PHILOLOGUS
ZEITSCHRIFT
FUR
DA8 CLASSISCHE ALTERTHUM
BEGRttNDET
von F. W. SCHNEIDEWIN tod E. t. LEUTSCH,
HERAUSGEGEBEN
VON
OTTO CRUSIUS
IN HEIDELBERG.
Supplementband VII.
LEIPZIG,
DIETERICHSCHE VERLAGS-BUCHHANDLUNG.
THEODOB WEICHER,
1899.
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CHRONOLOfilSCHE TOTERSUCHDNGEN
VON
J. MAEQUAET.
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Chronologische Untersuchungen.
1. Berossos und die baby lonische Konigsliste.
Den Ausgangspunkt f (lr die Wiederherstellung der Chrono-
logie des Berossos hat, wie zuerst V. Ploiol gesehen *), die
Angabe des auf Berossos fufienden Abydenos zu bilden: „In
dieser Weise rechnen die Chaldaer die Konige des Landes von
Aloros bis auf Alexandras. Um Ninos und Semiramis ktlmmern
sie sich gar nicht" 2 ). Da6 hier unter den Chaldaern nur Beros-
sos verstanden werden kann , zeigt ein Blick auf die ent-
sprechende Stelle des Polyhistor Euseb. Chron. 1 10 ed. Aucheb
= I 7 ed. SchOne.
Auf diese Angabe hat neuerdings wieder Peiser, ZA. VI
264 ff. aufmerksam gemacht, ohne, wie es scheint, von Floigl's
Vorgang zu wissen. Praglich kann nur sein, ob Alexander
selbst unter jene Konige einzurechnen oder auszuschlieften ist.
Der Wortlaut aber weist deutlich darauf hin, dafi Berossos mit
einem Alexander abschlofi 3 ), dann aber natttrlich mit dem Tode
des jungen Alexander II im Jahre 312, so dag er sein Werk
bis zum Beginne der Seleukidendra, dem ersten Nisan 311 v.
Chr. herabftlhrte.
Als letzte babylonische Dynastie ftlhrt der Auszug des
Eusebios aus Alexander Polyhistor eine Dynastie von 45 K5-
nigen mit 526 Jahren auf 4 ). Darauf heifit es p. 41 Aucheb
l ) Die Chronologie der Bibel, des Manetho nod Beros. Leipzig 1880
S. 259. Geschichte des semitischen Altertams in Tabellen. Leipzig 1882
S. 7.
") Euseb. Chron. I 76-77 ed. Aucheb I 53 ed. SchOne.
8 ) Vgl. schon Floigl, Geschichte des semitischen Altertums. S. 7.
4 ) Man hat diese Dynastie bekanntlich vielfach als 'assyrische' be-
zeichnet, weil im Texte unmittelbar die Worte voransgehen: 'nach
welchen Jahren auch Semiramis, wie er berichtet, uber die Assyrer
1 geherrscht habe*. Vgl. aber unten S. 8.
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638 J- Marquart,
= p. 25 SchOkb: „Nach diesen, sagt er 6 ), lebte ein E5nig
der Chaldaer, dessen Name Fulos ist, den au&erdem die Ge-
schichte der Hebraer erwahnt und Fulos nennt, von dem sie
sagen, dag er tiber das Land Judaa kam. Und nach ihm, sagt der
Polyhistor, sei Senek'erib KSnig gewesen, den die Schriften der
Hebraer erwahnen. Dieser regierte unter Konig Ezekias und unter
dem Profeten Esaias* u. s. w. Unter der hier zitierten 'Ge-
schichte der Hebraer' ist ein jtidischer Hellenist zu verstehen,
wie die Form OoOXo; gegentiber dem OouA d. i. OouA der
LXX 4 Baa. 15, 19 beweisi Berossos selbst kann nicht OoOXo*
gesagt haben, wie hier behauptet wird, sondern nur etwa IIoO-
Xo$, babyl. Palu, im ptol. Kanon U&po<; 6 ). Es ist also klar, da£
der Polyhistor die bei dem jttdischen Hellenisten vorgefundene
Form auch dem Berossos untergeschoben hat. Ebenso deutlich
ist, dafi die Herausstellung derjenigen babylonischen Konige,
welche mit den Juden in irgend welche Beziehungen getreten
waren 7 ), nicht auf Berossos zurtickgeht, sondern ein Werk des
Polyhistor ist. Schon durch diese Erwagung mtifite man zu
dem Schlusse kommen, dag jene beim Polyhistor besonders auf-
gezahlten und eingehender behandelten Konige nicht nach, son-
dern unter jene Dynastie von 45 Konigen gehdren. Floigl 8 )
halt es ftir moglich, dafi der armenische Uebersetzer ein wv
(iexa(5u) als fie*' &v verlesen habe. Naher liegt indessen die
Annahme einer Verschreibung von ursprtinglichem xaJ' o5s in
(!£*' o5;.
Diese Vermutung wird aber zur Gewifiheit erhoben durch
eine hochst schatzenswerte Notiz des Abydenos, die bisher nur
von Floigl richtig verwertet worden ist: „In jener Zeit wurde
als ftinfundzwanzigster auch Senacherib mit Mtlhe unter den
Regenten gefunden, welcher Babylon unter seine Faust beugte
und unterwarf * u. s. w. 9 ). Dafi hier Senacherib als Konig von
Babylon, nicht als solcher von Assyrien aufzufassen ist, zeigt
der Polyhistor bei Euseb. I 43 — 44 Aucher. Jene Notiz des
B ) jet oroc ase = jjls^' oOg, qprjofv.
e ) Vgl. n&Ac (1. n&AAc bezw. naA(o)c) bei Menandroa von Tyros
(Jos. dfcpx- 9, 284), woronter Tiglatpileser III zu verstehen ist, wie
v. Landau, Beitr&ge zur Altertumskunde des Orients I 1 ff. gezeigt hat.
7 ) Euseb. Chron. I 41—45 Aucher. I 25—31 SchOne.
8 ) Chronolocie der Bibel, des Manetho und Beros S. 257.
9 ) Euseb. Chron. I 53 Aucher. I 35 SchOne.
+
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Chronologische Untersuchungen. 639
Abydenos will offenbar besagen, dafi Senacherib der 25. jener
& Dynastie von 45 KQnigen war, aber als solcher nur mit Muhe
erkannt werden konnte. Senacherib war nun nach der baby-
lonischen Eonigliste 10 ) zweimal Herrscher von Babylon, das
erstemal von 704—703, das zweitemal von 691—682. Fur die
letztere Periode verzeichnet der ptolemaische Eanon sowohl als
die babylonische Chronik das Fehlen eines K5nigs, da Senache-
rib nicht in legitimer Weise die Wiirde eines K5nigs von Ba-
bylon erworben hatte, und das pafit vorzttglich zum Ausdruck
des Abydenos, dafi er 4 mit Mtthe' (ur urernn = fioycs) unter
den Regenten (t'agavoreloc'n = (JaatXeuoavKov, nicht fagavorac'n
= (JaatXetov!) gefunden wurde.
Rechnen wir nun von der zweiten Herrschaft Senacheribs
in Babylon abwarts, wobei zu beachten ist, dafi Berossos in
der Perserzeit die Usurpatoren nicht mitrechnete 11 ), so kommen
wir mit dem 45. Herrscher genau auf Dareios III., wie die
Tafel auf S. 640 und 641 zeigt.
Alexander und sein Sohn bildeten also eine eigene Dy-
nastie, die beim Polyhistor gleich den letzten Perserkonigen
Qbergangen ist. Die Herrschaft der 45 Kdnige beginnt dann 526
Jahre vor dem Einzug Alexanders in Babylon (Herbst 331) d. i.
331 — 1 + 526 = 856 v. Chr. Urn diese Zeit regierte aber in Assy-
rien Salmanassar H (859 — 826), der in seinem 8. Regierungs-
10 ) S. Keilinschriftliche Bibliothek, hsg. von Eberhabd Schbadeb
n 287.
") Dies ergibt sich aus Polyhistor bei Euseb. I 29, 34—87 SchOnb.
") Anm. zu S. 641. Diese beiden Zahlen bat Eusebios in der That
beim Polyhistor vorgefunden , wie seine Summierung beweist : von
Sinek'erim bis Nabukodrosor (exkl.) 88 Jahre. Die Zahl 18 findet
sich bei Eusebios zweimal.
1S ) Anm. zu S.641. Abydenos bei Euseb. 1 54 ed. AncHEBBusalossoros.
DaB Berossos den Sin-§ar-iskun (Sapaxog) nicht als babylonischen KOnig
rechnete, ergibt sich sowohl aus Abydenos wie aus Polyhistor. Bei diesem
folgte auf Sardanapal unmittelbar Nabupalsar, Abydenos aber sagt
ausdrucklich : ,Nach Sardanapallos herrschte Sarakos fiber die Assy rer.*
**) Anm. zu S. 641. 1. NagoxoA<;p>aoodpou.
"1 Anm. zu S. 641. 1. <'Aji>tXoapoofidxou = Amilu-Warudak.
ia ) Anm. zu S. 641. 1. N-qpiyAccoo^p^aoodpoo.
u ) Anm. zu S. 641. So zu lesen Jos. c. Ap. 1, 147.
po
18 ) Anm. zu S. 641. Jos. c. Ap. 1, 148 Xapopoooapxodoc = XajJoooapdoxoc,
Abydenos bei Euseb. Chron. I 60 Auchbb Labossorakos , rcporc. s&oyy.
9, 41 Xapaooodpaoxos = XajJaoooap(5)axog d. i. L a b a § (i) - W a r d a (o) k.
Von Polyhistor bei Euseb. Chron. I 45 wird er ubergangen.
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640
J. Marquart,
Jahre
Babylonische
K5nigsliste
Babylonische Chro-
nik
Jahre
Kol.IV t 19
25.
vm
Sin-ax-erba
ohne KOnig
vni
26.
Asur-ax-(iddin)
Asur-ax-iddina
(XUI)
27.
....
v
Samas-sum-(ukra)
Samas-sum-ukrn
28.
....
Kan-dal(-a-nu)
[16
Ill
KOnige
29.
[XXI
Nabu-apal-ucur]
25
30.
[XLIII
Nabu-kudurri-ucur]
31.
["
Amelu Marduk]
32.
[IV
Nergal-sar-ucur]
i
33
[IX M.
LabaSi-Marduk]
34.
[XVII
Nabu-naYd]
30
Unteraehrift
Tafelxand
[VI
LXXVIII
IX M.
KOnige , Dynastic
von Kaldu]
35.
IX
Ku-ras
36.
VIII
Ka-am-bu-zi-ia
37.
XXXVI
Da-ri-ia-mus
38.
Xi-£i-i-ar-su
39.
Ar-ta-'a-xa-at-su
40.
Xi-si-'i-ar-su II
41.
Da-ri-ia-nius II
42.
Ar-ta-'a-xa-at-su II
43.
U-wa-su
44.
'Oipoi^
45.
Da-ri-ia-mus III
xl
208
KCnige der Dyn.
von Persien
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Cbronologische Untersuchungen.
641
Kan on des Ptolemaios
'AfJao&EOxa
'AoapcfiCvou
loLOobouxivox)
KtvyjXafidvoi)
Na(JottoXaaodpoo
NajioxoXaoodpou 14 )
'IXXoapouddpou 16 )
N-qptYccaoXaoodpoo 16 )
Napova&ioo
§X7J
Berossos
Jabre
7j Sinek'erim
tY , sein Sohn
I
x , Saramugee
T
21
xji i Sardanapallos, 8. Bruder 21
HT
<
Kupou
Kccjipoooo
AapSLOi) rcpa>xou
Esp£ou
'Apxagdpfcoo rcpc&xou
Aapsiou dsuxipou
Apxagdpfcou deoxdpou
'Apcoyoi) [1. 'QdpCou]
Aapeteu xpftoo
Philologus, Suppleraentband VII, vierteg Heft.
0-
X<r
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xoc
Nabupalsar 18 )
Nabukodro^oros
Amilmarudok'08
N-qptyXiaoopdoopcg 17 )
Aa(Jaooodpdaxo£ 18 j
20
43
12
4
9M.
17
88
K0po$
Kambyses
Dareb
Xerxes und die ubrigen
Perser
41
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642 J- Marquart,
jahre (852/1) nach Babylon zog, urn den Tronstreit zwischen
den S5hnen NabQ-aplu-iddina's, Marduk-nadin-§um und Mar-
duk-bel-usati zu schlichten und ersteren wieder in Babylon
einzusetzen, wobei er dieses zu einem assyrischen Klientelstaat
herabdriickte. Zum erstenmal seit Tiglatpileser 1 (am 1006
v. Chr. 19 )) war damit Babylonien in Abhangigkeit von Assy-
rien geraten. Berossos begann somit seine Dynastie von 45 Ko-
nigen mit dem Tode des Nabu-aplu-iddina. Jetzt wtirde sich auch
die unserer Dynastie der 45 Konige unmittelbar voraufgehende
Notiz des Polyhistor als berossisch erklaren: (iexa toutwv xa
Ittj xal 2e|iipa|uv foropei xupieuaai itbv 'Aaaupttov ,0 ). Das Proto-
typ der Semiramis ist ja Sammuramat, die Gemahlin des
assyrisclien Kdnigs Rainman-nirarT III (811 — 783), die eine be-
deutende Rolle gespielt haben mufi, da sie ganz aufiergewShn-
lich auf einer Inschrift neben dem Kdnig erwahnt wird 21 ).
Wir sehen also, dafi Berossos eine andere Dynastienein-
teilung befolgte als die Konigsliste. Nr. 13 — 24 des Berossos
entsprechen den KSnigen von Ukln-zer bis Musezib-Marduk
(731 — 689) in der Konigsliste. Vor Ukln-zer steht in dieser
zwischen zwei Trennungsstrichen eine Summierung „XXIl. M )
Dynastie von Babylon*. Die Frage, ob diese Zahl eine Jahres-
oder Regentensumme darstellt, ist jetzt von C. F. Lehmann end-
giltig gelost worden. Vor jener Summierung sind amAnfang
von Kol. IV ffinf Zeilen mit vier lesbaren Namen und zwei Re-
19 ) S. C. F. Lehmann, Zwei Hauptprobleme der altorientalischen
Chronologie 1898 S. 40 ff. 89 ff.
80 ) jet oroc' amac' ev Samiramaj tvipagre tirel Asorestaneac'.
21 ) Vgl. iiber Sammuramat C. F. Lehmann, Berl. Philol. Wochen-
schrift 1894 Sp. 239 f. Berossos kannte keine babylonische KSnigin
Semiramis , wie Abydenos ausdrucklich bezeugt (s. o. S. 3). Nach Jo-
eephoe polemisierte er gegen die Ansicht der griechischen Geechichts-
schreiber, daO Babylon von der assyrischen EOnigin Semiramis gegrun-
det worden sei; vgl. contra A p. 1, § 142: TaOxa jisv oOxcog Cor6pifjxsv
uepl xoO 7ipo6ipYj|jivou jJaoiX£a>c xal noXkb rcpdc xo6xot^ *v xfl tpCx^ p£J&q»
xfflv XaX&aixaW, 4v $ ptpyexou xotg 'EXX^vixotc ouyYpa^sDotv d>$ jidxYjv olo-
jj^vac bnb 2e|iipd|iSQ>( xfjg 'Aoouptac xxto{H)vat xrjv BajtoX&va xal xdt &a»-
adota xaxaoxsuao^voct rcepl aoryjv 6^ fcxeivqc Spy a 4*t)dd>c ysypa^dou Auf
Berossos geht auch durch verschiedene Mittelglieder Diod. 2, 10, 1
zuruck, der gegen Etesias polemisierte. Vgl. meine Assyriaka dee
Etesias S. 535.
**) Diese Lesung ist jetzt durch Lehmann, Zwei Hauptprobleme
S. 15 festgestellt worden. Fruher las man 31 (Pinches und Wincjcleu)
oder 21 (Delitzsch).
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Chronologische Untersuchungen. 643
gierungszahlen erhalten. Davor kann hdchstens (aber unwahr-
^ scheinlich) noch eine Zeile gestanden haben. Am Ende von
Kol. Ill sind, vom letzten Trennungsstrich an gerechnet, noch
drei Zeilenreste mit zwei Regierungszahlen erhalten. Dahinter
kdnnen aber, wie schon C. P. Tiele betont und jtingst Knudtzon
und C. F. Lehmann abermals am Original festgestellt haben * 3 ),
nur noch 9, allerhochstens, aber sehr unwahrscheinlich lOZeilen
gestanden haben. Es ist also klar, dag in dem zur Verftigung
stehenden Raume unmoglich 22 Eonigsnamen Platz hatten, die
Summe 22 kann sich demnach nicht auf Konige, sondern nur
auf Jahre beziehen. Die Dynastie von Babylon, welche 22 Jahre
regierte, kann folglich nur die 5 (oder hochstens 6) K5nige
am Anfange von Kol. IV umfafit haben. Dann mu6 aber min-
destens am Ende von Kol. Ill eine Summierung gestanden sein,
und es ergibt sich, daft Kol. Ill mit einer Dynastie von 11
oder hochstens 12 KSnigen (3 + 9/10—1) abschloS. (Dyn. H).
Die 12 ersten Herrscher der berossischen Dynastie von
45 K5nigen setzen sich nun zusammen aus den 5 (h5chstens 6) Ko-
nigen der Dynastie von Babylon (Dyn. I) und 7 (ev. 6) von den 11
Herrschern der Dynastie H am Schlusse von Kol. III. Nach Be-
rossos beginnt seine Dynastie mit dem Tode des Nabu-aplu-
iddina, es konnen demnach am Anfange der erschlossenen Dy-
nastie von 11 Konigen bis auf Naba-aplu-iddina nur 4 (hoch-
stens 5) Kdnige gestanden haben.
Mit diesem von mir langst gewonnenen Resultate stimmt
es nun vortrefflich, daft jetzt Lehmann auf Grund ganz anderer
Erwagungen und Berechnungen ebenfalls zu dem Ergebnis ge-
langt, daft Naba-aplu-iddina erst der 4. K5nig der Dynastie
am Schluft von Kol. Ill gewesen sein kann (S. 119 ff.).
Machen wir jetzt eine Probe von oben her! „ Von Xisuthros
und der Flut bis die Meder Babylon einnahmen, rechnet ins-
gesamt 86 K5nige der Polyhistor, und erwahnt einen jeden be-
sonders namentlich aus dem Buche des Berossos. Und die Zeit
8amtlicher von ihnen bringt er auf die Zahl von 30 Myriaden
M ) C. P. Tiele, Babylonisch-assyrische Geschichte 1886 S. 105 Anm.2.
Knudtzon, Assyrische Gebete an den Sonnengott. I 60. II 277. C. F.
Lehmann, a. a. 0. 24 ff. Dadurch erledigen sich die kecken Behaup-
tungen von P. Rost, Untersuchungen zur alten Geschichte S. 12 (Mit-
^teilungen der Vorderasiat. Ges. 1897, 2, S. 116).
* 41*
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644 J- Marquart,
and 3 TauBenden und 91 Jahren * 4 ). Und nachdem diese nach
einander in derartiger Festigkeit regiert hatten, sammelten on- ^
erwartet die Meder ein Heer gegen Babylon, urn es zu nehmen
und daselbst Tyrannen aus sich einzusetzen. Darauf setzt er
auch die Namen der Tyrannen der Meder, an Zahl 8, und ihre
Jahre 224. Und wiederum 11 Eonige und . . . Jahre.*
Hier ist nach dem, was wir bis jetzt von der babyloni-
schen Geschichte aus monumentalen Quellen wissen, zunachst
zweierlei klar : 1) da£ unter dem plotzlichen Einfall der Meder
nor der Einbruch fremder Eroberer aus den elamitisch-medi-
schen Gebirgen verstanden werden kann, bei welchem der Raub
der Statue der Gottin Nana von Uruk durch KSnig Kudur-
nachundi von Elam stattfand, dessen Datum uns durch Assur-
banipal ziemlich genau bekannt ist >5 ) ; 2) dafi der Polyhistor
eine Verwirrung gemacht haben mufi, wenn er die folgenden
8 Herrscher als 'medische Tyrannen' bezeichnet. Unter diesen
kdnnten nur die elamitischen Premdherrscher gemeint sein.
Allein die Denkmaler lehren uns bis jetzt nur die Namen von
h5chstens 5 Herrschern elamitischer Herkunft kennen, welche
um die hier in Betracht kommende Zeit in Babylonien erobernd
aufgetreten sind oder daselbst eine Herrscbaft ausgeubt haben:
Kudur-Nachundi, Kudur-Mabuk, den Sohn des Simti-Silchak,
seinen Sohn Rim-EN.ZU, den Konig von Larsa, Kutur-nuch-
gamar und wahrscheinlich noch einen Ri-im-a-nu-um* 6 ). Von
diesen sind aber Kudur-Mabuk, Rim-EN.ZU und Kutur-nuch-
") Lies d (4) filr g (3). Die Zahlbuchstaben fur 4 und 3, d und g werden
in armeniacher Schrift Behr leicbt verwechselt. Synkellosp. 147, 12gibt
30000 -f- ,&H' (4090), und daneben nach dem Sexagesimal system 9 Saren
(32400) + 2 Neren ( 1200} + 8 Soaaen (480), also 84080 Jahre. Man hat aich
nun biaher durchweg an letztere Zahl gehalten, da 8ie durch die genaue An-
gabe in Neren und So88en kontrolliert sei. Allein die and ere ungerade Zahl
34091 ist doppelt bezeugt und ihre Entstehung wQrde aich durchaus nicht
erklaren laasen, und so hatte der andere SchluG naher gelegen, daG der
Synkellos die fiber die 8 Soasen UberachuGigen Einer vernachlaasigt babe.
* 5 ) Ber08808 hat den Ausdruck aeiner Quelle , vermutlich Anzan
oder Umman Manda, nach dem Stande des ethnographischen Wisaena
aeiner Zeit wiedergegeben , wie er auch den Namen des Landea, in
welchem Kyros aeinen Untergang fand, nach den ethnographiachen Ver-
nal tniaaen aeiner Zeit durch Adat ubersetzte
* 6 ) Scheil, Notes <T epigraphie et d' archeologie aeayr. nr. XXXIV
in Recueil de traveaux rel. a la philologie et a l'archlologie egypt et
aaayr. vol. XX. zitiert bei Lkhmann, Zwei Hauptprobleme der altoriental.
Chronologie 207.
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Chronologische Untersuchuogen. 645
gamar Zeitgenossen und zwar entweder in der Weise, da£ Kutur-
nuchgamar der Nachfolger des Kudur-Mabuk, des adda von Jamut-
bal bezw. von MAR-TU und beide die Lehnsherren des Konigs
Rim-EN.ZU von Larsa waren 27 ) t oder aber so, da£ Kudur-
Mabuk der Lehnsherr des Rim-EN.ZU, als sein Oberherr aber
wieder Kutur-nuehgamar, der Konig von Elam (Susa) zu be-
trachten ware 28 }.
Wenn Scheil's Vermutung sick bestatigt, da& der in Da-
tierungen von Kontrakttafeln genannte Kdnig Ri-im-a-nu-
um identisch ist mit Ri-im-a-gur (gam)-um IV R. 35 Nr. 8,
wofttr Ri-im-a-ttu-um zu lesen ware, so mu& derselbe gleich-
falls ein Zeitgenoese des Kudur-Mabuk und dann Vorganger
des Ri-im-EN.ZU sein. Denn es hei&t IV R. 35 Nr. 8: „im
Jahre da Ri-i m-a-gur-um, der K5nig und der adda von
Jamutbalu [mit] den Horden von I§nunna Isin niederwarfen * 29 }„
Die Einnahine Isins, nacb welcher noch unter Rim-Sin bis ina
Jahr 28 datiert wird , gait aber offenbar als dasjenige Ereig-
nia, welches die Einsetzung eines elamitischen Vasallenkonigs
in Larsa inaugurierte. Es ergabe sich also folgendes Verhaltnis:
Eutur-nuchga-
mar (-DDub-nD)
Kflmgs von
Elam.
Ri-im-A-nu-um 1 KOnige von Larsa,
Ri-im-EN.ZU J Vasallen des
Kudur-Mabak,
adda v. Jamutbalu,
, , MAR.TU',
Vasallen des
Ftir Babylonien kommen also als von den l Medern' d. i.
den Elamiten eingesetzte Tyrannen nur zwei dieser Herrscher
in Betracht, wozu dann noch der Eroberer Kudur-Nachundi kame.
Daraus ergibt sich, dafi die Zahl 8 sich ursprtlnglich nicht
auf die 'medischen' Tyrannen, sondern nur, wie man auch bis-
her allgemein angenommen hat, auf die nachstfolgenden ein-
heimischen Herrscher, d. h. die erste Dynastie von Babylon
bezogen haben kann. Die Zahl der Premdherrscher ist beim
Polyhistor ausgefallen und wiederherzustellen : Efta xaE 6v6-
jiaxa xupavvcov t&v MifjStov i^ayet <y ? xal £ttj autwv . . . (xeO 4 '
o0$ xai XaXSauov (iaaiXets> 6xxd) xod £ttj aui&v ax5.
Hommel hat nun, einer Anregung Lauth's folgend, dadurch
* 7 ) So Hommel, Die altisraelitische Ueberlieferung in inschriftlicher
Beleuchtung S. 168. 174.
2B ) So Lehmaj*n a. a. 0. S. 81 f.
M ) Hommel a. a. 0. 169.
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646 J- Marquart,
eine Uebereinstimmung zwischen Berossos und der Konigsliste
herzustellen versucht, daft er das „et rursum [darz eal =
TtaXtv] reges undecim" bei der III. nachflutlichen Dynastie des
Polyhistor in dem Sinne auslegte, dag der vorausgehenden Dy-
nastie ebenfalls 11 Herrscher zu geben seien 30 ). Dabei bleibt
jedoch, um von allem andern abzusehen, die Jahressumme vdllig
unbertlcksichtigt. Rechnet man aber auf der K5nigsliste die
Jahre der 8 letzten Herrscher der I. babylonischen Dynastie
zusammen, so erhalt man 240 (18 + 30 + 55 + 35 + 254-25
+ 21 + 31). Die 224 Jahre des Berossos aber, welche auch die
Qewahrsmanner des Synkellos (Annianos und Panodoros) bei Eu-
sebios gelesen haben 31 ), ftihren nns ans Ende der Regierung Apil-
Sins, des vierten Herrschers der ersten babylonischen Dynastie.
Das Anfangsjahr war ohne Zweifel der Einbruch der 'Meder'
und die Einsetzung medischer Tyrannen in Babylonien (wohl
durch Kudur-Nachundi), die bei Berossos als Epochenjahr gilt.
Bis jetzt ist noch unbekannt, unter welchem babylonischen
Konlg der Einfall des Kudur-Nachundi erfolgte. Allein bereits
Carl Niebuhr, Mitteil. der VAG. 1897, 292 hat aus dem Da-
tum eines bei Meissner, Beitr&ge zum altbabylonischen Privat-
recht Nr. 32 verBffentlichten Vertrags aus der Zeit Sin-mu-
ballits geschlossen, daft die Einnahme Isins durch Rim-Sin
(bezw. Rim-Anum) noch unter Sin-muballit stattgefunden hatte.
In der Tat wird man die Worte MU. I-SI-IN-KI IN-DIB-[BA]
„Jahr der Einnahme Isins* nicht auf eine sonst ganzlich un-
bekannte Eroberung dieser Stadt durch Sin-muballit beziehen
dtirfen, sondern nur auf die bekannte durch Kudur-Mabuk und
Rim-A-gur-ura. Zwischen dieser elamitischen Eroberung und
dem Einfall unter Kudur-Nachundi werden wir aber keinen
allzugrofien Zwischenraum annehmen dtirfen. Andrerseits hat
Niebuhr festgestellt, dafi Sin-muballit der erste baby-
lonische Herrscher ist, welcher in denVertragen
— allerdings bis jetzt nur einmal — denK5nigs-
titel erhalt (KB. IV Z. 16).
80 ) Lauth, PSBA. 1881 p. 47 Hommel, Geach. Aseyriens und Ba-
byloniens S. 174. Vgl. dazu H. Winckler , Unters. sur altorient.
Gesch. 4. 6.
81 ) Sie runden nach dem Dezimal system zu 225 auf. Synk, ed.
Bonn. p. 169, 18.
«
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>
Chronologische Untersuchungen. 647
Aus den Worten des Synkellos p. 147, 12: (JefiaaiXeuxevat
XaXSatcov xal MifjSwv fiaatXets n% (86) h xptojiupiotc lieoi
y.al Sy konnte man schlie&en wollen, daft Berossos die 'Meder'
noch unter seinen 86 Konigen verrechnet habe, da ihre Herr-
schaft ja nur eine Art Interregnum war. Dagegen macht frei-
lich seine Angabe, wornach unter jenen 86 nur zwei Chaldaer,
die von Eusebios allein mit Namen genannten Eufjxoo^ und Xo-
u.cca(5r)Xos, die tibrigen 84 aber Meder gewesen waxen, mis-
trauisch. Denn dies beweist, dafi der Verfasser dieser Notiz
nur den Text des Eusebios, nicht aber den Polyhistor vor sich
hatte 32 ). Auch der Wortlaut des Eusebios spricht gegen eine
solche Auffassung. An Stelle der 8 'Meder' des Eusebios gibt
Synkellos folgenden Wortlaut: dnb 8k xo6xou xoO xpovou x&v
Tztf (86o ulv XaXSafcov (JaatX^cov, Ebriypiou xaE X(0|xaopifjXou, n&
8k Mifj8(!)v) Zcopoaaxprjv xaE zobq |xex' aiix&v £' XaX8aca>v (3aat-
Xet? eteayet, exrj xpar/jaavxas TfjXtaxa ptf (190) 6 aOx&s IIoXu-
faxcop. Daraus kOnnte man folgern, dafi die Gewahrsmanner
des Synkellos, Annianos und Panodoros, diese Dynastie noch
richtig als chaldaische bezeichnet und die Nachricht vorfanden,
da£ die ersten derselben gleichzeitig mit den medischen Ty-
rannen und unter deren Oberhoheit regierten. Wem die Ein-
schmuggelung des Zoroaster zur Last fallt, lafit sich nicht sicher
feststellen. Sie wtirde Ubrigens dem Polyhistor ganz ahnlich
sehen. Man konnte dann weiter vermuten, dag ursprunglich
den Medern 34 und den 7 (richtig 6) chaldaischen Konigen
nach ihrer Vertreibung durch Chammurabi 190 Jahre beige-
legt waren 38 ). In der Tat betragt die Jahressumme der 6
letzten Herrscher der I. Dynastie von Chammurabi abwarts
192 Jahre (55 + 35 + 25 + 25+21 + 31). Auf jeden Fall
werden wir aber anzunehmen haben, da£ Berossos die Jahre
der medischen Tyrannen in seiner zweiten Dynastie von 8 K5-
nigen verrechnete. Die Dynastien von Ur, Isin, Uruk, Agade
und die 3 ersten E5nige von Babylon, wenn letztere tiberhaupt
aufgefilhrt waren, hatte er dagegen unter seine erste nachflut-
liche Dynastie von 86 K5nigen eingereiht.
**) Daa Umgekehrte , 84 Chaldaer und 2 Meder ware richtiger
gewesen.
88 ) Vgl. A. v. Gutschmid, Kl. Schr. II 100 N. 1.
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648 J - Marquart,
Zieht man nun die schon von Ndebuhe verwertete Notiz
des Simplikios im Kommentar zu Aristoteles' Schrift nepl o£h
pavoO II 12 heran, da£ Eallisthenes (+ 327) auf Wunsch des
Aristoteles die in Babylonien vorhandenen aatronomischen Be-
obachtungen nach Griechenland gesandt babe und da£ nach
Porphyrios solche Beobachtungen fttr 1903 Jahre 34 ) bis auf
die Zeit Alexanders d. Gr. (£(0$ x&v 'AXe$dv8pou xoO Maxeoovoc
Xpovwv) yorgelegen h'atten, so erbalt man unter der zunachst-
liegenden Voraussetzung, dafi die Berechnung auf das Jahr des
Einzug8 Alexanders in Babylon (Herbst 331 v. Chr.) gestellt
war, das Jahr 2233 (331 + 1903 —1) als Anfangsjahr jener
Beobachtungen. Nimmt man dann weiter mit Lkhxann an,
dag dieses Datum in die Regierung Ghammurabis fallt bezw.
dem Termin der Besiegung des Rim-Sin und der Einigung Baby-
loniens zu einem gesamtbabylonischen Reiche unter Ghammurabi
entspricht, so erhalt man als Epoche des Einfalls der Meder
unter Apil-Sin und des Beginns der II. berossisehen Dynastie :
2233
-f- x Jahre Ghammurabis vor dem Siege tiber Rim-Sin
-+- 30 „ Sinmuballits
+ 18 — (240 - 224 =) 16 = 2 Jahre Apil-Sins
2265 — 1 +X.
Unter obiger Voraussetzung nun, dafi die Dauer der
Fremdherrschaft 224 — 190 = 34 Jahre betrug, beginnt die-
selbe im 17. Jahre Apil-Sins und endet mit dem 2. Jahre Gham-
murabis (34 —(2 +30) = 2).
Als genaues Datum ihres Beginnes ergabe sich demnach
2265 — 1 + 2 = 2266. Die Wegftthrung der Statue der Nana
von Uruk durch Eudur-Naehundi fand aber 1635 Jahre vor
dem Jahre statt, in welchem Asurbanipal Susa eroberte und
dieselbe wieder aus Elam zurtickbrachte. Leider ist dieses Da-
tum bis jetzt nicht genauer zu fixieren. Man begntigt sioh
84 ) Diese Zahl bietet die lateinische Uebersetzung von Moerbeka
(1271 n. Chr.), wabrend die ietzt bekannten griecbischen Has. x^**"
xal jiiipta8(ov xptwv = 81000 geben. Dibls bei Lehmann, Zwei Haupt-
probleme der altorient. Cbronologie 110 erklart dies aus einer Ver-
wecbslung des Zablzeichens 1? = 900 mit M = 10000. So wurde ,a1T r :
XtX(o)v xal ivaxoofoov xpiuW zu ,AMr : x^tov * a * Jii>pid8a>v Tpi&v. Vgl.
hierzu Rost, Unters. zur altorient. Gesch. S. 7. 136 f. Lehmaxn, Zwei
Hauptprobleme 109 ff. 210.
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Chronologische Untersuchungen. 649
gewohnlich mit dem ungefahren Ansatze 645, wornach ersteres
Ereignis ins Jahr ca. 2280 (genauer 2279) fiele. Wenn sich
auch dieses Datum mit dem aus Berossos und Kallisthenes er-
rechneten Datum des Einfalls der 'Meder' nicht vollig deckt,
so kann doch das nahe Zusammentreffen beider unm5glich Zu-
fall sein. Die Zahl des Synkellos, 190, wtirde genau die Zeit
der 6 letzten Kftnige der L babylonischen Dynastie vom Sturze
der Dynastie von Larsa ab ergeben.
Von dem Epochenjahr 2266 = Jahr 17 des Apil-Sin aus
gewinnen wir also ohne weiteres folgende Daten:
Sumu-abi 15 J. 2346 —2332
Sumu-la-ilu 35 „ 2331—2297 Immeru in Sippar 36 )
Zabtl 14 „ 2296—2283
Apil-Sin 18 „ 2282—2265
Einfall des Kudur-Nachundi 2266
Sin-muballit 30 J. 2264 —2235
Eroberung von Isin durch Eudur-Mabuk
Chammurabi 55 J. 2234 —2180
Sieg ftber Kudur-nuchgamar 2233
Samsu-iluna 35 J. 2179 —2145
EbiSum 25 , 2144—2120
Ammisatana 25 „ 2119—2095
Ammisadugga 21 „ 2094—2074
Sa msu-satan a 31 , 2073—2043
11 Konige (M4)"jSre~2346"^2643
8 Kdnige 224 „ 2266 —2043.
Sollte sich aber einmal inschriftlich herausstellen, da& die Be-
siegung des Rim-Sin in ,ein spateres Regierungsjahr des Cham-
murabi fallt, so vraren nattirlich samtliche Daten entsprechend
zu erbohen und man hatte von den 190 Jahren des Synkellos
ganzlich abzusehen.
[Die neugefundene chronologische Liste Bu. 91 — 3 — 9, 284
aus der Regierung des Ammi-zadugga 86 ), des 10. Kftnigs der
L babylonischen Dynastie gibt ftlr die 7 ersten Konige dieser
s ») Nach Bu. 91 , 5—9 , 318. Cuneiform Texte from Babylonian
Tablets in the British Museum. P. Ill— VI.
80 ) Uebersetzt von A. H. Sayce in den PSBA, vol. XXI, January
1899 p. 10—17.
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650 J- Marquart,
Dynastie folgende Zahlen, denen ich die der Konigsliste in
Elammern beisetze:
Su(mu)-abu 14 Jahre (15)
Sumu-la-ilu 36 „ (35)
Zabum 14 „ (14)
Abil-Sin 18 , (18)
Sin-muballit 20 , (30)
Chammurabi 43 „ (55)
Samsu-iluna 38 „ (35)
Beim 17. Jahre des Sin-muballit heifit es : „The year when
the city of Isin * Dies bezieht sich offenbar auf die
oben S. 646 erwahnte Einnahme von Isin, worunter die in den
Vertragen aus Larsa als Epochenjahr geltende Eroberung dieser
Stadt durch Kudur-Mabuk und Rim-Sin zu verstehen ist. Die
Besiegung des Rim-Sin yon Larsa und seines Oberherrn Kutur-
nuchgamar von Elam und die Einigung Babyloniens durch
Chammurabi ist nach der Tafel in die Jahre 30 — 32 dieses
Konigs zu setzen. Die Jahre 23—28 sind allerdings ganzlich
abgebrochen, aber unter den Jahren 30—32 heifit es:
„30. The year when the army of Elam ....
31. The year when the land of Emudfbalum] ....
32. The year when the army of the land[of Emudbalum] ... *
Verbindet man dies mit dem von Scheil ver5ffentlichten Briefe
des Chammurabi an Sin-idinnam von Larsa, in welchem die
Besiegung des Kutur-nuchgamar und des Landes Jamutbal er-
wahnt wird, so kann man nicht zweifeln, dafi uns die Tafel
das Datum dieser Kampfe erhalten hat.
Setzt man an Stelle der Zahlen # der K5nigsliste die der
chronologischen Tafel ein, so erh'alt man fQr die letzten 8 K6-
nige der I. Dynastie 221 Jahre (18+20+43+38+25+25+
21+31), also nur um 3 weniger als Berossos, eine Different
die geringfilgig genug ist und sich durch leichte Varianten bei
einzelnen Zahlen unschwer erklart. Man mufi dann annehmen,
daJ Berossos den Einfall der Meder gleichzeitig mit der Thron-
besteigung des Abil-Sin gesetzt hat. Der nahere Grand, wes-
halb Berossos seine zweite Dynastie mit Abil-Sin beginnen
lafit, lafit sich jetzt gleichfalls aus der neuen Tafel erschlie&en.
Satce hat bereits darauf aufmerksam gemacht, dafi die von der
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Chronologische Untersuchungen. 651
Kdnigsliste als Dynastie von Babylon bezeichneten Kflnige nach
Ausweis der Tafel nicht von Anfang an in Babylon, sondern
in Ur in Siidbabylonien residiert zu haben scheinen, wahrend
die Erbauung der Festung Babylon erst unter dem 5. Jahre
des zweiten K5nigs Sumu-la-ilu berichtet wird. Vermutlich
wurde Babylon erst damals erobert. Es ist nun sicher kein
Zufall, dag die Tafel unter dem 1. Jahre des Abil-Sin die
Erbauung der Festung Borsippa, der Schwesterstadt Babylons,
verzeichnet, urn so weniger, als auch die Jahre 2 und 3 dieses
Konigs nach Werken benannt sind, die sich auf Babylon be-
ziehen und auf eine erhohte Ftirsorge ffir diese Stadt schliessen
lassen. Vermutlich hat also zuerst Abil-Sin die Residenz nach
Babylon verlegt und zwar wird diese Mafiregel durch die Ein-
falle der Elamiter nach Siid-Babylonien veranlafit sein, vor
denen er sich in Ur nicht mehr halten konnte.
Halt man weiter an der Hypothese fest, dafi das Jahr 2233
mit dem Jahre der Besiegung des Rim-Sin und der Elamiter
durch Chammurabi zusammenfallt, so ergibt sich die Gleichung :
Jahr 32 des Chammurabi = 2233 v. Chr.
Dementsprechend wtlrden wir die Daten erhalten:
Abil-Sin 2302-2285
Einfall des Kudur-Nachundi 2302
Sin-muballit 2284—2265
Einnahme von Isin durch Rim-A-gur-um 2268
Chammurabi 2364—2222 u. s. w.
Allein das so gewonnene Datum ftir den Einfall des Ku-
dur-Nachundi ware mit den Inschriften Asurbanipals nicht ver-
einbar. Setzt man dagegen das Jahr 2233 gleich dem ersten
Regierungsjahre Chammurabis, so erhalt man:
Sumu-abi 2335—2322
Sumu-la-ilu 2321-2286
Zabu 2285—2272
Abil-Sin 2271—2254
Einfall des Kudur-Nachundi 2271
Sin-muballit 2253—2234
Einnahme von Isin 2237
Chammurabi 2233—2191
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652 J - Marquart,
Besiegung des Kudurnuchgamar 2202
Samsu-iluna 2190—2153
Ebisum 2152—2128
Ammisatana 2127-2103
Ammisadugga 2102—2082
Samsu-satana 2081— 2051] 37 ).
Mit diesem Resultat stiramt die GuTscHMn/sche Hypothese
freilich nicht, da£ die Summe der Jahre aller nachflutlichen
Dynastien tod Berossos in die cyklische Zahl von 10 Saren
= 36 000 Jabren eingeschlossen worden sei. Zieht man nam-
lich von dieser Zahl die 34091 Jahre der ersten nachflutlichen
Dynastie ab, so erhalt man 1909 Jahre fur den Zeitraum vom
Beginne der II. bis zum Endjahr der letzten Dynastie des Be-
rossos. Es ist vom philologischen Standpunkte aus ganz un-
statthaft, der bis auf die Einer hinaus genauen Zahl 34 091
die vom Synkellos daneben in Saren, Neren und Sossen ange-
gebene Zahl 34 080 vorzuziehen 88 ). Nimmt man ferner an,
daft der letzte Saros mit dem Jahre 312 v. Chr., dem Todesjahr
Alexanders II abschlofi, so ergabe sich 2220 (312 + 1909—1)
als Anfangsjahr des Apil-Sin, des vierten Herrschers der L
babylonischen Dynastie und Epoche der Einsetzung medischer
Tyrannen in Babylonien, also ein am 46 Jahre niedrigeres Da-
tum als das oben gewonnene.
Suchen wir nun zunachst das Verhaltnis der Anzahl der
Kdnige der folgenden berossischen Dynastien zu der der Kdnigs-
liste klarzustellen. Auf die oben erorterten 8 Kdnige folgen
zunachst 11 Kbnige, dann 49 Chaldaer und darauf 9 Araber.
Jene 11 K5nige entsprechen, wie allgemein anerkannt wird,
den 11 Konigen der II. babylonischen Dynastie. Den 49 Chal-
daern und 9 Arabern stehen in der Konigsliste gegen fiber:
36 Ka&Siten (Dyn. C)
11 Konige der Dyn. Pa-8e (Isin?) (Dyn. D)
3 „ » » des Meerlandes (Dyn. E)
3 „ , „ von Bazi (Dyn. P)
1 Elamit (Dyn. G)
37 ) Der in eckige Klammern eingeschlosaene Paasus ist Korrektur-
zusatz. 17/VII. 99.
88 ) S. o. S. 644 Anm. 24.
4
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Chronologische Untersuchungen. 653
4 (ev. 5) Konige der abgebrochenen Dynastie von 11 K5-
nigen am Schlufi von Kol. Ill (Dyn. H)
58 (59) Kdnige, also genau dieselbe Gesamtzahl!
Wahrend aber Berossos in der Gesamtzahl der Kftnige
vollig mit der Kdnigsliste ubereinstirumt, weicht er von dieser
wiederum in der Anordnung der K6nige nach Dynastien ab.
Seine 49 Chaldaer setzen sich zusammen aus:
36 KaSSiten
11 Konigen der Dyn. von Pa-se
2 B „ „ des Meerlandes (Nr. 1 und 2).
Die 9 Araber zerlegen sich dagegen in
1 K5nig des Meerlandes (Nr. 3)
3 Konige der Dyn. von Bazi
1 Elamit
4 Konige der Dyn. H.
Der erste von diesen 4 Kdnigen regierte nach der Konigsliste
36 Jafare 39 ), der zweite 8 Monate und 12 oder 13 Tage. Von
der Regiernngszahl des dritten sind die Kopfe zweier senk-
rechter Keile erhalten, au&erdem bietet Knudtzon's Kollation
die Spitze eines Winkelhakens. Die Zahl war also wahrschein-
lich 2 oder 12. Diese 4 Konige sind nach den Untersuchungen
Lehmann'8 Nabu-lcln-abli (regierte mindestens 24 Jahre) 40 ),
SamaS-mudammiq 41 ), Nabtl-sum-igkun 41 ), beide Zeitgenossen
des K6nig8 Adad-nirftri II von Assyrien (911 (?) — 891), und
Nabtl-abal-iddin , Zeitgenosse Salmanassars II von Assyrien
(regierte mindestens 31 Jahre) 48 ).
Weit schwieriger ist es, die Jahressummen des Eusebios
mit denen der Konigsliste in Einklang zu bringen, da dieselben
in der Ueberlieferung, wie schon ein Blick auf die vorliegende
Textbeschaffenheit zeigt, sehr gelitten haben.
Bei der III. Dynastie des Berossos ist das erste Zeichen
der Jahre8summe in der Handschrift von Edschmiacin, welche,
") So Delitzsch, AsByriologische Miszellen. SB. der s&chs. Ges.
der Wiss. 1893, 183 ff. Knudtzon, Assyrische Gebete an den Sonnen-
gott (1895) I S. 60. II 277. Lehmann, Zwei Hauptprobleme der alt-
orient. Chronologie S. 21.
*°) Peisek, KB IV S. 82 ff.
41 ) Svachronistische Gesch. Kol. HI 1-25.
42 ) Vgl. Winckler, Unters. »ur altor. Gesch. 25.
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654 J- Marquart,
wie Mommsen gezeigt hat 48 ), als die direkte Vorlage der dbrigen
Handschriften zu gelien hat und auf Veranlassung der Berliner
Akademie photographiert worden ist, im Texte verwischt. Man
kann sich aber auf der Photographic fol. 5b leicht ttberzeugen,
da£ ursprCLnglich IE = 28 dastand * 4 ), was dann am Rande in
XE = 48 verbessert worden ist. Diese Zahl steht natdrlich in
gar keinem Verhaltnis zu den 368 Jahren der Kdnigsliste. Die
folgende Dynastie von 49 Chaldaern erhalt 458 Jahre, wahrend
sich aus der Kdnigsliste 576 Jahre und 9 Monate + 132 (3) Jahre
und 6 Monate +18 Jahre und 5 Monate = 727\8 Jahre und
4 Monate ergeben. Ich glaube aber, dafi jene 458 Jahre Ton
der III. Dynastie hieher verschoben sind und dafi 458 ein alter
Fehler entweder fur 358 oder 368 (HHHHPPIII fur HHHPPIH
oder HHHPAPIII) ist. Die Zahl 28 dagegen, welche jetzt der
III. berossischen Dynastie zugeteilt ist, gehort vielmehr den
49 Chaldaern und entspricht den 727\8 Jahren, welche sich
aus der Kdnigsliste fur dieselben ergeben, wobei freilich die
Hunderter (CT = 700) ausgefallen sind. Nach der Photographie
ist indessen vor dem halbverwischten I = 20 noch Raum fttr
einen Buchstaben, und es ist daher moglich, dafi in der Hand-
8chrift das Zahlzeichen fttr 700 ursprttnglich davorstand und
spater durch Wasser verwischt wurde. Die Korrektur 48 am
Rande hat dagegen keinerlei selbstandigen Wert,
Die Summe 245 bei den 9 ,Arabern' 46 ) steht in gar keinem
Verhaltnis zu den Daten der Kdnigsliste. Aus dieser und an-
dern keilinschriftlichen Quellen ergeben sich:
Ka§§u-n&din-ach, Dyn. des Meerlandes 3 Jahre
3 Konige der Dyn. von Bazi 20 „ 3 Mon.
1 Elarait 6 „
(Naba-kln-abli) 36 „
(Sama§-mudammiq) 8 „ 12/3 T.
(Nabtl-Sum-i§kun) 12 (?) 9
(Nabu-abal-iddina) S 1 ,!^
9 Konige 109+X Jahre.
48 ) Th. Mommsen, Die armeniechen Handechriften der Ghronik dee
Eusebiua. Hermes 80, 1895, S. 321—338.
u ) Da mir leider koine armenischen Typen zur Verfdgong etehen,
so muG ich mich mit einer Umschneibung in lateinische Bachst behelfen.
46 ) Synkellos p. 172, 16 hat nur 6 KGnige der Araber mit 215 Jahren.
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Chronologische Untersuchungen. 655
Man kSnnte nach Synkellos vermuten, dafi MXE aus MZE
^ (215) verdorben sei, eine Annahme, die freilich palaographisch
keineswegs einleuchtet und uns auch sonst nicht viel helfen
wtirde.
Nehmen wir nun an, dafi das 31. Jahr des Nabu-abal-
iddin sein letztes und die grofitenteils abgebrochene Zahl des
dritten K8nigs der Dyn. H wirklich 12 war, so ergibt sich
nach der Kbnigsliste folgendes Schema:
Nabu-abal-iddin
887-
-857
Nabu-§um-i§kun
899-
-888
SamaS-mudammiq
899
Naba-kln-abli
935-
-900
Der Elamit
941-
-936
3 Dynastie von Bazi
962-
-942
Ea§sa-nadin-ach
965-
-963
9 ,Araber' 965—857
Ea-mukin-zer 966
Simma§§i(chu) 984/3—966
11 Dynastie von Pa-se 1117/6—985/4
36 Ka§§iten 1693/2—1118/7.
Addieren wir nun hiezu die 368 Jahre der Konigsliste fttr
die II. Dynastie, so erhalten wir 2061/0—1694/3, was ttber
das oben gefundene Endjahr der I. Dynastie 2043 fast urn 20
Jahre hinausfUhren wtirde. Wir kamen aber auf diese Weise
dem durch Asurbanipal an die Hand gegebenen Datum der Ein-
nahme von Uruk durch Kudur-Nachundi noch naher, und das
Epochenjahr der ersten Dynastie des Berossos, das mit der
Einsetzung ,medischer' Tyrannen zusammenfallt, trafe auf das
Jahr 2285 v. Chr. (2062+224), woraus sich als Datum der
Eroberung Susas durch Asurbanipal das Jahr (2285 — 1635) 651
v. Chr. ergabe. Dies ist jedoch unm5glich, da der Krieg gegen
Elam, welcher mit der Zerstorung Susas endete, erst nach dem
Falle Babylons 648 v. Chr. stattgefunden haben kann. Naher
ftlhrt uns zum Ziele die in 358 verbesserte Zahl 458 des Eu-
sebios. Die 368 Jahre ftlr 11 Konige sind ja so wie so durch
ihre Lange aufierordentlich anstossig.
Dann verschieben sich die Daten folgendermafien:
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656 J - Marquart,
IV. berossische Dyn. 49 KSuige <7> 28 Jahre 1693/2—966/5
III. „ „ (II. d. Kdnigsliste) 11 K5nige 558 Jahre
2051/0 ")— 1694/3
I. Dyn. 11 Konige 304 Jahre 2355-2052
II. berossische Dyn. 8 KSnige 224 „ 2275—2052
Apil-Sin 18 „ 2291—2274
Sin-muballit 30 „ 2273—2244
Chammurabi 58 „ 2343—2189
Sieg tlber Kudur-nuchgamar 2233 (11. Jahr), wobei
nattlrlich mit einem Spielraum von ca. 5 — 7 Jahren nach
oben zu rechnen ist, da wir die genaue Regierungszeit des
Naba-abal-iddina und seines Vorgangers noch nicht kennen.
2. Zur Chronologie der Hyksos.
Auf die XIV. Dynastie der 76 Hirten lassen die Auszuge
des Afrikanus und Eusebios bekanntlich eine lang andauernde
Fremdherr8chaft in Aegypten folgen, die der sog. Hyksos. Bei
Afrikanus folgt zunachst die XV. Dynastie von 6 Hirten, die
namentlich aufgezahlt werden, 284 Jahre, dann die XVL Dy-
nastie von 32 weiteren Hirten 518 Jahre, und endlich die XVTL
Dynastie, 151 Jahre, wahrend welcher 43 weitere Hirten und
43 thebanische Konige neben einander regierten.
Eusebios hat zunachst eine XV. Dynastie von Konigen
aus Dioepolis (Theben, ohne Angabe der Zahl), die 250 Jahre
regieren, dann eine XVI. Dynastie von 5 thebanischen Konigen
mit 190 Jahren, und erst auf sie folgt die XVII. Dynastie von
4 namentlich aufgefilhrten Kdnigen mit 103 Jahren. Josephos
geg. Ap. 1, 75 ff. endlich hat zuerst eine Dynastie von 6 na-
mentlich aufgefilhrten Hirtenkftnigen mit 259 Jahren 10 Mo-
naten, auf welche nach dem gegenwartigen Texte c. Ap. 1, 84
eine zweite Hirten dyn as tie folgt. Die Gesamtdauer beider Hir-
tendynastien scheint der Verfasser auf 511 Jahre zu berechnen
(s. u. S. 661).
Die namentlich aufgefilhrten Hyksosk5nige bei Josephos,
Afrikanus und Eusebios entsprechen sich folgendernia&en :
48 ) [Vgl. jetzt oben S. 652. Dieses Zusammentreffen im Anfangs-
jahr der IIL berossischen Dynastie von zwei ganz verschiedenen Er-
wagungen ana wird man wohl kaum ale Zufall bezeichnen dtirfen.]
*
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Chronologische Untersuchungen. 657
Jos. c. Ap. 1,80—81:
Schol. Plat. u. Euseb.:
Afrikanus:
SccXtTis 19 J.
Safxr)<; 19 J.
Safojc 19 J.
Brjcbv 44 „
Bv&v 40 „
Bv&v 44 „
'Anayyd^ 36 „ 7 M.
•Apx(«V 47 )30 ,
Sxaiv 50 ,
"Aftcof t£ 61 „
"Acpaxptc 14 „
Haxvccv 61 „
'Iawig 50.1M.
103 J.
'Ap X Xr,«")49 ,
"Aaats 49 „ 2 M.
"Aipo|3i{ 61 ,
(259 J. 10 M.)
284 J.
Aus Denkmalern sind bisher nur drei Hyksosherrscher sicher
bekannt und zwar haben sie sich meist damit begntigt, ihre
Namen auf Denkmaler der XII. und XIII. Dyn. aufzukratzen.
Zwei davon tragen den Namen Apopj. Von *Oqnunr& Apopj
besitzen wir eine wahrscheinlich aus Heliopolis oder aus
Memphis stammende Opfertafel, die er dem Sutech von
Hatwa c ret (Auaris) geweiht hat ; ferner hat er in Tanis seinen
Namen auf die Arme der beiden Kolosse des Konigs Merma^a'u
der Xin. Dyn. und die Schulter eines Sphinx des Amenemhe't III
einkratzen lassen 48 ). Auch der Sphinx von Tell el Masxttta
und ein im Louvre befindlicher Sphinx sind von ihm usurpiert
worden. Unter dem Konig e O woser B& Apopj ist der ma-
thematische Papyrus Rhind geschrieben und ein Denkmal
dieses Kftnigs hat sich auch in Gebelein in Oberagypten ge-
funden 49 ). Von einem Konig Swsr-n-Re Xjan besitzen wir
das Unterteil einer Eonigsstatue aus Bubastis 60 ) , sowie Ska-
rabaen und zwei Siegelcylinder, auf denen er ,Ftlrst der Jttng-
linge' (hq nfrw) und Ftirst der Fremdlander hq xswt genannt
wird. Von demselben Kbnig riihrt auch ein kleiner L5we
aus grauem Marmor her, der nach Baghdad verschleppt
worden ist; er wird auf dem Denkmal nur mit seinem Vor-
namen genannt, dagegen erscheint sein voller Name auf einem
>
A1 ) APXAHC aus AP(A)XNHC. Dadurch daC Afrikanus diese
Nebenform von Ilaxvdv fur Josephos* "Aoatg verwendet, gibt sich seine
Liste ale unursprunglich zu erkennen. Auf eine Benutzung der Version
des Schol. Plat, una Eusebios weist auch die Namensform SatxiQC-
48 ) DaC die friiher fur Denkmaler der Hyksos gehaltenen Sphinxe
yon Tanis in der That den Pharao Amenemhe't III darstellen, ist von
Golenischeff (Am en em ha III et les Sphinx de San. Recueil de trave-
aux XV p. 181 — 186) nachgewiesen worden.
49 ) Dabessy, Recueil de traveaux XIV p. 26.
M ) Naville, Bubastis pi. XII. XXXV A und p. 23—26.
Philologui, Supplementbftnd VII viertci Heft. 42
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658 J- Marquart,
in Gebelein in Oberagypten gefundenen Bruchsttick 51 ). Da-
gegen ist der yermeintliche Hyksoskdnig Set c o pehti Nubti,
nach dessen 400. Jahre eine Stele in Tanis aus der Zeit Ram-
ses II. datiert ist, gar kein Kftnig, sondern der Gott Set selbst,
welcher als der von Ombos (Nbiti) bezeichnet ist 91 ).
Es ist nun schon ofters betont worden, da& eine 500 jahrige
oder gar noch langere Dauer der Fremdherrschaft angesichts
der Denkmaler undenkbar erscheint, da die Grabsteine der
XVII. und XVIII. Dyn. in Abydos und Elkab sich unmittelbar
an die aus der XIII. Dyn. anschliefien , und nichts auf eine
langere Unterbrechung hinweist. Auch in Theben sind die
Denkmaler der XVII. Dynastie kaum von denen des M. R. zu
trennen.
Den richtigen Weg, um zu einer vernttnftigeren und dem
monumentalen Thatbestand entsprechenden Ghronologie der
Hyksos zu gelangen, hat jetzt zum erstenmal W. Max Mctllkk
gewiesen 53 ). Er geht davon aus, dafi der Apophis des Manetho
hochst wahrscheinlich mit einem der beiden aus Denkmalern
bekannten Apopy identisch sei. Sodann identifiziert er den
'Arcaxvcfcc (Jos.) oder Ilaxviv (Afrikanus) mit Apopy 'aqtm-rf,
der aus Denkmalern in Memphis, Tanis und Bubastis bekannt
ist 'A7wcxva? (bei Euseb. Chron. I 226 Auchee = I 153, 9
SchOnb ApaTcnan) entsprache dem Vornamen 'a-gtw-r^, wobei
Re e als UberflUssig weggelassen und vorn der spatere Artikel
angesetzt wurde (S. 17). Der letztere K5nig ist aber sicher
identisch mit dem Apopy, welcher als Zeitgenosse und Ober-
herr des Ffirsten Sqnn-Be* im Papyrus Sallier erscheint
Denn nicht blofi der Vorname Sqnn-Re e ist nach dem Vor-
namen des Apopy c Aqnen-Re c gebildet, wie schon Bettosch 54 )
und Maspero 56 ) gesehen haben, sondern auch dessen Haupt-
M ) Deveria , Lettre a M. Auguste Marietta sur quelquee monu-
ments rel. aux Hyq-Sos. Rev. arch. N. S. IV 256—257. Griffith bei
Nayille, Bubastis p. 24—25. Daressy, Bee. de trayeaux XVI 42. Vgl.
G. Steindorff, Zur Geschichte der Hyksos. Kleine Beitrage Eur (Je-
schichte. Festschrift zum deutschen Historikertag Lps. 1894 S. 1 — 8.
M ) Cesare di Cara, Gli Hicsos o re pastori di Eritto 1889.
M ) Studien zur yorderasiat. Geschiehte. Mitteil. der Vorderasiat
Ges. 1898, Heft 3.
M ) Gesch. Aegyptens 824.
* 6 ) Histoire ancienne des peuples de l'orient classique II 73 n. 1.
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Ghronologische Untersuchungen. 659
name Ti-'a-gnow, was „angeschlossen an, gehorig zu, Begleiter
des c Aqnon* bedeutet. „Er benannte sich servil nach seinem
Lehnsherrn, der demnach regierte, als Sqnen-re c die Herr-
schaft in Theben antrat" 66 ). Hatte aber Manetho in seiner
Liste zwei Apophis, von denen einer sicher mit dem Ober-
herrn des Sqnn-Re e identisch ist, unter welchem der Be-
freiungskrieg ausbrach, so ergibt sich der zwingende Schlufi,
daft Manetho nur eine Hyksosdynastie gezahlt hatte. Zu dem-
selben Resultat war ich bereits auf Grund ganz der namlichen
Erwagungen gelangt, ehe mir M. Mcllers Aufsatz zu Gesicht
kam. Nur hatte ich vermutet, daft in der 61jahrigen Regie-
rung des Apophis bei Manetho die beiden inschriftlich be-
zeugten Apopy zusammengefaftt seien, was ich jetzt aufgebe.
Dagegen halte ich gegentlber Miller an der schon von
Naville, Bubastis, p. 23—26 aufgestellten Identitat des Konigs
Swsr-n-Re' Xe-ja-n mit dem lavvcfc (Euseb. Chron. Anan) des
Josephos, Sxaav des Afr. {est. Beide Formen sind entstanden
345 21 13245
aus CAIAN (IANNAC, CTAAN), und dieses gibt genau die
spatagyptische Aussprache (Sajan) des Namens Chajan wieder.
Bereits Hilprecht 67 ) hat erkannt, dafi der Name Chajan identisch
ist mit dem des Konigs Xa-aia-nu, S. des Gabbar, der unter Sal-
manassar II in Sam'al am Amanos regierte 68 ). Da der Name
des Vaters (Gabbar, 1fc\c ) unzweifelhaft aramaisch ist, so wird
auch Xe-ja-n so aufzufassen sein, zumal sich der Name ..lli
Haijan noch in islamischer Zeit bei den christlichen Aramaern
Babyloniens findet. Wahrend also Catav ebenso wie die beiden
ersten Hyksoskonige einen auslandischen Namen tragt, sind
die Namen des "ArcuNpts und 'Arcaxviv sowie der des "Aaatc
agyptisch. Filr letzteren Namen hat die Sothis bei Synkellos
p. 232 die Form 'AoTfjft oder 'Aaorfjft, und 'AoTfj* hat auch noch
Eusebios (Chron. I 226, 6 Auchee = I 153, 11 SchOne, S. 53, 13
der Hs. von Edschmiacin) bei Josephos gelesen. Die Form
des Laurentianus "Aoats verdankt dem Bestreben eines Ab-
M ) W. Max M0lleb a. a. 0. S. 17 = 123.
") Assyriaca I 130 N. 2.
"J Salm. Monol. I 42. 53. II 24 (Sohbadkb, KB. II 156. 158. 162).
42*
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660 J- Marquart,
schreibers, regelrechte griechische Nominativformen herzustel-
len, ihren Ursprung 69 ) and setzt ursprilngliches 'Aaaf,* voraus.
Dies ist in der That die richtige Form des Namens. Derselbe
geht namlich zurttck auf agypt. *Ns-Set 4 zugeh5rig zum (Gotte)
Set'. Die mit ns- 4 zugehSrig' zusammengesetzten Namen wer-
den allerdings erst in der XXI. Dyn. haufiger und erst in der
saitischen Zeit alltaglich, sie finden sicb aber schon im alten
und mittlern und vereinzelt auch im neuen Reich 60 ).
Nicht blofc der Papyrus Sallier, auch die agyptischen
Namen der beiden Apopj empfehlen es, diese an den Schlufi
der Liste zu stellen. Zwar gilt auch Apopj e a-qnn-Re c ,
„der die zwei Lander befriedigt* und die Gflttin Nechbet
von el Kab verehrt, noch als Herr Oberagyptens 61 ); aber
da unter ihm der Befreiungskampf ausbrach und andererseits
Apopj 'a-wsr-Re ebenfalls liber Oberagypten geherrscht
hat, wie ein in Gebelein gefundenes Denkmal dieses Eonigs
beweist 62 ), so ist dieser offenbar vor Apopj c a-qnn-Re* zu
setzen, der nur aus Denkmalern in Unteragypten bekannt ist.
Dann konnte aber der Wortlaut des Josephos: u.eft' Sv &\\oz
'ATiaxva^ fdr die von M. Moller zur Erwagung anheimgestellte
Moglichkeit sprechen, daft 'Arcaxvav abgektlrzt sei aus "Atc<(!>-
<pi£> axvav.
Es hat also bei Manetho eine Verschiebung stattgefunden,
wie wir sie bei einer Menge von Dynastien, besonders der
XVIII., nachweisen konnen. Es ist zunachst herzustellen
1. SaXcxt? 19 J. 3. Ccucev 50 J. 1 M.
2. Bvfcv 44 , 4. 'Aaa^ft 49 „ 2 „
5. "ATwocpis 61 „ 6. 'Arcaxvocv 36 „ 7 ,
Die Regierungszeit des 'Arcaxvav gentlgt vollkommen ftr
die Zeit des Befreiungskampf es. Denn Sqnn-Re* Ti- e a-qnn, der
Vater des Amosis 63 ), welcher den Befreiungskampf begann, ist,
M ) Vgl. Gutschmid, Kl. Schr. IV 428 f.
60 j G. Steindorff, ZaS. 27, 1889, S. 41 f.
61 ) W. Max M0ller a. a. 0. S. 25 N. 2.
ft2 ) Daressy, Recueil de traveaux XIV p. 26.
63 ) Derselbe ist wahrscheinlich identisch mit Sqnn-Re* Ti-'a-'a,
dessen Pyramide im Papyrus Abbott pi. Ill 1. 8 — 11 neben der eines
andern Ti- e a und der des Karnes genannt wird. Wir haben also wahr-
scheinlich nur zwei Sqnn-Re e zu zahlen. Vgl. Maspebo, Hist, ancienne
des peoples de l'orient classique II 76 n. 2. ^
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Chronologische Untersuchungen. 661
wie der Befund seiner Mumie zeigt, etwa im Alter von 40
£ Jahren eines gewaltsamen Todes gestorben, wahrscheinlich im
Kampfe gegen die Hyksos. Sein Nachfolger Karnes regierte
offenbar nur kurze Zeit, and im 5. Jahre seines Nachfolgers
Amosis war Auaris nach der Biographie des J c ahmose bereits
gefallen.
Bei Afrikanus erhalt Apachnan 61 Jahre, geradeso wie
Apophis. Wahrscheinlich waren in einer Vorlage die Namen
in zwei Kolumnen geschrieben, so da£ na^vccv wie w A<pofit£ je
den Schlufi einer Kolumne bildeten. So kam es, dafi zu den
Jahren des Haxvav die 25 Jahre 4 Monate des Amosis, des
Vertreibers der Hyksos hinzuaddiert wurden. Dieselbe Addi-
tion hatte aber vielleicht schon frtther bei Apophis stattgefun-
den, als dieser noch richtig als 5. am Schlufe der ersten Ko-
lumne stand. So bekame Apophis ursprtinglich 35 J. 8 M.
— der mathematische Papyrus ist nach seinem 33. Jahre da-
tiert — und als Summe der 6 Hyksos ergaben sich 234 Jahre
und 6 Monate, eine Zahl, die nur um 10 diejenige ilbersteigt,
welche der Barbaras seiner Dynastie der Sebennyten gibt, die
bei ihm den Hyksos entspricht.
Die Summe 259 J. 10 M. ist aber schon sehr alt, wie
die Zahl der zweiten Hyksosdynastie beweist, bei Afrikanus
518, bei Josephos 511 Jahre: npb<; tolq 7revxaxoa£ot£ SvSexa.
M. MtiLLER S. 20 verbessert dies in £vveaxai'8exa = 519,
und dies ist genau = 2 X 259 J. 10 M. Aber die Lesart des Jose-
phos 511 ist ebenfalls verhaltnismafiig sehr alt, denn auf ihr
beruht die Summe der 15. Dynastie des Eusebios: Diospoliten
250 Jahre. Dies ist nur eine Abrundung von 511 — 259 J.
10 M.=251 Jahre 2 M. , aus welcher Zahl auch die Jahres-
summe der XVII. Dynastie des Afrikanus: 151 Jahre lediglich
verkiirzt ist. Auch daraus ergibt sich wieder, daft die Zusam-
mensteller der manethonischen Listen ein eklektisches Verfahren
beobachtet haben. Wie die sogenannte zweite Hyksosdynastie
entstanden, ist bisher nicht erkannt worden. Den Anstofi da-
zu scheint mir der Ausdruck Manetho's bei Jos. c. Ap. 1, 81
gegeben zu haben : xal ouxot ulv §ij & auxols iyev^drjaav
np&xoi &pyovxe<; TtofroOvxes &d xal jiaXAov xfjc Afyurcxou i^apa:
*ri)V £££av. Der Ausdruck np&zoi <2pxovxes (ohne Artikel!) kann
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662 J- Marquart,
nach dem Zusammenhang nur bedeuten 'erste Fdrsten 1 =
'Hauptfttrsten' (vgl. den 'Grofiflirsten' der Cheta), was dafOr
spricht, dafi das Reich der Hyksos, ahnlich wie spater das
Chettiterreich feudal gegliedert war. Dafi es neben und unter
den Oberkonigen, den eigentlichen Hyksos, eine Anzahl anderer
Lokaldynastien in Aegypten gegeben haben mu£, beweist ja
die Einleitung der Schilderung des Befreiungskampfes § 85:
jiexdt xaOxa 8k x&v £x xf); ©Tjfiai'Soc xai xfjc iXXrjc Afy6n:-
xou (JaoiX^wv yev&jflm <prjalv inl zobq TOijiiva; £7tavioxa-
otv 64 ). Das Misverstandnis jenes Ausdracks hat aber zur An-
nahme einer zweiten Hyksosdynastie geftlhrt, und so lesen wir
§ 84 : xouxous tou; 7ipoxax(ovop.aapivou? jJaat,X£a; xal xouc x&v
7iotji£va)v xaXoufiivcov xal xoi>£ ££ a&x&v yevojiivouc xpaxfjaa:
xfjs Afyurcxou qnfjaiv ixrj rcp&s xol; rcevxaxoaioic IvSexa (lies
£v<veaxa£>8exa). Dafi der Text hier nicht in Ordnung ist, sieht
man schon an dem Fehlen einer Uebergangspartikel hinter
xouxous. In der That hat Eusebios npon. e&ayy. 10, 13, 4,
der die Stelle ausschreibt, xouxoug Si. Dies ist aber nicht
ursprtinglich, sondern Eorrektur. Wenn man sodann ,die vor-
genannten" auf die in § 80 f. aufgezahlten 6 Hyksosk5nige
bezieht, so mufi man natUrlich rait Gutschmto 66 ) das xal hinter
|Saat)ia£ streichen. Dann kamen auf die zweite Hyksosdynastie
(xou$ 1% a&x&v yevojiivou;) allein 519—259 J. 10 M., d. i.
abermals 259 J. 10 M., was dann bei Afrikanus noch weiter
dahin verdorben ware, dafi diese zweite Dynastie allein 518
Jahre regiert hatte. Allein der ganze Satz ist nach allem eine
alte Glosse, wie ja auch die vorhergehenden Satze yon § 82 b
an, wie Moller S. 4 ff. gezeigt hat, aus lauter Glossen bestehen.
Der ursprQngliche Text des Manetho lautete also blofi: (81)
xal oOxot jjiiv §5 & a&xotc Jyev^drjaav rcp&xoi dcpxovxec rcodouv-
xec iil xal (idcXXov xffc AtyuTtxoo ££<2pat xfjv £tXav. (82) ixa-
Xetxo 8k xb auftTCav aux&v 2&vos Txouaaa>£. (85) ftexdb xaOxa
8k x&v £x xfjc ©T)Paf6o€ xal xfjs deXXrjs Afyurcxoo |3aaiX£<t>v ye-
vlafrai yrrph kid xoi>£ 7ioi|iiva£ jTCavocoxaatv xal 7i6Xejiov ouppa-
yfjvac (liyav xal rcoXuxpivtov. Dann beginnt der Aufstand und
M ) Ebenso Maspero, Hist ancienne des peuples de T Orient classi-
que II 92 und n. 4.
6i ) Bei SchOne, Euseb. Chron. I 154 n. 2. Vgl. Kl. Schr. IV 438.
♦
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Chronologiflche Untersuchungen.
663
lnge Krieg unter dem Hyksoskonig 'Arcaxvav. Die
Eriege in Syrien und insbesondere die Kampfe des Thutmosis III.
gegen die Gheta werden von Manetho als eine Fortsetzung der
Kampfe gegen die Hyksos betrachtet, and so kommt es, dag
in der Volkserzahlung iiber die Belagerong yon Auaris die
Vertreibung der Hyksos zeitlich vollig mit den Eroberungen
des Thutmosis III. zusammengefallen ist. Desbalb heifit der
Vertreiber der Hyksos in jenem Volksmarchen Mtocppayftou«8 , a)-
otg = Men-xapr-Re Dhoutmose, in der Konigliste dagegen
T£{tyo)oi£ , wobei der Gottesname «Tah durch den synonymen
Thouth ersetzt ist. Die Form "Aficootc bei Afrikanus und Eu-
sebios stammt aus Ptolemaios von Mendes (fr. 1 aus Tatian
oratio ad Gr. c. 59).
In den sogenannten Excerpta Barbari entsprechen den
Dynastien XIII — XVII des Afrikanus folgende Dynastien:
Barbaras:
XIL Potestas
Bubastanorum ann. 153
XIII. Potestas
Tanitorum - 184
Afrikanus
13. Dynastie
60 Diospoliten
14. Dynastie
-76 Xoiten
15. Dynastie
453 Jahre
184
XIV. Potestas
Sebennitorum
224
6 Hirten
16. Dynastie
284
XV. Potestas
Memfitorum
XVI. Potestas
Iliopolitorum
XVII. Potestas
Ermupolitorum
318
noi\Liv£<;$Xkoi$<ioikei<;'k$' 518
17. Dynastie
151
©rj^alot AtooTtoXtxat jiy'
18. Dynastie
260 16 Diospoliten 263
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664 J- Marquart,
Hier ist zunachst War, daft durchweg die Nam en der
Dynastien im Barbaras urn eine Stelle zu hoch hinaufgerttckt
sind, wahrend die Zahlen ihre richtige Stelle bewahrt haben:
die Bubastani entsprechen den Xoiten, die Taniten den 6 Hir-
ten, die Sebennyten und Memphiten der 2. und 3. Hirtendy-
nastie des Afrikanus. Die Dynastie der 'Iliopoliti' dagegen
kann, wie ein Blick auf Afrikanus zeigt, keine sonst vollig
unbekannte und unverstandliche Dynastie von Heliopolis be-
zeichnen, wie man gew5hnlich annimmt, sondern beruht auf
einer Verlesung von V) Ato(a)7roXtxa>v, entspricht also der
thebanischen Paralleldynastie des Afrikanus.
In diesen Bezeichnungen haben sich einige wichtige Er-
innerungen erhalten. Denn Tanis war thatsachlich die eigent-
liche Residenz der Hyksos, daneben wurde auch Memphis als
alte Hauptstadt geehrt (vgl. Jos. c. Ap. 1, 77). Ueber Seben-
nytos an der Gabelung des mittleren Nilarmes wissen wir noch
nichts Naheres. Besonders interessant ist aber die Bezeichnung
der XVHI. Dyn. als Hermupoliten. Die Angehorigen der
XVIII. Dyn. tragen durchweg Namen, die abwechslungsweise
mit den Namen der Gotter .Tab, Thouth und dem thebanischen
Amon gebildet sind. J c ah und Thouth sind Mondgotter, Thouth
ist speziell der Gott von Hermupolis. Man darf daher viel-
leicht schliefien, dafi die K5nigin J e abbotep, die Mutter des
Amosis, welche ihrem Gemahl Sqnen-Re c ein Erbrecht auf die
Doppelkrone der Pharaonen als Mitgift zubrachte 06 ), eben aus
einem Fflrstengeschlecht von Hermupolis stammte 67 ).
Wie die Regentenzahlen der II. und III. Hirtendynastie
des Afrikanus entstanden sind, laftt sich noch nicht erkennen.
Vermutlich liegt denselben aber die Angabe zu Grunde, da£
es neben den Oberkonigen in Tanis noch Lokaldynastien in
verschiedenen Teilen des Landes gab.
Der Anfang des Hyksosfragmentes bei Josephos c. Ap.
1, 75: toO Ttftatos Svofta hat vielfach Anstofi erregt und es
sind verschiedene gutgemeinte Besserungsvorschlage gemacht
worden, allein ganz iiberflttssig. Die betreflFenden Worte bil-
6fl ) Vgl. Maspebo, Hist, ancienne deBpeuples deFOrient claBsiquell 78.
6T ) Vgl. Bbugsch, Gesch. Aegyptens 254. Naville, ZlS. 35, 1897,
S. 33.
*
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Chronologische Untersuchtmgen. 665
deten den Schlufi der Aufzahlung der vorhergehenden (Xoiten-)
Dynastie. Ganz dieselbe Formel zur Bezeichnung der Nach-
folge findet sich zu B. c. Ap. 1, 95—98, also t dessen (Nach-
folger war) Timaios mit Namen". Dieser abrupte Anfang
beweist aber, daft Josephos diesen Bericht nicht direkt aus
Manetho hat, sondern denselben einer wohl von einem helle-
nistischen Juden zu apologetischen Zwecken gemachten Exzerp-
tensammlung verdankt.
Gegen Ende der Hyksoszeit finden wir in Theben mehrere
Herrscher, iiber deren Ursprung wir noch im Dunkeln sind
Sie errichteten ihre Grabbauten, kleine Ziegelpyramiden , in
demselben Stile wie die Konige der XI. und XIII. Dyn. in
der thebanischen Nekropole von Drah abulnegga. Im Papyrus
Abbott werden die Grabpyramiden der KSnige Ti- c o Sqnn-Re c ,
Ti- c o- c o Sqnn-Re e und Kamosu erwahnt ; die erstere ward zur
Zeit der 20. Dynastie von Grabraubern geschandet, wahrend
die beiden andern noch unversehrt gefunden wurden. Der
zweite Konig ist wohl unzweifelhaft identisch mit dem Konig
Ti- e oqnn Sqnn-Re c , dessen Sarg samt Mumie im Jahre 1881
im Schachte von Deir el bahri gefunden wurde 68 ), und dessen
Name manchmal einfach Ti-o geschrieben wird 69 ). Es ist
eben der Konig Sqnn-Re e , der 'H'auptling (hqu) der Sfldstadt'
(Theben), von dessen Konflikt mit Apopj der Papyrus Sallier
berichtete. Er war vermahlt mit J'ahhotep, die von Vater-
und Mutterseite aus kdniglichem Geschlechte stammte und als
die Stammmutter des folgenden Konigsgeschlechtes gait. Ka-
mosu war wahrscheinlich ein Sohn des Sqnn-Re c II und alterer
Bruder des Amosis. Doch ist dies keineswegs sicher. Jeden-
falls kann er aber nur kurze Zeit regiert haben, worauf ihm
J'ahmosu oder Amosis, der Vollender der Befreiung Aegyptens
folgte. Es sind uns also bis jetzt nur drei thebanische Konige
als unmittelbare Vorganger des Amosis bekannt und viel mehr
werden es auch nicht gewesen sein, da noch Sqnn-Re c , der
Gegner des Apopj, einfach den Titel eines 4 Hauptlings (hq)
>
**) Der Name Taaa-ten, den Wiedemann, Aeg. Gesch. 301 dieeem
Ffirsten gibt, ist nur eine schlechte Orthographie des Namens Ti'oqnn.
Vgl. Maspero 1. 1. 79 n. 1.
M ) Boubiant, Recueil de traveaux XI p. 159.
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666 J- Marquart,
der Sttdstadt' erhalt. Dazu wttrden die 5 Thebaner, welche
Eusebios als XVI. Dynastie auffQhrt, sehr gut passen. Maspebo
mochte freilich zwischen die beiden Sqnn-Re e noch 5 K5nige
einreihen, die uns nur durch einzelne spatere Denkmaler und
Volksmarchen bekannt sind: Saxont nibre c , Sanext-n-re e , Hotp-
re c , Mn-hotp-re c und Ra e -hotep 70 ).
Eusebios' XV. Dynastie yon KSnigen aus Diospolis beruht
lediglich auf sekundarer Konstruktion, wie sich schon daraus
ergibt, daft nicht einmal die Anzahl dieser Herrscher ange-
geben wird. Sie darf daher v5llig unbertlcksichtigt bleiben.
Legen wir nun ftir die XIII. und XIV. Dynastie mangels einer
andern Kontrolle die niedrigsten Zahlen zu Grunde, so erhalten
wir fttr die dunkle Zeit vom Ende der XIL bis zum Begins
der XVIII. Dyn. etwa folgendes Schema:
Xin. Dyn. 60 Diospoliten 153 J. (Barb.)
XIV. Dyn. 76 Xoiten 184 J.
XV. Dyn. 6 Hirten. XVI. Dyn. (Unter XVIL Dyn. Ne-
ihnen) SkXoi potot- ben ihnen 5 The-
Xel^ (in Sebenny- baner 151 (?)
tos, Memphis ?) Xj3(?) Jahre.
1. SaXiti?
19 J.
2. Btj<5)v
44.
3. Saiav
50 J. 1 M.
4. 'Aoa^O-
49 , 2 ,
5. "Arcaxpis
(35 „ 8 „)
6. 'ATiaxvav
36 „ 7 ,
(234 J. 6 M.)
XV— XVIL Zusammen 43 Konige (6 + 32 + 5) ? Hirten
und andere.
Dafi Manetho in der That auch Nebendynastien aufgefdhrt
hatte, lafit sich bei der XXII. — XXVI. Dyn. klar beweisen.
que
70 ) G. Maspebo , Histoire ancienne des peuplea de l'Orient classi-
U 76 n. 4. 77 n. 1.
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Chronologi8che Untersuchungen. 667
3. DieExodusberichte desManetho u n d C h a i-
remon und die Josephsgeschichte der Genesis.
Eduard Meter, Gesch. des Altertums I § 226 hat richtig
erkannt, dafi die Erzahlung des Manetho von der 13jahrigen
Herrschaft der Aussatzigen fiber Aegypten, ihren Freveln gegen
die agyptische Religion und ihrer endlichen Vertreibung aus
Aegypten durch den K5nig Amenophis und dessen Sohn
Rampse8 (Jos. nepi dpxai6x7)xo; 'IouS. I c. 26. 27) sich nur
auf die religiose Reform des Ichu-n-iten beziehen kann , und
mit Moses und dem Exodus zunachst nichts zu than hat. Diese
Erzahlung steht aufierhalb der offiziellen Konigsliste und bildet
gewissermafien einen Anhang zu derselben, ganz ebenso wie
z. B. die Erzahlung von den drei Brtidern Sethosis, Ramesses
und Harmais I § 98 — 102. 231. Sie stammt, wie Josephos
ganz richtig angibt, aus anderer Quelle als die offiziellen Listen,
und zwar ix x&v dfieaTtoxco; ftu3"oXoyou|iiv(i)V (I 105), wie er
sich ausdrflckt. Wenn aber Josephos diesen Erz'ahlungen xdb
nap' Atyimxfoic ypiftjiaia gegenflberstellt , worunter er nach
dem Zusammenhange die offiziellen Aufzeichnungen (avaypacpaf)
versteht, so erweckt er damit beim Leser eine falsche Vor-
stellung. Auch jene dSeorcoxcDS |AuS-oXoyo6|ji6va (I 105. 229)
waren aus dem Aegyptischen ttbersetzt, aber allerdings nicht
aus hieratischen Urkunden (£x xG)v fepwv I 73, ix x(bv
Eep{bv ypa|Ji|X(ixcov I 228, ivaypacpat I 228), sondern aus Mar-
chen in demotischer Sprache.
Der E5nig Amenophis, so heifit es in der Erzahlung,
hatte den Wunsch, die Gotter d. h. die Zukunft zu schauen,
wie der frQhere Konig Hor. Er wandte sich nun an den
weisen Amenophis, den Sohn des Paapis, der erklarte, er k5nne
seinen Zweck erreichen, wenn er das ganze Land von den Aus-
satzigen und den sonstigen unreinen ((uapot) Menschen saubere.
Der KSnig habe nun samtliche mit k5rperlichen Gebrechen
Behafteten, 80 000 an der Zahl, worunter auch einige gelehrte,
mit dem Aussatze behaftete Priester zusammenbringen lassen
und zur Zwangsarbeit in die Steinbrflche ostlich vom Nil ver-
schickt. Der weise Amenophis sieht aber voraus, dafi den
Unreinen Hilfe kommen und sie 13 Jahre fiber Aegypten herr-
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668 J. Marquart,
schen wtlrden. Da er dies dem E5nige aber nicht zu sagen
wagte, so schrieb er es nieder und gab sich selbst den Tod.
Darauf wurde der K6nig mutlos. Nach einiger Zeit nun baten
ihn die in die SteinbrQcbe Deportierten , ihnen die von den
Hirten verlassene Stadt Auaris zu tlberlassen, was der Konig
auch bewilligte. Jetzt besassen sie einen festen Rttckhalt zum
Aufstand und wahlten sich einen von den Priestern von Helio-
polis namens 'Ooapo^cp zum Ftlhrer. Dieser befahl ihnen, weder
die G5tter zu ehren, noch irgend eines der in Aegypten als
heilig verehrten Tiere zu schonen, und mit niemanden au£er
den Mitverschworenen zu verkehren. Dann rilstete er zum
Kriege und rief die verjagten Hirten, die sich in Jerusalem
festgesetzt hatten, herbei, die auch alsbald mit einem Heere
von 200000 Mann in Auaris erschienen.
Der Konig Amenophis erinnerte sich jetzt der Weissagung
des Amenophis, nahm die hi. Tiere, befahl die Gdtterbilder
sorgfaltig zu verbergen und vertraute seinen 5jahrigen Sohn
Sethos, der auch Harnesses hiefi, der Obhut eines Freundes
an. Hierauf zog er mit 300 000 Mann gegen die Feinde, wagte
aber nicht gegen den Willen der Gotter zu kampfen. So
kehrte er um, nahm die hi. Tiere mit und zog mit dem Heere
nach Aethiopien, wo er von dem dortigen Konig freundlich
aufgenommen wurde. Die Hirten von Jerusalem aber be-
machtigten sich mit den Unreinen zusammen des ganzen Lan-
des, steckten Dorfer und Stadte in Brand, pltlnderten die Tern-
pel und verstummelten die Gotterbilder , ja sie zwangen die
Priester und Priesterinnen , die hi. Tiere zu schlachten und
verjagten sie aus dem Amte. Der Ordner ihrer Gesetze war
der Osirispriester Osarsiph aus Heliopolis, der nachher Moyses
genannt wurde. Nach Ablauf der 13 Jahre aber kehrten Ame-
nophis und sein Sohn Kampses aus Aethiopien mit grosser
Heeresmacht zurQck, besiegten die Hirten und Unreinen und
verjagten sie bis nach Syrien.
Der hier genannte Konig Amenophis, der die Gotter zu
schauen wttnscht, wie der frtihere K8nig *Qp, ist kein anderer
als der fromme Amenhotep HI. , unter welchem Amenophis,
der Sohn des Paapis lebte. In der Konigsliste des Manetho
(c. Ap. I 96) ftthrt er selbst den Namen T Qpo£, der noch un-
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Cbronologische Untersuchungen. 669
erklart ist 71 ). Denn es kann keinem Zweifel unterliegen, dafi
der Konig T Qpo£, welcher nach Manetho 36 J. und 5 Monate
regiert, identisch ist mit Amenhotep III., von welchem auf
den Denkmalern das 36. Regierungsjahr genannt wird. Amen-
hotep, der Sohn des Paapis (Hapu), bekleidete unter Konig
Amenhotep III. nach einander drei Stellungen : die eines 4 ko-
niglichen Schreibers unterer Ordnung' , eines 'koniglichen
Schreibers oberer Ordnung der jnngen Mannschaft' und end-
lich die eines Oberbaumeisters. Man hat frtther geglaubt,
Amenhotep sei der Erbauer der beiden Memnonskolosse, doch
lafit sich diese Annahme, wie Sethe gezeigt hat, nicht halten 72 ).
Er stand im Rufe grosser Weisheit, weshalb er in ptole-
maischer Zeit (wahrscheinlich unter Ptolemaios IX. Euer-
getes II.) zu einem Gotte wurde und als solcher in mehreren
Tempeln des westlichen Theben verehrt erscheint. In ptole-
m'aischer Zeit wurden ihm Sprtlche untergeschoben, die denen
der 7 Weisen nachgebildet und von denen jiingst Bruchstiicke
auf einem Ealksteinostrakon aus dem 3. Jahrh. v. Chr. aufge-
funden worden sind 73 ).
Die Unreinen (jjuapoi) oder Aussatzigen, welche die Tem-
pel sch'anden und die hi. Tiere toten, sind offenbar die An-
hanger des Ichu-n-iten. 4 Unreine' heifien sie, weil sie die
hi. Tiere toten und essen. Was den Namen „Au8satzige" an-
langt, so erinnert man sich, dag auch die Hyksos, mit deren
71 ) Es nutzt nichts, an den agyptischen Kftnig Xu-u-ri-[ia] zu er-
innern, an welchen der Chettiterkflnig Su-ub-bi-lu-li-u-ma einen Brief
gchickt (Winckler, Die Thontafeln von Tell-el Amarna Nr. 35. J. A.
Knudtzon, ZaS. XXXV, 1897, S. 141 f. Winckleb, Orientalist. Litera-
turztg. 1898 Nr. 8, Sp. 88 f.)- Letzterer ist identisch mit dem Cheta-
kOnig S3-p3-nvrw, welcher nach dem Chetavertrag aus dem Jahre 21
Ramses 1 II zuerst mit einem der Vorfahren des letztern einen Friedens-
vertrag abschlofi. Nach dem Wortlaute des Briefes ist Subbiluliuma
schon mit dem Yater des Adressaten in freundschaftlichem Verkehr
gestanden. Unter Xu-u~ri-ia kann also nur Amenophis IV verstanden
werden, der sonst in den Briefen Napxururia heiGt, der Fharao aber mit
welchem Subbiluliuma (S3p3nvrw) zuerst einen Friedensvertrag schlieOt,
ist kein anderer als Amenophis III, welcher Syrien nordlich von Phd-
nikien und das Amorriterland den Chettitern formell preisgab. Vgl.
schon W. Max Miller, Asien und Europa S. 250. 275.
72 ) Kurt Sethe , Amenhotep , der Sohn des Hapu. Aegyptiaca,
Festschrift far G. Ebers S. 107 ff.
78 ) U. Wilcken, eb. S. 142 ff.
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670 J - Marquart,
ehemaliger Gewaltherrschaft die der Unreinen verglichen wird
(I 248) , im Papyrus Sallier I die 'Elenden (j3dViw) , wort-
lich die 'Fieberleute' genannt werden, d. h. die, welche das
in den Sflmpfen des Delta faaufige Malariafieber bringen 74 ).
In der Grabschrift des agyptischen Kapitans Tahmose si-Abina
Z. 21 wird dieser Name den Nubiern beigelegt. Vermutlich
ist es derselbe agyptische Ausdruck, welcher der Bezeichnung
der Unreinen als XercpoC bei Manetho zu Grande liegt, es war
dies also nur eine verachtliche Bezeichnnng, an wirkliche Ans-
eatzige brancht dabei nicht gedacht zu werden 76 ). Dafi ein
Priester aus Heliopolis an der Spitze steht, stimmt ganz gut
zu den wirklichen Verhaltnissen, da ja von Heliopolis hochst
wahrscheinlich die monotheistische Bewegung ausgegangen
ist 76 ). Wenn der K5nig Amenophis sich zum E5nig von Aethi-
opien zuriickzieht und von ihm freundlich aufgenommen wird,
so ist zunachst klar, dafi die Erzahlung in vorliegender Form
sich erst gebildet haben kann, nachdem in Eusch (Nubien) ein
machtiges Reich mit der Hauptstadt Napata am Gebel Barkal
entstanden war, und zwar setzt die Erzahlung voraus, dafi in
Aethiopien die Priesterherrschaft schon vollstandig durchge-
ftihrt war, so dafi dieses als das Ideal eines frommen Staates
gelten konnte. Das Reich von Napata ist hdchst wahrschein-
lich von Nachkommen des thebanischen Oberpriesters Hrihor
gegrUndet worden, als dieselben sich in Theben gegen die
Taniten (XXI. Dyn.) nicht mehr behaupten konnten. Dafdr
spricht, dafi sich der bei den ersten E5nigen von Eusch mehr-
fach wiederkehrende Name Pi-'anchi auch in der Familie Hri-
74 ) G. Maspebo , Hist, ancienne dee peuples de TOrient classique
II 57 n. 4.
75 ) Vgl. schon V. Floigl, Die Chronologic der Bibel, des Manetho
und Beros. (1880) S. 201. — Denkbar ware, daB darin auch eineBerfick-
sicbtigung jttdiscber Tradition zu erblicken ware, derzufolge sich den
ausziebenden Israeliten aucb zablreiche fremde Elemente (pr\ a^BEx.12, 38,
*pDBDItn Num. 11,4 = colluvies, "irr Jos. 8, 35 [feblt 0']) angeschlossen
batten. Vgl. Max BtroiNGER, Egyptiscbe Einwirkungen auf bebr&ische
Culte. SBWA. Bd. 72, 1872, S. 476. Bd. 75, 1873, 8. 17—20. De colo-
niarum quarundam Pboeniciarum primordiis cum Hebraeorum exodo
coniunctis p. 2. SBWA. Bd. 125 (1892), Nr. X.
") Vgl. Ed. Meter a. a. O. § 226. Gesch. des alten Aegyptera
S. 261 ff. G. Maspbro, 1. 1. p. 314 sqq.
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Chronologische TJntersuchungen. 671
hors findet, vor allem aber, daft der neue Staat ein vollstan-
|[ diger Priesterstaat war 77 ).
Offenbar liegt aber der Erzahlung nocb eine Erinnerung
daran zu Grunde, dafi es der Konig Amenophis III. gewesen
war, welcher in Soleb in Nubien einen gewaltigen Tempel er-
baut und am Berge Barkal dem Amon-Re c , dem Landesgott
von Nubien ein Heiligtum geweiht und auch sonst neben
Ramses II. am meisten dazu beigetragen hatte, das „elende
Kusch" in ein Kulturland zu verwandeln. Es scheint, dafi
er zuerst die Vorteile der Lage am Gebel Barkal erkannte und
bemtiht war, aus dem barbarischen Dorfe Napata eine grofie
agyptische Stadt zu machen 78 ).
Der Grttnder der neuen Dynastie der Ramessiden, welcher
die beiden Namen Sethos und Ramesses fllhrt, wird in dieser
Erzahlung als Sohn Amenophis' III. bezeichnet. Es ist ein
den agyptischen Marchen charakteristischer Zug, den letzten
als legitim betrachteten Herrscher unmittelbar mit dem Grttn-
der einer neuen Dynastie zu verkniipfen und so die Fremd-
herrschaften oder als illegitim betrachteten Regierungen zu
tibergehen. Das bekannteste Beispiel hieftlr ist der Alexander-
roman, in welchem Alexander unmittelbar an den letzten
nationalagyptischen Konig Nektanebos angeschlossen wird 79 ).
Dafi die Unreinen zuerst in die Steinbrtiche geschickt wer-
den und dann die verSdete Stadt Auaris eingeraumt er-
halten, ist nattirlich widersinnig, wie schon Josephos c. Ap.
I § 260) gesehen hat. Das UrsprHngliche ist offenbar, dafi
die 'Unreinen' nach ihrer Bewaltigung in die Stein-
brtiche deportiert wurden, um sie unschadlich zu machen und
es ist ganz wahrscheinlich, dafi diese Strafe nach dem Siege
der Reaktion gegen die Anhanger des Iten zahlreich verhangt
wurde. Die gegenwartige Reihenfolge der Erzahlung ist ver-
anlasst durch eine falsche Auffassung der Bezeichnung 'Unreine'
T7 ) Vgl. Maspebo 1. 1. p. 565 s.
78 ) Vgl. Maspebo 1. 1. 299—302.
79 ) Vgl. noch die agyptische Version aber die Abstammung des
Kainby8e8 bei Her. y 2 und Deinon und LykeaB von Naukratis bei
Athen. 18, 10 p. 560, sowie das Marchen uber die Geburt des Sahu-r© e ,
Wsrkaf und Kakiu (V. Dyn.) im Papyrus Westcar (Ebman, Die Marchen
des Papyrus Westcar. I. H Ed. Meyeb, GeBch. des alten Aegyptens
S. 129 ff.)
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672 J- Marquart,
oder 'Aussatzige', sowie durch die Verknllpfung der Geschichte
mit den Hyksos.
Eine ganz ahnliche Erzahlung wie Manetho gab auch
Chairemon. Nach ihm tadelt Isis im Traume den Konig Ame-
nophis, weil ihr Tempel im Kriege zerstSrt worden war. Auf
den Rat des £spoypa|Ji(taie6g Phritibautes, Aegypten von den
Unreinen zu saubern, versammelt der Konig nun 250 000 der-
selben und vertreibt sie. Ihre Ftlhrer waren die Eepoya|i(iaTels
Moses, agyptisch Tiai&iv, und Joseph, agyptisch EeTeo^cp ge-
nannt. Sie kamen nach Pelusion, wo sie auf 380 000 Mann
stiefien, die von Amenophis zurftckgelassen worden waren. Mit
diesen schlofien sie Freundschaft und zogen gegen Aegypten,
worauf Amenophis nach Aethiopien entfloh unter ZurUcklassung
seiner schwangeren Frau, die dann in einer Hohle den Harnesses
gebar. Dieser vertrieb, zum Manne herangewachsen, die gegen
200000 Mann starken Juden nach Syrien und ftthrte seinen
Vater Amenophis aus Aethiopien zurilck.
Auch in dieser Erzahlung werden die Ramessiden un-
mittelbar auf Amenophis III zurttckgefiihrt. Der agyptische
Name des Joseph, HeTeo^cp d. i. 'der den der Gott Seph ge-
schenkt hat', entspricht hier offenbar dem angeblichen agypt.
Namen des Moses bei Manetho , 'Oaapcr/jcp. Letzterer ist zu-
nachst ein von dem Gottesnamen Osar-Sip entlehnter Per-
sonenname 80 ) , Osar-Sip ist ein religioser Synkretismus wie
Osar-Hapi (Osiris- Apis , Sapaxct^) , Amon-Re e , Atum-Re c u. a.
In Tiaifriv, dem agyptischen Namen des Moses nach Chaire-
mon steckt aber, was man bis her nicht beachtet hat, der
Name der Sonnenscheibe Iten, gewifi eine sehr gute Beglaubig-
ung fur den alten Kern der Geschichte.
In jfingster Zeit sind nun Papyrusbruchstucke einer
Schrift aufgetaucht, die sich, wie U. Wilcken 81 ) gezeigt hat,
hftchst wahrscheinlich auf dieselben Ereignisse beziehen. Sie
sind nach Wessely im 2. oder 3. Jh. n. Chr. geschrieben. Es
ist die Uebersetzung einer agyptischen Schrift, betitelt &no\c-
yta xepaftewg izpb<z 'A|uvG>tciv faaikia. 7iepc xfi>v t$ AfyuTrctp
fteXX6vxa)v, d. h. die Selbstverteidigung eines Topfers gegen-
80 ) Ed. Meyer, Gesch. des alten Aegyptens S. 277 Anm. 2.
81 ) Aegyptiaca S. 146 ff.
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Chronologische Untersuchungen. 673
liber dem K5nig Amenophis, betreffend die Zukunft Aegyptens.
Soweit die Bruchstttcke zu sehen gestatten, wird hier einem
Topfer eine ganz ahnliche Prophezeihung zugeschrieben wie
bei Manetho dem weisen Amenophis, daft nach einer Zeit der
Erniedrigung ein gltickseliges Zeitalter unter einem neuen
Konig beginnen werde. Darauf fallt der TSpfer tot urn, das
Buch aber (worin seine Rede verzeichnet war) wurde aufbe-
wahrt. Von der Prophezeihung liegen leider nur Fetzen vor.
Es spielen darin die 'Gttrteltrager' (£o)vocp6poi) dieselbe Rolle
wie bei Manetho die Unreinen oder Aussatzigen. An einer
Stelle scheinen sie dvoaioi genannt zu werden, an einer andern
werden sie als Tucpamoi bezeichnet, wie Auaris die Stadt der
Aussatzigen bei Manetho (Jos. c. Ap. 1, 237). Sie sind eben-
sowenig Auslander als die Aussatzigen des Manetho. Es scheint,
dafi sie Zuzug aus Syrien erhalten ((ijefrefet 6£ 1% Suptag 6 . . .),
von einer Gleichsetzung mit den Juden aber weifi der Papy-
rus nichts.
Die Verbindung dieser Syrer mit Jerusalem und den Hyk-
sos ist nattirlich ein Werk des Manetho oder der antijiidischen
Polemik, welche in Aegypten immerhin schon recht alt sein
kann. Jerusalem bedurfte zur Zeit Amenophis* IV selbst
dringend der Hilfe Aegyptens gegen die Chabiri, war daher
nicht in der Lage, dem Pharao Hilfsvolker zu sen den. Die
Verknfipfung mit den Hyksos konnte durch die agyptische Be-
zeichnung dieser Syrer, Sasu, begtinstigt worden sein. Ueber
die Verwttstung Aegyptens durch die Feinde und ihre Ver-
treibung ist im Papyrus wenig erhalten. Nachher wird die
Stadt der Gttrteltrager verodet sein, die Stadt am Meere (Man.
Auaris, Chairemon Pelusion) wird zum Fischerdorfe herabsinken.
Der Schlufi scheint auf den Beginn einer neuen Sothisperiode
hinauszulaufen, welche unter einem von Re e stammenden Konig,
der 55 Jahre regiert, stattfinden soil.
Diese Erzahlungen sind sicherlich falschlich auf den Aus-
zug der Juden unter Moses bezogen worden. Dagegen ist
unverkennbar, dafi die Josephsgeschichte, wenn die-
selbe tiberhaupt eine historische Grundlage hat, am besten in
diese Zeit und nur in sie paftt. Joseph, der allmachtige Mi-
nister des Pharao, ist der Eidam des Hohenpriesters von On
V Philologus, Supplementband VII, viertea Heft. 43
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674 J« Marqnart,
(Heliopolis). Wir haben aber gesehen, dafi die Priesterschaft
von Heliopolis bei der Reformation des Ichu-n-iten den her-
vorragendsten Einflufc ausgetibt haben mufi. Georg Steindorff
und P. de Lagabde haben gegen das Alter der Erzahlung die
darin vorkommenden Namen nxK, mcnoiB und rovfirofes Gen. 41,
45 angefuhrt. n:DK ist die Tochter des Hohenpriesters rDB-ro
von On, und n:vt n:cx ist der agyptische Name , welchen Jo-
seph bei seiner Erhebung zum Wezir (d^p) vom Pharao er-
hielt. Den Namen d:dk hat man schon langst als ag. Ns-Nt
,der Gdttin Neith gehorig 1 erklart 82 ). Der Name metre, bei
den 0' Ilexecppfj, der zweimal im A. T. vorkommt, ist ag. P3-di-
p-re 4 der den der Gott Re f gegeben hat'.
Die hebraische Transskription mBtsifc gibt die neu-agyp-
tische Aussprache (po aus p3 d. i. pa , noch ohne die dnrch
den Accent bewirkte Vokalreduktion) sehr genau wieder, wah-
rend die Umschreibung der 0' bereits auf der Stufe des Kop-
tischen steht. Die Bildungsweise des Namens rwerceas hat
zuerst Krall erkannt 83 ). Er stellt ihn zusainmen mit Namen wie:
Ced-Hor-ef-on ch
Ced-Ptah-€f- c onch
Ced-chonsu-ef-'onch u. 8. w.
die samtlich aus drei Elementen bestehen, von denen das mitt-
lere stets ein Gottesname ist. Er vermutet daher in rcEBrras
einen Fehler far ro&cru&x Ced-Mont-ef-^dnch. G. Steindorff
erklart den Namen aus ag. ge-pnuic-ef-otich fc es spricht der
Gott und er lebt\ Krall hat bemerkt, daft ein Name der
letztern Bildung zuerst am Ausgang der XX. Dyn. vorkommt 84 ).
Doch steht er nach Steindorff in dieser Zeit noch vereinzelt
da. Erst unter der XXII. Dyn. werden Namen dieser Bil-
dung haufiger, in saitischer Zeit ganz gewohnlich 86 ).
82 ) Gesenius, Thes. Brugsch, Gesch. Aegyptens 248 setzt ihn = Snt*
einem haufigen Frauen namen im alten und mittleren Reich, was Krall,
Ueber den agypt. Namen Josephs. Verhandlungen des VII. Orientalisten-
kongresses 1886, Afrikanische Sektion Wien 1888 S. 108 und Liebleix,
PSBA. XX, 1898 p. 208 billigen.
83 ) A. a. 0. S. 97 ff., bes. S. 108-110.
84 ) Krall a. a. O. 8. 97 ff. Vgl. H. Schack-Schackenbubg, ZAS.
30, 1892, S. 49.
85 ) Lieblein, PSBA. XX, 1898, p. 204 ss. bekampft die Etymolo-
gien Krall's und Steindorff's und fuhrt roUBTtfBX auf ein agyptisches
cfnti p3-*anch 'celui qui donne la nourriture de la vie 1 zurtick.
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Chronologische Untersuchungen. . 675
Die mit Ns- 'zugeh5rig' zusammengesetzten Namen finden
sich allerdings schon im alten und mittleren Reich, vereinzelt
sind sie auch im N. R. nachzuweisen , so einige in der XX.
Dyn., allein sie sind in den genannten Epochen aufierst selten.
Haufiger werden sie aber erst in der XXL Dyn. Die Namen
der Bildung Uexe^pi] finden sich erst in der XXII. Dyn. , all
diese Namen werden aber erst alltaglich in der saitischen Zeit.
Die drei Namen k5nnen nach Steindorff 'frtihestens seit
der XXII. Dyn. gemeinsam vorkommen, wahrscheinlich sei aber
die Genesisstelle noch bedeutend jflnger, und gehore in die
Epoche der XXVI. Dyn., in welcher Namen dieser Typen in
alien Volksschichten Mode waren. Wenn im Namen ruDK der
Name der in Sais verehrten Gottin Neith zu suchen ware, so
wttrde dies allerdings schon allein auf die Epoche der Psam-
raetichiden hinweisen. Lagarde weist die Erzahlung dem ersten
Elohisten zu und setzt diesen demgemaS ans Ende des 7. Jahrh.
♦Steindorff dagegen nimmt sie im Anschlufi an Cornill 86 ) fttr
den zweiten Elohisten (E 2 ) in Anspruch 87 ).
Scuace nimmt mit Recht daran Ans to 6, dafi, wahrend die
andern Namen des Typus Ge&-\- Gott-\- efonch stets den Eigen-
namen eines Gottes als zweites Element zeigen, im Namen
n:DBn:cx statt dessen das monotheistische p3-nuter 'der Gott 1
auftritt 88 ). Dies hatte auch Laoarde bemerkt, erklarte aber
das Einsetzen des monotheistischen nNoYT6 4 der Gott' an Stelle
eines agyptischen Gottesnamens fiir ein Werk des Elohisten,
der Aegyptisch verstand und daher nNoYT6 als ag. Aequivalent
seines o^Kn auffaSte 89 ). Steindorff sucht zwar nachzuweisen,
dafi auch in echtagyptischen Namen der Name eines bestimmten
Gottes mit dem allgemeinen ntr 4 der Gott' vertauscht werde 90 ) ;
doch ist dies offenbar nur als Ausnahme zu betrachten.
Allein der erste Teil des agyptischen Namens Josephs,
n:i?Bn:Bae hat eine merkwttrdige Aehnlichkeit mit dem ag. Namen
^
86 ) Einleitung in das alte Testament S. 51.
87 ) Steindorff, Zeitschr. f. agypt. Spr. 27, 1889, S. 41 f. 30, 1892,
S. 50—52. P. de Lagarde, Mitteilungen III 226—229. 282—286
(1889).
88 ) ZAS. 30 (1892), 50.
89 ) A. a. 0. 228.
00 ) ZAS. 30 (1892) S. 52.
43*
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676 J- Marquart,
des Moses bei Chairenion, TtatS-ev, der, wie oben bemerkt, im
zweiten Teil den Namen der Sonnenscheibe enthalt. Auch in
n:i»n:Mi sowohl wie in max steckt [nK oder jiv itn l die Sonnen-
scheibe', d. h. es standen in der Erzahlung ursprttnglich andere
Namen , die aber spater von einem Ueberarbeiter in damals
gebr'auchliche umgeandert bezw. modernisiert wurden. Den
von Amenophis IV zum Hauptgott erklarten Iten, der als-
bald nach dem Siege der Reaktion wieder enttront worden
war, kannte spater kein Mensch mehr, und so lag eine Aen-
derung nahe genug. Der Hohepriester des Iten unter Ichu-n-
iten hiefi Meri-Re 'geliebt von Re C191 ) und ftthrte den Titel
Wrmau, wie der Hohepriester des Atum-Re e von Heliopolis.
Er war eine Zeit lang der erste Mann im Staate nach dem
K5nig. Da Namen bekanntlich Modesache sind, so konnte
man aus Meri-RS c spater leicht den damals gelaufigen Namen
IleTecppfj machen. Ein wei teres Stadium der Ueberlieferung
stellt dann Ilexeaifjcp dar, der ag. Name des Joseph bei Chaire-
mon, in welchem auch der Gottesname Re c , offenbar mit
R(lck8icht auf den ^c^ der judischen Ueberlieferung, durch
Sip ersetzt ist. Der Name TLezeaifp kommt also in der That
nicht dem Joseph zu, wie Chairemon will, sondern seinem
agyptischen Schwiegervater Merl-Re c . Noch weiter entfernt
sich vom Ursprttnglichen die Namensform 'Oaaporjcp bei Ma-
netho, die hier falschlich dem Moses beigelegt wird. Sie be-
ruht auf einer erneuten Heranziehung des hebraischen *)C^,
wofiir sich einmal (Ps. 81, 6) die Form *\&n* findet, indemman
darin den in hebraischen Eigennamen haufigen Gottesnamen
^T O'T) f ana * un ^ dafiir den agyptischen Osiris (Osar) einsetzte,
obwohl dieser trotz der Behauptung Manethos mit Heliopolis
nichts zu thun hatte 92 ). Manetho hat aber darin einen ur-
sprttnglichen Zug bewahrt, daft er den 'Oaaporjcp (Men-Re*)
noch richtig als Priester von Heliopolis bezeichnet. Die Gleich-
setzung mit Moses ist dagegen sekundar.
Eine Tochter des Icbu-n-iten ftthrte den Namen *Anch-
nes-p3-iten oder * ' Anchnes-iten 'sie lebt von der Sonnen-
91 ) Ed. Meyek, Gesch. des alten Aegyptens S. 266. Maspeko
1. 1. 322.
92 ) Den Zusammenhang der Namen 'Ooap<ni<p und epv hatte schon
Gutschmid erkannt, aber dieselben unrichtig erkl&rt.
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Chronologische Untersuchungen. 677
scheibe* 93 ). Dies wird auch der urspriingliche Name der Frau
Josephs sein, also jnxcrrcir, so da£ ftir den agyptischen Nainen
Josephs die Konsonanten fncx tibrig bleiben, die sich mit
Chairemons Ttatfrsv fast vollig decken. Die urspriingliche
Fassung von Gen. 41, 45 lautete also: fries ffpv dp nine k-i,ti
.-mi mw6 jk jtd m<n&>nr jn* on:» nK ib jm
Durch jenen Namen wird also Joseph als Verehrer des
Iten charakterisiert. Dies weist uns unmittelbar in die Re-
gierungszeit des Ichu-n-iten (Neferchoprure, Nipchuriria, Naj)-
chururia der Briefe von Tell el Amarna). Seinen Vater und
seine Brtlder siedelt er im Lande Go§en, in der Gegend der
spatern Stadt Rameses im Sstlichen Delta an, was sich mit
Manethos Angabe bertlhrt, da£ Amenophis den Unreinen die
verlassene Stadt Auaris eingeraumt habe, sowie mit der An-
deutung des Papyrus, dafi nach dem Siege liber die £v6atot die
Stadt der Gttrteltr'ager verodet sein und 'die Stadt am Meere*
zum Fischerdorfe herabsinken werde. Letztere ist oflfenbar als
der Stiltzpunkt der auswartigen Hilfstruppen der dvoa:o: zu
denken und im ostlichen Delta zu suchen, unter der Stadt der
Gttrteltrager aber dtlrfte Chu-t-Iten, die Residenz des Ichu-n-
Iten selbst beim heutigen Tell el Amarna zu verstehen sein.
Es ist eine Beobachtung, die sich jedermann von selbst
aufdr'angt, date die Person des Joseph, abgesehen von den auf
ihn iibertragenen mythologischen Zttgen, mehr individuelles
Leben zeigt als irgend eine andere der hebraischen Patriarchen-
gestalten. Ich glaube nun, das neugefundene Tontafelarchiv
von Tell el Amarna 94 ) setzt uns sogar in den Stand, die Per-
sSnlichkeit nachzuweisen , welche der Gestalt des agyptischen
Wezirs Joseph zu Grunde liegt.
Carl Niebuhr 96 ) hat bereits darauf hingewiesen, dafi in den
Briefen des Dynasten Rib-Addi von Gebal (Byblos) ein Land
Jarimuta genannt wird, welches als Kornkammer ftir die Kflsten-
lander des ostlichen Mittelmeeres eine grofie Rolle spielt 96 ).
98 ) Ed. Meyer a. a. 0. 271. G. Maspero 1. 1. II 334. Wiedemann,
Aegypt. Gesch. 403.
9 *) Ich citiere die Briefe nach ihren Nummern bei H. Winckler,
Die Thontafeln von Tell-el-Amarna. K(eilinschriftliche) B(ibliothek)
V, 1896.
0b ) Das Land Jarimuta. Mitteilungen der VAG. I (1896), S. 208— 212.
96 ) Winckler 55, 16. 64, 40. 69, 14. 35. 50. 74 Riickseite 1. 76, 16.
79, 13. 81, 55. 88, 27.
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678 J- Marquart,
Die Syrer sind oft gezwungen, nicbt nur das Holz ihrer
Hauser, sondern auch ihre Knaben und Madchen nach Jari-
muta zu verkaufen, urn von dort Lebensmittel zu erhalten.
Dieses Land wird von Gebal aus zur See erreicht 59, 29. Als
derjenige Beamte, welcher die Getreideausfuhr ttberwacht, er-
scheint der General (rabigu) Janchamu (61, 31. 69, 23. 49 — 50.
123), der offenbar in Jarimuta residiert (87, 74. 69, 47 — 50).
An ihn haben sich die ausw'artigen Stadte und Dynasten zu
wenden , urn Getreide aus den agyptischen Magazinen zu er-
halten. Niebuhr hat richtig erkannt, da£ das Land Jarimuta
in Aegypten, naherhin im Nildelta zu suchen ist. In einem
Briefe (101, Rs. 4/5) wird das Land Tu~uch-nu als die Pro-
vinz des Janchamu genannt, ein Name der sehr wohl auf die
Thnu d. h. die Libyerstamme am Westrande des Delta und
im Faijnm bezogen werden kann. Von einem der Hafen des
Delta aus mufi die Kornausfuhr nach Syrien naturgemafi statt-
gef unden haben.
Janchamu ist eine machtige Personlichkeit in der Um-
gebung des KSnigs (Nr. 94 Rs. 2), gewissermafien dessen rechte
Hand. Wenn die syrischen Dynasten ihre AnliegeH dem Grofi-
k6nig vortragen , so ftigen sie haufig bei , er moge nur den
Janchamu fragen, der die Verhaltnisse kenne. (94 Rs. 2. 97,
48. 137, 22. 166, 13/4. 170, 25. 214, 24). Daraus geht mit
Sicherheit hervor, dafi derselbe seinen Sitz in Aegypten hatte.
Er scheint aber auch eine Art Oberaufsicht fiber die Verwal-
tung von Syrien ausgefibt zu haben. So bringt Rib-Addi von
Gebal seine Klagen wider Abd-A§irta von Amurru vor Jan-
chamu (84, 33), und 61, 40 — 42 lafit er diesem sagen:
„Siehe, es ist Rib-Addi in deiner Hand, und alles was ihm
zugeffigt wird, trifft dich a . Aehnlich 69, 48: „das ganze
Land (?) stent zur Verftlgung Janchami's*. Janchamu verfQgt
aber nicht blofi liber die Getreidemagazine des Delta, sondern
gebietet auch fiber betr'achtliche Truppen. Ein andermal schreibt
Rib-Addu dem KSnig: n Und wenn das Herz des Konigs uns
nicht gewahrt (?) Truppen, so moge er schreiben an Janchamu
und Bichura: Macht euch auf mit euren Fttrsten und besetzt
Amurru, in einem Tage konnt ihr es besetzen* 4 (75, 59 — 64).
Aehnlich 87, 73. Ein anderer Dynast, Suwardata schreibt:
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Chronologische Untersuchungen. 579
„Es schicke der Konig, mein Herr, Truppen, es rette mich
der Konig, mein Herr. Siehe, Janchamu, er ist der Beamte
(rabigi) des Konigs, meines Herrn. Es gebe Befehl der Konig,
mein Herr, an ihn u (166, 25 — 30). In einem Briefe, der sich
gegen Milki-il und seine Parteiganger wendet, fleht Abd-chiba
von Jerusalem gleichfalls: „ Schicke Janchamu, damit er sorgt
fflr das Land des Konigs* (182, 10 — 11), und aus einem Briefe
des Milki-il erfahren wir, dafi Janchamu in der That gegen
diesen eingeschritten ist (171, 9 — 21). In einem andern Briefe
verlangt Rib-Addi den Janchamu, den mugalil des Konigs als
Statthalter von Qumur, damit er selbst nach dem Rechten
sehe (85, 35—40), und auch sonst gilt Janchamu bei den Dy-
nasten als einziger Retter in der Not (230, 10). Es scheint
dafi sich dagegen andere zum Abfall neigende Dynasten iiber
ihn wie tlber Rib-Addi beini Konige beschwerten (98 Rs. 10
vgl. 171), wahrend Sipti-Addi seine Konigstreue rUhmt (241,
14). Interessant ist der Brief 214, in welchem Jabitiri, Kom-
mandant von Gaza und Joppe, erzahlt, daft er von Janchamu
als kleiner Knabe an den agyptischen Hof (214, 23 ff.) ge-
bracht worden sei. Man darf vermuten, dafi Jabitiri ein Lands-
mann des Janchamu war und dieser auch andere seiner Stanim-
genossen in agyptische Dienste zog.
In ganz ahnlicher Rolle tritt uns nun in der Erzahlung
der Genesis Joseph entgegen: er lafit wahrend der 7 frucht-
baren Jahre das Korn in grofien Magazjnen aufspeichern und
verkauft es dann beim Beginn der 7 Hungerjahre zunachst an
die Aegypter. Bald aber „kamen die Sonne Israels mit andern,
um Getreide zu kaufen, denn es war Hungersnot im Lande
Kana'an eingetreten. Joseph aber (war der Gebieter tlber das
Land) war es, welcher der ganzen BevSlkerung des Landes
Getreide verkaufte ; da kamen die Briider Josephs und neigten
sich vor lhm zur Erde (Gen. 42, 5. 6) tf . Aufier Geld bedarf
es noch besonderer Geschenke an den Wezir, um Getreide zu
erhalten. Als solche werden namhaft gemacht Storax (^5?),
Honig, Tragakanthgummi (dkd;), Ladanum, Pistaziennusse und
Mandeln (Gen. 43, 11). In der Benjamingeschichte c. 44 schim-
mert aber sogar noch eine Erinnerung daran durch, dafi unter
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680 J. Marquart,
Umstanden selbst Knaben verkauft werden niufiten, urn das
nStige Brotkorn einzutauschen.
Janchamu war, wie sein Name '^ju** beweist, ein Semite,
and zwar weist die Namensform eher auf arabische als kana-
e anaische Herkunft hin 97 ). Ich glaube nun, in diesem semi-
tischen Grofiwiirdentr'ager des KSnigs Amenophis IV die hi-
storische Figur zu erkennen, welche der Gestalt des Joseph
zunachst zu Grande liegt, und zwar bin ich der Ansicht, dafi
jene historische Person im Ged'achtnis des Volkes sich mit dem
Eponymosdes Stammes Joseph vermischt hat und ihre Rolle
auf diesen tibergegangen ist, nachdem der historische Name
vor dem des Stammeseponymos vergessen war — ein Vorgang
der in der Sagenbildung ja so uberaus haufig vorkommt und
in vielen Epen beinahe typisch ist.
Wie verhalt sich nun dazu die von der Genesis behaup-
tete Einwanderung der Israeli ten in Aegypten gerade unter
dem Wezirat des Joseph? Es ist zunachst zu beachten, dafi
mit dieser Angabe die Behauptungen des Manetho, Chairemon
und des Papyrus, wornach die Unreinen, d. h. die Anhanger
der Reformation, Hilfstruppen aus Syrien erhalten, merkwttrdig
zu8ammentreffen. Nachdem wir soeben einem Semiten unter
Amenophis IV in h5chst einfluSreicher Stellung in Aegypten
selbst begegnet sind, hat es nichts so Unwahrscheinliches mehr.
da£ dieser K5nig auch Semiten in grofierer Zahl als Soldner
in seine Dienste nahm, besonders seitdem wir aus den Amar-
nabriefen wissen, welch bedeutende Rolle die Soldner unter
Amenophis IV in der agyptischen Armee bereits gespielt
haben 98 ). In erster Linie sind es allerdings die fremden Sir-
danu, die wir bisher erst seit Ramses II nachweisen konnten,
welche unter den Truppen des Pharao ein Elitekorps bildeten").
97 ) Nur der Kana'anaer Abd-chiba von Jerusalem schreibt E-en~cha-
mu 179, 28 = D»r.
98 ) DaB Amenhotep IV in der That auch semitische S51dner in
seiner Leibwache hatte, hat schon W. Max MCtller, Asien und Europa
S. 303 bemerkt. Die Darstellung eines solchen auf einem Grabstein
aus Tell el Amarna vertfffentlicht SpiegElberg, ZAS. 36, 1898 S. 126 ff.
[W. Max M0ller, Orientalist. Literaturzeitung 1899 Nr. 7 S. 218 will
in dem hier Dargestellten nicht, wie Erman, einen Mann aus Nord-
syrien erkennen, son dem denkt an die Sutu. Korrekturzusatz.]
") Vgl. Ed. Meyer, Glossen zu den Thontafelbriefen von Tell el
Amarna. Festschrift f. G. Ebers S. 67.
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Chronologische Untersuchungen. 681
Man hat sie bekanntlich meist mit den Sarden (SapSdmoc)
% gleichgesetzt 100 ), doch ist es weit wahrscheinlicher , dafi sie
gleich den spater auftretenden SakalaSa, Zakkal und Purosata
aus dem westlichen Kleinasien stammten l01 ). Neben ihnen
erscheinen unter den agyptischen Truppen Leute aus dem
Lande Mi-ir-ri und Melucha ^ d. i. aus den nordarabischen
Landschaften Mufri und Ma c In 102 ), wozu auch die Sinaihalb-
insel und das spatere Edom gehort. Melucha ist in historischen
Tex ten nirgends = Aethiopien , und dafi es in den Amarna-
briefen ein arabisches Land bezeichnen niufi, beweist 74, 31,
wornach es den Aegyptern offenbar Pferde liefert. Die Leute
von Melucha scheinen einen kriegerischen Ruf genossen zu
haben, denn Rib-Addi von Gebal legt grofien Wert darauf,
solche als Hilfstruppen zu erhalten. Auch die Sutu finden
wir nicht blofi als Soldner der syrischen Ftlrsten, sondern auch
unter den Truppen des Konigs 283, 24 und 64, 16 (?). Der
dem Kdnig ergebene Namjawaza hat sowohl SA.GAS wie Sutu
in seinen Diensten. Unter diesen SutQ. haben wir die semi-
tischen Beduinen zu verstehen, welche das Wtistenland Syriens
und Mesopotamiens bis zur elamitischen Grenze hin bewohnten.
Die Aegypter umschreiben den Namen St-tiu und haben ihn
auf alle Asiaten tibertragen. Sonst erscheinen die Suttl als
Feinde der dem Kdnige ergebenen Dynasten 103 ).
Besonders gilt dies aber von den SA.GAS, die tiberall als
Bunde8genossen und Soldner der Aufstandischen auftreten. An
ihrer Stelle werden in den Briefen des Abdchiba von Jerusalem
ganz in derselben Rolle die Chabiri genannt, und Winckler
hat daraus den Schlufi gezogen, dafi dieses die phonetische
10 °) So noch W. Max M0ller, Asien undEuropa nach ftgyptischen
Denkm&lern S. 371—379.
,01 ) Vgl. G. Maspero , 1. 1. 360 n. 2. Revue critique 1873, 1 p. 84
bis 86. 1878 t. I p. 320 ; 1880 t. I p. 109—110, der den Namen aber
f alachlich auf 2dp8etg (urspr. Suaptg d. i. Eodp&g = Cvard, ap. Sparda)
bezieht.
102 ) Nr. 74, 20; 75, 81. 91. 93; 83, 67. Vgl. fiber diese Hugo
Winckler, Muari, Meluhha, Ma'rn. MVAG 1898, Nr. 1. 4. — An Aegyp-
ten ist schon deshalb nicht zudenken, weil dieses in den Briefen stets
Mi'i$-ri-i (MiQri) geschrieben wird.
108 ) Vgl. Ed Meyer, Glossen zu den Thontafelbriefen von el Amar-
» na. Aegyptiaca S. 67. 74 f.
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682 J - Marquart,
Lesung jenes Ideogramms sei, welches sonst im Assyrischen
'plUndern' (habatu) bedeutet, hier aber unzweideutig als Volks-
name gebraucht wird 104 ).
Man hat den Namen Ghabiri alsbald mit den Hebraern
(cnsr) in Verbindung gebracht, und sachlich wird dies auch
richtig sein, wenn es auch noch zweifelhaft ist, ob die beiden
Ausdrttcke sich auch sprachlich decken. Ghabiri scheint aller-
dings ein appellativer Begriff zu sein, man mufi sich aber er-
innern, dafi auch der Name Hebraer im Sinne der Genealogien
nicht blofi den Israeli ten, sondern auch den Moabitern, Am-
monitern, Edomitern und Ismaeliten zukommt 105 ), also lauter
Stammen, die um diese Zeit noch in nomadischem oder halb-
nomadischem Zustande gelebt haben mttssen. Der Name —rr
Hebraer wird ja den Israeliten auch nur von den Auslandern
gegeben , bezeichnet also einen nationalen oder kulturellen
Gegensatz. Die Chabiri sind die Nomaden der syrischen Wiiste,
die von den Aegyptern als Sasu bezeichnet werden. Diesen
Beduinen, welche damals in immer dichteren Schwarmen gegen
das Kulturland von Eana c an vordrangen, wurde dabei zudem
von einer Reihe von Dynasten teils freiwillig teils notgedrungen
Vorschub geleistet, sei es daft sie mit deren Uilfe ihre Macht
zu vergrSfiern hofften oder auch sich ihrer nicht mehr anders
zu erwehren wuftten. Auf diese Weise wurde den Ghabiri,
wie die konigstreuen Vasallen klagen , sowohl im nordlichen
wie im stidlichen Palastina eine ganze Reihe von Stadten in
die Hande gespielt; die Krieger von Gazri, Gimti und Kelti
sind bereits Ghabiri , die dann im Bunde mit Milki-il und
Suardata sogar Rubuti (usiK nnp = Hebron) und die Stadt Blt-
Ninib im Gebiete von Jerusalem (183, 5 — 13) erobern. Ja
Abd-chiba wirft den Beamten des K5nigs geradezu vor, date
sie die Chabiri bevorzugen und die (ansafiigen Lehns)ftirsten
benachteiligen (179, 19), und in der That finden wir, daS z. B. der
Aegypter Amanchatbi mit den Chabiri gegen den treuen Fursten
von Chazi im Bunde steht und dieselben mit seiner Billigung
eine Reihe von Stadten plundern und verbrennen (Nr. 134).
I04 ) H. Wixckler, Gesch. Israels I 15 ff. Derselbe in Semitic stu-
dies in memory of Alex. Kohut p. 605 if.
106 ) Vgl. Gen. 10, 21.
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t
Chronologische Untersuchungen. 683
Zu den dem Konige ergebenen Dynasten standen die Cha-
9 biri freilich in der Regel im Gegensatz, dies schlofi aber nicht
aus, dafi auch letztere Scharen derselben in ihren Sold nahmen,
urn sich mit ihrer Hilfe ihrer Gegner zu erwehren. Es mag
also oft genug vorgekommen sein, dag in den Kampfen zwischen
den konigstreuen und den nach Unabhangigkeit strebenden
Vasallen auf beiden Seiten Chabiri dienten und gegen einander
fochten, ganz wie in der spateren Kaiserzeit zahlreiche Goten,
Franken, Hunnen etc. unter dem romischen Adler gegen ihre
Landsleute ihr Blut verspritzten. Wir finden SA.GAS als
SSldner des k5nigstreuen Namjawaza 144, 27 , ja vielleicht
auch in kSniglichen Diensten in Benin (Berut) 67, 21 10 °).
Bei den syrischen Hilfstruppen der Unreinen, welche Ma-
netho falschlich aus Jerusalem kommen lafit, werden wir dar-
nach in erster Linie an Leute aus Mi^ri und Melucha d. i.
aus der Sinaihalbinsel und dem ~a:n -d:? 107 ) zu denken haben,
also aus demjenigen Gebiet, in welches die hebraische Ueber-
lieferung den Sitz des Stammgottes Jahwe und die Konsti-
tuierung des Volkes Israel verlegt 108 ).
Wir haben auf der andern Seite gesehen, dafi gerade unter
der Regierung Amenophis' IV die Chabiri oder SA.GAS, d. h.
die Nomaden der syrischen Wtlste auf der ganzen Linie vom
stidlichen Juda bis hinauf nach Byblos gegen die festen Stadte
des Kulturlandes vordringen und bereits manche derselben
ilberwaltigt haben. Seit der letzten Zeit Amenophis' III und
unter Amenophis IV und seinen unmittelbaren Nachfolgern
wurde ihrem Treiben aber von agyptischer Seite kein ernst-
106 ) Wenn die Uebersetzung 67, 19—21 aicher ware: „Und es ist
geraten Berut (Beruna) in seine Gewalt, obgleich Chabiri-Truppen und
§treitw&gen darin lagen u . Doch stellt Winckler daneben die M5g-
lichkeit zur Erw&gung: fl in seine und der Chabiri Gewalt, obgleich
Streitw&gen darin waren*.
107 ) S. darttber meine Fundamente israelitischer und jttd. Gesch.
S. 73 f. H. Winckler, Gesch. Israels S. 174. 192. Musri, Meluhha,
Ma'm S. 10. 51 ff.
,08 ) DaB die Madjaniter bezw. Ismaeliter Verbundete der Aegypter
waren , hat BtmiNGER , De colon iarum quarundam Phoeniciarum pri-
mordiis p. 27 (SBWA. Bd. 125, 1892) aus Gen 37,25. 28.36. 39,1 scharf-
sinnig erschlossen. Er glaubt, daB die Josephst&mme als Eriegsge-
fan^ene nach Aegypten gefuhrt wurden , und bemerkt: Si Josephi iu-
venis historiola non tota est ficta, victoriam de his hostibus captivi-
a tatemque eorum Aegyptii adepti sunt Madianitarum Arabumque auxilio.
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684 J- M ar quart
liches Hindemis in den Weg gelegt. Wir mttssen daher an-
nehmen, daft bei der Wiederherstellung der agyptischen Herr-
schaft iiber Syrien durch die ersten Ramessiden sich bereits
ein betrachtlicher Teil des Kulturlandes von Palastina im festen
Besitze der Chabiri d. i. der Hebraer befand. Dazu stimmt
nun aufs beste, dafi die agyptischen Inschriften, wie W. Max
Mcller nachgewiesen hat 109 ), den Stamm A§er (*~s-ru , *aser)
unter Seti I und Ramses II bereits in seinen spateren Wohn-
sitzen im Hinterlande Siidphonikiens und darllber hinaus kennen.
Der erste Feldzug Seti's I in Syrien richtete sich zunachst
gegen die Sasu, d. h. die Chabiri des stldlichen Palastina, deren
Hauptlinge sich vereinigt und auf dem Boden von Charu (Pa-
lastina) festen Fufi gefafit hatten, so dafi hier allgemeine
Anarchie herrschte, bei der jeder den andern tStete und nie-
mand sich um die Vorschriften des (agyptischen) Hofes ktim-
merte 110 ). Wir mtlssen also annehmen, daft seit dem Ende der
Regierung Amenophis* III die Einwanderung der He-
braer in Palastina begonnen hat. Eine Episode aus
diesem wechselvollen Prozefi hat die Ueberlieferung noch be-
wahrt in der Geschichte vom Ueberfall der Brflder Simeon
und Levi auf die Stadt Sichem. Ganz wie uns das Verhalt-
nis zwischen den Chabiri und den nach Unabhangigkeit stre-
benden Dynasten in den Keilschriftbriefen geschildert wird,
sucht die Dynastie des HamOr in Sichem sich mit den Brtidern
Levi und Simeon gut zu stellen und tritt sogar in Familien-
verbindungen mit denselben ein; allein die tibermiitigen No-
maden tlberfallen verraterischer Weise die Stadt und ermorden
die wehrfahige Bevolkerung und schleppen die Weiber und
Kinder in Gefangenschaft (Gen. 34). Die Entriistung iiber
diese unerhorte Frechheit mufi aber so stark gewesen sein, daft
die agyptische Regierung diesmal nicht umhin konnte, den
Bitten der bedrangten Vasallen nachzugeben und Truppen
nach Palastina zu schicken, welche den beiden Nomadenstammen
eine vernichtende Niederlage beibrachten 111 ). Die iibrigen
109 ) W. Max MttLLER, Asien und Europa nach altagypt. Denk-
malern S. 236 ff.
no ) Ed. Meyer, Festschrift f. G. Ebers S. 75 f.
1,1 DaB die kana'anaischen Fflrsten aus eigner Kraft sich verei-
I
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Chronologische Untersuchungen. 685
Chabiri liefien ihre Briider im Stiche und suchten sich selbst
-^ reinzuwaschen und so wurden Levi und Simeon ganzlich zer-
sprengt. Wahrscheinlich wurden die Gefangenen nach Aegyp-
ten geschleppt und dort den Tempeln als Sklaven iiberwiesen.
Darauf bezieht sich die sehr alte Stelle im sog. Jakobsegen
Gen. 49, 5—7 ll2 ) :
„ Simeon und Levi sind Hyanen,
Gewaltthat haben vollendet ihre Anschl§ge;
in ihre Beratung gehe nicht meine Seele,
und mit ihrer Versammlung vereinige sich nicht meine Leber.
Denn in ihrem Zorne haben sie Manner erschlagen,
und in ihrem Grimme Stiere gelahmt.
Verflucht sei ihr Zorn, so grimraig,
und ihr Grimm, so grausam.
Verteilen will ich sie in Ja c qob
Und zerstreuen in Israel 113 )."
Nun habe ich bereits seit mehr als 10 Jahren die Auf-
fassung vertreten, daft der Stamm Joseph zu einer spateren
Zeit in Palastina eingedrungen ist als die tibrigen israelitischen
Stamm e, und zwar als diese bereits geraume Zeit in Palastina
ansafiig waren. Sonst ware es ganz unbegreiflich , weshalb
sich das Haus Joseph wie ein Eeil zwischen die Leastamme
eingeschoben und diese auseinandergerissen hat. Ueberdies
hatte der Dialekt der Ephraimiten mindestens noch in der
Richterzeit wesentliche Eigenttlmlichkeiten bewahrt, die ihn
vom Dialekt der Lea-Stamme, speziell dem von GaTad be-
stimmt unterschieden und naher zu den arabischen als zu
den hebraisch-kana'anaischen Stammen stellten (Richt. 12, 6) 114 ).
Dies spricht fiir einen naheren ethnischen Zusammenhang Jo-
sephs mit den arabischen Stammen von Mufri und Melucha.
Andrerseits weifi die Ueberlieferung thatsachlich nur von
naheren Beziehungen des Hauses Joseph (nebst Benjamin) so-
wie der Familie Moses' und Aharons zu Aegypten. Speziell
nigt und die Rauber geztichtigt hatten , ist nach den Schilderungen
der Amarna-Briefe nicht anzunehmen.
"*) VgL auch Gen. 34, 30.
na ) Nach den Vorschlagen von Ball, The Book of Genesis in
P. Haupt's Sacred Books of the 0. T. 1896.
114 ) Vgl. meinen Aufsatz n rb'2ti = ephraimitisch nb3D a . ZATW. 1888.
*S. 151—155.
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686 J- Marquart.
fiir Benjamin l'aftt sich das Fortwirken dieser Beziehungen
noch in weit spateren Zeiten in der Nomenklatur nachweisen,
und wenn una Aehnliches fiir Ephraim versagt ist, so liegt
dies sicfaer nur an der Beschaffenheit unserer Ueberlieferung.
Gleicb dem Schwiegervater Josephs ist aucb ^itdtb, der Schwie-
gervater von Aharons Sohn El'azar (Ex. 6, 25), ein Aegypter.
In der Ueberlieferung ist bier, wie so haufig, ein agyptischer
Gottesname durch das althebraische ^K ersetzt worden; der
Name lautete also ursprttnglich p3-di-{- Gottesname 'der welchen
der Gott N. (Hor, Re 1 u. s. w.) geschenkt bat'. Aucb El'azars Sohn
cnrc tragt einen agyptischen Namen, wie noch 'Ell's Sohne
•:en und onrc 1. Sam. 1, 3. 2, 34 u. s. w. Ebenso ist die qor-
bitiscbe gens ncK Osir agyptisch benannt Ex. 6, 24.
Die Annahme liegt daher sebr nahe, date nur der Stamm
Joseph in Aegypten gewesen ist, und zwar mufi er nach unsern
Darlegungen um dieselbe Zeit nach Aegypten gezogen sein,
als die Lea-Stamrae unter dem Namen Chabiri das Ostjordan-
land besetzten und in Palastina eindrangen. Nach der oben
erwahnten Niederlage und Auflosung des Stammes Levi durch
die agyptischen Truppen werden auch Reste dieses Stammes
als Gefangene nach Aegypten gebracht worden sein. Doch
lafit sich der Zeitpunkt dieser Deportation nicht naher feststellen.
Nicht der Auszug aus, sondern die Einwanderung der He-
braer nach Aegypten bildete also den Hintergrund der von Ma-
netho, Chairemon und dem Papyrus tiberlieferten Erzahlungen.
Die Entlebnung des agyptischen Marchens von den beiden
Brildern (Papyrus d'Orbiney) und der babylonischen Aus-
setzungsgeschichte des alten Sargon von Agade und ihre Ueber-
tragung auf den Heros eponymos Joseph und den Gesetzgeber
Moses durch die Ephraimiten weisen darauf hin, dafi der Auf-
enthalt der Israeliten oder besser des Hauses Joseph in Ae-
gypten in die Zeit fallt, als das Babylonische noch die all-
gemeine Verkehrssprache in Vorderasien war und nicht blofi
lexikaliscbe Listen, sondern auch mythologische Texte auf Keil-
schrifttafeln an den Nil wanderten und auf diesem Wege zum
Gemeingut des internationalen Sagenschatzes wurden. Die uns
erhaltene Handschrift des Marchens von den beiden Brtidern,
des Vorbildes der Geschichte von Joseph und der Frau des
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Chronologische Untersuchungen. 687
Potiphre* (der sog. Papyrus d'Orbiney) ist unter Konig Mer-
neptah, dem Nachfolger Ramses' II, geschrieben.
Genaueres fiber das Schicksal dieser eingewanderten Se-
miten l'afit sich einstweilen nicht feststellen. Nach der he-
br'aischen Ueberlieferung waren sie zunachst als Hirten im
Lande geblieben und h'atten sich mit Bewilligung der Regierung
hauptsachlich in der Landschaft pw iin ostlichen Delta ange-
siedelt (Gen. 45, 10. 46, 28 u. s. w.). Die Verbannung in die
Steinbrtiche von Tura bei Memphis, welche nach der Nieder-
werfung der Unrein en erfolgt zu denken ist (s. o.), wird zwar
bei Manetho auf diese beschrankt (Jos. c. Ap. 1, 235) ; doch
ist es nicht unmoglich, dafi davon auch ihre syrischen Bundes-
genossen betroffen wurden. Nach Ex. 1, 11 ff. wurden die
Hebraer durch einen Konig der neuen Dynastie zu Fron-
arbeiten bei der Erbauung der Vorratsstadte Pithom und Ra'-
meses gezwungen 116 ). In der Datierung der Bedrtickung bezw.
der Vertreibung der Syrer stimmen die hebraischen und agyp-
tisch-griechischen Quellen vollkommen tiberein ; nur dafi letztere
begreiflicherweise die Vertreibung der Syrer unmittelbar
auf ihre Ueberwaltigung folgen lassen. Bei Manetho ist es
'Sethos, der auch Harnesses genannt wird', eine Verschmelzung
Seti's I und Ramses' II, bei Chairemon Ramesses, im Papyrus
ein Konig , welcher 55 Jahre regieren soil und den Wilcken
mit Recht mit Manetho' s Sethos gleichgesetzt hat, welche der
Gewaltherrschaft der Unreinen ein Ende machen und die Syrer
vertreiben. Unter dem neuen Konig, der nach Josephs Tode
in Aegypten auftrat und von Joseph nichts wuSte und die
Israeliten mit Frondiensten bedrtickte, ist, wie man langst aus
seiner langen Regierung (Ex. 2, 23) und dem Namen der von
ihm erbauten Stadt Ra l meses (Ex. 1, 11) geschlossen hat, kein
anderer zu verstehen als Ramses II , der bis ins 67. Jahr re-
giert hat 116 ). Es spricht ftlr die Treue der Ueberlieferung
l16 ) Die in den agyptischen Inschriften von der XIII. bis zur XX.
Dynastie nicht selten genannten 'apuriu, in denen man vielfach die
Hebraer wiederfinden wollte, sind nach Ed. Meyer, Gesch. des alten
Aegypten 397 N. 2 gar kein Volksstamm, das betr. Wort bedeutet viel-
mehr Arbeiter. Vgl. auch Maspero 1. 1. II 443 n. 3.
,18 ) Lieblein, L'Exode des H^breux. PSBA.vol.XX, 1898 p.277ss.
sieht dagegen in Thutmosis III den Pharao der Bedruckung, und ver-
legt den Exodus unter Amenophis III. Nach ihm fallt unter Ramses II
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688 J. Marquart,
des altesten Kerns der Auszugsgeschichte , daft nach den Er-
gebnissen der neuesten Ausgrabungen die Restaurationsarbeiten
im ostlichen Delta eben unter Ramses II oder friihestens unter
Seti I begonnen haben. Hier war es vor alien Tanis, welchem
sich Ramses' Ftlrsorge zuwandte und das er aus einem Ruinen-
httgel zu einer der glanzendsten Stadte Aegyptens machte 117 ).
Gleich beim Beginn seiner Regierung erbaute er ganz im
Osten des Delta eine neue Residenz, pe(r) Ra'meses *6nechi
'das sehr feste Hans des Ramses', deren Herrlichkeit die Hof-
dichter in tlberschwanglichen AusdrUcken schildern. Es war
eine starke Festung, deren genaue Lage aber uoch nicht be-
kannt ist. Nur soviel steht fest, dafi sie in nachster Nahe
des Meeres zu suchen ist. Vielleicht hatte bereits Seti I den
Grund zu dieser Festung gelegt 118 ). Die Lage der Stadt Pi-
tom, einer andern Grtindung Ramses' II, ag. pe(r)-Tum fc Haus
des Turn', ist dagegen bekanntlich durch Naville's Ausgra-
bungen beim heutigen Tell el Masxuta im ostlichen Teile des
Wadi Tumllat festgestellt worden n9 ). Es ist undenkbar, dafi
diese Angaben des sog. Elohisten erst im 8. oder gar 7. Jahr-
hundert auf Grund eigener Kenntnis des Landes nachtraglich
zurecht gemacbt waren. Um diese Zeit besafi man in Aegyp-
ten selbst nur sehr dtlrftige Kenntnis von jenen langst ver-
gangenen Zeiten, und es ware hochst auffallig, dafi ein Ephra-
imit in so sp'ater Zeit ganz zufallig aus den verschiedenen
Grenzfestungen im Osten des Delta gerade diejenigen heraus-
gefunden und dem k neuen Konig* zugeschrieben hatte, welch e
Ramses II thats'achlich erbaut hat. Wenn man die Haupt-
sachen fest im Auge behalt, so mufi man sagen, dafi er eine
merkwttrdig korrekte Vorstellung vom Verlauf der agyptischen
Geschichte von Amenophis IV bis Ramses II zeigt, die er sich
kaum bei einem Besuche Aegyptens — die hieroglyphischen und
hieratischen Urkunden waren ihm doch sicher unzuganglich —
hatte verschaffen konnen. In diesem Falle hatte er sicherlich
die endgiltige Redaktion des Auszugsberichts des Elohisten, and sind
die Namen BDO»i pK Gen. 47, 11 und DD&m Exod. 1,11 Anachronismen.
n7 ) Maspero I. 1. 422 ss.
n8 ) Ed. Meyer. Geech. des alten Aegypten 296. Maspebo 1. 1. 388 s.
"•) Naville, The Store-City of Pithom 1885. Ed. Meyer a. a. 0.
297. Maspero 1. 1. 442.
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Chronologische Untereuchungen. 689
nicht verfehlt, auch die Nam en der von ihm erwahnten agyp-
tischen Konige beizuftigen, wie dies der Verfasser von Gen. 14
in der Tat tut. Der alteste Kern der Josephs- und Exodus-
geschichte mufi vielmehr auf eine im wesentlichen gleichzei-
tige Ueberlieferung zuruckgehen , unbeschadet der spateren
Ueberarbeitungen, bei denen naturgemafi manches Detail ilber
Bord geworfen wurde. Unser Ergebnis weicht von dem der
orthodoxen wie der radikalen Theologen und Historiker freilich
stark ab, allein mir kommt es vor allem darauf an , die lite-
rarische Ueberlieferung an den gleichzeitigen Denkmalern zu
messen und so dem tatsachlichen Hintergrund gewisser markanter
Episoden auf die Spur zu kommen. 1st auf diese Weise ein
fester Punkt gewonnen, so kann man es wagen, den Weg,
den die Ueberlieferung zurtickgelegt hat bis zu dem uns vor-
liegenden Texte, zurtickzuwandern und Alter und Wert der
Quellen zu bestimmen. Die Josephsgeschichte in ihrer ur-
sprttnglichen Form ist ftlr mich somit ein neuer glanzender
Beweis fttr die hohe Alterttimlichkeit der Erzahlungen des
alteren Elohisten. Auf welchem Wege sie sich bis zu uns
gerettet haben, ist eine andere Frage.
Auf die Gestaltung der agyptischen Ueberlieferung haben
einen wesentlichen Einflufi die Kampfe ausgetlbt, welche Seti I
sowohl wie sein Sohn Ramses II. in Syrien, vor allem gegen
die Chettiter, zu ftlhren hatten.
Ueber die Zeit des Auszugs ist dem Berichte Ex. 2, 23.
4, 19 nichts weiter zu entnehmen, als dag derselbe unter einem
der Nachfolger Ramses' II stattgefunden haben mufi. Man
hat sich daher vielfach ftir die Regierung Merneptah's, des
Sohnes und Nachfolgers Ramses' II. entschieden und in ihm
den KOnig Amenophis wiedererkennen wollen, mit welchem
Manetho und Chairemon den Exodus in Verbindung bringen.
Der letztere Grand ist indessen hinfallig, da, wie wir gesehen
haben, unter jenem Amenophis der Konig Amenophis HI ge-
meint ist. Allein auch die neugefundene Siegesinschrift Mer-
neptah's aus dessen 5. Regierungsjahre entscheidet die Sache
nicht. Diese Inschrift verherrlicht den Sieg des KSnigs tiber
die Libyer und die Seevolker, dann heifit es Z. 26 nach der
Uebersetzung Spiegelberg's : „Niemand unter den Neunbogen-
^ Philologns, Supplementband VII viertce Heft. 44
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690 J- Marquart,
volkern erhebt sein Haupt. Verwtistet ist Tehenw, Cheta zur
Ruhe gebracht, das Kana'an ist niit allem Sch lech ten (?) ge-
fangen (?). Fortgeftthrt ist Askalon, Gazer genommen, Jeno'am
ist zu nichts gemacht, Israel ist verwfistet und seine Saaten
vernichtet, Chor [Palaestina] ist wie die Wittwen Aegyptens
geworden, alle Lander insgesamt sind in Frieden. Jeder, der
umherschweifte, ist von dem K&nig Merneptah gezttchtigt wor-
den* 120 ). Diese Stelle hat man sofort bei ihrem Bekanntwer-
den mit dem Exodus in Zusammenhang bringen wollen, aber
davon kann offenbar gar keine Rede sein. Wie es sich auch
mit den sonst nirgends erwahnten Siegen Merneptahs in Pala-
stina verhalten moge, soviel ist klar, daft Israel im 5. Jahre
des Merneptah in Palaestina bereits fest ansassig war und
Ackerbau trieb 121 ). Sein Gebiet haben wir uns der Inschrift
zufolge im Westen begrenzt zu denken durch Askalon und
Gazer in der Sefela, im Norden durch Jeno'am (landeinwarts
von Tyros) 122 ). Charu, der traditionelle Ausdruck fur Palae-
120 ) Spiegelberg, ZAS. 1896, S. 14. 28 f.
1S1 ) Spiegelberg a. a. O. S. 23 zeigt durch Parallelatellen aus
den Inschriften, daG unter prt Getreidesamen zu verstehen sei. Da die
betreffende Wendung ('die Saaten vernichten') auch von andern V51-
kern als Israel gebraucht wird, so halt sie Spiegelberg lediglich for
eine allgemeine rhetorische Wendung ohne besondere historische An-
spielungen.
Ed- Naville, Recueil de Traveaux XX (angeftthrt PSBA XX, 1898,
p. 54/5) verteidigt die Beziehung der Inschrift auf den Auszug der
Hebraer und ubersetzt die fragliche Stelle: „Kheta est en paix, Kana-
an eat prisonnier de tous les maux ; [car] Askalon est amene. pris par
Ghezer [et] Iamnia n'existe plus; Israel est aneanti, il n'a pas de po-
sterity. La Syrie est comme les veuves de T^gypte, tous les pays sans
exception sont en paix, car quiconque remuait a 6te* chatie* par le roi
M6nephtah a .
Nach Naville ist in der Inschrift nicht von agyptischen Siegen
in Syrien die Rede, sondern es wird eine ahnliche Situation geschildert
wie in der Amarnaperiode , indem die genannten Stadte sich durch
blutige Fehden selbst vernichtet hatten und so fur Aegypten unschad-
lich wurden. Ware dies der Erfolg agyptischer Siege gewesen, so ware
es im Texte eingehend geruhmt worden. Dies ist in der That sehr
wahrscheinlich, freilich kann ich mich der Gleichsetzung des bekannten
Jeno'am mit Jamnia (hebr. n:2! 2 Chr. 26, 6) nicht anschlieBen.
Die Israel betreffende Bemerkung soil sich nach Naville auf die
Zeit des Durchzuges der Israeliten durch die Wttste beziehen , als sie
fur den poetischen Stil des Schreibers vernichtet waren, da sie in die
Wttste verschwunden waren. Die Thatsache , daB sie keine Nach-
kommenschaft hinter sich zurucklieBen, bestatige den hebrftischen Be-
richt , nach welchem der Auszug alle Glieder des Volkes bis zu den
jungsten umfaCte.
'"•) Vgl. W. Max MCller, Asien und Europa S. 200 f. A
im
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Chronologische Untersuchungen. 691
stina, steht hier vielleicht nur in Parallelismus zu Israel und
► bezeichnet dasselbe Gebiet. Nehmen wir also die Inschrift so
wie sie ist, ohne ihr urn liebgewordener Theorien willen Gewalt
anzutun, so konnen wir aus ihr nur schliefien, daft damals
Israel im allgemeinen bereits dieselben Wohnsitze innehatte
wie in historischer Zeit. Es waren die Lea-Stamme, deren
Zusammenhang erst durch das Erscheinen Josephs gesprengt
wurde. Die Frage nach der Epoche des Exodus reduziert sich
also darauf : wann ist das Haus Joseph aus Aegypten ent-
wichen und vom Ostjordanland aus in Palaestina eingedrungen ?
Wichtig fiir diese Frage ware die Angabe Ex. 13, 17, dafi
die Israeliten nicht den nachsten Weg nach dem Lande der
Philister einschlugen , 'damit es das Volk nicht reue, wenn
sie von Kampf betroffen werden sollten und sie dann nach
Aegypten zuriickkehrten', wenn daraus zu schlieBen ware, dafi
damals die Philister bereits im Lande sassen. Denn die Fest-
setzung der Philister in der Kfistenebene hat nicht vor Ram-
ses III stattgefunden ; Maspero nimmt an, dafi sie von diesem
Konig nach seinem grofien Siege bei Magdol als agyptische
Militarkolonien dort angesiedelt worden seien 138 ). Allein jenes
besagt die Stelle keineswegs. Wahrscheinlich sind die alt-
agyptischen Garnisonen in der Schephela gemeint, welche die
Israeliten von einem Einfall yon Sttden her abhielten. Es ist
mir daher das Wahrscheinlichste, dafi das Haus Joseph in den
wirren Zeiten zwischen Seti II und Ramses III das Nilthal
unter Moses* Ftlhrung verlassen hat 124 ).
Wenigstens eine sichere, wenn auch getrtibte Ueberliefe-
rung tiber das Auftreten Josephs im Ostjordanland hat sich
erhalten : die Erzahlung von der Eatastrophe der 'Rotte Qorah'
und der rubenitischen Stammffirsten Dathan und Ablram, die
m ) 1. 1. 470. 582 a. 697.
m ) V. Floigl, Die Chronologic der Bibel, des Manetho und Beros.
1880 S. 195 ff. und Max BOdingek, De coloniarum quarundam Phoeni-
ciarum primordiis cum Hebraeorum exodo coniunctis p. 26 ff. halten
an der Identitat der 'Apuriu mit den Hebraern feat, und setzen den
Exodus daher nach Ramses IV, unter welche m die 'Apuriu zum letzten-
mal genannt werden und aus dessen Regierung die letzten Inschriften
aus dem Thale Sarabit el Chadim auf der Sinaihalbinsel stammen.
Nach ihm wurden die dortigen Bergwerke verlassen. Zur Bestimmung
der Zeit des Exodas verwenden sowohl Floigl wie BGdinger auch
die hebraischen Genealogien.
* 44*
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692 J - Marquart,
sich gegen Moses' Ftihrerschaft auflehnen * 25 ). Es ist ein
wahres Wunder, daft diese Erzahlung sich erhalten hat: der
geheimnis voile Untergang der beiden Ffirsten von Ruben zeigt
aber klar genug, wie gefahrlich ihr Widerstand den Ortho-
doxen erschienen sein raufi und zu welchen Mitteln man greifen
mufite, um ihrer Herr zu werden. Die Ueberlieferung ist
darin einig, Ruben als Erstgebornen Jakobs anzuerkennen,
obwohl er in historischer Zeit niemals irgendwelche Rolle ge-
spielt hat. Dieser standige Ehrenvorrang Rubens ware aber
ganzlich unbegreiflich , wenn dieser Stamm nicht zu irgend
einer Zeit eine gewisse Ftlhrerstellung unter den Qbrigen israe-
litischen Stammen eingenommen h'atte, und da dies in der ftlr
uns historischen Zeit nie der Fall gewesen ist, so mussen wir
notgedrungen annehmen, dafi Rubens Grotee in die Zeit vor
dem Beginne unserer Ueberlieferung fallt. Auf diese Periode
bezieht sich der Spruch tiber Ruben im Jakobssegen Gen. 49,
3 — 4, und in dieser Zeit mag Ruben auch nach dem West-
jordanland tlbergegriffen haben, wie der Stein des Bohan b.
Re'iiben auf der Grenze von Juda und Benjamin (Jos. 15, 6.
18, 17) anzudeuten scheint. Wie in dem Misserfolge Levis und
Simeons in Sichem hatten wir also auch in dem Zuruckweichen
Rubens nach dem Ostjordanlande eine rdcklaufige Bewegung
in der Geschichte der Chabiriokkupation und ein Wiederer-
starken des einheimischen kana'anaischen Elements zu erblicken.
Unter letzterer Voraussetzung wird auch das spatere Auftreten
des Moses und Josua am ehesten begreiflich. Wenigstens das
Ende dieser alten Machtstellung Rubens ist uns durch jene
Erzahlung vom Aufstand des Dathan und Ablrftm noch bezeugt.
Ruben wurde ohne Zweifel gleich den ubrigen israelitischen
Stammen von Moses zum Eintritt in den neugegrundeten israe-
litischen Bund aufgefordert , muftte aber bald erkennen, da£
Moses nicht gewillt war, seine alten Ansprttche auf die Ftihrer-
schaft anzuerkennen. Da von einem wirklichen Kampfe nicht
die Rede ist, so hat man sich wohl der Fiihrer auf heimlichem
Wege entledigt. Von jetzt ab trat Ephraim als Erstgeborner
Israels an die Stelle Rubens.
m ) Num. 16, 1 ff. 26, 9. Deut. 11, 6.
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Chronologisclie Untersuchungen. 693
Bei den xibrigen in Moses' Zeit verlegten Ereignissen ist
-# stets von Fall zu Fall za untersuchen, ob sie in die Chabiri-
zeit, in die Epoche des Moses oder die 4 Richterperiode' gehoren.
4. DieXVIIT. und XIX. Dynastie nach Manetho.
Ein den oben behandelten verwandtes Marchen, das sich
mit dem Ursprung der XIX. Dynastie beschaftigt und gleich-
falls die K5nigsliste unterbricht, findet sich bei Manetho im
Auszuge des Josephos (c. Ap. 1, 98 — 102. 231). Den urspriing-
lichen Text hat eine Randglosse im Laurentianus erhalten:
lied*' 8v Seihoats xal Tauiaarjs 6uo doeXcpot • 6 uiv vaoxixfjv
l^cov SOvajAtv xoug xaxds S-aXaxxav dfoavxtovxas xac Scaxetpa)-
|i£voi)^ JrcoXcopxei • |iex' oft noXb 5k xod x&v Tauiaorjv dcveXaw
f 'Apu.al'v dcXXov aoxoO dSeXcpov iitfxpoTOV xfj$ Afy67txot> xaxa-
oxfjaat. Hier werden also Sethosis (Seti I) und Ramesses (I)
noch richtig als zwei verschiedene Personen unterschieden,
wahrend sie im Texte des Josephos, offenbar nach der Exodus-
geschichte § 245, bereits identifiziert werden. Sethosis schlofi
mit einer Flotte die eindringenden Seevolker ein (die erst Mer-
neptah besiegte), bald aber totete er den Ramesses und setzte
einen andern Bruder, den f 'Ap[xa:s d. i. Harmahibe zum Reichs-
verweser ein und scharfte ihm ein, die Konigin und die Neben-
frauen des Konigs zu respektieren und sich die Krone nicht
anzuma&en. Darauf zieht er gegen Kypros und Phbnikien,
gegen die Assyrer und Meder und unterwirft sie samtlich.
Sein Bruder Harmais aber hatte mittlerweile das Verbot des
Konigs mifiachtet und spielte sich als Konig auf, doch Sethosis
ward durch den Oberpriester von dem Vorgefallenen unter-
richtet , kehrte alsbald nach Pelusion zuriick und gewann
die Herrschaft wieder. Sethosis hiefi auch Aigyptos, und nach
ihm ward das Land Aegypten genannt, sein Bruder Harmais
ward auch Danaos genannt. Sethos regierte 59 (Eusebios 55)
Jahre, und ihm folgte sein altester Sohn Rampses (d. i. Ram-
ses II) mit 66 Jahren.
In dieser Erzahlung werden also sowohl Ramses I, der
Vater und Vorganger Seti's I, als Ramses 1 Vorganger Har-
mahibe als Brtlder Seti's aufgefasst. Zuerst regiert Seti mit
Ramses gemeinsam, nach dessen Beseitigung aber ernennt er
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694 J- Marquart,
den Harmahibe zum Reichsverweser , bis dieser sich unbot-
mafiig zeigt und vertrieben wird. Vor der Erzahlung stehen
die Worte toO Si 'Ap.£V(i)^pc; Sexaevvea xal pijvas e£. Die Reihen-
folge der Liste ist hier bei Josephos wie bei Eusebios gestort.
Auf die Eetzerkonige folgen bei beiden:
Josephos :
Eusebios
'Apftat;
4 J.
1M
'Ap|iai'g 6 xal Aavao; 5
TajiioaTj;
1.
4 ,
\ ch / yuTCxo; 68
'ApueaoTjs MtajioOv
66,
2 .
'A(i£v(i)^pts
19,
* *
K 'A pivots 6
S4&o)i 6 xa
1 Ta|iio<T>j;
59,
S£»(0C 55
*P*i«fos
66,
Tajiks 66
Die Liste des Afrikanus hat die urspriingliche Reihenfolge
bewahrt und nennt den Vorganger des Sethos 'AiievcocpaO-, da
der Verfasser aber die Identitat des 'Ap|iiaaT)£ MiajioOv und
Ta|i^7]$ erkannte, so hat er ersteren ausgelassen. Die ursprttng-
liche Liste hat also gelautet:
"Appal* 4 J. 1 M.
Ta|ifo<nj; 1 „ 4 „
•Ajuvaxpift 19 „ 6 „ (Seti I)
'Ap|iiao7j; MiapoOv 66 „ 2 *
59 J.
Tapiaajjs
"Appals
Tajiks ' 66
Die Namensform 'A|iivaxpi£ ftir [AJiievto^afl- (Seti L Mer-
neptah, urspr. Mevcocpfl-a ?) und die Storung der Reihenfolge ist
wohl dadurch zu erklaren, dafi die drei Brtlder Sethosis, Ramesses
und Harmais in diesem Marchen, wie Sethos-Ramesses in der Sage
von den Unreinen, unmittelbar auf Amenophis III zuriickgefQhrt
waren. Harmahibe gilt schon in der Ramessidenzeit als der
GrAnder der XIX. Dynastic Ueberall wird er in den Denk-
malern dem neuen Herrscherhause zugerechnet, wahrend die
tibrigen Nachfolger Amenophis' III als illegitim betrachtet
und ttbergangen werden. In einer Inschrift nennt er Thut-
mosis III den 'Vater seiner Vater\ Maspero 126 ) vermutet,
,M ) 1. 1. 842.
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Chronologische Untersuchungen. g95
dafi er durch seine Mutter Mutnotmit von Amenophis III ab-
stammte. Als er bereits eine gewichtige Rolle im Staate spielte,
erzahlte man, dafi Amon selbst, der ihn fUr die Krone vorher-
bestimmte, geruht habe, sich mit der Prinzessin zu verbinden
— eine den Aegyptern gelaufige Fiktion, wenn das Geschlecht
der Sonnensdhne auszuarten drohte. In welchem verwandt-
schaftlichen Verhaltnis er zu seinem Nachfolger Ramses I
stand, ist noch unbekannt. Man hat yermutet, dafi sie Bruder
gewesen seien 127 ), doch lafit sich diese Annahme bis jetzt nicht
beweisen.
In der Regierung des Sethosis sind samtliche Jahre von
der Umsturzzeit nach dem Tode Ichunitens bis auf Amenophath
(Seti I) incl. zusammengefafit, wie folgende Uebersicht zeigt :
Afrikanus :
Josephos :
6 J.
9 J.
12 ,
12 , 5 M.
12 ,
12 . 3 ,
5 ,
4,1,
1 .
1,4.
19 ,
19 . 6 ,
55 J. 58 J. 7 M. = 59 Jahre 128 ).
Hieraus wie aus dem ganzen Tenor der Erzahlung er-
gibt sich, dais Sethosis und sein Sohn Rampses nach der
Anlage des manethonischen Werkes chronologisch nicht zu
berucksichtigen waren. Und doch werden sie nicht blofi von Jo-
sephos in seinen Summierungen mit verrechnet (c. Ap. 1, 103.
230/1. II 16) , sondern auch von Afrikanus und Eusebios, ja
diese beiden stellen sie an den Anfang der XIX. Dynastie.
Dies ist sehr wichtig fiir die Ueberlieferungsgeschichte des
manethonischen Werkes. Auch hieraus ergibt sich wiederum,
dafi die Summierungen der einzelnen Dynastien nicht von Ma-
netho selbst herrtlhren, sondern erst nach ihm herausgestellt
sind.
Wir konnen jetzt daran gehen, zunachst die XIX. Dynastie
>
m ) Brugsch, Gesch. Aegyptens 456. Ed. Meyer, Gesch. des alten
Aegyptens 274.
.!* 8 ) Vgl. P. Rost, Untersuchungen zur altoriental. Gesch. S. 126 =
MVAG. 1897 Nr. 2 S. 229.
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696
J. Mar quart ,
des Manetho zu rekonstruieren. Nach den beiden oben elimi-
nierten Konigen folgen bei Afrikanus und Eusebios:
Afrikanus :
\A[A|iev£<p{hr); 20 J.
Tafieaofj? 60 „
'A|i|ieve|ivfj£ 5 „
0o6a)pi£ 7 „
Eusebios :
'A|iev£<p\Ks 40 (Arm. 8) J.
\A|inevep)s 26 J.
0o6u>pi; 7 „
Hier ist zunachst klar, dafi TafieaofJ;, der von dem Yer-
fasser der eifsebischen Liste Mr identisch mit Tap^s gehalten
und daher gestrichen worden ist, nur Ramses III entsprechen
kann und daher an den Schlufi gehort, wie Rost richtig ge-
sehen hat 129 ). In seinen 60 (rich tiger wohl 55) Regierungs-
jahren sind aber auch die seines Vorgangers Setnacht und die
vorangehende Periode der Anarchie unter dem Syrer Arisu
enthalten. Die richtige Reihenfolge der Nachfolger Mer-
neptahs I (\A[A[xeve<p{h];) ist noch nicht sicher bekanni Ich
folge der Anordnung von Chabas, Brugsch und Ed. Meyek,
welche Seti II Merneptah als unmittelbaren Nachfolger Mer-
neptahs betrachten. Dann entspricht 6o6a)pt$ der Ta-wosert,
der Gemahlin Merneptahs II Siptah, welcher derselbe wahr-
scheinlich seine Ansprtiche auf den Thron verdankte. Mer-
neptah II hat den Inschriften zufolge mindestens 6 Jahre re-
giert 130 ). Darnach ergibt sich folgende Liste:
Harmahibi 7. J. w Ap|iai$ 4 J. 1 M. Sefcoaig
Ramses I 2. „ TajAeaorjg 1 , 4 „ Tajieaarj;
SetilMernep- \A|i£va>- w Ap[Aai;
tah 9. , <pi» 19 , 6 „
Ramses II Mi- 'Apjieaor^ Taji^r^ 66
amun 67. „ MuxjioOv 66 „ 2 „
Merneptah I Hotep- ^ 'A[i[(i]ev£cp^y]; 20 J
hermet 8. J.
Seti II Merneptah 2. J.
Amen-meses \Ap,Qi]£V£[A<<]>;>7)s 5 J
Merneptah II Siptah 6. J. | Oouwpig 7
Ta-wosert
und
seine
Brtlder
55 (59)
,i9 ) A. a. O. S. 127.
13 °) Maspero 1. 1. 438 83.
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Chronologiache Untersuchungen.
697
Arisu, ein Charu
Setnacht
Ramses III 32. J. I Tafieaaffc 60 (r. 55) J.
Summa: 178~J7~"
Diese Summe hat Eusebios bei der XX. Dynastie erhalten, wie
Rost richtig erkannt hat 131 ).
Filr die 'KetzerkSnige' nach r Qpo$ d. i. Amenhotep III
bieten Josephos, Afrikanus und Eusebios folgende Listen:
Josephos :
Afrikanus :
Eusebios :
i%Yoenjp 'Axey-
X6pr,sl2J. 1M.
*Axtppfl«32J.
'Axevxeparj? 16 (12) J.
Tatam; <i8eX-
<P5S 9 .
Tflrfto; 6 ,
(AthOris 9 J. 132 )
'Axerxwi? 12 „ 5 ,
Xeppfo 12 ,
E>enk l eres 16 „) 132 )
'Axeyx^prj? p' 12 , 3 ,
'A X eppfis 12 ,
Xeppfi; 15 „
Hier ist ohne weiteres klar, dak der dritte Konig der
Reihe dem Icliu-n-iten entsprechen mu&, wahrend Nr. 1 eine
seiner T5chter ist. Es hat also im Texte des Josephos eine
Verschiebung stattgefunden. Die Namensformen des Afrikanus
stehen den ursprilnglichen offenbar n'aher als die des Josephos,
bei welchem ein Ausgleich vorgenommen worden ist. Wir
haben dann in Nr. 1 diejenige Tochter Ichunitens zu sehen,
welche e Anchnes-iten hiefi und mit Twt- c anch-amon, einem
Stiefbruder ihres Vaters vermahlt war 133 ). Nachdem dieser
den Thron bestiegen hatte, mufite sie ihren Namen in c Anchnes-
Amon verandern. Das Wort It en ist bei Manetho durch das
gleichbedeutende Re ersetzt, und die ursprttngliche Namensform
lautete 'Ayx e P^ °& er 'Ayx e PP^i* = 'Anchms-Re. Tafroms ist
identisch mit Twt-'anch-amon, der unter Ichuniten wahrschein-
lich Twt- c anch-iten oder Twt-iten (= Twt-Re) hiefi und erst
nach seiner Thronbesteigung zur Amonsreligion zurtickkehrte 134 ).
131 ) A. a. 0. 128.
132 ) Nur in der Series regum.
138 ) Vgl. Loret, Recueil de Traveaux XI p. 212. Maspero 1. 1. 334 n. 3.
18 *) Man pflegt in diese Zeit mehrere Kflnigsnamen zu verlegen,
die aber z. T. fruheren Dynastien angehCren werden. So ist der Sohn
der Sonne Toti Merneptah, der auf einem Denkmal im Museum zu
Marseille aus den ersten Zeiten der XIX. Dyn. genannt wird und den
man mit Manethos 'PdOtoug gleichgesetzt hat, wabrscheinlich identisch
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698 J. Marquart,
Im ursprtinglichen Texte des Manetho war er als Bruder des
Ichuniten bezeichnet. Die regelrechte Transskription von Twt-
Re e (= Twt-iten) ware allerdings etwa OurcepYjs, allein ein ganz
ahnlicher Fall findet sich bei der V. Dynastie, wo Tad-oup7js mit
44 (richtig 24) Jahren unzweifelhaft dem Wsr-n-r& der Denk-
maler entspricht. Der Name des Ichu-n-iten lautete wohl bei
Manetho 'Axepprfc (oder 'Axeveprj;?) = Ichu-n-Be. Aufschriflen
auf Weinkrtigen aus seiner Residenz Tell el Amarna nennen
sein 18. Jahr 136 ). Die Regierung des von Amenophis IV selbst
zum Mitregenten erhobenen S f akere € Cosirchoperu, des Gemahls
seiner altesten Tochter Merit-Iten ist ausgefallen oder in der-
jenigen der 'Ayx e P^* mitverrechnet , die Jahre der letzteren
sind aber selbstverstandlich chronologisch nicht zu bertlcksich-
tigen, da sie ja den Thron mit ihrem Gemahl Tafrumg teilte.
Xepp^c ('Axeyx^P^)? P) entspricht offenbar dem Ai Chopercho-
prurtf, doch erregt die auch hier wiederkehrende Zahl von 12
Jahren Bedenken, da auf den Denkmalern nur sein 4. Jahr ge-
nannt wird. Eine befriedigende Erklarung der Zahlen Manethos
fur diese Epoche und Verwertung derselben fur die exakte Chro-
nologic ist vorlaufig unmoglich. Die Rekonstruktion Manetho's
ergibt folgendes Verhaltnis zwischen ihm und den Denkmalern:
Amenhotep IV Ichu-n-iten 18. J. 'Axepp^ 12 J. 5 M.
! Merit-Iten
S 4 akere 4 Cosirchoperu
4 Anchnes-Iten | j 'Ayx e P^ S-uyaTrjp (12 J. 1 M.)
Twt- 4 anch-amon J | Tid-oms 48eX<p6s 9 (6) J.
Ai Choper choprure' 4. J. XefJpifjs 12 J. 3 M.
Summa: 33~J7~8~Mr
Ganz ahnliche Beobachtungen ergeben sich beim Haupt-
teil der XVIII. Dynastie : auch hier sind die Namen im gegen-
wartigen Texte mehrfach verschoben. Die tlberlieferten Listen
des Josephos, Afrikanus und Eusebios lauten folgendermafien :
mit dem K8nig Toti III , dem Grtinder der VI. Dyn. (Maspeko 1. 1. 1
416 n. 3).
136 ) Flindees Petkie, Tell el Amarna p. 32—34.
$
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Chronologische Untersuchungen.
699
Josephos:
Afrikanus:
Eusebios :
1. Tefyuflaic 25 J.
4 M.
'Au-cis —
"A|iu)oi£
25
2. Xeppwv 13 ,
Xep P d>c 13
XejSpcov
13
3. 'Ajievaxpc; 20 »
7 .
'Aixevw^pS-t; 24
'Au|ievG)<pi;
21
4. &5e\y$i 'A{t-
'Ajiepafc 22
—
eaoifi 21 ,
9 .
5. M^prjs 12 „
9 .
Mtoa<pptc 13
Mfypij;
12
6. MTjcppajioii-
Mtacppayu-oo-
Mca^payjiou-
fooai? 25 ,
10 ,
S-toa^ 26
{hoatg
26
7. [Tou]8-fiwotc 9 „
8 ,
Toufycoocs 9
Toud-jKoa^
9
8. 'A|x4va)cpi; 30 »
10 ,
'A|ievu)<pis 31
\Au.evfi><pt£
31
9. *Qpos 36 ,
5 ,
T 2poc 37
T 2po€ 36
(38)
Hier hat allein Josephos den echten manethonischen Na-
men des Vertreibers der Hyksos bewahrt, wahrend die Listen
des Afrikanus und Eusebios aus Ptolemaios yon Mendes (fr. 1
bei Tatian Or. ad Gr. c. 59) die richtige Namensform "Au-wats =
Tahmose eingesetzt haben (s. o. S. 663). Die Form Tedjicoaig bei
Manethos erklart sich daraus, dafi sowohl Tah wie Thoth (Dhowt)
Mondgdtter waren, von denen der letztere Lokalgott von Her-
mupolis war. X£(3po>v entspricht dem Vornamen Thutmosis' I,
'O-cheper-ke-r? 136 ), dScXcpf) 'Au.eaaV]£ dagegen ist Tahmes No-
fritiri, die Schwester und Gemahlin des Amosis, welche nach
dessen Tode filr ihren wie es scheint noch unmttndigen Sohn
Amenhotep I die Regentschaft fuhrte, nachdem sie schon vor-
her den Thron mit ihrem Gemahl geteilt hatte 137 ). Natiir-
lich sollte die Regierung der 'Au.ea<ri)<; nach Manethos' Absicht
nicht besonders verrechnet werden, da ihre Jahre ja schon in
denen des Amosis und Amenophis enthalten waren. Ueber die
verwickelten SuccessionsverhSltnisse nach Thutmosis I 138 ) ver-
mochte offenbar auch Manetho nicht zu voller Elarheit zu
gelangen. MfypprjS (Afrikanus Mfaaqppi;) entspricht der K6nigin
Ha c t§opsut JUa-ke-re'i die sich ja auf ihren Denkmalern stets
als Mann darstellen lafit, wahrend in M7)cppau.o6\hoai$ bezw. Mca-
cpparjiouO'coo^ (so auch Josephos in der Hyksosgeschichte c.
1S8 ) Rost a. a. O. 121.
m ) Vgl. Maspero 1. 1. 94 88.
138 ) Vgl. daruber Kurt Sethe, Untersuchungen zur Geschichte und
Altertumskunde Aegyptens I. Naville, ZAS. 35, 80 ff. und gegen
ihn Sethe eb. 36, 1 ff.
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700 J- Marquart,
Ap. 1, 86 ff.) der voile Name Thutmosis' III Men-cheper-Re*
Dhwtmose vorliegt. Men-cheperR# i , in den Briefen von Tell
el Amarna Jllanachbiria, mufite in spatagyptischer Aussprache
etwa Min-&apr-T&& werden, die ursprtinglichen Formen bei
Manetho dtlrften also etwa Mia(a)cppa Toufl-jAcoat? und Mr) <x> P*i*
gelautet haben. Allein die beiden Namen haben sich in den
Handschriften schon sehr friih gegenseitig beeinflufit. Die
Regierung Thutmosis' II, dessen h5chstes auf Denkmalern er-
wahntes Datum sein zweites Jahr ist, ist in derjenigen der
Makere 1 (M*/)cppr]s) enthalten, mit welcher er nach allgemeiner
Annabme vermahlt war. Allein die Regierungen der Makere 1
und Thutmosis' III sind in unseren Auszfigen aus Manetho
offenbar zu kurz angegeben. Das spateste datierte Denkmal
aus der Regierung der Makere 4 stammt aus ihrem 16. Jahre,
von Thutmosis III wissen wir, daft er 54 Jahre regiert hat.
Eine Zeit lang hat er mit Ha 4 t§opsut den Thron geteilt, und
es unterliegt keinem Zweifel, dafi er die ganze Regierungszeit
derselben sich zugerechnet hat. Die Alleinherrschaft Thut-
mosis' III beginnt nach den Denkmalern erst mit seinem
21. Jahre, daneben aber finden sich Datierungen aus seinem
2. und 5. Regierungsjahre, in denen Ha l t§opsut nicht genannt
ist. Es fragt sich also vor allem, von welchem Zeitpunkte
an Ha l t§opsut ihre Jahre z'ahlte. Sie behauptet allerdings,
schon von ihrem Vater Thutmosis I zur Thronfolge berufen
worden zu sein, doch ist diese Behauptung nicht ohne weiteres
als bare Miinze aufzufassen 137 ). Es ist vielmehr wahrschein-
licher, dafi es ihr eben im 5. Regierungsjahre Thutmosis' III
gelang, die Regierung an sich zu reifien, die sie dann mit
Thutmosis II teilte. Nach dessen baldigem Tode sah sie sich
dann genotigt, Thutmosis III als Mitregenten anzunehmen.
Darnach wtirde also das V. Regierungsjahr Thutmosis' III mit
dem I. der Ha 4 t§opsut und das XXI. Jahr des erstern mit dem
XVI. der Konigin zusammenfallen. Bezeichnet das 21. Re-
gierungsjahr, in welchem uns Thutmosis III zuerst als Allein-
herrscher entgegentritt , in der Tat das Todesjahr der Ha't-
Sopsut und den Beginn seiner selbstandigen Regierung, so hat
is?) Yg] Kurt Sethe, Unters. z. Geschichte Aegyptens S. 27 f.
ZAS. 36, 1898, S. 65.
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Chronologische Untereuchungen.
701
er nach dem Tode der Konigin noch 33 Jahre und x Monate
regiert. Die 25 Jahre und 10 Monate, die er bei Manetho
erhalt, sind also ebenso ratselhaft wie die 12 J. 9 Monate des
MTfjcpp7]£, wofttr wir etwa 20 Jahre -f- x Monate erwarten
wtirden, wenn Manetho der Ha'tSopsut die ersten 5 Jahre Thut-
mosis' III zugerechnet hat. Vielleicht hat Thutmosis III seinen
Sohn Amenhotep II, nachdem dieser volljahrig geworden war,
zum Mitregenten erhoben 138 ). Das hSchste bisher bekannte
Datum aus der Regierung dieses Eonigs ist sein 26. Jahr, das
Flinders Petrie jiingst auf einem Weinkrug erwahnt gefunden
hat 139 ). Die Rekonstruktion der XVIII. Dyn. des Manetho
verhalt sich demnach zu den Denkmalern wie folgt:
Denkmaler :
Pahmose 22. J.
Pahmes-Nofritiri , dessen
Schwester und Gemahlin
Amenhotep I 10. J.
i O-cheper-lce-re i Thutmosis I
9. J.
Thutmosis III 5. J.
Maker? Ha 4 t§opsut 16. J.
l Ocheper-n-re' Thutmosis II
2. J.
Men-cheper-ke-re 4 Thutmo-
sis in
Men-cheper-Re*
Manetho :
1. Te8-|Koats 25 J. 4 M.
4. dc6eX(fVA{Aeaa^$(21J.9M.)
3. 'A|iiva><pis 20 J. 7 M.
2. Xippwv oE6g 13 J.
5. MVjcpprjs 12 (?) J. 9 M.
Thutmosis III
21.— 54. J.
Amenhotep II 26. J.
Thutmosis IV 7. J.
Nebmaure* Amenhotep III 36. J.
Ichu-n-iten Amenhotep IV 18. J. 12,
!Merit-Iten
S'akere 4 Cosirchoperu
6. Mta<a>cppaxo65 , |ia)a^
25 (?) J. 10 M.
8. 'A^vwcpc^ 30 J. 10 M.
7. <To6>9-|ia)ais 9 J. 8 M.
9. *Upos 36 J. 5 M.
'Axeppfjs 12 J. 5 M.
188 j ygi Wiedemann, Aegypt. Gesch. 375.
139 ) Academy 11. April 1896 nr. 1249 p. 309.
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702 J- Marquart,
| l Anchnes-Iten f 10. 'Ayxepfa H^P (12 J. 1 M.)
j Twt- l anch~Amon ( 11. Thorns iBeX^og 9 (6) J.
Choperchoprure' Ai 4. J. 1 3. Xeftpufc 12 J. 3 M.
__ 2 ____
Rost meint, dafi die ursprtingliche Summe der XYIII.
Dynastie, 193 oder 194 Jahre, sich bei Eusebios erhalten habe
und nur falschlich der XIX. Dynastie zugeteilt sei 140 ). Diese
Samme (genau 192 J. 10 M.) erreicht man aber nur dann,
wenn man nicht blofi die Jahre der beiden Frauen 'Afieaof,;
und 'Ayx £ P^i die nur Mitregentinnen waren, chronologisch
nicht verrechnet, sondern aufierdem far Taframs die Zahl des
Afrikanus zu Grunde legt und annimmt, dafi der zweite 'Ax,Ef-
XTjpr^ (Xefipifi) nur einer faischlichen Wiederholung seinen
Ursprung verdanke, eine Annahme, die indessen unstatthaft
ist, da XePpifjs dem Ai Choperchoprure 4 entspricht.
Es ist indessen m5glich, dafi auch in den Zahlen des
Manetho eine Verschiebung stattgefunden hat. Dann ergabe
sich etwa folgende Rekonstruktion :
Pahmose 22. J. TeVaa^ 25 J. 4 M.
dSeXcpt) 'Au-eaar]; (21 J. 9 M.)
Amenhotep I 10. J. 'Auivaxpts <12 J. 9 M.>
Thutmosis I 9. J. Xeppaw uteg 13 J.
Thutmosis III 1—21 1 M^prjg <20 J. 7 M.>
Makere 1 Ha'tSopsut 16. J
Men-cheper-Re c Thut- Mta<a><ppaTou9'U.cDai£ <30 (?) J.
mosis HI 21—54 10 M.>
Amenhotep II 26. J. 'A|xev(o<pcs <25 J. 10 M.> u. s. w.
Nehmen wir die Zahl des Afrikanus far TcHHotis (6) an
und geben wir dem Mca<a><ppaTo6&|ia)ais in Uebereinstimmung
mit den Inschriften 33 J. 10 M. nach dem Tode der MakereS
so erhalten wir als Summe der XVIH. Dyn. 208 J. 1 M.
Diese Zahl hat sich in der Tat als 209 bei Afrikanus er-
halten, figuriert aber hier als Summe der XIX. Dyn. Solche
Verschiebungen von ilberlieferten Summierungen , die spater
infolge irgendwelcher Textverderbnisse nicht mehr verstanden
wurden und dann von ihrer ursprtlnglichen Stelle weiter wan-
140 ) MVAG. 1897 S. 226 = Untere. z. altoriental. Geech. S. 123.
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Chronologi8che Untersuchungen. 703
derten, finden sich in der manethonischen Ueberlieferung sehr
£ haufig.
5. Die Chronologie der Aethiopen und Saiten.
(XXV. und XXVI. Dynastie).
Fttr die Chronologie der Psanimetichiden sind wir in der
glllcklichen Lage, aufier den Ausziigen aus Manetho auch die
Angaben Herodots zu besitzen, welche auf die Ueberlieferung
der Hellenen von Naukratis zuriickgehen und wahrscheinlich noch
vor dem Ende des 6. Jahrhunderts aufgezeichnet worden sind.
Dazu kommen dann noch die Daten einiger Apisstelen sowie
der Totenstelen zweier Privatpersonen.
Aus den Angaben zweier Apisstelen und dreier Toten-
stelen hat Wiedemann 141 ) festgestellt, dafidieSumme derRegie-
rungsjahre Neko's II und Psammetich* s II nicht 22, wie He-
rodot angibt, sondern nur 21 Jahre betrug, von denen auf
Neko 157 2 , auf seinen Nachfolger Psammetich II 5^2 Jahre ent-
entfallen. Darnach ergibt eine Vergleichung der Angaben
Manetho's und Herodots mit den aus gleichzeitigen Denkmalern
Von den beiden Ausztlgen aus Manetho stimmt fttr die
Zeit des wiederhergestellten Reiches, von Psammetich I an,
der des Afrikanus, wie man sieht, am genauesten zu Herodot
und den Denkmalern, besonders in den Zahlen fttr Psammetich I
141 ) Geschichte Aegyptens von Psammetich I bis auf Alexander d.
Gr. Leipzig 1880 S. 117 ff.
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704 «*• Marquart,
und Amasis. Dagegen stehen bei Apries Eusebios und Hero-
dot (25 J.) gemeinsam gegen Afrikanus und die Apisstelen
(19 J.), und die Summe der Regierungen Neko's II und
Psammetich's II bei Eusebios (23 J.) steht derjenigen He-
rodot's (22 J.) und der Denkmaler (21 J.) weit naher als die
bei Afrikanus (12 J.). Es ist also mdglich, da£ Eusebios'
Zahlen fur Necho II und Psammetich II nur verschoben sind
und im Sinne Manetho's jenem 17 (1672)1 diesem 6 Jahre zu
zu geben sind.
Die bei Afrikanus und Eusebios tiberlieferten Summen fur
die XXVI. Dyn. entscheiden hier nichts, da von den Verferti-
gern beider Listen wegen der 4 bezw. 3 ersten Konige dieser
Dynastie, der Vorfahren Psammetich's, welche gleichzeitig
mit den Aethiopen (XXV. Dyn.) regierten, ein Ausgleich mit
den Zahlen der letzteren angestrebt worden ist. Wir mussen
daher zunachst von den Vorgangern Psammetichs I hier absehen.
Fraglich ist noch immer, wie wir die Differenz des Hero-
dot und Eusebios auf der einen und des Afrikanus und der
Denkmaler auf der andern Seite in der Regierungszahl des
Uaphris zu erklaren haben.
Wiedemann, Gesch. Aegyptens von Psammetich I bis auf
Alexander d. Gr. 119—120 hat geglaubt, dieselbe auf Grand
dreier Denkmaler in der Weise losen zu k5nnen, dafi Apries
und Amasis noch 6 Jahre lang (570 — 564) gemeinsam regiert
hatten. Allein seine Aufstellung ist bereits von Karl Piehl
ZlS. 28 (1890), S. 9—15 widerlegt worden. Ein Stein-
sarkophag in Stockholm ist der ihrem Gemahl, dem konig-
lichen Vetter Wah-ib-re l , ergebenen Taperit gewidmet von ihrem
Sohne I'ahmes-si-Neit, dem Schatzmeister, Palastkommandan-
ten etc. Revillout's Uebersetzung (Revue egyptologique H 97) :
,die Verwandte des K6nigs Wahibre 4 " ist falsch. Es handelt
sich also hier weder um den KSnig Wahibre 4 noch am den
spateren Konig Amasis, sondern um zwei einfache Privatleute.
Das zweite Denkmal, eine Opfertafel im Louvre, ist eine Wid-
mung an den (verstorbenen) Palastkommandanten, Vertrauten,
Schatzmeister etc. etc. Pahmes-si-Neit, Sohn des Wah-ib-r^ 4
und der Taperu. Auch hier ist die in Frage stehende Person
ein Privatmann, kein Konig und ftlhrt auch keinen EonigstiteL
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Chronologiscbe Untersuchungen. 705
Auf einem von Champollion and Rosellini publizierten Bas-
relief aus der Zitadelle von Eairo endlich ist der Konig Wah-
ib-re' dargestellt, wie er einen kleinen Tempel weiht. Er ist
von einem Ka (Geist oder Doppelganger) begleitet, das die
Standarte des Eonigs Amasis halt. Daraus wurde nan gefol-
gert, dafi beide K6nige gleichzeitig regiert hatten. Diese Dar-
stellung ist aber in der Reihe der Denkmaler ganz unerh5rt.
Ein Lebender kann nur von seinem eignen Ka begleitet wer-
den. Es liegt hier, wie Piehl ilberzeugend ausftlhrt, sicher ein
Versehen des Steinmetzen vor, und an Stelle des Eonigsnamens
Wah-ib-re' ist der Vorname des Amasis Chnum-ib-re' zu lesen,
der sich vom Namen des Wahibre' nur durch das mittlere
Zeichen unterscheidet , die beide leicht verwechselt werden
konnen. Die Hypothese von der angeblichen gemeinsamen
Regierung der beiden E5nige ist also aufzugeben, ebenso die
angebliche Verwandtschaft des Amasis mit dem Konigshause
und die Annahme, dafi er mit dem Gottesweibe 'Anchnes nefr-
ibre 1 , der Tochter Psammetichs II. und Adoptivtochter des
GottesweibesNitokrisSep-en-wepet III. vermahlt gewesen sei.
Letztere Annahme beruht nur darauf, daft er in dem von ihm
restaurierten Tempel von Earnak in Theben Sfters neben dem
Gottesweibe genannt wird, was aber lediglich der bisherigen
Gepflogenheit entsprach 1 * 2 ).
Die 25 Regierungsjahre des Apries bei Eusebios und He-
rodot sind also anders zu erklaren. Vermutlich ist er von
seinem Vater Psammetich II. gleich bei dessen Regierungsan-
tritt zum Mitregenten erhoben worden, er rechnet aber seine
Regierungsjahre erst vom Tode seines Vaters ab. Den Aus-
gangspunkt der chronologischen Reduktion bildet die Erobe-
rung Aegyptens durch Eambyses. Man ist allgemein dartlber
einig, dafi diese ins 5. Jahr des Eambyses, d. h. ins Jahr 525
zu setzen ist 148 ). Mit Rucksicht auf einen babylonischen Eon-
trakt, welcher vom 22. Eislev des Jahres 6 des Eambyses
(etwa Ende November 524) datiert ist und vom Verkaufe einer
agyptischen Sklavin und deren 3 Monate alten Tochter aus
der Eriegsbeutd eines Babyloniers handelt, will B. Meissner
"*) Vgl. Erman, ZAS. XXXV, 1897, S. 29.
" 8 ) Diod. I, 68: 01. 63, 3. Euseb. Chron. I 149/50, 1 SchOne.
Fhilologus, Supplementband VII , yiertes Heft. 45
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706 J- Marquart,
naherhin die Beuteverteilung etwa in den Herbst 525, die Er-
oberung in den Frtthling und Sommer desselben Jahres setzen,
unter der Voraussetzung , daft die Sklavin Nana-ittia ihr 3
Monate altes Kind von ihrem Herrn Iddina-Nabo. hatte 144 ).
Recbnet man yon diesem Datum aufwarts, so erhalt man :
Psammetich I. 663—610
Neko II. 609—595
Psammetich II. 594—589
Uaphris 588—570
Amasis 569 — 526
Psammetich III. 525.
Aus der Stele eines Apis, der im Jahre 26 des Eonigs
Taharqa geboren und im Alter von 21 Jahren am 21. Mesori
des Jahres 20 Psammetich's gestorben war, ergibt sich ferner,
daft Psammetich dem Taharqa unraittelbar gefolgt ist 145 ). Da-
nach mufi das 26. Jahr Taharqa* s dem Jahre 664 v. Chr.
entsprechen.
Hugo Winckler hat dagegen neuerdings auf Ghrund der
Inschriften Asurbanipals nachzuweisen versucht, daft Taharqa's
Tod bereits ins Jahr 669/8 zu setzen sei 146 ). Er geht davon
aus, daft in der Tafel K. 2675 der Bericht liber die Feldzttge
gegen Tarqu und Tandamane, wahrend deren TarqQ starb, und
die Unterwerfung Aegyptens der Erzahlung des Zuges gegen
Kirbit in den elamitischen Grenzgebirgen vorangeht, welcher
nach der babylonischen Chronik Kol. IV 37 im Anfangsjahr
des Sama8-§um-ukln (668 v. Chr.) stattfand. Auf diesen Feld-
zug folgt in der Tafel der Bericht tiber die Gesandtschaft des
Gyges von Lydien und die Huldigung des Mukailu von Tabal
und des JakinlQ von Arwad (Rttckseite 6 — 31) 147 ) , wahrend
in Prisma B Kol. Ill 5 — 15 der Zug gegen Kirbit erst nach
der Gesandtschaft des Gyges erzahlt wird. Auch im Rassam-
prisma folgen auf die Feldzttge gegen Tarqti und Tandamane
die Unterwerfung des Ba'al von Tyros, sowie die Huldigung
des JakinlQ. von Arwad, des Mukailu von Tabal und Sanda-
1M ) Meissnek, ZAS. 29, 1891, 123 f.
,4B ) Vgl. Wiedemann a. a. O. 141
146 ) H. Winckler, Altoriental. Forech. VI S. 474 — 483.
147 ) KB. n 174/5 Anm. 2. 170/1 Anin. 2.
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Cbronologische Unterouchungen. 707
sarme yon Chilakku. Daran schliefit sich die Huldigung der
SShne Jakinlfl's nach dem Tode ihres Vaters und die Hul-
digungsgesandtschaft des Gyges, sein BtLndnis mit Psammetich
und sein Untergang durch die Kimmerier U8 ). Aus jener An-
ordnung schliefit Wenckler, dafi all die in E. 2675 erwahnten
Ereignisse ebenfalls noch ins Jahr 668 oder wenigstens 667
zu setzen seien.
Allein diese Forschungsmethode mufi die schwersten Be-
denken hervorrufen. Die Feldztige sind in den Inschriften
Asurbanipals , wie allgemein anerkannt ist, nicht nach chro-
nologischen, sondern nach schriftstellerischen Gesichtspunkten
geordnet. Der Yerfasser erzahlt episodisch, ahnlich wie z. B.
Ktesias. Daher wird das am weitesten entfernte Land, welches
bald nach den erzahlten Siegen aufgegeben werden mufite und
aus welchem daher weiter nichts Rdhmliches zu berichten war,
zuerst vollstandig abgehandelt. Ganz ebenso machen es
die spateren Inschriften z. B. mit Lydien, dessen Geschichte
bis zum Untergang des Gyges und der Huldigung seines Soh-
nes Ardys (nicht vor 657) verfolgt wird. Dafi der Feldzug
gegen Kirbit mit der Unterwerfung Aegyptens in einem ge-
wissen Zusammenhange stent, ersieht man aus E. 2675 Rs.
Z. 13: 'Die Einwohner jenes Ortes, meine Gefangenen, ftthrte
ich aus ihrer Heimat weg, siedelte sie in Aegypten an.' Allein
aus dieser Bemerkung ist tlber den genauen Zeitpunkt der Wie-
dereroberung Aegyptens und vor allem fiber die Dauer der
Feldztige gegen Tarqfl. und Tandamane nichts zu entnehmen.
Soviel lafit sich mit Sicherheit aus dem Stillschweigen der
babylonischen Ghronik schliefien, dafi Asurbanipal den yon Asar-
haddon begonnenen Feldzug gegen Aegypten in seinem An-
trittsjahre (668) nicht mehr weiter ftthrte. Denn so gut die
Ghronik die Siege Asarhaddons in Aegypten und die Einnahme
von Memphis in seinem 10. Regierungsjahre (670) verzeichnete,
ebensogut hatte sie auch die Siege der Feldherren Asurbanipals
der Erwahnung wert gefunden. Aus jener Bemerkung fiber
die Verpflanzung der Einwohner von Eirbit nach Aegypten
lafit sich also vorlaufig nur schliefien, dafi die Truppen Asur-
banipals im Jahre 667 in Aegypten eingerttckt sein werden.
" 8 ) Asurbaxi. Ann. I 52— II 125. KB. II 158/9-176/7.
45*
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708 J. Marquart,
So lange also der zweite Teil der babylonischen Chronik
nicht aufgefunden ist, mufi das aus Den&malern und Schrift-
stellern feststehende Todesjahr des Taharqa (664) den Aus-
gangspunkt fur die chronologische Einordnung der agyptischen
Feldzttge Asurbanipals bilden. Sehen wir uns nun den Text
des mafigebenden Berichtes, K. 2675 bei Winckler, Untersu-
chungen zur altoriental. Gesch. S. 102 ff. an. Tarqu rtLckt
von neuem gegen Aegypten heran, besetzt Memphis und zieht
gegen die von Asarhaddon eingesetzten agyptischen Vasallen-
konige. Ob dies alles noch unter die Regierung Asarhaddons
fallt, ist keineswegs sicher. Die babylonische Chronik berichtet
allerdings, dafi Asarhaddon in seinem letzten Regierungsjahre
nochmals einen Zug gegen Aegypten unternahm, auf dem er
jedoch unterwegs starb (Kol. IV 30/31. K.B. II 284/5). Ta-
harqa mufi also noch zu dessen Lebzeiten abermals gegen Ae*
gypten vorgedrungen sein, ob er aber bereits Memphis wieder-
gewonnen hatte, darf man bezweifeln. Es ist sehr wohl mog-
lich, dafi er zur Zeit des Zuges Asarhaddons erst Theben besa£,
und erst nach Asarhaddons Tode gegen Memphis vorruckte
und sich dann gegen die assyrischen Statthalter und Vasallen-
konige wandte.
Jetzt erschien ein Eilbote in Ninive und meldete dem neuen
Ednig das Geschehene, worauf dieser seinen Turtan mit einer
Streitmacht den assyrischen Statthaltern und Vasallenkonigen
in Aegypten zu Hilfe sandte. Bei Ear-baniti kam es zur
Schlacht, in welcher Taharqa geschlagen wurde, so dafi er sich
genotigt sah, Memphis zu raumen und zu Schiffe nach Theben
zurttckzugehen. Seine Eriegsflotte fiel in die Hande der Assyrer.
Diese Ereignisse fallen also bald nach dem Regierungsantritt
Asurbanipals, am wahrscheinlichsten ins Jahr 667. Der Be-
richt fahrt dann fort (Z. 28 if.): 4 meine Oberbeamten, Statt-
halter, Unterkonige von jenseits des Flusses (ebir-nari = "cr
mru), meine mir untergebenen Diener allesamt samt ihren
Streitkraften und Schiffen, die Eonige von Aegypten, meine
mir ergebenen Diener, samt ihren Streitkraften und Schiffen
ftigte ich, urn Tarqu aus Aegypten zu verjagen, zu meinen
friiheren Streitkraften hinzu und sandte sie gegen Theben, die
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Chronologische Untersuchungen. 709
Festung Tarqu's, des Kdnigs von Ku§. Sie marschierten einen
► Weg von einem Monat und 10 Tagen/
Nach dem Texte wtlrde man glauben, da£ dieser Feldzug
gegen Oberagypten sich ohne gr56ere Unterbrechung an die
Vertreibung des Tarqu aus Memphis angeschlossen habe. Aber
die Erwahnung der Konige von ebir nar% welche zu dem Feld-
zuge aufgeboten wurden, lafit voraussetzen, dafi dem weiteren
Vorgehen gegen Theben die Fortsetzung der Belagerung von
Tyros und die endliche Unterwerfung ihres Konigs Ba'al, so-
wie in deren Gefolge die Unterwerfung der Konige Jakinltt
von Arwad und Mukallu von Tabal und die Huldigungsge-
sandt8chaft des Gyges von Lydien vorausgegangen waren. Da
% uns jedoch das genaue Datum der Wiederunterwerfung von
Tyros nicht bekannt ist, so hilft uns dies nicht weiter.
Von jetzt an wird der Bericht sehr unklar, und zwar wie
es scheint absichtlich. Man hat den Eindruck, dafi etwas ver-
schwiegen werden soil. Auf die Nachricht vom Anzug der
Assyrer verlafit Tarqu seine Festung Theben, (iberschreitet den
Nil und schlagt auf beiden Seiten ein Lager auf. Was nun
die assyrischen Truppen bei Theben weiter gemacht haben,
wird mit keiner Silbe angedeutet. Dagegen erzahlt die Inschrift
ausftlhrlich von einem Aufstande, der im Rtlcken des Heeres
auszubrechen drohte. Niku, der K5nig von Memphis und Sais,
Sarludari, der Konig von Tanis (Q Vnu) und Pakruru, der Ko-
nig von PiSaptu hatten sich in Unterhandlungen mit dem aus
Aegypten vertriebenen Tarqa eingelassen, um ein Bttndnis zur
Vertreibung der Assyrer mit ihm zu schliefien. Allein die
Depeschen wurden von den Assyrern (oflFenbar von dem bei
Theben stehenden Heere) aufgefangen, Sarludari und Neko
wurden verhaftet und nach Ninive gesandt, fiber die Stadte,
welche es mit ihnen gehalten hatten, besonders Sais, Mendes
(Pi-in-di-di) und Tanis (Qi-i-na) ergieng ein furchtbares Straf-
gericht. Offenbar hat man sich den Verlauf so vorzustellen,
dafi das dem Tarqu gegenuberstehende Heer durch die Ent-
deckung des Abfalls in seinem Riicken zu schleuniger Rtlck-
kehr veranlafit wurde, ohne seine Aufgabe erfullt zu haben.
Diese Ereignisse ftillen also abermals ein Kriegsjahr.
v Neko wurde sp'ater begnadigt und wiederum als Konig in
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710 J. Marquart,
Kar-bel-matati (Sais) eingesetzt , sein . Sohn Naba-§ezib-ani
(Psammetich) wurde zum Konig yon Athribis bestellt. Un-
mittelbar darauf heifit es: 'Tarqa, den Konig von Ku§, warf
Schreck und Furcht Tor ineiner Herrschaft nieder und er starb.
Tandamane, der Sohn seiner Schwester, setzte sich auf seinen
Thron und regierte das Land.' Da der Tod des Tarqa, wie
wir gesehen haben, ins Jabr 664 fallt, so ist auch die Wieder-
einsetzung Neko's und die Ernennung Psammetich' s zum Ko-
nig von Athribis noch in dasselbe Jahr zu setzen. Aus
RM. 281 149 ) scheint hervorzugehen , da& der Kftnig damals
selbst nach Aegypten zog, urn die Verhaltnisse des Landes zu
ordnen. Nach dieser Tafel ist das Todesjahr des TarqU auch
das des Urtaku yon Elam. Der Zug der Assyrer gegen Theben f
und der Aufstand Neko's kflnnen bereits im Jahre 666 statt-
gefunden haben.
Tandamane 'machte Theben zu seiner Festung und ver-
sammelte seine Streitmacht. Urn Eampf und Schlacht gegen
meine Truppen zu liefern, liefi er seine Waffen ausziehen und
brach auf, allein die Assyrer brachten ihm in einer Schlacht
auf weitem Felde eine Niederlage bei und zerstreuten seine
Streitmacht, Tandamane entfloh allein und betrat Theben, seine
Hauptstadt (Z. 71 — 75). Auch hier ist die Ausdrucksweise
merkwtirdig unbestimmt; der Ort der Niederlage des Tanda-
mane wird nicht naher angegeben, so dag es unbestimmt ge-
lassen wird, wie weit er nach Norden vorgedrungen war. Allein
auf die richtige Spur leitet die Bemerkung, dag die assyrischen
Truppen ihn einen Weg von 1 Monat und 10 Tagen verfolgten
bis nach Theben, das dann erobert und gepltindert wird. Jene
Entfernung entspricht aber dem Wege von Memphis nach
Theben (Z. 33), woraus sich ergibt, daft Tandamane bis ins
Delta vorgertickt war. In der Tat heifit es im Rassam-Pris-
ma Kol. II 23—31: 'Tandamane machte Niu (Theben) und
U n u (Heliopolis) zu seiner Starke und sammelte seine Macht
Zur Schlacht mit meinen Truppen, den Assyrern, die in Mem-
phis waren, zog er angreifend heran. Diese Leute schlofi er
,49 ) Winckler, Altoriental. Forsch. VI 478 Anm. 2: „Wahrend ich
in Aegypten and Kus weilte und mich in Assyrien nicht aufhielt, kam
Urtaku, um meine Truppen zu bekampfen". ^
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Chronologische Untereuchungen. 711
ein und besetzte ihren Ausgang. Ein Eilbote kam nach Ni-
nive und meldete es mir. Auf meinem zweiten Feldzuge lenkte
ich den Weg nach Aegypten und Ku§. Tandamane h5rte von
dem Herankommen meines Feldzuges, dafi ich das Gebiet von
Aegypten betreten. Er verliefi Memphis und um sein Leben
zu retten, floh er in Theben hinein' 160 ). Es ist also unver-
kennbar, dafi hier der spatere Bericht ausfuhrlicher und ge-
nauer ist als der altere, der deutlich bemtiht ist, den aber-
maligen Verlust Aegyptens an die Aethiopen zu vertuschen.
Tandamane (Tanut-Amon) berichtet selbst fiber seinen
Zug in der sog. Traumstele. Wie H. Schafer 161 ) festgestellt
hat, wurde er nach dieser Inschrift im letzten Jahre des Ta-
harqa von diesem zum Mitregenten erhoben und mit der Ver-
waltung von Oberagypten beauftragt. Gleich nach seiner Er-
nennung zum Mitregenten erhielt er im Traume die Aufforde-
rung, sich zu der Krone von Oberagypten auch die von Unter-
agypten zu erwerben, und als er noch in demselben Jahre
nach dem Tode Taharqa's AUeinherrscher geworden war
und sich vom Gotte Amon in Napata hatte bestatigen lassen,
brach er gegen Aegypten auf. In Elephantine und Theben
wurde er mit Freuden aufgenommen, bei Memphis kam es zum
Kampfe mit den 'Kindern des Aufruhrs', d. i. den Assyrern,
die indessen geschlagen wurden, worauf Tanut-Amon in die
Stadt des Ptah einziehen konnte. Ein Versuch, die Fttrsten
von Unteragypten zu unterwerfen, schlug zunachst fehl, da
denselben das Schicksal des missglilckten Abfalles vor einigen
Jahren noch in allzu lebhafter Erinnerung stand, und der Konig
mufite sich nach Memphis zurtickziehen. Eines Tages aber
seien die Ftlrsten, an ihrer Spitze Paqruru von Pisapt, welcher
sich auch an dem Abfall zu Tarqu beteiligt hatte und bei der
Unterdrilckung desselben entkommen sein mufi , vor seiner
Majestat in Memphis erschienen, um ihre Huldigung darzu-
bringen. Der weitere Verlauf der Begebenheiten ist in der
Inschrift mit Stillschweigen iibergangen, darf aber aus den
Inschriften Asurbanipals erganzt werden. Nach dem Rassam-
prisma verliefi Tandamane beim Anzug eines neuen assyrischen
150 ) KB. II 166/7.
lM ) ZAS. 1897, XXXV, S. 67 ff.
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712 J- Marquart,
Heeres (K. 2675, Z. 74 — 75: nach einer Niederlage, die er
durch die Assyrer erlitten hatte) Memphis und floh nach The-
ben, worauf die assyrischen Statthalter und Vasallenkdnige
alsbald wieder den GrofikSnig ihrer Loyalitat versicherten. Das
assyrische, Heer rtlckte jetzt gegen Theben, worauf Tandamane
die Stadt verliefi und nach Kipkip floh. Theben wurde dann
von den Assyrern erobert und grundlich ausgeplfindert 162 ).
Auch die Stele des Tanut-Amon weifi also tibereinstim-
mend mit dem Rassam-Prisma nur von einem Zuge dieses
Konigs nach dem Norden, dessen Ziel die Eroberung von
Unteragypten war. In welchem Jahre dieser Zug stattfand,
lafit sich aus der Inschrift nicht mit Sicherheit entnehmen,
aber da noch Inschriften aus Theben aus dem 3. Jahre des
Tanut-Amon datiert sind 163 ), so kann die Eroberung Thebens
durch die Assyrer und die Flucht des Tanut-Amon nach Kip-
kip nur in oder nach diesem Jahre stattgefunden haben. Da
nun Tanut-Amon nach allgemeinem agyptischem Brauche seine
Jahre von seiner Erhebung zum Mitregenten an gezahlt hat,
so wird der Zug gegen Unteragypten und die Einnahme von
Memphis in sein 2. Jahr (663), seine Flucht und die Wieder-
eroberung Thebens durch die Assyrer in sein 3. Jahr (662)
fallen. Dazu stimmt, daft wir aus den beiden nachsten Jahren
(661 und 660) bereits Inschriften besitzen, welche nach Jahren
des Psammetich (aus dessen 3. und 4. Jahre) datiert sind 15 *).
Es liegt darnach gar kein Grund vor, mit Winckler 165 ) zwei
verschiedene Ztlge Tanut- Anions gegen die Assyrer zu unter-
scheiden.
Es handelt sich nun noch darum, das Yerhaltnis der Ko-
nige von Sais, der Vorfahren Psammetich's zur athiopischen
Dynastie festzustellen. Die Auszlige aus Manetho geben fur
letztere folgende Zahlen:
162 ) Rassamprisma n 28—47. KB. II 166—169. K. 2675, Vs. 73 bis
Rs. 5.
158 ) Schafer a. a. 0. S. 67.
l5 *) Wiedemann, Gesch. Aegyptens von Psammetich I bis auf Ale-
xander d. Gr. S. 140.
156 ) Altoriental. Forsch. VI 479 ff.
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Chronologi8che Untersuchungen. 713
XXV. Dynastie, 3 Aethiopen.
Afr. Eus.
1. 2a(3axa)v 8 J. 12 J.
2. Sepix^ uK« 14, 12 „
3. Tapxog 18^ 20 „
40 J. 44 J.
Ftlr Tapxos, den letzten Konig dieser Dynastie, entsprechen
beide Zahlen nicht der offiziellen Rechnungsweise, da wir aus
Inschriften von Apisstelen wissen, da& er 26 Jahre regiert
hat. In seine Regierungszeit fallt aber sicher die des E5nigs
Neko I von Sais, und in der That ergeben 18 Jahre des Tar-
kos(A£r.) und 8 Neko's genau die Summe 26. Ed. Meyer 167 )
hat angenommen, dafi die 8 Jahre des Neko von der Erobe-
rung Aegyptens durch Asarhaddon auf seinem zweiten agyp-
tischen Zuge zu rechnen sind, nach welcher derselbe in Aegyp-
ten 20 einheimische Dynasten einsetzte, worunter an erster
Stelle Nika von Memphis und Sais genannt wird 168 ). Die
Eroberung Aegyptens fallt nach der babylonischen Chronik
IV 23 — 28 ins 10. Jahr Asarhaddon's (670), wenn dieses
also mit dem 1. Jahre Neko's gleichgesetzt wird, so ent-
spricht sein 8. Jahr dem Jahre 663/2. Ed. Meyer 169 ) hat
damit dann die Angabe Herodots (2, 152) kombiniert, Neko
sei von dem Aethiopenkonig Sabako, der bei ihm der Repr'a-
sentant der ganzen Aethiopenherrschaft ist, getotet worden
und sein Sohn Psammetich vor diesem nach Syrien, d. h. zu
den Assyrern geflohen. Er vermutet als tatsachlichen Hinter-
grund dieser Erzahlung, daft Neko als Herr von Memphis und
Sais sich in Gemeinschaft mit den Assyrern dem Vordringen
Tandamane's nach Unteragypten widersetzt und im Kampfe
gegen diesen seinen Untergang gefunden habe. In der That
sehen wir aus der Traumstele, dafi Tanut-Amon auch die
iibrigen Dynasten zunachst vergeblich zur Unterwerfung zu
bringen suchte, und als dieselben sich endlich zur Huldigung
herbeilassen , ist es Paqruru von Pisaptu, welcher dabei an
,B7 ) Gesch. des alten Aegyptens S. 351.
168 ) Asurban. Ann. I 90—111. (KB. II 160/63). Stele von Send-
schirli bei H. Winckleb, Altor. Unters. S. 100.
169 ) A. a. 0. 353.
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714 <*• M ar quart,
ihrer Spitze erscheint, wahrend von Neko, dem machtigsten
dieser Vasallen, gar nicht die Rede ist. Es ist daher ganz
wahrscheinlich, daft Neko nach den schlimmen Erfahrungen,
die er beim letzten Abfall gemacht hatte, keine Lust versptirte,
abermals die Rache der Assyrer gegen sich heraufzubeschworen,
die ihn das letztemal so glimpflich bebandelt batten, und ent-
scblossen war, seinem Lebnsherrn die Treue zu halten, von
dessen Uebermacht er tiberzeugt war. Erst . nachdem Neko
gefallen war, konnte Tandamane in Memphis einziehen. Dar-
nach fiele also die Regierung Neko's I. in die Jabre 670 —
663/2. Psammetich rechnete dagegen seine Regierung von
seiner Einsetzung zum K5nig von Athribis durch Asurbanipal
kurz vor dem Tode Taharqa's; sein erstes Jahr fallt also
mit dem letzten Neko's zusammen, d. h. letzteres ist chro-
nologisch nicht zu verrechnen.
Es umfafit demnach die of&delle Regierung des
Taharqa die Jahre 689—664
Neko „ „ 670-663/2
Psammetich „ 9 663 — 610,
die Regierung Taharqa s bis zur Eroberung Aegyptens durch
Asarhaddon die Jahre 689—670, also 20 bezw. 19x/12 Jahre,
wie Eusebios angibt.
Daraus folgt, daft die Zahlen des Eusebios hier die
Angaben Manetho's treuer wiedergeben als Afrikanus. Die
Summe der Regierungen der beiden letzten Aethiopen stimmt
tlbrigens bei beiden v5llig aberein : 14 + 18 = 12 + 20 = 32.
Auch fttr den ersten Herrscher der Dynastie, Sabako, erweist
sich Eusebios' Zahl (12) gegentlber der des Afrikanus als die
ursprtlngliche s da ein Denkmal sein 12. Jahr erwahnt 160 ).
Darnach wird man auch die 12 Jahre des Eusebios als die
echte manethonische Zahl des Ze^tx^^ betrachten diirfen.
Der Aethiope Sabako hatte der Herrschaft des Saiten
Bokchoris (Bok-n-renf) ein Ende gemacht, welcher 44 Jahre
iiber Sais und 6 Jahre tlber Memphis regiert hatte. Es scheint
nun, dafi er iiber die wichtigen Stadte Sais und Memphis einen
Aethiopen 'Ajxjxdpyjs setzte, von welchem wahrscheinlich Psam-
°) Wiedemann, Aegypt Gescbichte S. 583.
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Chronologiache Untersuchungen. 715
metich abstammte. Eusebios setzt an die Spitze der 4 Saiten,
& der Vorganger Psammetich's einen 'A{i(iep>jg AMKocJ; mit 12
(Arm. 18) Jahren, der von Afrikanus ausgelassen ist. Es liegt
aber, wie Schafee mit Recht bemerkt hat, absolut kein Grund
vor, diese Angabe dem Manetho abzusprechen. Schafeb hat
ferner darauf hingewiesen, dag die gewBhnliche Annahme, wo-
nach die Dynastie Psammetich's libyscher Abstammung ge-
wesen ware, ganzlich unbegrflndet ist, dafi vielmehr ein er-
haltenes Portrat Psammetichs I. nichts weniger als den in den
agyptischen Abbildungen tiblichen Typus der Libyer, sondern
deutliche Negerztlge trage, wie der des Taharqa 161 ).
Darnach lauft die Regierung des Ammeres (12 J.) der
des Sabako (12 Jahre) parallel, die des STecpivcHhs und Nexe-
^(i)€ (7+6 Jahre) dagegen der des 2efhx&€ Sabataka (12 J.) ;
die XXV. und die erste Halfte der XX VX Dyn. konnen also
folgendermafien rekonstruiert werden:
XXV. Dyn. 3 Aethiopen XXVI. Dyn. 4 Saiten
1. Sapdxwv 12 (8) J. 713—702 1. 'A|Auip7)s Ald-ioty 12 J.
713-702
2. SePcxcbs 12 (14) J. 701-690 (2. Siecpivaftis 7 J. 701— 695
|3. Nexe+cbs 6 J. 694—689
3. Tapxos Tarqu Taharqa 26 J.
689—664
(bis zur Erobernng durch A-
sarhaddon)
20 (Afr. 18) J. 689—670 4. Ne X aa) 8 J. 670- 663/2
4. Tanut-Amon(Tandamane)3J. 5. Psammetich I 54 J.
664—662 663—610
Daraus ergibt sich als Gesamtdauer der athiopischen Herr-
schaft 62 Jahre , eine Zahl , die zu den 50 Jahren Sabako's
bei Her. 2, 137 stimmt, welcher bei diesem die Aethfepen
vertritt. Rechnet man dagegen die 8 Jahre von der Erobe-
rung Aegyptens unter Asarhaddon bis zur Vertreibung Ta-
nut-Amon's chronologisch dem Neko an, so erweist sich Eu-
sebios' Zahl 44 als korrekt.
Als manethonische Sum me der XXVI. Dyn. ergibt sich
lil ; H. SchAfee, ZAS. XXXm, 1895, S. 116 ff.
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716 J. Marquart, Chronologische Untersuchungen.
bei Einsetzung der richtigen Zahl fur Neko II. 172 1 / 2 Jahre
(12 -f 7 + 6 + 8 + 54+ 16 + 6 + 19 + 44 + 1 /*), vondenen
freilich ftlr die chronologische Verrechnung die 3 ersten Posten
von (12 + 7 + 6 =) 25 Jahren, als bereits in den Zahlen der
beiden ersten Aethiopen enthalten, in Abzug zu bringen sind.
So erhalt man (172V 2 — 25 =) 1477 2 , nnd dazu die 44 Jahre
der Aethiopen addiert ergibt 1917a Jahre als Gesamtdauer des
Zeitraumes von Sabako bis zur Eroberung des Kambyses. Fast
dieselbe Zahl, namlich 190 1 /* ergibt die Addition der beiden
Summen der XXV. und XXVI. Dyn. (40 + 150V 2 J.) bei Af-
rikanus, wogegen Eusebios dieselbe um 15^2 bezw. 147a Jahre
(162 bezw. 163 + 44) tiberschreitet. Jene 191 1 j 2 Jahre konnen
tlbrigens noch nicht ohne weiteres chronologisch verwertet
werden, vielmehr sind von den 147^2 Jahren der XXVI. Dyn.
noch mindestens 2 Jahre in Abzug zu bringen, da Jahr 16
Neko's II. und Jahr 1 Psammetich's II. und ebenso Jahr 8
Neko's I. und Jahr 1 Psammetich's I. zusammenfallen. Eben-
so ist auf Seiten der XXV. Dyn. 1 Jahr abzuziehen, da
Jahr 20 Taharqa's mit Jahr 1 Neko's I. (670) zusammenfallt.
So erhalten wir als zu verrechnende Summe 188 a /2 Jahre.
Es ist immerhin anzuerkennen, da£ der Verfasser der afrika-
nischen Liste sich redliche Mtlhe gegeben hat, diese verwickel-
ten Verhaltnisse in einer chronologischen Tabelle zum Ausdruck
zu bringen, — allerdings mehrfach auf Kosten der ursprQng-
Hchen Einzelzahlen Manetho's.
Diodor 1, 44 weifi richtig, da£ die Zahl der athiopischen
Herrscher 4 betragen hat, die nicht fortlaufend, sondern mit
Unterbrechung geherrscht haben. Die Zeit ihrer Herrschaft
gibt er auf beinahe 36 Jahre an.
Diese Untersuchung gibt also abermals einen lehrreichen
EinWick in die Art und Weise, wie die Verfertiger der Listen
rait den manethonischen Zahlen und Angaben bei der Reduk-
tion zu chronologischen Tabellen verfahren sind und beweisen
wiederum aufs schlagendste, dafi diese Listen nicht von Ma-
netho selbst herrfihren, sondern erst nach ihm von andern aus
seinem historischen Werke herausgestellt sind.
Tttbingen. J. Marquart.
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I n h a 1 1.
Seite
1. Bero8808 und die babylonische Konigsliste . . 637—656
Der chroiiologische Endpunkt des berossischen Werkes
S. 637. Umfang, Endpunkt und Beginn der letzten Dynastie
des B. S. 637-642. Konkordanz mit der Kflnigsliste S. 642 f.
Die zweite nachflutliche Dynastie des B. , die Einfalle der
Elamiter und die erste Dynastie von Babylon S. 643—647.
Hauptepochen der altesten Geschichte Babylons S. 648—649.
ErgebniBse der chronologischen Tafel Bu. 91 — 3 — 9 . 284
S. 649—652. Die Dynastien III— V des B. S 652—655. Schema
der V. beross. Dynastie S. 655. Schema der II. — IV. beros-
sischen Dynastie S. 656.
2. Zur Chronologie der Hyksos 656—666
Die Hyksos nach den Kflnigslisten, Josephos und den Denk-
malern S. 656—658. Manetho kannte nur erne Hyksosdyna-
stie S. 658 — 659. Die vier letzten Hyksoskflnige. Wieder-
herstellung der Liste Manetho's S. 659—661. Ursprung der
zweiten Hyksosdynastie S. 661—663. Die Liste der Excerpta
Barbari S. 663 — 664. Die gleichzeitigen FQrsten von Theben
S. 665—666. Schema der XIII. — XVU. Dyn. S. 666.
3. Die Exodusberichte des Manetho und Cbairemon
und die Josephsgeschichte der Genesis . . . 667—693
Manetho's Erzahlung ttber die Unreinen S. 667—672. Der
Bericht des Chairemon S. 672. PapyrusbruchstQcke : die Pro-
phezeiung des Tflpfers an Amenophis S. 672—73. Die sy-
rischen Hilfstruppen der Unreinen und die Juden S. 673. Ge-
8chichtlicher Hintergrund der Josephsgeschichte S. 673—677.
Janchamu, Statt halter von Jarimuta, das Urbild Josephs
S. 677 — 680. Syrische SOldner in Diensten Amenophis' IV
S. 680—681. Das Vordringen der Chabiri gegen Kana'an
und die Einwanderung der Hebraer S. 681—684. Simeons
und Levis Vergewaltigung Sichems und ihr Untergang S. 684
bis 685. Die Einwanderung Josephs nach Kana'an spater
als die der Lea-Stamme. Das Haus Joseph und die Reste Le-
vis allein in Aegypten S. 685 — 689. Die Zeit des Auszugs.
Die Inschrift Merneptahs S. 689—691. Das Ende der Vor-
macht Rubens und der IJntergang der rubenitischen Stamm-
fUrsten Datban und Abir&m 691—692.
4. Die XVIII. und XIX. Dynastie nach Manetho . 693—703
Der Ursprung der XIX. Dyn. nach Manetho S. 693. Die
Nachfolger der 'Ketzerkflnige' S. 694 — 695. Herstellung der
XIX. Dyn. S. 696—697. Die KetzerkOnige S. 697—698. Die
k XVIII. Dyn. S. 698-702.
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718
Register.
5. Die Chronologie der Aetbiopen und Saiten (XXV.
und XXVI. Dynastie) 703—716 -f
Uebersicht der XXVI. Dyn. 8. 703. Differeozen der Ueber-
lieferung fttr die Zeit des wiederhergestellten Reiches S. 703
bis 705. Reduktion der Periode von Psammetich I bis Kam-
byses S. 706. Das Todesjabr des Taharqa (664) S. 706. Asar-
haddons und Asurbanipals Feldziige gegen Tarqu und Tan-
damaoe (668—662) S. 706—712. Die Aetbiopen und die
UnterkOnige von Sais (713 — 662). Aethiopischer Ursprung
der letztern S. 713—716.
Stellenverzeichnis.
Her. 2, 137
715
— 2, 152
713
Ptolemaios von Mendes fr. 1 663
699
Diod. 1, 44
716
— 1, 68
705 N. 143
— 2, 20, 1
642 N. 21
Jos. Apx- 9, 284
638
— c. Ap. I, 75 ff.
656
- I, 75
664
— I, 81
661 f.
- I, 84
656. 662
— I, 85
662
— I, 95—98
695
— I, 96
668
— I, 98—102
693
- I, 103
695
-■ I, 142
642 N. 21
— I, 147
639 N. 17
— I, 148
639 N. 18
— I c. 26. 27 § 227-
-253 667 ff.
— I, 230/1
695
— I, 231
693
Euseb. npon. sbaff. 9, 41 639 N. 18
— — 10, 13, 4
662
— Chron. I 10 ed. Avker =
I 7 ed. SchOne
637
— I 41 ed. Avker =
= 1 25 ed.
SchOne
638
— I 25, 12—14 ed. SchOne 653/4
— I 29, 34—37 ed.
SchOne
639 N. 11
— I 48—44 ed. Avker 638
— 1 45 ed. Avker
639 N. 18
Eus. Chron. I 53 ed. Avker =
I 35 ed. SchOne 638
— I 54 ed. Avker 639 N. 13
— I 60 ed. Avker 639 N. 18
— I 76—77 ed. Avker = 1 53
ed. SchOne 637
— I 226 Avker = I 153, 9
ed. SchOne 658
— I 226, 6 Avker = 1153, 11
ed. SchOne 659
Simplikios, Kommentar zu Ari-
stoteles itspl o6pocvo3 II 12 648
Schol. Plat. Tim. p. 424 Bekk. 657
Synkellos p. 147, 12 644 N. 24. 647
— p. 169, 18
— p. 172, 16
— p. 232
Gen. 34
— 41, 45
— 42, 5. 6
— 43, 11
— 44
— 47, 11
— 49, 3-4
49, 5—7
1, 11 ff.
2, 23
4, 19
6, 24. 25
13, 17
15, 6
— 18, 17
4 Boo. 15,
* 81, 6
Ex.
J08.
19
646 N. 31
654 N. 45
659
684
674. 677
679
679
G79/80
687 N. 116
692
685
687
669
689
686
691
692
692
638
676
687.
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Register.
719
Sachregister.
Abiram, Furst von Ruben 691.
Abydenos 637 ff.
Aethiopien 670.
Alexander II 637. 639.
Amasis 704 f.
Amenhotep III 671 f. 684. 688. 694 f.
Amenophis 667 ff. 672. 689.
Amenophis IV s. lchuniten.
Amenophis S. desTPaapis 667.
c Anchnes-iten 676. 697.
Annianos 646.
Anzan 644 N. 25.
Apil-Sin 646. 650 f.
Apopj 'Oqnun-Re' 657 f. 660.
Apopj 'O-woser-Re 657. 660.
Apries 704 f.
Apuriu 687 N. 115. 691 N. 124.
Asarhaddon 707. 713 f.
Asurbanipal, Feldziige in Aegypten
706 ff. Episodische Erzahlungs-
weise 707.
Auaris 657. 663. 668. 677.
Baal, Kg. von Tyros 706. 709.
Babylonische Chronik 689. 706 ff.
713.
Babylonische Kflnigsliste 642.
Benjamin, Beziehungen zu Aegyp-
ten 686.
Bokchoris 714.
Chabiri 673. 681 ff.
Chairemon 672.
Chammurabi 648. 650.
Charu 690/1.
Chettiter 689.
Chjan Swsr-n-Re T 657. 659.
Choper-chopru-Re c Ai 698.
Chu-t-Iten 677.
Dathan, Fiirst von Ruben 691.
ebir nari 708 f.
Elohist, der altere 675. 688.
Ephraimitischer Dialekt 685.
Excerpta Barbari 663.
Gosen 677. 687.
Gyges von Lydien 706 f.
Hamor, Dynastie von Sichem 684.
Harmahibe 693 f.
Ha'tsopsut s Ma-ke-re"
Hebraer 682. 684.
Heliopolis 670. 674. 676.
Hermupoliten 664.
Hor 667.
rah-hotep, Konigin 664 f.
\ fahmes-Nofritiri 699.
rahmes-ai-Neit, S. des Wahibr'e
~ 704.
Jamutbal 645. 650.
Janchamu 678 ff.
Jarimuta, Land 677 f.
Ichu-n-iten 667. 676 f. 683. 697 ff.
Jeno'am, Stadt 690. N. 121.
Joseph 673 ff. 679.
Joseph, Stamm 685 f. 691.
Isin 645 f. 650.
Israel 690.
Iten 672. 676 f. 697.
Kallisthenes 648.
Eambyses 705.
Kar-baniti 708.
KetzerkOnige 697.
Kirbit, Stadt 706 f.
Kudur-Mabuk, Kg. 644. 650.
Kudur-Nachundi , Kg. 644 f. 648.
655.
Kutur-Nuchgamar 644. 650.
Lea-Stamme 685 f. 691.
Levi 684 f.
Ma-ke-re', KOni^in 699.
Marduk-bel-usati; Kg. 642.
Marduk-nadin-sum, Kg. 642.
Melucha, Land 681. 683. 685.
Menandros von Tyros 638 N. 6.
Men-Re*, Hoherpriester des Iten 676.
Merneptah I 689 f. 696. ~
Merneptah II Siptah 698.
Mi9ri, Land in Nordarabien 681.
683. 685.
Nabu-aplu-iddina 642 f. 653. 655.
Nabu-km-abli 653.
Nabu-§ezibani,Kg. von Athribis 710.
Napata 670 f.
Neko I, Kg. von Memphis und Sais
709. S. 713-715.
Neko II 703 f.
Ns-Set 660.
Papyrus d'Orbiney 686.
Papyrus Sallier 658.
Papyrus fiber die Verwustung Ae-
gyptens durch die Gurteltrager
672 f.
Philister 691.
Phritibautes 672.
Pithom 687 f.
Polyhistor 637 f. 647.
Psammetich I 708. 706. 712-715.
Psammetich II 703-706.
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720
Register.
Ptolemaischer Eanon 639.
P'uloe 638.
Pulu 638.
Qorah, Rotte 691.
Ra'meses, Stadt 677. 687 ff.
Ramesses, S. des Amenophis 672.
Harnesses I 693. 695.
Ramses II 687 f.
Ramses III 691. 696.
Ri-im-a-gur-um 645.
Ri-im-a-nu-um 644 f.-
Rim-EN-ZU 644. 650.
Ruben 692.
Sabako 713—715.
SA. GAS 681. 683.
Salmanassar II 639.
Sammuramat 642.
Saparuru, ChettiterkOnig 669 N. 71.
Sasu 673. 682. 684.
Semirami8 642.
Semiten als Sflldner Amenophis 1 IV
680 N. 98. 681.
Senacherib 638 f.
Setfopehti Nubti 658.
Sethos-Ramesses 671. 687.
Sethosis 693. 695.
Seti I 684. 688 f. 693.
Seti II Merneptah 696.
Simeon 684 f.
Sin-idinnam von Larsa 650.
Sin-muballit 646. 650.
Sirdana 680 f.
Sqnn-Re JTi-'a-qnon 658—661. 665.
St-tiu = Sutu 681.
|utu 681.
Kubbiluliuma , Chettiterkonig 669
Tah'arqa 706. 714 f.
Tandamane 706. 710—714 s. Ta-
nut-Amon.
Tani3 t Residenz der Hyksos 664.
Tanut-Amon 711 f.
Ta-wosert 696.
Tell el Amarna, Tontafeln von 677.
Thouth 664. 699.
Thutmosis I 699.
Thutmosis II 700.
Thutmosis III 663. 700.
Tu-uch-nu 678.
Twt-'anch-Amon 697.
Uaphris s. Apnea.
Ur 651.
Wsr-n-Re' V. Dyn. 698.
Xa-aia-nu S. des Gabbar 659.
Xu-u~ri-[ia] 669 N. 71.
'Arxwfc 697.
'AxsYXep>fc s. 'Ayx«PP^€.
'Axsyx>5p*K b. 'Axeppfa.
'Ajievu>cpd$ 694.
'Auivuxptg 694 8. 'Ajiev-
\A|isocnfa 699.
'AjiuipTK AlS-Co4> 714 f.
"Anoxic 663. 699.
ccv6oioi 673. 677.
'Arcaxvds 658.
"Apum; 693.
"ApxXtk 657 N. 47.
'Aoot^, 'Aai$- 659.
'Axsppfic ('Axsviprjc?)
698.
£<ovo<pdpoi 678. 677.
eouwpig 696.
'Iawdg 659.
Xercpot = &g.j3dtiw 670
WiWK 699 f.
MioqppaYUoud-wo^ 663.
699 f.
'Ooapoifa 668. 672. 676.
nelson 672. 676.
nsxe<pp9j 674 ff.
Huag 688 N. 6.
napoG 638.
Ta^oupyjg 698.
•PdWcts 697.
Sepixwg 714.
Tdpxos 713.
Tdd-jKDotc 663.
Ttoi^v 672. 677.
Xefoifc 698.
Xdpptov 699.
*2pos 668 f.
n:DK 674. 677.
-IDK 686.
piK-i p [re pK 682.
*prr 676.
| -in:n hsd 683.
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UIB^IB 674.
| cnre 686.
rwrwura 674 f.
I DDBtn 687 N. 116.
I
Verbesserung.
S. 656 Z. 14 lies Xoiten statt Hirten.
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