d. preuss. Herrenh.
auf Lebenszeit, d. preuss. Staatsraths, so-
wie d. Provinzialraths und Provinzialaus-
schusses d. Prov. Schlesien, Abg. d. deut-
schen Reichstags 1871 — 74 f. Fsdkenberg-
Grottkau u. 1874—81 f. Ohlau-Nimptsch-
Strehlen (Reichsp.), * zu Breslau 5. II. 35 ;,
t auf Schloss Tillowitz 31. XII. — L IU.'
Ztg. no, 44; Grafl. Taschenb. 1898, 338.
1899, 1270; Hirth 12, 115; Schflnfeld*ii5.
Furstenberg: Prinzessin Marie Elisabeth
Luise Karoline Amalie Leopoldine Wil-
helmine Maximiliane, * zu Donaueschingen
15. III. 19; f daselbst 9. IV. — L Hofkal.
1897, 142. 1898, 1 26 1.
Hacke: Graf Friedrich Wilhelm Edmund
Eduard Ehrenpreis, kaiserl. deutscher
Kontreadmiral a. D., * zu Berlin 3. III.
41 ; f daselbst 29. IV. — L Grafl. Taschenb.
1897, 422. 1898, 1246.
* Nur die Verstorbenen aus den standesherrlichen und ftirstlichen Familien sind hier
nach Moglichkeit vollzahlig aufgeftihrt.
Todtenliste 1897: II. Standesherrl., Ftirstl. und Grad. Familien,
10*
Hascler : Graf G e o r g Gottlieb Albert Alexis
(Pseudon. : GeorgKttppen), preuss. Ri tt-
meister (im Garde -Klirasster- Reg.) a. D. f
Redakteur der in Milwaukee erscheinenden
Zeitong »Germania«, * zu Potsdam 23. XL
33; f zu Milwaukee 2$. I. — L 111. Ztg.
108, 313; Graf!. Taschenb. 1897, 424.
1898, 1247.
Hatzfeldt zu Trachenberg: Vcrw. FUrstin
Marie, geb. v. Nimptscb auf Jaschko-
witz in Schlesien, Wittwe d. FUrsten
Hermann Anton (f 20. VIL 74), vorher
vermablt roit Leopold August v. Buch,
Ministerresidenten in Rom, * zu Franzdorf
13. IV. 20; f zu Venedig 25. I. -— L
Hofkal. 1897, 364. 1898, 1265.
Hohenlohe-Oehringen: FUrst Friedrich Wil-
helm Eugen Karl Hugo, Herzog v. Ujest,
Erb-Reichsmarscball v. Wttrttemberg, erbl.
MitgL d. preuss. Herrenbauses , Mitgl. d.
Kammer d. Standesherren v. WUrttemberg,
preuss. Gen. d. Inf., wiirttemb. Gen. d.
Kav., • zu Stuttgart 27. V. 16; f auf Schloss
Slawentzitz in Oberschles. 23. VIII. — L
111. Ztg. 109, 268; Hofkal. 1897, 150.
1898, 1261.
Hohenlohe - Waldenburg - Schillingsfiirst
(Jtingere Linie in Schillingsfiirst): Fttrstin
Marie Antoinette Karoline, geb. Prinzessin
zu Sayn -Wittgenstein - Sayn und
Carlsburg - Ludwigsburg, Gemahlin
d. deutscben Reicnskanzlers Fttrsten Chlod-
wig, # 16. II. 29; f zu Berlin 21. XII. —
L Hofkal. 1898, 157. 213. 1899, 1 3 10.
— : Prinzessin Marie Ipbigenie Elisabeth,
♦ zu Podiebrad 7. VIII. 86; f daselbst
19. 1. — L Hofkal. 1897, 157. 1898, 1262.
Holstein: Graf K on r ad Adolf August, Erb-
herr auf Waterneverftorf im Kr. Plan,
1877— 97 Mitgl. d. Deutscben Reichstages f.
Oldenburg-Plbn-Segeberg (deutsch-kons.),
• zu Waterneverftorf 19. VIL 25; f da-
selbst 7. IX. — L 111. Ztg. 109, 370;
Grafl. Taschenbuch 1897, 476. 1898, 1247;
Schttnfeld* 155; Minde 1893/98, 2 (mitP);
Reichstags -Handb. 1890/95: Biogr. No-
tizen 58.
Hompesch - Bollheim : Graf Ferdinand
Ernst, Fideikommissherr, k. u. k. Kam-
merer, Oberstleut. d. Landwebr, seit 1885
Mitgl. d. Abg.-Hauses d. ttsterr. Reichs-
rathes (Polenklub), * zu Joslowitz in Mahren
15. I. 43; f daselbst 27. X. — L Grafl.
Taschenb. 1896,483. 1898,1247; 111. Ztg.
109, 606; Hahn 1891/2, 182; Kttrschner,
Abg.-H. d. Reichsr. 1891, 146 (mit P).
Hundt zu Lautterbach: Graf Theodor
Johann Maximilian Joseph Emanuel Dis-
mas Franz v. Paula, k. bayer. Kammerer,
Direktor d. Reg. -Finanzkammer d. Ober-
pfalz, * 25. XII. 10; f *u MUnchen 3. XL
— L Grafl. Taschenb. 1897, 491. 1898,
1247.
Kaunitz : Graf A 1 b r e c h t , Fideikommissherr,
k. u. k. Kammerer, erbl. Mitgl. d. ttsterr.
Herrenhauses (kons.), President d. bohm.
Kunstvereins, * 28. VI. 29; f zu Prag 24. 1.
— L 111. Ztg. 108, 157; Grafl. Taschenb.
1897, 521. 1898, 1248; Hahn 1891/2,60.
Keller: Graf Gustav Ludwig, Emil, preuss.
Kammerherr, Geh. Reg. -Rath u. Haupt-
mann a. D., Vorsitzender d. Direktion d.
Thttring. Eisenbahn, 1849 MitgL d. Frank-
furter Parlaments, * 25. IV. 1805; f zu
Gotha 23. X. — L 111. Ztg. 109, 649;
Grafl. Taschenb. 1897, 527. 1898, 1248.
Kdnigsegg-Aulendorf: Grafin Irm a Stepha-
nie Johanne Baptista Eusebia, * zu Press-
burg 7. IX. 44; f zu Karlsbad in Bbhmen
11. VI. — L Hofkal. 1897, 167. 1898,
1262.
Kuefstein: Grafin Maria Magda Emilia,
geb. Kr tiger, Gemahlin d. ttsterr.-ungar.
Gesandten in Bern Grafen Karl, vor ihrer
Verm&hlung Mitgl. d. Balletkorps d. Ber-
liner Hofoper, * zu Berlin 24. VIII. 45;
f zu HilterBngen b. Thun 23. VII. —
L 111. Ztg. 109, 180; Hofkal. 1897, 167.
1898, 1262.
Leutrum von Ertlngen: Graf Rudolf
Emanuel Ludwig, Senior d. grafl. Leu-
trum 'schen Hauses u. Senior d. kath.
Linie desselben, k. u. k. Rittmeister a. D.,
* zu KaufFung in d. preuss. Prov. Schle-
sien 13. I. 23; f zu Graz *4- H. — L
Grafl. Taschenb. 1897, 622. 1898, 1249.
Logau: Helene Ottilie Melanie Grafin
v. Logau u. Altendorff, Herrin auf Reu-
thau, * zu Gross-Glogau 23. III. 37 ; f auf
Schloss Reuthau bei Sprottau 27. VIL —
Mit ihrem Tode ist dieses grafl. Haus er-
loschen. — L 111. Ztg. 109, 209; Grafl.
Taschenb. 1897, 644. 1898, 1249.
Liitzow: Graf Franz, Herr auf Borohradek
u. Wamberg in B tinmen, k. u. k. Kammerer,
Wirkl. Geh. Rath, ausserordentl. Gesandter
u. bevollmachtigter Minister i. D., * 2. XL
14; f *u Wien 7. XL — L 111. Ztg. 109,
682; Grafl. Taschenb. 1897, 658. 1898,
1249.
Marschall auf Burgholzhausen u. Troms-
dorf: Graf Max, Erbmarschall in Thtt-
ringen, grosshgl. sachs. Kammerherr, k. k.
Rittmeister a. D., * zu Weimar 11. X. 29;
t *u Wien 3. III. — L 111. Ztg. 108, 355;
Grafl. Taschenb. 1897, 676. 1898, 1249.
Montfort: s. Thurn und Taxis, Prinzessin
Sophie.
Miinster-Ledenburg: Grafin Julie, * zu
Canterbury 4. XL 18; + zu Binder 3. VIII.
— L Grafl. Taschenb. 1897, 748. 1898,
1250 (Vergl. 111. Ztg. 109, 209).
II"
Todtenliste 1897: II. Standesherrl., Fiirstl. u. Grafl. Familien.
12^
•Neipperg: Graf Er win Franz Ludwig Bern-
hard Ernst, erbl. Mitgl. d. Kammer d.
Standesherren in Wiirtternberg u. lebensl.
Mitgl. d. Herrenh. d. osterr. Reichsrathes,
k. u. k. Wirkl. Geh. Rath u. Kammerer,
Gen. d. Kav., Kapitan d. Trabantenleib-
garde u. d. Leibgarde-Inf.-Komp., * zu
Schwaigern im wtlrttcmb. Oberamt Bracken-
heim 6. IV. 13; f daselbst 2. III.: s. BJ
II, 325. — L Hofkal. 1897, 182. 1898,
1262; Hahn 1891/2, 79; Loebell 24,627
(B. P[oten].); Wurzbach 20, 155; Schwab.
Kronik 1897, 434; 111. Ztg. 108, 307.
Norfolk: Lady Marie Ernestine Howard,
geb. von der Schulenburg aus
d. Hause Priemern, Gemahlin des Sir
Henry Howard, • zu Priemern 26. I. 21 ;
t zu Mtinchen 25. XIL — L Hofkal. 1899,
Nostitz: s. Windisch-Gratz, Prinzessin Wil-
helmine.
O'Sullivan de Gras: Verw. Grafin Char-
lotte, geb. Wolter, Schauspielerin ; s.Abth.
XXIX.
Oettingen-Wallerstein: Prinzessin Sophie
Therese Wilhelroine Mathilde, Wittwe d.
Georg Grafen von Buquoy (f 2. IX. 82),
• zu Prag 6. I. 29; f zu Wien 27. IV. —
L Hofkal. 1897, 185, 1898, 1262; Gr8fl.
Taschenb. 1897, 201. 1898, 1245.
Paar: Graf Karl Rudolf, k. u. k. Kammerer,
Legationssekr. d. osterr.-ungar. Botschaft
beim Papstl. Stuhl, * zu Brtihl b. Wien
3. VI. 65: f wahrend d. Eisenbahnfahrt
von Mttnchen nach Salzburg 28. VI. — L
III. Ztg. 109, 51; Hofkal. 1897, 417. 1898,
1265.
Palffy von Erdbd: Graf Moritz, k. u. k.
Kammerer, Wirkl. Geh. Rath u. Feldmar-
chall-Lcut a, D., • 15. VII. 12; f ztx Kal-
tenleutgeben 1 5. IX. — L Grafl. Taschenb.
1898, 744. 1250; Mil.-Ztg. (Wien) 1897, 34.
Platen zu Hallermund: Graf Gustav
Theodor Ferdinand Friedrich, ehemal. k.
hannover. Oberstallmeister, * zu Hannover
23. III. 13; f *u Kiel 19. V. — L Hof-
kal. 1898, 191. 1899, 1310.
— : Grafin Katharina Marie Georgine Ma-
thilde Bertha, Diakonissin in Frankfurt
a. M., * zu Dlisseldorf 27. VII. 50; f zu
Frankfurt a. M. 2. III. — L Hofkal. 1897,
190. 1898, 1262.
Preysing-Lichtenegg-Moos: Graf Johann
Kaspar Anton Maria Georg Gebhard,
Fideikommissherr, k. bayer. Kammerer u.
Major a la suite, 1882 — 90 Mitgl. d. Deut-
schen Reichstags f. d. Wahlkr. Landshut
in Niederbayern (Zentr.), * 8. IV. 44; +
auf Schloss Kronwinkel b. Landshut 4. VIII.
— L Grafl. Taschenb. 1897, 845. 1898,
1 251; Schoenfeld 5 251; Hirth 16,205.
PUckler: Graf Erdmann Julias Hugo,
Freih. v. Groditz, Erbherr auf Rogau, *
30. III. 10; f ^f Schloss Rogau 30. 1. —
LIU. Ztg. 108, 193; Grafl. Taschenb. 1897,
852. 1898, 1 25 1.
Piickler - Limpurg: Verw. Grafin Maria
Karoline Adolflne Isabelle Christine
Bernhardine, geb. Grafin Spiegel zum
Diesenberg-Hanxleden, Gemahlin d.
k. wttrttemb. Gen. - Majors a. D. Grafen
Friedrich, * zu Wischenau in MShren 6.
II.49; t zu Meran 13. 1. — L Hofkal.
1897, 193. 1898, 1262: Grafl. Taschenb.
1897, 1057. 1898, 1252; Beil. z. Staats-
anz. f. Wllrttemb. 1897, 87.
Rechteren zu Limpurg: Grafin Luitgarde
Luise Charlotte Sophie, geb. Grafin zu
Erbach-Fttrstenau, Gemahlin d. Grafen
Ludwig, * zu Fiirstenau 13. V, 17; f 10.
IV. — L Hofkal. 1897, 135- *99- 1898,
1262.
Rittberg: Graf He in rich Georg Adelbert
Max, Herr auf Stangenberg im Kr. Stuhm,
bis 1895 Vorsitzender d. Provinztalaus-
schusses d. Prov. Westpreussen , * 17. II.
23; f zu Stangenberg b. Nikolaiken 24.
IV. — L 111. Ztg. 108, 583 ; Grafl. Taschenb.
1897, 901. 1898. 1251.
Rohan: s. Auersperg, Grafin Helene.
Rothkirch: Graf Do roth eus Natalis, Freih.
v. Trach, Fideikommissherr, k. preuss.
Kammerherr, Major a. D., Mitgl. d. preuss.
Herrenh., * zu Breslau 28. III. 34; f zu
Barsdorf- Trach im schles. Kr. Goldberg-
Haynau 22. IV. — L 111. Ztg. 108, 555:
Grafl. Taschenb. 1897, 9 l8 - l8 9 8 » 1251.
— : Graf Karl Leopold Siegfried Dorotheus
Konrad, Freih. v. Trach, Dr. jur., Referen-
dar, Erbherr auf Burau im Kr. Sagan, *
zu Halbau 24. II. 69; + durch einen Un-
glucksfall zu Stanz b. Luzern 24, VII. —
L 111. Ztg. 109, 180; Grafl. Taschenb.
1897, 919. 1898, 1251.
Salm - Reifferscheid * Raitz: s. Bombelles,
Grafin Marie.
Sayn -Wittgenstein -Sayn und Carlsburg-
Ludwigsburg: s. Hohenlohe-Waldenburg-
Schillingsfurst (J. Linie in Schillingsfttrst),
Ftirstin Marie.
Sch5nburg - Glauchau : Graf Friedrich
Wilhelm Edmund, * zu Berlin 22, V. 23:
f zu Graz 13. X. — L 111. Ztg. 109, 535;
Hofkal. 1897, 225. 1898, 1263.
Schonburg -Waldenburg: Print Hugo,
Sekundogenitur • Fideikommissherr auf
Droyssig u. Quessnitz in d. Prov. Sachsen,
preuss. Gen. d. Inf., * zu Waldenburg
29. VIII. 22; f zu Wiesbaden 9. VI. —
L 111. Ztg. 108, 783; Hofkal. 1897, 222.
1898, 1263; Mil. - Wochenbl. 8a, 2405;
Schonburg. Geschichtsbll. 3, 244.
13'
Todtenliste 1897: II. Standesherrl., Ftirstl. u. Grafl. Familien.
14"
von der Schulenburg (Zweig Wolfsburg):
Graf Gebhard Hans Alexander, Fidei-
kommissherr , bgl. braunschweig. Vize-
Oberjagermeister, * zu Wolfsburg 12. VI.
23; f ™ Gross - SchwUlper 9. IV. — L
111. Ztg. 108, 518; Griifl. Taschenb. 1897,
987 (offenbar irriges Datum). 1898, 1252.
Stolberg-Rossla: Graf Vollrath Botho,
Rittmeister im 1. preuss. Garde- Ulanen-
Reg., * zu Rossla 28. IV. 56; f ™ Halle
a. S. 12. IV. — L 111. Ztg. 108, 518; Hof-
kal. 1897, 253. 1898, 1263.
Teck: Herzogin Marie Adelheid (Mary
Adelaide) Wilhelmine Elisabeth, geb.
Prinzessin v.Grossbritannienu.Irland,
Gemahlin d. Herzogs Franz, * zu Han-
nover 27. XI. 33; f zu White Lodge, Rich-
mond Park, 27. X. — L Hofkal. 1897, 30.
489. 1898, 1266: 111. Ztg. 109, 606. 608.
609 (mit P).
•Thun und Hohenstein : Graf S i g i s m u n d ,
k. u. k. Kammerer, Statthalter u. Landes-
priisident v. Salzburg, * 11. VI. 27: f *"
Salzburg 7. IX.: s. BJ II, 306. — L 111.
Ztg. 109, 370; Grafl. Taschenb. 1897,
1 134. 1898, 1253.
♦Thurn und Taxis: Prinz Franz Maxi-
milian Lam oral, kaiserl. deutscher Lega-
tionsrath u. Ministerialresident in Luxem-
burg, * zu Regensburg 2. III. 52; f zu
Luxemburg 4. (5.?), V.: s.BJ II, 52. — L 111.
Ztg. 108, 614; Hofkal. 1897, 255. 1898,
1263.
— : Prinzessin Marie Sophie, Gemahlin d.
Johann Grafen v. Montfort, * zu Prag
16. VII. 16; f zu Linz 2. IV. — L 111. Ztg.
108, 449; Hofkal. 1897, 256; 1898,1263.
Urach: Verw. Herzogin Florestine Ga-
briele Antoinette, geb. Prinzessin v. Mo-
naco, Gemahlin d. Herzogs Wilhelm (f
17. VII. 69), * zu Fontenay (Dep. Seine
in Frankreich) 22. X. 33; f zu Stuttgart
24. IV. — L 111. Ztg. 108, 555; Hofkal.
I ^97, 54. 493. 1898, 1260.
Waldburg-Zeil-Zeil oder Zeil und Trauch-
burg: Graf Ludwig Bernhard Richard,
k. u. k. Rammer, osterr. Gen.- Major i. R.,
• zu Zeil 19. VIII. 27; f zu Salzburg 19.
I. — L Hofkal. 1897, 264. 1898, 1263;
111. Ztg. 108, 129; Litt. Beil. z. Staatsanz.
f. WUrttemb. 1897, 109.
♦Wimpffen: Graf Vic tor Aegidius Christian
Gustav Maximilian, Herr auf Reitenau,
k. k. Hofrath, Korvettenkapitan a. D.,
spater President d. Niederbsterr. Stidwcst-
bahn u. Generaiinspektor d. fcsterr. Staats-
tclegraphen, Reise- u. Militar-Schriftsteller,
• zu Hietzing b. Wien 24. VII. 34; f zu
Battaglia (Prov. Padua) 22. V.: s. BJ II,
318. — L HI. Ztg. 108, 715; Grafl. Ta-
schenb. 1897, 1235. 1898, 1253.
Windisch-Graetz: Prinz Ernst Wilhelm
Robert Aloysius, k. u. k. Leut. im Korps-
Art.-Reg. 11, * zu Gonobitz 4. IX. 72; + zu
Ajaccio 1. II. — L 111. Ztg 108, 193; Hof-
kal. 1897, 269. 1898, 1263.
— : Prinzessin Wilhelmine, geb. Griifin
v. Nostitz aus d. Hause Rokitnitz, Ge-
mahlin d. Feldmarschall-Leut. Prinzen Au-
gust, * zu Prag 23. IV. 27; + zu Wien
25. IV. — L 111. Ztg. 108, 583; Hofkal.
1897, 268. 1898, 1263; Grafl. Taschenb.
1897, 765. 1898, 1250.
•Wolkenstein : Graf Hein rich, Freih. v.
Trostburg u. Neuhauss, k.u.k. OberstjUger-
meister, Geh. Rath u. Kammerer, Oberst
a. D., • 7. I. 41; f zu Wien in d. Nacht
v. 11./12. II.: s. BJ II, 319. — L 111. Ztg.
108, 213; Grafl. Taschenb. 1897, 1247.
1898, 1254.
Wratislaw von Mitrowitz: Graf Eugen
Franz Adam Leopold Joseph, Fideikom-
missherr, k. u. k. Kammerer, Oberst-Erb-
landkiichenmeister d. Kgr. Btthmen, * 17.
VI. 55; f zu Meran 23. VI. — L 111. Ztg.
109, 17; Grafl. Taschenb. 1897, 1252.
1898, 1254.
Wrede: FUrst Karl Fried rich, k. bayer.
Kammerer u. Major a la suite, erbl. Reichs-
rath, * zu Mlinchen 7. II. 28; f zu Ellin-
gen 22. XII. — L Hofkal. 1898, 514. 1899,
Wurmbrand-Stuppach: Graf Heinrich,
* zu Graz n. X. 78; f zu Wien 7. X. —
L Hofkal. 1897, 272. 1898, 1263.
— : Graf H e 1 1 w i g , k.u.k. Kammerer, Garde-
Adj. u. Rittmeister in d. 1. Arcieren-Leib-
garde in Wien, * zu Liblin in Bohmen
15. VIII. 37; f ™ Wien 6. V. — L Hof-
kal. 1897, 271. 1898, 1263.
Yorck von Wartenburg: Graf Hans Ludwig
David Paul, Fideikommissherr, erbl. Mitgl.
d. preuss. Herrenhauses, preuss. Hauptmann
a la suite u. Reg. -Assessor a. D., * zu
Berlin 1. III. 35; f zu Klein-Oels 12. LX.
— L III. Ztg. 109, 370; Grafl. Taschenb.
1897, 1259. 1898, 1254.
Zedtwitz: Graf Maximilian, Lehnsherr
auf Ncuberg-Neuschloss u. Sorg b. Asch,
k. k. Hauptmann a. D., * zu Temesvar 27.
VIII. 31; f *u Neuschloss - Neuberg 23.
VIII. — L 111. Ztg. 109, 349; Grafl.
Taschenb. 1897, 1280. 1898, 1254.
Zeppelin: Graf Max, Dr. phiL, Hofmarschall
d. Frau Prinzessin Auguste v. Sachsen-
Weimar-Eisenach, Zoolog, * zu Stuttgart
6. VIII. 56; f daselbst 3. XII. — L Grafl.
Taschenb. 1898, 1225. 1899, i28o;Schwab.
Kronik 1897, 2515; Litt. Beil. z. Staatsanz.
f. WUrttemb. 1897, 2043; Allg. D. Biogr.
45, 84; Nordd. Allg. Ztg. 1897 Dez.
Zichy zu Zich und Vasonykeo: Graf Jo-
i5'
Todtenliste 1897: III, 1. 2. Hofbeamte, Diplomaten, Staatsbeamte.
16*
s eph, k. u. k. Kammerer, Obersthofraeister
(des Kaisers Max v t Mexiko) a. D., vermahlt
mit Melanie Prinzessin v. Metternich-Winne-
burg, Tochter d. ehemaligen Staatskanzlers,
» 9. XII. 14; f *« Wicn 14. I. — L I1L
Ztg. 108, 104; Graf I. Taschenb. 1897,
1291. 1898, 1254.
III. StaatsmSnner und Beamte.
1. Hofstaaten und Hofbeamte.
Baden:
•Regenauer, Eugen v., Wirkl. Geh. Rath,
Exzellenz, President d. Generalintendanz
d. Zivilliste, * zu Karlsruhe 11. VI. 24;
f daselbst 6. XII.: s. BJ II, 281.
Braunschweig:
von der Schulenburg, Gebhard Graf,
Vize-Oberjagermeister; s. Sp. 13*.
Fruheres Konigreich Hannover:
Platen zu Hallermund, Gustav Graf,
ehemals Oberstallmeister; s. Sp. 11*.
Hess en:
Muhl, Ferdinand, Geh. Rath, grosshgl.
Jagermeister; s. Abth. VII.
Oldenburg:
•Dalwigk zu Lichtenfels , R e i n h a r d
Freih. v., Exzellenz, Oberhofmarschall a. D.,
frUher Chef d. Hofkapelle u. Vorstand d.
Theaterkommission, * zu Kassel 21. I. 18;
+ zu Wohlheiden b. Kassel 3. VI.: s. BJ
II, 181. - L Freiherrl. Taschenb. 1896,
161. 1898, 1 1 70.
O ester retch:
*Wolkenstein, Heinrich Graf v., k. u. k.
Oberstjagermeister ; s. Sp. 14*.
Wratislaw von Mitrowitz, Eugen Graf,
Obersterblandktichenmeister d. Kgr. Boh-
men; s. Sp. 14*.
Zichy zu Zich und Vasonykeb, Joseph
Graf zu, Obersthofmeister a. D.; s. Sp. 14*.
Preuss en:
Usedom, Max v., Kammerherr, Einfuhrer
d. diplomat. Korps; im 68. J. f zu Ma-
rienbad 11. VII. — L 111. Ztg. 109, 118;
Hofkal. 1897, 596-
Saclisen- Altenburg:
Koethe, Rein ho Id v., Kammerherr u.
Major a.D., Exzellenz, Oberhausmarschall,
75 J.; f zu Altenburg 20. VI. — L 111.
Ztg. 109, 17; Hofkal. 1897, 624.
Sachsen- Weimar-Eisenach:
Fabrice, Anna Grafin v., Oberhofmeisterin
d. Grossherzogin Sophie, s. Sp. 8*.
Wurtiemberg:
Gunzert, Gustav Adolf v., frttherer Hof-
kammerprSsident , auch mehrere Jahre
Leiter d. Hoftheaters, 73 J.; f zu Stutt-
gart 26. IV. — L 111. Ztg. 108, 583;
Schwab. Kronik 1897, 847. 937.
Reitzenstein , Karl Friedrich Sigmund
Felix Freih. v., Herr auf Reitzenstein u.
Illigau, wttrttemb. Kammerherr, Major z.D.
und FlUgeladjutant, Oberhofmeister d.
Kdnigin, * 6. IX. 46; f zu Baden-Baden
28. III. — L 111. Ztg. 108, 449; Freiherrl.
Taschenb. 1896, 776. 1898, 1182.
Zeppelin, Max Graf v., Hofmarschall zur
Dienstleistung bei d. Prinzessin Auguste
zu Sachsen- Weimar; s. Sp. 14*.
2. Diplomaten und Staatsbeamte.
Deutsches Reich:
Amram, Postsekretar zu Pangani in Deutsch-
Ostafrika, gebtirtig aus Altenburg; f durch
Ertrinken bei einer dienstl. Segelfahrt in
d. Bucht v. Pangani 17. VI. — L III. Ztg.
108, 811.
Gabriel, Hermann, Dr., Generalkonsul in
Batavia, 45 J.; f zu Heidelberg 13. XII.
— L 111. Ztg. 109, 881.
Hagen, Kurt v., stellvertr. Landeshaupt-
mann in Deutsch-Neuguinea; f von Ein-
geborenen ermordet 14. VIII. — L 111.
Ztg. 109, 370. 378 (mit P).
Hake, Rudolf, Wirkl. Geh. Rath, Direktor
. d. Telegraphenabth. d. Reich spostamtes,
* zu Preuss. Stargard 27. VIII. 30; f zu
Charlottenburg 1. V. — L BJ II, 17*;
111. Ztg. 108, 614.
Quosbarth, Konsul zu Dundee; f im Feb.
— L Allg. Ztg. 1897 Nr. 49 Abendbl.
Schneider, Karl, Konsul in San Reroo,
MitbegrUnder d. 1881 dorterbautendeutsch-
evang. Kirche, 62 J.; f daselbst 25. IV,
— L 111. Ztg. io8 t 583.
Sonnenschein, Franz Leopold, Geh. Leg.-
Rath, vortr. Rath in d. Kolonialabth. d.
Ausw. Amtes, 40 J.; f zu Berlin 13. VL
— L 111. Ztg. 108, 811.
♦Stephan, Heinrich v., Dr. phiL, General-
postmeister, Staatssekretflr d. Reichspost-
amtes, Wirkl. Geh. Rath, Bevollmfichtigter
z. Bundesrath, Mitgl. d. preuss. Herren-
hauses, kulturhistor. Schriftsteller , • zu
Stolp in Pommern 7. I. 31 ; f zu Berlin
8. IV.: s. BJ II, 196. — L BJ II, 41 •;
111. Ztg. 108, 481 (K. Wieke, mitP); KL
i 7 '
Todtenliste 1897: III, 2. Diplomaten u. Staatsbeamte.
18*
1897, 1296 (mitW); Deutsche Revue 22,
2, 257 (A. v. Werner); Ueb. Land u. Meer
78, 508 (Fr. Colberg. m. P); Daheim 53,
527 (Klaussmann, roit P); Westermanns
111. Monatshefte 1897 Okt. 25 (F.Hennicke
intt P); Umschau 1897 Nr. 16; Deutsche
Rundschau f. Geogr. u. Statistik 19, 422
(mit P); Deutsche Rundschau 1897 Mai
303 (R. Billig, mit P); Die neue Zeit 15,
2, 171 (O. Vietlz); Cosmopolis 6, 843
(Fischer); Ztschr. d. allgem. Sprachver.
1897, 81 (Dunger); Nation 15 Nr. 34 (R.
Bamberger); Deutscher Hausschatz 63,
595 (Bruns, m. P).
♦Thurn und Taxis, Franz Prinz v., Lega-
tionsrath u. Ministerialresident in Luxem-
burg; s. Sp. 13*.
Anhalt:
Larisch, C. A. A. v.. Dr. jur., WirkL Geh.
Rath, 1868—75 Staatsm mister, 77 J.; f auf
seinem Gute KUmmeritz b. Drahndorf
11. X. — L 111. Ztg. 109, 535.
Baden :
*Goegg, Am and, Politiker u. Publizist,
wahrend d. bad. Aufstandes 1849 Fin an z-
minister, * zu Renchen 7. IV. 20; f da-
selbst 21. VII.: s. BJ II, 44.
Schafer, August, Landesgerichtsprttsident
in Konstanz, Ministerialrath im Minist. d.
grosshgl. Hauses u. d. Justiz, 69 J.; t zu
Konstanz 10. V. — L 111. Ztg. 108, 683.
Bayer n :
Pummerer, Ludwig v., President a. D.
d. Obersten Rechnungshofes , 79 J.; + zu
MUnchen 28. 1. — L Allg. Ztg. 1897 Nr. 29
Morgenbl. u. 31 AbendbL, 111. Ztg. 108,
Schamberger, Adolf Ritter v., General-
direktor a. D. d. bayer. Post- u. Tele-
graphen-Verwaltung; f zu Oberstdorf im
Allgau 22. IX. — L 111. Ztg. 109, 431.
Ziegler, Fried rich v., Dr., Reg.-Prasidcnt
a. D. von Oberbayern, frtlher Kabinets-
sekretar Konig Ludwigs II. , * zu MUnchen
10. III. 39; f daselbst 8. VI. — L 111. Ztg.
108, 811; Deutscher Hausschatz 63, 765;
Bayerland 8, 468 (mit P).
Elsass-Lothringen :
HosSus, Dr. jur. et phil., frUher Unterstaats-
sekretar f. Kultus u. Justiz, mehrjahr.
Kurator d. Univ. Strassburg, * zu Kusel
in d. Pfalz 1841; f zu Strassburg i. £.
28. IV. — L 111. Ztg. 108, 583.
Munzinger, Ludwig, Geh. Reg.-Rath, vortr.
Rath u. Vorsteher d. Bureaus d. Statt-
halters; f zu Strassburg 15. XII. — L
111. Ztg. 109, 881.
♦Reitzenstein, Friedrich Freih. v., Dr. jur.
b. c, Bezirksprasident z. D., im deutschen
Verein f. Armenpflege th&tig, * zu Berlin
26. III. 34; f zu Freiburg i. B. 4. II.: s.
BJ II, 291. — L 111. Ztg. io8, 213; Freihcrrl.
Taschenb. 1896, 775. 1898, 1 1 82; Allg. Ztg.
1897 Nr. 39.
Fruheres Konigreich Hannover;
Steinberg, Bodo Freih. v., Besitzer d. Gutes
Bodenberg b. Hildesheim, frtlher hannover.
Gesandter in Paris, 77 J.; f daselbst im
Sept. (?). — L 111. Ztg. 109, 470.
I/es sen- Darmstadt:
Gemmingen - Hornberg , G u s t a v Wei-
precht v., Dr. jur., Kammerherr u. Reg.-
Rath, Kreisrath zu Erbach im Odenwald,
• 17. VIII. 49; f zu Erbach 19. VIII. —
L HI. Ztg. 109, 268; Freiherrl. Taschenb.
1896, 302.
Preuschen, Maximilian Ernst Justus Lud-
wig Konrad Freih. v., Geh. Rath a. D. u.
Vorsitzender d. obersten Verwaltungsge-
richtshofes, * 6. IX. 18; ^ \m Febr. —
L Allg. Ztg. 1897 Nr. 47 Morgenbl.;
Freiherrl. Taschenb. 1897, 771. 1898, X181.
Zeller, VV i 1 h e 1 m , Dr. jur., Oberrechnungs-
rath, jurist, u. national&konoro. Schrift-
steller, * zu Darmstadt 1. XII. 42; f da-
selbst 29. VIII. — L HI. Ztg. 109, 349.
— W KL 1897, 1505.
I lessen- Kassel:
Etienne, Adolf, Geh. Oberjustizrath, bis
zur Einverleibung Kurhessens hess. Justiz-
rainister, 78 J. ; f zu Gbttingen 8. II. —
L 111. Ztg. 108, 213.
Lubeck:
Rittscher, F. E. H., Senator u. langj. Chef
d. Polizeiwesens, * zu Nusse 13. II. 39;
t zu Ltibeck 1 1. VIII. — L 111. Ztg. 109,
240.
Mecklenburg-Sckwerin :
Wendhausen, A., Vize-Kanzler d. Univ.
Rostock, Landgerichtsprasident u. Kon-
sistorialdirektor in Rostock, * daselbst
2. X. 39; f ebenda 14. IV. — L III. Ztg.
108, 555; Litt. Centralbl. 1897, 574.
Oldenburg:
Mutzenbecher, Geh. Staatsrath im Minist.
d. Innern; f zu Oldenburg 23. VIII. —
L III. Ztg. 109, 300.
Preussen:
♦Ahlefeld, Karl Wilhelm v., WirkL Geh.
Rath, Landesdirektor a. D. d. Prov. Schles-
wig-Holstein, * zu Schleswig 19. I. 18;
f zu Kiel 5. II.: s. BJ III, 407.
*Bode, Richard, Geh. Baurath, vortr. Rath
im Minist. d. orTcntl. Arbeiten; s. Abth. X.
Butze, Gottfried Wilhelm, WirkL Geh.
Oberreg.-Rath a. D. in Berlin, 75 J.; f zu
Arolsen 8. IX. — L 111. Ztg. 109, 370.
Claer, Alexander v., Lieut, a. D. , Rent-
meister in Bonn, Stifter der Alten-Herren-
Feste des Kosener SC in Godesberg,
* 18. XII. 25; f *u B °nn '7« V. — L
111. Ztg. 108, 683.
i 9 "
Todtenliste 1897 III, 2. Diplomaten u. Staatsbeamte.
20*
Dryander, Karl, Geh. Reg.-Rath, Syndikus
d. Franckcschen Stiftungen u. Stadtrath
in Halle a. S., * daselbst 1*811 ; f ebenda
17. II. — L 111. Ztg. 108, 253.
Duckers, Heinrich, Wirkl. Geh. Oberreg.-
Rath u. Direktor im Minist. d. dffentl.
Arbeiten, • Dez. 1843; f zu Davos 2. VIII.
— L 111. Ztg. 109, 209.
Frankenberg und Ludwigsdorff , Graf
Friedrich (Fred), Wirkl. Geh. Rath,
Mitgl. d. Staatsraths , d. Provinzialraths
u. Provinzialausschusses d. Prov. Schlesien;
s. Sp. 8*.
♦Franz, Hermann, Geh. Oberbaurath; s.
Abth. X.
Fritsch, Joseph Ernst, Geh. Oberfinanzrath,
Provinzialsteuerdirektor in Posen, • zu
Frankenstein in Schles. 1824; f zu Posen
28. III. — L 111. Ztg. 108, 449.
Jagow, Julius Alexander v., Geh. Reg.-Rath,
i860 — 95 Land rath d. Kr. Westpriegnitz,
1867 Mitgl. d. konstit. Reichstags, 71 J.;
f zu Perleberg 21. II. — L 111. Ztg. 108,
273.
Kreyssig,Eduard, Geh. Baurath; s.Abth.X.
Kroeger, Karl, Geh. Reg.-Rath; f zu Rin-
teln im Febr. — L Allg. Ztg. 1897 Nr. 47
Morgenbl.
♦Loenartz, Jakob, Geh. Baurath, Elbstrom-
baudirektor; s. Abth. X.
von der Marwitz, Robert Apollinar, Ober-
regierungs - Rath , Stellvertreter d. Vor-
sitzenden d. Ministerial - Militarbaukom-
mission in Berlin, 1879 — 88 Mitgl. d.
preuss. Abg.-Hauses, * 1837; f auf d.
Reise nach Frankfurt a. M. 25. II. — L
111. Ztg. 108, 307.
Rathjen, Rudolf, Geh. Rath, bis 1896
Verwaltungsgerichtsdirektor in Schleswig;
f daselbst 11. I. — L Allg. Ztg. 1897
Nr. 12 Abendbl.; 111. Ztg. 108, 104.
Rttdenbeck, Alexander Emil, Wirkl. Geh.
Oberreg.-Rath , vortr. Rath im Minist. d.
bffentl. Arbeiten, • zu Drebkau 13. V. 38;
f zu Berlin 20. XL — L 111. Ztg. 109,
672.
Saltzwedell, Gustav v., Reg.-Prasident a.D.,
Mitgl. d. Frankfurter Parlaments 1848/49,
Mitgl. d. preuss. Abg.-Hauses u. d. nordd.
Reichstages f. Sensburg-OerteIsburg(kons.),
• zu Drosdowen im Kr. Oletzko 28. IV.
1808; f auf seinem Gute Poetschendorf
b. Rastenburg in Ostpr. 6, VI. — L 111.
Ztg. 108, 783; Hirth 7, 203.
Schwarzenberg, Hermann, Reg.-Prasident
zu Mlinster i. W., • zu Kassel 1830; f zu
Mttnster 9. II. — L 111. Ztg. 108, 253.
Semper, Geh. Oberreg.-Rath, vortr. Rath
im Minist. f. Landwirthschaft, * zu Altona
1838; f *u Berlin 1. V. — L 111. Ztg.
108, 614.
Stauder, Dr. phil., Wirkl. Geh. Oberreg.-
Rath u. vortr. Rath im Kultusxninist,
frtiher Gymn.-Direktor, 68 J.; t zu Berlin
19. I. — L 111. Ztg. 108, 129; Ztschr.
f. lateinlose Schulen 8, 129; Humanist
Gymn. 1897, 31 (G. Uhlig).
Vater, Richard Eduard, Geh. Oberreg.-Rath
u. vortr. Rath im Kultusminist., 62 J.;
f zu Berlin 8. V. — L 111. Ztg. 108, 683.
Reuss /. Lime:
Vollert, Dr., Staatsminister i. R., Vorstand
d. Abth. f. Justiz-, Kircben- u. Schulwesen,
jurist. Schriftsteller, 70 J. ; f zu Jena 7. V.
Konigreich Sachs tn:
Buschik, Munzmeister, 82 J.; f zu Dresden
Mitte Dez. — L 111. Ztg. 109, 881.
Heymann, Bernhard Traugott, Geh. Rath
u. Ministerialdirektor im Finanzminist. ; f
zu Dresden 7. VI. — L 111. Ztg. 108, 783.
Klette, Otto, Finanzrath,Eisenbahningenieur;
s. Abth. X.
Seckendorff, Veit Gerald, Freih. v., Geh.
Reg.-Rath a. D., • 30. XII. 25; f in d -
Ortschaft »Weisser Hirschc b. Dresden
23. II. — L 111. Ztg. io8 t 273; Freiherrl.
Taschenb. 1896, 918. 1898,
Sachs en - Altenburg:
Hopfgarten-Heidler, Karl Bruno v., Karomer-
herr, Geh. Reg.-Rath i. R., 78 J.; \ zu
Altenburg im Juni. — L III. Ztg. 108,
783.
Sachsen - Weimar' Eisenach :
Helldorf, Heinrich v., Wirkl. Geh. Rath,
Oberschenk, Landtagsabg., * 1832; f zu
Weimar 8. XII. — L 111. Ztg. 109, 851.
Schaumburg-Lippe ;
Wegnerri, Martin v., Wirkl. Geh. Rath,
Staatsminister, Mitgl. d. Bundesraths, 39 J.;
f zu BUckeburg 20. XL — L 111. Ztg. 109,
722.
Schwarzburg-Rudolstadt:
Beulwitz, August v., Oberreg.-Rath a. D.,
frtiher vortr. Rath im Minist., 68 J. ; f zu
Rudolstadt 11. VIII. — L 111. Ztg. 109,
240.
WurtUmberg:
Drescher, Wilhelm, Oberreg.-Rath. — L
(Stuttg.) N. Tagebl. 1897 Nr. 276.
Guide, Karl, Oberbaurath; s. Abth. X.
Kauffmann, Oberamtmann. — L Schwab.
Kronik 1897, 752.
Neuschler, Friedrich v., Oberfinanzrath
a. D., * 6, IX. 1799; + zu Stuttgart 4. V.
— L 111. Ztg. 108, 614; Schwab. Kronik
1897, 921.
Schott v. Schottenstein, Eduard r Kammer-
herr, Oberreg.-Rath a. D. — L Schwab.
Kronik 1897, 720.
O ester reich:
♦Eichhoff, Joseph Freih. v., k. u. k. Geh.
Rath, Mitgl. d. ratthr. Landtags, d. Abg.
2I<
Todtenliste 1896: III, 2. 3. Diplomaten, Staats- u. Gemeindebeamte.
22'
Hauses d. Reichsraths, seit 1892 d. Herren-
hauses, * 28. X. 22; f zu Graz *&• XL:
s. BJ II, 319. — L 111. Ztg. 109, 762;
Wurzbach 4, 13.
Heider, Gustav Freih. v., Sektionschef a.D.,
Kunsthistorikcr, * zu Wien 15. X. 19; f
daselbst 15. III. — L Freih. Taschenb.
1898, 1 1 74.
Hohenbiihel genannt Heufler zu Rasen,
Karl Julius Freih. v., Ministerialrath im
Ministerrathsprasidium u. Protokollfttbrer
d. Ministerraths, * zu Mailand 24. VII. 44;
t zu Gries b. Bozen 27. XL — L Wurz-
bach 8, 455.
♦Kosjek, Gustav Freih v., bevollmachtigter
Gesandter in Athen, * zu Mittertrixen in
Kara then; f zu Athen 1. II. : s. BJ II, 308.
Lutzow, Franz Graf v., Wirkl. Geh. Rath,
ausscrordentl. Gesandter u. bevollmachtigter
Minister a. D.; s. Sp. io*.
Marx, Wilhelm Freih. v., Polizeipr&sident
a. D. v. Wien, * zu Sellowitz in Mahren
21. XII, 15; f zu Wien 22. VIIL — L
111. Ztg. 109, 268; Freiherrl. Taschenb.
1897, 636. 1898, 1 1 78.
Montlong, Ritter v M k. u. k. Ministerialrath
u. General konsul I. CI., meist im Orient;
t zu Wien 17. IV. — L 111. Ztg. 108, 583.
Pechan von Pragenberg, Franz Ritter v.,
Hofrath, Direktor d. HauptmUnzamtes,66J.;
f tu Wien 10. VI. — L 111. Ztg. 108, 783.
Prinzig von Herwalt, Karl Ritter v., k.
u. k. Ministerialrath u. Generalkonsul, Ver-
treter Oesterreichs bei d. ottoman. Staats-
schulden; f zu Konstantinopel Mitte Sept.
— L 111. Ztg. 109, 402.
Schneider, Franz Ctilestin Ritter v., Dr.
med. , Ministerialrath, Sanit&tsreferent im
Ministerium d. Innern, President d. Ober-
sten Sanitatsrathes i. R., Mitgl. d. Herren-
hauses d. Reichsrathes , frtther ordentl.
Prof. f. allg. u. medizin. Chemie an d.
Univ. Wien, * zu Krems 13. IX. 13; f zu
Wien 29. XI. — L 111. Ztg. 109, 809;
Hahn 1891/2,92; Wurzbach 31,20 (mitW);
Leopoldina 33, 168 (mit W); Poggendorf
II, 826. Ill, 1203 (mit W); HBL 5, 256.
— W auch Cat. Roy. Soc. 5, 514. 8, 875.
»» 331-
Sonnleithner, Hippolyt Freih. v., frtiher
Gesandter in Lissabon u. Brasilien, • 17.
IX. 14; f ™ Wien 25. X. — L 111. Ztg.
109, 649; Wurzbach 36, 14.
•Thun und Hohenstein, Sigismund Graf
v., Statthalter u. Land esp resident v. Salz-
burg; s. Sp. 13*.
•Wimpffen, Viktor Graf v., Generalinspek-
tor d. Staatstelegraphen ; s. Sp. 13*.
China:
Krey, Walter, Dr., frtther Oberbeamter d.
chines. Seezollverwaltung; f zu Jena 29.
VI. — L 111. Ztg. 109, 51.
3. Gemeindebeamte und Gemeinder&the.
Breslau, Geh. Reg.-Rath, Oberbilrgermeister
a. D. von Erfurt, • zu Kttnigshtttte im Kr.
Beuthen; f in Bad Sachsa 5. III. — L
111. Ztg. 108, 307.
Chapeauronge, Ch. A. de, Senator in Ham-
burg; s. Sp. 23*.
Gos, Oberbilrgermeister von Tubingen; t
daselbst 24. X. — L 111. Ztg. 109, 535.
Graf, Robert, Stadtrath, Mitgl. d. Vor-
steheramts d. Kaufmannschaft zu Kttnigs-
berg i. Pr., Vorsitzender d. Aufsichtsraths
d. »Kdnigsberger Hartung'schen Ztg.«; f
daselbst 19. IV. — L 111. Ztg. 108, 583.
Heineken, Frederik Parker, Stadtrath in
Frankfurt a. M., 1888—93 Mitglied d.
preuss. Abg.-Hauses, * zu Bremen 10. X.
39; + zu Homburg v. d. H. 28. VI. — L
III. Ztg. 109, 51.
Hollander, Eduard, d. letzte wortftthrende
Bttrgermeister v. Riga, * 1820; f 1897.
— L Rigaer Stadtblatter 1897, 323 (A.
Poelchau). 331 (A. Hillner). 383 (R.
Kersting).
Hiinnersdorf, K. H., frtiher Oberbilrgermeister
v. Gotha, 79 J.; f daselbst 21. II. — L
108, 273.
Kammermayer, Karl, 1873 — 9*> Blirger-
meister v. Budapest; f zu Abbazia 5. VI.
L HI. Ztg. 108, 811.
Klein, Julius, Staatsrath, frUher Blirger-
meister v. Strassburg, President d. Bezirks-
tages d. Unterelsass, * zu Osterhofen 1830;
f zu Strassburg 24. X. — L III. Ztg. 109,
646.
Laschan Ritter von Moorland, Anton,
Mitgl. d. Frankfurter Parlaments f. Unter-
krain, 1874 — 82 Blirgermeister v. Laibach;
f daselbst Ende Febr. — L 111. Ztg. 108,
307-
Lottner, Geh. Reg.-Rath, friiher Oberbttrger-
meister von Koblenz; f zu Bonn 10. I. —
L Allg. Ztg. 1897 Nr. 13 Abendbl.
Metz, August, frtther Stadtrath in Strass-
burg i. E., seit 1 884 Generalpr&ses d. Vinzen-
tius- Vereins ; + daselbst 3. III. — L Deut-
scher Hausschatz 23, 541 (nach d. »Kttln.
Volksztg.c).
Metzger, Gemeinderath in Tubingen. — L
Beobachter 1897 Nr. 248.
Meyer, Martin, Vizeblirgermeister v. Inns-
bruck; s. Abth.XXIV.
Moellmann, Dr., Oberbttrgermeister v. Os-
nabrttck, Mitgl. d. preuss. Herrenhauses ;
f daselbst 30. XII. — L 111. Ztg. no, 19.
23"
Todtenliste 1897: IV. Parlamentarier.
*4'
•Newald, Julius Ritter v., Dr., 1878 — 82
Biirgermeister v. Wien, * zu Neutitscbein
11. IV. 24; f *u Wien 17. VIII. : s. BJ II,
179.
Rat, Karl, Oberbilrgermeister v. Budapest;
f dasclbst 30. VII. — L 111. Ztg. 109, 180.
•Richter, Albert, Dr., Hof- u. Gerichts-
advokat, frilher I. Vizebttrgenneister v.
Wien u. Landtagsabg. , * zu Chotzen in
B6hmeni.I.43;tzuWien3.III.:s.BJII,335.
Schlumberger, Camille, fitiher Biirger-
meister v. Kolmar, * zu Mulhausen i. E.
4. XI. 31; f ™ Kolmar 17. VII. — L I1L
Ztg. 109, 145.
Weber, Max, Dr. jur., Stadtrath in Berlin;
s. Sp. 26*.
Weltz, Dr., Hofrath, frtiher BUrgcrmeister
v. Speyer, 76 J.; f daselbst 2. VII. — L
111. Ztg. 109, 51.
IV. Parlamentarier.
Deutscher Bund:
Frankfurter Par lament:
♦Arneth, Alfred Ritter v., Historiker; s.
Abth. XVII.
Drechsler, August, Dr. jur., Senatsprasident
am Reichsgericht; s. Abth. XX.
Keller, Gustav Graf v.; s. Sp. 10*.
Laschan Ritter von Moorland, Anton,
Bttrgermeister v. Laibach; s. Sp. 22*.
•Martiny, Fried rich, Justizrath, Rechts-
anwalt und Notar; s. Abth. XX.
Saltzwedell, Gustav v., Reg. -Prasi dent
a. D.; s. Sp. 19*.
Simson, G e o r g , Geh. Justizrath ; s. Abth. XX.
Deutsches Reich:
a) Reichstag (auch Norddeutscher Reichstag und Zollparlament):
Chapeauronge, Ch. A. de, frtiher Senator
in Hamburg, 1867 Mitgl. d. Nordd. Reichs-
tages f. d. Wahlkr. Hamburg I, 67 J.;
f 3°- IX. — L Voss. Ztg. 1898 Jan.
Flemming, Edmund, Graf v., 1878—81
Abg. f. Naumburg-Weissenfels-Zeitz (nat-
lib.); s. Sp. 8*.
Frankenberg und Ludwigsdorff, Fried -
rich Graf v., Mitgl. d. Constituierenden
Nordd. Reichstags, 1867 — 74 Abg. f.
Falkenberg-Grottkau, 1874—81 f. Ohlau-
Nimptsch-Strehlen (Reichspartei) ; s. Sp.
8*.
Goldenberg , A 1 f r e d , Grossindustrieller ,
1880—90 Abg. f. Zabern (Protestler); s.
Abth. IX.
*Goltz, Kuno Freih. von der, General d.
Inf., 1867- 69 Abg. f. Minden-Jade-Gebiet-
LUbbecke (kons.); s. Abth. V.
♦Grillenberger, Karl, Redakteur d. »Frank.
TagesposU, 1881 — 97 Abg. f. NUrnberg
(Sozialdemokr.), seit 1893 auch Mitgl. d.
bayer. Abg.-Kammer f. NUrnberg I, * zu
Zirndorf b. Ftirth 22. II. 48; f zu Mlinchen
19. X.: s. BJ II, 224. — L 111. Ztg. 109,
570; Ktirschners Reichst. 1893, 267 (mit P);
Ktirschners Bayer. Landtag 1893, 112
(mit P); Minde 1893, 51 (mit P); Reichst.-
Handb. 8, 44; Schonfeld J 273.
Grosman, Nicola Philipp, Landgerichts-
rath a. D., 1871 — 77 Abg. f. d. Stadt
K6ln (Zentr.), * daselbst 15. XI. 17; f
ebenda 11. IX. — L 111. Ztg. 109, 402;
SchcJnfeld* 207. 229.
*Herz, Karl, Landgerichtspr&sident i. R.,
1871 — 74 Abg. f. Eichstatt, 1874—77 £
Berlin III, 1877—78 f. Ansbach-Schwabach,
1881—83 f. Forchheim, 1869—83 auch
bayer. Landtagsabg. f. Weissenburg a. S.
(fortschrittl.), * zu Wtirzburg 21. XII. 31;
f zu Aschaffenburg 8. V.: s. BJ II, 223.
— L Hirth 12, 168; Schdnfeld* 39. 270
275. 276; 111. Ztg. 108, 614.
♦Hirschberger , Traugott, Muhlenbau-
meister, 1881—84 Abg. f. Kottbus-Sprcm-
berg, vorher 186 1 — 66 Mitgl. d. preuss.
Abg.-Hauses f. denselben WahlkT. (fort-
schrittl.), * zu Lampersdorf 181 1; f zu
Lubbenau 13. II.: s. BJ II, 232. — L Sch6n-
feld 5 61; 111. Ztg. 108, 258.
Hohenlohe-Oehringen, Hugo FQrst zu,
1874 — 75 Abg. f. Gross-Strehlitz-Kosel
(Reichspartei); s. Sp. 9*.
Holstein, Konrad Graf v., 1877—97 Abg.
f. Oldenburg-Plttn-Segeberg (kons) ; s. Sp.
Jagow, Julius Alexander v., Geh. Reg.-
Rath, 1867 Mitgl. d. Konstituierenden
Nordd. Reichstages (kons.); s. Sp. 19*.
Kaempffer, Eduard, Baumeister, 1880 bis
81 Abg. f. Sachsen-Al ten burg, 1882 — 84
f. Mcissen-Grossenhain (fprtschrittl.), * zu
Strelitz 30. VI. 27; t zu Leipzig 14. VII.
— L 111. Ztg. 109. 145; Schonfeld 5 297.
372.
"Knosp, Rudolf v., Geh. Koromerzienrath,
1867 Mitgl. d. Zollparlaments; s. Abth. IX.
Koepp, Adolf, Kommerzienrath, 1893 — 97
*?
Todtenliste 1897: IV. Pari amen tarier.
26*
Abg. f. Wiesbaden (freis. Vereinigung) ;
s. Abth. IX.
Lehner, Johann Baptist Lorenz, Amtsge-
richtssekretar, 1884—97 Abg. f. Neustadt
a. W.-N. (Zentrum), lugleich auch bayer.
Landtagsabg. f. Kemnath I, • zu Abspann
1. XL 27; f zu Erbendorf in der Ober-
pfalz 21. VII. — L 111. Ztg. 109, 145;
Reichst-Handb. 8, 76; KUrschners Reichst.
1893, 261 (mit P); Minde 1893, 59 (mit P);
KUrschners Bayer. Landtag 1893, 83 (mitP).
*Marquardsen, Heinrich v., ordentl. Prof,
d. Staatsrechts an d. Univ. Erlangen, 1871
bis 81 Abg. f. Erlangen-FUrth, 1881 bis
93 f. Heppenheim- Worms- Wimpfen, 1893
bis 97 f. Homburg (nat.-lib.); s. Abth. XX.
MQllensiefen, Hermann, GlashUttenbe-
sitzer, 1890—93 Abg. f. Bochum (nat.-
lib.), * zu Krengeldanz bei Witten a. d.
Ruhr 28. XL 37; f zu Witten 16. IV. —
L 111. Ztg. 108, 555; Schttnfeld 5 189.
Oertzen, Heinrich v. v grosshgl. mecklen-
burg. Oberhauptmann u. Kammerherr,
Rittergutsbesitzer auf Brunn b. Neddemin,
1884—92 Abg. f. Mecklenburg-Strelitz
(deutsch-kons.), * zu Brunn 30. XII. 20;
t daselbst 2. L — L 111. Ztg. 108. 48;
Reichst.-Handb. 8, 94; Schflnfeld 5 363.
•Pannier, Karl, Gch. Oberjustizrath, Mit-
begrtlnder d. nat.-lib. Partei, 1867 Mitgl.
d. Konstituierenden Nordd.Reichstages,auch
Mitgl. d. preuss. Abg.-Hauses ; s. Abth. XX.
Preysing-Lichtenegg-Moos, K as par Graf
v., Fidcikommissherr, 1882 — 90 Abg. f.
Landshut (Zentrum); s. Sp. 11*.
Quadt-Wykradt-Isny, F r i e d r i c h Freih. v.,
Geh. Leg.-Rath, 1874—77 Abg. f. Eich-
statt (Zentrum), * 13. XII. 18; f 2 4- x -
— L Sch&nfeld 5 276.
Rudolphi, Wilhelm, Dr. phil., Gymn.-
Direktor a. D., 1871 — 97 Abg. f. Berg-
heim-Euskirchen (Zentrum); s. Abth. XXII.
Saltzwedell, Gustav v., Reg.-Prasident a.
D„ Mitgl. d. Nordd. Reichstages f. Sens-
burg-Oertelsburg (kons.); s. Sp. 19*.
Schultze, Karl Friedrich Wilhelm, Restau-
rateur in Kttnigsberg i. Pr., 1890—97
Abg.f. d. StadtKttnigsberg(Sozia1demokr.),
* zu Steinau a. O. 5.X. 58; j zu Ktfnigsberg
1. IV. — L 111. Ztg. io8 f 449; Reichst-
Handb. 8, 1 19; KUrschners Reichst. 1893,
3 u. Minde 1893, 58 (mit P); Schttnfeld* 9.
Sommer, Friedrich, Dr. jur. f Rechtsan-
walt in Erfurt, 1874—81 Abg. f. Eisenach
(nat-lib., spater lib. Vereinigung), • 11.
XII. 24; f zu Erfurt im Dez. — L Hirth
12, 232; SchSnfeld 5 361.
Steinau-Steinriick, Paul v., Oberreg.-Rath
in Kttnigsberg i. Pr., 1887—93 Abg. f.
Frankfurt a. O.-Lebus, 1885—93 auch
Mitgl. d. preuss. Abg.-Hauses f. denselben
Wahikr. (kons.). * zu Berlin 20. VIII. 50 ;
t Anf. Dez. — L Reichst.-Handb. 8. 125;
Schttnfeld 5 57.
Stephann, Ernst, Rittergutsbesitzer zu
Martinskirchen b. Brottewitz, 1893 — 97
Abg. f. Liebenwerda-Torgau, zugleich auch
preuss. Landtagsabg. f. denselben Wahikr.
(freikons.). * zu Tauschwitz (Prov. Sachsen)
23. IV. 47; f zu Martinskirchen 13. I. —
L III. Ztg. 108, 104; KUrschners Reichst.
1893, 129; Minde 1893, 35; KUrschners
Preuss. Landtag 1894, 235 (mit P);
Schttnfeld 5 135.
Thomas, Wilhelm, Dr. jur., Geh. Justiz-
rath, Amtsgerichtsrath f. Eisfeld, 1890
bis 93 Abg. f. Meiningen-Hildburghausen
(freis.), auch Vizeprasident d. Landtags v.
Sachsen-Meiningen, * zu Kranichfeld 31.
V. 34; | ** Eisfeld 6. VIII. — L 111.
Ztg. 109, 240; Reichst.-Handb. 8, 129;
Schttnfeld 5 370.
Turao, Hi p poly t v., Rittergutsbesitzer auf
Obierzierze b. Obornik, 1867 Mitgl. d.
Konstituierenden Nordd. Reichstages, 187 1
bis 74 Abg. f. Inowrazlaw-Mogilno, 1877
bis 84 f. Stadt u. Kreis Posen (Pole), *
30. XL 28; f 14. in. — L Hirth 12,
240; Schttnfeld 5 77. 90.
Weber, Max, Dr. jur., 1869—93 Stadtrath
in Berlin, polit. Schrifts teller, 1872—77
Abg. f. Koburg, 1879—81 f. Magdeburg,
1881—84 f. Holzminden, seit 1868 auch
Mitgl. d. preuss, Abg.-H. f. Aschersleben-
Halberstadt-Wernigerode (nat.-lib.), • zu
Bielefeld 31. V. 36; f *u Riga 10. VIII.
— L Schttnfeld* 130. 369. 373; KUrschners
Preuss. Abg.-H. 1894, 233 (mit P).
Zehrt, Konrad, Domkapitular, 1871/72 Abg.
f.Heiligenstadt-Worbis (Zentr.) js.Abth.XIX.
*Zinn, August, Dr. med., Geji. Sanitats-
rath, 1874—81 Abg. f. Kaiserslautern (nat-
lib.); s. Abth. XXL
Zurmiihlen, Paul, Amtsgerichtsrath, Mitgl.
d. Nordd. Reichstages f. Tecklenburg-
Ahaus-Steinfurt, 1867 — 68 auch Mitgl. d.
preuss. Abg.-Hauses f. Steinfurt -Ahaus
(freikons.), • zu MUnster i. W. 9. X. 28;
t im April. — L Voss. Ztg. 1898 Jan.;
Hirth 7, 235.
b) Einzellandtage :
Baden, L Kamtner: Baden, II. Kammer:
•Wilhelm, Prinz v. Baden, President d.Kam- ♦Bassermann, Anton, Landgerichtsprasi-
mer; s. Sp. 5*. dent, nat.-lib. Mitgl.; s. Abth. XX,
27*
Todtenliste 1897: IV. Parlamentarier.
28*
Leipf, Stephan, Bezirksgeometer, frdher
nat.-lib. Mitgl.; f zu Mannheim 10. VII.
— L 111. Ztg. 109, 145.
Bayern, Landtag;
♦Grillenberger, Karl, Redakteur d. »Frank.
Tagespost«, 1893—97 Abg. f. Ntirnberg I
(Sozialdemokr.); s. Sp. 23*.
♦Herz, Karl, Landgerichtsrath, 1869 — 83
Abg. f. VVeissenburg a. S. (fortschrittl.) ; s.
Sp. 24*.
Krippner, Fried rich, Privatier, bis 1890
Kaufmann (Theilhaber d. Grosshandlung
J. F. PUttner in Bamberg), 1893—97 Abg.
f. Hof I (nat.-lib.), * zu Dorfias, Amtsgericht
Wunsiedel, 29. IV. 46; f zu Hof 20. II.
— L Klirschners Bayer. Landtag 1893,
100 (mit P); 111. Ztg. 108, 273.
Lehner, Johann, Amtsgerichtssekretar,
1884 — 97 Abg. f. Kemnarh I (Zentrum);
s. Sp. 25*.
♦Marquardsen , Heinrich, ordentl. Prof,
f. Staatsrecht an d. Univ. Erlangen, bis
1893 Mitgl. (nat.-lib.); s. Abth. XX.
Wolf, Heinrich Kommerzienrath, Por-
zellanfabrikant, 1881—97 Mitgl. f. Wun-
siedel I (nat.-lib.), * zu Bischofsgrtin 5.
V. 34; f zu Hohenberg in Oberfranken
14. V. — L 111. Ztg. 108, 683; Klirsch-
ners Bayer. Landtag 1893, 97.
Bremen ;
Frahm, Wilhelm, Grosskaufmann , frliher
FUhrer d. deutsch - freisinnigen Partei in
Bremen; s. Abth. XI.
lies sen, /. hammer d. Lands tdnde:
Riedesel, Georg Ludwig Johann Friedrich
Karl, Freih. zu Eisenbach, Erbmarschall
in Hessen, erbl. Mitgl., auch erbl. Mitgl.
d. preuss. Herrenhauses, * 10. VI. 45; f
auf Schloss Altenburg b. Alsfeld in Hessen
2. VII. — L 111. Ztg. 109, 51: FreiherTl.
Taschenb. 1898, 788. 1182.
Hessen \ II. Kammer d. Lands tdnde :
*Bergstrasser, Arnold, Buchhandler, Abg.
f. Hochst, spater fllr Darmstadt (nat.-lib.);
s. Abth. XXIV.
Wasserburg, Philipp (Pseudon.: Philipp
Laicus), Schriftsteller, Abg. f. Bingen-
Land (Zentrum); s. Abth. XXIII.
Preussen, Herrenhaus:
Bussche-Ippenburg, genannt von Kessel,
Graf Wilhelm von dem, Mitgl. auf Le-
benszeit, 1879 v. Konig berufen; s. Sp. 7*.
Dressier, Alexander v., Rittergutsbesitzer
aufWillkirschken, prasentirt v. altenGrund-
besitz in Litthauen: f IO - X.
Hohenlohe - Oehringen, Hugo FUrst zu,
erbl. Mitgl.; s. Sp. 9*.
M511mann, OberbUrgermeister v. Osnabrlick,
Vertreter d. Stadt; s. Sp. 22*.
Pfuel, Gustav v., Fideikommissbesitzer auf
Wilkendorf b. Straussberg, Kreishaupt-
mann u. Ritterschaftsdirektor a. D., pra-
sentirt v. d. Landschaftsbezirk Mittelmark
(Kr. Nieder-Barnim); f auf Wilkendorf
6. III.
Reuss, Prinz Heinrich XIIL, lebenslangl.
Mitgl., v. Konig berufen; s. Sp. 6*.
Riedesel, Georg, Freih. zu Eisenbach, erbl.
Mitgl.; s. Sp. 27*.
Rothkirch, Graf Dorotheus, Freih. v.
Trach, prasentirt v. Landschaftsbezirk
Flirstenthum Liegnitz und Wohlau; s. Sp.
12*.
♦Stephan, Heinrich v., Staatssekretar d.
Deutschen Reichspostamts, v. Konig be-
rufen ; s. Sp. 16*.
Yorck von Wartenburg, Paul Graf, erbl.
Mitgl.; s. Sp. 14*.
Preussen, Haus d. AbgeordneUn:
Bartmer, August Wilhelm, Hofbesitzer zu
Ronnenberg, Kr. Linden, seit 1890 Abg.
f. Stadt- u. Landkr. Linden (nat.-lib.), *
zu Altkloster (Kr. Stade) 26. XI. 46; f zu
Berlin 11. V. — L Klirschners Preuss.
Abg.-H. 1894, 283 (mit P); 111. Ztg. 108,
648.
Blankenburg, H e i n r i c h v., Oberstlieut. a. IX,
Schriftsteller u. Redakteur, 1S70— 73 Abg.
f. Brieg-Ohlau (freikons.); s. Sp. 32*.
Born, Heinrich Gustav, Gutsbesitzer u.
Blirgermeister in Erbenheim b. Wiesbaden,
seit 1888 Abg. f. d. Landkr. Wiesbaden-
Httchst (nat.-lib.), * zu Erbenheim 17. IV.
47; f zu Wiesbaden 26. VII. — L Kttrsch-
ners Preuss. Abg.-H. 1894, 365 (mit P);
111. Ztg. 109, 180.
Dahm, Wilhelm, Kaufmann u. Weinguts-
besitzer in Walporzheim a. d. Ahr, seit
1893 Abg. f. Adenau-Ahrweiler (Zentrum),
* zu Walporzheim 28. II. 29; f daselbst
13. I. — L Klirschners Preuss. Abg.-H.
1894, 411 (mit P); 111. Ztg. 108, 104.
Elbe-Carnitz, Oskar v., Rittergutsbesitzer
auf Carnitz, Kr. Greifenberg, seit 1882
Abg. f. Greifenberg - Kammin (kons.), *
4. XI. 30; f 11. VI. — L Klirschners
Preuss. Abg.-H. 1894, in; 111. Ztg. 108,
783.
Heineken, Frederik Parker, Stadtrath, 1888
—93 Abg. (nat.-lib.); s. Sp. 21*.
Hirschberger , Traugott, Muhlenbau-
meister, 1861 — 64 Abg. f. Kottbus-Sprera-
berg-Kalau (fortschrittl.); s. Sp. 24*.
Jacobs, August Robert, Geh. Reg.-Rath,
Landrath d. Kr. Landsberg a. \V., seit
1879 Abg. f. Landsberg-Soldin (kons.), *
zu Karwesee 16. VIII. 32; f 30. VIII. —
L Klirschners Preuss. Abg.-H. 1894, 84.
Jungck, Heinrich, Oekonomierath, 1876 —
85 Abg. f. Ober- u. Niedcrbarnim (frei-
kons.); s. Abth. VI.
Knobelsdorff-Brenkenhoff, B e n n o v., Major
29*
Todtenliste 1897: IV. Parlamentarier.
30*
z. D. u. Gutsbesitzer, 1879—82 Abg. f.
Arnswalde-Friedeberg (kons.); f auf seinem
Gutc Mansfelde, Kr. Friedeberg (Neumark),
9. VIL — L 111. Ztg. 109, 118.
Koch, Fried rich, Stadtpfarrer u. Dechant
in Httnfeld, 1879—82 Abg. f. Fulda (Zen-
trum); s. Abth. XIX.
Kiihlwetter, E d u a r d , Geh. Reg. -Rath, Eisen-
bahningenieur, 1867—68 Abg. f. d. Stadt
Kttln (nat.-lib.); s. Abth. X.
Marwitz, Robert Apollinar v. d., Oberreg.-
Rath, 1879—88 Abg. (kons.); s. Sp. 19*.
Melbauer, Gustav Adolf, Rechtsanwalt u.
Notar in Konitz, Abg., erst ftir Schievel-
bein, dann f. Kttnigsberg i. Pr. (fort-
schrittl.), 69 J.; f 9. IV.
Meinhard, frUher Kreisgerichtsrath in Salz-
wedel, 1876 — 79 Abg. f. Salzwedel-Garde-
legen; f Anf. Nov.
Meyer, Rittergutsbes. auf Okel b. Syke, 1870
— 85 Abg. f. Nienburg - Hoya (nat.-lib.),
68 J.; f im Okt.
♦Pannier, Karl, Geh. Oberjustizrath, i860
— 66 Abg. f. Ober- u. Niederbarnim (lib.);
s. Abth. XX.
•Petri, Wilhelm, Geh. Oberjustizrath, 1872
— 81 Abg. f. d. Stadtkr. Wiesbaden (fort-
schrittl., sparer Gruppe L8we) ; s. Abth. XX.
Rudolphi, Wilhelm, Gymn.-Direktor a. D.,
seit 1870 Abg. f. KOln-Bergheim-Euskirchen
(Zentrum); s. Abth. XXII.
Sander, Julius, Rittergutsbesitzer u. Sena-
tor zu Elze, Kr. Gronau (Hannover), seit
1885 Abg. £ Gronau-Alfeld (nat.-lib.), *
zu Hildesheim 26. VIII. 38; f 12. I. — L
Kttrschners Preuss. Abg.-H. 1894, 286; 111.
Ztg. 108, 104.
Schumann, Richard, Pastor, 1873 — 79
Abg. f. 'Westhavelland-Zauche-Belzig (nat.-
lib.); s. Abth. XIX.
Soenke, Theodor, Justizrath, Rechtsanwalt
u. Notar beim Kammergericht in Berlin,
in den 60 er jahren als Kreisrichter in
Deutsch-Krone Abg. f. Flatow-Deutsch-
Krone (fortschrittl.) ; f zu Berlin 2. V. —
L HI. Ztg. 108, 614.
Steinau-Steinriick, Paul v., Oberreg.-Rath,
1885 — 93 Abg. f. Frankfurt a.O.-Lebus
(kons.); s. Sp. 26 ♦.
Stephann, Ernst, Rittergutsbesitzer, seit
1893 Abg. f. Liebenwerda-Torgau (frei-
kons.); s. Sp. 26*.
Tiedemann, Erich Friedrich Ludwig Erd-
mann v., Kammerherr, Major a. D. u.
Rittergutsbesitzer auf Kranz, Kr. Meseritz,
b. Bomst, seit 1879 Abg. f. Meseritz-Bomst
(freikons.), * 28. IV. 40; f zu Kranz 6. XII.
— L Kttrschners Preuss. Abg.-H. 1894,
131 ; 111. Ztg. 109, 851.
Weber, Max, Stadtrath a. D., seit 1868
Abg. f. Aschersleben - Halberstadt-Werni-
gerode (nat.-lib.); s. Sp. 26 •.
Weltzel, Aug us tin, Geistl. Rath, Pfarrer,
1863-66 Abg. f. Ratibor; s. Abth. XIX.
Wolff, Julius, Dr. jur., Justizrath, Rechts-
anwalt u. Notar in Marburg, 1877 — 79 Abg.
f. d. dortigen Wahlkr. (nat.-lib.); f 28. I.
Zippel, Gustav, Gutsbesitzer u. Kaufmann
in Rogatz a. E., 1882—85 Abg. f. Wolmir-
stedt-Neuhaldensleben; f Mitte Juni.
Zurmuhlen, Paul, Amtsgerichtsrath, 1867
bis 68 Abg. f. Steinfurt-Ahaus (freikons.) ;
s. Sp. 26*.
Konigrekh Sachsen, /. Kammer:
Dathe von Burgk, Karl Christian Arthur
Freih., Fideikommissherr, Herr auf Ross-
thai u. Pesterwitz b. Dresden, k. sachs.
Kammerherr, lebenslttngl. Mitgl., * 31.X.
23; f zu Rossthal 28. VI. — L Freiherrl.
Taschenb. 1897, 160. 1898, 1170; 111. Ztg.
109, 51.
Konigrekh Sachsen, II. Kammer:
Minckwitz, Karl Oswald, Dr. med., Mitgl.
d. Fortschrittspartei, 45 J.; f zu Gross-
rtfhrsdorf 4. V. — L 111. Ztg. 108, 614.
Sachsen- Koburg-Gotha, Landtag:
Kuhne, Hermann Theodor, Mathematiker
u. Versicherungsbeamter, in den6oer Jahren
Vizeprftsident d. Landtags; s. Abth. XXII.
Sachsen- Meiningen, Landtag:
Thomas, Wilhelm, Geh. Justizrath, Vize
president d. Landtags; s. Sp. 26*.
Wurttemberg, Kammer d. Standesherren:
Hohenlohe-Oehringen, Hugo, FUrst zu,
s. Sp. 9*.
Neipperg, Erwin, Graf v.; s. Sp. 11*.
Oesterreich:
Herrenkaus d. Reichsraths:
•Arneth, Alfred, Ritter v., seit 1869
lebenslangl. Mitgl. (lib.); s. Abth. XVII.
♦Chorinsky, Karl Graf v., seit 1887
lebenslangl. Mitgl. (kons.); s. Sp. 7*.
•Eichhoff, Joseph Freih. v., seit 1892
lebenslangl. Mitgl. (deutsch-lib.) ; s.Sp. 20*.
Kaunitz, Albrecht Graf v., seit 1861 erbl.
Mitgl. (kons.); s. Sp. 10*.
•Neipperg, Erwin Graf v., seit 1869 lebens-
langl. Mitgl. (Verfassungspartei); s.Sp. 11*.
Schneider, Franz Coles tin Ritter v., seit
1889 lebenslangl. Mitgl. (Mittelpartei) ;
s. Sp. 22*.
Abgeordnttenhaus d. Reichsraths:
Hompesch-Bollheim, Ferdinand Graf v.,
seit 1885 Mitgl. f. Lancut (Pole); s. Sp.
9 V
3i'
Todtenliste 1897: IV. Parlamentarier. V. Miliars.
3*«
Ldblich, Franz, frUher MitgL d. Reichs-
raths u. d. niederttsterr. Landtags, * zu
Wien 8. X. 27; f daselbst i. X. — L
111. Ztg. 109, 511.
Matscheko, Michael Ritter v., Kommerzien-
rath, 1885—91 MitgL f. Wieden; s. Abth.
IX.
*Mayr, Ambros, Gymn.-Prof., scit 1897
Mitgl. f. d. Landgemeinden Schwaz in
Tirol (klerikal) ; s. Abth. XXII.
Moire, Karl, Schriftsteller, seit 1891 Mitgl.
f. d. Stadtebezirk Leibnitz (deutsch-natio-
nal); s. Abth. XXIII.
♦Pfeiffer, Franz, Gutsbesitzer zu Aujed b.
Tuschkau in Btthmen 1879—85 Vertreter
d. btihm. Grossgrundbesitzes (rerfassungs-
treu); s. Abth. VI.
Roth, Hieronymus Ritter v Dr., friiher
Reichsrathsabg. u. BUrgermei «.er in Traute-
nau, 71 J.; f auf seinem Gute Eichberg
in NiederSsterr. 13. XII. — # L 111. Ztg.
109, 881.
Schwab, Adolf, Fabrikant, 1^73—85 Ver-
treter d. Prager, seit 18851 i. Reichen-
bcrger Handelskammer (Veremigte Linke);
s. Abth. IX.
S c h we i z :
* m
Aepli, A. O., 1851—53 St. Gall. Reg.-Rath,
1883—93 eidgenttss. Gesandter in Wien,
lange Jahre Mitgl. d. Nationalraths u. d.
Standeraths, 81 J.; f 4. XII.
H&berlin, Heinrich, MitgL d. National-
raths u. d. Reg.-Raths d. Kantons Thurgau
(radikal), 63 J.; f 22. X.
V. MilitSrs.
1. Heer,
Kaiser /. Schut&truppt :
Altrock, v., Sek.-Licut. bei d. Truppe f.
Sudwestafrika (frUher im Inf.-Reg. v.
Goeben Nr. 28); f *• VIII. — L MW
82, 2949.
Bresler, Eduard, Premier-Lieut, d. Truppe
f. Deutsch-Ostafrika (frtther im Feldart-
Reg. Nr. 5); f 1. I. - L Allg. Ztg. 1897
Nr. 12 AbendbL; MW 82, 1639.
Preussen:
♦Albedyll, Emil v., Gen. d. Kav. u. Gene-
raladj. Kaiser Wilhelm I., * zu Liebenow,
Kr. Arnswalde, in d. Neumark 1. IV. 24;
t zu Potsdam 13. VI.: s. BJ II, 35. —
L 111. Ztg. 108, 783; MW 82, 1 517. 2405;
Labell 24, 615 (B. P.[oten]).
Baer, v., Lieut., einer d. letzten Veteranen
aus d. Freiheitskriegen, 104 J.; f zu
Ragnit 24. III. — L III. Ztg. 104 Nr.
2691 u. 108, 484.
♦Bauer, Julius Bruno, Major a. D., Publi-
zist u. Historiker, * zu Braunschweig
27. II. 43; f > n Bad Oeynhausen 15. IX.:
s.BJ II, 323. - W KL 1897, 57.
Below, Karl v., Gen.-Lieut z. D. ; zuletzt
bis 1876 Gen.-Major u. Kotnmandeur d.
16. Kav.-Brig., 79 J.; t *• IV - — L MW
82, 2435.
*Bernhardi,Otto v.,Gen.d.Kav. z.D., zuletzt
bis 1879 Gen.-Lieut. u. Kommandeur d.
2. Div., * zuSaalfeld in Ostpr. 6. XII. r8;
f zu Wiesbaden 2. IV.: s. BJ II. 49. —
L 111. Ztg. 109, 349; MW 82, 2951.
Bismarck, Ulrich v., Gen.-Major u.
Kommandeur d. 50. Inf.-Brig., ♦ zu Briest
II. HI. 44; f zu Darmstadt 26. X. — L
III. Ztg. 109, 506; MW 83, 531.
Blankenburg, Heinrich v., Oberstlieut.
a. D. v zuletzt Bat.-Kommandeur d. da-
maligen 1. Oberschles. Inf.-Reg. Nr. 22,
Militarschriftsteller u. frtther Chefredakteur
d.»Schles. Ztg.«, 1870 — 73Mitgl. d* preuss.
Abg.-Hauses f. Brieg-Ohlau (freikons.),
75 J.; f zu Breslau 4. I. — L All£. Ztg.
1897 Nr. 5 AbendbL; MW 82, 1639.
Block, Hugo v., Gen.-Major z.D. zuletzt
bis 1 87 1 Kommandeur von Diedenhofen,
• zu Berlin 28. VII. 18; f ™ Wann-
brunn 10. VII. — L 111. Ztg. 109, 11&
Bock, v., Gen.-Major, zuletzt Kommandant
y. Torgau; f 16. IV. — L MW 82,
*435-
•Boltenstern, Konstantin v., Gen.-Lieut
z. D., zuletzt bis 1880 Kommandeur d.
15. Inf.-Brig., * zu Pasewalk 5. II. 23;
f zu Gttrlitz 31. I.: s. BJ II, 50. — L
III. Ztg. 108, 193; MW 82, 1641; L6bell
24, 618 (B. P.[oten]).
Bornemann, Karl, Wirkl. Geh. Kriegsrath
u. Hauptmann a. D., zuletzt Geh. Kriegs-
rath im Kriegsministerium, Herausgeber v.
Jagdgeschichten, 91 J.; f zu Wiesbaden
2. IX. — L 111. Ztg. 109, 349; MW 82,
2951.
Billow, Adolf v., Gen.-Major u. Komman-
deur d. 21. Kav.-Brig., frtther persdnL
Adjutant Kaiser Wilhelm II., 47 J.; f IU
Darmstadt in der Nacht 31. X./i. XI. —
L 111. Ztg. 109, 606; MW 82, 2595. 83,
53*.
33'
Todtenliste 1897: V. Militars.
34
$
*Biilow, Hans v., Gen. d. Inf. z. D. u.
Chef d. 2. Feld-Art.-Reg., bis 1882 Ge-
neral-Inspekteur d. Art, * zu Ossecken in
Hinterpommern 27. II ; f zu Berlin 9. XII.:
s. BJ II, r 3 . __ L 111. Ztg. 109, 851;
MW 82, ^49. 83, 529; Lttbell 24, 620
(B. P.[oterf|).
*Dannenberf ,K lemens Freih.v., Gen.-Maj or,
zuletzt bis 1874 Kommandant v. Wesel,
* zu Koln 5. XII. 19; t auf Schloss Leben-
han b. Ne' stadt a. d. S. 23724. VI.: s. BJ
II, 76. — -, MW 82, 2437.
Fischer, Karl Johann Wilhelm Arwed v.,
Gen. d. In f . z. D., 1885 — 90 Kommandant
v. Kon : »erg, zuletzt Gen. -Lieut, b. d.
Offizierc d. Armee, * zu Dommitzsch,
Kr. Torg 1825; f zu Heidelberg 22. XI.
- L 111. Ztg. 109, 762; MW 83, 595.
Friedrich Franz III., Grossherzogv. Mecklen-
burg- Schwerin, Gen. d. Kav. u. Chef d.
Inf.-Reg. Nr. 43; s. Sp. 5*.
Fuchs, v., Gen. -Major z. D., zuletzt Oberst
u. Koramandeur d. damaligen 3. Branden-
burgischen Inf.-Reg. Nr. 26; f 21. IX. —
L MW 83, 595.
♦Goltz, Eduard Kuno Freih. v. d., Gen. d.
Inf. z. D. f Mitgl. d. Nordd. Reichstags
f. Minden-Llibbecke (kons.), * zu Wil-
helmsthal, Kr. Ortelsburg, in Ostpr. 5. II.
17; f auf Haus Ftilme b. Eisbergen a. d-
Weser, Kr. Minden, 29. X.: s. BJ II, 83.
- L 111. Ztg. 109, 649; MW 83, 529;
Mil.-Lit.-Ztg. 1897, 144; Lobell 24, 622
(B. P.[oten]); Hirth 7, 152; Freiherrl.
Taschenb. 1898, 330. 1 173.
Gotze, Adolf v., Gen.-Maj. z. D., zuletzt
bis 1 861 Oberst u. Kommandeur d. 5. Kav.-
Brig., * zu Poppeln in Ostpr. 15. VIII.
1800; f 7. II. — L 111. Ztg. 108, 213;
MW 82, 1642.
Hartwig, genannt von Naso, Ludwig,
Gen.-Lieut. z. D., zuletzt bis Frtihjahr 1897
Kommandeur d. 15. Div. in Kbln, * zu
Pasewalk 1842; f zu Kbln 28. IV. — L
III. Ztg. 108, 583; MW 82, 2435.
Haseler, Georg Graf v. (Pseudon. Georg
Kbppen), Rittmeister im Garde -Ktir.-
Reg. a. D M Redakteur; s. Sp. 9*.
Heinrich XIII., Prinz Reuss, Gen. d. Kav.
a la suite; s. Sp. 6*.
Heydebrand und der Lasa, Leopold v.,
Major z. D., Militar- u. Sportschriftsteller,
* zu Berlin 17. ILL 26; f zu Wien im
April. — L Litt. Centralbl. 1897, 511, —
- W KL 1897, 539.
Hohenlohe - Oehringen , Hugo Ftirst zu,
Gen. d. Inf. a la suite d. Armee; s. Sp.
9*.
Hymmen , Karl Friedrich Heinrich v.,
Gen.-Lieut. z. D., zuletzt bis 1876 Gen.-
Maj. u. Kommandeur d. 6. Kav. -Brig.,
Biogr. Jahrbuch u. Deutscher Nekrolog. 4. Bd.
73 J.; f zu Wiesbaden 28. III. — L 111.
Ztg. 108, 449; MW 82, 1643.
Jagemann, Gen.-Maj. z. D., zuletzt Direktor
d. Gewehr- u. Munitionsfabrik in Erfurt,
71 J.; f 26. XII. - L MW 83, 597;
Mil.-Ztg. 1898, 1.
Kaufmann, Johann Christian, Veteran d.
Freiheitskriege, Tischlermeister zu Rettgen-
stedt in Thiiringen, * 4. I. 1794; f zu
Rettgensiedt 18. IX. — L 111. Ztg. 104
Nr. 2691 (mit P) u. 109, S. 402.
Keller, Karl, Geh. Oberjustizrath, Mitgl. d.
Generalauditoriats; s. Abth. XX.
Kleckel, Hermann, Gen.-Maj. z. D. f zuletzt
bis 1886 Inspekteur d. Gewehrfabriken,
65 J.; f 20. DC. — L MW 82, 2951.
Kleist, Ewald v., Gen.-Maj. z. D. , zuletzt
bis 1896 Kommandeur d. 65. Inf. -Brig.,
51 J. ; f 13. V. — L MW 82, 2435.
•Kottwitz, Hugo Karl Alfred Eugen Freih. v.,
Gen. d. Inf. z. D., * zu Wahlstatt in Schles.
6. I. 15; f zu Stuttgart 13. V.: s. BJ II, 85.
— L 111. Ztg. 108, 648; MW 82, 2435;
Freiherrl. Taschenb. 1898, 511. 1176; Lb-
bell 24, 625 (B. P[oten]); Schwab. Kronik
1897, 998; Litt. Beil. z. Staatsanz. f.
WUrttemb. 1897, 866; [Stuttgarter] N.
Tagebl. 1897, in.
♦Kraatz-Koschlau, Alexander v., Gen. d.
Inf. z. D., * zu Wunneschin, Kr. Lauen-
burg, in Pommern 12. II. 17; f zuFriedenau
b. Berlin 12. IX.; s. BJ II, 86. — L 111.
Ztg. 109, 402 ; MW 82, 2951 ; Lbbell 24, 625
(B. P.[oten]).
L'oeillot de Mars, Josef v., Gen.-Maj. z. D. f
zuletzt bis 1896 Kommandant d. 13. Inf.-
B "g.» 57 J-»' t ™ Berlin 18. II. — L MW
82, 1641.
Michaelis, Eduard, Gen.-Maj. z. D., zu-
letzt bis 1890 Kommandeur d. 71. Inf.-
Brig., 62 J.; f zu Berlin 25. IX. — L MW
82, 2951.
Miinnich, Eduard v., Gen. d. Inf. z. D.,
zuletzt bis 1896 Gen.-Lieut, u. Komman-
deur d. 15. Div., 60 J.; f zu Berlin 15. XII.
— L 111. Ztg. 109, 881; MW 83, 597.
Nienstadt , Hermann (Pseudon. : N.
v. Engelnstedt), Oberstlieut. a. D., Mili-
tarschriftsteller, * zu Engelnstedt 29. V. 37 ;
f zu Weimar 3. VIII. — L 111. Ztg. 109,
209; KL 1897, 936 (mit W).
Nolte, Gottlieb, Veteran d. Freiheitskriege,
Rentier zu Neuholland b. Oranienburg,
* 10. VIII. 1796; f zu Neuholland 26. VIII.
— L 111. Ztg. 104 Nr. 2691 (mit P) u. 109,
S. 349.
Patrunky, Paul, Gen.-Lieut. z. D., zuletzt
bis 1894 Kommandant v. Metz, 62 J.; f
zu Lindheim in Oberhessen 31. III. —
L 111. Ztg. 108, 518; MW 82, 1643.
Rogge, Max Alfred, Gen.-Maj. z. D., zuletzt
b
35*
Todtenliste 1897: V. Miliars.
36*
bis 1S89 Kommandeur d. 62. Inf. -Brig.,
* zu Dtfberitz (Ost-Havelland) 1833; f zu
Blankenburg a. H. 1. L — L 111. Ztg.
108, 73; MW 82, 1639.
*Schachtmeyer, Hans v., Gen. d. Inf. z. D.
u. Chef d. Pommer. Ftts.-Reg. Nr. 34, zu-
letzt kommand. Gen. d. XIII. Armeekorps,
* zu Berlin 6. XL 16; f *u Celle 8. XL:
s. BJ II, 98. — L BJ II, 38*; 111. Ztg.
109,682; MW 82, 2677. 2701. 2729. 83,
529: Ltfbell 24, 629 (B. P.[oten]).
Schonberg, v., Hauptmann a. D., Besitzer
d. Gutes Kreipitzsch u. d. Rudelsburg,
adessen Entgegenkommen hauptsachl. d.
Errichtung d. drei vaterland. Denkmaler
auf d. Rudelsburg zu danken ware, 74 J. ;
f 27. VII. — L 111. Ztg. 109, 180.
Schbnburg-Waldenburg, PrinzHugo, Gen.
d. Inf.; s. Sp.12*.
Steinsdorff, v., Gen.-Maj. z. D. , zuletzt bis
1882 Kommandeur d. 17. Inf.-Brig, 72 J.;
f 28. XII. — L MW 83, 597; Mil. -Ztg.
1898, 1.
Stenglin, Viktor Friedrich Freih. v., Gen.-
Lieut. a. D M frtther in mecklenburg.
Diensten, zuletzt bis 1892 Gen.-Maj. u.
Kommandant v. Schwerin, audi Kom-
ponist, * 3. VII. 25; f zu WarnemUnde
29. VIII. — L MW 82, 2951; Freiherrl.
Taschenb. 1897, 1008. 1898, 1186.
♦Stocken, Eduard v., Gen. -Lieut, z. D.,
* zu Halberstadt 27. X. 24; f zu Hannover
24. X.: s. BJ II, 100. — L BJ II, 41*;
Ltfbell 24, 630 (B. P.[oten]).
Stoltz, Alexander, Gen.-Lieut. z. D., bis
1 868 Kommandeur d. 1 5. Inf.-Brig., 1 870/7 1
stellvertr. Kommandant d. 32. Inf.-Brig.,
86 J.; f zu Bonn 6. I. — L 111. Ztg. 108,
104; MW 82, 1641.
Strantz, F. B. v., Gen.-Lieut. z. D., zuletzt
bis 1S85 Gen.-Maj. u. Kommandant d.
28. Kav.-Brig., 68 J.; f 18. X. — L MW
83r 57o.
Strempel, Hugo v., Gen. d. Inf. z. D., zu-
letzt bis 1888 Gen.-Lieut. u. Kommandeur
d. 2. Div., 65 J.: f au f Schloss Walmen,
Kr. Forbach, in Lothr. 24. IX. — L 111.
Ztg. 109, 431: MW 82, 2951.
Stuckard, v., Dr. med., Gen.-Arzt I. CI. a. D.,
zuletzt Korpsarzt d. III. Armeekorps; s.
Abth. XXL
Stwolinski, Sylvius v., Gen.-Lieut. z. D.,
bis 1890 Kommandeur d. 15. Inf.-Brig.,
63 J.; f zu Naumburg a. d. S. 8. VI. —
L 111. Ztg. 108, 811.
Suchten, Julius v., Gen.-Maj. z. D., zuletzt
Oberst u. Kommandeur d. damaligen 2.
Pommer. Gren.-Reg. Nr. 9, 1870 71 stell-
vertr. Kommandant d. 2. Inf.-Brig., 88 J.:
t 1. IN. — L MW 82, 1641.
Trenk, Julius v., Gen.-Lieut. a. D., zuletzt
bis 1887 Kommandeur d. 16. Div., 71 J.:
t zu Gtirlitz 4. II. — L Allg. Ztg. 1S97
Nr. 37 Morgenbl.; MW 82, 1642.
Uthmann, Hans v., Gen.-Maj. z. D M zuletzt
Inspekteur d. 1. Ingenieur-Inspektion, * zu
Schneidingen 1824; f zu Wiesbaden 9. I.
— L 111. Ztg. 108, 104; MW 82, 1639.
•Vallet des Barres, Julius v., Gen. d. Inf.
z. D. a la suite d, Kadettenkorps , # zu
Mainz 5. VIII. 20: f zu Wiesbaden 17. XII. :
s. BJ II, 42. — L MW 82, 3057. 83, 529:
Labell 24, 618 (B. P[otenj).
♦Wasserfuhr, Hermann, Dr. med., Gen.-
Arzt I. CI.; s. Abth. XXI.
Wentzel, Hugo v., Gen.-Maj. z. D„ zuletzt
bis 1888 Kommandeur d. 29. Inf.-Brig., *
zu Koblenz 20. XII. 30; f zu Wiesbaden
16. VI. — L MW 82, 1617 (NekroL).
2438; 111. Ztg. 109, 51.
♦Werder, Hans v., Gen. d. Inf. z. D., * zu
Beuthen a. d. O. 29. VII. 34; f «« GSrlitz
6. XL: s. BJ II, 109. — L 111. Ztg. 109,
649: MW 83, 569.
WolffersdorfT, v., Gen.-Maj. z. D. t zuletzt
bis 1882 Kommandeur d. 19. Kav.-Brig.,
74 J.: f 20. XII. — L MW 83, 597; Mil.-
Ztg. 1898, i.
•Wilhelm, Prinz v. Baden, Gen. d. Inf.; s.
Sp. 5*.
Ziegler, Wilhelm, Gen.-Lieut z. D. f zuletzt
bis 1892 Kommandeur d. 6. Division, *
zu Ballenstedt 5. XL 35 ; f zu Jena 17. XI.
— L 111. Ztg. 109, 762 ; MW 83, 595.
Bayer n :
Dietl, Ignaz v., Gen.-Lieut z. D., zuletzt
Gouverneur v. Ingolstadt, 87 J.: f zu Mun-
chen 29. VII. — L 111. Ztg. 109, 209; MW
82, 2541.
•Fabrice, Friedrich v., Gen.-Maj. a. D.,
zuletzt bis 1893 Kommandeur d. 5. Inf.-
Brig., Militarschriftsteller, * zu NUrnberg
9. V. 36; f zu MUnchen 9. VI.: s. BJ II,
77. — L 111. Ztg. 108, 783; MW 82, 1 86 1.
Fliigel, Ritter v., Oberst, Chef d. Zentral-
abth. im Kriegsminist ; f zu Heid b.
Traunstein 8. VII. — L IIL Ztg. 109, S4:
MW 82, 2542.
Gramich, Viktor Ritter v., Gen.-Lieut.z.D. t
zuletzt bis 18S9 Kommandeur *d. 2. Feld-
art.-Brig., 68 J.; f zu MUnchen 30. IX. —
L MW 82, 2541.
Kuhlmann, Maximilian Ritter v., Gen.-
Lieut. z. D., zuletzt bis 1895 Kommandeur
d. 3. Div., * zu Landsberg a. L. 1837:
f zu MUnchen 12. I. — L Allg. Ztg. 1S97
Nr. 13 Abendbl. u. Nr. 16 Morgenbl.; 111.
Ztg. 108, 104: MW 82, 1053.
*Leoprechting,Marquard Wilhelm Freih. v.,
Oberst a. D., Zeichner u, Genremaler, * zu
Straubing 30. VII. 39: f zu Mtinchen 9. L:
s. BJ II, 186. — L 111. Ztg. 108, 104;
37'
Todtenliste 1897: V. Militars.
38<
MW 82, 1053; Miiller-Singer 2, 504; Freih.
Taschenb. 1898, 547. 1 177.
Narciss, Georg Rittcr v., Gen.-Maj. a. D.,
zuletzt bis 1872 Oberst u. Kommandeur
d. 12. Inf.-Reg., * zu Regensburg 2. II.
20; t daselbst 23. IX. — L 111. Ztg. 109,
431 ; MW 82, 2541 ; Bayerland 7, 51 (mitP).
Sachs en :
Fuchs-Nordhoff, August Julius Richard
Freih. v., Lieut, a. D., dramat. Dichter u.
Maler, * zu Mtfckern b. Leipzig 28. V. 55;
t zu Florenz 29. III. — L 111. Ztg. 108,
449; BrUmmer 4 1,400 (mitW); Hinrichsen 2
440 (rait W); Freiherrl. Taschenb. 1897,
266. 1898, 1 172.
•Holleben, genannt von Normann, Karl
Ludwig Friedrich Bernhard v., Gen. d.
Inf. z. D., * zu Unter-KBditz b. KSnigsee
in Schwarzburg-Rudolstadt, f zu Dresden
II. X.: s. BJ II, 85. — L BJ II, 20*: MW
83, 455; 111. Ztg. 109, 535.
Jacobi, Paul, Dr. med., Leibarzt desKttnigs,
Gen.-Arzt I. CI. u. Korpsarzt; s. Abth. XXI.
•Senfft von Pilsach, Adolf, Gen. d. Ka\.
z. D., * zu Koburg 4. X. 16; f *u Dresden
15. XII.: s. BJ II, 98. — L MW 83, 455;
III. Ztg. 109, 881; Allg. Mil.-Ztg. 1898, 3.
Walde, Traugott Georg, Gen.-Maj. z. D.,
zuletzt bis 1889 Kommandeur d. Inf.-Reg.
Nr. 107, * zu Bautzen 1834; f zu Blase-
witz b. Dresden 24. VIII. — L 111. Ztg.
109, 300; MW 82, 2651.
Wurttemberg:
Bullinger, Theodor v., Gen.-Maj. z. D.,
zuletzt Oberst u. Kommandeur d. Inf.-Reg.
Nr. 125, 59 J.; f zu Stuttgart 13. IX. —
L 111. Ztg. 109, 402; MW 82, 2525;Schwab.
Kronik 1897, 1911. 2123 (Sch.); Christen-
bote 1897, 386.
FSrnzler, v., Oberstlieut. z. D., zuletzt Kom-
mandeur d. Landwehrbez. Gmlind; f 25. 1.
— L MW 82, 1015; Litt. Beil. z. Staats-
anz. f. WQrttemb. 1897, 102.
'Haldenwang, Otto v., Gen. d. Inf. f • zu
Buttenbausen (Oberamt MUnsingen) 18.
VIII. 28; f zu Stuttgart 18. IV.: s. BJ
II, 148. — L 111. Ztg. 108, 555;MW82,
1694.
•Hecker, Karl, Major a. D., Novellist u.
Humorist, Mitredakteur d. Ztschr. »Vom
Fels zum Meer«, * zu Ulm 23. XI. 45;
t zu Stuttgart 18. XL: s. BJ II, 149. —
L KL 1897, 503 (mit W).
Hohenlohe-Oehringen , Hugo Ftlrst zu,
Gen. d. Kav. a la suite d. Armee; s. Sp.
9*.
Kdnig, Ernst Freih. v., Major a. D., * zu
Ludwigsburg 3. III. 26; f zu Stuttgart
20. IX. — L Freiherrl. Taschenb. 1897,
500. 1898, 1 1 76: Schwab. Kronik 1897,
1980.
Nagel, Ferdinand v., Oberst z. D., zuletzt
Stabs-Offizier und Bez.-Kommandeur im
Landjagerkorps; f 17. II. — L MW 82,
1015; Litt. Beil. z. Staatsanz. f. Wttrttemb.
1897, 269.
Baden :
*Gemehl, Bert hold, Gencralmajor, Kom-
mandeur d. Gendarmeriekorps, * zu Bruch-
sal 24. X. 32; f zu Karlsruhe 28. III. :
s. BJ II, 283.
♦StBlzel, Otto, Gen.-Maj. z. D., bis 1891
Kommandeur d. Gendarmeriekorps, * zu
Offenburg 13. I. 13; f zu Karlsruhe 17.
III.: s. BJ II, 284. — L 111. Ztg. 108,
385; MW 82, 1643.
Meckknburg-Schwerin :
Brandenstein, Georg Karl August Freih.
v., Gen. d. Kav. 1. D., frlibcr Chef d.
Milit.-Departements, bis 1882 k. preuss.
Gen.-Lieut. a. D., * zu Zurich 9. IX. 27 ;
+ zu Doberan 30. IV. — L MW 82,
2435; Freiherrl. Taschenb. 1898, 106.
1 1 69.
Braunschweig:
•Wachholtz, Robert v., Gen.-Lieut z. D.,
zuletzt im braunschw. Kontingent, * zu
Braunschweig 16. XL 16; f daselbst 28.
XII.: s. BJ II, 107. — L 111. Ztg. no,
19; MW 83, 597; Mil.-Ztg. 1898, I.
O esterreich- C/ngarn:
Barkassy, Bela v., Gen.-Maj., Generalstabs-
offlzier; + zu Mittewald b. Villach 24. VII.
— L 111. Ztg. 109, 180.
B5ck von Greissau, Karl Friedrich Freih.,
Feldmarschall-Lieut a. D., * zu Krumau
in Btthmen 11. X. 10; f *u Prag 24. II.
— L Freiherrl. Taschenb. 1897, 79.
1898, 1 168; 111. Ztg. 108, 273.
•Catty, Adolf Freih. v., Geh. Rath, Feld-
zeugmeister z. D., * zu Gross-Enzersdorf
in Niedertfsterr. 23. IX. 23, f zu Wien
9. V.: s. BJ II, 392. — L 111. Ztg. 108,
648; Freiherrl. Taschenb. 1897, 129.
1898, 1 169.
Czikos von Nagymezft, Stephan Ritter,
Feldmarschall-Lieut. i. R., 74 J. ; f 6. I.
Gaupp von Berghausen, Ludwig Ritter,
Feldzeugmeister i. R., 63 J. ; + zu Admont
5. XII. — L 111. Ztg. 109, 851.
Heyer von Rosenfeld, Friedrich, Haupt-
mann z. D., Genealog u. Heraldiker, * zu
Giessen 13. IV. 28; f zu Wien. — L
111. Ztg. 108, 73; KL 1897, 540 (mit W).
Hild, Julius, Feldmarschall-Lieut. i. R.,
59 J.; f zu Budapest 11. I. — L 111. Ztg.
108, 104.
Kirschner Ritter von Nordfort, Paul,
Feldmarschall-Lieut. i. R., 67 J. ; f zu
Oedenburg 22. VII. — L 111. Ztg. 109,
300; Milit.-Ztg. (Wien^ 1897, 31.
Kosak, Ludwig Ritter v., Feldmarschall-
b*
39
Todtenliste 1897: V. Militars. VI. Landwirthe.
40*
Lieut., Kommandant d. Theresianischen
Militarakad. in Wiener-Neustadt; j zu
Wien 13. IV. — L 111. Ztg. io8, 518.
Manger von Kir chberg, Karl, Gen.-Maj.
i. R., hervorragender FUhrer i. d. Schlacht
b. Custozza, 88 J.; f zu Graz 16. VI. —
— L 111. Ztg. 108, 8 n.
Metzger, Joseph, Gen.-Maj. i. R., lange
Zeit Kommandant d. Inf.-Kadettenschule
in Lobzow; f zu Wien 21. VII. — L 111.
Ztg. 109, 145.
•Neipperg, Erwin Graf v., Gen. d. Kav. ;
s. Sp. 11*.
Pachner von Eggenftorf und Stola£, Feld-
marschall -Lieut, i. R.; f in Bad Villach
24. IX. — L 111. Ztg. 109, 470.
Pacor von Karstenfels und Hegyalya,
Koloman, Feldmarschall - Lieut, i. R.,
58 J.; f 20. XL
Palflfy von Erdod, Graf Mori tz, Feldmar-
schall-Lieut. i. R.; s. Sp. 11*.
Purkher, Alois, Feldmarschall-Lieut. i. R.,
66 J.; f zuGrazs. IV. — L 111. Ztg. 108, 518.
Roszkowski, Julian v., Wirkl. Geh. Rath,
Feldmarschall - Leut., Kommandant der
Festung Przemysl; f daselbst 27. I. — L
111. Ztg. 108, 157.
Rozsa von Nay-Eged, Bartholomaus,
Feldmarschall-Leut. i. R., 59 J.: f 8. XL
Six, Alois Ritter v., Generalauditor i. R.,
73 J.; f zu Wien 28. III. — L III. Ztg.
108, 449
Sontag, August, Oberst i. R., Bruder d.
Schauspielers Karl S. u. d. Sangerin Hen-
riette S , »der die ktlnstlerischen Neigungen
seiner Geschwister theiltec; f zu Prag im
Mai. — L 111. Ztg. 108, 683.
Waldburg-Zeil-Zeil oder Zeil und Trauch-
burg. Graf Ludwig, Gen.-Maj. i. R.; s.
Sp. 13*.
Wimmer , Gustav, Feldmarschall - Lieut.
. i. R„ 62 J.: t zu Leitmeritz 13. V. — L
111. Ztg. 108, 683.
Sckiueiz:
•Rothpletz, Emil, Oberdivisionar, Prof. d.
Militarwissensch. am Polytechn. in Zurich,
* zu Aarau 21. II. 24; f zu Zurich 13. X.:
s. BJ II, 27. — L Schweiz. MiL-Ztg. 1897,
44. — W auch KL 1S97, 1 103.
Russland:
Richter, Alexander, Gen. d. Inf. u. Kom-
mandeur d. 16. Armeekorps; f zu Witebsk
19. I. — L 111. Ztg. 108, 129.
Schack, Adolf v., Gen.-Lieut. u. Komman-
deur d. 8. Armeekorps, * (in Preussen)
27. XL 28; f zu Odessa 3. IX. — L 111.
Ztg. 109, 370.
Steinheil, Baron, Gen. d. Inf., 74 J., * in
Kurland; f zu St. Petersburg 24. IX. —
L 111. Ztg. 109, 511.
Turkei:
Drigalski, Fedor v., Div.-Gcn. a. D., * zu
LUben in Schles. 1821; f zu Berlin 30.
VI. — L 111. Ztg. 109, 51. 89 (mil P).
v. Krumbiigel-Pascha (seit seinem Ueber-
tritt zum Islam Sekki Pascha), Brig.-
Gen. ; f zu Konstantinopel im Juni. —
L 111. Ztg. 109, 51.
Vereinigte Staatcn von Nordamerika:
Salomon, Frederick, General, zuletzt Ge-
neralvermesser im Mormonengebiet, * zu
Halberstadt 7. IV. 28; f »- HI- — ^ M-
Ztg. 108, 449.
2. Marine.
Deutsche* Reich:
Friedrich Wilhelm, Herzog v. Mecklenburg,
Lieut, z. S. u. Kommandant d. Torpedo-
bootes S 26; s. Sp. 5*.
Hacke, Graf Friedrich, Kontreadmiral
a. D.; s. Sp. 8*.
Weickhmann, Johannes, Kapitan z. S.
a. D., zuletzt bis 1890 Lootsenkommandeur
in Konigsberg, 78 J.; f zu Danzig 28.VIII.
— L 111. Ztg. 109, 349.
ester retch- Ungarn :
♦Daublebsky Freih.vonSterneck zu Ehren-
stein, Maximilian, Wirkl. Geh. Rath,
Admiral, Chef d. Marinesektion d. Reichs-
kriegsministeriums u. Marinekommandant,
* zu Klagenfurt 14. II. 29; f zu Wien 5.
XII.: s. BJ II, 387. — L Wurzbach 38,
298; N. Fr. Presse 11957; 111. Ztg. 109,
809 (P in Nr. 2829); Freiherrl. Taschenb.
1897, 162. 1899, 1 164.
•Wimpffen, Viktor Graf v., Korvetten-
kapitan a, D.; s. Sp. 13*.
VI. Landwirthe.
Bartmer, August, Landwirth u. Holbesitzer
in Ronnenberg, Landkr. Linden, preuss.
Landtagsabg.; s. Sp. 28*.
•Breitenlohner, Jakob, Dr. phi!., ausser-
ordentl. Prof. f. Meteorol., Klimatol. u.
Bodenkunde an d. Hochsch. f. Boden-
kultur in Wien, Land- u. Forstwirth, • zu
Oberweyr in Oberoesterr. 21.VIL33; f
4i<
Todtcnliste 1897: VI. Landwirthe. VII. Forstwirthe und Waidmanner.
42*
zu Wien 24. III.: s. BJ II, 241. — L BJ
II, 6 # . — W auch Kukula 81; Cat. Roy.
Soc. 7, 252. 9, 342.
Helldorf, H e i n r i c h v., sachsen - weimar.
Wirkl. Geh. Rath, Autoritat in landwirth-
schaftl. Fragen; s. Sp. 20*.
Hofer, Dominic us, Prof. Dr , Privatdozent
f. Thierheilk. an d. Thierarztl. Hochsch.
in MUnchen, * 181 7; f daselbst 13. VI.
— L Litt. Centralbl. 1897, 830; Leopol-
dina 33, 113. — W Kukula 367.
Jungck, Heinrich, Oekonomierath, lange
Zeit Administrator d. RieselgUter d. Stadt
Berlin, Begriinder u. frUherer Leiter d.
Vereins deutscher Landwirthschaftsbeamter,
1876 — 85 preuss. Landtagsabg. f. Ober-
u. Niederbarnim (freikons.), * zu Bredow
b. Nauen 3. V. 12; f 20. I. — L 111. Ztg.
108, 157.
Kameke, Albrecht Ernst v., Ritterguts-
besitzer auf Warnin, Direktor d. General-
landschaft v. Pommern ; f zu Berlin 30. V.
— L 111. Ztg. 108, 742.
Noodt, Wilhelm, Oekonomierath, 67 J ; f
zu Grosslichterfelde 21. IX. — L 111. Ztg.
109, 470.
♦Peters, Fritz, Gutsbesitzer auf Sieden-
bollentin in Vorpommern, der Freund des
Dichters Fritz Reuter, * auf Gut Liepen
in Mecklenburg-Schwerin 29. IX. 19; f zu
Siedenbollentin 18. XII.: s. BJ II, 246.
•Pfeiffer, Franz, Gutsbesitzer auf Aujed b.
Tuschau, President d. LandwirtschaftL
Zentralverbandes der Deutschen B&hmens,
Abg. d. Oesterr. Reichsraths: s. BJII.
Pfuel, Gustav v., Ritterschaftsdirektor a. D.,
Mitgl. d. preuss. Herrenhauses; s. Sp. 27*.
Pribyl, Leo, Dr. phil., land- u. forstwissen-
schaftl. Schriftsteller, SchriftfUhrer d.
Vereins z. Verbreitung landwirtschaftl.
Kenntnisse, 48 J.; + zu Wien 10. VII. —
L Centralbl. f. d. ges. Forstwesen 23, 421.
Sander, Julius, Rittergutsbesitzer, preuss.
Landtagsabg.; s. Sp. 29*.
Steiger, Heinrich Adolf, k. sachs. Geh.
Oekonomierath,RittergutsbesitzeraufLeute-
witz, Mitgl. d. sUchs. Landeskulturraths,
* 1817; f zu Meissen 17. IV. — L Mitth.
d. Ver. f. d. Gesch. Meissens 4, 552 (A.
Endler).
Stephann, Ernst, Rittergutsbesitzer, Reicbs-
tagsabg.; s. Sp. 26*.
Stohmann, Friedrich Karl Adolf, Dr. phil.,
ordentl. Honorarprof. f. landwirthschaftl.
Physiologie u. Agrikulturchemie u. Direk-
tor d. Agrikultur-chem. u. Landwirth.-
physiolog, Instistuts an d. Univ. Leipzig,
* zu Bremen 25. IV. 32; f zu Leipzig 1.
XI. — L 111. Ztg. 109, 666; Berichte Ub.
d. Verhandl. d. k. s&chs. Gesellsch. d.
Wissensch. 1897, 741 (W. Ostwald) ; Berichte
d. Chem. Gesellsch. 30, 3214; GUntz 2,
282 (mit W); PoggendorfF 2, 1015. 3, 1297
(mit W); — Journal f. Landwirthschaft
4 6 , 75- 153 (Soxhlet). — W auch Kukula
905. Suppl. 240. 294; Cat. Roy. Soc,
5, 837. 8, 1021. 11, 505; Btfrsenbl. f. d.
d. Buchh. 64, 8389.
Stoll, Gustav, Oekonomierath, frtiher Direk-
tor u. Grttnder d. Pomolog. Instituts zu
Proskau, 83 J.; f daselbst 19. IX. — L
HI. Ztg. 109, 431.
Suchsland, Heinrich, Direktor d. Bundes
d. Landwirthe; f zu Halle a. S. 29. III.
— L 111. Ztg. 108, 449.
Tiedemann, Erich v., Rittergutsbesitzer u.
preuss. Landtagsabg.; s. Sp. 30*.
Trientl, Adolf, Prof., d. alteste landwirth-
schaftl. Wanderlehrer Oesterreichs 79 J.;
f zu Umhausen im Oetzthal Anf. Marz.
— L Centralbl. f. d. ges. Forstwesen 23.
196.
Wilckens, Martin, Dr. phil., ordentl. Prof,
f. Thierphysiologie u. Thierzucht an d.
Hochsch. f. Bodenkultur in Wien, 63 J.;
f daselbst 9. VI. — L Centralbl. f. d.
ges. Forstwesen 23, 341.
VII. Forstwirthe und Waidmanner.
Baur, Franz Adolf Gregor v., Dr. phil.,
ordentl. Prof. f. Forstl. Versuchswesen,
Holzmesskunde u. Waldwcrthberechnung
mit forstl. Statik an d. Univ. Mlinchen,
* zu Lindenfels im Odenwald 10. III. 30;
+ zu MUnchen 2. I. — L BJ II, 3*; Allg.
Ztg. 1897 Nr. 2, S. 6a u. 7; Nr. 5 Mor-
genbl. 8.5c; Nr. 5 Abendbl. S. 3b; 111.
Ztg. 108, 48; Centralbl. f. d. ges. Forst-
wesen 23, 90 (p, mit W u. P); Allg. Forst-
u. Jagdztg. 73, 103 ( mit W); Ztschr. f.
Forst- u. Jagdwesen 1897, 77- — W auch
Kukula 31. Suppl. 73; Chroniken d. Univ.
MUnchen bis 1896; KL 1897, 63; Bflrsenbl.
f. d. d. Buchh. 64, 191.
Bohn, Konrad, Prof. f. Physik u. Geodiisie
an d. Forstlehranstalt in AschafTenburg;
s. Sp. 53*.
Bornemann, Karl, Wirkl. Geh. Kriegsrath,
Herausgeber v. Jagdgeschichten; s. Sp.32*.
•Breitenlohner, Jakob, Prof. f. Meteorolo-
gie u. Klimatologie an d. Hochschule f.
Bodenkultur in Wien; s. Abth. XL
Frank, E., Dr. phil. h. c. von Tubingen,
OberfcJrster zu Schussenried in Ober-
schwaben, »der in WUrttemberg die ma-
43*
VII. Forstw. u. Waidm. VIII. Berg- u. Htittenm. IX. Gewerbetreibendeetc.
44'
schinelle Torfgewinnung nach norddeut-
schem Muster eingeftlhrt u. seinen Namen
in d. gelehrten Welt durch d. Aufdeckung
d. oberschwab. Pfahlbauten bekannt ge-
macht« ; f zu Schussenried 9. IV. — L
111. Ztg. 108, 518; Schwab. Kronik 1897,
740; Allg. Forst- u. Jagdztg. 73, 34. 184.
Horn, Ludwig Wilhelm, hgl. braunschweig.
Geh. Kammerrath u. Vorstand d. forstl.
Versuchsanstalt, Leiter d. braunschweig.
Forstwesens, * zu Wolfenbuttel 8. IV. 29;
j zu Braunschweig 4. IV. — L BJ II, 20*;
Allg. Forst- u. Jagdztg. 73, 184. 415 (F.
Grundner, mit W); Ztschr. f. Forst- u.
Jagdwesen 1897, 440. Forstwissenschaftl.
Centralbl. 1 897, 343.
Muhl, Ferdinand, grosshgl. hess. Jager-
meister, Geh. Rath, * zu Langen 13. 1. 29;
f zu Darmstadt 24. XII. — L Allg. Forst-
u. Jagdztg. 74, 69. 107.
*Nordlinger , Hermann v., Dr. rer. nat.
et oecon. polit., Oberforstrath, frliher Prof,
f. Forstwissensch. an d. Akad. Hohenheim
u. d. Univ. Tubingen, * zu Stuttgart 13.
VIII. 18; f au f dem Salon b. Ludwigs-
burg 19. I.: s. BJ II, 287. — L BJ II, 33 »:
Litt. Beil. z. Staatsanz. f. WUrttemb. 1897;
Schwab. Kronik 1897, 123. 153; Allg. Ztg.
1897 Nr.22 Morgenbl.; Leopoldina 33, 52;
Ztschr. f. Forst- u. Jagdwesen 1897, 359;
Oesterr. Forst- u. Jagdztg. 1897, 101 (mit
P); Oesterr. Vierteljahrsschr. f. Forstwesen
I ^97i 63; Verhandlungen d. Forst wirthe
1897, 177. — W auch KL 1897, 943;
Bbrsenbl. f. d. d. Buchh. 64, 885.
Pribyl, Leo, Dr. phil., land- u. forstwissen-
schaftl. Schriftsteller; s. Abth. VI.
Schulenburg, Gebhard Graf v. d., hgl.
braunschweig. Vice-Oberjagermeister; s.
Sp. 13*.
♦Stephan, He in rich v., Staatssekr. d. deut-
schen Reichspostamts; s. Sp. io # .
Strahler, Adolf, filrstl. Pless'scher Ober-
fbrster, Botaniker: f ' m Febr. — L 111.
Ztg. 108, 273; Berichte d. deutschen botan.
Gesellsch. 15: Generalvers.-Heft 41 (Th.
Schube).
VVitzleben, Oskar Dietrich v., k. sachs. Geh.
Rath u. Oberlandforstmeister a. D. , * zu
Kamenz 7. II. 26 ; f zu Dresden 9. IV.
— L 111. Ztg. 108, 484.
♦Wolkenstein, Heinrich Graf v., k. u. k.
Oberstjagermeister; s. Sp. 14*.
VIII. Berg- und Hiittenmanner.
Bornemann, Karl Rudolf, Oberbergrath a. D.,
Autoritat f. Wasserbauten , Wasser- und
Wettermessungen , 76 J.; + zu Freiberg
i. S. 7. V. — L 111. Ztg. 108, 614.
Erhardt, Albrecht, Oberbergrath a. D.,
Mitgl. d. Direktoriums d. Krupp'schen
Werke, 78 J.; f zu Stuttgart 1. X. — L
111. Ztg. 109, 511; Litt. Beil. z. Staatsanz.
f. WUrttemb, 1897,1673; Schwab. Merkur
1897, 1839; Schwab. Kronik 1897, 2043.
*Eyferth, Bruno, Bergrath, Kammerassessor
u. ausserordentl. Mitgl. d. Direktion d.
braunschweig. Bergwerke, auch Zoolog,
* zu Holzminden 23. VI. 26; f zu Braun-
schweig 17. VI.: s. BJ II, 370. — L BJ
II, 20 # . — W auch Cat. Roy. Soc.
Sauer, Wilhelm, Bergwerksbesitzer, 72 J.;
f zu Essen a. d. Ruhr im Febr. — L 111.
Ztg. 108, 213.
*Thielen, Alexander, Generaldirektor d.
Aktiengesellsch. f.Bergbau u. Htittenbetrieb
»Phonix« in Laar b. Ruhrort, * zu Diissel-
dorf 3. V. 41; f zu Heidelberg 20. VII.:
s. BJ II, 234.
♦Tunner, Peter v., k. k. Hofrath, Ministerial-
rath u. jubil. Bergakademiedirektor, * zu
Turrach in Steiermark 10. V. 1809; f zu
Leoben 8. VI.: s. BJ II, 239. — L Berg-
u. httttenmann. Jahrb. 45, I; Wurzbach.
IX. Gewerbetreibende und Industrielle.
Aron, Julius, Dr. phil., Chemiker, Theo-
retiker auf d. Gebiete d. Keramik, Be-
grlinder d. »Thonindustrie - Ztg.«, * zu
Bublitz b. Stolp 3. XI. 40; f zu Berlin
14. VI. — L Leopoldina 33, 113; 111. Ztg.
108, 811.
Auberlen, Ferdinand, Kommerzienrath,
Theilhaber d. Firma Auberlen u. Ostertag
in Stuttgart, frliher Vorstand d. dortigen
Handelsb5rse, 70 J.; f daselbst 12. V. —
L 111. Ztg. 108, 648; Schwab. Kronik
1897, 1001; (Stuttg.) N. Tagebi. 1897
Nr. 112,
•Baare, Louis, Geh. Kommerzienrath, Ge-
neraldirektor d. Bochumer Vereins f. Berg-
bau u. Gussstahlfabrikation , * zu Minden
i. W. 12. VII. 21; f zu Bochum 17. V.:
s. BJ II, 235.
Borsig, Arnold, Industrieller, 30 J.; + beim
Ungllick in d. Hedwig-Wunsch-Grube zu
45*
Todtenliste 1897: IX. Gewerbetreibende und Industrielle.
46*
Zabrze in Oberschlesien i.IV. — L 111. Ztg.
108, 449.
Brink, Karl ten, Kommerzienrath, Theil-
haber u. Leiter d. Spinnerei u. Webcrei
Arlen b. Singen in Baden, * zu Courcelles
sur Aire (Dep. Meuse) 20. I. 27; f *u
Arlen 3. XII.: s. BJ II, 281. — L III, Ztg.
109, 809.
Bujatti, Franz, k. k. Hofseidenfabrikant,
Verf. einer »Gesch. d. Seidenindustr. in
Oesterreich«, 85 J.; f *u Wien 6. X. — L
111. Ztg. 109, 51 1; Wurzbach
Eberle, J. N. f Mitinhaber d. Laubsage- und
Uhrfedern fabrik von Eberle & Aramon in
Augsburg; f daselbst im Nov. — L 111.
^ Ztg. 109, 762.
Eissler, Jakob, k. k. Kommerzialrath, Vize-
prasident d. oesterreich-ungar. Vereins d.
Holzproduzenten , Holzhandler u. Holz-
industriellen in Wien, 62 J.; f daselbst
15. III. — L Centralbl. f. d. ges. Forst-
wesen 23, 196.
Gessner, Ernst, Maschinenfabrikant in
Aue, 71 J.; f daselbst 28. IV.
Goldenberg, Alfred, Fabrikbesitzer zu
Zorndorf i. Els., 1880—90 Reichstagsabg.
f. Zabern (protestl.), * zu Molsheim 28. I.
31; f zu Ermont (Dep. Seine-et-Oise) Anf.
Nov. — L 111. Ztg. 109, 682; Hirth 16,
153; Sch6nfeld 5 397.
♦Hirschberger, Traugott, Rentier u. frUher
MUhlenbesitzer zu Lttbbenau in d. Nieder-
lausitz, Reichstags- u. preuss. Landtags-
abg. (freis.): s. BJ II, 223.
*H6chl, Anton, Ziegeleibesitzer u. Archi-
tekturmaler in Mtinchen, * daselbst 20. II.
20; f ebenda 21. II.: s. BJ II, 183.
Kapeller, Heinrich, Fabrikant physikal. u.
meteorolog. Instrumente in Wien, 50 J.;
t daselbst 16. IV. — L Centralbl. f. d.
ges. Forstwesen 23, 246.
Klamt, Julius, Generaldirektor d. Kulmiz-
schen Wcrke b. Saarau in Schlesien; f
31. XII. — L 111. Ztg. no, 44.
Knoch, Adolf, Kommerzienrath in Saalfeld,
Begrtlnder d. thllringer Nahmascbinen-
industrie; f daselbst Anf. Dez. — L 111.
Ztg. 109, 851.
*Knosp, Rudolph v., Kommerzienrath,
Grossindustrieller, auch Abg. z. Zoll-
parlament, * zu Ludwigsburg 22. VI. 20;
t zu Stuttgart 26. III.: s. BJ II, 277. —
L (Stuttg.) N. Tagebl. 1897 Nr. 72; III.
Ztg. 108, 421.
Konig, Eduard, Mitinhaber d. Maschinen-
fabrik in Oberzell, Enkel d. Erfinders d.
Schnellpresse; f 16. (?) IX. — L 111. Ztg.
109, 402.
Koepp, Adolf, Kommerzienrath, Besitzer
einer chem. Fabrik, Handelskammerprasi-
dent in Wiesbaden, seit 1893 Reichstags-
abg. f. Wiesbaden (freis.), * zu Biebrich
a.Rh. 16. II. 30: t zu Wiesbaden 5. (oder6.?)
IV. — L 111. Ztg. 108, 484; KUrschners
Reichst. 1893, 188 (mit P): Minde 1893,
66 (mit P); Schoenfeld 5 195.
Kiintzel, Rektor in Oberweimar, Vorsitzender
d. Verbands thliring. Gewerbevereine; s.
Abth. XXII.
Martini, F. , Erfinder d. Martinigewehres,
Leiter d. Maschinengiesserei Martini & Cie
in Frauenfeld, 64 J.; + daselbst 29. I. —
L III. Ztg. 108, 157.
Matscheko, Michael, Ritter v., k. k. Kom-
merzienrath, Vizeprasident und vordem
President d. Niederttsterr. Gewerbever.,
v. 1885 — 91 Vertreter d. Bezirks Wieden
im Abg.-Haus, von Beruf Chemiker; f zu
Wien 29. I. — L 111. Ztg. 108, 157.
M5gle, Johann, Schlosser. — L Schwab.
Kronik 1897, 801.
Mullensiefen, Hermann, GlashUttenbesitzer,
Reichstagsabg.; s. Sp. 25*.
Neuner, Ludwig, Instrumentenfabrikant,
Leiter d. Firma Neuner u. Hornsteiner in
Mittenwald; f daselbst 22. VI. — L 111. Ztg.
109, 17.
Ott, Traugott, Fabrikant in Ebingen. —
L Schwab. Kronik 1897, 1859.
*Otto, Karl, Dr. phil., Chemiker, Besitzer
einer Fabrik feuerfester Erzeugnisse, • zu
Jalapa (Mexiko) 7. III. 38; f zu Ahrweiler
13. XL: s. BJ II, 233. — L Litt. Centralbl.
1897, 1540; 111. Ztg, 109, 722.
Protze, Adalbert, Kommerzienrath, Mit-
inhaber d. Protze'schen Teppichfabrik in
Berlin, 58 J.; f daselbst 18. IX. — L 111.
Ztg. 109, 402.
Reichardt, Hermann, tcchn. Direktor d.
»Dessauer Zuckerraffinerie« zu Dessau,
1890—96 Vorsitzender d. Handelskammer
daselbst, * zu Kamburg (Sachs.-Mein.) 22.
VI. 40 ; f zu Sinnershausen 6, VI. — L
111. Ztg. 108, 783.
Schafer, Fried rich, d. alteste Brauerei-
besitzer Newvorks, 80 J.: f daselbst 20.
V. — L 111. Ztg. 108, 783.
Schafer, Theodor, Fabrikant in Heiden-
heim; f *9- XI. — L Schwab. Albblatter
9, 145 (Barthelmess).
Scholder, Karl, Fabrikant in Alpirsbach.
— L Aus dem Schwarzwald 5, 144 (Dtfl-
ker).
Sch511er, Geh. Kommerzienrath, Besitzer d.
Zuckcrfabrik zu Klettendorf in Schlesien;
f zu Breslau 2. I. — L Allg. Ztg. 1897
Nr. 2; 111. Ztg. 108, 48.
Schon, Bruno, Kommerzienrath, Spinnerei-
besitzer in Werdau, BegrUnder grosser
Spinncreien in Russland, 53 J.; f zu Wer-
dau 10. I. — L 111. Ztg. 108, 104.
Schwab, Adolf, Besitzer v. Fabrikcn in
47"
Todtenliste 1897: IX. Gewerbetreibende u. Industrielle. X. Architektenetc.
48*
Wien u. in Hammerstein b. Reichenberg,
einer d. Ftihrer d. DeutschbOhmen, langj.
Vertreter d. prager, spater d. reichenberger
Handelskammer im Abg.-Haus d. tfsterr.
Reichsrathes, * zu Prag 14. IV. 33; f zu
Wien 20. I. — L 111. Ztg. 108, 129; Hahn
1891, 250; Klirschners Reichsrath 1891,
59 (mit P).
Seidel, Karl, Besitzer u. Begrlinder d.
Dbrrgemiisefabrik zu Miinsterberg in
Schlesien; f daselbst Anf. Febr. — L 111.
Ztg. 108, 193.
♦Spiegelberg , Julius, Kommerzienrath,
frtiherer Leiter d. Aktiengesellschaft f.
Jute- u. Flachsindustrie zu Braunschweig
u. Vechelde, * zu Peine 18. II. 33; f zu
Kttln 24, I.: s. BJ II. 369.
Steck, Georg, Pianofortefabrikant in New-
york, * zu Kassel 1829; t zu Neuyork Marz/
April. — L 111. Ztg. 108, 518.
Vering, Karl, Kommerzienrath, Grossunter-
nehroer f. Eisenbahn- u. Wasserbau ; f zu
Hannover 10. II. — L Allg. Ztg. 1897
Nr. 47 Morgenbl.; 111. Ztg. 108, 253.
Wagner, Emil v., Geh. Kommerzienrath,
Mitgl. d. Aufsichtsraths d. bedeutendsten
Aktiengesellschaften in Aachen, 83 J.; t
daselbst 27. XII. — L 111. Ztg. no, 19.
Wagner, F r i e d r i c h , Chef d. Firma » Wagner
& Keller« in Ludwigsburg. — Beobachter
1897 Nr. 45.
Wauer, Kommerzienrath in Herrnhut, In-
dustrieller, langj. President d. zittaue
Handels- u. Gewerbekammer, 74 J.; t d;-
selbst 25. IX. — L 111. Ztg. 109, 431.
Weule, Fried rich, Begrlinder d. Thum-
uhrenfabrik zu Bockenem (Prov. Hannover),
87 J.; f 12. X. — L 111. Ztg. 109, 535.
Wilhelmy, Otto, Obermeister d. leipziger
Klempnerinnung u. Vorsitzender d. Ver-
bandes deutscher Klempnerinnungen,Kigen-
thlimer u. Herausgeber d. »Illustr. £tg. f.
Blechindustriec, langj. Vorsitzender I. leip-
ziger Gewerbekammer, * 6. I. 45; J 4. I.
— L 111. Ztg. 108, 73.
Wolf, Heinri ch, Kommerzienrath u.Fabrik-
besitzer zu Hohenberg in Oberfranken,
bayer. Landtagsabg.; s. Sp. 27*.
X. Architekten und Ingenieure.
Altgelt, Hans, deutscher Architekt in Buenos-
Aires, 42 J.; f daselbst 30. VI. — L 111.
Ztg. 108, 614.
♦Berger, Matthias, Architekt, * in der
Vorstadt Au b. MUnchen 24. IV. 25; f zu
MUnchen 30. IV.: s. BJ II, 164. — L
MUller-Singer i, 109.
♦Bode, Richard Werner, Geh. Baurath, *
zu Halberstadt 1. VIII. 42; 7 zu Blanken-
burg a. H. 14. VII.: s. BJ II, 322. — L
BJ II, 4*.
Ehlers, Paul, Architekt, Vorstandsmitgl.
d. Architekten- u. Ingenieur-Vereins in
Hamburg. — LD, Bauztg. 31, 289.
Fink, Albert, Ingenieur, friiher VizeprSsi-
dent u. Generaldirektor d. nordamerikan.
Louisville- u. Nashville-Eisenbahn, * in d.
Nahe v. Frankfurt a. M. 27. X. 27; f zu
Sing-Sing 4. IV. — L 111. Ztg. 108, 518.
♦Franz, Hermann, Ingenieur, Geh. Ober-
baurath, • 12. XII. 27; f zu Berlin 20. VII.:
s. BJ II, 324. — L BJ II, ii*.
Guide, Karl, Oberbaurath in d. Abth. f.
Hochbauwesen im wlirttemberg. Ministerium
d. Innern; f zu Stuttgart 21. III. — L 111.
Ztg. 108, 421.
Hanke, Hugo, Direktord.Berlin-Charlotten-
burger Bauvereins, Stadtverordneter, 59 J.;
f zu Berlin 31. III. — L BJ II, 17*.
Hoffmann, Th., vonnals Oberingenieur d.
k. k. Ferdinands -Nordbahn in Wien, Er-
bauer d. Nordbahnhofes daselbst, • zu
Stuttgart 1824; f ebenda 16. XII. — 1 L
Schwab. Kronik 1897, 2647; D. Bauztg.
31 > 648.
Junot, Louis, Geh. Baurath, 1854 — 89
ftlrstl. schwarzburg-rudolstadt. Baurath in
Frankenhausen, Stiefsohn vonF.v. Schillers
altester Tochter, * zu KatzhUtte 1821: f
zu Frankenhausen 9. VI. — L 111. Ztg.
108, 811.
*Katz, Fr., Baurath, friiher Wasserbau-
inspektor, * zu Hameln 18. V r . 28; f zu
Hamburg 30. V.: s. BJ II, 360. — L BJ
II, 21*.
Keller, Gustav Graf v., friiher Vorsitzender
d. Direktion d. Th tiring. Eisenbahn ; s. Sp.
10*.
Klette, Otto Reinhold, k. sachs. Finanzrath,
Miterbauer d. Dresdner Bahnhofs, • zu
Dresden 20. V. 50; f zu Klotzsche b.
Dresden 8. VIII. — L BJ XL, 22*; 111. Ztg.
109, 240.
Klimm, Michael, Prof. f. Wasserbau am
Polytechnikum in Budapest, 45 J.: f daselbst
24.I. — L Litt. Centralbl. 1897, 190;
III. Ztg. 108, 157; Allg. Ztg. 1897 Beil.
Nr. 22.
♦Krancke, Theodor, Geh. Baurath, Eisen-
bahningenieur, * zu Hannover 18. II. 20;
f zu Berlin 28. I.: s. BJ II, 357. — L BJ
II, 23*.
Kreyssig, Eduard, Geh. Baurath, friiher
Stadtbaumeister in Mainz, 66 J.: *zuEichel-
sachsen im Vogelberg; f zu Mainz 11. III.
- L BJ II, 23*.
49*
Todtenliste 1S97: X. Architekten u. Ingenieure. XL Kaufleute.
50*
Kiihlwetter, E d u a r d , Geh. Reg.-Ratb, Eisen-
bahnfachmann, auch preuss. Landtagsabg.
(nat.-lib.), * zu DUsseldorf 1813: f zu Koln
15. VIII. — L 111. Ztg. 109, 268.
♦Loenartz, Jakob, Geh. Baurath, Elbstrom-
baudirektor, *zu Ernst a.d.Mosel 5. III. 35;
t zu Magdeburg 31. X.: s. BJ II, 357. —
L BJ II, 25*.
Matheis, Jakob Ritter v., Oberbaurath b.
d. Obersten Baubehorde im bayer. Minist.
d. Innern, 69 J.; f zu Mtinchen 13. II. —
L BJ II, 27*; Allg. Ztg. 1897 Nr. 45 u.
47 Morgenbl.
*Mertens, Franz, Architekt u. Kunstschrift-
steller, * zu DUsseldorf 1808; f zu Berlin
30. V.-. s. BJ II, 355. - L BJ II, 31*.
•Nehls, Johann Christian, Wasserbaudirektor,
auch techn. u. mathemat Schriftsteller, *
zu Schtilp b. Nortorf in Holstein 29. IX.
41 ; f zu Wilhelmsh5he b. Kassel 5. IX.:
s. BJ II, 332. - L BJ 'II, 32.
Pichler, Moritz Ritter v., Ingenieur u. tech.
Schriftsteller; f zu Velden am Wdrthersee
19. VIII. — L 111. Ztg. 109, 300; Litt.
Centralbl. 1897, I! 49-
Rennen, Franz Karl, Wirkl. Geh. Oberreg.-
Rath, Eisenbahndirektionsprasident z. D.,
79 J.; f zu Koln 10. I. — L 111. Ztg. 108,
104; Allg. Ztg. 1897 Nr. 12 Abendbl.
Roesener, Adalbert, preuss. Baurath
a. I)., 70 J.; f zu Neisse 21. II. — L
BJII, 3 6 # .
•Rupp, Adolf, Architekt, * zu Athen 10.
III. 43 ; f zu Mtinchen 1 5. V. : s. BJ II, 228.
*Rziha, Franz Ritter v., Hofrath, Prof. f.
Eisenbahn- u. Tunnelbau u. Enzyklopadie
d. Eisenbahn- u. Tunnelbaus an d. Techn.
Hochsch. in Wien, * zu Hainspach in
Bobmen 28. III. 31; f im Gasthof am
Semmering 22. VI.: s. BJ II, 333. — L
BJ II, 37*: HI- Ztg. 109, 17. — W KL
1897, 1115; Kukula 782. Suppl. 211.
♦Salzmann, Max, Dombaumeister in Bremen,
* zu Breslau 20. VIII. 50; f zu Bremen 4.
(oder 6. ?) II.: BJ II, 359- — L BJ II, 38*.
Schwalbach, Karl Leonhard, Architekt,
56 J.: f zu Frankfurt a. M. 29. XII. — L
111. Ztg. no, 44.
Siebold, Michael, Werkmeister in d. Konig-
schen Schnellpressenfabrik, Erfinder; f zu
Zell a. M. 9. I. — L Allg. Ztg. 1897
Nr. 12 Abendbl.
Stahr, Otto, Oberbaurath, Referent im
sachsen-weimar. Minist, Sohn d. Schrift-
stellers Adolf Stahr; f zu Hamburg 24. (?)
X. — L 111. Ztg. 109, 649.
•Suche, Ludwig, Geh. Reg.-Rath, Meister
im Brtickenbau, • zu Wchlau in Ostpr.
1822; f zu Bromberg 10. IX. : s. BJ II,
359. - L BJ II, 42*.
♦Thielen, Alexander, Generaldirektor d.
Aktiengesellsch. f. Bergbau- u. Htttten-
betrieb »Ph8nix« in Laar b. Ruhrort,Bruder
d. preuss. Eisenbahnministers, * zu DUssel-
dorf 3. V. 41: f zu Heidelberg 20. VII.:
s. BJ ^11, 234. — L 111. Ztg. 109, 145.
♦Wagner, He in rich, Dr., Geh. Baurath,
Prof. f. Baukunst an d. Techn. Hochsch.
in Darmstadt, * zu Stuttgart 5. X. 34; f
zu Darmstadt 19. III.: s. BJ II, 279. —
L BJ II, 44*; (Stuttg.) N. Tagebl. 1897
Nr. 80; Allg. D. Biogr. 44, 437 (L. Fran-
kel). — W Kukula 969.
Wernich, Oberbaurath, stellvertr. President
d. Eisenbahndirektion in Kattowitz; f da-
selbst 23. XI. — L 111. Ztg. 109, 809.
Wirth, Franz Ulpian, Techniker u. Friedens-
prediger, * zu Baireuth 6. VII. 26; f zu
Frankfurt 15./16. V. — L Allg. D. Biogr.
43, 527 (L. Frankel). — W KL 1897, 1467.
XI. Kaufleute.
Born, Julius Freih. v., osterr. Finanzmann,
verdient um d. Hebung d. Industrie in
Krain, 57 J.; + 5. II. — L 111. Ztg. 108,
193- 213.
Botticher, Oskar, Direktor d. Dresdner
Bankvereins, 49 J.; f zu Dresden 2. XII.
— L 111. Ztg. 109, 809.
Densch, Kommerzienrath. — L Schwab.
Kronik 1897, 2664.
Dorasil, Karl, President d. Handelskammer
zu Troppau in Oesterr.-Schlesien u. Mitgl.
d. dortigen Landtags, 68 J.; f daselbst
28. IX. — L 111. Ztg. 109, 511.
Fleischmann, deutsch-amerikan. Millionar u.
Sportsfreund; + zu Neuyork 12. XII. —
L 111. Ztg. 109, 881.
Frahm, Wilhelm, Grosskaufmann , Thcil-
haber d. Zigarrenfabrik Hermann Upmann
& Cie, frliher Flihrer der deutschfreis.
Partei in Bremen, 67 J.; + daselbst 21. X.
— L 111. Ztg. 109, 606.
Franck, Gust a v. — L Schwab. Kronik
1897, 901-
Fritze, Johannes, Grosskaufmann in Bremen ;
t daselbst 30. VIII. — L 111. Ztg. 109,
349-
Grauer, J. M.. Hopfenhandler. — L Schwab.
Kronik 1897, 1052.
Griinfeld, Kommerzienrath, Begrtlnder eines
grossen Leinenhauses zu Landeshut in
Schles. ; f zu San Remo 19. I. — L 111.
108, 129.
Heese, Julius, Chef d. berliner Seidenfirma
J. A. Heese, 79 J.; f zu Bad Wildungen
2. IX. — L 111. Ztg. 109, 349.
Hohenemser, Wilhelm, Mitinhaber d.
5»'
Todtenliste 1897: XI. Kaufleute. XII. Philosophen.
52'
Bankhauses M. Hohenemser in Frankfurt
a. M.: f daselbst 8. XII. — L 111. Ztg.
109, 851.
Jakobi, Ernst, Inhaber d. Firma Pfeffer u.
Weissenfels Nachf. in Magdeburg, 2. Vor-
sitzender d. deutschen Zuckerexport-Ver-
eins; f daselbst 25. VI. — L 111. Ztg.
109, 17.
*Knosp, Rudolf v., Geh. Kommerzienratb,
1867 Mitgl. d.Zollparlaments(grossdeutsch),
* zu Ludwigsburg 27. VI. 20; f zu Stutt-
gart 26. III.: s. BJ II, 277. — L Hirtb
7, 170.
Krippner, Friedrich, frtiher Theilhaber
der Grosshandlung I. F. PUttner & Sohn
in Hof; s. Sp. 27*.
Lobbecke, Otto, Kommerzienratb, friiher
Mitinhaber d. Bankhauses Gabr. Lobbecke
& Cie in Braunscbweig, 71 J.; t daselbst
n. XL — L 111. Ztg. 109, 682.
Madack, Rudolf, Direktor d. Leipziger
Kreditbank, 62 J.; f daselbst 19. II. — L
111. Ztg. 108, 253.
Magnus, Moritz, der alteste Chef d. Bank-
hauses B. Magnus in Hannover, 59 J.: f
II. III. — L 111. Ztg. 108, 355.
Mayer, J., Chef d. Bankfirma Mayer & Cie
in Metz, President d. dortigen HanTlels-
kammer; f daselbst 10. II. — L 111. Ztg.
108, 213.
Merkel, Richard. — L Schwab. Kronik
i897» 553-
Meyer, John, Direktor d. Hamburg- Amerika-
Packetfahrt-Aktiengesellschaft: f zu Ham-
burg 23. VI. — L 111. Ztg. 109, 17.
Meyer, Martin, ehemaliger President d.
Innsbrucker Handels- u. Gewerbekammer,
VizebUrgermeister v. Innsbruck u. Land-
tagsabg.. 70 J.; f daselbst 30. IV. — L
III. Ztg. 108, 555.
Naegele, Julius, Kommerzienrath u. Hof-
bankier in Karlsruhe: f daselbst 30. VIII.
— L 111. Ztg. 109, 349.
Neufville, Otto v., italien. Generalkonsul,
Senior d. Firma D. & J. de Neufville zu
Frankfurt a. M., 43 J.; f daselbst 11. I.
— L 111. Ztg. 108, 104; Allg. Ztg. 1897
Nr. 12 Morgenbl.
Oppenheimer, Albert, Kommerzienratb,
frtther Inhaber d. Firma Lehmann, Oppen-
heimer & Sohn in Braunschweig, S2 J.;
f daselbst 12. VI. — L 111. 108, 783.
Oertel, Huldreich, Generaldirektor d.
Versicherungsgesellschaft Donau in Wien
u. President d. dortigen Vereins d. Reichs-
deutschen »Niederwald«; f daselbst 3. IX.
— L 111. Ztg. 109, 349.
Ruscheweyh, Bankvorsteher in Gorlitz,
Grvinder d. dortigen Singakademie, 73 J.;
f daselbst 16. V. — L 111. Ztg. 108, 683.
*Schonlank, William, Generalkonsul d.
mittelamerikan. Republiken, bis 1887 Chef
d. Indigo - Importhauses Sal. Schflnlank
Sohne in Berlin, Forderer geograph. For-
schungen und UnterstUtzer vieler gemein-
ntttzigen u. humanitaren Bestrebungen , *
zu Markisch - Friedland 6. VIII. 14; t zu
Berlin 23. XII.: s. BJ II, 304.
Schwabe, G. C, Ehrenbtirger seiner Vater-
stadt Hamburg, welcher er 1887 seine
Gemaldegalerie schenkte; + zu London
13. 1. — 111. Ztg. 108, 129.
Thode, Robert, Begrlinder u. langjahriger
Leiter d. frttheren Thode'schen Bankhauses
in Dresden, das 1891 in die Dresdner
Bank Uberging, ehemals auch Konsul d.
Hansestadte, 73 J.; f auf Schloss Schos-
dorf in Schlesien. — L 111. Ztg. no, 44.
Westendarp, Wilhelm, Inhaber d. grossten
Elfenbeinhandlung d. Welt Heinrich Ad.
Meyer in Hamburg, Neffe v, Karl Schurz;
f daselbst 25. I. — L 111. Ztg. 108, 157.
XII. Philosophen.
Hermann, Conrad, Dr. phil., ordentl.
Honorarprof. f. Philosophic an d. Univ.
Leipzig, auch dramat. Dichter, * zu Anger
b. Leipzig 30. V. 19,* J zu Klosterlausnitz
I5 . VII. — L Hinrichsen 1 ' 557 (mit W);
Gubernatis 1171 (mit W); Bruminer* 2,
141; 111. Ztg. 109, 118. — W auchKukula
341; KL 1897, 528.
"Kaiser, Victor, Dr. phil., Prof. f. Philo-
sophic, Kultur- u. Kunstgesch. am Lyzeum
in Solothurn, # daselbst 3. VII. 21;
f ebenda 30. IX.: s. BJ II, 181.
*Meyer, jUrgenBona,Dr. phil., Geh. Rcg.-
Rath, ordentl. Prof. f. Philosophic an d.
Univ. Bonn, * zu Hamburg 25. X. 29; f zu
Bonn 22. VI.: s. BJ II, 397. — L 111. Ztg.
108, 51 (mit P); Hinrichsen- 901, Born-
mliller 489 u. KL 97, 875 (mit W). —
W auch Kukula 612. Suppl. 167.
Nathan, Julius, Dr. phil., Arzt, philosoph.
u. naturwissenschaftl. Schriftsteller, * zu
Zdung 6. X. 55; f zu Berlin 4. VII. - L
Litt. Centralbl. 1897, 923; 111. Ztg. 109,
84; KL 97, 922 (mit W).
Wolff, Johannes, Dr. phil., ausserordentl.
Prof. f. Philosophic an d. Univ. Bonn, * zu
Arzheim b. Ebrenbreitstein 9. XI. 50;
f zu Bonn 4. IV. — L Philos. Jahrb. 10,
368. — W KL 97, 148 2; Keiter 5, 256,
53*
Todtenliste 1897: XIII. Mathematiker u. Astronomen. XIV. Naturforscher.
54*
XIII. Mathematiker und Astronomen.
♦Bardey, Ernst, Dr. phil., Mathematiker,
* zu Muchow b. Neustadt (Mccklenburg-
Schwerin) 21. V. 28; t in Bad Stuer 1.
IV.: s. BJ II, 292. — L Leopoldina 33,
112; Hinrichsen* 56 (mit W). — W auch
KL 95, 50.
Bielmayr, Julius, Dr. phil., ordentl. Prof,
f. Mathematik, Mechanik, Astronomie und
polit. Arithmetik am k. Lyceum in Regens-
burg, * in der Vorstadt Au b. Mlinchen
13. IX. 32; f zu Regensburg 28. VII. —
L Jahresbericht lib. d. Lyceum in Regens-
burg 1897/98. S. 17 u. 26 (W. Schenz);
Leopoldina 33, 157. — W KL 97, 102;
Keiter 5, 17.
Bonn, Conrad, Dr. phil., ordentl. Prof. f.
Physik an d. k. Forstlehranstalt zu
Aschaffenburg, frliher Prof. f. Mathem. an d.
Univ. Giessen, * zu Bornheim b. Frank-
furt a. M. 23. XII. 32 ; f zu Aschaffenburg
13. IX. — L Leopoldina 33, 128; Poggen-
dorff 3, 151; Allg. Forst- u. Jagdztg. 73,
447 (mit W). — W auch Cat. Roy. Soc.
1, 456. 7, 206. 9, 281.
Doellen, Johann Heinrich Wilhelm v.,
Geh. Rath u. Prof., Astronom, bis 1890
Observator an d. Sternwarte in Pulkowa,
* zu Mitau 25. (13. a. St.) IV. 20; + zu
Dorpat 16. II. — L BJ II, 8*; Poggen-
dorff i, 585. 3, 367 (mit W); Leopoldina
33. 55; Allg. Ztg. 1897 Beil. Nr. 48. —
W auch Cat. Roy. Soc. 2, 306. 7, 545. —
P Vierteljahrsschr. d. Astronom. Gesellsch.
32, 146.
Haerdtl, Eduard Freih. v., Dr. phil., ausser-
ordentl. Prof. f. Astronomie an d. Univ.
Innsbruck, * zu Penzing b. Wien 10. VI.
61; f zu Innsbruck 20. III. — L BJ II,
16* (mit W u. P); Leopoldina 33, 112;
Freiherrl. Taschenb. 1897, 358. 1898, 1 174.
— W auch Kukula 304. Suppl. 94; Cat.
Roy. Soc. 10, 107.
Kolbe, Joseph, Dr. phil., Hofrath, frUher
ordentl. Prof. f. Mathem. an der Techn.
Hochsch. in Wien, * daselbst 11, V. 25;
+ ebenda 27. (26.?) II. — L BJ II, 25*
(mit W u. P); Ztschr. f. d. mathem. u.
naturwiss. Unterricht 2S, 310; Allg. Ztg.
1S97 Beil. Nr. 48. — W auch Kukula 478;
Cat. Roy. Soc. 8, 106.
Lindemann, Eduard, Staatsratb, wissen-
schaftl. Sekretar u. Bibliothekar der Stern-
warte in Pulkowa, * zu Nischnij Nowgorod
13. (1. a. St.) I. 42; f zu Pulkowa 22.
XII. — L Poggendorff 3, 815 (mit W);
111. Ztg. no, 44; Leopoldina 34, 54. —
W auch Cat. Roy. Soc. to, 602.
Necker, Carl August Ferdinand, Dr. phil.,
Astronom, * zu Berlin 26. XI. 67; + in
Folge eines Unglticksfalls zu Kubriel-
Qubbah 23. XII. — L Litt. Centralbl.
1898, 69; Leopoldina 34, 55; Vita in C.
Neckers Diss.: Ausgleichung v. Massen-
beobachtungen atmospharischer Licht-
erscheinungen. Berlin 1894.
♦Nehls, Johann Christian, Wasserbaudirektor,
Verf. mathem. Schriften; s. Abth. X.
Niiesch, Jakob, Dr. phil., Lehrer f. Mathe-
matik u. Naturwissensch. an d. stadt. Real-
schule in SchafThausen ; f daselbst 31.
VII. — L Leopoldina 33, 98.
Sobering, Ernst, Christian Julius, Dr. phil.,
ordentl. Prof. f. Mathem. an der Univ.
Gbttingen, * zu Sandbergen f>. Llineburg
13. VII. 33; f zu Gbttingen 2. XI. —
L Vierteljahrsschr. d. astronom. Gesellsch.
1898, 2 (W. Schur, mit W u. P); Poggen-
dorff 1, 791. 3, 1183; Leopoldina 33, 161
(mit W). — W auch Kukula 803; Cat.
Roy. Soc. 5, 458. 8, 851. n, 303.
*Weierstrass, Karl Theodor Wilhelm, Dr.
phil., ordentl. Prof. f. Mathem. an der
Univ. Berlin, Mitgl. d. preuss. Akad. d.
Wissensch. etc., * zu Ostenfelde (Kr.
Mttnster i. W.) 31. X. 15; f zu Berlin
19. II.: s. BJ III, 170. — L BJ II, 45*;
Leopoldina 33, 21. 54: 111. Ztg. 108, 253
u. 1895 Nr. 2731 (mit P); Allg. Ztg. 1S97
Beil. 42: weitere zahlreiche Litt. s. Mathem.
Jahrb. 28, 32 — 35. — W auch Kukula 987.
Suppl. 259; Poggendorff 1, 1282. 3, 1424;
Cat. Roy. Soc. 6, 303. 8, 1210. 7, 769;
Borsenbl. f. d. d. Buchh. 1895, Nr. 265.
Winnecke, Friedrich August Theodor, Dr.
phil., bis 1883 ordentl. Prof. f. Astronomie
und Direktor d. Sternwarte an der Univ.
Strassburg, * zu Gross-Heere bei Hildes-
heim 5. II. 35; + zu Bonn 3. XII. — L
Globus 20, 329 (mit P); Himmel u. Erde
10, 230 (W. FGrster, mit P); Viertel-
jahrsschr. d. astronom. Gesellsch. 1898, 5
(E. Hartwig, mit P); Naturwissenschaftl.
Rundschau 1898 Nr. 6 (A. Berberich);
Leopoldina 33, 155. 167 (mit W); Nature
57, 155. — W auch Poggendorff 1, 1339.
3, 1453; Cat. Roy. Soc. 6, 397. 8, 1252.
ii, 826.
phil.,
Aron, Tulius, Dr
Abth/ IX.
♦Auerbach, Leopold, Dr. mecL, ausser
XIV. Naturforscher.
Chemiker; s. ordentl. Prof. f. Physiologie an d. Univ.
Berlin, * daselbst 27. IV. 28; + ebenda
1. X.: s. BJ II, 34. — L Leopoldina 33,
55 s
Todtenliste 1897: XIV. Naturforscher.
56*
130. 158 (mit W); 111. Ztg. 109, 470. —
W auch KL 1897, 34; Kukula 13.
Baumgartner, Leopold, Konservator d.
DOH'schen Herbariums zu Freiburg i. B.;
t daselbst 14. IV. — L Leopoldina 33,
Bohn, Conrad, Prof. f. Physik und GeodSsie
an d. Forstlehranstalt Aschaffenburg; s.
Abth. XIII.
♦Breitenlohner, Jakob, Dr. phil., ausser-
ordentl. Prof. f. Meteorologie, Klimatologie
u. Bodenkunde an d. Hochschule f. Boden-
kultur in Wien; s. Abth. VI.
Buchner, Christian Ludwig Otto, Dr. phil.,
Gymn. Prof. a. D., Physiker und Lokal-
historiker, * zu Darmstadt 22. V. 1828,
f zu Giessen 5. II. — L 111. Ztg. 108,
193; Poggendorff 3, 210 (mit W). — W
auch KL 1897, 173; Cat. Roy. Soc. 7,
296. 9, 390.
Dahlen, H. \V., Generalsekretar d. deutschen
Weinbauvereins in Wiesbaden; f daselbst
31. VII. — L Leopoldina 33, 98. — - W
Cat. Roy. Soc. 7, 476.
Drechsel, Heinrich Ferdinand Edmund,
Dr. med. et phil., ordentl. Prof, f.physiolog.
u. patholog. Chemie u. f. Pharmakalogie,
sowie Direktor d. med.-mech. Instituts an
d. Univ. Bern, * zu Leipzig 3. IX. 43;
f zu Neapel 22. IX. — L Leopoldina 33,
122. 128. 34, 43. 61 (A. Tschirch, mit
W); Poggendorff 3, 380 (mit W). — W
auch KL 1897, 257; Kukula 147. Suppl.
56; Cat. Roy. Soc. 7, 557. 9, 733.
Erlanger, Raphael Freih. v., Dr. phil.,
ausserordentl. Prof. f. Zoologie an der
Univ. Heidelberg, * zu Paris 23. VII. 65 ;
t zu Heidelberg 30. XL — L Leopoldina
33, 166 (mit W); 111. Ztg. 109, 809.
Ettingshausen, K on s tan tin Freih. v., Dr.
med., Reg.-Rath, ordentl. Prof. f. Botanik
u. Geschichte d. Pflanzenwelt an d. Univ.
Graz, * zu Wien 16. VI. 26: f zu Graz
1. II. — L Allg. Ztg. 1897 Bcil. Nr. 26;
111. Ztg. 108, 193; Leopoldina 33, 21. 53
(mit W); Hinrichsen 3 338 (mit W); Frei-
herrl. Taschenb. 1897, 221. 1898, 1171.
— W auch KL 1897, 309; Kukula 181.
Suppl. 65; Cat. Roy. Soc. 7, 627. 9, 815.
Fiek, Emil, Apotheker in Kunnersdorf b.
Hirschberg, Bearbeiter d. Flora Schlesiens;
f daselbst 21. VI. — L Litt. Centralbl.
iS97, 860 ; Berichte d. Deutschen botan.
Gesellschaft 1898, Generalvers.-Heft 12;
Leopoldina 33, 114.
♦Fraas, Oskar Friedrich v., Dr. phil.,
Direktor a. D. des k. Naturalien-Cabinets
in Stuttgart, * zu Lorch im Remsthal 17.
I. 24; f zu Stuttgart 22. XL: s. BJ II,
146. — L Schwab. Albbll. 9, 1 45; Poggen-
dorff 3, 468 (mit W); Geogr. Jahrb. 20,
470 (W. Wolkenhauer). — W auch KL
18971 35° ? Cat. Roy. Soc^ 7, 697. 9, 911.
Frank, E. t Oberfbrster, Ethnograph; 5.
Abth. VII.
Frenzel, Johannes, Dr. phil., Prof., Direk-
tor d. Biolog. Instituts am Mttggelsee b.
Berlin; + zu Friedrichshagen 21. X. —
L 111. Ztg. 109, 570; Leopoldina 33, 159
(mit W).
*Fresenius, Carl Remigius v. (Carl ist
nicht der Rufname), Dr. phil., Prof., Geh.
Hofrath, Besitzer u. Direktor d. chem.
Laboratoriums in Wiesbaden, * zu Frank-
furt a. M. 28 XII. 18; f zu Wiesbaden
II. VI.; s. BJ II, 248. — L BJ II, 12*.
III. Ztg. 108, 774 (mit P); Leopoldina 33,
96; Poggendorff 1, 799. 3, 474 (mit Wj;
Sitzungsber. d. MUnch. Akad., math.-phys.
KL, 48, 452 (Voit). — W auch KL 1S97,
361 ; Cat. Roy. Soc. 7, 708. 9, 926.
*Gatke, Heinrich, Ornitholog, * zu Pritz-
walk (Mark Brandenburg) 19. V. 14;
t auf Helgoland 1. I.: s. BJ II, 409. —
L 111. Ztg. 108, 73.
Gercke, Georg, Dipterologe; + zu Ham-
burg. — L Leopoldina 33, 56.
Griitter, Max, Lehrer in Buschkowko b.
Priest; im Eisenbahnzug ermordet 2. IV.
— L Leopoldina 33, 91.
Hager, Hermann, Dr. phil., Apotheker u.
Chemiker; s. Abth. XXL
*Heidenhain, Rudolf Peter Heinrich, Dr.
med., Geh. Med.-Rath, ordentl. Prof. f.
Physiologie u. Histologic u. Direktor d.
Physiolog. Instituts an d. Univ. Breslau,
* zu Marienwerder in Westpr. 29. I. 34:
t zu Breslau 13. X : s. BJ II, 75. — L
BJ II, 17* (irrig unter d. Namen Heiden-
heim); Sitzungsber. d. Mtinch. Akad., math.-
phys. KL, 1898, 460 (C. Voit); Leopoldina
33. 130. 159. 34, 91 (F. Schenck); MUnch.
Med. Wochenschr. 1897 Nr. 50; Poggen-
dorff 3, 604 (mit W). — W auch Kukula
325. Suppl. 101.
Heydenreich, Geh. Rath, Lepidopterolog;
+ zu Osnabrlick 18. V. — L Leopoldina
33. "3.
Hofer, Dominikus, Dr., Prof., Zoolog;
s. Abth. VI.
Huth, Ernst, Dr. phil., Oberlehrer am
Realgymn. in Frankfurt a. O., Botaniker,
* zu Potsdam 1845; t zu Frankfurt a. O.
5. VIII. — L Leopoldina 33, 118.
Kenngott, Gustav Adolf, Dr. phil., fruher
ordentl. Prof. f. Mineralogie an Polytechn.
u. Univ. in Zurich, * zu Breslau 6. I. 18;
+ zu Lugano 14. III. — L Sitzungsber. d.
Mtinch. Akad. d. Wissensch., math.-phys.
KL 1897, 44° (C. Voit); Leopoldina 33,
38. 55 ( mit w ); Poggendorff 1, 1242.
3, 713 (mit W); Vierteljahrsschrift der
57'
Todtenliste 1897: XIV. Naturforscher.
58*
Naturforsch. Gesellsch. in ZUrich 42, 47
(U. Grubenmann). — W auch Kukula 431.
Suppl. 129; Cat. Roy. Soc. 10, 386.
Kessler, Hermann Fried rich, Dr. phil.,
Prof., Oberlehrer an d. Oberrealschule zu
Kassel a. D., Entomolog, * zu Treis a.
Lunde (Hessen-Darmstadt) 17. VI. 16;
f zu Kassel 2. IV. — L Litterar. Centralbl.
1897, 606; 111. Ztg. 108, 555; Leopoldina
33» 7 2 * 9 1 ; Ztschr. f. d. mathem. u. natur-
wiss. Unterricht 27, 64. 28, 309 (Acker-
rnann); vgl.' E. Lohmeyer, Verzeichnis
neuer hess. Litt. in Mittheilungen an d.
Mitglieder d. Ver. f. hess* Gesch. Jahrg.
1897, S. XXIX. — W auch KL 1897,
652. — P Abhandl. u. Berichte d. Ver. f.
Naturk. zu Kassel 47.
Klatt, Friedrich Wilhelm, Dr. phil., Lehrer
der Naturwissenschaften in Hamburg,
Botaniker, * daselbst 13. II. 25; f ebenda
3. III. — L Leopoldina 33, 38; KL 1897,
665 (mit W).
Kleinenberg, Nikolaus, Dr., friiher Prof,
f. vergl. Anatomie u. Zoologie an d. Univ.
Messina, geb. Kurlander; f zu Neapel 12.
XI. — L 111. Ztg. 109, 672; Leopoldina
33, 163 (mit W).
Kolbel, Karl, Kustos am Naturhistor. Hof-
museuminVVien, Arachniden-, Myriopoden-
u. Crustaceenforscher. — L Leopoldina
33» 120.
Kraatz-Koschteu, Alexander v., Coleop-
terologe; f zu Friedenau b. Berlin 12. IX.
— L Leopoldina 33, 157.
Kraus, Franz, k. k. Reg.-Rath, Mineralog
u. Geolog, Htfhlenforscher, * zu Wien 28.
I. 34; + ebenda 12. I. — L 111. Ztg. 108,
104; Allg. Ztg. 1897 Nr. 10; Leopoldina
33, 52; Globus 71, 100 u. Geogr. Jahrb.
20, 473 (W. Wolkenhauer); Geogr. Ztschr.
3, in-
Kreuzhage, C, Dr. phil., erster Chemiker
an d. Akademie zu Hohenheim ; f zu
Pltimingen Mitte April, 60 J.— L 111. Ztg.
lo8 » 555; Leopoldina 33, 92.
Lieder, Dr. phil., Geolog, 1891 — 93 in
Deutsch-Ostafrika thatig; f in Columbien
Juli/Aug. — L 111. Ztg. 109, 300.
Matscheko, Michael Ritter v., Chemiker;
s. Abth. IX.
♦Meyer, Viktor, Dr. phil. et med., Geh.
Reg.-Rath, ordentl. Prof. f. Chemie an d.
Univ. Heidelberg, * zu Berlin 8. IX. 48;
f zu Heidelberg 8. VIII.: s. BJ III, 386.
— L 111. Ztg. 109, 209. 247 (mit P);
Leopoldina 33, 106. 1 18 (mit W); Sitzungs-
ber. d. Mtinch. Akad., math.-phys. Kl. 28,
455 (C. Voit); Allg. Ztg. 1897 Beilage 176
178. 189. — W auch KL 1897, 877;
Kukula 615. Suppl. 168; PoggendorflF 3,
908.
Mojsisovics Edler von Mojsvar, Felix
Georg Hermann August, Dr. med.,
ausserordentl. Prof, fttr Zoologie an der
Techn. Hochsch. u. Privatdozent an der
Univ. in Graz, sowie Kustos d. zoolog.
Abth. d. »Johanneums« daselbst, * zu Wien
18. XI. 48; f zu Graz 27. VIII. — L 111.
Ztg. 109, 349; Leopoldina 33, 121; Geogr.
Jahrb. 20, 475 (W. Wolkenhauer). — W
KL 1897, 892; Kukula 627; Cat. Roy.
Soc. 10, 832.
♦Moericke, Wilhelm, Dr. phil., Privatdozent
f. Geologie an d. Univ. Freiburg i. B.;
f daselbst 8. XL: s. BJ II, 305. — L
Deutsche Rundschau f. Geogr. u. Statistik
20, 186; Geogr. Jahrb. 20, 475 (W. Wolken-
hauer).
Miiller, Daniel, Coleopterolog; f zu Bar-
celona 22. V. — L Leopoldina 33, 113.
Miiller, Johann Friedrich Theodor (Fritz),
Dr. phil., Naturforscher, Freund Darwins,
* zu Windischholzhausen (Thttringen) ;
f zu Blumenau (Prov. Santa Catarina,
Brasilien) 21. V. — L 111. Ztg. 108, 175;
Leopoldina 33, 73. 93.
Miiller, Karl, Prof., Direktor d. agrikultur-
chem .Versuchsanstalt in Hildesheim, * da-
selbst 1847; f ebenda 26. X. — L Litt.
Centralbl. 1897, 1444; !'!• Zt £- io 9» 6 49-
Neminar, Edmund F. ? frtther ausserordentl.
Prof. f. Mineralogie u. Geologie an d.
Univ. Innsbruck; f zu Wien 10. IV. —
L Leopoldina 33, 113.
Nietzschke, Naturforscher u. Entomolog;
+ w ah rend einer Forschungsreise in Telok
Betony aut Sumatra Sept,/Okt. — L 111.
Ztg. 109, 51 1; Leopoldina 33, 168.
Ossowski, Gottfried v., ArcMolog und
Geolog, Prof, an d. Univ. zu Tomsk in
Sibirien, gebllrtig aus Westpreussen ; f zu
Tomsk 16. IV. — L 111. Ztg. 108, 683.
•Otto, Karl, Dr. phil., Chemiker; s. Abth. IX.
Pilling, Oskar, Dr. phil., Gymn.-Piof.,
Poraolog u. Herausgeber naturwissenschaftl.
Werke; f zu Altenburg i. S. 23. XI. 97,
73 J. alt. — L Litt. Centralbl. 1897, 1580:
111. Ztg. 109, 672; Mittheil. aus d. Oster-
lande N. F. 8, 75 (Rothe).
•Preyer, Thierry William, Dr. phil. et
med., Hofrath, frllher ordentl. Prof. f.
Physiologic an d. Univ. Jena, zuletzt
Privatdozent an d. Univ. Berlin, * zu Moss-
Side b. Manchester 4. VII. 41; f zu Wies-
baden 16. VII.: s. BJ II, 107. — L BJ
II, 34 # ; 111. Ztg. 109, 155 (mit P); Leo-
poldina 33, 98. 116; Hinrichsen 8 1055;
PoggendorfT 3, 1069 (mit W); Nation 1897
Nr. 44 (A. Eulenburg); Miinch. Neueste
Nachr. 1897 Nr. 333 (M. Offner); Blatter
f. d. Schulpraxis 9, 1 (J. Friedrich). —
W auch KL 1897, 1024; Kukula 716.
59'
Todtenliste 1897: XIV, Naturforscher.
60*
Suppl. 195; Borsenbl. f. d. d. Bucbh. 64,
5417,
Reinhard, Dr., Justizrath in Strassburg i E.,
politisch, litterarisch u. naturwissenschaftl.
thatig; s. Abth. XX.
Rogenhofer, Alois, Kustos a. D. am
zoolog. Hof-Museum zu Wien Lepidoptero-
loge, * daselbst 22. XI. 31; f ebenda 15.
I. — L Hinrichsen* 11 13 (mit W); Leo-
poldina 33, 38. 52. — W auch KL 1897,
1090,
Russow, Edmund August Friedrich, Dr.,
Wirkl. Staatsrath, Exc, frUher ordentl.
Prof. f. Botanik u. Direktor d. Botan.
Gartens in Dorpat, * zu Reval 8. III. (a.
St. 24. II.) 41 ; f zu Dorpat 23. IV. —
L Litt. Centralbl. 1897, 606; 111. Ztg. 108,
583; Leopoldina 33, 73. 92 (mit W);
Botan. Centralbl. 71, 265 (K. J. KusneTOW,
mit W); Berichte d. Deutsch. botan.
Gesellsch. Generalvers.-Heft 15, (46) (C.
Winkler). — W auch Kukula 780.
+Sachs, Friedrich Gustav Julius v., Dr.
phil. et med., Geh. Rath u. Hofrath, ordentl.
Prof. f. Botanik u. Direktor d. Botan.
Gartens an d. Univ. Wtirzburg, * zu Bres-
lau 2. X. 32; f zu Wtirzburg 29. V.: s.
BJ II, 262. — L BJ II, 37*; Flora Erg.-
Bd. 84, 101 (K. Gabel); Munch. Med.
Wochenschr. 1 897 , 709 (Hauptfleisch) ;
Sitzungsber. d. Munch. Wissensch. 28,
478 (C. Voit); Naturwissenschaftl. Rund-
schau 1897 Nr. 36. 37 (F. Noll); Leo-
poldina 33, 73. 91 (mit W). — W auch
KL 1897, 1 1 16; Kukula 783. Suppl. 211;
Borsenbl. f. d. d. Buchh. 64, 4263.
Schaschl, Johann, Entomolog u. Coleop-
terolog; f zu Unterberg b. Ferlach
(Karnthen), 76 J. — L Litt. Centralbl.
1897, 1312; Leopoldina 33, 157.
Schmacker, Bernhard, Malakozoolog; f zu
Yokohama 26. III. — L Leopoldina 33,
91.
Schneider, Franz Cblestin Ritter v., Cheraiker ;
s. Sp. 22*.
♦Schrauf, Albrecht, Dr. phil., Hofrath,
ordentl. Prof. f. physikal. Mineralogie u.
Vorstand d. Mineralog. Instituts an d.
Univ. Wien, * daselbst 14. XII. 37 ; f eben-
da 29. XL: s. BJ III, 386. — L Almanach
d. Wiener Akad. d. Wissensch. 48, 322
(E. Mach., mit P); Leopoldina 33, 155.
165 (mitW); Poggendorff 1, 841. 3, 1210
(mit W) ; Verhandl. d. k. k. geolog. Reichs-
anstalt 1897, 313. — W auch KL 1897,
1 1 99; Cat. Roy. Soc.
Schultze, Karl, Chemiker, * zu Jutroschin
in Posen 1827; f auf seinem Landsitze
Murray Hill b. New York 29. V. — L
Litt. Centralbl. 1897, 860; 111. Ztg. 108,
811.
Schiitzenberger, Paul, Dr. med., Prof. f.
Mineralchemie am ^College de France*,
* zu Strassburg i. E. 23. XII. 29; f zu
M6zy (Seine-et-Oise) 26. VI. — L Leo-
poldina 33, 157; Poggendorff 3, 1 2 17 (mit
W). — W auch Cat. Roy. Soc.
Seelig, Friedrich, Amtsgerichtsrath, Ich-
thyologe; f zu Kassel 20. III. — L
Leopoldina 33, 112.
Seydler, Friedrich Wilhelm, Konrektor,
Botaniker; f 87 J. alt, zu Braunsberg (Ost-
preussen) 21. XI. — L Litt. Centralbl.
1897, 1580; 111. Ztg. 109, 762; Leopoldina
33, 114. — W Cat. Roy. Soc.
♦Sohncke, Leonhard, Dr. phil., ordentl.
Prof. f. Experimentalphysik an d. Techn.
Hochsch. in Munchen, * zu Halle a. S.
22. II. 42; f zu Munchen 1. XL: s. BJ
II, 167. — L Bericht tib. d. Techn. Hoch-
schule zu Munchen 1897/98 (Finsterwalder
u. Ebert, mit W); Deutsche Rundschau
f. Geogr. u. Statistik 20, 472 (mit P):
Sitzungsber. d. Munch. Akad. d. Wissensch.
1898, 440 (C. Voit); Meteorolog. Ztschr.
1898, 81 (F. Erk); Leopoldina 33, 112
(mit W); Poggendorff 3, 1263 (mit W):
Naturwissenschaftl. Rundschau 1897 Nr. 52
(O. Troje). — W auch Kukula 877. Suppl.
234; Cat. Roy. Soc.
Sommaruga, Erwin Franz Freih. v., Dr.
phil., ausserordentl. Prof. f. Cbemie an d.
Univ. Wien, * daselbst 26. IX. 44 ; f zu
Riva am Gardasee 10. V. — L Litt.
Centralbl. 1897, 702; 111. Ztg. 108, 6S3;
Leopoldina 33, 168; Poggendorff 3, 1266
(mit W); Freiherrl. Taschenbuch 1897,
976. 1898, 1186. — W auch Kukula S 79.
Suppl. 234; Cat. Roy. Soc. 11, 450.
Stohmann, Friedrich, Agrikulturchemiker ;
s. Abth. VI.
Strahler, Adolf, fUrstl. Pless'scher Ober-
fbrster, der beste Kenner d. Rosen, Disteln
u. Weiden Schlesiens; s. Abth. VII.
Streng, Johann August, Dr. phil., Geh.
Hofrath, ordentl. Prof. f. Mineralogie u.
Geologie an d. Univ. Giessen, * zu Frank-
furt a. M. 4. II. 30; + zu Giessen 7. I.
— L Allg. Ztg. 1897 Nr. 6; Leopoldina
33, 2. 35. 38. 51. 58 (R. Braune, mit W);
Poggendorff 1, 1026. 3, 1305 (mit W). —
W auch Kukula 910; Cat. Roy. Soc;
Borsenbl. f. d. d. Buchh. 64, 470.
Taubert, Paul, Dr. phil., Botaniker, frllher
Hilfsarbeiter am k. Botan. Museum in
Berlin; f zu Manaos in Brasilien 1. I. —
L Litt. Centralbl. 1897, 222; Leopoldina
33» 51 ; Naturwissenschaftl. Rundschau 1897
Nr. 14 (Loesener); Berichte d. deutschen
botan. Gesellsch. Generalvers.-Heft 15, (35).
•Valentin, Jean, Dr. phil., Sektionschef f.
Geologie u. Mineralogie am National-
6i*
XIV. Naturforscher. XV. Ethnographen etc. XVI. Sprachforscher etc.
62*
museum in Buenos Aires, * zu Frankfurt
a. M. 17. X. 67; f durch Absturz bei
Aguade de Reyes in Patagonien 10. XII. :
s. BJ II, 304. — L Leopoldina 34, 59;
KL 97, 1366; Litt. Centralbl. 1898, 70;
Geogr. Jahrb. 20, 486 (W. Wolkenhauer);
Vita in Valentins Diss : D. Geologie d.
Kronthals i. Els. Strassburg 1890.
Volger, genannt Senckenberg, Georg
Heinrich Otto, Dr. phil., Prof., Mineralog,
Begrtinder u. Obmann d. Freien deutschen
Hochstiftes zu Frankfurt a. M., • zu LUne-
burg 30. I. 22; f zu Sulzbach b. Soden
am Taunus 18. X. — L 111. Ztg. 109, 570.
609 (mit P); Leopoldina 33, 130. 160 (mit
W); Po<jgendorff 1, 1228. 3, 1399 (mit
W). — W auch KL 97, 1382.
Wache, \\\, Direktor d. Zoolog. Gartens in
Lubeck, Thierkenner von Ruf ; + daselbst
19. VII. — L Leopoldina 33, 157.
*Welcker, Hermann, Dr. med., Geh. Med.-
Rath. frliher ordentl. Prof. f. Anatomie u.
Direktor d. Anatom. Instituts an d. Univ.
Halle, * zu Giessen 8. IV. 22 ; f zu Winter-
stein inThUringen 11. (nicbt 12.) IX.: s.
BJ II, 115. — L 111. Ztg. 109, 402. 409
(mit P); Leopoldina 33, 120. 126 (mit W);
Globus 72, 211. — W auch KL 1897,
1428; Kukula 995; Cat. Roy. Soc.
Wiepken, C. F M Ornithologe u. Coleoptero-
loge, Leiter des Naturhistorischen Museums
in Oldenburg: f daselbst 29. I. — L
Leopoldina 33, 52.
Wilckens, Martin, Dr. med., ordentl. Prof,
f. Thierphysiologie u. Thierzucbt an d.
Hochschule f. Bodenkultur in Wien, * zu
Hamburg 3. IV. 34; f zu Wien 10. VI.
— L Leopoldina 33, 95; Hinrichsen 2 1389;
Giinz, Handb. d. landwirthschaftl. Litt. 2,
272. — W KL 1897, 1452; Kukula 1013.
Suppl. 264.
Zeppelin, Max Graf v, Zoolog; s. Sp. 14*.
XV. Ethnographen, Geographen, Forschungsreisende.
*Adamy, Heinrich, Vorschullehrer,P&dagog
u. Geograph; s. Abth. XXII.
*Baumgarten, Johannes, Dr. phil., Gymn.-
Prof. a. D., Verf. v. Reisebeschreibungen;
s. Abth. XXII.
Moest, Wilhelm, Dr. phil., Prof., Ethno-
graph u. Forschungsreisender, * zu Ktfln
15. III. 52; + auf d. Insel Santa Cruz
(Australien) 25. XL: s. BJ II, 293. — L
Leopoldina 33, 155. 34, 53; Geogr. Jahrb.
20, 472 (W. Wolkenhauer); Globus 73, 46
(R.AndreemitP); Verhandl. d. Gesellsch. f.
Erdkunde25, 526. (v.Richthofen); Zeitschr.
f. Ethnol, 30 (28) (Virchow). — W KL
1897, 611; Cat. Roy. Soc. 10, 340.
Kraus, Franz, Hohlenforscher; s. Abth. XIV.
•Liebenow, Wilhelm, Prof., Geh. Reg.-Rath,
Kartograph, * zu Schbnfliess (Pro v. Branden-
burg); f zu Schoneberg b. Berlin 17. (oder
21 ?) VIII.: s. BJ II, 295. — L BJ II, 25*;
111. Ztg. 109, 222 (mit P); Leopoldina 33,
118; Neues Lausitz. Magazin 73, 310;
Geogr. Jahrb. 20, 474 (W. Wolkenhauer);
B5rsenbl. f. d. d. Buchh. 54, 5562 (P. Sp.)
Licder, Dr.; s. Abth. XIV.
•Petzold, Wilhelm, Dr. phil., Prof, an d.
Oberrealschule in Braunschweig, Schul-
geograph, * zu Keutschen b. Weissenfels
8. II. 48; f zu Pouch b. Bitterfeld 24. VII.:
s. BJ II, 304 u. 386. — L Leopoldina 33,
128; Geogr. Ztschr. 3, 576; Globus 72,
115; Geogr. Jahrb. 20, 477 (W. Wolken-
hauer).
♦Ruthner, Anton Edler v., Dr. jur., Notar
in Salzburg, Alpenforscher u. Geograph,
♦ zu Wien 21. IX.: f zu Salzburg 16. XII.:
s. BJ II, 305. — L BJ II, 37 ♦.
*Sch5nlank, William, F6rderer ethnogra-
phischer u. geographischer Bestrebungen ;
s. Abth. XL
Stober, E , • zu Tiflis 6. IX. (25. VIII. a.
St.) 62; f bei d. Besteigung d. Grossen
Ararat 30. IX./l. X. (18./19. IX. a. St.).
— L Globus 32, 308 (N. v. Seidlitz).
*Vogel, Karl, Dr. phil. hon. c, Kartograph,
* zu Hersfeld in Hessen 4. V. 28; f ™
Gotha 17. IX.: s. BJ II, 306. — L
Leopoldina 33, 118. 125: GeogT. Jahrb.
20, 483 (W. Wolkenhauer).
Wankel, Heinrich, Dr., mahrischer An-
thropolog u. Folklorist; f im 76 J. zu
Olmitz 5. IV. — L Verhandlungen d.
Gesellsch. f. Anthropologic 1898, 254 (El.
Wankel); Globus 71, 316.
♦ZintgrafT, Eugen, Afrikareisender, * zu
Dlisseldorf 16. I. 58; f auf Teneriffa 3.
XII.: s. BJ II, 311. — L BJ II, 55';
Geogr. Jahrb. 20, 485; Allg. D. Biogr.
45, 336 (F. Ratzel).
XVI. Sprachforscher, Philologen, Litterarhistoriker.
*Bach, Theodor, Dr. phil., Realgymn.-Dir.,
Litteraturhistoriker; s. Abth. XXII.
*Baumgarten, Johannes, Dr. phil., Gymn.-
Oberlehrer a. D., Romanist u. Verf. v.
Reiseschilderungen, * zu Aachen 29. IX.
21; f zu Koblenz (nicht Aachen) 22. IV.:
s. BJ II, 294. — L 111. Ztg. 108, 555;
Geogr. Jahrb. 20, 465 (W. Wolkenhauer).
— W KL 1897, 61.
♦Baechtold, Jakob, Dr. phil., ordentl. Prof.
63"
Todtenliste 1897: XVI. Sprachforscher, Philologen, Litterarhistorikcr.
64*
f. deutsche Litteraturgesch. an d. Univ.
Ziirich, • zu Schleitheim (Kanton ScbafF-
hausen) 27. I; f * u Zurich 8. VIII.; s. BJ
II, 10. — L BJ II, 2*; Hinrichsen 3 44;
Deutsche Rundschau 1898 Okt S. 100 (E.
Schmidt); 111. Ztg. 109, 209. 275 (mit P);
Americana germanica 1, 1 1 1 (H. Frdlicher);
Mag. f. Litt. 66, 1017 (H. Michel); Eu-
phorion 5, 838 (E. Schmidt). — W KL
1897, 39.
*Bender, Hermann, Dr. phil., Oberstudien-
ratb, Gymn.-Rektor a. D., * zu Ilsfeld
(wtirttemb. Oberamt Besigheim); f zu
Kirchheim u. T. 21. IV.: s. BJ II, 103. —
W KL 1897, 76.
*Bernays, Michael, Dr. phil., frtther
ordentl. Prof. f. deutsche Litteraturgesch.
an d. Univ. Mlinchen, * zu Hamburg 27.
XL 34; f ZVL Karlsruhe 25. II. : s. BJ I,
17*. II, 338. — L BJ II, 3*; Deutsche
Revue 1898 Mai 231 (E. Reuss); Neues
Korrespondenzbl. f. d. Gelehrten- u. Real-
schulen Wtirttembergs 1897, 425 (H. Lud-
wig). — W Bttrsenbl. f. d. d. Buchh. 64,
1947.
♦Beytenmiller, T h e o d o r , Oberreallehrer
a. D., Dichter u. Germanist, * zu Weins-
berg 2. I. 20; f zu Stuttgart 27. XII.: s.
BJ II, 104. — L Hinrichsen* 119. — W
auch KL 1897, 98.
Bieling, Alexander, Dr. phil., Gymn.-Prof.,
Litterarhistoriker, * zu Berlin 1. V. 47;
f daselbst 9. IX. — L Litt. Centralbl.
1897, 1245; 111. Ztg. 109, 402. — W KL
1897, 102.
Blume, Ludwig, Gymn.-Prof., Litterar-
historiker, * zu Wien 31. I. 46; + daselbst
5. IV. — L Hinrichsen* 143 (mit W). —
W auch KL 1897, 118.
Bradke, Peter v., Dr. phil., ordentl. Prof,
f. Sanskrit u. vergl. Sprachwissenschaft an
d. Univ. Giessen, * zu St. Petersburg 27.
VI. 53; f zu Giessen 8. IIJ.: s. BJ II,
177. — L Allg. Ztg. 1897 Beil. Nr. 71
(H. Hirt); Nordland. Ztg. 1897, 8 (n. St.
20.) III. (L. v. Schrtfder); Jahresber. lib.
d. Fortschr. d. class. Alterthumswissensch.
103, 54 (Thurneysen).
•Deecke, Wilhelm, Dr. phil., Gymn.-
Direktor, Linguist, * zu Lttbeck 1. IV. 31 ;
f zu Strassburg i. E. 2. I.: s. BJ II, 321.
— L Hinrichsen* 261 (mit W); Allg. Ztg.
1897, 3. Beil. — W auch KL 1897, 226.
Deutsch, Salomon, Prof., Talmudist, seit
1857 in Amerika, * zu Gleiwitz in Schlesien;
f zu New York 27. I. — L 111. Ztg. 108,
213.
♦Hirzel, Ludwig, Dr. phil., ordentl. Prof,
f. deutsche Sprache u. Litteratur an d.
Univ. Bern, * zu Zttrich 23. II. 38; f zu
Bern 1. VI.: s. BJ II, 401. — L BJ II,
19*; Goethe-Jahrb. 19, 320 (D. Jacoby);
Euphorion 4, 820 (F. Vetter); 28. Jahres-
heft des Vereins schweizer. Gymnasiallehrer
S. 33 (O. v. Greyerz). — W KL 1897,
553; Kukula 361. Suppl. 109.
Hodermann, Richard, Dr. phil., Kultur- u.
Tbeaterhistoriker; s. Abtb. XXIII.
♦Hoffory, Julius, Dr. phil., ausserordentl.
Prof. f. nord. Philologie an d. Univ. Berlin,
* zu Aarhus in Jutland 9. II. 55; t in
Westend b. Berlin 12. IV.: s. BJ II, 79.
— L BJ II, 19*.
Kauders, Abraham B., Rabbiner, frtther
an d. theolog. Lehrkanzel zu Ramsgate,
Talmudist; f, 82 J. alt, zu Humpoletz in
BGhmen 28. VI. — L 111. Ztg, 109, 51.
Kiittner, Ferdinand, Dr. phil., Gymn.-
Oberlehrer a. D., Grammatiker, ; f zu Berlin
2, XL — L Litt. Centralbl. 1897, 1476.
Langen, Peter, Dr. phil., Geh. Reg.- Rath,
ordentl. Prof. f. class. Philologie an d.
Akad. Mttnster i. W., • zu Koln 6. VI. 3$;
f zu Mttnster i. W. 26. V. — L Jahresber.
lib. d. Fortschritte d. class. Alterthums-
wissensch. 103, 1 (mitW); Eckstein 317;
Rassmann N. F. 136 (mit W). — W auch
KL 1897, 752; Pttkel 151.
Langin, Georg, Stadtpfarrer , Litterar-
historiker; s. Abth. XIX.
Lehnerdt, Ludwig Moritz Albert, Dr. phil.,
Geh. Reg. -Rath, vormals Direktor d.
Friedrichs-Collegiums zu K5nigsberg i. Pr.,
* zu Wilsnack in d. Priegnitz 9. XII. 27;
f zu KQnigsberg i. Pr. 25. X. — L Litt.
Centralbl. 1897, 1444; Eckstein 327.
Luttwitz, Max, Freih. v., Dr. jur., seit 1889
Dozent f. deutsche u. franztts. Sprache an
d. Univ. Sydney, * 10. I. 35 J t zu Sydney
4. XI. 97. — L 111. Ztg. 109, 881; Litt
Centralbl. 1897, 1507; Freiherrl. Taschenb.
1898, 1 1 78.
Rettig, Georg Friedrich, Dr. phil., frtther
ordentl. Prof. f. class. Philologie u. Direktor
d. philolog. Seminars an d. Univ. Bern,
* zu Giessen 30. III. 1803; t ZVL Bern 11.
I. — h Allg. Ztg. 1897 Beil. Nr. 14; Eck-
stein 466. — W P6kel 222.
•Sanders, Daniel, Dr. phil., Prof., Lexiko-
graph, auch Dichter, * zu Altstrelitz 12.
XI. 19; f daselbst 1 1. III.: s. BJ III, 384.
— L BJ II, 38 ♦; 111, Ztg, 108, 355. 109,
389 (mit P) u. Jahrg. 1889 Nr. 2419 (mit
P); Hinrichscn 2 1141 (mit W); Brtimmer 4
3, 388 ; Ztschr. d. allg. deutschen Sprach-
ver. 1897, 164 (H. Wunderlich). — W
auch KL 1897, 1 123; Bcrsenbl. f. d. d.
Buchh. 64, 2084.
♦Schepss, Georg, Dr. phil., Gymn.-Prof.
class. Philolog, * zu Schweinfurt 26. XII.
52; f zu Speyer 4. IX.: s. BJ II, 37. —
L Jahresber. tlb. d. Fortschr. d. class.
65* Todtenliste 1897: XVI. Sprachf., Philol., Litterarhist. XVII. Geschichtsforscher. 66*
Alterthumswissensch. 103, 123 (S. Brandt,
mit W); Blatter f. d. Gymnasialschulwesen
1898, 802 (Pfirsch). — W auch KL 1897,
1145.
*Semmig, Friedrich Hermann, Dr. phil.,
Prof., Kultur- und Litterarhistoriker, auch
Dichter, * zu DObeln 22. VI. 20; f zu
Leipzig 22. VI.: s. BJ II, 89. — L
Brtimmer* 4, 75; Das litterar. Leipzig
(Leipzig 1897), 121 (mitW u. P). — W
auch KL 1897, 1246.
Vollbrecht, Johann August Ferdinand,
Dr. phil., Gymn.-Prof. a. D., * zu Osterode
20. VIII. 12; f zu Hannover 24. III. —
L Jahresber. Ub. d. Fortschritte d. class.
Alterthumswissensch. 99, 91 ; Eckstein 597.
— W Pokel 291.
Wolf, Georg, Gymn.-Dir., Philolog; f zu
Budapest 14. IX. — L Litt. Centralbl.
1897, 1246; 111. Ztg, 109, 402.
XVII. Geschichtsforscher*
Ackermann, Oskar, Zeitungsredakteur,
sachs. Lokalhistoriker; s. Abth. XXIII.
♦Arneth, Alfred Ritter v., k. k. Wirkl. Geh.
Rath, Exc, Direktor d. Staatsarchivs, * zu
Wien 10. VII. 19; f ebenda 30. VI.: s.
BJ II, 136. — L Wurzbach 1, 68. 1 1,
357; Hinrichsen- 31; 111. Ztg. 109, 221
(mitP). — W KL 1897, 27; Keiter 5,6;
Borsenbl. f. d. Buchh. 64, 5574.
*Bauer, Julius, Major, Publizist u. Historiker ;
s. Sp. 31*.
♦Burckhardt, Jakob, Kultur- u. Kunst-
historiker; s. Abth. XXVIII.
Falke, Jakob v., Kultur- u. Kunsthistoriker;
s. Abth. XXVIII.
♦Hoefler, Karl Adolf Konstan tin Ritter v.,
Dr. phil., frtiher ordentl. Prof. f. Gesch.
an d. Univ. Prag, Mitgl. d. tisterr. Herren-
hauses, * zu Memmingen 27. III. 11; f zu
Prag 30. XII. : s. BJ II, 209. — L Mittheil.
d. Ver. f. d. Gesch. d. Deutschen in Bohmen
36, 381 (A. Bachmann); Wurzbach 9, 102
(mit W); Hinrichsen 3 585 (mit W); Histor.
Vierteljahrsschr. 1, 159; Sitzungsber. d.
MUnch. Akad. d. Wissensch., phil.-hist.
KL, 1898, I, 343 (Friedrich). — W auch
Keiter 5, 90.
Mendelssohn-Bartholdy, Karl, Dr. phil.,
bis 1874 ordentl. Prof. f. Gesch. an d.
Univ. Freiburg i. B., * zu Leipzig 7. II.
38; f zu Brugg (Schweiz) 23. II. — L
111. Ztg. 108, 307.
•Menzel, Karl, Dr. phil., ordentl. Prof. f.
Gesch. d. Mittelalters u. Palaographie an
d. Univ. Bonn, * zu Speyer 5. XI. 35;
t zu Bonn 10. V.: s. BJ II, 221. — 111.
Ztg, 108, 648. — W Kukula 603; KL
1897, 865.
*Nuscheler, Arnold, Dr. phil. h. c, • zu
Zurich 18. VIII. II; f daselbst 30. X.:
s. BJ II, 31.
Philippi, Rudolf, Archivrath; s. Abth. XXV.
Puckert, W i 1 h e 1 m , Dr. phil., ausserordentl.
Prof. f. Gesch. an d. Univ. Leipzig, * 2.
I- 3°; t zu Leipzig 13. IX. — L Litt.
Biopr Jahrbuch u. Lteutscher Nekrolog. 4. Hd.
Centralbl. 1897, 1245; 111. Ztg. 109, 370.
— W Kukula 720.
♦Riehl, Wilhelm Heinrich v., Dr. phil.,
Geh. Rath, ordentl. Prof. f. Kulturgesch.
u. Statistik an d. Univ. MUnchen, * zu
Biebrich a. Rh. 6. V. 23; f * u Mlinchen
16. XL: s. BJ III, 400. — L BJ II, 36*;
Hinrichsen* 2 1106; 111. Ztg. 109, 722 (mit
P); Alte u. Neue Welt 1898, 32, 7 (Muth);
Histor.-polit. Bll. 119, 616 (Ratzinger) ;
vgl. Dietrichs Bibliogr. d. Ztschr.-Littl898,
194. — W auch KL 1897, 1075; Kukula
750. Suppl. 204, — P auch Westermanns
Monatshefte 84, 180.
Schroder, Felix, Geschichtslehrer am Gymn.
v. Melun; +, 34 J. alt, zu Bern Mitte Juni.
— L Litt. Centralbl. 1897, 830.
•Schumann, Albert, Prof. f. Gesch. u.
Geogr. an d. Kantonsschule in Aarau,
Leiter d. Stadtbibliothek Zo fin gen, * zu
Gotha 4. II. 35; f zu Aarau 24. II.: s.
BJ II, 26. — W KL 1897, 1221.
Trost, Ludwig Ritter v., Geh. Haus- u.
Staatsarchivar ; s. Abth. XXV.
♦Wattenbach, Wilhelm, Dr. phil. et jur.,
Geh. Reg.-Rath, ordentl. Prof. f. Gesch.
an d. Univ. Berlin, * zu Ranzau in Holstein
22. IX. 19; f zu Frankfurt a. M. 20. IX.:
s. BJ II, 365. — L 111. Ztg. 109, 441 (mit
P); Mittheil. d. Ver. f. d. Gesch. d. Deut-
schen in Bohmen 36, 410 (J. Jung);
Carinthia 88, 31 (A. v. Jacksch); Ztschr.
d. Ver. f. d. Gesch. Schlesiens 32, 345
(C. Grtinhagen); Archivio storica italiano
2 °» 437 (C. Paoli); Nachr. d. Gesellsch.
d. Wissensch. zu Gottingen, Geschaftl.
Mittheil., 1898, 67 (P. Kehr); Hinrichsen 3
1362; Sitzungsber. d. Mttnch. Akad. d.
Wissensch., phil.-hist. KL, 1898, I, 341
(Friedrich). — W Kukula 979. Suppl. 257;
KL 1897, 1407; Btirsenbl. f. d. d. Buchh.
64, 6871. 7626.
♦Wegele, Franz Xaver v., Dr. phil., Geh.
Rath, ordentl. Prof. f. Gesch. an d. Univ.
Wtirzburg, * zu Landsberg a. L. 28. X. 23;
67*
XVII. Geschichtsf. XVIII. Volkswirthe u. Statistikcr. XIX. Geistliche etc.
68*
t zu Wtirzburg 16. X.: s. BJ II, 383. —
L 111. Ztg. 109, 576 (mit P); F. X. Wegele,
Vortrage u. Abhandlungen. Hrsg. v. R.
Graf du Moulin-Eckart (Leipzig 1898);
Sitzungsber. d. Munch. Akad. d.Wissensch.,
phil.-bist. Kl. 1898, I, 342 (Friedrich). —
W Kukula 985; KL 1897, 1414.
♦Weiss, Hermann, Prof., Geh. Reg.-Rath,
Kultur- u. KuDSthistoriker; s. Abth. XXVIII.
Weltzel,Augustin,Geistl.Rath;s.Abth.XIX.
Wiedemann, Theodor, Dr. phil., Mit-
arbeiter Leopold Rankes, * 5. X. 33; t zu
Berlin 5. II. — L Allg. Ztg. 1897 Beil.
Nr. 30; 111. Ztg. 108, 213. — W KL 1897,
1448.
XVm. Volkswirthe und Statistiker.
Frankenstein, Kuno, Dr. sc. polit, General-
sekret&r, Dozent an d. Humboldtakad. in
Berlin, Volkswirth , • zu Pfiffelbach
(Sachscn-Weitaar) 10. III. 61 ; f zuBlanken-
burg 14. X. — L Hinrichsen* 381 (mit W);
111. Ztg. 109, 606; Litt Centralbl. 1897,
1410. — W auch KL 1897, 355.
Keussler, Jobannes v., Dr. oec. publ.,
NationalSkonom u Kulturhistoriker; f zu
St. Petersburg 13. III. — L 111. Ztg. 108,
385; Litt. Centralbl. 1897, 412.
'Reitzenstein, Friedrich Freih. v., Be-
zirkspr&sident in Els.-Lothr. a. D. ; s.
Sp. 17*.
*Riehi, Wilhelm v., ordentl. Prof. f.
Kulturgesch. u. Statistik an d. Univ.
Mtinchen; s. Abth. XVII.
Struck, Emil, Dr. phil., ordentl. Prof. f.
Nationalttkonomie an d. Univ. Greifswald.
* zu Gollnow (Pommern) 23. II. 57; f **»
Greifswald 7. (oder 8. ?) VII. — L 111. Ztg
109, 84; Litt. Centralbl. 1897, 924. — W
KL 1897, 1317; Kukula 912. Suppl. 242.
Wirth, Franz Ulpian, Techniker, Friedens-
agitator, • zu Bayreuth 6. VII. 26; + zu
Frankfurt a. M. in d. Nacht v. 16./17. V.
— L Allg. D. Biogr. 43, 527 (L. Frankel).
Zeller, Wilhelm, Dr. jur., Scbriftsteller
auf jurist u. Yolkswirthschaftl. Gebiete:
s. Sp. 18*.
XIX. Geistliche und Gottesgelahrte.
1. K a t h o 1 i k e n.
♦Degen, Ludw.ig, Stadtpfarrer von St.
Stephan in Konstanz, * zu Engen im Hegau
9. VIII. 39; f zu Konstanz 28. II.: s. BJ
II, 285. — L [Flum] Ludwig D. f Stadt-
pfarrer v. St Stephan in Konstanz. £.
Lebensbild. Radolfzell 1897; Freiburger
Kathol. Kirchenbl. 41, 273. 291.
+Diez> Johann Christoph, Pfarrer in Wall-
dtlrn (Baden), * zu Kupprichhausen (Bez.-
Amt Tauberbischofsheim) 11. VIII. 26;
f zu WalldUra 12. II.: s. BJ II, 284. —
L Freiburg. Kath. Kirchenbl. 41, 150. 163.
*Diez, Nicodemus, Geistl. Rath, Pfarrer
in Stockach (Baden\ * zu Kattenhorn am
Bodensee 10. X. 1806; f zu Stockach 3.
I.: s. BJ II, 284. — L 111. Ztg. 108, 73;
Allg. Ztg. 1897 Nr. 8 S. 2; Freiburg. Kath.
Kirchenbl. 41, 49, 69.
Franz, Joseph Theodor, Dr. theol., Geistl.
Rath, Generalvikar u. Domkapitular in
Wtirzburg, • zu Marktheidenfeld 5. V. 39;
t zu Wtirzburg 3. XI. — L 111. Ztg. 109,
649; Personal -Schematismus d. Dittcese
Wtirzburg 1898, 119; Keiter 5, 56 (mit W).
— W auch KL 1897, 356.
Griiniger (nicht Grtininger), Augustin,
OSB, Pralat, Abt v. Muri u. Prior v. Gries,
* zu Altendorf (Schweiz) 12. XII. 24; f zu
Gries 14. III. — L Scrip tores Ordinis S.
Benedicti qui 1750 — 1 880 fuerunt in Imperii*
Austriaco-Hungarico (Vindob. 1881), 147
(mit W); Revue benedictine 14, 184; III.
Ztg. 108, 385.
♦Happe, Franz Engelbert, Vikar in Slld-
kirchen (Kreis Ltidinghausen) , Dichter,
* zu Sendenhorst (Westfalen) n. VL 63;
f zu Stidkirchen 11. IX.: s. BJ II, 51. —
L u. W Brummer* 2, 97; Keiter* 77; KL
1897, 484.
Jahnel, Dr. theol., Propst, fttrstbischafl.
Delegat in Berlin; f daselbst 11. VII. --
L 111. Ztg. 109, 84.
♦Keller, Franz, Pfarrer in Unterrotb
Illertissen, schwab. Dialcktdichter, *
Untergtinzburg a. D. 24. IV. 24; f
Unterroth 8. X.: s. BJ II, 230. — L u.
W Hinrichsen' 665; BrUmmer* 2, 270;
Keiter 5, 107; KL 1897, 644.
Keppler, Eugen, Stadtpfarrer zu Freuden-
stadt im Schwarzwald; * zu Schwabisch
Gmtind 24. I. 47 ; f zu Freudenstadt . . .
— L BJ II, 22*; Keiter 5, 109 (mit W).
♦Kneipp, Sebastian, Pralat u. Geheim-
kammerer, Pfarrer in Wttrishofen (Kreis
Schwaben), Naturheillehrer, * zu Stephans-
ried b. Ottobeuren 17. V. 21 ; f zu. Wfiris-
b.
zu
zu
6 9 *
Todtenliste 1897: XIX. Geistlicbc und Gottcsgelahrte.
70*
bofen 17. VI.: s. BJ II, 218. — L BJ II,
22*; 111. Ztg. 108, 811 (mit P); wcitere
Litt. s. Borsenbl. f. d. deutscb. Bucbb.
1897, 4845—4850.
♦Kober, Franz Quirin v., Dr. theol., frtther
ordentl. Prof. f. Kirchenrecht u. Padagogik
an d. Univ. Wttrzburg, * zu Warthausen
(Oberamt Biberach) 6. III. 21 ; t zu
Tubingen 25. I.: s. BJ II, 276. — L BJ
II, 23*; Litt. Beil. d. Staatsanz. f. Wttrttem-
berg 1897, r33; Schwab. Kronik 1897,
17 1. 204; D.Volksbl.i897Nr.20; Allg.Ztg.
1897 Beil. Nr. 21, 7. — W ausser Bflrsenbl.
f. d. d. Bucbb. 1897, 1041: Kukula 459;
Keiter 5 116; KL 1897, 683.
Koch, Friedrich, Stadtpfarrer u. Decbant
in Hunfeld, 1879—82 Abg.f.Fulda(Zentr.);
f 28. I. — L Voss. Ztg.
Kopallik, Joseph, Dr. theol., ordentl. Prof,
f. Kircbengesch. an d. Univ. Wien, * da-
selbst 8. V. 49; f auf dem bei Fiume
untergegangenen Dampfer »Ika« 21. IX.
— L Litt. Centralbl. 1897, 1276; Keiter
5, 119 (mit W). — W auch Kukula 479;
KL 1897, 703.
Kriickl, Karl, Dr. theol., Geistl. Rath,
Domherr, Hofkaplan von St. Stephan in
Wien, frtther ordentl. Prof. f. Theol. an
d. Univ.; f daselbst, im 72 J., 22. II. —
L 111. Ztg. 108, 273; Allg. Ztg. 1897 Beil.
Nr. 46 S. 8; KL 1897, 725.
♦Thoma, Antonius v., Dr. theol., Erzbischof
v. Mtinchen u. Freising, * zu Nymphenburg
b. Mtinchen 1. III. 29; f zu Mtinchen 24.
XL: s. BJ III, 381. — L 111. Ztg. 109,
762 (mit P).
•Weltzel, Augustin, Dr. theol., Geistl.
Rath, Pfarrer zu Tworkau b. Ratibor,
scbles. Lokalhistoriker, frtther auch Mitgl.
d. preuss. Abg.-Hauses, * zu Jeltsch (Kreis
Ohlau) 9. IV. 17; f zu Tworkau 4. XL:
s. BJ II, 190. — L u. W Keiter 5, 248;
KL 1897, 1429.
Wolf, Johann Baptist, Domdechant u. Geistl.
Rath in Regensburg, • zu Wattenweiler b.
Ichenhausen (Schwaben) 17. X. 26; + zu
Regensburg 4. IV. — L 111. Ztg. 108. 484.
Zehrt, Konrad, Dr. theol., Domkapitular
u. bischOfl. Kommissarius in Heiligenstadt,
1 87 1/2 Reichstagsabg., * zu Heiligenstadt
25. IX. 1806; f* daselbst 23. VI. — L
Schtfnfeld 5 144.
Zorn, Alois, Dr. theol., Geh. Rath, Fttrst-
Erzbischof v. Gtfrz, * zu Pervasina 13. I.
34; f «* Wien 8. VII. — L 111. Ztg. 109,
84.
2. Protestanten.
♦Baur, Wilhelm, D. theol., Generalsuper-
intendent d. Rheinprov., auch Lokal-
historiker, * zu Lindenfels im Odenwald
16. III. 26; f ™ Koblenz 18. IV.: s. BJ
III, 389. — L 111. Ztg. 108, 555; Hinrich-
sen* 77 (mit W); Holtzmann u. Zflpffel 3
60 (mit W); W. Baur, Ges. Schriften Bd. 1
(Bremen 1898, mit P). — W auch KL
1897, 64.
♦Brodkorb, Wilhelm, Kirchenrath, bis 1886
Pfarrer zu Benzingerode am Harz, * zu
Wolfenbttttel 11. III. 1806; f ™ Braun-
schweig 18. III.: s. BJ II, 360.
Cafpari, Bernhard Johannes, frtther Ober-
lehrer in Leipzig, einer d. Grttndcr d. Ver.
f. innere Mission; f im Siechenhaus
Bethesda in der Niederl&ssnitz, 81 J. alt,
5. VIII. — L 111. Ztg. 109, 240.
Danneel, Ludwig, D. theol., Kirchenrath.
* zu Wittenburg 4. VIII. 26; f zu Ludwigs-
lust 2. V. — L BJ II, 8*; Mecklenburg.
Kirchen- u. Zeitbll. 1897, 313. 334.
Deinzer, Johannes, Missionsinspektor in
Neuendettelau.
•Holsten, Karl Johann, D. theol., Kirchen-
rath, ordentlicher Prof. f. neutestamentl.
Exegese an der Univ. Heidelberg, * zu
Gtistrow 2. IV. 25; f zu Heidelberg 26. I.:
s. BJ II, 4. — L BJ II, 20* ; A. Hausrath,
K. H. Worte d. Erinnerg. (Heidelberg 1897) ;
Schaff and Jackson 101. 259; Holtzmann
u. Zttpffel" 452 ; Realencyclopadie f. prot.
Theol. u. Kirche* 8,281; K. Holsten, D.
Evang. d. Paulus 2, XI (P. Mehlhorn).
— W auch Kukula 378; KL 1897, 571;
BSrsenbl. f. d. d. Bucbb. 1897, 1041.
Immisch, Friedrich Heinrich, D. theol. h.c,
Pfarrer zu Gdda (Oberlausitz), * zu Buch-
wald b. Bautzen 16. XII. 19; f zu Gtida
12. XII. — L Litt. Centralbl. 1898, 33;
11L Ztg. 109, 881.
•Klernm, Alfred, Dekan in Backnang,
wttrttemberg. Alterthumsforscher, * zu Ell-
wangen 8. XL 40; f zu Backnang 27. III.:
s. BJ II, 276. — L Kirchl. Anzeiger f,
Wttrttemb.6, 164; Aus d. Schwarzwald 5,57
(P.W.); Beitrage z.wttrttemb. Kirchengesch.
N. F. 1, 144; Schwab. Albbll. 9, 127 (E.
Naegele); Stuttg. N. Tagebl. 1897 Nr. 74.
# K5hlcr, August Philipp, D. theol, et Dr.
phil., Geh. Rath, ordentl. Prof. f. alt-
testamentl. Exegese an d. Univ. Erlangen,
* zu Schmalenberg (Rheinpfalz) 8. IL 35 ;
f zu Erlangen 17. II. : s. BJ III., 391. —
L BJ II, 23*; Hinrichsen 3 317 (mit W);
W. Cafpari, Rede b. d. Beerdigung (Er-
langen 1897); Schaff and Jackson 119. —
W auch Kukula 464; KL 1897, 688.
7i"
Todtcnliste 1897: XIX. Geistliche u. Gottesgelahrte.
72*
•Kraflft, Wilhelm Ludwig, D. theol., Kon-
sistorialrath, Prof. f. Kirchengesch. an d.
ev.-theol., Fakultat d. Univ. Bonn, # zu
Ktfln 8. IX. 21; f *u Bonn 7. I.: s. BJ
II, 285. — L Allg. Ztg. 1897 BeiL Nr. 6
S. 8; 111. Ztg. 108, 73; Holtzmann u. Zflpffel*
621; Schaff and Jackson 120, 260 (mitW).
— W auch Kukula 487; KL 1897, 710;
Bttrsenbl. f. d. d. Buchh. 1897, 439.
Kuhlmann, Karl, Pfarrer zu Werther (West-
falen); f 9- I. — L BJ II, 24*.
Langin, Georg, Stadtpafarrer in Karlsruhe,
Litterarhistoriker, Dichter, * zu Buggingen
(Baden) 31. X. 27; f zu Karlsruhe 13. IX.
— L BJ II, 24*; Brummer* 2,380 (mitW);
III. Ztg. 109, 402. — Wauch KL 1897, 742.
Leyser, Jakob, D. theol., Konsistorialrath
u. Kreisscholarch in Speier, Goetheforscber,
* zu Zweibrttcken 13. I. 30; f zu Speyer
17. VI. — L 111. Zt£. 109, 17; Hinrichsen 2
804 (mit W). — W auch KL 1897, 781.
♦Lommatzsch, Siegfried Otto Nathanacl,
D. theol. et Dr. phil., ausserordentl. Prof,
f. neutestamentl. Exegese u. christl. Pada-
gogik an d. Univ. Berlin, * daselbst 21. I.
33; f zu Freienwalde a. O. 13. VIII.:
s. BJ III, 392. — L Schaff and Jackson
261 (mit W); Holtzmann u. Zopffel* 669;
111. Ztg. 109, 268. — W auch Kukula 565;
KL 97, 811.
♦Marees, Wilhelm Ludwxg de, bis 1890
Prediger zu Omarsleben b. Bernburg,
Dichter u. Uebersetzer, * zu Dessau 1 4. II. 20;
+ zu Bernburg 9. VII.: s. BJ. II, 78. —
L u. W Brttmmer 4 3, 18; KL 1897, 839.
♦Meier, Ernst Julius, D. theol. et Dr. phil.
Oberhofprediger, Vizeprasident d. evangel.
Landeskonsistoriums d. Kgr. Sachsen, * zu
Zwickau 7. IX. 28; f zu Dresden 6. X :
s. BJ in, 393. — L BJ II 28*; 111. Ztg.
io 9» 5*1; Holtzmann u. Zapffel* 717 (mit
W); B. Ktthn, Oberhofprediger D. E.
J. Meier (Leipz. 1898; Sep. -Abdr. aus:
Beitr. zur sachs. Kirchengesch.). — W
auch KL 1897, 856.
*Muller, Ferdinand Gottlob Jakob v., D.
theol., wiirttemberg. Feldpropst u. Pralat
a. D., * zu Winnenden (Oberamt Waib-
lingen) 9. VI. 16; f * u Stuttgart 2. II.:
BJ II, 286. — L u. W Holtzmann u.
Zapffel 2 756.
Otto, Johann Karl Theodor, D. theol., et
Dr. phil , Lie. theol., k. k. Reg.- Rath, frllher
Prof, an d. evang. theol. Fakultat zu Wien,
President vieler gelehrter Gesellschaften,
* zu Jena 4. X. 16; f zu Dresden 11. I.
— L BJ II, 33*; Holtzmann u. Zbpflel*
813, Schaff and Jackson 158, Hinrichsen 3
1005 (mit W).
♦Peter, Carl Lorenz, Kirchenrath, Pfarrer in
Sptfck b. Karlsruhe, * zu Karlsruhe 5. IX. 12;
f zu Oeschelbronn b. Pforzheim 26. VIII.:
s. BJ II, 383. - L BJ II, 33*.
*Romann, Albrecht, (Pseudon.: Albrecht
von Gaisenberg), Diakonus an d. Lieb-
frauenkirche zu Liegnitz, lyr. u. dram at.
Dichter, * zu Ziegenhals (Schlesien)
27. III. 50; f 7 -u Liegnitz 11. IX.: s. BJ
II, 88. — W KL 1897, 1094.
♦Sallentien, Karl Heinrich Ludwig Eduard,
Abt, Vizeprasident d. braunschweig. Kon-
sistoriums zu Wolfenbtittel, * zu Braun-
schweig 12. V. 25; + zu Wolfenbtittel
3. II.: s. BJ II, 371. - L BJ II, 37*
(mit W).
*Schlecht, Karl August Johann Ferdinand,
Lie. theol., Konsistorialrath, Superintendent,
u, Pfarrer am Dom zu Konigsberg i. Pr. t
* zu Kttnigsberg in d. Neumark 17. V. 38;
t zu Konigsberg i. Pr. 29. XII.: s. BJ
III, 388.
Schumann, Richard, Pastor zu Jeserig
b. Brandenburg, 1873 — 79 nat.-lib. Mitgl.
d. preuss. Abg.-Hauses f. Westhavelland-
Zauch-Belzig; f, 60 J. alt, in Bad Schmiede-
berg, 16. VII. — L 111. Ztg. 109, 145.
•Schwartz, Johann Heinrich Karl Christian
Albert, Pfarrer zu Gross- Winnigstedt in
Braunschweig, * zu Braunschweig 1 i.X. 26 ;
+ zu Gross -Winnigstedt 13. XII.: s. BJ
II. 384.
♦Stahlin, Adolf Ritter v., D. theol., Presi-
dent d. Oberkonsistoriums in Mtinchen,
Mitgl. d. bayr. Kammer d. Reichsrathe,
* zu Schmflhingen (Bez.-Amt Nttrdlingen)
27. X. 23; f iu MUnchen 4. V.: s. BJ
HI? 395* — L BJ II, 40*; Beitr. z. bayr.
Kirchengesch. 4, 15 (Th. Kolde; auch sep.
Erlangen 1897); O. StHhlin, Oberkonsisto-
rialrath A. v. St. (Mtinchen 1898, mit P);
Holtzmann u. Zttpffel* 984 (mit W); Allg.
Ztg. 1897 Beil. Nr. 179 (J. Schiller). —
W auch KL 1897, 1279.
Steller, £. P., Missionar.
•Trautvetter, Friedrich Wilhelm Gustav
Arno, Generalsuperintendent u. Oberhof-
prediger in Rudolstadt, * zu Eisenach
22. IV. 42 ; f zu Blankenburg in Thttringen
17. VII.: s. BJ III, 399.
Tremel, Johann, Missionar in Ostafrika t
* zu Wittelshofen 1865; f auf d. Erholungs-
reise zu Ntirnberg 16. X. — L 111. Ztg.
109, 570.
Trusen, Hermann, Konsistorialprasident
in Magdeburg, kirchenrechtl. Sch rifts teller,
* 30. IV. 38; f zu Magdeburg 19. VIL —
L 111. Ztg. 109, 145.
Wilhelmi, Konsistorialrath, erster Pfarrer
in Biebrich; f daselbst, 74 J. alt, 17. VI. —
L 111. Ztg. 108, 811.
Zehme, Karl, Dr., Pastor emer., langjahrigcr
Vorsitzender d. evang.-luth. Gotteskastens
73"
Todtenliste 1897: XIX. Geistliche u. Gottesgelabrte. XX. Rechtsgelehrtc.
74'
im Kgr. Sachsen u. d. Dresdner Konfercnz;
t in Niederlflssnitz 19. X. — L III. Ztg.
109, 649.
*Zimmermann, Josef Andreas, President
d. evang. Oberkirchenrathes in Wien; s.
Sp. 78*.
XX. Rechtsgelehrtc
*Bassermann, Anton, President d. Land-
gerichts in Mannheim, * daselbst 18. X. 21 ;
t ebenda 22. IX.: s. BJ II, 280. — L Bad.
Presse 1897 Nr. 223.
*Bezzola, Andreas, schweiz. Bundesrichter,
* zu Zernetz (Unterengadin) 1. IV. 40;
f zu Zurich 10. I.: s. BJ II, 44.
Bockholltz, Gustav, Amtsgerichtsrath a. D.;
f zu Strassburg im Febr. — L Allg. Ztg.
1897 Nr. 47 Morgenbl S. 3 c.
Bolgiano, Karl Theodor, Dr. jur., Geh.
Hofrath, frtlher ordent. Prof. f. gemeines
deutsches, bayer. und franz. Zivilprozess-
recht und franz. Zivilrecht an d. Univ.
MUnchen, * daselbst 11. XL 16; f ebenda
29. X. — L Chronik der Univ. MUnchen
1897/98, S. 3. — W Kukula 70. Suppl. 26.
Bunge, Friedrich Georg v., Dr. jur., frtther
ordentl. Prof, an d. Univ. Dorpat, Rechts-
historiker, ♦ zu Kiew 13. III. 1802; f *n
Wiesbaden 9. IV. — L BJ II, 6*; W.
Greiffenhagen, Dr. jur., F. G. v. B. (Rcval
1891, mitP); Brockhaus u 3, 738; Meyer 5
18, 182.
Chorinsky, Karl Graf v., Dr. jur., President
d. Oberlandesgerichts in Wien u. standiges
Mitglied d. Reichsgerichts daselbst ; s. Sp. 7*.
Drechsler, Karl August Eduard, Dr. jur.,
Kaiserl. Wirkl. Geh. Rath, Senatsprasident
am Reichsgericht in Leipzig, * zu Staven-
hagen 14. III. 21. f zu Harzburg 10. VIII.
— L BJ II, 9*; 111. Ztg. 109, 240. 247
(mit P).
Ebert, Wilhelm v., Prasident a. D. — L
Litt. Beil. z. Staatsanz. f. Wtirttemberg
1*97. 1843.
Etienne, Adolf, Geh. Oberjustizrath, bis
z. Einverleibung Kurhessens hess. Justiz-
minister; f, 78 J. alt, zu Gttttingen 8. II.
— L 111. Ztg. 108, 213.
♦Fuchs, Wilhelm, Dr. jur., Hof- u. Ge-
richtsadvokat, Privotdozent f. 5ster. Zivil-
recht an d. Univ. Wien, * daselbst 27. IX.
53; f ebenda 17. VII.: s. BJ II, 244. —
W KL 1897, 379; Kukula Suppl. 79.
•Gerhard, Johannes Dietrich Adolar, Dr.
jur., Rechtsanwalt, Schrifisteller u. Dichter,
Mitbegrttnder u. 1871 — 84 Syndikus d.
Genossenschaft dramat Autoren u. Kom-
ponisten, * zu Leipzig 17. VI. 25; f eben-
da 8. V.: s. BJ II, 320.
'Goldschmidt, Levin, Dr. jur., Geh. Justiz-
rath, Reichsoberhandelsgerichtsrath a. D.,
ordentl. Prof. f. Handels- u. Wechselrecht
an d. Univ. Berlin, * zu Danzig 30. V. 29;
t *u Wilhelmshtfhe b. Kassel 16. VII.:
s. BJ II, 119. — L BJ II, 15*; 111. Ztg.
I( >9, 155 (mit P); Popularwissenschaftl.
Monatsbl. z. Belehrg. ttb. d. Judenthum
1897, 198 (Grunhut). — W auch Kukula
269. Suppl. 86; KL 1897, 423.
Grawein, Alexander, Dr. jur., ordentl.
Prof. f. ttsterr. allgem. Privatrecht, sowie
Handels- u. Wechselrecht an d. Univ.
Czernowitz, auch Dichter u. Uebersetzer,
* zu Villach 2. VII. 50; f «* Czernowitz
5. III. — L Litt. Centralbl. 1897, 1052;
III. Ztg. 109, 209. — W Kukula 279; KL
1897, 436.
Grosman, Nicola Philipp, Landgerichtsrath
a. D., Reichstagsabg.; s. Sp. 23*.
Hadelich, Geh. Justizratb, Rechtsanwalt u.
Notar in Erfurt; f daselbst, 92 J. alt,
22. I. — L 111. Ztg. 108, 129.
♦Hahn, Friedrich v., Dr. jur., Senats-
prasident am Reichsgericht a. D., frUher
ordentl. Prof, an d. Univ. Jena, *zu Homburg
v. d. H. 7. VI. 23; f *u Leipzig 3. III.: s.
BJ II, 162. — L BJ II, 17*; Ztschr. f. d.
ges. Handelsrecht 46, 365 (Laband).
Hambrook, Dr. jur., Reichsgerichtsrath a. D. ;
f, 79 J. alt, zu Berlin 5. XII. — L 111.
Ztg. 109, 851.
Hentzschel, Otto, Prasident d. 8. Zivihenats
d. Kammergerichts in Berlin; f, 65 J. alt,
daselbst 26. XI. — L III. Ztg. 109, 762.
Hermann, Moritz, Geh. Justizrath, Ober-
landesgerichtsrath in Jena, * daselbst 5.
XII. — L 111. Ztg. 109, 809.
*Herz, Karl, Landgerichtsrath, Parlamen-
tarier; s. Sp. 24*.
Hoffmann, Ludwig, Dr. oecon. publ.,
Rechtsanwalt in MUnchen, 1. Vorsitzender
d. Aufsichtsraths d. Pensionsanstalt deut-
scher Journalisten u. Schriftsteller, auch
dramat Dichter, * zu Speyer 23. III. 56;
f *u MUnchen 13. V. — L 111. Ztg. 108,
683. -WKL 1897, 564.
*Hofmann, Franz, Dr. jur., ordentl. Prof,
f. rom. u. ttsterr. Privatrecht an d. Univ.
Wien, * zu Zdounek b. Kremsier (Mahren)
20. VI. 45; f ™ Wien 25. X.: s. BJ II,
257. — L Almanach d. Wiener Akad. d.
Wissensch. 48, 256 (A. Huber, mit P). —
W Kukula 371. Suppl. 112.
Holzapfel, Oberlandesgerichtsrath in Darm-
stadt; f daselbst 12. VII. — L 111. Ztg.
109, 118.
75*
Todtenliste 1897: XX. Rechtsgelehrte.
76*
Horn, Alexander, Justizrath, Sch rifts teller,
in Insterburg; f daselbst, 63 J. alt, im
Juli. — L 111. Ztg. 109, 209.
Hupfeld, Geh. Justizrath in Kassel, lang-
jahriger Vorsitzender d. Zentralausschusses
d. nationallib.ParteiKurhessens; f daselbst,
74 J. alt, 9. IV. — L 111. Ztg. 108,
484.
Jacobi, Johannes Otto (Pseudon.;
JohannesOtto), Dr. jur., Rechtskonsulent
d. Bremer Gewerbekammer u. Verfechter
d. Zwangsinnung , Dichter vaterland.
Dramen, * zu Schneeberg i. S. 24. VI. 38 ;
f zu Bremen im Juni. — L Brttmmer 4 2,
219 (rait W); 111. Ztg. 109, 17.
Keller, Karl, Geh. Oberjustizrath, Mitgl.
d. preuss. Generalauditoriats, betheiligt an
d. Arbeiten z. zeitgenttss. Umgestaltung d.
Militarrechtspflege ; f *u Berlin 27. II. —
L 111. Ztg. 108, 307; MW 1897, 1597.
Kretschmar, Gustav Ferdinand, Dr. jur.,
Justizrath, frtlher ordentl. Prof. f. rom.
Kecht an d. Univ. Giessen; f daselbst,
67 J. alt, 5. V. — L 111. Ztg. 108, 614;
Lilt Centralbl. 1897, 639. — W Kukula
498. Suppl. 141.
Lamm, C. M. t Senatsprasident a. D. am
Oberlandesgericht zu Dresden; f daselbst,
73 J- alt, 9. I. — L 111. Ztg. 108, 104.
Leonhardi, Osk a rKonstanz, Senatsprasident
a. D. am Oberlandesgericht zu Dresden;
t daselbst, 65 J. alt, 24. VIII. — L 111.
Ztg. 109, 306.
Leske, Geh. Oberjustizrath, Senatsprasident
am Oberlandesgericht in Breslau ; f daselbst
16. II. — L 111. Ztg. 108, 253; Allg. Ztg.
1897 Nr. 49 Abendbl. S. 2 c.
Loebell, Oskar, Reichsgerichtsrath a. D.,
* zu Berlin 21. III. 36; f zu Naumburg
a. S. 13. II. — L BJ II, 25*; 111. Ztg.
108, 213; Allg. Ztg. 1896 Nr. 46 S. 2 b,
Makower, Hermann, Justizrath, jurist.
Schriftsteller, * zu Santomischel 8. III. 30;
t zu Berlin 1. IV. — L BJ II, 27*; Allg.
Ztg. d. Judenthums 1898 Nr. 14. 15. 17
(B. Breslauer).
Mangoldt, Hans Paul Adolf v., Landgerichts-
prasident in Zwickau; f zu Dresden 1. VI,
— L 111. Ztg. 108, 742.
♦Marquardsen , Heinrich v., Dr. jur.,
ordentl. Prof. f. deutsches Reichs- u.
Landesstaatsrecht, Parlamentarier, Reichs-
tags- u. bayer. Landtagsabg., * zu Schleswig
25. X. 26; f 2U Erlangen 30. XL: s. BJ
II, 411. — L BJ II, 27 •; 111. Ztg. 1892
Nr. 2578 (mitP) u. Bd. 109, 809: Schonfeld*
351; Kurschner, Reichstag 1893,255(11111
P); Minde 1893, 7 (mitP); Hirth 7, 180;
Reichstags-Handb. 8, 81. — W Kukula
585; KL 1897, 840.
♦Martiny, Fried rich, Justizrath, Rechts-
anwalt u. Notar, Parlamentarier, * 18 19:
f zu Danzig 7. IV.: s. BJ II, 223.
Muller, W., Oberstaatsanwalt am Oberlandes-
gericht Posen; f zu Bartenstein (Ost-
preussen) 6. VI. — L 111. Ztg. 108, 783.
Otto, Paul, Dr. jur., Senatsprasident am
Oberlandesgericht Dresden; + daselbst 3.
VII. — L m. Ztg. 109, 51.
Pannier, Karl, Geh. Oberj ustizrath, President
d. Landgerichts II in Berlin, Mitbegrtinder
d. nat.-lib. Partei, Parlamentarier; f da-
selbst, 67 J., 13. (oder 12.?) XII. — L.
111. Ztg. 109, 881.
♦Petri, Wilhelm, Dr. jur., Geh. Oberjustiz-
rath, Parlamentarier, * zu Oestrich (Rhein-
gau) 9. XI. 26; f zu Kassel 13. XL: s.
BJ II, 225.
Praun, Werner Karl Andreas v., Oberlandes-
gerichtsrath a. D., • zu Wolfenbtlttel 4.
XII. 19; f zu Braunschweig 3. III. — L*
111. Ztg. 108, 355.
Probst, Rudolf, Rechtsanwalt — L Schwab.
Kronik 1897, 465.
Rang, Ignaz, Rechtsanwalt in Fulda; + im
Frbr. daselbst — L Allg. Ztg. 1897 Nr. 17
Morgenbl. S. 3 c.
Recke, Hermann Freih. von der, Staats-
anwalt beim Landgericht I in Berlin, * 31.
XII. 50; f «u Berlin 1. II. — L Freiherrl.
Taschenb. 1898, 749.
Reinhard, Dr., Justizrath zu Strassburg i. £.,
polit, litter, u. naturwissenschaftl. thatig,
49 J.; t daselbst 21. II. — L 111. Ztg.
108, 273.
♦Richter, Albert, Dr. jur., Hof- u. Gerichts-
advokat, ehemaliger 1. Btirgermeister v.
Wien; s. Sp. 23*.
Sch&fer, August, Land gerichtsprasi dent in
Konstanz; s. Sp. 17*.
Schmeidel, Hermann, Senatsprasident in
Graz, frtlher Staatsanwalt in Wien; t»
72 J. alt, zu Weitlanbrunn im Pusterthal
Ende Aug. — L 111. Ztg. 109, 349.
Schott von Schottenstein, Eugen Freih. v.,
Rechtsanwalt in Strassburg, Vorkampfer
d. Deutschthums in Elsass-Lothringen, * zu
Stuttgart 19. III. 52; f zu Reutlingen 4. II.
— L Freiherrl. Taschenb. 1898, 897; 111.
Ztg. 108, 193; Schwab. Kronik 1897,
241.
♦Schiitze, Theodor Reinhold, ordentl. Prof,
f. Strafrecht, Strafprozess, Rechtsphilos.,
V5lkerrecht u. Encyklopadie d. Rechts-
wissensch., * zu Uetersen (Holstein) 12.
L 27; + zu Graz 16. II.: s. BJ II, 409. —
L Eckart 155; Gerichtssaal 55, 455 (Vargha,
mit P).
Schwarz, Hugo, Reichsgerichtsrath a. D.,
* zu Trachenberg (Schlesien) 7. XL 17;
f zu Sellin auf RUgen 28. VIII. — L Litt.
Centralbl. 1897, 121 2; 111. Ztg. 109, 349.
77*
Todtenliste 1897: XX. Rechtsgelehrte. XXI. Aerzte und Apotheker.
78*
Simson, Georg, Geh. Justizratb, einjttngerer
Bruderd.frttherenReichsgerichtsprasidenten
Eduard v. S., 1848 Mitgl. d. Frankfurter
Parlaments f. Stargard (Westpr.); t» 8° J.
alt, zu Berlin 22. XII. — L 111. Ztg. no,
19.
Six, Alois Ritter v., k. u. k. Generalauditor
i. R.; f» 73 J- alt, zu Wien 28. III. — L
111. Ztg. 108, 449.
Sommer, Fried rich, Dr. jur., Rechtsanwalt
in Erfurt, Parlamentarier ; s. Sp. 25*.
Soenke, Theodor, Justizrath, Rechtsanwalt
u. Notar beim Kammergericht in Berlin,
Parlamentarier; s. Sp. 29*.
Stein, Ernst Albert, Oberjustizrath, Rechts-
anwalt u. Notar in Dresden; f daselbst,
72 J., 31. III. — L 111. Ztg. 108, 449.
Thomas, Wilhelm, Dr. jur M Geh. Justizrath,
Parlamentarier; s. Sp. 26*.
Vacano, Otto v., Wirkl. Geh. Oberjustizrath,
President d. Oberlandesgerichts Kolman
Mitgl. d. Staatsrathes f. Elsass-Lothringen,
• zu Simmero 1827; f * u Kolmar 16. XL
— L 111. Ztg. 109, 762.
Vollert, Dr. jur., 1892—96 fttrstl. reuss.
Staatsminister, Vorstand d. Abth. f. Justiz,
Kirchen-u. Schulwesen, jurist. Schriftsteller;
f zu Gera, 70 J. alt, 7. V.
Wachter, Johann Anton, Oberjustizrath,
frtther Landgerichtsprasident in Saar-
gemilnd; f zu K^, 6 7 J* alt t 9- H. —
L 111. Ztg. 108, 253; Allg. Ztg. 1897 Nr. 47
Morgenbl. S. 3 c.
Wendhausen, A., Vizekanzler d. Univ.
Rostock, Landgerichtsprasident u. Kon-
sistorialdirektor; f zu Rostock, 57 J. alt,
14. IV. — L Litt. Centralbl. 1897, 574;
111. Ztg. 108, 555.
Wiener, Heinrich, Dr. jur., Senatsprasident
am Reichsgericht a. D., # zu Glogau 1834;
t zu Berlin 7. XI. - L BJ II, 50*; 111.
Ztg. 109, 693 (mit P).
Zeller, Wilhelm, Dr. jur., hess. Ober-
rechnungsrath, Schriftsteller auf jurist, u.
volkswirthschaftl. Gebiet; s. Sp. 18*.
'Zimmermann, Josef Andreas, ehemaligcr
Prasident d. evangel. Oberkirchenraths
beider Bekenntnisse, * zu Schassburg 2.
X. 10; f * u Hermannstadt 18. V.: s. BJ
II, 151.
Zurmiihlen, Paul, Amtsgerichtsrath, Parla-
mentarier; s. Sp. 26*.
XXI. Aerzte und Apotheker.
v Auerbach, Leopold, Dr. med., ausser-
ordentl. Prof. f. Physiologie an d. Univ.
Breslau; s. Sp. 53*.
Bech, August Emil, Dr. med., Hofrath, Ehren-
bUrger von Pima; f daselbst, 90 J. alt,
10. X. — L 111. Ztg. 109, 535.
•Berlin, Rudolf August Johann Ludwig
Wilhelm, Dr. med., ordentl. Prof. f. Augen-
heilkunde u. Direktor d. ophthalmology
Klinik an d. Univ. Rostock, * zu Friedland
(Mecklenburg) 2. V. 33; + zu Stachelberg
b. Linthal in der Schweiz (nicht zu Rostock)
12. V.; s. BJ II, 34. — L Schwab. Kronik
1897, 191 5; Rostocker Anzeiger 1897
Nr. 290 Beibl. 2; WUrttemberg. Med.
Korrespondenzbl. 67, 394 (mit P); Leo-
poldina 33, 121. 127 (mit W); Mtinch.
Med. Wochenschr. 45, 1 (Schlosser). — W
auch Kukula Suppl. 17.
Bessel, Leopold Otto, Dr. med., f zu Berlin
10. VIII. — L Leopoldina 33, 125.
*Boer, Oskar, Dr. med., Prof., Hofarzt in
Berlin, * daselbst 1847; t ebenda 11. VII. :
s. BJ II, 40. — L Leopoldina 33, 115;
Arcbiv f. path. Anat. 152, 570 (Gurlt).
Brand, Ernst, Dr. med., Geh. Sanitatsrath,
prakt Arzt in Stettin, * zu Feuchtwangen
(Mittelfranken) 2. I. 27; f zu Stettin 7. III.
— L HBL 6, 540 (mit W); Leopoldina
33. 38. 55 (mit W); British Medical Journal
1897, 1, 692; New York Medical Record 51,
491 ; Archiv f. path. Anat. 152, 560 (Gurlt).
Braun, Gustav, Dr. med., Geh. Rath,
ordentl. Prof, an d. Univ. u. Hauptarzt an
d. Augenheilanstalt zu Moskau, * in Ost-
preussen 8. XIL 27; t zu Moskau 17. IV.
— L HBL i, 563. 6, 543 (mit W;; Peters-
burger Med. Wochenschr. 1897, 148;
Archiv f. path. Anat. 152, 563 (Gurlt).
*Buchner, Ludwig Andreas v., Dr. phil. et
med., Geh. Rath, Obermedizinalrath,
ordentl. Prof. f. Pharmazie an d. Univ.
MUnchen, * daselbst 23. VII. 13; f ebenda
23. X.: s. BJ II, 49. — L Leopoldina 33,
160; MUnch. Med. Wochenschr. 44, 44;
Chronik d. Univ. MUnch. 1897/8, 6;
Sitzungsber. d. Mtinch. Akad. d. Wissensch.,
math.-phys. Kl., 28, 431 (C. Voit); Archiv
f. path. Anat. 152, 578 (Gurlt). — W
Kukula 95. Suppl. 36; Cat. Roy. Soc. 7,
295- 9» 390.
♦Burchard, Max, Dr. med., Prof., General-
arzt a. D. v Privatdozent f. Augenheilkunde
an d. Univ. Berlin, * zu Naugard,
(Pommern) 15. I. 31; f * u Berlin 25. IX.:
s. BJ II, 52. — L Charite-Annalen 22,
356 (J. Hirschberg); Deutsche Militararztl.
Ztschr. 26, 508; Leopoldina 1898, 40;
Arch. f. path. Anat. 152, 576 (Gurlt). —
W Kukula 102. Suppl. 38.
79*
Todtenlistc 1897: Acrztc und Apolhekcr.
8O*
Diesterweg, J u 1 i u s , Dr. med., Geh. Sanitats-
rath, prakt. Arzt in Wiesbaden, altester
Sohn d. Padagogen, * zu Mors 1822; f z u
Wiesbaden 26. I. — L III. Ztg. 108, 157;
Leopoldina 33, 53.
Drechsel, Heinrich Ferdinand Edmund,
Dr. med. et phil, r ordentl. Prof. f. physiolog.
u. patholog. Chemie u. Pharmacologic an
d. Univ. Bern; s. Sp. 55*.
Fiek, Emil, Apotheker, Botaniker; s. Sp.
Fliigge, Wilhelm Leopold John Edmund,
Dr. med., Direktor d.Provinzial-Irrenanstalt
Riigenwalde, * zu Walsrode (Landdrostei
LUneburg) 1845; f zu RUgenwalde 10. III.
— L Allg. Ztschr. f. Psychiatr. 54, 304;
Archiv f. path. Anat. 152, 560 (Gurlt).
•Guterbock, Paul, Dr. med., Geh. Med.-
Rath, Prof. f. Chirurgie an d. Univ. Berlin,
* daselbst 2, VI. 44; + ebenda 17. X.:
s. BJ II, 75. — L Berliner klin. Wochenschr.
34, 43 (Posner); Deutsche Med. Wochenschr.
23, 45 (J. Wolff); Archiv f. path. Anat.
!5 2 > 577 (Gurlt). — W Kukula 293.
Hager, Hermann, Dr. phiL, Apotheker u.
Chemiker, pharmazeut. Schriftsteller, * zu
Berlin 3. I. 16; f zu Neuruppin 26. I.
— L Litt. CentralbL 1897, 190; 111. Ztg.
108, 157.
Halban, Leo v., Dr. med., Prof. f. gerichtl.
Medizin an d. Univ. Krakau; + daselbst,
59 J. alt, 28. II. — L Allg. Ztg. 1897 Beil.
Nr. $0, 8; Leopoldina 33, 112; Mlinch.
Med. Wochenschr. 1897, 274; Archiv f.
path. Anat. 152, 559.
♦Heidenhain, Rudolf, Dr. med., Geh. Med.-
Rath, ordentlich. Prof. f. Physiologic u.
Histologic an d. Univ. Breslau; s. Sp. 56*.
Heller, Karl, Dr. med., Sanitatsrath, Bade-
arzt in Teplitz; f daselbst 6. VI. — L
111. Ztg. 108, 811 ; Leopoldina 33, 113.
Hertz, Karl Reiner, Dr. med., Geh. Sanitats-
rath, Begrlinder d. Hertzschen Irrenanstalt
in Bonn, * daselbst 1817; f ebenda 11. II.
— L 111. Ztg. 108, 213: Allg. Ztg. Beil.
1897 Nr. 35, 8; Leopoldina 33, 56; Allg.
Ztschr. f. Psychiatr. 54, 306 (Thomsen);
Archiv f. path. Anat. 152, 558 (Gurlt).
Hdchstatter, Christian, Dr. med., Land-
arzt. — L Medizin. Korresp.-Bl. f. WUrttem-
berg67, 209 (W. Camerer); Schwab. Kronik
1897, 970. 986.
♦Hofmann, Eduard, Ritter v., Dr. med.,
Hofrath, Gerichtsarzt u. ordentl. Prof. f.
gerichtl. Medizin an d. Univ. Wien, Presi-
dent d. Obersten Sanitatsrathes, * zu Prag
2 7- I- 37; t zu Abbazia 27. VIII.: s. BJ
II, 81. — L BJ II, 19*; Leopoldina 33,
128; Prager Med. Wochenschr. 22, 38
(P. Dittrich), Wiener Klin. Wochenschr. 10,
36 (Habercla); V'iertcljahrsschr. f. gerichtl.
Medizin 3. F. 14 Suppl. I (F. Strassmann);
Annales d'Hygiene 3, Ser. 40, 8 (Critz-
mann); Archiv f, path. Anat. 152, 574
(Gurlt). — W Kukula 371; Borsenbl. f.
d. d. Buchh. 1897, 6277.
♦Hollander, Ludwig Heinrich, Dr. med.,
Prof., Privatdozent f. Zahnheilkunde an d.
Univ. Halle, * zu LeobschUtz 4. II. 33;
f zu Halle a. S, 12. (oder 14.?) III.: s.
BJ II, 82. — L Archiv f. path. Anat. 152,
561 (Gurlt); Petersburger Med. Wochen-
schrift 1897, 154; Mlinch. Med. Wochen-
schrift 1897, 298. — W Kukula 377.
•Huter, Viktor, Dr. med., Prof., Privat-
dozent f. Frauenheilkunde an d. Univ. Mar-
burg, * 16. X. 32; f zu Marburg 12. XL:
s. BJ II, 82. — L Leopoldina 33, 163
(mit W). — W auch Kukula 393.
Jacobi, Ch. Paul Emil, Dr. med., k. sichs.
Leibarzt, Generalarzt I. Kl. u. Korpsarzt
d. sachs. (XII.) Armeekorps, auch ordentl.
Mitgl. d. Landesmedizinalkollegiums, • zu
Kaditz b. Dresden 8. VII. 35; f zu Dresden
1. I. — L Leopoldina 33, 51; 111. Ztg.
108, 48; Archiv f. path. Anat. 152, 552
(Gurlt); MW 82, 1037.
Kleinenberg, Nikolaus, Dr. med., ordentl.
Prof. f. vergl. Anatomie u. Zoologie an d.
Univ. Palermo; s. Sp. 57*.
•Kovacs, Josef, Dr. med., ordentl. Prof. f.
Chirurgie an d. Univ. Budapest, * zuTenge-
licz (Ungarn) 1832; f zu Budapest 6. VIII.:
s. BJ II, 82. — L Leopoldina 1897, 118;
Archiv f. path. Anat. 152, 572 (Gurlt).
Kremnitz, Wilhelm, Dr. med., Hospital-
arzt u. k. rumiin. Hofarzt in Bukarest,
Leibarzt d. Kbnigin, vermahlt mit d. Schrift-
stellerin Mite K., einerTochterd.Chirurgen
v. Bardeleben, * zu Stettin 1843; f zu
Sinaja 31. VII. — L 111. Ztg. 109, 209;
Voss. Ztg. 1897 No. 357; Arch. f. path.
Anat. 1897, 572 (Gurlt).
Lerch, Johann, Ritter v., Dr. med., ordentl.
Prof. i. R. d. Wiener medizin. Fakultat;
f zu Hainfeld, 84 J. alt, 7. VII. — L
Litt. CentralbL 1897, 924; 111. Ztg. 109, 84.
Liebmann, Karl, Dr. med., Prof., Direktor
d. Klinik f. Frauenkrankheiten in Triest;
f daselbst 10. VIII. — L Litt. CentralbL
1897, 1 1 20; Leopoldina 33, 128; Archiv
f. path. Anat. 152, 573 (Gurlt).
•Lobstein, Friedrich Eduard, Dr. med.,
prakt. Arzt, auch Dichter, * zu Strass-
burg i. E. 3. XII. 26; f zu Heidelberg
2. X.: s. BJ II, 87.
♦Marme, Wilhelm, Dr. med., Geh. Med.-
Rath, ordentl. Prof. f. Pharmakologie an
d. Univ. Gottingen, * zu Dierdorf (Rhcin-
prov.) 19. II. 32; f zu Gottingen 27. VI:
s. BJ II, 96. — L Archiv f. path. Anat.
*5 2 » 57° (Gurlt); Archiv f. experimentelle
8i*
Todtenlistc 1897: XXI. Aerrte unci Apotheker.
82^
Pathol, u. Therapic 40, 147 (VV. Ebstein);
HBL 4. 137 (mit W). — W audi Kukula
585. Suppl. 162.
Menger, Henry Friedrich, Dr. med., Medi-
zinalrath u. Mitgl. d. Medizinalkollegiums
d. Prov. Brandenburg, prakt. Arzt in Ber-
lin, * zu Odessa 1845; f zu Berlin 29. IV. —
L Archiv f. path. Anat. 152, 564 (Gurlt);
111. Ztg. 108, 583: Leopoldina 33, 93.
♦Michael, Isaac, Dr. med., Laryngologe,
* zu Hamburg 16. XI. 48 (30!); + zu Ham-
burg 6 I.: s. BJ II, 97. — L HBL 6,
932 (mit W); MUnch. Med. Wochenschr.
iS97» 52; Archiv f. path. Anat. 152, 552
(Gurlt); Leopoldina 1897, 51.
Minckwitz, Karl Oswald, Dr. med., Parla-
mentarier; s. Sp. 30*.
Mittweg, Karl, Dr. med., Sanitatsrath in
Essen; f daselbst im Febr. — L Allg.
Ztg. 1897 No. 47 Morgenbl. S. 3 c.
Nachtigall, Richard, Dr. med., Stabsarzt,
* zu Grossglogau 1840; f 20. IV. — L
Schwab. Kronik 1897, 813, 893.
Niemeier, Ludwig, Dr. med., Oberstabs-
arzt in Posen; f daselbst im Febr. — L
Allg. Ztg. 1897 No. 42 Abendbl. S. 5 c.
*Oertel, Max Joseph, Dr. med., Hofrath,
ausscrordentl. Prof. f. innere Medizin,
speziell f. Krankheiten d. Respirations-
Organe, an d. Univ.Mlinchen, * zu Dillingen
20. III. 35; f zu MUnchen 19. VII.: s. BJ
II, 97. — L 111. Ztg. 109, 118 u. 1885
Nr. 2217, 681 (mit P); Munch. Med.
Wochenschr. 44, 826, 919 (J. Bauer);
WienerKlin. Wochenschr. 10, 3o(A. v. Weis-
mayr); Leopoldina 33, 98, 117; Chronik
d. Univ. MUnchen 189798, 8; Archiv f.
path. Anat. 152, 571 (Gurlt). — W auch
Kukula 669. Suppl. 1 82.
Pleniger, R. v., Dr. med., Chefarzt d. The-
resian.-Akad. in Wien; f daselbst, 80 J.
alt. — L Leopoldina 33, 56.
♦Preyer, Wilhelm, Physiologe; s. Sp. 58*.
Reichel, August, Dr. med., Sanitatsrath in
Breslau; f daselbst im Febr. — L Allg.
Ztg. 1897 Nr. 47 Morgenbl. S. 3 c.
Rzehazek, Karl, Edler v., Dr. med., 1863
bis 1886 ordentl. Prof. f. Chirurgie an d.
Univ. Graz; f, 81 J. alt, daselbst 25. XII. —
L 111. Ztg. no, 19; Archiv f. path. Anat.
152, 584 (Gurlt).
*Saxinger, Johann, v., Dr. med., ordentl.
Prof. f. Geburtshilfe u. Gynakologic an
d. Univ. Tubingen, * zu Aussig 18. V. 36
(oder 33? oder 35?); f zu Tubingen
30. III.: s. BJ II, 289. — L Archiv f.
path. Anat. 152, 561 (Gurlt); HBL 5, 146
(mit W): Leopoldina 33, 38. 56. — W
auch Kukula 785.
*Schleis von Loewcnfeld, Maximilian v.,
Dr. med., Geh. Obermedizinalrath 11. k.
bayr. Leibwundarzt a. D., * zu Ambcrg
14! VIII. 43; f zu MUnchen 7. II.: s. BJ
II, 106. — L Allg. Ztg. 1897 Nr. 40
Morgenbl. S. 5c. Nr. 41 Morgenbl. S. 5c;
Leopoldina 33, »55; MUnch. Med. Wochen-
schrift 1897, 156; Archiv f. pathol. Anat.
152. 557 (Gurlt).
Schmid, Franz Xaver, Dr. med., k. bayer.
Generalarzt a. D. in MUnchen ; f daselbst
1. I. — L Allg. Ztg. 1897 Nr. 2 Blatt 2
S. 5 c: 111. Ztg. 108, 73.
Schneider, Franz Cblestin.Prasident d.bsterr.
Obersten Sanitatsrathes i. R.; s. Sp. 22*.
Seller, Friedrich Hugo, Geh. Med.-Rath in
Dresden, * daselbst 6. IV. 21 ; f ebenda
15. IX. — L 111. Ztg 109, 402; HBL 6,
1003 (mit W).
*Stark, Karl, Dr. med., Sanitatsrath, Dirck-
tor d. Bezirksirrenanstalt zu Stephansfeld
im Elsass, * zu Buttelstedt b. Weimar
19. VII. 36; f zu Stephansfeld 29. V.;
s. BJ II, 107. — L Leopoldina 33, 94;
Archiv f. path. Anat. 152, 563 (Gurlt):
Allg. Ztschr. f. Psychiatr. 54, 734 (Vorster);
III. Ztg. 108, 811.
Stuckrad, v., Dr. med., Generalarzt I. Kl.
a. D., zuletzt Korpsarzt d. III. Armeekorps;
f 2. X. — L MW 1898, 567.
Wasler, T., chemaliger Ordinarius im Spital
d. Barmherzigen BrUder in Graz; f da-
selbst. — L Leopoldina 33, 128.
*Wasserfuhr, Hermann, Dr. med., General-
arzt I. Kl. d. Landwehr, Ministerialrath
a. D. im Ministerium f. Els.-Lothr., * zu
Stettin 14. VI. (oder VII. ?) 23; •$ zu Ber-
lin 16. VII.: s. BJ II, 114. — L Archiv
f. path. Anat. 152, 571 (Gurlt); Deutsche
Militararztl. Ztschr. 22, 500; 111. Ztg. 109,
I45;M\V 1897, 2903; HBL 6, 200 (mit W);
Deutsche Vierteljahrsschr. f. offend. Gesund-
heitspflege 29, 1 (Spiess u. Pistor); Leo-
poldina 33, 113.
*Welcker, Hermann, Anatom; s. Sp. 61*.
Werner, Hermann, Dr. med., Stadt- u.
Landarzt zu Markgrbningen, * zu Schnaith
(OberamtSchorndorf); f zu Markgrbningen
27. I. — L Medizin. Korrespondenzbl. d.
WUrttemb. arztl. Landesver. 67, 70 ; Archiv
f. path. Anat. 152, 555 (Gurlt).
*Zinn, Friedrich Karl August, Dr. med.,
Geh. Sanitatsrath, Direktor u. Chefarzt d.
Landesirrenanstalt Eberswalde, auch Poli-
tiker, * zu Ilbesheim (bayer. Pfalz) 20. VI II.
25; f *u Eberswalde 17. XI.: s. BJ II,
224. — L 111. Ztg. 109, 722; Leopoldina
33, 142, 163 (mit W); HBL 6, 375 (mit
W); MUnch. Med. Wochenschr. 44, 49
(A.Cramer); Archiv f.Psychiatrieu.Nerven-
krankh. 30, 337 (Jolly); Archiv f. path.
Anat. 152, 580 (Gurlt).
83'
Todtenlistc 1897: XXII. Padagogen.
84'
XXII. Padagogen.
♦Adamy, Heinrich, Vorschullehrer, Pada-
gog u. Geograph, * zu Landeshut (Schles.)
27. I. 12; f ™ Breslau 13. X.: s. BJ II,
I9 ,. — W KL 1897, 6.
*Bach, Franz Theodor, Dr. phil., Direktor
d. Falk-Realgymn. in Berlin, Schulmann,
Schriftsteller auf d. Gebiete d. klass. Philo-
logie, Litteraturgesch. u. d. Turnwesens,
* zu Breslau 7. VIII. 33; t *u Berlin 9./10.
VII.: s. BJII, 310. — W KL 1897, 36.
Banz, Rektor a. D. — L Schwab. Kronik
i897» 1537.
Baur, Ludwig, Lehrer in Hemigkofcn. —
L Deutsches Volksbl. 1897 Nr. 15.
Baumgartner, Leopold, Reallehrer an d.
Oberrealschule zu Freiburg i. B. ; + da-
selbst 17. IV. — L Progr. d. Oberreal-
schule zu Freiburg i. B. 1897 S. 3 (E. Reb-
mann).
Bollmann, Rudolf, Dr. phil., Prof., Ober-
lehrer a. D. am Gymn. z. Grauen Kloster
in Berlin; f daselbst, 76 J., 29. IV. —
L 111. Ztg. 108, 583.
Braesz, Adolf, Oberschulrath, Seminar-
direktor a. D., * zu Bettingerode in Braun-
schweig 9. I. 21 ; f zu Grimma 29. III. —
L 111. Ztg. 108, 449.
Cafpari, Bernhard Johannes, fruher Ober-
lehrer in Leipzig; s. Sp. 69*.
Degen, Philipp, Dr. phiL, Prof., Religions-
lehrer an d. stadt. Realschule zu Aachen,
• zu DOren 21. XI. 35; f * u Aachen
17. II. — L Osterprogr. d. st&dt. Realsch.
zu Aachen 1897 S. 32 (J. Neuss). — W
KL 1897, 227.
♦Ehrlich, H. Wilhelm, Dr. phiL, Leiter einer
^Modern School « zu Newcastle upon Tyne
in England, * zu Eisleben 1826; f zu
Newcastle 25. VII.: s, BJ II, 43.
Emmerich, Geh. Hofrath, Direktor d. Real-
gymn. in Meiningen; f daselbst Ende
IX. — L III. Ztg. 109, 470.
Engelhard, Robert, Gymn.-Oberlehrer zu
Lingen, Erforscher u. Schilderer d. Kunst-
denkmale d. Eichsfeldes; f zu Bingen,
43 J-, 19. IV. — L Litt. Central bl. 1897,
606; 111. Ztg. 108, 583.
Fetge, Schulrath, Direktor d. evangel. Lehrer-
seminars in Soest; f daselbst 1. IX. —
L 111. Ztg. 109, 370.
Fischer, Emilie, Vorstand d. A. H.Werner-
schen Lehranstalt in Ludwigsburg. — L
Schwab. Kronik 1897, 855.
Fischer, Johann Georg, Dr. phiL, Prof,
Dichter, * zu Grossslissen an d. Fils (Ober-
amt Geislingen); f zu Stuttgart 4. V.: s.
BJ II, 129. — L BJ II, 11*; Schwaben-
land 1897 Nr. 49, 50; 111. Ztg. 108, 657
(mit P); Hinrichsen 2 363 (mit W). — W
auch KL 1897, 334.
Geiger, A., Schullehrer in Tuttlingen. —
L Schwab. Kronik 1897, 1006.
Gerberding, Wilhelm, Dr. phil., Prof.,
Direktor d. 1. Realschule zu Berlin; + da-
selbst 28. VIII. — L Osterprogr. d. 1. Real-
schule zu Berlin 1898 (F. Berger); Litt-
Centralbl. 1897, 1 21 2.
Gruber, Carl, Oberschulrath a. D., Autori-
tat auf d. Geb. d. Rechenunterrichts; f zu
Baden-Baden, 89 J., 2. XII. — L III. Ztg.
109, 851; Litt. Centralbl. 1897, 1658.
Habler, Karl Albin, Dr. phil., Prof, am
kttnigl. Gymn. zu Leipzig, f daselbst 9.
VII. — L Osterprogr. d. k. Gymn. zu
Leipzig 1898 S. 1 (R. Richter).
♦Henzler, Christian, v., Oberstudienrath,
Realschulmann, * zu NUrtingen 29. IX. 29 :
t zu Stuttgart 3. VIII.: s. BJ II, 275.
Huth, Ernst, Dr. phil., Oberlehrer am
Realgymn. zu Frankfurt a. O., Botaniker;
s. Sp. 56*.
Hftzel, Johann, Mittelschullehrer u, Ver-
walter. — L Schwab. Kronik 1897, 821.
Jost, Justus Wilhelm, Lehrenreteran, GrUnder
v. Gesang-, Turn- u. Volksbildungsvcr-
einen ; + zu Darmstadt, 94 J., 8. IV. —
L 111. Ztg. 108, 484.
Kares, Otto, Dr. phil., Direktor a. D. an
d. stadt. ht>h. Madchenschule zu Essen a.
d. R.; f daselbst 17. II. — L Progr. d.
htth. Madchensch. zu Essen 1897 S. 14
(W. Laufenberg).
Kessler, Hermann Friedrich, Dr. phiL, Prof.,
Oberlehrer an d. Kasseler Oberrealschule,
Entomolog; s. Sp. 57*.
Klatt, Friedrich Wilhelm, Dr. phil., Lehrer
d. Naturwissenscbaften in Hamburg; s.
Sp. 57*-
Kortegarn, Hermann Arthur, Dr. phil., Di-
rektor d. W&hlerschule in Frankfurt a. M.;
f zu Interlaken 26. VII. — L Osterprogr.
d. Wbhlerschule 1898 S. 3 (Marx).
Kosak, Ludwig Ritter v., k. u. k. Feld-
marschalllieutenant, Kommandant d. The-
resian. Milit&rakad. in Wiener Neustadt; s.
Sp. 38*.
Kothe, Bernhard, Seminarlehrer f. Musik,
Musiktheoretiker u. Komponist; s. Abth.
XXVI.
Kreussler, Otto, Dr. phil., Prof., Ober-
schulrath , Gymn. - Rektor a. D. ; f zu
Bautzen 1. III. — L BJ II, 23*.
Kufal, Wilhelm, Prof. f. fremde Sprachen am
Staatsgymn. in Pretoria, gebtirtiger Dcut-
scher; f daselbst, 53 J., 6. V. — L Litt.
Centralbl. 1897, 797; 111. Ztg. 108, 783.
85"
Todtenliste 1897: XXII. Padagogen. XXIII. Dichtcr und Schriftsteller. 86*
Kuntzel, Rektor in Oberweiraar, Vorsitzender
d. Verbandes thtlringer Gewerbevereine;
f daselbst 4. XII. — L III. Ztg. 109, 809.
Lansky, Johann Friedrich August, Bezirks-
schulinspektor a. D., Redakteur d. »Sfichs.
Schulztg.«, * zu Dresden 9. VI. 18; f da-
selbst 3. X- — L Litt. Centralbl. 1897, 1348;
111. Ztg. 109, 511; J. B. Heindl, Galerie
bertihmter Padagogen 1 (MUnchen 1859),
534 (mit W).
Linn, W. f Dr. phil., Schulrath, Direktor d.
h8b. M&dchenschule u. d. Lehrerinnen-
seminars zu Gtirlitz; f daselbst, 58 J.,
28. II. — L Litt. Centralbl. 1897, 350.
Ldffelholz von Colberg, Jobst Wilhelm
Karl Eugen Freih., Prof. f. Zeichnen am
Realgymn. in MUnchen, * zu Nttrdlingen
18. V. 39; f zu Mtinchen n. I. — L Frei-
herrl. Taschenb. 1897,596. 1898, 1 178; Allg.
Ztg. 1897 Nr. 14 MorgenbL S. 6 b.
*Mayr, Ambros, Dr. phil., Gymn.-Prof. in
Trient, Politiker u. Dichter, * zu Sill
(Tirol) 8. V. 49; f * u wicn 3°- X.: s.
BJ II, 338. — L Hinrichsen* 874; 111.
Ztg. 109, 682.
'Petzold, Karl Wilhelm, Dr. phil., Prof.,
Oberlehrer an d. Oberrealschule zu Braun-
schweig, Naturforscher u. Geograph; s.
Sp. 6i # .
Pfleiderer, J. G. f Dr. phil., Prof., Padagog;
f zu Kronthal b. Stuttgart 27. XII. — L
Litt. Centralbl. 1897, 69.
Pilling, Oskar, Dr. phil., Gymn.-Prof.,
Naturforscher; s. Sp. 58*.
♦Richter, Albert, Direktor d. I. BUrgersch.
f. M&dchen in Leipzig, * zu Lichtensee
b. Grossenhain 7. II. 38 ; f zu Htickendorf
b.Tharand 29. VI.: s. BJ II, 309. — L 111.
Ztg. 109, 51. - WKL 1897, 1067.
Rudolphi, Theodor Wilhelm, Dr. phil.,
Gym n. -Direktor a. D. in Kalk b. Koln,
Reichstags- u. Landtagsabg. (Zentr.), * zu
Nordborchen b. Paderborn 3a III. 25;
f zu Tempelhof-Berlin 9. III. — L 111.
Ztg. 108, 355; Schbnfeld* 209; Reichst.
Handb. 1890, 107; KUrschners Reichst
1892, 203 (mit P); Kttrschners Preuss.
I>andt. 1894, 372 (mit P); Minde 1893,
7 (mit P).
Schemmel, Viktor, Dr. phil., Prof, am
Kaiser - Wilhelms - Realgymn. zu Berlin;
t daselbst 19. VI. — L Litt. Centralbl.
1897, 860; 111. Ztg. 108, 811; Osterprogr.
d. Kaiser -Wilh.- Realgymn. 1898 S. 38
(O. Simon).
Schimberg, Karl Adolf, Dr. phil., Prof.,
Gymn.-Oberlehrer; f zu Kttsen 31. VIII.
— L Litt Centralbl. 1897, 1212; Progr.
d. evangel. Gymn. zu Ratibor 1898 S. 28
(Radtke).
*Schmetz, Paul, Kreisschulinspektor, Musik-
gelehrter; s. Abth. XXVI.
Schmidt, Emil, Dr. phil., Oberlehrer an d.
Friedrichs-Werderschen Oberrealschule zu
Berlin; + daselbst 24. VII. — L Progr. d.
Friedrichs-Werderschen Oberrealsch. 1898
S. 19 (J. Lange).
Schmidt, Ludwig August, Direktor in Neu-
haldensleben; + daselbst im Febr. — L
Allg. Ztg. 2897 Nr. 47 Morgenbl. S. 3 c.
Sch5ttle, Ludwig, Waisenhausoberlehrer.
— L Schwab. Kronik 1897, 461.
Schneidewind, Edmund, Dr. phil., Prof.,
Oberlehrer am Karl -Friedrichs- Gymn. zu
Eisenach; f daselbst 1. XL — L Oster-
progr. d. Karl-Friedrichs-Gymn. 1898.
Schr5der, Felix, Geschichtslehrer am Gymn.
von Melun; f *u Bern im Febr. — L
Litt. Centralbl. 1897, 830.
'Schumann, Albert, Prof. f. Gesch. u.
Geogr. an d. Kantonsschule zu Aarau; s.
Sp. 66*.
Seydler, Friedrich Wilhelm, Konrektor,
Botaniker; f zu Braunsberg (Ostpreussen)
21. XL — L 111. Ztg. 109, 762: Leo-
poldina 33, 164. — W Cat Roy. Soc. 11,
399-
Stauder, Dr. phil., Wirkl. Geh. Oberreg.-
Rath, vortragender Rath im preuss. Kultus-
ministerium,frllher Gymn.-Direktor ; f,68J.
alt, zu Berlin 19. I.
'Straubenmiiller, Johann, Schulmann u.
Dichter, * zu Schwttbisch-Gmttnd 11. V.
14; f zu New -York Anfang Nov.: s. BJ
II, 290.
Sundermann, Gustav Alfred, Dr. phil., Ober-
lehrer a. d. 5. Staatsrealschule in Berlin,
f zu Berlin 20. I. — L Osterprogr. d.
5. Staatsrealschule in Berlin i898(L.Nagel).
Tille, Johann, Prof., Reg.-Rath, Direktor
d. k. k. Staatsgewerbeschule in Prag;
t daselbst, 64 J., 14. X. — L 111. Ztg.
109, 535-
Wehner, frtther Rektor d. Gymn. in Bam-
berg, + zu WUrzburg im Jan. — L Allg.
Ztg. 1897 Nr. 22 Abendbl. S. 6 a.
Weichardt, Paul, Turnlehrer. — L Litt.
Beilage z. Staatsanz. f. Wurttemb. 1897,
339-
XXIII. Dichter und Schriftsteller.
Ackermann, Oskar, Mitredakteur u. The-
aterkritiker d. »Chemnitzer TageblatU,
auch sachs. Lokalhistoriker, * zu Pausitz
b. Riesa 20. I. 38; f zu Chemnitz 12. XII.
— L 111. Ztg. 109, 881.
*Althaus> Friedrich, Prof. f. deutsche
«7<
Todtenliste 1897: XXIII. Dichter und Schriftsteller.
88*
Sprache u. Litt am University College in
London, Schriftsteller u. Uebersetzer, * zu
Detmold 14. V. 29; f zu Hampstead b.
London 7. VII. : s. BJ II, 36. — L 111.
Ztg. 109, 84.
Beissel, Hilmar Heinrich, frtther Redakteur
des »Echo d. Gegenwart«; f zu Aachen,
82 J. alt, 13. V. — L 111. Ztg. 108, 683.
Bender, deutsch-amerikan. Journalist in Cin-
cinnati; f daselbst 28. DC — L 111. Ztg.
109, 535-
Bernheim, Joseph Alexander, Grttnder des in
Buenos- Aires erscheinenden » Courier de la
Plata*; f daselbst 14. IX. — L 111. Ztg.
109, 402.
Binder, Eugen, Redakteur u. Verleger des
Stuttgarter »Beobachterc, # 20. X. 37;
f zu Stuttgart 20. IV. — L 111. Ztg. 108,
555; Schwab. Kronik 1897, 821; Beob-
achter 1897 Nr. 9a
Blankenburg, Heinrich v., Oberstlieut. a.
D., Militarschriftsteller, ehemal. Chefredak-
teur d. »Schles. Ztg.«; s. Sp. 32*.
Bormann, Paul, Redakteur am »Berliner
B6rsen-Courier« ; f * u Berlin 10 XII. —
L HI. Ztg. 109, 881; KL 1897, 140.
Bornemarm, Karl, Wirkl. Geh. Kriegsrath,
Verf. ▼. Jagdgeschichten; s. Sp. 32*.
Briickmann, Bruno, Leiter d. demokrat.
Corresponded in Stuttgart — L Beob-
achter 1897 Nr. 44.
Conrad, Anton, Zauberpossendichter u.
Singspieldirektor in Wahring b. Wien;
t daselbst, 83 J. alt, 3. VL — L 111. Ztg.
108, 783.
*Davidsohn, George, Chefredakteur d.
» Berliner Bttrsen- Courier*, Musikfreund,
* zu Danzig 19. XII. 35; f zu Berlin
6. II.: s. BJ II, 36. — L BJ II, 8«; 111.
Ztg. 108, 193; KL 1897, 225.
Dickmann, Hermann (Pseudon.: Franz
Othen), Schriftsteller u. lyr. Dichter, * zu
MUlheim a. d. R. 21. VII. 36; t *u Wies-
baden 29. VI. — L 111. Ztg. 109, 51;
Brthnmer 4 I, 256 (rait Wj.
Drost, Wilhelm Elias, Schauspieler u. Btthnen-
schriftsteller; s. Abth. XXIX.
Engel, Moritz Paul, Eigenthttmer u. Heraus-
geber d. » Wiener Salonblattesc ; f zu
Wien, 50 J. alt, 29. V. — L 111. Ztg. 108,
683.
Fischbach, Gustav, Direktor d. »Elsasser
Journals*, auch dram at. Dichter; s. Sp. 93*.
"Fischer, Johann Georg, lyr. Dichter: s.
Sp. 83*.
Fuchs - Nordhoff, Richard Freih. v., k.
sachs. Lieut, a. D., dramat. Dichter u.
Maler; s. Sp. 37*.
Gampe, The odor Heinrich, Zeitungsver-
leger, lyr. u. dramat. Dichter, sachs. Lokal-
historiker, • zu Chemnitz 3. XL 45 ; f zu
Blasewitz b. Dresden 3. I. — L Brttmmer 4
1, 405 (mitW); Hinrichsen* 415. — W
auch KL 1896, 371.
Gerhard, Adolar, Dr., Dichter; f 8. V.
— L Litt Centralbl. 1897, 672.
Goldberg, Eugen v., Dr., Schriftsteller,
t zu Wiesbaden 11. II. — L AUg. Ztg.
1897 Nr. 44 Abendbl.; Litt Centralbl.
1897, 252.
Griesemann, Martin, Dr., 189495 Chef-
redakteur d. >Nordd. AUg. Ztg.«; f zu
Berlin 16. V. — L 111. Ztg. 108, 683.
*Grillenberger, Karl, Redakteur d.» Frank.
Tagespostc, Parlamentarier; s. Sp. 23*.
Hallbauer, Fried rich, Herausgeber u.
Redakteur d. finanziellen Wochenschrift
•Berliner Merkur«, * 1. I. 50; f zu Berlin
27. XII. — L III. Ztg. no, 44; KL 1897,
475.
*Hartmann, Karl Alfred Emanuel, Dichter
u. Schriftsteller, * zu Thunstetten (Kant
Bern) 1. I. 14; f zu Solothurn 10. XIL:
s. B J II, 124. — L Brttmmer 4 2, 102.
Haseler, Georg Graf v. (Pseudon.: Georg
K ftp pen), Redakteur d. in Milwaukee er-
scheinenden »Gerniania«; s. Sp. 9*.
*Hecker, Karl, Major a. D., Novellist u.
Humorist; s. Sp. 37*.
Heinfelden, Kurt v., deutsch-amerikan.
Schriftsteller, * zu Maimed v 8. X. 48;
f zu Belleville (Illinois) 9. VIL — L 111.
Ztg. 109, 180: Litt. Centralbl 1897, 1022.
Hempel, Paul, Dr. jur., Herausgeber d.
»Tagl. Rundschau*, Verlagsbuchhandler;
s. Sp. 93*.
Herzenskron, Viktor, Doroanenrath, lyr.
u. dramat Dichter, artistischer Leiter d.
Aktientheaters in Erfurt, * zu Wien
23. III. 20; f zu Erfurt im Nov. — L
Wurzbach 8, 410; Brttromer 4 2, 148;
Hinrichsen' 563; NTA 9, 517; 111. Ztg.
109, 809. — W KL 1897, 534.
Heydebrand und der Lasa, Leopold v.,
Major, Sportschriftsteller; s. Sp. 33*.
Heyl, Ferdinand (Pseudon.: Rhenanus,
Vom Rhein, Rich. Bolz), tttrk. Vize-
konsul, Kurdirektor in Wiesbaden, frtther
Mitgl. d. dortigen Hoftheaters, dramat.
Dichter, Humorist, Reiseschriftsteller, * zu
Koblenz 7. X 30; f zu Wiesbaden 21. VIII.
— L Brtlmmer 4 2, 157; III. Ztg. 109,
268. — W KL 1897, 540.
Hillisch, Joseph Hermann, Buchdrucker,
lyr. Dichter, * zu Wien 1825; f * u Linz
24. IV. — L Brtlmmer 4 2, 164; Litt
Centralbl. 1897, 671.
Horn, Georg, Dr. phil., Hofrath, Verf. v.
Romanen, Theaters tti cken , histor.-biogr.
Schriftstttcken u. A., * 1832 (?); f zu
Potsdam 9. III. — L III. Ztg. 108, 355;
NTA 9, 175. — W KL 1897, 577.
89 s1
Todtenliste 1897: XXIII. Dichter und Schriftsteller.
90*
Horwltz, Max, Redakteurd. »Nationalztg.«,
* zu Berlin 7. XL 43; f daselbst 2. X.
— L 111. Ztg. 109, 470; KL 1897, 578.
Jacob! , Johannes Otto (Pseudon.: Jo-
hannes Otto), Dr. jur., Rechtskonsulent
d. Bremer Gewerbekammer, dramat. Dichter,
* zu Schneeberg i. S. 24. VI. 38; f zu
Bremen 22. VI. — L BrUmmer 4 2, 219
(mit W); KL 1897, 592; NTA 9, 191.
Jacobson, Eduard, Dr. med., Schwank- u.
Possendichter, • zu Grossstrehlitz (Ober-
schles.) 10. XL 33; f zu Berlin 29. I. —
L Hinrichsen- 613; BrUmmer 4 2, 220
(mit W); Allg. Ztg. 1897 Nr. 30 Abendbl.;
NTA 9, 170; 111. Ztg. 108, 157. 196
(mit P).
Kettnacker, Richard (Pseudon.: Max
Ben no), frUher Postmeister u. Bahnhofs-
verw alter, Romanschrifts teller u. Novellist,
auch dramat. Dichter, • zu Schussenried
(Oberarat Wallsee) 24. III. 43; f zu Stutt-
gart 22. VIL — L BrUmmer 4 2, 279 (mit
W); 111. Ztg. 109, 145. — W auch KL
*$97t 6 S35 Keiter 5, no.
*Klee, Elisabeth, Verf. v. Erzahlungen
u. Jugendschriftstellerin , * zu Posen
19. VIL 42; f in d. Heilanstalt Unter-
gftltzsch b. Rodewisch 10. IX.: s. BJ II,
309. — L Hinrichsen 3 689; BrUmmer* 2,
291 (mit W); Pataky i f 429; IIL Ztg. 109,
402.
Klokow, Karl Erdmann, Mitbesitzer u. Re-
dakteur d. »Staatsbttrgerztg.« ; f zu Berlin,
78 J., im Aug. — L 111. Ztg. 109, 300.
Kohler, Oskar, Publizist u. Dichter, frtther
Redakteur d. > Dresden er Nachrichten«,
* zu Dresden 8. V. 43; f zu Dessau
31. V. — L 111. Ztg. 108, 742.
*Krez, Konrad, deutsch-amerikan. Dichter,
* zu Landau (Rheinpfalz) 27. IV. 28;
f zu Milwaukee 8. III.: s. BJ II, 51. —
L BrUmmer 4 2, 345; 111. Ztg. 108, 421.
Kulke, Eduard, Novellist, Verf. v. Er-
zahlungen aus d. jUd. Volksleben , * zu
Nikolsburg 28. V. 31 ; f zu Wien 20. III.
— L Brummer 4 2, 356 (mit W); 111. Ztg.
1897, 421. — W auch KL 1897, 735.
*L&ngin, Georg, Stadtpfarrer a. D., lyr. u.
dramat. Dichter; s. Sp. 71*.
Ldwe, Adolf, Theaterkritiker, Redakteur
an d. »Neuen Freien Presse« in Wien, * zu
Nimburg 13. IIL 35; f zu Wien 23. XII.
— L KL 1897, 806; 111. Ztg. no, 19.
Mansfeldt, Arnold, Schauspieler u. dramat.
Schriftsteller; s. Abth. XXIX.
+Mar6es, Ludwig de, Prediger, Dichter u.
Uebersetzer; s. Sp. 71*.
•Mayr, A m b r o s , Gymn.-Prof., lyr. Dichter ;
s. Sp. 85*.
*M5der , A u g u s t e , Institutsvorsteherin,
Jugendschriftstellerin; s. Abth. XXX.
Morree, Karl, dramat. Volksdichter, seit
1886 Mitgl. d. steyr. Landtags, seit 1891
d. dsterr. Reichsraths (deutsch- national),
* zu Klagenfurt 8. XL 32; f zu Graz
21. II. — L BrUmmer 4 3, 93 (mit W);
111. Ztg. 108, 273; NTA 9, 173; Hahn
1891/92, 215. - W auch KL 1897, 897.
Nagelschmidt, Hugo, Essayist, Redakteur
d. » National ztg. «, seit 1881 Leiter des
parlamentar. Bureaus dieses Blattes,
* 17. IV. 50; f zu Berlin Mitte Jan. —
L KL 1897, 9 2 >; HI. Ztg. 108, 129.
Nienst&dt, Hermann, Oberstleut a. D.,
Militarschriftsteller, Historiker u. Geo-
graph; s. Sp. 34*.
Nonne, Johannes, Redakteur d. »Dorfztg.« ;
f zu Hildburghausen 18. V. — L 111. Ztg.
108, 683; Borscnbl. f. d. d. Buchh. 1897,
3872.
Pindter, E. F., Geh. Kommerzienrath, ehe-
mal. Redakteur d. »Nordd. Allg. Ztg.«,
* zu Ungarisch-Hradisch 19. XII. 36: f zu
Charlottenburg 28. VIII. — L KL 1897,
1003; 111. Ztg. 109, 300.
Radnitzky, August (Pseud.: Fink von
Matt see), Verwalter d. Kollegiatstiftes
Mattsee b. Salzburg, tisterr. Dialektdichter,
* zu Salzburg 12. VI. 10; f zu Mattsee
22. III. — L 111. Ztg. xo8, 449; BrUmmer 4
3, 272; Keiter 5, 178.
*Ramann, Bruno, Komponist u. Musik-
kritiker, dramat. u. lyr. Dichter; s. Abth.
XXVI.
♦Rittershaus, Emil, Geoeralagent, lyr.
Dichter, Feuilletonist u. Litterarhistoriker,
* zu Barmen 3. IV. 34; f daselbst 8. IIL:
s. BJ II, 327. — L BJ II, 36*; 111. Ztg.
108, 389 (mit P); BrUmmer 4 3, 325 (mit
Wj ; Hinrichsen 3 1 no (Autobiogr., mit W) ;
Rhein.-Westf. Ztg. 1897 Nr. 69 (M.Lehrs);
K6ln. Ztg. 1897 Nr. 216; Elberfelder Ztg.
1897 Nr. 57.
Rocco, Friedrich Wilhelm, Universitttts-
Tanzlehrer a. D. in Halle a. S., frUher
Schauspieler, plattdeutscher Dialektdichter,
+ zu Bremen 22. III. 19; f zu Halle a. S.
19. X. — L BrUmmer 4 3, 329; 111. Ztg.
io 9i 57°; Litt. CentralbL 1897, 141 1.
Roeder, Ernst (Pseudon.: E. Rotteck),
Redakteur d. »Dresdener Anzeigers«, No-
vellist u. Essayist, Theaterkritiker, lyr.
Dichter, * zu Bettinger Schmelz (Kreis
Saarlouis) 17. III. 62; f zu Dresden
29. IV. — L BrUmmer 4 3, 332. 4, 452;
IIL Ztg. 108, 583; NTA 9, x8o.
*Romann, Albrecht (Pseudon.: Albrecht
von Gaisenberg), Diakonus an d. Lieb-
frauenkirche in Liegnitt, lyr. u. dramat.
Dichter; s. Sp. 72*.
*Rosenthal -Bonin , Hugo, Romanschrift-
steller u. dramat Dichter, Redakteur, * zu
g I* Todtenliste 1897: XXIII. Dichter und Schriftsteller. XXIV. Buchdruckcr etc. 92*
Palermo 14. X, 40; f zu Stuttgart 7. IV.:
s. BJ II, 279. — L Hinrichsen 3 1125;
KL 1897, 1099; 111. Ztg. 108, 484.
•Schneidt, Laura, Dichterin, * 1822; f zu
MUnchen 12. V.: s. BJ II, 230. — L
Pataky 2, 262.
Schober, Thekla v., geb. v. Gumpert
(Thekla von Gumpert), Jugendschrift*
stellerin, * zu Kalisch 28. VI. 10; f zu
Dresden I. IV. — L Hinrichsen 1 1187
(mit W); 111. Ztg. 1893 Nr. 2635 (mit P)
u. 1897 Bd. 108, 498 (mi 1 **)•* Pataky 1,
293. 2, 263. — W auch KL 1897, 1186;
Bttrsenbl. 64, 30x1.
Schumann, Gustav (Pseudon.: Partiku-
ristBliemcben), Volksschullehrer, sachs.
Dialektdichter, * zu Trebsen 29. V. 51;
f zu Leipzig 6. (oder 7.?) X. — L Hin-
richsen 3 . 1 21 3 u. Brlimmer 4 4, 46 (mit
W); 111. Ztg. 109, 511. — W auch KL
1897, 1222.
•Sievert, Auguste, Volks- u. Jugendschrift-
stellerin u. Malerin, * zu Siegen 31, X.
24; f zu Wettin a. d* Saale 4. I.: s. BJ
II, 101. — W Pataky 2, 305.
*Simiginowicz - Staufe , (auch : S t a u f e -
Simiginowicz oder bloss Staufe),
Ludwig Adolf (Pseudon.: Adolf Sand),
lyr. Dichter u. Novellist, * zu Suczawa in
d. Bukowina 28. V. 32; f zu Czernowitz
19. V.: s. BJ II, 101. — L Brtimmer 4 4,
89 (mitW). — W auch KL 1897, 1259.
Simon, Eduard, Publizist, Senior d. Pariser
Presse, geb. Deutscher; f zu Paris 14. X.
— L 111. Ztg. 109, 535.
Smital, Anton, Romanschriftsteller, Re-
el akteur d. »Neuen Wiener Tagebl.c, * zu
Pollein (Mahren) 9. II. 63; | zu Wien
14. IX. — L BrUmmer 4 4, 97; Litt. Cen-
tralbl. 1897, 1246.
♦Stephan, Heinrich v., Generalpostmeister,
Verf. kulturhistor. Schriften; s. Sp. 16*.
♦Stobbe, Karl Friedrich August, Jour-
nalist, * zu Griinwalde b. Labiau (Ostpr.)
3. XI. 30; f zu Wiesbaden 16. X.: s. BJ
II, 363.
Stoll, Karl, Redakteur, *in Schlesien 1837;
f 30. V. — L Schw»b. Kronik 1897,
"37*
Storck, Frida, Romanschriftstellerin, * zu
Marjoss (Hesse n-Kassel) 25. XI. 50 ; + zu
Kassel 25. I. — L Brtimmer* 4, 159;
111. Ztg. 108, 157.
*Straubenmuller, Johann, Direktor d.
•Freien deutschen Schule« in New -York,
deutsch-amerikan. Dichter; s. Sp. 86*.
♦Telmann, Konrad, s. Zitelmano.
Waizer, Rudolf Franz (Pseudon-: Wald-
horst), k. k. Oberkontrolleur d. Hanpt-
steueramtes, karntischer Schriftsteller, Verf.
v. Dorfgeschichten u. Kulturhistoriker,
*zu Klagenfurt 15. IV. 42; f daselbst 8. XII.
— L Brlimmer 4 4, 273; Litt. CentralbL
1897, 1658. — W KL 1897, 1395.
Wasserburg, Philipp (Pseudon.: Ph.
L a i c u s ) , Romanschriftsteller u. Publizist,
Mitgl. d. Stadtverordnetenkollegiums in
Mainz u. hess. Landtagsabg. (Zentrum),
* zu Mainz 11. X. 27; f daselbst 13. IV.
— L Hinrichsen 3 1361; Brfimmer 4 4,
285; Deutscher Hausschatz 20, 379 (mit
P). 23, 597. — W KL 1897, 1405; Keiter
5» 243.
Weber, Max, Dr. jur., Stadtrath in Berlin,
Parlamentarier, Publizist; s. Sp. 26*.
•Wirth, Franz Ulpian, Techniker, Publi-
zist; s. Sp. 50*.
Wilhelmy, Otto, Klempnerobermeister,
Herausgeber d. »Illustr. Ztg. f. Blech-
industriec ; s. Sp. 48*.
Wobeser, Hugo v., Redakteur d. > Ham-
burger Bttrsenhalle* , Uebersetzer aus d.
Engl., * zu Altona 30. XI. 42; f zu Ham-
burg 30. XL — L IlL Ztg. 109, 809. —
W KL 1897, 1475-
*Zitelmann, Ernst Otto Konrad (Pseudon.
spater auch btLrgerl. Name: Konrad
Telmann), Romanschriftstell. u. Novellist,
auch lyr. Dichter, * zu Stettin 26. XL 54:
f zu Rom 24. L: s. BJ II, 400. — L BJ
II, 42*; Hinrichsen 3 1432; Brummer 4 4,
194; IlL Ztg. 108, 129 (mitP); Allg. D.
Biogr. 45, 361 (L. Frankel). — W KL
1896, 1281; Bdrsenbl. f. d. cL Buchh. 64,
970.
*Ziindt, Ernst Anton, Sprachlehrer, lyr. u.
dramat. Dichter, * zu St Georgenberg b.
Mindelheim 12. 1. 19; f zu Jefferson City
(Missouri) 2. V.: s. BJ II, 102. — L
BrUmmer 4 4, 429; 111. Ztg. 108, 683;
Allg. D. Biogr. 45, 486 (L. Frankel). —
W KL 1897. I5*i-
XXIV. Buchdrucker und Buchhandler.
Bensheimer, Siegmund, Mitinhaber d.
Verlagsfirma J. Bensheimer in Mannheim;
f daselbst, 52 J., 15. X. — L BSrsenbl. 64.
7593; P fau 3«>.
♦Bergstrasser, Arnold, Hof buchhandler
(Verlag u. Sortiment), Vorsitzender d.
Bbrsenver. deutscher Buchhandler, hess.
Landtagsabg., * auf Schloss Breuberg ira
Odenwald 3. X. 41 ; f zu Darmstadt 5. L:
s. BJ II, 194. — L BJ II, 3*; Bdrsenbl. 4,
119, 149. 261. 2043; Allg. Ztg. 1897
No. 8 Abendbl.
93"
Todtenliste 1897: XX.IV. Buchdrucker und Buchhiindler.
94<
•Duncker, Alexander, Friedrich Wilhelm,
Hofbuchhnndler, auch Dichter, * zu Berlin
18. II. 13; f daselbst 23. VIIL: s. BJ II,
194. — L Borsenbl. 64,6000. 821 1. 65,112
(R. Johow); Pfau97; Brttmmcr* 1,288
(mit W).
*Einsle, Anton, Buchhandler u. Antiquar,
Bibliograph u. Redakteur, * zu Baden
b. Wien 5. VII. 48; i zu Dbbling b. Wien
1. (nicht 11.) X.: s. BJ II, 207. — L
Borsenbl. 64, 7182. 7325 (T. W. Gold-
schmidt); 111. Ztg. 109, 511 ; KL 1898, 290.
♦Engelhorn, Julius, Verlagsbuchhandler,
* zu Mannheim 4. VI. 18; f daselbst 10. V.:
s. BJ II, 226. — L Pfau 107.
Fischbach, Gustav, Direktor d. Elsiisser
Journals in Strassburg, Mitdirektor d.
Elsass. Druckerei u. Verlagsanstalt, vorm.
G. Fischbach, Uebersetzer, dramat. Dichter,
* zu Strassburg 5. II. 47; + daselbst
14. VI. — L KL 1897, 331: Kl. Ztg. 108,
811; NTA 9, 194 (nach »Der Elsass*).
Groos, Karl Friedrich, Inhaber d. Univ.-
Buchh. Karl Groos in Heidelberg, Freund
Viktor v. Scheffels, Litteraturforscher;
f daselbst, 78 J., 6. VII. — L Borsenbl. 64,
5054.
Grosse, Friedrich, Inhaber d. Neuge-
bauer'schen Buchh. in Olmlitz, * zu Leipzig
7. VII. 16; f z« OlmUtz 5. XII. — L
BOrsenbl. 64, 9303 (nach »Mahr. Tagbl.«).
Hainauer, Julius, K. preuss. u. grosshgl.
sachs. Kommissionsrath, Hofmusikalicn-
handler d. Konigs v. Preussen, Inhaber d.
Firma Julius Hainauer (Musikalien-, Buch-
u. Kunsthandlung) in Breslau; -j- daselbst,
71 J., 25. XII. — L 111. Ztg. no, 19;
Borsenbl, 64, 9727.
Hempel, Paul, Dr. jur., Geschaftsftihrer d.
Verlags d. »Tagl. Rundschau« u. Heraus-
geber dersclben, * zu Berlin 8. VI. 53;
f daselbst 14. VII. — L KL 1897, 520;
111. Ztg. 109, 118; Borsenbl. 64, 5147.
8210.
*Herbig, Max, Inhaber d. J. A. Wohl-
gemuth'schen Verlagsbuchh. in Berlin,
* daselbst 15. IV. 44; f ebenda 2. XI.:
s. BJ II, 299. — L 111. Ztg. 109, 682;
Btfrsenbl. 64, 8170.
Hillisch, Hermann, Buchdrucker, lyr.
Dichter; s. Sp. 88*.
Hirschfeld, Julius Bernhard, Mitinhabcr d.
Buchdruckerei J. B. Hirschfeld in Leipzig;
t daselbst 21. V. — L 111. Ztg. 108, 715.
Hoffmann, Rudolph, Verlagsbuchhandler
in Mittelwalde, Schriftsteller auf d. Gebiete
d. Typographic f daselbst 24. VIIL —
L Borsenbl. 64, 6130.
Jaeger, J. L., Senior d. Verlags- u. Sorti-
mentsbuchh. Jaeger & Kober, C. F.Spittlers
Nachf., in Basel, * zu Sulzbach (wltrttem-
berg. Oberamt Weinsberg) n. IV. 21 ; + zu
Basel 13. III. — L Borsenbl. 64, 2160.
Janecke, Christian, Mitinhabcr d. Verlags
d. »Hannover. Couriers«; f zu Hannover,
42 J., 16. I. — L 111. Ztg. 108, 129.
*Janke, Richard, Theilhaber d. Verlags-
buchh. Otto Janke in Berlin, * daselbst
9. X. 52; f ebenda 21. VIIL: s. BJ II,
226. — L Pfau 199; Borsenbl. 64, 6000.
8210; 111. Ztg. 109, 268.
Jeschke, Werner, Mitarbeiter im Hausc
S. Fischer Verlag in Berlin, Redakteur d.
Buchhandlergehilfenblattes »Unser Blatt«;
+ daselbst 4. III. — L KL 1897, 607;
Borsenbl. 64, 1807.
♦Kahnt, Christian Friedrich, Kommissions-
rath, Musikverleger, Besitzer u. Heraus-
geber d. »Neuen Zeitschrift f. Musikcv, * zu
Leipzig 10. V. 23; f daselbst .5. VI. : s.
BJ II, 123. — L 111. Ztg. 108, 783;
Borsenbl. 64, 4341.
*Klasing, August, Senior d. Verlagsbuchh.
Velhagen & Klasing in Bielefeld u. Leipzig,
* zu Bielefeld 8. X. 09; f daselbst 5. VIIL:
s. BJ II, 212. — L Bfcrsenbl. 64, 5599.
5616; Pfau 392.
*Klinkhardt, Bruno Gustav, Kommerzien-
rath, Mitinhaber u. techn. Leiter d. Ver-
lagsbuchh. u. Buchdruckerei Julius Klink-
hardt in Leipzig, Berlin u. Wien, * zu
Leipzig 24. VIIL 43; f daselbst 17. XL:
s. BJ II, 208. — L III. Ztg. 109, 722;
Pfau 209.
Klokow, Karl Erdmann, Mitbesitzer u.
Redakteur d. »StaatsbUrger Ztg.«c in Berlin;
f daselbst, 78 J., im Aug. — L 111. Ztg.
109, 308.
*Koch, Eduard Friedrich, Inhaber d. E.
Schweizerbart'schen Verlagsbuchh. in Stutt-
gart, * zu Grossaspach (wlirttcmberg. Ober-
amt Backnang) 10. VII. 38; f zu Stuttgart
30. XL: s. BJ II, 227. — L Medizin.
Korrespondenzbl. d. wlirttemb. arztl.
Landesver. 67, 432 (= Borsenbl. 64, 9674;
vgl. S. 9149); Schwab. Kronik 1897, 2 739-
*Kohler, Karl Franz (III.), Chef d. Kom-
missions- u. Sortimentsbuchh. K. F. Kohler
in Leipzig, * daselbst 22. VIIL 43; f in
einer Heilanstalt zu Bonn 5. VIIL: s. BJ II,
227. — L Bbrsenbl. 64, 5588. 5598. 5646.
5705. 6022 (R. Winkler): Pfau 218.
Lang, Friedrich, Theilhaber d. Buchh.
G. L. Lang in Speyer, * daselbst 10. V. 40 ;
f ebenda 1. VI. — L Borsenbl, 64, 5220
(nach »Pfalz. Presses v. 27. VI. 1897).
Lehmann, Karl Adolf, Inhaber d. Firmcn
Carl Helfs Sort.-Buchh. (Lehmann &
Wentzel), d. Komm.-Verl. Lehmann &
Wentzel u. d. Architektur verl. Ad. Lehmann
in Wien; + daselbst, 60 J., 8. I. — L
Borsenbl. 64, 264.
gc* Todtenliste 1897: XXIV. Buchdrucker und Buchhandler. XXV. Archivare etc. 96*
*Mai, Emanuel, Antiquar, * zu Schraiegel
b. Lissa 2. II. 12; f zu Berlin 27. XII.: s.
BJ II, 25. — L Borsenbi. 65, 55 (nach
»Voss. Ztg.«).
Mecklenburg, Hermann Rudolf, Grtinder u.
Mitinhaber d. Sort.-, Antiq.- u. Verlags-
Buchh. H. R. Mecklenburg in Berlin;
t daselbst, 85 J., 29. III. — L Bttrsenbl.
64, 2509.
*Mohr, Karl, friiher Theilhaber d. J. C. B.
Mohr'schen Verlagsbuchh., Stadtrath in
Heidelberg, * daselbst 3. VI. 17; f ebenda
23. XL: s. BJ II, 212. — L Bttrsenbl.
64, 8813.
Muller, Adolf, Buchhandler u. Stadtaltester
in Brandenburg a. H., * daselbst 18 10;
f ebenda 2. X. — L Bttrsenbl. 64, 7399.
Pohle, Hugo, friiher Musikverleger u.
GrUnder d. musikalischen Wochenschrift
•Hamburger Signale«; f zu Zurich im Juni.
— L 111. Ztg. 108, 811.
•Reimer, Ernst, friiher Inhaber d. Verlags-
buchh. Georg Reimer in Berlin, # daselbst
5. VII. 33: f zu Jena 19. X.: s. BJ II, 3.
- L BJ II, 35*: Bttrsenbl. 64, 7626.
821 1. 8898.
Rohmer, Ernst, Kommerzienrath, 1857 — 84
Chef d. C. H. Beck'schen Verlagsbuchh.
in Nordlingen, * zu Weissenburg a. S.
29. XII. 18; f zu Nttrdlingen 23. VIII. —
L Pfau 27; 111. Ztg. 109, 349; Bttrsenbl.
64, 6025. 6044. 6 334-
Scheurlen, Heinrich Albert, Inhaber d.
Firma Scheurlen's Verlag in Heilbronn,
• 24. IV. 21; f zu Heilbronn 8. IV. — L
Bttrsenbl. 64, 2817. 2852 (-n.).
Scholtze, Julius Oskar Karl, Buch- u.
Kunsthandler (Verlag, Sort. u. Anliq.) in
Leipzig; f daselbst 22. X. — L Borsenbi.
64, 7745-
Schultze, Albert, Inhaber d. Plahn'schen
Buchh. in Berlin, * daselbst 21. VI. 43;
t ebenda 29. IV. — L Bttrsenbl. 64, 8210.
Scriba, Gustav, preuss. Hof buchhandler in
Metz; f daselbst 30. III. — L Bttrsenbl.
64, 2509. 2718.
Thaden, Georg, Mitinhaber d. Buch-
druckerei Otto Radke's Nachf. (Thaden &
Schmemann) u. d. Verlages d. »General-
anz. f. Essen u. Umgegend* in Essen ; + da-
selbst 25. IX. — L Bttrsenbl. 64, 7256.
Uebelen, Karl, Antiquar in Mtinchen; f zu
Planegg b. Mtinchen 13. X. — L Borsenbi.
64» 7525-
•Wasmuth, Ernst Karl Ludwig, Inhaber
d. Architekturbuchh. (Verlag, Sort. u.
Antiq.) Ernst Wasmuth in Berlin, * zu
Regenthin b. Woldenberg (Kxeis Arns-
walde) 28. III. 45 ; + zu Wiesbaden wahrend
einer Kur 3. X.: s. BJ II, 208. - L BJ II,
44*; Bttrsenbl. 64, 7139. 821 1; Pfau 421;
111. Ztg. 109, 511.
Wehdemann, Karl, Besitzer v. H. Wehdc-
mann's Buchh. in Parchim, * daselbst
24. VII. 32; f ebenda 3. XL — L Borsenbi.
64, 8252 (nach »Nordd. PosU).
XXV. Archivare und Bibliothekare.
♦Arneth, Alfred, Ritter v., Direktor d. k.
k. Staatsarchivs in Wien; s. Sp. 65*.
Decker, Kanzleirath a. D., ehemaliger Sekre-
tar an der k. offentl. Bibliothek in Stutt-
gart. — L Schwab. Kronik 1897, 433.
Grobe, Ludwig, Dr. phil., Hofrath, Prof,
am Realgymn. zu Meiningen, Vorstand d.
herzogl. ttffentl. Bibliothek u. d. herzogl.
MUnzkabinetts daselbst, Historiker u.
Numismatiker, * zu Hildburghausen 30.
X. 36; f zu Meiningen 24. III. — L
Centralbl. f. Bibl.-Wesen 14, 248; KL
1897, 441 (mit W).
Heinrich, Theodor, friiher Stadtarchivar
in Gttrlitz, Wappen- u. Siegelforscher, *
1824; *f daselbst im Marz. — L N. Lausitz.
Magazin 73, 307; 111. Ztg. 108, 421.
*Linde, An t on i us van der, Dr. phil., Prof.,
Direktor d. Landesbibliothek zu Wies-
baden, * zu Haarlem 14. XL 33; f zu Wies-
baden 13. VIII. : s. BJ II, 256. — L 111.
Ztg. 109, 240. 275 (mit P); Hinrichsen-
813 (mit W); KL 1897, 791; Bttrsenbl.
f. d. d. Buchh. 64, 5805.
♦Malcher, Franz Xaver, k. u. k. Reg.-Rath,
Bibliothekar und Archivar d. erzherzogl.
Sammlung Albertina in Wien, * zu Fulnck
(Mahren) 3. XII, 35; + zu Wien 13. II. :
s. BJ II, 257.
+Pfotenhauer, Friedrich Paul, Dr. phil.,
Archivrath, Staatsarchivar in Breslau,
Historiker u. Genealog, * zu Glauchau in
Sachsen 30. VII. 42; f in Bad Umenau
8. VIII.: s. BJ II, 190. — L 111. Ztg. 109,
240. — W KL 1897, 997.
Philippi, Rudolf, Archivrath inKttnigsberg,
Historiker; f zu Wiesbaden im Mai. —
L 111. Ztg. 108, 742.
Schiffimann, Franz Joseph, Bibliothekar an
d. BUrger- u. Kantonsbibliothek in Luzern,
♦1831; f daselbst 30. IX. — L Centralbl.
f. Bibl.-Wesen 13, 596; (Luzerner) Vater-
land 1897 Nr. 224 Beil.
Schlette, Heinrich, Stadtbibliothekar a. D.
in Hannover; f Ende Marz. — L Centralbl.
f. Bibl.-Wesen 14, 248.
•Schttnherr, David Ritter v., Dr., k. k.
Hofrath, Archivdirektor a. D., Historiker,
97'
Todtcnliste 1897: XXV. Archivare u. Bibliothckare. XXVI. Tondichteretc.
98*
* zu Kniepass 20. X. 22; f zu Innsbruck
17. X.: s. BJ II, 231. — L Litt. Centralbl.
1897, 141 1 ; Kunstchronik N. F. 9, 42;
Ztschr. d. Ferdinandeums f. Tirol u. Vorarl-
berg 42 (1898), 1 (Redlich, mit W u. P).
Trost, Ludwig Ritter v., Dr. phil., Geh.
Legationsrath, Ehrenkanonikus, k. bayer.
Haus- u. Staatsarchivar, Historiker, * zu
MUnchen 15. VIIL 37; f daselbst 23. VI.
— L III. Ztg. 109, 17; Keiter 5, 235;
KL 1896, 1353 (mit W).
Wittich, August, Stadtbibliothekar u.
Archivassistent zu Ktmigsberg i. Pr., 70 J..
f daselbst 25. III. — L 111. Ztg. 108, 449;
XXVI. Tondichter, Tonkunstler und Musikschriftsteller.
Allwens, Edmund, Prof, am k. Konser-
vatorium d. Musik in Stuttgart, spater
Leiter d. Neuen Stuttgarter Musikschule;
t daselbst, 65 J., 25. IX. — L HI. Ztg.
109,470; MMG 30, 85.
B&hre, Fried rich August, Gesanglehrer am
Protest. Gyron. in Strassburg i. E. ; + da-
selbst 18. I. — L H. Veit in: Progr. d.
Protest. Gymn. v. Strassburg 1897.
♦Bargiel, Woldemar, Prof., Vorsteher d.
Kompositionsabth. d. k. Hochschule f.
Musik in Berlin, Komponist, * daselbst
3. X. 28; f ebenda 23. II.: s. BJ II. 116.
— L BJ II, 3 *; Fetis Suppl. I, 48; Mendel-
Reissmann 1,455; Riemann 6 76; Frank 9
16; MMG 30, 85.
Barth, Gustav, Pianist und Komponist v.
Gesangswerken, langere Zeit erster Chor-
meister d. Wiener M&nnergesangver., * zu
Wien 2. IX. 12; f ebenda 11. V. — L
Fetis 2 1, 256; Riemann 5 79, MMG 30, 85.
Bauer, Clemens Albin, K. sachs. Kammer-
virtuos, Fldtist, * zu Potschappel 12. II. 56;
t zu Dresden 24. VI. — L 111. Ztg. 109,
17; NTA 9, 191 : MMG 30, 86.
Becker, Frau Ida, Liederkomponistin u.
ehemalige Sangerin; f zu Berlin, 65 J.,
im April. — L 111. Ztg. 108, 614.
Berger, Otto, Violoncellist und Mitbe-
grUnder d. Btthm. Streichquartetts, * zu
Machau in Btthmen 1873,- f daselbst
30. VI. — L Riemann 5 131 ; MMG 30. 86.
Bleuer, Ludwig, Konzertmeister d. Phil-
harm. Orchesters in Berlin, * zu Budapest
1862; f «» Berlin 12. IX. — L 111. Ztg.
109, 402 ; MMG 30, 86.
* Brahms, Johannes, Komponist u. Pianist,
Dr. phil. h. c, • zu Hamburg 7. V. 33;
t zu Wien 3. IV.: s. BJ II, 90. — L BJ
II. 5*; vgl. auch BJ 1897, 27. 1898, 31;
Fetis' 2, 53. Suppl. x, 121; Riemann 5 142
(mit W); Mendel-Reissmann 2, 164; 111.
Ztg. 108, 447. 449 (mit P). — P auch
BJ II.
Brennemann, August, k. preuss. Kammer-
musiker a. D.; f zu Berlin 4. X. — L
MMG 30, 87.
Briickmann , Bruno, Musikschriftsteller,
* zu Dresden 1827; f *u Zurich 2. IV. —
L MMG 30, 87.
Biogr. Jahrbuch u. Dcutocher Xekrolog. 4. Bd.
Brulliot, Karl, Prof. u. Gesanglehrer a. d.
k. Akad. d. Tonkunst in MUnchcn, Hof-
opemregisseur, * daselbst 31. VII. 31 ;
t ebenda 23. III. — L MMG 30,87;
NTA 9, 177.
Buchheister, L., Stadtrousikdirektor in
Weissenfels; f daselbst, 67 J., 29. VII. -
L MMG 30, 87.
Butenuthy Leopold, Kapellmeister am
Tivolitheater in Kiel; f daselbst 5. II. —
L MMG 30, 87.
Coccius, Ernst Thcodor, Prof, am k. Kon-
servatorium zu Leipzig, * zu Knauthain
bei Leipzig 8. III. 24; f zu Leipzig
24. VIII. — L 111. Ztg. 109, 570; MMG
30,88; Riemann 5 206.
Cohn-Holl&nder, Cttcilie, Pianistin.; f zu
Wien 25. VII. — L MMG 30, 88.
♦Dalwigk, Reinhard, Freih. v., frtther
Chef d. grosshgl. oldenburg. Hofkapelle;
s. Sp. 15*.
Dietz, Friedrich Wilhelm, Violinist und
Komponist von Kamroermusikwerken ; f zu
Soden im Taunus 16. XII. — L MMG
30, 88.
Eckert, Beda, Kirchenkomponist, f zu
Miltenberg 16. VI, 27; f im Kloster Diet-
furt (Dittzese Eichstatt) 15. II. — L MMG
30, 89.
Ehrenberger, Eugen, Kammermusiker an
der k. Oper in Berlin, * zu Schrimm 9. IV.
68; f zu Berlin 9. I. — L NTA 9, 169.
Ehrlicb, August C, k. sachs. Musikdircktor
a.D., frUher Kapellmeister d.Leibgrenadier-
Reg. Nr. 100 in Dresden, Komponist, * in
Brieg; f * u Dresden 9. IV. — L 111.
Ztg. 108, 518; MMG 30, 89.
Eichhorn, JohannKarl Eduard, ehemaliger
Hof konzertmeister in Koburg, Violinist,
* daselbst 17. X. 23; f ebenda 4. VIIL —
L Riemann 6 290 (gibt als Todesjahr 1896
an); Frank 9 57; MMG 30, 89.
Ermer, Karl, fUrstl. Musikdirektor in Arn-
stadt; f daselbst, 62 J., 4. IV. — L MMG
3<>» 89.
Frei, Viktor, Organist in Canton (Ohio),
* zu Solothurn 1849; f zu Canton 3. VIIL
— L MMG 30, 89.
Friebe, Fritz, Musikdirektor in Berlin; j- da-
selbst, 35 J., 17. III. — L MMG 30, 89.
99*
Todtenliste 1897: XXVI. Tondichter, TonkUnstler und Musikschriftstelier. ioo*
Gerstenberg, Gustav, Chormeister und
Dirigent d. evangel. Singvereins in Wien ;
t zu Leoben, 77 J., 24. VIII. — L 111.
Ztg. 109, 300; MMG 30, 90.
*Grammann, Karl, Komponist, * zu
Lttbeck 3. VI. 12; f zu Dresden 30. L:
s. BJ II, zi3. — L Mendel - Reissmann
Erg.-Bd. 133; Fetis Suppl. 1,413; Rie-
mann 5 412; Frank 9 83; MMG 30, 90;
NT A 9, 170.
♦Glint her, Otto Ferdinand, Dr. jur. u. Ad-
vokat, Direktor d. Konservatoriums d.
Musik u. d. Gewandhauskonzerte in Leip-
zig, * daselbst 4. XL 22; f ebenda 12. IX.:
3. BJ II, 119. — L BJ II, i6»; Rie-
mann 5 440; Signale f. d. musikal. Welt
1*97? 6 59J MMG 30,90; NT A 9, 202:
111. Ztg. Nr. 2593 (11. III. 1893, mit P)
u. Bd. 119, S. 370.
Hart, August, Lehrer zu Stettin, Kom-
Sonist v. MannerchGren; f daselbst im
[*i. — L 111. Ztg. 108, 715.
Haushalter, Robert, Hofmusiker a. D. in
Weimar, * zu Hirschroda 4. VI. 32; f zu
Weimar 6. VIII. - L NTA 9, 197.
*Heiser, Wilhelm, ursprunglich Opern-
sanger, Liederkomponist, * zu Berlin
15. IV. 16; f zu Friedenau bei Berlin
9. IX.: s. BJ II, 122. — L Fetis 8 4, 284.
Suppl. I, 456; Mendel-Reissmann 5, 183;
Rieoiann * 475 ; Frank 9 100.
Herrmann, Wilhelm. k. Kammermusikus,
Oboe* und Klavierlehrer am Konserva-
torium in Stuttgart, * zu Lud wigs burg
25. XII. 36, f " Stuttgart 27. VII. — L
Schwab. Kronik 1897, 1501: (Stuttg.) N.
Tagebl. 1897 Nr. 162; MMG 30,90.
*He&8, Karl, k. sachs. Kammervirtuos,
Komponist, * zu Heddesheim b. Mann-
heim 7. VII. 40; f zu Dresden 2. IX.:
s. BJ II, 123. — L Frank 9 105; 111. Ztg.
109. 349; M MG 30, 91.
Heyer, Carl Otto, Balladenkomponist; f zu
Racine (Wisconsin) 64 J., 11. II. -— L
MMG 30, 91.
♦Hieber, Otto, k. Hofkapellmeister u. Prof,
an d. Akad. d. Tonkunst in Mttnchen,
* daselbst 20. II. 48; f ebenda 9. I.: s.
BJ II, 238. — L Allg. Ztg. 1897 Nr. 9
Abendbl., Nr. 12 Morgenbl.; 111. Ztg.
108, 104; MMG 30, 91; NTA 9, 169.
Hiebsch, Joseph, Gesang- und Violin-
pHdagoge, Verf. musiktheoret. Werke, * zu
Tyssa (Btthmen) 7. X. 54; f zu Karlsbad
10. IV. — L Riemann* 490; MMG 30, 91.
Holstein, He d wig v., geb. Salomon, Gattin
des verstorb. Komponisten Franz v. Hol-
stein, Ftfrderin d. Leipziger Musiklebens,
* 1819; f zu Leipzig 18. X. — L Rie-
mann 5 502; III. Ztg. 109, 570.
HUrse, Karl, k. Musikdirektor in Magde-
burg, Komponist, 10 Jahre lang 1. Kapell-
meister am dortigen Stadttheater, * zu
Landst>erg 10. X 38; f zu Magdeburg
2. V. — L 111. Ztg. 108, 614: MMG
30,91; NTA 9, 181.
Joost, Johann Ferdinand, Schauspieler,
Sanger u. Kapellmeister, * zu Leisnig
9. VII. 10; f * u Detmold 20. III. — L
MMG 30,91.
Kamm, Ferdinand, Prof, an d. Kan tons-
schule in St. Gall en, Komponist; + zu
Aix (Provence) 9. IV. — L MMG 30, 91.
*Kahnt, Christian Fried rich, Kommissions-
rath, Musikverleger, Herausgeber der
»Neuen Zeitschrift f. Musik«; s. Sp. 94*.
Kern, Karl August, Organist in Laubach
(Oberhessen), Komponist v. Mannerchoren,
* zu Bebenhausen 23. XIL 36; f zu Laubach
22. VII. — L Frank 9 121; MMG 30, 91.
*Kothe, Bern hard (Pseudon.: L. Aib-
linger), Musikdirektor, Seminarlehrer f.
Musik in Breslau, Musiktheoretiker u.
Komponist, * zu Grtibnig [nicht Grttbing]
(Kreis Leobschlitz) 12. 5. 21; f *u Breslau
25. VII.: s. BJ II, 123. — L Hinrichsen*
738; Riemann* 602; Kornmliller- 2, 157;
Mendel-Reissmann 6, 132. Erg.-Bd. 193;
Frank 9 130. — W auch KL 1897, 707.
Kratz, Robert, Musikdirektor in Diissel-
dorf, * zu Erfurt 1851; f zu DUsseldorf
26. I. — L MMG 30, 92.
Krelle, Theodor, k. Kammermusiker in
Berlin; f daselbst, 34 J M 22. (oder 24.?)
VI. — L MMG 30, 92; NTA 9, 191.
Krenn, Franz, Kapellmeister an d. Michaels,
(Hof-)Kirche zu Wien, Organist u. Kom-
ponist, • zu Dross (Nieder-Oestcireich-
26. II. 16; f *u Wien 18. VI. — L Fetis)
5, 104; KornmUller 9 2, 157 (mit W)*
Mendel-Reissmann 6, 153; 111. Ztg. 108, 17;
MMG 30, 92.
Kuczynski, Paul, Bankier, Pianist und
Komponist in Berlin; f daselbst, 51 J.,
21. X. — L MMG 30, 92.
Kuhn, Margaret he, Klavier-Virtuosin; f im
Bade Bartfeld Anf. Aug. — L MMG 30, 92.
Kulke, E d u a r d , Musikschriftstelier, Kritiker
d. » Wiener Fremdenblattes«, * zu> Nikols-
burg 28. V. 31 ; t zu Wien 20. III. — L
MMG 30, 92; NTA 9, 177.
Lenz, Karl, Musikdirektor u. Chormeister
an d. Kirchc St. Borromeo in Wien; f da-
selbst, 71 J., 15. XL — L MMG 30,92.
Lufer, Bernhard, Klavierlehrer am Kon-
servatorium in Wiesbaden; f daselbst
durch Selbstmord 25. IV.— L MMG 30, 93.
Mancio, Felice, Konzertsanger, zuletzt
Prof, am Konservatorium in Wien, * zu
Turin 19. XII. 41 ; f *u Wien 4. II. —
L 111. Ztg. 108, 193: Riemann 5 688;
•MMG 30, 93.
ior
Todtenliste 1897: XXVI. Tondichter, TonkUnstler und Musikschriftsteller. 102*
Mayer, Louis, Professor, Violoncellist,
Komponist, Musikschriftsteller, * zu
MUnchen 1838; f *" St. Louis 13. XII. —
L MMG 30, 93-
Merk, He in rich, Dr., Kapellmeister am
Hoftheater in Wien; f zu Graz 8. VI. —
L MMG 30, 94.
Meyer, Louis H., Direktor d. Beethoven-
Konservatoriums in Berlin; f daselbst,
57 J., 1. II. — L MMG 30, 94.
Miiller, Hans, Dr. phil., Prof. f. Gesch.
d. Musik an d. k. Hochschule f. Musik
in Berlin, Musikhistoriker, * zu K&ln
18. IX. 54; + zu Berlin 11. IV. — L
Riemann 5 765; Frank 9 174; III. Ztg. 108,
518; MMG 30,94.
•Miiller, Wilhelm, Violoncellist, einst
Mitgl. d. bertlhmten Streichqartetts der
jttngeren »Gebrlider MUller«, * zu Braun-
schweig 1. VI. 34; f zu Neuyork im Sept.:
s. BJ II, 105. -— L Fetis* 6, 263; Mendel-
Reissmann 7, 194; 111. Ztg. 109, 682 ;
MMG 30, 94.
Naubert, Friedrich August, grosshgl.
Musikdirektor in Neubrandenburg, Or-
ganist u. Musiklehrer am Gymn. dasclbst,
Musikpiidagog u. Kritiker, * zu Schkeuditz
23. III. 39; f zu Neubrandenburg 26. VIII.
— L Mendel-Reissmann 7, 237; Frank y
176; Riemann 5 776: MMG 30, 94; 111.
Ztg. 109, 349.
Neuendorff, Adolf, ehemaliger Theater-
direktor in Amerika, Orchesterdirigent,
Komponist v. Opern, Violin- u. Orchester-
kompositionen, * zu Hamburg 13. VI. 43;
f zu Neuyork 5. XII. — L Mendel-Reiss-
mann Erg.-Bd. 308; Frank 9 178; 111.
Ztg. 109, 851; MMG 30, 95; NTA 10,157.
Nitka, Martin, Kammermusiker am Hof-
theater in Karlsruhe, * zu Audeschitz
(Bohmen) 11. XI. 31; f zu Karlsruhe
25. I. — L NTA 9, 169.
Pabst, Paul, Prof. d. Klavierspiels am
Konservatorium u. Direktor d. kaiserl.
russischen Musikgesellschaft in Moskau,
* zu Ktinigsberg 27. V. 54.; t zu Moskau
28. V. — L Mendel-Reissmann 7, 458;
111. Ztg. 108, 742; MMG 30,97.
Pache, Johannes, Cantor zu Limbach
i. S., Komponist v. M3nnerchbren , + zu
Limbach 24. XII. — L Frank 9 183; 111.
Ztg. no, 19; MMG 30, 97.
Pfeffer, Karl, Chordirektor d. Hofoper in
Wien, Opernkomponist; f daselbst, 64 J.,
17. II. — L MMG 30, 97.
*Pliiddemann, Martin, Balladenkomponist
u. Musikschriftsteller, * zu Kolberg 29. IX.
54; f zu Berlin 8. X.: 5. BJ II, 161. —
L Riemann 5 875: 111. Ztg. 109, 535;
Frank 9 190; MMG 30, 98: NTA 10, 155;
Bayreuther Blatter 1898, 67.
Pohl, Julius, k. Kammervirtuos u. Lehrer
an d. Hochschule f. Musik in Berlin,
Klarinettist; f daselbst, 74 J., 25. X, —
L MMG 30, 98.
Pohle, Hugo, Musikschriftsteller; s. Sp.95*.
♦Ramann, Bruno, Dichter u. Komponist,
dramat. u. lyr. Dichter, * zu Erfurt 17. IV.
32; f zu Dresden 13. III.: s. BJ II. — L
MMG 30, 98.
Riegel, Ludwig, Rechtsanwalt, Pianist u.
Konzertberichterstatter; f zu Freiburg i. B.,
62 J., Anf. Febr. — L MMG 30, 98.
•Rontgen, Johann Matthias Engelbert,
Konzertmcister im Gewandhausorchester
zu Leipzig, Violinist, * zu Deventer (Hol-
land) 30. IX. 29: f zu Leipzig 12. XII. :
s. BJ 11,88. — L BJ II, 36*; Mendel-
Reissmann 8, 384; Fetis Suppl. 2, 430;
Frank 9 208; Riemann 5 960 ; MMG 30, 99;
111. Ztg. 109,851; Signale f. d. musikal.
Welt 1897, ion (Weber).
Rossi, M arc ell o, Violinist u. Komponist,
# zu Wien 16. X. 62; f zu Bellaggio am
Comersee 30. V. — L Frank 9 209; Rie-
mann 5 964; 111. Ztg. 108,783; MMG
30, 99-
Sasse, Wilhelm, ehemaliger Theater-
direktor u. Kapellmeister, zuletzt Gesang-
lehrer in Wien, * zu Quedlinburg 1826;
f zu Wien 25. VIII. — L MMG 30, 99;
NTA 9, 200.
Scheele, Anton, Musikschriftsteller, vorher
Sanger; f zu Hannover, 82 J., 18. III. —
L MMG 30, 99.
♦Schmetz, Paul Johann, Kreisschulinspektor
zu Zell a. d. Mosel, Musikgelehrter (Choral-
kunde), • zu Rott (Rheinprov.) 2. IX. 45;
f zu Zell 25. IX.: s. BJ II, 155. — L
Riemann 5 1009; MMG 30,99.
Schneider, Kurt, Kantor a. d. Lukaskirchc
in Leipzig-Volkmarsdorf, Komponist, * zu
Treuen (Voigtl.) 4. VIII. 66; f zu Volk-
marsdorf 13. XI. — L MMG 30, 99.
Schreck, Franziska, Oratoriensangerin u.
Gesangslehrcrin in Rudolstadt; f daselbst
25. VII. — L 111. Ztg. 109, 209; MMG
30, 99.
•Schulz, Ferdinand, k. Musikdirektor,
Organist an d. Sophienkirchc in Berlin,
Komponist f. Mannergesang, * zu Kossar
b. Krossen 21. X. 21; f zu Berlin 27. V.:
s. BJ. II, 155. — L Fetis-' 7, 525; Rie-
mann 5 1028; 111. Ztg. 108,742; Mendel-
Reissmann 9, 178; MMG 30, 99.
Seyerlen, Rein hold, Prof., Lehrer am
Konservatorium d. Musik in Stuttgart,
Organist an d. dortigen Johanniskirche;
+ daselbst, 49 J., 27. X. — L Schwab.
Kronik 1897, 2243. 2259; Litt. Beil. z.
Staatsanz. f. Wlirttemberg 1897, 18 19;
111. Ztg. 109, 649; MMG 30, 100; Monats-
d*
i<>3*
XXVI. Tondichter, TonkUnstler etc. XXVIL Bildende Ktinstler.
104*
schrift f. Gottesdienst u. kirchl. Kunst
2, 290 (R. Hartter).
Siegert, Ferdinand, ehemaliger Dirigent
d. Leipziger Lehrergesangvereins; t da-
selbst, 47 J M 28. XL — L MMG 30, 100.
Skerle, August, k. bayer. Kammervirtuos
i. R„ Harfenist; f in d. Irrenanstalt Feld-
hof b. Graz 20. I. — L III. Ztg. 108, 157;
MMG 30, 100.
Spahr, Fritz, Violin virtuose; f durch
Selbstmord zu Berlin, 27 J., 18. I. — L
MMG 30, 100.
Spittel, Wilhelm, kgl. Musikdirektor, Se-
minarmusiklehrer u. Hoforganist zu Gotha,
* zu Molsdorf b. Erfurt 23. II. 38; t zu
Gotha 8. II. — L Frank » 240; MMG
30, 100.
Stenglin", Viktor Freih. v., Gen. -Lieut,
a. D„ Komponist; s. Sp. 35*.
♦Succo, Rein hold, Senatsmitgl. d. k. Akad.
d. Kilnste u. Lehrer an d. k. Hochschule
f. Musik in Berlin, Kirchenkomponist u.
kirchenniusikal. Schriftsteller, * zu Gdrlitz
29. V. 37; + zu Breslau 29. XL: s. BJ II,
156. — L Mendel-Reissmann Erg.-Bd.
447; Riemann 5 1102; Frank 9 246; 111. Ztg.
109,809; MMG 30, 100; Siona 1898, 187.
Toller, Ernst Otto, hgl. Kapellmeister in
Al ten burg u. Komponist, * daselbst 8. V.
20; f ebenda 3. XII. — L 111. Ztg. 109,
851; Mendel-Reissmann 10,208; MMG
30. 101.
Triebel, Bernhard, Kapellmeister am Stadt-
theater zu Trier, Operettenkomponist, • zu
Frankfurt a. M. 20. II. 47; f zu Trier 14.
VII. — L MMG 30, 101; NTA io, 154.
Tiirke, Otto, Organist an der Marienkirche
zu Zwickau, * xu Oberlungwitz b. Chem-
nitz 1832; f * u Zwickau 31. X. — L
Frank 9 254; MMG 30, 101.
*Ueberlee, Felix Wilhelm Adalbert, k.
Musikdirektor u. Organist an d. Dorotheen-
stadt. Kirche in Berlin, Komponist, * da*
selbst 27. VI. 37; f zu Charlottenburg
15. III.: s. BJ II, 160. — L Mendel-Reiss-
mann 10, 363; Riemann 5 1170; Frank*
255; 111. Ztg. 108, 385; MMG 30, 101.
Wack, Martin, Kapellmeister u. Musik-
lehrer zu Friedenau bei Berlin 1 friiher
Baritonist; f daselbst, 79 J., 13. VII. —
L MMG 30, 101.
Weinlich, Hans, Inhaber d. Opernschule
Weinlich-Tipka in Graz, friiher Theater-
kapellmeister ; f daselbst, 63 J., 4. IX. —
L 111. Ztg. 109, 370; NTA 9, 201 ; MMG
30, 101.
Weiss, Gottfried, Gesanglehrer u. Musik-
schriftsteller, Musikreferent d. »Reichs-
boten«, * zu Konradswaldau in Schlesien
13. XII. 20; f*u Berlin 1. X. — L MMG
30, 101.
Wiesner, Otto,- Musiklehrer am Lehrer-
seminar zu Rorschach (Schweiz); f da-
selbst 3. X. — L MMG 30, iox.
Witek, Johann, Musiker am deutschen
Landestheater in Prag, * daselbst 9. IV.
34; t ebenda 5. IV. — L NTA 9, 179.
Wolf, Hermann, Musikdirigent in Kreuz-
nacb, Komponist; f daselbst 7. XII. —
L MMG ( 30, 102.
Zangl, Joseph Greg or, Domorganist i. R.
zu Brixen, Kirchenkomponist, * zu Stcinach
in Tirol 12. III. 21 ; f zu Brixen 6. III.
— Kornmttller* 2, 280; MMG 30, 102.
Zschocher, Johann, Begrttnder u. Direktor
d. Zschocherschen Musikinstituts in Leipzig,
* daselbst 10. V. 21; f ebenda 6. I. —
L Mendel-Reissmann 15, 504; Riemann 5
1281 ; 111. Ztg. 108, 73: MMG 30, 102.
XXVIL Bildende Kttnstler.
♦Alphons, The odor, Maler u. Radirer, *
zu Krakau 28. X. 60; f zu Graz 2. IX. —
L BJ II, 189.
Baur, Hans, Bildhauer, * zu Konstanz 1829;
f daselbst Mai/Juni. — L MUller-Singer 3
1, 88; 111. Ztg. 108, 783.
Bergmeier, Karl Albert, Bildhauer, Iftngere
Zeit Lehrer am k. Kunstgewerbemuseum in
Berlin, • daselbst 28. HI. 56; t zu Steg-
litz b. Berlin 28. II. - L MUller-Singer 3
1, in; 111. Ztg. 108, 307.
*Bjorksten, Ferdinand, Maler und Archi-
tekt, * zu Lovisa (Finnland) 17. VI. 35;
f zu MUnchen 18. XL: s. BJ III, 387.
Birkmeyer, Fritz, Historien- u. Schlachten-
maler, sowie Glasmaler, * zu Rothen-
burg o./T. 1848; f *u MUnchen 9. XII.:
s. BJ II, 166. — L 111. Ztg. 109, 851.
Br&uer, A., Lehrer an d. Kunstschule in
Breslau, Maler, * daselbst 14. V. 30; f
ebenda 7. IX. — L 111. Ztg. 109, 370.
•Biirkner, Hugo, Formschneider, Kupfer-
stecher u. Radirer, Prof. f. Holzschneide-
kunst an d. Kunstakad in Dresden, # zu
Dessau 24. VIII. 18; f zu Dresden 17. I.:
s. BJ I, 22*. II, 188. — L BJ II, 6*;
111. Ztg. xo8, 129, 216 (mit P); MUller-
Singer 3 1, 196; Geist. Deutschl. 1, 96.
Dressier, Friedrich Wilhelm Albert, Land-
schaftsmaler, * zu Berlin 6. VIII. 22: t
ebenda 23. XL — L MUller-Singer 5 1,
360; 111. Ztg. 109, 762.
105*
Todteoliste 1897: XXVII. Bildende K tins tier.
106*
Eckhardt, Peter, Portrait- und Genremaler;
t 90 J., 20. III. — L 111. Ztg. 108, 421.
Eyrich, Emil, Geschichtsmaler u. Zeichner,
bes. medizinischer Zeichner; f zu Berlin,
57 J., I. II. — L 111. Ztg. 108, 193.
Friedlander, August M., Portrat- u. Genre-
maler in Philadelphia, * im Rheinland
1856; f zu Colorado Springs 25. IV. —
L 111. Ztg. 108, 742.
Geiger, Nikolaus, Prof. u. Mitgl. d. Akad.
d. bild. Ktinste in Berlin, Bildhauer u.
Maler, * zu Lauingen 6. XII. 49; + zu
Wilmersdorf b. Berlin 27. XII. — L 111.
Ztg. 109, 809 u. Nr. 2764 (vom 20. VI.
1896); MUller - Singer 3 2, 24; Geist.
Deutschl. 1, 217.
Graupenstein, Wilhelm, Portratmaler, *
zu Minden 1828; f zu Hamburg 26. V.
— L 111. Ztg. 108, 7x5; Der Maler W.
Gr. Gedachtnisrede u. Lebensbild von
Hauptpastor Dr. Spttrri und Dr.- O.
Rttdiger. Hamburg 1897.
•Grdgler, Wilhelm, Genremaler, Zeichner
u. Illustrator; f zu Mtinchen, 58 J., 6. V.:
s. BJ II, 173.
Gurlitt, Heinrich Louis Theodor, Prof.,
Landschaftsmaler, * zu Altona 8. III. 12;
f zu Naundorf b. Schmiedeberg im Erz-
geb. 19. IX. — L 111. Ztg. 199, 402;
Mtiller-Singer 3 2, 109.
"Hammer, Karl, Prof., Direktor d. k. Kunst-
gewerbeschule in Ntirnberg, * daselbst 6.
III. 45; f ebenda 16. VII.: s. BJ II, 335.
— L BJ II, 17 *.
Hetl, Gustav, Maler u. Humorist., Illustrator
der Berliner »Wespenc; f zu Berlin, 70 J.,
16. I. — L 111. Ztg. 108, 129.
♦Herpfer, Karl, Genremaler, * zu Dinkels-
btlhl 30. XL 36; f wahrend eines Bades
b. Walchstatt im Wtfrthsee 19. VI. (nicht
VII.): s. BJ II, 176. — L Muller-Singer'
2, 166; 111. Ztg. 108, 811.
Heyden, Jakob Theoder August v.,
Historienmaler, # zu Breslau 13. VI. 27;
f zu Berlin 1. VI. — L 111. Ztg. 108,
742; Geist. Berlin i, 187; L'Arte 1, 1898,
87; Kunstchronik N. F. 8, 513 (A. Rosen-
berg, Z. Erinnerung an A. v. H.).
♦Heyden, Otto Johann Heinrich, Dr., Prof,
u. k. preuss. Hofmaler, Historien- u.
PortrJttmaler, * zu Docherow (Pommern)
8. VII. 20; f zn Gottingen 21. IX. — L
Mtiller-Singer' 2, 175.
♦Hirt, Johann Christian, Prof. u. Ehren-
mitgl. d. Akad. d. bild. Kiinste in Mtin-
chen, * zu FUrth 4. III. 36; f zu MUnchen
19. VIII. : s. BJ II, 175. — L 111. Ztg.
109, 268; Mtiller-Singer* 2, 183; Geist.
Deutschl. 1, 307.
*H5chl, Anton, Ziegeleibesitzer, Architek-
turmaler, * zu Mtinchen 20. II. 20 ; f da-
selbst 21. II.: s. BJ II, 183. — L 111. Ztg.
108, 273.
Hohenberger, Heinrich, Maler v. Still-
leben; f zu Triest 21. VIII. — L 111.
Ztg. 109, 145.
Humer, Wilhelm, Zeichner u. Landschafts-
maler in Brixen; f daselbst 19. I. — L
111. Ztg. 108, 129.
Konkely (eigentlich Kunkel), Richard,
Portratmaler in Leipzig; f daselbst, 41 J.,
4. I. — L 111. Ztg. 108, 76.
*Kopp, Karl, Prof., Lehrer f. d. Model-
lieren v. Ornamcnten u. Figuren an d.
Techn. Hochsch. in Stuttgart, Bildhauer,
* zu Wasseralfingen (wtirttemb. Oberamt
Aalen) 24. X. 25; f * u Stuttgart 2. III.:
s. BJ II, 278. — L BJ II, 23 ♦; Schwab.
Merkur 1897, 450; Litt. Beil. z. Staatsanz.
f. Wtirttemb. 1897, 347; tLL Ztg. 108,
3<>7-
♦Leoprechting, Marquard Freih. v.,
Oberst a. D., Zeichner u. Genremaler;
s. Sp. 36*.
Leu, August Wilhelm, Prof, an d. Akad.
d. bild. Ktinste zu Berlin, Landschafts-
maler, # zu MUnster i. W. 24. III. 19; f
zu Seelisberg am Vierwaldstatter See 20.
VII. — L BJ II, 25 *; 111. Ztg. 109, 145.
Ldffelholz von Colberg, Jobst Wilhelm
Karl Eugen Freih. v., Prof, am Real-
gymn. in Mtinchen, Zeichner; s. Sp. 85*.
*Lossow, Heinrich, Konservator an d.
Gemaldegallerie in Schleissheim , Genre-
maler, * zu Mtinchen 10. V. 48; f auf d.
Fahrt v. Mtinchen nach Schleissheim 19.
V.: s. BJ II, 187. — L 111. Ztg. 108,
683.
Ludwig, Heinrich, Maler u. Kunstschrift-
steller (tiber Technik d. Malerei); f zu
Rom 30. VI. — L 111. Ztg. 109, 51;
BOrsenbl. f. d. d. Buchb. 64, 5008; L'Arte
I, 1898, 87.
Merkel, Karl Gottlob, Maler in Kassel, * zu
Leipzig 1818; f zu Wehlheiden im Juli.
— L 111. Ztg. 109, 84; Mtiller-Singer* 3,
181.
•Palme, Franz August in, Historienmaler,
* zu Rochlitz 21. XI. 1808; f zu MUnchen
18. X.: s. BJ II, 213. — L 111. Ztg. 109,
606; Mtiller-Singer* 3, 363.
Preleuthner (auch Prelleuthner), Jo-
hann, Bildhauer, Nestor d. Wiener
Ktinstlerschaft, * in Niederosterreich 27.
XII. 1807; f * u Gloggnitz 9. VIII. — L
111. Ztg. 109, 240; Mtiller-Singer 1 3, 487.
Reiffenstein, Paul, Landschaftsmaler, geb.
Wiener; f zu Weimar, 39 J., 12. V. —
L 111. Ztg. 108, 683.
^Sanger, Dominik, Bildhauer, * zu Berlin
6. X. 45; f zu Mtinchen 6. III.: s. BJ II,
229.
1 07* Todtenliste 1897 : XXVII. Bildende KUnstler. XXVIII. Kunstforscher etc. 1 08*
Scherenberg, Hermann, Zeichner, Illu-
strator d. »Ulk« 9 * 26. I. 26; f zu Gross*
Lichterfelde b. Berlin 21. VIII. — L 111.
Ztg. 109, 300 u. Nr. 2743 ( v - 2 5- I* l8 9 6 »
xnit P>
♦SchSnn, Alois, Prof, an d. Akad. d.
bild. Ktinste in Wien, Genremaler und
Radierer, * zu Wien 11. III. 26; f * u
Krumpendorf am WGrthersee 16. IX.:
*• BJ II, 395.
Schubert, Heinrich Karl, Landscbafts- u.
Blumenmalcr, * zu Wien 1827; f daselbst
12. II. — L 111. Ztg. io8 f 253.
♦Stieler, Max, Maler u. Dichter, * zu Mttn-
chen 16. II. 25; f daselbst 23. VI.: s.
BJ II, 229.
Trenkwald, Joseph Matthias v., Prof, an d.
Kunstakad. in Wien, * zu Prag 23. III.
24; f zu Perchtoldsdorf b. Wien 28. VII.
— L 111. Ztg. 109, 209.
Trenkwalder, Dominik, tiroler Bildhauer
u. Holzschnitzer; + zu Innsbruck, 56 J.,
6. VII. — L 111. Ztg. 109, 84.
♦Walch, Emanuel, Maler, * zu Kaisers in
Tirol 28. VIII. 62; f *u Toblach 25. VIIL:
s. BJ II, 228.
*Weigand, Konrad, Historienmaler, * zu
Nttrnberg 12. XII. 42; f zu Munchen 3.
XII. : s. BJ II, 215.
Weitmann, Joseph, Bildhauer, bes. Klein-
plastiker, * zu Gmtlnd 9. III. II; f zu
Wien 28. III. — L 111. Ztg. 108, 449;
Wiener Ztg. 1897 Nr. 72.
♦Wenban, Longly Sion, Landschafter, * zu
Cincinnati 9. III. 48; f zu Mlinchen 19.
IV.: s. BJ II, 216.
XXVIII. Kunstforscher und Kunstfreunde.
♦Burckhardt, Jacob Christoph, Dr. phil.,
ordeotl. Prof. f. Kunstgesch. an d. Univ.
Basel, * daselbst 25. V. 18: f ebenda 8.
VIII. ; s. BJ II, 54. — L BJ II, 6 •; F.
Laban, Bibliographic in : Repert. f. Kunst-
wissensch. 21, S. XCVI; Dietrichs Bib-
liogr. d. deutschen Zeitschriftenlitt. 2, 3,
35- 4. 59.
Engelhard, Robert, Gymn.-Oberlebrer, Er-
forscher d. Kunstdenkmale d. Eichsfeldes;
s. Sp. 83».
♦Engerth, Eduard Ritter v., Hofrath,
Maler u. frUher Direktor d. kaiserl. Ge-
nial degallerie in Wien, * zu Pless (Preuss.
Schlesien) 13. V. 18; f al| f d em Simme-
ring 29. VII.: s. BJ II, 393. — L 111.
Ztg. 109, 180; Jabrb. d. kunsthist. Samml.
d. Kaiserhauses 19, 360; L/Arte I, 87;
Wurzbach 4. 49. 14, 440.
Falke, Jacob von, Dr. phil., Hofrath, ehe-
mal. Direktor d. k. k. Museums f. Kunst
u. Industrie, Kultur- u. Kunsthistoriker,
• zu Ratzeburg 21. VI. 25; f im Qua*-
nerobad Lovrana b. Abbazia 8. VI. — L
BJ II, 10 •; 111. Ztg. 108, 812 (mit P);
Hinrichsen 3 347; J. Falke, Lebenserinner-
ungen. Leipz. 1897; Archiv d. Ver. f.
Gesch. v. Lauenburg 5, 2, 76. — W auch
KL 1897, 317; Eckert 67.
Gross von Trockau, Alexander Ernst
Gustav Maria Freib., Kunst- u. Alter-
thumskenner, * 13. XI. 20; f zu Wurz-
burg 16. III. — L 111. Ztg. 108, 385;
Frciherrl. Taschenb. 1898, 342. 11 73.
Heider, Gustav Freib. v., Dr. phil, Sec-
tionschef a. D. vormaliger President d.
k. k. Akademie d. KUnste, Kunsthistoriker,
* zu Wien 15. X. 19; f daselbst 15. III.
— L 111. Ztg. 108, 385; Litt. Centralbl.
1897, 412; Wurzbach, 8, 208; Freiherrl.
Taschenb. 1897, 375- > 8 98» U74-
Kaunitz, Albrecht Graf, President d.
bfthm. Kunst ver.; s. Sp. 10*.
•Liitzow, Karl v., Dr. phil , Prof. f. Gesch.
d. Baukunst an d.Techn. Hochsch. in Wien,
Bibliothekar d. Akad. d. bild. Kunste da-
selbst, Kunsthistoriker, * zu Gottingen
25. XII. 32; f zu Wien 22. IV.: s. BJ
II, 191. — L BJ II, 26 •; 111. Ztg. 108,
589 (mit P); Ztschr. f. bild. Kunst N. F.
8. 233 (C. L.[emcke] f mit P); Wurzbach
16, 147; L'Arte 1, 1898, 87. — W auch
KL 1897, 820; Kukula 576. Suppl. 159;
Bttrsenbl. f. d. d. Buchh. 64, 3635.
♦Mertens, Franz, Architekt, Kunstschrift-
steller; s. Sp. 49*.
Obermayer, Eugen, Kunstschriftsteller; t
zu Wien, 77 J., 8. (oder 7.?) VII. — L
Litt. Centralbl. 1897, 924; 111. Ztg. 109,
84.
*Riehl, Wilhelm Heinrich v., Dr. phil.,
Geh. Rath, ordentl. Prof. f. Kulturgescb.
u. Statistik an d. Univ. Mlinchen; s.
Sp. 66».
Sallet, Alfred v., Dr. phil., Direktor d.
k/ Mttnzkabinets im Alten Museum zu
Berlin, * zu Breslau 14. VII. 42; f * u
Berlin 25. XI. — L F. Laban, Bibliogr.
im Repert. f. Kunstwissensch. 21, XCVII.
Schmidt, Julius, Dr. phil., Prof., Direktor
d. Provinzialmuseums in Halle a. S., * zu
Sangerhausen 9. VIII. 23; f zu Halle a. S.
16. X. — L Litt. Centralbl. 1897, 1377;
III. Ztg. 109, 570.
Strater, August, Kupferstichsammler, * zu
Rheine 18 10; + zu Aachen (oder K6ln?)
13. II. — L Kunstchronik N. F. 8, 369
(M. Lehrs).
iog*
XXVIII. Kunstforscher u. Kunstfrcunde. XXIX. BUhnenleiter etc.
no*
♦Weiss, Hermann, Prof., Geh. Reg.-Ratb,
frtthcr Direktor d. Berliner Zeughauses,
* zu Hamburg 2. IV. 22; f zu Berlin 21.
IV.: s. BJ II, 108. — L III. Ztg. 108,
555; Ltfbell 24, 630 (B. P.foten]). — W
KL 1897, 1423.
Zbllner, Karl, Dr. jur., Geh. Reg.-Rath,
vormaliger 1. stand. Sekretar d. Akad. d.
KUnste in Berlin, * daselbst 12. XII, f
ebenda 14. VI. — L Litt. Centralbl. 1897,
830; 111. Ztg. 108, 81 1 .
XXIX. BUhnenleiter und Biihnenkiinstler.
Agte, geb. Courier, Amalie, ebemal.
Opernsangerin u. Schauspielerin (zuletzt
komische Alte); f zu Neisse, 77 J., 1. IL
— L MMG 30, 85; NTA 9, 170.
Ahrweiler, geb. Stjerna, Luise, frtther
Schauspielerin am Kolner Stadttheater, *
zu Herford (Westf.) 19. II. 59; f zu Mun-
chen 9. III. — L 111. Ztg. 108, 385; NTA
9, 174 (E. Lewinger, mit P).
Arndt, geb. Kessler, Mathilde, Schau-
spielerin u. Chorsangerin am k. Theater
in Wiesbaden, * zu Riedlingen 10. XII.
50; f zu Wiesbaden Mitte Aug. — L
NTA 9, 199.
Axtmann, geb. Richter, Elise, chemal.
Schauspielerin, * zu Karlsruhe 11. I. 27;
f zu Bruchsal 24. XI. — L NTA io, 155.
Baste, Ferdinand, Theaterdirektor, * zu
Brandenburg 24. I. 18; f zu Essen a. d.
Ruhr 26. I. — L 111. Ztg. 108, 157; NTA
9, 169.
Bauer, Adolf, grossherzogl. Hofschau-
spieler in Meiningen, * daselbst 6. XII.
27: f ebenda 3. IX. — L NTA 9, 200
(F. Stury).
Becker, Frau Ida, ehemal. Sangerin; s.
Sp. 97*.
Becker, Karl, ehemal. Direktor d. Stadt-
theaters in Flensburg, * zu Braunschweig
31. III. 23; f *u Flensburg 7. XII. — L
NTA io, 157.
•Behr, Heinrich, Sanger (Bassist) 11.
Schauspieler, ehemal. Theaterdirektor, *
zu Rostock 2. VI. 21, f zu Leipzig 13.
III.: s. BJ II, 117. — L III. Ztg. 108,
385, MMG 30, 86; NTA 9, 176 (mit P;.
Behr, Heinrich, Schauspieler (Helden u.
humorist. Vater), Sohn des vorigen, * zu
Leipzig 29. IV. 59; f zu Montreux 10. 1.
— L NTA 9, 169.
Benefeld, Bertha, Schauspielerin in Gera;
f daselbst durch Selbstmord 6. IX. — L
NTA 9> 154-
♦Bercht, Ludwig Julius, Charakterdarsteller
u. Komiker, auch Dichter, * zu Prodel b.
Leipzig 4. V. 1 1 ; f zu Braunschweig 6.
V.: s. BJ II, 363. — L NTA 9, 181.
Bethge, Adolf, grossherzogl. mecklenburg.
Hofschauspieler a. D., * zu Berlin 20. V.
28; f zu LUbeck 27. II. — L 111. Ztg.
108, 307; NTA 9, 173.
Beyer, Wilhelm, Sanger u. Schauspieler,
zuletzt Sekretar d. Stadttheaters in Riga,
* zu Berlin 5. XI. 19; f zu Weimar 10.
III. — L NTA 9, 176.
Bdfflnger, Heinrich, ehemal. Schauspieler
u. Theaterdirektor, * zu Mainz 22. XII. 27;
f zu Lorsch (Hessen) 28. II. — L NTA
9, 173.
Rftsse, geb. Gross, Olga, Sangerin; f zu
Oldenburg, 37 J., 21. 1. — L MMG 30, 87.
Brock, Paul, Oberregisseur d. Hoftheaters
in Weimar, Mitbegrttnder d. Genossen-
schaft deutscher BtthnenangehBriger, * zu
Berlin 25. IX. 44, f zu Berlin 9. VIII.
— L 111. Ztg. 109, 209; NTA 9, 197.
*Brulliot, Karl Johann, Prof, an d. k.
Akad. d. Tonkunst u. Oberregisseur an d.
HofbUhne zu MUnchen, * daselbst 31. VII.
31; f ebenda 24. IIL: s. BJ II, 237. —
L NTA 9, 197.
*Dalwigk, Reinhard Freih. v., Vorstand
d. grossherzogl. oldenburg. Theaterkom-
mission; s. Sp. 15*.
Deetz, Arthur, frtther Direktor d. k.
Schauspielhauses in Berlin, * zu Wesel
18. VI. 26; f ™ Berlin 16. VII. — L
III. Ztg. 109, 145; NTA 9, 192 (mit P).
Driessen, geb. Greiner, Charlotte,
Schauspielerin, * zu Brttnn 31. I. 31; f
zu Bad Lauchstadt 28. VIII. — L NTA
9, 200; 111. Ztg. 109, 370.
Drost, Wilhelm Elias, Schauspieler, auch
Btthnendichter (mit G. v. Moser), * zu
Hamburg 25. IV. 21; f zu Hamburg 4.
II. — L NTA 9, 170.
Duckert, Richard, Schauspieler am
Belle vuetheater in Stettin, * zu Berlin 1.
IV. 53; f zu Stettin 16. XI. — L NTA
10, 155.
Ernst, geb. Kttthe, Karoline, Gattin d.
Theaterdirektors M. Ernst, einstige Ver-
treterin der HeldenmUtter in Aachen, * zu
Eisenach 14. II. 21; f zu Aachen 7. IV.
— L 111. Ztg. 108, 518; NTA 9, 179
(nach Aachener »Polit. Tagebl.c).
Forster, Heinrich, Schauspieler u.
Theaterdirektor, * zu Gotzleinsdorf 27.
VI. 59; t zu Spindelmlihle (Riesengeb.)
8. IX. — L NTA 9, 201.
Franck, Friedrich Wilhelm, ehemal. Schau-
spieler, dann Souffleur, * zu Hamburg 7.
III s
Todtenliste 1897: XXIX. Buhnenlciter unci Blihnenklinstler.
I 12'
XII. 13; f zu Pelackcn b. Danzig 28. II.
— L NTA 9, 173.
Frey, August Johann, ehemal. Schauspieler
u. Theaterdirektor; f zu Freudenthal 18.
IX. — L NTA 10, 154.
Fuchs, geb. Ringleb, Karolinc, ehemal.
Schauspielerin ; f im Seebad Cranz 8. VIIL
— L NTA 9, 197.
Garvens, Wilhelra, Dr., ehemal. Opern-
sanger, Musiklehrer in Hamburg, * daselbst
10. VI. 15; f ebenda 14. IV. — L NTA
9, 180.
Gaspart, Emil, Schauspieler (Komiker); f
zu Berlin, 39 J., 24 IX. — L NTA 9, 202.
Gentner, Oskar, Schauspieler, * zu Wien
18. III. 72; f daselbst 8. X. — L NTA
10, 155.
-Gerdes, Julius, Opernsanger am Stadt-
theater in Lubeck; f daselbst Anf. Dcz.
— L NTA io, 157.
Gries genannt Grisa, Karl, Opernsanger,
* zu Kassel 25. VII. 41 ; f zu Berlin 26.
VII. — L MMG 30, 90; NTA 9, 194.
Grieshaber, Robert, Schauspieler, • zu
Fohrenbach i860; f zu Biel (Schweiz)
20. IV. — L NTA 9, 180.
Grobecker, Ewald, Ehrenmitgl. d. k.
Theaters in Wiesbaden, friiherer Schau-
spieler (Komiker), * zu Spandau 9. IV.
25: f zu Wiesbaden 26. I. — L 111. Ztg.
108, 157; NTA 9, 169; Deutsche Blihnen-
genossensch. 1897 Nr. 6.
Gr5ber, Paul, Schauspieler, zuletzt in
Frankfurt a. M., * 19. I. 72; f zu G8r-
bersdorf (Schlesien) 12. VIII. — L NTA
io, 154.
Gunzert, Gustav Adolf v., Hotkammerprasi-
dent, mehrere Jahre Leiter d. Hoftheaters
in Stuttgart; s. Sp. 16*.
Hahn, Emil, frtther Direktor d. Viktoria-
theaters in Berlin, * zu Leipzig (oder
NUrnberg?) 22. III. 33; f zu Regensburg
12. XII. — L 111. Ztg. 109, 881; NTA
io, 157-
Hartlep, Julius, ehemal Schauspieler, * zu
Leipzig 20. IX. 24; f Ende Dez. — L
NTA 10, 158.
Hassel, Roman us, herzogl. meinigenscher
Hofschauspieler, * zu Kassel I. XII. 22;
f zu Meiningen 4. VII. — L 111. Ztg. 109,
145; NTA 9, 191.
Heinze, Ferdinand, Schauspieler u. Sanger
am k. Hoftheater in Hannover, * zu Leip-
zig 17, III. 26; f zu Hannover 8, IX. —
L 111. Ztg. 109, 402; NTA 9, 201.
Heller, Hofopcrsanger, f »n dcr Heilanstalt
Illenau b. Karlsruhe 14. IV. - L MMG
3°. 90.
Herrmans, Josef, ehemal. Opcrnsanger,
* zu Kiel 1819; f zu Bonn 15. XII. —
L MMG 30, 91.
Hey'l, Ferdinand, Kurdirektor in Wies-
baden; s. Sp. 88*.
Horn, genannt Roberti, Paul, Schau-
spieler in Helmstedt, • zu Bretting i. S.
1861; t xu Helmstedt 26. X1L — LNTA
io, 158.
Joost, Johann Ferdinand, Schauspieler,
Sanger, Kapellmeister; s. Sp. 100.
Kaler, Adele v., ehemal, Schauspielerin,
• zu Berlin 5. VIIL 40; f zu Wiener-
Neustadt I. VII. — L NTA 9, 191.
Kirchner, genannt Kirchberg, Louis J.
S., ehemal. Schauspieler u. Chorsanger
am Stadttheater in Hamburg, * zu Weimar
6. VII. 40; f zu Hamburg 5. IX. — L
NTA 9, 201.
Klaunig, verwittw. Zinn, Mathilde Agnes,
ehemal. Schauspielerin u. Chorsangerio, *
zu Zwickau 6. IX. 40; f zu Rostock 6.
II. — L NTA 9, 170.
Koch, Hugo, Opernsanger am Stadttheater
in Kolmar; f zu Braunschweig 13. V. —
L NTA 9, 181.
Kdttschau, verehel. SchUtze, Martha,
grossherzogl. oldenburg. Hofschauspielerin
(Soubrette), * zu Hamburg 8. XL 56; f
daselbst 3. IX. — L NTA 9, 201.
Krebs, John, in Amerika sehr bekannter
deutscher Sanger, * zu Koln 1846; f zu
New Orleans 7. XII. — L MMG 30, 92.
•Krolop, Franz, Opernsanger an d. k.
Oper in Berlin, • zu Troja b. Prag 5.
IX. 39; f zu Berlin 30. V*: s. BJ II, 128.
— L BJ II, 23 *; 111. Ztg. 108, 743 (mit
P); MMG 30, 92; NTA 9, 183.
Kuefstein, Mag da Graft n v., geb. Kr tiger,
vor ihrer Vermahlung Mitgl. d. Balletcorps
d. berliner Hofoper; s. Sp. 10*.
Lauermann, August, Schauspieler u. Re-
gisseur; f zu Jessnitz b. Dessau, 59 J.,
9. L — L NTA 9, 169.
Lemcke, Anna, ehemal. kurftirstl. hess.
Hofschauspielerin; f 8. I. - L NTA 9,
169.
Lenz-Schafer, Karoline v., verwittw.
Hartig, frflher Schauspielerin am ham-
burger Stadttheater; f zu Rostock, 90 J.,
3. VI. — L NTA 9, 185.
Leuthold (eigentlich v. Lewinsky), Ro-
bert, Regisseur u. Schauspieler in Bielitz ;
f daselbst 11. I. — L NTA 9, 169.
Mansfeldt, Arnold, Schriftsteller u. Schau-
spieler, * zu Hamburg 28. I. 38; + da-
selbst 6. I. — L NTA 9, 168 (nach
» Hamburger Fremdenbl.«).
Meixner, Karl, ehemal. Schauspieler (Hel-
den u. Bonvivants), * zu Frankfurt a. M.
1853; f daselbst 18. XII. — L NTA 10,
158.
♦Mitterwurzer, Anton Friedrich, Schau-
spieler am Wiener Burgtheater (Charakter-
H3
Todtenliste 1897: XXIX. BUhnenleiter und BUhnenkttnstlcr.
114*
darstcllcr), * zu Dresden 16. X. 44: f * u
Wicn 13. II.: s. BJ II, 109. — L BJ II,
31 •■
Mylius-Rutland, Elisabeth, frtiher Kolo-
ratursangerin, seit 1880 Gesanglehrerin in
Wien, * zu Eger 25. IV. 35 ; f zu Wien
4. II. — L MMG 30, 94; NTA 9, 170.
Norbert-Hagen, Hannah, Opernsangerin
in Stettin; t daselbst 30. XI. — L MMG
30, 97; NTA 10, 157.
*Otto-Thate, Karoline Christiane, herzogl.
braunschweig. Hofschauspielerin, * zu
Braunschweig 1. III. 22; f zu Stuttgart
19. III.: s. BJ II, 362. — L NTA 9, 176.
Petrusch, Oskar, Schauspieler (Liebhaber),
• zu Danzig 16. IX. 62; f zu Altona 9.
III. — L NTA 9, 176.
Pdgner, H ermine, Schauspielerin am Ost-
endtheater in Berlin (frilher Soubrette,
zuletzt Mtttter u. komische Alten), * zu
Budapest 1. XI. 49; f zu Berlin 16. I. —
L NTA 9, 169.
Pollini, Bernhard (eigentlich Baruch
Pohl), Hofrath, Direktor d. Hamburger
Thaliatheaters, * zu Kbln a. Rh. 16. XII.
38; t 26, XL — L 111. Ztg. 109, 810
(mit P); NTA 10, 155; MMG 30, 98.
Preim, Christian, Schauspieler u. Inspi-
zient; f zu Basel 17. VI. — L NTA 9,
191.
Pritzbuer, (genannt Schwerin), Julius v.,
Regtsseur u. Schauspieler (Cbarakterko-
miker), • zu Ludwigslust 31. VII. 53; f
daselbst 1. V. — L NTA 9, 181.
Pulcy, Christian, ehemal. Schauspieler
(Komiker, Charakterdarsteller), * zu Kassel
4- X. 22; f zu MUnchen 26. IX. — L
NTA 9, 202.
Rawitz, Max, ehemal. Schauspieler u. Re-
gisseur; f *" Berlin 8. XII. — L NTA
10, 157.
Reden, geb. v. Boja, Helen e v., Opern-
sangerin; f zu Weimar 14. V. — L
MMG 30, 98; 111. Ztg. 108, 715; NTA 9,
182.
Reider, Wilhelmine, Schauspielerin am
Stadttheater in Hannover, * zu Kassel 13.
IV. 76; f zu Hannover 3. XI. — L NTA
10, 155.
Richter, August, ehemal. Schauspieler, *
zu Osterode 26. XI. 22; t zu Plaue (ThU-
ringen) 23. I. — L NTA 9, 169.
Riedl, Alexius, ehemal. Opernsanger, * zu
MUnchen 31. X. 42; f daselbst 31. VII.
— L NTA 9, 194.
Rocco, Friedrich Wilhelm, Universitatstanz-
lehrer, frUher Schauspieler ; s. Sp. 90*.
Rdckel, geb. Tomaselli, Ernestine,
frUher Sangerin u. Schauspielerin; f zu
Jersitz in Posen, 80 J., 8. VI. — L NTA
9. 185-
Sasse, Wilhelm, Gesanglehrer, ehemal.
Theaterdirektor; s. Sp. 102*.
Scheele, Anton, Musikschriftsteller, vorher
Sanger; f zu Hannover 18. III. — L
MMG 30, 99.
Schippel, Fanny, Schauspielerin am Stadt-
theater in Hannover; f daselbst 1. IV. —
L NTA 9, 179.
Schlesinger, Karl M., Schauspieler (Ko-
miker) am Deutschen Landestheater in
Prag, * zu Budapest 8. II. 47 ; f zu Prag
12. VIII. — L 111. Ztg. 109, 240; NTA
9, Z99 (O. Keindl).
Schmidt, Bernhard, ehemal. Sanger am
Hoftheater zu Weimar, + zu Dargun in
Mecklenburg 15. III. 25; f zu Weimar
17. XII. — L MMG 30, 99; NTA 10,
158.
Schmidt, Franz, Operntenor, zuletzt am
Stadttheater in Breslau; f auf seinem Gutc
Cstfmflr b. Budapest, 45 J., 8. VI. — L
MMG 30, 99; NTA 9, 185.
Schmidt, Otto, Schauspieler u. Theater-
direktor; f in der Diakonissenanstalt zu
Dresden 9. I. — L NTA 9, 169.
Schreiber, Julius, Direktor-Stellvcrtreter
am Stadttheater in Baden b. Wien, frUher
Tenorist unter dem Namen Julius
Rossi; + zu Baden b. Wien im Aug. —
L NTA 9, 200.
Schrdder, geb. Gottfried, Wilhelmine,
ehemal. Schauspielerin, dann SoufFleuse,
* zu Weilburg (Hessen) 25. X. 44; f zu
Magdeburg 26. III. — L NTA 9, 179.
Schroetter, Hermann, herzogl. braun-
schweig. Kammersanger, Heldentenor, * zu
Berlin 28. XL 42; f zu Braunschweig
2. VIII. — L MMG 30, 99; NTA 9,
194.
•Seebach, Marie, Tragodin, * zu Riga 24.
II. 34; f zu St. Moritz 3. VIII.: s. BJ II,
253. — L BJ II, 39 •; 111. Ztg. 109, 221
(mit P); NTA 9, 194 (mit P).
Siechen, Max, ehemal. Opernsanger, • zu
Berlin 9. I. 50; f daselbst Mitte Okt. —
L NTA 10, 155.
Stein genannt Schmidt, Adolf, Bassist,
Mitgl. d. Damrosch-Operntruppe in Ame-
rika, • zu Leipzig 1854; f zu Wordside
in Nordamerika im Nov. — L MMG 30,
100.
Stdbe-Hofmann, Anna Elsbeth, Thcater-
direktorsgattin, Schauspielerin (Soubrette),
* zu MUnchen 21. IX. 41; f zu Wasser-
trudingen 29. VII. — L NTA 9, 202 (K
St6be).
Tertnik, Josef Karl, Heldentenor; f * u
BrUnn, 29 J., 2. V. — L NTA 9, 181.
Ucko, Louis, frUher Heldentenor d. Stutt-
garter HofbUhne, spater Theaterdirektor,
* zu Schreibendorf 23. II. 38; f zu Berlin.
Tig* Todtenlistc l897:X\IX. BUhncnleiterundBUhnenkUnstlcr. XXX.Verschiedenc. n6*
4. VI. — L 111. Ztg. 108, 811; MMG 30,
101; NTA 9, 185.
Wack, Martin, Kapellmeister, frliher
Baritonist; s. Sp. 104*.
Waldmann, Karl, Direktor u. Ober-
regisseur d. Stadttheaters in Hannover,
• daselbst 12. VII. 12; f ebenda 26. II.
- L NTA 9, 173-
Weymann, Alexander, Theaterdirektor:
+ zu Kiel im Mai. — L NTA 9, 185.
♦Wotter, Charlotte, verw. Grafin O'Sulli-
van de Gras, k. u. k. Hofschauspiclerin
am Burgtheater in Wien, Tragttdin, # zu
Koln a. Rb. 1. III. 34; f zu Hietzing b.
Wien 14. VI.: s. BJ 11, 295. — L BJ II,
54*; ADB 44, 167 (A. v. Weilen); III.
Ztg. 108, 787 (mit P); NTA 9, 185 (mit
P u. Rollenverzeichnis) Chronik d. wiener
Goethe ver. 11 Nr. 9 (Spiegl); Wiener
Rundschau 2 Nr. 16 (Schick).
Wdrner, geb. v. Rambach, Josefine,
Schauspielerin, * zu Spalato 5. III. 41 ; t
zu Httchst a. M. 18. III. — L NTA 9, 176.
Wfinzer, The odor, Geh. Hofrath, frflher
Direktor d. Darmstftdter Hoftheaters, vor-
her Heldendarsteller, * zu SchwabmOnchen
b. Augsburg 3. X. 31 ; f zu Darmstadt
18. V. — L 111. Ztg. 108, 683; NTA 9,
182 (mit P).
Zander , Konstantin, Kommerzicnrath,
erster Vorstand d. Theaterverwaltung in
Riga: t daselbst 5. IX. — L NTA 9, 201.
Zimmermann, Ignaz, Opernsftnger, * zu
Nikolsburg 6. II. 30; f zu Halle a. S.
19. V. — L MMG 30, 102; NTA 9.
183.
XXX. Verschiedene.
Engelstadt, frtther Schneidermeistcr, d.
altcste Bllrger Dortmunds; f daselbst, fast
100 J., 26. IX. — L 111. Ztg. 109, 470.
Falkenhausen, Ernst Freih. v., Erbherr
auf Bielau, Sportsmann, * zu Wallisfurth
2. I. 46; f va Berlin 12. VII. — L 111.
Ztg. 109, 118; Freiherrl. Taschenb. 1898,
228. 1171.
Heidler, Luise, geb. Nettelbeck, Tochter
Joachim Nettelbecks ; f zu Kolberg, 82 J.,
7. VIII. — L BJ II, 17*; Illustr. Ztg.
109, 145.
Henschke, Ulrike, geb. Benas (Pseudon.
Clara Ulrici), Wittwe d. Senatsprasi-
dcnten H. in Berlin, Leiterin in d. Frauen-
bewegung, * zu Krotoschin 24. XI. 30 ;
f zu Baden-Baden 1. XL — L 111. Ztg.
109, 682; Pataky 1, 338 (mit W).
Humboldt-Dachrbden, Sophia Therese Ga-
briel e Mathilde Freiin v., Herrin auf
Aulcben (Kreis Sangerhausen) , Enkelin
Wilhelms v. Humboldt, * zu Ottmachau
in Schlesien 8. VIII. 30; f zu Rom 25.
IV. — L 111. Ztg. 108, 583; Freiherrl.
Taschenb. 1897, 441. 1898, 1175.
Kaiser, Albert, Direktor d. Bades Kranken-
heil-Tolz, Prtemierlieut. a. D.; f daselbst
8. IX. — L 111. Ztg. 109, 370.
Langer, Robert, Vorstand d. Biberachcr
Turngcmeinde, * zu Frankenstein in
Schlesien 13. XL 22; f zu Biberach 27.
V. — L Schwab. Kronik 1897, 1119.
Ldwis of Menar, Alexander, Gutsbe-
sitzer auf Schloss Dahlen b. Riga, der
alteste Johanniterritter, * 2. VI. 1802;
t auf Dahlen 28. VII. — L 111. Ztg. 109,
268.
Nietzsche, Franziska, geb. Oehler, die
Mutter des Philosophen Friedrich Nietz-
sche; f zu Naumburg, 71 J., 19. IV. —
L 111. Ztg. 108, 555.
Potpeschnigg , Marie verw., die einzige
Tochter Karl v. Holteis; f zu Graz, 75
J., 5. VII. — L 111. Ztg. 109, 84.
Raumer, Agnes v., Tochter d. Historikers
Friedrich v. R. f letztes Glied von dessen
Familie, * 3. XL 14; f zu Berlin 31. XII.
— L 111. Ztg. no, 44.
Roux , W i lhel m , Universitatsfechtmeister
in Jena: f daselbst, 79 J., 1. VI. — L
111. Ztg. 108, 742 (vgl. 111. Ztg. Nr. 2400
vom 29. VI. 1889).
Schepeler-Lette, Frau Anna, Vorsitzende
d. Lette-Vereins in Berlin ; f daselbst 67 J M
17. IX. — L 111. Ztg. 109, 442 (mit P).
Schilcher, Walburga (Wally) v., Staats-
rathswittwe, F6rderin humanitarer Be-
strebungen; f zu MUnchen, 85 J., 28. I.
— L 111. Ztg. 108, 157; Allg. Ztg. 1897
Nr. 30 u. 31 Morgenbl.
Thommen, H. J., der alteste schweizer
BUrger, * zu Gelterkinden 28. V. 1795;
f zu Holstein (Kanton B as ell and) 3. XL
— L BJ II, 43*; III. Ztg. 109, 682.
Erklftrung der Abkiirzungen.
Vorbemerkung: Ein * vor dem Namen bezeicknet, doss das Jahrbuch (JB) dcm Ver-
storbencn einen ausfukrlichen Nekrolcg gewidmet hat, auf den mil s. BJ verwiesen wird.
//infer dem Bucks taben L findti sick die Litter atur uber den Todten verzeicknet f die zur
Ermittelung der Lebensdaten diente, aber nur soweit sie nickt bereits an anderer
Stelle des Jakrbucks angefukrt war; dUse Angaben sind zum Tkeil aus zweiter Hand
gcschopft, z. B. aus Jakresberickten cinzclner Wissensckaften (wie Tfuologischer Jakresberickt,
Schmidts Jakrbucker der Afedizin, Mathematischcs Jahrbuch, Fortsckritte der Physik, Jastrows
Jakresberichte fur Gesckicktswissensckaft, Bursians Jakresberickt fur klassische ' Pkilologie,
Schermans Orientaliscke Bibliographic u. s w., u. s. w.) , aus Die tricks Bibliographic der Zeit-
schriftcnlittcratur, aus bibliograpkiscken Uebersickten in Fachblaltern (etwa Zcitsckrift fur
Alrckengesckickte , Forst- und Jagdzeitung, Arckiv fur Gesckickte der Philosophic) , aus Ver-
offcntlichungen lokalcr Vereine und aus anderen Quclten mekr. Nock W sind Sullen zitiert 9
an denen Verzeicknisse der Werke des Todten sick finden. P giebt den Nachweis uber cr-
mittclte Portrats. — Dankbar sei der reicken Unterstuhung gedackt, welcker sick dieser Ver-
suck bei Bekorden, sowie bei Verwandten und Freunden der Verbtichenen erf r cute: AM am
Scklusse eines solcken Artikels zeigi an, doss sein wesentlicker /nkalt auf amtlicker, PM,
dass er auf personlicker Mittheilung Nakestekender berukt; KA dagegen besagt, doss auf
cine An/rage keine Antwort oder nur ungenugende Auskunft zu Tkeil wurde,
Muncken, den J&, Januar iqoq*
Dr. G. A. Wolff
a. a. O. = am angeflihrten Orte Arch. = Archiv
Abg. = Abgeordneter archcol. = archcologie
Abhandl. = Abhandlung, -en Art. = Artillerie
Abth. = Abtheilung Ausg. = Ausgabe
accad. = accademia Autobiogr. = Autobiographic
a. D. == ausser Dienst b. = bei
ad hon. = ad honorem Bauztg. = Bauzeitung
Akad. =* Akaderaie Beil. = Beilage
Allg. = Allgemein, -e -es, Ben = Bcricht, -e
Allg. D. Biogr. = Allgemeine Deutsche Bio- Bez. =* Bezirk
graphic* Herausgegeben durch die histo- Bibl. = Bibliothek, -s
rische Commission bei der kbnigl. (Bayer.) Biogr. = Biographie, -isch, ische
Akademie der Wissenschaften. 1—44. BL, Bll. = Blatt, Blatter
Leipzig 1875—98 BornmUller — F. BornmUller, Biographisches
amtl. = amtlich, -e, -es Schriftsteller - Lexikon der Gegenwart
Anat. = Anatomie Leipzig 1882
119"
Erklarung der Abkiirzungen.
1 20*
Borsenbl. = Borsenblatt
Brig. = Brigade
Brttmmer 4 ■ F. Brflmmer, Lexikon der deut-
schen Dichter und Prosaisten des 19. Jahr-
hunderts. 4. Auflage. 1—4. Leipzig
(1895-96)
Cat. Roy. Soc. = Catalogue of Scientific
Papers. Compiled of the Royal Society
of London. 1 — 11. London 1867—96
Centralbl. = Centralblatt
chret. = chretien, -nne
Correspondcnzbl. a Correspondenzblatt
d. = der, die das etc.
deutschfreis. — deutschfreisinnig
Dorfztg. = Dorfzeitung (Hildburghausen)
Eckart = R. Eckart. Lexikon der nieder-
sachsischcn Schrifts teller. Osterwieck
(1891)
crbl. = erblich
Erg.-Bd. = ErgHnzungs-Band
Etbnol. = Ethnologic
ev.-luth. = evangelisch-lutberisch
ev.-prot. = evangelisch- protestantisch
F. = Frater
f. = fur
Fetis = F. J. Fetis, Biographie universelle
des musicicns et bibliographic generate
de la musique. 2. edition. 1 — 8 et Supple-
ment 1. 2. Paris 1860 — 80
Fltiggen = O. G. Fltiggen, Biographisches
Btihncnlexikon der Deutschen Theater. 1.
MUnchen 1892
Fortschr. =» Fortschritt, fortschrittlich
frang. = franca is, -se
Frank = P. Frank, Klcines TonkUnstler-
lexikon. 9. Auflage. Leipzig 1895
Freih. = Freiherr
freiherrl. = freiherrlich, -e, es
freikons. = freikonservativ
freis. = freisinnig
geb. = gebofne, -en
gedr. = gedruckt
Geh. =s Geheimcr
Gen. = General
Generalvers. = Generalversammlung
Gcogr. = Geographic, geographisch, -e, -es
Gesch. = Geschichte
Gesellsch. = Gesellschaft
Goth. = Gothaisch
graTl. = grftflich, -e, -es
Gubernatis = A. de Gubernatis, Dictionnaire
international des ecrivains du jour. Flo-
rence 1 89 1
Gymn. == Gymnasium; Gymn.-Progr. = Gym-
nasialprogramm
HBL = Biographisches Lexikon der hervor-
ragenden Aerztc aller Zeitcn und Volker.
Herausgegeben von A. Hirsch. 1—6.
Wien und Leipzig 1884 — 87
Heidelb. = Heidelberg, -er
Heliogr. = Heliogravure
Hinrichsen ' = A, Hinrichsen, Das literarischc
Dcutschland. Berlin und Rostock 1887
Hinrichsen 3 = [Dasselbe.] 2. Auflage. Berlin
1891
Hist. = Historisch, -e, -es
Hocbsch. = Hochschule
Hydrogr. = Hydrographie
Jahrb., Jahrbb. = Jahrbuch, Jahrblichcr
111. = Illustriert, -e, -es
Inf. = Infanterie
Intern. = International
k. = ktiniglich
k. u. k. = kaiserlich und kdniglich
kath. r= katholisch
Kav. = Kavallerie
Keiter =5 H. Keiter, Katholischer Literatur-
kalender. 1—5. Regcnsburg und Leipzig
1891-97
Kirchenbl. = Kirchenblatt
KL = J. Ktirscbner, Deutscher Littcratur-
Kalender
klin. = klinisch, -e
kons. = konservativ
KornmUller = U. Kornmtilier, Lexikon der
kirchlichen Tonkunst 2. Auflage. 1. 2.
Regensburg 1891 — 95
Konv.-Lex. = Konversations-Lexikon
Kukula = R. Kukula, Bibliographisches Jahr-
buch der Deutschen Iiochschulen. Inns-
bruck 1892. — Erganzungsheft 1. Ebenda
1893
Leut. = Leutnant
lib. a liberal
Lieut — Lieutenant
Lit. =r Litterarisch, -e
math. - phys. = mathematisch - physikalisch
Med. = Medizin, mediziniscb, -e
Mendel - Reissmann = Musikalisches Con-
versations-Lexikon. Begrttndet von H. Men-
del. Vollendet von A. Reissmann. 1 — 11
und Erg&nzungsband. Leipzig (1870—80)
meteorolog. = meteorologisch, -e
Mitgl. = Mitglied
Mittheil. = Mittheilungen
Monatsbl., -bll. = Monatsblatt, Monatsblatter
Mailer-Singer == Allgemeines Ktinstler-Lexi-
con. Vorbereitet von H. A. Mailer. Heraus-
gegeben von H. W. Singer. 1—3. Frank-
furt a. M. 1895 — 98
N. = Neue, -es
Nachr. = Nachricht, -en
nat.-lib. = nationalliberal
Nekrol. = Nekrolog
N. Fr. Presse = Neue Freie Presse
nordd. = norddeutsch, -e
NTA = Neuer Theater-Almanach. Heraus-
gegeben von der Genossenschaft Deutscher
BUhnenangehbriger. 7. 8. Berlin 1897—98
OM = Ordinis Minorum
oriental. = orientalisch, -e
OSB = Ordinis Sancti Benedicti
121'
Erkl&rung der Abkttrzungen.
122'
Othmer = Othmers Vademecum des Sor-
timenters. 4. Auflage von C. Georg und
L. Ost. Hannover und Leipzig 1891
P. = Pater
Pataky = S. Pataky, Lexikon deutscher Frauen
der Feder. 1. 2. Berlin 1898
path. = pathologisch
Petersb. = Petersburg, -er
philol. = philologisch, -e
philos. = philosophise!) , -e
Photogr. = Photograph ie
phys. = physique, physikalisch
Poggendorff==J.C.Poggendorff,Biographisch-
Literarisches Handworterbuch zur Ge-
schichte der exacten Wissenschaften. 1 — 3.
Leipzig 1863—97
prakt. = praktiscb, -e
Prof. = Professor
Progr. = ProgTamm
prot = protestantiscb
Prov. = Provinz
Pseudon. = Pseudonym
R. = Reale
Rassmann = £. Rassmann, Nacbrichten von
clem Leben und den Schriften Mtinster-
landischerSchriftsteller dcs 18. und 19. Jahr-
hunderts. Mtlnster 1866. — Neue Folge.
Ebenda 1881
Reg. = Regiment
Reg.- = Regierungs-
Ricmann 5 = H. Riemann, Musik - Lexikon.
5. Auflage. Leipzig 1900
s. =r siehe
Schroder = H. Schroder, Lexikon der ham-
burgischen Schriftsteller bis zur Gegen-
wart. (Fortgesetzt von A. H. Kelling-
husen.) Hamburg 1851 — 83
sezess. = sezessionistisch
Sitzungsber. = Sitzungsberichte
soc. — societe
Sp. = Spalte
Staatsanz. = Staatsanzeiger
Stud. = Studium, studierte
Suppl. = Supplement
Tag(e)bl. = Tag(e)blatt
techn. = technisch
TheoL sa> Theologie
u. = und
Ub = ttber
ungedr. = ungedruckt
Univ. = Universitat
v. = von
Ver. = Verein
verm. = vermfthlt
Vierteljahr(s)scbr. = Vierteljahr(s)schrift
Volksp, «= Volkspartei
Volksztg. = Volkszeitung
vorm. = vormals
vortr. a= vortragender
Wochenschr. a Wochenschrift
Wurzbach = C. v. Wurzbach, Biographisches
Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
1—60- Wien 1857—91
z. = rum, zur
z. D. = zur Disposition
Zentr. = Zentrum
Ztg. » Zeitung
Ztschr. = Zeitschrift
i899.
Vorbemerkung.
Fttr die Art dcr Bearbeitung und Anlage der vorliegenden Todtenliste fttr das
Jahr 1899 warcn mehrere GrUnde massgebend. In erster Linie handelte cs sich urn m8g-
lichst zeitige Fertigstellung des Manuscripts. Zu diesem Zwecke wurde das Material be-
rcits im Laufe des J ah res 1899 gesammelt und gesichtet und zwar haupts&chlich auf Grand
von Excerpten aus nachfolgenden Bittern: Vossische Zeitung, Litterarisches Centralblatt,
Leipziger Illustrirte Zeitung , Mttnchener Allgemeine Zeitung, Mttnchener Neueste Nacb-
richten, Wiener Fremdcnblatt, Neues Wiener Tagblatt, (Wiener) Deutsche Zeitung u. a.
Erg&nzcnde Angaben warden, soweit es moglich war, aus der Litteratur geschttpft,
namentlich aus: Hinrichsen, Das litterarische Deutschland; BrUmmer, Lcxikon Deutscber
Dichter und Prosaisten; KUrschner, Deutscher Litteraturkalender; Bornmuiler, Biographiscbes
Schriftsteller-Lexikon der Gegenwart; Wiener Thcateralroanacb.
Die Abkttrzungen bedtlrfen keiner besonderen Erl&uterung.
Wien, im October 1900* Dr. Carl Huffnagl.
Abensperg und Traun, Otto Ehren-
reich Maria, Reichsgraf von, k. u. k.
wirkl. Geh. Rath (seit 95), Karo merer
(seit 79), seit XII. 94 eine Zeit lang Land-
marschall von Niederosterreich und Oberst-
ErblandpaniertrSiger in Oesterreich ob und
unter der Enns, 84 — 95 Vertreter des
Grossgrundbesitzes im Landtag, seit 18.
IV. 61 erbl. Mitglied des Herrenhauses
(Mittelpartei). Seit 6. XII. 96 Obersthof-
meister des Erzherzogs Franz Ferdinand.
Majoratsherr der Primogenitur der beiden
Speciallinien »auf PetronelU und »auf
Meissau*. Ebrenritter des souverancn
Johanniter-Ordens mit der Distinction ftir
Jerusalem, Ritter des Ordens der Eisernen
Krone 2. CI. (seit 93); * 23. IX. 48,
f Abbazia 12. II.
Aber, Eduard, Nekrolog S. 156.
Abesser, Geh. Rath, Mit-Director der Lan-
descreditcassc in Meiningcn; f Meiningen
30. X.
Absenger, Anton, steirischer Tondichter,
Componist des »Kohlrdserlc ; f Graz
17. XII.
Achenbach, Dr. He in rich von, Ober-
prasident der Provinz Brandenburg (seit
79); zuerst Justitiar am Oberbergamte in
Bonn, seit 60 ausserord. Prof, fttr deut-
sches Recht an der Universitat Bonn, 66
als Geheimer Bergrath in das Hanriels-
ministerium in Berlin berufen, seit IV. 72
Unterstaatssecretftr, V. 73 Minister fttr
Handel, Gewerbe und off. Arbeiten, in
Folge Differenzen mit Bismarck 78 de-
missionirt und dann zum Oberpri&sidenlen
der Provinz Westpreussen ernannt; 82
mit der Aufgabe bctraut, den Prinzen
Wilhelm (II.) in die Civilverwaltung ein-
zuftthren. Seit 66 Mitglied desAbgeord-
netenhauses (freiconservativ). 88 von
Kaiser Friedrich geadelt. * SaarbrQcken
23. XL 29; f Potsdam 9. VII.
Adae, Dr. med., Johann Mattb., 86—90
Rcichstagsabgeordneter fUr Esslingen (na-
tional-liberal); • 6. VIII., 85 J.
Adelmann, Leo f rid, Commerzienrath, Fa-
briksbesitzer; * Wfirzburg 19. XI. 53,
f das. n. VIII.
Adloff, H e i n r i c h , Vicepr&sident der Ham-
burger BUrgerschaft; f Hamburg 6. I.
Aichberg siehe Nagel.
Aichholz siehe Miller,
Albert! de Poja, Thaddaus Reichsgraf,
125*
Todtenliste 1899:
126*
k. u. k. Kammerer, Oberstlieutenant des
tfsterr. Infanterie-Rgts. Nr. 19, vormals
Fltigeladjutant des Kaisers; f Ischl. 5. VII.
Althans, Ernst, Geh. Bergrath, Oberberg-
rath a. D., bedeutender Fachschriftsteller
auf dem Gebiete der Mechanik, Maschinen-
kunde, Geognosie, Geologie und Astro-
oomie; f Berlin 30. XI., 71 J.
Amberg, Wilhelm, Nekrolog S. 242.
Amelung, Dr. Hermann, 41 Jahre lang
Director der Lebensversicherungs-Actien-
gesellschaft »Germania« in Stettin, Auto-
ritat auf dem Gebiete des Versicherungs-
wesens; • Eisenacb 10. X. 29, f Stettin
21. V.
Am Ende siehe Ende.
Amsberg, Gabriel von, grossh. mecklen-
burgischer Generalmajor a. D, ; f 14. XL,
77 J-
Andrian-Wernburg, Baronin Gabriele
von, ebemal. Hofdame der f Erzberzogin
Hildegarde (Gemablin des f Feldmarscballs
Erzh. Albrccht), nach deren Tode (64)
Hofdame bei deren Tocbter Erzh. Maria
Theresie (Herzogin von Wlirttemberg).
Seit 41 Sternkreuz-Ordensdame; f Wien
17. XI., 84 J.
Anton, Dr. Hugo, altpbilolog. Schrift-
steller, frliher Director des Domgymna-
siums in Naumburg; * Kloster Rosslcben
27. I. 30, f Jena 12. VI.
Anton, Louis, Amtsanwalt und Gerichts-
secretar in Zeulenroda, lyrischer und dra-
matiscber Dicbter (Schauspiel »Im Streikc).
f Zeulenroda 14. XL
Arand, P. Gregor, Missionar der Togo-
Mission, f Lome 15. IIL, 29 J.
Arent, Ben no von, preuss. Generalleutnant
z. D., zuletzt (bis 82) Commandeur der
1. Cava llerie-B rig ade, 70,71 Commandeur
des 1. westphalischen Husarenregiments ;
* Guhrau 1. II. 23, f Gorlitz 2. VIIL
Aresin-Fatton, Joseph Maria, k. u. k.
Major a. D. y Herrscbaftsbesitzer, seit 71
Mitglied des mahrischen Landtages (Gross-
grundbesitz), seit 73 bis zu seinem Tode
(mit Ausnahme der Jabre 79 — 83) Mit-
glied des Reicbsratbes (Deutsche Linke),
bekannter Militarschriftsteller ; * VIIL 33,
+ Schloss Partschendorf (Mahren) 5. IX.
Arnim, Albrecbt von, Leutnant in der
Kamerun-Schutztruppe; f 27. VUL
Arnold, Johannes, Kunstbandler in Leip-
zig, Theilbaber und Leiter des Hauses
C. G. Boerner; f Leipzig 22. VIIL
Arnswaldt, Werner von, Rittergutsbesitzer,
Landschaftsrath des Ftlrstenthums Lttne-
burg, 78—87 und seit 89 Reichstagsab-
geordneter fUr den Kreis Diepholz (Welfe).
♦Hannover 29. XII. 32; f Bohme bei Re-
tbem a. d. Aller 6. IIL
Arthaber, J. J. Rudolf Edler von, Sohn
des bekannten Kunstmacens Rudolf Edl.
v. A., Fabriksbesitzer, langj. Beisitzer des
Handelsgericbtes, kaiserl. Rath, Vertreter
der evang. Gemeinde A. C. in Wien, Aus-
scbussmitglied der k. k. Geographischen
Gesellscbaft; f Wien 24. IV., 70 J.
Babo, Dr. Lambert Heinrich Clemens
Anton, Freiherr von, grossh. bad. Geh,
Rath, frtlher Professor der Chemie an der
Universitat Freiburg i. Br.; * Ladenburg
25. XL 18; f Karlsruhe 15. IV.
Bachler, Anna, Schauspielerin, zuletzt am
Sommertheater in »Venedig in Wien«;
f Wien 2. XL, kaum 20 J.
Bachmann, Dr. med. Martin, Mitglied der
deutschen Tiefsee-Expedition ; f 14. 1. an
Bord der »Valdivia« in der Nahe von
Sumatra.
Baensch, Wilhelm von, Nekrolog S. 1 87.
Baillet-Latour, Heinrich, Graf de, k. k.
Sectionsrath im Ministeriuro fUr Landes-
vertheidigung in Wien, Besitzer des land-
graf lichen Gutes Radenin bei Tabor; * 8.
IX. 48; t Wien. 16. VIIL
Balatka, Hans, der »Pionier des Deutschen
Gesanges im Westen der Unionc, wan-
derte 48 nach Amerika aus, grtlndete 51
den Milwaukeer Musikverein, 60 zum
Leiter der Philharmonischen Gesellschaft
in Chicago ernannt, spater Dirigent des
dortigen »Germania-Mannerchors«; * in
Mahren 26; f Chicago 17. IV.
Baligand, Maximilian von, kgl. bayer.
Kammerer, Major a. D. , Grosscomthur,
Comthur und Ritter h. O.; * M tine hen
23- in. 39; t ?
Bally, Carl Franz, Nekrolog S. 118.
Bamberger, Ludwig, Nekrolog S. 129.
Bardeau, Karl Franz, Graf, Ehren ritter
des Malteser-Ordens und Grosskrcuz des
Gregor-Ordens; f Schloss Romberg 7. XII.,
69 j.
Barnabas siehe Weiss.
Barraga, Dr. Franz, Professor an der Aka-
demie der Tonkunst und Chordirector bei
St. Ludwig in Mtlnchen, 47 — 65 Lebrer
des Klavierspiels am kgl. Conservatorium,
in der unter Btilow errichteten kgl. Musik-
schule (67) bis 74 Secretar, bis 76 Biblio*
thekar, 74 bis 90 Lehrer im obligatori-
schen Klavierspiel, 95 pensionirt. Grlin-
dungsmitglied des Musiklehrcr- und
-lehrerinnenvcreins ; f MUhlbach bei Ober-
audorf 10. VIL, 73 J.
Barth, Dr. Max, Professor, Director der
landwirthschaftlichen Versuchsstation des
Reichslandes in Colmar; * Strehlen (Schle-
sien) 55; f Rufach i. E. 28. VIIL
Bassewitz-Levetzow, Dr. jur. Bernhard
Graf von, Majoratsherr auf Klitden mit
I 2 7*
Todtenliste 1899:
128*
Darnewitz im Kreise Stendal, Ehrenritter
des Johanniter-Ordens, preuss. Leutnant
a. D., seit 80 Mitglied des Abgeordneten-
hauses fttr den Kreis Stendal -Osterburg
(conservativ) ; * 15. IV. 46; t auf der
Fahrt von Berlin nach Stendal 8. IV.
Bauberger, Oskar, Operetten tenor am
Leipziger Stadttheater; * Karlsruhe 1. IX.
68; f Leipzig 11. IX.
Baumann, Oskar, Nekrolog S. 24.
Baumgartl, Michael, zuerst im bayer.
Staatsdienst, seit 58 stadtischer Baurath
in MUnchen (bis Ende der 70 er Jahre):
• MUnchen 14; t *
Bayerlein, Julius, Spinnereibesitzer, Stadt-
rath in Bayreuth, 93 bis 98 Reichstags-
abgeordneter fUr Bayreuth (nationalliberal) ;
• 23. I. 38; f Bayreuth 20. V.
Beaulieu-Marconnay, F. A. Freiherr von,
grossh. oldenburg. Oberj&germeister und
Kammerherr, Chef der Hofverwaltung in
Eutin; f Eutin 11. II.
Becker, Karl Georg (Pseud. Karl Ge-
orges), Hofrath, Chefredacteur der »Darm-
stadter Zeitungc; * Badenheim 7. XII. 49;
f Darmstadt 12. III.
Becker, Albert, Nekrolog S. 153.
Beckert, Gustav Otto, Fabriksbesitzer in
Zittau, einer der bedeutcndsten Vertreter
der Oberlausitzer Leinenindustrie; f Zittau
9. VIII., 53 J.
Beckh, August von, Nekrolog S. 74.
Beeger, Julius, emer. Lehrer, frliher lange
Zeit an der 5. BUrgerschule zu Leipzig,
Griinder und langj. Letter der padagogi-
schen Centralbibliothek in Leipzig, Ehren-
vorsitzender der Comenius-Stiftung, Ehren-
mitglied des Leipziger Lehrcrvereins ;
• Grossgrabe (Oberlausitz) 24. X. 29;
t Niederpoyritz bei Dresden 2. VI.
Belasi siehe Khuen.
Beleites, Albert, Geh. Oberjustizrath, Lan-
desgerichtsprasident in Nordhausen, vor
kurzem zum Pr&sidenten des Landesge-
richtes in Erfurt ernannt, 73 bis 98 Land-
tagsabgeordneter, zuerst fUr Landsberg
a. W.-Soldin, dann fUr Tuchel - Konitz-
Schlocbau (nationalliberal); # 8. XII. 33;
+ Nordhausen 19. IX.
Bellegarde, Rudolfine, Grafin von, k. u.
k. Palast- und Sternkreuzordensdame, Ge-
mahlin des vormaligen Obersthofmeisters
der Kaiserin von Oesterreich (Franz B.);
• Hermanmestez (Bohmen) 26. VI. 36;
f Wien 25. XL
Benda, Robert von, Rittergutsbesitzer auf
Rudow bei Berlin, seit 58 Landtags-, seit
67 bis 98 Reichstagsabgeordneter fur
Wanzleben, Senior und einer der Begrlin-
der und WortfUhrer der nationalliberalen
Partei, eine Zeit lang auch zweiter Vice-
prasident des Abgeordnetenhauses ; * Lieg-
tiitz 18. II. 16; f Rudow 16. VIII.
Bendler, Georg, siehe Meyer Georg.
Benecke, Albert, Professor, bis 97 Director
der Sophienschule in Berlin, hervorragend
betheiligt an der Organisation des nen-
philologischen Unterrichts; + Berlin 22.
oder 23. X.
Bentinck und Waldeck-Limpurg, Mech-
thilde, Grafin von, geb. Grafin zu Wal-
deck und Pyrmont, seit 64 Wittwe des
grossbrit. Generalleutnants Graf en Karl
von Oldenburg -B., 63 bis 88 Besitzerin
der wUrttembergischen Standesherrschaft
Waldeck-Limpurg; * Bergheim 23. VII.
26; f Schloss Middachten bei Arnheim
(Holland) 28. II.
Benzel zu Sternau und Hohenau, Alois
Ludwig Emil, Graf von, kgl. bayer.
Kammerjunker und Postmeister a. D., seit
66 im RuhesUnde: f MUnchen 16. HI.
Berckholtz, Alexandra von, Nekrolog
S. 117.
Berghamer, Michael, kgl. bayer. Ober-
landesgerichtsrath a. D. f Besitzer des Ver-
dienst-Ordens vom heil. Michael IV. CL;
f MUnchen 13. II., 70 J.
Bergner, Karl Heinrich Rudolf, Ne-
krolog S. 231.
Berlepsch, Karoline, Freifrau von, Ne-
krolog S. 159.
Bernauer, Dr., Domkapitular in Passau;
f das. 20. II„ 72 J.
Berndt, Hauptmann a. D., langj. Director
des Suermondt-Museums in Aachen ; f das.
17. III.
Berthold, Dr. Georg, Mitglied des stadt.
statistischen Bureaus in Berlin, Mitarbeiter
der »Vossischen Zeitungc Socialpoliti-
scher Schriftsteller; * Berlin 12. II. 45;
f das. 11. VI.
Bertram, Oberappellationsgerichts -Vicepra-
sident a. D , hervorragend betheiligt an
der nassauischen Provinzialgesetzgebung;
+ Wiesbaden 7. IV., 87 J.
Bertram, Dr. Alexis, Geh. Sanitatsratb,
praktischer Arzt in Berlin; f 5. XL, 62 J.
Bertram, Werner, seit 90 Generalsuperin-
tendent in Braunschweig, bekannter Fach-
schrtftsteller auf dem Gebiete der Pflanzen-
geographie; • Ottenstein (Braunschweig)
26. IV. 35; f Braunschweig 1. XII.
Bertsch, Dr. Ferdinand, GrUnder und
Leiter des internationalen Erziehungsin*
stitutes » Concordia* in Zurich; f das.
5. XIL, 58 J-
Beust, Friedrich von, Nekrolog S. 251.
Bexheft, Moriz, kgl. Rath, Generalinspector
der osterr.-ung. Staatseisenbahngesellschaft
in Budapest; + das, 16. XIL, 66 J.
Beyer, Dr. August von, Nekrolog S. 47.
I2g*
Todtenliste 1899:
13°
Beyer, Karl, wohl der letzte Veteran von
I Si3, 56 nach Amerika ausgewandert;
* in Westpreussen 20. XI. 1793; t Chippewa
Falls (Wisconsin) 1. XII.
Biedermann, Moritz Oskar Freiherr
von, kgl. sachs. Generalraajor z. D., bis
69, wo er aus dem Activstande schied,
Commandeur der 2. Cavallerie-Brigade ;
* Marienberg 26. XL 18, f BShla bei
Ortrand 15. V,
Biegeleben, Maximilian Freiherr von,
grossh. hess. wirkl. Geh. Rath, 71 — 73
President des hess. Finanzministeriums,
74 — 78 Reichstagsabgeordneter filr Aachen
(Centrum); • Darmstadt 23. I. 13, f das.
16. IV.
Bierey, Dr. Emil, Stadtrath in Dresden,
langj. politischer Leiter der »Dresdener
Nachrichten«; * Dresden 22. II. 38, f das.
31. XII.
Biernatzki, Karl Leonhard, Nekrolog
S. 245.
Biesterfeld, siehe Lippe.
Billigheim, siehe Leiningen.
Birch-Hirschfeld, Dr. Felix Victor. Ne-
krolog S. 229.
Birstein, siehe Isenburg.
Bischopinck, Ludwig, wirkl. Geh. Rath,
Oberregierungsrath a. D M 69 — 93 standiges
Mitglied des preuss. Oberlandesculturge-
richtes; f Berlin 28. X. 79 J.
Blasius, Wilhelm, Privatgelehrter in
Braunschweig, in Deutschland und in
Nordamerika (wo er Jahrzehnte hindurch
lebte) durch seine Theorie tiber das Ent-
stehen der StUrme, namentlich der Tor-
nados, bekannt; + Braunschweig 24. 111.
81 J.
Blassauer, Fried rich, kgl. Rath bei der
Generaldirection der Zolle a. D., seit 93
im Ruhestande: * Passau 26. II. 23,
f Miinchen 1. IV.
Blau, Dr. Friedrich, Schriftsteller, Mit-
arbeiter der »Vossischen Zeitungc : * Nord-
hausen 1. V. 30, f Gorlitz 28. IX,
Bloch, Dr. jur. Albert, kgl. Hofbuch-
handler in Berlin; f Berlin 30. VI. 57 J.
Blumenau, Dr. Hermann. Nekrolog S. 199.
Blumencron, Leopold Reichsritter
von, verantwortlicher Redacteur des
»Fremdenblatt« in Wien, dem er 50 Jahre
hindurch angehorte, Senior der osterr.
Journalisten. Zuerst Officier, dann eine
Zeit lang Diplomat; * Wien 21. II. 04,
f das. 30. VI.
Bock, Dr. Franz, Nekrolog S. 169.
Bock von Wulfingen, Ernst, preuss. Gene-
ral major z. D. , bis 97 Commandant der
58. Infanterie-Brigade; f 8. IV. 58 J.
Bockum-Dolffs, Florens Heinrich Gott-
fried von, Ober-Regierungsrath a. D.,
Biogr. Jahrbuch u. Deutscher Nekrolog. 4. Bd.
49—51 Mitglied der Ersten Kammer,
52 — 85 Mitglied des Abgeordnetenhauses,
des Norddeutschen Bundes und des Deut-
schen Reichstags fttr den Kreis Hamm-
Soest (liberal), bekannt geworden durch
den Conflict, den er als Viceprasident des
Abgeordnetenhauses am n. V. 63 mit
dem Kriegsminister v. Roon hatte; * Soest
19. II. 02, f auf seinem Gute Volling-
hausen bei Soest 9. II.
Bode, Bernhard, Amtsgerichtsrath, Mit-
glied des Abgeordnetenhauses fttr Langen-
salza-MUhlhausen (conservativ) ; * 13. IX.
42, f Berlin 20. V.
Bode, Dr. Friedrich, Geh. Medicinalrath,
seit 37 Badearzt in Bad Nauheim; f das.
29. XII. 88 J.
Bodin, Dr. Theodor, Rector a. D., Schrift-
steller; * Berlin 24. VIII. 21, f das.
26. VII.
Bock, Rupert, Hofrath, Professor der tech-
nischen Mechanik und Maschinenlehre an
der technischen Hochschule in Wien;
f das. 30. I. 64 J.
Bockeler, O., Botaniker, friiher Apotheker;
f Varel III. 96 J.
Bodcher, Oberblirgermeister von Halberstadt,
Mitglied des Herrenhauses; f Halberstadt
16. VIII.
Bodicker, Louis, Professor, Musikschrift-
steller. f Hamburg 5. VI.
Bonier, Albert, Berg- und Httttenwerks-
besitzer, Mitbegriinder der Firma Gebriider
Bohler in Wien (jetzt Actiengesellschaft),
die durch ihren »B5hler-Stahl«c (elektrisch
geschwehster Stahl), einen Hauptexport-
artikel Oesterreichs, einen Wcltruf ge-
niesst. * Frankfurt a. M.; f Wien 19. X.,
54 j-
Bohme, Geh. Justizrath und Oberlandes-
gerichtsrath a. D. in Naumburg. f das.
13. XL
Bonn, Octavio von. Nekrolog S. 232.
Boiling, Generalmajor und Commandant der
79. Inf.-Brigade in Paderborn. f 1* ^ •
Bohlen, Ludwig von, Geh. Reg.-Rath,
friiher Oberblirgermeister von Remscheid,
Ehrenprasident (friiher 12 J. lang Presi-
dent) des Rheinischen Stadtebundes. f
Kassel 10. VII.
Bohn, German von. Nekrolog S. 204.
Bohnhoff, Landtagsabgeordneter im Flirsten-
thum Ratzeburg. f Grosssiems 14. XII.
Boosen, siehe Schulz.
Boppe, Carl Hermann. Nekrolog S. 180.
Bork, Karl, Geh. Hofrath, einst Corre-
spondenzsecretar Kaiser Wilhelms L,
Schatzmeister des Schwarzen Adlerordens,
spiiter Grlinder und Generaldirector der
Lebensversicherungsgesellschaft Wilhelma.
f Karlsbad 31. VIII.
131'
Todtenliste 1899:
132'
Borries, Jbhann Karl August von,
Nekrolog S. 232.
Borstell, Eduard von, preuss. General-
leutnant z. D., bis 67 Commandant der
11. Cavallerie-Brigade. f Vosshof (bei
Seehauscn in der Altmark) 20. V., 86 J.
Brandt, Ingenieur, Erbauer des (bis 1904
fertigzustelienden) Simplon - Tunnels. * +
Brieg 29. XI.
Bray-Steinburg, Otto Camillus Hugo
Graf von, 46—47, 48—49 und 70—71
bayerischer Minister des Aeusseren, 60 —
70 und 71—95 bayerischer Gesandter in
Wien, Majoratsherr, erbl. Reichsrath,
Capitular des St Hubertus-Ordcns, Ebren-
ritter des souverfcnen Malteser-Ordens, seit
96 im Ruhestand; er schloss am 23. XI.
70 in Versailles den Vertrag ab, dem zu-
folge Bayern dem Deutschen Reicbe bei-
trat. * Berlin 17. V. 07; f Mtinchen 9. I.
Breitenbauch, L. von, herzgl. sacbsen-
altenburgiscber Kammcrherr und Ober-
hofjagermeister: + Altenburg VIII.
Breithaupt, August, Eisenbahndirections-
Prasident a. D; f Naumburg Ende VI.
Breslaur, Emil, Nekrolog S. 157.
Brix, Dr. Philipp Wilhelm, Geh. Reg.-
Rath, frdher Telegraphen-Ingenieur im
Reicbspostamt, verdient als technisch-
wissenschaftlicher Bei rath derTelegraphen-
verwaltung; f Charlottenburg 31. III., 81 J.
Brixner, Josef, Componist, Mitglied des
Wiener Mannergesangvereins; f Wien 9. 1.,
89 J.
Bruch, Gustav, Gutsbesitzer in St. Johann,
seit 67 Mitglied des constituirenden, dann
des ersten norddeutschen Reichstags und
des Zollparlaments; f 7- VII. , 78 J.
Bruchhausen, Georg Ludwig Conrad
von, Reichsgericbtsrath, frdher (bis 93)
Oberlandesgerichtsrath in Naumburg und
(bis 94) Rath beim Oberverwaltungsgericht
in Berlin; * Gut Stovern bei Oelde (West-
phalen) 13. I. 46, t Leipzig 6. XI.
Bruck, Dr. med, Julius, Dichter und
Sch rifts teller; * Brieg 14. X. 33, f Leipzig
18. VL
Briigger, Christian G. Nekrolog S. 64.
Briihl, Dr. Karl Bemhard, 61 — 90 Pro-
fessor der Zootomie und Vorstand des
zootomischen Instituts an der University
Wien, vorher Professor an den Univer-
sitnten Krakau (seit 57) und Budapest,
mit Claus (s. d.) einer der Hauptvertreter
(extreme Richtung) der Theorie Darwins,
welche er besonders durch populate Vor-
trage zu verbreiten suchte. Hierbei kam
cr sclbst mit den Gerichten in Conflict,
weshalb er sich von der Lehrthatigkeit
zurttckzog; auch hervorragender Fach-
schriftsteller; ♦ Prag 20, f Graz H- VIII.
Bruna, Dr. Eduard, Hofrath, 52—89 Chef-
redacteur der amtlichen *Prager Zeitungc;
f GiesshUbl-Puchstein 24. VI., 77 J.
Brunner, Albert, k. k. Bergrath, Vorstand
der Htittenverwaltung in Cilli, Ritter des
Franz Josephs-Ordens; f Cilli XII.
Brynck, siehe Rosenthal.
Buberl, Kas par , deutsch-amerikanischer
Bildhauer in New- York, Schopfer des
Garfield-Dcnkrnals in Cleveland, der Co-
lossalgruppe der Columbia in Washington
u. a., ein Deutsch-Bflhme; t New-York
22. VIII., 64 J.
Buchbinder, Dr. Friedrich, Professor,
ehem. lange Jahre Lehrer der Landes-
schule in Pforta; + Jena Anfang VIIL,
76 J.
Bucher, Bruno Adalbert, Hofrath, bis
97 Director des Oesterreichischen Museums
fUr Kunst und Industrie, hervorragender
Kunstschriftsteller (Geschichte der tech-
nischen Kttnste, Katechismus der Kunst-
geschichte, Re all ex ikon der Kunstgewerbe
u. v. a.), Bruder Lothar Buchers: * Koslin
24. IV. 26, f Wien 9. VI.
Buchmiiller, F. (pseud. Muttray), Schrift-
steller, f Hamburg 4. IX.
Buchner, August. Nekrolog S. 208.
Buchrucker, Dr. theol. Karl von. Nekro-
log S. 164.
Buchwald, Stephan von, dsterr. Haupt-
mann ; seit 98 beurlaubt, widmete er sich
juristischen Studien, war auch schriftstelle-
risch tMtig (Psychologie des Soldaten-
standes, Geschichte des Triester Castells,
Aufforstung des Karstes, die Plitvitzer
Seen; sein Drama »Catarina Cornaro«
widmete er der Hofschauspielerin Wolter);
f Wien 10. XII.
Buck, Dr. Emil, Naturforscher; na-
mentlich auf dem Gebiete der Zoologie
in der niederen Steinwelt; * Metz 20. IV.
40, f Constanz 17. XII.
Bucklers, Jakob, Geh. Commercienrath,
MitbegrUnder und altester Chef der Firma
SchBller, Biicklers & Co. in DUren, langj.
Viceprasident der Handelskammer zu Stol-
berg, Aufsichtsrath und Vorstand zahl-
reicher Unternehmungen. f Dttren 2. X.
72 J.
Biichner, Dr. Ludwig. Siehe Nachtrag.
Biidingen, siehe Isenburg.
Biilow-Wendhausen, Marie Baronin, geb.
v. Ratschitzburg, k. u. k. Oberstens-
wittwe: f Linz 13. X., 75 J.
Biinau, Gttnther von, Reichsgericbtsrath
in Leipzig, Mitglied des 4. Strafsenates des
hOchsten Gerichtshofes, vorher (89 — 98)
Oberlandesgerichtsrath in Marienwcrder;
* Weissensee (ThUringcn) 7. IV. 44, f Leip-
zig 17. IX.
*33*
Todtenliste 1899:
134*
Bulgarten, Louise Pia Therese Anna
Ferdinande Franziska Antonia
Margarethe Josefine Karoline
Blanca Lucia Apollonia, Fllrstin
von B., Herzogin zu Sachsen, Prinzessin
von Bourbon-Parma, alteste Tochter des
Herzogs Robert von Parma und dessen
erster Gemahlin, Maria Pia Princessin von
Bourbon-Sicilien, am 20. IV. 93 mit Flirst
Ferdinand von Bulgarien verm&hlt; * Rom
17. 1. 70, f Sofia 31. I.
Bunsen, Dr. Robert Wilhelm von,
Nekrolog S. 192.
Bunzl, Dr. Arthur, seit 91 Chefredacteur
der »Oesterreichischen Volkszeitungc in
Wien, bis 87 Chefredacteur der » Wiener
Allgemeinen Zeitungc, dann Herausgeber
des Montagsblattes »Extrapost« ; * Prag
1850, fWien 26. III.
Burghauss, siehe PUckler.
Busch, Dr. Moritz. Nekrolog S. 20.
Bussenius , Theodor, Geh. Justizrath,
Rechtsanwalt beim Reichsgericht in Leip-
zig, langjahriger Vorsitzender der An-
waltskammer beim Reichsgericht und der
Hilfskasse fur deutsche Anwalte, Ehren-
doctor der Universitat Leipzig: * Alt-
haidensleben bei Magdeburg 27. VII. 24,
f Leipzig 16. III.
Cannstatt siehe Schilling.
Caprivi Leo Graf von, Nekrolog S. 3.
Cars tens, Cars ten Erich, Nekrolog S. 251.
Costan, Gustav, Bildhauer in Berlin, Mit-
inhaber des Scbauinstituts. f 21. VII. 62 J.
Cerri, Cajetan, Nekrolog S. 227.
Chelius, Dr. Franz von, Hofrath, bis 93
ausserord. Professor der Chirurgie an der
Universitat Heidelberg, dann in Dresden,
hierauf (seit 77) wieder in Heidelberg als
Leiter des St. Josephshauses ; f Ahrweiler
4. VI., 78 J.
Clairon d'Haussonville, Graf Max, Wirkl.
Geh. Obcrregierungsrath, Rcgierungspra-
sident in Kassel, 79—85 und 87—93
Landtagsabgeordneter fur Kreuzburg-
Rosenberg (deutsch-conservativ) ; f 28. I.,
62 J.
Clam-Gallas, Clothilde Grafin, geb. Grafin
von Dietrichstein, Wittwe des 1891 f
Generals der Cavallerie Grafen. Eduard
C.-G., k. u. k. Palast- und Sternkreuz-
ordensdame, Ehrendame des Malteser-
ordens, einst von bedeutendem Einfluss
auf die ttsterr. Politik, Litteratur und
Kunst; * Prag 26. VI. 28; f Schloss
Frauenthal 31. X.
Clasen, Lorenz, Professor, Historienmaler,
typischer Vertreter der Diisseldorfer
Schule in den 30 er Jahren (»die Wacht
am Rhein* im Ratbhaus zu Crefeld, »der
Sangerkrieg auf der Wartburg*, »Chlod-
wigs Bekehrung durch Clothilde* u. a.),,
der auch als Kunstkritiker und Fach-
schriftsteller Bedeutendes leistete. (»Des
Kunstfreundes Reiseabenteuer«, »Erlebtes
und Verwebtes«, »Aus der Schreibmappe
eines Malers«). 48 — 49 Redakteur der
»D(isseldorfer Monatshef te« ; von 54 an
leitete er die Fortsetzung des Faber'schen
•Konversationslexikons fllr bildende
Kfinste*. • DUsseldorf 14. XII. 12; f
• Leipzig 31. V.
Claus, Dr. Karl Friedrich Wilhelm, Hof-
rath, ord. Professor der Zoologie an der
Universitat Wien, wirkl. Mitglied der
Akademie der Wissenschaften, Ritter des
Leopoldordens. Mit Brtlhl (s. d.) einer
der Hauptvertreter der Descendenzlehre,
jedoch Gegner des extremen Darwinismus.
Hervorragender Fachschriftsteller (u. a.
»Lehrbuch der Zoologie«, 1. Aufl. 1880,
seither viele Neu-Auflagen). Seit 78 re-
digirte er die Mittheilungen »Aus dem
Zoologischen Institute der Universitat
Wien und der zoologischen Station in
Triest. * Kassel 2. I. 35; f Wien 18. I.
Clemm, Dr. Karl, Commerzienrath, einer
der bedeutendsten Grossindustriellen
Deutschlands, GrUnder verschiedener
Unternehmungen , 87—98 Reichstagsab-
geordneter fUr Speyer - Ludwigshafen-
Frankenthal (nationalliberal). * Giessen
16. VIII. 36; f Ludwigshafen 20. II.
Coburg siehe Sachsen.
Conrad, Wilhelm, Geh. Commerzienrath,
frUher Inhaber der Berliner Handelsge-
sellschaft, GrUnder der Villenkolonie in
Wannsec; f 24. XII., 77 J.
Conrau, Gustav, Nekrolog S. 231.
Conta, Bern hard von, preuss. General-
leutnant z. D., 64 FUhrer der crsten
Colonne beim Sturm auf die DUppelcr
Schanzen, 70 — 74 Commandant der 3. In-
fanterie-Brigade ; f 28. V., 82 J.
Coulon, P. Wilhelm von, kgl. bayer.
Gymnasialprofessor a. D., Subprior zu St.
Bonifaz in Munchen, 71 — 93 Director am
kgl. Erziehungs-Institute fUr Studirende
(Hollandeum), * Baierdiessen 45, f Mun-
chen 13. III.
Crailsheim-Riigland, Eduard Freiherr von,
kgl. wttrttemb. Kammerherr, Rittmeister
a. D., Hofmarschall der Herzogin Max,
Eh ren ritter des Johanniter- Ordens. *
KUgelhof 19. VIII. 51; f Neufriedheim
18, IV.
Crailsheim-Riigland, Karl Freiherr von,
kgl. bayer. Oberst a. D., Rittergutsbesitzer,
Comthur; f 18. od. 19. L, 74 J.
Cramer, Joseph, Violinspieler, Concert-
meister des Orchesters in Bayreuth; f
Amsterdam, IX., 55 J.
e*
135*
Todtenliste 1899:
136*
Criiwell, Karl, Kaufmann, 87(83?)— 99
Mitglied des sachs. Landtags fur Anna-
berg-Buchholz (nationalliberal) ; f Anna-
berg 11. VIL, 54 (51?) J.
Crusius, Dr. Heinrich Wilhelm Lebe-
recht, Landwirth, Mitglied der ersten
sachs. St&ndekammer und des Kreisaus-
schusscs in Leipzig; f Sahlis 8. XII.
Csaky, siehe Sauer.
Dael von Koth-Wanscheid, Dr. jur.
Gideon Freiherr, grossh. hess. Land-
gerichtsassessor a. D., Ftthrer des hess.
Centrums in der zweiten Kammer. * 8.
III. 40; f Darmstadt 29. X.
Dam bach, Dr. Otto. Nekrolog S. 103.
Damboer, Wilhelm, bayer. Generalmajor
a. D„ bis 79 Commandant des 13. In-
fanterie-Rgts ; f Mttnchen 11. IX.
Damianitsch, Martin, k. u. k. General-
auditor i. P., Besitzer der gold. Medaille
f. Kunst und Wissenschaft u. d. russ.
Stanislaus-Ordens 2, CI., hervorragender
militarrechtl. Schriftsteller (»Studien Uber
das Militarstrafrechu, »Handbuch des
adeligen Richteramtes fflr Mili targe rich te«,
»ErlauterungdesMilit£r-Strafgesetzbuches«
u. v. a.). * Falkenstein (Niederflsterreich)
26. XII. 07 ; f Wien 29. I.
Damm von Seydewitz, Dr., Landeshaupt-
mann der preuss. Oberlausitz, kgl. Kammer-
herr. • Reichenbach (Oberlausitz) 26. V.
45; t Gttrlitz 18. I.
Danzer, Alfons, k. u. k. Hauptmann a. D.,
Militarschriftsteller, Herausgeber der »Ar-
mee- und Marinezeitung*, des »Armee-
blattes«c und (seit 95) der >Neuen Armee-
zeitungc), Verfasser der populBren Werke
»Unter den Fahnen* und (mit Bancalari
und Rieger) »Die Volker Oesterreich-Un-
Ungarns in Waffen«. * Tcmesvar 14.
II. 42; f Wien 27. IX.
Daverio, Michael Gust a v. Nekrolog
S. 49.
Deetz, Dr. Wilhelra, Geh. Medicinalrath
und Physikus, Badearzt und Forderer des
Curortes Homburg v. d. Hohe. * das.
6-7. I., 72 J.
Dfery, Juliane, Schriftsteilerin (Novellen,
Dramen). * Baja (Ungarn) 12. VIL 64;
t Berlin 31. III.
Devrient, Alfons, Hauptmann i. R., Theil-
haber der Buch- und Kunstdruckerei
Gicsecke und Devrient in Leipzig, f
Capri 9. X., 39 J.
DiefTenbach, Friedrich, Hofrath, GUter-
director des Erzherzogs Karl Stefan; f
Wien 12. V., 60 J.
Diepenbroick-Griiter, Gustav Freiherr von,
Geh. Oberjustizrath, 68 — 79 Obertribunals-
rath, 79—82 Senatsprasident am Kammer-
gericht in Berlin. * 9. X. 1 5 ; f Berlin 1 4. III.
Diepenbroick-Griiter, Karl Freiherr von,
preuss. Generalmajor z. D., bis 92 Com-
mandant der 29. Cavallerie-Brigade, 8.
IX.— 18. XL 70 als Stellvertreter des
Gouverneurs zu Napoleon ILL commandirt.
* Coblcnz 19. VIII. 37; fNorderney 27. VIL
Dietz von Wellenberger, Marie Baronin.
f 12. IIL, 68 J.
Dietzel, Robert Eduard, Kanzleirath,
Archivar des stadtischen Archivs in Dres-
den, f das. 8. VII.
Dillmann, Dr. Christian Heinrich von.
Nekrolog S. 80.
Dircksen, Ernst, Geh. Regierungsrath und
Oberbaurath, Eisenbahn-Ingenieur, Erbaucr
der Berliner Stadt- und Ringbahn. *
Danzig 31. V. 31; f Erfurt 11. V.
Dobbert, Dr. Eduard, Nekrolog S. 260.
Doblhamer, Rentmeister des regulirten Chor-
herrenstif tes Reichersberg , Rcichsraths-
und Landtagsabgeordneter ftir Scharding
(Obertfsterr.) seit 78 resp. 79 (kathol.
Volkspartei) , Ritter des Franz Josephs-
ordens. * Neundling (Obenisterr.) 26.
IV. 23; f Linz 9. (?) II.
DdnhofT, Gerhard Graf von, preuss.
Kammerherr und Oberkttchenmeister des
Kaisers, Rechtsritter des Johanniterordens.
* 17. II. 33; t Berlin 27. IX.
Dolega, Dr. med. Ernst Friedrich Max,
Privatdocent an der UniversiUU Leipzig,
Leiter derorthopadischen AnstaltScbreber-
Schildbach. * Leipzig 64; f das - 8 - vu -
DolfTs siehe Bockum.
Dommes, August, Rittergutsbesitzer auf
Sarnau (Westpreussen), 79 — 85 und 88 —
93 Landtagsabgeordneter fur Thorn-
Kulm, 87 — 90 Reichstagsabgeordnetcr fur
denselben Kreis (nationalliberal). * YVal-
kenried (Hztm. Braunschweig) 13. XII. 24;
f Sarnau 13. (15.?) X.
Dopmeyer, Karl, Professor, Bildhauer,
Schftpfer des Gutenberg- und des Bttdicker-
Denkmals. f Hannover 9. XL, 75 J.
Dreifus, Theodor Freiherr von, ehem. k. k.
osterr.-ung., kgl. s&chs. und grossh.
weimar. Consul. * Stuttgart; f Mttnchen
10. IIL, 59 J.
Drescher, R a i m u n d , Professor am Conser-
vatorium und Mitglied der kgl. Oper in
Budapest, f das. I. IL, 46 J.
Dresky, Ferdinand Justus von. Nekro-
log S. 214.
Dressier, von, Geh. Oberjustizrath, Ober-
staatsanwalt am Oberlandesgericht in
Breslau. f 12. IV.
Dubel, Geh. Marine-Baurath, Maschinenbau-
Director der kais. Werft in Danzig, f
das. 26. X., 51 J.
DUrrschmidt, Heinrich, Nekrolog S. 256.
Dugend, Paul, Geh. Regierungsrath und
»37*
Todtenliste 1899:
138*
Senats president im Reichsversicherungs-
amt f Berlin 24. V., 43 J.
Du Prel, Dr. Carl, Frcihcrr. Nekrolog
S. 146.
Dustmann, Marie Louise. Nekrolog
S. 172.
Duvigneau, Otto, Director der Thon-
waarenfabrik der Magdeburgcr Bau- und
Creditbank, Stadtrath und Ehrenbttrger
von M., 87 — 90 Reichstagsabgeordneter
(nationalliberal) fttr diese Stadt; ein be-
deutender Fttrderer des Kunstgewerbes.
* Magdeburg 7. VII. 28; f das. 7. IX.
Dyes, Dr. rned. August, Oberstabsarzt a.
D., popular -medicinischer Schriftsteller.
f Hannover XIL, 86 J.
Eberhardt, H ein rich von, preuss. General-
major z. D., bis 76 Commandant der
38. Infanterie-Brigade. f 9- Iv » 77 J-
Ebert, Dr. Theodor, kgl. Landesgeologe,
Professor an der Bergakademie in Berlin,
f Gross-Lichterfelde 4. IX., 42 J.
Eckardstein, Ernst Freiherr von, Mitglicd
des preuss. Herrenhauses, frtther Land-
tagsabgeordneter fur Ober- und Nieder-
Barnim (freiconservativ), Rechtsrittcr des
Johanniter-Ordens. * 22. V. 24; f Berlin
1. III.
Edelmann, Albert, bayer. Landgerichts-
director (zuerst in Regensburg, seit 92 in
Munchen), seit 94 a. D. • 22. I. 31; f
MUnchen 17. III.
Eger, Karl von, Reichsgerichtsrath in
Leipzig. * Esslingen, f Leipzig 26. VI.,
62 J.
Egle, Josef von. Nekrolog S. 73.
Eglise, siehe Sainte-Maric-Eglisc.
Ehlert, Dr. Reinhold. Nekrolog S. 228.
Ehrenburg, Dr. Vincenz Freiherr von,
infulirter Pralat und Scholastikus des
fUrstlichen Hoch- und Erzstiftes Olmlltz,
Ritter des Ordens der Kisernen Krone,
seit 29 Priester, seit 32 Dr. theol. f OI-
ratitz 10. VII., 93 J.
Ehrensteln, Karl Hermann von, sachs.
Generalleutnant a. D., kgl. Oberstall-
meister, frUher FlUgeladjutant. * Dresden
19. VIII. 37; f Sibyllenhort 30. X.,
62 J.
Ehrhardt, Karl Ludwig Adolf, Pro-
fessor, Historienmaler (bes. religiose Mo-
tive) in Dresden, seit 46 Mitglied der
Dresdener Akademie. * Berlin 21. XT.
13; f Wolffenbattel 18. XT.
Ehrhardt, Erich von, preuss. General-
major und Train-Dep6t-Inspector. * De-
litzsch 3. V. 46; f Paris 4. I.
Ehrlich, Alfred Heinrich, Professor der
Musik in Berlin, Componist, Musikschrift-
steller, Novellist und Aesthetiker. (Ro-
mane: Abenteuer eines Emporkommlings,
Kunst und Handwerk; ferner: Musik-
&sthetik, Lebenskunst und Kunstleben,
Wagnerische Kunst, Wahres Christenthum
u. a.). * VVien 5. X. 22; f Berlin 30.—
31. XII.
Ehrlich, Josef R., Journalist, Schriftsteller,
Kritiker (»Der Weg meines Lebensc, »Der
Humor Shakespeares«, »Jocopo Ortisc,
eine Tragodie, »Cato der Weisec, ein
Lustpiel). Beschaftigte sich mit Astrono-
mic, Naturphilosophie und Meteorologie,
t 26. XIL, 57 J.
Ehrne von Melchthal, Karl, kgl. bayer.
Forstmeister a. D. f Munch en 6. VIIL,
61 J.
Eibenschutz, Arthur, J ournalist, Corre-
spondent der »Neuen Freien Presses, f
Krakau 22. VII., 69 J.
Eichenberg, Karl Wilhelm, kgl. Schul-
rath und Bezirksschulinspector. * Reichen-
bach i. V. 7. I. 40; f Dresden 19.— 20.
IX.
Eiselein, grossh. badischer Landesgerichts-
prasident. Nekrolog S. 279.
Elben, Dr. Otto. Nekrolog S. 41.
Elpio, siehe Schwartz.
Embden, Charlotte von, geb. Heine,
Heinrich Heines Schwester. * 18. X. 00;
t Hamburg 14. X.
Ende, Theodor am, preuss. Generalleut-
nant z. D., bis 91 Commandant der 10.
Division. + 28. II., 64 J.
Endemann, Dr. Wilhelm. Nekrolog S. 144.
Enderndorf, siehe Harsdorf.
Engel, Dr. Josef, Regierungsrath, em.
Professor an der ehem. Josefsakademie
in Wien fttr pathologische Anatomie, be-
deutender Fachschriftsteller. Ritter des
Franz Josephs-Ordens, Ehrenmitglied der
medicinischen Fakultat in Prag. * Wien
29. I. 16; t das. 3. IV,
Engels, Ernst, Geh. und Oberbergrath in
Clausthal (Harz), Justttiar beim kgl. Ober-
bergamt und Lehrer der Bergakademie
daselbst, seit 90 Landtagsabgeordneter fttr
Zellerfeld-Ilfeld, 93-98 Reichstagsabge-
ordneter fttr Goslar-Zellerfeld (freiconser-
vativ). * Falkenhagen (Kreis Lebus) 44;
t Berlin 27. III.
Erdinger, Karl, Dompropst des Kathedral-
kapitels in St. Polten, namhafter Botaniker
(Entdecker des »Salix Kemeri«), botan.
Schriftsteller. f St. Pfllten 14. XII.
Ehrhard, Josef, Professor, frtther Vorstand
der naturwissenschaftlichen Sammlungen
auf Schloss Koburg. + WUrzburg VIIL,
80 J.
Ehrhard, Ludwig Ritter von, bayer.
Ministerialdirector im Staatsministerium
des Innern fUr Kirchen- und Schulan-
gelegenheiten, Comthur des Verdienst-
139*
Todtenliste 1899:
140*
ordens der bayer. Krone, Ritter des Or-
dens des beil. Michael. • M tine hen 28.
II. 32; f das. 22. VII.
Ernesti, Hermann, Senatspriisident am
Oberlandesgericht in Braunschweig, be-
deutender Jurist, f das. 11. XL, 57 J.
Ernst, Dr. Adolf. Nekrolog S. 211.
Esch, Karl Edler von, k. u. k. Feldmar-
schalllieutenant i. R., bis 80 Festungs-
commandant in Essegg, dann in Wien
Prasident des milit&rwissenschaftlichen
und Casino-Vereins. * Agram 23 ; f Wien
26. X.
Escherich, Eduard Ritter von, Hofrath,
vormals Generalinspector der General-
direction der Tabakregie, Ritter des
Lcopolds-Ordens und des Ordens der
Eisemen Krone, f Wien 16. V., 75 J.
Esebeck, Richard Freiherr von, bis 86
Premier! eutnant, von da an Militarschrift-
steller, bei Orleans als Leutnant schwer
verwundet, Besitzer des Eisemen Kreuzes
II. CI. und des bayer. Militar-Verdienst-
ordens. • Landau 3. XII. 51 (54?); t
M (inch en 15. I.
Essenther, siehe Kapff.
Eulitz, Adolf Oswald, kgl. sachs. Oeko-
nomierath, Gutsbesitzer auf Pulsnitz bei
Ostrau, Abgeordneter der zweiten Standc-
kammer, Mitglied des Landesculturrathes,
Mitbegrttnder und Vorstand des erblandi-
schen ritterschafilichen Creditvereins. +
Dresden 4. III., 76 J.
Faber, Albert Friedrich Wilhelm,
Wirkl. Geh. Rath, frtiher Prasident der
Ftirstl. Landesregierung und des Flirstl.
Consistoriums zu Greiz. f Frankfurt a.
M. 25. VIIL, 83 J.
Faber, Dr. theol. Ernst, seit 65 in China,
Mitglied der dortigen evangelischen
Mission, bedeutender Kenner chinesischer
Sprache und Sit ten, Uebersetzer aus dem
Chinesischen, auch theolog. Schriftsteller,
Ehrendoctor der UniversitSt Jena. * Ko-
burg 25. IV. 39; f Tsintau (Kiau-tschou)
26. IX.
Faehndrich, Landgerichtsprasident in Glo-
gau. f HI.
Falkenberg, siehe Grundemann.
Falkenhayn, Graf Julius. Siehe Nach trag.
Falkenstein, Kuno Freiherr von. Nekro-
log S. 77.
Feckert, Gustav, Professor, Maler, einer
der bedeutendsten Lithograpben, Mitglied
der Berliner Akademie der Ktinstc, i£hren-
mitglied des Vereins Berliner Klinstlcr.
Nekrolog S. 303.
Fessler, Dr. mcd. Richard, Arzt. f
MUnchcn 28. I., 29 J.
Fiedler, Dr. He in rich, Director der Ober-
realschule, der Baugewerkschule und der
Maschinenbauschule in Brcslau, die alle unter
seiner Leitung gegrtlndet wurden, 90 Mit-
glied der Conferenz zur Berathung der
Reformen des hoheren Unterrichtswesens.
f Breslau 22. I., 66 J.
Finck von Finckenstein, Wilhelm
He in rich Graf, preuss. Kammerherr,
Mitglied des Herrenhauses. * 4. II. 50;
t Altmadlitz 6. IX.
Finger, Dr. Josef, em. Professor an der
Lemberger medicinischen Anstalt, Mitglied
der Gesellschaft der Aerzte in Wien. -f-
Wien 27. I., 79 J.
Finke, Edmund, k. u. k. Oberst, Militar-
schriitsteller. f Wien 16. V., 67 J.
Finsler, Dr. theol., seit 32 Jahren Antistes
der ZUricher Landeskirche, theol. Schrift-
steller (»Geschichte der theologischen
Entwicklung in der Schweiz seit 1838*
und » ZUrich in der 2. Halfte des 18. Jahr-
hunderts«). * 24. XII. 19; f Zttrich 1. IV.
Fix, Schulrath, Seminar director, padagogi-
scher Schriftsteller. f Soest II.
Fleck, Franz Ludwig. Nekrolog S. 207.
Fleckeisen, Dr. Karl Friedrich Wil-
helm Alfred, Nekrolog S. 168.
Fleischl-Marxow, I d a v o n. Nekrolog S. 320.
Flohr, Dr. August, Professor, ehem. am
Dorotheenst&dtischen Realgymnasium in
Berlin, EhrengTossmeister der Loge Royal
York; f 11. XL, 80 J.
Flossmann, Wilhelm, Grosskaufrnann und
Handelsrichter in Mtinchen, 61—99 Leitcr
der Generalagentur der Stettiner Lebens-
versicherungsgesellschaft »Germaniac; *
Mllnchen xo. X. 34, f das. f 5- V ^L
Fdrster, Sophie, Nekrolog S. 163.
Frankenstein, Kuno Wilhelm Erdmann
Freiherr von, kommandierendcr General
des XV. Armeecorps, kgl. wtlrttemb. General
der Infanterie, Generaladjutant des Konigs;
* Esslingen a. N. 12. XII. 40, f Strassburg
5.-6. V.
Fran ta> JohannBaptist, seit 93 Redacteur
des »Neuen MUnchener TageblatU, vorher
beim »Muncbener Fremdenblatu (seit 79),
bei der »Landshuter Zeitung« (seit 90),
dann (seit 92) beim »Bayerischen Kurierc;
* 47, t Mllnchen 3. IX.
Franz, Dr. Gustav Moritz, j>is 84 Ober-
consistorialrath und Superintendent von
Dresden ; * Sosa bei Eibenstock 3. II. 16,
f Dresden 26. V.
Franzius, Volkmar, Justizrath, 60 — 95
Rechtsanwalt und Notar in Norden, seit
98 Reichstagsabgeordneter fur Emdcn-
Norden (national-liberal) ; * Leer (Ostfries-
land) 23. XL 27, f Blankenburg 2. V.
Freiheim, Franz X., Nestor der steirischen
Dichter, Lyriker und Dramatiker, zumeist
im Dialect; f Graz 23. XII., 88 J.
141"
Todtenliste 1899:
142*
Freiligrath, Ida, geb. Melos, Wittwe des
Dichters F., Dichterin und Uebersetzerin;
* Weimar 20. XII. 17, f Foresthill-London
6. II.
Freudenberg sicbe LOwenstein.
Frey, Dr. Johann, frtther Professor am
Zliricher Gymnasium, class. Philologe, Ver-
fnsser von Lehrbttchern ; f Zurich 1. XII.
79 J-
Friedel, Dr., Professor der organ iscben
Cbemie und Director des chemischen La-
boratoriums an der Sorbonne, gebttrtiger
Strassburger; f Montauban 20. IV., 67 J.
FriekhSffer, Dompastor in Bremen, Mitglied
und hervorragender F8rdeTer des Prote-
stantenvereins; f das. 14. IV., 72 J.
Fritzsche, G u s t a v , Professor, Bildhauer,
Schiller Ernst Rietschels; f Dresden 9. IX.
Fritzsche, Gustav, kgl. sachs. Hofbuch-
binder in Leipzig, Vorsitzender im Auf-
sichtsrath der Leipziger Creditbank, Mit-
glied der zweiten Kammer, Ritter des
Albrechtsordens 1. CI.; + Leipzig 24. V.,
60 J.
Fromm, Dr. Emil, Bibliothekar der Stadt
Aachen, bcdeutender Historiker u. Biblio-
graph, Verfasser eines grossen bibliogra-
phischen Nachschlagewerkes Uber die litte-
rarhistorischen Erscheinungen des 19. Jahr-
hunderts und des bekannten Werkes
almmanuel Kant und die preussische Cen-
sus; * Gnesen 9. VII. 58, f Aachen 22.
(20.?) I., 41 J.
Friihwald, Dr. Karl, Nekrolog S. 114.
Fuchs, J oh an n Nepomuk, Nekrolog
S. 177.
Fiirstenberg, Emil Egon, Prinz zu, k.
u. k. Geh. Rath, Major a. D., Mitglied des
bsterr. Herrenhauses (Mittelpartei), Ritter
des Ordens vom Goldenen Vliesse; *
Donaueschingen 12. IX. 25, f Leontinen-
schloss bei Purglitz 15. V.
Fugger zu Kirchberg und von Weissen-
horn, Hartmann Graf von, Regie rungs -
president der Oberpfalz und von Regens-
burg seit 94, vorher Regierungsdirector in
Speyer (seit 84) und Mtinchen (seit 87),
75 — 81 Landtagsabgeordneter flir Donau-
wOrth(Patrioten-Fraction), 77—81 Mitglied
des Reichstags; ° Schloss Oberkirchberg
30. VI. 29, f Heidelberg 5. IV.
Funcke, Peter, ord. Professor der Pastoral-
theologie an der Akademie in Mlinster;
* 30. XII. 29, f MUnster II.
Gageur Eugen, Nekrolog S. 302.
Gaisberg, Wilhelm Freiherr von, wttrt-
tcmb. Generallcutnant z. D., General a la
suite des Kb* nigs, ehem. Commandant der
51. Infanterie-Brigadc; * Tubingen 8. VII.
21, f Schloss Schockingen 12. (13.?) V.
Galen, siehe Lange.
Gander, Karl Georg Fried rich, Guts-
besitzer, bis 97 erster und seitdem zweitcr
Vorsitzender des Bundes der Landwirte
(Abtheilung Pfalz), seit 98 Reichstagsabge-
ordneter ftirGermersheim (national-liberal);
• Steinweiler (Pfalz) 17. XII. 55, f das.26.X.
Gansen, Dr. Johann, Regierungs- u. Schul-
rath in Aachen, historischer und p&dago-
gischer Schrifts teller; * Kflln 16. IX. 47,
f Aachen 3. XL
Gebhardt,Friedrich Wilhelm Hermann,
Nekrolog S. 184.
Gedult von Jungenfeld, Josef Freiherr,
grossh. hess. Generalleutnant a la suite,
bis 68 Commandant der hess. Reiterbrigade ;
t 24. I., 87 J.
Gehlert, Dr. Karl August, Nekrolog S. 171.
Geisser, Jakob, Nekrolog S. 158.
Gelder, Lucia von, Nekrolog S. 121.
Georgenburg siehe Simpson.
Gereuth siehe Hirsch.
Gerhardt, Dr. Karl Immanuel, Professor,
frtther Director des Gymnasiums in Eis-
leben, roathematischer Schriftsteller (»Ge-
schichte der Mathematik in Deutschland«),
Herausgeber der Werke Leibnizens, ord.
Mitglied der*Berliner Akademie der Wissen-
schaften; « Harzburg 2. XII. 16, f Halle suS.
5-V.
Gerlachstein siehe Hohenwart.
Gilbert, Dr. Gustav, Gymnasialprofessor
in Gotha, Forscher auf dem Gebiete der
altgriechischen Geschichte (» Handbuch
der griechischen Staatsalterthilmer«, »Stu-
dien zur altspartanischen Geschichte «,
»Beitrage zur inneren Geschichte Athens«);
♦ Ratzlingen 24. XII. 43, + Gotha 3. I.
Gille, Dr. Karl, Geh. Hof- und Justizrath
in Jena, langj. Secretar des Allg. Deutschen
Musikvereins, durch 60 Jahre Vorstand des
akademischen Concertinstituts, Jugend-
freund August von Goethes; f Ilmenau
6. VIII., 86 J.
Gisela siehe Reznicek.
Giuliani, Ernst von, Geh. Rath, frtther
Sectionschef im dsterr. Justizministerium,
Mitglied des Reichsgerichts und des Herren-
hauses, Director der Ersten bsterr. Spar-
kasse; f Wien *• J -» 75 J-
Glauchau siehe Schdnburg.
Gleim, Eduard, Nekrolog S. 98.
Goebel, Karl, Aquarellmaler (Portratist) in
Wien; f *<>• !!•• 75 J-
Goeczy, Karl Julius, ehem. Wiener Gc-
meinderath; f Wien 14. VI., 70 J.
Goepel, Augusts, Dichterin (bes. Btsmarck-
Gedichte); t Bautzen 12. IX.
Goetze, Walther, Botaniker; im Auftrag
der VVentzel - Heckmann - Stiftung nach
Deutschostafrika gereist, um die dortige
Flora zu studieren ; f das. 9. Xfi.
M3'
Todtcnliste 1899:
144*
Goldberg, Dr. M. G., Deutsch - amcrikan.
medicinischer Schriftsteller , sett 48 in
Amerika, seit 70 in Cincinnati; f XII., 76 J.
GoUermann, Friedrich (Wilhelm?); Nc-
krolog S. 235.
Geltz, Willibald Freiherr von der 9
preuss. Generalmajor z. D., 67—72 Director
der Kriegsschule in Potsdam, 70—71 Chef
des Stabs der General-Etappen inspection
der 3. Armee, 77—82 Commandant der
1. Feldartillerie-Brigade; * Bischofsburg
8. VIII. 29, f Potsdam 13. (10.?) I.
Gosslar, Edmund, preuss. Generalleutnant
z. D., 91—94 Commandant der 14- In-
fanterie-Brigade; f 14. V., 58 J.
Gossler, Dr. jur. K. Oskar, Vorsitzender
des Hamburger Secamtes; f Hamburg 10.
( 9 .?)X. f 56 J.
Gostkowski, Otto von, preuss. General-
leutnant z. D., bis 90 Commandant der
10. Feldartillerie-Brigade: f 8. V., 68 J.
Gottschalck, Max, preuss. Generalmajor z.
D.j bis 91 Commandant der 14. In fan ten e-
Brigade; f **• XL, 64 J.
Gottschewsky, Theodor, Geh. Oberjustiz-
rath und Kammergericht-rath (bis 94), 62
— 63 und 67—73 preuss. Landtagsabgeord-
neter; f Berlin 3. L, 77 J.
Graefe, Dr. Karl Alfred, Geh. Medicinal-
rath, bis 97 ord. Professor der Augenheil-
kunde an der Universitat Halle, wie sein
Vetter Albrecht G. einer der beruhmtesten
AugenSrzte, auch Fachschriftsteller (Hand-
buch der gesammten Augenheilkunde); *
Martinskirchen bei Mtthlberg 22. oder 23.
XI. 30, f VVeimar 12 IV.
Graeser, Karl, Nekrolog S. 173.
GrerTrath, Henry, Nekrolog S. 212.
Gremly, August, Botaniker, bekannt durch
seine »Flora der Schweiz«: * Egelshofen
(Thurgau), f das. 12. IV., 66 J.
Griesinger, Dr. Albert Julius Freiherr
von, Nekrolog S. 74.
Grimme, Reinhold, BegrUnder und Director
der Kunstanstalt Grimme und Hempel; f
Leipzig 24. VIL, 46 J.
Groeningen, Dr. Gustav, Oberstabs- und
Regimentsarzt in S trass burg, bedeutender
chirurgischer Schriftsteller; f 23. III., 48 J.
Groh, Dr. Franz, kais. Rath. Professor der
Chirurgie, Director a. D. der med. Landes-
anstalten und der Hebammenschule in Ol-
mtitz, Ritter des Franz Josephs -Ordens
und des Ordens des heil. Sylvester, Be-
sitzcr des goldenen Verdienstkreuzes mit
der Krone, der Medaille fUr Kunst und
YVissenschaft und der Kriegsmedaille,
Ehrenbtlrger der Stadt Kourim; t Olmiltz
3. VI., 76 J.
Gross, Friedrich, em. Kreisthierarzt der
Pfalz ; f 1 , 67 J.
Grosse, Louis, kgl. Musikdirector, Musik-
lehrer; * Mittelsaida 26. V. 36, f Dresden
26. VIL
Groth, Klaus Johann, Nekrolog S. 103.
Gruber, Dr. Flo ri an, Landgerichtsprasident
in Constanz, vorher Erster Staatsanwalt
in Karlsruhe; Nekrolog S. 300.
Grunfeld , S i g m u n d , Solo-Correpeti tor der
Wiener Hofoper; * Prag 17. V. 56, f Wien
1. IX.
Glitter siehe Diepenbroick.
Grundemann von Falkenberg, Moriz,
Graf, Gutsbesitzer; f Wicn 5- IIL »
69 J.
Giilcher, Arthur, Geh. Commerzienrath,
hervorragender Grossindustrieller in Eupen,
Vorsitzender der Handelskammer; f das.
8. I., 72 J.
Gull, Josef, Nekrolog S. 100.
Gumbert, JosefFeliz, Wachter des Leucht-
thurms auf Cap Spartel in Marokko,
ein geborener Oesterreicher (M&hrcr);
t XII.
Gumprecht, Adolf, Nekrolog S. 188.
Gurlt, Dr. Ernst, Geh. Medicinal rath, Pro-
fessor der Chirurgie an der Universitat
Berlin, Docent an der Kaiser Wilhelms-
Akademie, Redacteur des »Archivs fflr
Chirurgie*, Mitherausgeber der Virchow-
schen Jahresberichte, Verfasser deT Werke:
»Ueber den Transport Schwervcrwandeter
und Kranker im Kriege«, »Handbuch der
Lehre von den Knochenbrtlchenc, »Ge-
schichte der international en u. freiwilligen
Krankenpflege im Kriege«c, »Die Kriegs-
chirurgiederletzten i5oJahre in Preussenc
u. a., hervrrragenderMilitarchirurg, 64, 66
und 70-71 Leiter und Organisator von
Sanitatszttgen: * Berlin 13. IX. 25, f &**•
9.L
Guyer-Zeller, Adolf, Nekrolog S. 37.
Haacke, Paul Arnold, Reichsgerichtsrath
a. D., seit 92 i. R., frUher Landgerichts-
prasident in Hirschberg (Schlesien), 93 —
98 Landtagsabgeordneter fur Sanger hausen-
Eckartsberga (national -liberal); * Rossla
I. XII. 32, f Blanckenburg a. H.
20. VIII.
Haag, Martin, Weingartner in Heilbronn,
93-98 Reichstagsabgcordneter ftlr diese
Stadt (silddeutsche Volkspartei); * das. 11.
XL 26, f das. 7. V.
Haeberlin, Franz, Hofbaurath, Erbauer der
Haupt-Cadettenanstalt in Gross- Lichter-
felde; f Potsdam 25. VIL, 58 J.
Haffher, Dr. Paul Leopold, Bischof von
Mainz seit 66, fruher Professor der Philo-
sophie am theologischen Seminar in Mainz,
Mitbegrtinder der Gbrres-Gesellschaft, auch
litterarisch thatig; * Horb im Schwarzwald
21. I. 29, f Mainz 2. XL
M5*
Todtenliste 1899:
146*
Hagel, Dr. Adolf, k. u. k. dsterr.-ung. Dele-
gate r im obersten Sanitatsrathe, Botschafts-
arzt in Constantinopel ; f Bujukderc bei
Constantinopel 12. VIIL, 58 J.
Hagen, Hartmann von, Generalleutnant
z. D., bis 95 Gouverneur von Thorn; f
Gross-Lichterfelde 26. III., 64 J.
Hahn, Oberbttrgermeister von Bochum, bis
92 BUrgermeister von Nordhausen, als
solcher Vertreter N.'s im preuss. Herren-
hause; f Bochum 10. VII.
Hampe, Dr. Wilhelm, Professor dcr Chcmie
an derBergakademiezuKlausthal; f Halber-
stadt 10. L, 57 J.
Hankel, Dr. phil. et med. Wilhelm Gott-
lieb, Geh. Rath, Professor der Physik an
dcr Univcrsitat Leipzig (seit 49); • Erms-
leben 17. V. 14, f Leipzig 17. II.
Hannak, Dr. Emanuel, Director des stadti-
schen LehrerpBdagogiums in Wien, her-
vorragender Padagog, historischer, geogra-
phischer und padagogischer Schrif tsteller ;
• Teschen 30. V. 41, f Wien 27. II.
Hanusch, Alois, Commercialrath, kais.Rath,
eincr der Grander und Prasident des Kunst-
gewerbevereins , dann lebenslilngl. Ehren-
prasident desselben, Curator des Oesterr.
Museums ftir Kunst und Industrie, eigent-
licher Begrtinder der Wiener Bronceindu-
strie, Chef und Leiter der FirmaDziedzinski
und Hanusch; f Wien 7. II., 74 J.
Harder, Wilhelm, Redacteur des »Bade-
blattes* in Baden-Baden, vorher Redacteur
der »Karlsruher Zeitungc, Dichter, Schrift-
steller, Theaterkritiker; * Leipzig 4. II. 56,
f Baden-Baden XI.
Harders, Hofbesitzer, 82—85 Abgeordneter
ftir Stormarn (national-liberal); fill.
Harms, Friedrich, wlirttemb. Consul in
LUbeck, Chef der dortigen Grosshandlung
Lorenz H. und Stthne; f das. 19. XI.
Harsdorf von Enderndorf, Alexander
Freiherrvon, bayer. Oberlandesgerichts-
prasident (Augsburg) a. D., kais. Commissar
der Reichsbankhauptstelle in Miinchen,
Ritter des Verdienstordens der bayer. Krone
und des Ordens vom heil. Michael 2. CI.;
* 11. VIII. 24, f Augsburg 15. II.
Hasler, Dr. theol. Ferdinand, bayer. Ly-
cealprofessor a* D. ; * Miinchen 12. 1. 42, f I.
Hauer , Franz Ritter von, Siehe
Nekrolog S. 323.
Hauschka, Dr. med. Dominik Josef
Ritter von, Professor der ehero. medi-
cinisch-chirurgischen Josephs-Akademie in
Wien, Ritter des Ordens der Etsernen
Krone 3. CI., Besitzcr des Goldenen Ver-
dienstkreuzes; f Wien 9. XII., 84 J.
Hausegger, Dr. Friedrich von, Nekrolog
S. 161.
Haussonville siehe CI air on.
Hayduck, Dr. Max, Nekrolog S. 120.
Hebenstreit, Dr. Alois, Pralat, Domdechant
in Graz, auch schriftstellerisch thatig (ein
Werk ttber Johannes Hus), Comthur des
Franz Josephs-Ordens , Ritter des Ordens
der Eisernen Krone 3. CL; f Graz 6. XII.,
72 J.
Heerwart, Dr. Adolf von, grossh. sachs.
Wirkl. Geh. Rath, seit 72 bis vor Kurzem
Bundesrathsbevollmachtigter der thtlringi-
schen Staaten, Autoritat ftir Zoll- und
Steuerwesen; * Eisenach 28, f Jena 19.
XI.
Heise, Johannes, Baurath, Conservator ftir
die Provinz Westpreussen ; f Danzig
15 iv.
Heiss, Ludwigvon, kgl. bayer. Oberforst-
rath a. D., Ritter des Verdienstordens der
bayer. Krone und des Ordens vom heil.
Michael 1. CI.; * Roggenburg (Schwaben)
26, f Mtinchen I.
Heldt, Hauptmann in der Schutztruppe fUr
Stidwestafrika; f XL
Helldorf, Oskarvon, kgl. sachs. Kammer-
herr, frtiher Gesandter in Wien, Ritter-
gutsbesitzer. Mit ihm erlischt die mann-
liche Linie der H.-Bohlen; f SchlossBdhlen
bei Borna 28. IX.
Heller Ritter von Hellheim, Franz, k. u.
k. Feldmarschall-Leutenant i. R., der die
Feldztige 48, 49, 59, 64, 66 und 78 mit-
gemacht hatte; f Graz 4. IV , 67 J.
Helm, K., grossh. badischer Geh. Rath,
Director der Amortisations- und Eisen-
bahnschulden-Tilgungskassen ; f Karlsruhe
3. XII.
Helmerding, Karl, Komiker, 48—51 und
55 — 78 in Berlin, besonders am Wallner-
Theater; * Berlin 29. X. 22, f das. 20. XII.
Siehe Nekrolog S. 321.
Helmholtz, Anna von, Nekrolog S. 14.
Hempel, Karl, Gutsbesitzer, frtiher Reichs-
tagsabgeordneter fUr Bromberg (Fort-
schrittspartei); ' Bromberg 12. VIIL 27,
f das. 18. VIIL
Henkel, Dr. He in rich, Nekrolog S. 169.
Henninges, Bruno von, Generalleutnant
z. D., 86-88 Commandant des Kaiser
Alcxander-Rgts , 88 — 92 Commandant von
Posen; f Braunschweig 26. VIIL, 63 J.
Hennings, Johann Friedrich, Nekrolog
S. 129.
Henrici, Dr. Paul Christian, Nekrolog
S. 252.
Heppe, Adolf von, bis 98 Prasident der
Regterung in Trier, frllher Landrath in
und Landtagsabgeordneter fUrSchleusingen
(frei-conscrvativ) ; f Arolsen 30. VII., 63 J.
Hermann, Wilhelm, Journalist und Schrift-
steller (Novellen) in Wien; * Alt-Kanizsa
22. IX. 44, f Wien 4. X,
i 4 7*
Todtenliste 1899:
148*
Hernmarck, G. D., vormals Burgcrmeister
von Riga ; t Meran 24. VI.
Herper, August, Gutsbcsitzcr, Abgeordneter
fur Prignitz (conservativ) ; f 22. XII., 50 J.
Herrenschneider, E. A., Pfarrer und Con-
sistorialprasident in Horburg (Elsass),
Alterthumsforscher, Entdecker des Castrum
Argent oria; f Horburg 22. X.
Hertel, Peter Ludwig, Nckrolog S. 176.
Hessling, Dr. Theodor von, vormals Pro-
fessor der Anatomie an der Universitat
Munchen, namentlich auf dem Gebiete der
mikroskopischen Anatomie thatig; f Traun-
stein V., 83 J.
Hetz, J oha nn Karl, Professor, Maler, Lehrer
an der Kunstgewerbeschulc in MUnchen;
* 1 1. XL 28. f MUnchen 5. VIII.
Heuduck, Wilhelm von, Nekrolog S. 222.
Hey, Karl Otto Wilhelm, kgl. sachs. Hof-
rath, Director der kgl. Baugewerkschule in
Leipzig; * Ichtershausen (ThOringen) 38,
f Leipzig ii. III.
Heydebrand und der Lasa» Tassilo von,
kgl. preuss. Wirkl. Geh. Rath, Gesandter
a. D., 57 — 60 Ministerresident in Rio de
Janeiro, dann Gesandter in Weimar, 65 —
78 in ^Copenhagen, dann bis 80 in Stutt-
gart, kgl. Kammerherr, Stern des Rothen
Adler-Ordens 2. CI. mit Eichenlaub, kgl.
Kronen-Orden 1. CI., bedeutender Schach-
schriftsteller und Besitzer der grossten
Schachbibliothek ; * Potsdam (Berlin?) 17.
X. 18, f Storchnest (Kreis Lissa) 27* VII.
Heynitz, Paul Adolf Benno von, kgl.
sachs. Kammerherr: * 34, f Weicha bei
Wcissenberg (Oberlausitz) 4. IX.
Heyse, Emilie, geb. Nitsche, Wittwe des
Consuls H., bekannt durch gemeinnutzige
Bestrebungen, Stifterin des Kaiser Wilhelm-
Denkmals in SwinemUnde; f das. VII.
Hiendlmayr, Sebastian, Nekrolog S. 99.
Hildesheimer, Dr. J., Oberrabbiner, Ftihrer
des orthodoxen Judenthums in Deutsch-
land; f 12. VI., 79 J.
Hiltner, Bernhard, Stadtpfarrer von St.
Gangolf in Bamberg, der sein Vermogen
von 200000 Mk. zu Wohlthatigkeits-
zwecken spendete; f 12. (?) VIII.
Himmer, Franz, ehem. Hofopemsanger in
MUnchen und Wien, erster deutscher
Wagner-Sanger in Amerika (Tannhauser
62); f Hildesheim 15. XII., 71 J.
Hirsch - Gereuth , Clara Baronin, geb.
Bischoffshcim, bekannte Millionarin u.
Wohlthaterin ; * Antwerpen 33, f Paris.
Hirschfeld siehe Birch.
Hirschfelde siehe Schmidt.
Hirschwald, Ferdinand, Nekrolog S. 188.
Hobrecht, Max, Rentner, frtiher Landtags-
abgeordneter fUr Westhavelland, Schrift-
steller; f Rathenow 1. IX., 71 J.
Hoflein, Otto, Professor, Modellierlehrer
an der Kunstgewerbeschulc in Pforzheim;
t das. 1. I.
H5hn, Edmund, seit 92 Director des inter-
nationalen Bureaus des Weltpostvereins in
Bern, frtiher schweizerischer Obcrpost-
dircctor; f Bern 30. I. t 60 J.
Hftrburger, Franz Karl, kgl. bayer. Reg-
Rath und Bezitksamtmann a. D., seit 93
i. R.; * VValdenhofcn 27. XII. 26, f Munchen
3. in.
Hftrrmann, Leoba von, Priorin des Frauen-
klosters Chiemsee; f II.
Hoesch, Emil, Commercienratb, Gross-
industrieller und Kreisdepatierter in DUren:
f das. 13. VII., 65 J.
Hoesch, Leopold, Geh. Commercienrath,
Mitbegrtinder des grossen Stahlwcrkes in
Dortmund, Ehrenprasident des Vereins
Deutscher EisenhOttenleute; * DUren 13.
L 20, f <*as. 21. IV.
Hoffmann, Adolf, Nekrolog S. 28 1.
Hoffmann, Adolf, Kammergerichtsrath a. D.,
74 — 80 und 81 — 90 Reichstagsabgeordncter
fttr Schwarzburg-Rudolstadt (deutsch-frci-
sinnig), 81 — 87 zweiter Viceprasident des
Reichstages; f 16. VI., 64 J.
Hoffmann, Ewald Alexander, kgl. sachs.
Geh. Rath, Abtheilungsvorstand im Finanz-
ministerium, 87 — 98 Generaldirector der
sachs. Staatscisenbahnen ; Nekrolog S. 301.
Hoffmann, Dr. Ludwig August, Text-
dichter der RUser'schen Oper » Merlin* ;
f Bielefeld 27. I.
Hoffmeister Edler von Hoffcnegg, Ed-
mund, k. u. k. Feldmarschall- Lieutenant,
Inspector der Armee-Schiessschule in Wien;
t das. 10. V.
Hohenau, siehe Benzel.
Hohenhausen, Elise Freiin von, Nekrolog
S. 223.
Hohensolms siehe Solms.
Hohenthal, Karl. Xaver Maximilian
Graf von, Fideicommissherr auf PUchau,
Ehrenritter des Johanniterordens.kgl. sachs.
Kammerherr; * 23. XI. 53, t Leipzig 8. —
9. VII.
Hohenwart zu Gerlachstein, Karl Sig-
mund Graf, Nekrolog S. 86.
Hohl, Karl von, Nekrolog S. 79.
Hohls, Dr. Otto, Sanitatsofficier in der
Boerenarmee, gefallen vor Ladysmith Ende
XL
Homann, Karl, Schrifts teller, Staatsminister,
Mitglied des litterarischen Bureaus und
Parlamentsberichterstatter ftir den Kaiser,
Musikkritiker der »Tagl. Rundschau*; *
Hohcngrabe 25. VL 46, + Potsdam
25. VI.
Hoppe, Julius, Rentner, langj. President
der Berliner Turnerschaft; f Bonn X.
1 49*
Todtenliste 1899:
150'
Horwitz, Dr. Heinrich Josef, Justizrath,
Rcchtsanwalt und Notar in Berlin, seit 77
Landtagsabgeordneter fUr Torgau, Reichs-
tagsabgcordneter 83 — 86 fur Torgau und
90—93 fur Mtihlhausen (national -liberal,
dann deutsch-freisinnig), Mitglied der Ber-
liner Stadtverordncten, politischer Schrift-
steller; * Putzig bei Danzig 28. IV. 24, f
Berlin 17. XL
Hotzen, Dr. med. Otto, Dichter; + Bremen
25. V., 68 J.
Hoyos-Sprinzenstein, Josef Theodor
Graf, k. u. k. Kammercr, Geh. Rath, Guts-
bcsitzer, intimer Freund des f Kronprinzen
Rudolf, an dessen Todestag in Mayerling
anwesend; * Wien 9. XL 39, f Edlach
22. V.
Hrdlicka, Vincenz, Journalist; f Wien 10.
IX., 40 J.
Hubcr, Karl, Sectionschef a. D., bis 89 im
osterr. Finanzministerium , Viceprasident
des Ersten Allg. osterr. -ungar. Beamten-
vercins, Ritter des Leopold-Ordens ; * Linz
22, f Meran 7. III.
Hubel, Ed. Moritz von, kgl. sachs. General-
major z. D., bis 89 Commandant der 23.
Cavallerie-Brigade, im Kriege 70,71 raehr-
fach verdient; * Dresden 34, f d as * 3- — 4-
XL
Hiiffer, Alfred, Landgerichtsrath a. D., 53
—55 und 70—85 Abgeordneter fUr BUren-
Paderborn (Centrum); f 23. VIIL, 8x J.
Hiiffer, Eduard, Buchhandler, Verleger des
»Mlinsterschen Anzeigers«; + Munster 15.
VIIL, 86 J.
Hiigel, Heinrich von, grossb. hess. Geh.
Baurath; f Berlin 2. VIIL
Hiillessem siehe Meerscheidt.
Huisken, Hermann, Historienmaler in
DUsseldorf, mit Prof. Claus Meyer mit der
AusschroUckung des grossen Saales auf
Schloss Berg an der Wupper betraut; t
Braunschweig 23. IX.
Humbert, J. P., Vorsitzender des Aufsichts-
rathes der Bank J. Mayer u. Co., President
der Handelskammer in Metz; f das. 20.
VIL, 82 J.
Huss, Ludwig, Hofrath, Ingenieur, General-
direct ionsrath der Staatsbahnen a. D., Bau-
director-Stellvertreter der Baudirection fllr
die Wiener Stadtbahnen; + Kirchberg am
Wechsel 23. VL, 64 J.
Jacoby, Paul, Nekrolog S. 172.
Jaeger, Geh. Regierungsrath, Oberbiirger-
meister von Elberfeld, Mitglied des Herren-
hauses; f 8- VL
Jaeppelt, Julius Friedrich, kgl. sachs.
Rath, Ministerialdirector a. D., bis 1.L98
Vorstand der Verwaltung der sachs. Landes-
anstalten; * Dresden 10. X. 24, f das. 26.
IX. Nekrolog S. 302.
Jan, Karl von, Professor am Lyceum in
Strassburg, Forscher auf dem Gebiete der
antiken Musik und Lyrik; * Schweinfurt
22. V. 36, f Aldebogen (Schweiz) IX.
Janecki, Ma re ell i, preuss. Officier a. D. t
Genealog und Heraldiker; * Gratz 3. XL
55, f Berlin 6. XII.
Janschky, Josef, Erbauer der sogen. »J.-
Wagenc, bei denen Spiral fed em zur Ver-
minderung des Stosses in Anwendung
kamen; f Wien 23. I., 89 J.
Jantsch, Heinrich, Director des Theaters
im Wiener Prater. War zuerst schrift-
stellerisch und redactioncll thatig, ging
dann zur BUhne und wirkte an den
Theatern in Marburg a. D., Mainz, am
Deutschen Theater in Pest u. a. Spatcr
ttbernahm er die Direction des Victoria-
Theaters in Frankfurt a. M., dann leitete
er das Flora-Theater in Coin, die Stadt-
theater in Danzig, Halle a. S. und Konigs-
berg. 92 kaufte er das Filrst-Theater in
Wien, welches er unter dem Titel » Wiener
Volkstheater« , von einer Possenbtihne zu
einer popularen Kunststatte erhob. # Glcich-
zeitig fuhrte er die Direction des Troppauer
Stadttheaters, wo er Hauptmanns »Ver-
sunkene Glocke« zum ersten Male in
Oesterreich zur Aufftlhrnng brachte. Auch
litterarisch war J. thatig als Verfasser von
Volkssttlcken (» Kaiser Josef und die
Schusters tochter«, »Ein Excommunicierter*,
^Ferdinand Raimund«, »Der Herrgotts-
biuder«). Daneben war er schauspielcrisch
thatig, zuletzt als »Konigslieutenant«; *
Wien 7. III. 45, f das. 5. II.
Jebsen, Michael, Rheder in Apenrade,
Landtagsabgeordneter und 90—98 Reichs-
tagsabgeordneter fUr Flensburg, Autoritat
in Fragen des Uberseeischen Verkehrs: *
Apenrade 27. IX. 35, f Berlin (auf der
Heimreise von Karlsbad) 1. X.
Jensen, Andreas Detlev, Nekrolog S. 254.
Imle, von, Generalmajor z. D., langj. Com-
mandeur des Landwehrbezirkes Stuttgart;
f Mergentheim 15. IX*
Immermann, Hermann, ord. Professor der
Pathologie an der Universitat Basel; f
das. 12. VL, 60 J.
Joachim, Amalie, Nekrolog S. 179.
Johaentgen, Dr. Franz, Universitatsdoccnt,
Herausgeberder»LiberalenCorrespondcnz«
in Berlin; * 15. IV. 35, f Berlin 6. IV.
Johannes, Bernhard, k. k. Hof-Photo-
graph, bekannter Hochtourist, der na-
mentlich die Tiroler Berge beging, um
photographische Aufnahmen zu machen;
+ Meran 17. I., 51 J.
John, Friedrich, emer. Cantor, Mu-
siker; a Altstadt bei Stolpen 35, + Dresden
VIIL
*5i*
Todtenliste 1899:
*5 2
Jonas, Elisabeth, geb. Griifin v. Schwerin,
Witwe des Prcdigers und Professors Dr.
Ludwig J.; * 25. I. 04, f Berlin 15. III.
Jordan, Dr. Wilhelra, Nekrolog S. 207.
Isenburg und Biidingen in Birstein, Karl
Victor Amadeus Wolfgang Kasimir
Adolf Bo do Fttrst zu, Majoratsherr, erbl.
Mitglied des preuss. Herrenhauses und der
hess. Ersten Kammer, Ritter des 6sterr.
Ordens vom Goldenen Vliesse. Politiker,
auch schriftstellerisch hervorgetreten (»Die
neue Aera in Baden* 66); * Birstein 29.
VII. 38, f au f Scbloss Scblackenwert bei
Karlsbad 4. IV.
Issel, Karl Friedrich Wilhelm, Nekro-
log S. no.
Junge, Dr. Friedrich, Professor, Director
des Friedrichwerderschen Gymnasiums in
Berlin, Geschichtsforscher, Padagoge,
Luther-Biograph; * Torgau 30. III. 47, f
Berlin 21.-22. IV.
Jungenfeld siehe Gedult.
Junker, Hermann, Genremaler, bekannt
durch seine lllustrationen zur Gescbicbte
des deutsch - franzosischen Krieges und
durch seine Bilder far das Goethehaus in
Frankfurt; * Frankfurt a, M. 38, f das -
10. II.
Kaatzer, Dr. Peter, Sanitatsrath in Han-
nover, Specialist fttr Behandlung der
Lugentuberkulose. f 16. III., 54 J.
Kastner, KarlBernhard, Cassenfabrikant,
hervorragender Grossindustrieller. • Leip-
zig 34; t das - 8.-9. II.
Kahlbaum, Dr. K. L., GrUnder (63) und
Letter der Irrenheilanstalt in Gdrlitz. f
IS- IV., 70 J.
Kail, Philipp von, Viceadmiral z. D., 64
erster Officier des Kanonenbootes Blitz im
Gefecht bei Helgoland, an der Besitznahme
von Fohr und Sylt betheiligt, 87 Chef
des Schulgeschwaders, 89 der Maneuver-
flotte. * bei Kttnigsberg 40; f Wer '
ningcrode 12. I.
Kallay, Dr. Adolf, Karlsbader Brunnen-
arzt, frtther vielfach litterarisch, auch belle-
tristisch, thatig. f Wien (?) 11. X.
Kameke, Otto von, Professor, Landschafts-
maler in Berlin, ord. Mitglied der Aka-
demie der Kunste. f 8 - VI > 73 J-
Kapff-Essenther, Franziska, geb. E.,
wiederverehelichte Blumenreich, Roman-
schriftstellerin. Zuerst Vorsteherin einer
Privat-Madchenschule in Wien, hier 80
mit dem Musikschriftsteller Otto von K.
verm ah It, nach wenigen Jahren wieder ge-
schieden, ging dann nach Berlin, wo sie
sich mit dem Schriftsteller Paul B. ver-
mahlte. 6S erschien ihr erster Roman
»Frauenehre«, dann »Wicner Sittenbilder«,
»Moderne Heldenc, »Ziel und Endec,
»Mein Wien«, »StUrme im Hafenc, u. a.
Bei der von der »Wiener Allg. Zeitungc
86 ausgeschriebenen Feuilletonconcurrenz
crhielt sie fUr die Erz&hlung »Der Ab-
grund« den ersten Preis. * Schloss Wald-
stein bei Leitomischl (Bohmen) 2. IV. 49 ;
+ Berlin 28. X. Nekrolog S. 280.
Karcher, Karl, Commerzienrath, Mitbe-
grttnder der Bank Backing, Karcher u. Co.
in Kaiserslautern und zahlreicher indu-
strieller Unternehmungen in der Pfalz. f
Kaiserslautern 7. — 8. IX., 58 J.
Kaulla, Albert von, wUrttemb. Geh- Hof-
rath, Director der wttrttemb. Hofbank,
grossbritannischer Consul. f Stuttgart
27. III.
Kaupert, Dr. Johann August. Nekrolog
S. 236.
Keller, Gerard , Chefredacteur des Arnhern-
schen Courant, Dichter und Schriftsteller
, (Romane, Novellen, Reiseschilderungen).
f Arnhem I., 69 J.
Kerckhoff, Schriftsteller in Berlin, frtther
Mitglied des litter arischen Bureaus. + 2.
IV.
Kessinger, Emil von, kgl. sachs. Ober-
regierungsrath, frtther Amtshaupttnann in
Dippoldiswalde. f Dresden 7. XI.
Kettner, Friedrich, Schriftsteller, elsSssi-
scher Dialectdichter. f ° ran (Algicr) L,
55 J' ...
Khuen-Belasi, Johann Baptist Reichsgraf
von, Freiherr von Neu - Lembach und
Gandegg, Herr und Landmann in Tirol.
t Belasi (Sttdtirol) 5. I.
Kielmannsegg, Karl Ernst August
Friedrich Graf von, Erbherr auf Seestcr-
mUhle und Kleinkolmar (Holstein). * 24.
XL 16; f Dresden 30. IV.
Kiepert, Dr. Heinrich. Nekrolog S. 322.
Kirchberg, siehe Fugger.
Kirchgasser, Dr., Geh. Medicinalrath, Mit-
glied des Medicinalcollegiums der Rhein-
provinz, Arzt in Coblenz. t das. 1. V.
Kirchhoff, Theodor. Nekrolog S. 237.
Kirchner, C Emil, Generalleutnant z. D.,
94- 97 Commandant der kgl. sachs. 1.
Cavallerie-Brigade, Inspector der Militar-
Reitanstalt. * Quesitz bei MarkranstSdt
45 : f Radebeul bei Dresden 24. — 25. IIL
Kirn, Dr. Ludwig, ausserord. Professor
der Irrenheilkunde in Freiburg i. B., seit
Monaten verschollen, am 27. IX. bei
Andermatt ertrunken aufgefunden.
Klatte, Alfred, Schriftsteller, Redacteur der
»Strassburger Post* seit deren GrUndung
(81). * Bonn 26. IV. 46 ; f Strassburg IV.
Kleemann, Dr., Astronom und Meteorologe
in Halle a. S. f das. II.
Klein, Franz, Ministerialrath, Central-Ge-
wcrbeinspector im 6sterr. Handelsministe-
153"
Todtenliste 1899:
x 54*
rium, Mitglied des Versicherungsbcirathes
im Ministerium des Innern und des Ge-
werbeforderungsbeirathes, dipl. Ingenieur.
* Mahrisch-Wcisskirchen 10. II. 52; f
Gleichenberg 1. IX.
Klein, Dr. Josef, ausserord. Professor der
klassischen Philologie an der Universitat
Bonn, frtther Director des dortigen Pro-
vinzialmuseums. * 8. IV. 38; f Bonn 2.
VII. (?)
Kleinfeller, Adolf, bayer. Oberstudienrath,
frtiher Mitglied des Obersten Schulrathes
in MUnchen, 68—94 Rector der dortigen
Industrieschule, Fttrderer des technischen
Unterrichts. • Kitzingen 22. II. 24; f
MUnchen 31. V.
Klemm, Heinrich Hermann, kgl. sachs.
Geh. Rath, Oberappell- und Oberlandes-
gerichtsrath a. D. y 84—93 Reichstagsab-
gcordneter fUr Dresden rechts von der
Elbe (deutsch-conservativ), publicistisch
und fachwissenschaftlich thatig. f Dres-
den 16. V. Nekrolog S. 281.
Kliment, Marie von, (Pseud. Marie
Solina), Schriftstellerin (Novellen). +
Marburg (Steiennark) 13. VI.
Knab, Franz Josef, Nekrolog S. 244.
Knecht, Christian Friedrich, Presbyter
der evangelischen Gemeinde A. C. in Wien.
t das. 2. XII,, 95 J.
Kneifel, Emerich, Volkssanger in Wien,
bis 74 Mitglied der Capelle des 32. In-
fanterie-Rgts., vorher (seit seinem 16. J.)
des 8. Infanterie-Rgts., dann auf ver-
schiedenen Wiener Btthnen. 97 feierte
er sein fttnfundzwanzigjahriges Volks-
sangerjubilaum. f Wien 16. VI.
Kneisel, Rudolf, Theaterdichter (»Die
Lieder des Musikanten«, »Die Tochter
Belialsc, »Papageno«, u. a., im Ganzen
Uber 50 Stttcke), frtther Director einer
wandcrnden Scbauspielertruppe. * Konigs-
berg 8. V. 32; f Pankow bei Berlin 17.
IX. Nekrolog S. 275.
Knobloch, Oskar von, preuss. General-
major z. D., bis 81 Commandant der 12.
Infanterie-Brigade. f 2 3« *•» 77 J«
Kndzinger, I gnat i a, Oberin der englischen
Fraulein in Traunstein, Besitzerin der
silb. Medaille des Verdienstordens der
bayer. Krone, f * VII. f 77 J.
Knoll, Konrad Ritter von. Nekrolog S. 108.
Knorr, Dr. med. Angel o, Docent an der
thierarztlichen Hochschule in MUnchen,
arbeitete frtiher mit Koch und 'Behring
auf dem Gebiete der Serumtherapie, ver-
bftentlichte Untersuchungen Uber Di-
phtherie und Tetanusserum, begleitete
Behring nach Halle und Marburg, wo er
sich als Privatdocent habilitirte, arbeitete
in B.'s Auftrage in den Farbwerken zu
H&chst, wo er sich mit der Einrichtung
der Station zur fabriksmassigen Herstellung
von Heilserum beschaftigte, ging 97 nach
MUnchen und arbeitete zunachst am Hy-
gienischen Institute des Prof. Buchner,
bis er IX. 98 als Docent fUr Hygiene an
die thier&rztliche Hochschule berufen
wurde. Bei der ZUchtung von Rotzbacillen
(malleus) zog er sich eine Infection zu,
der er erlag. * Niederpttcking 17. VII.
64; f MUnchen 22. II.
Knuth, Dr. Paul, Nekrolog S. 250.
Kobelt, Karl Ul rich. Nekrolog S. 125.
Koberstein, Karl. Nekrolog S, 238.
Koch, Georg, Nekrolog S. 171.
Kochann, Friedrich Franz, Amtsge-
richtsrath a. D. in Berlin, 72—93 Land-
tagsabgeordneter fUr Adenau-Ahrweiler,
74—93 Reichstagsabgeordneter fUr Mayen-
Ahrweiler (Centrum), in der Zeit des
Culturkaropfes viel hervorgetreten. • Ber-
lin 2. III. 15,* f das. 31. XII.
Kodolitsch, Theodor Edler von, k. u. k.
osterr. Oberstlieutenant d. R., f I- VII.,
8x J.
Kdckert, Johann, Oekonomierath, Mitglied
des Landesculturrathes, durch mehr als
25 Jahre Landtagsabgeordneter des sachs.
22. landlichen Wahlkreises (conservativ).
t Bad Wildungen 14. VII.
K5gel, Dr. Rudolf, ord. Professor fUr
deutsche Sprache und Litteratur an der
Universitat Basel, beschaftigte sich namcnt-
lich mit Grammatik und Sprachgeschichte,
alterer deutscher Literaturgeschichte und
mit den Dichtungen des jungen Goethe.
Sein Hauptwerk: >Geschichte der deut-
schen Litteratur bis zum Ausgange des
Mittelaltersc. * Leipzig 29. XL 55; f
Basel 5. III.
K5gel, Josef, ehem. Bassist am Stadt-
theater in Hamburg, f 1, I.
Kdhler, Dr. med., Obermcdicinalrath, be-
deutender Psychiater, Fachsch rifts teller,
frtther Director der Anstalten zu Kolditz
und Hubertusburg. f MUgeln 8. II.
Kohler, Alexander, Verlagsbuchhandler
in Dresden. * Laubegast 44; f Dresden
26. IV.
K51bing, Dr. Eugen, ord. Professor der
englischen Philologie an der Universitat
Breslau, bedeutender romanischer und nor-
discher, altfranzosischer und altenglischer
Sprachforscher, Herausgeber der Zeit-
schrift »Englische Studien«. * Herrnhut
21. IX. 46; f Herrenalb (WUrttcmberg)
8. VIII.
K511, Georg, Professor der deutschen
Sprache am Lyceum Henry IV. in Paris.
Er stammte aus Humbrechtshofen im El-
sass. f Paris I., 60 J.
»55<
Todtenliste 1899:
IS6*
Konig, Hugo. Nekrolog S. 112.
Koethen, Julius von, Generalmajor z. D. t
Ehrenbttrger und bis Si Commandant von
Torgau. f ". VI., 83 J.
Koettschau, C, preuss. Oberstleutnant a.
D., Militarschriftsteller, 59—66 Lehrer an
dcr Artillerieschule zu Berlin, f Wies-
baden 7. VII.
Kolb, Dr. Georg. Nekrolog S. 227.
Kolbe, Maximilian, Geh. Oberfinanzrath,
Provinzialsteuerdirector a. D., + Berlin
29. I.
Kollmer, Georg, Regierungsrath, (59—89)
Professor der Kalligraphie der Wiener
Handelsakademie i. P., Hauptcassier der
Stadterweiterungscasse; als Knabe im Re-
gimentserziehungshaus, 37 Unterofficier
und dann Lehrer am Rgts.-Erziehungs-
hause und an der Cadettenschule des
Regiments; nach I2j£hr. Dienstzeit Feld-
webcl, dann Amtsdiener der Kreishaupt-
mannschaft in St. Polten. Das von K.
fUr Feldmarschall Hess ausgefUhrte Ehren-
blirgerdiplom der Stadt St. Polten machte
H. auf ihn aufmerksam ; 50 erhielt er eine
Bearotenstelle im Ministerium des Innern;
am 1. VII. 93, nach 57jahr. Dienstzeit,
trat er in den Ruhestand. 71 gold. Ver-
dienstkreuz mit der Krone, 73 kais. Rath,
86 Regierungsrath. * in der Garnison
Mainz 28. I. 18; f Wien 17. II.
Komorowska, siehe Molenar.
Komorzynski, Ludwig von, Schriftsteller,
Redacteur des »Fremdenb1attes«. * Wien
20. VIII. 44; f das. 11. X.
Kopal, Alcxand er, k. u. k. Hauptmann,
Besitzer des Militar-Verdienstkreuzes, seit
50 i. R., Vetter des berllhmten Oberst
Kopal. f Znaim 1. V., 89 J.
Korb von Weidenheim, Elisabeth Baronin,
geb. Grafin Deym, Wittwe des 81 f
Statthalters von Mahren und ehem. tfsterr.
Handelsministers. f Pra & 2 7- V., 59 J..
Kraus, Eduard von, preuss. Generalmajor
z. D., bis 75 Commandant des Infanterie-
Rgts. No. in. f 3- V v 80 J.
Krause, Dr. Karl Gotthold, Gutsbesitzer
und Stadtrath in Berlin, frtiher Rechts-
anwalt in Dresden, Reichstagsabgeordneter
74—76 fur Plauen und 90—93 fur
Sangershausen-Eckardtsberga (freisinnige
Volkspartei). * Dresden 16. VIII. 37; f
Berlin 23. X.
Kreidel, Karl, Wirkl. Geh. Oberregierungs-
rath a. D., bis 96 vortragender Rath im
Kriegsministerium. + 8. VL, 69 J.
Krell, Dr. Paul Friedrich, Professor an
der kgl. Kunstgewerbeschule in Miinchen,
Ritter des Michaelordens IV. CI. und In-
baber der gold. Medaille fUr Kunst und
Wissenschaft, Kunsthistoriker und Schrift-
steller (»Geschichte des dorischen Stilsc,
»Klassiker der Malereic, »Die griechischen
Vasen«, »Die Gefasse der Keramikc,
»Keramische Vorbilder*); * Plieningen
bei Stuttgart 17. V. 42, (43?); f Munchen
14. III.
Krementz, Dr. Philipp, (seit 93) Cardinal,
(seit 85) Erzbischof von Cain, fruber
(67 — 85) Bischof von Ermeland. Auf dem
vatikanischen Concil 69 — 70 gehfirte er
zur Opposition, trat aber V. 71 den in-
fallibilistischen Bischofen bei. Auch
theologischer Scbriftsteller. Nekrolog
S. 277.
Krenn, Alexander, em. Magi stratsdirec tor
der Stadt Wien (91—96). * HSbelsberg
(Niederosterreich) 5. I. 32; f Weissenbach
bei Gloggnitz 2. VIII.
Kretschman, Hans von, preuss. General
der Inf. z. D., bis 90 Commandant der
13. Division, f 30. III., 66 J.
Kroner, Dr. Traugott, Privatdocent fur
Frauenheilkunde an der Universitat Bres-
lau. f das. X., 45 J.
Kriiger, Friedrich, Wirkl. Geh. Admtrali-
tatsrath a. D., 75 — 9a vortragender Rath
im Reichsmarineamt. + IX.
Kriikl, Dr. Franz. Nekrolog S. 202.
Kruger, Dr. med. Ludwig, kgl. Bezirks-
arzt a. D. f Traunstein 18. II., 63 J.
Krukenberg, Dr. Georg, Professor, Privat-
docent fttr Frauenheilkunde an der Uni-
versitat Bonn. * 16. XII. 56; f Bonn 4. XII.
Krumbiegel, Dr. Bernhard, em. Real-
schuldirector. + Dresden 6. XII.
Krummacher, Karl, Superintendent zu
Elberfeld, seit 63 Pfarrer der dort. cvan-
gelischen Gemeinde, Prases des westdeut-
schen Bundes der Jlinglingsvereine. f
Elberfeld 30. X., 69 J.
Kiigelgen, Adolf von, Geh. Oberrcgierungs-
rath, vortragender Rath im preuss. Mini-
sterium fttr Gffentliche Arbeiten, Verfasscr
des bekannten Werkes /Jugenderinner-
ungen eines alten Mannesc. * Dresden
9- v - 351 t Rudolstadt 25. X.
Kuhn, Dr. A. F. Karl. Nekrolog S. 128.
Kuenburg, Bertha Grafin, geb. Grafin
Rumerskirch, Gattin des Stat thai tereirathes
Leopold Grafen K., seit 97 Sternkreuz-
ordensdame. + Wien 6. V., 38 J.
Kunik, Ernst Eduard, Dr. h. c. der Uni-
versitat Kiew, Forscher auf dem Gebiete
russischer Sprache und Geschichte, ausser-
ord. Mitglied der Petersburger Akademie
der Wissenschaften. * Liegnitz 16; f
Petersburg 30. I.
Kuschel, Karl, Professor, em. Director dcr
ktinigl.Baugewerkschule in Dresden, vorher
Mathematiker und Bibliothekar am kgl.
Polytechnicum; f Dresden 14. VII.
157*
Todtenliste 1899:
158*
Kusserow, Ludwig von, preuss. General-
major z. D. , bis 89 Commandant des
Fttsilier-Rgts. No. 86; f 25. X , 64 J.
Lammerhirt, Otto, kgl. Gartenbaudircctor
a. D. und Stadtrath in Dresden; Nekrolog
S. 275.
Lampuguani, Geh. Obcrjustizrath, Land-
gerichtsprasident in Gttrlitz; f 20. IV.
Landgrebe, Gustav Adolf, Bildhauer
(Sculpturen in der Nationalgalerie) in
Berlin: f VI., 61 J.
Lang, Dr. Franz Vincenz. Nekrolog
S. 52.
Lang, Hermann. Nekrolog S. 113.
Lange, Dr. Ernst Philipp Karl, (Pseud.
Philipp Galen). Nekrolog S. 215.
Lange, Dr. Max. Nekrolog S. 189.
Langebach, Ernst Otto, Dichter und
Jugendschriftsteller; f Dresden 28. VIII.
Langer, Karl, Landgerichtsprasident in
Gleiwitz ; f IL
Lasa, siehe Heydebrand.
Lazansky, Griifin Walpurga, Tochter des
47 f Grafen Anton L. und Schwester des
83! Geh. Rathes und ebem. Statthalterei-
Viceprasidenten in Mahren Grafen Anton
L.; Stiftsdame; * 23. V. 20, f im Neu-
stadter Damenstift zu Prag 4. III.
Ledderhose, Dr. Karl, 80— 87 Unterstaats-
secretar im Ministerium fUr die Reicbs-
lande, Curator der Kaiser Wilhelms-Uni-
versitat; + Strassburg I. oder 2. I., 78. J.
Ledebur, Albrecht Friedrich August
Justus Freiberr von, kgl. preuss.
Kammerherr und Rittmeister a. D., Rechts-
ritter des Johanniterordens; * Berlin 6. IX.
27, f Arenshorst bei OsnabrUck XII.
Lehmann, Anton, Fabrikbesitzer in Berlin,
Vorsitzender des Binnenschiftahrtvereines
fUr die wirtbschaftlichen Interessen des
Ostens: Hauptvertrcter der Bestrebungen
flir den Schiffahrtscanal Berlin -Stettin;
t Bormio 24. VIII., 65 J.
Lehmann, Dr. Ludwig, Sanitatsrath,
Brunnen- und Badearzt in Oeynhausen,
bekannter Balneologe und Fachschrift-
steller; f Oeynhausen 1. I., 74 J.
Leidenfrost, Dr. Theodor, grossh. hess.
Schulrath, Padagoge; f Friedricbroda VI.
Leiningen, Karl Polycarpus Graf zu,
erbl. Mitglied der badischen ersten
Kammer, frtlber Attache der bayerischen
Gesandtschaft in Wien; • Niederwalluf
a. Rh. 18. I. 60, + Schloss Billigheim
(Baden) 22. I.
Leiningen, Marie Amalie Fttrstin zu,
geb. Prinzessin von Baden, Gemahlin (seit
58) des Ftirsten Ernst, Schwester des reg.
Grossherzogs von Baden; * Karlsruhe
20. XI. 34, f Schloss Waldleiningen
21. XI.
Leiningen-Neudenau , Maximilian Graf
zu ; f Baden-Baden 20. I., 45 J.
Leitenberger, Friedrich Josef Freiherr
von, ttsterr. Grossindustrieller, Mitglied
des Herrenhauses ; * Wien 5. XL 37,
+ Josefsthal 25. - 26. X.
Leitner, Dr. G o t tl i e b W i 1 h el m, Orientalist,
Lebrer an dem von ihm gegrtindeten
Oriental University Institute in Woking
(England), frtther Professor am Kings
College in London, dann in Indien Vor-
steher der hBhern Lehranstalt in Lasur,
Lehrer an der Pendschab-Universitat zu
Delhi, grtindete dort Bibliothcken und
Zeitungen und machte scblieslich eine
Forschungsreise durch Kaschmir und
Afghanistan; Herausgeber der »Asiatic
quaterly Review«, orientalischer Fach-
schrifts teller: * Budapest 14. X. 40, f Bonn
22. III.
Lentze, Dr. Wilhelm, Generalarzt a. D.
f 26. X., 64 J.
Leo, Dr., Syndicus des Hamburger Senates;
f Hamburg 24. III.
Leon, Moritz Reichsritter von, Herr und
Landstand in Karntcn, einst Besitzer der
SchlOsser Traultmansdorf und Fragsburg,
lebte seit einigen Jahren zurUckgezogcn
in Wien, wo er sich ausschliesslich mit
elektrotechnischen Untersuchungen be-
schaftigte; f das. 25. I.
Leonhard, Sigismund, Justizrath, frQher
Rechtsanwalt, 79 — 82 Abgeordneter fUr
Griinberg-Freistadt (nationalliberal); f 29.
HI.. 83 J.
Leschen, Christof Friedrich, Componist,
frtther Beamter der ersten 5sterr. Spar-
casse ; * Wien, f <l as - 4- V., 83 J.
Leth von Lethenau, Heinrich Ritter,
Abtheilungsvorstand der Anglo-5sterreichi-
schen Bank; f Wien 7. X., 55 J.
Leu, Max. Nekrolog S. 84.
Levetzow, Ulrike, Freifraulein von. Ne-
krolog S. 273.
Levetzow, siehe Bassewitz.
Lex, Friedrich, Geh. Oberbaurath, vor-
tragender Rath im Ministerium der offent-
lichen Arbeiten, seit 67 ununterbrochen
in der Staatseisenbahnverwaltung thatig;
* Meschede 33, f Westend bei Charlotten-
burg 27.-28. 1.
Lich, siehe Solms.
Lichtenberger, Friedrich August, ebem.
Professor in Strassburg, Ehrendecan der
Pariser protest-theol. Facultat. f 7. I.
99, 66 J.
Liebenstein, siehe Zedtwitz.
Lieberkuhn, Walter, Geh. Justizrath,
Mitglied des General- Audi toriats. + 2. XII.
Liebhardt, Louise, ehem. Primadonna des
Conventgarden- Theaters und der kgl.
*59*
Todtenliste 1899:
i6o»
Oper in London, eine Zeit lang Mitglied
der Wiener Oper. * Oedenburg (Ungarn)
28; f London 21. (24.?) II.
Liechtenstein, Karl Rudolf Furst von
und zu, k. u. k. Kammerer, Oberstlieutenant
a. D., Ritter des Malteserordens , erbl.
Mitglied des ttsterr. Herrenhauses, 48—49
am Feldzug in Italien betheiligt, 2. VII.
49 in der Scblacht bei Komorn ver-
wundet, spater kurze Zeit Flttgeladjutant
des Kaisers. * Gross wardein 19. IV. 27;
f Wien 16. I.
Limpurg, siehe Bent in ck.
Lindeiner, Maximilian von, genannt von
Wildau, preuss. Generalleutnant z. D.,
bis 90 Commandant der 56. Infanterie-
Brigade, f 7- IX., 69 J.
Link, Dr. Adolf, ausserord. Professor der
dogmatischen Tbeologie an der Universi-
tat Kttnigsberg. * Coblenz 20. IV. 60;
f Kttnigsberg 24. VII.
Linsingen von, 59—67 Berghauptmann von
Klausthal and Mitglied der zweiten hanno-
veranischen Standekammer. * Gestorf 3.
VIII. 03; f Gflttingen XII.
Lippe-Biesterfeld-Weissenfeld, Dr. Arm i-
nius, Graf und Edler Herr zur, Herr auf
Ober-SchOnfeld bei Bunzlau, Rechtsritter
des Johanniterordens, 72 — 79 Professor
der Landwirtbscbaft an der Universitat
Rostock und Director des landwirthschaft-
lichen Instituts daselbst, Fachscbriftsteller.
* Oberlttssnitz bei Dresden 15. X. 25; t
Oberschonfeld 21. IV.
Lobkowitz, Leopoldine Prinzessin von,
geb. Prinzessin von Liechtenstein, Wittwe
des 82 f Prinzen Ludwig L. * 4. XI. 15;
f Scbloss Frischau IX.
LoS, Friedrich Leopold Graf von,
President des rheiniscben Bauernbundes,
Fideicommissionsherr, 92 — 93 Reichstags-
abgeordneter fUr Cleve-Geldern (Centrum),
Ehrenritter des Malteserordens, Ritter des
bayer. St. Georgs-Ordens, preuss. Ober-
leutnant d. Res. * 28. V. 61; f Bozen
14. IV.
Lftber, Oskar, Scbauspieler, frtther am
Adolf- Ernst -Theater, dann am Theater
des Westens und am Berliner Theater.
t 8. X.
Lftbker, Dr. Gerhard, Professor, Historiker,
frtther Gymnasialoberlehrer am Gymnasium
zu MUnster, besonders verdient wegen
seiner Forschungen auf dem Gebiete west-
phalischer Landeskunde. f MUnster 19.
X., 89 J.
L5we, Dr. Julius, k. k. Landesgerichtsrath.
f Wien 22. III.
Loewe, Max, Scbauspieler am Thaliatheater
in Berlin, frUher am Lobetheater in Bres-
lau. f Berlin 10. XII., 44 J.
Ldwensteln-Wertheim-Freudenberg, Lud-
wig Karl Prinz zu, scbloss sich den
amerikanischen Truppen auf den Philip-
pinen an, Ehrenadjudant des Generals
Miller; * Kreuzwertheim 19. VIL 64; f
in den Karopfen vor Manila 26. oder 27.
III.
Ld wenstein - Wertheim - Rosenberg, So-
phie Maria Gabriele Pia Prinzessin.
Nekrolog S. 237.
Lommely Dr. Eugen von, Nekrolog S.
94.
Loose, Hermann, ein durch seine I n tarsi a -
Arbeiten bekannter Kunstler. f Hamburg
26. VI.
Lorbach, Max, Munchener Buchhandler.
t das. V. (?)
Lorbacher, Dr. Arnold, seit 77 Leiter der
homttopathischen Poliklinik in Leipzig,
78—89 Redacteur der »Allg. homeopath.
Zeitungc, 77—95 Vorsitzender des deut-
schen homftopathischen Central vereins.
* Sommerda 26. VIII. 18; f Leipzig 10.
V.
Lorinser, Gisela, Componistin, Klavier-
lehrerin, Schtilerin Ignaz Bxillls. f Wien
1. II., 42 J.
Lucas, Eduard, Mitinhaber der Verlags-
buchhandlung Samuel in Elberfeld, Mit-
eigenth timer der »Elberfelder Zeitungc dra-
matischer Sch rifts teller, f Elberfeld n.
VIL, 44 J.
Lucas, The odor, Rentner, 62 — 67 Abge-
ordneter fur Sieg-Muhlheim-YVipperfurth
(Fortschrittspartei). f !•■ 77 J-
Luhmann, Dr. Friedrich von, Gymnasial-
professor a. D., mathematischer Schrift-
steller. f Stralsund III.
Luneschloss, Friedrich von, kgl. bayer.
Kamroerjunker, Generalmajor a. D., Com-
thur, Ritter des Militar-Max-Joseph-Ordens,
70 — 71 bei Orleans am rechten Arm ver-
wundet, 79 als Oberst verabschiedet, zu-
letzt Commandant des Lagers Lechfeld.
* Augsburg 11. XII. 22; f MUnchen 20.
II.
Luttichau, Maximilian Graf von, kgl.
preuss. Kammerherr und Schlosshaupt-
mann von Friedrichskron (Neues Palais
in Potsdam), Major z. D. * 9. V. 38;
f Niesky (Schlesien) 23. XII.
Lutzel, Johann Heinrich. Nekrolog S.
180.
Liitzow zu drei Liitzow und Seedorf,
Clementine Grafin, geb. Kollonitz von
Kollegrad, Sternkreuzordensdame, seit 76
Wittwe des Grafen Victor L. f Neuen-
ahr (Rheinprovinz) 22. I., 56 J.
Luggin, Dr. Hans, Privatdocent an der
technischen Hochschule in Karlsruhe, t
5. XII.
i6i*
Todtenliste 1899:
162*
Lukes, Johann, Regierungsrath, Heraus-
geber und Chefredacteur von Danzers (s.
d.) »Armeezeitung«; als Officier in der
Krivoscie schwer verwundet, wendete er
sich der Schriftstellerei zu, 71- 73 Re-
dacteur der »Politik«, 75 — 79 Special-
und Kriegsbericbterstatter im Orient, 78
organisirte er die Regierungsdruckerei in
Sarajevo, die er bis 79 leitete, gab mit
Heinrich Renner eine Zeitlang die >Bos-
nische Correspondenz* heraus, kam dann
nach Wien als Redacteur der »Presse«,
der »Tribtlne« und der » Wiener Allg.
Zeitungc und ging schliesslich nach Prag
als Chefredacteur der amtlichen »Prager
Zeitung*. Nach Danzers Tode fUhrte er
die Armee-Ztg. weiter. Anl&slich der Er*
richtung des Maria Theresia-Denkmals
wurde er beauftragt, die Geschichte des
militariscben Maria Theresien-Ordens von
1850- 1890 zu schreiben; 91 erhielt er
hierfUr den Orden der Eisernen Krone
3. CI.; Ritter des Franz Josephs-Ordens,
Besitzer der Milit&rverdienstmedaille, der
Kriegsmcdaille. * Prag 18. XII. 41 ; f
Wien 24. XIL
Lupitz, siehe Schultz.
Lurz, Albert Freiherr von, bayer. General-
major z. D., bis 86 Commandant des
Feldartillerie-Rgts. No. 3. f 20. V.,
68 J.
Luxburg, Heinrich Graf von, kais. deut-
scher Legationsrath und em. Minister-
resident bei der Republik Haiti und bei
der dominikanischen Republik, kgl. preuss.
Leutnant a. D., Ehrenritter des Johanniter-
Ordens. * MUnchen 28. I. 55; f Mainz
29. III.
Luz, Karl von, (82 — 96) Regierungsprasi-
dent a. D. (Vorstand der Kreisregierung
des Schwarzwaldkreises in Reutlingen),
seit 80 Abgcordneter des Bezirkes Nagold,
seit 89 Mitglied des weiteren standischen
Ausschusses. + Stuttgart 6. XL, 75 J.
Mader, Dr. Robert, General-Oberarztder
10. Division in Posen, Vorsitzender des
Vereins Posener Aerzte, bis vor kuizem
auch Vorsitzender der Aerztekammer der
Provinz Posen. * Schwiebus 9. XII. 39;
f Posen 24. VIII.
Magyar, siehe Robert.
Major, Dr. med. J., erster Chirurg am
Genfer Canton sspital, 56—60 Professor
der Anatomie an der Akaderoie und
Honorarprofessor an der Universit&t Genf.
t das. V., 81 J.
Majunke, Dr. Paul, Nekrolog S. 258.
Malortie, Karl Freiherr von, Sohn des
ehem. hannoveranischen Ministers M.,
einst Begleiter des Kaisers Maximilian in
Mexiko, nach dessen Tode er nach Europa
Biogr. Jahrbuch u. Dentscher Nekrolog. 4. Bd.
zurUckkehrte ; in den letzten Jahren in
Aegypten Correspondent ftlr englische
Blatter, auch sonst litterarisch thatig. f
Kairo 13. V. ( 61 J.
Maltzahn, Hans Ludwig Freiherr von,
Rittergutsbesitzer und Landschaftsrath auf
Vanselow bei Demmin, 88—93 Reich s-
tagsabgeordneter far Anklam - Demmin
(conservativ). * Vanselow 9. III. 37; +
das. 13. I.
Mangoldt, Georg von, kgl. sachs. General-
major z. D., bis 93 Commandant des
Infanterie-Rgts. No. 133. • Zwickau 40;
t Dresden 3. VIII.
Mann Edler von Tiechler, Fried rich
Ritter von, bayer. Oberst a. D., 59 tech-
nischer Director der Gewehrfabrik in
Amberg, 63 Referent der Zeughausdirec-
tion in MUnchen, 67 zur Geschtltzgiesserei
in Ingolstadt, dann Director des Artillcric-
depdts in MUnchen; Ritter I. CI. des
Verdienstordens vom heil. Michael, In-
haber der Kriegsdenkmiinze 1870-71 von
Stahl und des Dienstauszeichnungskreuzes
I. CI. ♦ Passau 5. II. 15; f MUnchen
12. VII.
Mannheimer, Moses, em. Prediger, Schrift-
steller. f Darmstadt V., 90 J.
Mansfeld, Wilhelm, braunschw. Ober-
landesgerichtsprasident a. D., bedeutender
juris tischer Schriftstellcr (Commentare
zum deutschen Gerichtsverfassungsgesetz).
* WolfenbUttel 7. V. 31; f Braunschweig
25. VIII.
Marcinowski, Fried rich, Geh. Obernnanz-
rath, vortragender Rath im preuss. Finanz-
ministerium, Vorsitzender der General-
Lotterie-Direction, auch schriftstellerisch
thatig. * Lyck (Ostpreu*sen) 11. XL 34;
f Berlin 22. IV.
Marconnay, siehe Beaulieu.
Marquardt, G. von, grossh. hess. - Geh.
Rath, Provinzialdirector der Provinz
Starkenburg. f Darmstadt 24. X., 73 J.
Martersteig, Friedrich Wilhelm, Pro-
fessor, Historienmaler, seit 48 Mitglied
der Berliner Akademie der KUnste (Haupt-
werke: Bilder aus dem 30jahrigen Krieg,
aus der Schweizer Geschichte, aus Luthers
Leben, Verurtheilung Hus', die Ankunft
der heil. Elisabeth, Bilder aus » Hermann
und Dorothea*, Thomas MUnzers letzter
Gang, Savonarola-Bilder u. a.). * Wei-
mar 11. III. 14; f das. 6. IX.
Martin, Dr. Richard, Realschuldirector in
Sonneburg, Schriftstellcr. f Jena 4. IX., 53 J.
Marx, Heinrich Robert., Commerzien-
rath, Grander der mechanischen Weberei
in Seifhennersdorf. * Stremmen bei Pots-
dam 2. V. 16; f Seifhennersdorf 28.
VIII.
1 63*
Todtenlistc 1899:
1 64*
Marxow, siehe Fleischl.
Maschka, Dr. Josef Rittcr von, H of rath,
eh em. Professor der gerichtlichen Medicin
an der deutschen Universitat Prag, als
Gerichtsarzt Au tori tat , Fachsch rifts teller
(» Sam m lung gerichtsarztlicher Gutachten«
73, »Handbuch der gerichtlichen Medicine
82). • Prag 3. III. 20; f das. 5. II.
Massow, Wilhelm von, General der In-
fanterie z. D., 82 — 83 Gouverneur von
Ulm, 83 - 84 von Strassburg, Ritter des
Ordens pour le merite. f Naumburg 22.
II., 84 (86?) J.
Mattfeld, Steinbruchbesitzer, Abgeordneter
flir Lindau (national-liberal), f 30. VI.
Matthiessen, Max von, preuss. General-
major z. D., bis 89 Commandant der 1.
Infanterie-Brigade. f 18. IX., 67 J.
Maurer Ritter von Mortelau, Alois, k.
u. k. Feldmarschall-Lieutenant i. R., eh em.
Commandant des Militar-Invalidenhauses
in Wien. f das. 27. II.
May, Dr. Andreas. Nekrolog S. 118.
Mayer, Max von, Generalleutnant z. D. f
bis 99 Commandant von Metz. f 1. XL,
59 j.
Mayer, Wilhelm Hartmann, Landrath
a. D., 66 — 76 Abgeordneter, zuerst fiir
Biedenkopf, dann ftir Marburg (conser-
vative f 1. I., 77 J-
Mayer, Emil. Nekrolog S. 238.
Mayrhofer, Dr. Hermann, preuss. Sanitats-
rath, durch 26 Jahre Badearzt in Rttmer-
bad, 21 Jahre lang in der Wintersaison
Curarzt in Gries. f wien (0 "• IV »
Mebes, Hermann, Wirkl. Geh. Rath, bis
VII. 99 President der Generaldi recti on
der Reichseisenbahnen inElsass-Lothringen.
f Strassburg 11. IX., 69 J.
Meckel, Arthur, Commerzienrath, Chef der
Scidenfirma M. und Co. in Elberfeld. f
das. 18. XI.
Meerscheidt-Hullessem, Hermann Frei-
herr von, preuss. Generalleutnant z. D.,
bis 87 Commandant der 61. Infanterie-
Brigade. * Potsdam 17. VIII. 30 : f
Kassel 5. (3?) XII.
Meier, Eduard, Generaldirector der Frie-
denshUtte in Morgenroth (Oberschlesien).
Vorstand der oberschlesischen Eisenbahn-
bedarfsartikel - Actiengesellschaft , Vor-
sitzender des Vereins »Eisenhtttte«. f
Morgenroth 8. I., 65 J.
Melchthal, siehe Ehrne.
Melena, siehe Schwartz.
Merbach, Dr. Paul Moritz, Geh. Medi-
cinalrath, Professor, ehem. Docent an der
medicinisch - chirurgischen Akademie in
Dresden, Mitglied des sachsischen Landes-
Medicinalcollegiuras ; f Dresden 10. XII.
Nekrolog S. 280.
Merck, Wilhelm, Geh. Commerzienrath,
Mitinhaber der weltberUhmten chemischen
Fabrik Emanuel Merck in Darmstadt; f
das. 12. I.
Mergenthaler, Ottmar, Nekrolog S. 259.
Merta, Emanuel, Csterr. Feldzeugmeister
a. D., Geh. Rath, Inhaber des 94. Infanterie-
Rgts., Commandant des IX. Armeecorps;
f W'orochta bei Nadworna 30. VIIL, 63 J.
Merveldt, Grafin, Stiftsdame; t Ober-Mats
21. XII.
Messow, Fried rich, preuss. Generalmajor
z.D., bis 91 Commandant der 65. Infanterie-
Brigade; f *• IX., 64 J.
Mevissen, Dr. Gustav von, Nekrolog S.
209.
Meyer, Albert Philipp, ehem. Chef des.
Handelshauses Hermann Gerson, bekannt
durch die von ihm begrtlndetcn Wohl-
fahrtseinrichtungen : f 5. XII., 66 J.
Meyer, Dr. Clemens Friedrich (Pseud.
Meyer von Waldeck), Nekrolog S. 218.
Meyer, Georg (Pseud. Georg Bendler),
Schriftsteller (Novellen) in Berlin ; Nekro-
log S. 276.
Meyer, RudolfHermann, volkswirtschaft-
licher und socialpolitischer Schriftsteller
in Dessau, arbeitete mit Gehlsen an der
»Reichsglocke« ; 77 wegen seiner Broschlire
»Politische GrUnde und die Corruption in
Deutschland«, welche Beleidigungen gegen
Bismarck enthielt, verurtheilt, flUchtete er
nach Europa, wanderte dann nach Canada
aus, wo er als Farmer lebte, kehrte aber
dann wieder nach Europa zurtick. Seine
bedeutendsten Schriften: »Der Emancipa-
tionskampf des vierten Standesc, »Die
deutschen Bankenc, »Ursachen der amcri-
kanischen Concurrenzc; * in der Provinz
Brandenburg 10. XII. 39, f Dessau 10. I.
Miaskowski, Dr. phil. et jur. August von,
Geh. Hofrath, 91 — 97 ord. Professor der
Nationalokonomie an d. Universitat Leipzig,
74—81 ord. Professor in Basel, dann bis
89 in Breslau, bis 91 in Wien; * Pernau
(Livland) 26. I. 38, f Leipzig 22. XL
Mies, Dr. med. Josef, bedeutender Anatom
und Anihropologe ; f Coin 9. VI., 39 J.
Milde, Hans Fedor von, gross h. sachs.
Kammersanger und Ehrenmitglied (48— 84
Mitglied) des Hoftheaters in Weimar; •
Petronell 13. IV. 21, t Weimar 10. XII.
Miller, Anton, kgl. Gymnasialrector; f
WUrzburg 28. IX.
Miller zu Aichholz, August Ritter von,
Directionsmitglied der Gesellschaft der
Musikfreunde, Besitzer einer grossen Ge-
maldegalerie, Gesellschafter der Finn a J.
M. Miller u. Co.; f Wien 24. XIL, 70 J.
Miller, Dr. Wilhelm von, Nekrolog S. 115.
Milldcker, Karl, Nekrolog S. 154.
165*
Todtcnliste 1899:
166*
Mittelstadt, Dr. Otto, Nekrolog S. 152.
Mitterer, Franz Xaver, Nekrolog S. 267.
Modes, Philipp, Baurath und Eisenbahn-
director a. D., bcreits Ende der 40 cr Jahre
beim Baa der Elsterthalhrilcke thatig, zu-
letzt Director der Bockwaer Eisenbahn-
gesellschaf t ; f Dresden 24. II., 84 J.
Mdnnichs, Dr. Gustav, Nekrolog S. 233.
Moeser, Wilhelm, kgl. Hofbuchdrucker
und Hofbuchhandler in Berlin, Kunst-
freund und Sammler: * Berlin 6. VIII. 45,
f das. 12. IX.
Molenar, geb. Herger, frtther Schauspielerin
unter dem Namen Komorowska; f IX.
Morf, Dr. Heinrich, Nekrolog S. 45.
Moser, Dr. Karl, Bahnarzt; f Freilassing
19. (?) 1., 48 J.
Moser, Otto, Nekrolog S. 220.
Muck, Fried rich Ritter von, Nekrolog
S. 235.
Muller, Dr. Friedrich Sigmund, Justiz-
rath, Rechtsanwalt in Frankfurt a. M., seit
Anfang der 40 er Jahre politisch thatig,
57—66 Erster Prasident der Gesetzgeben-
den Versammlung der Freien Reichsstadt
Frankfurt, 59 Mitbegrttnder des National-
vereins, seit 60 Prasident des Schtttzen-
vereins, 62 Festprasident des Ersten deut-
schen SchUtzenfcstes ; * Wetzlar 26. XI.
10, f Frankfurt a. M. 15. VIII.
Miiller, Hermann, Schauspieler, vorzttg-
licher Charakterdarsteller am Deutschen
Theater in Berlin, an das Wiener Hof-
burgtheater berufen ; * Hannover 3. II. 60,
t Berlin 14. ILL
Miiller, Dr. jur. Hugo, Wirkl. Geh. Rath,
bis 92 Prasident des Landtages von
Sachsen-Weimar, frUher Geh. Staatsrath in
herzogl. sachsen-altenburgischen Diensten ;
t Dresden 13. II., 81 J.
Muller, Johann Andreas, ehem. Rech-
nungsrath im preuss. Kriegsministerium,
Jugendgenosse Bismarcks; * Schttnhausen
25. II. 10, f Weisser Hirsch (Luftcurort bei
Dresden) 13. II.
MUller, Julius Ferdinand, kg], Landge-
richtspr&sident a. D., Ritter des St. Michael-
ordens 1. CI.; f Kaiserslautern 17. III.
Miiller, Dr. Karl August, gen. von Halle,
Professor, Naturforscher, bedeu tender Moos-
kenner, botan. Schriftsteller (»Buch der
PflanzenwelU), mit Dr. Otto Uhle Begrtln-
der (52) der Zeitschrift *Die Nature, die
er mit Uhle bis 76, dann bis 96 allein
herausgab; * Altstedt 16. XII. 18, f Halle
a. S. 9. II.
Miiller, Dr. Max, Professor fUr Metallurgie,
Zuckerfabrikation und analytische Chemie
an der Technischen Hochschule zu Braun-
schweig, Fachschriftsteller; * Braunschweig
4. III. 52, f das. 3. I.
Muller, Moriz, Nekrolog S. 140.
Miiller, Vincenz, Ssterr. Feldmarschall-
Lieu tenant, Ritter des Ordens der Eisernen
Krone 2. CI., des toscanischen Militar-
Verdienst ordens I. CI., des russischen
Annen- Ordens 2. CL, des preussischen
Rothen Adler-Ordens 2. CI., Command eur
des bayerischen St. Michael-Ordens und
des hanno ve ranis chen Guelphen-Ordens ;
49 kurze Zeit Flttgeladjutant des Kaisers,
seit 67 im Ruhestand, 68 FMLt.-Charakter
ad bonores; * Wien 6. VII. II, f <*as.
13. in.
Munster, Marie Grafin zu, Tochter des
Fttrsten Georg M. von Derneburg, des
deutschen Botschafters ; * 1. VII. 48, f
Paris 20. X.
Mutzschefahl, Arthur von, preuss. General-
leutnant z. D., bis 79 Commandant der
13. Infanterie-Brigade; f 20. VI., 80 J.
Munziger, Eduard, Nekrolog S. 51.
Nageli siehe Wirz.
N&gelsbach, Hans, Gymnasialprofessor: *
Nttrnberg 3. III. 38, f Erlangen 4. IV.
Nagel zu Aichberg, Ludwig von, Nekro-
log S. 140.
Nasse, Dr. Rudolf, Geh. Oberbergrath
und vortragender Rath im preuss. Handels-
ministerium , Schriftsteller (geologische,
bergtechnische u. wirtschaftliche Arbeiten);
* Marburg 1. VII. 37, t Berlin 3. XII.
Nast, Johann Wilhelm, Nekrolog S. 80.
Nathusius, Wilhelm Engelhard von,
Geh. Regierungsrath, Rittergutsbesitzer,
langj. erster Director des landwirtschaft-
lichen Central vereins fUr die Provinz
Sachsen, Anhalt und die thtiringischen
Staaten bis zur Grttndung der Landwirt-
schaftskammer; f Halle a. S. 25. XII.,
78 J.
Natzmer, Old wig von, Generalleutnant z.
D*i 93 — 98 Commandant von Berlin, dann
kurze Zeit Commandant der 5. Division;
t Charlottenburg 29. III., 56 J.
Neefe von Obischau, Karl von, Wirkl.
Geh. Oberregierungsrath, 79-81 Regic-
rungsprasident in Coblenz, 81—89 » n
Potsd m; f Berlin 20. XII., 79 J.
Nehry, Dr. Hans, Schriftsteller: f Halle
a, S. II.
Neudenau siehe Leiningen.
Neumann, von, Legationsrath a. D., Ritter-
gutsb sitzer auf Gerbstadt (Bez. Merseburg),
Mitglied des preuss. Herrenhauses ; f XII.
Neumann, Wilhelm von, Legationsrath a.
D., seit 72 lebensUngl. Mitglied des
preuss. Herrenhauses; + 12. XIL, 76 J.
Neumayer, Georg Josef Ritter von, Geh.
Hofrath, Rechtsanwalt, frtther BUrgcrmeister
von Kaiserslautern, 87—93 Vorstand des
Verwaltungsrathes der pfalzischen Eisen-
f*
i67<
Todtenliste 1899:
168*
bahnen,. Mitglied des bayerischen Land-
tages, eine Zeit lang auch dessen Vice-
president (national-liberal) ; f Kaiserslautern
30. X., 74 J.
Neuper, August Ritter von, bayer. Ober-
landesgerichts-S en ats president a. D. f 83
Genera lsecretar im bayer. Justizministeriuro,
Inhaber des Ritterkreuzes des Verdi en st-
ordens der bayer. Krone und des Ver-
dienstordens vom heil. Michael 2. CI.
* 2. VII. 22; f 26. XI.
Neustatter, Louis. Nekrolog S. 113.
Neuwirth, Victor Ritter von, k. u. k.
Generalmajor, Inhaber des Militar-Ver-
dienstkreuzes. f Schloss Jetrichovic
(BtShmen) 18. VIII., 61 J.
Nickmann, Hans, Schauspieler am Vo Iks-
theater in Milnchen, frtiher in WUrzburg.
t 30. IV.
Niehr, Gus tav, Hofmusikdirector in Dessau,
LiedercomponisL f Dessau VII., 32 J.
Noiting, E., Hamburger Kaufmann, General-
consul der Republik Haiti in Hamburg,
f das. 19. IV.
Notel, Dr. Fried rich, Sanitatsrath, Direc-
tor der Irrenanstalt in Andemach. f 1.
XL, 60 J.
Nollet, Paul, Schauspieler am Berliner
Theater, vordern am Deutschen Theater
in Berlin, f 14. II., 43 J.
Nordendorf, siehe Sauer.
Nothnagel, August, Nekrolog S. 172.
Nowak, August Ritter von, Bibliothekar
der Technischen Hochschule in Wien,
74—82 Beamter der Wiener Universitats-
bibliothek. 82 Scriptor der Bibliothek der
Technik, 88 Custos, 97 Leiter derselben:
f das. 23. V., 51 J.
Nunnenmacher Ritter von Rdllfeld, Lud-
wig, Regierungsrath,Generaldirectionsrath
der ttsterr. Staatsbahnen , Director der
berufsgenossenschaftlichen Unfallversiche-
rungsanstalt der ftsterr. Eisenbahnen; f
Wien 12. VII., 66 J.
Obermayer, Dr. Leopold, Justizrath, kgl.
Advocat und Rechtsanwalt in Nttrnberg;
t das. 5. VIII., 79 J-
Ockert, Karl. Nekrolog S. 128.
Oenicke, Clara Wilhelmine, bekannte
Historien- und Portraitmalerin in Berlin;
Nekrolog S. 276.
Oesterreich, Ernst Karl Felix Maria
Rainer Gottfried Cyriak Erzhcrzog
von, General der Cavallerie, Oberstinhaber
des Infanterie-Rgts. No. 48, Curator der
kais. Akademie der Wissenschaften, 66 —
67 commandirender General in Graz, 48
besiegte er die Garibaldischen Freischar-
ler: * Mailand 8. VIII. 24: f Arco 4. IV.
Oesterreich, Maria Immaculata Cle-
men t i n e Erzherzogin von, geb. Prinzessin
von Bourbon-Sicilien, Tochterweiland
Kttnig Ferdinands II. von Sicilien, Ge-
roahlin (19. IX. 61) des Erzherzogs Karl
Salvator (seit 18. 1. 92 verwittwet), Stcrn-
kreuz-Ordens- und Elisabeth-Ordens-Dame.
* Neapel 14. IV. 44: f Wien 18. II.
Ohrtmann, Dr. W. L. R., Geh. San i tats-
rath, seit 54 praktischer Arzt in Berlin:
t 19- V.
Ompteda, Ludwig Friedrich Christian
Karl Freiherr von, kgl. preuss. Kammer-
herr (83 der Kaiserin Augusta), Scbloss-
hauptmann von Montabaur, Rechtsritter
des Johanniter- Ordens, Comthur des
Franz Josephs-Ordens mit dem Stern f
vormals kgl. hannoveranischer Finanzrath
und Geschaftstrager in Mttnchen und
Stuttgart, Dichter und Schriftsteller (Ro-
mane, Draxnen, Biographien, Culturge-
schichte: * Gotha 28. V. 28; f Wiesbaden
27. I.
Oppenhof, Dr. Theodor, Geh. Oberjustiz-
rath, bis 95 Landgerichtsprasident in
Aachen, bedeutender juristischcr Schrift-
steller; • 6. I. 20; f Aachen 2. XII.
Oriola, Louise Graftn von, Palastdame
der Kaiserin Augusta, Tochter des Joa-
quim Jose Lobo da Silveira Graf en von
O., des kgl. portugisischen ausserord.
Gesandten und Bevollmachtigten Ministers,
spateren preuss. Wirkl. Geh. Rath; * 6.
V. 24; f Berlin 8. XII.
Ott, Josef Friedrich Freiherr von, ehem.
Senatsprasident des Ssterr. Verwaltungs-
gerichtshofes, Ritter der Eisernen Krone
2. CI. und des Leopold-Ordens : t Wien
19. L, 81 J.
Paar, Mathilde. Nekrolog S. 224.
Pace, Camilla Grafin, geb. Freiin von
Schweizer, verwittwet. f Schloss Thurn-
Gallenstein (Krain) 25. VI., 77 J.
Pachur, Hermann, preuss. Generalmajor
z. D., bis 98 Commandant der 74. In-
fanterie-Brigade. f 3. I.
Padevit, Johann, oster. Fregattencapit&n,
Vorstand der Prasidialkanzlei der Marine-
Section im Reichs - Kriegsministerium,
machte die Weltumseglung auf »Saida«
mit, ftthrte 97 das Commando des
» Pan there in Ostasien und 98 des »Leo-
pardc bei der Action der Grossmachte
um Kreta, Ritter des Franz Josephs- Ordens.
* Lundenburg; f Wien 26. XL, 46 J.
Pastor, Gottfried, Geh. Commerzienrath,
MitbegrUnder und Ehren president der
Aachen • Leipziger Versicherungs - Actien-
gesellscbaft. f Aachen 20. XII., 90 J. v
amTage nach seiner diamantenen Hochzeit.
Paucksch, Hermann, Geh. Commerzien-
rath, Grttnder der LandesbergerMaschinen-
bauanstalt. f 5. HI., 82 J.
i6 9 *
Todtenliste 1899:
170*
Pauliny, Jakob Joseph. Nekrolog S.
206. .
Paulitschke, Dr. Philip p. Nekrolog S.
203.
Perkmann, Dr. Rochus, Gymnasialpro-
fessor, Schriftsteller (»Geschichte der
Wiener Universitau, »Geschichte der
Kultur in Oesterreich«) f Wien 9. XII.,
68 J.
Perponcher-Sedlnitzky, A n t o n i e 1 1 e Grafin
von, geb. Grafin Mortimer von Maltzan,
Tochter des ehem. Staatsministers Grafen
M. f Wittwe (seit 93) des Grafen Wilhelm
P., Obersthofmeisterin und Vertraute der
Kaiscrin Augusta. * 25. XL 25; f
Schloss Neudorf bei Reichenbach (Schle-
sicn) 13. VII.
Pertsch, Dr. Wilhelm, Geh. Hofrath,
Professor, namhafter Orientalist, Mitglied
der kgl. Akademie der Wissenschaften,
Director der Bibliothek und der Samm-
lungen auf Schloss Friedenstein in Coburg.
* Coburg 19. IV. 32; f Gotha 17. oder
18. VIII.
Pesch, Tilmann. Nekrolog S. 305.
Peschek, Louis, Geh. Baurath, vortragender
Rath im Ministerium der ftffentl. Arbeiten,
82 — 90 der deutschen Botschaft in Paris
zugetheilt, bis 98 Oderstrombaudirector in
Breslau. * Gusow 14. I. 42; f Breslau
12. I.
Pesendorfer, Franz, Arzt, Obmann des
Gmundener kathol. Casinos, eifriger
Fflrdercr des katholischen Vereinslebens.
t Gmunden 4. V.
Petri, Eduard J. Nekrolog S. 204.
Petzl, Ferdinand. Nekrolog S. 141.
Peyer, Otto, kais. Gesandter z.D. + 19. VI.
Pfeiffer, Dr. Jakob, kgl. Rector a. D. f
Traunstein 20. VIII.
Pfeil, Heinrich. Nekrolog S. 187.
Pfizer, Gustav. Nekrolog S. 64.
Pick, Gerhard, Professor, f x 7- v ^«
Pidoll Freiherr von Quintenbach, Franz,
tfsterr. Oberst, 94 Geniedirector in Trient,
96 Oberstlieutenant, 97 als Oberst mit
WartegebUhr beurlaubt. * Parma; f Wien
30. XII.
Pienzenau, siehe Yrsch.
Pierson, Karoline, Schriftstellerin (No-
vellen) in Koswig bei Dresden. + 2. IV.,
88 J.
Pierson, Dr. William, Professor, frUher
am Dorotheenstadtischen Realgymnasium,
histor. Schriftsteller (»Preussische Ge-
schichte«, »Bilder aus Preussens VorzeiU),
Dichter (^Confessionen cines Nachdcnk-
lichen*). * Danzig 29. VI. 33: f Berlin
19. VIII.
Pieschl, Dr. Theodor, Landgerichtsrath
in Naumburg, Landtagsabgeordneter fttr
Weissenfels - Naumburg - Zeitz , 90 — 98
Reichstagsabgeordneter fur Schwarzburg-
Sondershausen (nationalliberal). * Ttimp-
ling bei Camburg a. S. 24. III. 47; f
Naumburg 13. I.
Pipitz, Dr. Franz Ernst, Mitbegrtinder
und bis 72 Eigenthttmer der »Triester
Zeitungc, gleichzeitig Vicesecretar der
Handels- und Gewerbekammer in Triest,
38 — 50 Docent an der ZUricher Hoch-
schule, Schriftsteller (Politik, Volkswirth-
schaft, Geschichte, Romane). * Klagen-
furt 15; f Graz *9- In -
Plaeschke, Arthur, Hofschauspieler und
Regisseur des kgl. Schauspielhauses in
Berlin, f '7- !•» 47 J-
Planitz, Karl Edler von der, Dichter und
Schriftsteller (sachsische Dialectdicbtungen
u. a.), bekannt sind seine Gedichte in den
MUnchener Fliegenden Blattern(»Mikado«)
* Dorfstadt 30. VIII. 45; f Dresden 10.
XII.
Plehn, Rudolf. Nekrolog S. 232.
Ploennies, A. R. von, Csterr. Hauptmann,
stammte aus hessischer Familie, trat 57
in die Osterr. Armee ein, nahm an den
Kampfen 59, 66 und 78/79 (Bosnien) theil,
wirkte spater an der Kndettenschule in
Budapest, seit 89 im Reichskriegs-
ministerium. f Wien 7. II.
Pocci, Friedrich Josef Fabricius
Evaristus Graf von, kgl. bayer. Kammer*
hcrr, Besitzer des Ritterlehens Ammer-
land am Starnberger See, bis 87 kais.
Oberftfrster in Strassburg, Ritter des
Rothen Adlerordens 3. CI. u. des sachs.
Albrechtsordens , Verfasser eines »Hand-
buchs fttr den Forstdienstc * Mttnchen
19. III. 38; + das. 6. III.
Poesche, Theodor. Nekrolog S. 206.
Poetzschke, Dr., Professor, em. Rector des
Gymnasiums in Wurzen. f Ktitzschen*
brpda 16. II.
Polch, Geh. Oberjustizrath , Landgerichts-
prasident in Trier, liber 55 Jahre bei der
preussischen Justizverwaltung thatig. f
22. X.
Polko, Elise. Nekrolog S. 124.
Popper, siehe Bunzl.
Poras, Dr. Hermann, Sanitatsrath, Ober-
bezirksarzt, Gemeinderath von Czernowitz,
71 — 72 Landtagsabgeordneter. f Czerno-
witz (Bukowina) 26. V., 64 J.
Prausnitz, Alwin, Verlagsbuchhandler. f
Berlin 19. I., 62 J.
Prel, Dr. Carl Freiherr du. Nekrolog S 146.
Prieger, J. P., Gutsbesitzer in Gereuth bei
Schweinfurt, bayer. Landtagsabgeordneter
(Freie Vereinigung). f XII. (?)•
Pringsheim, Dr. Gustav, Oberbergrath,
namhafter Fachmann. f Breslau 1 8. I.
171*
Todtenliste 1899:
172*
Prinzinger, Dr. August, Sprachforscher,
frUfaer Rechtsanwalt, Mitglied des Frank-
furter Parlaments, Scbriftsteller (Alter-
thumskunde, Sprachforschung). * Otto-
beuren 16. X. n;f Salzburg 14. I.
Probst, Dr. Ferdinand, Dompropst, Haus-
pralat des Papstes, ord. Professor der
katholisch-theologischen Facultat an der
Universitat Breslau. * 28. III. 16; f Bres-
lau 26. XII.
Probst, Rudolf. Nekrolog S. 70.
Promber, Dr. Adolf. Advocat (seit 72) in
Brllnn, politiscb thStig seit 67 ; 77—84
Landtagsabgcordneter ftlr Gttding, seit 84
far Weisskirchen, seit 78 Landesausschuss,
seit kurzem aucb Landeshauptmann-Stell-
vertreter; seit 85 Reicbstagsabgeordneter
fiir Weisskircben (deutscb - fortscbrittlicb,
zuletzt freie deutscbe Vereinigung). * Un-
garisch-Hradisch (Mahren) 43; f Brttnn
2. II.
Puckler-Burghauss, Karl Alexander
Ludwig Erdmann Graf von, Freiberr
von Groditz, Wirkl. Geb. Rath, seit 76
Generallandscbaftsdirector von Scblesien,
kgl. Kammerberr und Obermundschenk,
Mitglied des preuss. Herrenbauses, 53—61
Landtagsabgcordneter, 67 Mitglied des
norddeutscben , 7 1 — 74 d *s deutscben
Reichstags. * Tannhausen 9. VII. 17; +
Oberweistritz 2. VII.
Puricelli, Besitzerin der weltberUbmten
Weinlande an der Moscl, Wittwe. f Trier
6. (?) II.
Purkholzer, Rosa, Wiener LocalsBngerin,
dann Scbauspielerin am Theater in Wien
und im Fttrsttheeter. f 26. IL, 65 J.
Puschmann, Dr. Tbeodor, ord. Professor
der Gescbicbte der Medicin an der Uni-
versitat Wien, Verfasser der Geschichte
der Wiener medicinischen Scbule, von
Arbeiten ttber Alexander Trallianus, liber
Philuraenos und Pbilagrius. * Ltiwenberg
(Schlesien) 4. V. 44, t Wien 28. IX.
Puttkammer, Constantin Freiberr von,
preuss. Generalmajor z. D., seit 66 im
Rubestande, bis 66 Commandant des
Fttsilier Rgts. No. 35, Recbtsritter des
Johanniter-Ordens. * 25. VII. 07: f 12.
V.
Quaritsch, Bernbard. Nekrolog S. 225.
Queis von, preuss. Leutnant a la suite des
10. Dragoner-Rgts., Fuhrer der Expedition
im Hinterlande von Kamerun, wo er X.
ermordct wurde.
Quintenbach, siehe Pi do 11.
Raab, Jobann Leon bard, Nekrolog S. 162.
Raders, Ludwig, Nekrolog S. 249.
Radler, Anton ia Edle von, Wittwe des
ehemal. Theaterdirectors Jobann E. v. R.,
Mutter des Theaterscbrifts tellers Dr. Fried-
rich E. v. R.; f Wien 7. XI., 74 J.
Raif, Oskar, Nekrolog S. 161.
Ramberg, Hermann Freiberr von, dsterr.
General der Cavallerie, Geb. Rath, Gross-
kreuz des Leopold-Ordens, Eiserne Krone
1. CI., Grosskreuz des russischen Annen-
Ordens, Besitzer des Stanislaus-Ordens,
des saebsiscben Albrecht-Ordens u. a.,
Inbaber des Infanterie-Rgts. Nr. 96, nabm
an den Kriegen 49 und 66 theil, 74 Feld-
marschall-Lieutenant, 78 Commandant des
5. Armeecorps, 81 General der Cavallerie,
83 kgl. Commissar in Agram, bis 89 com-
mand irender General daselbst; * Wien
20. XL 20; f Graz 26. XII.
Rammelsberg, Dr. Karl, Geb. Regierungs-
ratb, Professor, Mitglied der Berliner
Akademie der Wissenschaften , seit 45
ausserordentlicber, seit 74 ordentlicber
Professor und Director des zweiten che-
miscben Instituts an der Universitat Berlin,
Autoritat auf dem Gebiete der mineralo-
giscben Cbemie, bedeutender Facbscbrift-
steller; * Berlin 1. IV. 13; f Grosslichter-
felde 28. XII.
Ranitzki, Dr. Max, praktiscber Arzt in
Berlin, nambafter Kenner der talmudiscben
Medicin; f 29. V., 58 J.
Ranniger, Jobann Ludwig Eduard,
Commerzienratb, Grossindustrieller (Hand-
scbuhfabrikant) in Altenburg; f daselbst
23- IL, 63 J.
Rappold, Adolf Robert, Reicbsgericbts-
rath a. D., 70 - 79 Rath am preuss. Ober-
tribunal, 86 am Reicbsgericht. * Gum-
binnen 16; f Berlin 23. X., 83 J.
Raspi, Leopold Hermenegild, kais.
Rath, Oberinspector der priv. osterr.-ung.
Staatseisenbabngesellschaft ; f Wien il.XI.
Rath, Baltbasar, Amtsgerichtsratb in
Grevenbroich bei Diisseldorf, Landtags-
und seit 98 Reicbstagsabgeordneter ftlr
Neuss - Grevenbroich (Centrum); • Harff
6. VII. 46; f Grevenbroich 1. V.
Rathke, Harm sen Wilhelm, Grttnder
und Director des Technikums in Hild-
burgbausen ; f daselbst 21. XL, 55 J.
Ratibor, Marie Amalie Herzogin von,
geb. Prinzessin von Ftlrstcnberg, Wittwe
des 93 f Herzogs Victor (Fttrsten von
Corvey, Prinzen zu Hohenlobe -Walden-
burg- Schillings flirst, des Binders des
frllheren deutschen Kanzlers), Dame des
Malteser-Ordens; * Donaueschingen 12 IL
21; + Schloss Rauden 1. I.
Ratzinger, Dr. theol. J. Georg, Nekrolog
S. 246.
Rauch, Dr. Christian, herzogl. sachs.
Oberschulrath in Gotha, Philologe, Leiter
des Unterrichtswescns im Herzogtbum
i73"
Todtenliste 1899:
174*
Sachsen-Coburg, bis 89 Professor an der
Augusta-Schule in Berlin; f Gotha 1. X.
Rautenberg, Dr. Otto, Oberbibliothekar
der Universitatsbibliothek in Konigsberg;
* 29. IX. 43; f Kbnigsberg VI.
Rawitzki, Dr. Max, medicinischer Schrift-
steller; f Berlin 29. V„ 58 J.
Rechberg und Rothenl5wen, Bernhard
Graf von, Nekrolog S. 283.
Reibel, von, wtirttemb. Generalleutnant z. D ,
86—95 Commandant des Landjagercorps;
t Stuttgart 16. V., 65 J,
Reibisch, Fried rich, Miniaturenmaler in
Drcsden-Plauen; f 22. III., 83 J.
Reimer, Dietrich! Nekrolog S. 162.
Reiter, J oh an n, bertihmter Geigenbauer
im Mittenwald, welcher noch nach den
Traditionen der alten italienischenKUnstler
arbeitete; f Mittenwald I.
Renner, Gustav, kgl. bayer. Regierungs-
und Kreisbaurath a. D., Besitzer des Ver-
dienstordens vom heil. Michael; *Abens-
bcrg 16. V. 24; f Miinchen X. (?)
Rentsch, Friedrich, Professor an der
technischen Hochschule in Dresden, be-
deutender Bildhauer; f 16. XI. 63.
Resener, Hans, Schriftsteller in Kniro,
Herausgeber und Chefredakteur des
»Aegypt. Kuriers*, Mitarbeiter der Vossi-
schen Zeitung; * Breslau 8. IX. 71;
f 21. VII.
Reuter, Paul Julius Freihcrr von, Nekro-
log S. 241.
Reznicek, Joseph (Pseud. Josef Gisela),
bekannter Wiener Genremaler; * Wien
17. XL 51; f das. 29. VIII.
Rheinstein und Tattenbach, Si ground
Graf von, kgl. bayer. Kammerjunker und
Leutnant; f Immenstadt im Alg&u 3. VIII.,
26 J.
Ribbeck, Dr. Walther, kgl. Archivar in
Breslau, bedeutender historischer Schrift-
steller: * Berlin 13. V. 58; f Breslau,
27. XI.
Richard, Ernst, Hofmaler und Galerie-
director in Karlsruhe; + 13. VI.
Richter, Dr. Karl, ehem. ausserord. Pro-
fessor der Thierarzneikunde an der Uni-
versity Kttnigsberg, Departementsthierarzt
und Veterinarassessor des Medicinalcolle-
giums filr Ostpreussen ; f Berlin 14. II.,
80 J.
Richter, Joseph, Magistratsrath in Freising,
34 Jahre lang im Dienste der Stadt, 76
bis 94 Mitglicd des oberbayerischen Land-
rathes; f Freising 28. I., 77 J.
Riem, Hermann, Geh. Oberjustizrath, Vor-
sitzender des Aufsichtsrathes der Conti-
nental-Telegraphen-Compagnie; f Berlin
4. XII.
Riese-Stallburg, Anton Freiherr von, k.
u. k. Kammerer, Ehrenritter des Johan-
niterordens ; f Budapest 5. III., 80 J.
Riggenbach, Nicolaus. Nekrolog S. 40.
Rintel, Dr. Wilhelm, Geh. Sanitatsrath,
sett 41 praktischer Arzt, auch als Compo-
nist thatig; f 26. VI., 8x J.
Ritter, Theodor, bayer. Oberst a. D.,
ehem. Commandant des Infanterie-Rgts.
Nr. 10 (bis 69), machte nach seiner Pen-
sionirung als Etappen-Inspector den Krieg
70/71 mit und erwarb sich als solcher
das Eiserne Kreuz ; * Schorgast 12; f I.
Rittershaus, Dr. Hermann Trojan, Pro-
fessor fUr Kinematik und elektro tech-
nischen Maschinenbau an der technischen
Hochschule in Dresden; f Dresden 28. II.,
55 J-
Rittershausen, Hermann Ritter von,
ehem. Betriebsdirector der ttsterr. Nord-
westbahn (seit 68), vorher (seit 55) bei
der osterr. Staatseisenbahngesellschaft,
Verdienst urn das Tarifwesen ; • Berlin
31; f Marienbad 18. VIII.
Robert, Emerich. Nekrolog S. 282.
Robl, Josef, Schlacht- und Viehhofdirector
a. D., ausserord. Mitglied des Obermedi-
cinalausschusses, Docent tiber animalische
Thierbeschau an der MUnchener thierarzt-
lichcn Hochschule; • MUnchen 3. VIII.
29; f das. II.
Roehl von, preuss. General der Infanterie,
zuletzt commandirender General des VI.
Armeecorps; + Berlin 30. VII.
Rdllfeld siehe Nunnenmacher.
RQmer, August, langj. Conservator der
naturwissenschaftlichen Sammlungen in
Wiesbaden; + das. 29. IV., 74 J.
Romer, Wilhelm August, MitgrUndcr
(36) und ehem. Mitbesitzer der TUrkisch-;
roth-Farberei zu Hainsberg (Sachsen)
t Dresden 15. VIII.
Roseler, Friedrich Wilhelm. Nekrolog
S. 226.
Rftssing, Nonus Freiherr von, preuss.
Generalleutnant z. D., bis 99 Commandant
der Eisenbahn-Brigade; * Rttssing 16. V.
41; f Gottingen 24. VII.
Rossing, Wilhelm Freiherr von, preuss.
General der Infanterie z. D., bis 66 in
der hannoveranischen Armee , 92 — 95
Commandant der 28. Division in Karls-
ruhe; * Rflssing 16. VIII. 36; f Hildes-
heim 1. XII.
Rogge, Bruno, preuss. Generalmajor a. D.,
bis 92 Commandant der 41. Infanterie-
Brigade; + 5. III., 64 J.
Rohland , Karl Otto, Rit tergu tsbesi tier,
67 — 73 I-andtagsabgeordneter for Naum-
burg-Weissenfels-Zeitz (Fortschrittspartei),
67—78 und 81-87 Mitglied des nord-
deutsclien und des deutschen Reichstags
*75*
Todtenliste 1899:
176*
fUr densclbcn Bezirk (fortschrittlich,
sp&ter deutsch-freisinnig); * Zeitz 24. IV,
28; f Etzoldsheim bei Zeitz 31. VIII.
Rommel, J. Ph. Wilhelm, Wirkl. Geh.
Oberregierungsrath , Senatsprasident des
Ober-Verwaltungsgerichts, 72—86 vor-
tragender Rath im Handelsministerium;
+ Berlin 16. XIL, 62 J.
Rosatzin, Franz, Director der Actien-
gesellschaft »Neue B3rsenhalle« in Ham-
burg; f 20. I.
Rose, Dr. Georg, Professor, Director des
Luisenst&dtischenRealgymnasiumsinBerlin;
* 39; + Berlin 14. XII.
Rosenberger, Dr. Ferdinand. Nckrolog
S. 116.
Rosenfeld, Dr. I si dor, Schriftsteller in
Berlin, frtiher Rabbiner in Worms und
Nordhausen; f 23. IV., 83 J.
Rosenthal-Brynck, Dr. Hugo von, Re-
gierungsassessor a. D., LandaJ tester der
oberschlesischen Fttrstenthumslandschaft
in Ratibor, Vorstandsmitglied der schle-
sischen Landwirthschaftskammer, Vor-
sitzender des landwirthschaftlichen Ver-
eins von Tost Gleiwitz, einer der bedeu-
tendsten Agrarier Oberschlesiens ; fBreslau
11. IV., 47 J.
Rothbart, Ferdinand. Nekrolog S. 169.
Rothberger, Jakob, Hoflieferant, Kleider-
macher; f Wien 30. III.
Rothenbucher, Karl, kgl. bayer. Regierungs-
director, Vorstand des bayer. Kataster-
bureaus, f Mlinchen 24. IV., 54 J.
Rothenlbwen siehe Rechberg.
Rotter, Josef Arthur. Nekrolog S. 164.
Rudolph, Karl Hermann, kgl. Musik-
director und Seminaroberlehrer a. D.,
Componist, tiber 30 Jahre am Lehrer-
seminar zu Nossen thatig; f Dresden 25. 1.
Rlibsam, Fried rich, Gesanglehrer in
Frankfurt a. M., frUhcr Baryton in MUn-
cben, Hamburg und Frankfurt; f IX.
Riickert, Medicinalrath, Sohn Friedrich R.'s;
f Coburg 3. IV., 77 J.
Ruger, Konrad Robert, (79—95) Reichs-
gerichtsrath a. D. , frtiher Oberappella-
tionsgerichtsrath in Dresden; f daselbst 13.
XL. 70 J.
Rugland siehe Crailsheim.
Riimelin, Emil von. Nekrolog S. 61.
Ruff, Wilhelm, osterr. Oberstlieutenant
d. R.; f Wien 31. V.
Runge, Heinrich, 68-92 Director des
Gymnasiums in Osnabrtlck, namhafter
Philologe; f 21. XIL, 72 J.
Ruperti, Dr. Justus. Nekrolog S. 122.
Rupprecht, Dr. Ludwig, prakt. Arzt,
Ritterkreuz des Militar- Verdienstordens
1. CI., Eisernes Kreuz 2. CI., 59 — 60
Assistenzarzt an der Klinik des Prof.
Lindwurm, dann am stadt. Krankenhaus
in MUnchen, 63 Privatdocent an der Uni-
versitat, 5. VIII. 70 Stabsarzt, 26. XII.
70 Oberstabsarzt 2. CI.; • MUnchen 11. X-
36; f das. 28. VIL
Ruscheweyh, Robert, Grttnder der welt*
berUhmten Mdbelfabrik in Langenttls bei
Lauben (bekannt die Aasziehtische);
f Langen5ls 21, X., 78 J.
Russ, Dr. Karl, Ornithologe, naturwissen-
schaftlicher Volkssch rifts teller, Begriinder
der Zeitschriften »Gefiederte Welt€ und
»Isis*; * Baldenburg in Westpreussen
14- !• 331 t Berlin 30. IX.
Sachsen~Coburg~Gotha, Alfred, Erbprinz
von, Sohn des regierenden Herzogs Ernst
Alfred, preuss. Hauptmann, Ritter des
Schwarzen Adler-Ordens und des Hosen-
band-Ordens; * Buckingham-Palast in
London 15. X. 74; f Martinsbrunn 6. II.
Sackel, Kapitan z» S- a. D., befehligte am
18. XII. 88 das deutsche Landungscorps
und leitete das Gefecht von Vailele. f
SprembeTg (Lausitz) 9. XL
Safferling, Benign us Ritter von. Nekrolog
S. 217.
Sainte Marie Eglise, Ludwig Frctherr
von, 63 — 84 Director der Biener'schcn
Blindenanstalt in Leipzig; * Neuburg a. d.
Donau 22. VIIL 21; f Leipzig 28. XL
Salkowsky, Dr. Karl. Nekrolog S. 175.
Samelsohn, Dr. Julius, Geh. Obersanitats-
rath, Oberarzt der Armen-Augenheilan-
stalt in K5ln, angesehener Ophthalmologe
und Fachschriftsteller; f Koln 7. III., 57 J.
Samuel, Dr. Simon, ausserord. Professor
der allgemeinen Pathologic an der Uni-
versitat Kttnigsberg; * Glogau 5. X. 33;
f Kdnigsberg 9. V.
Sandels, Auguste Grafin, geb. von Ters-
meden, Schwiegermutter des deutschen
Botschafters in Wien Grafen Eulenburg;
f Wien 25. VI., 70 J.
Sandreczki, Dr. Max, Grander und Direc-
tor des Kinderhospitals Marienstift in
Jerusalem; f das. 23. VL, 60 J.
Sauer-Csaky, von Nordendorf, Eugen,
Osterr. Generalauditor i. P., Ritter des
Ordens der Eisernen Krone 3. CI.; f
Wien 5. III.
Saurma, Karl Graf von, Freiherr von und
zu der Jeltsch, Majoratshcrr zu Tworkau
im Kreise Ratibor, preuss. Rittmeister a.
D., Ehrenritter des souv. Malteser-Ordcns;
* 24. XIL 30; f Breslau 25. II.
Savoye, Josef von, bayer. Stadt- und Land*
richter a. D.; * Passau 14. VIIL 22; f
Neuhauscn 22. I.
Schabelitz, Jakob. Nekrolog S. 178.
Schaewen von, Geh. Oberjustizrath, Landes-
gerichtsprasidcnt in Ratibor; f VIIL
177*
Todtcnliste 1899:
178*
Schaiblc, Dr. He in rich Karl. Nekrolog
S. 183.
Schaller, Fried rich, Historienmaler in
Berlin: f 23. I., 86 J.
Schartow, Adolf Friedrich, Wirkl. Geh.
Oberregierungsrath , bis 83 Ministerial-
director im Landwirthschaftsministerium;
# Frankfurt a. O. 17; f Berlin 13. XII.
Schaup, Dr. Wilhelm, Guts- und Brauerei-
besitzer in Zipf, 70—95 Reichsrathsab-
geordneter (deutschliberal) fdr die Linzer
Handelskamracr; * Wien 4. IV. 38; +
das. 28. XL
Scheibler, Dr. Karl, Geh. Regierungsrath,
Professor, 68 — 82 Lehrer an der land-
wirthschaftlichen Hochschule in Berlin,
Herausgeber der »Neuen Zeitschrift fUr
RUbenzucker - Industrie*, besonders ver-
dient um die wissenschaftliche Hebung
der Zuckerfabrication, Erfinder des Stron-
tianit und des rauchlosen Pulvers; * Eupen
16. II. 27; f Berlin 2. IV.
Scherbring, Karl. Nekrolog S. 171.
Schiess, Bildhauer in Biebrich; f 20. II.
Schiff, Dr. Emil, Nekrolog S. 256.
Schilling von Cannstatt, Georg Freiherr,
Zoologe; + Scutarie 19. IX.
Schlaug, Georg, bayer. Oberlandesgerichts-
rath: f NUrnberg 26. VII.
Schlesinger, Dr. Ludwig. Siehe Nach-
trag.
Schleswig-Holstein-Sonderburg - Gliicks-
burg, Adelheid Herzogin zu, geb. Prin-
zessin von Schaumburg-Lippe, Wittwe
des 85 f Herzogs Friedrich; * BUckeburg
9. III. 21; f ltzehoe (wo ihre j tings te
Tochter, Prinzessin Marie, Aebtissin des
adeligen Conventes ist und sie seit 95
lebte) 30. VII.
Schl5zer, Nestor von, russischer Staats-
rath, Sohn des Historikers (August Lud-
wig) und Vater des deutschen Botschafts-
rathes in Constantinopel (Karl): t Dresden
18. II. , 90 J.
Schmarda, Karljohann Ritter von, ttsterr.
Feldmarschall-Lieutenant, zuerst Professor
der Akadcmie in Wiener Neustadt, dann
Artilleriedirector in Josephstadt, zuletzt
Arsenaldirector in Wien, Eiserne Krone
2. CI., Leopolds-Orden, Franz Josephs-
Orden, Gold. Verdienstkreuz ; f Wien 16.
XII , 72 J.
Schmeemann, Karl, einer der bedeutend-
sten Vertreter des radicalen Deutschthums
in Amerika, schrieb: »Deutscher Radicalis-
mus in Amerika* (2 Bde.); * W T estphalen:
t Detroit X., 56 J.
Schmick, Johann Wilhelm Peter, Ober-
ingenieur in Frankfurt a. M. f nahm an
den Sffentlichen Bauten der Stadt (Brlickcn,
Eisenbahnen, Wasserleitungen) hervor-
ragenden Antheil; * Rothenbergen (Hessen-
Nassau) 4. IX. 33; f Frankfurt a.M. 14. IX.
Schmidt von Hirschfelde, Hauptmann a.
D., fruher Landtagsabgeordneter fttr Py-
ritz-Saatzig; f Frankfurt a. O. 23. XL,
75 J-
Schmidt, Albert, Wirkl. Geh. Oberfinanz-
rath a. D. f bis VII. 99 Provinzial-Steuer-
director in Kassel, frUher vortragender
Rath im Finanzministerium ; f Kassel 23.
IX., 63 J.
Schmidt, August, Rentner, wobl der letztc
Veteran aus den Freiheitskriegen 13 — 15;
* Anklam 10. II. 1795; f Wolgast 11.—
12. IX.
Schmidt, Eduard, Kaufmann in Schone-
beck a. E., frtther deutscher Consul in
Kamerun und Lagos, dessen Energie
namentlich Deutschland seinen Besitz in
Kamerun verdankt; S. war der erste,
welcher den hohen Werth der in Bcnim
gefundenen Bronzen erkannte; + Scbone-
beck 27. VIL, 39 J.
Schmidt Ritter von Pflichtenfest, Felix,
Senatsprasident des obersten Gerichtshofes
a. D., Ritter des Leopolds-Ordens; f Wien
6. XL, 75 J-
Schmidt von Zabierow, Franz Freiherr
von, Geh. Rath, bis 98 Landesprasident
von Karnten; * Innsbruck 17. I. 26; f Vo-
losca XL
Schmidt, Hugo Ernst, Nekrolog S. 243.
Schmidt, J. B., Geh. Regierungs- und Ober-
schulrath in Metz; + 21. III.
Schmidt, Paul, Baurath, ord. Professor
fUr Strassen- und Eisenbahnbau an der
Technischen Hochschule in Dresden; +
das. 19. XII., 48^ J.
Schmidt, Richard, k. k. Sectionsrath a. D.,
Ehrenmitglied des Ferdinand eums in Inns-
bruck, geologischcr Schriftsteller; f Hall
in Tirol 13. X., 95 J.
Schmidt, Rudolf, Dichter(»Derverwandeltc
Konig«, Drama, u. a.) und philosophischer
Schriftsteller; f Kopenhagen 5. IV., 62 J.
Schmidt, Michael, bayer. Oberlandes-
gerichtsrath; * Unterfranken; f Mtinchen
5- I-63 J.'
Schmidt, Robert Hans, kais. deutscher
Geograph in Deutsch Ostafrika, f Mangali
(Chehe), auf der Heimreise begriffen, 10.
V. am schwarzen Fieber, 29 J.
Schmitz, Dr. Hermann Josef, Weibbischot
in K5ln, Titularbischof von Zela, theolog.
Schriftsteller; * Kaln 16, V. 41 ; + das.
21. VIII.
Schnakenburg, Wilhelm, Kaufmann in
Evansville (Indiana), 48 aus Halle nach
Amerika ausgewandert, im amerikanischen
Btlrgerkrieg zum Major ernannt; f 24.
VIIL, 82 J.
179 s "
Todtenliste 1899:
180*
Schneider, Ferdinand, Oberst im General-
stabscorps, der im Dreyfus-Processe in
Rennes vielgenannte chem. tfsterr. Militar-
Attache; f Wicn 20. X., 45 J.
Schneider, Oskar, Holzbildhauer in Leip-
zig, Chef der bekannten Fabrik Franz
Sell.; f das. 25. XIL, 45 J.
Schober, Karl, Oberrealschuiprofessor; f
Innsbruck 4. IX., 38 J.
Schockingen, siehe Gaisbcrg.
Schonaich-Carolath, August Heinrich
Bcrnhard Prinz von, preuss. Hauptmann
a. I)., bis 88 Berghauptmann des Ober-
bergamtes in Dortmund; * Saabor 20.
VIII. 22; f Potsdam 16. X.
Schdnborn, Franz de Paula, Reichsgraf
von. Nekrolog S. 278.
Sch5nburg-Glauchau, Henriette Elisa-
beth Graftn von, Ehrendame des kgl.
bayer. Theresienordens; * Glaucbau I.
XI. 21; f Dresden 9. XII.
Schonherr, Ludwig, herzogl. altenburgi-
scher Regierungsprasident a. D., seit 66
im Ruhestand; f Altenburg 14. IV., 90 J.
Schbnlein, Dr. Karl, Physiologe, Ab-
theilungsvorstand an der zoologischen
Station in Neapel, frtther Professor an der
Univcrsitat Santiago in Chile; * Sangers-
hausen 55; f Neapel 29. I.
Schott, Dr. Theodor Friedrich. Ne-
krolog S. 75.
Schradcr, Hermann, BUrgermeister von
Holzminden, 84—89 und 93 — 95 Land-
tagsabgeordneter; * Braunschweig 12. VI.
44; f Holzminden 12. IX.
Schramm, Dr. Adolf, kgl. Medicinalrath
und Landgerichtsarzt a. D.; * NUrnberg
7. XI. 21; f MUncben 5. VIII.
Schreincr, Adolf Ritter von, Hofrath, em.
Gencralsecretar der Bsterr. SUdbahn, Ritter
des On 1 , ens der Eisernen Krone und des
Franz Josephs-Ordens; + Hinterbruhl (bei
Mttdling, Niederosterr.) 31. VIII., 77 J.
Schreyer, Adolf, bedeutender Thier-,
namentlich Pferdemaler, machte in Ungarn,
der Walachai, Stldrussland, im Orient und
in Algicr Studien, dann lebte er bis 70
in Paris; * Frankfurt a. M. 9. V. 28; f
Cronberg a. T. 29.— 30. VII.
Schrbder, Friedrich Anton. Nekrolog
S. 120.
SchrSder, Gustav. Nekrolog S. 239.
Schrftder, Hugo. Nekrolog S. 167.
Schubart, Dr. Martin, Kunstsammlcr, Be-
sitzer der bedeutendsten deutschen Privat-
Gemaldesammlung, Goetheforscher; Nekro-
log S. 305.
Schuberg, Karl, Oberforstrath, ord. Pro-
fessor der Forstwissenschaft an der Tech-
nischen Huchschule in Karlsruhe; f das.
17. IV., 73 J.
Schiinhoff, Dr., Consistorialrath , General-
superintendent flir das Ftirstenthum L&nc-
burg-Harburg, ausserord. Mitglied des
hannoverschen Landesconsistoriums ; f
14- V., 73 J.
Schiirer von Waldheim, Anton, Ehren-
p resident der Apothekervereine Ocster-
reichs, Mitglied des obersten Sanitats-
rathes ; sein Entwurf einer internationalen
Pharmakopoe (55) wurde vom Internatio-
nalen Pharmaceutencongress in BrUssel als
Grundlage angenommen; Ritter des Franz
Josephs-Ordens; * Wien 30; f das. 13. V1IL
Schiissler, Otto von, preuss. Generalmaj or
z. D., 79—84 Commandant der 8. Feld-
artillerie-Brigade; f 5. XL, 74 J.
Schuler von Senden, Ernst Freiherr.
Nekrolog S. 221.
Schultz, Dr. Albert, Rittergutsbesitzer auf
Lupitz in der Altmark, namhaftcr Land*
wirth, Landesbkonomierath, der crste,
welcher die Wirkung der stickstoffsammeln-
den PManzen auf den Boden erkannte,
wofttr ihn die Universitat Jena zum Dr.
h. c. ernannte. 82 — 93 Landtagsabge-
ordneter fflr Salzwedel- Garde] egen (frei-
conservativ), 87 — 90 und 93—98 Reichs-
tagsabgeordneter (Reich spartei); * Rehna
(Mecklenburg) 26. III. 31; f Lupitz 5. I.
Schultze, Dr. Martin, Orientalist, Schrift-
steller (Cultur- und Religionsgeschichte) ;
f Ellrich a. H 10. DC.
Schulz, Emil, Geh. Hofrath, bis 98 Vor-
stand der Kanzlei der preussischen Ge-
sandschafl beim Vatikan und Verwalter
des deutschen Hospitals in Rom, wo er
seit 36 wohnte; + das. 3. — 4. III., 84 J.
Schulz, Hugo, Rittergutsbesitzer auf Petcrs-
hagen, Oekonomierath, Mitglied des Be-
zirks-Eisenbahnrathes; f 4. IX., 76 J.
Schulz, Robert, Geh. Justizrath, Ober-
landesgerichtsrath in Jena, Herausgeber
der » Blatter fUrRechtspflegeinThttringen«.
t Jena 16. IX.
Schulz, YVilhelm von, preuss. General-
leutnant z. D., bis 88 President des In-
genieur-Comites, Organisator und erster
Commandant der preussischen Eisenbahn-
truppen; • Stettin 13. IX. 29; f Berlin
23. I.
Schulz-Boosen , Rittergutsbesitzer, 74 — 77
Reichstagsabgeordneter ftir Guben-LUbben
(natioalliberal); f 9. I.
Schurig (Schuricht), Hermann, deutsch-
amerikanischer Schriftsteller (Geschichte
der Deutschen in Virginia, Romane, No*
vellen u. a.) und Padagogc; + auf seinem
Landsitze Idlewild bei Cobham (Virginia)
V., 68 J.
Schurig, Julius Wilhelm Volkmar.
Nekrolog S. 161.
i8i*
Todtenliste 1899:
182*
Schuster, Heinrich (Pseud. Heinrich
Wold an), preuss. Amtsgerichtsrath a. D.,
Scbriftsteller; f MUnchen 6. IV., 70 J.
Schwaabe, Karl, bayer. Rittmeister a. D.
(bis 90), Mitglied der deutschen Reichs-
fechtschule und des Mannergesangvereins
»Ncu-Bavaria« ; • Wunsiedel 27. X. 24;
t IV., 75 J-
Schwade, Heinrich. Nekrolog S. 160.
Schwaighofer, Johann, Nekrolog S. 259.
Schwartz, Marie Esperance Freifrau von,
(Pseud. Elpis Melena). Nekrolog S. 213.
Schwartz, Dr. Wilhelm, Geh. Regierungs-
rath, Gymnasialdirector a. D., Forscher
auf dero Gebiete der Mythologie, Sagen-
kunde und Anthropologic; • Berlin 4. IX.
21; f das. 16. V., 77 J.
Schwerin, Jeannette geb. Abarbanell,
FUhrerin der Berliner Frauenbewegung,
Viceprasidentin der Gesellschaft ftir
ethische Cultur; f '4- VII., 47 J.
Sckell, Eugen, bayer. Oberst a. D, Be-
sitzer des Verdienstordens vom heiligen
Michael 4. CI.; f MUnchen 15. III.
Seckels, Julius, Director der Hamburger
Wcchslerbank; + 16. I.
Scitz, Dr. Eugen, Geh. Medicinalrath,
56—79 Professor der speciellen Patho-
logic und Therapie und Director der
medicinischen Klinik in Giessen, Fach-
schriftsteller (»Symptomatische Pathologie
und Therapies, setzte Niemeyers »Lehr-
buch der speciellen P. u. Th.« fort);
♦ Vilbcl 19. XI. 17; Wiesbaden f "• IV.
Seitz, Johannes, Pfarrer der evang. Ge-
meinde in Antwerpen, eifrig fur das Wohl
der deutschen Colonie bedacht durch
verschiedene Grttndungen und Anregungen
(Handwerkerheim, Damen- und M&dchen-
heim, Sonntagsschule , Diakonieschule) ;
* Gemmingen (Baden) 44; f Antwerpen VI.
Seitz, Karl Ludwig, kgl. bayer. Kupfer-
stich-Inspector a. D., seit 91 (nach 5qjah-
riger Thatigkeit) im Ruhcstand; * MUnchen
29. III. 24; f IV.
Sellner, Ernst, Oekonom in Sendershausen
bei Schweinfurt, seit 69 Landtagsabgeord-
neter (liberal); f das. IV.; 73 J.
Senden siehe Schuler.
Seydewitz siehe Damm.
Show, Heinrich Christian August,
Oberregierungsrath und Leiter der Ab-
theilung ftir Kirchen- und Schulwesen bei
der Regierung in Schleswig; * Apenrade
30. XII. 45; f Herrenalb (Schwarzwald)
14.— 15. VII.
Sieffert, Dr. Emil Albert Karl, Geh.
Oberregierungsrath, vortragender Rath im
preuss. Handclsministerium; * Stargard 46;
t Berlin 7. I.
Siegel, Dr. Heinrich. Nekrolog S. 91.
Sigmund, Hugo von, bayer. Oberlandes-
gerichtsrath a. D., Ritter des bayer. Civil-
verdienstordens und desSt.Michael-Ordens
1. CI.; * MUnchen 28. IV. 24; f das. 19, VIII.
Silberhuber, Anton. Siehe Nachtrag.
Silberstein, Dr. Adolf. Nekrolog S. 240.
Simmerlein, Dr. Rudolf, ehem. Vorsteher
des stenographischen Bureaus im preussi-
schen Abgeordnetenhause; • Eberswalde
10. IX. 38; f das. 24. VII.
Simon, Heinrich, Deutscher aus Breslau,
60 nach England ausgewandert, wo er in
Manchester eine MUhlenbaufirma — eine
der grSssten der Welt — grUndete; Er-
finder der Walzmtthle und des Simon
Carves-Ofens; f Manchester 22. VII.
Simpson -Georgenburg von, der grttsste
PferdezUchter in Ostpreussen; t 27. IX.
Simson, Eduard von. Nekrolog S. 307.
Singer, Rudolf, Director der »Neucn
Bttrsenhalle* in Hamburg, bis Anfang 99
Chefredacteur der ^Hamburger Borsen-
halle«, Vorstand des Hamburger Jour-
nalisten- und Schriftsteller-Vercins; * Bres-
lau 31. I. 45: f Hamburg 14. XI.
Sittl, Dr. Karl, ord. Professor der classi-
schen Philologie und Archflologie an der
Universitat WUrzburg, Director der dor-
tigen kunsthistorischen Sammlung, ver-
fasste eine »Geschichte der griechischen
Litteratur bis auf Alexander den Grosscn«
und ein »Handbuch der Archaologie« ;
* Passau 13. II. 62; f WUrzburg 9. V.
Socin, Dr. Albert, ord. Professor der
orientalischen Sprachen an der Universitat
Leipzig, vorher in Basel und Tubingen,
lebtc 68 — 70 im Orient, wo er die ara-
bischen Dialecte, das Syrische und Kur-
dische studirte; GrUnder des Palastina-
Vereins und dessen Zeitschrift; * Basel
13. X. 44: f Leipzig 26. VI.
Socin, Dr. August. Nekrolog S. 57.
Sohn, Wilhelm, Professor, ausgezeichneter
Maler, Lehrer an der Kunstakademie in
DUsseldorf Uber 20 Jahre; * Berlin 29. VIII.
30 : f PUtzchen bei Bonn 16. III.
Solina siehe Kliment.
Solms-Hohensolms-Lich, HermannAdolf
FUrst zu, preuss. Generalmajor a la suite
der Armee, erbliches Mitglied des preuss.
Herrenhauses und der hess. Ersten Kammer,
Rcchtsritter des Johanniter-Ordens; *Schloss
Pirnitz (Mahren) 1 5. IV. 38 ; f Lich (Hessen)
16. IX.
Sommer, Hugo, Oberamtsrichter in Blan-
kenburg a. H., philosophischer Schrift-
steller; * WolffenbUttel 26. V. 39; f Blan-
kenburg 31. I.
Sommer, Martin, Director der Aachcn-
Maastrichter-Eisenbahn ; f Aachen 5.-6.
IX., 85 J.
i8 3 <
Todtenliste 1899:
184*
Soutschck, Peter, ehem. Mitglied der
Wiener Hofoper; t Mitte II., 76 J.
Specht, Dr. Karl von, Reichsgerichtsrath
a. D., bis 79 Obertribunalsrath in Berlin;
t Kasscl 18. Ill , 76 J.
Speckbacher, Caspar. Nekrolog S. 220.
Speidel, Wilhelm. Nekrolog S. 49.
Spiecker, Geh. Rntb, Director der Landcs-
versicherungsanstalt ftir Elsass-Lothringen;
f Boppard 17. X.
Spies, Ignaz. Nekrolog S. 200.
Spirgatis, Dr. Jobann Julius Hermann,
Chemiker, bis vor einigen Jabren ord.
Professor an der Universitat Kbnigsberg,
30 Jahre lang Leiter des dortigen phar-
maceutiscbcn Laboratoriums; * 28. XI.
22; + KcJnigsberg 5. XL
Sporrer, Philipp. Nekrolog S. 155.
Sprinzenstein siehe Hoyos.
Stagemann, Eugen, Tbeaterdircctor in
DUsseldorf, friiher Scbauspieler in Bremen,
Hannover, Frankfurt a. M., am Hamburger
Thalia- und am Berliner Lessing-Theater;
* Freienwalde a. O. 13. II. 45; f Dttssel-
dorf 10. III.
Stallburg siebe Riese.
Starzengruber, Tbeodor, sett 74 Redac-
teur der »Neuen Freien Presses, frtlber
beim »Extrablatt« und bei der »Oester-
reich. Volkszeitung*, Oberscbtltzenmeister
der Wiener ScbUtzen, Ritter des Franz
Josepbs-Ordens; * Hall 7. V. 39; f Wien
1 8. XII.
Stechert, Gustav E. Nekrolog S. 179.
Steinburg siebe Bray.
Steinemann, Hermann, Bildbauer in Ber-
lin; f 17- VI., 46 J.
Stein hart, Wilhelm, friiher Hofcapell-
meister in Stuttgart, Liedercomponist;
f Stuttgart 20. XII., 81 J.
Steininger, BauernfUhrer in Niederosterreich,
vormals Herausgeber der »Mittelstrasse«,
stammte aus Gobelsburg; f Brunn-
kirchen IX.
Steinthal, Dr. Heymann. Siehe Nachtrag.
Stephanus, Hermann, Kaufmann, Senator
in Hannover, 85—88 Landtagsabgeord-
neter flir Linden (Westphalen; Welfe);
f das. X.
Stern, Magarethe, geb. Herr, kgl. Kammer-
virtuosin (Pianistin) in Dresden, Schfilerin
Franz Liszts und Klara Scbumanns, ge-
feicrt als Beethoven-Spielerin; * Dresden
57; t das. 4. X.
Sternau siebe Benzel.
Sternberg, Leopold Graf von, Geh. Rath,
Kammerer, General der Cavallerie, erbliches
Mitglied des osterr. Herrenhauses, altesrer
Ritter des Maria Theresien-Ordens und des
Ordens vom Goldenen Vliesse; * 22. XII.
II: f Schloss Raitz (Mahren) 21. IX,
Sternberg, Zdenko Graf von; f J«nnist
22. XII., 13 J.
Steyrcr, Clemens von, bayer. Appella-
tionsgerichts-Prasident a. D., Comthur des
St. Michael-Ordens, Ritter des Verdienst-
ordens der bayer. Krone; f Miesbach
28. III.
Stiehle, Gustav von. Nekrolog S. 191*
Stockhausen, Wilhelm von, Tribunals-
prasident a. D., bis 79 Viceprasident des
Tribunals in Kbnigsberg; f 10* VI., 89 J.
Stftckel, Ernst, einst Grtlnder und durch
18 Jahre Leiter der »Fremdenzeitung und
Quartieranzeigerc in MUnchen; * das. 30;
t das. VIII.
Stoger, Dr. Josef. Siehe Nachtrag.
Stork, Dr. Karl, Professor der Laryngo-
skopie an der Wiener Universitat (Haupt-
werk: »Klinik der Krankheiten des Kehl-
kopfes, der Nase und des Rachens«); *
Ofen 17. IX. 32; f Wien 13. IX.
Stotz, Paul. Nekrolog S. 72.
Strauss, Johann. Nekrolog S. 27.
Strauss, Ludwig, einst sehr bekanntcr
Geiger; * Pressburg 28. III. 35; f Cam*
bridge 15. X.
Strauss und Torney; Dr. Victor von.
Nekrolog S. 96,
Strnischtie, Fried rich, Oberbaurath i. R.,
frtlher Betriebsdirector der Wiener Telc-
phoncentrale; f Wien 1. IX., 69 J.
Struckmann, Dr. Johannes. Nekrolog
S. 119.
Strumpell, Dr. Ludwig von, Philosopb,
Padagoge, ord. Professor der Universitat
Leipzig, deren Lehrkttrper er 56 Jahre
lang angehttrt hat, vordem in Dorpat,
wohl der bedeutendste Vertreter der Her-
bart'schen Lehre; kais. russischer wirkl.
Staatsrath; * Schbppenstadt (Braunschweig)
23, VI. 12; f Leipzig 18. V.
Suchanek, Anton, Oberbaurath ira Oesterr.
Eisenbahnministerium, Ritter des Ordens
der Eisernen Krone III. CL; f Wien
3. X., 59 J.
Tacke, Ludwig, Historien- und Architek-
turmaler in Braunschweig; f 24. VII., 75 J.
Tattenbach, Si gm und Graf von, kgl.
bayer. Kammerjunker, Leutnant; f Immen-
stadt VIII.
Theile, Dr. med. Friedrich, Arzt in Lock-
witz bei Dresden, seit 80 Redacteur der
Gebirgsvereinszeitung »Ueber Berg und
Thal«, Herausgeber und Verfasser der
»Lockwitzer Nacbrichten*, Forscher auf
historischem, geographischem und natur-
historischem Gebiete; T. betheiligte sicb
am Mai-Aufstandc, wurde zum Tode ver-
urtheilt und dann zu 6 Jahren Zuchthaus
begnadigt; * Chemnitz 12. VII. 14; f
Lockwitz 10. VIII.
i85*
Todtenliste 1899:
186*
Theuerkorn, Stadtraih in Chemnitz, FUhrer
der deutscbsocialen Reformer, 93 — 96 Mit-
glied der 2.Standekammer; f Chemnitz VIL
Thienemann, Ernst. Nekrolog S. 188.
Thomson, Dr. Karl Gustav, Professor
der Naturkunde; f X. (?) in Lund, 75 J.
Tiechler, siehe Mann.
Tiemann, Daniel F., Deutsch-Amerikaner,
der sich sehr lebhaft am politischen Ge-
triebe in New- York betheiligte, 57 wurde
er zum Major gewahlt; f das. VII., 95 J.
Tiemann, Dr. Ferdinand, Geh. Regierungs-
ratb, ord. Professor der Chemie an der
Universitat Berlin, bekannt durch seine
Entdeckung der ktlnstlichen RiechstofTe;
• 10. VI. 48; f Mtran 14. XI.
Tiroch, Dr. Josef, Oberstabsarzt, Chefarzt
des flsterr. 5. Corps, Operateur von be-
deutendem Ruf; Ritter des Franz Josephs-
Ordens; f Pressburg 27. I.
Toepke, Dr. G., Hofrath, Privatgelehrter,
gab die Matrikel der Heidelberger Uni-
versitat 1386— 1662 heraus; f Heidelberg
20. VL, 58 J.
Torney, siehe Strauss.
Traun, siehe Abensperg.
Treiber, Wilhelm. Nekrolog S. 172.
Tschmarke, Robert, Commerzienrath,
lange Jahre Generaldirector der Magde-
burger Feuerversicherungsgesellschaft; f
Strassburg 19. — 20. III.
Turschmann, Richard, bekannter Recita-
tor, frUher Schauspieler, seit 72 fast ganz
erblindet; * Penig 26. V. 34; f Leipzig
13. XII.
Ude, Dr. Friedrich, bis XI. 96 Senats-
prasident am Oberlandesgericht Braun-
schweig, hervorragender Jurist; * Ganders-
heim 25. VI. 27; f Braunschweig 25. XII.
Cberhorst, Karl, Oberregisseur der Hof-
opcr in Dresden, auch litterarisch thatig
(Culturgeschicbte); f das. 5^ XT., 76 J.
Ullstein, Leopold, Buchdruckereibesitzer
in Berlin, Besitzer der »Berliner Zeitung«,
^Berliner Illustrierten Zeitung* und
»Morgenpost«; f Berlin 3.-4. XII., 73 J.
Urtel, Dr. Friedrich, grossh. sachs. Re-
gierungsrath, vortragender Rath im Cultus-
ministerium, bis 97 Gymnast alprofessor
in Weimar; f das. 5. IV., 56 J.
Vanselow, siehe Maltzahn.
Veitmeyer, L. A., Geh. Baurath, Mitglied
der Akademie des Bauwesens in Berlin,
Vorsitzender der polytechnischen Gcsell-
scbaft, verdient um die Canalisirung der
Stadt; f das. 3. II.
Vellnagel, Adolf von, Banquier, Ehren-
schtttzenmeister der Stuttgarter SchUtzen-
gilde; f das. 15. IX., 95 J.
Versmann, Dr. Johannes Georg An-
dreas. Nekrolog S. 233.
Voelderndorff und Waradeln, Dr. Otto
Freiherr von. Nekrolog S. 173.
Voerster, Karl. Nekrolog S. 189.
Vogel, Jakob, f ruber Buchdruckereibesitzer,
Nestor der Schweizer Dichter (Pseud.
» Vogel von Glarusoc); * Glarus 11. XII.
16; f das. 22. IV. Nekrolog S. 307.
Vogel, Ludwig Wilhelm, ehem. Rcichs-
tagsabgeordncter fur Chemnitz (national-
liberal) und Stadtrath; * Bernburg 7. X.
38; + Groningen 17. XII.
Vogeley, Karl, Oekonomierath in Kassel,
ehem. Landtagsabgeordneter fur Wolf-
hagen - Hofgeismar (nationalliberal) ; *
Kassel 25; f das. 17. X.
Vogelsang, Dr. Paul, Psychiater, Oberarzt
der stadtischen Irrenheilanstalt in Wuhl-
garten bei Berlin; f das. 12. VI., 42 J.
Vogel, Dr. Max, bayer. Generalarzt a. D.,
verdient um das bayerische Militar-Sanitats-
wescn; * Burghausen 26. V. 40; f MUn-
chen 2. X.
Vogler, ehem. Kreisdirector in Wolfen-
btittel, langjahriges Mitglied des braun-
schweigischen Landtags; f Braunschweig
17. XIL
Vogler, Adolf, Mitbegrtinder und ehem.
Mitinhaber der Annoncenanstalt Haasen-
stein und Vogler; f Hamburg 1. IV.
Vogts, Dr. Otto, Geh. Regierungsrath ,
Mitglied des Reichsversicherungsamtes ;
t Berlin 25. VIII., 38 J.
Volckhausen, Dr. Karl, fruher Sprecher
der freien Gemeinde in Hamburg, Re-
dacteur des »Freischtttz«, dann der frank-
furter Zeitung& (am Main); + DUsseldorf X.
Volz, Dr. Berth old. Nekrolog. S. 201.
Vortriede, Julius, Redacteur der deutschen
Zeitung »Toledo Express* in Toledo
(Ohio); f 25. I.
Waldeck, siehe Ben ti nek.
Waldeck, siehe Meyer.
Waldheim, siehe Schttrer.
Walk, Martin, bayer. Justizrath, fruher
Notar, langjahriger Dirigent des Gesang-
vereins und Forderer des Verschtinerungs-
vereins in Ebern; f das. II., 73 J.
Wallhoffen, Emil Freiherr von, preuss.
Major a. D., Gatte Pauline Lucca's; f
VVien 1. XL, 66. J.
Waltenhofen, Dr. Adalbert von, Professor
der Elektrotechnik an der Tcchnischen
Hochschule in Wien; f II. (?) nach mehr
als sojahriger Thatigkeit.
Walter, Adolf, Landschaftsmaler in Kassel,
bedeutender Vogelkenner, Ehrenmitglied
der deutschen ornithologischen Gesell-
schaft; f Kassel 5. II.
Waradein, siehe Voelderndorff.
Warnat?, Heinrich, Hofbuchh&ndler in
Dresden, bis 98 Mitinhaber der Buch-
i87<
Todtenliste 1899:
188*
handlung Warnatz und Lehmann (Verlag
der *Saale-Zeitung«): j* Lugano 26. III.,
51 J-
Waser, Dr. Josef Ritter von. Nekrolog
S. 121.
Wastler, Josef, Hofrath, Professor der
Geodasie an der Technischen Hochschule
in Graz, Matheraatiker und Kunsthistoriker
(bes. zu nennen ist sein steirisches Kunst-
lexikon); • Heiligenberg 20. II. 31; f
Graz 1. Oder 2. IV.
Weber, Friederike, ehem. Mitglied des
Wiener Hofburgtheaters (bis 59); f III.
Weber, siehe Wissmann.
Wecke, Ernst, Rittergutsbesitzer auf Wiesa
und Schonfeld bei Annaberg, seit 89
Mitglied der I. sachs. Kammer und des
deutschen Landwirthschaftsrathes ; * 14.
III. 31; f Wiesa 1. XI.
Weckesser, August. Nekrolog S. 67.
Wedel, Ernst von, Rittmeister a. D., seit
93 Landtagsabgeordneter fUr den 4. Wahl-
kreis des Bezirkes Gumbinnen (Stall u-
pdnen - Darkebrnen; conservativ); f
Etzerischken bei Trempen 18. VII., 68 J.
Weidel, Dr. Hugo. Siehe Nachtrag.
Weill, Alexander, Schriftsteller, Jugend-
freund Heines; f Paris 19. IV.
Weise, Geh. Regicrungsrath, frUher langc
Oberbttrgermeister von Kassel; * Lauban
(Schlesien) 32; f Dresden 15. IV.
Weishaupt, Theodor, preuss. Ministerial-
und Oberbaudirector a. D., bis 80 Direc-
tor der Eisenbabnabtheilung im Handels-
ministerium, leitete 70/71 das militarische
Eisenbahnwesen ; f Berlin 6. IV., 83 J.
Weiss, Dr. Guido. Siehe Nachtrag.
Weiss, Johann, P., mehr als 40 Jahre
Subprior des Kapuzinerklosters St. Josef
bei Prag, einst Musiker und Maler; her-
vorragender Kunstkenner; f Prag 26. XII.,
85 j.
Weiss, Dr. Johann Ritter von. Siehe
Nachtrag.
Weissenfeld, siehe Lippe.
Weissenhorn, siehe Fugger.
Weizs&cker, Karl von. Nekrolog S. 55.
Wellenburger, siehe Dietz.
Welti, Dr. Emil. Nekrolog S. 33.
Wentzel, Manfred, Reg- und Baurath bei
der Regierung in Koblenz, Leiter der
Schlossbauten in der Rheinprovinz; + IV.
Wentzel, Otto von, Wirkl. Geh. Rath,
preuss. Gesandter a. D. (bei den Hanse-
stadten und den Hofen von Schwerin und
Neu-Strelitz; f Berlin 24.-25. VI.
Werner v., Fried rich, fUrstl. hohenzoll.
Geh. Cabinetsrath, Chef der furstl. Hof-
verwaltung, Uhcr 50 Jahre im Dienste des
fiirstlichen Hauses; * Riedlingen 22. X.
15; f DUsseldorf 2. I.
Wernicke, Fried rich, Gutsbesitzer, Land-
tagsabgeordneter fur I^andsberg-Soldin
(conservativ, Bund der Landwirthe); f
III., 49 J-
Wertheim, siehe Lftwenstein.
Wester, Erwin, siehe Wissmann.
Westermayer, Dr. Adolf, Gymnasialrector;
f Bad BrUckenau 1, VIII.
Wicke, August, Oberstabsarzt, Leiter des
Nachtigal-Krankenhauses in Togo; + 26.
II., 42 J.
Wiekede, Otto von, Minister a. D., Geh.
Rath; f Dresden 22. III.
Widmann, Josef, bayer. Baurath, Gutsbe-
sitzer, Landtagsabgeordneter; f VII.
Wiedemann, Dr. Gustav Heinrich, kgL
sachs. Geh. Rath, ord. Professor der
physikalischen Chemie (71 — 87), dann
Professor der Physik und Director des
physikalischen Cabinets an der Universi-
ty Leipzig, Verfasser der »Lehre von der
ElcktriciiaU u. a., Herausgeber der »Annalen
der Physik und Chemiec; * Berlin 2. X.
26; + Leipzig 24. III.
Wiegand, Heinrich, Nekrolog S. 255.
Wieczorek, Josef, kgl. Baurath bei der In-
tendantur des Gardecorps; f 31. X., 47 J.
Wiessner, Moriz Ludwig, Dr. phiL h- c,
kgl. sachs. Geh. Regierungsrath, 62 auf
der Londoner und 67 auf der Pariser
Weltausstellung sachsischer Commissar, 73
auf der Wiener Weltausstellung deutscher
Reichscommissar, Sec ret ar des akademi-
schen Rathes und der Akademien der bil-
denden KUnste in Dresden und Leipzig;
f Loschwitz bei Dresden 23. VII.
Wild, Dr. Wilhelm, praktischer Arzt, der
46 unter Konig Otto nach Griechenland
kam, geborener Bayer; f Skiathos II*
Wildau, siehe Lindeiner.
Wilke, Kanzleirath in Gtirlitz, Grander der
in ganz Deutschland verbreiteten, ttber
200000 Mitgliederzahlenden Rothenburger
Versicherungsanstalt in GQrlitz; f das.
12. IV.
Winkler, Leonhard, bayer. Major z. D.,
seit 81 Hilfsofncier im bayerischen Kriegs-
archiv, dessen Materialien er fur seine
historischen Studien verwertete (»Feldztige
in PiemonU, » Regiment Tattenbach« u.
a.); * Schwabach 22. V. 43; bei Sedan
schwer verwundet, trug er sein hierdurch
hervorgerufenes Leiden durch 29 Jahre
und erlag ihm schliesslich als spates Opfer
des Krieges am 31. III. in Munchen.
Winter, Otto, Pantominist des kgl. Ballets
in Berlin; f VI.
Wirz-N&geli, Oberst, Director der schwei-
zerischen Creditanstalt; f Zurich to. XII.,
54 J.
Wisbeck, Max von, Excellenz, kgl. bayer.
i8 9 *
Todtenliste 1899:
190*
Staatsrath im ord. Dienste des Innern fUr
Kirchen- und Schulangelegenheiten, Ritter-
kreuz des Verdienstordens v. hcil. Michael,
des Verdienstordens der bayer. Krone,
Comthur des bsterr. Franz Josephs-Ordens;
trat 74 in das Cultusministerium ein, in
welchem er bis zu seinem Tode, fast 25
Jahre lang, wirkte, 78 Regie rungs rath, 88
Ministerialrath, 95 als Staatsrath Vertreter
des Cultusministers ; * Regensburg 2. IV.
33; + MUnchen 6. I.
Wischhusen, Oberregisseur am Stadttheater
zu Halle a. S.; f das. 11. IX.
Wislicenus, Hermann. Nekrolog S 205.
Wisotzki, Dr. Otto Emil Samuel. Ne-
krolog S. 228.
Wissmann, Eduard. Nekrolog S. 238.
Witt, J., Geh. Oberjustizratb, Landgerichts-
prasident in Altona; f $• IV-i 79 J.
Wittels, Julius, Komiker am Carl-Theater
in Wien, Verfasser von Soloscenen und
Couplets; * Wien 8. X. 60; t Meran 12. III.
Wittig, Friedrich, Bildhauer in Berlin;
+ 15. II., 79 J.
Wittmann, Dr. Wilhelm, ord. Professor
der Hochbauconstructionslchre an der
technischen Hochschule in MUnchen; f
das. 29. VI., 53 J.
Woenig, Franz. Nekrolog S. 221.
Wdrlein, Georg, Zahlmeister a. D., Rota-
niker, welcher die Viola Caflischiana ent-
deckte und eine »Flora von Mlinchen«
herausgab; f Nymphenburg IX.
Woldan siehe Schuster.
Wolf, Anton, Ministerialrath im osterr.
Justizministerium ; * Ronitz (Mahren) 39;
f Wien 4- XII.
Wolf, Josef, Thiermalcr und Illustrator,
seit 48 in England; * Mttnsterinaifeld a. d.
Mosel; f London 20. IV.
Wolff, Dr. Wilhelm, Nekrolog S. 253.
Wolff hugel, Dr. Gustav, ord. Professor
der Hygiene in Gdttingen, Director des
Institute fUr medicinische Chemie und
Hygiene, 79 - 86 Leiter des hygienischen
Labora tori urns des Reichs - Gesundheits-
amtes in Berlin; * Landau 27. VIII. 45;
f G6ttingen 30. I.
Woyrsch, Remus von, Wirkl. Geh. Rath,
Mitglied des preuss. Herrenhauses(siusserste
Rechte); f Piesnitz (Schlesicn) 31. XII.
Wrangel, Karl Friedrich Wilhelm,
Freiherr von, Nekrolog S. 248.
Wrede, Ferdinand. Nekrolog. S. 186.
Wiilflngen siehe Bock.
Wustenfeld, Dr. Ferdinand, Geh. Re-
gierungsrath, Professor der orientalischen
Sprachen an der Universitat Gbttingen,
Universitatsbibliothekar bis 89, seit 76
Director der historischen Classe der Got-
tinger Gesellschaft der Wissenschaften;
* Hannoverisch - Mlinden 31. VII. 08; f
Hannover 8. oder 10. II.
Yrsch, Karl Theodor Graf von, 36 Jahve
lang kg], bayer. Kammerer und fast jahr-
lich functionirender Ceremonienmeister
bei Hoffesten; f MUnchen, 66 J.
Yrsch - Pienzenau , S i g m u n d Graf von,
kgl. bayer. Kammerherr, Oberst ; f 28. 1., 90 J.
Zabierow siehe Schmidt.
Zach, Adalbert, Redacteur der volkswirth-
schaftlichen Rubrik des Wiener »Fremden-
blatt*, frUher Mitarbeiter der » Wiener
Allg. Zeitung* und des » Wiener TagblatU;
* Oberndorf-Weikertschlag (NiederiJster-
reich) 13. IV. 50; + Wien 29. VIII.
Zastrau, Friedrich, Geh. Ober-Bauratli,
vortragender Rath im Ministerium der
5ff. Arbeiten, Mitglied der Akademie des
Bauwesens; * Freistadt (Schlesien) 37; f
Friedenau bei Berlin 2. II.
Zedelius, Dr. G. L., Arzt in Shanghai,
Hausarzt des deutschen und osterreichi-
schen Generalconsulates, Leiter des Ho-
spitals; f 3- HI., 46 J.
Zedtwitz-Liebenstein, Hans Reichsgraf v.,
k. u. k. Kammerer, Mitbesitzer der Lehens-
herrschaft L. in B5hmen; f I. III., 58 J.
Zeissberg, H ein rich Ritter von. Nekrolog
S. 317.
Zeller siehe Guyer.
Zenker f Dr. Wilhelm, Zoologe, Physio-
loge und Astronom in Berlin; * das. 2. V.
29; f das. 21. X., 70 J.
Zeppelin, He in rich Graf von, frUher
wttrtt. Leutnant, seit 99 Hauptmann in
der Armee der Stldafrikanischen Republick,
in der Schlacht bei Elandslaagte schwer
verwundet; + 23. X., 28 J.
Ziebarth, Dr. Karl. Nekrolog S. 102.
Ziel, Dr. Ernst, Professor, emer. Rector
des Dresdencr Vitzthum'schen Gymnasiums ;
f Dresden 16. IL, 81 J.
Ziemietzky, Helmuth von. Nekrolog S.219.
Zimmermann, Karl von. Nekrolog S. 240.
Zimmermann, Paul, Regierungsrath, Mit-
glied des Reichs versicherungsamtes ; f
Berlin 24. VIII., 68 J.
Zimmermann, V. J. Nekiolog S. 267.
Zittel, Dr. Emil, Kirchenrath und Decan
a. D. in Karlsruhe, bedeutender Iheolog.
Schriftsteller; • Lbrrach 14. VIII. 31; f
Karlsruhe 23. L
Zitzewitz, Ernst von, Rittergutsbesitzer,
Oberst a. D., preuss. Herrenhausmitglied;
f Besswitz bei Techlitz 15. VIII., 64 J.
Zottmayr, Louis, Nekrolog S. 254.
Nachtrag zur Todtenliste 1899.
Buchner, Dr. Ludwig, Arzt, babilitirte sich
52 an der University Tubingen, musste
aber in Folge des heftigen litterarischen
Kampfes, den er durch sein unten ge-
nanntes Hauptwerk bervorrief, der akade-
mischen Laufbahn entsagen und kehrte
nach Darmstadt zurtlck, urn dort weiter
als Arzt thatig zu sein; der Verfasser des in
18 Auflagen in deutscher und in I5fremden
Sprachen erschienenen Werkes » Kraft und
Stoffrc und zahlreicher anderer naturpbilo-
sophischer Schriften, von vielen Seiten als
VertTetcr des crassesten Materialismus an-
gefeindet ; in seiner Selbstbiograpbie (94)
sagt er d age gen, er habe keine Gelegen-
beit vortibergeben lassen, »um die warme
Freundscbaft zwischen dem wissenscbaft-
licben Materialismus und dem praktiscben
oder Lebensidealismus zu betonen«. Seine
Autobiograpbie bat B. — bis auf das
Todesdatum — als Nekrolog fertig ge-
stellt. * Darmstadt 28. III. 24; f das. in
der Nacbt zum 1. V.
Claus, Dr. Karl Friedricb Wilhelm. Ne-
krolog S. 323.
Falkenhayn, Graf Julius, 79 — 95 ttsterreicbi-
scber Ackerbauminister, Reicbsratbsab-
geordneter (clerikal-feudal), seit 67 poli-
tiscb thatig (zuerst im oberosterreicbiscben
Landtag); in der letzten Zeit durcb die
sogcnannte »lex F.« viel genannt. Er
scbrieb 76 »Materielle Studien fiber das
ttsterreicbiscbe Budget* (worin er nacb-
weisen wollte, dass die foderalistiscbe
Staatsverwaltung fUr Oesterreicb eine Er-
sparung bedeute) und 79 »i868 bis 1877,
Das Jabrzebnt des ersten Ausgleicbs«.
53 Kammerer, 59 (nach Tbeilnahme an
der Scblacht bei Solferino) Eiserne Krone
3. CL, 80 Geb. Ratb, 82 Eiserne Krone
I. CI., 89 Grosskreuz des Leopoldordens.
* Wien 20. II. 20 ; f das- 12. I.
Helmerding, Karl. Nekrolog S. 321.
Hauer, Franz Ritter von. Nekrolog S. 323.
Kiepert, Dr. Heinricb. Nekrolog S. 322.
Lie, Sopbus Marius. Nekrolog S. 324.
Schlesinger, Dr. Ludwig, der politiscbe
Fttbrer der Deutscben in Bttbmen, Land-
tags- und Reicbsrathsabgeordneter, Ob-
ma nn des Clubs der deutscbfortscbritt-
licben Abgeordneten; griindete die
»Schiller-Bibliotbek« (mit Heinricb Tc-
wele) nnd den >Verein fUr Gescbicbte
der Deutscben in Bbhmen«, dessen Presi-
dent er aucb war; bis 69 Professor an
der deutschen Staatsrealschulc in Prag,
bis 76 Director an der OberTcalscbule in
Leitmeritz und scitdem Director des Mad-
cb en-Lyceums in Prag. Scbrieb zahl-
reicbe Monograpbien fiber die Geschichte
und Nationalitatenverbaltnisse Bobmens.
Intendant des Deutscben Landestheaters
in Prag, Bcsitzer der grossen goldenen
Medaille fur Kunst und Wissenschaft.
* Ober-Leutschendorf bei Brtix (Bbhmen)
13. X. 38; fPrag 23. XII.
Silberhuber, Anton, bis 91 President des
bsterreicbiscbenTouristenclubs, als welcher
er Kronprinz Rudolf auf dessen Berg-
fabrten begleitete, spSter Director des
Curortes Abbazia, dann Besitzer eines
Reisebureaus in Wien. f das. 7. III.
Steinthal, Heymann, ausserord. Professor
an der Universitat Berlin, Spracbforscber
und Pbilosopb. • 16. V. 23 zu Grdbzig
f Berlin 14. III., 75 J.
Stdger, Dr. Joseph, Mitglied des ttsterrei-
cbiscben Herrenbauses (liberal), standiges
Mitglied des Reichsgericbtes , 73 — 84
niederttsterr. Landtagsabgeordneter (fUr
den 1. Wiener Bezirk), frttber Hof- und
Gerichtsadvocat. * Lemberg 22, III. 31 ;
f Wien 7. IV.
Weidel, Dr. Hugo, seit 86 ord. Professor
der Cbemie an der Hocbscbule fur Boden-
cultur, dann (seit 91) ord. Professor an
der Universitat Wien, 90 correspondirendes,
92 wirkl. Mitglied der Akademie der
Wissenscbaften. • Wien 49; f d* 5 - 7- VI.
Weiss, Guido, Scbriftsteller und Journalist,
frtiber Mitredacteur der »Voss. Ztg.«,
dann GrUnder und Cbefredacteur der
»Zukunft«, spater der »Waage«. * Neu-
markt 18. VIII. 22; f Frankfurt a. M. 15. I.
Weiss, Jobann Ritter von, k. k. Hofratb,
ord. Professor der Ssterreichiscben Ge-
scbicbte an der Universitat Graz seit 53,
bis dabin Redacteur der »Freiburger
Zeitungtc, eine Zeit lang Gescbichtslebrer
und Reisebegleiter von Erzberzog Karl
Ludwig, seit 92 Herrenbausmitglied, Ritter
des Ordens der Eisernen Krone, Besitzer
des Ebrenzeicbens fur Kunst und Wissen-
schaft. * Ettenbeim (im Brcisgau) 17. VII.
20; f Graz 8. III.